Entdecken Sie eBooks
Kategorien
Entdecken Sie Hörbücher
Kategorien
Entdecken Sie Zeitschriften
Kategorien
Entdecken Sie Dokumente
Kategorien
Klaus
Klaus Kindermann
Fotografieren Kindermann
Nur wer seine Kamera beherrscht, kann Motive optimal in Szene setzen.
Vertiefen Sie Ihr Wissen in Sachen Kameratechnik und Objektive.
Aber Kameratechnik allein macht noch keine guten Fotos. Viel wichtiger
sind zwei Punkte: die Beherrschung des Lichts und der Blick für die
richtige Motivgestaltung. Mit diesem Buch lernen Sie alles über den
richtigen Umgang mit Licht im Studio und in der Natur und bekommen
ein Gespür für den „fotografischen Blick“.
Nicht jede Aufnahme ist auf Anhieb makellos, aber bei Digitalaufnah-
Aus dem Inhalt men hilft der Computer als digitale Dunkelkammer. Dieses Buch zeigt
Ihnen an konkreten Praxisbeispielen Lösungen für die wichtigsten
• Kameratechnik von A bis Z: Sucher-, Spiegelreflex- und Mattschei-
benkameras, Ermitteln der optimalen Schärfeleistung, Arbeiten mit
Probleme, so z. B. was Sie gegen Sensorrauschen unternehmen und
einem kalibrierten System, Faktoren für perfekte Belichtung wie Sie Abbildungsfehler von Objektiven nachträglich korrigieren.
Fotografieren
Perspektive, bauartbedingte Abbildungsfehler, Spezialobjektive
und Objektivzubehör Grundlagen der Bildgestaltung. Mit seiner langjährigen Erfahrung als
• Licht und Beleuchtung: Lichtberechnungen fürs Studio, Farbstiche Profi-Fotograf vermittelt er Ihnen alles, was Sie brauchen, um einfach
und Reflexionen, selektives Blitzen, Fill in, Bouncelight, Weißab- bessere Fotos zu machen und einen eigenen Stil zu entwickeln.
gleich: automatisch und manuell
für Fortgeschrittene
• Bild- und Motivgestaltung: Fotografisch sehen lernen, Motive
untersuchen und auswerten, Bildbeziehungen erkennen, Flächen-
verhältnisse und Ortssymbolik
• Besser fotografieren: Aktfotografie, Fine-light-Fotografie,
Werbung und Mode, Architektur- und Industriefotografie,
im richtigen Licht: Szenarien für Studiofotografen Der Autor
• Farben perfekt darstellen: Verbindliche Farbdarstellung, Fehler-
quellen bei der Farbabstimmung, Bildschirm kalibrieren mit Eye-
Klaus Kindermann, Jahrgang 1951, arbeitet
seit 1978 als selbstständiger Fotograf, seit
Foto-, Licht- und Aufnahmetechnik
One Match, Einstellungen für die Druckausgabe
• Die digitale Dunkelkammer: Richtig scharfzeichnen, Bluescreen-
1987 mit Meistertitel und seit 1998 auch als
Dozent für Fotografie und digitale Bildbear-
optimal einsetzen
Aufnahmen, analoge und digitale Filter, Bildfehler bei Digital- beitung in München. Fotografische Schwer-
kameras finden, Clipping, Blooming, Moirés punkte sind Industrie-, Werbe- und Modefoto-
• HDR-Bilder – Fotos mit hohem Dynamikumfang: Vom LDR- grafie. Durch seine Arbeit als Fotoassistent,
zum HDR-Bild, Belichtungsreihen anfertigen, Methoden der Presse- und Reprofotograf in den Jahren1969
HDR-Montage, HDR-Konvertierung bis 1976 hat er fundiertes Wissen über ange-
• Foto und Layout: Auflösung und Dokumentgröße, Bildgrößen wandte Fotografie und Bildbearbeitung in der Druckvorstufe erworben und
neu berechnen, Layoutprojekte durchführen, Satzspiegelkon- als Mann der ersten Stunde konsequent ins digitale Zeitalter übertragen.
struktionen
ISBN 978-3-7723-6777-9
Kindermann
Fotografieren
für Fortgeschrittene
6777-9 Titelei:6777-9 Titelei 01.07.2008 15:55 Uhr Seite 2
6777-9 Titelei:6777-9 Titelei 01.07.2008 15:55 Uhr Seite 3
Klaus
Kindermann
Fotografieren
für Fortgeschrittene
Foto-, Licht- und Aufnahmetechnik
optimal einsetzen
FRANZIS
6777-9 Titelei:6777-9 Titelei 01.07.2008 15:55 Uhr Seite 4
Wichtiger Hinweis
Alle Angaben in diesem Buch wurden vom Autor mit größter Sorgfalt erarbeitet bzw.
zusammengestellt und unter Einschaltung wirksamer Kontrollmaßnahmen reprodu-
ziert. Trotzdem sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Der Verlag und der Autor sehen
sich deshalb gezwungen, darauf hinzuweisen, dass sie weder eine Garantie noch die
juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Folgen, die auf fehlerhafte An-
gaben zurückgehen, übernehmen können. Für die Mitteilung etwaiger Fehler sind
Verlag und Autor jederzeit dankbar.
Internetadressen oder Versionsnummern stellen den bei Redaktionsschluss verfügba-
ren Informationsstand dar. Verlag und Autor übernehmen keinerlei Verantwortung
oder Haftung für Veränderungen, die sich aus nicht von ihnen zu vertretenden Um-
ständen ergeben.
Evtl. beigefügte oder zum Download angebotene Dateien und Informationen dienen
ausschließlich der nicht gewerblichen Nutzung. Eine gewerbliche Nutzung ist nur mit
Zustimmung des Lizenzinhabers möglich.
Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen Wiedergabe und der Speiche-
rung in elektronischen Medien. Das Erstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, auf
Datenträgern oder im Internet, insbesondere als PDF, ist nur mit ausdrücklicher Genehmi-
gung des Verlags gestattet und wird widrigenfalls strafrechtlich verfolgt.
Die meisten Produktbezeichnungen von Hard- und Software sowie Firmennamen und
Firmenlogos, die in diesem Werk genannt werden, sind in der Regel gleichzeitig auch ein-
getragene Warenzeichen und sollten als solche betrachtet werden. Der Verlag folgt bei
den Produktbezeichnungen im Wesentlichen den Schreibweisen der Hersteller.
ISBN 978-3-7723-6777-9
Vorwort
Faszination Fotografie
Ist es das Festhalten eines Augenblicks, das Ein- Abwarten der geeigneten Licht- und Wetter
frieren eines Moments, der unmittelbar danach bedingungen. Im Studio steht eine größere An-
der Vergangenheit angehört? Oder ist es die Ma- zahl an Möglichkeiten zur Verfügung. Da gibt
gie der Technik, dieser erstaunliche Apparat, der es beispielsweise Aufheller und Neger, Diffusor
es möglich macht, Sekundenbruchteile im Bild folien und Filter, dazu eine Vielzahl von Leuchten,
festzuhalten? Es ist etwas von beidem - und Lichtformern und anderem. Das ist eine Menge
noch mehr. Das Fotografieren ist wie das Lesen nützliches Zubehör, mit dem sich das Bild verän-
eines spannenden Buchs, das Eintauchen in eine dern lässt. Unserem Einfallsreichtum sind kaum
Strömung unwiederbringlicher Augenblicke. Das Grenzen gesetzt in ständigem Erweitern und
Klicken der Kamera ist dabei wie das Umblät- Ausbauen dieser Dinge.
tern der Seiten in diesem Buch der visuellen
Eindrücke. Aber nicht nur das Fotografieren al- Es soll ja nicht nur irgendein Objekt oder eine Per-
lein ist es, nein, dieses großartige Medium wird son fotografiert werden, sondern es soll zumeist
noch interessanter beim Ausarbeiten der Bilder ein Gefühl oder eine Stimmung wiedergegeben
im Labor. Wer erinnert sich nicht an das erste werden, also etwas, das sehr subjektiv empfun-
Mal, an den Moment, wenn nach dem Eintau- den wird. Wenn wir eine solche Stimmung nun
chen des Fotopapiers in den Entwickler die erste in einem Bild einfangen und an andere weiter-
Schwärzung sichtbar wird? Ein Augenblick, der geben wollen, genügt es eben nicht, einfach auf
für mich bis heute nichts von seiner Faszination den Auslöser zu drücken und richtig zu belichten.
verloren hat. Gleiches gilt für die Bildbearbeitung Wir müssen wissen, wie und womit wir ein sol-
am Computer. Fotografieren ist eben nicht nur ches Gefühl beim Betrachter erzeugen können.
ein Hobby oder ein Beruf, sondern eine Passion, Dass heißt, wir müssen natürlich zuerst einmal
der man sich restlos verschreiben kann. die Regeln des Bildverständnisses erlernen. Ge-
nauso wie jemand, der einen Brief schreiben will,
Der Fotograf, der Lichtbildner, benutzt das Licht, zunächst schreiben lernen muss.
um etwas abzubilden, genauso wie der Maler
Pinsel und Palette gebraucht. Das Licht ist ein Lernen mit Lust
fantastisches Medium. Es lässt sich formen, dif- Das Ganze ist ein genussvoller, lebenslanger Lern-
ferenzieren, steigern oder abhalten. Das Licht prozess, der nie endet. Immer wieder muss zwi-
kann hart oder weich sein, kalt oder warm. Ge- schen dem Gewollten und Erreichten, zwischen
nauso wie der Bildhauer Stein nach seinem Willen dem Gesehenen und dem Abgebildeten verglichen
formt, formt ein guter Fotograf die Bildaussage werden. Das ist der Weg, der zur Meisterschaft
mithilfe des Lichts. Bei Außenaufnahmen ist führt. Lernen, indem wir tun. Und - ganz zufrie-
dies die Wahl des geeigneten Standortes, das den wird ein wirklich kreativer Fotograf wohl nie
5
mit dem Erreichten sein. Dabei hilft es nichts, es richtigen Ort das Richtige tun. Und dazu gehört
darauf abzuwälzen, dass man nicht die optimale eben eine große Portion Glück.
Ausrüstung hat oder dass das Filmmaterial nicht
den Anforderungen entspricht. Es kommt letzt- Sehen wir uns nun die Praxis etwas näher an.
lich immer darauf an, das Maximale mit den vor- Fotografieren lernen wir am besten durch das
handenen Möglichkeiten zu erreichen. Fotografieren. Ganz ohne Informationen geht das
jedoch nicht - und diese möchte ich Ihnen vermit-
Hier ist auch ein großes Unterscheidungsmerkmal teln. Wir ziehen jetzt auch nicht los und knipsen
zwischen einem Amateur- und einem Berufsfoto- in der Gegend herum, in der Hoffnung, es wird
grafen zu finden. Eigentlich müsste der Amateur schon ein gutes Bild dabei sein. Nein, eine gute
immer die besseren Fotos machen, aus einem Aufnahme entsteht immer durch überlegtes Han-
einfachem Grund: Er fotografiert nur, was er will, deln und das setzt nun mal das Beherrschen der
wann er will und wie er will. Dagegen muss der Technik voraus. Welcher Technik? Wer also immer
Berufsfotograf ein bestimmtes Objekt an einem noch glaubt, er würde mit seiner automatischen
festgelegten Ort und meist noch innerhalb einer Kamera automatisch gute Fotos machen, der
festgesetzten Zeit für seinen Auftraggeber foto- sollte spätestens jetzt dieses Buch weglegen oder
grafieren. Er kann also nur das Bestmögliche aus er muss seine Einstellung zur Fotografie grund
den Gegebenheiten machen. Dies erfordert stän- legend ändern. Denn jetzt kommen wir dahin, wo
diges Improvisieren und man muss sich mit den für alle das Fotografieren anfängt und für viele
gegebenen Voraussetzungen begnügen. auch schon wieder endet. Nämlich zu der Frage:
Welche ist die beste Kamera? Das ist natürlich
Viele der besten Fotografen kommen ursprüng- Unsinn und über diesen Unsinn kann man in Ber-
lich aus dem Amateurlager, sie bringen die Be- gen von Zeitschriften und Büchern nachlesen.
geisterung und das Engagement zur Bewältigung
der ihnen gestellten Aufgaben mit. Diese Begeis- Für uns gilt: Die beste Kamera ist abhängig von
terung und eine enorme Willensstärke sind ab- den drei großen Ws:
solut notwendig, um über das Gewöhnliche und
Durchschnittliche hinauswachsen zu können. • Was will ich fotografieren?
Wer mit der Kamera erfolgreich seinen Lebens • Wie will ich fotografieren?
unterhalt verdienen möchte, muss außerdem • Wo will ich fotografieren?
noch eine gute Portion kaufmännisches Ver-
ständnis mitbringen, denn er möchte ja nichts Je nach Beantwortung dieser Frage wird sich für
anderes, als seine Ideen und Vorstellungen zu jeden ein Kameratyp ergeben, der ihm den meis
verkaufen. Dabei ist es leider so, dass der Ge- ten praktischen Nutzen bringt. Diese Kamera
schäftstüchtigere dem Kreativeren zumeist vo- sollte er wählen. Und noch etwas: Jede automa-
raus ist. Dies sollte jedoch jemanden, der sich tische Funktion ist nur dann gut, wenn es eine
sicher ist, ein wirklich guter Fotograf zu sein Möglichkeit gibt, sie auszuschalten. Wer eine
oder zu werden, nicht davon abhalten weiterzu- Kamera kauft, benötigt dazu unbedingt auch
machen. Wenn er die Begabung und genügend eine Bedienungsanleitung. Denn nur, wenn man
Ausdauer hat, wird er sich durchsetzen können, alle Funktionen kennt, ist man in der Lage, diese
auch wenn er dabei nicht das große Geld ver- auch anzuwenden.
dient. Erfolg haben heißt: Zur richtigen Zeit am
6
Vorwort
Kommen wir also zu einer weitaus wichtigeren stehen muss, ist die Idee, den Gegenstand oder
Frage: Was wollen wir überhaupt noch fotogra- die Person seines Interesses in einer bestimmten
fieren, wo doch alles auf der Welt bereits mehr- Art und Weise, mittels Abbildung durch die Foto
fach fotografiert wurde. Halt, halt, dies ist der grafie, einem bestimmten Publikum zwecks Er-
falsche Ansatz, richtiger muss es heißen: Wie reichens einer bestimmten Absicht darzustellen.
wollen wir was fotografieren? Nun müssen wir
uns entscheiden und kommen zu einem weiteren Jetzt spinnt der aber - denken Sie. Nun gut, ich
wichtigen Punkt: das Interesse am Objekt. versuche es anders darzustellen, zum Beispiel so:
Das Foto eines Mädchens soll beim Betrachter
Man sollte annehmen, kein Mensch fotografiert dazu führen, dass er den Eindruck eines hüb-
etwas, das ihn gar nicht interessiert. Bei der schen, fröhlichen, frechen Mädchens hat. Den
Bilderflut, die tagtäglich über die Theke der Foto- Grund dafür lassen wir zunächst einmal beiseite.
grafen wandert, bin ich jedoch davon überzeugt, Nun ist diese Art der Darstellung dann äußerst
dass das Gegenteil der Fall ist. Ganze Heerscharen schwierig, wenn wir beispielsweise einen wahren
von Leuten mit umgehängten Kameras laufen Trauerkloß vor der Kamera haben. Aber vielleicht
herum und warten darauf, dass ihnen ein Motiv können wir ja mit etwas Witz und Charme die
vor die Linse gerät. Das erinnert mich an Kinder Situation retten? Besser wird es jedoch sein,
mit Schmetterlingsnetzen, die versuchen, einen wir holen uns ein Mädchen vor die Kamera, das
ungewöhnlichen Falter einzufangen und dann bereits das ausstrahlt, was wir übermitteln wol-
doch immer nur dieselben erwischen. Nun, wie len. Dann liegt es natürlich nur noch daran, wie
Sie sehen, muss das wohl der falsche Weg sein. wir es auf die Platte bannen, oder? Im Prinzip
Zurück zu unserer Überlegung, was uns eigentlich ist das so, aber die Tücken der Technik und un-
interessiert. Wenn Sie sich nur für Kameras und sere Emotionen können uns dabei noch einige
deren technische Möglichkeiten interessieren, so gehörige Streiche spielen. Außerdem sollte man
ist der kreative Bereich der Bildgestaltung für nicht vergessen, dass es allemal eine Reduktion
Sie natürlich Nebensache. In diesem Fall sind Sie der Wirklichkeit ist, eine lebende Person auf ein
eigentlich auch kein Fotograf, sondern eher ein zweidimensionales Bild zu bringen.
Kamerafetischist oder auch Sammler.
Wenn also dieses Mädchen wirklich hübsch,
Sehen Sie die Kamera jedoch als das Mittel zum fröhlich und frech ist, sollte es nicht schwer sein,
Zweck, um Bilder herzustellen, sind ihre techni es hübsch darzustellen, denn das können wir se-
schen Möglichkeiten natürlich sehr wichtig, aber hen. Die Fröhlichkeit darzustellen, ist ebenfalls
eben nur deshalb, weil sie wichtige Vorausset- recht einfach, denn auch das können wir vom
zungen zur Bildgestaltung sein können. Gesicht ablesen. Schwieriger wird es, das Freche
abzubilden. Denn was ist frech? Wie erkennt man
Manche von Ihnen interessieren sich vielleicht Frechheit? Hier müssen wir entweder mit abge-
für Tiere, sind also künftige Tierfotografen. Viele bildeten Aktionen oder optisch vermittelbaren
interessieren sich für Autos, alles klar, und noch Vorstellungen von „frech“ bei unserer Zielgruppe
mehr für schöne Frauen? Ich auch, aber genügt arbeiten. Dies führt uns zu einem neuen Problem,
das? Mit Sicherheit nicht! Da muss noch mehr nämlich zur Auseinandersetzung mit unserer
sein und dies gilt es, für jeden individuell heraus- Zielgruppe. Wen wollen wir ansprechen? Was
zufinden. Was letztendlich jedoch immer dahinter versteht der/die Betrachter/in unter „frech“? Wie
7
erreichen wir, dass der Betrachter unseres Fotos leicht entscheiden wir uns aber lieber für Hamil-
versteht, was wir ihm vermitteln wollen? Damit tonpastell, viel Gegenlicht und eine verschmierte
kommen wir zur nächsten Regel: Ein gutes Foto Linse. War wohl doch nicht so gut, konzentrieren
will geplant sein! wir uns lieber auf unsere Aktion und verwenden
eine Standardbeleuchtung. Was ist das?
Nachdem wir also geklärt haben, was wir mit un-
serem Foto erreichen bzw. wen wir ansprechen Keine Sorge, ich möchte Sie nicht auf den Arm
wollen, geht es nur noch um die Frage, wie wir das nehmen, ich finde jedoch, dass solche überspitzt
umsetzen wollen. Als Beispiel wählen wir unser gezeichneten Formulierungen eine gute Möglich-
eben angesprochenes Motiv. Das von uns ausge- keit sind, näher an den Kern der Sache heranzu-
wählte Mädchen entspricht unseren Vorstellungen, kommen. Lassen Sie mich nun etwas ernsthafter
nun bestimmen wir den geeigneten Aufnahmeort an die Dinge herangehen. Natürlich hat jeder
- die Location. Weil es regnet, entscheiden wir Fotograf seine eigenen Methoden, um das Ge-
uns für das Studio. Zunächst einmal beschließen schehen nach seinem Willen zu gestalten. Ich für
wir, die geplante Aufnahme nicht in Schwarzweiß, meinen Teil lasse zunächst das Modell nach sei-
sondern in Farbe zu machen. Als Hintergrund nen Vorstellungen agieren und greife dann nach
wählen wir nicht etwa einen schwarzen Karton, und nach immer mehr in das Geschehen ein.
weil unser Modell schwarz gekleidet und blond
ist, nein, wir nehmen einen langweiligen weißen Das hört sich dann in etwa so an: „Gut so, sehr
Hintergrund und kleiden unser Modell in frischen schön, und jetzt ein bisschen mehr nach rechts,
bunten Farben neu ein. Oder wir machen es um- das Gesicht zur Kamera, und hallo und jetzt,
gekehrt: Hintergrund bunt und das Modell hell und ...“ Selbstverständlich mache ich dabei auch
gekleidet. Frech darf die Bekleidung sein, die Aus- noch Fotos, allerdings meist ohne Motor, denn
legung liegt bei Ihnen. Freche, fröhliche Mädchen ich mag es nicht, hinterher kilometerweise Film
haben meist auch noch eine entsprechende Frisur wegwerfen oder mich stundenlang durch digita
und, wenn sie Kaugummiblasen machen können, len Datenmüll quälen zu müssen. Wichtig ist, dass
sind sie geradezu prädestiniert für unser Foto. Als unser Modell immer schön in Bewegung bleibt
besondere Aktion lassen wir sie auch noch mit und nicht steif wird. Wichtig ist auch, dass unser
bunten Luftballons spielen. Wichtig wäre jedoch, Licht so installiert ist, dass es Bewegungen inner
dass dieses unserem Modell auch noch Spaß halb eines festgelegten Kreises zulässt, sofern
macht, dann kommt das beim Bildbetrachter auch wir nicht mit Assistenten arbeiten, die das Licht
so an. Nachdem wir also endlich unsere Klischee nachführen. Ein gutes Modell weiß auch, wie es
vorstellung festgelegt haben, müssen wir sie nur am besten wirkt und kann daher eine Menge dazu
noch ins Bild setzen. Sollten Sie mehr Kreativität beitragen. Ein Modell jedoch, dem die Arbeit Spaß
entwickeln, toben Sie sich ruhig aus. macht, wird immer ein gutes Modell sein.
Jetzt legen wir den Ausschnitt fest, oder nein, Aber jetzt, die Spannung steigt, endlich haben
das machen wir später in der Dunkelkammer oder wir das Vertrauen unseres Modells und kommen
am Computer. Vergessen wir das Licht nicht, denn zum Wesentlichen. Vorausgesetzt, unser Modell
mit dem Licht machen wir die Stimmung! Also, ist schon ein großes Mädchen, lassen wir es doch
Frontalblitz und drauf! Das kann durchaus ganz einmal das Oberteil ablegen. „Ja, schön, und ein
gut sein, vor allem für die Farbwiedergabe. Viel- bisschen die Arme zusammenpressen, großartig,
8
Vorwort
und mach mich an, jaaaaa“, und nun den Rest die Schärfe müssen trotzdem stimmen. Auch die
auch noch ausziehen: „Oh yeah“. Und ab sofort Bildgestaltung, das Einteilen unseres Bildaus-
wird aus unserem Fotograf ein Pornograf, denn schnittes, die Perspektive, der Hintergrund, alles
schließlich landen ja alle Modelle anschließend muss beachtet werden. Gefühle in Bilder zu ver-
in seinem Bett. So viel zum Thema Fantasie. Die wandeln ist eine große Kunst, die nur wenigen
Realität sieht (fast) immer anders aus und denen auch nicht immer gelingt. Es erfor-
dert eine Art drittes Auge, das im Einklang mit
Bei einem ernsthaften Fotografen läuft das an- Aufnahmeobjekt, Kamera, Licht und Filmmaterial
ders und dafür gibt es eine Menge guter Grün- stehen muss.
de. Zwar spielt der erotische Reiz bei sehr vielen
Fotos eine Rolle, aber wenn man sich ein gutes Dieses Auge gilt es, ständig zu trainieren. Wir
Modell erhalten will, sollte man es beim Opti müssen als Fotografen fotografisch sehen kön-
schen bewenden lassen. Für mich gilt jedenfalls nen! Oft ist es so, dass die ersten Aufnahmen
als wesentliche Regel beim Fotografieren: Don‘t einer solchen Fotoserie im seltensten Fall etwas
touch! Ich halte es auch für sehr wesentlich, dass Brauchbares hergeben. Etliche Fotografen ma-
unser Modell dies weiß, damit es sich absolut si- chen deshalb diese Aufnahmen ohne Film oder
cher fühlt und sein Bestes geben kann, egal ob Speicherkarte in der Kamera (habe ich gehört),
bekleidet oder nackt. ohne dass das Modell es weiß. Davon halte ich
nichts, so sparsam muss man ja wohl nicht sein,
Das Verhältnis zwischen dem Fotografen und und manchmal ist es doch dieser erste Moment
seinen Modellen ist immer von einer Stimmung einer natürlichen Scheu, der das beste Bild er-
abhängig, einer Interaktion. Erst wenn diese ganz gibt. Jede Aufnahme, die wir machen, ist eine
bestimmte gemeinsame Schwingung zwischen Herausforderung an unser Können und unser
den beiden entsteht, können Charakterzüge und Einfühlungsvermögen. Es wiederholt sich nichts!
Persönlichkeit unverkrampft und ungestellt zum Immer wieder ein neues Sehen und Begreifen von
Tragen kommen. Diese nahezu intime Art der Per- Dingen oder Personen, die bereits hundertfach
sönlichkeit ist für mich immer wieder das Inte- fotografiert worden sind. Eine erneute Verwand-
ressanteste und Faszinierendste an der Fotografie lung der Realität in etwas Zweidimensionales,
mit dem Menschen vor der Kamera. Deshalb das in einem guten Bild mehr sein kann als nur
achte ich darauf, dass man ungestört bleibt, je- das Fotografierte.
des Telefonläuten kann dieses hauchdünne Band
zerstören. Nicht das geleckte, total gestellte Foto Die ungeheure Wandelbarkeit von Licht und
ist es, das mich anzieht, sondern das Foto, das Schatten, die Vielfalt der Farben, die Variationen
sich eine menschliche Ausstrahlung erhalten der Perspektive, die Umsetzung mit den verschie-
konnte. Diese Art von Foto wird auch Moden und denen Aufnahmematerialien, all dies in Verbin-
Zeitströmungen überstehen können und als ein- dung mit der Person hinter der Kamera ergibt auf
gefangener Augenblick vor vielen Augen beste- die Dauer eine unverwechselbare Handschrift,
hen! den eigenen Stil.
9
den meisten jedoch nur darum, eine erfolgreiche Es entspricht jedoch keinesfalls meiner Absicht,
Technik anzuwenden, die genau dem Trend der denn auch ich hätte sehr gerne meinen eigenen
Zeit entspricht. Sprich, ein guter Verkäufer zu Stil.
sein. Okay, das ist nicht ganz falsch, schließlich
muss man ja auch von etwas leben. Fotografie als Ausdruck der
Persönlichkeit
Der eigene Stil sollte jedoch etwas ganz anderes Einem Maler oder Zeichner mag es vielleicht ge-
sein, nämlich das Sehen und das fotografische lingen, seine Persönlichkeit im Bild auszudrücken,
Umsetzen des Motivs in einer ganz persönlichen aber einem Fotografen? Schließlich lässt sich ja
Art und Weise. Eine Eigenschaft, die nicht ein- nur ablichten, was tatsächlich vorhanden ist.
fach da ist oder die man irgendwie erzwingen Genau hier müssen wir ansetzen, denn es geht
könnte, sondern die im Laufe der Zeit entsteht wieder einmal darum, was wir eigentlich sehen.
und wächst, sich folglich auch immer wieder Sehen ist eine völlig subjektive Angelegenheit,
verändert und in der doch eine Linie erkennbar ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch an-
bleibt. Ich bedaure die Fotografen, die durch ei- ders sieht und das, was er sieht, anders bewertet
nen Stil bekannt geworden sind und die deshalb und gewichtet. Und doch gibt es auch hier eine
immer wieder dasselbe abliefern müssen, weil es gemeinsame Sprache: Regeln, die für die meisten
einfach von ihnen verlangt wird. Menschen gelten. Diese Regeln sind die wesent-
lichen Punkte der Bildgestaltung.
Bestimmt sind einige darunter, die froh wären,
einmal etwas anderes abliefern zu dürfen. Aber Wenn wir also subjektiv sehen, muss unser Ziel
das Geschäft geht vor. Dies betrifft natürlich sein, diese Sichtweise mittels allgemein verständ-
in irgendeiner Form alle, die vom Fotografieren licher Regeln auf unser Bild zu übertragen, um
leben wollen oder müssen. Jeder, der versucht, es für den Betrachter lesbar zu machen. Anders
seine Umwelt zu prägen, wird hoffentlich irgend- ausgedrückt: Gefühle sollen in eine Bildersprache
wann erkennen, dass er es ist, der geprägt wird, umgewandelt werden. Eine fast unmögliche Sa-
und wenn er endlich zu seinem Stil findet, so hat che? Nun, natürlich ist ein Übertragen der Reali
er dies mit Sicherheit auch vielen anderen zu ver- tät auf ein Bild immer eine wesentliche Verän-
danken. Versuchen wir also erst gar nicht, andere derung, aber die Verwendung von bestimmten
zu kopieren, denn das bringt uns nicht den eige- Bildsymbolen löst im Betrachter eigene Gefühle
nen Stil oder sollten wir lieber Weg sagen? Wa- aus und so kann es uns gelingen, eine Übertra-
rum eigentlich nicht, denn wer einmal versucht gung zu ermöglichen. Logischerweise wird die-
hat, die Fotos von anderen nachzustellen, wird se fast niemals identisch mit dem sein, was der
auch dabei eine Menge lernen können. Fotograf gesehen hat, aber es besitzt eine Sub-
stanz, die wirkt. Ein Bild kann durchaus mehr
Das erste Buch über Fotografie, das ich in die vermitteln als das fotografierte Objekt. Diese Art
Hände bekam und das wesentlich für meine eige der Manipulation sehen wir immer wieder in der
ne Entwicklung war, kann ich auch heute noch Werbung.
jedem angehenden Fotografen empfehlen: An-
dreas Feiningers „Neue Fotolehre“. Sollten bei der Nachdem unser Fotograf also „sehen gelernt hat“,
Lektüre Parallelen zu meinem eigenen Schreibstil gibt es nur noch die Schwierigkeit, das Gesehene
zu ziehen sein, würde mich das nicht wundern. mittels Bild zum Betrachter zu transportieren.
10
Vorwort
Achtung, hier beginnt die Kunst! Für mich per- meinem Sarkasmus abschrecken, es gibt einige
sönlich kann diese Kunst nur möglich sein, wenn Fälle, bei denen dies funktioniert. Besser für die
sie das Können beinhaltet. Trotzdem ist eben finanzielle Seite ist es allerdings, zunächst fest-
jeder Könner nicht zugleich auch ein Künstler. zustellen, was andere interessiert, und dann un-
Kunst entsteht nur, wenn etwas Persönliches, sere Art, dies zu fotografieren, vorzustellen. Es
Eigenständiges, ja vielleicht sogar Künstliches hat wenig Sinn, einem potenziellen Kunden, der
entsteht. Kunst ist meiner Meinung nach alles, im Modebereich tätig ist, unsere wunderschönen
von dem wir überzeugt sind, dass es Kunst ist. Architekturaufnahmen vorzulegen.
Was tut der Fotograf, wenn er gerade keinen Auf- • Zunächst müssen wir wissen, was wir
trag hat? Er arbeitet für seine Mappe. So wird das wollen.
jedenfalls oft behauptet und die Idee ist ja auch • Dann müssen wir wissen, was unsere Ziel-
ganz gut. Leider ist das bei mir zumindest nicht gruppe will.
immer möglich, da es viel wichtiger ist, einen
neuen Auftrag zu bekommen, wenn man davon Wir erarbeiten daraufhin unseren Stil und bieten
leben will. Aber bleiben wir einmal bei unserer die Ergebnisse an. Damit wäre unsere Laufbahn
Mappe. Diese Mappe, auch Portfolio genannt, ist als Berufsfotograf in die Wege geleitet! Habe ich
natürlich wesentlich, besonders für jemanden, nicht ein paar Zeilen vorher noch ganz anders
der erst in diesen Beruf einsteigen will. Schließ- argumentiert? Jawohl, nun, vielleicht müssen
lich kann jeder behaupten, ein guter Fotograf zu wir uns noch entscheiden, ob wir nur kommer-
sein. Beweisen kann er es nur anhand seiner Fo- ziellen Erfolg haben wollen oder ob wir unseren
tos. Also, wann immer uns ein gutes Foto gelingt, eigenen Weg einschlagen möchten. Der eigene
kommt es sofort in unsere Mappe. So erhalten Weg schließt ja einen kommerziellen Erfolg nicht
wir mit der Zeit ein wunderschönes Sammel aus, oder? Basteln wir uns deshalb ein Rezept für
surium von verschiedenen Bildern. Dies ist leider den eigenen Weg, denn dass ist es ja, was wir
nicht sehr wirkungsvoll, da der Betrachter keinen eigentlich möchten. Fotografieren, was und wie
Zusammenhang erkennen kann. und wann wir wollen und außerdem noch davon
leben zu können.
Besser ist es, verschiedene Themen zusammen-
zustellen und somit mehrere Mappen zu haben. Wenn Sie von diesem Buch erwarten, dass ich
Je nachdem, wem wir unsere Leistungen zeigen Ihnen genau erkläre, wie ein Film aufgebaut
wollen, können wir dann die entsprechenden Ar- ist, oder wie Sie sich selbst einen Entwickler
beiten vorlegen. Erst wenn wir eine bestimmte zusammenbrauen, dann muss ich Sie wiederum
Vorstellung haben, in welche Richtung wir ar- enttäuschen, darüber gibt es genügend andere
beiten wollen, stellen wir unser Portfolio zusam- Bücher. Schließlich geben Sie später ja doch
men, das zeigt, wie wir dieses Thema bewältigen. Ihren Film oder Ihre digitalen Daten in einem
Jetzt müssen wir nur noch wissen, wen dieses Labor ab und wundern sich zum wiederhol-
Thema noch interessiert, damit wir unsere Arbeit ten Mal, dass Ihre Fotos nicht außergewöhn-
anbieten und eventuell sogar verkaufen können. lich geworden sind. „You press the Button, we
Hoffen wir also, dass unsere Zielgruppe den Wert do the rest“ (Werbespruch von Kodak). Sollten
unserer kreativen Leistungen zu schätzen weiß. Sie ausnahmsweise nicht so handeln (wunder-
Lassen Sie sich um Himmelswillen nicht von voll, Sie sind mein Wunschleser), dann kaufen
11
Sie sich einfach diese Bücher. Schaden kann es Lassen Sie sich jedoch von der scheinbaren Kom-
Ihnen bestimmt nicht, im Ernst, ich kann es Ihnen pliziertheit der Materie nicht abschrecken und
nur empfehlen. Ich weigere mich auch, Ihnen die glauben Sie mir, 90 % am gestalteten Bild sind
Funktionen Ihrer Kamera zu erklären, denn wozu erlernbar und nur der Rest ist Glück oder Talent.
haben Sie eine Bedienungsanleitung. Finden Sie Vielleicht können ja auch der Text und die Bilder
das lieber selbst heraus, dabei lernen Sie am in meinem Buch etwas dazu beitragen, Ihr „Se-
meisten. Da ich aber um die Technik wohl doch hen“ zu erweitern. Ich wünsche Ihnen viel Freude
nicht herumkomme, lassen Sie mich also auf dabei und viel Erfolg mit der Fotografie.
meine eigene Art und Weise versuchen, Ihnen die
Grundkenntnisse der Fotografie und vieles, weit Klaus Kindermann
darüber Hinausgehende zu vermitteln.
München, im Juni 2008
Der Druck auf den Auslöser allein kann nur Zu-
fallsergebnisse bringen und erst ein gewisser Er-
fahrungsschatz ermöglicht es, das entstehende
Bild als Endergebnis vorauszusehen.
12
Fotografieren
inhaltsverzeichnis
Fotografieren
Motive - Technik - Licht
Fotografisch sehen 22
Auge, Kamera und Licht 22
Wichtige Gestaltungsmittel 24
Was, wie und wo f otografieren? 28
Kameratechnik von A bis Z 34
Unterschiedliche Kameratypen 34
Funktionsweise des Sensors 36
Schärfe und Dynamikumfang 39
Analog oder digital? 42
Das kalibrierte System 43
Die Belichtungsmessung 44
Der Autofokus 47
Kamerapflege zahlt sich aus 52
Nützliches Kamerazubehör 57
Basiswissen Objektive 64
Normal, Weitwinkel, Tele und Zoom 64
Brennweite von Objektiven 69
Blende und Blendenöffnung 69
Die Schärfentiefe 70
Lichtstärke und Perspektive 73
Das Bokeh – Schönheit der U nschärfe 73
Bauartbedingte Abbildungsfehler 74
Mit Filtern arbeiten 80
Klassische Filter und ihre F unktion 80
Filter in der Bildbearbeitung 85
Licht und Beleuchtung 94
Lichtqualität und Lichtarten 94
Licht im Studio 96
Farbiges Licht 99
Der Weißabgleich 100
Beispiele für den Einsatz von Licht 104
Belichtungsspielraum und K ontrastumfang 106
Objekte mit großem H elligkeitsumfang 107
inhaltsverzeichnis
1 Fotografisch sehen 22
3 Basiswissen Objektive 64
Fotografisch sehen
Wichtige Gestaltungsmittel 24
Blende als gestalterisches Mittel 24
Belichtungszeit als gestalterisches Mittel 26
Lichtempfindlichkeit als gestalterisches Mittel 26
Bildausschnitte als gestalterisches Mittel 27
Was, wie und wo f otografieren? 28
1 Fotografisch sehen
Um mit der Kamera erfolgreich gestalterisch tätig zu werden, müssen das fotografische, gestalterische
Sehen sowie die Notwendigkeit des bewussten Sehens erkannt und erlernt werden. Unser gewöhnliches
Sehen basiert auf unseren Augen, die ein Motiv durch den Augenabstand immer in einer Dreidimensio
nalität darstellen, wir sehen sozusagen stereo. Beim Fotografieren jedoch arbeiten wir nur noch mit einem
Auge, in einer zweidimensionalen Ebene ohne sichtbare Tiefe.
Da wir aber das normale Sehen gewöhnt sind, Soll z. B. eine dritte Dimension in einem Bild
denken wir uns diese Tiefe einfach dazu. Wenn sichtbar werden, ist hier unbedingt ein optischer
das Bild dann vor uns liegt, ist diese dritte Ebene Hinweis auf die Tiefe zu vermitteln: durch beson-
jedoch nicht mehr vorhanden und jedes Motiv ist dere, auch in der Realität auftretende imaginäre
auf Höhe und Breite reduziert. Für einen ungeüb- oder sichtbare Linien, farbliche Abstufungen etc.,
ten Fotografen liegt hier die erste Enttäuschung, die dann auch im Bild zu erkennen sind.
das Bild entspricht nicht der gesehenen Wirklich-
keit. Da jedoch die bildlichen Grundsätze (Reduk- Auge, Kamera und Licht
tion auf Höhe und Breite) nicht veränderbar sind,
muss eine Anpassung des Sehens an die Erfor- Das Auge sieht subjektiv, es ist wählerisch und
dernisse der Fotografie erfolgen: das bewusste immer in Bewegung! Durch unsere Gewohnheit,
Sehen als erster Schritt zur Gestaltung. alles, was wir sehen, auch emotional zu sehen,
22
Kapitel 1
Fotografisch sehen
ergibt sich ein weiterer Punkt, der im Bild speziell mehr oder weniger ignoriert. Das Auge wird
umgesetzt werden muss. Typische Anfängerfotos dabei sozusagen zum Normalobjektiv und der
zeigen immer dieselbe Abbildungsweise: Der wahrgenommene Sichtwinkel entspricht in etwa
Mittelpunkt des Interesses sitzt in der Bildmitte, einem 50-mm-Objektiv (Brennweiten bei einer
Unwesentliches wird zunächst bei der Aufnahme Kleinbildkamera).
gar nicht bemerkt, ist aber im Bild unüberseh- Die Kamera dagegen zeichnet alles genauestens
bar. Im fertigen Bild ist die freie Wahl des Auges auf, was durch den Blickwinkel des Objektivs er-
durch den Bildrahmen begrenzt, eine Bewegung fasst wird. Durch die verkleinerte Wiedergabe im
kann bestenfalls simuliert werden. späteren Bild erhalten wir zudem einen völlig an-
Die Kamera sieht objektiv, sie gibt alles wieder! deren Eindruck, als dies für unsere Augen wäh-
Eine Kamera lässt sich durch unsere Emotionen rend der Aufnahme der Fall war. Um also Bilder
nicht beeinflussen, sie gibt ein Bild so wieder, herzustellen, die unseren persönlichen Eindruck
wie dies im Augenblick der Aufnahme, technisch wiedergeben, ist es erforderlich, das fotografi-
gesehen, vorhanden war. Das Bild ist durch die sche Sehen zu erlernen und mittels der Technik
Aufnahme festgelegt, fixiert und wird subjektiv umzusetzen.
empfunden. Eines der wesentlichsten Gestaltungsmittel ist
Ist das Bild erstellt, wird dieses wiederum sub- das Einstellen des Ausschnitts, denn jedes Bild
jektiv empfunden. Das ist abhängig von der Dar- ist ein Ausschnitt, begrenzt durch den Bildrand.
stellung, der Größe, den Farben und von unseren Durch das Weglassen von unwesentlichen und
eigenen momentanen Gefühlen. Je besser es dem störenden Elementen erreichen wir, ähnlich wie
Bild gelingt, unsere bei der Aufnahme vorhande- beim Fixieren mit dem Auge, den Blick auf das
nen Gefühle zurückzubringen, desto zufriedener Wesentliche. Der gewählte Ausschnitt ist abhän-
werden wir mit diesem Foto sein. Wir haben dann gig von der Wahl des Objektivs sowie von der
ein optimales Erinnerungsfoto erstellt. Ein ande- Wahl unseres Standpunkts und der sich damit
rer Betrachter, der bei dieser Aufnahme nicht zu- ergebenden Perspektive.
gegen war, wird natürlich seine eigenen Schlüsse In vielen Fällen genügt zur Verbesserung des
(Aufgrund seiner Emotionen) ziehen. Bilds ein Ortswechsel oder ein Ändern der An-
Sollen also für nicht vorbelastete Betrachter an- sicht (Perspektive) nach unten oder oben, um
sprechende Fotos erzielt werden, müssen hier die störende Bildelemente im Vorder- oder Hinter-
Regeln der Bildgestaltung und des Zeitgeistes so grund zu verändern. Da unser Auge ständig in
angewendet werden, dass diese Fotos die Gefüh- Bewegung ist, fällt es uns schwer, Objekte im
le des Betrachters stimulieren. Diese dritte Per- Bild genauso zu sehen wie unsere Kamera. Die
son ist zunächst unbeeinflusst von unseren Erin- Kamera friert in Sekundenbruchteilen einen Mo-
nerungen an die Aufnahmesituation. Erst wenn ment ein, während das Auge schon längst von
es gelingt, in dieser Person ähnliche Emotionen diesem Punkt weitergewandert ist oder seine
zu wecken, wird unser Bild als bedeutungsvoll Einstellung verändert hat.
empfunden. Ein weiteres, wichtiges Gestaltungsmittel ist des
Fazit: Auch in einer hochemotionalen Situation halb das Beachten des Vorder- und des Hinter
müssen wir uns auf die Technik und die Regeln grunds. Stellen wir unser Auge (genauso wie ein
der Bildgestaltung beschränken, um bei einem Objektiv) auf eine nahe liegende Stelle im Vor
unabhängigen Betrachter unserer Fotos eine dergrund scharf, erscheint der Hintergrund un-
Wirkung zu erzielen. scharf und umgekehrt. Was auf dem fertigen Bild
Unsere Augen entsprechen einem weitwinkligen später offensichtlich ist, erfordert für uns ein
Objektiv, vergleichbar einer Brennweite von un- konzentriertes Verhalten, da ansonsten das Auge
gefähr 17 mm, der Sichtwinkel beträgt ca. 150° von Punkt zu Punkt springt und der Unschärfe-
waagerecht und 120° senkrecht, mit beiden Au- Aspekt außer Acht gelassen wird.
gen haben wir einen Sichtwinkel von über 180°. Unser Auge arbeitet aber auch sehr langsam, so
Wenn wir etwas ansehen, so fixieren wir den sehen wir zwar den Sekundenzeiger einer Uhr
interessantesten Punkt und das Umfeld wird von Position zu Position wandern, nicht aber
23
dessen Bewegung. Die Kamera jedoch kann so- Wichtige Gestaltungsmittel
wohl mit wenigen tausendstel Sekunden oder
auch mit vielen Minuten Belichtungszeit ein Bild [1] Das Licht, in seiner Art, Farbe, Richtung und
verarbeiten. Wenn das Motiv (oder die Kamera) Menge. Man spricht auch von der Qualität
bei einer Langzeitbelichtung in Bewegung ist, so des Lichts. Licht erzeugt Stimmung und
erkennen wir dies im Bild an einer Unschärfe, der Atmosphäre. Fotografieren heißt mit Licht zu
Bewegungsunschärfe. zeichnen. Aber auch: kein Licht ohne Schat
Eine kurze Belichtungszeit hingegen friert den ten.
Moment ein, sie stoppt die Bewegung durch das
Herausgreifen eines Sekundenbruchteils. Beides [2] Das fotografierte Objekt selbst, in seiner
sind gestalterische Mittel, die bewusst einge- Art und Darstellung, in seinem Umfeld. Das
setzt werden können. Motiv, der Blickpunkt des Interesses. Vorder-
Blitzlicht bewirkt immer das Einfrieren eines und Hintergrund (Merke: Es gibt kein Motiv
Moments, da die Belichtungszeit, unabhängig ohne Hintergrund)
von der Kameraeinstellung, auf einen Sekunden-
bruchteil beschränkt ist (bezogen auf das vom [3] Der Betrachtungspunkt, Standort und Per
Blitzlicht beleuchtete Objekt). spektive, die Wahl des Bildausschnitts
Bilder, die wir über das Auge wahrnehmen, ver-
ändern sich ständig und in unserer Erinnerung [4] Die technischen Mittel, Belichtungszeit und
wird ein solcher Eindruck nur sehr unvollständig Blendenwahl, Schärfe und Unschärfe
gespeichert. Zudem nehmen wir einen Moment
eben nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit [5] Der Film oder Sensor (das Bild), Filmart bzw.
unseren anderen Sinnen wahr und speichern Sensoreinstellung und Wiedergabemöglich
somit eine Vielzahl an Informationen, die unser keiten
Bildgefühl beeinflussen.
Der Film oder Sensor jedoch speichert nur eine [6] Die Präsentation
bestimmte Menge an Licht in einer der Aufnah-
me entsprechenden Anordnung. Nur wenn es uns Blende als gestalterisches Mittel
gelingt, das entstandene Bild so wiederzugeben, Die Blende beeinflusst nicht nur die Menge des
dass unser Gefühl oder unsere Erinnerung davon Lichts, die auf den Film oder Sensor fällt, son-
angesprochen werden, empfinden wir das Bild dern hat zudem einen großen Einfluss auf die
als gelungen. Um also „gelungene“ Fotos herzu- Bildwiedergabe in Bezug auf die Schärfe.
stellen, ist das Verständnis der Technik und der Je nach Größe der Blendenöffnung, abhängig
gestalterischen Möglichkeiten von großer Bedeu- von der Distanz zum fotografierten Objekt
tung. Ansonsten sind wir auf den Zufall angewie- und dessen Umfeld, lässt sich die Schärfe be-
sen, der sich bekanntlich nicht planen lässt. züglich deren Tiefe beeinflussen. Man spricht
24
Kapitel 1
Fotografisch sehen
hier auch von der Schärfentiefe oder Tiefen b) Sie möchten einen Gegenstand oder eine
schärfe. Person vor schwarzem Hintergrund aufneh-
Die Blende besteht aus einem in der Größe ver- men. Die gemessene Belichtung ergibt folgen-
änderlichen Lamellenkranz, ähnlich wie die Pu- de Werte: Blende f = 5,6, Belichtungszeit =
pille im Auge, d. h., es gibt kleinere und größere 1/60s. Sie wissen, dass Ihr Belichtungsmesser
Blendenöffnungen, die durch Zahlen definiert in diesem Fall einen falschen Wert anzeigt
sind. Eine kleine Blendenöffnung verringert die und Sie diesen Wert um eine Blende oder eine
Lichtmenge (das Bild wird dunkler), ergibt aber Zeitstufe korrigieren müssen. Dies bedeutet,
zugleich eine größere Schärfentiefe, d. h., der Be- Sie können nun entweder Ihre Blende um
reich der Schärfe bis zum Beginn der Unschärfe eine Stufe (von f = 5,6 auf f = 4) öffnen oder
erstreckt sich über eine größere Distanz als bei die Belichtungszeit um eine Stufe verlängern
einer großen Blendenöffnung. (von 1/60s auf 1/30s), um das erforderliche
Möchte ich also einen größeren Bereich (vor Ergebnis zu erhalten.
oder/und nach dem eingestellten Scharfpunkt)
scharf abbilden, verkleinere ich die Blende. Andere Einstellungen
Möchte ich hingegen nur einen kurzen Bereich Eine weitere Möglichkeit, Belichtungskorrektu-
scharf darstellen, öffne ich die Blende. Da die ren zu verwenden, ist, die Einstellung Ihrer Film
Blende zudem die Belichtung durch Begrenzung
der Lichtmenge beeinflusst, muss ich zudem die
Belichtungszeit proportional verändern, um die- Blendenreihe
selbe Lichtmenge auf meinem Film oder Sensor 1
zu erhalten. 1,4
Jede Blendenstufe entspricht von der kleineren 2
zur nächstgrößeren Zahl einer Halbierung der 2,8
Lichtmenge, in umgekehrter Reihenfolge einer 4
Verdopplung der Lichtmenge. Zwischenabstu- 5,6
fungen entsprechen halben oder 1/3 Blenden. 8
Die max. Blendenöffnung ist je nach Objektiv
11
unterschiedlich.
16
Jede Zeitstufe entspricht ebenfalls einer Ver-
doppelung oder Halbierung der Lichtmenge bzw.
32
Lichtstärke, die auf den Film fällt. Für die richtige 45
Belichtung ist das Verständnis der Zusammen-
hänge von Zeiteinstellung, Blendeneinstellung Zeitenreihe/Sek.
und Filmempfindlichkeit erforderlich. 1
1/2
Beispieleinstellungen 1/4
a) Sie verwenden in Ihrer Kamera einen Film
1/8
oder einen Chip mit der Empfindlichkeit von
1/15
ISO 100/21. Die ermittelte Belichtungszeit
beträgt 1/125 Sekunde, die ermittelte Blende 1/30
ist f = 8. 1/60
Sie möchten aber mit einer Blende von f = 16 fo- 1/125
tografieren. Dies bedeutet, dass Sie Ihre Blende 1/250
um zwei Stufen schließen müssen. Wenn Sie 1/500
nun Ihre Zeiteinstellung um zwei Stufen auf 1/1000
1/30 Sekunde verlängern, erhalten Sie wie- 1/2000
derum dieselbe Lichtmenge auf den Film und
somit die richtige Belichtung.
25
empfindlichkeit zu verändern, und zwar in die- lichtung, zu wenig Unterbelichtung. Beides kann
sem Falle um 3 DIN = 1 Blende = 1 Zeitstufe. Im eine erhebliche Verschlechterung der Bildqualität
letzten Beispiel bedeutet dies, dass Sie von ISO oder sogar ein absolut unbrauchbares Ergebnis
100/21 auf ISO 50/18 umstellen. Dann würde Ihr zur Folge haben.
Belichtungsmesser die richtigen Werte anzeigen. Das heißt, je nach Film- oder Sensorempfind-
Der Belichtungsmesser ist auf einen mittleren lichkeit (Angabe in ISO/ASA/DIN) ist jeweils eine
Grauwert geeicht, besonders helle oder beson- genau definierte Lichtmenge vom Film oder Sen-
ders dunkle Motive bzw. Hintergründe erfordern sor zu verarbeiten. Da sich vorhandenes Licht in
demgemäß eine Belichtungskorrektur. Die Auto- seiner Stärke jedoch ständig verändert, muss es
matik versagt in diesen Fällen. durch die Belichtungsmessung ermittelt werden.
