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<270> *Köln, 14. Februar. Wir haben oft genug darauf hingewiesen,
wie die sanften Träume, die nach den Revolutionen des Februar
und März auftauchten, wie die Schwärmereien von allgemeiner
Völkerverbrüderung, europäischer Föderativrepublik und ewigem
Weltfrieden im Grunde weiter nichts waren als Verhüllungen der
grenzenlosen Ratlosigkeit und Tatlosigkeit der damaligen
Wortführer. Man sah nicht, oder man wollte nicht sehen, was zu tun
war, um die Revolution sicherzustellen; man konnte oder man
wollte keine wirklich revolutionären Maßregeln durchsetzen; die
Borniertheit der einen, die kontrerevolutionäre Intrige der andern
kamen darin überein, daß das Volk statt revolutionärer Taten nur
sentimentale Phrasen erhielt. Der hochbeteuernde Schurke
Lamartine war der klassische Held dieser Epoche des unter
poetischen Blumen und rhetorischem Flitterstaat verdeckten
Volksverrats.
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Bakunin ist unser Freund. Das wird uns nicht abhalten, seine
Broschüre der Kritik zu unterwerfen.
"Gleich das erste Lebenszeichen der Revolution war ein Schrei des
Hasses gegen die alte Unterdrückung, ein Schrei des Mitgefühls
und der Liebe für alle unterdrückten Nationalitäten. Die Völker ...
fühlten endlich die Schmach, mit welcher die alte Diplomatie die
Menschheit beladen hat, und erkannten, daß nie die Wohlfahrt der
Nationen gesichert ist, solange noch irgendwo in Europa ein
einziges Volk unter dem Drucke lebt ... Hinweg die Unterdrücker,
erscholl es wie aus einem Munde; den Bedrückten Heil, den Polen,
den Italienern und allen! Keinen Eroberungskrieg mehr, aber noch
den einen letzten Krieg bis auf die Neige durchgekämpft, den guten
Kampf der Revolution zur endlichen Befreiung aller Völker! Nieder
die künstlichen Schranken, welche von Despotenkongressen nach
sogenannten historischen, geographischen, kommerziellen und
strategischen Notwendigkeiten gewaltsam aufgerichtet worden
sind! Es soll keine andern Scheidegrenzen mehr geben als jene der
Natur entsprechenden, von der Gerechtigkeit und im Sinne der
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"Wir fühlten uns damals unserer Sache gewiß ... die Gerechtigkeit
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und Menschlichkeit waren ganz auf unserer Seite, und auf der
Seite unserer Feinde nichts als die Ungesetzlichkeit und Barbarei.
Es waren keine leeren Traumgebilde, denen wir uns hin- <273>
gaben, es waren die Gedanken der einzig wahren und notwendigen
Politik, der Politik der Revolution."
Wie kommt es, daß zwischen diesen beiden Republiken, die der
moralischen Theorie gemäß "verbrüdert" und "föderiert" sein
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Was nun speziell den Panslawismus betrifft, so haben wir in Nr. 194
der "N.Rh.Z." <Siehe "Der magyarische Kampf"> entwickelt, wie er,
abgesehen von den gutgemeinten Selbsttäuschungen der
demokratischen Panslawisten, in der Wirklichkeit keinen andern
Zweck hat, als den zersplitterten, historisch, literarisch, politisch,
kommerziell und industriell von Deutschen und Magyaren
abhängigen östreichischen Slawen einen Anhaltspunkt zu gehen,
einerseits in Rußland, andrerseits in der durch die slawische
Majorität beherrschten, von Rußland abhängigen östreichischen
Gesamtmonarchie. Wir haben entwickelt, wie solche seit
Jahrhunderten von der Geschichte wider ihren eigenen Willen
nachgeschleifte Natiönchen notwendig kontrerevolutionär sein
müssen und wie ihre ganze Stellung in der Revolution von 1848
wirklich kontrerevolutionär war. Gegenüber dem demokratisch-
panslawistischen Manifest, das die Unabhängigkeit aller Slawen
ohne Unterschied fordert, müssen wir auf diesen Punkt
zurückkommen.
