Herausgeber
Deutscher Verein für
gute nachbarschaftliche DIE WORTE DES CHEF REDAKTEURS
Beziehungen KARLOWITZ Auswegslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
21205 Sremski Karlovci,
BOTSCFATER ZOBEL IN SOMBOR
Patrijarha Rajačića 30 Besuch der Stadt Sombor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
tel/fax: 381.21.881707 Begrüssungswort von Frau Melanija Grubljesic. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
e-mail: fenster@neobee.net
conto : 340-27018-65 Die Probleme bei der Gründung des Nationalrates – die Worte
des Herren Boris Masic, des Vorsitzenders des Deutschen Vereins ADAM BERENC,
Chef Redakteur :
Stjepan A. Seder
aus Apatin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
Europa, europäische Werte und EU - Einigungsprozess als
Redaktionsekretär Unterrichtsgegenstand, Rede des Botscafters Andreas Zobel an
Mirko Sebić
die Studenten der Pedagogischen Hochschule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Art Direktor JUGENDPARLAMENT IN NOVI SAD
Andi Olah
Die Tagung des EU-Jugendparlament in Novi Sad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Redaktion: Rede Herrn Andreas Zobel des Botschafters BR Deutschland in Serbien. . . . . . . . . . . . . . . . .9
Stefan Barth GESTERN, HEUTE ...
Helmut Frisch
Dr Vladimir Gajger Gedenken an Opfer, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Zdravko Huber Rede Herrn König vor der Gedenkstäte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Bogdan Ibrajter
Vesela Laloš
Interview mit dem Herrn Boris Masic, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Robert Lahr Postament wartet das Denkmal, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Plamenka - Rozina Vuletić Gedenkfeier in Rudolfsgnad (Knićanin), Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Dr Zoran Žiletić
Bilder aus meiner Kindheit, Hilda Banski. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Druckerei VI GUGELHUPFFEST
Maxima – Petrovaradin,
Vladana Desnice 13
Entgegen der Tradition und den Bräuchen, Stjepan A. Seder. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Tel: +381 (0)216433512 Rund Tafel
Wahrheit, Halbwahrheit, Unwahrheit, Dragi Bugarčić. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Auflage 500 primeraka
Bewusstsein und Gewissen gegenüber der Kultur der Wojwodina – Deutschen,
September 2007. Prof. dr. Dragoljub Živković. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
Preiss 150 dinara
Presse in Serbien über die Donauschwaben
4€ 1992-2000, Zlatoje Martinov. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Medien im Versönungprozess der Serben und der Donauschwaben, Slobodan Mirić. . . . . . .30
CIP
ISSN - 1451-5202 Recht auf die Heimat, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
COBISS. SR-ID 20042895 Mitteilung an die Öffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Fenster izlazi zahvaljujući podršci
WIEDER IN DER HEIMAT
Sekretarijata za obrazovanjei kulturu IV AP Deutscher Folkloreabend, S.A. Weißkopf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Vojvodine i prilozima čitalaca.
Rückkehr der Hausherren, Dobrila Boba Knezevich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
Fenster erscheint mit finanzieller
Unterstützung des HILFE DER HEIMAT
Kulturministerium IV AP Vojvodina Geschenk an die Heimat, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40
und Geldbeintragen der Leser.
Prilozi autora potpisani imenom ne moraju
Interview mit Vladimir Hercegovac, Maschinentechniker, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . 43
izražavati mišljenje redakcije i izdavača Nach sechs Monaten, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43
Namentlich gekennzeichnete Beiträge
DIE ERINERUNNGEN
geben nicht
unbedingt die Meinung des Sieger, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Herausgebers wieder WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
Copyright: KARLOWITZ
Unbeachtet und unerkannt, Stjepan A. Seder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Sprüchwörter und Redensarten
der Donauschwaben DURCHLESEN SIE
hat Herr Stefan Barth Totenliste aus dem Vernichtungslager Knicanin/Rudolfsgnad
veranstalten.
Josef Elter. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
WORTE DES REDAKTEUREN
Auswegslos
ie deutsche Nationalminderheit bemüht in Beziehungsfragen zwischen ihrem Heimatland
Begrüssungswort von
Frau Melanija Grubljesic
ehr Geehrte Exzellenz, Dr. Andreas Zobel, Minderheit in Ihren Brückenfunktion darstellen zu
3
BOTSCHAFTER ZOBEL IN SOMBOR
Es ist so ausgegangen wie auf’s Matze Hocheit, der Letzte hat kein Löffel g’habt.
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BOTSCHAFTER ZOBEL IN SOMBOR
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BOTSCHAFTER ZOBEL IN SOMBOR
auch Deutschland, haben damit gute Erfahrungen Ich sehe darin auch eine Chance für Sie in Serbien:
gemacht. Lernen Sie die europäische Einigung kennen für
Wer an Frieden und Wohlstand über lange Zeit ge- sich selbst und für die künftige Generation, vermit-
wohnt ist, wer in einem freiheitlichen Rechtsstaat teln Sie ein realistisches, auch kritisches Bild von
seine Persönlichkeit entfalten kann, der lebt in der Europa. Aber weisen Sie genauso auf die enormen
Gefahr, dass er die Grundlagen seiner Entwicklung Leistungen hin, die Europäer der ersten Stunde und
vergisst oder dass er sie für selbstverständlich nim- ihre Nachfolger in 50 Jahren vollbracht haben: Auf
mt. Die in den letzte Jahren der EU beigetretenen Versöhnung zwischen früheren Feinden, auf Über-
Länder, die sich noch sehr gut an Diktatur und Un- windung jahrhundertealter Gräben, auf die Einheit
recht erinnern, wissen besser als die alten Mitglied- in Vielfalt, auf den Respekt vor dem Anderen, auf
staaten, dass all dies leider überhaupt nicht selbst- die Fähigkeit zum Kompromiss und auf die Achtung
verständlich ist. In der Begegnung mit ihnen können des Rechts. All das ist Europa, und es lohnt sich für
daher auch die älteren Mitglieder viel über die Grun- junge Menschen, es zu erfahren um demnächst selbst
dlagen der EU neu lernen. daran mitzuwirken.
DieTagung des
EU - Jugendparlament in Novi Sad
Veranstaltung des Instituts für Auslandbeziehungen 139 Jugnedlichen aus allen Teilen der Wojwodina
in Kooperatzion mit: teilgenommen.
Deutsche Botschaft Belgrad, Die Arbeit wurde in drei Tage aufgeteilt und orga-
Regierung und Parlament der Autonomen Provinz nisiert: Freitag, Samstag und
Vojvodina, Sonntag, und zwar wie Arbeit in einer Plenarsitzung
OSZE Mission in Serbien, vertretung der Eu- und wie Arbeit in
ropäischen Kommission in Serbien, Kommissionen.
Zentrale für politische Bildung des Landes Baden Das Jugendparlament eröffnete Herr Bojan Pajtić,
– Würtenberg, President der Regierung in
Forschungsgruppe Jugend und Europa. der Wojwodina und wünschte ihm erfolgreiche Ar-
Für die Teilnahme am Jugendparlament meldeten beit, mit folgenden Worten:
sich und haben auch daran
hre Exzellenz, Um Europa zu verstehen, müsst ihr es auch erlebt
Gedenken an Opfer
amstag, der 19. Mai 2007. Zehn Uhr und 15 von Sombor, Dr. Jovan Slavković, der allen schuld-
Im Dezember 1944 wurden aus Apatin 70 Männer in Glauben Sie, dass man dieses Geständnis, dass
der „Intelligenz“ genannten Aktion auf einem Last- während des Krieges und unmittelbar nach seinem
kraftwagen fortgeschleppt. Unter denen war auch Ende auch unschuldige Menschen verunglückten,
mein Großvater Jozef Probst. Gefangen wurden früher ablegen konnte?
alle Männer, auf welche die neue Behörde stoßte
und die sich überzeugt von eigener Unschuld nicht Es konnte immer früher sein, aber es ist nie zu spät
versteckt hatten. Die gefangenen Männer wurden die Ehre allen Unschuldigen und ohne Gericht ver-
in das Kronić-Palast fortgebracht und dort überaus unglückten Bürgern unabhängig von ihrer nation-
brutal gequält. Nach dem Foltern wurden sie in den alen und gläubigen Angehörigkeit zu erweisen.
Kellerräumen des Palastes ermordet, indem auf sie
aus automatischen Schnellfeuer-Waffen geschossen Erwarten sie, dass nach diesem Beispiel in Sombor
wurde. Danach wurden sie in den Massengräbern auch andere Orte in der Wojwodina, wo es auch
begraben und diese befinden sich dort, wo heute der unschuldig Verunglückte gab, handeln ?
Hauptbahnhof in Sombor ist.
Man schätzt, dass im Kronić-Palast nahezu 700 un- Nach Meinung einiger Kritiker auch solcher Proz-
schuldige Männer und Frauen ums Leben Kamen- esse, ist diese Komemorationen das Aufreißen alter
Fast niemand, der gefangen und in den „Kronić“ Wunden, aber ich denke, dass es keinen Weg in
Palast gebracht wurde, kam lebendig aus diesem die europäische Zukunft ohne Ehrenerweisung ge-
Gebäude. Noch einige Mitglieder unserer Familie genüber jedem unschuldigen Opfer gibt. Egal von
wie auch unser Verwandter, Rechtsanwalt Scheib aus welcher Hand dieses Opfer verunglückte. Gerade
Sombor, wurde hier mit seiner Frau auf grausamste wegen den Nachfahren und deren gemeinsamer
Weise ermordet. Gerade aus persönlichen Gründen Zukunft ist es wichtig alle unschuldigen Opfer zu
und als President des deutschen Vereins „Adam rehabilitieren und alle Orte ihrer Folterung und Ver-
Berenz“ aus Apatin, bin ich gekommen, um unseren nichtung zu kennzeichnen, damit solche grausamen
Märtyrern die gebührende Ehre zu erweisen. Geschehen nie wieder vorkommen.
S.A.S.
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GESTERN, HEUTE ...
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GESTERN, HEUTE ...
Soldaten bekannt.
Schließlich wurde das gesamte Grundstück
umgegraben, Torf drüber verstreut und Rasen
gesät. Am Grundstücksrand sind Bäume wie
z.B. Tuja Pyramiden, Birken, Zypressen und
Trauerweiden gepflanzt worden. Fußgän-
gerwege wurden gebaut, Buchstaben der 60
Grabsteine erneuert und die Grabsteine selber
durch das Einsetzten von Armaturen befes-
tigt
Der Grundgedanke dieser Vereinigung ist,
den hier auf dem Grundstück des Friedhofes
von Kovin beerdigten und im Tode vereinig-
ten Kämpfern ein gemeinsames Denkmal
aufzustellen. In diesem Sinne hat sich die
Vereinigung an mehrere Stellen gewandt und
wurden und auf welcher Seite sie kämpften.
sie hat die nötige Hilfe bekommen, auch wenn es
Auf diesem Grundstück, mit einer Fläche
sich um wenige Organisationen handelt. Das sind
von 5000 m², befinden sich 60 Grabtafeln mit Namen
das landschaftliche Institut für Bildung und Kul-
deutscher Kämpfer. Dort, wo die serbischen Kämp-
tur, das Institut für Schutz von Kulturgräbern aus
fer begraben liegen, stehen keine Namen sondern
Pančevo und das Ministerium für soziale Politik der
nur die Zahl der Toten. Das kann so erklärt werden,
serbischen Landesregierung.
dass der deutschen Kriegsmacht keine Identität der
Mit diesen erhaltenen Mitteln sind alle aufgeführten
Verstorbene vorlag und sie somit nur Angaben über
Tätigkeiten wie das Aufräumen des Grundstücks und
die Anzahl der Beerdigten machten.
der Gräber, sowie die Aufstellung des Grundsteins
Die Existenz dieses Friedhofes wurde erst
für das Denkmal ausgeführt worden. Das Errichten
bei der Erkundung kleinerer Standorte im Jahre
dieses Denkmals verlief nach einem Idealplan, den
1996 entdeckt. Der gesamte Friedhof, auf dem ver-
das Projekthaus „ASING“ aus Pančevo vorgeschla-
wachsene Bäume und Wildwuchs herrschten, war
gen und ausgearbeitet hat.
unzugänglich.
Diese Aktion ist ein Musterbeispiel und ver-
Die Vereinigung setzte die Gemeindebe-
dient jegliche Annerkennung und einen dicken Lob
hörde von dieser Entdeckung in Kenntnis und sie
und Dank an die Aktivisten. Es ist jedem einzelnen
kümmerte sich um die Säuberung, die Feststellung
selbst überlassen, sein Bestmögliches zu tun und zu
der Flächengröße und die genaue Zahl der Beerdig-
leisten. Jede Hilfe ist willkommen, sowohl seitens
ten. Erst nach dieser Aufräumaktion wurde eine
der Republik oder der Institutionen als auch seitens
genauere Zahl der Grabsteine und die der beerdigten
eines Einzelnen.
Gedenkfeier in Rudolfsgnad
Stjepan A. Seder
n Rudolfsgnade wurde am Mittwoch den 29. der Vereinigung der ehemaligen Gefangenen dieses
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GESTERN, HEUTE ...
ebenfalls an die Anwesenden und erinnerte mit
gewählter Wortwahl an all das Schrecken der ehe-
maligen Konzentrationslager, er sprach auch in der
Hoffnung, dass diese Tage längst der Vergangen-
heit angehören, und dass wir uns der Zukunft und
der jungen Generation widmen sollen. An Hand
der Beispiele der ehemaligen Konzentrationslager
müssen wir unsere Jugend zur Toleranz und Men-
schlichkeit erziehen.
Die Messe hat Herr Jakob Pfeifer, Pfarrer aus Odžak,
im Andenken an alle Verstorbenen dieses Konzen-
trationslagers gehalten.
Nach der Messe waren die Anwesenden zur Einwei-
Mehrere Dutzend Menschen waren ebenfalls hung des Neuaufgestellten Denkmales in unmittel-
bei dieser Gedenkfeier zugegen. Sie stammen barer Nähe der Kapelle eingeladen. Das Denkmal
hauptsächlich aus Deutschland, ehemalige Bewoh-
ner der Nachbarschaftsorte bzw. ehemalige Über-
lebende des Konzentrationslagers. Viele kommen
aus der Wojwodina, fast ausschließlich Angehörige
der deutschen Nationalminderheit. Auch die Vertreter
des Deutschen Vereins für gute nachbarschaftliche
Beziehungen KARLOWITZ, Sremski Karlovci, und
die des Deutschen Vereins Betschkerek, Zrenjanin,
nehmen teil. Sie kamen um an die unschuldigen Op-
fer zu gedenken.
Herr Lorenz Baron begrüßte die Anwesenden und
bedankte sich für ihren Besuch.
Herr Hans Supritz, ehemaliger Gefangener des
Konzentrationslagers in Bački Jarak, wandte sich
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GESTERN, HEUTE ...
seit 1946 keine Beerdigungen mehr durchgeführt. letic an die Anwesenden und erinnerte an die Ak-
Die Führung des Konzentrationslagers entschied, tivitäten, bei denen er persönlich teilgenommen hat,
dass das Beerdigen auf dem leichten Hügel neben bei der Denkmalaufstellung.
dem Dorf fortgesetzt wird. An dieser Stelle, Boden- Nach der Rede des Herrn Žiletić haben die Vertreter
fläche ca. 3.500 m², wurden über acht Tausend ver- der Gemeinde alle Anwesenden ins Kulturheim
storbene Häftlinge des Konzentrationslagers beer- zum Mittagessen eingeladen, wo ein kulturelles
digt. Unterhaltungsprogramm der Vereinigung der
Vor dem Denkmal wandte sich Prof. dr. Zoran Zi- kulturellen Künstlerfreunde aufgeführt wird.
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GESTERN, HEUTE ...
Gewehr stürzen in den Hof. auch Grossi und Oma. Wir Kinder mussten uns
Sie schreien. setzen und zuschauen. Markeitsch befahl seinen
Sidi bellt. Begleitern, die Frauen mit Korbatschen zu schla-
“Ruhe!”, ruft Otta. gen. Bei jedem Hieb jammerten die Frauen, und wir
Sidi zieht sich zurück. schrien und weinten.
Ein Knall. Sidi fliegt gegen den Zaun. Haifeld - 1945
Geheul, Blut... Grossi schickte Hansi und mich auf das Feld, Klee
Hansi und ich weinen. Wir wollen zu unserer zu zupfen zum Spinatkochen.
schwarz-weissen Sidi. Es war ein sonniger Tag. Schmetterlinge flogen. Ich
Grossi und Otta halten uns zurück. lief ihnen nach.