Da sich das Auge ständig an die vorhandene Hel-
Filmempfindlichkeiten ligkeit anpasst, ist eine rein visuelle Beurteilung
ASA DIN ISO der vorhandenen Lichtmenge nicht möglich.
25 15 25 Die Belichtungszeit beeinflusst die Bewegungs
50 18 50 schärfe/-unschärfe. Die Blende beeinflusst die
100 21 100 Schärfentiefe. Dabei gilt:
200 24 200 Kleine Blende -> große Schärfentiege
400 27 400 Große Blende -> geringe Schärfentiefe
800 30 800
1600 33 1600 Lichtempfindlichkeit als
3200 36 3200 gestalterisches Mittel
Je empfindlicher ein Film auf Licht reagiert, das
heißt, je höher die vorgegebene Empfindlichkeit
Eine Verdoppelung der ASA-oder ISO-Zahl be- nach ISO/ASA/DIN ist, desto geringer ist die Auf-
deutet eine Zunahme der Lichtempfindlichkeit lösung der einzelnen Bildpunkte, man spricht hier
um jeweils 3 DIN = 1 Blendenstufe oder = 1 Zeit- von gröberem Korn. Die Größe des lichtempfind-
stufe. lichen Silberkorns beeinflusst die Darstellung. Im
1 DIN entspricht also 1/3 Zeit- oder Blenden Digitalbereich tritt hierbei ein erhöhtes Bildrau-
stufe.
Film ISO
Niedrige Empfindlichkeit
25 – 100
(feinkörnig)
Mittlere Empfindlichkeit
200 – 400
(Standard)
Hohe Empfindlichkeit Filmempfindlichkeit und
(Grobkörnig)
ab 400 Auflösung
Je geringer die Filmempfindlichkeit ist,
Belichtungszeit als gestalterisches desto höher ist die Auflösung durch ein
kleineres Korn. Bei einer Digitalkamera
Mittel ist diese Einstellung nach unten durch
Mit der Belichtungszeit bekomme ich Einfluss auf die Bauart des Chips festgelegt und
die Darstellung von Bewegung im Bild, die sich liegt zumeist bei einer Empfindlichkeit
in Form von Schärfe oder Unschärfe darstellt von ISO 100 oder 200.
(Bewegungsunschärfe). Zudem reguliert die Be-
lichtungszeit (in Kombination mit der Blende) die
Menge des Lichts, die auf unseren Film einwirkt.
Da jeder Film oder Sensor nur eine bestimmte
Menge Licht verarbeiten kann, ist diese Menge
genau definiert. Zu viel Licht bedeutet Überbe-
26
Kapitel 1
Fotografisch sehen
schen auf. Dies führt zu ähnlichen Ergebnissen Eine Steigerung der Bildaussage kann oftmals
wie ein vergröbertes Filmkorn. durch einen anderen Ausschnitt erreicht werden.
Dies kommt insbesondere dann zur Geltung, Der professionelle Fotograf wird seine Aufnah-
wenn das Bild oder ein Bildausschnitt vergrößert men deshalb immer mit Randzugaben versehen,
werden. Ein kleineres Negativ verursacht dabei da er die Möglichkeit eines veränderten Aus-
also bereits von vorneherein durch seine gerin- schnitts nicht außer Acht lassen kann. Ist das Bild
gere Auflösungsmöglichkeit ein gröberes Korn zu knapp bemessen, so ist dies nicht mehr mög-
als ein größeres Negativ, Dia oder ein größerer lich. Da im Auftrag erstellte Bilder bei der Wei-
Sensor. terverarbeitung oftmals auch an ein bestehendes
Beim Sensor tritt anstelle der Körnung ein erhöh Layout angepasst werden müssen, wäre das Feh-
tes Bildrauschen auf, das einen ähnlichen Effekt len eines gewissen Spielraums fatal.
verursacht. Dieses Bildrauschen ist zudem noch Als Gegenargument spricht jedoch, dass der Foto
von der Belichtungszeit abhängig. Bei langen graf die Art und Form der Darstellung bestimmen
Belichtungszeiten kann es ebenfalls zu einer sollte, da diese entscheidend zu einer Verstär-
Verstärkung dieses Effekts kommen. Dieser Ef- kung der Bildaussage beitragen kann. Viele Bil- Spielraum für
fekt kann natürlich auch zur Gestaltung einge- der werden oftmals erst nachträglich durch den den Bildrand
setzt werden, in vielen Fällen ist er jedoch uner- gewählten Ausschnitt zu aussagekräftigen und Die Aufnahmen sollten
wünscht, z. B. wenn ein Gesicht aus einer Gruppe beeindruckenden Fotos. mit etwas Spielraum
von Personen heraus vergrößert werden soll. Bei starken Bildausschnitten spielt die Qualität am Bildrand versehen
sein, aber ansonsten
Um dem entgegenzuwirken, hilft also nur der einer Aufnahme bezüglich ihrer Auflösung und
bereits dem ge-
Einsatz eines niedriger empfindlichen Films bzw. Schärfe eine wichtige Rolle. Insbesondere bei wünschten Endbild
die Einstellung des Ausschnitts bereits bei der hochempfindlichen Filmen und bei Kamera entsprechen.
Aufnahme durch ein Teleobjektiv oder die Ver- sensoren mit geringer Auflösung bzw. erhöhter
wendung einer großformatigen Kamera. Empfindlichkeitseinstellung treten das Korn oder
Ähnliche Probleme ergeben sich beim Einsatz von die Pixel schnell störend in Erscheinung.
digitalen Kameras, hier ist die Abbildungsqualität
von der Auflösung des verwendeten Sensors und
der jeweiligen Einstellung an der Kamera abhän-
gig (Lichtempfindlichkeit und Datenkomprimie-
rung). Bei geringer Qualität (im Verhältnis zur
Ausgabegröße) werden hier die einzelnen Pixel
sichtbar. Ein sogenanntes digitales Zoom bzw.
die rechnerische Ausschnittvergrößerung durch
Interpolieren bringt dabei in der Regel nur ge-
ringfügige Verbesserungen.
27
Was, wie und wo fotografieren? wandelt sich, durch Licht, Schatten und Perspek-
tive. Die Anzahl der Motive ist unendlich.
Eine Frage, die Sie sich bereits vor dem Kauf einer Setzen Sie Schwerpunkte. Alles, was für Sie in-
neuen Kamera stellen sollten. Denn die Technik teressant ist, ist es auch wert, fotografiert zu
muss Ihren Vorstellungen gerecht werden und werden. Die Umsetzung eines Motivs ist allein
nicht umgekehrt. Für den engagierten Amateur Ihren Vorstellungen und Ihrem Können unter-
und den Bildjournalisten wird in erster Linie eine worfen. An jedem Anfang steht eine Idee, eine
Kleinbildspiegelreflexkamera oder ein digitales Vorstellung, die jetzt in eine Planung umgesetzt
Gegenstück infrage kommen, da diese durch ihre werden muss.
Universalität und im Kosten-Nutzenvergleich
den meisten Aufgaben gerecht wird. • Skizzieren Sie Ihre Idee, auf dem Papier oder
Für den professionellen Fotografen wird ein im Kopf.
System nicht ausreichen. Er wird in Kleinbild,
Mittelformat und eventuell auch in ein groß- • Notieren Sie Ort, Zeit, Ziel und technische
formatiges System investieren müssen. Systeme Mittel.
bestehen aus Kameras, Wechselobjektiven und
Zubehör. Arbeiten Sie vorwiegend im Studio, • Setzen Sie Ihre Pläne in Taten um.
kommen Lichtanlage und weiteres Zubehör auf
Sie zu. Das Aufgabengebiet bestimmt die Art Ih- Jetzt brauchen Sie nur noch Zuschauer bzw. Ab-
rer technischen Ausstattung. nehmer Ihrer Produktionen. Wie jeder Künstler
Viele der sogenannten Edelamateure verfügen werden Sie kaum damit zufrieden sein, nur für
über Kameraausrüstungen, deren Kosten für die Schublade zu produzieren. Eine Präsentation
einen Profi in keiner Relation zu seiner Arbeit Ihrer Arbeiten, sei es auch nur in kleinem Kreis,
stehen. Schließlich muss der Profi damit sein gehört dazu.
Geld verdienen und alles Gerät unterliegt nun mal Natürlich werden Sie auch Kritik ernten, hoffent-
dem Verschleiß. Die Kosten für gutes Werkzeug lich konstruktive Kritik. Diese ist auch erforder-
müssen auch erwirtschaftet werden. Schlechtes lich, damit eine Weiterentwicklung stattfinden
Werkzeug kann ihm jedoch auch nicht nutzen, kann. Selbstkritisch sollten Sie Ihre Arbeiten
da er Qualitätsarbeit liefern muss. Diesen Spagat auch nach einiger Zeit nochmals ansehen. Ich
muss jeder Fotograf für sich selbst schaffen. Die kenne keinen, der immer mit allem zufrieden ist.
„beste“ Kamera gibt es nicht, nur die nützlichste Fehler zu erkennen ist die einzige Möglichkeit, sie
oder effektivste in Verbindung mit den gestellten in Zukunft zu vermeiden. Im Handwerk heißt es:
Aufgaben. „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“,
Nun, Sie haben es geschafft, Sie verfügen über aber auch: „Alle kochen nur mit Wasser“.
Ihre Wunschkamera mit mehr oder weniger Sehen und fotografieren lernen ist ein unendli-
Zubehör und wollen jetzt endlich loslegen und cher Prozess. Verbesserungen sind immer möglich.
fotografieren. Aber was? Wo doch alles in der Shootingstars kommen und gehen, der ausdauern-
Welt bereits mindestens von drei Seiten abge- de und sich weiter entwickelnde Fotograf bleibt.
lichtet wurde? Glücklich jener, der einem Beruf Wirklich gute Bilder sind auch nach Jahren noch
oder einem Hobby nachgeht, in dem er seine gut. Zeiten und Moden wandeln sich, aber bei ei-
fotografische Leidenschaft einbringen kann. nem Foto mit dem gewissen Etwas bleibt die Fas-
Was aber macht der „Kreative“? Er braucht Ideen! zination des Augenblicks erhalten. Dieser, meist
Nachdem die anfängliche Begeisterung für das unwiederbringliche Moment ist die ganze Mühe
Medium Fotografie nachgelassen hat, braucht wert und macht Ihr Bild zu etwas Besonderem.
er Anregungen. Das gewöhnliche Bild gibt ihm Studieren Sie bemerkenswerte Fotos und holen
jetzt zu wenig, die Technik ist nur noch Mittel Sie sich Anregungen aus der bildenden Kunst.
zum Zweck. Ein Bild entsteht zuerst im Kopf, und Alte Meister nennt man nicht umsonst so. Wirk-
nun heißt es, zu den Anfängen zurückzukehren: liches Können basiert immer auf Erfahrungen,
Sehen zu lernen. Nichts ist immer gleich, alles die jeder für sich selbst machen muss.
28
Kapitel 1
Fotografisch sehen
AUFNAHMEDATEN
Brennweite 150 mm
Belichtung 1/4 sek
Blende f8
ISO 100
29
2
KameraTechnik
Von A bis Z
30
kapitel 2
KameraTechnik
Kapitel 3
porträtfotografie
Von A bis Z
31
2
KAPITEL 2
Unterschiedliche Kameratypen 34
Wesentliche Unterscheidungsmerkmale 35
Sucher- und Spiegelreflexkameras 36
Verstellbare Mattscheibenkameras 36
Funktionsweise des Sensors 36
CCD- versus CMOS-Sensor 36
Bayer-Filter und Farbinterpolation 37
Antialiasing- oder auch Tiefpassfilter 38
Anders - der Foveon-Sensor 38
Schärfe und Dynamikumfang 39
Ermitteln der Schärfeleistung 39
Sensor versus Film 40
Signal-Rausch-Verhältnis 40
Analog oder digital? 42
Vorteile analoger Aufnahmen 42
Einmal digital, immer digital? 42
Möglichkeiten der Bildaufzeichnung 43
Datenübertragung und Bildausgabe 43
Das kalibrierte System 43
Exif-Metadaten 43
ICC-Profile 44
Die Belichtungsmessung 44
Faktoren für eine optimale Belichtung 44
Matrixmessung oder auch 3-D-Colormatrixmessung 46
Mittenbetonte Messung 46
Spotmessung 46
Belichtungsautomatiken 46
Der Autofokus 47
Autofokus-Methoden 48
Anwendung der verschiedenen M ethoden 48
Die Messfeldsteuerung 50
Autofokus in der Praxis 50
Autofokus: Probleme und Lösungen 51
Kamerapflege zahlt sich aus 52
Außenreinigung 53
Innenreinigung 55
Sensorreinigung 55
Nützliches Kamerazubehör 57
Stative 57
Kamerawasserwaage 58
Fernsteuerung für Blitzgeräte 58
Zwischenringe und Balgengerät 59
Netzadapter 59
Graukarten 59
Farbkeile 59
Weißabgleichsfilter 59
Fototaschen 59
Funktionsprinzip einer Spiegel
reflexkamera:
Sucherprisma, Umlenkspiegel,
Film- oder Sensorebene
Heutige Kameras unterscheiden sich gegen- schiede ergeben sich erst in der Weiterverar-
über dieser Ur-Kamera prinzipiell nur durch kleine beitung: Beim Film ist dies die Entwicklung auf
technische Erweiterungen. Vor der Öffnung be- chemischer Basis, digital handelt es sich um die
finden sich Gläser, das Objektiv, um das Licht zu Weiterverarbeitung des Datensatzes.
bündeln. Die Größe der Lichteintrittsöffnung, die
Blende, ist regelbar. Die Dauer des Lichteintritts, Unterschiedliche Kameratypen
der Verschluss, lässt sich ebenfalls regeln. Hinzu
kommt noch ein Visier, der Sucher. Alle weiteren Je nach Aufgabenstellung und Vorlieben des Foto-
technischen Neuerungen (mehr oder weniger grafen können unterschiedliche Kameratypen zum
sinnvoll) beruhen auf Funktionen zur Belich- Einsatz kommen: einfachere Kompaktkameras, die
tungsmessung und Belichtungsregelung sowie sich problemlos in der Tasche transportieren las-
zur Scharfstellung des abgebildeten Objekts auf sen, Spiegelreflexkameras zur optimalen Bildkon-
dem Film oder dem Sensor. trolle und Gestaltung oder Spezialkameras für spe-
Der Unterschied zwischen einer analogen oder zifische Aufnahmen im professionellen Bereich. Die
einer digitalen Kamera besteht also lediglich in nachfolgende Beschreibung der wichtigsten Arten
der Art der Aufzeichnung eines Bilds. Deshalb soll Ihnen bei der Entscheidung zur Anwendung bei
bleiben fotografische Aufnahmeprinzipien auch Ihren Aufnahmen helfen.
in der digitalen Fotografie unverändert. Unter-
34
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
35
Jede Kamera weist diverse Vor- oder Nachteile Die Bedienung einer modernen Kamera erfordert
auf, die je nach Verwendungszweck störend oder das intensive Studium der Bedienungsanleitung,
nützlich sein können. Der professionelle Fotograf da sich die einzelnen Fabrikate im Aufbau und
wird je nach Bedarf und Aufnahmeziel die eine den Funktionen extrem unterscheiden können.
oder andere Kamera bevorzugen. Es gibt sie also Eine Vielzahl von Automatiken erschwert dem
nicht, die beste Kamera. ungeübten Anwender in der Regel nur den ziel-
Die bestgeeignete Kamera ist vom Einsatzgebiet orientierten Einsatz. Der wirklich kreative Foto
abhängig. Wer schnelle, unkomplizierte Aufnah- graf wird um manuelle Einstellmöglichkeiten
men machen möchte, wird sich für eine Sucher- nicht herumkommen, da Vollautomatiken nur
oder Spiegelreflexkamera entscheiden. Wer eher dem gelegentlichen Knipser dienen können.
statisch arbeitet und die Verstellmöglichkeiten
der Mattscheibenkamera benötigt, wird eben Funktionsweise des Sensors
diese einsetzen. Aufnahmebereiche können sich
dabei aber durchaus überschneiden. Digitalkameras arbeiten entweder mit einem
CCD- oder einem CMOS-Chip als Sensor. Beide
Sucher- und Spiegelreflexkameras Sensoren, CMOS und CCD, sind Halbleiterbauele-
Hierbei handelt es sich ausschließlich um Klein- mente und in der Lage, das auf dem Sensor auf-
bild- oder Mittelformatkameras. treffende Licht in Bildinformationen umzusetzen.
Der Unterschied liegt darin, wie dies geschieht.
• Reportage
• Porträtfotografie CCD- versus CMOS-Sensor
• Reise- und Sportfotografie Bei CCD-Sensoren werden zunächst die erzeugten
• Schnappschüsse elektrischen Ladungen ausgelesen und anschlie-
• Aufnahmen aus der Hand oder mit Stativ ßend verstärkt. Bei einem CMOS-Sensor besitzt
jedes Bildelement eine eigene Verstärkereinheit,
Verstellbare Mattscheibenkameras die es ermöglicht, dass die elektrische Ladung für
Hierbei handelt es sich prinzipiell um mittel- oder jedes Pixel einzeln ausgelesen werden kann. Dies
großformatige Kameras. führt zu einer Beschleunigung der Auslesezeit
bei gleichzeitig geringerem Stromverbrauch. Der
• Studioaufnahmen technischer Art, CMOS-Sensor ist also deutlich schneller als ein
Sachfotografie CCD-Sensor.
• Architekturfotografie Die Hauptnachteile sollen jedoch auch nicht
• hochwertige Reproduktionen verschwiegen werden. Sie liegen in einer gerin-
• Kameraeinsatz nur mit einem Stativ geren Lichtempfindlichkeit, einem reduzierten
Dynamikumfang und einer erhöhten Anfälligkeit
für Bildrauschen. Die neuesten Technologien ha-
ben diese Probleme jedoch deutlich verringert
und sind dadurch in der Lage, mit dem CCD-
Sensor mitzuziehen und diesen sogar noch zu
übertreffen.
Der CCD-Sensor besitzt den Vorteil einer hohen
Lichtempfindlichkeit. Dadurch kann das Bildrau-
schen niedrig gehalten werden. Nachteile sind die
relativ langsame Auslesezeit und der hohe Strom-
verbrauch. Zudem neigt dieser Sensor auch zum
sogenannten Blooming. Dieses entsteht, wenn
ein Pixel keine weitere Ladung mehr aufnehmen
kann. Die überschüssige Ladung kann dann auf
Blick auf den Sensor der Olympus E-520.
andere Pixel in der Umgebung überspringen, die-
36
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
CMOS-Sensor
Der CMOS-Sensor (dt. k omplementärer
Metall-Oxid-Halbleiter) ist neben
dem CCD-Sensor das am häufigsten
in Digitalkameras verwendete Element
für die Bilderfassung. Der in der Nikon
D300 verbaute CMOS-Sensor verfügt
über eine Auflösung von insgesamt
12,3 Megapixeln.
37
Antialiasing- oder auch Tiefpassfilter Anders - der Foveon-Sensor
Der verwendete Farbraster, die rasterförmige Eine ganz andere Entwicklung ist der Foveon-
Anordnung der Bildpixel und die durch die Inter Sensor, der bisher allerdings nur bei sehr weni-
polation entstehenden scharfen Kanten in der gen Kameramodellen der Firma Sigma verwendet
Darstellung eines Bilds können zu Bildfehlern, wie wird. Dieser Sensor benötigt weder einen Bayer-
z. B. einem Moiré, führen. Deshalb liegt ein wei- Filter noch einen Antialiasingfilter. Um ein Motiv
terer Filter über dem Sensor, der sogenannte An- in seiner Farbigkeit zu erfassen, werden von op-
tialiasing- oder auch Tiefpassfilter. Dieser wirkt tischen Sensoren drei getrennte Farbinformatio-
wie ein Weichzeichner, der die scharfen Kanten nen für Rot, Grün und Blau erkannt. Wie oben
verwischt. Dies ist der Grund, weshalb die Fotos erläutert, verwenden CCD- und CMOS-Sensoren
einer Digitalkamera immer etwas unscharf sind. deshalb einen Mosaikfilter. Weil hierbei jeder
Die Bildschärfe wird erst softwaretechnisch, also einzelne Bildpunkt nur die Information für ei-
wiederum durch Berechnung, erzeugt. Diese Be- nen der drei Farbanteile enthält und die anderen
rechnung erfolgt dabei entweder bereits in der Farbanteile durch Interpolation hinzuberechnet
Kamera oder später bei der digitalen Bildbearbei- werden, ist die Bildqualität vom verwendeten Al-
tung. Diese Prinzipien gelten für alle CMOS- und gorithmus bei der Interpolation abhängig.
CCD-Sensoren. Die Firma Foveon hat sich bei der Entwicklung
ihres CMOS-Sensors an analogem Filmmaterial
38
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
39
Sensor versus Film Ladungsrauschen oder
Obwohl die rein rechnerische Auflösung des Dunkelrauschen
Filmmaterials im Vergleich zu der eines Sensors Bei Langzeitaufnahmen werden durch
deutlich höher liegt, ist die effektive Auflösung in der Elektronik entstehende La-
von üblichen Filmmaterialien, bedingt durch dungen mehr oder weniger stark in
technische Gegebenheiten, wesentlich geringer. Erscheinung tretende Rauscheffekte
Würde beispielsweise Filmmaterial in der Grö- erzeugt, die auch als Dunkelrauschen
bezeichnet werden, da diese kein Licht
ße des DX-Formats in einer Kamera verwendet,
zur Entstehung benötigen. Je nachdem,
wäre die erzielbare Qualität gegenüber einem wie lange die Belichtungszeit ausfällt,
modernen Sensor mit nur sechs Megapixeln kann ein Bild durch diese Störungen
deutlich schlechter. Der Film kann bezüglich der sogar unbrauchbar werden. Abhilfe ist
Auflösung also nur durch größere Formate ge- hier nur bedingt möglich, da dieser Ef-
winnen. fekt temperaturabhängig ist. Bei einer
kühleren Umgebungstemperatur wird er
Was sofort auffällt, ist die Klarheit einer digitalen deutlich weniger stark in Erscheinung
Abbildung im Vergleich zum Film. Dies ist eines treten. Um die Kamera nicht noch
der wichtigsten Kriterien in Verbindung mit der zusätzlich zu erwärmen, sollten Sie sie
Auflösung der Details. Kein Korn und keine sons bei Langzeitaufnahmen möglichst nicht
tigen Unregelmäßigkeiten stören das Bild. Selbst in der Hand halten.
bei hochwertigen Scans vom 35-mm-Film fallen
diese Störungen ab einer bestimmten Größe der
Abbildung deutlich ins Gewicht. optische Wirkung ist in der analogen Fotografie
Auch bezüglich der effektiven Auflösung kann als Korn bekannt. Je höher die Lichtempfindlich-
eine hochwertige digitale Spiegelreflexkamera keit des Filmmaterials ist, umso deutlicher wird
mit dem Kleinbildfilm (beide bei ISO 200) nicht diese Kornstruktur.
nur mithalten, sondern übertrifft diese bei Wei-
tem, die Verwendung von hochwertigen Objek- Hot-Pixel und Dead-Pixel
tiven immer vorausgesetzt. Das Auftreten von Das Sensorrauschen erzeugt farbige Punkte, die
sichtbar werdenden Bildpixeln bei extremen sich ungleichmäßig über das gesamte Bild ver-
Vergrößerungen kann dabei durchaus mit der teilen. Dieser Effekt ist auch abhängig von Ver-
ansteigenden Abbildung des Filmkorns gleichge- unreinigungen des Sensormaterials bei der Her-
setzt werden. stellung. Einzelne, besonders leuchtende Punkte,
die immer wieder an derselben Stelle im Bild er-
Signal-Rausch-Verhältnis scheinen, werden als Hot-Pixel bezeichnet. Pixel,
Jeder Sensor erzeugt, auch ohne dass Licht auf die ständig dunkel bleiben und keine Lichtreak
ihn auftrifft, Eigenströme, die bauartbedingt tion zeigen, nennt man Stuck- oder Dead-Pixel.
stärker oder schwächer ausfallen können. Sie Da kein Sensor absolut perfekt ist, finden sich
stellen keine feste Größe dar, sondern verändern solche speziellen Pixel in jedem Bild. Wenn Sie
sich insbesondere unter Wärmeeinfluss. Dieses eine Aufnahme bei aufgesetztem Objektivdeckel
sogenannte Grund- oder Dunkelrauschen wird mit voller Auflösung machen, können Sie fehler-
durch entsprechende Filter begrenzt, ist aber hafte Stellen leicht entdecken. Verwenden Sie
nicht grundsätzlich zu verhindern. Mit stärkerer dazu eine Belichtungszeit von einer Sekunde. Bei
Erwärmung erhöht sich dieser Rauschpegel. den besonders leuchtenden hellen Punkten han-
Die eindeutige Trennung der Bildsignale von die- delt es sich um Hot-Pixel.
sem Rauschen ist in den hellen Bildbereichen im- Viele digitale Spiegelreflexkameras können zu
mer besser als in dunklen Sektoren. Dies macht diesem Zweck ein Referenzbild erzeugen, mit dem
sich insbesondere bei Langzeitbelichtungen und auch vorhandener Staub auf dem Sensor lokali-
mit zunehmender Erhöhung der Lichtempfindlich- siert und dadurch später entfernt werden kann.
keit bemerkbar. In den dunklen, flächigen Bildbe- Dieser zeigt sich als dunkler, zumeist unscharfer
reichen fängt es an zu „grisseln“. Eine ähnliche Fleck am deutlichsten in flächigen Bereichen der
40
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Hot-Pixel Reklamationsgrund?
Mit Hot-Pixel bezeichnet man wieder- Bereits bei der Herstellung der Kamera
kehrende Bildfehler durch fehlerhafte wird deshalb eine Referenzaufnahme
Stellen auf dem Sensor, die speziell bei gemacht und die fehlerhaften Stellen
Langzeitbelichtungen verstärkt sichtbar werden mittels einer kamerainternen
werden. Bei Aufnahmen mit Objektiv Software korrigiert. Im Laufe der
deckel und einer Belichtungszeit von Lebenszeit eines Sensors und je nach
einer Sekunde können sie lokalisiert Belichtungseinstellung können jedoch
werden. Sie erscheinen als weiße oder weitere solcher Fehler im Bild sichtbar
farbige helle Punkte. Eine Entfernung werden. Solange diese nicht über-
ist durch digitale Bildbearbeitung mäßig stark auftreten, ist dies kein
möglich. Reklamationsgrund. Bei der späteren
digitalen Bildbearbeitung gibt es zudem
Möglichkeiten, diese fehlerhaften Stel-
len zu beseitigen.
Aufnahmen. Sensorverunreinigung ist ein großes
Problem in der digitalen Fotografie. Besonders Kontra Rauschreduktion
bei Kameras mit Wechseloptiken ist eine Ver-
schmutzung durch Staubpartikel auf Dauer kaum Jede Unterdrückung des Bildrauschens
auszuschließen. Zur Reinigung sind besondere geht auf Kosten der Bildschärfe und
kann zu einem Verlust feinster Bild
Vorkehrungen erforderlich. details führen. Deshalb sollte eine
manuell zuschaltbare Rauschreduktion
Bildrauschen reduzieren nur verwendet werden, wenn das Motiv
Zur Reduzierung des Bildrauschens besitzen vie- dies erfordert.
le Digitalkameras Rauschfilter, die sich je nach
eingestellter Lichtempfindlichkeit automatisch Lebensdauer des Sensors
konfigurieren. Im Kameramenü finden sich wei-
Prinzipiell ist ein Sensor verschleißfrei,
tere Einstellungsmöglichkeiten zur Begrenzung wenn er gemäß seinen Spezifikationen
des Bildrauschens. Spezielle Softwaretools zur betrieben wird. Eine Abnutzung kann
Reduzierung von Bildrauschen sind auch im Han- aber durch übermäßiges Erhitzen, zu
del erhältlich. Einige davon arbeiten durchaus starke Helligkeitseinstrahlung oder
effektiver als die manuell zuschaltbaren kame- fehlerhafte Betriebsspannung entste-
hen. All dies sind sich addierende Fak-
rainternen Filter. Die in der Kamera verwendete toren, die Einfluss auf die Lebensdauer
Rauschunterdrückung ist eine Kombination aus eines Sensors haben.
verschiedenen Methoden. Zunächst analysiert
die Kamera das Bild und legt die folgenden Ver-
arbeitungsschritte fest. Dabei werden Scharf-
zeichnung, Tonwertwiedergabe, Weißabgleich Langzeitaufnahmen längere Pausen einlegen und
sowie Randabdunkelungskorrekturen und Kom- die Umgebungs- und Kameratemperatur mög-
primierung der Bilddaten berücksichtigt. lichst niedrig halten. Grundsätzlich gilt, dass eine
übermäßige Erwärmung der Kamera möglichst
Color-Blooming zu vermeiden ist. Dazu gehört das Aufheizen der
Das sogenannte Color-Blooming entsteht dann, Kamera durch Liegenlassen in der Sonne oder im
wenn Teile des Sensors überhitzt werden. Bei Sommer durch das längere Liegen in einem Auto.
Langzeitaufnahmen und einer entsprechend Dieses sowie auch die direkte, intensive Sonnen-
hohen Umgebungstemperatur kann dieser Ef- einstrahlung in das Objektiv kann zudem die Ka-
fekt verstärkt auftreten. Um die Gefahr zu ver- mera beschädigen.
ringern, sollten Sie deshalb zwischen mehreren
41
Analog oder digital? noch viele Jahre später mit der jeweils modern-
sten Technik möglich. Die langfristige Lagerung
Wieder einmal entscheidet der gewünschte von digitalen Daten ist dagegen immer noch ein
Zweck zusammen mit der möglichen Weiterver- besonderer Unsicherheitsfaktor.
arbeitung über die Auswahl. Der Berufsfotograf
wird je nach Aufgabe die eine oder die andere Einmal digital, immer digital?
Lösung einsetzen. Der Amateur kann sich von Was ist in 10, 20 oder 30 Jahren, werden dann
vorneherein festlegen, da die Technik nur seine noch genügend Möglichkeiten bestehen, die heu-
Ansprüche und Interessen erfüllen muss. Auch te erstellten digitalen Daten problemlos wieder-
hier gibt es kein besseres oder schlechteres Sy- zugeben und zu nutzen? Der rasante Fortschritt
stem. Entscheidend ist nur das Umsetzen der Vor- im Computerbereich lässt hier Zweifel zu. Die
stellung in ein gewünschtes Ergebnis. Wer einmal einmal erstellte Qualität einer digitalen Aufnah-
ein großformatiges Dia auf dem Leuchttisch vor me ist die Grundlage jeder Weiterverarbeitung.
sich hatte, dem wird schnell klar geworden sein, Zwar lassen sich Pixel auch hochrechnen, dies
dass eine noch so aufwendige digitale Aufnahme geht jedoch immer auf Kosten der Ergebnisse.
dem kaum etwas entgegenzusetzen hat. Wird Nun, bislang hat es noch nichts gegeben, dessen
das Produkt weiterverarbeitet, z. B. im Druck, Qualität nicht noch zu steigern wäre.
kann (muss nicht) es jedoch durchaus sein, dass Aber auch im Bereich der analogen Fotografie
kein Unterschied mehr feststellbar ist. Der Zweck herrscht kein Stillstand. Die fotografischen
heiligt hier die Mittel, könnte man sagen. Emulsionen werden ständig verbessert und die
Dazu kommt, dass die heutige Qualität digitaler Auflösung wird auch hier ständig feiner. Den-
Aufnahmen mit großformatigen Sensoren be- noch sind hier bereits Tendenzen sichtbar, die
reits an das kleinere Großformat (9 x 12) heran- langfristig den Bereich der analogen Fotografie
reicht. Selbst kleinformatige Sensoren erreichen stark beschränken werden. Aufgrund der ständig
inzwischen eine beachtliche Qualität, die an sinkenden Nachfrage wird es immer schwieriger
analoge Mittelformatkameras heranreicht. Die werden, unterschiedliche und vor allem auch
Möglichkeit der sofortigen Weiterverarbeitung, ganz spezielle Filmmaterialien zu erhalten. Wie
ohne Aufwand an Film- und Entwicklungskosten, auch immer, analog oder digital, hier werden sich
ist zudem absolut unschlagbar. Dazu kommt die die Geister scheiden.
Möglichkeit einer sofortigen, groben Bildbeurtei- An den Grundlagen der Fotografie (außer bei der
lung auf dem kameraeigenen Monitor. Live-View Bildaufzeichnung) ändert sich jedoch nichts. Opti
bietet sogar die Möglichkeit, eine Aufnahme be- sche Gesetze gelten genauso für die digitale wie
reits bevor diese erfolgt ist, auf dem Monitor der für die analoge Fotografie. Ein guter Fotograf wird
Kamera anzusehen. auch mit einer einfachen Kamera die besseren
Der Trend geht eindeutig in die digitale Richtung, Fotos machen, gleichgültig ob digital oder nicht.
aber sollte jeder dem Trend folgen? Viel hat sich natürlich bei der Weiterverarbeitung
Die anschließende Digitalisierung (Scannen) einer des Bildmaterials verändert. Vorbei die tage- und
analogen Aufnahme bietet prinzipiell dieselben nächtelangen Sitzungen in der Dunkelkammer.
Möglichkeiten der Weiterverarbeitung wie die ei- Stattdessen sitzen wir nun vor dem Bildschirm.
ner digitalen Aufnahme. Also hat man praktisch Strahlend leuchten unsere Bilder bei 72 dpi Bild-
gesehen keine Nachteile, außer einer Material- schirmauflösung. Der Ausdruck unserer Daten
und eventuellen Zeitersparnis. lässt jedoch oft gewisse Zweifel an der Qualität
unserer Fotos aufkommen. Fotoqualität? Die
Vorteile analoger Aufnahmen Hersteller von Druckern versprechen allerhand
Die Vorteile sind die äußerst hohe Qualität zu und zugegeben, wirklich schlecht ist es ja in der
vergleichsweise niedrigen Kosten (eindeutig be- Regel nicht. Der Preis für Druckertinte und hoch-
sonders auch bei einer Großformataufnahme) so- wertiges Papier ist jedoch gewaltig.
wie die hohe Lagerfähigkeit und Lagersicherheit. Lassen Sie als Vergleich zum eigenen Ausdruck
Eine erneute Digitalisierung ist dadurch auch ein Foto von Ihren Daten machen, dann werden
42
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
43
möglichst angepasste Ausgabe „ohne“ vorherige vorherige Beschneidung möglich. Dadurch haben
Bildbearbeitung zu erreichen. Um diese nicht un- Sie beispielsweise auch die Möglichkeit, einen
erhebliche Fehlerquelle zu beseitigen, benötigen extremen Kontrastumfang zunächst in einem
Sie als anspruchsvoller Fotograf ein Bildbearbei- hellen und dann in einem dunklen Bild auszuge-
tungsprogramm, das diese Daten ebenfalls bear- ben und diese in der Bildbearbeitung miteinander
beitet. (z. B. Adobe Photoshop) zu verrechnen, um damit eine bessere Wiederga-
be zu erreichen.
ICC-Profile Blooming oder Smearing entsteht durch einen ex-
Für eine verbindliche Ausgabe sind nach der Be- trem hohen Lichteinfall auf den Sensor. Dadurch
arbeitung auf dem Bildschirm auch die eingebet- geben die lichtempfindlichen Dioden Energie an
teten ICC-Profile (von Bildschirm und Kamera benachbarte Dioden ab. Das Bild überstrahlt.
oder Scanner) relevant. Diese werden mit dem Oftmals entsteht gleichzeitig ein meist violetter
Profil des Ausgabegeräts verrechnet, so ist eine Farbsaum (Purple Fringing) an den Rändern der
verbesserte Wiedergabe erreichbar. Diese Profile überbelichteten Bereiche.
sind in der modernen Bildbearbeitung, speziell Um diese Effekte zu vermeiden, müssen Sie den
auch in der Druckvorstufe unverzichtbar ge- Lichteinfall auf den Sensor reduzieren. Am ein-
worden. Erst dadurch wird eine farbverbindliche fachsten geht das durch eine kleinere Blende und
Ansicht und Ausgabe auch auf einem anderen, eine Verringerung der Belichtungszeit. Bei Ver-
ebenfalls kalibrierten Bildschirm oder Ausgabe- wendung einer Programmautomatik passen Sie
gerät ermöglicht. die Belichtungskorrektur an. Verschieben Sie den
Regler in den Minusbereich.
ICC-Profil einbinden
Sollen Ihre Bilder nach einer Bearbeitung weiter- Die Belichtungsmessung
gegeben werden, ist es erforderlich, diese Kor-
rekturen mittels der Einbindung eines ICC-Profils Für eine optimale Belichtung wird immer die
in das Bild zu sichern. Nur so kann ein weiterer gleiche Lichtmenge benötigt, um vom Sensor der
Anwender (z. B. in der Druckvorstufe) auf seinem Kamera verarbeitet zu werden. Da diese Licht-
kalibrierten System für eine zuverlässige Bild- menge jedoch je nach Motivhelligkeit und Motiv-
ausgabe sorgen. kontrast variiert, muss sie durch die Einstellung
Eine Ausnutzung der vollen Sensordynamik ist von Empfindlichkeit, Belichtungszeit und Blende
jedoch nur bei Aufnahmen im RAW-Format ohne an der Kamera geregelt werden.
Exif
Das Exchangeable Image File Format
(Exif) ist ein Standard der Japan ICC-Profil
Electronic and Information Technology
Industries Association für das Datei Ein ICC-Profil (International Color
format, in dem moderne Digitalkameras Consortium) ist ein genormter Daten-
Informationen über die aufgenom- satz, der den Farbraum der Bilddaten
menen Bilddaten, wie z. B. Aufnahme- genau beschreibt, damit diese auf
datum, Belichtungswerte oder Urheber, einem anderen Gerät (Bildschirm oder
entweder innerhalb der Bilddatei oder Drucker) möglichst identisch ausgege-
als zusätzlichen Datensatz, speichern. ben werden können.
44
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Exposure Value
Ein EV oder LW (EV = Exposure Value,
LW = Lichtwert) entspricht dem Be-
reich einer vollen Zeit- oder Blenden-
stufe sowie der Verdoppelung oder
Halbierung des ISO-Werts.
45
Obwohl der Sensor somit in der Lage ist, mehr dabei auch durch das Objektiv ermittelte Ent-
Abstufungen aufzuzeichnen, kommt es bei der fernungsdaten berücksichtigt werden. Bei der
Bildausgabe zu einer Komprimierung, die mit Matrixmessung wird das Bild in unterschiedliche
Tonwertverlusten verbunden ist. Dies betrifft Bereiche eingeteilt, diese werden gemessen und
insbesondere die hellen Bildbereiche, in denen ein Mittelwert wird errechnet. Zugleich werden
noch vorhandene geringe Unterschiede zu rei- diese Informationen auch mit in der Kamera ge-
nem Weiß zusammengefasst werden. speicherten Daten verglichen. Entspricht das er-
Mittels der digitalen Bildbearbeitung ist es mög- mittelte Helligkeitsmuster einem Muster aus der
lich, geringe Differenzen in den dunklen Bereichen kameraeigenen Datenbank, wird ein passender
nachträglich zu verstärken und dadurch deutli- Wert für die Belichtung vorgegeben. Die Mess-
cher zu machen, während dies im hellen Bereich, methode ergibt in normalen Situationen und bei
in dem nur wenige Informationen aufgezeichnet geringerem Motivkontrast in der Regel sehr gute
werden, kaum mehr möglich ist. Bei kontrast- Ergebnisse.
armen Motiven treten also selbst bei leichten
Fehlbelichtungen kaum Schwierigkeiten bei der Mittenbetonte Messung
späteren Anpassung auf, während ein Foto durch Bei dieser Messmethode wird das Sucherzen-
eine Fehlbelichtung bei Motiven mit hohem Kon- trum und als besonderer Schwerpunkt dessen
trast schnell unbrauchbar gemacht wird. Mitte zur Ermittlung der Belichtung verwendet.
Ein Belichtungsmesser ist immer auf einen mitt- Eine Anwendung dieser Messmethode empfiehlt
leren Grauwert von 18 % geeicht. Entspricht der sich zum Beispiel bei Porträtaufnahmen (Mes-
gemessene Bereich diesem mittleren Grauwert, sung auf das Gesicht) oder wenn eine besondere
steht zur Belichtung der maximale Kontrast Gewichtung auf das Bildzentrum gelegt wird.
umfang in Bezug auf die hellen und dunklen
Bereiche gleichmäßig zur Verfügung. Ist der Spotmessung
Kontrastumfang des Motivs größer als der verar- Die Spotmessung erfolgt punktgenau mit einem
beitbare Kontrastumfang, werden die hellen und Messwinkel von ca. 3 Grad in der Mitte des
die dunklen Bereiche beschnitten. Suchers oder, falls die Kamera eine Anpassung
Dabei wird der bei einer Belichtungsmessung an- erlaubt, auch an anderen, zuvor definierbaren
visierte Sektor von der Kamera immer als mitt- Stellen. Diese Messmethode erlaubt es dem
lerer Grauwert eingestuft. Ist dieser sehr hell, Anwender, bestimmte Punkte im Bildmotiv an-
kommt es demnach zu einer Unterbelichtung, zumessen, um deren Werte zu ermitteln. Für die
ist er sehr dunkel, zu einer Überbelichtung. Eine Belichtung werden, je nach Gestaltungsabsicht,
Automatik kann dies nicht erkennen und ist da- die Belichtungswerte manuell eingegeben.
durch in Extremsituationen überfordert.
Der erfahrene Fotograf kann nun durch manu- Belichtungsautomatiken
elles Eingreifen (Anpassung der Belichtung) den Je nach Kameramodell und Hersteller verfügen
mittleren Grauwert entweder in den hellen oder neuere Kameras über mehrere Belichtungs
in den dunklen Sektor verlagern. Dies ist un- automatiken, die teilweise auch angepasst wer-
ter Umständen erforderlich, um eine natürliche den können. Die Verwendung einer solchen Auto
Wiedergabe zu erreichen oder um im bildwichti- matik ist besonders dann sinnvoll, wenn sehr
geren Bereich die Zeichnung zu erhalten. schnell auf eine sich ständig ändernde Beleuch-
Bei modernen Spiegelreflexkameras sind ver- tungssituation reagiert werden muss. Üblich sind
schiedene Messmethoden üblich, die im Folgen- die folgenden Automatiken:
den kurz vorgestellt werden.
(P) Programmautomatik
Matrixmessung oder auch 3-D-Color- Die Kamera stellt die Belichtungszeit und Blende
matrixmessung anhand der ermittelten Messung automatisch
Die Matrixmessung wird auch als 3-D-Color- ein. Der Fotograf muss nur noch den Auslöser
matrixmessung bezeichnet. 3D bedeutet, dass betätigen. In normalen Aufnahmesituationen
46
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
werden damit brauchbare Ergebnisse erzielt. zwischen dem aktiven und dem passiven Auto-
Eine optimale Bildgestaltung ist damit normaler- fokus unterschieden. Beim aktiven Autofokus
weise nicht möglich, da der Fotograf nicht mehr erfolgt die Entfernungsmessung z. B. mittels
manuell eingreifen kann. von der Kamera abgestrahlter Schallwellen (Ul-
traschall). Diese Methode wird bei moderneren
(S) Blendenautomatik Kameras nicht mehr verwendet.
Bei dieser Einstellung gibt der Fotograf die Be- Der passive Autofokus ermittelt die Entfernung
lichtungszeit vor und die Kamera passt die erfor- z. B. auf Basis eines Phasenvergleichs. Diese,
derliche Blende aufgrund der bei der Belichtung heute hauptsächlich verwendete Messmethode
ermittelten Werte an. Diese Einstellung eignet basiert auf einer Phasendifferenzmessung. Da-
sich, wenn die Belichtungszeit festgelegt werden bei wird das einfallende Licht von zwei oder
muss und die von der jeweiligen Blendeneinstel- mehreren Sensoren verglichen. Ist der maximale
lung abhängige Schärfentiefe keine wesentliche Kontrast erreicht, ist das Bild scharf. Diese Me-
Rolle spielt. thode erfordert ein kontrastreiches Motiv und
ist abhängig von der Anzahl und der Anordnung
(A) Zeitautomatik der zur Messung verwendeten Messfelder. In zu
Der Fotograf gibt den Blendenwert vor und die dunkler Umgebung kann dabei die Beleuchtung
Kamera passt die Belichtungszeit entsprechend durch ein Hilfslicht erforderlich werden.
an. Diese Automatik wird bevorzugt, wenn der Die Fokussierung des Objektivs erfolgt dabei
Schärfentiefebereich festgelegt werden soll und durch Motoren, die sich in der Kamera oder im
die Belichtungszeit eine untergeordnete Rolle Objektiv befinden. Einige Objektive erlauben
spielt. auch die Kombination von manueller und auto-
matischer Scharfstellung (M/A-Modus). Wie bei
(M) Manuelle Einstellung allen Automatiken gibt es Situationen, in denen
Belichtungszeit und Blende werden manuell ein- diese nicht ordnungsgemäß funktionieren, des-
gestellt. Dabei kann die in die Kamera integrierte halb sollte eine manuelle Scharfstellung eben-
Belichtungsmessung zur Ermittlung der Belich- falls möglich sein.
tungswerte verwendet werden. Die manuelle
Einstellung wird ein Fotograf bevorzugen, wenn
er die volle Kontrolle über die Belichtung behal-
ten will.
ISO-Automatik
Einige Digitalkameras verfügen über diese Op-
tion. Dabei wird die Lichtempfindlichkeit des
Sensors, entsprechend vorher festgelegter Ein-
stellungen, automatisch an die Aufnahmeumge-
bung angepasst. Diese Automatik kann, je nach
Aufnahmesituation und Bildabsicht, durchaus
sinnvoll sein.
Der Autofokus
Die automatische Fokussierung (Scharfstellung),
hat sich besonders im Kleinbildformat (bis 24 x
36 mm) durchgesetzt. Dabei werden je nach Ka-
meramodell teilweise unterschiedliche Methoden Sie sehen das Schema der Messzellenanordnung. Die Zahlen bedeuten: 1 Lichtstrahlen, 2
zur Erkennung und Einstellung der jeweiligen teildurchlässiger Spiegel, 3 Sekundärspiegel, 4 Sensorebene, 5 Autofokusmesszellen.
Entfernung verwendet. Dabei wird grundsätzlich
47
AF-S
Dabei erkennt das Autofokussystem die Bewe-
gung des Motivs und führt die Scharfstellung
so lange nach, bis dieses zum Stillstand kommt.
Danach wird die Scharfstellung angezeigt und es
kann ausgelöst werden. Bewegt sich das Objekt
danach erneut, muss die Scharfstellung durch
erneuten Druck (bis zum ersten Druckpunkt) auf
den Auslöser nochmals gestartet werden. Dies
gibt dem Fotografen auch die Möglichkeit, zu-
nächst den Schärfepunkt zu wählen und dann
bei gedrückt gehaltenem Druckpunkt den Aus-
schnitt zu verändern.
Das Prinzip der Phasendifferenzmessung: Oben ist scharf gestellt, unten ist unscharf. AF-C
Die Zahlen bedeuten: 1 Objektebene, 2 Sensorebene, 3 Umwandlung der optischen Bei dieser Methode wird das anvisierte Objekt
Informationen, 4 elektrische Signale. bei gedrückt gehaltenem Druckpunkt ständig fo-
kussiert. Bei einem bewegten Motiv, passt sich
Die Arbeitsweise dieses Autofokussystems ba- demnach der Autofokus an dieses so lange an,
siert auf dem Prinzip der Phasendifferenzerken- bis der Auslöser durchgedrückt wird.
nung, auch passiver Autofokus genannt. Um auf
ein Objekt scharf stellen zu können, muss dieses Anwendung der verschiedenen
über einen bestimmten Kontrastumfang verfü- Methoden
gen, um vom Messsystem erkannt zu werden. AF-S, AF-C, Auslösepriorität oder Schärfepriori-
Sehr wenig Licht, geringe Kontraste und einför- tät - wann wird welche Methode angewendet?
mige Flächen können daher dazu führen, dass der • Auslösepriorität
Autofokus nicht scharf stellen kann. Bei Dunkel- Eine Auslösung ist jederzeit auch ohne vor-
heit wird deshalb auch das eingebaute Hilfslicht herige Scharfstellung möglich.
zur automatischen Scharfstellung benötigt.
Zur Scharfstellung des Objektivs werden je nach • Schärfepriorität
Bauart zwei verschiedene Methoden angewen- Die Kamera löst erst nach erfolgter Scharf
det. Nikon-Objektive mit der Bezeichnung AF stellung aus. Der Schärfeindikator im Sucher
sind mit der Kamera über eine kleine, feder leuchtet kurz auf.
gelagerte Welle verbunden und werden über ei-
nen kamerainternen Motor scharf gestellt. Fokusschalter auf Stellung C
Objektive mit der Bezeichnung AF-S verfügen Solange Sie den Auslöser bis zum ersten Druck-
über einen eigenen motorischen Antrieb und wer- punkt gedrückt gehalten, stellt die Kamera auf
den über die am Bajonettanschluss angebrachten das anvisierte, sich bewegende Objekt kontinu-
elektrischen Kontakte mit Strom versorgt und ierlich scharf. Eine Auslösung ist je nach Vorein-
gesteuert. Die zur Scharfstellung erforderliche stellung möglich.
Zeit beträgt zwischen 0,2 und 0,8 Sekunden und
ist jeweils vom Objektiv, dem Aufnahmemotiv Fokusschalter auf Stellung S
und den Aufnahmebedingungen abhängig. Die Kamera fokussiert, sobald Sie den Auslöser
bis zum ersten Druckpunkt drücken. Durch Hal-
Autofokus-Methoden ten des Druckpunkts wird die Schärfeeinstellung
Eine Anpassung des Autofokus kann je nach fixiert und die Kamera wird mit diesem Scharf-
Kameratyp auf unterschiedliche Weise einge- punkt beim Durchdrücken des Knopfs ausgelöst
stellt werden. Zwei Methoden sind besonders (Autofokusmesswertspeicherung).
verbreitet.
48
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
49
Fokusschalter auf Stellung M Einzelfeldsteuerung
Durch Stellung des Fokusschalters auf M wird der Die Kamera fokussiert nur auf das Objekt im zu-
Autofokus deaktiviert und die Scharfstellung er- vor ausgewählten Messfeld. Diese Einstellung ist
folgt manuell durch Drehen des Entfernungsein- sinnvoll bei unbewegten oder langsamen Moti-
stellrings am Objektiv. Einige Objektive verfügen ven, die den Messbereich nicht verlassen.
zudem über die Möglichkeit, eine Deaktivierung
des Autofokus auch durch einen Schalter am Ob-
jektiv vorzunehmen.
