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Peter Trüb
www.wort-und-wissen.de/artikel/a20/a20.pdf
Der bewohnbare Kosmos
Die Feinabstimmung der Naturgesetze als Hinweis
auf einen Schöpfer-Gott
von Peter Trüb
2
Die bewohnbare Zone eines Sterns
Ein bereits lange bekanntes Beispiel für Feinab- höheren Durchschnittstemperatur verdampfen.
stimmung in der Astronomie betrifft den Ab- Umgekehrt würde alles Wasser der Erde gefrie-
stand zwischen Erde und Sonne. Es ist einfach ren, wenn sich diese weiter weg von der Sonne
nachzuvollziehen, dass die Erde nur in einer befände. Da flüssiges Wasser für menschliches
ganz bestimmten Distanz zu unserem Zentral- Leben unabdingbar ist, reduziert sich der für
gestirn für Menschen bewohnbar ist. Wäre der Menschen bewohnbare Bereich auf ein relativ
Abstand zur Sonne kleiner als der heutige Wert, schmales Band, an dessen innerem Rand sich
würde das Wasser auf der Erde auf Grund der die Erde befindet.
Abb. 2 Bewohnbare Zone eines Sterns schematisch dargestellt als grüner Ring (NASA)
doch nicht, dass das Gravitationsgesetz von New- Unsere Raumzeit2 ist also ideal auf die Exis-
ton eng mit der Anzahl an Raumdimensionen tenz von Leben abgestimmt. Auf die Frage, wie-
verknüpft ist. Es war Paul Ehrenfest, der 1917 so in unserem Universum genau die Kombinati-
aufzeigte, dass ausschließlich drei Raumdimen- on von drei Raum- und einer Zeitdimension ver-
sionen eine quadratische Abhängigkeit und so- wirklicht ist, können die Naturwissenschaften
mit stabile Planetenbahnen erlauben. In der Fol- momentan keine Antwort geben. Unabhängig
ge stießen diverse Autoren auf weitere Schwie- davon, ob in Zukunft die Anzahl der Dimensio-
rigkeiten für die Existenz von Lebewesen, wenn nen allenfalls aus einer noch unbekannten Theo-
die Anzahl der Raum- und Zeitdimensionen rie hergeleitet werden kann, lässt sich diese opti-
anders als in unserem Universum wäre. Auch male Eigenschaft als wohlüberlegtes Konzept ei-
wenn ein strenger Beweis nicht geführt werden nes schöpferischen Geistes deuten.
kann, so kommt zum Beispiel der Physiker Max
Tegmark zu dem Schluss, dass Leben praktisch
nur in einem Kosmos mit genau drei Raum- und Die Stärke der Grundkräfte
einer Zeitdimension möglich ist (siehe Abbildung
3). Unsere Welt wird durch vier Grundkräfte ge-
formt. Die Gravitationskraft ist verantwortlich für
die Stabilität des Sonnensystems, während die
elektromagnetische Anziehung3 die Elektronen
auf ihre klassischen Bahnen um den Atomkern
zwingt. Weniger bekannt sind die starke Kern-
kraft, welche den Atomkern zusammenhält, und
die schwache Kernkraft, die teilweise für die Ra-
dioaktivität verantwortlich ist. Wie man heute
weiß, müssen diese Kräfte fein austariert sein,
damit stabile Sterne, Planetensysteme und Ato-
me überhaupt möglich sind. Dies soll am Beispiel
der elektromagnetischen Kraft und dem Masse-
verhältnis zwischen Elektron und Proton4 genau-
er aufgezeigt werden. Aber auch für die Stärken
3
Tab. 1 Die vier Grundkräfte, durch
Grundkraft Austausch- Auswirkung welche sich physikalische Teilchen
Teilchen gegenseitig beeinflussen, geordnet
Gravitation Graviton (?) Stabilität des Sonnensystems nach zunehmender Stärke. Zu jeder
Schwache Kernkraft W-, Z-Teilchen Radioaktivität Kraft gehört ein Elementarteilchen,
Elektromagnetische Kraft Photon Stabilität der Atome durch welches die Kraft übertragen
Starke Kernkraft Gluonen Stabilität der Atomkerne wird (das Graviton konnte bislang
nicht nachgewiesen werden).
der übrigen Grundkräfte lässt sich in gleicher roten Bereich wäre die elektromagnetische Abs-
Weise zeigen, dass sie ganz bestimmte Bedingun- toßung zwischen den Atomkernen sehr stark.