Nie wieder hatten wir ein Mittagsmahl zu Hause in Ich stolperte. Erstarrt fiel mein Blick auf zwei
Hetin. Leichen. Es waren zwei Buben, etwa 12 bis 13 Jahre
alt. Sie lagen erschossen vor meinen Füssen. Der
eine hatte etwas Erde in seiner verkrampften, bluti-
gen Hand. Ich konnte mich nicht rühren. Das erste
Mal sah ich den Tod.
Hansi nahm mich an der Hand und zog mich weg.
Rippenfellentzündung - Mollydorf 1946
Eine kleine Stube. Ich liege auf einem Strohbett.
Frauen sitzen und beten.
“Sie stirbt! Der Atem ist ganz schwach.”
Ich höre alles, aber ich kann mich nicht rühren. “Sie
glauben, dass ich nicht mehr lebe”, denke ich.
Mit letzter Kraft öffne ich die Augen.
“Es schaut ja!”, höre ich Grossi. “Hans, Hans, ’s
Kind lebt!”
Ich und Grossi besiegten die Rippenfellentzündung
ohne Arzt und Medikamente. An den Rippen hatte
ich eine offene Wunde. Aus meinem Mund fielen
alle Zähne raus. Das Mundfleisch faulte.
Grossi machte mir Umschläge von Kopf bis zu den
Füssen. Von drei Bohnenkernen kochte sie mir Sup-
pe.
Ich musste wieder gehen lernen. Hansi griff mir un-
ter die Arme und machte mit mir Schritt für Schritt.
Frau Hilda Banski mit den Gatten Rudolfsgnade - Knicanin 1946
Hetin - 1944 Es regnet. Auf den Strohbetten sitzen Frauen. Sie
Lager im Hockelhaus. Rimai Pischta (er war grosser sind alle mager. Aus ihren Augen hängt der Hunger.
Knecht bei uns) brachte Honig und andere Lebens- Sie erzählen.
mittel. Alles gab er über den Zaun. Er erzählte Grossi Ich sitze in der Ecke und höre zu. Sie reden über
etwas auf Ungarisch. Später hörte ich, als Grossi zu Kuchenrezepte. Eine spricht davon, wie man die
Otta sagte: “Sie haben Fed’r Palz erwischt. Aus dem besten Würste macht.
Strohschobel haben sie ihn rausgezogen und an den “Würste?! Ach was! Warum davon reden? Nie
Wagen gebunden. So musste er hinter dem Wagen wieder werden wir Würste essen. Gerst’l, immer
laufen, bis er tot zusammenbrach.” nur Gerst’l, und die nicht genug. Das ist unser Es-
Markeitsch - Hetin 1944 sen”, dachte ich, aber kein Laut kommt aus meinem
“Der Markeitsch kommt!”, ging es durch das Lager Mund.
(vor diesem Partisanen zitterten alle). In einer Kotarka fanden wir Spielzeug: eine Spit-
Er befahl, dass sich die Frauen niederlegen mussten, zenbluse für die Puppe, Teppiche für das Puppenz-
mit dem Gesicht auf der Erde. Unter ihnen waren immer und ein Armband - eine gewöhnliche Kette,
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GESTERN, HEUTE ...
aber für mich war das ein grosser Schatz. Ich tat sie eine Waschmulde. Die Kinder sangen: “Marjane,
um mein Handgelenk, krabbelte auf einen Erdhügel Marjane, cabarjak se vije...” Ich weinte.
an dem Theissufer und bildete mir ein, dass ich ein Drei Dinar - Zerne 1948
König war. Meine Untertanen waren die Bäume. Hansi kam aus dem Dorf. Er ging betteln. Man gab
Viehwagon ihm drei Dinar (das bedeutete drei Kilogramm Brot).
Wir sind in Viehwagons zusammengepresst. Den Ich wartete auf ihn zum Spielen.
ganzen Tag fahren wir. Hansi musste zuerst auf das Klo (das war eine La-
Wir haben Hunger. Das Stücklein Kukuruzbrot ha- trine mit Strohwänden). Ich ging mit. Als Hansi
ben wir schon längst gegessen. Jetzt gibt es nur noch seine Hosen runterzog, fielen die drei Dinar raus.
Wasser zu trinken. Den einen Dinar fanden wir gleich, aber die anderen
Längst ist schon die schmutzige Theiss hinter uns. zwei suchten wir umsonst.
Die Räder klappern eintönig. Da sagte ich: “Wir müssen beten, so wie uns Grossi
Ein Weib beginnt zu singen: gelehrt hat!” Ich begann: ”Jesus, Maria und Josef
“Belgrad ist a’ schöne Stadt, im Himmel steh’ uns bei.” Kaum hatte ich aus-
Kukuruz, Kned’l und nicht satt...” gesprochen, sah Hansi in der Ecke der Laterne den
Strohhalm - Gakovo 1947 zweiten Dinar, und ich erblickte den dritten. Er stak
In Gakovo waren wir in einem deutschen Haus ein- im Stroh.
quartiert. Wir 15 waren in einem Zimmer. In dem Marisch-Tante
anderen Zimmer lebte der Hausherr. “Hildi, Hansi, schaut, wer ist da!”, höre ich Grossi
Aus der Küche ging man in die Zimmer. Auf dem rufen. “Marisch-Tante ist da!”
gebauten Herd stand öfter etwas Essen, das vom Mit Angst schaue ich auf die kleine Frau. Sie hat
Hausherrn übriggeblieben war. Ich stahl oft von dem liebe blaue Augen und ein blau-rot-gestreiftes Tuch
Essen. Es waren geröstete Kartoffeln. Mit den Hän- auf dem Kopf. Von dem Wagen holt sie einen Sack
den nahm ich einige Stücke und ass sie gierig. Da herunter. Der Sack ist grösser als ich. “Ich habe euch
sah ich zwei Strohhalme. Ich schmiss sie raus. Essen gebracht.”
Der Hausherr wusste, dass jemand an den Kartoffeln Die Grossi macht den Sack auf - Brot, Wurst,
gewesen war. Er machte grossen Lärm. Die Stro- Schinken, Lekvàr kommen heraus. Ich kann meinen
hhalme waren Zeichen gewesen. Augen nicht trauen. Ich muss auf die Strasse laufen,
Otta - Gakovo 1947 Hansi abzuwarten.
Otta, Hansi und ich liegen auf den Strohbetten. In der Mitte der Strasse, eine Ecke entfernt, mit ei-
Grossi ist im “Krankenhaus”. Sie hat Wasser in den nem Bettelsack auf der Schulter, mager und zerfetzt,
Füssen. kommt Hansi. Mit Ungeduld warte ich auf ihn. Wir
Ich wache auf. Mit meiner Hand suche ich Otta. Er- haben nun ja viel zum Essen.
schrocken ziehe ich sie zurück. Kikinda - 1948 (zwei Wochen vor Ostern)
Otta ist kalt. Eine Ratte springt von ihm runter. Er Grossi sagte zu Marisch-Tante, dass sie uns aus dem
hat keine Ferse mehr. Lager nehmen kann. Sie machte das.
Otta ist in der Nacht neben mir gestorben. Er ist ver- Wir sitzen auf dem Wagen. Der Kutscher war Kekez,
hungert. der Nachbar von Marisch-Tante. Stumm halten wir
Hansi zieht die Leiche in einem Karren zu dem Sam- uns an den Händen. Grossi konnte nicht mit uns.
melgrab. Otta wird hineingeworfen und mit Kalk “Bald sind wir zu Hause”, sagte Marisch-Tante.
übergossen. “Wie, zu Hause, das ist ja doch nicht Hetin?!”,
Kinderheim - Gakovo 1947 dachte ich.
Weil Otta gestorben war und Grossi im “Kranken- Wir fahren vor einem hohen Schornstein vorbei und
haus” lag, kamen wir in ein Kinderheim. Da waren in die Strassen hinein. Die Häuser sind gross, in
serbische und deutsche Kinder. Die Erzieher waren manchen sind grosse Fensterauslagen.
Serben. “Hoo!” - Die Pferde bleiben stehen.
Hansi und ich hielten uns immer an den Händen; wir “Wir sind da.”
schliefen auch nebeneinander. Ein schönes Haus, schöner Spiegel, echte Betten,
Eines Tages straften sie Hansi (warum, das weiss ich Stühle und Tisch, auch ein Schemel. Gutes Essen -
nicht). Die Erzieher warfen ihn in den Keller, unter in meinem Herz doch Angst. Hansi ist bei mir, aber
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GESTERN, HEUTE ...
Grossi ist nicht da. Was wird Jani-Onkel sagen? tern im Jahre 1946 nach Rumänien geflohen.
Wir sitzen auf dem Schemel. Wir hören die Tür im Meine Mutter arbeitete bis 1950 in Russland, in der
Vorzimmer. Marisch-Tante eilt hinaus. Wir hören ein Kohlengrube von Donbass. In demselben Jahr kam
Gespräch. Verstehen können wir nichts (sie sprechen Mutter nach Deutschland. Sie heiratete Peter Fisch-
ungarisch). Vor Angst drücke ich Hansis Hand. er, und so bekamen wir noch einen Bruder und eine
Die Tür öffnete sich und ein gütiges, lachendes Ge- Schwester.
sicht kam herein - Jani-Onkel stand da. Mein Herz Im Jahre 1952 fand uns Mutter mit Hilfe des Roten
pochte nicht mehr so fürchterlich, und der Druck in Kreuzes und wollte uns zu sich nehmen. Hansi und
Hansis Hand liess nach. ich wollten nicht ohne Grossi nach Deutschland.
Nachwort Wir hatten bei Marisch-Tante und Jani-Onkel ein
Im August des Jahres 1949 wurde das Lager auf- warmes Heim mit viel Liebe gefunden.
gelöst. So kam auch Grossi nach Kikinda zur Mar- Mutter sah ich wieder im Jahre 1958. Helmuth kam
isch-Tante. zu Mutter nach Deutschland im Jahre 1960. Hansi
Später haben wir erfahren, dass unser Vater im Jahre sah Mutter das erstemal nach dem Lager im Jahre
1944 als deutscher Soldat bei Krusevac in Serbien 1969, als er 32 Jahre alt war, und sein Sohn Robert
gefallen ist. so alt war (7 Jahre) wie Hansi, als man Mutter nach
Mein Bruder Helmuth ist mit den anderen Grossel- Russland zur Arbeit deportierte.
GUGELKUPFFEST
ie deutsche Verein für gute nachbarschaftli- schied zu den bisherigen, war das diesjährige Fest
19
GUGELKUPFFEST
vac Gymnasiums eröffnet. Die diesjährige Festver- Form, gestiftet von der BK Universität für Handel
anstaltung hat mit 50 registrierten Ausstellern den und Bankwesen.
alten Rekord von 39 gebrochen. Im Abendprogramm fand auf dem PALTEAU vor
Die Sieger des Guglhupf-Wettbewerbs hat dem städtischen Touristeninformationszentrum eine
ein Expertenteam unter absoluter Geheimhaltung Modeschau mit Volkstrachten aus Wojwodina und
der Guglhupfhersteller ausgewählt. Ntionalkleidern statt. Zum Abschluss haben Mit-
Den ersten Platz gewann „Omas Guglhupf“ glieder einer Volkstanzgruppe drei deutsche Nation-
der Ausstellerin Margit Hadzaljic aus Muzlje. Als altänze, unter der Koreographie unserer Mitgliederin
Preis dafür erhielt sie einen vom Kurort Kanjiža Zirica Tadić, aufgeführt.
gestifteten Die Festspiele wurden mit dem Theaterstück
Aufenthalt im Kurort Kanjiža für zwei Personen. „SELBSTMORD BEI SELBSVERTEIDIGUNG
Der zweite Platz wurde für den Guglhupf oder RETTER“, mit Mirjana Ojdanić als Autor und
„Guglhupf mit Schokolade“ an die Ausstellerin Dina Regisseur und Marko Marković als Hauptdarsteller,
Dukić aus Novi Sad verliehen. Sie gewann einen beendet.
Mixer, gestiftet von der BK Universität für Handel Schätzungsweise 2.000 Interessenten haben
und Bankwesen. die Festspiele besucht. Dafür spricht auch die Tat-
Der dritte Platz wurde für den Buntgugelk- sache, dass den ganzen Tag über alle Plätze der Gas-
upf an ide Ausstellerin Zlatica Ugljanin Jerenic twirtschaften und Cafes besetzt waren.
aus Rakovac verliehen. Sie gewan eine Gugelkupf-
WAHRHEIT, HALBWAHRHEIT,
UNWAHRHEIT Dragi Bugarčić
ersammlungen, wie dieses Publizistentref- und erhoben wurde. Diese Geschichte wird jedoch
20
GUGELKUPFFEST
war, im Ganzen aber eine schöne Stadt bildete. In wird, veröffentlicht. Noch auffälliger ist es, dass
den Stadtgassen sprach man ganz frei verschiedene zwischen diesen so genannten „Polemikern“, die
Sprachen. Eine dieser Sprachen wurde nun seltener den deutschen Leidensweg abstreiten, überwiegend
öffentlich gesprochen. Die erste Zeitung, die über das solche vertreten sind, die anscheinend für diese Art
deutsche Exodus aus Vršac und der Nachbarschafts- von Äußerungen verpflichtet worden sind und damit
dörfern sowie über Massengräber des Stadtgebietes einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Näm-
von Šinteraj, war nur in mündlicher Form. Es wurde lich, bemerkbar ist die Spur und der Geruch einer
augesprochen, aber man bangte entdeckt zu werden. bei der Bevölkerung unbeliebten Agentur oder Or-
Allein die Sprache ist das schreckliche und wert- ganisation. „Polemiker“ wissen mehr als nur die
volle Medium, das alle Grenzen überschreitet. So Wahrheit und das tragen sie selbstbewusst und ver-
wurde auch die Geschichte aus den Jahren 1944 und heißungsvoll heraus. So ist in einigen Texten sogar
1945 bewahrt, obwohl jahrzehntelang weder ein zu lesen, dass die Deutschen, dank der Entscheid-
einziges jugoslawisches noch ein Medium aus Woj- ung der millitärischen Führungsmacht, sich selber
wodina, weder schriftlich noch elektronisch, darüber aus ihren Häusern vertrieben, in Lager eingesperrt
berichtet hat. Lange wurde die Wahrheit über diese haben und über die Grenzen geflüchtet sind, was
schrecklichen Ereignisse unter den Tisch gekehrt, die Spitze einer gut eingespielten „journalistischen“
als ob sich diese nie in unserer Nachbarschaft ereig- und „polemischen“ Geschmacklosigkeit ist. Wenn
net hätten und mit der Vertreibung der Menschen die es nicht schrecklich wäre, wäre es einzigartig. Die
Wahrheit und das schlechte Gewissen aus der Welt unwiderlegbare Wahrheit, liegt in Händen bzw. in
geschaffen wurde. Das ist die dunkle Wahrheit die den Zeichenfedern der Publizisten oder auf den
seit Jahren die schönen Stadt Vršac und ihre Mitbe- Computertastaturen der Journalisten. Die Wahrheit
wohner überschattet. ist keine Scham. In der klugen Welt heißt es, dass
Es ist nicht zu übersehen, dass in letzter Zeit nicht Lügen Schande ist.
nur die Medien über das Leiden der Wojwodina- In meiner kurzen Darlegung habe ich mich bemüht,
Deutschen berichten, sondern auch dokumentarische in mir den Publizisten und den Romanschreiber aus-
und belletristische Bücher zu diesen Ereignissen zugleichen, so dass der Text etwas aus dem üblichen
herausgegeben werden. Den Medien wird endlich Klischeerahmen fällt.
ein wenig die Tür zur Objektivität und Wahrheit Nun, eines ist sicher. Die Verbrechen der Deutschen,
geöffnet, Wahrheit über die Vergangenheit, welche der Nazis und der Besatzungsmächte anderer Nation-
diese Region belastet. alitäten, sowie auch deren Mittäter im Königreich
Jedoch werden diese Artikel in Rubriken wie Jugoslawien sind aufgeklärt. Aber Verbrechen an
z.B. „Unter uns“, „Briefe“, „Zuschauerbriefe“ den Deutschen, den Staatsbürgern des Königreichs
oder in ähnlichen Randgebieten, bzw. in solchen, Jugoslawien und deren Vertreibung aus diesen Be-
in denen Meinungskampf angeblich ausgetragen reichen ist in feiges Staatsschweigen gehüllt.