Auch eine Kombination aus manueller Einstellung Bei unbewegten Motiven kann der gewählte
und Autofokus ist durch die Einstellung M/A bei Scharfpunkt auch durch das Festhalten des ersten
einigen Objektiven möglich. Diese Option wird Druckpunkts am Auslöser oder durch Drücken und
Schärfe insbesondere von Profifotografen sehr gern be- Festhalten der AF-ON-Taste fixiert werden.
indikator nutzt, um durch eine manuelle Voreinstellung der
nutzen Schärfe die benötigte Zeit zur Autofokussierung Autofokus in der Praxis
zu verkürzen. Der Autofokus übernimmt dann Im Folgenden zeige ich Ihnen einige Anwen-
Auch bei manuel- nur noch die Feinjustierung. dungsbeispiele und Problemfälle aus der tägli-
ler Scharfstellung chen Praxis.
kann der Schär- Die Messfeldsteuerung
feindikator genutzt
werden. Das
Automatisch, dynamisch oder Einzelfeld? Die Ideale Anwendungen von AF-S
anvisierte Objekt Auswahl der Messmethode erfolgt über den Optimale Voraussetzungen zum Einsatz der Ka-
ist dann scharf ge- Schalter zur AF-Messfeldsteuerung. Die einge- mera mit dem Fokusschalter in der Stellung S
stellt, wenn er im stellte Wahl wird auch durch ein Symbol auf dem (Einzelautofokus):
Sucher aufleuchtet. Display angezeigt.
• Das Aufnahmeobjekt bewegt sich nicht
Automatische Messfeldsteuerung oder ist nur sehr langsam und vorhersehbar.
Hierbei erfolgt eine automatische Motiverken- Stellen Sie die Messfeldsteuerung auf
nung und Scharfstellung durch die Kamera. Dabei Einzelfeld oder Dynamisch.
benutzt die Kamera alle verfügbaren Messfelder,
um das Motiv eigenständig zu erkennen und • Das aufzunehmende Objekt befindet sich
scharf zu stellen. Diese Methode funktioniert bei allein im Vordergrund. Stellen Sie die
Objekten, die sich eindeutig vom Hintergrund ab- Messfeldsteuerung auf Automatisch.
heben, in der Regel sehr gut.
Ideale Anwendungen von AF-C
Optimale Voraussetzungen zum Einsatz der Ka-
mera mit dem Fokusschalter in der Stellung C
(Kontinuierlicher Autofokus):
Dynamische Messfeldsteuerung
Die Kamera fokussiert auf den zuvor gewählten • Das Aufnahmeobjekt bewegt sich direkt auf
Messbereich, berücksichtigt jedoch auch die die Kamera zu oder von dieser weg. Stellen
umliegenden Messfelder. Bewegt sich das Motiv Sie die Messfeldsteuerung auf Einzelfeld.
in ein umliegendes Messfeld, wird die Schärfe
nachgeführt. Der zuvor gewählte Messbereich • Das Objekt bewegt sich unvorhersehbar.
bleibt jedoch bestehen. Diese Einstellung ist op- Stellen Sie die Messfeldsteuerung auf Dyna
timal in Verbindung mit dem AF-C-Modus und misch.
unvorhersehbaren Bewegungen.
• Das aufzunehmende Objekt befindet sich
allein im Vordergrund, bewegt sich jedoch
unvorhersehbar. Stellen Sie die Messfeld
steuerung auf Automatisch.
50
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Aufnahmen wie diese können jeden Autofokus überfordern. Hier hilft nur eine manuelle Scharfstellung oder eine Speiche
rung des zuvor angemessenen Schärfepunkts.
51
Fix-Focus-Einstellung deckt wird (z. B. durch eine Sonnenblende, Finger
Stellen Sie den Fokusschalter auf M und die Be- o. Ä.). Die Reichweite des Hilfslichts beträgt rund
lichtungssteuerung ebenfalls auf M (Manuell). Um drei Meter. Die Funktion ist zudem abhängig von
in bestimmten Situationen besonders schnell re- den verwendeten Objektiven. Einige Objektive
agieren zu können, kann es sinnvoll sein, die Au- unterstützen diese Funktion nur innerhalb eines
tofokuseinstellung zu deaktivieren und manuell bestimmten Bereichs, andere gar nicht.
auf den Bereich scharf zu stellen, in dem sich das
aufzunehmende Objekt vermutlich befinden wird. Bewegte Motive? Einzelautofokus!
Fotografiert wird mittels einer ebenfalls manuell Um ein bewegtes Motiv mit dem Einzelautofokus
voreingestellten Zeit-Blende-Kombination. AF-S scharf zu stellen, müssen Sie den Auslöser
Dazu wird zunächst die erforderliche Belich- bis zum ersten Druckpunkt bei einer Positions-
tungszeit bei einer möglichst kleinen Blende änderung des Aufnahmemotivs oder der Kamera
ermittelt. Da die kleinere Blende eine größere bis zur eigentlichen Aufnahme immer wieder neu
Schärfentiefe erzeugt, kann dadurch ein be- drücken. Bei Arbeiten in dunklen Räumen und bei
stimmter Entfernungsbereich scharf abgebildet der Verwendung eines Stativs können auch eine
werden. Bewegt sich nun das Aufnahmeobjekt in starke Taschenlampe oder ein Laserpointer, die
dieser Schärfezone, kann ohne weitere Scharf- über das Aufnahmeobjekt geführt werden, wei-
stellung und Belichtungsanpassung sofort aus- terhelfen.
gelöst werden.
Einsatz eine Systemblitzgeräts
Fehlfokussierung vermeiden Eine weitere Hilfe ist die Verwendung eines pas-
Um bei sich schnell bewegenden, kleineren Ob- senden Systemblitzgeräts. Durch Druck auf den
jekten eine Fehlfokussierung zu vermeiden, sollte Auslöser wird das im Blitzgerät eingebaute und
man sich angewöhnen, beim Blick durch den Su- weiterreichende Hilfslicht für den Autofokus ver-
cher auch das zweite Auge geöffnet zu halten, wendet. Um nur das Hilfslicht des Blitzgeräts, je-
um Elemente, die sich dazwischenschieben, doch ohne zu blitzen, zu verwenden, drücken Sie
schon vorab zu erkennen. Beim Einzelautofokus die Abblendtaste. Diese Funktion steht auch für
S muss durch wiederholten Druck des Auslösers das integrierte Blitzgerät nach dem Aufklappen
zum ersten Druckpunkt die Schärfe immer wie- zur Verfügung. Dabei wird eine Serie von Blitzen
der neu bestimmt werden. Wenn bei Verwendung ausgelöst, die auch eine bessere Beurteilung des
des kontinuierlichen Autofokus C die Schärfe Schattenwurfs im Motiv zulässt.
plötzlich auf ein anderes Objekt im Hintergrund
springt, bewegen Sie die Kamera leicht hin und Kamerapflege zahlt sich aus
her, um die Scharfstellung auf das anvisierte
Aufnahmeobjekt wiederherzustellen. Die Kameragehäuse der meisten Spiegelreflex
kameras sind heute sehr robust gebaut und
Autofokussierung in dunkler Umgebung unempfindlich gegen Verschmutzungen, den-
Um eine erfolgreiche Autofokussierung in dunkler noch kann es vorkommen, dass sich Staub und
Umgebung zu erreichen, verfügen nahezu alle Schmutzpartikel darauf ablagern. Um dieses
aktuellen Spiegelreflexkameras über ein AF- weitestgehend zu verhindern, sollten die Kame-
Hilfslicht, das automatisch bei der Verwendung ra und das Zubehör bei Nichtbenutzung in einer
des Einzelautofokus S aufleuchtet. Das AF-Hilfs- Tasche oder Ähnlichem aufbewahrt werden. Be-
licht steht nur bei Einzelautofokus AF-S und bei sonders empfindlich ist das Innere der Kamera,
der automatischen Messfeldsteuerung zur Ver- insbesondere der Spiegel und der Sensor sind
fügung. Bei Einzelfeldmessung oder dynamischer mit äußerst empfindlichen Oberflächen versehen
Messfeldsteuerung kann das AF-Hilfslicht ledig- und dürfen keinesfalls mit den Fingern berührt
lich bei Verwendung des mittleren Fokusmess- werden. Das Kameragehäuse sollte deshalb nach
felds genutzt werden. Dabei muss stets darauf Möglichkeit immer fest verschlossen sein.
geachtet werden, dass der Lichtaustritt nicht ver-
52
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Achten Sie beim Objektivwechsel immer darauf, dass dieser in einer möglichst sauberen Umgebung stattfindet. Dennoch
können sich im Lauf der Zeit Staub und Schmutzpartikel im Inneren der Kamera ablagern. Auf dem Sensor befindlicher
Schmutz zeigt sich im Bild in Form von unscharfen, dunklen Flecken, die gerade bei gleichmäßigen Flächen sichtbar werden.
53
Frontlinse der Objektive schützen LCD-Monitor vor Kratzern schützen
Zum Schutz der Frontlinse Ihrer Objektive können Der LCD-Monitor sollte zum Fotografieren stets
Sie einen UV-Filter verwenden. Allerdings kann mit dem mitgelieferten Schutz aus transparen-
sich dieser bei ungünstigem Lichteinfall auch tem Plexiglas abgedeckt sein. Diese schützt den
negativ auf die Bildqualität auswirken. In den Monitor vor Kratzern. Alternativ kann auch eine
meisten Fällen stört er jedoch nicht und schützt hauchdünne Kunststofffolie mit Klebewirkung
die Frontlinse vor dem Verkratzen. Der UV-Filter darauf befestigt werden.
lässt sich leicht mit einem Mikrofasertuch oder Empfehlenswert für die Anwendung im Freien
mit den speziell erhältlichen Objektivpapieren und in hellem Umgebungslicht ist auch eine
reinigen. Letztere sind empfehlenswert, da sie aufklappbare Displayschutzblende, die zugleich
auch Fettrückstände aufnehmen können. eine bessere Betrachtung des Kameramonitors
erlaubt. Einige Modelle verfügen sogar noch
Beschädigungen beim Transport vorbeugen über eine aufklappbare Lupe. Besonders nütz-
Kamera und Objektive sind stets vor zu großer lich ist diese Schutzblende bei Verwendung der
Hitze und Feuchtigkeit zu schützen. Eine weiche Live-View-Technik, sofern Ihre Kamera mit dieser
Transportverpackung verhindert Beschädigungen Funktion ausgestattet ist.
und das Verkratzen. In der Tasche oder im Kamera
koffer mitgeführtes Silica Gel in Päckchenform
nimmt Feuchtigkeit und Kondenswasser auf und
lässt sich nach der Benutzung im Backofen bei
niedriger Temperatur auch wieder trocknen. Be-
schädigte Päckchen bitte sofort entsorgen!
Silica Gel nimmt Feuchtigkeit und Kondenswasser auf Schutz vor Staub und Nässe
Um Kamera und Objektiv bei extremen Umwelt-
bedingungen vor Staub und Nässe zu schützen,
sind auf dem Markt teilweise wahrhaft abenteu-
erliche Konstruktionen zu finden. Die meisten
basieren auf dem Plastiktütenprinzip mit zuzieh-
baren Verschlüssen oder Gummibändern. Diese
Schutzfunktion ist natürlich begrenzt, aber als
einfacher Regen- oder Staubschutz durchaus
Kratzer entfernen nützlich. Wenn die Kamera völlig abgedichtet
werden soll, sind beispielsweise die auch bedingt
Sollte der LCD-Monitor dennoch einmal
unterwassertauglichen Konstruktionen der Firma
verkratzt werden, gibt es im Handel
eine feine Paste, mit der die Oberfläche Aquatec zu empfehlen.
wieder poliert werden kann. Zu starker Wenn Sie vorzugsweise unter extremen Bedin-
Druck oder Anschlagen an Kanten kön- gungen fotografieren, empfiehlt sich ein zusätz-
nen den Monitor jedoch stark beschädi- licher Schutz, um Regen, Dreck und Spritzwasser
gen oder sogar zerstören. von der Kamera und dem Objektiv fernzuhalten,
54
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Vorsicht – Kondens
wasserbildung
Je dichter die Schutzhülle ist, desto
größer ist das Risiko, dass sich darin
Kondenswasser bildet. Deshalb gehört in
jede Hülle eine ausreichende Menge an
Silikagel. Dies sind die kleinen Päckchen,
die bei neuen Kameras und anderen
elektronischen Geräten oft in der
Verpackung liegen. Zur Not können Sie
auch Reiskörner in einem Stoffsäckchen
verwenden.
Innenreinigung
Zur Reinigung des Inneren Ihrer Kamera sind zu-
nächst besondere Vorsichtsmaßnahmen zu tref-
fen. Ihre Umgebung sollte staub- und rauchfrei
sein. Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung und
berühren Sie dabei keine Teile in der Kamera.
Um Staub und anderen, nicht klebenden Schmutz
aus dem Kamerainneren zu entfernen, pusten Sie
es nur sehr vorsichtig mit einem absolut saube-
ren und dafür geeigneten Gummiblasebalg aus.
Verwenden Sie dazu keine Druckluft oder andere
Hilfsmittel und blasen Sie nicht mit dem Mund
hinein. Staubsauger jeglicher Art, auch in Minia-
turausführung, sind dafür nicht geeignet.
Die Oberfläche des Schwingspiegels besteht aus
einer hauchdünnen Silberschicht, die nicht be-
rührt werden sollte. Auch die dazugehörende Der Gummiblasebalg ist zur Reinigung des Kamerainneren ideal.
Mechanik ist äußerst empfindlich, es darf kein
Druck darauf ausgeübt werden. Um den Spiegel nehmen die Reinigung des Sensors meist beim
zu reinigen, benutzen Sie dazu nur die auch für Ein- oder Ausschalten der Kamera automatisch
die manuelle Sensorreinigung vorgesehenen vor. Um ein optimales Ergebnis zu erhalten, sollte
Hilfsmittel. die Kamera bei der Anwendung auf dem Kamera-
boden stehen und nicht bewegt werden.
Sensorreinigung
Viele der neuen DSLR-Kameras verfügen mitt- Manuelle Sensorreinigung
lerweile über die Möglichkeit, Staubpartikel von So wunderbar diese Selbstreinigungsfunktion
der Oberfläche des Sensors durch Vibration ab- auch ist, Staub, der sich im Gehäuseinneren be-
zuschütteln oder sie verfügen, wie die Olympus- findet, wird sich immer wieder erneut auf dem
Kameras, über einen Ultraschall-Staubschutz, Sensor absetzen. Klebende Schmutzpartikel las-
das derzeit effektivste System für einen staub- sen sich zudem nicht einfach abschütteln und
freien Sensor. Die meisten Staubschutzsysteme müssen deshalb manuell entfernt werden.
55
Zunächst müssen Sie die Schmutzpartikel loka
lisieren. Dazu benötigen Sie eine Aufnahme,
die ohne Objektiv durchgeführt werden sollte.
Richten Sie dazu die Kamera ohne Objektiv und
Frontabdeckung gegen eine helle Wand oder ge-
gen die Zimmerdecke und belichten Sie bei ma-
nueller Einstellung mit sehr kurzer Belichtungs-
zeit (z. B. 1/8000 Sekunde). Die Aufnahme sollte
eine möglichst gleichmäßige, mittlere Helligkeit
aufweisen.
Die Reinigungsmittel Eclipse und Sensor-Swabs finden Sie Verschließen Sie die Kamera wieder und über-
im Fachhandel. tragen Sie das Bild in ein Bildbearbeitungspro-
gramm. Bei der anschließenden Bearbeitung ver-
Eine heikle Angelegenheit, die Sie vielleicht besser stärken Sie die Helligkeit und den Kontrast.
der Servicewerkstatt überlassen sollten. Um diese Untersuchen Sie die Aufnahme bei starker Ver-
Arbeit dennoch selbst durchzuführen, benötigen größerung. Befinden sich auf dem Bild dunkle,
Sie ein Netzteil oder einen vollständig geladenen unscharfe Flecken, handelt es sich um Schmutz-
Akku. Bei der Arbeit darf die Stromzuführung partikel. Beachten Sie, dass diese im Bild wieder-
keinesfalls unterbrochen werden, da dadurch der gegebenen Flecken sich spiegelverkehrt auf der
Verschluss der Kamera sofort wieder geschlossen Oberfläche des Tiefpassfilters befinden.
wird und dann durch eingeführte Gegenstände Benutzen Sie für die Sensorreinigung auf keinen
eine Beschädigung der Kamera zu erwarten ist. Fall irgendwelche Pinsel, Tücher oder Objektiv-
reinigungspapiere. Im Fotofachhandel erhalten
Sie Reinigungsmittel, die links stehend kurz er-
TippListe - Reinigungsmittel aus dem F otofachhandel klärt werden.
Ein spezielles Mittel auf Methylalkoholbasis, das kei-
ne Rückstände verursachen sollte. Dazu werden spe-
zielle Stäbchen, sogenannte Sensor-Swabs, mit einer
breiten Putzfläche verwendet. Jedes der Stäbchen
Eclipse
sollte nur einmal benutzt werden, um Kratzer
auszuschließen. Der Nachteil – Methylalkohol
ist hochgiftig und kann zu einer Schädigung des
Nervensystems führen. Staub, Schlieren und
Ungiftige Substanz, allerdings mit Neigung zur klebriger Schmutz
Sensor-Clean Schlierenbildung. Dabei werden medizinische
Versuchen Sie, Staubpartikel mit dem
Wattestäbchen verwendet. Blasebalg wegzupusten. Verwenden Sie
Flüssigkeit, die Schlieren und Ölrückstände entfernen dazu ein absolut sauberes Gerät ohne
Smear-Away
kann. Pinsel und berühren Sie die Sensor
Handgriff mit adhäsiver Spitze. Die Spitze zieht oberfläche nicht. Für das Entfernen
Staub an und kann mit destilliertem Wasser auch von Schlieren oder klebrigem Schmutz
Speck- benutzen Sie nur spezielle Reini-
wieder gereinigt werden. Der Umgang damit erfor-
Grabber gungsmittel aus dem Fachgeschäft
dert ein genaues Lokalisieren der Schmutzpartikel, und handeln Sie genau nach Anwei-
um diese gezielt zu entfernen. sung. Benutzen Sie keine üblichen
Ein spezieller Nylonpinsel, der durch Druckluft oder Wattestäbchen mit Alkohol, dadurch
Reiben statisch aufgeladen wird und dadurch die verschlimmern Sie den Zustand im
Sensor-Brush Staubpartikel aufnehmen kann. Dazu erhalten Sie Allgemeinen nur. Alkohol verursacht
zudem beim Verdunsten Rückstände
spezielle Waschtabletten, um den Pinsel wieder zu (Schlieren) auf dem Tiefpassfilter.
reinigen. Eignet sich aber nur bei lockerem Staub.
56
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Stative
Das ultimative Kamerastativ ist gepackt sehr
klein und leicht, aufgebaut sehr groß und steht
bombenfest und schwingungsfrei. Diese Ansprü-
che sind jedoch in der Praxis nicht leicht zu rea-
lisieren. Die Verwendung spezieller, leichter und
dennoch fester Materialien, wie z. B. Karbonfaser,
schlägt sich sofort in den Kosten nieder. Der
wichtigste Punkt ist jedoch der feste Stand und
vor allem die Schwingungsfreiheit.
57
Lampenstative für Blitzgeräte dazu besorgt werden. Die mit den Blitzgeräten
Arbeiten Sie mit zusätzlichen Blitzgeräten, wer- von Nikon mitgelieferten Standfüße lassen sich
den Sie noch Lampenstative benötigen. Davon beispielsweise darauf befestigen, so wird eine
gibt es im Fachhandel auch einige leichtere Mo- Neigung in jede gewünschte Richtung möglich.
delle, die ähnlich wie Notenständer aufgebaut
sind. Sie müssen nicht so massiv sein wie das Ka- Kamerawasserwaage
merastativ, es kommt vor allem auf ein geringes Für Aufnahmen im Architekturbereich oder für
Gewicht und je nach Bedarf auf die Auszugshöhe andere Aufnahmesituationen, in denen es darauf
an. ankommt, die Kamera absolut gerade zu halten,
Um ein Kompaktblitzgerät beweglich befestigen eignet sich am besten eine am Blitzschuh zu be-
zu können, sollte noch ein kleiner Kugelkopf festigende Wasserwaage.
58
Kapitel 2
KameraTechnik
Von A bis Z
Farbkeile
Farbkeile sind ebenfalls ein probates Hilfsmittel
zur Farbanpassung in der digitalen Bildbearbei-
tung. Sie enthalten neben einem abgestuften
Graukeil präzise Musterfarben. Der Farb- und
Graustufenkeil wird im Motiv platziert und mit
aufgenommen. Bei der Nachbearbeitung können
die Bildfarben mit den Referenzfarben verglichen
und entsprechend angepasst werden.
Weißabgleichsfilter
Weißabgleichsfilter werden direkt vor das Ob-
Fototaschen schützen Ihre Ausrüstung und bieten Platz für Zubehör.
jektiv gesetzt und zur Anpassung des Weißab-
gleichs verwendet. Dabei sollte der Weißabgleich
immer unter Aufnahmebedingungen stattfinden.
Es empfiehlt sich, hier einen Filter mit großem
Durchmesser zu kaufen, der bei kleineren Objek-
tiven dann einfach vor die Frontlinse gehalten
werden kann.
59
3
Basiswissen
Objektive
kapitel 3
Basiswissen Objektive
3
KAPITEL 3
Basiswissen Objektive
Basiswissen Objektive
Normal, Weitwinkel, Tele und Zoom 64
Teleobjektiv mit VR-Einheit 65
Makroobjektive 65
Spezialobjektive und Objektivzubehör 67
Brennweite von Objektiven 69
Die Schärfentiefe 70
Bauartbedingte Abbildungsfehler 74
Distorsion - Verzeichnungsfehler 74
Vignettierung - abgedunkelte B ildecken 75
Sphärische Aberration - Öffnungsfehler 75
Chromatische Aberration - Farblängsfehler 75
Astigmatismus - Punktlosigkeit 75
3 Basiswissen Objektive
Objektive sind das wichtigste Zubehör zu jeder Kamera. Während Kompaktkameras im Allgemeinen
mit nur einem fest eingebauten Objektiv versehen sind, verfügen andere Kameras über die Möglichkeit,
Objektive auszuwechseln (Kameras mit Wechselobjektiven). Die Qualität eines Objektivs bezüglich seiner
Linsen und der Bauart ist entscheidend für die Abbildung auf Film oder Sensor. Jedes Objektiv liefert ein
auf das Film- oder Sensorformat abgestimmtes, scharfes und möglichst gleichmäßiges helles Licht. Da im
Randbereich jedes Objektivs Unschärfen, Verzerrungen und Vignettierungen auftreten können, wird aus
dem Zentrum der kreisförmigen Abbildung immer nur ein begrenzter Bildbereich genutzt.
64
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
Makroobjektive
Makroobjektive sind mit Brennweiten zwischen
60 und 200 mm erhältlich. Makroobjektive sind,
je nach Typ, bis zu einem Abbildungsmaßstab von
1:1 ohne weiteres Zubehör scharfstellbar und er- Teleobjektiv (links) und Zoomobjektiv (rechts)
zielen dabei eine gute Wiedergabequalität. Auch
bei einer weiteren Auszugsverlängerung sind sie
deutlich besser als übliche Objektive. Zudem ver-
fügen Makroobjektive über eine kleinere minima-
le Blendenöffnung (Blende 32 oder 45). Dies ist
im Nahbereich besonders wichtig, da mit zuneh-
mender Verringerung des Aufnahmeabstands die
Schärfentiefe ebenfalls stark abnimmt. Schär-
fentiefe oder auch Tiefenschärfe bezeichnet den
Bereich, der innerhalb eines Bilds in Bezug auf
den dargestellten Abstand noch als scharf wahr-
genommen wird.
65
AUFNAHMEDATEN
Brennweite 180 mm
Belichtung 1/100 sek
Blende f5
ISO 200
66
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
Jedes Objektiv im
Nahbereich einsetzen
Mit einer entsprechenden Auszugsver-
längerung durch Zwischenringe oder
durch ein Balgengerät kann im Prinzip
jedes Objektiv im Nahbereich einge-
setzt werden. Da „normale“ Objektive
jedoch nicht für diesen Zweck gebaut
und optisch berechnet wurden, ist mit
einer zunehmenden Verschlechterung
der Bildqualität zu rechnen. Durch
Verwendung von Nahlinsen kann nur
ein eingegrenzter Nahbereich, je nach Normaler Bildkreis und daneben ein erweiterter Bildkreis, um eine Dezentrierung und
verwendetem Objektiv, scharf gestellt Verschwenkung des Objektivs zu ermöglichen.
werden.
Spezialobjektive und Objektivzubehör Die Aufnahme wurde mit Fish-Eye-Vorsatz an einer 6 x 6-Kamera gemacht.
Neben den oben aufgezeigten gibt es noch wei-
tere Objektivtypen, die für spezielle Aufgaben
eingesetzt werden und die im Folgenden kurz
aufgeführt werden. Danach folgt eine Übersicht
von Objektivzubehör, das in keiner Fototasche
fehlen sollte.
Fish-Eye
Ein Fish-Eye-Objektiv ist ein extremes Weitwin-
kelobjektiv mit einem Bildwinkel von ca. 180°
oder mehr. Das Bild wird kreisförmig wiedergege-
ben und weist besonders im Randbereich starke
Verzerrungen auf.
Shift-Objektive
Ein Shift-Objektv ist ein weitwinkeliges Objektiv
mit verschiebbarer Frontlinse zur Perspektiven-
korrektur. Hauptanwendungsgebiet dieses Ob-
67
Spiegellinsenobjektive
Neues aus der
Objektivherstellung
Spiegellinsenobjektive sind langbrennweitige
Objektive, die zur Verkürzung der Baulänge mit Zur neuesten Entwicklung in der Ob-
einem Spiegelsystem ausgestattet sind. jektivherstellung gehört die Glasver-
gütung mit Nanokristallen. Diese aus
Weichzeichnerobjektive der Halbleiterfertigung stammende
Technologie verringert die Glasreflexi-
Weichzeichnerobjektive sind Spezialobjektive, on und ermöglicht zugleich eine höhere
vorzugsweise für die Porträtfotografie. Mithilfe Lichtdurchlässigkeit. Diese winzigen
von einsetzbaren oder verstellbaren Siebblenden Kristalle sind nur wenige Nanome-
wird hier eine Weichzeichnung des Bilds durch ter groß und ermöglichen hellere
gezielte Überstrahlung erreicht. und schärfere Aufnahmen. Störende
Reflexe, die von der Sensoroberfläche
ins Objektivinnere zurückreflektiert
Telekonverter werden und zu Ghosting-Effekten
Telekonverter sind optische Zwischenstücke zur und Blendenreflexen bei gleichzeitiger
Brennweitenverlängerung. Telekonverter werden Verminderung der Bildqualität führen,
in verschiedenen Ausführungen angeboten. wurden mit dieser neuen Vergütungs-
Dabei muss bei den jeweiligen Modellen auch technik stark reduziert.
darauf geachtet werden, ob sämtliche Kamera-
funktionen auf das jeweils verwendete Objektiv
übertragen werden oder ob das nur teilweise ge- Nahlinsen und Splitlinsen
schieht. Durch den Einsatz eines Telekonverters Nahlinsen sind in verschiedenen Stärken erhält-
kann die Brennweite des verwendeten Objektivs, lich. Sie werden zum Vergrößern des Nahbereichs
je nach verwendetem Modell, um den Faktor 1,4 verwendet und in das Filtergewinde des jeweili-
bis 2 erhöht werden. Eine Verwendung ist jedoch gen Objektivs eingeschraubt.
zugleich auch mit einem Lichtverlust von bis zu Splitlinsen teilen das Bild in einen normalen Be-
zwei Blendenstufen verbunden. reich und in einen Nahbereich. Dadurch können
ansonsten nicht realisierbare Ansichten in einer
Zwischen- und Umkehringe Aufnahme erzielt werden.
Zwischenringe werden zwischen Objektiv und
Kamera eingesetzt, um den Nahbereich zu ver- Gegenlichtblenden
größern. Neuere Modelle, sogenannte Automa- Gegenlichtblenden sind ein wichtiges Zubehör
tik-Zwischenringe, übertragen auch die Auto zur Verminderung von seitlich einfallendem
matikfunktionen. Sie sind in verschiedenen Licht. Sie sind bei vielen Objektiven bereits im
Abmessungen erhältlich. Mehrere Zwischenringe Lieferumfang enthalten, können jedoch auch zu-
können auch hintereinander gesetzt werden. gekauft werden. Je nach Objektiv kann die Art
Umkehrringe ermöglichen ein umgekehrtes Ein- der Befestigung sehr unterschiedlich sein. Die
setzen des Objektivs, um eine bessere Abbildung Bezeichnung der Gegenlichtblenden aus dem
im Nahbereich zu erreichen. Hause Nikon beispielsweise gibt Aufschluss über
die Befestigung.
Balgengeräte
Balgengeräte dienen der stufenlosen Anpassung Kompendium
im Nahbereich. Das Balgengerät wird zwischen Ein Kompendium ist eine variable Sonnenblende
Objektiv und Kamera gesetzt. Das Objektiv kann in Balgenform, meist mit zusätzlichen Befes
nun durch einen verschiebbaren Balgenauszug an tigungsmöglichkeiten für Filter, Masken etc. Es
den Nahbereich angepasst werden. Eine Übertra- wird mit Adapterringen an das jeweilige Objektiv
gung der Automatikfunktionen ist nicht oder nur angepasst.
eingeschränkt möglich.
Spiegelvorsatz
Ermöglicht ein Fotografieren „um die Ecke“.
68
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
69
Die im Objektiv eingebaute Blende kann durch
Verkleinern der Blendenöffnung den Lichteinfall
reduzieren. Die minimale Blendenöffnung wird
durch den Bereich bestimmt, in dem eine Abbil
dung noch ohne störende Lichtbeugungser-
scheinungen möglich ist (bei Kleinbildobjek-
Kleine Blende, Mittlere Blende, Große Blende tiven meist Blende 22 oder 32). Die maximale
Blendenöffnung entspricht der für das Objektiv
angegebenen Lichtstärke.
Die Blende beeinflusst auch die Schärfentiefe ei-
ner Abbildung. Dieser Effekt kommt durch eine
Verschlankung des Strahlenbündels bei einer
Verkleinerung der Blendenöffnung zustande. Die
bei der Abbildung durch das Objektiv erzeug-
ten Unschärfekreise bleiben dadurch über eine
vergrößerte Distanz so klein, dass sie scharf er-
scheinen.
Die Größe der Unschärfekreise ist abhängig von
der Leistung des Objektivs und wird durch das
Auflösungsvermögen von Film oder Sensor be-
Auswirkungen auf die Schärfentiefe bei verschiedenen Brennweiten, bei gleichem Ab stimmt. Beim Kleinbildfilm liegt diese bei ca.
stand zum Motiv und gleicher Blendenöffnung. 0,03 mm. Da ein moderner Sensor kleiner ist
und deutlich feiner auflöst, liegt hier die erfor-
derliche Auflösung bei ca. 0,02 mm oder gar
darunter.
Ab einer bestimmten Verkleinerung der Blenden-
öffnung tritt wiederum eine Verschlechterung
der Abbildungsqualität auf. Durch die extreme
Beugung des Lichts entstehen erneut Unschär-
fen. Der optimale Blendenbereich ist abhängig
vom jeweiligen Objektiv und der Aufnahme
distanz. Als Faustregel für einen guten Blenden-
wert gilt das Schließen der Blende um ca. zwei
Auswirkungen auf die Schärfentiefe durch Veränderung der Blendenöffnung bei demsel Blendenstufen nach der Anfangsöffnung.
ben Objektiv und gleichem Abstand zum Motiv.
Die Schärfentiefe
Sowohl die Brennweite als auch die Blendenöff-
nung und die Distanz zum Motiv haben Einfluss
auf die Darstellung des Bilds in Bezug auf die
Schärfentiefe oder auch Tiefenschärfe genannt.
Mit Schärfentiefe bezeichnet der Fotograf den
Bereich vor und hinter der eingestellten Schärfe
ebene, der im Bild noch als scharf erscheint.
Die Schärfentiefe wird unter anderem von der
Blendenöffnung beeinflusst. Eine große Blenden-
öffnung (kleine Blendenzahl) ergibt eine geringe
Auswirkungen auf die Schärfentiefe bei gleichem Objektiv und gleicher Blende, jedoch
unterschiedlichen Entfernungen zum Motiv.
Schärfentiefe, eine kleine Blendenöffnung (gro-
ße Blendenzahl) eine größere.
70
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
AUFNAHMEDATEN
Brennweite 300 mm
Belichtung 1/125 sek
Blende 5,6
Schärfentiefe
Schärfentiefe ist der Bereich der dar-
gestellten Bildschärfe innerhalb eines
Motivs zwischen zwei unterschied-
lich weit entfernten Punkten. Wenn
auf einen bestimmten Punkt in einer
bestimmten Entfernung innerhalb des
Motivs scharf gestellt wird, so ist die
nutzbare Schärfe je nach Brennweite
und eingestellter Blendenöffnung ein
bestimmter Entfernungsbereich, der
sich ca. 1/3 vor und ca. 2/3 nach dem
eigentlichen Scharfpunkt erstreckt.
Während Weitwinkelobjektive über
einen großen Schärfentiefebereich
verfügen, wird dieser Bereich mit zu-
nehmender Brennweite immer geringer
(kürzer).
71
Aufnahme mit Weitwinkelobjektiv. Die eingezeichneten Ausschnitte würden einem Normal- und einem Teleobjektiv entsprechen. Die Perspektive bleibt
durch den Ausschnitt unverändert.
Diese Aufnahme entstand mit einer kleinen Blendenöffnung. Vorder- und Die zweite Aufnahme wurde von demselben Standort mit einer großen
Hintergrund werden scharf abgebildet. Die Scharfstellung erfolgte auf die Blende aufgenommen. Der Schärfepunkt war wie links auf die Sonnenbrillen
im Vordergrund befindlichen Sonnenbrillen. gesetzt. Man erkennt deutlich die Unschärfe des Hintergrunds. Die Brillen
heben sich deutlicher vom Hintergrund ab.
72
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
73
AUFNAHMEDATEN
Diese vier Bilder wurden mit dem Zoomobjektiv AF-S
Brennweite 70 mm NIKKOR 70-300 mm 1:4,5-5,6G und einer Nikon D 300
Blende 4,5 aufgenommen.
Distorsion - Verzeichnungsfehler
Bei der Distorsion handelt es sich um die ge-
krümmte Wiedergabe gerader Linien am Bild-
rand. Ja nach Objektiv kann eine der beiden
AUFNAHMEDATEN Verzeichnungen auftreten. Eine Korrektur ist
Brennweite 300 mm nachträglich nur mit speziellen Programmen bei
Blende 8
der Bildbearbeitung möglich. Dieser Verzeich-
nungsfehler ist vor allem auffallend bei Auf-
nahmen von geometrischen Objekten und tritt
verstärkt bei besonders preiswerten Objektiven
auf. Dabei wird zwischen zwei Verzeichnungen
unterschieden.
74
Kapitel 3
Basiswissen Objektive
Es wird zwischen der tonnenförmigen Verzeichnung (links) und der kissenförmigen Verzeichnung (rechts) unterschieden.
75
4
Mit Filtern arbeiten
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
4
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
Klassische Filter und ihre Funktion lich hingegen ist die Zahl der Effekt- und Ver-
laufsfilter, die für alle Aufnahmeverfahren
Im Bereich der Farbfilme sind gegebenenfalls genutzt werden können. Konversionsfilter passen
Konversionsfilter erforderlich. Bei digitalen Ka- die vorherrschende Lichtfarbe an den verwende-
meras beschränkt sich die Anzahl der klassischen ten Film (Kunstlicht- oder Tageslichtfilm) an. Bei
nutzbaren Filter auf UV-Filter, Skylight-Filter und digitalen Kameras kann diese Anpassung durch
Filter für fluoreszierendes Licht (Neonröhren) so- den Weißabgleich ersetzt werden.
wie auf neutrale Grau- und Polfilter. Unerschöpf-
80
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
81
Graufilter filter sind in verschiedenen Stärken erhältlich.
Graufilter reduzieren die auf den Sensor fallende Eine Besonderheit unter den Graufiltern ist der
Lichtmenge. Das ist immer dann sinnvoll, wenn Grauverlaufsfilter. Er dient dazu, den Himmel
Sie z. B. mit sehr offener Blende für selektive (oder einen anderen zu hellen Bereich) abzudun-
Schärfe arbeiten möchten, das vorhandene Um- keln und damit den Kontrastumfang eines Motivs
gebungslicht aber zu hell für korrekte Belichtun- so zu reduzieren, dass der Kamerasensor nicht
gen ist und Ihre Kamera keine genügend kurze überfordert wird und den hellen Bereich völlig
Verschlusszeit mehr beisteuern kann. Neutral weiß aufnimmt.
Der Innenbereich bei dieser Aufnahme ist zu dunkel. Das gleiche Motiv mit einem Grauverlaufsfilter aufgenommen.
Hier sehen Sie eine Aufnahme ohne Filter, jedoch mit ausgleichender Belich
Hier ist die Aufnahme im Außenbereich zu hell. tungseinstellung.
82
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
Dieses Bild wurde ohne Filter fotografiert. Dasselbe Motiv wie unten links, mit orangefarbigem Verlaufsfilter (GF 01)
aufgenommen.
Der Nebelfilter verändert deutlich die Stimmung des Bilds. So wirkt das Motiv mit lilafarbenem Verlaufsfilter (GM1).
Auch diese Aufnahme wurde ohne Filter gemacht. Das Motiv mit tabakfarbigem Verlaufsfilter (GY1) fotografiert.
83
dung. Sie sind auch geeignet, um Schriften auf
stark vergilbten Vorlagen sichtbar zu machen.
Viele Digitalkameras sind jedoch mit einem ein-
gebauten speziellen Infrarotschutz versehen, da
Filter im Eigenbau dieses Licht in der regulären Fotografie störend
Ein mit Vaseline beschmierter UV- oder wirkt. Bei der digitalen Fotografie muss also zu-
ein einfacher Glasfilter kann beispiels- nächst geklärt werden, ob die entsprechende Ka-
weise zum individuellen Weichzeichner mera für diese Art von Aufnahmen geeignet ist.
werden. Eine weichzeichnende Wirkung Als Test kann man die Diode einer Fernbedienung
erzielt man auch durch das Vorspannen fotografieren. Wird diese hell leuchtend im Bild
eines lichtdurchlässigen feinmaschigen
angezeigt, so ist die Kamera für Infrarotaufnah-
Netzes (z. B. ein Damenstrumpf) vor
das Objektiv. men, zumindest bedingt, geeignet.
Da der Schärfepunkt im Infrarotbereich nicht mit
dem im sichtbaren Lichtbereich übereinstimmt,
sind bei Nahaufnahmen eventuell einige Versuche
Farbkorrekturfilter erforderlich. Um Beugungsunschärfen zu vermei-
Farbkorrekturfilter sind schwach eingefärbte den, sollte die Blende nicht zu klein gewählt wer-
Filter auf Glas- oder Gelatinebasis. Der Einsatz- den (nicht kleiner als 5-6 mm im Durchmesser).
bereich erstreckt sich vorwiegend auf Diafilme,
um Farbstiche zu korrigieren. Beim Negativfilm UV-Filter
und bei der digitalen Aufzeichnung kann zu- Standard-UV-Filter verringern den störenden UV-
meist darauf verzichtet werden. Vorsicht beim Lichteinfluss im Bild und werden heute vorwie-
gleichzeitigen Einsatz mehrerer Filter, durch die gend nur noch als Schutzfilter für die empfindli-
vorgeschobene Fassung können Vignettierungen che Frontlinse verwendet. Durch die hochwertige
entstehen. Vergütung von modernen Linsen sind UV-Filter
optisch gesehen nicht mehr erforderlich.
Infrarotfilter
Infrarotfilter sind als dunkelrote bis fast schwar- Spezialfilter zur Verwendung bei UV-Licht:
ze, für das sichtbare Licht nahezu undurchlässige
Filter in verschiedenen Abstufungen erhältlich. • UV-Sperrfilter (Farbe: zartgelb) sperren UV-
Die Abstufungen richten sich nach der Sperrung Strahlen komplett und werden vorzugsweise
von sichtbarem Licht, gemessen in nm (Nano- zu technischen oder wissenschaftlichen
meter). Belichtungsmessungen durch die Kame- Zwecken verwendet.
ra sind durch Infrarotfilter kaum möglich. Die
richtige Belichtung muss durch Versuche ermit- • UV-durchlässige Filter (Farbe: schwarz) sper-
telt werden. Auch die Scharfstellung ist bei der ren sichtbares Licht und lassen nur noch UV-
Anwendung nur manuell möglich, da der Schär- Licht passieren. Eingesetzt werden sie z. B.
fepunkt im Infrarotbereich, ausgenommen bei bei der Materialprüfung.
Spiegelobjektiven, nicht mit dem Schärfepunkt
im sichtbaren Bereich übereinstimmt (Verschie- Gelbfilter
bung des Schärfepunkts um ca. 1 % durch Aus- Gelbfilter sperren blaues Licht und werden zur
zugsverlängerung). Differenzierung zwischen blauen, gelben, roten
Infrarotfilter werden zur Erzielung von besonde- und grünen Farben eingesetzt. Klassischer An-
ren Effekten und in der technischen Fotografie wendungsbereich sind Aufnahmen von blauem
verwendet. Der Infrarotfilter verändert beispiels- Himmel mit weißen Wolken.
weise Blattgrün zu Rot (Woodeffekt). Darüber
hinaus finden Infrarotfilter bei speziellen Land- Orangefilter
schaftsaufnahmen sowie bei medizinischen und Orange- wie Gelbfilter bewirken eine stärkere
wissenschaftlichen Dokumentationen Anwen- Durchdringung von Dunst. Die klassische An-
84
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
wendung: helle Bauwerke vor zu hellem blauem subtraktiven Bereich. Der große Vorteil einer
Himmel. Der Orangefilter ergibt hier eine bessere nachträglichen Bearbeitung ist jedoch, dass die-
Differenzierung in den Grünbereichen. se zerstörungsfrei auf das Originalbild angewen-
det werden kann.
Rotfilter
Rotfilter sperren wie Gelb- und Orangefilter na- Partielle Anwendung von Farbfiltern
hezu alle anderen Farben außer der Eigenfarbe. Um einen Farbfilter lediglich auf einen Teil des
Speziell beim Rotfilter ist der Woodeffekt, bei Bilds anzuwenden, muss zuvor der zu schützen-
dem grüne Blätter im Bild nahezu weiß erschei- de Bereich durch eine Maskierung bzw. Auswahl
nen. Die klassische Anwendung ist bei Tageslicht, abgedeckt werden. Adobe Photoshop und andere
die Nachtaufnahmen simulieren sollen. Bildbearbeitungsprogramme bieten eine große
Anzahl an Werkzeugen zur Erstellung von sol-
Blaufilter chen Auswahlen an.
Blaufilter sperren gelbes Licht. Sie verstärken
Dunst in der Ferne oder Hautunreinheiten bei
Personenaufnahmen. Blaufilter finden selten
Einsatz und werden primär bei medizinischen
Aufnahmen benötigt.
Verlaufsfilter
Verlaufsfilter gibt es in verschiedenen Farben.
Durch den Verlauf können Teilanpassungen im
Motiv vorgenommen werden.
85
Das Ausgangsbild weist einen starken Farbstich eines solchen Filters vor der Kameralinse ent-
auf. Um diesen anzupassen, wurde zunächst eine standen.
Tonwertkorrektur auf das gesamte Bild ausge- Um diesen Filter nur auf die Bereiche des Him-
führt. Dadurch konnte der Farbstich im Bereich mels und des Sees anzuwenden, wurde in einem
der Felsen gut neutralisiert werden. Der Himmel zweiten Versuch die Felsenlandschaft maskiert
und der See wiesen jedoch immer noch einen und dieser Filter dann nur auf die ungeschützten
Farbstich auf und wirkten zu blass. Mit der An- Teilbereiche angewendet.
wendung eines Fotofilters der Farbe Blau (Kalt- Um einen oder mehrere Filter auf ein Bild an-
filter) wurde das Bild in diesen Bereichen ver- zuwenden, empfiehlt es sich, das Original durch
bessert, jedoch im Bereich der Felsenlandschaft Verwenden von Einstellungsebenen oder durch
gleichzeitig wieder zu stark blau eingefärbt. vorheriges Duplizieren der Hintergrundebene zu
Derselbe Effekt wäre auch bei der Verwendung schützen.
Der Fotofilter ist nur auf die Teilbereiche Himmel und See angewendet worden, Ansicht im
Maskierungsmodus.
86
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
87
Anwendung des Effektfilters, zum Schutz des Bildes wurde zuvor noch eine Kopie der Hintergrundebene erstellt.
Anwendung von Effektfiltern die übrigen Bildteile mit einer Maskierung ge-
Effektfilter können wie Farbfilter auf ein gesam- schützt. Diese Maskierung wird dann zur Anwen-
tes Bild oder nur auf einen Teilbereich angewen- dung in eine Auswahl umgewandelt.
det werden. Um Effektfilter nur auf einen Teil im
Bild (im Beispiel der See) anzuwenden, wurden
88
kapitel 4
Mit Filtern arbeiten
Dasselbe Bild wirkt nach der Anwendung der beiden Effektfilter Strudel und Wölbung auf den unmaskierten Teilbereich fantastisch.
89
5
Licht und
Beleuchtung
kapitel 5
LichT und Beleuchtung
5
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Lichtqualität und Lichtarten Künstliches Licht ist ein Hilfsmittel und durch
seine Art und seinen Charakter ebenfalls stim-
Die richtige Belichtung des Bilds ist abhängig mungsabhängig.
von der Beleuchtung eines zu fotografierenden
Objekts. Im Wesentlichen ist sie abhängig von • Lichtquantität = Menge des vorhandenen
der vorhandenen Lichtmenge (Quantität des Lichts
Lichts), aber auch von der Lichtsituation (z. B. bei
Gegenlicht). Bei der Beleuchtung geht es jedoch • Lichtqualität = Art und Richtung des vor-
in erster Linie um die Qualität des Lichts, die ver- handenen oder erzeugten Lichts
schiedenen Lichtarten und deren Anwendung in
der Fotografie. Natürliches Licht ist starken Ver- Die Lichtquantität beeinflusst die Belichtung
änderungen im Laufe eines Tages unterworfen, des Films oder Sensors, die Lichtqualität beein-
diese Lichtstimmungen sind Teil unseres Lebens flusst die Stimmung und Aussage des erzeugten
und folglich entscheidend für eine Bildsaussage Bilds.
und eine Wiedergabe auf Film oder Sensor.
94
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
• Bedeckter Himmel (diffuses Licht von allen • Vorderlicht (flach, gute Farbwidergabe)
Seiten)
• Seitenlicht (Tiefe und Räumlichkeit durch
• Diffuses Licht (aus einer bestimmten Rich Schattenwirkung)
tung, z. B. bei Nebel und Sonne)
• Gegenlicht (kontrastreich, erfordert oftmals
• Künstliches Licht (z. B. Kerzenlicht, Lampen eine Aufhellung)
licht, Blitzlicht)
• Oberlicht (wenig wirkungsvoll, als Effektlicht
Wie lässt sich die Lichtqualität verwendba)r
beeinflussen?
• Bei den natürlichen Lichtarten (siehe oben: • Unterlicht (starke, theatralische Wirkung)
1 bis 3) lässt sich die Lichtqualität durch
die Wahl des Aufnahmeorts und der Auf • Schatten ermöglichen die qualitative Beur
nahmezeit (Tageszeit) beeinflussen, d. h. die teilung des Lichts (hart, weich, diffus);
Beleuchtung der Aufnahme ist den vorhan- farbige Schatten entstehen oft durch Refle
denen Gegebenheiten unterworfen. xion (z. B. blauer Schnee = blauer Himmel)
beeinflussen die Bildaussage und Wir
• Bei Kunstlicht (siehe oben: 4) lässt sich die kung (Dramatik); kein Licht ohne Schatten!
Lichtqualität durch die Wahl des Aufnah (Ausnahme diffuses Rundumlicht)
meorts oder die Wahl des Orts der Licht
quelle, durch die Wahl der Lichtquelle, Künstliche Lichtquellen
durch Veränderung der Lichtquelle selbst Künstliche Lichtquellen besitzen eine Farbtem-
(Veränderung durch Reflektoren, Diffusoren, peratur wie mittleres Tageslicht, ca. 5500°K. Es
Abschattung, Aufhellung, farbliche Anpas ist keine Farbanpassung notwendig (bei Tages-
sung) oder durch den Einsatz mehrer und/ lichtfilm). Die Farbanpassung in der digitalen
oder verschiedener Lichtquellen beeinflus- Fotografie erfolgt durch den Weißabgleich.
sen.
• Kompaktblitz
• Durch die Kombination von natürlichem Er ist transportabel, batteriebetrieben, an
(vorhandenem) Licht und Kunstlicht (z. B. der Kamera zu befestigen oder auch extern
Aufhellung durch Blitzlicht) lässt sich eben- einsetzbar.
falls die Lichtqualität beeinflussen.. Lichtart: punktförmige Lichtabstahlung (har
tes Licht), eine Anpassung ist durch indirekte
Wodurch unterscheidet sich natür Beleuchtung (Reflektor, blitzen gegen Wän
liches von künstlichem Licht? de oder Decke) oder spezielle Vorsätze (z. B.
• Durch die Lichtmenge (Quantität) Diffusor) möglich.
95
Nachteile: Aufladezeiten müssen abgewar- zu verändern, im Gegensatz zu vorhandenem,
tet werden, wenig Zubehör, keine vorherige natürlichem Licht, dass sich in unendlicher Ent-
Lichtkontrolle möglich. fernung befindet. Dies bedeutet, dass bei natür-
lichem Licht Objekt und Hintergrund stets gleich
• Studioblitz stark beleuchtet werden.
Er ist groß, unhandlich und erfordert Beim Einsatz von künstlichem Licht dagegen ver-
Stromversorgung. Studioblitze sind inzwi- ändert sich die Lichtausbeute aufgrund der Ent-
schen teilweise auch mit Akkus erhältlich. fernung zum Objekt nach der Formel:
Lichtart: wandelbar durch verschiedene Re I
flektoren, z. B. durch Weitwinkelreflektor, Ev = ----- cos e
Weichstrahler, Spotvorsätze, Softboxen, r2
Schirme. I = Lichtstärke
Vorteile: große Lichtausbeute (Quantität),
kurze Belichtungszeiten, geringe Hitzeent r = Abstand Quelle - beleuchtete Fläche
wicklung. Vorherige Lichtbeurteilung durch
integriertes Einstelllicht ist möglich. e = Neigungswinkel der zu belichtenden
Nachteile: Aufladezeiten müssen abgewartet Fläche zum einfallenden Lichtstrom
werden, Blitzbelichtungsmesser ist erforder-
lich. Diese Formel (Lambertsches Entfernungsgesetz)
besagt, dass sich die Beleuchtungsstärke umge-
• Scheinwerfer, Lampen kehrt proportional zum Quadrat des Abstands der
Farbtemperatur lt. Angaben, meistens beleuchteten Fläche von der Lichtquelle verhält.
3200°-3400°K, Farbanpassung durch Filter Dies bedeutet in der Praxis, dass ein Hintergrund,
oder Kunstlichtfilm (nur bei Farbdiapositiven der sich 1 m hinter dem aus ebenfalls 1 m Ent-
erforderlich). Digitale Farbanpassung kann fernung beleuchtetem Objekt befindet, nur noch
durch Weißabgleich erfolgen. halb soviel Licht erhält wie das Objekt selbst.
Lichtart: wandelbar wie bei der Studio Wenn Sie also einen Hintergrund in einer be-
blitzanlage, Einschränkung durch Hitzeent stimmten Helligkeit haben möchten, so muss
wicklung. dieser in der Praxis stets gesondert beleuchtet
Vorteile: genauere Beurteilung der Licht werden.
wirkung, lange Belichtungszeiten möglich, Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich durch den
keine Wartezeiten. Einsatz mehrer Lichtquellen, sofern diese durch
Nachteile: starke Hitzeentwicklung, hoher ihren Schattenwurf unterschiedliche Schatten
Stromverbrauch, starke Blendung bei auf dem Objekt oder Hintergrund erzeugen. Sol-
Personenaufnahmen. che Aufnahmen werden in der Regel als unna-
türlich empfunden, da dies in der Natur nicht
Licht im Studio vorkommt.