gen erfüllen müssen, damit Leben überhaupt Sterne müssten somit sehr schwer sein, um durch
möglich wird. Kernfusion Energie erzeugen zu können. Schwe-
Abbildung 4 zeigt, dass Leben nur möglich ist, re Sterne sind jedoch nicht stabil, da die bei der
wenn die elektromagnetische Kraft weder zu Kernfusion entstehende Strahlung sie auseinan-
stark noch zu schwach ist. Auf der horizontalen derfallen lässt. Ausschließlich in der weißen Flä-
Achse ist der Wert der Feinstruktur-Konstanten che sind die Grundbedingungen für stabile Ato-
aufgetragen, eine Größe, welche die Stärke der me und Sterne erfüllt. Die Werte der Naturkons-
elektromagnetischen Kraft angibt. Die vertikale tanten in unserem Universum liegen ziemlich
Achse gibt das Verhältnis der Masse des Elektrons nahe am Rande dieses stabilen Bereichs.
zur Masse des Protons an. Im grünen Streifen ist
die Gravitationskraft stärker als die elektromag-
netische Kraft. Durch die extrem starke Massen- Die Massen der Elementarteilchen
anziehung zwischen den Atomen wären
beispielsweise Moleküle instabil. Im gelben Be- Im Juli 2012 konnten Physiker am CERN5 die
reich wäre das Elektron schwerer als die Massen- Entdeckung des Higgs-Teilchens bekannt geben.
differenz zwischen Neutron und Proton. Für ein Dieses Teilchen spielt eine wichtige Rolle bei der
Proton wäre es deshalb energetisch günstiger, ein Erklärung der Massen der Elementarteilchen. Der
Elektron einzufangen und sich in ein Neutron Higgs-Mechanismus besagt, dass ein Teilchen
umzuwandeln. Damit wäre Wasserstoff, ein umso schwerer ist, je intensiver es mit dem Higgs-
Grundbaustein des Lebens, welcher aus einem Feld6 in Wechselwirkung tritt und je größer die
Elektron und einem Proton besteht, instabil. Im Stärke des Higgs-Feldes ist. Die Stärke des Higgs-
4
Bereich liegt. Diese haben bislang allerdings kei-
ne Bestätigung durch experimentelle Daten ge-
funden. Selbst wenn ein solches Modell sich als
richtig herausstellen würde, bliebe die Frage, wer
oder was wiederum diesen Modell so fein abge-
stimmt hat, damit das Higgs-Feld genau so stark
ist, dass Leben möglich ist. Die Frage nach der
Feinabstimmung wäre damit nicht gelöst, son-
dern lediglich auf eine tiefere Ebene verschoben.
5
Abb. 6 Blick des Hubble-Teleskops in die Tiefen des Universums (NASA). Die Verteilung der Materie entspricht überhaupt
nicht einer Verteilung, die man erwarten würden, wenn sich das Universum in einem zufälligen Zustand befinden würde.
lungen wie zum Beispiel Schwarze Löcher10 be- zähligen Galaxien angefüllt. Für naturalistische
finden würden. Dass ein solch unstrukturierter Erklärungsversuche erweist sich dies als große
Kosmos äußerst lebensfeindlich wäre, ist relativ Schwierigkeit, für Christen erweist sich darin die
einfach einzusehen. Auffällig ist zudem, dass die unendliche Kraft und Weisheit Gottes.
Ordnung unseres Universums viel höher ist, als
sie für die Existenz menschlichen Lebens sein
müsste. Das Vorhandesein einer Galaxie, ja
vielleicht sogar eines einzigen Sonnensystems,
Die Kosmologische Konstante
scheint für unsere Existenz völlig ausreichend. So
Ein Fall von Feinabstimmung, der die Physiker
weit wir mit besten Teleskopen ins Weltall hin-
seit langem beschäftigt, betrifft den Wert der kos-
ausblicken können, ist der Raum jedoch mit un-
mologischen Konstante. Diese von Einstein ein-
geführte Größe hat einen Einfluss darauf, ob sich
„Für mich gibt es starke Hinweise, dass hinter das Universum ausdehnt oder zusammenzieht.
der Bühne etwas vor sich geht ... Es scheint, als Ein großer, positiver Wert führt dazu, dass sich
ob jemand die Naturkonstanten fein abge- das All immer schneller ausdehnt. Ein negativer
stimmt hat, um das Universum zu erschaffen ...
