mit Blick auf die zähen Prozesse, die Bauprojekte in der Hauptstadt
so oft begleiten: vom Großprojekt Flughafen BER bis hinab zu ein
paar Kilometern Tramgeleise. Interessanter aber als das, was die
neue Wohnanlage an der Thulestraße im Bezirk Pankow mit dem
Berliner Durchschnitt verbindet, ist das, was sie davon trennt.
grüne Balkone
Straße am Knick der Thule-
straße: Hier stoßen die
dichte Stadt des 19. und der
Siedlungsbau des 20. Jahr-
hunderts aneinander.
Lageplan im Maßstab 1:7500
Ungewöhnlich hier an der Grenze von Pankow marktes kein Alleinstellungsmerkmal (s. den Bei- ein Hotel erinnernde Halle ermöglicht es, dass
und Prenzlauer Berg, von dichter Innenstadt des trag zum Groth-Projekt in Schmargendorf, S. 30). die innenliegenden Flure, welche bis zu zwölf
19. und zunehmend aufgelockerter Siedlungs- Zanderroth erreichen bei den Häusern an der Wohneinheiten pro Geschoss erschließen (noch
landschaft des 20. Jahrhunderts, ist das Volumen Thulestraße eine sagenhafte Effizienz von über so eine Kennzahl, die heutzutage auch andern-
der sechs von außen identischen Gebäude, die 80 Prozent, will heißen: Von 10 Quadratmetern orts in Berlin erreicht wird), Zenitlicht erhalten
das Berliner Büro zanderrotharchitekten auf Geschossfläche lassen sich mehr als 8 Quadrat- und sich Blickbeziehungen von einem Geschoss
dem ex-Brauereiareal angeordnet hat. Ihre Tiefe meter vermieten – es ist die Weiterentwicklung ins andere öffnen. Die in dieser Halle frei nach
ist so groß, dass die Siebengeschosser im Lage- ihres Projekts in der Liebigstraße im Bezirk Fried- oben schwingende Treppe lädt ein zum Gebrauch:
plan eine ganz andere Nutzung zu enthalten richshain (Bauwelt 18.2017), dass diesbezüglich Wen mag man wohl erspähen, wenn man die
scheinen als die Wohnbauten aus Gründerzeit, noch optimiert werden konnte. Trotz oder viel- nächste Ebene erreicht?
Zwischenkriegszeit, DDR und 1990er Jahren, leicht auch wegen dieser geradezu extrem anmu- Die Treppe gilt übrigens als Fluchtweg, ein
welche die heterogene Nachbarschaft bilden tenden Wirtschaftlichkeit – und hier nun kommt zweiter befindet sich mit einer weiteren, formal
(der fünfeckige Block von Erwin Gutkind aus dem die erste echte Besonderheit des Projekts –, etwas weniger spektakulären Treppe in einem
Jahr 1926 im Knick der Thulestraße ist das pro- konnten die Architekten ein haushohes Atrium abgeschlossenen Treppenhaus – dadurch ist es
minenteste Gebäude darunter). Große Tiefe – anordnen, das eine Neuheit im Berliner Woh- nicht nötig, dass die Feuerwehr im Brandfall die
und damit wenig Hüllfläche – allein ist allerdings nungsbau darstellen dürfte, mir ist jedenfalls kein Fassaden anleitern kann, und das wiederum be-
unter den Bedingungen des heutigen Wohnungs- ähnlicher Raum bekannt. Diese, ein wenig an deutet, dass die Außenanlagen frei sind von be-
Ungewöhnlich im Berliner
Wohnungsbau ist die haus-
hohe, hotelartige Halle.
Erdgeschoss, Regelge-
schoss und Dachaufsicht
im Maßstab 1:500, Schnitt
in 1:1000