Die Motivwahl sowie der Vorder- und Hinter- Eine Sonne = ein Schatten
grund entscheiden über den Einsatz des Lichts
im Studiobereich. Was immer wir fotografieren, Der Einsatz eines sogenannten Aufhelllichts
es ist ein Objekt, das sich vor etwas befindet oder führt, wie der Name schon sagt, dazu dass die-
sich von etwas abhebt, dem Hintergrund. Es gibt ses lediglich aufhellt, also schwächer ausfällt als
kein Motiv ohne Hintergrund. das sogenannte Hauptlicht. Das Hauptlicht ist
entscheidend für unsere Bildwirkung und Belich-
Lichtberechnungen tung, es vermittelt dem Betrachter die Bildstim-
Kunstlicht, das Licht, das wir im Studio einsetzen, mung (Atmosphäre).
hat die Eigenschaft, sich durch die Entfernung Eine natürlich wirkende, künstliche Beleuchtung
vom Objekt qualitativ und quantitativ sehr stark besteht in der Regel aus einem Hauptlicht, das
96
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
wie in der Natur gerichtetes Licht (die Sonne ) zur Ermittlung des Kontrastumfangs möglich. Die
oder diffuses Licht (ein diffuser Himmel) sein erforderliche Einstellung (z. B. Mittelwert) muss
kann. Hinzukommen können: rechnerisch ermittelt werden. Alternativ erfolgt
die Messung auf bildwichtige Punkte.
• Aufhelllicht oder Aufhellreflektor Die Anzahl der Blenden zwischen dem hellsten
Eine ähnliche Wirkung in der Natur hätte und dem dunkelsten Bildteil bestimmt den Kon-
beispielsweise eine schneebedeckte Fläche trastumfang:
oder eine helle Hauswand.
Blende Und Kontrastumfang
• Effektlicht Blende Kontrastumfang
Ein natürlich vorkommendes Effektlicht wäre 1 1:2
beispielsweise, wenn Lichtstrahlen durch die 2 1:4
Blätter eines Baums fallen, oder eine Gegen
3 1:8
lichtsituation.
4 1:16
• Hintergrundlicht max.
5 1:32
Erforderlich zur Anpassung des Hintergrunds Druckwiedergabe
max. Zeichnung bei
an das Motiv. 6 1:64
Dias
Helligkeit und Kontraste 7 1:125 max. Fotopapier
Der Beleuchtungskontrast ist die Differenz zwi- 8 1:250
schen den beleuchteten und den mehr oder we-
niger beleuchteten Seiten eines Motivs. Beleuchtung und Bildwirkung
Der Objektkontrast ist die Differenz zwischen • Frontale Beleuchtung (Vorderlicht)
der hellsten und der dunkelsten Stelle des zu Das Licht kommt direkt aus Richtung der
fotografierenden Objekts bei gleichmäßiger Aus- Kamera, wie z. B. beim aufgesteckten Blitz.
leuchtung. Bildwirkung: Flache Ausleuchtung evtl. mit
Der Motivkontrast, das Produkt aus Beleuch starkem Schlagschatten bedingt durch den
tungskontrast und Objektkontrast, ist die Diffe- Abstand zwischen Lampe und Objektiv. Gu
renz zwischen den hellsten und den dunkelsten te Farbwiedergabe. Bei spiegelnden Flächen:
Stellen eines beleuchteten Motivs. Reflexionsgefahr! Erzeugt bei Porträtauf
nahmen möglicherweise „Rote Augen“ durch
Kontrastumfang = der jeweilige im Bild Reflexion der Netzhaut.
vorhandene Kontrast
• Seitliche Beleuchtung (Seitenlicht)
Der Kontrastumfang ist messbar (Kontrastmes- Das Licht kommt seitlich, ca. 30° bis 90° im
sung) und durch zusätzliche oder andere Be- Winkel zur Kamera.
leuchtung oder Aufhellung veränderbar. Gerich- Bildwirkung: Tiefe und Räumlichkeit entstehen
tetes Licht steigert den Kontrast, diffuses Licht durch die Schattenwirkung. Hohe Kontraste,
mildert Kontraste. gute Wiedergabe von Oberflächenstrukturen.
Sehr hohe Kontraste sind im Foto und Druck oft- Gefahr von Farbveränderungen im Schatten
mals nicht wiederzugeben. Eine Zeichnung in den bereich, oftmals ist eine zusätzliche Auf
Lichtern und/oder in den Schatten ist nicht mehr hellung von der anderen Seite oder von vor-
vorhanden. Zu geringer Kontrast hingegen lässt ne erforderlich.
ein Bild möglicherweise flau und kraftlos wirken.
Da jeder Film und jeder Sensor nur einen be- • Gegenlicht
stimmten Kontrastumfang verarbeiten kann, ist Das Licht fällt in einem steilen Winkel oder
eine Ermittlung der richtigen Belichtung unter direkt vom Motiv aus in Richtung Objektiv, also
Umständen nur durch eine Mehrpunktmessung entgegengesetzt der Aufnahmerichtung.
97
Bildwirkung: Äußerst hoher Kontrast, Tiefen [3] Festlegung des Hauptlichts unter Berück
wirkung durch den großen Helligkeitsunter sichtigung des zu ereichenden Zwecks bzw.
schied. Bei einem flächigen Gegenlicht ohne der gewünschten Atmosphäre.
zusätzliche Aufhellung erscheint das Motiv
ähnlich wie beim Scherenschnitt. Ein punk- [4] Aufhellung durch zusätzliche Beleuchtung
tuelles Gegenlicht, bei dem die Leuchte oder mittels Reflektoren.
selbst durch das Motiv verdeckt wird, ergibt
im überstrahlten Randbereich einen Licht [5] Falls erforderlich, Effektlicht(er) sowie Be
saum. leuchtung des evtl. Vordergrunds.
98
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Beispiel: Das gelbliche Licht einer Beleuch lichtfilm, bei Diafilmen, der auf ca. 3200° Kelvin
tung mit Glühbirnen in einem Raum wirkt basiert. Bei Filmnegativen ist dies von geringerer
freundlich gegenüber dem bläulichen Tages Bedeutung, da der Farbstich zumeist im Labor
licht außerhalb des Raums (gleichzeitiger korrigiert werden kann. Für die digitale Kamera
Blick durch ein Fenster, geöffnete Tür etc). gibt es die Möglichkeit des Weißabgleichs, hier
wird der Sensor an die vorhandene Farbtempera-
tur angepasst, was auch unter speziellen Licht-
Farbiges Licht bedingungen zu einer neutralen Farbwiedergabe
Jedes Licht ist farbig, im Bild neutral erscheint führt.
es nur, wenn es einer mittleren Farbtemperatur Nicht immer ist eine solche Korrektur von Vorteil,
von ca. 5500° Kelvin entspricht. Dies setzt ent- in vielen Fällen ist ein solcher „Stich“ erwünscht,
sprechende Wetterbedingungen voraus. Je wär- da er eine besondere Atmosphäre erzeugt. Stel-
mer das Licht (rötlicher) ist, desto geringer ist len Sie sich einen Sonnenuntergang ohne seine
die Farbtemperatur, je kälter (blauer) das Licht rötlichen Farben vor, undenkbar.
erscheint, desto höher ist die Farbtemperatur. In Eine Alternative der Farbanpassung stellt die Nut-
den Morgenstunden und am Abend ist die Licht- zung von Filtern dar. Sogenannte Konversions
stimmung also wärmer. Bei strahlend blauem filter ermöglichen eine Anpassung von Kunstlicht
Himmel um die Mittagszeit ist die Farbtempe- an Tageslichtfilm oder umgekehrt. Im Gebirge
ratur am höchsten, die Schatten erscheinen nun und an der See sind besonders hohe Blauanteile
ebenfalls blau. Besonders deutlich wird dies bei im Licht enthalten, diese können mit Skylight-
Schnee und blauem Himmel. Weiße Wolken mil- Filtern gemildert werden. UV-Filter reduzieren zu
dern das Blau und machen zudem das Licht dif- hohe UV-Anteile im Licht und schaffen dadurch
fuser (weicher). eine klareres Bild. Da die hochwertige Vergütung
der heutigen Objektive bereits diesen Zweck er-
Farbtemperaturwerte für füllt, bleibt dem UV-Filter nur noch eine Schutz-
funktion, um die wertvolle Linse vor Schmutz
typische Lichtquellen
und Kratzern zu bewahren.
1500 K Kerzenlicht Weshalb dieser Aufwand, werden Sie sagen,
2800 K Glühlampe (100 Watt) wo doch im Labor oder am Computer solche
3000 K Halogenlampe Farbstiche entfernt oder sogar erzeugt werden
5500 K Elektronenblitz können? Sie haben durchaus Recht, aber nur bis
5500 K mittleres Tageslicht zu einem gewissen Grad. Wenn es nämlich um
6500 7500 K bedeckter Himmel echte Farbqualität geht, ist das Licht absolut
7500 8500 K Nebel, starker Dunst entscheidend für das Ergebnis. Korrekturen kön-
blauer Himmel nen hier nur noch unterstützend oder mildernd
9.000 12.000 K wirken.
(Schatten)
15.000 27.000 K klares Nordlicht Nun gibt es auch Situationen, in denen eine
Farbanpassung oder auch Filterung nicht hilft,
dies sind vor allem Farbstiche, die im Bild, bei-
Da sich unsere Augen den Lichtbedingungen an- spielsweise durch Reflexionen, entstehen.
passen, bemerken wir die Farbigkeit des Lichts
oft erst auf dem fertigen Foto. Der Film oder Farbstiche und Reflexionen
der Sensor, bei einer Anwendung ohne auto- Die Sonne bestrahlt eine farbige Hauswand, re-
matischen oder manuellen Weißabgleich, sind flektiertes Licht fällt auf das zu fotografierende
jedoch auf eine mittlere Farbtemperatur ab- Objekt oder Modell, zugleich sind aber auch noch
gestimmt, deshalb führen alle Abweichungen nicht von der Hauswand bestrahlte Bildteile im
unmittelbar zu einem Farbstich. Für besondere Motiv enthalten. Dies führt zu folgendem Ergeb-
Lichtverhältnisse, wie z. B. in Innenräumen, gibt nis: Bei der Korrektur des Farbstichs, kippt der mit
es deshalb spezielles Filmmaterial, z. B. Kunst- „normalem“ Licht bestrahlte Bildteil und erhält
99
den gegenteiligen Farbstich. Solche Reflexionen
können auch z. B. von Bäumen und Sträuchern,
farbigen Plakaten, Kleidern usw. erzeugt werden.
Durch die Verwendung eines goldfarbenen Reflektors, wie hier im Bild, ergibt sich eine Hier hilft nur, das Auge zu schulen, um solche Si-
wärmere Farbgebung im aufgehellten Hautbereich. tuationen zu erkennen und vermeiden. Anderer-
seits können solche Effekte natürlich auch gezielt
als Bildgestaltungsmittel verwendet werden.
Bei Aufnahmen im Freien, bei blauem Himmel,
bei starker Sonne oder sogar im Schatten: Ein
Aufheller, in Form eines Aufhellblitzes oder eines
Reflektors, kann immer erforderlich sein.
Bei Aufnahmen bei blauem Himmel im Schat-
ten ergibt sich durch Verwendung eines blauen
Aufhellers die Möglichkeit, den hier natürlicher
weise im Bild vorhandenen Blaustich später bei
der Ausarbeitung problemlos zu einer neutrale-
ren oder sogar wärmeren Farbgebung zu korri-
gieren.
Der Weißabgleich
Moderne Digitalkameras verfügen über die Mög-
lichkeit, die durch die Beleuchtungsverhältnisse
vorgegebene Farbtemperatur mittels des Weiß-
abgleichs für die Aufnahme anzupassen. Bei ana-
logen Kameras war dies nur durch die Verwen-
dung von speziellem Filmmaterial oder durch den
Einsatz von Konversionsfiltern möglich. Dabei ist
der Film entweder auf Tageslicht oder auf Kunst-
licht abgestimmt. Konversionsfilter, je nach Ver-
wendungszweck in blauen oder gelben Tönun-
gen, haben zudem den Nachteil, dass sie stark
lichtreduzierend wirken. Um die Prinzipien besser
verstehen und anwenden zu können, sind einige
der hier beschriebenen Grundinformationen von
Bedeutung.
Farbtemperatur messen
Eine Messung der Farbtemperatur wird definiert
durch einen Wert in Bezug auf die jeweilige
Lichtfarbe. Dieser Wert wird in (K) = Grad Kelvin
angegeben. Je nach Intensität der Lichtstrahlung
und der lichtreflektierenden Umgebung verän-
dert sich dieser Wert. Bei Tageslicht kann die
vorhandene Farbtemperatur je nach Tageszeit
und Lichtverhältnissen extrem unterschiedlich
ausfallen.
Künstliche Lichtquellen senden in der Regel ein
konstantes, aber nicht mit dem Tageslicht über
100
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
einstimmendes Licht aus. Besonders problema dem Fotografen ankommt. Um in einer solchen
tisch sind handelsübliche Neonröhren, da sie nur Situation das erwünschte Resultat zu erhalten,
ein eingeschränktes Farbspektrum aussenden, sollte die Farbtemperatur manuell eingestellt
dadurch kann es auch bei einer angepassten werden.
Farbtemperatur zu einer fehlerhaften Farbdar- Eine typische Mischlichtsituation stellt beispiels-
stellung im Bild kommen. weise die Aufnahme eines mit Glühlampen be-
Das menschliche Auge passt sich an diese Farb- leuchteten Innenraums dar, in den gleichzeitig
temperaturen automatisch an, deshalb werden durch das Fenster Tageslicht einfällt. Erfolgt bei-
geringe Unterschiede überhaupt nicht wahrge- spielsweise der Weißabgleich auf den Innenraum,
nommen. Ein weißes Blatt Papier erscheint uns werden die Farben im Glühlampenbereich natür-
auch bei Beleuchtung durch eine Glühlampe als lich dargestellt sowie das Tageslicht entsprechend
weiß, obwohl diese ein gelbliches Licht ausstrahlt der vorherrschenden Lichtverhältnisse.
und das Blatt dadurch gelblich erscheinen müss
te. Die vorherrschende Farbtemperatur beein- Manueller Weißabgleich
flusst demnach alle Farben im Bild und verändert Beim manuellen Weißabgleich wird das Objektiv
diese. auf eine weiße oder neutralgraue Wand oder ein
Um Farben jedoch fotografisch eindeutig wieder entsprechendes Referenzobjekt (z. B. eine Grau-
geben zu können, muss diese grundlegende Farb- karte oder ein weißes Blatt Papier) gerichtet und
temperatur zur Aufnahme angepasst werden. der Abgleich durch manuelle Messung vorge-
Durch den Weißabgleich wird der als weiß nommen. Alternativ kann auch ein im Handel er-
wiederzugebende Farbtemperaturbereich festge- hältlicher Weißabgleichsfilter verwendet werden.
legt. Dadurch werden zugleich alle anderen Far- Dieser wird vor dem Objektiv befestigt und dann
ben im Bild korrigiert. wird der manuelle Weißabgleich vorgenommen.
Ist der Farbwert bekannt, z. B. beim Elektronen- Der ermittelte Wert wird dann für die weiteren
blitz, kann er direkt eingestellt werden. In ande
ren Fällen muss er gemessen und die Kamera ent-
sprechend angepasst werden.
Automatischer Weißabgleich
Beim automatischen Weißabgleich ermittelt die
Kamera selbsttätig die vorherrschende Farbtem- Automatischer WeiSS
peratur. Dies funktioniert in üblichen Aufnah- abgleich bei Bildserien
mesituationen, je nach Kamera und Umgebung,
mehr oder weniger gut. Die Kamera misst die Vorsicht bei der Verwendung des
hellste Stelle in einem Motiv und benutzt sie als automatischen Weißabgleichs ist
insbesondere dann geboten, wenn Sie
Referenz für ein reines Weiß. Handelt es sich da- eine Bildserie erstellen. Trotz gleicher
bei jedoch um eine farbige Fläche, so führt der Aufnahmebedingungen kann die auto-
automatische Weißabgleich zu einer fehlerhaften matische Farbanpassung unterschied-
Farbanpassung. lich ausfallen. Um die Farbtemperatur
Auch bei Mischlichtsituationen kann es zu ei- konstant zu halten, sollten Sie dann
eine manuelle Einstellung bevorzugen.
ner unerwünschten Farbanpassung kommen, da
die Kamera nicht entscheiden kann, worauf es
101
Aufnahmen unter denselben Lichtbedingungen Aufnahmen im RAW-Modus benötigen in der Re-
verwendet. Ist die Farbtemperatur bekannt oder gel keinen vorab vorgenommenen Weißabgleich,
will man einen bestimmten Effekt erreichen, kann da die Farbtemperatur bei der Bearbeitung im
der entsprechende Farbwert (in Grad Kelvin) bei RAW-Konverter eingestellt werden kann. In kri-
einigen Kameras auch direkt eingestellt werden. tischen Situationen, vor allem auch bei Aufnah-
Nicht in jedem Fall ist eine genaue Anpassung der men mit unbekannten Beleuchtungen, wie z. B.
Farbtemperatur durch einen Weißabgleich sinn- Neonröhren, ist deshalb der RAW-Modus zu be-
voll. Bei Aufnahmen, in denen die Lichtfarbe eine vorzugen.
wichtige Rolle für die wiederzugebende Atmo-
sphäre spielt, kann der Weißabgleich möglicher- Weißabgleich bei RAW-Aufnahmen
weise die Stimmung zerstören. In solchen Fällen Wenn Sie bei Ihren Aufnahmen mit RAW-Daten
ist eine manuell eingestellte Farbtemperatur zu arbeiten, können Sie sich die Mühen des Weiß-
bevorzugen. Zudem kann durch das Einstellen abgleichs sparen. Verwenden Sie einfach den
einer bestimmten Farbtemperatur diese auch als automatischen Weißabgleich für Ihre Voransicht
gestalterisches Mittel genutzt werden. und passen Sie Ihre Bilder bei der Umwandlung
im RAW-Konverter an die gewünschte Farbtem-
peratur an. Wenn Ihre Aufnahme einen neutral-
grauen, schwarzen oder weißen Bereich enthält,
können Sie die Farbtemperatur mit dem Weiß-
abgleichswerkzeug Ihres RAW-Konveters durch
einfaches Anklicken anpassen.
Im Tonwertkorrekturdialog wählen Sie die gewünschten [2] Wählen Sie im Menü Bild/Anpassen die
Grauwerte aus. Funktion Tonwertkorrektur oder die Funktion
102
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Noch nicht perfekt, aber: Der bläuliche Farbstich wurde durch die Tonwertkorrektur entfernt.
Gradationskurve. Entscheiden Sie sich für [4] Möchten Sie diese Einstellung auch auf an-
die Tonwertkorrektur, erscheint das gleich- dere Bilder aus dieser Serie anwenden, kli-
namige Dialogfeld. In der rechten unteren cken Sie im Dialogfeld Tonwertkorrektur
Ecke des Dialogfelds sehen Sie drei Pipetten; auf die Schaltfläche Speichern. Auf diese
die mittlere Pipette steht für einen neutralen Weise wird der ermittelte Wert im Format
Grauwert. Wählen Sie diese Pipette aus. Tonwertkorrektur (*.ALV) gespeichert.
[3] Mit der Maus fahren Sie nun auf einen neu- Zur Anwendung auf weitere Bilder gehen Sie wie
tralgrauen Bereich oder auf die mitfotogra- folgt vor: Öffnen Sie das zu bearbeitende Bild
fierte Graukarte. Klicken Sie diese mit der und rufen Sie die Tonwertkorrektur erneut auf.
linken Maustaste an. Der im Bild enthaltene Laden Sie die Datei mit dem gespeicherten Wert.
bläuliche Farbstich wird dadurch neutrali- Dieser wird dann auf das jeweilige Bild angewen-
siert. det. Wenn Sie den Arbeitsablauf unter Aktionen
Die schwarze (links) und die weiße Pipette zusätzlich speichern, ist eine schnelle Anpassung
(rechts) eignen sich nicht zur Farbanpassung, auch bei einer größeren Anzahl von Bildern mög-
da sie zugleich den Kontrast des Bilds verän- lich.
dern können.
103
Beispiele für den Einsatz von Licht
Da die Chromstahlflächen eigentlich in Grau erscheinen sollten, wurde hier Hier wurde versucht, durch weitere Farbkorrekturen den für das Auge
der Graupunkt bei der digitalen Überarbeitung gesetzt. Ergebnis: Andere optischen Eindruck der Situation wiederherzustellen.
Grau-/Weißbereiche kippen in den komplementären Farbbereich.
104
AUFNAHMEDATEN
kapitel 5
Brennweite 63 mm
Licht und Beleuchtung
Belichtung 1/200 sek
Blende f22
ISO 100
In der Ruhe liegt die Kraft. Der gezielte Einsatz von Mischlicht (Kunstlicht und Blitzlicht) erzeugt eine wohlige Atmosphäre. Bildauf
bau und die Anordnung der Motivelemnete untreichen die Stimmung.
105
Belichtungsspielraum und
Kontrastumfang
Der Belichtungsspielraum oder der verarbeitbare Bildreihen aufnehmen
Kontrastumfang des Sensors oder eines Films Bei unbeweglichen Objekten können
ist die Grundlage für jegliche fotografische Auf- mehrere Aufnahmen mit unterschied-
zeichnung. Abhängig von Blende und Belich- lichen Helligkeitsabstufungen er-
tungszeit kann vorhandenes Licht reguliert wer- stellt werden. Diese werden bei einer
den, um die richtige Dosierung zu erhalten. Zu digitalen Bildmontage zusammenge-
fügt. Somit können auch sehr große
viel Licht bewirkt eine Überbelichtung, zu wenig
Kontraste bewältigt werden.
eine Unterbelichtung. Eine absichtliche Verschie-
bung in den helleren oder dunkleren Bereich kann RefleXionsverhalten
bei hohem Motivkontrast noch eine Zeichnung in des Objekts
dem entsprechenden Bereich ermöglichen. Dies
erfolgt jedoch auf Kosten des entgegengesetzten Die richtige Belichtung ist immer auch
Bereichs. Hier entscheidet die Wichtigkeit der zu abhängig vom Reflexionsverhalten des
Aufnahmeobjekts und seiner Umgebung!
fotografierenden Details über die Gestaltung.
Eine Überbelichtung erzeugt blasse, pastellartige
Farben, bei einer Unterbelichtung werden diese
schwärzer, gräulich. optimal umzusetzen. Eine gute Kamera verfügt
dementsprechend über die Möglichkeit, die Be-
Die Belichtungsmessung lichtung auch manuell einzustellen. Blende und
Eine Belichtungsmessung kann den Schwerpunkt Belichtungszeit können dabei unabhängig von-
auf die Schatten oder die Lichter eines Motivs einander geregelt werden.
setzen. In der Praxis bedeutet dies, dass der
mittlere Graubereich an diese gemessene Stelle Hier versagt die Automatik
angeglichen wird. Werden die Farben Weiß oder • Das Motiv befindet sich in einem extrem
Schwarz angemessen, so erscheinen sie im Foto dunklen Umfeld, der Hintergrund ist z. B.
als mittleres Grau. schwarz.
Beispiel: Eine Aufnahme im sonnenbestrahlten
Schnee. Der Schnee erscheint im Bild grau und • Das Motiv befindet sich vor einem extrem
die Enttäuschung über eine solche Aufnahme ist hellen Hintergrund (weiß).
vorprogrammiert.
Moderne Kameras sind mit einem automatischen Eine weitere typische Fehlerquelle ist zum Bei-
Belichtungsmesser ausgestattet, dabei wird je- spiel auch ein zu heller (bedeckter) Himmel. Auch
weils von der Kamera auf das Motiv gemessen bei der stark verbreiteten Mehrfeldmessung ist
(Selektiv- oder Mehrfeld-/Matrixmessung). Ent- hier im Allgemeinen keine gute Bildwiedergabe
spricht das Motiv in seiner Helligkeitsaufteilung mehr zu erzielen.
einem festgelegten mittleren Grauwert, so wird Bei der Selektivmessung oder Spotmessung kann
es auf dem Film oder Sensor in der richtigen hingegen durch Eingrenzen des Messwinkels auf
Helligkeit wiedergegeben. Weicht das Motiv in das Motiv der Hintergrund oder das ansonsten
seiner Helligkeitsverteilung jedoch von diesem im Bild vorherrschende Licht auch ignoriert wer-
Grauwert ab, wird das Bild unter- oder überbe- den, sofern diese für die Aufnahme nicht erheb-
lichtet. Ist die Helligkeitsanordnung (der Kon- lich sind.
trast) extrem hoch, so werden nur die im mittle Beispiel: Bei einer Porträtaufnahme wird nur das
ren Graubereich liegenden Bildteile korrekt Licht im Gesicht gemessen, das restliche Umfeld
wiedergegeben. wird ignoriert. Entspricht das Motiv dabei in sich
Auch eine moderne Belichtungsautomatik ist dem mittleren Graubereich, so wird hier eine ak-
also nicht in jedem Fall in der Lage, ein Motiv zeptable Belichtung erreicht.
106
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Handbelichtungsmesser
Mit Handbelichtungsmessern ergeben sich wei-
tere Messmöglichkeiten:
• Die Spotmessung
Durch einen Messvorsatz am Handbelich
tungsmesser oder einem speziellen Spotmeter
wird hier der Messbereich auf 1-3 Grad ein-
gegrenzt und ermöglicht so eine Messung
auf einzelne Bildteile.
• Die Lichtmessung Mehrpunktmessung - Objektmessung mit einem Spotmeter oder Messvorsatz am Hand
belichtungsgerät
Der Belichtungsmesser wird mit einer vorge-
schalteten Diffusorkalotte aus der Richtung
des Bildmotivs in Richtung der Kamera ge-
halten. So wird lediglich das einfallende
Licht gemessen. Die Eigenhelligkeit bzw. das
Reflexionsverhalten des Motivs wird bei die-
ser Messung nicht berücksichtigt.
Belichtungswerte ermitteln
Die Graukarte entspricht in ihrer Helligkeit dem
mittleren Grauwert, mit einem Reflexionswert
von 18 %, auf den alle Belichtungsmesser ge-
eicht sind. Durch das Vorhalten der Graukarte vor
das Aufnahmeobjekt wird hierbei ebenfalls nur
das auf das Motiv fallende Licht gemessen.
Eine Alternative zu den Messungen ist es, ein
Motiv mit unterschiedlichen Einstellungen zu be-
lichten (Belichtungsreihe) und anschließend die
beste auszuwählen.
107
Bereichen zu schwarz wiedergegeben. Das heißt: Sensor fällt. Diese Menge Licht entspricht zugleich
Es wird keine vollständige Tonwertabstufung im einem Lichtwert. Man kann also eine Blenden-
Bild mehr dargestellt. Bilder, die zur drucktechni- oder Zeitstufe mit einem Lichtwert gleichsetzen
schen Weiterverarbeitung erstellt werden, dürfen (bitte beachten: ganze Blenden- oder Zeitstufen).
ebenfalls nur einen festgelegten Kontrastumfang
aufweisen, da darüber hinausgehende Abstufun- 1 LW = 1 Blende = 1 Zeitstufe = 3 DIN.
gen nicht wiedergegeben werden können.
Befinden sich nun wesentliche Bildinformationen Gezielt über- oder unterbelichten
in diesen ausgegrenzten Bereichen, so können Durch eine Verschiebung der mittleren Helligkeit
diese nur mithilfe von Korrekturen wiederge- beim Sensor oder Film, d. h. durch gezielte Über-
geben werden. Eine mögliche Korrektur würde oder Unterbelichtung, kann erreicht werden, dass
beispielsweise darin bestehen, das vorhandene in dem wesentlichen Teilbereich eine bessere
Licht den zu verarbeitenden Informationen (dem Tonwertabstufung erreicht wird. Dies bedeutet
Motiv) anzupassen, damit der zu verarbeiten- jedoch in der Regel auch, dass im entgegenge-
de Kontrastumfang der Wiedergabemöglichkeit setzten Bereich Tonwerte verloren gehen.
entspricht. Ist der Kontrastumfang des zu belichtenden Mo-
tivs jedoch deutlich geringer als der vom Sensor
Kontrastumfang ermitteln oder vom Film verarbeitbare Kontrastumfang,
Dies erfordert zunächst ein Ermitteln des Kon- kann eine Verschiebung des mittleren Tonwert-
trastumfangs mit dem Belichtungsmesser. Dabei bereichs (je nach Motiv) bei der späteren digi-
eignen sich optimal Handbelichtungsmesser, die talen Nachbearbeitung ebenfalls eine deutliche
mit einem sogenannten Spotvorsatz meist besser Verbesserung bringen. Zu flau wirkende Aufnah-
sind als die in die Kamera eingebauten Messmög- men mit geringem Kontrastumfang können bei
lichkeiten. Dieser Spotvorsatz kann dazu benutzt einer späteren Tonwertkorrektur am Bildschirm
werden, die hellsten und die dunkelsten Stellen deutlich verbessert werden.
im bildwichtigen Motiv nacheinander auszumes-
sen und die Differenz zu ermitteln. Empfindlichkeitsbereich spreizen
In der Praxis wird hier mit Lichtwerten gearbeitet. Im Bereich der Schwarzweißfotografie gibt es
Das Lichtwertsystem beruht auf der Blenden-/Zei- noch die Möglichkeit, durch eine gezielte Film
tenreihe. Der Unterschied einer Blende oder einer entwicklung den Empfindlichkeitsbereich zu
Zeitstufe beträgt jeweils eine Verdoppelung oder spreizen, um eben dieses zu vermeiden. Bei Farb-
Halbierung der Lichtmenge, die auf den Film oder filmen und bei der digitalen Fotografie ist dies mit
normalen Aufnahmemethoden nicht möglich.
Lichtwertdifferenzen und Ein Motiv, das in seinem Kontrastumfang, d. h.
KontrastuMFANG von der hellsten bis zur dunkelsten Stelle, mehr
LW Kontrastumfang als fünf Lichtwerte aufweist, kann also im Druck
1 1:2 nicht mehr vollständig wiedergegeben werden.
2 1:4 Beim Negativ, das einen wesentlich größeren
3 1:8 Kontrastumfang verträgt, ergibt sich danach die
4 1:16 Schwierigkeit, diesen Kontrastumfang auf das
5 1.32 max. Druckwiedergabe Papier zu bringen. In der Praxis bedeutet dies in
der Regel, Kompromisse zu schließen.
6 1:64 max. Zeichnung bei Dias
7 1:125 max. Fotopapier
8 1:250 Digitale Lichtausbeute
9 1:500 Bei der digitalen Bearbeitung kann zwar der
10 1:1000 max. Negativfilm Tonwert beeinflusst werden, was aber, wenn der
11 1:2000 Sensor die Zeichnung nicht gebracht hat? Wo
12 1:4000 nichts ist, kann auch nichts herkommen. Der
108
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Aufnahmen montieren
und verrechnen
Für viele Fälle gibt es aber Lösungen.
Zum Beispiel können Sie zwei digitale
Aufnahmen mit unterschiedlichen
Einstellungen übereinander montieren
und verrechnen. Im Prinzip wieder das
alte Maskensystem, nur mit modernen
Bei schwierigen Lichtverhältnissen kann eine einfache Kontrast- und Helligkeitsanpas
Mitteln. Wenn sich das Motiv aber
sung auch mittels einer Belichtungsreihe erfolgen. Im Beispiel wurde das erste Bild mit
bewegt, geht das nicht.
einer Automatikeinstellung bei Blende 4,5 mit 1/320s belichtet. Das zweite Bild bei manu
eller Einstellung bei Blende f4,5 mit 1/100s und das dritte Bild mit f4,5 und 1/250s.
109
Kontrastanpassung solche, in der Regel unerwünschten Effekte ger-
ne auf.
Eine Kontrastbeeinflussung ergibt sich primär Dieser Effekt wird beispielsweise bei einer Ton-
über das verwendete Filmmaterial bzw. der ver- trennung als gestalterisches Mittel benutzt. Bei
wendeten Empfindlichkeit. Ein hochempfindlicher dieser Arbeit werden die vorhandenen Tonwerte
Film weist geringere Kontraste auf als ein nied- absichtlich auf einige wenige reduziert.
rigempfindlicher. Allerdings bezahlt man dies bei
analogen Aufnahmen mit einem stärkeren Korn Weitere Möglichkeiten zur Kontrastanpassung:
und einem erhöhten Grundschleier des Films. Bei
der digitalen Aufnahme entsteht ein sogenanntes • Aufnahmen im Studio
Rauschen. Dies bedeutet, dass z. B. Schwärzen Die Beleuchtungsverhältnisse können bei-
nicht mehr rein schwarz, sondern grießelig-grau spielsweise durch Aufheller angepasst wer-
und durchsetzt mit farbigen Punkten dargestellt den.
werden.
Wenn eine solche Tonwertabstufung, etwa bei • Aufnahmen im Freien
der Darstellung eines Helligkeitsverlaufs im Mo- Abwarten besserer Wetterverhältnisse; die
tiv, abreißt, so ergibt sich eine meist unschöne Beleuchtungsverhältnisse können durch
Abstufung, eine sichtbare Kante. Besonders bei Arbeiten mit Aufhellern (Blitz oder Reflek
der digitalen Verarbeitung und im Druck treten toren) angepasst werden.
Originalfoto (links) und Tontrennung, Reduzierung des Originals auf vier Stufen (rechts)
110
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
• Kontraststeigerung
Auch der umgekehrte Fall (zu geringe
Kontraste) kommt häufig vor. Hier gilt es,
den Kontrast zu erhöhen. Dies ist oft auch
noch nach der Aufnahme möglich. Bei der
digitalen Bildbearbeitung wird eine Tonwert
spreizung vorgenommen.
111
Viele Blitzgeräte bieten auch in vereinfachter Blendeneinstellung berechnen
Form unterschiedliche Blitzbereiche zur Auswahl Blendenzahl (f) = Leitzahl (Z) geteilt durch die
an, den Rest erledigt die Automatik. Besonders Entfernung (E) in Meter.
präzise funktioniert diese Automatik bei einer Beispiel: Leitzahl = 32, Entfernung 4 Meter, er-
Messung durch das verwendete Objektiv. Dabei gibt eine Blende von 32/4 = 8, oder Z/E = f.
muss das Blitzgerät jedoch auf die Kamera abge- Soll dagegen die Entfernung (E) ermittelt werden,
stimmt sein und diese Funktion (TTL-Steuerung) muss die Formel lediglich umgestellt werden in:
unterstützen. E = Z/f im Beispiel: 32/8 = 4 Meter
Grundlage für diese Berechnungen bildet das
fotometrische Gesetz, nach dem die L ichtstärke Blitzlichttechniken im Fokus
im Quadrat zur Entfernung abnimmt. Da sich
diese Berechnungen auch für andere Lichtquellen Blitzlicht wird bei vielen Aufnahmen als Aufhel-
als das Blitzlicht anwenden lassen, lohnt es sich, ler oder zur Bildgestaltung verwendet. Bei einem
sich etwas genauer damit zu beschäftigen. Mit in die Kamera integrierten Blitzlicht sind die Ein-
einfachen Formeln lassen sich die erforderlichen satzmöglichkeiten jedoch begrenzt. Besser sind
Werte ermitteln. Voraussetzung: Das Motiv ent- ein oder mehrere zusätzliche, leistungsstarke
spricht einem mittleren Grauwert, ansonsten und verstellbare Blitzgeräte, die auch getrennt
sind die erforderlichen Belichtungskorrekturen von der Kamera (als entfesselter Blitz) eingesetzt
zu berücksichtigen. werden können. Dabei ist je nach verwendeter
Kamera eventuell auch eine Fernsteuerung mög-
Filmempfindlichkeit berechnen lich. Im folgenden Abschnitt finden Sie eine Reihe
Eine Verdopplung der ISO-/ASA- Zahl, z. B. von von Anwendungsbereichen und Einsatzmöglich-
100 auf 200, erfordert eine Multiplikation der keiten Beschrieben.
Leitzahl um den Faktor 1,4.
Eine Verringerung der ISO-/ASA- Zahl um die Frontalblitz
Hälfte erfordert eine Multiplikation der Leitzahl Der Blitz befindet sich unmittelbar an der Kamera
mit dem Faktor 0,7. und ist direkt auf das Aufnahmeobjekt gerichtet.
112
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Indirekter Blitz
Der Blitz wird gegen die Decke oder eine Wand
des Raums gerichtet und das Aufnahmeobjekt
wird durch das reflektierte Licht beleuchtet.
Durch diese Umlenkung wird das Licht gestreut
und weich.
Frontalblitz
Achtung: Farbige Wände erzeugen ein farbiges
Licht.
Entfesselter Blitz
Indirekter Blitz
Ein oder mehrere Blitzgeräte sind unabhängig
von der Kamera einsetzbar und mit dieser durch
eine Fernauslösung oder Kabel verbunden.
Selektives Blitzen
Innerhalb eines eingestellten Motivs wird der
Blitz dazu verwendet, um ein oder mehrere be-
stimmte Details zusätzlich zu beleuchten (bei
Bewegungsabläufen evtl. einzufrieren). Dazu
muss der Blitz frei beweglich sein. Der Abstrahl-
winkel des Blitzgeräts ist zu beachten und evtl.
zu begrenzen.
Indirekter Blitz plus Zusatzblitz
Fill in
Aufhellen mit Blitz, die Lichtmenge des Blitzes gelenkt und gelangt nur indirekt auf das zu foto-
wird dabei so dosiert, dass sie geringer ist als grafierende Objekt.
die vom Hauptlicht (z. B. Tageslicht) ausgehende
Beleuchtung des Objekts. Dadurch wird der typi- Wanderblitz oder Offenblitztechnik
sche Blitzcharakter bei einer solchen Aufnahme Mit dem Einsatz eines Handblitzgeräts können
vermieden. größere Räume bei entsprechender Dunkelheit
ausgeleuchtet werden. Hierbei wird die Kamera
Bouncelight auf ein Stativ gestellt, denn es wird nur mit klei-
Vor dem Blitz befindet sich in einiger Distanz ner Blendenöffnung fotografiert, Es muss so
ein Diffusor (Streufolie), der das Licht weicher stark abgeblendet werden, dass eine Belichtung
macht. Alternativ kann auch ein aufgesteckter nur über einen längeren Zeitraum möglich wird.
Reflektor verwendet werden. Das Licht wird um- Die Belichtungszeit wird auf Dauerbelichtung (B)
113
eingestellt. Der Blendenwert wird auf das Blitz- Entsprechend der Leitzahl Ihres Blitzgeräts stel-
licht übertragen und dieses wird vom Fotografen len Sie die erforderliche Blende in Abhängigkeit
durch das zu fotografierende Objekt geführt. Die von Ihrer Belichtungsmessung ein. Befindet sich
bildwichtigen Stellen werden einzeln angeblitzt. an Ihrem Blitzgerät ein Blendenrechner, so kann
Achtung, blitzen Sie nicht in das Objektiv und die Leitzahl auch dadurch ermittelt werden, dass
verwenden Sie die Lichtquelle so, dass sie nicht Sie die maximale Blitzleistung (Blendeneinstel-
mit abgebildet wird. lung) bei einer Entfernung von 1 Meter ermitteln.
Im fertigen Foto erscheinen also nur die beleuch- Nun kennen Sie die Leitzahl - diese wird in der
ten Stellen, ohne dass der sich durch das Bild be- Regel bei einer Filmempfindlichkeit von 100 ASA
wegende Fotograf mit aufgenommen wird. angegeben.
114
kapitel 5
Licht und Beleuchtung
Vergessen Sie den Nachtaufnahme-Modus und spielen Sie lieber wie in diesem Beispiel mit den aktuellen Lichtverhältnis
sen. Stativ und Langzeitbelichtung sind auch hier Pflicht.
meisten eingebauten Blitzen der Fall, kann nur Ein weiterer Effekt ist, dass Objekte, die aus-
eine entsprechende Programmfunktion (TTL- schließlich durch das Blitzlicht ausgeleuchtet
Blitzsteuerung) oder ein Unterschreiten der werden, im späteren Bild eingefroren wirken.
maximal möglichen Entfernung zum Aufnahme- Ihre Bewegung wird durch den Blitz mit des-
objekt bezüglich der Blitzleistung das Ergebnis sen Belichtungszeit, bei neueren Geräten ca.
korrigieren. 1/800-1/50000 Sekunde, bestimmt. Weitere, im
Hintergrund sichtbar ablaufende Bewegungen
Kombinierte Langzeitblitzbelichtungen während der Belichtungsdauer, die nicht durch
Längere Belichtungszeiten in Verbindung mit dem das Blitzlicht ausgeleuchtet werden, erscheinen
Einsatz von Blitzlicht ermöglichen dem Foto im späteren Bild als Verwischungen.
grafen, besondere Situationen und eindrucksvol-
le Stimmungen mit der Kamera wiederzugeben.
Das Blitzlicht muss dabei so dosiert werden, dass
die erforderliche Aufhellung erreicht wird, ohne
das Motiv tot zu blitzen.
115
6
Bild- und
Motivgestaltung
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
6
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
120
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
Bildanalyse
• Beziehungen zwischen Aufnahmeobjekt und
Bildgestalter (Emotion)
Die Tiefe erzeugende Anordnung und die Bildproportionen: hier sichtbar gemacht durch
• Beziehungen zwischen Objekt, Vorder- und die abgestuften Linien und die helle Maske.
Hintergrund
121
• Verhältnisse zwischen Bildschwerpunkten Die Ordnung eines Bilds
und Umfeld, ruhig oder unruhig, Helligkeiten, • Abbildungsgröße, Ansicht (Perspektive),
Farbkontraste, Schärfen und Unschärfen Ausschnitt (Format), Räumlichkeit, symbo
lisierte Bewegung und Tiefe, Farben und
Beziehungen zwischen Kamera und Motiv Farbkontraste, Proportionen von Flächen
• Kamera bewegt - Motiv fest und Linien, Schärfen und Unschärfen
• Kamera fest - Motiv bewegt • Charakter von Linien und Flächen, Hellig
keiten und Farben
• Kamera und Motiv - fest oder bewegt
Ausschnitte und Format
Beeinflussung durch den Bildgestalter
• Komposition der Bildordnung: statisch, sym- anpassungen
metrisch, asymmetrisch, zentral, dynamisch, In einem guten Bild finden sich noch viele wei-
ausgewogen, kontrastierend, Goldener tere Bilder und ein weniger gutes Bild kann viel-
Schnitt leicht durch einen entsprechenden Ausschnitt
„Eine gute Komposition ist harmonisch, ein noch deutlich verbessert werden. Auch zu die-
optischer Akkord oder auch die klarste Weise, sem Thema gibt es gestalterische Regeln, wie
die Dinge zu sehen“. (Edward Weston) beispielsweise der „Goldene Schnitt“. Aber auch
Wesentlich ist, wie man etwas sieht, nicht das bewusste Brechen einer solchen Regel kann
nur, was man sieht. ein Foto in seiner Wirkung deutlich verändern.
Um an einem Beispielfoto zu üben, können Sie
Bestandteile eines Bilds sich auch aus schwarzer Pappe zwei L-förmige
• Flächen und Linien, Strukturen, Helligkeiten rechte Winkel ausschneiden und über dem Bild
und Farben, Bildelemente, die in einer be- so lange verschieben, bis Sie den optimalen Aus-
stimmten Art und Weise angeordnet sind. schnitt gefunden haben.
122
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
Der Bildaufbau entspricht ebenfalls in etwa dem Goldenen Schnitt. Das Pärchen am Strand steht hier auf dem Schnittpunkt
der gedachten Linien.
123
Nachfolgend sehen Sie Variationen der verschiedenen
Ausschnitte desselben Bilds.
124
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
125
selbst trifft, entsteht eine Form, eine Kontur oder
ein Umriss. Dies kann auch den Eindruck einer
dreidimensionalen Gestalt vermitteln, wie sie aus
einem bestimmten Winkel gesehen wird.
Simultankontrast: Obwohl die Rechtecke in den Farbflächen oben und unten jeweils die Eigenschaften von Farben
gleiche Größe, den gleichen Farbton und dieselbe Helligkeit haben, erscheinen sie unter
schiedlich.
Farbton, Intensität, Helligkeitswert und Farbtem-
peratur sind bestimmbare Merkmale einer Farbe.
Wenn Farben in einem begrenzten Raum (einem
Bild) aufeinandertreffen, spielt neben diesen be-
stimmbaren Merkmalen eine große Anzahl von
physikalischen, physiologischen und psychologi-
schen Eigenschaften, die sich wechselseitig be-
einflussen, eine große Rolle.
Aus drei Grundfarben ergeben sich alle anderen
Farbtöne durch Überlagerung oder Vermischung.
Wie Farben aufeinander einwirken, harmonieren
oder nicht harmonieren, hängt von ihren Wer-
ten, von der Form und der Größe der Farbflächen
ab. Im Farbsystem einander gegenüberliegende
Farben sind gegensätzlich, komplementär - die
Komplementärfarben.
Wärme und Kälte von Farben wirken je nach
Sukzessivkontrast: Die in den Farbflächen liegenden Kreise sind in Größe, Farbe und Umfeld, Fläche und Intensität unterschiedlich.
Helligkeit identisch. Dennoch wirken sie unterschiedlich. Simultan- und sukzessive Kontraste verändern
126
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
Bildwirksame Kontraste
• Komplementärkontrast, Simultankontrast
• Warm-Kalt-Kontrast
• Hell-Dunkel-Kontrast
• Intensitätskontrast
• Mengenkontrast - Quantitätskontrast
• Qualitätskontrast
Bewusstes Gestalten
Bewusstes Gestalten basiert auf dem
Festlegen der Bildschwerpunkte, der
Bildaussage und der Symbolik. Die
Wahl des Bildausschnitts, der Perspek-
tive und der besonderen Effekte sowie
die Kontrolle der Beleuchtung, der
Belichtung und der Kontraste gehören
ebenfalls zum bewussten Gestalten.
127
Wie der Betrachter ein Bild liest Flächenverhältnisse
Der flüchtige Betrachter eines Bilds „liest“ ein Bild Das Verhältnis zwischen der Bildfläche und dem
im Schnelldurchgang. Er setzt links oben an und Bildobjekt erhält seine besondere Gewichtung
verlässt, wenn nichts Weiteres seine Aufmerk- durch deren Größen. Ist das Bildobjekt groß und
samkeit erregt, das Bild rechts unten wieder. Der dominant, so ist es wichtig. Ist es relativ zur Ge-
ideale Einstiegspunkt in ein Bild liegt also links samtfläche klein, ist es eher unwichtig.
oben. Um einen verfrühten Ausstieg aus dem
Bild zu verhindern, sollte der Schwerpunkt also Ortssymbolik
vor oder am Ende der Diagonale, rechts unten, Vom Zentrum des Bilds aus gesehen können Be-
liegen. wegungs- oder Gewichtungsrichtungen auch
symbolisch zuzgeordnet werden:
• Nach oben: Himmel, Licht, Leichtigkeit
Obwohl die Berge im Hintergrund viel größer als der Bergesteiger sind, erscheinen sie durch die Distanz bedeutungslos. Der Bergsteiger dominiert das Bild.
128
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
129
Insbesondere bei Gebäude
aufnahmen macht ein gut
gewählter Ausschnitt per
Teleobjektiv das Bild oft inter
essanter als eine Totale.
130
kapitel 6
Bild und Motivgestaltung
• Linien • Orange
Linien sind schmale Formen, die in wirkliche Wärme, Freude
Linien (sichtbar) und imaginäre Linien (denk-
bar), wie z. B. eine Reihe von Bildpunkten • Rot
oder angrenzende Flächen, unterschieden aufregend, stark, Blut
werden müssen.
• Purpur
• Punkte würdig, prächtig, Stolz
Im Bild fixieren sie den Blick, mehrere Punkte
ergeben imaginäre Linien oder Formen. • Rosa
süßlich, zart, kindlich
Linien und ihre symbolische Wirkung
• Gerade, waagrechte Linien • Blau
Gleichgewicht, Stabilität, Ruhe, Dauerhaftig Ferne, Autorität, Luft, Wasser
keit, Zuverlässigkeit usw. - Ausdehnung in
der Breite • Grün
beruhigend, angenehm
• Gerade, senkrechte Linien
Trennlinien, Stabilität, Balance
• Diagonale Linien
Bewegung, Tätigkeit, lebendig
131
7
Gut Fotografieren
kapitel 7
Gut Fotografieren
7
kapitel 7
Gut Fotografieren
Gut fotografieren
7 Gut fotografieren
Das Beherrschen der Kamerafunktionen allein macht noch keinen guten Fotografen aus. Viel wesen
tlicher ist die Beherrschung des Lichts und das Erkennen der optisch schöneren oder interessanteren
Seiten eines Motivs, gleich, ob es sich um ein Objekt oder um eine Person handelt. Die richtige Anwen
dung verschiedener Techniken kann eine Bildaussage zudem deutlich verbessern. Der Kreativität des
Fotografen sind hier nur wenige Grenzen gesetzt.
136
kapitel 7
Gut Fotografieren
137
kleinerungen oder Vergrößerungen im Bild
führen, insbesondere bei Weitwinkel- oder Nor-
malobjektiv. Die Augen sollten prinzipiell scharf
abgebildet werden. Wenn diese in die Kamera
Checkliste für
blicken, fühlt sich der Bildbetrachter angespro- AuSSenaufnahmen
chen.
Schwarzweiß oder Farbe? Eine Frage, die Sie von Wenn Sie außer Haus arbeiten, erstel-
Anfang an klären sollten. Zwar ist es möglich, len Sie eine Checkliste über Ihre erfor-
auch von Farbnegativen oder digitalen Auf- derliche technische Ausstattung und
das sonstige Zubehör, das Sie einsetzen
nahmen Schwarzweißfotos herzustellen, die
möchten. Haken Sie alles ab und gehen
Qualitäten eines Schwarzweißfilms und sein Sie die Situation noch einmal im Kopf
Kontrastverhalten sind jedoch grundsätzlich an- durch, bevor Sie das Studio verlassen.
Planen Sie genügend Zeit zur Durch-
führung Ihrer Aufnahmen ein. Hektik
zerstört jegliche Stimmung.
Aufnahmetechnik
Welche Kamera, welche Einstellungen werden
für die zu realisierenden Aufnahmen benötigt?
Brauchen Sie möglicherweise ein Stativ, mehrere
Leuchten, einen Assistenten? Besteht die Mög-
lichkeit, das Bildergebnis bereits vor Ort zu über-
prüfen und Aufnahmen gegebenenfalls auch zu
wiederholen? Ist es eventuell besser, eine ganze
Serie mit unterschiedlichen Einstellungen von je-
der Aufnahme zu machen? Wie können Sie auf
Nummer sicher gehen? Stellen Sie sich diese und
andere Fragen bereits vorab und Sie werden zu
besseren Ergebnissen gelangen.
