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Keynesianismus und

Monetarismus
Wirtschaft / Po litik Blatt 1

M1 Konjunkturprogramm – aber bitte! nutzen sollte – sobald die Krise überwunden wäre, könnte
der Staat seine Schulden infolge der steigenden Steuerein-
Jahrelang predigten die fünf Wirtschaftsweisen der Regie- nahmen wieder tilgen.
rung finanzpolitische Disziplin, forderten niedrigere Staats-
ausgaben und weniger Schulden. Und jetzt das! In ihrem
Jahresgutachten machen sich die fünf Weisen zum Anwalt M3 Der Monetarismus
staatlicher Konjunkturprogramme und höherer Ausgaben
der öffentlichen Hand. Deutschland, so begründen sie ihre Bis in die 1970er Jahre hinein war der Keynesianismus die
ideologische 180-Grad-Kehrtwende, brauche wegen der führende Wirtschaftstheorie. Erst infolge neuer Phänomene
Rezession im Gefolge der „gravierenden Schocks im Finanz- wie z. B. der „Stagflation“ – Inflation bei gleichzeitigem
system“ jetzt Nachfrageimpulse. Staatliche Investitionen in Wirtschaftsabschwung – wandten sich immer mehr Wirt-
das öffentliche Straßen- und Schienennetz seien daher das schaftswissenschaftler von diesem Modell ab. Es begann der
Gebot der Stunde. Auch der Internationale Währungsfonds Siegeszug des Monetarismus, herausragend vertreten durch
sieht die Zeit für staatliche Nachfrageprogramme gekom- Milton Friedman (1912–2006). Er hielt die freie Wahl des
men. „Was wir brauchen, ist ein globaler finanzpolitischer Einzelnen für nutzbringender als staatliche Regelungen und
Impuls, und er muss international abgestimmt sein“, fordert glaubte wieder an die Selbstheilungskräfte des Marktes,
IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard. sodass er sich für eine sinkende Staatsquote sowie eine Re-
Nach: http://www.wiwo.de, 18.11.2008 duktion staatlicher Fürsorge aussprach. Denn gerade durch
Aktualitätenservice November 2008 / © Schroedel, Braunschweig

die Eingriffe des Staates würden wegen der Wirkungsver-


zögerungen und der Dosierungsfehler der ergriffenen Maß-
M2 Der Keynesianismus nahmen Probleme geschaffen. Aus staatlichen Eingriffen re-
sultierten Unsicherheiten und Fehlentscheidungen bei den

lizenziert für Bjoern Weselek am 03.11.2020


Die Weltwirtschaftskrise um 1930 hatte in allen Industriena- Marktteilnehmern. Der Keynesianismus führe vor allem zu
tionen verheerende Arbeitslosigkeit und großes Elend zur Inflation, wohingegen die positiven Wirkungen für den Ar-
Folge. Der britische Ökonom John M. Keynes (1883–1946) beitsmarkt mehr als zweifelhaft seien.
entwickelte vor diesem Hintergrund eine Wirtschaftsthe- Die zentrale Größe bei den Monetaristen ist die Geldmen-
orie, von der er sich eine Überwindung solcher Krisen ver- ge, weshalb der Preisniveaustabilität oberste Priorität ein-
sprach. Während die traditionelle Ökonomie bislang davon geräumt wird. Die Geldmenge müsse sich am Wachstum
ausgegangen war, dass Arbeitslosigkeit nur ein vorüberge- der Wirtschaft orientieren, nicht umgekehrt, denn weite
hendes Phänomen wäre, da mit hoher Arbeitslosigkeit ein die Notenbank z. B. wegen eines Konjunkturprogramms die
Sinken der Löhne und damit wieder mehr Einstellungen der Geldmenge aus, träten die damit verfolgten Absichten nicht
Unternehmen verbunden wären, bestritt Keynes diesen Zu- zeitnah genug ein, sondern mit Verzögerung – die Folgen
sammenhang vehement. Vielmehr ging er davon aus, dass würden dann unabsehbar.
in einer Volkswirtschaft aus den sinkenden Löhnen auch sin-
kende Einkommen der privaten Haushalte resultierten mit
der Folge, dass die Nachfrage nach Konsumgütern ebenfalls M4 Drei Standpunkte
sinke. Statt zu einer Überwindung der Krise käme es sogar
zu deren Verschärfung, da die Unternehmen ihre Produkte „Langfristig sind wir alle tot. Ökonomen machen es sich
nicht mehr verkaufen könnten. zu leicht, wenn sie uns in stürmischen Zeiten nicht mehr zu
Für Keynes stellte sich daher die Frage, wie eine Ankurbelung erzählen haben, als dass der Ozean wieder ruhig ist, wenn
der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage gelingen könnte. Ei- sich der Sturm gelegt hat.“
ner Erhöhung der Löhne erteilte er eine Absage; er befürch-
tete, dass dann noch mehr Unternehmer ihre Beschäftigten „Eine feste monetäre Wachstumsrate auf einem mäßigen
auf die Straße setzten. Der Weg, die Unternehmen zu mehr Niveau vermag einen Rahmen abzugeben, in dem ein
Investitionen in Maschinen anzuregen, schied ebenfalls aus, Land eine geringe Inflation und ein hohes Wachstum ha-
weil neue Produktionskapazitäten bei geringer Nachfrage ben kann. Sie wird nicht vollständige Stabilität schaffen,
wenig rentabel waren. Keynes’ zentraler Gedanke war nun, sie wird nicht den Himmel auf Erden herbeiführen, aber
dass der Staat zusätzliche Nachfrage schaffen müsste. Dafür sie kann einen wichtigen Beitrag für eine stabile Volkswirt-
sollte er sich ggf. sogar bei der Notenbank verschulden. schaft leisten.“
Keynes’ Vorschlag war unerhört; bislang hatte der Grundsatz
gegolten, dass ein Staatshaushalt ausgeglichen sein muss. „Lieber 5 Prozent Inflation als 5 Prozent Arbeitslosigkeit.“
Keynes bestand aber darauf, dass der Staat seine Spielräume

Aufgaben zum Thema


1. Klärt, welche Forderungen die fünf Wirtschaftsweisen und der IWF aufstellen (M1). Sprecht über die möglichen Folgen
eines staatlichen Konjunkturprogramms.
2. Stellt die Überlegungen des Keynesianismus und des Monetarismus in einer Tabelle gegenüber (M2 und M3). Welcher
Theorie stimmt ihr eher zu?
3. Ordnet die drei Zitate in M4 einer der beiden Theorien zu. Diskutiert die Zitate.

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