Der Eindruck von Planung ist überwältigend“ 10
Schwarze Löcher sind Objekte von sehr grosser Mas-
sendichte, so dass selbst Licht ihrer Anziehungskraft
Paul Davies, britischer Physiker und Buchautor nicht entrinnen kann.
6
mit unserer Existenz vereinbar sind13. Beispiels-
„Der Blick zum Himmel war meinem Glauben
weise ist es nicht möglich, dass wir ein Univer-
zuträglicher als meinem Wissen.“
sum beobachten, in dem sich Massen abstoßen
Norbert Pailer, Astrophysiker und Buchautor anstatt anziehen, weil dann kein für unser Da-
sein notwendiges Sonnensystem existieren wür-
de. Viele folgern aus dem Anthropischen Prinzip,
Wert führt dazu, dass es sich zusammenzieht. Vor dass es nicht erstaunlich sei, dass die Naturge-
ein paar Jahren hat man festgestellt, dass sich das setze fein abgestimmt sind. Wären sie nämlich
Universum immer schneller ausdehnt und nicht so fein justiert, wären wir gar nicht da, um
schließt daraus, dass die kosmologische Konstan- dies beobachten zu können. Deshalb könne die
te positiv sein muss. Allerdings ist die Beschleu- Feinabstimmung auch ganz gut ohne Gott als
nigung eher langsam und der Wert der Konstan- möglichen Verursacher verstanden werden.
ten daher vergleichsweise klein. Diese Argumentationsweise lässt sich jedoch
Ein Hinweis auf Feinabstimmung ergibt sich, in verschiedener Hinsicht kritisieren. Zunächst
wenn man versucht, mit Hilfe der Quantentheo- einmal kann festgehalten werden, dass zum Bei-
rie11 den Wert der kosmologischen Konstante zu spiel im Falle der Ordnung des Universums die
berechnen. Nach heutiger Vorstellung besitzt Feinabstimmung viel stärker ist, als dies für die
selbst der leere Raum, d. h. das Vakuum eine un- Existenz von Leben notwendig ist. Die Ordnung
geheure Menge an Energie, welche einen Beitrag in unserem Universum könnte erheblich niedri-
zur kosmologischen Konstante liefert. Eine gro- ger sein, ohne die Möglichkeit von Leben zu ver-
be Abschätzung ergibt, dass dieser Beitrag den eiteln. Wenn unser Universum zufällig aus allen
aus der beschleunigten Expansion des Univer- lebensfreundlichen Universen ausgewählt wor-
sums abgeleiteten Wert um unglaubliche 120 den wäre, würden wir uns mit sehr hoher Wahr-
Größenordnungen übersteigt! Hätte die kosmo- scheinlichkeit in einem völlig unstrukturierten All
logische Konstante tatsächlich diesen berechne- vorfinden, das nur in unserer näheren Umgebung
ten Wert, würde sich das Universum explosions- die für Leben notwendige Ordnung besitzt. Die
artig ausdehnen, so dass weder Galaxien noch Möglichkeit von Leben ist kein hinreichender
Sonnensysteme existieren könnten. Alle Gegen- Grund für die extrem niedrige Entropie unseres
stände würden sich mit Überlichtgeschwindigkeit Universums. Allein mit dem Hinweis auf das
voneinander entfernen, jegliche Kommunikation Anthropische Prinzip lässt sich diese nicht erklä-
zwischen Lebewesen wäre völlig unmöglich. ren.
Offensichtlich ist der Wert der kosmologischen Die grundlegende Schwäche des Anthropi-
Konstante jedoch recht klein, so dass wir in einer schen Prinzips besteht jedoch darin, dass es kei-
stabilen Raumzeit leben können. Wie kann er so ne Erklärungskraft besitzt. So wie oben definiert,
klein sein, obwohl die Energie des Vakuums ei- besagt es nur, dass wenn wir etwas beobachten,
nen so riesigen Beitrag liefert? Entweder sind die es kompatibel mit unserer Existenz sein muss. Das
theoretischen Grundlagen falsch, die dieser Be- Anthropische Prinzip erklärt jedoch weder, wie
rechnung zu Grunde liegen, oder es muss weite- die beobachteten Eigenschaften zu Stande kom-
re Beiträge mit entgegengesetztem Vorzeichen men, noch warum wir überhaupt etwas beobach-
geben, so dass die Summe fast genau bei Null zu ten können. Wieso beispielsweise die Stärke des
liegen kommt. Damit diese gegenseitige Aufhe- Higgs-Feldes genau den beobachteten Wert be-
bung mit der nötigen Genauigkeit zu Stande sitzt, wird durch das Anthropische Prinzip nicht
käme, müssten die weiteren Terme auf 120 Stel- erklärt. Natürlich ist auch die Existenz eines
len exakt identisch mit dem Beitrag der Vakuum- Schöpfergottes keine Erklärung im naturwissen-
energie sein. Mit anderen Worten, die verschie- schaftlichen Sinne für die Stärke des Higgs-Fel-
denen Beiträge müssen auf mehr als hundert Stel- des. Die Absicht eines persönlichen Gottes, ein
len genau aufeinander abgestimmt sein. Dies für Menschen bewohnbares Universum zu er-
wäre ohne Übertreibung ein gigantisches Maß an schaffen, liefert jedoch eine (teleologische14) Er-
Feinabstimmung!