Schwarzweißporträt/Akt
Das Make-up bei einem Schwarzweißporträt
darf ruhig etwas kräftiger sein. Arbeiten Sie mit
einem höheren Beleuchtungskontrast. Schwarz-
Das Bild zeigt ein klassisches Studioporträt. weiß lebt von Licht und Schatten. Wichtig für
138
kapitel 7
Gut Fotografieren
die Vergrößerung ist die Wahl der Filmart. Wäh- Bildbeeinflussung durch Licht
len Sie zwischen feinem oder grobkörnigem Film. Licht ist das wichtigste Element beim Fotogra-
Eine höhere Filmempfindlichkeit oder eine höhe- fieren, deshalb soll hier als Schwerpunkt das
re ISO-Einstellung bei der Digitalkamera haben Studium der Auswirkungen des Lichts gesetzt
auch Einfluss auf das Kontrastverhalten. Mit zu- werden. Nachfolgend lernen Sie die Auswirkun-
nehmender Empfindlichkeit wird auch der Grund- gen des Lichts am Beispiel der Porträtfotografie
schleier eines Films angehoben und der Bildkon- kennen.
trast wird abgeflacht. Bei digitalen Aufnahmen
entsteht durch das Anheben des Grundrauschens
eine ähnliche Wirkung. Schwarzweiß bedeutet
eine Abstraktion des normalen Sehens, grafische Direktes Licht, Sonne,
Blitzlicht, Lampe = hart,
Symbole und Dynamik gewinnen an Bedeutung. kontrastreich, plastisch
Grau in Grau wirkt selten spannend.
Farbporträt/Akt
Das Make-up, die Retusche vor der Aufnahme,
muss auch farblich abgestimmt sein. Augenfarbe,
Kleidung, Accessoires und Hintergrund sollten
harmonieren. Eine ausgeglichene Beleuchtung ist
erforderlich, Farben verändern sich in den Lich-
tern und in den Schatten. Je nach Ausgabeziel,
z. B. für den Druck, muss der reproduzierbare
Kontrastumfang beachtet werden.
Belichtungsmessung
Die Lichtmessung ist für Porträts gut geeignet.
Bei schwierigen Lichtverhältnissen erfolgt besser
eine Objektmessung bzw. eine Mehrpunktmes-
sung zur Kontrastermittlung.
139
Lichtarten
140
kapitel 7
Gut Fotografieren
Lichtrichtungen Porträtlicht
141
Reflektor bei Negativfilme oder Diafilme
AuSSenaufnahmen zu Testzwecken?
Auch bei Aufnahmen im Freien kann Negativfilme sind für solche Tests
eine Aufhellung mit einem Reflektor ungeeignet, da die Belichtung bei der
oder Blitzlicht wahre Wunder wirken. Ausarbeitung im Labor korrigiert wird.
Verwenden Sie also bei analogen Ka-
Heller Hintergrund meras zu Testzwecken immer Diafilme.
Richtige Belichtung
Für die richtige Belichtung ist eine bestimmte
Lichtmenge erforderlich. Diese wird durch Be-
lichtungszeit und Blende geregelt, basierend auf
der jeweiligen Empfindlichkeit des Bildträgers
(Film oder Sensor). Das Ermitteln der richtigen
Belichtungszeit ist eine der Voraussetzungen für
ein gutes Bildergebnis. Ein Handbelichtungsmes-
ser mit Diffusorkalotte, der vom Objekt in Rich-
tung der Kamera gehalten wird, ist das optimale
Werkzeug in der Porträtfotografie.
Aber auch mit einem in der Kamera eingebau-
ten Belichtungsmesser können, abhängig von der
entsprechenden Lichtumgebung und der Mess-
methode gute Ergebnisse erzielt werden. Hier ist
von Bedeutung, dass bei einer flächigen Messung
(Matrixmessung) der Hintergrund mehr oder we-
niger einbezogen wird.
Exakte Belichtung
142
kapitel 7
Gut Fotografieren
+ 1 Blendenstufe
+ 2 Blendenstufen
- 1 Blendenstufe
- 2 Blendenstufen
Kontrastumfang dem von Film oder Sensor zu Falls sich bei der Überprüfung herausstellen
erkennenden Bereich und insgesamt einem mitt- sollte, dass Ihr Belichtungsmesser grundsätzlich
leren Grauwert. Um genaue Ergebnisse zu erhal- vom optimalen Ergebnis abweicht, sollte eine
ten, sollten Sie jedoch mit Unterschieden von 1/3 Korrektur vorgenommen werden. An vielen Ka-
oder mindestens 1/2 Blendenstufen arbeiten. Zur meras befindet sich die Möglichkeit, eine solche
Anwendung bei der analogen Fotografie sollten Korrektur fest einzustellen. Alternativ können
Sie dazu einen Diafilm verwenden. Sie eine Belichtungskorrektur auch über die DIN/
143
in der Mitte oder hinten zu sehr abreißt, stimmt
die Belichtung nicht. Die grafische Darstellung in
Histogramm beurteilen
einem Histogramm gibt Aufschluss über die ge-
Ein Histogramm kann immer nur in naue Verteilung der Tonwerte im Bild.
Verbindung mit der jeweiligen Aufnahme Auf der horizontalen Achse (x-Achse) werden die
beurteilt werden, da die Kurven sehr Tonwerte von 0 (ganz dunkel) bis 255 (ganz hell)
unterschiedlich ausfallen können.
von links nach rechts dargestellt. Befinden sich
auf dieser Achse stellenweise keine Erhebungen,
so sind diese Tonwerte im Bild nicht enthalten.
Die senkrechte Achse (y-Achse) stellt durch die
angezeigte Höhe die Anzahl der diesem Tonwert
zugeordneten Pixel im Bild dar.
Bietet Ihre Kamera eine solche Vorschau nicht,
können Sie dies eventuell später in Ihrem Bildbe-
arbeitungsprogramm, vor der eigentlichen Bild
anpassung, überprüfen.
Links: Das Histogramm zeigt eine ausgewogene Belichtung.
Rechts: Das Histogramm zeigt eine Fehlbelichtung Hier eine unterbelichtete Aufnahme auf Ausnahmen bestätigen die Regel
weißem Hintergrund, im mittleren Tonwertbereich ist nahezu nichts enthalten. Um besondere Ergebnisse zu erhalten, kann eine
gezielte Über- oder Unterbelichtung am Gesamt-
ASA/ISO- Einstellung regeln. bild oder partiell die Aussagekraft durchaus stei-
Bei digitalen Kameras oder bei eingescannten gern. Dies gilt für Schwarzweißaufnahmen ge-
Bildern sollte das Histogramm beachtet werden. nauso wie für farbige Bilder. Bei den sogenannten
Wenn die Kurve bei einem normalen Motiv vorne, High-Key- oder Low-Key-Aufnahmen sind trotz
144
kapitel 7
Gut Fotografieren
Beispiel einer Low-key Aufnahme. Viel Licht von links, deutlich weniger von rechts. Experimentieren Sie mit Studiolampen.
High-key
Eine High-key-Aufnahme benötigt eine
weiche, schattenfreie Ausleuchtung, nur
helle Töne (Pastell) bis zu Weiß kommen
zum Einsatz. Minimale Kontraste durch
punktuelle Stellen sind möglich. Das
Modell muss im Licht schwimmen. Der
Hintergrund sollte ca. 2 Blenden heller
sein als das Modell. - Emotionen: duftig,
leicht, verspielt, lyrisch.
Low-Key
Dunkle Halb- und Dreivierteltöne bis
schwarz bestimmen eine Low-key-
Aufnahme. Der erforderliche Kontrast
wird durch ein sparsam eingesetztes
Punktlicht und/oder durch Lichtsäume
erzeugt. Wichtig ist hierbei, dass auch
in den dunklen Bereichen noch eine
Differenzierung erzeugt wird. Bis auf
wenige Bildstellen ist das Bild dunkel in
dunkel. - Emotionen: dramatisch, traurig,
Kraft, Intimität.
145
des überwiegend hellen oder dunklen Charakters [3] Aufhellung (2. Lampe oder Reflektor)
immer noch ein oder mehrere Bereiche mit deutli-
cher Zeichnung vorhanden. Eine reine Über- oder [4] Akzentlichter (z.B. Kopflicht), falls erforderlich
Unterbelichtung ist hier nicht ausreichend!
Beleuchtungssituationen für ein
Klassische Beleuchtung klassisches Porträt
• Bei einer Porträtaufnahme sollten Sie zu- Um den Standort des Modells wird ein imaginä-
nächst Hintergrundlicht wählen und dabei rer Halbkreis gezogen oder sogar auf dem Boden
kein Licht auf das Modell richten. markiert. Auf dieser Linie werden die Lampen
bewegt. Eine Liste mit einmal ermittelten Wer-
• Das Hauptlicht sollte meist schräg von vorne ten gibt bei Einhaltung dieser Lampendistanz die
und oben kommen. Sicherheit, dass die Belichtung stimmt. Lichtleis
tung und Reflektoren sind zu berücksichtigen.
• Zur Aufhellung nehmen Sie eine schwächere Der Beleuchtungskontrast sollte max. 1:4 betra-
Leuchte oder Reflexwand. gen = 2 Blenden (Dia, Digital), um Farbverände-
rungen zu vermeiden 1:3 = 1,5 Blenden.
• Effektlichter, z. B. Kopflicht, können gut ein- Das Führungslicht, auch Hauptlicht, bestimmt
gesetzt werden. den Charakter der Aufnahme. Alle anderen Lam-
pen dienen nur zur Aufhellung oder als Effekt-
Grundsätzlich gilt: Jedes Licht ist so anzuordnen, lichter. Bedenken Sie dabei immer, dass zu viele
dass es für sich allein optimal ist. Lampen jede Ausleuchtung verderben.
[2] Hintergrundlicht (Spot, evtl. mit Maske) - [2] Lichtmessung in Richtung Aufheller
löscht zugleich den Schatten vom Modell
[3] Lichtmessung am Hintergrund
146
kapitel 7
Gut Fotografieren
147
Bedenken Sie: Eine Blende Unterschied ist bereits le Farbsättigung bis zu Pastelltönen, siehe
nur noch die Hälfte oder umgekehrt bereits das bedeckter Himmel, Licht von Norden
Doppelte an Lichtmenge.
• große Distanz, dadurch kleinere Abstrahl
Lichtbeschreibungen fläche: Das Licht wird härter, intensivere
Das eigentliche Werkzeug für den Fotografen ist Farbsättigung, siehe Wolkenhimmel, jedoch
das Licht und, um dieses wirklich zu beherrschen, ohne direkte Sonneneinstrahlung.
ist es erforderlich, Lichtart und Qualität zu er- Anwendung
kennen und gegebenenfalls auch anzupassen. Beautyaufnahmen, High-Key-Aufnahmen,
Während bei Aufnahmen mit natürlichem Licht farbige Porträts, schattenfreie Aufnahmen
nur die Möglichkeit besteht, den richtigen Mo- Verwendete Leuchten
ment abzuwarten oder mit Aufhellern zu arbei- Softboxen, Weichstrahler, Reflexschirme,
ten, ist mit einer künstlichen Beleuchtung eine Lichtwannen, Diffusionsfolien, Aufhellwände
gezielte Gestaltung möglich. Durch spezielle
Lichtformer zur Anpassung der Abstrahlfläche, Aufheller
besondere Reflektoren und die Anordnung von • Kartons, Styropor
einer oder mehreren Lichtquellen kann nahezu
jedes Beleuchtungsproblem gelöst und jede nur • Silberfolien - härtere Aufhellung
denkbare Stimmung erzeugt werden.
• Goldfolien - weicher, goldener Hautton
Direktes Licht unmittelbar neben dem
Objektiv Aufnahmefilter, Masken
Direktes Licht wird oft bei Modeaufnahmen ver- • Softer: z. B. Softare 1/2/3
wendet, z. B. bei dunklen Pelzen. Es wird immer
dann benötigt, wenn die Farben klar wiedergege- • Vaseline auf einem vorgesetzten UV-Filter
ben werden müssen.
• optimale Farbsättigung • Netze oder Strümpfe
148
kapitel 7
Gut Fotografieren
Beispielporträt für eine gut abgestimmte Beleuchtung. Um dieses Lächlen so gekonnt in Szene zu setzen, waren mehrere
Lichtquellen erforderlich.
149
Akt ist nicht gleich Nackt?
Die sogenannte hohe Schule der Aktfotogra-
fie ist fast so alt wie die Fotografie selbst. Die
ersten Aktaufnahmen wurden als „akademische
Akte“ zunächst tatsächlich von Künstlern als
Malvorlagen verwendet. Parallel dazu entstand
jedoch auch sehr schnell ein privates Interesse
am menschlichen, nackten Körper und so ent-
wickelte sich aus der ständig steigenden Nach-
frage auch ein Geschäft mit zunehmend porno-
grafischen Tendenzen.
Der klassische, akademische Akt starb jedoch
nicht aus, sondern entwickelte sich weiter zu
einer eigenständigen Kunstrichtung. Zunächst
vorwiegend von Künstlern als Malvorlage ein-
gesetzt, erfolgte die Wandlung, basierend auf
der zunehmenden qualitativen Verbesserung des
Aufnahmematerials, zu einer eigenen Form der
Kunst. Das Foto konnte nun für sich allein stehen.
Bis zur Anerkennung der Fotografie als eigen-
ständige Kunstform dauerte es allerdings noch
viele Jahrzehnte. Erst seit Beginn der 70er Jahre
des letzten Jahrhunderts werden Fotografien in
eigenen Galerien gehandelt.
Durch die zunehmende Verbreitung der Fotogra-
fie und deren Einsatz in den unterschiedlichsten
Bereichen wurde diese zunächst als mechanische
Wiedergabemöglichkeit künstlerisch negiert,
aber sehr wohl als Mittel zum Zweck (in der bil-
denden Kunst) genutzt. Auch heute noch wer-
den lebende Fotografen nur in Ausnahmefällen
als Künstler geschätzt. Von bildenden Künstlern
Der Rückenakt (hier als Low-Key-Aufnahme) gehört ebenfalls zu den Klassikern, die For
dagegen wird das Medium Fotografie seit seiner
men des weiblichen Körpers werden in dieser Pose betont und das nur partiell eingesetzte Erfindung bis heute viel genutzt.
Licht erzeugt Spannung und Atmosphäre. Obwohl die Aktfotografie als solche nur einen
kleinen Bereich in der Fotografie einnimmt, wur-
de diese Richtung immer als die hohe Schule der
Fotografie bezeichnet. Wohl auch deshalb, da die
Darstellung des nackten Körpers, wenn sie hohen
ästhetischen Werten entsprechen soll, nur durch
das Können des Fotografen zu erreichen ist. Da
der Körper ohne Bekleidung auf sich selbst redu-
ziert ist, spielt hier der Einsatz des Lichtes, als im
wahrsten Sinne des Wortes fotografisches Werk-
zeug, die entscheidende Rolle. In Abhängigkeit
vom Zeitgeschmack, der Wahl der dekorativen
Umgebung und der Posen des Modells entsteht
hier Kunst, geschmackloser Kitsch oder Porno-
grafie.
150
kapitel 7
Gut Fotografieren
151
Die Spannung dieser Aufnahme entsteht durch die Haltung und die weibli Die stolze und ablehnende Haltung des Modells im Gegensatz zu dem win
chen Rundungen des Modells im Kontrast zu den geraden und geometrischen kenden, nur noch ansatzweise sichtbaren Finger am linken Bildrand erzeugt
Formen des Stuhls. die besondere Wirkung dieses Bilds.
152
kapitel 7
Gut Fotografieren
Ein Beispiel für die Verwendung von Aktaufnahmen in der Werbung stellt diese Bildkomposition in Form einer Fotomontage
dar. Aus dem farbigen Bild der Trockenblumen und den beiden Graustufenbildern des sich pflegenden Modells steht dieses
anonym und stellvertretend für den weiblichen Körper und vermittelt die pflegende Wirkung eines in diesem Bild ebenfalls
anonymen Mittels, symbolisiert durch die Trockenblumen. Eine Identifikation und somit werbende Wirkung entsteht erst
durch die Einbindung eines namentlich erkennbaren Pflegeprodukts zu dieser Aufnahme.
Die sich durch das elektronische Zeitalter, vor schriften, Bilder ausschließlich nach aktuellen
allem durch das Internet, ergebenden, kosten- oder kommerziellen Kriterien, ohne Rücksicht auf
günstigen Möglichkeiten zur Verbreitung von Qualität und Gestaltung publiziert werden.
Bildmaterial führen zu einer Bilderflut, in der Sie als Fotograf haben es in der Hand, Akt, Kunst
sich Qualität nur schwer behaupten kann. Zudem oder Kitsch, Erotik oder Pornografie, Qualität
scheint es immer weniger Menschen zu geben, und Werte oder aber Massenmüll zu produzieren
die diese Qualität aus der Quantität der Bilderflut und zu publizieren. Seien Sie kritisch, aber ver-
erkennen und schätzen. Auch das Lesen von Bil- stecken Sie sich nicht und erlauben Sie sich, Ihre
dern will gelernt sein, und wer nimmt sich noch gelungenen Arbeiten vorzustellen. Ich und viele
die Zeit dazu, wenn selbst in renommierten Zeit- andere, wir freuen uns darauf.
153
Durch den Einsatz der digitalen Bildbearbeitung sind Bildmontagen, wie in Die für diese Montage verwendete Aufnahme von Eisblumen wurde in
diesen beiden Beispielen dargestellt, auch ohne besondere Fachkenntnisse dem Moment, als die Sonne aufging und das Eis zu schmelzen begann,
möglich. Um die Konturen des Modells stärker wirken zu lassen, habe ich fotografiert. Innerhalb weniger Minuten war die ganze Blütenpracht
zudem den Kontrast bei dieser Aufnahme verstärkt. verschwunden, sodass ich in dieser Zeit lediglich zwei Aufnahmen machen
konnte. Die Schwarzweißaufnahme des Modells in Kombination mit den
zarten Farben verleiht diesem Bild seinen besonderen Reiz.
Beide Fotos des Modells wurden als Hintergrund der Deckkraft in Verbindung mit einem Ebenen-
ebene angelegt. Die Abbildungen des Bodens effekt, wie z. B. Multiplizieren, wurde das jewei-
bzw. der Eisblumen wurden dann auf einer wei- lige Ergebnis erzielt.
teren Ebene darüber eingesetzt. Durch Anpassen
154
kapitel 7
Gut Fotografieren
Starke Kontraste wie in diesem Bild sind bei farbigen Fotos nur schwer in den Griff zu bekommen. Der Fotograf muss u. U.
mit einigem Ausschuss rechnen, wenn die Natürlichkeit des Modells und dessen Bewegungsfreiheit erhalten werden soll.
Nur mit akribischer Vorbereitung gelingen solch stimmungsvolle Aktaufnahmen.
155
Um im Studiobereich einen dunklen Hintergrund absolut schwarz erscheinen Accessoires erleichtern es dem Fotografen und seinem Modell, auch im
zu lassen, ist eine entsprechende Distanz zwischen Modell und Hintergrund Studio Bilder zu schaffen, die sich nicht nur auf die nackte Darstellung des
sowie (besonders in beengten Räumen) eine Anpassung der Beleuchtung Körpers beschränken. Die Beschäftigung des Modells mit diversen Gegen
vorzunehmen, damit kein Licht auf den Hintergrund fällt. Der Profi spricht hier ständen erleichtert diesem ein natürlicheres Verhalten vor der Kamera.
vom „abnegern“. Solche „Neger“ können Klappen an den Leuchten, Spot
vorsätze oder selbst gebastelte Abschirmungen oder Zwischenwände sein.
„Neger“ werden auch eingesetzt, um direkten Lichteinfall auf die Frontlinse der
Kamera und somit eine Verschlechterung der Bildqualität zu verhindern.
156
kapitel 7
Gut Fotografieren
157
Die Zusammenarbeit zwischen Fotograf und Modell ist von entscheidender Bedeutung für gute und ausdrucksstarke Fotos.
158
kapitel 7
Gut Fotografieren
Bei dieser Aufnahme wurde die Belichtungszeit so eingestellt, dass das Licht vor dem Haus etwas heller ausfiel, um die störenden Elemente von gegenüber zu
überdecken. Von innen wurde dann mit dem Hauptlicht (von rechts) und einem Aufheller (linke Seite) die Belichtung angepasst.
entstanden dabei zumeist erst nach mehreren Das Posing vor der Kamera ist für jedes engagier
Sitzungen. Die vorhergehenden Aufnahmen wa- te Modell sehr anstrengend und man sollte ge
ren jedoch die Grundlage für das letztendliche, nügend Pausen einplanen, wenn man sich seine
überdurchschnittliche Ergebnis. Aus zunächst Mitarbeit auf Dauer erhalten will.
schüchternen und scheinbar wenig attraktiven
Personen wurden im Lauf der Zusammenarbeit Außenaufnahmen
selbstbewusste und überzeugende Modelle. Außenaufnahmen erfordern eine besonders
Eine jeder Fotosession vorhergehende ausführli- sorgfältige Planung, da sich nicht vorhersehbare
che Planung und das Bereitstellen der erforderli- Umstände wie eine Wetteränderung oder die
chen Requisiten und Arbeitsgeräte versteht sich Anwesenheit anderer Personen oftmals nicht
dabei von selbst. Die Schaffung einer persönli- ausschließen lassen. Auch die technische Aus-
chen, dem Modell adäquaten Situation, wenn rüstung sollte allen Eventualitäten unbedingt
möglich mit einer Rückzugsmöglichkeit für die- entsprechen, damit auch noch eine kurzfristige
ses, gehören mit zum Konzept. Umdisponierung möglich ist.
Unbeteiligte Zuschauer sind absolut fehl am Diese Location (Bild nächste Seite oben) war von
Platz und Mitarbeiter wie Assistenten, Visagisten meinem Modell ausgewählt worden und sprach
u. a. sollten sich während des Fotoshootings so mich zunächst von der Farbgebung auch sehr an.
dezent wie nur möglich im Hintergrund halten. Während der Aufnahmen sollte es jedoch dann
159
Outdoor Location
ganz anders kommen. Der an sich durchaus at- Modell damit keine Schwierigkeiten hatte, trat
traktive Platz wurde ständig von Spaziergängern nach kurzer Zeit eine besonders an alten Narben,
frequentiert, was ein entspanntes Arbeiten nahe- an den Knien und Ellenbogen auftretende auffäl-
zu unmöglich machte. Zudem war es an diesem lige Hautrötung ein. Deshalb entschloss ich mich
Frühlingstag noch empfindlich kalt. Obwohl das schließlich, auf Schwarzweiß zu wechseln.
Versuchsaufnahme in Farbe Aufnahme mit starken Sonnenflecken, ohne Auf Aufnahme wie links, jedoch mit Aufhellung durch
hellung Blitzlicht
160
kapitel 7
Gut Fotografieren
Ein weiteres Problem war die doch sehr intensive Das Hauptziel soll in der Regel eine natürliche
Sonne an diesem Tag. Zwar wirkten die Sonnen- Lichtwirkung sein, so ist die Positionierung der
flecken im Bild durchaus interessant, schränkten Leuchten sowie deren Lichtqualität und quantität
aber die Aufnahme- und Bewegungsfreiheit stark von entscheidender Bedeutung für das Ergebnis.
ein. Eine Aufhellung mittels eines Aufsteckblitzes Die Lichtqualität ist abhängig von der Lichtfarbe
reduzierte zwar deren Intensität, aber zugleich und der Lichtquelle gleich Abstrahlfläche der ein-
verloren die Bilder dadurch auch an Spannung. gesetzten Leuchten oder Blitzgeräte. Die Distanz
Alle diese Gründe zusammen führten dann zu ei- zum Aufnahmeobjekt spielt zudem noch eine
nem Abbruch der weiteren Aufnahmen. wichtige Rolle.
161
Anpassung der Lichtqualität
Eine Veränderung der Lichtqualität erfolgt im
Studio in erster Linie durch verschiedene Arten
von Lampenvorsätzen als Lichtformer. Da die
Lichtquelle eines Studioblitzes immer punkt-
förmig ist, kann beispielsweise durch Vorschal-
ten eines Diffusors ein weicheres Licht erzeugt
werden. Alternativ erfolgt auch durch die Um-
lenkung des Lichts über einen Reflexschirm oder
eine andere Reflexionsfläche eine Vergrößerung
der Abstrahlfläche. Je nach Beschichtung des
Skizze einer kreisförmigen Leuchtenanordnung (Licht
Schirms oder der jeweiligen Oberfläche kann das
kreis) Licht noch zusätzlich moduliert werden.
Der Bildaufbau
Da durch die festgelegte Distanz der Leuchten
zum Objekt nur ein begrenzter Raum als Bewe-
gungsfreiheit für die zu fotografierende Person
möglich ist, empfiehlt es sich, diesen in Abspra-
che mit dem Modell genau festzulegen. Möchte
man ohne neue Belichtungsmessung das Licht
verändern, besteht auch die Möglichkeit, die ein-
gesetzten Leuchten halbkreisförmig um das zu
fotografierende Objekt zu bewegen.
Möchte man einen Schattenwurf des Modells auf
dem Hintergrund vermeiden, ist u. U. eine zusätz-
Skizze einer gleichmäßigen Hintergrundbeleuchtung liche Hintergrundbeleuchtung einzusetzen. Diese
dient auch dazu, den Hintergrund aufzuhellen, da
er durch die unterschiedliche Distanz
Leuchten - Modell und Leuchten - Hintergrund
von der Hauptbeleuchtung ausgehend weniger
Licht erhält und dadurch dunkler ausfällt. Für
eine gleichmäßige Hintergrundausleuchtung sind
mindestens zwei Leuchten erforderlich, dabei ist
darauf zu achten, dass das davorstehende Modell
von den Hintergrundleuchten nicht angestrahlt
wird.
Bei Aufnahmen mit gleichmäßiger Hintergrund
ausleuchtung ist diese zuerst aufzubauen. Soll
für den Hintergrund lediglich ein Spot eingesetzt
werden, so ist die Position des Lichtkegels im Bild
abhängig von der Position des Modells und der
Kamera und wird deshalb als letzte Leuchte in
den Bildaufbau eingebracht.
Ein rein weißer Hintergrund erfordert, außer ei-
nem weißen Hintergrundkarton oder einer wei-
ßen Wand, eine gleichmäßige Ausleuchtung und
Der Hintergrundspot in diesem Beispiel wurde zum einen Belichtungswert von ca. 1,5-2 Blenden über
Schluss der Aufnahmeanordnung eingerichtet. dem Belichtungswert des Modells oder des zu fo-
162
kapitel 7
Gut Fotografieren
tografierenden Objekts. Dies ist erforderlich, da Ebenfalls zu den Klassikern gehören das High-
eine Belichtungsmessung auf dem Hintergrund key- und das Low-key-Bild. Bei der High-key-Be-
immer der Messung eines mittleren Grauwerts leuchtung muss das Modell im Licht schwimmen.
entspricht (Eichung des Belichtungsmessers). Hierzu ist eine gleichmäßige, weiche Rundumbe-
Ist der Hintergrund dagegen zu hell beleuchtet, leuchtung mit hellem Hintergrund erforderlich.
kann es zu unangenehmen Überstrahlungen und Um pastellfarbige Töne zu erhalten, wird zudem
zu einer Qualitätsverschlechterung in der Abbil- der Film oder Chip ca. zwei Blenden oder mehr
dung kommen. überbelichtet. Um dennoch die Kontur der Augen
und des Munds zu erhalten, müssen diese we-
Die Auswahl des Hintergrunds steht somit an sentlich stärker und dunkler geschminkt werden.
erster Stelle in der Studiofotografie. Kleine kontrastierende Stellen am Körper des
Modells ergänzen das Bild und erzeugen Span-
Als zweites wird die Modellposition bzw. dessen nung.
Bewegungsfreiheit festgelegt. Soll der erwünsch-
te Lichtcharakter bei den Aufnahmen erhalten
bleiben, ist die Bewegungsfreiheit des Modells
durch die Entfernung von der Beleuchtung be-
grenzt. Eine Annäherung an eine der Leuchten
kann zur Überbelichtung führen, eine zu große
Entfernung davon zur Unterbelichtung.
163
Bei der Low-key-Beleuchtung wird mit mini-
malem Licht, z. B. Spots, am Körper und/oder
Hintergrund gearbeitet. Spannung erzeugt hier
weniger das Sichtbare im Bild als vielmehr das
zu Erahnende, im allgemeinen Dunkel Verschwin-
dende. Die Belichtung wird auf die Lichtsäume
und Spots im Bild abgestimmt. Eine Unterbelich-
tung führt hier nicht zum Ziel.
164
kapitel 7
Gut Fotografieren
165
Das Histogramm zeigt die
Helligkeitsverteilung des obe
ren Bilds in Form eines Bal
kendiagramms von Schwarz
(links) bis Weiß (rechts) an.
Die Höhe der Balken (Spitzen)
gibt an, wie oft dieser Hellig
keitswert im Bild vorkommt.
166
kapitel 7
Gut Fotografieren
167
darin fühlt und welche großartige Wirkung sie fotografieren und der sich mit seinen Produkten
auf andere hat. Das Bild soll eine Lebensart, ein von denen der Konkurrenz unterscheiden muss,
Lebensgefühl vermitteln, das der Käufer erfährt, ist auch die Imagebildung oder Imagepflege.
wenn er diese Produkte kauft. Dies bedeutet, dass gewisse Eigenheiten, Stilmit-
Ein wirklich gutes Foto zeigt jedoch viel mehr tel und Charakteristika in allen Bildern (je nach
als das, was darauf abgebildet ist, es vermittelt Kunde und Mode) beizubehalten sind.
uns Gefühle, Stimmungen und ist beeindruckend. Wer vor all diesem nicht zurückschreckt und wem
Oftmals erscheint das Produkt, das verkauft es als Fotograf gelingt, sich in der Szene durch-
werden soll, nur als nebensächlich oder sogar gar zusetzen, der kann sich über abwechslungsreiche
nicht im Bild. Es wird „nur“ eine Stimmung er- und ständig neue, interessante Aufgabenstellun-
zeugt, die aber letztendlich als Kaufanreiz dient. gen freuen.
Wichtig für den Verkäufer, in dessen Auftrag wir
168
kapitel 7
Gut Fotografieren
Beispiel einer Bild-Textmontage für die Anzeige einer Uhr speziell für Segler. Bei dieser Montage wurde die Uhr freigestellt
und nach dem Einfügen mit einem Schatteneffekt versehen, um sie plastischer vom Hintergrund abzuheben. Bei der einko
pierten Schrift wurde derselbe Effekt verwendet.
169
Bei dieser Flasche sieht man deutlich die Pressnaht und die
Abnutzungen am Glas in Form von Ringen, die durch den
wiederholten Einsatz und die Reinigung verursacht wurden.
Für eine werbliche Darstellung müssten diese Stellen natür
lich retuschiert werden.
Werbeaufnahmen für Bier gehören mit zu den anspruchsvollsten Aufgaben für einen
Studiofotografen. Bei den Aufnahmen handelt es sich um die unretuschierten Ergebnisse.
Für die Verwendung müssen Flaschen und Glas noch auf Hochglanz poliert werden. Der
Hintergrund wird durch einen anderen ausgetauscht. Diese Aufgabe wird im Allgemeinen
bei der späteren Bearbeitung durch den Grafiker vorgenommen.
170
kapitel 7
Gut Fotografieren
Als Rauchen noch kein Thema war. Für das fingierte Werbeplakat wurden die Schachtel und der Text in Adobe Photoshop in
das Hintergrundbild eingesetzt. Die Aufnahme der Straßenszene entstand dagegen völlig ungestellt in Amsterdam. Für die
Aufnahme der Zigarettenpackung musste eine großformatige, verstellbare Studiokamera verwendet werden.
171
Stilrichtungen und Geschmack in der Mode sind einem ständigen Wandel unterworfen. Modelle, Make-up, Kleidung,
Accessoires und Dekoration müssen sich, genauso wie Aufnahmeart und Beleuchtung, der jeweiligen Richtung anpassen.
Ohne die Beleuchtung von oben würde der Hintergrund absaufen und das Bild insgesamt langweiliger erscheinen.
172
kapitel 7
Gut Fotografieren
173
Make-up vor der Aufnahme
174
Die Schattierung wird mit dunklerem Puder Augenbrauen und Lidschatten betonen die Augenpartie.
gemacht.
Das Rouge wird entsprechend der Gesichtsform aufgetragen. Der Lippenstift wird mit einem Pinsel
aufgetragen.
[4] Schattieren mit dunklerem Puder eine oder auch mehrere Farben gewählt werden.
Mit der Schattierung wird die natürliche Ge- Die Augenlider werden mit derselben Farbe von
sichtsform wiederhergestellt und gegebenenfalls außen nach innen abgedunkelt. Bei kleinen Augen
etwas korrigiert. Tragen Sie dunkleren Puder un- empfiehlt es sich, eine hellere Farbe zu wählen.
ter den Wangenknochen, an den Schläfen und an Den Lidstrich mit Kajal oder Eyeliner nachzie-
der Stirn auf. Anschließend stellen Sie mit dem hen, typgemäß heller oder dunkler. Weiß erzeugt
Pinsel weiche Übergänge her. größere, schwarz kleinere Augen. Die Wimpern
sollten mindestens zweimal getuscht und ausge-
[5] Augen kämmt werden.
Die Augenbrauen werden mit einem Konturstift
(Kajal) von der Oberkante nach unten gestrichelt [6] Rouge
und anschließend etwas nach oben gebürstet. Die Rouge sollte entsprechend der Gesichtsform von
Farbe sollte mit der Haarfarbe korrespondieren. außen nach innen aufgetragen werden. Setzen Sie
Der Lidschatten wird von der Augenbraue bis zur an der Stelle an, an der der Wangenknochen nach
Lidfalte aufgetragen. Entsprechend der derzeiti- innen kippt. Anschließend sollten Sie das Rouge
gen Mode, dem Modell und der Kleidung können etwas verwischen oder mit Puder abmildern.
175
[7] Lippen
Ziehen Sie die Lippenkontur mit einem Stift oder
kleinem Pinsel in einer etwas dunkleren Farbe als
der gewählte Lippenstift nach. Den Lippenstift
wird dann ebenfalls mit dem Pinsel aufgetragen. Tabu - optische Aufheller
Mit Lipgloss lässt sich ein noch stärkerer Glanz Alle verwendeten Materialien dürfen
erzielen. keine optischen Aufheller enthalten, da
diese zu Farbverfälschungen füh-
[8] Frisur ren. Kontrollierbar ist dies mit einem
Die Frisur sollte entsprechend dem Typ, der Klei- sogenannten Schwarzlicht (UV-Licht),
wie es auch in Diskotheken oder zur
dung und der gewünschten Wirkung des Modells
Geldscheinprüfung verwendet wird.
gewählt werden. Leuchtet das Material auf, so enthält
Während des Fotografierens sollten Sie immer es optische Aufheller.
wieder nachpudern und das Make-up kontrol-
lieren. Besonders sollten glänzende Stellen auf
der Haut vermieden werden, da sie später sehr
schwierig zu retuschieren sind.
176
kapitel 7
Gut Fotografieren
177
Architektur- und Industrie
Von Anfang an zog die visuelle Komplexität von
fotografie Bauwerken aller Art mit deren Symmetrien und
Die Anfänge der Architektur- und Industriefoto- Strukturen viele Fotografen in ihren Bann und
grafie ermöglichten erstmals eine andere Wahr- führte allgemein zu einer neuen Wahrnehmung.
nehmung von Gebäuden, Straßen, L andschaften Das Medium der Fotografie erweist sich zudem
und Objekten. Sie schulte den Blick durch die bis heute in diesem Bereich als optimal geeignet,
Umsetzung der realen Dreidimensionalität zu ei- und zwar von der technischen Dokumentation
ner Fläche und führte sie zu einer neuen Ä sthetik, bis zur idealisierenden Darstellung.
die selbst banale Dinge in einem neuen Licht Auch die künstlerischen Komponenten der Dar-
erscheinen ließ. Vergleicht man die Zusammen- stellung, mit natürlichem oder künstlichem Licht
hänge zwischen der Architektur, der Technik und und dessen Schatten, der Wahl der Perspektive
der Fotografie, erkennt man, dass unsere heuti- und die bildnerische Umsetzung gehört zu den
ge moderne Welt maßgeblich davon beeinflusst großen Herausforderungen für den Fotografen.
wurde. Durch die fotografische Abbildung war es Aus ursprünglich rein dokumentarischen An-
erstmals möglich, sich eine Vorstellung von Räu- sichten kann so, durch die Handschrift des
men und Umgebungen zu machen, ohne diese Fotografen, ein völlig neues, ästhetisches Kunst-
selbst besucht zu haben. werk entstehen. Der meisterliche Umgang mit
Künstliche Landschaften, wie hier das Olympiagelände in München, bestimmen heute weitestgehend unsere Umgebung.
178
kapitel 7
Gut Fotografieren
Aufnahmen von Innenräumen mit künstlicher Beleuchtung sind zumeist äußerst aufwendig und stellen eine große Heraus
forderung für den Fotografen dar. Um die Atmosphäre und einen Eindruck der Größe des Hotels im Bild wiederzugeben,
musste zusätzlich zu der vorhandenen Beleuchtung mit vielen weiteren und versteckt angebrachten Leuchten gearbeitet
werden. Die Vorbereitungen für diese Art der Aufnahmen sind sehr zeitaufwendig und der Druck auf den Auslöser ist zu
meist der erlösende Abschluss einer aufwendigen Arbeit.
179
Die gewaltigen Dimensionen dieses Bankgebäudes in Luxemburg repräsentieren die Macht des Geldes. Hier bleibt kein Platz
für fotografische Poesie.
180
kapitel 7
Gut Fotografieren
der Begrenztheit des fotografischen Mediums stimmen das fotografische Bild. Darstellungen
kann Realitäten in Poesie verwandeln. wie diese locken Tausende von Touristen an und
Das Auge des Fotografen und dessen Standpunkt bestimmen die Vorstellungen, die sich der Be-
in Verbindung mit der eingesetzten Technik be- trachter von diesen Orten macht.
Diese Innenraumaufnahme entstand durch eine kombinierte Langzeit- und Blitzbelichtung. Das Tageslicht allein hätte die
Details der Holzkonstruktion nicht wiedergeben können.
181
Öffentliche Gebäude wie das Museo d‘Arte in Trento und der Flughafen Charles de Gaulle in Paris (rechts) sind für den architekturbegeisterten Fotografen
oftmals besonders spannende Objekte.
182
kapitel 7
Gut Fotografieren
183
Industrieanlagen
Industrieanlagen mit und ohne Personen stellen
große Anforderungen an Fotograf und Ausrüs
tung. Oftmals muss unter schwierigsten Bedin-
gungen auf beengtem Raum fotografiert werden.
Von der Großraumaufnahme bis zum kleinsten
Detailfoto sollte sich der Industriefotograf der
jeweiligen Aufgabenstellung anpassen können.
Widrige Umstände sind hier an der Tagesordnung,
zudem muss in vielen Fällen unter enormem
Zeit- und Leistungsdruck gearbeitet werden, um
Produktionsausfälle, Betriebsstörungen und auf-
wendige Wiederholungen zu vermeiden.
Das Interesse an der jeweiligen Technik und das
Verständnis der Produktionsabläufe sind die
Voraussetzungen für gelungene, außergewöhn
liche Aufnahmen. Die Vorstellungen des Auftrag-
gebers und die fototechnischen Möglichkeiten
des Fotografen sind oft nur sehr schwer in Über-
einstimmung zu bringen. Hier wird das absolute
Können zum Muss.
184
kapitel 7
Gut Fotografieren
185
Reportage und Reisefotografie
[1] Das Thema - Beschreibung und Eingrenzung
Gute Fotos erzählen eine Geschichte - eine Ge-
schichte kann aber auch durch Fotos erzählt [2] Die Recherche - Basisinformationen, Umfeld,
werden: die Reportage oder Bildokumentation. vergleichbares
Am Anfang jeder Reportage oder Dokumenta
tion steht die Idee, das Thema, das Interesse an [3] Die Planung - Termine, Ansprechpartner,
einer Geschichte, die erzählt werden will. Ideen sonstige Bedingungen
resultieren zumeist aus der eigenen Situation
und dem eigenen Umfeld. Gute Ideen sind fast [4] Technik und Umsetzung - erforderlicher
immer naheliegend und manchmal ist man von Geräteaufwand, Checkliste
einer guten Idee nur einen Gedankensprung ent-
fernt. Wenn man im wahrsten Sinne des Wortes [5] Bildauswahl und Präsentation - nach Ab
die Augen öffnet und sich umschaut, wird man schluss der Aufnahmen
leicht etwas entdecken, woran man Interesse
findet - die Geburt einer Idee. Der Gedanke zur Eine Reportage führt immer zu einem Vergleich
fotografischen Umsetzung ist dann nur noch mit der Situation des Betrachters oder des Le-
konsequent. sers, dabei ist es egal, ob die Reportage mit oder
Da die wenigsten von uns in ihren Gedankengän- ohne Bilder gemacht wurde. Das macht sie inter-
gen absolut einzigartig sind, kann man von fol- essant, regt die Gedanken an, wird zu einem The-
gender These ausgehen: Was mich interessiert, ma, mit dem man sich beschäftigt. Nicht immer
interessiert auch andere. Was kann Sie also noch ist das Offensichtliche auch das Interessanteste,
davon abhalten, Ihre Ideen umzusetzen? Nun, ein Blick hinter die Kulissen kann für den Leser
vielleicht der Aufwand an Zeit und die Kosten. und Betrachter oftmals wesentlich spannender
Mit unbegrenzten Mitteln ist fast niemand aus- sein.
gestattet, aber vielleicht geht es ja auch eine Der gute Bildjournalist muss einen Sinn für das
Spur kleiner. Deswegen sollte die Qualität Ihrer Unerwartete haben und aus jeder Gelegenheit
Fotos eigentlich nicht leiden müssen. Und da je- das Beste machen können. Dies verlangt Origi-
der Mensch auch einzigartig ist, ist Ihre nächs nalität und flexible Arbeitsweise. In erster Linie
te Umgebung vielleicht auch einzigartig oder wird er mit vorhandenem Licht arbeiten, ein zu-
zumindest für einen bestimmten Personenkreis sätzliches Handblitzgerät muss in vielen Fällen
absolut interessant. Das Thema ist geboren, jetzt genügen. Der Transport einer umfangreichen
geht es an die Umsetzung. Ausrüstung wird in vielen Fällen nicht möglich
sein und widerspricht in gewisser Weise auch ei-
Wer? Wie? Wo? Was? Warum? nem Maximum an Flexibilität und Spontaneität.
Jede gute Reportage basiert auf den sogenannten Von Vorteil ist, wenn man nicht nur eine Kamera
großen 5 Ws - und auf einer guten Planung. Nach dabei hat, sondern vielleicht eine zweite, die mit
dem ersten Schritt, der Wahl des Themas, folgt einem anderen Objektiv oder mit anderem Film-
die Recherche zu diesem. Ohne entsprechende material bestückt ist. Sie sind dann flexibler und
Vorbereitung und Informationen zu unserer Idee können schneller reagieren. Ein Wechsel zwi-
besteht die Gefahr, an der Aufgabe zu scheitern schen Weitwinkel- und Teleobjektiv kann unter
bzw. sie nur unvollständig und mangelhaft um- Umständen schon zu viel Zeit beanspruchen und
zusetzen. Je detaillierter und intensiver Sie in der kostbarste Moment ist dann verloren.
ein Thema einsteigen wollen, desto mehr Vorbe- Zu jedem Bild sollten Sie sich bei Gelegenheit
reitung wird nötig sein. Auch wenn Sie keinen Notizen machen, um es später besser zuordnen
Text zu Ihrer Arbeit erstellen, müssen Ihre Bilder zu können. Insbesondere, wenn Sie mehrere Per-
die geplante Geschichte doch mit Eindruck und sonen vor der Kamera haben, sollten Sie später
Intension erzählen, wenn sie beachtet werden noch wissen, wer wer ist. Sollten Ihre Bilder ver-
sollen. Meine Vorbereitungen zu einer Reportage öffentlicht werden, erwartet man genaue Anga-
basieren stets auf den folgenden Schritten: ben zum Motiv und zur Situation.
186
kapitel 7
Gut Fotografieren
Schnelle Reaktion und lange Wartezeiten wech- Ausschnitt. Dabei trennte ich mich schweren
seln sich oft ab. Ein guter Reporter ahnt voraus, Herzens von einigen weiteren Bildern. Die nun-
wo sich etwas abspielen wird und ist bereits in mehr letzten ausgewählten Bilder wurden mit-
Position, wenn das Ereignis eintritt. Wenn Sie tels der Tonwertkorrektur und Farbton/Sättigung
vor oder zwischen den Aufnahmen Zeit haben, bzw. der selektiven Farbkorrektur in Helligkeit
erkunden Sie Aufnahmesituation und Örtlichkeit, und Farbe angepasst und zur Ausgabe auf einen
später werden Sie vermutlich kaum noch Zeit Datenträger gebrannt oder direkt per E-Mail an
dazu finden. Bei Aufnahmen im Freien sollten Sie die Redaktion gesandt. Hier entscheidet dann
sich bereits im Vorfeld mit der Wettersituation der zuständige Redakteur bzw. der Auftraggeber
beschäftigen, eventuell wird ein Termin ja auch über die weitere Auswahl und eventuelle Ver-
noch verschoben oder in einen Raum verlegt. Sie wendung.
sollten immer auf alle Möglichkeiten auch tech-
nisch vorbereitet sein.
Ein erster Kontaktabzug er
Das Bessere ist des Guten Feind möglicht eine Übersicht und
Am Beispiel einer Lesung der bekannten ameri- die Auswahl der Bilder.
kanischen Autorin Siri Hustvedt möchte ich Ih-
nen meine Vorgehensweise bei einer Reportage
aufzeigen. Alle Aufnahmen erfolgten digital. Ich
verwendete eine Langzeitbelichtung, teilweise
in Kombination mit dem eingebauten Blitzlicht.
Die Aufnahmesituation erwies sich als recht
schwierig, da der Raum stark abgedunkelt war
und die zur Beleuchtung verwendeten Spots ein
extrem hartes, nur punktuelles Licht erzeugten.
Da bei der digitalen Kamera eine Voransicht der
gemachten Fotos über das Display möglich ist,
konnte ich beleuchtungstechnisch eindeutig un-
brauchbare Bilder sofort wieder löschen.
Von den übrigen Bildern erstellte ich zunächst
am PC, nach einer ersten Durchsicht, einen digi-
talen Kontaktabzug.
Da die meisten Aufnahmen aus großer Distanz und
frei aus der Hand aufgenommen wurden, um die
Aus den zuerst ausgewählten Bildern
Lesung nicht zu stören, musste nun jede Aufnahme wird ein zweiter Kontaktabzug
nach einer erneuten Auswahl in starker Vergröße- hergstellt, auf dem auch bereits die zu
rung am Bildschirm auf Unschärfen und Kontrast verwendenden Ausschnitte eingezeich
geprüft werden. Da es bei diesen Fotos in erster net werden können.
Linie um die Stimmung ging, waren leichte Un-
schärfen durchaus akzeptabel und aus den einan-
der ähnlichen Bildern wurden nochmals die besten
ausgewählt. Auch die Begleitpersonen mussten
dabei berücksichtigt werden. Nach dem Motto:
„Das Bessere ist des Guten Feind“, blieben zum
Schluss nur noch wenige Bilder übrig. Bei dieser
Arbeit bekomme ich auch immer die ersten Ideen
für die Gestaltung der späteren Ausschnitte.
Nun habe ich die Bilder nochmals einzeln auf-
gerufen und entschied mich für den endgültigen
187
Die endgültige Auswahl steht.
Der gewünschte Ausschnitt wird eingezeichnet. Das sind letztendlich die verwendeten Bilder.
188
kapitel 7
Gut Fotografieren
IPTC-Standard
IPTC = International Press Telecommu-
nikations Council. Enthält Vorgaben
zur Eingabe von Informationen als
Metadaten zu jedem Bild.
Checkliste Reisevorbereitung
Erfahrungsgemäß wird immer etwas vergessen,
deshalb sollten Sie bereits lange vor der Abreise
Ihre eigene Liste erstellen und beim Packen dann Die hier abgebildeten Checklisten und Aufzeichnungsblätter lassen sich kopieren oder
alles abhaken. Eine genaue Beschreibung zu je- individuell angepasst selbst erstellen.
dem Motiv ist für die spätere Verwendung von
größter Wichtigkeit. Deshalb sollten Sie alle rele-
189
vanten Bildinformationen möglichst unmittelbar
nach der Aufnahme notieren. Besonders wichtig
bei der Abbildung von mehreren Personen auf
einem Bild ist, dass die Namen in der Reihenfol-
WEitere Listen ge, z. B. von links nach rechts, genau angegeben
Für interessierte Leser hat der Autor werden.
weitere spezifizierte und umfangreiche Digitale Spiegelreflexkameras binden bereits In-
Listen und Verzeichnisse im praktischen formationen wie Aufnahmezeit und Datum, ge-
Taschenbuchformat zusammengestellt. nauso wie die Aufnahmeeinstellungen für Blende
Diese sind auch als PDF-Dateien auf und Belichtungszeit und andere Informationen als
CD zu erhalten. Stichwort: Shooting-
Metadaten in die Bilder ein. Diese können mit
book. Weitere Informationen finden Sie
unter: www.foto-kindermann.de speziellen Programmen gelesen und bearbeitet
werden. Moderne Bildbearbeitungsprogramme
wie Adobe Photoshop ermöglichen ebenfalls eine
Ansicht und auch eine Bearbeitung und Eingabe
dieser Daten.
Zusammenstellung der
Ausrüstung
Die Zusammenstellung Ihrer Ausrüs
tung, je nach Aufnahmeort, -art und
-thema, sowie eine sinnvolle und nütz-
liche Verpackung für den Transport,
sind von großer Wichtigkeit. Fehlendes
Zubehör oder gar Schäden an den
Geräten sind vor Ort oftmals gar nicht
oder nur noch unter hohen Kosten und
mit großem Aufwand zu beheben.
190
kapitel 7
Gut Fotografieren
Die richtige Ausrüstung für eine • Filter: UV-Schutzfilter für jedes Objektiv,
Reportage Pol- und andere Filter lassen sich mittels
Analog oder digital? Wenn Sie über beide Mög- Adapterringen auch an kleinere Objektiv
lichkeiten verfügen, stehen Sie vor einem Problem. gewinde anpassen.
Grundsätzlich möchte man ja schließlich mit leich-
tem Gepäck reisen und so wird man sich wohl für Fototasche und Zubehörschutz
das eine oder andere entscheiden müssen. Kameras, Objektive und Zubehör sollte möglichst
stoßsicher staubfrei und Spritzwasser geschützt
Vorteile der analogen Ausrüstung aufbewahrt und transportiert werden. Die Tempe-
Filme können später in gewünschter Auflösung raturen bei der Lagerung und auf dem Transport,
noch digitalisiert werden. Es gibt kaum Probleme vor allem in heißen Gebieten, sollten möglichst
bei Ausschnitten, sofern Sie sich für ein feinkör- niedrig und vor allem möglichst konstant gehalten
niges Aufnahmematerial entschieden haben. Sie werden, um Kondenswasserbildung zu vermeiden.
bieten zudem eine zukunftssichere Archivierung, Säckchen mit Silikagel, notfalls helfen auch Reis-
eine relativ unempfindliche Gerätetechnik und körner, in der Fototasche und den Verpackungen
geringen Stromverbrauch. entziehen der Umgebungsluft Feuchtigkeit.
Zubehör
• Objektive: Wechselobjektive von Weitwinkel
bis Tele sollten nicht fehlen, oftmals besser
geeignet sind jedoch Zoomobjektive.