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Wir wiederholen es: Außer den Polen, den Russen und höchstens
den Slawen der Türkei hat kein slawisches Volk eine Zukunft, aus
dem einfachen Grunde, weil allen übrigen Slawen die ersten
historischen, geographischen, politischen und industriellen
Bedingungen der Selbständigkeit und Lebensfähigkeit fehlen.
Völker, die nie eine eigene Geschichte gehabt haben, die von dem
Augenblick an, wo sie die erste, roheste Zivilisationsstufe ersteigen,
schon unter fremde Botmäßigkeit kommen oder die erst durch ein
fremdes Joch in die erste Stufe der Zivilisation hineingezwungen
werden, haben keine Lebensfähigkeit, werden nie zu irgendeiner
Selbständigkeit kommen können.
Und das ist das Geschick der östreichischen Slawen gewesen. Die
Tschechen, zu denen wir selbst die Mähren und Slowaken rechnen
wollen, obwohl sie sprachlich und geschichtlich verschieden sind,
hatten nie eine Geschichte. Seit Karl dem Großen ist Böhmen an
Deutschland gekettet. Einen Augenblick emanzipiert sich die
tschechische Nation und bildet das großmährische Reich, um sofort
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Aber gerade dies unter dem Vorwande der Zivilisation den Slawen
aufgezwängte Joch konstituiert ja gerade eines der größten
Verbrechen der Deutschen wie der Magyaren! Man höre nur:
"Mit Recht zürntet Ihr, mit Recht schnaubtet Ihr Rache gegen jene
fluchwürdige deutsche Politik, die nichts sann als Euer Verderben,
die Jahrhunderte Euch geknechtet hat ... " pag. 5.
Die Magyaren, die wütenden Feinde unserer Race, die, kaum vier
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Magyaren, denen sie das ganze Land von der Ems bis zur Leitha
abnahmen. Während sie hier mit Gewalt germanisierten, ging die
Germanisierung der slawischen Länder weit mehr auf friedlichem
Fuße, durch Einwanderung, durch den Einfluß der entwickelteren
Nation auf die unentwickelte vor sich. Deutsche Industrie,
deutscher Handel, deutsche Bildung brachten die deutsche
Sprache von selbst ins Land. Was die "Unterdrückung" angeht, so
wurden die Slawen nicht mehr von den Deutschen unterdrückt wie
die Masse der Deutschen selbst.
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*Köln, 15. Februar. Wir schlossen gestern mit dem Nachweis, daß
die ostreichischen Slawen nie eine eigne Geschichte gehabt, daß
sie historisch, literarisch, politisch, kommerziell und industriell von
Deutschen und Magyaren abhängen daß sie schon teilweise
germanisiert, magyarisiert, italienisiert sind, daß, wenn sie
selbständige Staaten konstituierten, nicht sie, sondern die deutsche
und italienische Bourgeoisie ihrer Städte diese Staaten
beherrschen würde und daß endlich weder Ungarn noch
Deutschland die Losreißung und selbständige Konstituierung
solcher lebensunfähigen kleinen Zwischenstaaten dulden kann.
Das alles indes würde noch nichts entscheiden. Hätten die Slawen
zu irgendeiner Epoche innerhalb ihrer Unterdrückung eine neue
revolutionäre <280> Geschichte begonnen, so bewiesen sie schon
dadurch ihre Lebensfähigkeit. Die Revolution hatte von dem
Augenblick an ein Interesse an ihrer Befreiung, und das besondre
Interesse der Deutschen und Magyaren verschwand vor dem
größeren Interesse der europäischen Revolution.
Aber das war gerade nie der Fall. Die Slawen - wir erinnern
nochmals daran, daß wir hier stets die Polen ausschließen - waren
immer gerade die Hauptwerkzeuge der Kontrerevolutionäre.