11
Die Quantentheorie beschreibt physikalische Abläufe
auf sehr kleinen Energie- und Längen-Skalen.
12
Abgeleitet vom griechischen Wort Anthropos für
Das Anthropische Prinzip Mensch.
13
Diese Definition des Anthropischen Prinzipt wird
Wenn es darum geht, die Feinabstimmung der manchmal auch als das Schwache Anthropische Prin-
zip bezeichnet.
Naturgesetze zu deuten, wird häufig auf das 14
Mit einer teleologischen oder funktionalen Erklärung
Anthropische Prinzip12 verwiesen. Dieses besagt, wird eine Sache durch ihren Zweck auf ein höheres
dass wir nur Dinge beobachten können, welche Ziel hin erklärt.
7
Abb. 7 Logo des
Internationalen Jahres
der Astronomie. Erklärt
die Existenz von Men-
schen die Feinabstim-
mung der im Kosmos
geltenden Naturgeset-
ze, wie dies manche
Vertreter des Anthropi-
schen Prinzips behaup-
ten?
klärung dafür, warum überhaupt ein Universum einem Multiversum leben. Es gibt ganz verschie-
existiert und wieso es für menschliches Leben ein- dene Vorstellungen darüber, wie ein Multivers-
gerichtet ist. um beschaffen sein könnte. Der gemeinsame Nen-
Das Anthropische Prinzip sollte dennoch nicht ner dieser Theorien besteht darin, dass nicht nur
als völlig nutzlos verworfen werden. Es kann uns ein Universum, sondern eine riesige Anzahl an
nämlich die Augen dafür öffnen, dass manche Universen, eben ein Multiversum, existieren soll.
Eigenschaften unseres Universums gar nicht so Zusammen mit dem Anthropischen Prinzip und
selbstverständlich sind, wie wir meinen. Es wäre der Vorstellung, dass die Naturgesetze in jedem
falsch zu denken, dass unser Universum gar nicht Universum ein wenig anders sind, ergebe sich
anders beschaffen sein könnte als wir es vorfin- eine plausible Erklärung für die lebensfreundli-
den. Insofern hilft uns das Anthropische Prinzip, chen Bedingungen in unserem Universum. Gäbe
die Feinabstimmung der Naturgesetze überhaupt es tatsächlich sehr viele Universen mit den un-
erst wahrzunehmen. terschiedlichsten physikalischen Gesetzen, so
würde sich darunter früher oder später auch ei-
nes befinden, in dem Leben möglich ist. Da wir
nur in einem solchen existieren können, wäre es
Ein Multiversum als Erklärung für folglich nicht verwunderlich, dass wir in unse-
Feinabstimmung? rem Universum Naturgesetze beobachten, wel-
che wie für die Existenz von Leben gemacht er-
Der wohl herausforderndste Versuch, die Fein- scheinen.
abstimmung der Naturgesetze ohne einen Desi- Ein Multiversum könnte in der Tat viele der
gner zu erklären, ist die Behauptung, dass wir in oben vorgestellten Fälle von Feinabstimmung ih-
8
Abb. 8 Sombrero Galaxie (NASA) Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannte man, dass nebst der Milchstrasse viele weitere
Galaxien oder Welteninseln existieren. In ähnlicher Weise wird heute die Vorstellung eines Multiversums diskutiert, nach der
parallel zu unserem Universum viele weitere Universen bestehen.