Vorteil: Schnelle Verfügbarkeit über unter
schiedlichen Brennweiten ohne Objektiv
wechsel
Nachteil: Eventuell Qualitätsverluste, meist
geringe Anfangsblendenöffnung
191
Bei Regen und am Strand schützen notfalls auch stellung eine Halbautomatik mit Blenden- oder
Plastiktüten in Verbindung mit Gummiringen Ihre Zeitvorwahl, d. h., die Blende, bzw. die Belich-
wertvollen Geräte bei den Aufnahmen. Aber Vor- tungszeit wird vorgewählt und die Automatik
sicht ist geboten, denn eine erhöhte Kondens- passt die Belichtung der Aufnahmesituation an.
wasserbildung ist möglich. Halten Sie bei ex- Um der vorherrschenden Beleuchtungssituation
tremer Kälte ausreichend Ersatzbatterien bereit. gerecht zu werden, wird zuvor ein entsprechend
Tragen Sie diese möglichst nah am Körper, um lichtempfindlicher Film eingelegt bzw. die für die
sie warm und dadurch länger funktionsfähig zu jeweilige Situation erforderliche Empfindlichkeit
halten. Staub und Sand kann besonders für Di- bei digitalen Kameras eingestellt.
gitalkameras mit Wechselobjektiven tödlich sein,
hier ist äußerste Vorsicht geboten. Blende- und AF-Einstellung
Zoomobjektive ermöglichen eine schnelle Ver- Die Blende sollte nicht zu weit geöffnet sein
änderung des Bildausschnitts ohne langwieri- (mittlere bis kleine Blendenöffnung), um even-
gen Objektivwechsel. Objektivwechsel kosten in tuellen Unschärfen bei der Scharfstellung vorzu-
vielen Fällen zu viel Zeit, um bestimmte Motive beugen. Die Umgebungshelligkeit in Abstimmung
noch einfangen zu können. mit der Filmempfindlichkeit darf keine zu langen
Belichtungszeiten ergeben, um Bewegungsun-
Der Schnappschuss schärfen (es sei denn, diese sind erwünscht) zu
verhindern. Falls die Aufnahme bereits vorge-
Um bei Schnappschüssen schnell reagieren zu plant werden kann, wird nach der Positionierung
können, sollten Belichtungszeit, Entfernung und nur noch der richtige Moment abgewartet und
Blende je nach Motiv bereits zuvor auf die zu dann abgedrückt.
erwartende Situation voreingestellt werden. Ab Eine Autofokussierung ist dabei in vielen Fällen
gesehen von diversen Programmautomatiken, von Nachteil und muss eventuell vorher abge-
die kaum einen eigenen Gestaltungsspielraum schaltet werden. Durch die voreingestellte klei-
bieten, empfiehlt sich neben der manuellen Ein- nere Blende mit einer geschätzten und ebenfalls
Die Aufnahme des Kavaliers
mit dem Schirm wurde an
einer Straßenkreuzung bei
einem Stopp durch das Auto
fenster gemacht. Blende,
Belichtungszeit und Entfer
nung waren voreingestellt. Für
eine Fokussierung wäre keine
Zeit geblieben.
192
kapitel 7
Gut Fotografieren
voreingestellten Entfernung lassen sich im Allge- • Gefahr der Verwacklung durch ein Verreißen
meinen bessere Ergebnisse erzielen, da hier eine der Kamera! Ein Stativ ist von Vorteil.
Fehlfokussierung der Automatik durch Anwählen
eines falschen Scharfpunkts oder auch eine zeit- Kurze Belichtungszeit
liche Verzögerung vermieden werden kann. • Die Kamera wird schussbereit gehalten
und das Motiv im entscheidenden Moment
Voreinstellung der Belichtungszeit durch Druck auf den Auslöser eingefroren.
Ein erfahrener Fotograf ahnt die Situation vor- Eine Auslöseverzögerung wie bei vielen digi
aus und kann dadurch den optimalen Moment talen Amateurkameras üblich ist hier nicht
in der gegebenen Situation einfangen. Leichte zu gebrauchen.
Unschärfen können dabei die Bildwirkung durch-
aus verbessern. Sollen Bewegungsunschärfen im • Ebenfalls von Vorteil ist eine manuelle Fokus
Motiv dargestellt werden, ist eine ruhige Hand sierung, um eine Verzögerung oder fehler
oder besser noch ein Stativ von Vorteil. hafte Fokussierung durch den Autofokus
auszuschließen. Die Entfernungseinstellung
Lange Belichtungszeit sollte sich über den zu erwartenden
• Während der Auslösephase wird die Kamera Aufnahmeentfernungsbereich erstrecken.
mit dem Motiv mitgeführt.
• Ergebnis: Motiv und Hintergrund (sofern
• Ergebnis: Das Motiv erscheint relativ keine Entfernungsunschärfe vorhanden ist)
scharf und der Hintergrund wird verwischt. erscheinen absolut scharf.
Gegenläufige Bewegungen können den
Effekt dabei noch verstärken.
Bei dieser Aufnahme wurde die Kamera aus der Hand mit einer voreingestellten langen Belichtungszeit mit den Personen
mitgeführt. Dadurch kommt es zu den Verwischungen und Unschärfen, die diesem Bild gerade seinen besonderen Reiz
geben.
193
Reproduktionen
bzw. Sensors (RGB-Farbraum) umgewandelt
Reproduktionen werden im Gegensatz zu Origi werden, sind hier im Normalfall Kompromisse
nalaufnahmen als nicht besonders kreativ an- unvermeidlich.
gesehen. Wer sich jedoch mit dieser Materie Dasselbe gilt übrigens auch bei einer Wiedergabe
beschäftigt, wird schnell feststellen, dass die im Druck, da hier ja ebenfalls nur vier Farben
Umsetzung beispielsweise eines Ölgemäldes in (CMYK-Farbraum) zur Verfügung stehen. Jeder
ein Foto durchaus kreative Anforderungen an Künstler möchte jedoch, dass sein Bild auch
den Aufbau und die Anordnung des Lichts, ins- im Foto oder Druck dem Originalbild möglichst
besondere unter widrigen Umständen, beinhalten nahe kommt. Das heißt, er verlangt nahezu Un-
kann. Natürlich lassen sich einmal gefundene Lö- mögliches. Selbstverständlich für eine gute Re-
sungen oftmals auch bei anderen Gelegenheiten produktion ist allerdings, dass dieses Ziel so gut
wieder anwenden. wie möglich erreicht wird. Niemand wird hier
zu große Abweichungen akzeptieren. Um diese
Fotografieren von Bildern = Reproduzieren Abweichungen auch zu sehen, ist ein Vergleich
zwischen Original und Repro unumgänglich, da
Das Hauptproblem bei einer fotografischen Um- der Mensch nur ein ungenügendes Farbgedächt-
setzung liegt jedoch, vorausgesetzt die Aufnah- nis besitzt.
mesituation ist akzeptabel, in der Wiedergabe Um professionellen Ansprüchen zu genügen,
der Farben, sei es beim Dia oder bei der digitalen sollten bei jeder Reproduktion ein Farbkontroll-
Aufzeichnung. Negative bleiben hier unberück- streifen und ein Graukeil mit aufgenommen wer-
sichtigt, da hier der Positiv-Prozess entscheidend den (erhältlich im Fotofachhandel). Durch den so
ist. Da im Fall der Aufnahme eines Gemäldes eine möglichen Vergleich der Graustufen und Farben
Unmenge von Farben in den Farbraum eines Dias ist es möglich, auch ohne die Originalvorlage
zumindest eine Annäherung an das Original zu
erreichen.
Auch durch digitale Nachbearbeitung ist nicht
immer eine genaue Farbübereinstimmung zu er-
reichen, wohl aber in vielen Fällen eine Verbes-
serung. Es gilt ein einfaches Prinzip: Je besser die
Vorlage ist, desto besser wird das Ergebnis aus-
fallen. Aus einer schlechten Aufnahme lässt sich
im seltensten Fall noch ein gutes Bild machen.
Zunächst muss jedoch zwischen den jeweiligen
Vorlagen eine Unterscheidung getroffen wer-
den:
• Vorlage plan, mit glänzender oder nicht
glänzender Oberfläche (z. B. Fotos, Zeich
nungen)
194
kapitel 7
Gut Fotografieren
dass keine Verzerrungen in der Wiedergabe ent- dass ein ungleichmäßiger Eindruck bezüglich der
stehen können. Das bedeutet: Vorlagenebene Helligkeitsverteilung entsteht. Alternativ kann
und Filmebene müssen absolut parallel zueinan- hier auch mit einer anderen Lampenanordnung
der ausgerichtet werden. In der Praxis wird hier (unterschiedliche Beleuchtungswinkel) gearbei-
die Vorlage an der Wand hängen oder auf einem tet werden.
Tisch oder dem Boden liegen. Die Kamera befin-
det sich parallel ausgerichtet genau zentrisch
davor oder darüber.
Leuchten anordnen
Die Anordnung der Leuchten (Vorlage 1) erfolgt
absolut gleichmäßig in einem Winkel von ca. 45°.
Dies ist erforderlich, um Reflexe auszuschalten.
Denn es gilt das optische Gesetz: Lichteinfalls-
winkel = Lichtausfallswinkel.
Lichteinfallswinkel = Lichtausfallswinkel
Spiegelungen vermeiden
Bei glänzender Oberfläche muss zudem darauf
geachtet werden, dass sich Kamera und Foto-
graf nicht im Bild widerspiegeln. Deshalb wird Veränderte Einstellung für strukturierte Vorlagen
hier eventuell noch eine Verdunkelung rund um
das Objektiv und im Hintergrund der Kamera Vorlage mit Struktur, die
notwendig werden. Das Lampenlicht sollte zu- Dreidimensionalität des Bilds
dem keinesfalls auf Kamera oder Objektiv fallen, wird erst durch die Schatten
deutlich.
es muss gegebenenfalls abgenegert (abgedeckt)
werden. Sehr gut eignen sich sogenannte Repro-
tische mit Kamerasäule und befestigten Lam-
pen mit entsprechender Abdeckung (Klappen)
für kleinere Vorlagen. Im Großen wird genauso
verfahren. Bei einem guten Aufbau sollten hier
keine Schwierigkeiten auftreten.
Ganz anders sieht die Sache jedoch bei unebe-
nen Vorlagen aus. Bei nicht glänzender Vorlage
kann u. U. mit derselben Aufnahmeanordnung
wie bei glänzenden Vorlagen gearbeitet werden.
Um eine Tiefe zu erreichen, muss jedoch mögli-
cherweise eine Lichtseite in der Helligkeit redu-
ziert werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen,
195
Schatten erwünscht warum nicht. Bei Aufnahmen im Freien werden
Die Ausleuchtung muss relativ gleichmäßig blei- Sie sich allerdings ohne entsprechende Gegen-
ben, da sich ansonsten die Farben verändern (ver- maßnahmen leicht einen starken Farbstich ein-
schwärzen). Schatten sind hier jedoch durchaus fangen. Kann dieser Farbstich in der Weiter-
erwünscht, solange sie nicht im Bild stören. Erst verarbeitung problemlos eliminiert werden, so
durch die Schatten erhält das Bild seine Struktur. spricht nichts dagegen.
Reflexionen
Bei einer strukturierten, glänzenden Vorlage wird
das Ganze noch problematischer. Da hier keine
einheitlich glänzende Fläche vorliegt, sondern
verschiedene Reflexionswinkel, wird es bei einer
dieser Ausleuchtungen immer zu Reflexionen
kommen. Die Frage ist nun, sind diese Reflexe
noch akzeptabel oder nicht? Wenn ja, kann das
bisherige Schema beibehalten werden, wenn
nein, wird ein ganz anderer Aufbau erforderlich.
Polarisiertes Licht
Alternativ ergibt sich noch die Möglichkeit, in der
bisherigen Anordnung mit polarisiertem Licht zu
arbeiten. Hierbei werden jeweils vor die Lam-
pen und vor die Kamera Polfilter gesetzt, Durch Reproduktionen im Außenbereich erfordern eine Platzie
Verdrehen der Filter werden die Reflexionen ge- rung des Aufnahmeobjekts bei gleichmäßiger Lichtein
mildert oder komplett beseitigt. Achtung: Wenn strahlung. Evtl. entstehende Farbstiche im Bild müssen
später entfernt werden. Der mit aufgenommene Farbkeil
aber absolut keine Reflexion mehr vorhanden ist,
erleichtert die spätere Farbanpassung, der störende Hinter
wirkt das Bild im Normalfall tot. Zudem kann es grund wird entfernt.
bei Kunststoffen zur Abbildung von Spannungen
kommen. Diese Methode wird auch gezielt in der
Werkstoffprüfung eingesetzt. Für den Einsatz Bei digitalen Kameras können Sie das Problem
mit polarisiertem Licht sind vorherige Versuche zunächst durch einen entsprechenden Weißab-
nicht zu umgehen. gleich beseitigen. Bei Dias können Sie mit Farb-
korrekturfiltern arbeiten. Bei Arbeiten mit Nega-
Indirekte Ausleuchtung tiven kann das Problem eventuell auch noch bei
Die andere Methode besteht in der indirekten der Ausarbeitung beseitigt werden. Denken Sie
Ausleuchtung oder, falls dies nicht möglich ist, in daran: Je optimaler Ihre Vorlage ist, desto bes-
der Errichtung eines Lichtzelts, um ein homoge- sere Ergebnisse werden Sie erzielen. Auch eine
nes Licht rund um das Objekt zu erzeugen. Eine nachträgliche Bearbeitung am Computer kann
ähnliche Beleuchtung erzielen wir im Freien bei nur von der gelieferten Vorlage ausgehen.
bedecktem Himmel. Ein solches Lichtzelt eignet An Sonnentagen, bei extremer Sonne sollten Sie
sich auch für alle Arten von stark glänzenden möglicherweise besser im Schatten fotografie-
Objekten und solchen, die absolut schattenfrei ren. Der extreme Blaustich, der vermutlich dabei
fotografiert werden sollen. Die Dimensionen und entsteht, bereitet bei seiner Beseitigung jedoch
der Aufwand sind allerdings, je nach Größe des unter Umständen große Schwierigkeiten. Alter-
Objekts, unter Umständen gewaltig. nativ könnte ein Sonnensegel die gewünschte
Lösung bringen. Sind Sie auf Innenaufnahmen
Reproduktionen im Freien angewiesen, sind hier Ihrer Kreativität, um ein
Vielleicht fotografieren Sie dann lieber im Freien akzeptables Ergebnis zu erreichen, kaum noch
bei bedecktem Himmel? Wenn das Wetter passt, Grenzen gesetzt.
196
kapitel 7
Gut Fotografieren
Sonnensegel
Sonnensegel sind teiltransparente
Tücher, die zur Erzeugung von diffusem
Licht über das zu fotografierende
Objekt gespannt werden.
Reproduktion dreidimensionaler
Objekte
Möchten Sie dreidimensionale Objekte reprodu-
zieren, ist eine normale Reprobeleuchtung nicht
mehr angebracht. Hier müssen Sie das Licht nach
Bedarf und gewünschtem Ergebnis arrangieren. Bei diesem 3-D-Objekt (Kissenbild von Heimrad Prem)
Besondere Oberflächen erfordern unter Umstän- wurde ein Hauptlicht links oben gesetzt. Es wurde zudem
den einen speziellen Aufbau. Bedenken Sie je- durch eine weiße Fläche (Styropor) rechts und unten aufge
doch, künstlerische Aufnahmen sind hier im Nor- hellt. Nur so war eine optimale Tiefenwirkung, die durch die
malfall fehl am Platz, die Kunst wurde ja bereits Reflexe noch verstärkt wird, möglich.
gestaltet. Es geht in diesem Fall vorwiegend um
optimale Darstellung des Objekts. Wenn möglich,
sollten Sie mit dem Künstler zuvor über seine Ar-
beit sprechen. Wie möchte er die Aufnahme ha-
ben? Welche Ansicht, Perspektive, Beleuchtung
kommt seinen Vorstellungen einer Bildwieder
gabe am nächsten?
197
Bei dieser Aufnahme wurde die Hausfront in die Bildreproduktion einbezogen. Im Innen
raum standen zwei Blitzleuchten rechts und links neben der Tür zur Ausleuchtung des Bilds
(Lokschuppen Rosenheim, Ausstellung Albert Lohr).
Das Miniaturstudio
Table-top ist das Miniaturstudio im Wohnzimmer.
Das an der Wäschestange dekorativ aufgehängte Bild weist den Weg zur Ausstellung im Wie für die „große“ Studiofotografie ist beim
Haus. Das Bild selbst wurde nachträglich in der Farbe korrigiert, da die Tageslichtverhält Fotografieren auf dem Tisch (Table-top) die Aus-
nisse, in den Abendstunden bei bedecktem Himmel, sehr ungünstig waren. rüstung je nach Art der fotografierten Objekte
198
kapitel 7
Gut Fotografieren
und deren Größe von Bedeutung. Noch mehr als bereits während der Aufnahme einiges leichter
im Studiobereich ist hier jedoch das Improvisa- geworden.
tionstalent des Fotografen gefragt. Viele banale
Dinge des täglichen Gebrauchs lassen sich dabei Grundausstattung
kostengünstig zum Studioequipment umfunktio- Ausgangspunkt für die technische Ausstattung
nieren. sind die zu fotografierenden Objekte. In diesen
hier gezeigten Beispielen arbeite ich mit ei-
Ausstattung, Beleuchtung und Auf- ner digitalen Spiegelreflexkamera, einer Nikon
nahme D200, und steuere mit der Software Nikon Ca-
Die fotografischen Regeln sind im Prinzip die mera Control die Aufnahmen vom Computer aus.
gleichen wie in einem großen Studio. Dazu kom- Dadurch können alle Kameraeinstellungen sowie
men die im Nahbereich teilweise erheblich er- die Auslösung am Computer vorgenommen wer-
schwerten Bedingungen bei der Beleuchtung und den. Die Bilder werden direkt auf den Rechner
der Aufnahme. Durch die digitale Fotografie hat übertragen und können am Bildschirm bestens
sich an diesen Prinzipien wenig geändert, jedoch beurteilt und gegebenenfalls sofort weiterbear-
ist durch die unmittelbare Beurteilung des Bilds beitet werden.
199
Links der Table-top-Aufbau und rechts das Ergebnis, die Steuerung der Aufnahmen erfolgt über das Notebook.
Als Objektiv kommt ein für den Nahbereich kor- Objekte sind, desto kleiner (nach Möglichkeit)
rigiertes Makroobjektiv zum Einsatz. Alternativ sollten die künstlichen Lichtquellen sein. Außer
bietet sich auch die Verwendung von Nahlinsen einer Studioblitzanlage und Handblitzgeräten
an. Weiterhin benötigen Sie ein festes, verwack- kommen hier auch Dauerlichtquellen (Lampen,
lungsfreies Stativ sowie einen Draht- oder elek- Scheinwerfer etc.) infrage. Dabei müssen Sie
trischen Fernauslöser, passend zum jeweils ver- Vor- und Nachteile einer solchen Ausstattung
wendeten Objektiv eine Sonnenblende oder ein abwägen. Wegen der Hitzeabstrahlung sind
Kompendium (ausziehbarer Balgen). Dauerlichtquellen nicht immer akzeptabel. Für
sehr kleine Objekte eignet sich möglicherweise
Beleuchtung eine Kaltlichtquelle mit Lichtleitern, wie sie in der
Wenn Sie mit künstlicher Beleuchtung arbeiten, Mikroskopie verwendet wird.
gilt die Regel: Je kleiner die zu fotografierenden
200
kapitel 7
Gut Fotografieren
201
Lichtboxen, Lichtzelte und Lichttunnel sind auch
besonders zur Ausleuchtung von stark reflektie-
renden Gegenständen geeignet. Durch die diffuse
Beleuchtung erscheinen die Oberflächen gleich-
mäßig und die Objekte stehen nahezu schatten-
frei auf dem Hintergrund.
202
kapitel 7
Gut Fotografieren
Vorsicht Überstrahlung
Aufnahmen bei direktem Gegenlicht
sind nicht unproblematisch. Die Hel-
ligkeit der Gegenlichtquelle darf nicht
zu hoch sein, da das Objekt ansonsten
überstrahlt wird. Zur Ermittlung der
besten Einstellung empfiehlt sich eine
Versuchsreihe. In der Praxis hat sich für
die Gegenlichtquelle oft eine Lichtin-
tensität bewährt, die ca. zwei Licht-
werte über der verwendeten Einstellung
der Kamera liegt.
Das Glas wird vor dunklem Hintergrund fotografiert. Ein teilweise offener Lichtkasten
Die schematische Darstellung zeigt den Aufbau mit Licht wird seitlich angestrahlt. Eine direkte Lichtquelle von unten bringt das Glas zum Leuch
kasten sowie dunklem Hintergrund und darunter denselben ten. Das Licht scheint durch ein Loch im Karton unterhalb des Glases. Das Foto auf der
Aufbau mit hellem Hintergrund und direktem Gegenlicht. nächsten Seite zeigt die Aufbauanordnung.
203
Dunkelfeldbeleuchtung Kartons eingesetzt. Diese Anordnung, genannt
Die Dunkelfeldbeleuchtung ist eine andere An- Dunkelfeldbeleuchtung, vermeidet direktes
ordnung mit Beleuchtung von unten und dunk- Gegenlicht. In der Praxis hat sich hier ein dunkel
lem Hintergrund. Dabei werden zwei Leuchten ausgeschlagener Kasten, der unter dem Tisch mit
unter einer Glasplatte seitlich nach oben gerich- der Glasplatte aufgestellt wird, zur Vermeidung
tet. Das durch die Glasplatte fallende Licht kann von seitlichem Lichteinfall bestens bewährt.
bei Bedarf wiederum durch Aufheller auf das Glasplatten sind vielseitig einsetzbare Hilfsmittel,
Objekt reflektiert werden. Unter dem Tisch und die in verschiedenen Größen, je nach Verwen
an den Seiten des Bildbereichs werden schwarze dungszweck, vorhanden sein sollten. Ein weiterer
Dunkelfeldbeleuchtung in der schematischen Darstellung Beleuchtungsaufbau mit durch eine Glasscheibe reflektier
tem Oberlicht
204
kapitel 7
Gut Fotografieren
Typische Table-top-Aufnahmesituationen
Sachaufnahmen oder Objekte, die auf dem Tisch
fotografiert werden, stehend oder hängend, in
bestimmten Positionen angeordnet, erfordern
meist einen Hintergrund, der nicht durch eine
parallel zur Tischkante verlaufende Linie gestört
wird. Dazu eignen sich Kartons aller Art. Durch Aufnahme einer Brille vor einem weißen, gebogenen
eine sanfte Biegung des Kartons, einer Hohlkehle, Karton, dazu sehen Sie die Aufbauskizze. Die Schirmleuchte
sorgt für eine diffuse Grundhelligkeit und der Spot schafft
zwischen Tischfläche und Wand kann ein Über- die Atmosphäre.
gang ohne die genannte Linie erzielt werden.
205
Diese silberne Haarklammer im Jugendstil (Durchmesser ca. 2,5 cm) wurde auf einer Glaspatte, die etwa 10 cm über dem
Hintergrund, einem weißen Karton, angebracht war, fotografiert. Die Hintergrundbeleuchtung erfolgte dabei über einen
handelsüblichen Kosmetikspiegel.
206
kapitel 7
Gut Fotografieren
hende Abbildungsgrößen erfordern speziell für Bildfläche zu erhalten, dient die folgende Tabel-
den Nahbereich korrigierte Objektive. Im Han- le. Für die Leistungsfähigkeit eines Objektivs ist
del erhältliche Vorsatzlinsen können den Abbil- der zulässige Zerstreuungskreis bzw. Unschärfe
dungsmaßstab zwar steigern, die Ergebnisse sind kreisdurchmesser (Angabe μ) maßgeblich. Bei
jedoch oft von minderer Qualität. Digitalkameras liegt er etwa bei 0,02 μ .
207
Beispieltabelle: (1:X = Verkleinerung, X:1 = Belichtungsberechnungen
Vergrößerung) Nachfolgende Faustregel kann Ihnen bei der Be-
lichtungsberechnung helfen: Der Beginn der Ver
Berechnung des Verlängerungsfaktors (x) längerung beginnt bei einem Abstand von weniger
für die Belichtungszeit als fünf Brennweiten (Brennweite des verwendeten
x = (ß + 1)² Objektivs) Distanz zum Aufnahmeobjekt. Zur Be-
ß = Maßstab rechnung des Verlängerungsfaktors ermitteln Sie
Beispiel: Beträgt der Maßstab 1:2 = 0,5, so ist die Vergrößerung nach der Formel: Bildhöhe ge-
der Verlängerungsfaktor für die Belichtungszeit: teilt durch die Gegenstandshöhe +1, multipliziert
(0,5 + 1)² = 2,25 mit sich selbst. Für eine Aufnahme von 1:1 sollte
Die ermittelte Belichtungszeit ist demnach mit sich die Belichtungszeit vervierfachen.
dem Faktor 2,25 zu multiplizieren.
Berechnungsbeispiele
Künstliche Beleuchtung einsetzen Die Bildhöhe beträgt 30 mm, die Gegenstands-
Durch die Annäherung des Objektivs bei Nah- höhe ebenfalls 30 mm, bei einem Abbildungs-
aufnahmen an das Objekt treten gegebenenfalls maßstab von 1:1.
enorme Probleme beim Einsatz von künstlicher
Beleuchtung, Kunstlicht und Blitzlicht auf. Um (30/30) + 1 = 2 (x2) = 4
eine gewisse Aufnahmedistanz zu behalten, emp-
fehlen sich hier längerbrennweitige Objektive, Der ermittelte Faktor wird dann mit der ermittel-
die über die Standardbrennweite hinausreichen. ten Belichtungszeit multipliziert.
Ab dem Maßstab von ca. 15:1 sind jedoch zur
besseren Abbildung geringere Brennweiten er- Gemessene Belichtung = 1/125 s bei Blende
forderlich, was die Möglichkeiten der künstlichen 5,6
Beleuchtung erheblich erschwert. Korrektur der Belichtungszeit (s): 1/125 x 4 =
1/30 s bei Blende 5,6
Geeignete Beleuchtungsmittel
Blitzgeräte, die an der Kamera befestigt werden Eine Anwendung des Verlängerungsfaktors auf
oder bereits eingebaut sind, eignen sich nur be- die Blende ist dabei leider nicht möglich, da sich
dingt für die Makrofotografie. Besser geeignet
sind z. B. Ring- oder Zangenblitze. Dabei wird MaSSs� Verl.- Blenden
das Licht aus unmittelbarer Nähe des Objektivs stab Faktor anpassung
abgegeben. Dies ergibt eine nahezu schatten- 1:8 1,2 + 1/3
freie Ausleuchtung. 1:5 1,44 + 1/2
Kleine Studioblitzanlagen mit Einstelllicht sind
1:4 1,56 + 2/3
sinnvoll, wenn dreidimensionale Objekte effektiv
1:3 1,77 + 1 1/3
ausgeleuchtet werden sollen. Beleuchtungsein-
richtungen aus dem Mikroskopiebereich (z. B. 1:2 2,25 + 1 1/2
Kaltlichtleuchten mit Glasfaserlichtleitern) sind 1:1 4 +2
bei sehr kleinen Objekten ideal. 2:1 9 + 3 1/3
Bei der Verwendung von handelsüblichen Com- 3:1 16 +4
puterblitzgeräten ist die effektiv für den Abbil- 4:1 25 + 4 2/3
dungsmaßstab erforderliche Blendenwertkor- 5:1 36 + 5 1/3
rektur zu beachten. Sie sollten kontrollieren, ob 6:1 49 + 5 2/3
die Automatik im Nahbereich noch funktioniert. 7:1 64 +6
Ansonsten muss sie abgeschaltet und die erfor- 8:1 81 + 6 1/2
derlichen Einstellungen müssen manuell ermit-
9:1 100 + 6 2/3
telt werden.
10:1 121 +7
208
kapitel 7
Gut Fotografieren
Formeln:
Maßstab ß= y’/ y
Abbildungsmaßstab ß’= a’/ a
Abbildungsmaßstab ß’= f / a -f
Abbildungsmaßstab ß’= (a’/ f ) -1
Aufnahmedistanz a= (f / ß’) + f
Aufnahmedistanz a= (1/ ß’+1)f
Kameraauszug a’= (ß’+1)f
209
Durch das Überschreiten des maximal nutzbaren nehmende Verschlechterung der Bildqualität im
Bildkreises eines Objektivs ergibt sich eine zu- Randbereich bis hin zur Vignettierung.
Die Blüte wurde aus der Hand
bei strahlender Sonne auf
genommen. Dadurch konnte
trotz kurzer Belichtungszeit
eine kleinere Blende verwen
det werden (1/500sek. Blende
8, Objektiv 70 mm, bei mini
maler Aufnahmedistanz).
210
kapitel 7
Gut Fotografieren
Der Originaldurchmesser der Münze beträgt 16 mm. Der Hintergrund besteht aus grauem
Papier. Die Aufnahme wurde mit Balgengerät und einem Rodagon-Objektiv (5,6/105)
gemacht.
211
8
Farben perfekt
darstellen
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
8
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
216
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
Zuweisung eines geräteunabhängigen Farbraums fälschen. Zudem ist es für das Erzielen von zuver-
werden die unterschiedlichen Farbinformationen lässigen Ergebnissen unbedingt erforderlich, eine
durch Berechnung angepasst. genormte Beleuchtung (z. B. Normlicht 5000),
Zum Einsatz kommen hier spezielle Farbvorlagen die nicht tageslichtabhängig ist, am Arbeitsplatz
und Messgeräte, die in Verbindung mit der ent- einzusetzen.
sprechenden Software solche Profile erstellen Nur wenn die Bedingungen in jedem Bereich der
können. Viele Gerätehersteller bieten inzwischen Verarbeitung konform sind, wird ein zuverlässiges
auch bereits fertige, auf ihre Produkte abge- Ergebnis erzielt werden können. Auch wenn dies
stimmte ICC-Profile an. Druckereien und Fotola- nicht in jedem Fall möglich sein sollte, so ist doch
bore können auf den von ihnen gelieferten Stan- in den meisten Fällen eine Annäherung an dieses
dard inzwischen ebenfalls Profile liefern. Ziel zu erreichen. Als Referenz wird hier in erster
Moderne Bildbearbeitungssoftware ist in der Linie mit der Darstellung und Wiedergabe von
Lage, solche Profile anzuwenden, umzusetzen Grautönen gearbeitet. Ein neutrales Grau sollte
und gegebenenfalls zu erstellen. Da die Anwen- also auch als neutrales Grau dargestellt und wie-
dung einer Bildbearbeitung in erster Linie am dergegeben werden.
Monitor erfolgt, ist eine Monitorprofilierung ein Zur Anpassung der Farben werden Referenzfarb-
absolut notwendiger erster Schritt. Vom jeweili- keile verwendet, wie sie z. B. in der Druckindu-
gen Hersteller gelieferte Profile können dabei als strie eingesetzt werden. Da sie zumeist mit dem
Grundlage dienen. Im Laufe der Zeit verändern bloßen Auge nicht perfekt ausgewertet werden
sich jedoch Farb-, Helligkeits- und Kontrastdar- können, ist u. U. der Einsatz von Messgeräten er-
stellung eines Monitors und eine erneute Anpas- forderlich. Besondere Schwierigkeiten bestehen
sung (Kalibrierung) wird erforderlich. beispielsweise bei der Wiedergabe von Hauttö-
Da Farbe jedoch auch subjektiv empfunden wird, nen. Hier ist letztendlich wiederum eine optische
ist eine rein technische Kalibrierung nicht in Entscheidung maßgeblich.
jedem Fall die Lösung. Hier muss eine zusätzli-
che individuelle und optische Anpassung erfol- Die Farbe und deren drei Kerngrößen:
gen. Eine genaue Anpassung des Monitors wird • Farbton = die Eigenschaft der vom Objekt
mithilfe eines erzielten Ergebnisses (Druck oder reflektierten Wellenlänge
Foto) vorgenommen. Die Darstellung wird vergli-
chen und dann kann am Monitor oder beim Bild- • Sättigung = Klarheit und Reinheit einer
ausgabegerät eine zusätzliche manuelle Farbab- Farbe
stimmung vorgenommen werden.
Da Farbe nicht für sich allein steht, sondern sich • Helligkeit = bestimmt durch die Annäherung
stets auf einem Farbträger (z. B. Papier) in einem einer Farbe an Weiß oder Schwarz
bestimmten Umfeld (Hintergrund, Umgebung,
Beleuchtung) befindet, ist es erforderlich, diese Diese Größen lassen sich in Werten definieren, in
Bedingungen ebenfalls anzupassen. Insbesonde- Farbmodellen darstellen und somit vergleichen.
re bei der Arbeit am Monitor sind einheitliche, Da sämtliche Farbdarstellungen in der Praxis aus
normgerechte Bedingungen zu schaffen. Zu ver- einer Farbmischung bestehen, wird hier abhängig
meiden sind dabei: farbige Flächen und farbige von der verwendeten Technik mit unterschiedli-
Umgebung. Die dadurch entstehenden Komple- chen Farbmodellen gearbeitet. Als wesentlichstes
mentär- und Simultankontraste sowie farbige Unterscheidungsmerkmal wird der einer Farbmi-
Einspiegelungen können den Farbeindruck ver- schung zugrunde liegende Modus genannt.
Referenzfarbkeil für die Druckindustrie. Dieser spezielle Farbkeil dient zur Kontrolle der Graubalance im Offsetdruck. Die
mit Farben gedruckten Grauwerte (Buntgrau) sollen genauso aussehen wie die mit echtem Grau gedruckten Flächen.
217
Farbraum und Farbumfang Dieser Standard wird bis heute von fast allen
Monitoren und Bildausgabegeräten unterstützt.
Einige Digitalkamaras bieten dem Fotografen die Dieser Farbraum stellt den kleinsten gemeinsa-
Möglichkeit, zwischen den Farbräumen sRGB und men nutzbaren Nenner in der digitalen Bildver-
Adobe RGB zu wählen. Beide Farbräume verwen- arbeitung dar.
den den RGB-Bereich, unterscheiden sich jedoch Speziell für die Bilddarstellung auf einem Bild-
hinsichtlich des jeweils nutzbaren Farbumfangs. schirm sowie im Internet wird der sRGB-Farb
Der Adobe RGB-Farbraum ist dabei deutlich grö- raum im 8-Bit-Modus genutzt. Drucker aus dem
ßer als der von sRGB. Die Farbraumgröße allein Homeprint-Bereich drucken zwar ebenso wie die
entscheidet jedoch nicht über die darstellbare großen Maschinen aus dem Offsetdruck prinzi-
Qualität eines Bilds. Die Entscheidung für die piell mit der CMYK-Methode, sind aber auf den
Anwendung einer der beiden Farbräume hängt RGB-Farbraum abgestimmt.
in erster Linie von der beabsichtigten Weiterver-
wendung Ihrer Bilder ab. Adobe RGB-Farbraum
Nikon verwendet die Bezeichnung Nikon
sRGB-Farbraum AdobeRGB. AdobeRGB, auch Adobe RGB 1998
Das „s“ steht für Standard und wurde von füh- genannt, wurde von der Softwarefirma Adobe
renden Computerherstellern als Farbraum für im Hinblick auf die optimale Darstellbarkeit von
die Wiedergabe auf CRT-Monitoren konzipiert. Farben im professionellen Druckbereich entwi
ckelt. Dieser Farbraum ist deutlich größer als der
sRGB-Farbraum und zeigt zudem eine deutliche
Erweiterung in Richtung der Cyan-Grüntöne.
Alle Farbräume basieren auf dem CIE-Lab-Farb-
system. Das CIE-Lab-System ist ein Farbraum,
der von der internationalen Beleuchtungs-
kommission CIE 1976 festgelegt wurde. Dieser
Farbraum wurde auf Basis der menschlichen
Farbwahrnehmung konzipiert. Auch dieser Farb
raum stellt, wie alle anderen Farbräume auch,
eine mathematische Konstruktion dar, die die
betrachteten Farben enthält. Adobe Photoshop
verwendet beispielsweise den CIE-Lab-Farbraum
als Berechnungsbasis und nutzt diesen auch, um
RGB-Daten in den CMYK-Farbraum umzuwan-
deln.
Additive Farbmischung
Einer Farbdarstellung im RGB-Farbraum liegt die
additive Farbmischung zugrunde. Diese besagt,
dass sich die drei Grundfarben Rot, Grün und
Blau in der Projektion (Lichtmischung) zu Weiß
ergänzen.
Subtraktive Farbmischung
Der Farbdarstellung im Druck liegt dagegen die
subtraktive Farbmischung zugrunde. Dabei wer-
Die Dreiecke im Farbraum stehen für die jeweilige Farbwiedergabe eines Geräts. Beim den die komplementären Grundfarben Cyan,
Farbmanagement werden die einzelnen Geräte und ihre Farbräume miteinander vergli
Magenta und Gelb übereinandergelegt und er-
chen und der mögliche Ausgabefarbraum angepasst.
zeugen dadurch im Überlappungsbereich theo-
218
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
retisch Schwarz. In der Praxis wird jedoch noch [3] Da jedoch das Farbverhalten der einzelnen
eine schwarze Farbe zur Kontrasterhöhung hin- Geräte variiert, sind hier weitere Korrekturen,
zugefügt, das sogenannte Skelettschwarz (Key) - z. B. bei den Druckereinstellungen, vorzu
daher die Abkürzung CMYK. nehmen, um den Farbumfang (Gamut) des
Da die beiden Farbräume RGB und CMYK nicht Monitors bzw. der Vorlage auf den Farbumfang
übereinstimmen, ist auch eine 100%ig überein- der Druckmaschine abzustimmen.
stimmende Darstellung der Druckfarben auf dem
Bildschirm nicht möglich. Dazu kommt der Um- Mögliche Fehlerquellen bei der
stand, dass Papier nicht leuchtet. Moderne Bild- Farbabstimmung
bearbeitungsprogramme wie Adobe Photoshop • Bei der Erfassung desselben Originals liefern
können jedoch eine annähernde Übereinstim- unterschiedliche Bilderfassungsgeräte un-
mung simulieren. Eine solche Simulation wird terschiedliche Ausgabewerte.
auch als Softproof bezeichnet.
• Die Einstellungen der Monitorregler verursa-
Farbraumanpassung chen starke Farbabweichungen.
Die Notwendigkeit einer Farbraumanpassung wird
durch diesen Einsatz unterschiedlicher Farbsys • Gamut-Unterschiede zwischen Monitor und
teme besonders deutlich. Das Farbenspektrum, Druckverfahren können dazu führen, dass bei
das ein Gerät oder eine Technologie wiedergeben der Bildbearbeitung nicht druckbare Farben
kann, nennt man den Gamut. Gleich, in welcher eingeführt werden.
Weise eine Farbe erfasst wird, die Wiedergabe
sollte möglichst originalgetreu sein, und zwar • Die Konvertierung der Daten ist von
auf dem Monitor wie auf dem Ausdruck, als digi- Programm zu Programm verschieden.
taler oder analoger Proof und in der endgültigen
Druckausgabe. • Proofgeräte verwenden andere Technologien
als Druckmaschinen.
Das Abstimmen von Farben
• Durch nicht standardisierte Beleuchtungs-
[1] Zunächst muss der Monitor kalibriert wer- und Umgebungsbedingungen können sich
den. Werden danach die Farben eines Bilds Fehler einschleichen.
nicht richtig dargestellt, so sind sie mit
einem Bildbearbeitungsprogramm zu korri • Druckfarbenabhängige Einstellungen der
gieren. Eine Korrektur ohne vorhergehen- Druckmaschine führen zu Farbschwankungen.
de Kalibrierung würde die Farben zwar auf
diesem Gerät anpassen, auf einem ande- • Druckfarbensätze und Papierqualitäten be-
ren Gerät wie Monitor oder Druckausgabe einflussen die Farbwiedergabe.
würden sie jedoch wieder anders ausfallen.
Beim Speichern werden die notwendigen • Papierbeschichtungen und -strukturen kön-
Informationen zur Weiterverarbeitung (das nen Farbveränderungen zur Folge haben.
Profil) in das jeweilige Bild eingebettet.
Sofern Sie diese Option vorgegeben ha- • Durch Einbettung falscher oder fehlerhafter
ben. Profile entstehen fehlerhafte Farben.
[2] Beim Ausdruck vergleicht der Rechner das • Durch wiederholte Farbumwandlungen ent-
eingebettete Profil mit den Werten des Dru stehen Fehler und Farbverluste.
ckers oder des jeweiligen Ausgabegeräts und
gleicht diese ab. Das jeweilige Gerät muss • Nicht alle Dateiformate können Profile ein-
das ICC-Farbmanagement beherrschen. binden, nicht alle Geräte können Profile aus-
werten.
219
RGB im CMYK umwandeln • Weiß - Das gesamte sichtbare Lichtspektrum
- Transformation bereits beim Scannen, sollen die wird abgestrahlt oder reflektiert.
Bilder noch modifiziert werden, ist diese Option
Empfehlenswert jedoch wenig sinnvoll Nehmen wir als Beispiel ein weißes Blatt Papier.
- Transformation in der Bildbearbeitung, z. B. mit Erscheint dasselbe weiße Blatt Papier in einer
Adobe Photoshop anderen Farbe, so wird es von farbigem Licht
- Transformation in einer speziellen Anwendung (unvollständiges Spektrum) bestrahlt und kann
- Transformation in einer Seitenlayoutanwendung, folglich nur diese Farbe reflektieren. Bei gelbli-
Weniger
z. B. QuarkXPress oder Adobe InDesign chem Glühlampenlicht erscheint das Papier z. B.
empfehlenswert
- Transformation durch den Druckertreiber oder gelblich.
ein RIP (Raster Image Prozessor) Änderungen in der Farbe sind messbar, die Mes-
sung erfolgt in Grad Kelvin. Die Messung basiert
Farbmanagement setzt ein genaues Verständnis auf einem durch Strom erhitzten Wolframdraht,
des Arbeitsablaufs voraus. Um eine hohe Farb- dessen Temperatur in Grad Celsius der farblichen
qualität sicherzustellen, ist stets die endgültige Veränderung zugrunde gelegt wird. Da Grad Kel-
Form der Ausgabe im Auge zu behalten, wenn Sie vin auf dem absoluten Nullpunkt (-273 °C) ba-
Veränderungen vornehmen. siert, werden diese Temperaturen lediglich um-
Wiederholte Transformationen und Rückwand- gerechnet.
lungen sind zur Erhaltung der Qualität unbedingt Wir unterscheiden selbstleuchtende und reflek
zu vermeiden. tierende Farbdarstellungen. Der Monitor ist
beispielsweise selbstleuchtend. Das auf dem
Zusammensetzung des Lichts Bildschirm dargestellte Weiß entspricht je nach
Einstellung im Allgemeinen einer Farbtemperatur
Das sichtbare Licht setzt sich aus dem sichtbaren zwischen 5000 und 9500° Kelvin.
Farbspektrum zusammen, einer elektromagneti- Reflektierende Farbdarstellungen, z. B. Papier,
schen Strahlung. Die Wellenlänge des sichtbaren Drucksachen und nicht leuchtende Objekte aller
Lichts beträgt 380-780 nm (Nanometer). Art, erhalten ihre farbliche Darstellung zum ei-
• Schwarz - Das Fehlen von Licht, es wird kein nen aus der sie bescheinenden Lichtquelle und
sichtbares Licht abgestrahlt oder reflektiert. zum anderen aus den Reflektionseigenschaften.
RGB-Farbmischung CMYK-Farbmischung
220
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
221
Umsetzung (Farbseparation) kommt es zwangs- Druck geht dies jedoch nicht. Im Druck wird Far-
läufig zu Veränderungen, die durch ein Bildbear- be und Helligkeit durch einen Raster simuliert.
beitungsprogramm wie Adobe Photoshop jedoch Weiß ist jedoch immer das dem Papier zugrun-
zumindest teilweise simuliert werden können de liegende Weiß. Auch die Farbe Grau wird im
(CMYK-Ansicht). Da sich alle Farben immer aus Druck durch farbige Rasterpunkte definiert. An-
einem Mischungsverhältnis der jeweils verwen- ordnung und Feinheit der Rasterpunkte, abhän-
deten Grundfarben ergeben, kann jedoch prinzi- gig vom jeweiligen Papier definieren die Qualität
piell keine hundertprozentige Übereinstimmung eines Drucks.
erzielt werden.
Am Monitor ist es möglich, die Leuchtkraft und Tonwertzuwachs beim Druck
Farbe der einzelnen Dioden zu verändern, im Beim Druck selbst kommt es, je nach Maschine,
Farbe und Papier, zu einer Veränderung die-
ser Rasterpunkte (Quetschung). Dies muss also
bereits bei der Herstellung einer Druckvorla-
ge berücksichtigt werden. Man spricht vom
Tonwertzuwachs. Der Drucker ist über diesen
Tonwertzuwachs informiert und kann Ihnen die
entsprechenden Angaben liefern. Am Monitor
sieht das Bild aber immer gleich aus.
222
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
Einstellungen für die spätere Falls Sie jedoch die Druckvorlagen mit einem
Druckausgabe Satzprogramm (z. B. QuarkXpress, Adobe InDe-
Eine Bilddatei, die später als Druckvorlage dienen sign) selbst erstellen, sollten die Fotos bereits
soll, muss nicht unbedingt von Ihnen selbst sepa- vor der Einbindung in das Programm in CMYK
riert werden. Hierfür gibt es Fachleute im Repro- separiert sein. Als Dateiformat empfehlen sich
fachbetrieb oder der Druckvorlagenherstellung. ebenfalls TIFF, EPS oder PDF. Auf keinen Fall soll-
Entscheidend für die Qualität ist jedoch, was Sie ten Sie die Separierung dem Layoutprogramm
als Vorlage liefern. überlassen, denn dadurch verlieren Sie jegliche
Liefern Sie lediglich das Bildmaterial, empfehle Kontrolle über Ihr Bild.
ich, den Original-RGB-Datensatz beizubehalten
und mit einem entsprechenden ICC-Profil verse- Kalibrieren des Bildschirms
hen in der erforderlichen Größe und Auflösung
zu liefern. Das ICC-Profil gibt Informationen über Bevor es mit der Kalibrierung losgeht, stellen Sie
Ihre Farb- und Bildschirmeinstellungen weiter, die Grafikkarte Ihres Bildschirms auf mindestens
sodass bei der Weiterverarbeitung eine Anpas- 24 Bit, besser auf den 32-Bit-Modus ein. Lassen
sung vorgenommen werden kann. Sie den Bildschirm mindestens eine Stunde warm-
Um dies etwas vereinfacht zu gestalten, gebe ich laufen, bevor Sie Änderungen an den Einstellun-
Ihnen hier lediglich Basisinformationen, die als gen vornehmen. Das Umgebungslicht muss den
Grundlage für eine übliche Weiterverarbeitung üblichen Arbeitsbedingungen entsprechen. Als
aber absolut tauglich sind. Desktophintergrund wählen Sie ein neutrales Grau
• Die Ausgabegröße eines Bilds, zum Off mittlerer Helligkeit, da farbige Flächen den Ein-
setdruck und zum Foto, sollte bei der druck verfälschen können. Arbeiten Sie nur mit
Weiterverarbeitung nicht geändert werden einem Kalibrierungsprogramm. Mehrere Program-
müssen und beträgt in der Regel ca. 300 dpi me können sich gegenseitig beeinflussen oder auf-
bei einem Maßstab von 1:1. heben. Deaktivieren Sie deshalb mögliche andere
Kalibrierungsprogramme außer dem verwendeten.
• Der Farbraum, in dem Sie arbeiten, sollte ein-
heitlich sein. Der Adobe RGB 1998-Farbraum Kalibrierung mit Adobe Gamma
ist beispielsweise für den Offsetdruck deut- Noch mit Adobe Photoshop CS2 wurde das Ka-
lich besser umzusetzen als der sRGB-Far- librierungswerkzeug Adobe Gamma ausgeliefert
braum. und bei der Photoshop-Installation mit in die
Windows Systemsteuerung installiert. In Photo-
• Als Dateiformat empfehle ich das TIFF-For shop CS3 ist es offenbar nicht mehr im Liefer
mat ohne Komprimierung. umfang enthalten. Dennoch, ein Suchlauf nach
223
Adobe Gamma fördert die Programmdateien Ad [4] Schalten Sie das einzelne Gamma aus und
obe Gamma.cpl und Adobe Gamma Loader.exe in korrigieren Sie jede Grundfarbe einzeln. Ach
den Tiefen des Programmverzeichnisses zu Tage. tung: Ein neutralgrauer Hintergrund muss
Sie finden die Dateien im Verzeichnis Programme/ neutralgrau bleiben.
Common Files/Adobe/Calibration/.
Um Adobe Gamma auszuführen, klicken Sie ein- [5] Stellen Sie das Zielgamma ein: Verwenden
fach auf doppelt auf die Datei Adobe Gamma.cpl Sie Windows Standard Gamma 2,20.
und die Kalibrierung wird gestartet.
[6] Stellen Sie die gewünschte Farbtemperatur
ein und korrigieren Sie diese visuell über das
Anklicken des für Sie relevanten Grauwerts.
Damit wird der Weißpunkt hardwareseitig
festgelegt.
[1] Laden Sie das zugehörige Monitorprofil (so- Manuelle Feinabstimmung der
fern vorhanden). Andernfalls ist der Monitor Druckdaten
typ auszuwählen und die technischen Daten Für die manuelle Feinabstimmung der Druckdaten
sind einzugeben. benötigen Sie einen CMYK-Datensatz, wie er von
Ihnen an die Druckerei geliefert wurde, und ein
[2] Die Regler für Helligkeit und Kontrast befin- erhaltenes Druckergebnis zum Vergleich.
den sich am Bildschirm selbst und sollten [1] Starten Sie Adobe Photoshop und öffnen
in der einmal gefundenen Einstellung be- Sie Ihren Datensatz. Hierbei darf keine
lassen werden. Der Kontrastregler ist dabei Profilanpassung durchgeführt werden!
auf 100 % zu stellen (bei CRT-Monitoren).
Stellen Sie die Helligkeit am Monitor so [2] Starten Sie parallel dazu z. B. Adobe
ein, dass in dem schwarzen Längsbalken Gamma mit den Einstellungen für Ihre
die grauen Flächen so dunkel wie möglich Arbeitsumgebung oder verwenden Sie die
sind, ohne ganz zu verschwinden. Der weiße manuellen Einstellungsmöglichkeiten an
Balken muss dabei rein weiß bleiben. Ihrem Bildschirm.
[3] Stellen Sie den Regler beim einzelnen Gamma [3] Korrigieren Sie jede Grundfarbe über die drei
(Graubalance) so, dass das innere Feld mit Farbregler so lange, bis sie möglichst an das
dem äußeren verschwimmt. Druckergebnis angeglichen ist.
224
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
Verbindliche Einstellungen
Zur Erstellung genauerer Ergebnisse benötigen
Sie ein Spektralfotometer mit entsprechender Trotz aller Kalibrierungsbemühungen werden
Software und Bedienungsanleitung. Dabei wer- sich im Druckprozess und im Vergleich zu Ihrer
den sowohl der Monitor als auch das Druck Monitordarstellung immer Differenzen ergeben.
ergebnis anhand eines speziellen Testcharts ver- Hier ist ein echter Proof (Ausdruck unter Druck-
messen. Zudem benötigen Sie die Angaben über bedingungen) oder ein Andruck oft die einzige
Tonwertzuwachs und weitere Druckvorgaben. Möglichkeit, Schwachstellen aufzuzeigen. Nur
Druckereien und Verlage bieten oft Profile an, die dieser kann zudem als verbindliches Farbmuster
auf deren Ausgabe abgestimmt sind. Diese kön- dienen.
nen Sie dann für Ihre Arbeit einsetzen. Das wich- Ein Digitalproof kann beispielsweise keine Ra-
tigste Werkzeug ist und bleibt jedoch in jedem sterfehler anzeigen. Er ist nicht rasterverbindlich.