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hat. Das wenigstens ist gewiß, daß von den Armeen, die Napoleon
von der Oder bis nach Paris durch ihre Übermacht zurückdrängten,
drei Viertel aus Slawen, Russen oder östreichischen Slawen,
bestanden.
Und nun gar die Unterdrückung der Italiener und Polen durch die
Deutschen! Bei der Teilung Polens konkurrierte eine ganz und eine
halb slawische Macht; die Heere, die Kosciuszko erdrückten, waren
der Majorität nach <281> Slawen; die Heere Diebitschs und
Paskewitschs waren ausschließlich slawische Heere. Und in Italien
haben die Tedeschi <Deutschen> lange Jahre allein die Schmach
getragen, als Unterdrücker zu gelten; aber nochmals, woraus
bestanden die Armeen, die sich zur Unterdrückung am besten
gebrauchen ließen und deren Brutalitäten den Deutschen zur Last
gelegt wurden? Wieder aus Slawen. Geht nach Italien und fragt,
wer die Mailänder Revolution erdrückt hat, man wird euch nicht
mehr sagen: die Tedeschi - seit die Tedeschi in Wien eine
Revolution gemacht, haßt man sie nicht mehr -, sondern: die
Croati. Das ist das Wort, worin die Italiener jetzt die ganze
Östreichische Armee, d.h. alles, was ihnen am tiefsten verhaßt ist,
zusammenfassen: i Croati!
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Die Revolution von 1848 zwang alle europäischen Völker, sich für
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haben, den sie den Wienern und Magyaren aufbürden halfen. "Seid
unterwürfig dem Kaiser, damit die kaiserlichen Truppen euch nicht
behandeln, als seiet ihr rebellische Magyaren" - in diesen Worten
des Patriarchen Rajachich ist es ausgesprochen, was sie zunächst
zu erwarten haben.
Wie ganz anders haben die Polen gehandelt! Seit achtzig Jahren
unterdrückt, geknechtet, ausgesogen, haben sie sich stets auf die
Seite der Revolution gestellt, haben die Revolutionierung Polens
mit der Unabhängigkeit Polens für unzertrennlich erklärt. In Paris, in
Wien, in Berlin, in Italien, in Ungarn haben die Polen bei allen
Revolutionen und Revolutionskriegen mitgekämpft, unbekümmert
ob sie gegen Deutsche, gegen Slawen, gegen Magyaren, ja ob sie
gegen Polen kämpften. Die Polen sind die einzige slawische
Nation, die von allen panslawistischen Gelüsten frei ist. Aber sie
haben auch sehr gute Gründe dazu: Sie sind hauptsächlich von
ihren eignen slawischen sogenannten Brüdern unterjocht worden,
und bei dem Polen geht der Russenhaß noch vor den
Deutschenhaß, und mit vollem Recht. Daher aber, weil die
Befreiung Polens von der Revolution unzertrennlich, weil Pole und
Revolutionär identische Worte geworden sind, daher ist den Polen
auch die Sympathie von ganz Europa und die Wiederherstellung
ihrer Nationalität ebenso sicher wie den Tschechen, Kroaten und
Russen der Haß von ganz Europa und der blutigste
Revolutionskrieg des ganzen Westens gegen sie.
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pangermanistische deutsch-dänisch-schwedisch-englisch-
holländische Allianz zur "Befreiung" aller deutschredenden Länder
herstellen! Die deutsche Demokratie ist glücklicherweise über diese
Phantastereien hinaus. Die deutschen Studenten von 1817 und
1830 trugen sich mit dergleichen reaktionären Schwärmereien
herum und werden heute in ganz Deutschland nach Verdienst
gewürdigt. Die deutsche Revolution kam erst zustande; die
deutsche Nation fing erst an, etwas zu werden, als man sich
vollständig von diesen Futilitäten befreit hatte.
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Dann Kampf, "unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod" mit dem
revolutionsverräterischen Slawentum; Vernichtungskampf und
rücksichtslosen Terrorismus - nicht im Interesse Deutschlands,
sondern im Interesse der Revolution!
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