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GUGELKUPFFEST
in Jugoslawien. Das galt auch für Wojwodina, wo sich zu einer lebensfrohen Gemeinschaft, wo jeder
mehr als 300.000 nach der offiziellen Landesstatis- Einzelne seine Nationalität und Kultur frei ausleben
tik lebten. Da stellt sich die Frage, was zwischen konnte und in das Ganze ebenfalls integriert war.
1944 und 1948 bzw. 1950 mit ihnen geschah, wenn Damit bewies man, dass das multikulturelle Zusam-
die Zahl auf etwa 8.000 schrumpfte. Das ist keine menleben ein großes Reichtum einer Gegend ist.
einfache ideologische Frage und auch kein Vergnü- Über diesen Reichtum an Kulturvielfalt
gen der politischen Historiker, die auf Grundlage schreibt man wie auch in den letzten Jahrhunderten
des verbreiteten Irrtums Anhänger der „schwarz- heute immer noch. Sehr engagierte Forscher und
weißen“ Wahrheit finden, und die alle Völker in Autoren beschäftigen sich mit diesem Thema. Ein
nur zwei Gruppen teilen: das Genozidvolk und das wissenschaftliches Nachforschungsprojekt sollte
Befreiungsvolk. Eine auf diesen Grundlagen aufge- unbedingt folgendes Thema ausarbeiten: Die Kul-
baute „Wahrheit“ setzt Grundsteine für Lügen, Hass, turmischung von Serben und Deutsche, Ungarn
Konflikte, neue Kriege und bringt Unheil über Mit- und Rumänen, etc. während ihrer jahrhundertlangen
bürger. Auf der anderen Seite dieser „Geschichte“ Zusammenarbeit.
gibt es die echte Wahrheit, die nur schwer den Leu- Nur auf diese Art und Weise könnte man genau
ten zu vermitteln ist. Diese Wahrheit bewahrt jedoch feststellen, welchen Reichtum das multikulturelle
die Menschen, die große Taten vollbracht haben, vor Zusammenleben für den Einzelnen und die Gemein-
dem Vergessen. schaft mit sich bringt. Ich persönlich bin ein wenig
Es soll auch erwähnt werden, dass die Woj- skeptisch gegenüber den partiellen Nachforschun-
wodina-Deutschen ein Teil von den Austroungarn gen und partiellen Wahrheiten. Wir brauchen eine
geschaffene Militärbevölkerung sind. Diese diente Wahrheit vom Gesamtbild. Die Kultur der Woj-
der Abwehr des mächtigen Reiches von möglichen wodina-Deutschen, die sich über Jahrhunderte ent-
Auseinadersetzungen mit dem türkischen Imperi- wickelt hat, ist nicht nur für die Deutschen, sondern
ums. auch für die Serben, Ungarn, Rumänen, etc. von
Neben den Deutschen, die systematisch aus dem großer Bedeutung. Die Kultur war nie eine persön-
Landesinneren umgezogen und in die Gebiete der liche Mitgift oder Eigentum welches in die Höhlen
Militärgrenze besiedelt wurden, wurden Serben, des Unbekannten verschwindet. Im Gegenteil. Die
die von der türkischen Invasion flüchteten, Rumän- Kultur ist die wichtigste Mission im menschlichen
en, Slowaken, Russen, Russinen, Tschechen, Un- Entwicklungsprozess. Derjenige, der sich fortbilden,
garn und andere ebenfalls angesiedelt. So entstand sich geistlich weiter entwickeln will, hat nicht nur
Wojwodina. Hier mussten die Menschen Sümp- Bescheid zu wissen was in seiner Umgebung ge-
fe, Sumpflandschaften und Heiden für die Land- schieht, sondern auch weltweit. Ich bin tief davon
wirtschaft und Viehzucht herrichten. Das geschah überzeugt, dass es ohne die hellenische Zivilisation
unter strenger Planvorgabe seitens der kaiserlichen und ohne die deutsche Kultur aus dem 17. und 18
Verwaltungsbehörde, wie z.B. Siedlungen errich- Jhd. auch keine Philosophie, Wissenschaft, Kunst
ten, Handel und Handwerk entwickeln, Schulen und und Kultur europa- und weltweit nicht geben würde.
Krankenhäuser bauen, Organisationen für Kultur Daher ist es Pflicht jedes einzelnen, mit dem Kultur-
und Kunst aufbauen, sich bestimmten Berufsgrup- paradies aller Menschen vertraut zu sein.
pen wie Weinbau, Imkerei und Seidenzucht wid- Es ist eine alberne Bestrebung vorhanden,
men und aufziehen von Unterhaltungs- und Sport- dass man durch Vergessen und Verneinung mancher
veranstaltungen. Also pflegte man in Wojwodina Kulturen, insbesondere der Deutschen in Wojwodi-
bereits seit Jahrhunderten ein Kulturreichtum, wo na, die Kultur sich nach varvarischer Art aneignet
die Menschen gemeinsam lebten und miteinander ar- und sie ohne Bewusstsein und ohne Gewissen be-
beiteten. Diese Besonderheit machte die Bewohner nutzen um so schlimme Geheimnisse und Vorfälle zu
von Wojwodina zum fortgeschrittensten Volk dieses vertuschen. Zu glauben, dass die Geschichte, die der
Teils von Europa. Dieses Volk wurde früh ein Teil Sieger vorgibt, von langer Dauer ist, ist ein Irrtum.
der Mittelalterlichen Kultur, mit der es eine reiche Sie kann den momentanen Interessen des Siegers di-
Kommunikation hatte, aber gleichzeitig bewahrte es enen und den Samen des Irrtums säen. Viele Men-
auch eigene Besonderheit. schen werden diesen Samen leicht zu sich nehmen
Und nicht nur das. Wojwodina selber entwickelte und sich an die Lügen fest halten, als ob sie die
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GUGELKUPFFEST
grüßten Wahrheiten seien. Die echte Wahrheit wird den ist.
mit der Zeit auf die Oberfläche erscheinen und sich Ohne die Würde hat es keinen Sinn zu leben. Viel-
langsam ins Bewusstsein der Bewohner vordringen. leicht ist es höchste Zeit wichtige Kulturereignisse
Was wirklich geschah, wird sich letztendlich dann vor dem Vergessen zu bewahren. Nicht nur die der
zeigen. Wenn das Schlechte das Gute besiegt, geht Deutschen, sondern auch die der Serben, Ungarn,
mit der Zeit das Propagandamaterial aus und das Rumänen, Slowaken, etc. in Wojwodina. Diese Er-
führt zum Scheitern. eignisse sollten als Grundstein für neue Beziehun-
Also, das Kulturschicksal der Wojwodina- gen zwischen den Menschen und Völkern dienen.
Deutschen ist ein umfassendes und wichtiges The- Wenn wir das nicht zum jetzigen Zeitpunkt machen
ma, insbesondere als die Deutschen in Wojwodina ist es nur schwer zu glauben, dass es jemand anderes
auf mysteriöse, unterschiedliche Art und Weise hei- tun wird. Der zwischenmenschliche Streit entsteht
matlos wurden und ohne ihren Besitz und Rechte da aus dem Unwissen der Völkerkultur, aus falschem
standen. Sie verloren ihr Leben in den Konzentra- Bewusstsein gegenüber anderen Menschen und aus
tionslagern des neuen Jugoslawiens, als sie alle zu narzistischer Überzeugung, dass nur das „Unsere“
Verbrechern und Mördern verurteilt wurden und als wertvoll und am besten ist. Man sollte sich nur damit
jegliche Spur sorgfältig ausgelöscht wurde. Das ist befassen und nur das achten. Die Entwicklung der
nicht nur ein deutsches Thema, sonder auch ein ser- Zivilisation eines Menschen oder Volkes misst man
bisches, ungarisches, rumänisches und ein Thema heute am besten daran, wie und auf welche Weise
über uns alle. Damit kann bewiesen werden, dass die echte kulturelle Wahrheit angenommen wird. So
die Menschen ihr Bewusstsein und Gewissen nicht wird man Europäer und ein Weltmensch, so wird das
verloren haben, dass sie im ursprünglichen Sinne eigene Kulturreich bewahrt und vertrieben.
tapfer sind und dass die menschliche Würde vorhan-
s ist unmöglich eindeutig über die Donaus- sogar bis zum Anfang der 60er Jahren dauerte.
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GUGELKUPFFEST
ihn waren sie zu relativierend. Danach meldete sich mit dem historika Janjetović mitgeteilt. Obwohl
am 25. April auch Ljubomir Marković aus Feketić der Hauptinhalt des Artikels relativ akzeptabel ist,
mit dem Artikel „Freiwilliges Weggehen der Volks- sollen die von der Redaktion vorbereiteten Über-
deutschen“. schriften und Unterüberschriften wie auch Zwisch-
Die Hauptintonation des Artikels ist schon mit der enüberschriften den durchschnittlichem und dem
Überschrift betont und da wird Janjetović wohl- uninformierten Leser auf das letztendlich doch
wollende Beziehung zu den Wojwodina-Deutschen verdiente Schicksal der Wojwodina-Schwaben hin-
übel genommen. weisen.
Eine Unterstützung bekam Janjetović aber vom Les- Nämlich, nach der Hauptüberschrift “Gründe des
er Todor Djurić aus Neusatz in einem Text mit fol- Verunglückens der Banat-Deutschen nach dem
gendem Titel: „Nicht alle Deutschen sind gleich”. Zweiten Weltkrieg” folgt, zuerst eine überaus ten-
Im Artikel, der teilweise auch emotiv ist, setzt sich denziöse Überschrift “Auf die Seite des Drittens
Djurić dafür ein, dass unsere Geschichte endlich den Reiches getreten und teilten dessen Schicksal”,
Ausdruck „Vertreibung der Deutschen“ anstatt des danach einige aus dem Kontext von Janjentović’
Euphemismus „Evakuation“ oder „Weggehen“ d.h. Worten hervorgebrachte Unterüberschrift mit mehr
„das Verschwinden aus diesen Gebieten“ annimmt. als klarer Botschaft über das Schicksal der Woj-
Er erzählt über das korrekte gemeinsame Leben der wodina-Deutschen:
Schwaben und Serben im Dorf Banatski Brestovac. „Historiker Zoran Janjetović sagt, dass die Organi-
Djurić betont, dass nach dem Vertreiben die Schwa- sation dieser deutschen, ethnischen Gruppe in der
ben in der neuen Heimat zu den Bürgern der zweiten Wojwodina schon nach dem Zweitem Weltkrieg nach
Reihe zählten. Die Worte dieses analytischen Les- dem nazistischen Musterbild“, „SS-Männer und an-
ers verdienen größere Aufmerksamkeit. Trotz der dere Schudige rechtzeitig evakuiert“, “Deutsche in
bekannten starren chauvinistischen Einstellung und Polen, Tschechoslowakei betroffen durch gleiches
dem abweisendem Verhalten gegenüber dem Nich- Schicksal..“
serbischen, wurden diese Worte ja schließlich von Wenn die Rede von den Zwischenüberschriften
der Milošević’ „Politik“ nicht zensuiert. „Diesen im Artikel ist, sind sie so selektiert, dass sie beim
Schwaben wurde, weder vom Hitler noch von der flüchtigem Lesen entweder den Eindruck der apso-
letzten Behörde in Deutschland und in Österreich, luten Kollaboration der einheimischen Schwaben
fast nichts anerkannt. Sie wurden nicht bemitleidet mit Hitler-Deutschland (“Hilfe aus Berlin”) her-
und denen wurde auch nicht geholfen.“ vorufen und das sie wegen ihrer Einstelung aus
Im Gegenteil! Sie mussten sich noch am Anfang un- allen Staaten, in denen sie als Nationalminderheit
ter sich befreunden. Es wurden Klubs formiert und lebten, vertrieben wurden, oder dass diese Zwisch-
von denen sind die meisten auch heute noch aktiv. enüberschrift beim von Janjetović positiver Anfüh-
Zum Beispiel in Siegburg, zwischen Köln und rung einiger Beispiele, aus denen man sieht, dass
Bonn, ist der Klub der Wojwodina-Schwaben aus Schwaben im Kriege den Serben geholfen haben,
Prigrevica und Apatin aktiv. Die Leute teffen sich um dessen Exekution wie z.B. die vom Bürgermeis-
jeden Monat und singen unter anderen Liedern auch ter vom Zemun Hans Moser, zu verhindern- den
das alte Hochzeitslied: Eindruck der Allgemeinheit und Unbestimmtheit
„Savio se preko šora lanac, ide lola i peva bećarac.” hervorrufen („Bürgermeister von Zemun“).
( “Es hat sich die Kette über die Straße gebogen; Also, diejenigen, die nur Haupüberschriften, Über-
der Lump kommt und singt…”) schriften, Zwischenüberschriften und Unterüber-
Am Ende liest der Leser Djurić einen rationellen schrift (und solche Leser- Zeitungsredakteure wis-
und effektiven Beschluss: „Ich schreibe das nicht, sen das gut- gibt es wirklich viele) gewinnen einen
um die Rückkehr der Deutschen hervorzurufen, und ganz anderen Eindruck, als diejenigen, die den gan-
auch nicht um sie zu rechtvertigen oder wegen der zen Text genau durchlesen. Dem zufolge können
(Un)Taten im Kriege sie zu beschuldigen, sondern wir uns von dem Eindruck nicht losreißen, dass die
nur als Nachweis über Leute und vergangene Zeiten, “Politik” mit historisch genauen und korrekten Ein-
zwecks der Wahrheit.“ Ungefähr einen Monat später stellungen der Historiker manipuliert hat, indem sie
in der Nummer vom 19. Mai 1997, werden in der einige bewusst slektiert und andere wieder teilweise
„Politika“ etwas längere Auszüge des Gespräches oder völlig verschwiegen hat.
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GUGELKUPFFEST
Nachdem im Februar 1994 in Pančevo der Bana- Worte des Hauptideologen und Akademikers Mi-
tische Forum das Zentrum für die Dokumentation hajlo Marković, unter der Überschrift „ Keine Versö-
über die Wojwodina-Deutschen gegründet worden nung” übermittelte.
ist, rufte das gleich negative Reaktionen zuerst in der Aufgezählt wurden, neben vielen anderen, auch die
Lokalöffentlichkeit und danach auch in der breiteren “Volksdeutschen im Rahmen des Kulturbundes”,
Öffentlichkeit hervor. Das Fernsehen Pančevo, dam- ohne Unterschied, ob es sich um nazistisch orien-
als unter der Milošević-Kontrolle, erlaubt sich mit tierte Menschen und um die, die wirklich Untaten
xenophobischem Hass den Ruf zum Lynch, welchen begangen handelte, oder um mit patriotischer Eufo-
die Gemeindeorganisation der jugoslawischen rie betäubten Landwirten und Handwerker, die unter
Linken Partei (JUL) an der Pressekonferenz an die dem Zwang der angeborenen Verhältnisse dem Hit-
Öffentlichkeit übertrug. ler folgten und dabei auch dachten, dass die ihrem
Apostrophiert ist der Direktor des Zentrums, der Volk und den Brüdern aus dem Vaterland helfen.