Fall das Auge. Die genaue Absprache mit dem Belichtungsstu-
dio ist für eine reibungslose Auftragsabwicklung
Formate für die Weiterverarbeitung unbedingt erforderlich.
Archivieren Sie Ihre Photoshop-Dateien in einem
Format, das später problemlos weiterverarbeitet Kalibrierung mit Eye-One Match
werden kann. Speichern Sie die RGB-Masterdatei Verschiedene Hersteller bieten Messgeräte in
im Photoshop- oder TIFF-Format inklusive aller Verbindung mit der entsprechenden Software zur
Ebenen, Kanäle und Pfade, um spätere Ände- Bildschirmkalibrierung an. Diese arbeiten natür-
rungen problemlos vornehmen zu können. Die lich sehr viel genauer als die oben beschriebene
Ausgabedatei sollten Sie beispielsweise als Kopie Methode. Im Bereich der Druckausgabe gibt es
im TIFF-Format ohne Komprimierung (LZW) spei- ebenfalls Messgeräte, welche die am Papierrand
chern. Nicht benötigte Alphakanäle und Pfade mitgedruckten Farbkeile ausmessen und dadurch
können zuvor gelöscht werden. die Informationen liefern, wie das Ausgabegerät
Wenn Sie Ihre Bilder selbst separieren (in CMYK einzustellen ist.
umwandeln) und spätere Änderungen ausschlie- Beim Röhrenbildschirm wird das Messgerät mit
ßen wollen, können Sie sie im PDF-, EPS- oder Saugnäpfen zur Messung am Bildschirm befes
DCS-Format speichern. DCS speichert ebenfalls tigt. Bei LCD- und TFT-Bildschirmen darf es nur
im EPS-Format, jedoch mit zusätzlichen Druck- leicht aufgelegt werden, da ein Andruck die Far-
informationen und einer Vorschaudatei. ben verfälschen könnte. Seitlich einfallendes
225
Licht ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Die zu-
gehörige Software ermittelt dann durch Darstel-
lung und Vergleichsmessungen von Farbfeldern
die zur Bildverrechnung erforderlichen Werte
und speichert diese in der Regel als neues Stan-
dardprofil im Betriebssystem Ihres Rechners.
Da sich die farbliche Darstellung eines Bild-
schirms mit zunehmendem Gebrauch verändern
kann, sind wiederholte Messungen und Anpas-
sungen unbedingt erforderlich. Hardwareseitig
vorgenommene Anpassungen sind ohne weitere
Kalibrierung des Messgeräts und Auswahl der gewünschten Einstellungen Veränderungen bis zur nächsten Messung bei-
zubehalten. Bei LCD- und TFT-Bildschirmen ist
zudem der Blickwinkel zu beachten. Das folgen-
de Beispiel zeigt die Anwendung mit Eye-One
Match der Firma GretagMacbeth.
[1] Nach der Installation der mitgelieferten
Software schließen Sie das Messgerät am
USB-Anschluss Ihres Rechners an und star-
ten das Programm. Dieses führt Sie Schritt
für Schritt durch die Anwendung.
226
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
Checkliste - Bildschirmkalibrierung
Der Bildschirm sollte sauber und mindestens eine halbe Stunde einge-
Bildschirm
schaltet sein. Dadurch stabilisiert sich die Farbwiedergabe.
Die Farbeinstellung Ihrer Grafikkarte sollte mindestens 24 Bit betragen
Grafikkarte
oder Millionen von Farben darstellen.
Die Desktopanzeige sollte auf ein neutrales Grau ohne Muster ein-
Desktopanzeige gestellt werden. Muster und Farben im Hintergrund beeinflussen die
Farbwahrnehmung und erschweren eine korrekte Beurteilung.
Das Umgebungslicht und die unmittelbare Umgebung an Ihrem
Umgebungslicht Arbeitsplatz können in Farbe und Helligkeit Ihre Wahrnehmung stark be-
einflussen. Deshalb sind sie möglichst gleichmäßig und neutral zu halten.
Um eine gedruckte Vorlage oder ein Foto richtig beurteilen zu können,
Arbeitsplatz ist die Arbeitsplatzbeleuchtung ausschlaggebend. In Druckereien und
beleuchtung Fachbetrieben wird deshalb ein genormtes Licht (z. B. Normlicht 5000)
verwendet.
Die Farbtemperatur von ca. 5500° Kelvin entspricht in etwa der mittle-
ren Tageslichtfarbe. Der Weißpunkt Ihres Bildschirms sollte entsprechend
Farbtemperatur eingestellt werden. In der Praxis hat sich ein Weißpunkt von 6000° oder
6500° Kelvin besser bewährt, da eine Farbtemperatur von 5000° Kelvin
allgemein als etwas zu dunkel und zu gelblich empfunden wird.
227
Farbmanagement-Richtlinien
festlegen
Für den jeweiligen Farbraum gibt es drei Ein-
stellungsmöglichkeiten: Aus, Eingebettete Pro
file beibehalten sowie In RGB-Arbeitsfarbraum
konvertieren. Dies sind die gleichen Optionen, die
auch für Profilabweichung und Fehlende Profile
verwendet werden.
Aktivieren Sie alle anderen Kontrollkästchen in
diesem Dialog, können Sie auch noch später beim
Öffnen einer Datei entscheiden, ob Sie diese
Anpassungen vornehmen wollen oder nicht.
Durch Anklicken von Mehr Optionen erhalten Sie
weitere Anpassungsmöglichkeiten Ihrer Farb
einstellungen.
Arbeitsfarbräume
Legt den verwendeten Farbraum in diesem Modus fest. Adobe RGB (1998) ist ein
sehr umfangreicher Farbraum, der bestens für die spätere Wiedergabe im Druck
RGB
geeignet ist. sRGB ist der Standard für die Wiedergabe auf einem Bildschirm (Web)
oder auch als Foto.
Das ist die Farbraumeinstellung für den professionellen Druckprozess. Nur wichtig,
wenn Sie Ihre Bilder im CMYK-Modus anlegen, um sie auf einer Druckmaschine aus-
geben zu lassen. Nicht auf einem Tintenstrahl- oder Laserdrucker, diese verwenden
CMYK
den RGB-Farbraum! Dieser Farbraum ist ausgabespezifisch und seine Verwendung
sollte bereits im Vorfeld mit dem Drucker abgestimmt werden. Empfohlene
Einstellung ist Coated FOGRA27 für hochwertige, glatte Papiere.
Legt den Tonwertzuwachs im Druck fest. Falls Sie nicht für die Druckvorstufe ar-
Grau beiten, sollten Sie Gray Gamma 2,2 wählen. Dadurch erzeugen Sie die feinsten
Abstufungen in den Verläufen.
Voll Vollton ist nur wichtig für spezielle Farben zusätzlich zum CMYK-Druckprozess.
ton Standardeinstellung ist Dot Gain 15 %.
Farbmanagemant - Richtlinien
In der Regel sollten Sie hier die Option In RGB-Farbraum konvertieren wählen.
Dadurch werden fremde RGB-Farbräume an den von Ihnen verwendeten Farbraum
RGB
angepasst. Eingebettete Profile verwenden verhindert diese Anpassung. Aus schal-
tet Ihr Farbmanagement ab.
Hier lautet die Empfehlung Eingebettete Profile beibehalten. CMYK-Daten stam-
CMYK men zumeist aus dem professionellen Druckvorstufenbereich und sollten keinesfalls
umgewandelt werden.
Hier wird wieder die Konvertierung empfohlen – außer bei Arbeiten mit professio-
Grau
nellen Scans aus der Druckvorstufe.
228
kapitel 8
Farben perfekt darstellen
Farbmanagement nutzen
Verwenden Sie in jedem Fall das Farbmanagement und fügen Sie fehlende Profile in
Ihre Bilddaten entsprechend der Herstellung und Verwendung ein. Dadurch ist bei einer
Weiterverarbeitung Ihrer Bilder durch Dritte eine bessere Darstellung entsprechend Ihren
Einstellungen möglich. Für eine optimale Kommunikation mit anderen Rechnern oder Aus-
gabegeräten ist eine Kalibrierung Ihres Monitors erforderlich. Dazu gibt es im Fachhandel
entsprechende Messgeräte und Hilfsmittel.
229
9
Die digitale
Dunkelkammer
Kapitel 10
Die digitale
Dunkelkammer
9
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Scharfzeichnen 273
Bluescreen-Aufnahmen 289
234
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Ausschnitten immer neue Bilder in hervorragen- durchaus ähnlich arbeiten, mit mehr oder weniger
der Qualität zu generieren. Da zudem auch im Möglichkeiten, sind die Erklärungen weitgehend
Bereich der analogen Fotografie die Filme immer übertragbar. Die kreativen Möglichkeiten sind
hochwertiger werden, hoffe ich auf ein Fortbe- nahezu unerschöpflich.
stehen dieser Technik.
Da die digitale Fotografie jedoch ständig rasante
Fortschritte macht und auch einige ganz klare
Vorteile bieten kann, ist auf sie nicht mehr zu
verzichten. Vor allem die Möglichkeit, ein Bild
unmittelbar nach oder sogar vor der eigentlichen
Aufnahme zu sehen und beurteilen zu können,
ist in vielen Bereichen zu einem Muss geworden.
Hochwertige Digitalaufnahmen, die zu einem
bestimmten Zweck gefertigt werden, sind in der
Druckausgabe von analogen Aufnahmen nicht
mehr zu unterscheiden oder in mancher Hinsicht
sogar als besser zu beurteilen.
Einige wesentliche Voraussetzungen, um im digi-
talen Bereich hochwertige Aufnahmen zu erzie
len, sind das Festlegen der Bildgröße und des
Dateiformats schon bei der Aufnahme.
Aufnahmen, die im RAW-Format gespeichert
werden, bieten derzeit die meisten Möglichkeiten
zur Anpassung bei der späteren Verarbeitung.
Dieses Format erstellt sozusagen ein digitales
Negativ, das vor der weiteren Bearbeitung erst
in ein übliches Format umgewandelt werden
muss. Speicherungen im TIFF- oder JPEG-Format
beschneiden diese Möglichkeiten von vorneher-
ein, sind aber zunächst besser zu beurteilen und
benötigen weniger Speicherplatz. Der Verwen-
dungszweck bestimmt hier die Vorgehensweise.
Nach der Digitalisierung und Anpassung an ein
bestimmtes Format ist die weitere Bildbearbei-
tung der Aufnahmen, einerlei ob ursprünglich Diese Bildmontage zeigt eine Farbaufnahme, die mit einem Schwarzweißfoto kombiniert
analog oder bereits digital fotografiert, iden- wurde. Der Transparenzeffekt wird durch die Reduzierung der Deckkraft des Schwarz
weißfotos erzielt.
tisch.
Empfehlenswert bei der digitalen Fotografie ist
es auch, das Original in noch unverändertem
Zustand sicher zu speichern. Bildanpassungen
führen unter Umständen dazu, dass ein Wieder
herstellen des Ursprungszustands nicht mehr
möglich ist. Soll das Bild jedoch später für einen
anderen Verwendungszweck genutzt werden, so
ist möglicherweise das Original die bessere Aus-
gangsbasis.
Die im Folgenden ausgewählten Arbeitsbeispiele
basieren auf einer Bearbeitung mit Adobe Photo
shop. Da andere Bildbearbeitungsprogramme
235
Alles eine Frage des Formats
Je nach Kamera und Hersteller werden die digital
erzeugten Aufnahmen in unterschiedlichen For-
maten gespeichert. Die Qualität und die Weiter
verarbeitungsmöglichkeiten eines digitalen Bilds
sind nicht nur von dessen Auflösung, der Anzahl
der zur Aufnahme verwendeten Bildpixel, son-
dern auch sehr stark von Formaten abhängig. Um
möglichst viele Bilder auf einem Speicherchip
unterzubringen, werden oft starke Kompressio-
nen verwendet. Dies führt jedoch zugleich auch
zum Verlust von bildrelevanten Informationen,
was sich später bei der Vergrößerung eines Bilds
deutlich bemerkbar machen kann. Einige Kame-
ras bieten auch die Möglichkeit, die verwendete
Bildauflösung zu verringern. Dabei werden meh-
rere Bildpixel zu einem zusammengefasst, die
Auflösung wird gröber und die Dateigröße ver-
kleinert sich.
JPEG-Format
Am meisten verbreitet und auf nahezu allen
Kameras zu finden ist das JPEG-Format (.jpg),
das meist in verschiedenen Kompressionsstufen
eingestellt werden kann. Niedrig bedeutet eine
geringe Auflösung mit erheblichen Qualitäts-
verlusten. Dabei werden ähnliche Pixel zu einer
Das Bild besteht aus zwei Fotos. Einmal das Bild von der Mauer und dann die Hand mit Bildinformation zusammengefasst, um dadurch
dem Bohrer. Die Vertiefung in Form der Hand mit Bohrer wurde mittels Ebeneneffekte in die Dateigröße zu verringern. Je höher die Ein-
Adobe Photoshop erstellt.
stellung ist, desto mehr Informationen bleiben
erhalten.
Besonders negativ wirkt sich dieses Format bei
wiederholter Speicherung, z. B. nach einer Bild-
bearbeitung oder Größenanpassung, aus, da da-
bei die bildrelevanten Informationen jedes Mal
wieder neu zusammengefasst (komprimiert)
werden.
TIFF-Format
Das TIFF-Format (.tif ) ist mit einer geringen oder
sogar ohne Kompressionsstufe einstellbar. Alle
Bildinformationen bleiben in der Beschreibung
erhalten. Die eigentliche Aufnahme wird jedoch
bereits durch die Berechnung in der Kamera be-
schnitten. Das Format ist verlustfrei auch wie-
derholt speicherbar. Im grafischen Bereich und
in der Druckvorstufe wird das TIFF-Format sehr
häufig verwendet.
Die Tarotkarten bestehen aus verschiedenen Fotos, kombiniert mit grafischen Elementen.
236
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
RAW-Format nur dass sich die Arbeit am Negativ von der rot
Zuzeiten analoger Fotografie gab es zwei Kate- beleuchteten Dunkelkammer an den Computer-
gorien von Fotografen, die man an ihrer Wert- bildschirm verlagert hat. Denn es gibt auch im
schätzung für das Negativ erkannte. Da war digitalen Zeitalter der Fotografie noch eine Art
auf der einen Seite die große Masse der Foto- Negativ - das RAW-Bild.
begeisterten. Hier wurde sorglos geknipst und Wer beginnt, mit RAW-Daten zu arbeiten, hat
fotografiert. Man freute sich auf seine hübschen in der Regel zumindest auf dem Gebiet der Di-
Abzüge, Negative waren lediglich das Vehikel gitalfotografie schon einige Erfahrung. Denn
auf dem Weg zum Bild an der Wand. Und dann der Entscheidung für das RAW-Format gehen
waren da noch die Enthusiasten, denen das Ne- Erfahrungen voraus, die zum Wunsch geführt
gativ über alles ging. Sie verzogen sich in ihre haben, das Maximum an Qualität und Flexi-
Dunkelkammern, um aus ihren Negativen das bilität beim Umgang mit seinen Aufnahmen
Optimum an Bildqualität, Farbbrillanz und Ton- zu bekommen. Warum lässt sich aber nun mit
wertumfang herauszuholen. So ähnlich sieht RAW-Dateien flexibler umgehen? Und warum
die Welt der Fotografen auch heute noch aus, bieten sie im Vergleich zu anderen Bildforma-
ten ungeschlagene Bildqualität? Die Antworten
auf diese Fragen erhalten Sie auf den nächsten
Seiten, wenn es um die Grundlagen der RAW-
Verarbeitung geht.
Beim RAW-Format müssen die Bildinformationen
zunächst mit einer entsprechenden Software
„entwickelt“ werden - dem RAW-Konverter.
Bilder im TIFF-Format Adobe Lightroom, Adobe Camera Raw, Apple
speichern Aperture oder SILKYPIX Developer Studio sind
die bekanntesten Vertreter dieses Genres.
Bei Aufnahmen im JPEG-Modus sollten
Sie die Bilder nach der Übertragung
und Bearbeitung auf dem Computer Entwicklungsdaten – zwei Seiten einer
nicht sofort wieder im JPEG-Modus Medaille
speichern. Durch die dadurch er- Hat man sich einmal für ein bestimmtes Pro-
folgende erneute Komprimierung gramm zur Entwicklung von RAW-Daten ent-
verschlechtert sich die Bildqualität schieden, ist das praktisch eine Entscheidung
zunehmend. Besser ist die Speicherung
im unkomprimierten TIFF-Modus.
fürs Leben. RAW-Daten werden bei der Ent-
Dieses Format empfiehlt sich auch für wicklung prinzipiell von keinem Programm ange-
bearbeitete RAW-Dateien. Eine weitere rührt - von ein paar unbedeutenden Ausnahmen
JPEG-Komprimierung sollte nur erfol- (z. B. Informationen zu Hoch- oder Querformat)
gen, wenn dies zur Datenweitergabe einmal abgesehen.
erforderlich ist.
237
Das heißt, die RAW-Datei selbst wird nicht ver- Bildbearbeitungssoftware zu bearbeiten. Adobe
ändert, sondern die RAW-Programme legen ein Photoshop bietet ab der Version CS z. B. für die
Set mit Informationen an, das die vom User vor- gängigen Formate inzwischen ein eigenes Tool
genommenen Einstellungen speichert. Leider gibt namens Adobe Camera RAW an, das beim Öffnen
es hier keinen Standard, was bedeutet, dass die einer RAW-Datei automatisch gestartet wird.
Einstellungssets von RAW-Programm A für das Um maximale Qualität zu erreichen, ist diese
RAW-Programm B nicht lesbar sind. Wenn Sie Möglichkeit der nachträglichen Bearbeitung von
also auf ein anderes RAW-Programm umsteigen, großer Bedeutung. Die Aufnahme sollte dennoch
sind die RAW-Entwicklungseinstellungen von äl- bereits mit der optimalen Einstellung erfolgen,
teren Bildern im neuen Programm nicht zu ge- da völlig falsche Einstellungen in Bezug auf Be-
brauchen und Sie müssen mit den Korrekturen lichtung und Schärfe auch im Nachhinein kaum
von vorn beginnen. mehr korrigiert werden können.
Immerhin, RAW-Programme gehen mit ihren Die Möglichkeiten der Anpassung im RAW-
eigenen Einstellungssets verschwenderisch um. Konverter sind sehr umfangreich und bieten die
Wurde ein RAW-Bild korrigiert, lassen sich die Möglichkeit, Kamera- oder objektivspezifische
Sets speichern und - der Clou bei Bilderserien - Fehler, wie die der chromatischen Aberration,
ohne Weiteres mit ein paar Mausklicks auf ande- noch nachträglich zu korrigieren. Einmal erfasste
re RAW-Bilder anwenden. Haben Sie eine Serie Korrekturen sind speicherbar und bei Aufnah-
fotografiert, die komplett um einen halben Licht- men, die unter den gleichen Bedingungen (z. B.
wert zu niedrig belichtet ist und außerdem einen bei Studioaufnahmen) entstanden, wieder ver-
leichten Magentafarbstich aufweist, wird nur wendbar.
das erste Bild korrigiert. Anschließend wird das
Einstellungsset gespeichert und auf die restliche
Serie angewendet.
Da die RAW-Formate der verschiedenen Kamera-
hersteller nicht einheitlich sind, benötigen Sie zur
weiteren Verarbeitung ein entsprechendes Soft-
waremodul des Herstellers oder die Möglichkeit,
diese mittels eines Plug-Ins in Ihrer jeweiligen Einstellungssets immer mit
dem RAW-Bild archivieren
Wenn Sie Ihre korrigierten und entwi
ckelten RAW-Bilder archivieren, sollten
Sie die Einstellungssets auf jeden Fall
mitabspeichern. Auch wenn Sie diese
Arbeit manuell erledigen müssen,
machen Sie sich die Mühe, die Sets
abzuspeichern. Werden die Fotos
später wieder gebraucht, müssen Sie
die Korrekturarbeit nicht noch einmal
machen. Wenn Sie Ihre Bilder kommer-
ziell verwerten, ist die Archivierung der
Einstellungen sowieso Pflicht. Sollte
ein Kunde nämlich in ein paar Jahren
das exakt gleiche Motiv ein weiteres
Mal benötigen, sollten Sie Ihre Arbeit
auf jeden Fall reproduzieren können.
Die RAW-Datei wird automatisch in Camera Raw zur weiteren Bearbeitung geöffnet.
238
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Entwicklungsparameter festlegen
Nachdem Sie in SILKYPIX die grundlegende Bild-
bearbeitung erledigt haben, muss die RAW-Datei
„entwickelt“ werden. Hierzu stellt der Konverter
in der Werkzeugpalette die Funktion Entwicklung
zur Verfügung. Hier legen Sie die Parameter fest,
die für die Bildentwicklung wichtig sind. Klicken
Sie das Symbol mit den zwei Zahnrädchen an, um
die dazugehörenden Optionen und Regler aufzu-
rufen.
239
Belassen Sie den Regler zunächst auf der Stan-
dardeinstellung 80 und kontrollieren Sie die
entwickelten JPEG- oder TIFF-Dateien in Ihrem
Bildbearbeitungsprogramm bei voller Auflösung
(Ansicht 100 %). Sind Sie mit der Schärfe bzw.
dem Rauschverhalten unzufrieden, probieren Sie
einen niedrigeren Wert aus, wodurch auch die
Bildentwicklung zügiger verläuft.
Auflösung plus
Fotografieren Sie mit einer der Profi-SLRs S3
oder S5 von Fuji im WIDE-Modus, lässt sich aus
den R-Pixeln des Sensors, der für die Aufnahme
von sehr dunklen Bereichen zuständig ist, noch
ein wenig mehr Auflösung herauskitzeln. Schie-
ben Sie dazu den Regler einfach nach rechts,
um das Verhältnis der genutzten zur nicht ge-
nutzten Zusatzinformation festzulegen. Wichtig
zu wissen: Die von den R-Pixeln gesammelten
Bildinformationen können stark verrauscht sein,
daher ist die volle Nutzung der Zusatzauflösung
nicht unbedingt immer sinnvoll.
240
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
ist sRGB. Bearbeiten Sie keine JPEG-/TIFF-Datei, dann doch zu aktualisieren, klicken Sie auf den
sondern ein RAW-Bild, ist das Drop-down-Menü gebogenen Doppelpfeil weiter oben.
Ein inaktiv. Möchten Sie mit SILKYPIX neben RAW- auch
JPEG- und TIFF-Daten verarbeiten, muss die ent-
Farbräume für die Weiterverarbeitung sprechende Option aktiviert sein. Fotografieren
Ebenso wichtig wie das Eingangsfarbprofil (bei Sie ausschließlich RAW-Bilder, können Sie die
JPEG-/TIFF-Dateien) ist der Ausgabefarbraum, Option deaktivieren.
der über das Drop-down-Menü Aus festgelegt
wird. Hier können Sie wieder zwischen sRGB und Zwischenlager für Entwicklungs
Adobe RGB wählen. Als Faustregel gilt, sRGB zu parameter
verwenden, wenn Ihre Bilder nicht mehr gravie- SILKYPIX stellt vier „Zwischenlager“ für Ent-
rend verändert und gleich ausgedruckt/entwi- wicklungsparameter bereit. Sie können in diesem
ckelt oder auf andere Weise präsentiert werden Zwischenlager zu verschiedenen Zeitpunkten der
sollen. Bilder, die im Internet gezeigt werden RAW-Bildverarbeitung Zwischenstände abspei-
sollen, sollten den Farbraum sRGB haben, da je- chern, die jederzeit per Mausklick wieder aufruf-
der moderne Monitor in der Lage ist, den Um- bar sind.
fang dieses Farbraums darzustellen. Der größere Hiermit erhalten Sie die Möglichkeit, insgesamt
Adobe RGB-Farbraum ist dann sinnvoll, wenn Sie vier Stationen vom Original bis zum fertig bear-
das Bild noch weiter in einem Bildbearbeitungs- beiteten Foto zu speichern. Dadurch lässt sich sehr
programm bearbeiten möchten. Kleiner Tipp gut abschätzen, ob die Entwicklung eines Bilds in
dazu: Hier sollten Sie nicht JPEG-, sondern TIFF- die richtige Richtung verläuft oder ob man besser
Dateien verwenden, da diese ohne Qualitäts nochmals, von einem früheren Entwicklungsstand
verluste gespeichert werden. JPEG-Dateien ausgehend, bestimmte Parameter verändert. Die
werden komprimiert, was zu mehr oder weniger Befehle zur Steuerung der Zwischenlager befin-
sichtbaren Qualitätseinbußen führt. den sich im Menü Einstellungen.
Die beiden letzten Optionen des Werkzeugs Ent Dateityp, Dateiname und Speicherort
wicklung beziehen sich auf die Vorschau und Nach dem Aufrufen des Befehls Entwicklung
die Dateiverarbeitung. Ist die Option autom. wird ein Dialogfenster mit dem Titel Speichern
Vorschau aktiviert, wird das gerade bearbeitete unter geöffnet, das weitere wichtige Parameter
Bild im SILKYPIX-Fenster ständig an veränderte enthält. Hier wird vor allem festgelegt, ob SILKY
Einstellungen angepasst. Das kann den Arbeits- PIX JPEG- oder TIFF-Dateien erzeugen soll. Im
prozess auf einem älteren Computer durchaus Drop-down-Menü Dateityp stehen die beiden
verlangsamen. Ist dies der Fall, schalten Sie die Dateiarten zur Auswahl. Natürlich können Sie
Option einfach aus, indem Sie mit einem Maus- auch einen individuellen Dateinamen sowie ein
klick das Häkchen entfernen. Um die Vorschau bestimmtes Verzeichnis als Speicherort angeben.
241
Bilder automatisch umbenennen
Wie häufiger in SILKYPIX haben Sie an mehreren
Stellen des RAW-Workflows die Möglichkeit, Bil-
der umzubenennen. Um global alle Dateien nach
einem bestimmten Schema zu benennen, sollten
Sie den Dialog Einstellungen für Bild-Entwick
lung im Menü Entwicklung aufrufen. Am unteren
Rand befinden sich Schaltflächen, die bestimmte
EXIF-Informationen wie Brennweite, Blende, Be-
lichtungszeit etc. repräsentieren.
Anhand dieser Informationen, die praktisch je-
des Digitalfoto enthält, lassen sich Bilder beim
Entwickeln automatisch umbenennen. Wenn Sie
also z. B. dem Dateinamen die Information über
das Aufnahmedatum und zur ISO-Empfindlichkeit
automatisch beifügen möchten, klicken Sie auf
die Schaltflächen ISO und Datum. Sobald SILKY-
PIX eine Datei entwickelt, fügt das Programm die
entsprechenden Infos dem Dateinamen an.
Im Dialog Speichern unter können Sie zwischen TIFF- und JPEG-Dateien wählen und
die entsprechenden Parameter wie Kompressionsrate, Farbraum und Unschärfe-Maske Dieser Bereich im Dialogfenster Speicher unter ist nur aktiv,
einstellen. wenn Sie als Dateityp JPEG für Ihre Fotos ausgewählt haben.
242
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Die beiden Bilder haben die gleiche Auflösung, sind jedoch mit unter
schiedlicher JPEG-Qualitätsstufe gespeichert worden. Die Vergrößerungen
(400 %) zeigen, was bei der Komprimierung passiert und wie die Bild
qualität leidet.
243
Algorithmen zur Komprimierung
von JPEGs- -YCC420, YCC422 oder
YCC444
Im Dialog Einstellungen für Bild-Entwicklung be-
finden sich drei Optionen zur Speicherung von
JPEG-Dateien. Hinter den Bezeichnungen Exif-
JPEG (YCC422), Exif-JPEG (YCC420) und JPEG
(YCC444) verbergen sich drei unterschiedliche
Algorithmen zur Komprimierung von JPEG-Da-
teien.
Wichtig zu wissen: Die beste Bildqualität bezüg-
lich der Erhaltung von Farbinformationen bietet
die Komprimierungsmethode YCC444. Die JPEG-
Dateien sind hierbei etwas größer als bei den an-
deren beiden Methoden. Einen guten Kompromiss
stellt die Methode YCC422 dar, mit der Methode
YCC420 sind die Dateien am kleinsten, es gehen
aber auch eine Menge Farbinformationen verlo-
ren. Da Speicherplatz auf der Festplatte heute
wirklich nicht mehr teuer ist, sollten Sie genau
überlegen, ob die Ersparnis von ein paar KByte
den Verlust an Farbinformationen rechtfertigt.
Für das Foto wurde eine Bildgröße von 600 x 400 Pixeln gewählt, deshalb wurde eine
weitere Scharfzeichnung mithilfe der Unschärfe-Maske nötig. Das Vorschaufenster zeigt,
wie das Bild nach der Entwicklung aussehen wird.
EXIF-Informationen
erhalten
Aktivieren Sie für die Speicherung von
JPEG-Dateien die Option JPEG (YCC444)
und dazu das Kästchen Exif-Info beifü
gen, dann bleiben auch die Aufnahmein-
formationen (EXIF) erhalten.
244
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Schalters Vorschau auf jeden Fall noch einmal und zur Steigerung der Bildqualität in Bezug auf
kontrollieren. Denn gerade bei starker Verklei- die weitere Verarbeitung.
nerung z. B. für die Veröffentlichung eines Bilds Um ein Histogramm richtig beurteilen zu können,
im Internet wird praktisch immer eine neuerliche ist jedoch einiges an Erfahrung erforderlich, da
Schärfung notwendig. jedes Motiv ein eigenes Histogramm erzeugt und
Sobald Sie die Parameter für die Bildgröße und dieses nur im Zusammenhang damit beurteilt
die Unschärfe-Maske eingestellt haben, klicken werden kann.
Sie auf Vorschau. Es wird ein neues Fenster ge- Digitale Kameras und Computerbildschirme ar-
öffnet, das lediglich das entwickelte Foto zeigt. beiten im RGB-Modus, basierend auf den drei
Das Bild sieht anfangs ziemlich pixelig aus, weil Grundfarben Rot, Grün und Blau. Zwischentöne
die Berechnung der Vorschau ein paar Sekunden werden dabei durch Farbmischung erzeugt. Jede
dauert. Klicken Sie anschließend mit der rechten dieser Grundfarben wird in ihrer Intensität durch
Maustaste ins Foto, um ein Kontextmenü für die eine bestimmte Anzahl von Tonwertabstufungen
Anzeigegröße einzublenden. Stellen Sie für eine dargestellt. Die Anzahl dieser möglichen Abstu-
vernünftige Kontrolle die Ansicht auf 100 %. Ge- fungen und damit deren Feinheit werden durch
fällt Ihnen das Ergebnis nicht, schließen Sie das die Anzahl der dafür zur Verfügung stehenden
Vorschaufenster und stellen die Parameter der Bildinformationen festgelegt.
Unschärfe-Maske neu ein. Im sogenannten 8-Bit-Modus stehen für jede
Klicken Sie, nachdem Sie alle Einstellungen vor- Farbe 256 Abstufungen, von ganz dunkel bis
genommen haben, auf die Schaltfläche Spei ganz hell, zur Verfügung. Die gesamte Anzahl der
chern(S). SILKYPIX beginnt mit der Entwicklung darstellbaren Farben ist damit 256 x 256 x 256,
des Fotos, die je nach Leistungsfähigkeit des also mehr als 16 Millionen Farben. Histogramme
Computers einige Sekunden dauern kann. stellen diese Farbbereiche entweder in einem ge-
meinsamen RGB-Kanal oder in getrennten, jeder
Farbe zugeordneten Kanälen dar.
Die grafische Darstellung in einem Histogramm
gibt Aufschluss über die genaue Verteilung der
Tonwerte im Bild. Auf der horizontalen Achse
(x-Achse) werden die Tonwerte von 0 (ganz dunkel)
bis 255 (ganz hell) von links nach rechts darge-
Wie man hier sieht, war das Ausgangsbild eine JPEG-Datei, stellt. Befinden sich auf dieser Achse stellenweise
die mit SILKYPIX optimiert wurde. Achten Sie in diesem Fall
keine Erhebungen, so sind diese Tonwerte im Bild
darauf, einen neuen Dateinamen zu vergeben und nicht
versehentlich die Originaldatei zu überschreiben.
nicht enthalten. Die senkrechte Achse (y-Achse)
stellt durch die angezeigte Höhe die Anzahl der
diesem Tonwert zugeordneten Pixel im Bild dar.
Histogramme lesen lernen
Hochwertige Digitalkameras und Bildbearbei- Histogramme analysieren
tungsprogramme ermöglichen dem Anwender Sind auf der linken Seite über einen größeren
eine Beurteilung des erstellten oder zu bearbei- Abschnitt extreme Erhöhungen sichtbar und ist
tenden Bilds anhand eines zugehörigen Histo die dargestellte Erhebung zudem angeschnitten,
gramms. Dieses enthält Informationen über die deutet dies auf eine Unterbelichtung hin. Ist das-
Verteilung von Tiefen und Lichtern sowie über selbe auf der rechten Seite zu sehen, ist dies ein
den Kontrastumfang eines Bildmotivs. Bereits Zeichen für eine mögliche Überbelichtung.
unmittelbar nach der Aufnahme kann der Foto Sollten auf beiden Seiten deutliche Erhebungen,
graf anhand dieser grafischen Darstellung bei- die zudem angeschnitten sind, im Histogramm
spielsweise eine Über- oder Unterbelichtung sichtbar sein, deutet dies auf einen höheren
feststellen und gegebenenfalls korrigieren. Der Kontrastumfang hin, der im Bild nicht wieder-
erfahrene Bildbearbeiter wiederum nutzt das geben werden kann. Dies bedeutet in der Regel
Histogramm zur Anpassung des Kontrastumfangs einen Zeichnungsverlust in den hellen und in den
245
dunklen Bereichen, der nachträglich auch nicht
mehr korrigiert werden kann. Eine Anpassung
kann in diesem Fall nur durch Änderung der Be-
leuchtung des Motivs erfolgen.
Wenn auf beiden Seiten über eine größere Strecke
keine Erhöhungen dargestellt werden, so verfügt
das Bild nur über einen geringen Kontrastumfang,
wobei der Schwerpunkt bereits bei der Aufnahme
durch eine Anpassung der Belichtungszeit oder
der Blende in eine bestimmte Richtung (nach
heller oder dunkler) verschoben werden kann. Al-
ternativ kann eventuell auch durch eine andere
Beleuchtung der Kontrast erhöht werden.
Ist der Tonwertumfang geringer als der darstell-
bare Bereich, so kann diese Aufnahme möglicher-
weise später, bei der digitalen Tonwertkorrektur,
durch Spreizen der Tonwerte noch angepasst
werden. Die dadurch entstehenden Lücken kön-
nen bei einer geringen Spreizung durch eine
Transformation mit Neuberechnung wieder ge-
schlossen werden. Extreme Spreizungen sind
jedoch zu vermeiden, da hier im Bild deutliche
Tonwertabrisse entstehen können.
Einzelne Spitzen, die über den oberen Rand
bereich hinausragen, deuten auf der rechten Hi-
stogrammseite auf Spitzlichter, links auf extreme
Schwärzen im Bild hin. Im mittleren Bereich zei-
gen diese eine besonders hohe Anzahl an be-
stimmten (mittleren) Tonwerten an.
Eine genaue Beurteilung dieser grafischen Dar-
stellung ist jedoch immer nur im Zusammenhang
mit dem jeweiligen Bildmotiv möglich. Ein Motiv,
das insgesamt sehr hell oder Ton in Ton ist, zeigt
selbstverständlich eine andere Verteilung der Ton-
werte als ein Motiv, das allgemein dunkel ausfällt.
Das Beispielhistogramm zeigt die Eine deutlich unterschiedliche Darstellung eines
einzelnen Farbkanäle, oben steht das
einzelnen Farbkanals im Vergleich zu den ande-
zugehörige Bild.
ren Farbkanälen deutet auf einen Farbstich im
späteren Bild hin. Eine mögliche Lösung dieses
Problems bereits bei der Aufnahme könnte ein
entsprechender Weißabgleich sein. Eine farblich
korrekte Wiedergabe erzeugt unter normalen Um-
ständen in allen drei Kanälen eine ähnliche (je-
doch nicht gleiche!) Darstellung des Bildmotivs.
Bei der digitalen Bildbearbeitung kann durch
eine Anpassung der einzelnen Farbkanäle auch
eine nachträgliche Anpassung der Farben vorge-
nommen werden. Die Bearbeitungsmöglichkeiten
sind jedoch begrenzt. Eine Korrektur bereits vor
246
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Tonwertkorrekturen vornehmen
Ein ideales Bild wird nur in den seltensten Fällen
direkt von der Kamera erzeugt. Dazu muss das
Motiv über den zur Wiedergabe erforderlichen
idealen Tonwertumfang verfügen und die Kame-
ra müsste mittels exakter Belichtung und unter Richtig belichtet
idealen Beleuchtungsbedingungen das Bild auf-
zeichnen. Eine nachfolgende Bildbearbeitung ist
in diesem Fall nicht mehr notwendig. Folgende
Probleme treten in der Praxis am häufigsten auf:
• Der Bildkontrast ist höher als die durch
das Ausgabemedium begrenzte mögliche
Wiedergabe. Eine Anpassung ist nur mit
Darstellungsverlusten möglich.
247
Das Histogramm wird zur Tonwertkorrektur genutzt.
248
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
dieselbe Bearbeitung im 16-Bit-Modus eines können Sie Ihr Bild auch vor der Bearbeitung in
Bilds vor, passiert genau das Gleiche. Durch den ein 16-Bit-Bild umwandeln, nach Abschluss der
größeren Tonwertumfang entstehen jedoch we- Arbeiten die Größe etwas verkleinern und dann
sentlich feinere Abstufungen. vor der Ausgabe wieder in den 8-Bit-Modus um-
Wandeln Sie das Bild danach aus dem 16-Bit- rechnen lassen. Diese zweite Möglichkeit bringt
Modus wieder in den 8-Bit-Modus um und pas- erfahrungsgemäß ebenfalls eine Verbesserung
sen Sie zuvor die Bildgröße durch eine Neube- der Bildqualität mit sich, besonders dann, wenn
rechnung an, werden die Lücken im Histogramm
wieder geschlossen.
249
noch weitere Bearbeitungsschritte bis zur Fertig- Um die Bearbeitung im Griff zu behalten, sollten
stellung erforderlich werden, die sich ebenfalls Sie nicht zu viele Punkte setzen, hier ist weniger
auf das Histogramm auswirken. meist mehr. Einmal gesetzte Punkte lassen sich
entfernen, indem man sie mit der Maus aus dem
Gradationskurven anpassen Fenster herauszieht.
Die Funktion Gradationskurven aus dem Menü Wenn Sie bei geöffnetem Diagrammfenster in Ihr
Bild/Anpassungen in Photoshop ist in der Hand Bild klicken, erhalten Sie eine Anzeige der Posi
eines erfahrenen Anwenders ebenfalls sehr tion des entsprechenden Tonwerts als kleinen
gut zur Bildanpassung geeignet. Dabei werden Kreis in Ihrer Kurve.
Punkte auf die Linie gesetzt und leicht verzogen. Der Klick mit gedrückter [Alt]-Taste in das Dia-
Stärkere Verzerrungen führen zu massiven Bild- gramm verfeinert das Raster. Alternativ können
veränderungen, ähnlich wie bei der Anwendung Sie mit Kurven-Anzeigeoptionen noch weitere
von Effektfiltern. Ein Verschieben der jeweiligen Optionen einblenden.
Eckpunkte verändert den Schwarz- bzw. Weiß- Unter Vorgabe finden Sie bereits vorgefertigte
bereich. Einstellungen, zu denen eigene hinzugefügt und
wieder aufgerufen werden können. Die Bearbei-
tung mit dem Zeichenstift anstelle der Punkte-
verschiebung ist nur für besondere Effekte sinn-
voll.
Voreinstellung der
Pipetten
Um eine bessere Bildwiedergabe im
Ausdruck zu erhalten, empfehlen sich
folgende Einstellungen der Pipetten.
Pipettengröße: 3 x 3 Pixel – Ein-
stellung durch Klick auf das Pipet-
tensymbol in der Werkzeugleiste des
Programms.
Schwarze Pipette: Einstellung der Ziel-
tiefe auf 3 5 %.
Passen Sie die Gradationskurve durch Setzen und Ziehen von Markierungspunkten an. Weiße Pipette: Einstellung der Ziellichter
auf 95 97 %.
Diese Einstellung wird auf der HSB-Skala
unter B vorgenommen. Dazu klicken Sie
doppelt auf die jeweilige Pipette. Durch
diese Einstellungen verhindern Sie ein
Ausreißen der Lichter zu reinem Papier-
weiß und einen zu dichten Schwarzauf-
trag.
250
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
neutrales mittleres Grau und eine für reines [2] Liegt das Bild ausschließlich im 8-Bit-Modus
Weiß. Sind eine oder mehrere dieser Tonwerte in vor, nehmen Sie vor der Bearbeitung eine
Ihrem Bild enthalten, kann eine direkte Anpas- Umwandlung in den 16-Bit-Modus vor. Da
sung des entsprechenden Bereichs durch Ankli- durch wird das Bild von 256 Tonwerten auf
cken mit der jeweiligen Pipette erfolgen. Beson- die Anzahl von 65536 Tonwerten pro Kanal
ders die mittlere Pipette für neutrales Grau ist gedehnt. Die dadurch entstehenden Lücken
optimal dafür geeignet, Farbstiche in einem Bild im Histogramm sind jedoch auf dem Bild
zu neutralisieren. Dazu muss Ihr Bild lediglich schirm nicht sichtbar. Alle erforderlichen
einen solchen Graubereich enthalten. Die weiße Anpassungen erfolgen nun nach Möglichkeit
und die schwarze Pipette sind dagegen nicht im- im 16-Bit-Modus.
mer einsetzbar - bei Graustufenbildern sind sie
jedoch sehr zu empfehlen. [3] Nach Abschluss der erforderlichen Anpas
Fazit: Die Tonwertkorrektur oder alternativ die sungen berechnen Sie das Bild neu (verklei-
Gradationskurvenanpassung ist ein unverzicht- nern) um einen minimalen Wert und wandeln
bares Mittel in der Bildanpassung und in der dieses, falls erforderlich in den 8-Bit-Modus
Regel als erster Schritt bei einer Bildbearbeitung um.
vorzunehmen. Eine wiederholte Anwendung ist
dabei strikt zu vermeiden. Selbst optimal belich- Bei der Neuberechnung (Transformation) werden
tete Fotos werden mit diesem Werkzeug zumeist die Übergänge durch Interpolieren angepasst und
nochmals verbessert. Dabei zielen die Ergebnisse fallen dadurch feiner aus. Im Histogramm wird
immer auf die spezielle weitere Verwendung, z. B. dies durch eine Schließung der Lücken deutlich.
für den Druck (professionell oder Heimdrucker) Lediglich die aus der Kurve ragenden einzelnen
oder für das Internet. Spitzen deuten dann noch auf eine Korrektur
Die Funktion Helligkeit/Kontrast ist weniger zu hin.
empfehlen, da sie den gesamten Tonwertbereich
um einen bestimmten Wert verschiebt und die
über den Randbereich hinaus verschobenen Ton-
werte verloren sind.
251
Helligkeit und Kontrast Schnappschuss im Gegenlicht
Es gibt kaum ein Foto, das so perfekt belichtet Dieser Schnappschuss einer Musikkapelle beim
ist, dass keine Anpassung erforderlich wird. Zu Oktoberfest wurde unter äußerst ungünstigen
den meistverwendeten gehört die Anpassung Lichtbedingungen gemacht. Im Gegenlicht, ohne
der Bildhelligkeit (viele Aufnahmen sind etwas Aufhellung durch einen Blitz ist der Vordergrund
zu hell oder etwas zu dunkel) und die Anpassung viel zu dunkel und weist in den dunklen Berei-
des Kontrasts. Ist der Kontrast zu niedrig, kann chen kaum noch Zeichnung auf.
leicht Abhilfe durch dessen Erhöhung geschaffen Um dieses Dilemma besser in den Griff zu be-
werden. Ist der Kontrast jedoch zu hoch und die kommen, wurde das Bild heller eingescannt und
hellen Stellen im Bild sind bereits ohne Zeich- wirkt dadurch aber auch sehr flau. Dazu kommt
nung, kann kaum noch etwas verbessert werden. der in den Schatten sehr starke Blaustich, der
Auch dem tiefschwarzen Bereich ist dann keine durch den blauen Himmel verursacht wird.
Information mehr zu entnehmen.
252
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Automatische Tonwertkorrektur
Eine erste automatische Anpassung mit Bild/An
passungen/Tonwertkorrektur in Photoshop stellt
den ursprünglichen Zustand farblich wieder her.
Im Bereich der Mitteltöne muss aber noch stark
aufgehellt werden. Deshalb wird der Mittelton-
regler ein wenig nach links gezogen. Das Bild hat
sich zwar insgesamt bereits verbessert, ist aber
noch nicht zufriedenstellend. Eine Anpassung der
Tiefen ist unbedingt noch erforderlich.
Selektive Farbkorrektur
Die nächste Korrektur wird deshalb über das
Menü Bild/Anpassungen/Selektive Farbkorrektur
vorgenommen. So werden im Rottönebereich die
Magenta- und Schwarzanteile reduziert und da- Die Tiefen und der Mitteltonkontrast wur
bei der Gelbanteil leicht erhöht, bis die Hautfarbe den angepasst.
wieder natürlicher wirkt.
253
Belichtung anpassen
Um die Brillanz im Bild noch zu steigern, rufen
Sie das Menü Bild/Anpassungen/Belichtung auf
und nehmen kleine Korrekturen mit den Reglern
für Belichtung und Gammakorrektur vor. Hier ge-
nügen in der Regel winzige Veränderungen. Von
dem Regler Versatz lassen Sie lieber die Finger,
da er zu aggressiv arbeitet.
Dabei müssen Sie aufpassen, die zuvor erziel
ten Verbesserungen nicht wieder zunichte zu
machen. Mehr Brillanz bedeutet eben auch mehr
Kontrast und eine Erhöhung desselbigen ist im-
mer mit Verlusten verbunden.
Das Werkzeug Belichtung ist eigentlich zur schnel-
len Anpassung von fehlbelichteten Bildern ge-
dacht und beeinflusst Helligkeit und Kontrast mit
brachialer Gewalt. Es wird in der Regel wohl eher
am Anfang als am Ende einer Bildbearbeitung ste-
hen, sofern man es überhaupt einsetzen möchte.
Fotofilter
Den immer noch starken Blaustich in der Aufnah-
me bekämpfen Sie mit einem Fotofilter. Wählen
Sie hierzu im Menü Bild/Anpassungen die Funk-
tion Fotofilter. Um den blauen Himmel zu schüt-
zen, maskieren Sie ihn zuvor mit dem Werkzeug
Zauberstab.
Mit gedrückter [Umschalt]-Taste fügen Sie
die einzelnen Bereiche des Himmels mit dem
Zauberstab zusammen. Im Maskierungsmodus
reparieren Sie dann mit dem Pinsel noch einige
Die selektive Farbkorrektur wird ausgeführt. Fehlstellen, wechseln wieder zurück in den Aus-
wahlmodus und kehren Ihre Auswahl um.
Bildschirmkalibrierung
und Probedrucke
Für alle hier aufgeführten Anwendungen
Die Belichtung muss angepasst werden. muss der Bildschirm unbedingt kalibriert
sein. Um die Auswirkungen auf das ver-
wendete Bildmaterial besser einschätzen
zu können, sollten Sie zudem gelegent-
lich einige Probedrucke auf hochwerti-
gem Papier machen.
254
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Im Maskierungsmodus
können Fehlstellen repariert
werden.
Als Fotofilter wählen Sie Warmfilter 81 bei 25 %. Prozentangabe noch fein einstellbar und können
Die Fotofilter funktionieren ähnlich wie die rich- durch Anklicken eines Farbfelds sogar selbst er-
tigen, die bei der Aufnahme vor das Objektiv ge- zeugt werden.
setzt werden müssen. Dazu sind diese mittels der
255
Das Ausgangsbild wurde 1970 fotografiert.
Nach der Tonwertkorrektur und der Anhebung der Sättigung sind die Farben kräftiger.
256
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Partielle Farbanpassung
Im Maskierungsmodus
Eine partielle Farbanpassung kann je nach Struk- Dabei arbeiten Sie zunächst mit einem großen
tur einen enormen Aufwand verursachen, be- Werkzeug und übermalen den oberen Bereich
sonders wenn keine einheitlichen Flächen mit komplett mit der Vordergrundfarbe Schwarz. Für
deutlichen Abgrenzungen oder wenn starke Kon- den Bereich des Flusses, der gesäubert werden
traste vorhanden sind und zudem die im Bild er- muss, ändern Sie die Vordergrundfarbe zu Weiß
scheinenden Farben lediglich teilweise angepasst und entfernen die groben Maskenflecken wo es
werden sollen. Hier hilft nur der Griff zum Pin- geht, bevor Sie bei einer starken Vergrößerung
sel, um im Maskierungsmodus manuell passende zur Feinarbeit übergehen.
Auswahlen zu erstellen. Mit einem feineren Pinsel und harter Kante ar-
Das Foto einer alten Stadtansicht von Tübingen beiten Sie sich dann durch den Dschungel am
mit seinen am Neckar liegenden Booten gefällt Fluss, indem Sie durch Hin- und Herwechseln
trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner der Vordergrundfarbe abwechselnd deckend und
Körnigkeit und der dezenten Farben entfernend vorgehen.
Farbbereich auswählen
Im Menü Auswahl/Farbbereich setzen Sie die
Auswahl-Pipette am Fluss ein. Mittels der Hin
zufügen-Pipette, durch ein +-Zeichen gekenn-
zeichnet, und der Anpassung des Toleranzreglers
erreichen Sie schließlich ein Ergebnis, das als
Ausgangspunkt annehmbar scheint.
Im Maskierungsmodus zeigt sich jedoch, dass
dieser schlammige Gelbton fast überall vorkommt
und teilweise noch weiter überarbeitet werden
muss. Da zunächst nur der Fluss von Bedeutung
ist, kann der restliche Bereich mit dem Pinsel und Im Maskierungsmodus wurden Bildteile übermalt.
Maskenfarbe übermalt werden.
257
Im Maskierungsmodus wechseln Sie durch Klick
auf die Vordergrundfarbe Schwarz, um Bildteile
mit roter Maskenfarbe abzudecken. Mit Klick auf
Weiß wird Ihr Pinsel zum Radiergummi und Sie
können die Maskenfarbe entfernen. Zum schnel-
len Wechsel des Werkzeugs Pinsel zwischen den
beiden Anwendungen können Sie auch die Taste
[X] drücken.
Die Randbereiche des Busches an der linken Bild-
seite überpinseln Sie mit auf 50 % reduzierter
Deckkraft des weißen Pinsels. Danach wechseln
Sie in den Auswahlmodus zurück.
Die Bildanpassung geschieht mittels Selektiver Farbkor-
rektur.
Im Auswahlmodus
Im Menü Bild/Anpassungen öffnen Sie die Selek
tive Farbkorrektur. Verändern Sie hier den Gelb-
ton mit dem Regler Cyan in ein angenehmeres
Grün. Nach dem Aufheben der Auswahl überprü-
fen Sie nochmals die bearbeiteten Stellen.
Nun folgt eine weitere Farbauswahl. Dazu wäh-
len Sie wieder im Menü Auswahl den Punkt
Farbbereich auswählen, diesmal jedoch für den
Himmel. Dazu müssen in diesem Bild, wieder
im Maskierungsmodus, noch einige Häuserteile
abgedeckt werden, um eine saubere Maske zu
erhalten. Die Deckkraft des Pinsels wird zur An-
wendung wieder auf 100 % zurückgesetzt.