rer Rätselhaftigkeit berauben. Die Idee eines Universen nahe legen, bestätigt werden sollten,
Multiversums ist jedoch weit davon entfernt, als wird doch nie festgestellt werden können, dass
gesicherte, wissenschaftliche Erklärung der Fein- diese auch tatsächlich existieren. Wir werden also
abstimmung gelten zu dürfen. Ein Grund dafür nie mit Sicherheit wissen, ob andere Universen
ist, dass die physikalischen Theorien, welche den existieren und folglich auch nicht, ob das Multi-
meisten Vorstellungen eines Multiversums zu versum die richtige Erklärung für die Feinabstim-
Grunde liegen, bislang nicht durch experimen- mung der Naturgesetze ist. Aus diesem Grunde
telle Befunde bestätigt worden sind. Sowohl die gibt es berechtige Zweifel darüber, ob das Szena-
String-Theorie15 als auch Vorstellungen über eine rio eines Multiversums überhaupt als naturwis-
chaotische Ausdehnung des frühen Universums senschaftliche Theorie gelten darf.
gehören in den Bereich hochspekulativer Model-
le. Darüber hinaus ist auch nicht klar, ob die Ge-
setze in einem Multiversum ihrerseits nicht Das Zeugnis der Bibel
wiederum fein abgestimmt sein müssten, um ein
Universum hervorzubringen, wie wir es beobach- Die Bibel lehrt uns, dass Gott das Wohl der Gläu-
ten. Im schlechtesten Fall ist der Preis für die Er- bigen bereits vor der Erschaffung der Welt im
klärung der Feinabstimmung in unserem Univer- Blick hatte. Paulus schreibt an die Christen in
sum ein noch viel höheres Maß an Feinabstim- Ephesus, dass Gott sie erwählt hatte, heilig und
mung im Multiversum. untadelig zu sein, noch bevor die Erde existierte
Die aus naturwissenschaftlicher Sicht größte (Epheser 1,3f). Der Mensch war also ein Teil des
Schwäche der Multiversums-Idee liegt darin, dass Planes Gottes, als er die Welt erschuf. Damit sind
die Existenz solcher hypothetischer Welten prin- die Ordnung und die Naturgesetze des Univer-
zipiell nicht überprüft werden kann. Selbst wenn sums das beabsichtigte Ergebnis eines gezielten
die Theorien, welche die Realität von anderen Handelns, das von Anfang an menschliches Le-
ben ermöglichen sollte. So erstaunt es nicht, dass
die physikalischen Gesetze komplexe Lebensfor-
„Jedem tiefen Naturforscher muß eine Art
men gestatten, auch wenn dies in manchen Fäl-
religiösen Gefühls nahe liegen, weil er sich nicht
vorzustellen vermag, daß die ungemein feinen
Zusammenhänge, die er erschaut, von ihm 15
Die String-Theorie versucht, die Eigenschaften der Ele-
zum ersten Mal gedacht werden.“ mentarteilchen auf das Schwingungsverhalten winzig
kleiner Fäden oder Saiten (engl. strings) zurückzufüh-
Albert Einstein, Nobelpreisträger für Physik ren.
9
Abb. 9 Denn so spricht der HERR, der den Himmel geschaffen hat - er ist Gott; der die Erde bereitet und gemacht hat - er hat
sie gegründet; er hat sie nicht geschaffen, dass sie leer sein soll, sondern sie bereitet, dass man auf ihr wohnen solle: Ich bin der
HERR, und sonst keiner mehr (Jes 45,18) (Bild: NASA)
len nur unter äußerst fein abgestimmten Bedin- tere Merkmale eines für menschliches Leben ge-
gungen möglich ist. eigneten Wohnorts besitzt. Auch wenn dies viele
Im Gegensatz zur Physik, der das Konzept ei- Naturalisten bestreiten mögen, lässt sich daran
ner Zielsetzung fremd ist, lehren uns die Auto- gemäß Paulus die Weisheit Gottes erkennen, mit
ren der Bibel, dass Gott alles für einen bestimm- der er die Welt erschaffen hat (Römer 1,20). Chris-
ten Zweck erschaffen hat (Sprüche 16,4). So ten wissen, dass nach dem Sündenfall vieles nicht
schreibt beispielsweise Jesaja, dass Gott die Erde mehr so ist, wie es sein sollte. Trotzdem lässt sich
geschaffen hat, nicht damit sie öde sei, sondern an vielen Details der Schöpfung wie an den dis-
dass sie (von Menschen) bewohnt werde (Jesaja kutierten Beispielen von Feinabstimmung erken-
45,18). Nach dieser Sicht ist es völlig verständ- nen, dass das Universum das durchdachte Werk
lich, dass sich die Erde in der habitablen Zone eines intelligenten Urhebers und nicht das End-
befindet, dass sie ein Magnetfeld besitzt, welches produkt eines zufällig ablaufenden Prozesses ist.
die Lebewesen vor kosmischer Strahlung schützt, So erfüllen die Himmel nach wie vor ihren Zweck,
von einer Ozonschicht zum Schutz vor Ultravio- zu dem sie erschaffen wurden: Sie verkünden die
lett-Strahlung umgeben ist, und noch viele wei- Ehre, Kraft und Weisheit Gottes (Ps 19,2).