Unterschreiber dieser Zeilen, der für die “Taten Außerdem, ein halbes Jahrhundert später, machten
der Verräter und der Spione zu Nutzen der fremden die der Eroberungspolitik von Milošević folgenden
Mächte verurteilt wurde. Demnach wurden, nach bosnischen und kroatischen Serben ähnlichen Fe-
der Meinung der lokalen Funktionäre der JUL-Par- hler, und doch kämpfen wir um zu beweisen, dass
tei ,“Bedingungen fürs Zuführen von Matrinov den nicht alle Serben schuldig sind, sondern nur die, die
zuständigen Behörden erzielt.” wirklich kriegerische Untaten begangen, und das
(20.Oktober 1994). “Politika ekspres” übernimmt sind Menschen mit Vor- und Nachnamen.
den Staffelstab für den Angriff auf die Idee, dass
man über die mächtige Frage, und die Frage des 2. Unabhängige Presse
Schicksals der Wojwodina-Deutschen ist zweifellos Solange die Presse unter der Regimekontrolle
solcheine, überhaupt redet. eine echte Schweigewand bezüglich der Frage der
So wird im kurzen Kommentar dieser Zeitung mit Donauschwaben ausbaute und von sich nur selten
der Überschrift “Den Schwaben -Pardon” (13.Mai hören ließ, und zwar nur dann wenn sie, abhängig
1994), die neben der “Politik” auch immer die Ein- von der vom Machtführer erteilten Aufgabe, dieje-
stellungen der regierenden Garnitur gehalten hatte, nigen, die sich für die Frage interessieren hat zu ver-
Folgendes gesagt: “Unlängst wurde in Pančevo das urteilten, oder wenn sie euphemistisch anfieng über
Zentrum für die Dokumentation über die Banat- dieses Thema zu sprechen, indem sie die Sachen der-
Deutschen, die hier bis 1944 lebten, gegründet. maßen revitalisierte, dass es für das Regime keine
Initiatoren dieses ganz merkwürdigen und unnöti- Gefahr darstellte, widmete die unabhängige Presse
gen Zentrums möchten, laut ihrer Behauptung, diesem Thema echte und würdige Aufmerksamkeit.
die Deutschen aus Banat, die so genannten Volks- Solange die Presse unter der Regimekontrolle
deutsche in die “realen historischen Rahmen” set- eine echte Schweigewand bezüglich der Frage der
zen. Donauschwaben ausbaute und von sich nur selten
Sie haben die Absicht und das Ziel eine riesige Zahl hören ließ, widmete die unabhängige Presse diesem
der einheimischen Schwaben, die angeblich keine Thema echte und würdige Aufmerksamkeit. Die
Untaten und keine Massaker begangen hatten, zu Regimepresse ließ nur dann von sich hören, wenn
rehabilitieren. Indem Zlatoje Martinov, Direktor des sie abhängig von der vom Machtführer erteilten
Zentrums die These betont, dass die einheimischen Aufgabe diejenigen, die sich für die Frage interess-
Deutschen keine “ dunklen Hitlers Verbrecher” sind, ieren erurteilen sollte, oder wenn sie euphemistisch
versucht er eigentlich in eigenem Namen und im anfieng über dieses Thema zu sprechen, indem sie
Namen des Banatischen Forums sich den Volks- die Sachen dermaßen revitalisierte, dass es für das
deutschen, an denen das angeblich risiege, histo- Regime keine Gefahr darstellte.
rische Unrecht vollbracht wurde, zu entschuldigen . Von den bekannten Medien schrieben über das
Ja, was denn für eine Rehabilitation! Thema in den 90er Jahren die Belgrader Zeitung
Nach einem Jahr (am 12, Mai 1995) “Politika “Duga”, “Borba”, seit 1996 “Naša borba”, “Danas”,
ekspres” charakterisierte klar die Typologie und Neusatzer “Nezavisni”, “Kjniževne novine”, Lokal-
Gruppierung der “Kollaboration und des Landesver- presse wie “Velika Kikinda” , “Kula” aus Vrbas und
rates, indem sie die andere.
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GUGELKUPFFEST
Im Sommer 1994 trat die völlig am Rande stehende die Wojwodina-Deutschen werden in der unabhän-
Frage der Wojwodina-Deutschen in den Fokus der gigen Presse zufriedenstellend begleitet.
Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit, und zwar So gibt schon im Herbst der Belgrader NIN die
hauptächlich dank der Aktivitäten des Zentrums für Ausage von Zlatoje Martinov, dem Direktor des
die Dokumentation über die Wojwodina-Deutschen Zentrums (mit Foto) bekannt, dass „man den Be-
aus Pančevo, aber auch schon damals formierter ser- darf hat,der Wahrheit in die Augen zu schauen, dass
bisch-deutscher Gesellschaft aus Belgrad. die jugoslawische, kommunistische Behörde auf
Die unabhängigen Medien gaben dem Prozess der grausame Weise die ethnische Säuberung der Woj-
Detabuisierung der deutschen Fragen einen starken wodina-Schwaben ausführte...,ohne irgendwelche
und unmessbaren Beitrag. So machte der Mitarbeiter echte Gründe anzuführen, sondern nur mit der Welle
der Revue “Duga” im Sommer 1994, im “Deutsche der antideutschen Lust in Europa am Ende des
die Serbisch sprechen” benanntem Text und in der Zweiten Weltkrieges.“
Haupüberschrift (NIN, 21.Oktober 1994)
“Prof. Filip Binder aus Budisava bei Novi Sad: Einige Tage vorher informierte die Tageszeitung
Mein Herz ist noch in Serbien” das Gespräch mit „Borba“ ebenfalls über die Tätigkeit des Zentrums,
Herrn Binder, Professor aus Tübingen bekannt: indem sie die Ausagen derer Oberhäupter über „ das
„ Ich lebte mit den Serben. Mein Herz ist auch jetzt Bedürfnis nach analytischen und kritischen Zugang
dort! Wir alle erwarten, dass sich Jugolawien vom zur Vertreibungsfrage der Deutschen aus der Woj-
Gesetzt, mit welchen die Deutschen ´44 und ´45 be- wodina und Banat korrekt übermittelte, und nicht
straft sind, distanziert. Denen wurde das ganze Hab einfach die Einstellung des Regimes wiederholte,
und Gut entnommen, Staatsangehörigkeit und alle dass die einheimichen Deutschen auschließlich Ver-
weiteren menschlichen Rechte…...Die Serben sa- brecher und Mitäter des Okkupators waren“.
gen mit Recht, dass Deutschland nun antiserbisch (“BORBA“, 19. Oktober 1994)
orientiert ist. Aber wir, die Donauschwaben wissen Die Zeitung „Nezavisni“ aus Novi Sad machte zwei-
am besten wer die Serben sind. Wer sie sind und wie mal einen Teil der Dokumentation (Zeugenaussagen)
sie sind. Wir lebten mit den Serben in guten nach- aus dem Fond des Zentrums für Dokumentation über
baschaftlichen Beziehungen. Ich z.B. hatte nur ser- die Wojwodina-Deutschen (9.-16.07.1994) bekannt,
bische Freunde. Ich schtritt mich mit den Deutschen, und auch den Text von Zlatoje Martinov “Land als
aber nie mit den Serben.... Religion, Heimatland und Poesie“, wo er die his-
Was möchten die Donauschwaben? Es ist auch torische Darstellung der Ansiedlung der deutschen
wichtig, was die Serben möchten, aber ich denke, Bevölkerung auf dem Wojwodina-Gebiet im 18. und
dass wir darüber reden müssen, was unser gemeins- im 19. Jahrhundert (Nr. 53 von 1.-8.07.1994) gibt.
ames Interrese ist. Wir müssen einen Dialog führen. „Vršačka kula“ (Nr. 351 von 03.06.1997) gibt das
Wir, die Donauschwaben haben in Deutschland Interview mit Zlatoje Martinov, in welchem er auf
gewisse Einflüsse. die Angriffe einiger Böswilligen erwidert, bekannt.
Ich habe sogar persönliche Kontakte mit Kanzler Sie behaupten, dass das Banatische Forum die
Kohl.....Wir können diesen Einfluss in der Richtung Deutschen zurück nach Wojwodina bringen möchte
realisiern, in der wir der deutschen Öffentlcihkeit und dass sie die Nachfahren ehemalliger Kolonisten
zeigen, das die Serben ein verständnisvolles und aus den deutschen Häußern hinausjagen möchten:
gutes Volk sind…..” „Während unsere jungen Leute vor fremden
Gleich nach dem Text von Stefanović, erscheint in Botschaften eine Reihe bilden, natürlich vor der
der „Duga“ ein neuer Text versorgt mit Ziffern über deutschen auch, um Auswandervisen und andere
die Lager im ehemaligen Jugoslawien. Das ist das Visen zu bekommen, und um für immer diesen
erste Mal, dass das serbische Leserpublikum so Chaos und das Elend zu verlassen, macht das Re-
präzis über das Bestehen der Lager und über deren gime den Leuten Angst, dass die Deutschen zurück-
Funktionieren, benachrichtigt wurde. kommen. Wenn Sie ein Deutscher wären, würden
Das blieb in der demokratischen Öffentlichkeit nicht Sie nach Serbien zurückkommen, ins Elend, Geld-
ohne Echo und brachte viele zum Überlegen. mangel und in Ungewissheit, in welcher sogar das
Die Aktivitäten des Banatischen Forums aus Pančevo menschliche Grundrecht nicht garantiert ist – das
und dessen Zentrum für die Demokratisation über Recht auf das Leben? Aber das leidenschaftliche
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GUGELKUPFFEST
Hineintauchen in die Lügen ruft bei einfachen Men- Das laute Getöse machte eine kleinere Gruppe der
schen eine Projektion der verfälschten Wirklichkeit, serbischen “Nationalpatrioten“.
Stereotyp über die äußere Gefährlichkeit. Dieses Im affirmativen Bericht von dieser Vorlesung deutete
Stereotyp ist durch das häufige Wiederholen schon der Berichterstatter von “Naša borba“ aus Neusatz,
zu einer kleinen Mythosstruktur geworden, eine Art Jan Briz, mit der Überschrift “Offenes Gespräch
der Mythologeme des politikanischen Kitsches. über die Vergangenheit wegen der Belehrung für die
Unser Ziel ist es, die kulturellen Beziehungen Zukunft“ den Lesern an, das solche Gespräche ein
zwischen den Serben und den Deutschen zu er- wichtiger Beitrag für die Zerstörung einer der am
forschen. Wir möchten dazu beitragen, dass die längsten dauernden Tabu-Themen in der neueren
historischen Unrechte richtig gestellt werden und Vergangenheit ist, und dass die auch für die Vesöh-
dass es zu einer Art von Versöhnung kommt. Das ist nung mit den Donauschwaben den Weg festtreten.
unser Ziel , und nichts weiter.“ Siniša Jakonić, Publizist und Journalist aus Kikinda,
Die Gesellschaft für die serbisch-deutsche Zusam- gab auch einen großen Beitrag für den Tabubruch
menarbeit aus Belgrad setzt sich im Rahmen ihrer bezüglich des tragischen Schicksals der einhei-
Aktivitäten für die gegenseitige Versöhnung der mischen Schwaben.
Serben und deren ehemaligen deutschen Mitbürger Er gab mehrere affirmative Texte über dieses Thema
ein. Anlässlich der Versöhnung organisierte sie der Zeitung aus Kragujevac “Pogledi” (1991 i 1995),
verschiedene Manifestationen, welche durch die in der Belgrader Wochenzeitung “Balkan ekspres”
unabhängige Presse regelmäßig registriert wurden, (1992), Neusatzer Revue „Nezavisni” (1994), in der
haptsächlich die regelmäßigen kommemorativen „Velika Kikinda“ (1998) und in der Belgrader Zei-
Begegnungen im banatischem Dorf Knićanin, das tung „Danas“ (1999). (14-15. März 1998)
ein Lager für die Deutschen war, wo Tausende von BESCHLUSS
Menschen hingerichtet wurden. Wie es zu bemerken ist, war das Schreiben über
Danach ersehnten sich die Zeitungen “Danas” und das Schicksal der Wojwodina-Deutschen in der au-
“Bliz”. Die letzte gab am 7. Januar eine ausführliche tokratischen Milošević-Herrschaft überhaupt nicht
und erschütternde Reportagebekannt. Eine Report- wünschenswert, und für Autoren solcher Texte war
age über das Verunglücken der deutschen Zivilisten es sogar gefährlich. Die staatlische Presse wich
in Knićanin in der Zeit von 1944 – 1948 mit der diesem Thema, immer wenn es möglich war, aus
Überschrift “Sünden des Reiches büßten Kinder und wenn sie dazu gezwungen wurden darüber zu
und Greise“. Ebenso machte diese Zeitung auch das schreiben, dann machten sie das mit negativer Ko-
Interview mit damaligen Vorsitzenden der Gesell- notation. Als man aber dem Regime in der Welt
schaft für deutsch-serbische Freundschaft, Prof. Dr. irgendwelche demokratische Legimität besorgen
Zoran Žiletić bekannt, usw. sollte, schrieben diese Medien über die Frage der
“Književne novine” publizierten wohlwollend in Wojwodina-Deutschen mit großer Dosis Euphemis-
drei Fortsetzungen Anfang 1994 den Text von Pro- mus und relativisiertendie historischen Ereignisse
fessor Žiletić über die Ansiedlung der Donauschwa- und die unwiderlegbaren Untaten gegenüber der
ben am Gebiet der heutigen Wojwodina. Die außer- deutschen Ziwilbevölkerung.
ordentlich besuchte Vorlesung über das Schicksal Die Unabhängigen Medien brachten aber im Rah-
der Wojwodina-Deutschen nach dem Zweiten Welt- men allgemeiner Strategie des Widerstandes gegen
krieg, die am 12. März 1998 in Neusatz im großen das Milošević-Regime gern das delikate Thema
Saal des Wojwodina-Klubs der damalige Direktor ins Rampenlicht, inbezogan das Thema der eth-
des Zentrums für Dokumentation über die Woj- nischen Säuberung der Wojwodina-Deutschen aus
wodina-Deutschen, Zlatoje Martinov hielt, gewann diesen Gegenden. Denen dankend konnten die de-
die Aufmerksamkeit der unabhängingen Medien. mokratischen Intellektuellen serbischer Herkunft
Regimemedien, inbezogen die Neusatzer Tag- ihre Einstellungen äußern und mithilfe dieser, die
eszeitung “Dnevnik” schwiegen völlig über die- serbische öffentliche Meinung versuchen ernshafter
ses Ereignis. Über das Ereignis, das am Ende der zu animieren, damit man über dieses nicht leicht zu
Diskussion,welche der Vorlesung folgte und wegen übersehendes Thema anfängt ernshafter nachzuden-
der großen Aufregung ganz nah einem Izident war, ken.
ja darüber schrieb der “Bliz” und die “Naša borba“.
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GUGELKUPFFEST
MEDIEN IM VERSÖHNUNGPROZESS
DER SERBEN UND DER
DONAUSCHWABEN Slobodan Mirić
or nur einem Jahrzehnt war die heutige feindseligen Empfang der Gastgeber, verfolgt durch
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GUGELKUPFFEST
besuchen, im Gegenteil, sie kommen wie in jeden Seite die Serben, wie gegenüber jemandem, den es
anderen Ort in Europa. Man kann ruhig sagen, dass nichts angeht, es unpassend und nicht notwendig ist
sich Odžaci und Moosburg versöhnt haben, die ehe- und auf der anderen Seite die Deutschen, auch wenn
maligen und die jetzigen Einwohner von Odžaci. sie gelitten haben, entweder sie denken es ist zu spät
Das war ein langer Prozess und so lange Vereinzelte oder dass auch sie ein Teil der Menschheit sind, ins-
dieses Problem nicht angepackt hätten, wäre es nur besondere der Politik, die viele Jahre marginalisiert
schwer vorstellbar, dass die Politiker ihre Wähler- wurden. Wenn das nicht falsch wäre, würden wir
stimmen riskiert hätten und Schöpfer dieses Versöh- heute nicht hier sitzen. Die Arbeit habe ich nicht aus
nungsprozesses und der Geradestellung der Un- persönlichem Interesse gemacht und ich habe sogar
gerechtigkeit gegenüber jetzt einer kleinen Anzahl aufgrund dieses Buches noch Schulden gegenüber
von Überlebenden Deutschen gewesen wären. Zum einigen Autoren. Ich glaub, dass das mein Problem
Schluss noch ein subjektiver Bericht. und mein Projekt ist. Ich war kein Lobbyist, aber das
Dieses Thema habe ich als Mensch und Journal- war Versuch nach Lobnyismus, und ich bin davon
ist ausgewählt, mein Bezug zum Thema ist „sie überzeugt, dass im guten Sinne, sowohl für die Ser-
glauben“, aber auf eine Art und Weise hatte ich den ben als auch für die Deutschen gemacht zu haben.
Eindruck und habe ihn immer noch, dass gegenüber Ich bedanke mich recht herzlich bei den Organisato-
dieser Tatsache und gegenüber uns, die etwas damit ren „Der Runde Tisch“, die mir die Erzählung mei-
zu tun haben, alle zurückhaltend sind: auf der einen ner Geschichte ermöglicht haben.
ie deutsche Nationalminderheit in der Woj- nach dem Beispiel des Lebens in seiner Heimat.