Einige Glanzlichter im Bild lassen Sie absichtlich
unbedeckt, darin soll sich das Blau des Himmels
spiegeln. Nach einem weniger befriedigenden
Versuch mit einer blauen Farbe entschließen Sie
Die Ansicht des Alphakanals zeigt den Himmel.
sich für einen Verlauf (mit dem Werkzeug Ver
lauf ) von blau nach transparent, den Sie auf
einer neuen Ebene bei geladener Auswahl leicht
diagonal einsetzen.
Nach Auswahl des Verlaufs-Werkzeugs und der
entsprechenden Option (die Vordergrund- und
die Hintergrundfarbe müssen dabei die ge-
wünschten Farbtöne enthalten) ziehen Sie mit
gedrückter linker Maustaste eine Linie über den
entsprechenden Bildbereich. Je nach Anfangs-
und Endpunkt ergibt sich dann der Verlauf.
Zur weiteren Anpassung der Auswahl des Him-
mels benutzen Sie in der Palette Ebenen die Füll-
methode Multiplizieren bei verringerter Ebenen
deckkraft. Das neue Bild kann sich sehen lassen.
Alternativ kann auch bei geladener Auswahl im
Menü Ebene/Neue Füllebene/Verlauf dieser Bild-
Neue Füllebene mit Verlauf bestimmen.
teilbereich bearbeitet werden.
258
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
259
Verschieben der Frontstandarte bei der Fachka-
mera gearbeitet werden. Die Schärfentiefe kann
jedoch nur durch die Blende und die Entfernung
zum Motiv beeinflusst werden.
Auch bei Motiven im Nahbereich, wie z. B. Ver-
packungen oder anderen Objekten mit senkrecht
verlaufenden Linien, kann die perspektivische
Verzerrung mit einer starren Kamera nicht aus-
geglichen werden. Im Bereich der traditionellen
Bildverarbeitung ist hier eine nachträgliche Ent-
zerrung nur sehr aufwendig zu erreichen.
Mit Adobe Photoshop oder einem RAW-Konverter
wie SILKYPIX ist dies jedoch in wenigen Schrit-
ten zu korrigieren. Als Ausgangsbild dient hier
die Aufnahme eines Turms (Müllersches Volks-
Perspektive: Ansicht mit einer starren Kamera bad, München). Da es bei der Aufnahme mit der
digitalen Kamera nicht möglich war, durch eine
Positionsveränderung gerade Linien zu erhalten,
sollen diese nun nachträglich korrigiert werden.
Photoshop bietet im Menü Bearbeiten/Transfor
mieren mit den Funktionen Verzerren und Per
spektivisch entsprechende Möglichkeiten, um
solche Aufnahmen wieder gerade zu richten.
[1] Um die Funktion dieses Werkzeugs nutzen
zu können, benötigen Sie eine frei beweg-
Perspektive: Ansicht mit einer verschwenk- und verschieb liche Ebene. Dazu müssen Sie entweder
baren Fachkamera die Hintergrundebene in die Ebene 0 um-
wandeln oder besser ein Duplikat dieser
Ebene erstellen. Als Hilfsmittel zur besseren
Orientierung bei der Ausrichtung können Sie
sich Hilfslinien aus dem Lineal ziehen und/
oder über das Menü Ansicht/Einblenden/
Raster ein Bildschirmraster einblenden.
Anpassen und Ausrichten [2] Da das Bild, wie in diesem Fall, auch noch ver-
dreht ist, muss es zunächst mit der Funktion
Sobald die Kamera bei einer Aufnah-
me nicht absolut gerade gehalten Arbeitsfläche drehen/Per Eingabe aus dem
wird, entstehen im Bild perspekti- Menü Bild angepasst werden. Drehen Sie das
visch bedingte optische Verzerrungen. Bild im Uhrzeigersinn bei einem Winkel von
Besonders deutlich wird dies z. B. bei 3,1 Grad.
Aufnahmen von Gebäuden, bei denen
die Kamera nach oben gerichtet wurde.
Diese Verzerrung entspricht zwar
[3] Zur Anpassung sollte das Bild in verkleiner-
durchaus unseren Sehgewohnheiten, da ter Ansicht mit genügend Arbeitsumfeld
wir aber wissen, dass ein Haus gerade versehen werden. Dazu verkleinern Sie Ihre
stehen muss, kommt uns dieser Effekt Vorlage mit dem Werkzeug Zoom und hal-
in der zweidimensionalen Abbildung ten dabei die [Alt]-Taste gedrückt. Ziehen Sie
unnatürlich vor.
mit der Maus den Bildrahmen deutlich grö-
ßer, sodass das Bild von ausreichend grauer
Fläche umgeben ist.
260
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Das Ausgangsbild (Müllersches Volksbad, München) mit deutlich sichtbarer perspektivischer Verzeichnung, daneben sehen Sie das fertige, überarbeitete
Bild.
261
Das ausgerichtete Bild ist zwar gerade, wirkt aber gedrungen.
[4] Rufen Sie nun die Funktion Transformieren/ abgeschlossen. Möchten Sie eine misslun-
Perspektivisch auf. Durch Ziehen an einem gene Transformation abbrechen, drücken Sie
der Eckpunkte wird das Bild an dieser Seite die [Esc]-Taste.
ausgedehnt. Ist, wie in diesem Beispiel,
das Gebäude auch noch schief aufgenom- [5] In der Gesamtansicht ist das Bild zwar deut-
men, ziehen Sie noch am entsprechenden lich gerader als zuvor, wirkt aber sehr ge-
Mittelpunkt, um es gerade auszurichten. drungen und eine Seite steht immer noch
Anhand des Rasters kann man deutlich se- nicht ganz senkrecht. Deshalb wenden Sie
hen, wann die Ausrichtung stimmt. Mit zur weiteren Korrektur noch die Funktion
Doppelklick in das Bild oder durch Drücken Transformieren/Verzerren an.
der [Enter]-Taste wird die Transformation
262
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Mit diesem Werkzeug kann jeder Eckpunkt in- des Rasters im Menü Ansicht/Extras steht das
dividuell verzogen und dadurch auch die Seite Gebäude jetzt perfekt. Zur abschließenden Be-
angepasst werden. Durch Ziehen am oberen Mit- arbeitung reduzieren Sie das Bild in der Palette
telpunkt dehnen Sie das Bild in die gewünschte Ebenen wieder auf die Hintergrundebene.
Länge. Nach dem Ausblenden der Hilfslinie und
263
Entzerren einer Gebäudeaufnahme [1] Zunächst sollte die Verdrehung korrigiert wer-
Das Foto dieses Gebäudes wurde aus der Hand den. Dazu zeichnen Sie mit dem Werkzeug
aufgenommen und weist außer den stürzenden Lineal eine Linie entlang des Bereichs, der
Linien auch eine leichte Drehung auf. Nach dem eigentlich senkrecht stehen sollte. Blenden
Einblenden des Rasters und dem Einfügen einiger Sie dazu vorübergehend die Hilfslinien und
Hilfslinien werden diese Verdrehung und die das Raster wieder aus.
stürzenden Linien deutlich sichtbar.
Stürzende Linien und die Drehung des Gebäudes stören den Gesamteindruck. [2] Wechseln Sie dann in das Menü Bild/
Arbeitsfläche drehen/per Eingabe. Der zur
Drehung erforderliche Bildwinkel wird genau
264
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
265
Anpassung durch die Transformation. Wählen an den seitlichen Eckpunkten des Trans
Sie hierzu die Funktion Transformieren/ formationsrahmens wieder zurück. Orien
Verzerren und ziehen Sie das Bild an den tieren Sie sich dabei an im Bild befindlichen
Eckpunkten bis die stürzenden Linien gerade Objekten, die eine bestimmte Form behalten
stehen. müssen. Mit einem Doppelklick in das Bild
oder durch Drücken der [Enter]-Taste schlie-
[6] Wenn sich das Bild durch die Transformation ßen Sie die Transformation ab.
zu sehr in die Breite dehnt, schieben Sie es
266
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
267
Aufnahmen wie die nebenstehende sind die Do-
mäne der verstellbaren Großbildkamera. Bei der
Aufnahme des Buchs mit Ober- und Seitenein-
sicht, ohne stürzende Linien, sieht man an der Vi-
gnettierung links unten dass der Bildkreis des Ob-
jektivs voll ausgenutzt wurde. Diese Einstellung
erfolgt durch ein Verschieben und Verschwenken
der Rückstandarte. Ein weiterer, wesentlicher
Faktor ist die Möglichkeit der Beeinflussung der
Schärfentiefe durch das Verschwenken der Ob-
jektivstandarte.
Dieses Foto ist ein Spezialfall für verstellbare Großbild
kameras.
Schärfen
Da die Schärfe zu wünschen übrig lässt, kommt
der Filter Unscharf maskieren zum Einsatz. Durch
Probieren mit den Reglern und einer 100 %-Bild-
ansicht (mit eingeschalteter Vorschau) sowie
300 % im Ausschnittmenü des Filters finde ich
Das Ausgangsbild nach dem Negativscan sollte optimiert werden. schließlich einen passenden Wert.
268
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
269
Kontrast- und Schärfeanpas
sungen im Helligkeitskanal
des Labmodus wirken sich
besonders schonend auf das
Bild aus.
Gut sichtbar wird in diesem Fall, dass durch die Zur weiteren Bearbeitung wird in den Modus
Schärfung eine gesteigerte Fleckenbildung ent- Lab-Farbe (in diesem Modus kann Photoshop
steht. Fusseln und Schmutz werden überdeut- feiner arbeiten) gewechselt und hier der Hellig-
lich. keitskanal ausgewählt. Durch eine Korrektur mit-
Der Vergleich der beiden
Bildausschnitte am Monitor
(links: bearbeitetes Bild,
rechts: Original-Scan) zeigt
deutlich die erzielte Verbes
serung.
270
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
tels des Reglers Helligkeit/Kontrast werden der Im flächigen Bereich und an kritischen Stellen,
Kontrast und damit auch nochmals die Schärfe bei denen eine Struktur erhalten werden muss,
angepasst. bleibt die Deckkraft bei 100 %. Bei Retuschen
empfiehlt sich ein Wert von ca. 45 %, sodass
Fusseln und Flecken entfernen man mit einem bzw. mit einem zweiten Klick
Nach dem Öffnen aller Kanäle und zurück im an das gewünschte Resultat herankommt. Nach
Ebenenbereich werden mit dem Werkzeug der Umwandlung in den RGB-Modus ist das Bild
Kopierstempel alle Fusseln und Flecken entfernt. dann zur Ausgabe fertig.
271
Das Originalbild ist zu dunkel und zu farbig.
Extremer Farbstich
Das vorliegende Bild ist bei Kunstlicht auf Ta-
geslichtfilm (Colordiafilm) entstanden, unter-
belichtet und weist neben einer Unschärfe und
Das Bild wird mit der Graustufenmaske aufgehellt. unschönen Schatten im Hintergrund einen ex-
tremen Farbstich auf.
Hautton anpassen
Im nächsten Arbeitsschritt wird über Farbton/
Sättigung der Farbton der Haut angepasst.
272
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Hintergrundbearbeitung im
Maskierungsmodus
Nun wird mit dem Zauberstab eine Maske er-
stellt, um den Hintergrund zu bearbeiten. Bei
der Maskierung wird eine weiche Auswahlkante
von Pixeln festgelegt. Feinarbeiten können noch
mit dem Pinsel in der Maskierungsansicht vorge-
nommen werden. Der rot abgedeckte Bereich im
Maskierungsmodus ist geschützt, der nicht ab-
gedeckte Bereich kann nach der Rückkehr in den
Auswahlmodus bearbeitet werden. Die erstellte
Auswahl wird gespeichert und nach dem Dupli-
zieren der Hintergrundebene im Menü Ebene/
Ebenenmaske/Außerhalb der Auswahl maskieren
als Ebenenmaske eingesetzt.
Mit dem Werkzeug Verlauf wird nun der neue Die Kontraste werden in der Einstellungsebene Gradationskurven verändert.
Hintergrund in der Ebenenkopie erstellt. Die ent-
sprechenden Farben werden zuvor als Vorder-
und Hintergrundfarbe erstellt. Noch eine letzte
Tonwertkorrektur in der Hintergrundebene, um
die Hautfarbe gemäß dem neuen Hintergrund
nochmals anzupassen, etwas nachschärfen und
schon ist das Bild fertig.
Der neue Hintergrund wurde eingefügt und das Bild ist Im Maskierungsmodus wird der Hintergrund bearbeitet.
fertig bearbeitet.
Scharfzeichnen
Wie kann ich mein Bild schärfen? Welche Metho-
den bietet das Programm und wie gehe ich damit
um? Kann ich eine Scharfzeichnung vornehmen,
ohne die im Bild vorhandenen Flächen anzugrei-
273
fen? - Sie können! In diesem Kapitel werden die kleinstem Raum vorhanden sind - je feiner auf-
Scharfzeichnungswerkzeuge und verschiedene gelöst also -, desto schärfer wirkt das Bild. Mit
Profitricks mit Bildbeispielen zur Anwendung zunehmender Vergrößerung werden diese Pixel
vorgestellt. wieder größer und eine ansteigende Unschärfe
Schärfe ist ein relativer Begriff und in erster Li- tritt ein. Dazu kommt noch die bei einer foto-
nie vom Ausgabemedium und der Bildgröße ab- grafischen Aufnahme vorhandene reale Schärfe
hängig. Je stärker Sie ein Bild vergrößern, desto durch die Fokussierung des Objektivs. Kurz ge-
unschärfer werden die Details darin erscheinen. sagt, eine Aufnahme, die deutlich unscharf er-
Auf einem glatten, glänzenden Papier erhalten stellt wurde, ist auch durch Nachschärfen kaum
Sie einen anderen Schärfeeindruck als auf einem zu verbessern.
matten oder strukturierten Medium. Ein Bild gilt Wenn Sie Größenanpassungen durch digitale
in der Regel dann als scharf, wenn die Konturen Umrechnung an einem Bild vornehmen, dieses
darin deutlich zu unterscheiden sind. Je stär- also vergrößern oder verkleinern, ist das immer
ker dabei der Kontrast ist, desto deutlicher, also mit einer ansteigenden Unschärfe verbunden.
schärfer, wirkt die Kontur. Eine Scharfzeichnung am PC erfolgt prinzipiell
In der digitalen Fotografie oder bei der Übernah- als Kontrasterhöhung. Dadurch wirken die Kan-
me analoger Bilder mit dem Scanner lösen Sie ten im Bild schärfer. Da die Scharfzeichnung
die Bildvorlage in Pixel auf. Je mehr Pixel auf jedoch auch von der Ausgabeart und -größe ab-
hängig ist, kann es erforderlich sein, je nach Ver-
wendungszweck unterschiedliche Schärfungen
vorzunehmen.
Unscharf maskieren
Photoshop bietet im Menü Filter/Scharfzeich
nungsfilter mit der Funktion Unscharf maskieren
einen gut regelbaren Scharfzeichner an, der in
vielen Fälle zu verwenden ist. Dieser Filter sucht
nach Pixeln im Bild, die sich von den benachbar-
ten Pixeln um den eingestellten Schwellenwert
unterscheiden. Bei diesen Pixeln wird dann der
Kontrast entsprechend dem eingestellten Wert
(Stärke) erhöht. Der einzustellende Radius be-
stimmt die Breite des Kantenbereichs, der zur
Kontrasterhöhung verwendet wird.
Beachten Sie bei einer Scharfzeichnung folgende
Regeln: Verwenden Sie zur Beurteilung des Ef-
fekts eine Ansicht von 100 %. Beachten Sie, dass
die Auswirkung des Scharfzeichnungseffekts auf
dem Bildschirm immer deutlicher zu sehen ist als
später im Ausdruck. Es darf also etwas kräftiger
scharf gezeichnet werden.
Selektives Scharfzeichnen
Der Filter Selektiver Scharfzeichner arbeitet mit
verschiedenen Berechnungsarten. Diese werden
unter der Option Entfernen eingestellt.
Gaußscher Weichzeichner verwendet dieselbe
Methode wie der Filter Unscharf maskieren.
Der Filter Unscharf maskieren schärft Ihre Bilder nachträglich.
Schärfentiefe abmildern ermittelt Kanten und
274
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
275
Mit den folgenden Schritten können Sie Ihre
Maske anpassen und verbessern. Je nach Motiv
und Aufgabenstellung können Sie alle oder auch
nur eine Auswahl davon verwenden.
[4] Wählen Sie den Filter Rauschfilter/Helligkeit
interpolieren und legen Sie bei Radius einen
niedrigen Wert fest. Dadurch werden die
Kanten wieder etwas weicher.
Mit dem Rauschfilter Helligkeit interpolieren kann die Maske verbessert werden. [7] Laden Sie danach Ihren bearbeiteten Kanal
als Auswahl per [Strg]-Taste und Mausklick
auf den bearbeiteten Kanal und verwenden
Sie dann wie zuvor beschrieben einen
Scharfzeichnungsfilter auf Ihrer Arbeits
ebene�������������������������������������
. Dieser wird jetzt nur auf die unge-
schützten Bereiche des maskierten Bilds
angewendet.
276
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Scharfzeichnen im Labmodus
[1] Einige Scharfzeichnungsmethoden sind auch
im Labmodus anzuwenden. Dazu wandeln
Sie zunächst Ihr Bild im Menü Bild/Modus/
Lab-Farbe in diesen um.
[3] Um störende Pixelmuster in farbigen Flächen [4] Im Beispiel wird der Kontrast im Menü Bild/
zu entfernen, verwenden Sie den Gaußschen Anpassungen/Helligkeit/Kontrast im Hellig
Weichzeichner. Diesen wenden Sie auf die keitskanal erhöht. Gleichzeitig wird die
Farbkanäle a und/oder b an. Verwenden Sie Helligkeit etwas angepasst, um das Bild nicht
dazu einen geringen Pixelradius. Nach der zu sehr zu verändern.
277
Der duplizierte Helligkeitskanal wird bearbeitet.
[5] Da die dadurch erreichte Schärfesteigerung Zur besseren Anpassung der Auswahl vor der An-
jedoch noch nicht ausreichend erscheint, wird wendung des Scharfzeichners kann es hilfreich
anschließend der Helligkeitskanal dupliziert sein, die geladene Auswahl mit einer weichen
und mit einer extremen Kontrastanpassung Auswahlkante, je nach Motiv zwischen 2 und 4
bearbeitet. Danach wird dieser neue Kanal Pixel, zu versehen (Menü Auswahl/Weiche Aus
mit Bild/Anpassungen/Umkehren in ein wahlkante).
Negativ verwandelt und als Auswahl, [Strg]-
Taste und Mausklick auf den Kanal, auf die Vergleich der einzelnen Bearbeitungen
Arbeitsebene geladen. (Siehe rechts)
278
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
279
Bildfehler bei digitalen Kameras
Auch wenn Sie sich gerade eine neue Digital
kamera gekauft haben, kann es zu Abbildungs- Vorsicht!
fehlern kommen, die technisch bedingt sind. Je
nach Hersteller und Qualität des verwendeten Der Sensor einer Digitalkamera
Sensors kann dieser bereits von vorneherein eini- ist hochempfindlich und kann bei
ge Fehlstellen, sogenannte Hot-Pixel, aufweisen, unsachgemäßer Behandlung erheb-
lich beschädigt werden. Beachten Sie
die Sie möglicherweise erst nach einiger Zeit ent- deshalb unbedingt die entsprechenden
decken. Die Ablagerung von Staub auf dem Sen- Herstellerangaben.
sor ist ein weiteres Problem und bringt dunkle,
unscharfe Flecken bei der Abbildung hervor. Bei
Kameras mit Wechselobjektiven muss der Sensor
deshalb hin und wieder gereinigt werden. oder farbige Flecken immer an denselben Stellen
Die Verwendung einer erhöhten Lichtempfind- und besonders in flächigen und dunklen Berei-
lichkeit oder auch eine Langzeitbelichtung bringt chen in den Bildern bemerkbar machen. Je länger
ähnlich wie bei einem hochempfindlichen Film, die gewählte Belichtungszeit ausfällt, desto mehr
hier ist es das Korn, ein erhöhtes Bildrauschen Hot-Pixel zeigen sich.
hervor. Um diesen Problemen gegenzusteuern, [1] Um diese Fehler mittels Bildbearbeitung
gibt es einige Bildbearbeitungstechniken, die ich zu korrigieren, machen Sie zunächst eine
Ihnen hier vorstellen möchte. Schwarzaufnahme; mit dem Deckel vor dem
Objektiv und verschlossener Augenmuschel.
Hot-Pixel entfernen Empfehlenswert sind Einstellungen zwischen
Hot-Pixel sind fehlerhafte Stellen auf dem Sen- 1/2 und 1/15 Sekunden, da bei längeren Be
sor, die sich bei starker Vergrößerung als weiße lichtungszeiten das Bild zu sehr verrauscht.
280
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Bei dem gezeigten Vergleich (links ohne Hotpixelkorrektur, rechts mit Korrektur) wurden zwei besonders markante Stellen eingekreist.
281
Nicht alle Flecken in einem Bild sind auf Fehler
im Sensor zurückzuführen. Weitaus mehr Fehler
entstehen durch Staub und Verunreinigungen auf
der Sensoroberfläche. Da diese wandern können,
Hot-pixel oder Staub? hilft hier die Hotpixelkorrektur wenig.
Hot-Pixel zeigen sich in den Bildern
immer wieder an derselben Stelle und Bildrauschen minimieren
können mittels einer Referenzdatei, Bildrauschen entsteht vorwiegend bei schlech-
wie im Text erläutert, relativ pro- ten Lichtverhältnissen und der Verwendung von
blemlos entfernt werden. Bei dunklen, hohen Empfindlichkeiten oder Langzeitbelich-
unscharfen Flecken handelt es sich in
tungen. Am deutlichsten sichtbar wird dies in
der Regel um Staub, der durch eine
Sensorreinigung entfernt werden sollte. den dunklen und flächigen Bereichen Ihrer Fo-
Lassen Sie dies in einer Fachwerkstatt tos - es grießelt. Wie bei analogen Aufnahmen
vornehmen oder halten Sie sich exakt durch das Korn entsteht bei der digitalen Kamera
an die entsprechenden Vorgaben des dieses erhöhte Bildrauschen durch hoch einge-
Herstellers. Die empfindliche Oberflä- stellte Empfindlichkeiten, ISO 400 oder höher
che des Sensors ist schnell beschädigt!
sowie bei langen Belichtungszeiten.
Bei der Bildbearbeitung mit Photoshop lassen
sich die einzelnen Farbkanäle anzeigen und ein-
zeln bearbeiten. Der Kanal, der das stärkste Rau-
schen aufweist, kann somit separat bearbeitet
werden. Mittels der Filter Störungen entfernen,
Staub und Kratzer entfernen, Helligkeit interpo
lieren oder dem selektiven Weichzeichner lassen
sich die Störungen reduzieren.
Eine weitere Möglichkeit zum effektiven Einsatz
dieser Filter besteht darin, dass Sie das Bild zu-
Links ist das Bild noch unbearbeitet, rechts steht das Beispiel nach der Bearbeitung.
282
KAPITEL 9
Die digitale Dunkelkammer
283
Korrekturmöglichkeiten des Clipping-
Effekts
Eine Anpassung ist eventuell durch eine leichte
Unterbelichtung möglich. Die im Bild dadurch
zu dunkel erscheinenden Bereiche können bei Belichtungskorrektur
der digitalen Nachbearbeitung wieder aufgehellt
Verwenden Sie zur Belichtungskorrek-
werden. Eine Aufzeichnung im RAW-Modus er- tur lediglich die Belichtungszeiten. Eine
weitert zudem den Belichtungsspielraum. Veränderung der Blendeneinstellung
Handelt es sich um ein unbewegtes Motiv und wirkt sich auch auf die Schärfentiefe
können Sie die Aufnahme mit einem Stativ ma- aus und die Teilbilder sind dadurch
nicht identisch.
chen, so empfiehlt sich eine Belichtungsreihe in
Schritten von ein oder zwei Lichtwerten (LW),
um den gesamten Kontrastumfang aufzuzeich-
nen. Bei der Nachbearbeitung können dann die
Teilbilder zu einem neuen Bild verrechnet wer- entsteht durch differierende Brennpunkte der
den. unterschiedlichen Farbbereiche, vor allem bei
langbrennweitigen Objektiven und Zoomobjek-
Blooming – Überstrahlen dunkler tiven.
Bildbereiche
Als Blooming bezeichnet man die Überstrahlung Korrekturmöglichkeiten der chromatischen
von extrem hellen Bereichen in angrenzende Aberration
dunkle Bereiche. An den Kanten werden dabei Durch spezielle Arbeitstechniken in der digita-
helle oder farbige Säume erzeugt. Der Fehler ent- len Nachbearbeitung, wie z. B. mit einem RAW-
steht durch eine Übertragung der angestrahlten Konverter, kann dieser Fehler reduziert oder gar
Pixel auf benachbarte Bereiche. Je nach Qualität vollständig entfernt werden.
des Chips kann dieser Fehler mehr oder weniger
ausgeprägt auftreten. Die dadurch erzeugten Moirés – Muster durch
Lichteffekte können dabei an kontrastreichen Überlagerungen
Stellen überall im Bild vorkommen. Moirés sind Muster, die durch die Überlagerung
von Bildpunkten, Linien oder Rastern entstehen
Korrekturmöglichkeiten des Blooming können. Dabei wirken diese wie farbige Wellen
Eine nachträgliche Korrektur ist in der Regel nicht linien und vermitteln einen flimmernden Ein-
möglich. Um diesem Fehler zu reduzieren oder zu druck. Da der Sensor mit seinen Pixeln ebenfalls
vermeiden, ist darauf zu achten, dass möglichst ein Raster darstellt, kann es bei einem entspre-
kein extremer, direkter Lichteinfall (Gegenlicht, chenden Motiv zu diesem Darstellungsfehler
extreme Reflexionen) auf das Objektiv stattfin- kommen.
det.
Korrekturmöglichkeiten von Moirés
Chromatische Aberration Durch eine Veränderung des Aufnahmeab-
Dabei handelt es sich um einen Fehler, der auf stands oder des Aufnahmewinkels kann versucht
die Bauweise des Objektivs zurückzuführen ist. werden, das Moiré zu verhindern. Bei der Ansicht
Die Auswirkungen sind ähnlich wie beim Bloo- auf dem kleinen, kameraeigenen Monitor wird es
ming, erscheinen jedoch, je nach Qualität des jedoch oftmals nicht angezeigt und dadurch erst
verwendeten Objektivs, hauptsächlich bei star- bei der Ausarbeitung entdeckt. Eine Korrektur
ken Vergrößerungen und vorwiegend in den bei der Nachbearbeitung ist in der Regel nur be-
Randbereichen eines Bilds. An Kontrastkanten grenzt möglich. Eine Möglichkeit besteht darin,
treten einander entgegengesetzte farbige Rän- einzelne Farbkanäle mit einem Weichzeichner
der auf, vorwiegend in den Farben Rot und Cyan zu behandeln und dadurch die Musterbildung zu
sowie in den Farben Blau und Gelb. Der Fehler unterdrücken.
284
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Beispiel für die chromatische Aberration, an den Kontrastkanten sind deutliche Farbkonturen sichtbar.
Fotorealistische Bildmontagen
Bildmontagen, die so realistisch wirken, dass
der Betrachter sich fragt, wie das wohl möglich
ist oder wie es gemacht wird, haben immer ei-
GauSSscher Weichzeichner nen besonderen Reiz für den Betrachter. Zudem
oder Labmodus sind sie eine große Herausforderung für den
Fotografen und Bildmonteur. Die meisten die-
Der Gaußsche Weichzeichner in Adobe ser realistisch wirkenden Bildmontagen beste-
Photoshop bietet durch seine Ein- hen aus mehreren Einzelaufnahmen, die dann
stellungsmöglichkeiten die besten
in mühevoller Kleinarbeit zusammengesetzt
Voraussetzungen. Empfehlenswert ist
auch eine Bearbeitung im Labmodus. Je werden müssen. Collagen dieser Art sollen
nach Moiré muss ein wenig experimen- dem Betrachter eine Illusion vermitteln, die
tiert werden, insgesamt sind jedoch die sich haarscharf an der Realität orientiert und
Grenzen durch eine steigende Unschär- dennoch surreal ist. Auch wenn der Gesamtein-
fe im Bild gesetzt.
druck des fertigen Bilds Unmöglichkeiten be-
inhaltet, muss der Betrachter in der Lage sein,
dies irgendwie zu akzeptieren. Sind die Monta-
gen zu plump und zu leicht zu durchschauen,
geht die Faszination an diesen Bilderfantasien
sofort verloren.
285
Um passende Teilbilder für ein solches Puzzle zu angewiesen sind, ist eine detaillierte Planung
erstellen, ist eine genaue Planung und ein An- und Kostenkalkulation zudem unumgänglich.
passen der optischen Gegebenheiten unumgäng- Die Umsetzung realer, dreidimensionaler Vorlagen
lich. Dabei sind insbesondere die Perspektive, die in ein zweidimensionales Bild erfordert umso
Lichtart und der Lichteinfall, die Helligkeit und mehr Überlegungen zu Kamera, Objektiven, Be-
der Kontrast, Schattenwirkungen, Stimmungen lichtungszeit und Blendeneinstellungen, wenn
sowie die spätere Wirkung des Gesamtbilds zu mehrere Bilder mit realistischer Wirkung ineinan-
berücksichtigen. der integriert werden sollen. Den Bildübergängen
ist weiteres Augenmerk zu widmen. Passen sie
Die Planung einer Bildmontage nahtlos ineinander oder müssen bei der späteren
Jede Montage hat einen Hauptbildträger, die Montage Tricks angewendet werden? Je genauer
Basis. Diese bestimmt die zuvor genannten An- Ihre Planung und Umsetzung ist, desto glaubhaf-
passungen der Teilbilder. Um nicht sofort als ter wird das Ergebnis ausfallen.
simple Montage entlarvt zu werden, müssen alle
verwendeten Bildteile mit der jeweiligen Grund- Die Detailaufnahmen für die Montage
perspektive und Beleuchtung dieser Basis über- Um die weiteren Motive später leichter freistel-
einstimmen. len zu können, sollte der Hintergrund möglichst
Nach der grundlegenden Idee beginnt die Um- strukturfrei, gleichfarbig und im Kontrast zum
setzung in der Regel mit dem Anfertigen einer Bildmotiv stehen. Die Hintergrundfarbe sollte
Skizze, die später in einer möglichst detaillierten das jeweilige Objekt dabei nicht beeinflussen.
Zeichnung enden sollte. Diesem ersten Schritt Helle Objekte mit weichen Kanten lassen sich am
folgt die Aufnahme der Bildbasis, normalerweise besten vor einem weißen oder grauen Hinter-
ist dies zugleich das Hauptmotiv im Bild. Durch grund bzw. einem Hintergrund in der Farbe der
Einzeichnen der Perspektivlinien im Hauptmotiv späteren Umgebung aufnehmen. Dunkle Objekte
lassen sich die Kamerapositionen für die folgen- sollten möglichst vor einem neutralfarbigen und
den Teilbilder dann genau bestimmen. nicht zu hellem Hintergrund fotografiert werden,
Wenn Sie bei aufwendigen Arbeiten auf die Mit- um Überstrahlungen zu vermeiden.
wirkung von Modellen, Visagisten und Stylisten Transparente und reflektierende Bildobjekte soll-
ten stets vor einem Hintergrund in der Farbe der
späteren Montage aufgenommen werden, da
sich farbige Flecken und Reflexe immer mit im
freigestellten Objekt befinden. Eine rückseitige
Beleuchtung trennt auch feine Details besser
vom Hintergrund. Aufzunehmende Objekte oder
Modelle sollten dazu möglichst distanziert vom
Basisbild wählen Hintergrund aufgenommen werden.
Verwenden Sie das Teilbild als Basisbild, Zur farblichen Abstimmung der einzelnen Aufnah-
auf das Sie den geringsten Einfluss in men empfiehlt sich die Verwendung einer Farb-
Bezug auf Anpassung, Perspektive und kontrolltafel (im Fachhandel erhältlich), dadurch
Beleuchtung haben. Diese einschrän- sind bei der späteren Bearbeitung die farblichen
kenden Faktoren müssen Sie bei den Anpassungen wesentlich einfacher und kontrol-
dann folgenden Teilbildern in Bezug
auf die Perspektive, die Beleuchtung,
lierbarer. Farbkontrolltafeln oder Farbmuster-
das Objektiv, den Blendenwert und den tafeln bestehen aus genormten Farbfeldern auf
Maßstab an das Basisbild anpassen. einer Papptafel, die unter derselben Beleuchtung
wie das eigentliche Objekt fotografiert werden.
Bei der Bildbearbeitung lassen sich diese Farben
vergleichen und ungewollte Farbstiche mittels
Mausklick auf das graue, weiße oder schwarze
Feld neutralisieren.
286
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Perspektive und Dreidimensionalität fen. Bestes Beispiel dafür sind auf den Horizont
Die Perspektive wird durch den Standpunkt der zulaufende Straßen oder Bahnlinien.
Kamera zum Bildmotiv bestimmt und gliedert Die Zweipunktperspektive teilt das Bild an einer
sich in drei Arten. Die Einpunktperspektive oder Ecke in zwei, in die Tiefe verlaufende Bildlinien.
auch Zentralperspektive bezieht sich auf einen Alle im Bild vorhandenen realen und imaginären
zentralen Punkt im oder außerhalb des Bilds, auf Tiefenlinien müssen sich an zwei Punkten im oder
den alle, die Bildtiefe simulierenden Linien zulau- außerhalb des Bilds schneiden.
287
Das Foto zeigt die Eckperspektive (Zweipunktperspektive).
Die Dreipunktperspektive erzeugt einen dritten Dieser ist in den meisten Fällen zugleich die wei-
realen oder imaginären Schnittpunkt, der deut- teste Distanz im Bild. Durch Einzeichnen des Bild-
lich über oder unter dem Horizont liegt. Diese horizonts und Einzeichnen der perspektivischen
dritte Perspektive entsteht durch Neigen der Ka- Linien ergeben sich im oder oft auch außerhalb
mera, z. B. bei Aufnahmen von Gebäuden, oder des Bilds ein oder mehrere Schnittpunkte. Um wei-
durch das Kippen der Kamera nach oben oder tere Objekte in diese Tiefe realistisch einzupassen,
nach unten. müssen sie dieselbe Perspektive aufweisen. Dies
Jede dreidimensionale Abbildung enthält einen bedeutet für den Fotografen, dass der jeweilige
Bildhorizont, der im Allgemeinen waagerecht und Kamerastandpunkt bei der Aufnahme der einzu-
parallel zur oberen oder unteren Bildkante liegt. fügenden Objekte angepasst werden muss.
288
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
289
Transparente Objekte aufnehmen
Transparente Objekte wie Rauch oder Feuer soll-
ten dagegen stets vor einem schwarzen oder
dunklen neutralfarbigen Hintergrund aufgenom-
men werden, da dessen Farbe in der Transparenz
später nur sehr schwer entfernt werden kann.
Wenn dies nicht möglich ist, eigenen sich spe-
zielle Programme oder Zusatzmodule zur Erstel-
lung von Transparenzen oftmals besser als die
üblichen Bildbearbeitungsproramme.
Die Darstellung zeigt den Beleuchtungsaufbau für eine Bluescreen- oder Greenscreen-
Aufnahme.
weise Rot, können bei bestimmten, möglichst
komplementärfarbigen Objekten durchaus als
Screen eingesetzt werden.
Komplementärfarben
Komplementärfarben sind Farben, die
im Farbkreis einander gegenüberliegen.
Komplementär zu Blau wäre Gelb, zu
Die Komplementärfarben. Grün ist es die Farbe Magenta.
290
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
291
Doppelbelichtungen auf Filmmaterial erfordern einen möglichst dunklen Hintergrund. Bei der Aufnahme links handelt es sich um eine 15fache Belichtung
mit schrittweiser Neupositionierung der aufnehmenden Kamera. Auch bei der Aufnahme daneben wurde das Objekt selbst nicht bewegt. Hier wurde lediglich
ein zusätzlicher Effekt durch einen Spektralfilter erzeugt.
Diese Doppelbelichtung ist ein reines Zufallsprodukt. Der Film wurde, obwohl bereits belichtet, versehentlich erneut in die Kamera eingelegt. Dass diese Auf
nahme so gelungen ist, liegt daran, dass bei der ersten Belichtung, der Robben im Zoo, im Bild eine dunkle Ecke vorhanden war. Bei der zweiten Belichtung
handelte es sich um Nachtaufnahmen in einer Stadt. Diese Zufallskombination ermöglichte dieses fantastische Foto.
292
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Der morbide Charme dieser digitalen Bildmontage beruht auf einer farbigen Aufnahme einer Mauer am Münchener Ost
friedhof und einem teiltransparenten, schwarzweißen Studioakt.
293
Die Panoramabildmontage
war, konnten sie nicht frontal aufgenommen
Bei der Sichtung von Bildmaterial aus Paris ent- werden, sodass perspektivische Verzerrungen
deckte ich einige Fotos von Restaurants, die ich die Folge waren. Erschwerend kam hinzu, dass
in derselben Straße aufgenommen hatte. Vier die Aufnahmen ohne Stativ aus der Hand ge-
der Fotos zeigten Lokale, die nebeneinander la- macht wurden. Trotz dieser Handicaps soll im
gen und von der gegenüberliegenden Straßen folgenden Beispiel ein zusammenhängendes
seite aufgenommen worden waren. Da die Bild dieser Straßenfront hergestellt werden.
Sicht teilweise durch parkende Autos verstellt
Die Bilder, die zur Erstellung der Montage verwendet wurden, wiesen starke perspektivische Verzeichnungen auf.
294
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Nach dem Einscannen der Bilder muss zunächst mungen durch gegenläufige Aufnahmerich-
in Photoshop die Arbeitsfläche vergrößert wer- tungen noch gravierender.
den. Das Einziehen von Hilfslinien erleichtert die Nach dem Ausrichten der Fotos kann mit der
Ausrichtung der Häuserfronten. Jedes der Bilder Feinanpassung begonnen werden. Die Ebenen
wird nun als Ebene in die Montagefläche ein- werden überlappend verschoben, um die optima-
gefügt. Bereits das erste Foto weist erhebliche le Schnittkante zu ermitteln, wobei die Möglich-
Verzerrungen auf und wird durch die Funktion keit der Einstellbarkeit der Ebenentransparenz als
Transformieren/Verzerren an den Hilfslinien aus- nützliches Hilfsmittel dient. Durch Verschieben
gerichtet. und Größenanpassung werden die Bilder über-
Beim zweiten und dritten Bild sind die Verfor- einandergesetzt und aufeinander abgestimmt.
Starke Verzerrungen und eine spezielle Anordnung der Ebenen sind erforderlich, um die
Teilbilder anzupassen.
295
Die sich überschneidenden Teilbilder müssen angepasst werden.
Die Ebenen werden nach dem Anpassen der Bilder auf die Hintergrundebene reduziert.
Bei einigen der Fotos muss zudem noch eine Ebene mit dem Radiergummi gearbeitet. Nach
Tonwertanpassung durchgeführt werden, um dem Fertigstellen der Montage werden die ver-
übereinstimmende Farben und Helligkeiten zu schiedenen Ebenen wieder auf die Hintergrund
erreichen. Besonders wichtig dabei ist das Be- ebene reduziert.
schneiden von einander sich ungünstig überlap- Anschließend wird das Bild auf sein endgültiges
penden Bildteilen. Dabei wird auf der jeweiligen Format beschnitten. Nach dem Beschnitt sind die
296
KAPITEL 9
Die digitale Dunkelkammer
297
Das Endergebnis ist ein wunderbares Panoramabild.
298
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
299
Das Ausgangsbild für die Kolorierung.
300
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
[2] Durch die Verwendung von Einstellungsebenen Möglichkeit ist das Anpassen der Ebenen mit-
können auch Farbmischungen durch Über tels Fülleffekten, zum Beispiel Multiplizieren
lagerung hergestellt werden. Eine weitere oder Negativ Multiplizieren etc.
Einstellungsebenen und
Fülleffekte helfen bei der
Farbmischung.
301
Das Beispielbild ist fertig koloriert.
302
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
303
(Hinzufügen, Subtrahieren etc.) können die
Effekte noch ausgeweitet werden.
Methode 3
304
Ein Arbeitspfad wird erstellt. Die weiche Auswahlkante wird angepasst.
305
Das Originaldia ist das Ausgangsbild. Ein extra hartes Zwischennegativ steigert die Das Foto wurde per Hand koloriert.
grafische Wirkung.
306
KAPITEL 9
Die digitale Dunkelkammer
Hintergrund
Der Hintergrund des Stilllebens besteht aus blau-
em Hintergrundkarton, der mit zwei Leuchten
von den Seiten möglichst gleichmäßig ausge-
Der Blickwinkel wird festgelegt.
leuchtet wird.
307
ersetzt wird. Das ausgewählte Foto erhält ab-
schließend noch eine Feinanpassung durch eine
Tonwertkorrektur in Photoshop.
308
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
Im Maskierungsmodus
werden die Feinarbeiten
vorgenommen.
309
Mit dem Werkzeug Verschieben wird die Auswahl per Drag & Drop in das neue Bild gezogen.
310
KAPITEL 9
digitale Dunkelkammer
311
auf Papier. Eine moderne Variante lässt sich
durch die Verwendung eines Scanners umsetzen.
Dabei wird der abzulichtende Gegenstand direkt
auf die Glasfläche gelegt und mit oder ohne Ver-
wendung des Scannerdeckels digitalisiert. Han-
delt es sich bei den Vorlagen um relativ dünne
Objekte, so können helle oder dunkle Auflagen
als Hintergrund eingesetzt werden. Bei stärkeren
Objekten wird normalerweise ohne Abdeckung
gearbeitet, denn dadurch wird der Hintergrund je
nach Umgebung relativ dunkel ausfallen.
Im Unterschied zu herkömmlichen Fotogram-
Dieser Scan ist in einer „Lichtbox“ erstellt. men mit undurchsichtigen Gegenständen, bei
denen nur ein scherenschnittartiger Umriss er-
Fotogramme mit dem Scanner zielt werden konnte, ist der Scanner durch seine
Fotogramme wurden früher durch Auflegen von Beleuchtung von unten in der Lage, auch farbige
Objekten auf ein unbelichtetes Fotopapier in der Tonabstufungen aufzuzeichnen. Bei reflektieren-
Dunkelkammer oder in einem dunklen Raum durch den Gegenständen können zudem weitere inter-
die Bestrahlung mit einer Lichtquelle erstellt. Das essante Effekte auftreten. Mit allem, was auf die
so belichtete Fotopapier wurde anschließend Scanneroberfläche passt, kann hier experimen-
entwickelt und es entstand ein Negativabdruck tiert werden.
312
KAPITEL 9
Die digitale Dunkelkammer
Flachbettscanner haben eine Schärfentiefe von folie oder eine Klarsichtfolie bringen farbige Re-
ca. einem bis zweieinhalb Zentimetern. Der Über- flexe in das Bild.
gang zum Unschärfebereich ist dabei oft sehr Verfügt Ihr Scanprogramm über Regler zum Ein-
abrupt. Experimente mit dreidimensionalen Ge- stellen von Kontrast, Dichte und Helligkeit, kann
genständen können von realistisch bis abstrakt, die Darstellung im Bild schon nach dem Voran-
je nach Beschaffenheit, unterschiedlichste Er- sichtsscan angepasst werden. Scanner erzeugen,
gebnisse bringen. Eine Art Lichtkasteneffekt mit im Gegensatz zu herkömmlichen Fotogrammen,
hellerem Hintergrund können Sie beispielsweise immer Positive. Durch Umkehren bei der Bild-
durch das Aufsetzen einer flachen weißen Box bearbeitung können jedoch auch Negative mit
über das zu scannende Objekt erreichen. Ab- ähnlichen Wirkungen wie bei der Arbeit in der
deckungen aus reflektierendem Material können Dunkelkammer erzielt werden.
weitere, ungeahnte Wirkungen hervorrufen. Alu-
313
10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
314
Kapitel 10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
315
10
Kapitel 10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
318
MaSSeinheit cd/m2
In der Fotografie ist der Dynamik-
umfang die Differenz zwischen einem
hellsten und dunkelsten Luminanzwert,
der in Candela pro Quadratmeter
(cd/m²) gemessen wird.
Zur Verdeutlichung: Nächtliches
Sternenlicht hat eine Luminanz von ca.
0,001 cd/m², eine in helles Tageslicht
getauchte Szenerie kann eine Luminanz
von ca. 100.000 cd/m² haben.
320
Kapitel 10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
Deutliche Grenzen
Wenn man sich nun vorstellt, dass eine Szene
im hellen Tageslicht eines Sommernachmittags
einen Kontrastumfang von ca. 100.000:1 (ca.
17 volle Belichtungsstufen) haben kann – das
menschliche Auge erfasst mit einem Blick ledig-
lich ca. 14 Belichtungsstufen oder einen Dynami-
kumfang von 10.000:1 –, wird schnell klar, dass
Digitalkameras (aber auch analoger Film) hier
deutliche Grenzen haben.
Kompromisse eingehen
Als Fotograf ist man gezwungen, Kompromisse
einzugehen. In der Praxis wird die Belichtung
deshalb an den wichtigen Motivteilen ausgerich-
tet und man akzeptiert, dass bestimmte Bildteile
nicht hundertprozentig wiederzugeben sind. Ei-
nen möglichen Ausweg aus dem Dilemma liefert
bei unbewegten Motiven wie Landschaften oder
Interieurs die HDR-Fotografie.
321
Kapitel 10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
Dynamikumfang. Der Begriff Dynamikumfang sensor wie oben gesagt einen Dynamikumfang
ist ein wenig irreführend, er wird in der Digital von lediglich ca. 400:1 nutzbar macht, erhält
fotografie in mehrfacher Hinsicht verwendet: man mit der Entwicklung eines RAW-Bildes in
für Szenen, Kamerasensoren und Ausgabegeräte eine 16-Bit-Datei lediglich präzisere Bilddetails,
(Monitor, Drucker). nicht aber mehr Kontraste. Auch ein 16-Bit-Bild
ist zunächst einmal nur ein LDR-Foto.
Definition
Der Dynamikumfang einer Szene ist die Differenz 32-bit-HDR-Bilder
zwischen hellster und dunkelster Stelle (Tages- Um ein 32-Bit-HDR-Bild zu erzeugen, benötigen
lichtszene ca. 100.000:1), bei Kameras gibt der Sie mehrere Aufnahmen ein und desselben Mo-
Dynamikumfang an, wie groß der Tonwertum- tivs, die unterschiedlich belichtet sind. Die Be-
fang zwischen hellen und dunklen Bildstellen sein lichtungsreihe sollte, um optimale Ergebnisse
kann, der vom Sensor erfassbar ist (ca. 400:1). zu erzielen, den tatsächlichen Kontrastumfang
Monitore (ca. 800:1) und Drucker (ca. 200:1) einer Szene komplett abdecken. Das bedeutet,
können ebenso wie Kameras nur mit einem be-
stimmten Maß an Helligkeitsinformationen von
dunkel zu hell umgehen. Auch hier spricht man
vom Dynamikumfang.
323
auf den hellsten Bildern sollten die Details in lichen Dynamikumfang einer Szene komplett
den tiefen Schatten erkennbar sein, die Lichter zu erfassen.
fressen hierbei natürlich komplett aus. Auf den
insgesamt dunkelsten Bildern der Reihe sind da- • Damit die Einzelbilder möglichst exakt
gegen die Details in den Lichtern perfekt erfasst. übereinstimmen, sollten Sie auf jeden Fall mit
einem Stativ fotografieren.
Bracketing
Wie Sie Ihre Digitalkamera vorbereiten, um eine • Bei der Belichtungsreihe muss die Blende
Belichtungsreihe zu machen, können Sie im gleich bleiben, während die Verschlusszeit
Kamerahandbuch unter den Stichworten AEB variiert wird. Die Veränderung der Blende
oder Bracketing nachlesen. würde zu unterschiedlicher Schärfentiefe
in den Bildern führen, was das Resultat
Belichtungsreihen anfertigen verschwimmen ließe.
325
Der geschickte Einsatz von
Blendeneffekten verleiht rangezogen wird, können Sie die dunkelsten und Welches Dateiformat?
diesem Bild seine besondere hellsten Stellen im Bild auch einzeln anmessen. Einfache Frage – einfache Antwort: Wenn Ihre
Atmosphäre. Kamera RAW-Dateien speichern kann, verwen-
Zeitautomatik und Blende einstellen den Sie für HDR-Aufnahmen auch das RAW-
Stellen Sie die Kamera dazu auf den Modus A Format (die Endung von RAW-Dateien ist nicht
bzw. Av (Zeitautomatik), und wählen Sie danach einheitlich und wird von jedem Kamerahersteller
eine möglichst große Blende. Richten Sie die anders vergeben). Der Grund für RAW liegt ganz
Kamera nun nacheinander auf die hellsten und einfach darin, dass RAW-Daten Bildinforma-
dunkelsten Stellen und drücken Sie jedes Mal den tionen enthalten, die von der Kamerasoftware
Auslöser halb durch. Die Kamera ermittelt dann nicht beeinflusst wurden.
die ungefähren Maximalwerte, die Sie für die Be-
lichtungsreihe benötigen. Die Werte werden im Erste Wahl – RAW-Format
Sucher oder auf dem Display angezeigt. Sie bekommen mit RAW-Daten also genau
das, was der Kamerasensor aufgezeichnet hat.
Verschlusszeiten verringern L assen Sie Ihre Kamera JPEG- oder TIFF-Dateien
Aber Achtung! Erhöhen bzw. verringern Sie die speichern, werden die Bilder von der Kamera vor
angezeigten Verschlusszeiten nochmals um min- dem Speichern noch farblich angepasst, leicht
destens jeweils eine Stufe. Der Grund: Die Spot- geschärft und – im Fall von JPEG-Bildern – mit
messung von sehr hellen Stellen führt in der Re- gewissen Verlusten komprimiert, um Speicher-
gel zu etwas zu dunklen Bildern, die Messung von platz zu sparen. Da aber für perfekte HDR-Fotos
dunklen Stellen zu etwas zu hellen Bildern. Diese so viele Detail- und Tonwertinformationen wie
technisch bedingten Messfehler müssen Sie aus- möglich zur Verfügung stehen sollten, sind
gleichen, indem Sie die Maximalwerte erweitern. RAW-Bilder die erste Wahl für hochwertige Er-
Fertigen Sie dann die Belichtungsreihe in Inter- gebnisse.
vallschritten von 1 bis 2 EV zwischen den ermit-
telten Maximalwerten an.
326
Kapitel 10
Fotos mit hohem
Dynamikumfang
329
[4] Haben Sie die Fotos mit dem Stativ aufge-
nommen, ist das exakte Ausrichten (align)
der Einzelbilder übereinander nicht notwen-
dig. Wurde die Belichtungsreihe aus der Hand
gemacht, sollten Sie die Option Ausrichten
der Bilder aktivieren. Das Programm richtet
die Fotos dann pixelgenau aus. Klicken Sie
dann auf OK.
Befinden sich bewegte Objekte im Bild,
aktivieren Sie auch die Option Versuche
Geisterbilder zu unterdrücken. Im Anschluss
wird das HDR-Bild aus den Einzelbildern ge-
neriert – ein Prozess, der je nach Datenmenge
schon mal einige Minuten dauern kann.