Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
die Sohlenlederhaut dann bei hartem Auf- krankungen bereits vor Auftreten von
treten zwischen dem Klauenbein und dem Lahmheit behandeln zu können, sollten
Sohlenhorn gequetscht (Foto 3). mindestens 2- und im Idealfall 4-mal jähr-
Betroffene Kühe erkennt man am bes- lich alle Klauen gesäubert und inspiziert
ten, wenn man sie von hinten beobachtet: werden. Im Rahmen dieser Klaueninspek-
Da die Außenklaue deutlich höher als die tion können dann im Bedarfsfall auch
Innenklaue ist, nehmen die Tiere eine Hornkorrekturen zur Verbesserung der
„kuhhessige”, d. h. leicht x-beinige Glied- Klauenbelastung durchgeführt werden.
maßenstellung ein. Die Überlastung der Nach der Klauenpflege sollen die behan-
Außenklauen an den Hintergliedmaßen ist delten Tiere stets besser und sicherer lau-
im modernen Laufstall mit Betonboden fen als vorher – wenn dies nicht der Fall
eine der Hauptursachen für Sohlenge- ist, wurde falsch gepflegt. Eine korrekte
schwüre. Selbst wenn bereits Druckschä- Klauenpflege stellt hohe Anforderungen
den der Sohlenlederhaut vorliegen, sieht an Sachverstand und handwerkliches
die Winkelung einer derartigen „Laufstall- Können der durchführenden Person. Ex-
klaue” von der Seite her betrachtet korrekt treme Belastungsänderungen sind zu ver-
aus. meiden. Zu dünn geschliffene Sohlen,
Verletzungen der Klauenspitze (Foto 4)
oder zu radikales Kürzen des Tragrandes
können katastrophale Auswirkungen auf
die Tiergesundheit haben!
Funktioneller Klauenschnitt
75 mm 82
82 mm
mm
75
mm
5 mm
50°
Abb 3: Gebrauch der Klauenmesslehre. Mit der Klauenmesslehre „Klauen-Check” lässt sich schnell prüfen, ob eine normale Klauenform vorliegt: Die
Messlehre wird am angehobenen Fuß von vorn auf die Klaue geschoben. Sie liegt im Idealfall der Sohle und dem vorderen Wandhorn direkt an
(Abb. re.) Die vordere Klauenwand ist dann 82 mm lang und der Winkel zwischen Sohle und vorderer Klauenwand beträgt etwa 50°. Bei zu lang ge-
wachsenen „Stallklauen“ ist der Winkel zwischen Sohle und Wand spitzer als 45° und die vordere Klauenwand ist länger als 82 mm (Abb. li.). Um Stall-
klauen zu korrigieren, kann die vordere Klauenwand bei den meisten Kühen durch einen senkrecht zur Sohlenfläche verlaufenden Schnitt auf eine Län-
ge von 75 mm (leichte Tiere 73 mm; schwere Tiere 78 mm) gekürzt werden (Abb. Mi.). Anschließend wird die Sohle soweit abgetragen, bis an der Klau-
enspitze noch eine 5 mm hohe Schnittkante übrig bleibt. Da nicht alle Kühe dem Durchschnitt entsprechen, darf beim Gebrauch der Klauenmesslehre
aber keineswegs auf die Kontrolle der Sohlendicke verzichtet werden. Besondere Vorsicht ist bei extremen Größenunterschieden zwischen Innen- und
Außenklauen sowie bei missgebildeten oder durch Krankheit deformierten Klauen geboten.
Abb. 7: Entlastung der Sohle durch Hohlkehlung. Auf hartem Untergrund Abb. 8: Kontrolle der Hohlkehlung. Wenn die Klauenmesslehre mit zum
ist eine Entlastung des hinteren axialen Sohlendrittels durch Hohlkehlung Ballen gerichteter Öffnung auf die Sohlenflächen beider Klauen gelegt
besonders wichtig. Auf Betonboden müssen, anders als auf dem weichen wird, gibt der V-förmige Ausschnitt den Blick auf das axial gelegene Soh-
Untergrund einer Weide oder eines Tieflaufstalles, alle bei der Fortbewe- lendrittel frei (Abb. li.). Dieser Bereich sollte, insbesondere bei Haltung auf
gung, bei Kämpfen oder beim Bespringen auftretenden Belas- hartem Boden (z. B. Beton oder Asphalt), zum Schutz vor Sohlenleder-
tungsspitzen vom Bewegungsapparat kompensiert werden. Eine Sohle hautquetschungen hohl gekehlt sein, so dass die Sohle elastisch nachge-
ohne Hohlkehlung hat zum Boden hin keinen Spielraum, um nachzuge- ben kann, wenn sich das Klauenbein bei starker Belastung nach unten ab-
ben, wenn sich das Klauenbein bei hartem Auftreten absenkt. Langfristig senkt (die rechte Abbildung zeigt die physiologischen Belastungszonen
führen Fehlbelastung und fehlende Hohlkehlung zu Blutergüssen und zu von Rinderklauen). Die Klauenmesslehre ermöglicht eine rasche Kontrol-
Sohlengeschwüren. le, ob nach einer Klauenkorrektur im hinteren axialen Drittel der Sohle ein
ausreichender Sicherheitsabstand von etwa 5 mm zum Boden besteht.