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GUGELKUPFFEST
wodina-Deutsche war bei den Streitkräften, gegen und seien es eben auch Angehörigen des gleichen
welche die Kräfte der NOB (Volksbefreiungskamp- Volkes.
fes) kämpften, engagiert und das reichte nicht. Er Die Lokalbehörden versorgten die Flüchtlinge mit
musste beweisen, um den Folgen der AVNOJ-Bes- verfügbarer Unterkunft, aber diese gab es viel zu
chlüsse von 21. November 1994 auszuweichen, dass wenig. Im Lande, wo viele Städte mit dem Erd-
er im NOV –Volksbefreiungsarmee und mit den ju- boden gleichgemacht wurden, die Verkehrswege
goslawischen Partisanentruppen kämpfte, oder dass umgeackert, Fabriken zerstört, Männer in Lager
er wenigstens ein Angehöriger der neutralen Staaten abgeschleppt, vertrieben oder in der Gefangenschaft
war, und dass er sich nicht gegnerisch während der behalten, war irgendwelche wirtschaftliche Aktiv-
Okkupation hielt. ität fast unmöglich. Man konnte keine Arbeit finden,
Allein die Tatsache, dass zu den SS-Truppen Prinz um sich wenigstens bloße Egsistänz verschaffen zu
Eugen nicht freiwillig beitrat, sondern dass er mo- können, und die im Heimatland neu Angekommenen
biliert wurde, bedeutete nichts. Denn, Banat gehörte verlangten ja auch nichts Weiteres.
in der Zeit des II Weltkrieges dem Reich. Im Banat Die Leute blieben ohne Heimatland, denn ihr Re-
wickelte sich das Leben relativ normal ab. Die cht darauf wurde ihnen entnommen. Sie hatten auch
Wirtschaft funktionierte, ebenso die staatlichen Insti- kein Recht auf ihr altes Heimatland. Es wurde ihnen
tutionen, wie auch Schulen und Ambulanzen. Wenn nicht gewährt. Ihre Heimatsgenossen haben es ihnen
der Staat funktioniert, dann führt er Represion durch weggenommen. Das tat mehr weh als die Wegnahme
und sanktioniert Ungehorsamkeit. Egal wo er lebt, des Rechtes auf ihre Heimat.
der Deutsche ist immer diszipliniert. Er lernte, dass Sie begriffen schenll, dass sie während ihres Lebens
man den Staat respektieren und ihm auch gehorchen in ihr Heimatland, aus dem sie vertrieben wurden,
muss. Daher auch sein weit bekannter Spruch: „Ord- nicht zurückkommen werden können. Es wurde ih-
nung, Arbeit und Ruhe“. Deswegen nen klar, dass sie weder zurückkommen können,
war es auch ganz normal, dass der Deutsche seinem noch ihre Heimat besuchen können. Die aus ihren
Staat gehorchte und sich einer Einladung oder ei- Heimatland vertriebenen Menschen mussten mehr
nem Befehl Folge leistete. Da es schlimme Zeiten als fünf Jahrzehnte darauf warten, um in ihre Hei-
waren, durfte man den Militärdienst nicht ablehnen. mat zu kommen und willkommen zu heißen und
Es folge die zwangläufige Mobilisation und der Ost- dass man sie, ohne Zweifel in ihre Wohlgesinnheit,
front. Aber, die neue Obrigkeit wollte diese Tatsache ihr Geburtshaus besuchen lässt. Sie möchten durch
nicht berücksichtigen. die Gasse, wo sie als Kinder spielten, spazieren oder
Daraus folgt, dass die Wojwodina-Deutschen ohne dass sie sich unter den Maulbeerbaum oder Nuss-
ihre Heimat blieben. Ein Teil von ihnen brachte sich baum wie einstmals setzen.
vor dem Kriegsereignissen in Sicherheit und die Ihre Lage und das üble Schicksal wahrnehmend,
anderen blieben dort, wo sie sich am Kriegsende brachten sie Kraft auf, um es auch stoisch zu ertra-
auch befanden. Nur Frauen, Kinder und Greise gen, wie vom Gott zugeteilt, und um für ihre Verfol-
erwarteten das Kriegsende in ihren Häußern. Greise, ger Verzeihung zu finden. Die aus ihren Heimatland
Frauen und Kinder wurden aus ihren Häußern ver- vertiebenen Deutschen teilen in ihrer Proklamation
trieben und in Lager fotrgeschleppt. Viele von ihnen von 5. August 1950 mit:
kehrten nie wieder zurück und viele von denen, die „Wir, die aus dem Heimatland Vertriebenen ver-
zurück aus den Konzentrationslagern kamen, nutz- zichten auf jegliche Rache und Vergeltung. Unser
ten die erste Gelegenheit um in ihr altes, längst ver- Entschluss ist das lichterfüllte Denkmal des endlo-
gessenes Heimatland zu kehren. sens Leidens der Menschheit, haupsächlich in den
Ihre Rückkehr in das neue Milieu ist überhaupt nicht letzten zehn Jahren.“
willkommen. Ihre Landsleute aus dem Heimatland „Wir werden mit allen Mächten jede Unternehm-
warteten auf sie, leider nicht mit weit ausgebreiteten ung, die zur Verwirklichung der Europaeinigung
Händen, auch nicht gastfreundlich und ohne Be- führt unterstützen, wo alle Völker ohne Angst und
willkommung. Entarmt und rechtlos stellten sie of- Gewalt leben werden.“
fensichtlich eine Gefahr für Bürger des verwüsteten „Wir haben unser Heimatland verloren. Menschen
und zerstörten Landes. Der Hunger des Gastgebers ohne Heimat sind Fremde auf der Erde. Der Gott
war zu groß, um etwas mit den Flüchtlingen zu teilen hat allen Menschen eine Heimat angeordnet.Die
33
GUGELKUPFFEST
Menschen die mit Gewalt von ihrer Heimat get- Okkupationsmächte ausführten, lebten die Woj-
rennt sind, sind seelisch getötet. Uns wurde dieses wodina-Deutschen bis zum Ende des Zweiten Welt-
Schicksal erteilt und wir haben es überlebt. Deswe- krieges unter der Last der kollektiven Schuld. Sie
gen fühlen wir uns gerufen zu verlangen, dass das alleine können sich von dieser Last nicht befreien
Recht auf die Heimat, wie das vom Gott geschenke und niemand anders versucht es auch. Bis jetzt ,
menschliche Grundrecht, allen anerkannt und ver- ließ kein Mensch vermuten, dass es bei dieser Frage
wirklicht wird.“ wenigstens Platz zun Überlegen gäbe. Niemand.
Der Staat, “neuer” deutscher Staat, der Flüchtlinge Nicht mal die saatlichen Intitutionen, weder die
aus dem Heimatland annahm, erkannte die ganze Institute für Geschichtserforschung, noch die Ser-
Schuld für die Untaten, die in ihrem Namen während bische Wissenschaftakademie, Juristenverein, auch
des Zweiten Weltkrieges vollbracht wurden. Obwohl nicht die Serbische Ortodoxe Kirche. Eine ehren-
das Erkennen der eigenen Schuld die ausgeführten würdige Ausnahme stellt eine größere Zahl der ser-
Verbrechen nicht rechtfertigen kann, tut die Tat- bischen Publizisten, die dieses Phänomen erforschen
sache “wohl“. Angenehm ist die Tatsache, dass der und darüber auch schreiben. Doch, ihre Stimme ist
Staat es schaffte eigene Hochmut und Eitelkeit zu zu schwach, als das man es im lauten Schweigen
überragen und dass er der Welt mitteilt, dass dieser bezüglich der Ungerechtigkeit das einem auf Volke
Staat nicht derselbe ist, dass er die übrigen Staaten angetan wurde, hören könnte. Dieses Volk lebte als
„mit anderen Augen sieht“ und dass er mit anderen ein autochtones mehrere Jahrhunderte auf diesen
Staaten kooperieren und mit Liebe leben möchte. Gebieten. Dieses Schweigen wurde zusätzlich durch
In diesem Lichte soll man die Geste vom Presi- kriegerische Aufschreie in unlängst beendeten Krie-
dent des BRD Willy Brandt und seine Entschuldi- gen betont, in Kämpfen für die besten Positionen
gung den jüdischen und anderen Völkern, die Opfer in angefangenen Transitionsprozessen oder in der
dieses Regimes während des Zweiten Weltkrieges Entgegensetzung dergleichen.
waren, sehen. Diese Entschuldigung stellt, vor al- Die Republik Serbien engagierte alle ihre Poteniale
lem, ein Zugeständnis dar, dass das Regime des (Politik, Lobbysten, Spitzenfachleute u.a.), als ge-
Dritten Reiches Untaten vollbrachte, danach stellt gen sie seitens der Rebublik Bosnien und Herzegov-
dieses Zugeständnis auch Reue für vollbrachte Un- ina eine Anklage für Genozid erhoben wurde. Als
taten dar, und zuletzt, dieses Zugeständnis ist auch Haupargument betonte sie ständig, dass das Volk
ein Versprechen, in Namen des deutschen Staates nicht schuldtragend sein kann. Schuldig sind immer
und allen deutschne Männern und Frauen, egal wo Einzelpersonen mit Namen und Nachnamen, die die
sie sich befinden, dass in Zukunft keine Verbrechen Verbrechen in eigenem Namen ausführten und nicht
mehr vollbracht werden. in Namen des serbischen Volkes. Aber, auch dann
Unser Staat setzte bis jetzt diese Fragen, die im To- unternahm Serbien nichts, um im Einklang mit ihrer
ben der allgemeinen Mühsal verloren gingen, nicht Verteidigung die Last der Kollektivschuld von den
in Bewegung. Wojwodina-Deutschen zu beseitigen.
Einige dieser Probleme sind gewiss auch Probleme Das Parlament der AP Vojvodina, als ein Parlament
der Versöhnung und der Toleranz, wie auch das Ein- jahrhundertlanger multinationalen Gemeinschaft,
setzen der Nationalminderheit für den Tabubruch brachte die Resolution über das Nichtanerkennen
bezüglich der unzugänglichen und unerforschten der Kollektivschuld, indem sie alle bösartige Folgen
Dokumente aus der Vergangenheit, hauptsächlich der Kundgebung der Wojwodina-Deutschen als Ver-
aus der Zeit des II Weltkrieges und das Aufhören der brechenstäter im Zweiten Weltkreig.
traditionellen, allgemein akzeptierten Beschuldi- Doch, in der allgemeinen Finsterniss kommt ein ein
gung der deutschen Nationalminderheit für das gan- kleiner Hoffnungsstrahl.
ze Verbrechen und Unheil, das den anheimischen Die Resolution geht von der Tatsache aus, dass das
Bürgern passierte. Zu den Problemen zählt auch die Prinzip der kollektiven Schuld unverbindlich mit den
Beseitigung von der Kvalifikation der Schuld des demokratischen Prinzipen und den Wertprinzipen der
Volkes für all diese Untaten, denn aus ihrer Perspe- Menschheit ist und ruft auf, die kollektiv schuldigen
ktive können sie auf eine bessere, unmittelbare und Menschen zu befreien, die vertriebenen zu rehabili-
andere Art und Weise begriffen werden. tieren, die unschuldig beklagten und die unschuldig
Für schuldig erklärt wegen all den Untaten, die die verunglückten Menachen auch zu befreien.
34
GUGELKUPFFEST
Mit dieser Resolution ist die Schweigewand, mit Kollektivschuld und über die Ereignisse nach dem
welcher das Verunglücken der Deutschen von 1944 zweiten Weltkrieg, immer mehr ändert. Die Woj-
bis 1948 tabuisiert wurde, zerschlagen. Zum ersten wodina-Behörde spielte in diesem Prozess eine
Mal nahmen die Vertreter der offiziellen Staatsor- Pionierrolle. Die Staatsorgane und Behördeinsti-
gane der Wojwodina am Gedenktag der Verunglück- tutionen in unserem Lande unterstützten nur ver-
ten, unserer Deutschen, zusammen mit Vertretern der einzelt Initiativen, die aus Wojwodina kamen, oder
Daonauschwaben teil. Symbolhaft zeigt die Behörde stellten sich taub.
in der Wojwodina, dass unschuldige Menschen ver- Leider ist die Behörde der Nachkriegszeit, auch
unglückten und dass sie bereit ist das Problem des nicht die aktuelle, nicht bereit aktiv die Initiativen,
Verunglückens der Deutschen aus einer anderen die aus Wojwodina kommen zu unterstützen, sollten
Perspektive zu sehen. es aber, denn in der Wojwodina leben mehr als 20
Die Resolution setzte ein Prozess in Bewegung, Nationalgemeinschaften und alle Erfahrungen des
in welchem sich das schwarz-weiße Bild über den Gemeinsamlebens, gute wie schleche, sind gerade
Zweiten Weltkrieg und über die Teilnahme der dort konzentriert.
Wojwodina-Deutschen daran, somit auch über ihre
Aus technischen Gründen konten wir nicht die Rede von Herrn Prof. dr. Zoran Ziletic und Herrn Bosko
Paukovic herausgeben.
Im Rahmen der traditonellen Manifestation der Gugelhupffest, und in der Organisation des deutschen
Vereins für gute nachbarschaftliche Beziehungen KARLOWITZ aus Sremski Karlowzi, wurde auch in
diesem Jahr der Runde Tisch organisiert. Es nahmen daran mehrere meist bekannte serbische Publizisten
teil, die über die deutsche Nationalminderheit in Serbien, in der Wojwodina schreiben und diese auch er-
forschen. Der Runde Tisch, der in diesem Jahr dem Thema “Donauschwaben in den serbischen Medien”
gewidmet ist, nahm zusammen mit eminenten Fachleuten aus diesem Bereich Folgendes an:
MITTEILUNG
AN DIE ÖFFENTLICHKEIT
1. Komplexe Frage bezüglich des Schicksals der Die Unabhängigen Medien brachten aber im Rah-
Wojwodina-Deutschen nach dem Zweitem Welt- men allgemeiner Strategie des Widerstandes gegen
krieg stellen in unserer breitesten Öffentlichkeit das Milošević-Regime gern das delikate Thema ins
ein Thema, über das man unwillig spricht, dar. Zur Rampenlicht, inbezogan das Thema der ethnischen
Titos Zeiten war es unmöglich über diese Thema- Säuberung der Wojwodina-Deutschen aus dieser Ge-
tik zu schreiben. Zur Zeit der Milošević- Herrschaft genden. Denen dankend konnten die demokratisch-
wird es doch dann möglich, aber nicht auch wün- en Intellektuellen serbischer Herkunft ihre Einstel-
schenswert, so dass es für Autoren solcher Texte lungen äußern und mithilfe dieser, die serbische
nicht gerade ungefährlich war. Die Staatsmedien sind öffentliche Meinung versuchen zu animieren, damit
dieser Sache aus dem Wege gegangen und wenn sie man über dieses nicht leicht zu übersehendes Thema
dazu gezwungen wurden darüber zu schreiben, dann anfängt ernshafter nachzudenken.
haben sie das mit negativer Konotation gemacht. Als
man aber dem Regime in der Welt irgendwelche de- 2. Es ist zwar in den letzten Jahren gewisser
mokratische Legimität besorgen sollte, haben Me- Fortschrit im medischen Sinne erkennbar, aber das
dien über die Frage der Wojwodina-Deutschen mit ist für die wesentliche Verständnis dieses Problems
großer Dosis Euphemisus geschrieben immer noch ungenügend.
und haben die historische Ereignisse und die unwid-
erlegbaren Untaten gegenüber der deutschen Ziwil- 3. Das Verbrechen hat keine Nation. Es gibt weder
bevölkerung relativisiert. Verbrechevölker noch Genozidvolk, sondern nur
35
GUGELKUPFFEST
Genozidregime. Deshalb setzen sich Teilnehmer des dafür einsetzen, dass man auch andere Themen
Runden Tisches energisch dafür ein, dass man dem bezüglich der serbisch-deutschen Beziehungen in
Verbrecherphänomen gegenüber den Lokaldeutschen der Wojwodina erforscht, wie z.B. die wichtigen
in der Zeit 1944-1948 wie auch gegenüber den Ser- wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen, die
ben und anderen Völkern in der Zeit der deutschen interaktiv- kulturellen Einflüsse und auf dieser Ba-
Okupation 1941-1945 vorurteilslos und forscherisch sis das gegenseitige Durchweben der Kulturen. So
objektiv antritt. Nur auf diese Weise wird die poli- wird das ganze Phänomen demistifiziert und auf
tische und quasipatriotische Manipulation bezüglcih ihn wird neues Licht geworfen. Das wird nicht nur
der Opferzahl verhindert und der Versöhnungsproz- zur Verständnis der historischen Vergangenheit der
ess wird gewisser sein. Völker, die Jahrhunfderte zusammen lebten und ar-
beiteten, führen, es wird auch eine Anregung dafür
4. Obwohl inmitten aller Nationalgemein- geben, dass man die Gegenwart und das Bedürfnis
schaften in der Wojwodina namhafte Widerstände nach der Pflege des gemeinsamen Lebens und die
im Bezug auf die Forschug der Untaten aus dem volle Multikultur in der nationalreichen Wojwodina
zweitem Weltkrieg zum Erschein kommen, schon in Serbien besser versteht.