10
Zusammenfassung Naheliegender scheint es, die Leben ermögli-
chende physikalische Ordnung unseres Univer-
sums als das Ergebnis eines geplanten Schöp-
Dass das Universum wie für Leben gemacht zu
fungshandelns zu verstehen. So wie wir bei der
sein scheint, wird mehrheitlich anerkannt. Nur
Betrachtung eines mechanischen Uhrwerks aus
wenige bestreiten, dass bereits geringfügige Än-
dem Zusammenwirken vieler exakt aufeinander
derungen der Naturgesetze menschliches Leben
abgestimmter Einzelteile auf einen intelligenten
unmöglich machen würden. Welche Schlüsse aus
Urheber schließen, lässt sich aus den noch viel
dieser Erkenntnis gezogen werden dürfen, wird
feiner abgestimmten Prinzipien in der Natur auf
hingegen kontrovers diskutiert.
die Existenz eines intelligenten Schöpfers schlie-
Die beobachtete Feinabstimmung einfach als
ßen. Ein solches Vorgehen hat sich in der Vergan-
bloßen Zufall zu akzeptieren, erscheint nur den
genheit auf vielfache Weise in Gebieten wie der
wenigsten als befriedigende Antwort. Die mit der
Archäologie oder der Kriminalistik bewährt. Als
Fragestellung verbundenen Wahrscheinlichkeiten
einzige der vorgestellten Alternativen erlaubt die-
sind viel zu klein, um einfach hingenommen zu
se Sichtweise, jeglichem Leben von vornherein
werden. Häufige Erwähnung als mögliche Erklä-
einen Sinn und ein Ziel beizumessen. Alleine die
rung findet das Anthropische Prinzip. Wer sich
Absichten eines Schöpfers bilden eine solide
damit zufrieden gibt, verzichtet allerdings auf
Grundlage, um menschlichem Leben eine objek-
eine Erklärung für die beobachteten Phänomene.
tive, über subjektive Ansichten hinausgehende
Wie das oben erwähnte, anschauliche Beispiel des
Bedeutung zu verleihen.
Philosophen John Leslie zeigt, ist es sehr wohl
angebracht, über die Leben ermöglichenden Ei-
genschaften unseres Universums erstaunt zu sein.
Wer sich den beiden bisher genannten Auffas-
sungen nicht anschließen mag, aber trotzdem
ohne einen Schöpfer-Gott auskommen möchte, Originalzitate
wird darauf hoffen, dass der wissenschaftliche
Fortschritt in Zukunft eine naturalistische Erklä- „The exquisite order displayed by our scientific
rung für die beobachteten Gesetzmäßigkeiten lie- understanding of the physical world calls for the
fern wird. Dies erscheint für einige der diskutie- divine.“
ren Beispiele für Feinabstimmung durchaus mög-
lich, doch es besteht immer die Gefahr, ein fein Vera Kistiakowsky, amerikanische Physikerin
abgestimmtes Modell auf eine neue Theorie zu-
rückzuführen, welche ein noch viel größeres Aus- „The idea of a universal mind or Logos would be,
maß an Feinabstimmung benötigt. Dies trifft auch I think, a fairly plausible inference from the pre-
auf die Aussicht zu, dass bislang spekulative The- sent state of scientific theory.“
orien bestätigt werden könnten, welche das Vor- Arthur Eddington, britischer Astrophysiker
handesein einer riesigen Anzahl an Universen
nahe legen. Die Existenz eines solchen Multivers- „There is for me powerful evidence that there is
ums direkt zu überprüfen, ist jedoch aus prinzi- something going on behind it all....It seems as
piellen Gründen nicht möglich. Damit ist eine though somebody has fine-tuned nature’s num-
solche Lösung nicht weniger auf eine über die bers to make the Universe....The impression of
Naturwissenschaften hinausgehende Überzeu- design is overwhelming“
gung angewiesen wie der Glaube an einen Schöp-
fer-Gott. Paul Davies, britischer Physiker und Buchautor
11