In den ersten Jahren nach dem Machtantritt des neuen
rumänischen Staats- und Parteichefs im Jahre 1965 machten die begrenzten Liberalisierungsmaßnahmen des Regimes auch vor den Rumäniendeutschen nicht halt. Im Jahre 1968 kam es zur Gründung eines sogenannten "Rat der Werktätigen deutscher Nationalität". Es wurden neue deutsche Zeitungen und Zeitschriften ins Leben gerufen, ein Minderheitenverlag gegründet, deutsche Fernsehsendungen eingeführt, der landeskundlichen Forschung etwas mehr Spielraum gewährt. Die Minderung des innenpolitischen Drucks und die zeitweilige Liberalisierung fand jedoch unter den Deutschen nicht das vom Regime erwünschte positive Echo. Nach der 1967 erfolgten Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Bonn und Bukarest trat für die Rumäniendeutschen das Ziel der Ausreise in den Vordergrund. Diskriminierungen und Sanktionen entmutigten sie nicht, vielmehr bestärkten sie die Deutschen in ihrem Wunsch, Rumänien zu verlassen. Sie setzten auf die Fürsprache der Bundesregierung und auf die Bereitschaft der rumänischen Führung, humanitäre Fragen wie die Zusammenführung getrennter Familien im Einklang mit den bei der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte von 1975 eingegangenen internationalen Verpflichtungen zu lösen. Die deutsche Bundesregierung hatte unter wechselnden Regierungen konsequent an ihrem doppelten Fürsorgeprinzip - Hilfe für die Bleibenden und zugleich Unterstützung für die Ausreisewilligen - festgehalten. Nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen stieg die Zahl deutscher Aussiedler aus Rumänien rasant an - von ungefähr 900 pro Jahr im Zeitraum 1950 - 1967 auf durchschnittlich 3.400 jährlich zwischen 1968 und 1971. Zwischen 1973 und 1977, als das Verfahren bereits in einigermaßen geregelten Bahnen verlief, erreichten die Aussiedlerzahlen durchschnittlich 7.200 Personen pro Jahr an. Anläßlich seines Rumänienbesuchs traf Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Rumäniens Staats- und Parteichef Nicolae Ceauşescu eine Vereinbarung, wonach Rumänien sich verpflichtete, jährlich zwischen 12.000 und 16.000 Deutschen die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland zu gestatten. Im Gegenzug sagte der Bundeskanzler die Zahlung eines Pauschalbetrags pro Aussiedler zu. Dieser Betrag stieg von 5.000 DM im Jahre 1978 auf 7.800 DM zum Zeitpunkt der Wende. Seit Beginn der achtziger Jahre verschlechterte sich die Lage der deutschen Minderheit in Rumänien in erheblichem Maße. Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Lande sank der Lebensstandard der gesamten Bevölkerung auf das niedrigste Niveau nach Kriegsende. Seitdem die rumänische Führung den Nationalismus der Mehrheitsbevölkerung zur Staatsideologie erhoben hatte, wuchs der Assimilationsdruck auf die Minderheiten. Der Gebrauch der Muttersprache in der Öffentlichkeit wurde eingeschränkt, viele der begrenzten Liberalisierungsmaßnahmen der 60er Jahre im kulturellen und schulischen Bereich zurückgenommen. Die wachsenden Aussiedlerzahlen hatten einen verhängnisvollen Rückkoppelungseffekt zur Folge, der Prozeß entfaltete eine fatale Eigendynamik: Die örtlichen Gemeinschaften zerfielen, sinkende Lehrer- und Schülerzahlen an den deutschen Schulen führten zu einem verschlechterten Unterrichts- und Bildungsangebot auch für jene Rumäniendeutschen, die noch nicht zur Ausreise entschlossen waren. Als die Bürger Rumäniens nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Freiheit zum Verlassen des Landes erlangten, verließen innerhalb von sechs Monaten 111.150 Deutsche Rumänien.