allein die Tatsache, dass sich Forsher deutscher wie Sremski Karlowzi, den 30. Juni 2007
auch serbischer Nationalität gleichermaßen schon Teilnehmer:
über ein Jahrzehnt mit der Frage des Verbrechens 1. Prof. Dr. Zoran Žiletić
gegenüber den Wojwodina-Deutschen befassen, ist 2. Prof. Dr. Dragoljub Živković
ermutigend. Das ist der Beweis, dass man sich mit 3. Stjepan Seder
dem Verbrechen ohne nationalen, politischen, re- 4. Mirko Sebić
ligiösen, ideologichen oder irgend welchen anderen 5. Zlatoje Martinov
Vorurteilen auseinandersetzt. 6. Dragi Bugarčić
7. Božidar Pauković
5. Teilnehmer des Runden Tisches werden sich 8. Slobodan Mirić
n den Räumen des slowakischen Klubhauses wurden und die heute noch von unseren Mitgliedern
36
WIEDER IN DER HEIMAT
sie nicht daran hindern, ihre ganze Kunst, ihr Wis- Osijek und aus vielen anderen Orten. Am Vortag trat
sen und Können unter Beweis zu stellen. Auch wenn das Ensembel in Sombor auf, so dass Besucher aus
deshalb einige Tänze nicht von allen Mitgliedern Nordvojvodina an diesem Abend nicht teilnahmen.
zusammen ausgeführt werden konnten, was si- Wie das Publikum das Konzert erlebte, konnte am
cherlich den guten Eindruck etwas verminderte. besten am langem Applaus beim Empfang und
Dieser Abend wurde durch die Teilnahme bei der Verabschiedung der Ausführer, gemessen
von Hr. Josef Jerger, dem Vorsitzenden des Welt- werden.
dachverbandes der Donauschwaben, zusätzlich be- Die Geschichte wäre nicht vollständig, wenn wir
reichert. Er leitete die Konferenz. In dem Zusam- nicht ein paar Worte zum Gastgeber „Bački Forum“
menhang stellte er nationale Trachten, über die wir aus Tovariševo, bzw. dem waren Gastgeber Glisi
schon berichtet haben vor, sowie Lieder und Tänze Mihajlov, sagen würden. Herr Mihajlov hat mit der
der deutschen nationalen Minderheit der Vorkrieg- Organisation des Raumes, mit den Mitteln und der
szeit aus denen er pesönlich einige Zeilen rezitierte. Ausstattung zum Erfolg dieses Ereignisses maßge-
Mit welchem Talent und mit wie viel Liebe er diese bend beigetragen. Er war ein echter Gastgeber so-
Gedichte vorgetragen hat, bewies der Applaus der wohl den Folkloreteilnehmern als auch den Gästen
hinterher folgte. gegenüber, und veranstaltete auch eine Cocktailpar-
Dieser Abend war auch ein sehr guter Anlass für ein ty nach der Aufführung. So konnten sich die Leute
Treffen und gegenseitiges Kennenlernen der „hei- noch besser gegenseitig kennen lernen, Adressen
mischen“ Deutschen. Die Mehrheit des zahlreich er- austauschen und neue Treffen ausmachen.
schienenen Publikums – der Raum war so voll, das Es ist schade, dass es der erste Auftritt eines kün-
ein Teil der Besucher stehen mussten – machten die stlerischen Esembles aus Deutschland war, aber
Deutschen aus. Neben den deutschen Gastgebern hoffentlich nicht der Letzte. Wir hoffen, dass noch
aus Bačka Palanka, kamen auch Deutsche aus Srem- weitere Ensembel in Vršac, Pančevo, Sremski Kar-
ski Karlovci, Sremska Mitrovica, Odžak, Novi Sad, lovci, Sremska Mitrovic folgen werden.
37
WIEDER IN DER HEIMAT
Nada aus dem Haus Nr. 146 begrüßt als Erste die barn - Handwerkers GRASSes, EISEMANNs,
ankommenden Gäste. SCHMIDTs, WEISSENBACHs, LANGs, GREI-
Zum ersten Mal steht heute das ehemalige Fräulein FENSTEINSs, WAHLs, KENDLs, NEBERs,
SCHREINER, jetzt Margaretha DEGEN mit ihren JELCHOS, ...
beiden Kindern Johann und Margaretha neben ihr. Sie warten, um den alten Friedhof gemeinsam zu
Sie sind im selben Haus aufgewachsen. betreten.
Jede zu ihrer Zeit. Bald beginnt das Gebet.
Während die Busse sie durch die Straßen ihrer Kind- Das erste nach so vielen Jahren daheim in Bulkes.
heit und Jugend fahren, sind die Reisenden sehr auf- Frau Maria BECK aus dem Haus Nr. 119 ist mit ihrer
geregt, sie sehen, dass ihre heutigen Bulkeser Nach- Tochter und ihrem Enkel Kristian im Bus.
barn vor ihren Häusern stehen oder sie sitzen auf Sie erlebte diesen Tag.
den Bänkchen, - warten auf sie mit Geduld. Ihre Augen glänzen. Vor Tränen ...
Die ersten drei Kleinen von WAHLs sind mit Maria Während die Busse langsam fahren, verwandeln
und Theresia KEMPF. Bei ihnen sind auch die drei sich ihre zweiundneunzig Jahre in ein Mädchen, das
Katarinas aus 400a und Anna und Dorotea aus 206 b auf den Straßen von Maglić - ihres Bulkes spielt.
und Herr Jakob FREY aus 292. In den Händen hält sie ein Buch, das sie selbst ge-
An der Ecke steht der Dorfschornsteinfeger mit schrieben hat. Sie möchte sich bei den Bewohnern
seiner Familie. ihres Dorfes bedanken, die geholfen haben, die kle-
Sie fahren an Haus Nummer 396 vorbei. Im Bus ine Gerda, Erna, Peter, Horst, Johanna, Margaretha,
befindet sich keiner der KLEINs. Die WEBERs aus Maria, BERNHARDT und die anderen Kinder aus
391 fehlen, die WEISSENBACHs aus 332 auch. diesem Dorf nicht zu vergessen.
Die Busse sind bereits bis zur Erste Gasse gefahren. Während die Kinder aus der neuen Schule in Maglić
Sie fahren in Richtung Friedhof. Willkommenslieder sangen, dachte sie an die Lehrer
Die Familie des Kaufmanns Fritz BECK wartet vor Karl KENDL, Tobias POLSTER, Karl BRUNNER
ihrem Haus. Sie würden gerne in ihr Haus hineinge- und an Jakob HOFFMANN.
hen, aber in diesem leben inzwischen einige andere Auch an Eugenie, Käthe, Julchen, Mathilde/Hilde
Leute. Sie wollen sie nicht stören. und Erna BRUNNER und Katharina, die Kindergärt-
Es ist Mittag. nerinnen des Bulkeser Kindergartens. Auch an ihre
Zeit zum Mittagessen in ihrem schönen Dorf Bul- Helferin Elisabeth KLAUS.
kes. Sie möchte, dass auch DUŠAN und Milan und
Am Haus des früheren Bulkeser Arztes Dr. SANDER Vinka und Dragan und Slobodan und Sladjana und
(Titos Partisanen haben ihn zusammen mit anderen Žarko ihr Buch und alle geschriebenen Bücher über
Bulkesern am 17. November 1944 im Akazienwald die Menschen dieses schönen Dorfes vorlesen, …
von Palanka erschossen) spielen die Kinder Volley- und all denjenigen, die sie mit einem aufrichtigen
ball auf dem heutigen Pausenhof der Schule. Willkommensgruß empfangen haben. Sie weiß, dass
INGE, der Liebling des Arztes, und ihr Mann Hein- sie sich besser verstehen, wenn sie die Wahrheit über
rich aus der Familie STEPHAN kommen schon sie und ihr Golgatha erfahren.
lange Zeit immer mit dem Wunsch nach Maglic, die Sie hat sich dazu entschlossen, ihr Buch DUŠAN
zwei Dörfer zu versöhnen, ihnen schöne Geschich- zu schenken, dem Menschen, der sich darum be-
ten über das Dorf ihrer Kindheit zu erzählen und müht hat, dass sie sich so fühlen, als ob sie in ihr
dazu beizutragen, dass die gegenwärtigen Bewohner Heim kamen, - dass sie wieder in ihr Dorf Bulkes
stolz darauf sind hier zu wohnen. kommen und ihre große Kirche betreten sowie für
Am Eingang zum alten Bulkeser Friedhof warten alle eine Gedenkfeier abhalten, die in den Lagern
die RAPPs mit ihren Cousinen, die DEGENs aus Jarek, Palanka, Rudolfsgnad, Gakowa, Vrdnik, Fili-
der Zweiten Gasse und MAHLERs aus der Letzten pova, Kruschiwil, Mitrowitz, …, in den russischen
Gasse. Da sitzt auch die Familie WERLE. In der Bergwerken Antrazit und Toschkowka, im serbisch-
Batschka sagt man, dass sie Bauern sind. Seit sie in en Bor, dem Lager 1026, Sneschnoe, … geblieben
das Lager gebracht wurden, waren sie nicht in ihrem sind.
Dorf, um entlang der Ackerfurchen zu gehen. Sie beten für jeden von ihnen, der auf dem Weg ohne
Unweit von ihnen stehen die Cousinen und Nach- Rückkehr geblieben ist.
38
WIEDER IN DER HEIMAT
Herr Heinrich HOFFMANN befand sich nicht unter 8.5.1945) geboren (und ist am 17.1.1946 in Jarek
den Reisenden im Bus. Mit Liebe und dem Versöh- gestorben).
nungswunsch ist er mehrmals ins Dorf seiner Vor- Auch Herr und Frau HOFFMANN, die sich mitsamt
fahren gekommen. Zusammen mit seinen Freunden der sechsmonatigen Brigitte an den Händen halten,
und Herrn Peter DEGEN, bekannt als WENDLs Pe- sind hier. Auch in Jarek konnten sie nicht ohne ein-
ter, ein Mann von großem Herz, der sich bis zu sei- ander leben. Sie waren elf Tage (im Sterben) get-
nem Lebensende darum bemühte, die zwei Völker rennt.
aus dem Dorf mit zwei Namen zu versöhnen. Herr Peter und Anna KLAUS stehen neben ihnen.
Sie fuhren auch an Haus Nr. 6 vorbei - dem Haus der Bei ihnen stehen die BIEBERs aus Haus Nr. 46,
Familie DEGEN, in dem Peter geboren ist. dann die BINDERs aus Nr. 182 in der Hauptgasse.
Vielen tut es Leid, dass er nicht miterleben konnte, Der kummererfüllte Herr HÄHNEL Peter HNr. 197
unter ihnen zu sein. wartet auf seine Frau Elisabeth und seine Tochter
Sie irren sich natürlich. Christine, die beide aus Antrazit kommen.
Der Apostel sagt: “ Die Liebe hält lange aus, sie ist Apotheker Christian HARTMANN (wurde am 17.
gnädig ...” (I Kor, 13.4). November 1944 von Titos Partisanen im Akazien-
Erinnerung: wald von Palanka erschossen) HNr. 213 ist mit sein-
Während die Gäste der gegenwärtigen Maglic Be- er liebsten Ehefrau Christine hier. Beide schauen li-
wohner die Kirche betreten, begleitet sie der unsi- ebevoll auf ihre einzige Tochter Helga. Sie warteten
chtbare Blick des Pfarrers Karl ELICKER auf all lange darauf, bis sie auf die Welt kam. Sie war erst
die toten Bulkeser, - die ausgestorbenen Familien, fünf Jahre alt, als sie in das Lager Jarek gebracht
die plötzlich aus der Erinnerung hierher zurückkom- wurde.
men und jetzt in diesem Augenblick wie lebendig in Alle wollen sich ausruhen.
Maglic gegenwärtig sind: Sie wissen, dass ihre Bulkeser wieder kommen und
Neben ihm steht Frau Maria BAUER aus Haus Nr. auch ihre Jüngsten mitbringen.
468. Sie ist froh, weil ihr lieber Ehemann Samuel Sie warten mit dem Vorsitzenden ihrer Vereinigung,
BAUER aus Antrazit, aus dem fernen Russland Herrn Franz aus dem Haus JUNG.
nach dem Krieg zurückkam. Ihre Tochter, die kleine Herr Karl WEBER ist ihnen bei der Erkennung des
Magdalena, hält in Erinnerung an Jarek die Hände Dorfes ihrer Vorfahren behilflich.
ihrer sechsjährigen Brüder, den Zwillingen Samuel Während der Bus von der Haupt - Gasse in Richtung
und Heinrich, fest. Sie wollte sie behüten. Es gelang neues Maglićer Schwimmbad auf der
ihr nicht. Hutweide abbiegt, denkt das ehemalige Mädchen
Auch die Liebe der Mutter half dabei nicht, - die (Anm.: Die Autorin dieses Reiseberichts.), das in
kleinen Zwillinge sind im Lager Jarek gestorben. Maglić aufgewachsen ist, an sein heutiges Haus in
Fritz BECK HNr. 31 aus der Ersten Gasse traf sich Belgrad. Sie lebte im Bulkeser Haus Nr.142 von
heute ebenfalls mit den Seinen. Heinrich und Katharina Hähnel.”
Auch Franz JUGENHEIMER HNr. 112 aus der “Sie ist heute froh. Einer ihrer Wünsche ist in Erfül-
Haupt Gasse ist mit den Seinen vereint. Er fand sie lung gegangen.
in Jarek. Nur auf die kleine Elisabeth warteten alle. Sie weiß, dass jener Augenblick nahe ist, an dem
Sie kam vom Norden der Batschka, aus dem Lager die Wahrheit über das ehemalige Bulkes und dessen
Gakovo. Bewohner ans Licht kommen wird. Sie glaubt, dass
Katarina BIEBER aus Nr. 448 kam vom Donez- sich dessen ehemalige und gegenwärtige Bewohner
becken. endlich versöhnen werden: die tüchtigen Leute aus
Friedrich GLAS Junior HNr. 382 hat seine Bulkes- Bulkes mit den tüchtigen Leuten aus Maglić.
Bewohner seit seinem letzten Geburtstag am 9. April Sie wird einige von ihnen durch Gotteshilfe kennen
1941 nicht gesehen (an diesem Tag wurde er im YU- lernen. Sie wird sie darum bitten, sich gemeinsam
Feldzug bei Nisch ermordet). Er kam aus Niš an. darum zu bemühen, dass dieses Dorf dasselbe wird,
Herr Chistian GERHOLDT HNr. 221 liebkost mit wie es früher war: unser schönes Dorf Bulkes.
seinen schwieligen Landwirthänden den achtmonati- Auf diese Weise kann sie auch die Antwort auf die
gen GERHOLDT, Susanes Sohn. Sein jüngster En- vielen Fragen finden, die sie sich selbst gestellt hat,
kel war nie in Bulkes - er wurde im Lager Jarek (am als sie in den Maglićer Straßen spielte, das Alphabet
39
WIEDER IN DER HEIMAT
bei der gutmütigen Lehrerin Nada lernte, zum Bahn- Warum ist niemand da, der Blumen auf die Gräber
hof ging, um Gäste abzuholen, Rad fuhr oder Was- legt?
ser aus dem Wasserhahn im Zentrum bei der Kirche In ihrer kindlichen Unbedenklichkeit wollte sie die
holte. Begrabenen erfreuen. Sie dachte, dass sie froh sind,
Dann fragte sie sich hin und wieder: wer sind die wenn sie ihnen Veilchen schenkt.
Leute, die in der schönen Bulkeser Kirche beteten, Sie fragt sich inzwischen, wer ihre Nachfahren sind?
wer lebte in den Häusern? Warum sind alle aus dem Wo sie nun sind? Was sie über dieses schöne Dorf
Dorf verschwunden? wissen? Haben ihre Vorfahren sie gelehrt, dieses
Wie sahen die Augenblicke vor ihrer Abfahrt aus? Dorf so zu lieben, wie sie es taten?
Wer hat sie von hier abgefahren? Lieben sie es wirklich?
Warum? Könnt ihr Bulkes - Maglić lieben?”