Foto 8 (links): Prüfung der korrekten Auftrittsfläche. Innen- und Außenklaue sollten gleich hoch sein und ihre Sohlenflächen sollten rechtwinklig zur Ze-
henachse verlaufen. Ein dachförmiges Sohlenprofil muss vermieden werden
Foto 9 (Mitte): Funktioneller Klauenschnitt. Die Klauen wurden gleich hoch und mit weitgehend planen, parallel verlaufenden Sohlenflächen zugerich-
tet. Die Außenklaue musste hierzu stärker beschliffen werden als die Innenklaue. Durch Anlegen einer Hohlkehlung konnte an der Außenklaue ein Hä-
matom freigelegt und entlastet werden. Ohne Klauenpflege wäre aus dieser Druckstelle früher oder später ein Sohlengeschwür entstanden
Foto 10 (rechts): Prüfung der Hohlkehlung. Nach dem Klauenschnitt sollten die Sohlenflächen von Innen- und Außenklaue gleichmäßigen Bodenkon-
takt haben. Der axiale Sohlenbereich am Übergang von der Sohle zum Ballen wird allerdings durch eine Hohlkehlung entlastet und er sollte an der be-
vorzugten Lokalisation von Sohlengeschwüren mindestens 5 mm Abstand zum Boden haben. Nur hier darf das Horn so dünn geschnitten werden, dass
es auf kräftigen Daumendruck elastisch nachgibt
ten, dass bei Blickrichtung von vorn Vorsichtsmaßnahmen hangstrennungen an der Klauen-
und bei zusammengedrückten Klauen beim Klauenschnitt spitze mit nachfolgenden schwer thera-
ein rechter Winkel zwischen axialem pierbaren Infektionen entstehen (Fo-
Wandhorn und Sohlenfläche besteht Die Überprüfung einer korrekten Belas- to 4). Lediglich im Bereich der Hohlkeh-
(Foto 8). Ein dachförmiges Klauenprofil tung und die Zurichtung einer gleichmäßi- lung darf die Sohle auf Daumendruck
ist zu vermeiden. gen Klauenform an allen Füßen lässt sich nachgeben.
4. Entlastung des hinteren, zum Zwi- mit der Klauenmesslehre „Klauen-Check” Besondere Probleme bereiten Klauen,
schenklauenspalt hin gerichteten Soh- vereinfachen. Beim Gebrauch dieser welche infolge einer chronischen Erkran-
lenbereiches (Abb. 7 u. 8) Klauenmesslehre ist aber zu berücksichti- kung so stark deformiert sind, dass sich
Um der Entstehung von „Ruster- gen, dass die Klauenform von Kuh zu Kuh mit einmaligem Schnitt keine normale Be-
holz’schen” Sohlengeschwüren vorzu- durchaus variabel ist. lastung erreichen lässt. Zwangsklauen
beugen, sollte der axiale Bereich der Ganz besonders wichtig ist die Über- oder durch Rehe missgebildete Klauen
Außenklauen durch eine Hohlkehlung von wachung der Sohlendicke. Zu dünn ge- (Foto 2) sowie Belastungsanomalien
etwa 5 mm Tiefe entlastet werden. Diese schliffene Sohlen sind eine der Hauptur- durch komplizierte Sohlengeschwüre mit
Hohlkehlung ermöglicht es der Sohle, sachen für Lahmheiten im Anschluss an Beugesehnenschäden (Kippklaue) kön-
Stößen des Klauenbeins elastisch auszu- die Klauenpflege. Wenn die Sohle in nen nur von erfahrenen Klauenpflegern
weichen und schützt die Lederhaut auf ihrem vorderen Bereich auf Daumendruck oder vom Tierarzt durch wiederholte vor-
hartem Untergrund vor Druckschäden nachgibt, ist sie bereits zu dünn. Eine aus- sichtige Korrekturen in gewissem Umfang
(Fotos 9 u. 10). reichend dicke Sohle von etwa 1 cm Stär- gebessert werden.
ke lässt sich nur Wo es möglich ist, sollte man Kühen
verformen, wenn Weidegang gewähren, denn neben den
man die Hebel- positiven Auswirkungen auf das Wachs-
kräfte einer Klau- tum und die Abnutzung der Klauen sowie
enuntersu- dem Trainingseffekt für die Muskulatur
chungszange fördert die Weideperiode auch die Heilung
ausnutzt: Sobald von aufstallungsbedingten Druckstellen
sich das vordere und Liegeschäden der Gliedmaßen. Um
Sohlendrittel mit Klauenleiden langfristig zu vermeiden,
der Zange ein- muss neben sachgerechter Klauenpflege
drücken lässt, und Fütterung sowie stallbaulichen Ver-
sollte dort kein besserungen auch größter Wert auf eine
weiteres Horn züchterische Bevorzugung klauengesun-
der Rinder gelegt werden. MP
mehr abgetragen
werden. Sohlen
mit einer Dicke
von weniger als Literatur zum Thema Klauenpflege und
5 mm können in Klauenerkrankungen bei der Redaktion
einstreulosen erhältlich
Laufgängen oder
auf asphaltierten Anschrift des Autors:
Treibwegen
Dr. med. vet. Harald Kümper, Fachtierarzt für Rinder,
durchgeschliffen Klinik für Wiederkäuer und Schweine (Innere Medizin
werden, so dass und Chirurgie) der Justus-Liebig-Universität Gießen,
Zusammen- Frankfurter Str. 110, 35392 Gießen