2020
I. Worum geht`s?
Hintergrund:
Ein Rechtsstreit zwischen einer Privatperson (Maximilian Schrems) und der
irischen Aufsichtsbehörde über die Übermittlung seiner personenbezogenen
Daten durch Facebook Irland zum Mutterkonzern von Facebook in die USA
Kernaussagen:
1. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) findet auf die
Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland auch in solchen
Fällen Anwendung, in denen es aus Gründen der nationalen Sicherheit
oder Verteidigung zu einem Zugriff durch Geheimdienste dieses Landes
kommt.
Die Ausnahmen des Art. 2 Abs. 2 a, b, d der DS-GVO gelten nur für die
Mitgliedstaaten.
Der Verantwortliche muss für den Einzelfall prüfen, ob das Recht des
Drittlandes ein angemessenes Schutzniveau bietet und
entsprechende zusätzliche Maßnahmen treffen bzw. mit dem
Datenimporteur vereinbaren
Zwar entfaltet das Urteil des EuGH zunächst nur inter partes-Wirkung, ist also
erst einmal nur für das vorlegende irische Gericht bindend. Faktisch entfaltet
es aber bereits jetzt Bindungswirkung für alle Behörden und Gerichte der
Mitgliedstaaten, die sich mit derselben Auslegungsfrage beschäftigen und die
DS-GVO unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH auslegen
und anwenden müssen.
Erklärt der EuGH einen Gemeinschaftsrechtsakt (wie das Privacy Shield) für
ungültig, sind daran alle Gerichte und Behörden in allen Mitgliedstaaten
gebunden und demnach auch alle dem EU-Recht unterworfenen
Unternehmen (erga omnes-Wirkung).
1.) Wenn Sie Daten in die USA übermitteln oder sich eines
Auftragsverarbeiters bedienen, der Daten in die USA übermittelt:
das Privacy Shield stellt keine gültige Rechtsgrundlage für die
Übermittlung mehr dar, trotzdem durchgeführte Datentransfers sind
rechtswidrig und können Bußgelder und
Schadensersatzforderungen nach sich ziehen
eine Übermittlung auf Grundlage von Standardvertragsklauseln ist
zwar denkbar, wird die Anforderungen, die der EuGH an ein
wirksames Schutzniveau gestellt hat, jedoch nur in seltenen Fällen
erfüllen:
Der Verantwortliche muss hier zusätzliche Garantien bieten, die einen
Zugriff durch die US-amerikanischen Geheimdienste effektiv verhindern
und so die Rechte der betroffenen Personen schützen; dies wäre in
folgenden Fällen denkbar:
Verschlüsselung, bei der nur der Datenexporteur den Schlüssel
hat und die auch von US-Diensten nicht gebrochen werden
kann
Anonymisierung oder Pseudonymisierung, bei der nur der
Datenexporteur die Zuordnung vornehmen kann
eine Übermittlung nach Art. 49 DS-GVO ist denkbar; jedoch ist hier der
insgesamt restriktive Charakter dieser Vorschrift zu beachten, vgl.
dazu auch die Leitlinien 2/2018 zu den Ausnahmen nach Artikel 49 der
Verordnung 2016/679 des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA)
vom 25.05.2018, abrufbar unter https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-
documents/smjernice/guidelines-22018-derogations-article-49-under-
regulation_de :
Wortlaut des Titels „Ausnahmen für bestimmte Fälle“:
Ausnahmecharakter von Artikel 49 als Abweichung vom
Regelverbot der Übermittlung in Drittstaaten bei Nichtvorliegen
eines angemessenen Datenschutzniveaus
für Art. 49 Abs. 1 UAbs. 1 b, c und e DS-GVO (für Vertrag oder zur
Geltendmachung von Rechtsansprüchen erforderlich) zusätzlich:
Wortlaut EG 111: „gelegentlich“ erfolgende Datenübermittlungen,
nicht systematisch wiederholend
noch restriktiver: Art. 49 Abs. 1 UAbs. 2 für Fälle, in denen keine
Ausnahme für bestimmte Fälle vorliegt (Übermittlung nicht
wiederholt, nur eine begrenzte Zahl von betroffenen Personen,
erforderlich für die Wahrung der zwingenden berechtigten
Interessen des Verantwortlichen, kein Überwiegen des Interesses
oder der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person)
für Behörden gelten zudem gem. Art. 49 Abs. 3 DS-GVO die Art.
49 Abs. 1 UAbs. 1 a, b und c sowie UAbs. 2 nicht bei Ausübung
ihrer hoheitlichen Befugnisse
Für die USA wurde dies vom EuGH verneint. Eine Übermittlung von
Daten mithilfe der Standardvertragsklauseln ist in die USA daher nur
in eng begrenzten Fällen mithilfe zusätzlicher Garantien (z.B.
Verschlüsselung, s.o. und sogleich) möglich.
Haftung
Die Parteien erklären sich damit einverstanden, dass, wenn eine Partei
für einen Verstoß gegen die Klauseln haftbar gemacht wird, den die
andere Partei begangen hat, die zweite Partei der ersten Partei alle
Kosten, Schäden, Ausgaben und Verluste, die der ersten Partei
entstanden sind, in dem Umfang ersetzt, in dem die zweite Partei
haftbar ist.
Uns ist bewusst, dass mit dem Urteil des EuGH u.U. extreme Belastungen für
einzelne Unternehmen einhergehen können. Der LfDI wird sein weiteres Vorgehen
am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausrichten. Wir werden die Entwicklung weiter
beobachten und unsere Positionen dementsprechend laufend überprüfen und
fortentwickeln.