Sie fragte sich, wessen schöne Denkmäler sich auf Anm.: Die Autorin hat die ersten Buchstaben in Bul-
dem Friedhof befinden? kes/Maglić gelernt.
n einem schönen Wintertag, 07. Februar ein Kombi–mobile Arbeitsstätte, und auch mehrere
41
HILFE DER HEIMAT
gen. Der erste Schritt ist, dass die Jungs umgeschult Dieses Projekt erfüllt Bedingungen beider Bereiche.
werden und eine Arbeit in ihrem neuen Beruf fin- Das wichtigste ist es Arbeitsplätze zu schaffen. Be-
den. Genauso wichtig ist auch das Erhalten der Ar- herrschen sie einst den Einbau – Ausbau dieser In-
beitsstätte auch nach der ersten Generation. Wer die stallation, dann stoßen sie auch auf die Energie. Ich
Leitung der Arbeitsstätte später übernehmen wird, wünsche Euch viel Erfolg und bedanke mich für die
ist Vereinbarungssache zwischen Herrn Wagner und Einladung.
der Schulverwaltung. Dafür gibt es noch keine Mit- Laut Frau Jadranka Peštin, Schulleiterin, kann kaum
tel, aber das wird die deutsche Seite zur Verfügung noch etwas schief gehen, da hinter diesem Projekt
stellen. In Deutschland wird bei Misserfolgen ein eine gute Idee und eine ernsthafte Initiative steht.
Einzelner verantwortlich gemacht, bei Erfolgen aber Ich bin außerordentlich glücklich und zufrieden,
alle gemeinsam gelobt. Ich möchte das ganze um- dass unsere Schule an diesem Projekt teilnimmt. Es
drehen und sage, wenn wir mit diesem Projekt Er- ist ein ernstes Projekt mit konkreten Aktivitäten, das
folg haben, dann insbesondere Dank Herrn Wagner. handfeste Ergebnisse bringen wird. Die Teilnehmer
Bei der Verwirklichung dieses Projektes bitte ich um erlernen neue Berufe, die ihnen im Leben weiter-
ihre Mithilfe, um Herrn Wagner zu unterstützen und helfen werden. Das sind unsere ehemaligen Schüler,
den jungen Menschen eine Change zu geben. die vor vielen Jahren die Schule beendet haben und
Ich will noch etwas, was nicht im Zusammenhang mit bereits seit mehreren Jahren bei der Arbeitsuche er-
diesem Projekt steht, sagen. Das betrifft die deutsche folglos sind. Die erste praktische Grundaufgabe wird
– evangelische Kirche in Titel, die eher einer Ruine die Installation der Heizung in ihrer Arbeitsstätte
ähnelt. In dieser Kirche wurde Herr Wagner getauft. sein, was ebenfalls Teil der Stiftung ist, für den ich
Einer der Gründe, warum Herr Wagner dieses Ge- mich hierbei besonders bedanke. Wir werden eine
schenk gemacht und warum er sich zur Ausbildung der wenigen Schulen sein, die mit Hilfe von Solar-
der Schüler angeboten hat, ist dass die Renovier- zellen heizen und heißes Wasser haben werden.
ung der Kirche ermöglicht wird. Gemeinsam mit Das Projekt ist in Zusammenarbeit mit dem Büro
Frau Gutenkunst werde ich mich um die benötigten für Regionale Bildung zustande gekommen und es
Mittel kümmern. Wir wünschen uns eine Kirche in wurden die Schüler ausgesucht, die unsere Schule
modernem Sinne, wo alle Religionen ihre Messen mit Erfolg abgeschlossen haben und gutes Theo-
halten könnten. Aber die Arbeitsstätte hat Priorität riewissen aus dem Maschinenbereich haben. Somit
– erst arbeiten, dann beten. ist praktische Ausbildung Priorität. Nach Abschluss
Ich komme von der deutschen Botschaft, setzte Frau der Umschulung wird jeder Schüler ein Diplom
Homer fort, freue mich hier zu sein und bin über „Meister in Heizung und Kühlanlagen“ ausgehän-
die Eröffnung dieser Schule und Arbeitsstätte für digt bekommen. Sie erhalten auch ein Zertifikat der
die Umschulung junger arbeitsloser Menschen sehr deutschen Handwerkskammer, entspricht der dorti-
glücklich. Das ist eine Initiative des Herrn Wagner. gen Berufsausbildung, die es bei uns nicht gibt.
Diese Geste, sich Gedanken über die jungen Men- Der Stifter, Herr Gottfried Wagner, bedankte sich
schen in Titel zu machen, verdient jeglichen Lob und bei allen für die schönen Worte, Worte voller Dank-
Anerkennung. Herrn Wagner hat das Komitee für barkeit und Unterstützung und betonte dass er die-
Hilfe der deutschen – evangelischen Kirche, durch sen Moment kaum hat erwarten können, jetzt wo es
die innige Unterstützung des Bürgermeisters und gewiss ist, dass sein Projekt startet.
Schulleiter sehr viel geholfen. Ich freue mich, dass - Ich bin sehr glücklich, dass endlich die Zeit gekom-
es zu dieser Zusammenarbeit kommen wird. Ich bin men ist und wir mit dieser Arbeit und gemeinsamer
zur Eröffnung der Arbeitsstätte eingeladen worden, Kraft unser Ziel erreichen werden. Ich habe mich in
aber auch um mir ein Bild darüber zu verschaffen, Deutschland mit Umschulungen beschäftigt und bin
wie das ganze funktioniert und ob die deutsche davon überzeugt, dass auch diese Jungs hier genau
Botschaft zusätzlich zur Verwirklichung dieses Pro- so intelligent sind wie dort, dass sie für die Aktion
jektes behilflich sein kann. Deutschland gibt viele bereit sind und dass wir die gestellten Ziele erfolg-
Hilfeleistungen an Serbien. Seit dem Jahre 2000 hat reich erreichen werden. Herr Wagner beendete seine
Deutschland 450 Millionen € an Hilfeleistungen Rede mit den Worten, er akzeptiere keinen Misser-
gegeben. Hauptsächlich im Energiebereich und für folg, aber man muss für das gemeinsame Ziel auch
die Gründung von Klein- und Grossunternehmen. gemeinsam kämpfen.
42
HILFE DER HEIMAT
echs Monate sind seit der Eröffnung der heizung ins Auge. Herr Wagner erklärt uns, dass sie
43
HILFE DER HEIMAT
Installation der Wasser- und Abwas-
serleitungen beinhaltet das Verle-
gen der Fließen und Aufstellen der
Sanitäranlagen. Uns wurde ein Mus-
terbad als Bespiel der zu verbrin-
genden Arbeit vorgeführt. In einem
Raum der Agentur, der als Übung-
sort für die praktische Ausübung
dient, zeigten sie uns anhand eines
Musterbades die Umsetzung der Ar-
beit. Die Teilnehmer haben das selb-
ständig gemacht.
Beide Gesprächspartner betonen,
dass die deutsche Botschaft beim
Ausstatten der Agentur sowie beim
Ausbau ihrer Installation im Schul-
gebäude geholfen hat. Ohne diese
Hilfe wäre die Verwirklichung des
Ein Beispil eines Badezimmers
Grundgedankens, Umschulung junger
Leute die bereits seit mehreren Jahren hält die Beendigung des Wiederaufbaus der Kirche
ohne Arbeit ihres Fachs sind, kaum vorstellbar. bis 2010 von großer Bedeutung, weil in diesem Jahr
Die Gemeinde Titel sieht eine Einteilung aller der der zweihundertste Jahrestag seit der deutschen An-
Gemeinde zugehörigen Orte vor, und dann kann es siedlung in Titel ist.
sich nur noch um Tage handeln bis diese Arbeit in Vor nicht all zu langer Zeit wurde die orthodoxe
Gang gebracht wird, so dass diese jungen Leute eine Kirche renoviert, zurzeit wird die katholische Kirche
längerfristige Arbeit bekommen werden. renoviert und wenn noch die evangelische Kirche
Der Wiederaufbau der Kirche hat noch nicht begon- fertig gestellt wird, dann kann Titel auf drei schöne
nen. Im Moment wird nach der Finanzquelle ge- Kirchen stolz sein.
sucht, diese Arbeit liegt noch vor uns. Herrn Wagner
DIE ERINERUNNGEN
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DIE ERINERUNNGEN
na bekannt, reihte ihn unter die 10 besten Sportler verlor er zwischen 20 und 40 Kilogramm. In den
der Wojwodina ein, was ein hervorragender Erfolg Pausen, die er zu Hause verbrachte, nahm er wieder
ist, wenn man die Entwicklung und Popularität des zu, aber er schaffte es nie sein früheres Gewicht zu
Gewichthebens bei uns in Betracht nimmt. Neu- erreichen.
satzer MAGYAR SZO machte ihn im Jahre 1963 als Diesem Experiment unterzogen sich insgesamt zehn
den besten Gewichtheber in Jugoslawien bekannt. Patienten. Von denen überlebten nur zwei. Mein
Nachdem er aufgehört hatte, sich aktiv mit dieser Vater war einer von ihnen, und wir denken, dass es
Sportart zu beschäftigen, erwarb Erich Speiser den wegen seines “Sportherzens” ist. Mein Vater hatte
Ruf des interantionalen Schiedsrichters I Kategorie. nämlich erweitertes Herz, das eine größere Blut-
Den Platz des Nationalselektors, d.h. des Nation- menge pumpen konnte und das es auf diese Weise
altrainers wie diese Funktion damals hieß, bekam besser und schneller die Arznei im Körper verteilen
er gleich nachdem er 1972 aufhörte sich mit dieser konnte. Aber dieses erweiterte Herz war wahrs-
Sportart zu beschäftigen. cheinlich auch die Ursache von seinem zu frühen
In dieser Funktion blieb er bis zu seinem Tod. Er Tode, denn er hatte höheren Blutdruck, was wir auch
starb im Jahre 1995. Parallel mit dieser Funktion wussten. In einem Moment entriss er sich der Kon-
hatte mein Vater auch die Funktion des Haupttrain- trolle und der Tod war unvermeindbar.
ers im Gewichtheben-Klub HERKULES in Bač. Mein Vater erreichte während seiner langjährigen
Als Nationalkapitän nahm er an der Olympiade in Karriere, einerseits als ein aktiver Wettkämpfer, an-
München 1972 teil. derseits als Nationalkapitän zahreiche Erfolge. Über
Neben zahlreichen sportlichen Siegen, erkämpfte all das gibt es eine Dokumentation, die bei uns in
Erich Speiser auch einen Lebenssieg. Er bekämpfte der Familie aufbewart wird. Aber, es gibt keine Do-
den Krebs. Eine Krankheit, welche nur wenige und kumentation darüber und es kann auch keine geben,
besondere Menschen besiegen. Nach einer harm- wie gern mein Vater diese Sportart überhaupt hatte.
losen Operation eines Auswuchses unter dem re- Wie viel Energie er in die junge Generation einbaute,
chten Achsel, zeigte die Analyse nämlich positves wie viel Liebe er diesen jungen Menschen übertrug,
Resultat. Das bestätigten auch nachträglichen aus- mit welchem Enthusiasmus er sich mit ihren Prob-
ländische Kliniken und auch die VMA - Militärische lemen und Sorgen beschäftigte. Er war aufopfernd
Medizinische Akademie. Da er ein bekannter und und seine Kenntnis übertrug er gerne und altruist-
anerkannter Sportler der Europäischen Föderation isch ohne darauf Acht zu geben welchem Klub die
war, bemühte sich die Europäische Föderation ihm Sportler gehörten.
zu helfen und bot ihm ärztliche Behandlung in Paris Von 1996 zu Ehren und gedengen an Erich Speiser,
oder in den USA an. Mein Vater nahm die ärztliche der vorstandene Wettkampf der Junioren wächst
Behandlung in Paris an. zum Memorial von Erich Spaser, wo den Gewin-
Da man den Brennpunkt der Krankheit nicht festel- nern neben der Medaille des Verbandes von Serbi-
len konnte, war es auch schwer die Therapy anzu- en, dem Pokal des Verbandes von Wojwodina und
weisen. Ärzte schlugen ihm vor, dass er sich einem dem Pokal der Hauptschule „Vuk Karadžić“, wird
Heilungsprogramm mit experimentellen Arzneimit- auch den Pokal der Familie Speiser übergeben. Ritta
tel untrezieht. Er nahm es an. Die Behandlung be- sagt, dass genügend Zeit, in der dieses Turnier als
sand aus einwöchiger Therapie und dreiwochiger memoriell organisiert wird und dass es nun zu einem
Pause. Insgesamt vier Therapien. Cup auswachsen kann. Aber darüber entscheidet der
Nach jeder Therapie, die Tag und Nacht dauerte, Verband.
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
von „Partizan“ und galt als Standard- und nichtaus- Wertvorstellung hatte. Man schätzte ihre Meister-
schaften, wie vergleichsweise heute die englischen,
italienischen oder spanischen, wo wir von fünf Spiel-
en kein einziges gegen ihre beste Mannschaft verlo-
ren. Milano besiegten wir 5:2 in Belgrad und gegen
Interom spielten wir unentschieden. Die Mannschaft
war eingespielt und auf einander abgestimmt, da wir
lange zusammen spielten und man wusste genau wer
was zu tun hatte. Heute ist das nicht mehr der Fall.
Ein neues Team wird jedes, evt. jedes zweite Jahr
zusammengestellt.
Bei Partizan war ich von allen, von den Spiel-
ern, den Trainern und dem Management, besonders
gut aufgenommen und hatte überhaupt keine Prob-
leme. Was die Journalisten betrifft, sieht die Sache
jedoch ganz anders aus. Nicht nur, dass ich nicht ihr
Liebling war, sondern sie haben mich maßlos un-
terschätzt. Möglicherweise hatte meine Herkunft
dabei eine Rolle gespielt. Ich weiß es nicht. Um
die Note acht zu bekommen, musste ich das Spiel
entscheiden. Ich wurde oft als bester Fußballer eines
Spiels verkündet und ausgezeichnet, was aber in den
Zeitungen nie erwähnt wurde. Im Championsleage
- Finale ernannte man mich als den besten Spieler
von Partizan was jedoch die Berichterstatter ver-
J. Prmajer Fußballweltspiel mit Hajduk aus Split
schwiegen. Damals habe ich überhaupt nicht darauf
wechselbarer Spieler auf dem linken Flügel. Ich geachtet, aber heute bin ich mir dessen bewusst.
wurde zum Spieler in der bis heute noch stärksten „Partizan“ bedeutete mir alles. Bereits mit
Generation von Partizan. Damals spielte Partizan siebzehn Jahren sammelte ich seine Aufkleber und
in folgender Zusammensetzung: Soskic, Jusufi, mit 19 spielte ich für diesen Klub. Die meisten
Mihajlovic, Becejac, Rasovic, Vasovic, Bajic, Ko- Spiele habe ich in der Zeit gespielt, in der ich bei
vacevic, Hasanagic, Galic, Pimajer. Dieses Team „Partizan“ war. Ich war jung, durchtrainiert, in guter
spielte im Finale des Championchips. Bis heute ist körperlicher Verfassung, hatte Kondition und war
das Championsleage –Finale auch gleichzeitig der kein einziges Mal verletzt oder krank gewesen.
größte Erfolg für „Partizan“. Ich habe bei allen neun Spielen der Champions-
Das „Partizan“ damals eine recht gute leage mitgespielt. Die vier Jahre die ich bei Parti-
Fußballmannschaft war, beweist nicht nur das Fina- zan verbrachte, waren die erfolgreichsten in meiner
le der Championsleage sondern auch eine Vielzahl Fußballkarriere.
anderer Ergebnisse. Wir spielten gegen die besten Wie kommt es, dass ein so begabtes Team,
europäischen Mannschaften. Ich erinnere mich an wie einst „Partizan“ war, nie die Championsleage
die Tournee durch Südamerika, als wir in Sao Paolo gewann?
mit 3:1 gewannen. Europaweit waren wir berühmt Leider haben wir es nicht geschafft zu ge-
und berüchtigt. Bei den Spielen in Griechenland und winnen und mit diesem Sieg den Erfolg zu krönen.
der Türkei war nicht einmal daran zu denken, dass Meiner Meinung nach haben wir zum richtigen Zeit-
wir eines der Spiele verlieren. Mit den Gegnern hat- punkt die Führung übernommen, leider aber durch
ten wir meist ein leichtes Spiel und sie hatten keine zwei Gegenangriffe zwei Tore bekommen. Auch jeg-
Chance gegen uns. Unser Fußball war zu dieser Zeit licher Lob seitens der Fachleute für das Spiel kann
besser als griechischer und türkischer, was heute weder den Pokal ersetzten noch den Misserfolg re-
nicht mehr der Fall ist. Oder beispielsweise unsere chtfertigen. Aber so ist der Fußball. Du spiest besser,
Tournee in Deutschland, wo der Fußball eine hohe schaffst Möglichkeiten, hasst aber weniger Tore als
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
der Gegner geschossen und damit auch automatisch
verloren. Ference Puskaska, damaliger Direktor von
Real, war auch der Meinung, dass „Partizan“ die
bessere Mannschaft war, aber…
Hätten wir damals dieses Finale gewonnen,
was wäre wohl dann aus uns geworden? Wir hätten
verlockende Einladungen zu Spielen bekommen,
hätten die ganze Welt umreist und vieles gesehen,
„Partizan“ wäre finanziell besser gestellt und wir
wären vielleicht für einen längeren Zeitraum das
beste Team in Europa. Durch diesen Sieg hätten wir
auch persönlich profitiert. Wir wären sehr gefragt
gewesen und hätten uns zu deutlich besseren Be-
dingungen ins Ausland „verkaufen“ können. Doch
so!?
Mein wohl größter Fehler war es „Partizan“ zu
verlassen. In der Fußballsaison von 1968 habe ich
am beste gespielt, als dann mein Vertrag auslief.
Ich war Kapitän und erster Schütze im Team. Ich
war nicht vernünftig und vorsichtig genug. Wäre
ich bei „Partizan“ geblieben, hätte ich die mir zur
Verfügung gestellte Wohnung behalten können und
wäre ohne jeglichen Schaden ins Ausland gewech- Josip Pirmajer und Siniša Mihajlović
selt. Ich hätte in der besseren Mannschaft gespielt, ben Brzic, Savic und Radosav ins Ausland gewech-
mehr Aufmerksamkeit auf mich gezogen und wahrs- selt. Von keinem der Drei wurde weder die Wohnung
cheinlich viel mehr erreicht. Da ich aber „Partizan“ noch die Summe eingefordert. Nur von mir. Ich weiß
verlassen habe, musste ich die Wohnung zurückge- nicht warum ich diese Sonderstellung hatte.
ben. Zwar habe ich von „Vojvodina“ auch eine Woh- Vujadin Boškov, damaliger Trainer bei „Vojvodi-
nung gestellt bekommen, musste diese aber vor dem na“ und mein Freund Ivica Brzic, Mittelfelds der
Wechsel ins Ausland zurückgeben. Mannschaft, wussten von meinem Vertragsauslauf
Warum sind Sie nach Novi Sad zurückgekehrt? und haben mich überredet zu „Vojvodina“ zu wech-
„Vojvodina“ hatte auch eine gute Mannschaft. Zwei seln. Wie ich bereits sagte, es war unvernünftig von
Jahre zuvor, also 1966, gewann „Vojvodina“ die mir „Partizan“ zu verlassen.
jugoslawische Meisterschaft. Damals spielten Pan- Vor „Vojvodina“ sprach Vujadin Boškov mit mir.
telic, Brzic, Sekeres, Trivic, Savic und Radosav, Sein Angebot von 8 Millionen, anstatt der nach
alles hochrangige Spieler die gemeinsam die jugo- Vorschriften mir möglichen 10, habe ich abgelehnt.
slawische Meisterschaft gewannen. Die Auszahlung der Summe in Raten habe ich akz-
Mein Wechsel zu „Vojvodina“ war eine große eptiert. Meiner Anfrage nach einer Wohnung hat er
Dummheit. Ich erhielt zwar eine Wohnung, die ich zugestimmt. Ich hatte bereits eine, musste sie aber
aber als Bedingung für die Ausstellung eines Zeug- an „Partizan“ wieder zurückgeben. Also bekam ich
nisses für den Wechsel in Ausland habe abgeben eine neue Wohnung.
müssen. Das war ein ganz und gar unfaires Spiel von Sie waren auch Fußballer der jugoslawischen Na-
Vojvodina. Nie zuvor haben sie von einem Spieler tionalmannschaft!
die Rückgabe seiner Wohnung verlangt. Neben der Ich habe bereits als Spieler vom FK Novi Sad für
Wohnung verlangten sie auch die Rückzahlung von die jugoslawische Nationalmannschaft der junio-
zehn Millionen Dinar, die ich wie vereinbart für ren gespielt. Später habe ich auch für die Nation-
meinen vierjährigen Vertrag bekommen habe. Das almannschaft bei der Olympiade in Tokio 1964
waren die Bedingungen, um mir das für den Wech- gespielt. Zu dieser Zeit spielten Curkovic, Skoric,
sel ins Ausland benötigte Zertifikat auszustellen. Ich Fazlagic, Miladinovic, Samardjic, Osim und Zam-
habe alle Bedingungen erfüllt. Zur gleichen Zeit ha-
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
bata in der Nationalmannschaft. Bei den Spielen der unser Gespräch und unsere Abmachung, die wir bei
Mitteleerländer in der Türkei 1971 habe ich eben- meinem Wechsel zu „Vojvodina“ geführt haben, er-
falls im jugoslawischen Nationalteam gespielt, als innerte, sagte er, er könne nichts für mich tun. Sein
wir Gold gewannen. Kommentar: „Du wirst das verdienen, du bist ein
Für die jugoslawische Nationalmannschaft der„A“- guter Spieler“. Auf meine Frage, warum die Rück-
Gruppe habe ich nur vier Wettkämpfe ausgetragen. gabe der Wohnung von keinem anderen Spieler, die
Auch wenn ich eindeutig der beste Spieler auf dem ebenfalls ins Ausland wechselten, verlangt wurde,
linken Flügel war, Dzajic wurde immer bevorzugt. bekam ich zu hören, dass sie leider nicht so ein gutes
Der Grund dafür ist wohl meine deutsche Herkunft. Angebot unterschrieben habe wie ich. Vojvodina ist
Mit Vollendung des 28. Lebensjahres hatten Sie das mir 10.000 DM für meine Leistungen als Trainer
Recht ins Ausland zu einem anderen Fußballklub zu noch schuldig geblieben. Aus diesen Gründen habe
ich keinen Kontakt zu „Vojvodina“.
Nach dem Championchip-Finale bekam ich ein An-
gebot aus Deutschland, doch dieser Wechsel war
nach unseren Vorschriften nicht möglich. Sie haben
mir sogar angeboten, dort ein Jahr ohne zu spielen
zu verbringe, um auf diese Weise automatisch das
Recht zum Spielen zu erlangen. Das bedeutete aber,
dass ich nach Jugoslawien nicht mehr zurückkeh-
ren könnte, was ich persönlich nicht wollte, denn
ich war verheiratet und hatte eine Familie. Ich habe
nach dem Finale der Championsleag mit 22 Jahren
geheiratet.
Wohin hat Sie der Weg nach Nim Olympik geführt?
Josip Pirmajer empfängt die Medaille von Ivan
Hugo Rusevljanin, bei uns ist er einer der besten
Curkovic anläßlich des fünfzigen Jahrestages von
Fußballvertrauten, hat eine sehr große Rolle in mei-
FK Partizan
wechseln. nem Leben als Fußballer gespielt. Er brachte mich
Ich spielte vier Jahre für „Vojvodina“ und mit Vol- aus Srbobran zum FK Novi Sad und gab mir so die
lendung meines 28. Lebensjahres war ich für den Möglichkeit von besseren und größeren Klubs für
Wechsel ins Ausland bereit. Ich entschloss mich für die Weiterentwicklung entdeckt zu werden.
Nim Olympic. Dort spielte ich drei Jahre und ich Auf seinen Vorschlag hin, kehrte ich 1975 zurück
war einer der besten Spieler. Während meiner Zeit und beendete meine Karriere beim FK Novi Sad.
platzierte sich Nim Olympic zwischen dem zweiten Beim FK Novi Sad spielte ich weitere zwei Jahre
und vierten Tabellenplatz. So zu sagen an der Spi- bevor ich als Trainer anfing.
tze des französischen Fußballs. Zu dieser Zeit war Ich war für die Pionierspieler beim FK Novi Sad
Marsej eindeutig die Nummer Eins und gewann verantwortlich. Insgesamt fünf Jahre trainierte ich
mit Skoblarom mehrere Meisterschafften hinterein- verschiedene Gruppen beim FK Novi Sad.
ander. Skoblar war auch zwei Mal als bester Schütze In meinem Beruf als Trainer war ich ziemlich erfol-
Europas gekürt worden. greich. Ich entdeckte einige Talente und machte aus
Leider verlief meine Trennung von „Vojvodina“ ihnen sehr erfolgreiche Fußballer. Der bekannteste
nicht sauber. Alle Gespräche bezüglich meines Zer- ist Sinisa Mihajlović. Ich entdeckte und brachte ihn
tifikates für den Wechsel ins Ausland führte ich mit zu Vojvodina.
Vujadin Boškov. Er teilte mir mit, dass die Bedin- Ich wechselte vom FK Novi Sad nach Bečej und
gung für die Ausstellung des Zertifikates die Rück- blieb fünf Jahre, dann kam ich zu Vojvodina für
gabe der Wohnung und die Rückzahlung der 10 weitere vier Jahre. In Vojvodina verbrachte ich in-
Millionen Dinar, die ich für den Wechsel zu „Vo- sgesamt zehn Jahre, sowie als Spieler als auch als
jvodina“ und die vier Spieljahre bekommen habe, Trainer und beim FK Novi Sad nur einige Monate
ist. Ganz nebenbei sagte er, dass das für mich kein länger. Zwischendurch war ich auch als Trainer bei
Problem sein wird, da ich seiner Meinung nach, ein einigen anderen Klubs wie z.B. bei ELAN, wo wir
gutes Angebot unterschrieben habe. Als ich ihn an uns aus der schlechtesten Liga bis hin zur serbischen
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
Liga hochgespielt haben, tätig. Beim OFK Beograd sondern dass sie auf der Nationalspielerliste zum
war ich für ein Jahr und in Makedonien ein halbes Zeitpunkt des Medaillensieges aufgeführt waren.
Jahr Trainer. Das letzte halbe Jahr war ich in Becej, Ich kann zwölf Spiele als jugoslawischer National-
musste sie wegen der schlechten finanziellen Lage spieler verbuchen, jedoch ohne Medaillengewinn.
verlassen. Auch die besten Spieler haben den Klub Ich habe viel mehr für den jugoslawischen Fußball
verlassen und mir sind sie einige Gehälter schuldig beigetragen, als manch einer der Spieler, die zusam-
geblieben. Aufgrund der Umstände bin ich zurzeit men mit der Mannschaft Medaillen gewonnen ha-
ohne Vertrag. ben. Laut Regierung zählen aber nur Medaillen.
Der Fußball ist mein Leben und ich werde mich so Herr Pirmajer, haben Sie Hobbys?
lange damit befassen, so lange ich dazu im Stande Ein bestimmtes Hobby habe ich nicht. Ich liebe es
bin und andere mein Wissen benötigen. mich mit meinen Freunden zu treffen und ab und zu
Haben Sie für ihre langjährige Fußballerfahrung spiele ich Billard. Einst habe ich Billard – Karambol
irgendwelche gesellschaftlichen Auszeichnungen – ziemlich gut gespielt, doch heute spiele ich deu-
erhalten? tlich seltener und dementsprechend hat meine Leis-
Ich erhielt mehrere Auszeichnungen, Anerkennun- tung nachgelassen.
gen und Dankschreibungen von SOFK, FSJ, Gemei- Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus – vielleicht
nden und Fußballklubs – „Partizan“, „Vojvodina“ eine Fußballschule für die Pioniere?
und FK Novi Sad – doch die meisten Anerkennun- Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ich bin
gen bekam ich von „Partizan“. überzeugt, dass ich den Jungs, aufgrund meiner
Welchen Arbeitsstatus haben Sie heute? großen Fußballerfahrung und meiner pädagogischen
Zurzeit stehe ich unter keinem Vertrag als Trainer, Kenntnissen, vieles beibringen könnte.
bin seit Februar dieses Jahres im Ruhestand. Das Fußballschulen für Pioniere sind zurzeit sehr ang-
Ruhegeld und Vergütungen aus Trainertätigkeiten esagt und meiner Meinung nach sind sie für die Ge-
sind mein gesamtes Kapital. Für den Fall der Fälle sellschaft nützlich und wichtig, aber auch sehr Ge-
habe ich etwas auf die hohe Kante gelegt. Ich habe winnbringend. Um so ein Projekt überhaupt starten
mehrere offene Forderungen gegen verschiedene zu können, sind bestimmte Vorkehrungen zu treffen,
Fußballklubs für die ich als Trainer unter Vertrag die auch mit Kosten verbunden sind. Dieses Geld
war. Die Gesamtsumme der Forderungen ist so habe ich aber nicht. Möglich wäre auch eine Zusam-
hoch, dass ich mindestens fünf Jahre lang sorglos menarbeit mit einem Fußballklub, aber ich habe
leben könnte. mich nie ernsthaft damit befasst. Letzthin hatte Sr-
Ich beziehe ca. 200 EUR Rente monatlich, habe aber bobran gute Voraussetzungen dafür, doch jetzt, die
in die Rentenversicherung unvergleichbar mehr letzten Jahre, seit dem kaum investiert wird, sind die
einbezahlt als Rentner, die nun mehr als das Dop- Fußballplätze im großen Maße heruntergekommen.
pelte von mir bekommen. Während meiner Zeit bei In Novi Sad gibt es zwei oder drei Schulen dieser Art
„Partizan“ habe ich Gewinnsteuer von 1,5 Millionen und meiner Meinung nach laufen die gut. In einer
Dinar bezahl. Zu dieser Zeit hatte mein Vater ein Stadt wie Novi Sad ist so ein Projekt machbar, was
Gehalt von 30.000 DIN. Diese 1,5 Millionen Dinar in kleineren Orten nur sehr schwer zu realisieren ist.
entsprechen heute meinen 100 Ruhegehältern. Diese Eine Pionierschule ist nur dann sinnvoll, wenn sie
Gewinnsteuer habe ich während meiner Gesamt- von mindestens fünfzig Jungs besucht wird, was in
dauer bei „Partizan“, d.h. vier Jahre lang, abführen kleineren Ortschaften kaum ausführbar ist. Srbobran
müssen. Ich kann einfach nicht verstehen, warum zählt zu einer der ärmsten Gemeinden was zusät-
man für die Berechnung meiner Rente nicht all die zlich die Realisierung des Projektes in diesem Ort
Jahre, die ich Fußball gespielt und in die Rentenver- erschwert. Zusätzlich ist zu beachten, dass es sich
sicherung überdurchschnittlich einbezahlt habe, in um eine Arbeit handelt, bei der man erst nach ei-
Betracht gezogen hat. Dazu kommt, dass alle jugos- nigen Jahren Früchte tragen kann. D.h. um aus den
lawischen Nationalspieler, die eine Medaille bei der Jungs einen echten Fußballer zu machen, benötigt
Weltmeisterschaft bzw. Olympiade gewonnen ha- man mindestens 5-6 Jahre harter und konstanter Ar-
ben, Ruhegelder vom Sportverband beziehen. Diese beit. Du übernimmst die gesamte Verantwortung für
ist deutlich höher als die meinige. Dabei ist nicht die Jungs, sowohl in sportlichen und fachlichen An-
entscheidend, ob sie überhaupt mitgespielt haben, gelegenheiten, als auch in gesundheitlichen, päda-
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WO SIND SIE, WAS MACHEN SIE?
gogischen, erzieherischen… such hier. Die älteren zwei Töchter habe ihr Studium
Herr Pirmajer, was können Sie unseren Lesern zum mit Erfolg abgeschlossen, Betriebswirtschaft und
Schluss sagen? Jura, währen die jüngste Tochter Absolventin ist.
Ich bin ein glücklicher Mann. Ich habe drei Töchter Darauf bin ich sehr stolz und bin ein sehr glückli-
und zwei Enkelkinder. Alle der drei Töchter haben cher Mann.
ein Universitätsabschluss, bzw. die zwei älteren, die Höchstwahrscheinlich werde ich meine Tochter in
Jüngste wird in wenigen Monaten ihre Diplomarbeit Australien besuchen. Ich möchte sehen wie sie leb-
schreiben. Die zwei älteren sind glücklich verheira- en, was sie machen und ihnen eventuell beim Haus-
tet und haben jeweils ein Kind. einrichten oder ähnlichen helfen. Als Fußballer habe
Die eine Tochter lebt in Novi Sad, sie hat eine fün- ich alle Kontinente gesehen außer Australien. Das
fjährige Tochter und die andere lebt in Sydney, sie ist ein Grund mehr, meine Tochter zu besuchen.
hat einen zweijährigen Sohn und war gerade zu Be-
DURCHLESEN SIE
In vorigen Nummer der Zeischrifts FENSTER hat sich ein Fehler eingeschli-
chen, im Text Mediaseminare hat Frau Dragana Boos gesagt das die Radio-
sendung in der deutsche Sprache in Zrebnjanin von der Groß Betschkerek
Verein ermitelt wird, statt das die Sendung von Radio Fedra ausgestrahlt
wird.
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DURCHLESEN SIE
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Ankunft von Siedlern bei Peterwardein
Bauernhaus
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