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Elektrische Messtechnik

Roland Schmechel
(BA 212, roland.schmechel@uni-duisburg-essen.de)

Übungen: Andreas Trampe


(BA 229, Andreas.Trampe@uni-duisburg-essen.de)

Praktikum: Frau Kamin-Düster (organisatorisch)


(BA 213, dagmar.kamin-duester@uni-due.de)
Klaus Kubernus-Perscheid (inhaltlich)
(BA 224, Klaus.Kubernus@uni-duisburg-essen.de)
Lehrstuhl für Nanostrukturtechnik (NST)
Abteilung für Elektrotechnik und Informationstechnik
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Allgemeine Informationen
• Vorlesungsbeginn:
3.11.2020, jeweils dienstags
Bereitstellung von mp4- Datei auf Moodle

• Übung:
erster Termin 10.11.20
ebenfalls, mp4-Dateien auf Moodle
+ Präsenzveranstaltung in BA026 nach
Bekanntgabe
Tutorium:
Sondertermine, wird bekannt gegeben

• Anmeldung Praktikum:
Einführungsveranstaltung (Pflicht!)
bis 15.11. 2020 Mi: 18.11.2020 um 11:00 & 13:00 Uhr
über Home Page als Videokonferenz
https://www.uni-due.de/nst/messtechnik.php

Keine Nachzügler!
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Allgemeine Informationen
Moodle-Server: • Bücher:
http://moodle.uni-duisburg-essen.de/ Franz Adunka: Messunsicherheiten,
unter: Vulkan Verlag 2007
Fakultät für Ingenieurwissenschaften/
Abteilung Elektro- und Informationstechnik/

Login-Password: frei bis 3.11., danach


nur manuelle Einschreibung mit Matrikel-Nr.

 Vorlesung als mp4 + pdf


 Übungsaufgaben /Lösungen
 Praktikumsunterlagen • Elmar Schrüfer: „Elektrische
 begleitende Dokumente Messtechnik“, Hanser 2004
• Kohlrausch: „Praktische
Physik“, Bd. 3, 1996
(Teubner Verlag)
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Allgemeine Informationen
Moodle-Server: • Bücher:
http://moodle.uni-duisburg-essen.de/ Meinhard Schilling: Messtechnik
unter: Pearson Studium 2009
Fakultät für Ingenieurwissenschaften/
Abteilung Elektro- und Informationstechnik/

Login-Password: frei bis 3.11., danach


nur manuelle Einschreibung mit Matrikel-Nr.

 Vorlesung als mp4 + pdf


 Übungsaufgaben /Lösungen
 Praktikumsunterlagen
 begleitende Dokumente Alan S. Morris: Measurement and
Instrumentation Principles
• Bücher:
Reinhard Lerch: „Elektrische
Messtechnik“, Springer 2006 English (!) and
online available
in library 
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Vorlesungsüberblick
1. Einführung Metrologie
(Größen- und Einheitensysteme, Rückführbarkeit)
2. Messabweichungen
(Grundlagen Statistik, Einführung GUM)
3. Grundbegriffe der Messtechnik
(die Messeinrichtung als System)
4. Grundsätzliches zur Messung von Spannung und Strom
(einschließlich Leistung und Widerstand)
5. Passive elektrische Messtechnik (Messwerke, Messwandler)
6. Aktive elektrische Messtechnik (Brücken, OPV, Störeinflüsse)
7. Digitale Messtechnik (Grundsätzliches, Analog-Digital-Umsetzer)
8. Ausgewählte komplexere Messgeräte
9. Sensoren
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1. Einführung / Motivation
Platon:

„Das beste Mittel gegen Sinnestäuschungen ist das


Messen, Zählen und Wägen. Dadurch wird die
Herrschaft der Sinne über uns beseitigt. Wir richten
uns nicht mehr nach dem sinnlichen Eindruck der
Größe, der Zahl, des Gewichts der Gegenstände,
sondern berechnen, messen und wägen sie. Und das
ist Sache der Denkkraft, Sache des Geistes in uns“

(„Der Staat“, Kröner Stuttgart 1973)

Metrologie:
Ist die Wissenschaft, die sich mit dem Messen befasst. *427 v.Chr. - † 347 v. Chr.
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1. Einführung / Motivation
Beispiel für eine legendäre messtechnische Panne:

Mars Climate Orbiter

Projektbeginn: 1996

Ziel: Erforschung des Mars-Klimas

Verlust der Sonde: am 23.09.1999


ohne Aufgabe erfüllt zu haben

Grund: Navigationsfehler,
Vermischung von SI-Einheiten
und Einheiten des angloamerikanischen
Maßsystem (Imperials System)
Sonde: Mars Climate Orbiter (MCO)
Gesamtprojektkosten (Schaden):
321,6 Millionen US $
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1. Einführung / Motivation
Messen heißt:
Ermitteln eines Wertes durch quantitativen Vergleich
der Messgröße mit einer Einheit (dem Normal).

quantitativer Normal
Vergleich (Einheit)

(Messergebnis) = (Zahlenwert) x (Einheit) ± (Messunsicherheit)

Messabweichung

Die „Kunst“ des Messens besteht darin, einen Schätzwert für den wahren Wert
der Messgröße zu ermitteln und gleichzeitig die Unsicherheit dieser Schätzung
quantitativ anzugeben.
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1. Einführung / Metrologie

(Physikalische) Größen sind durch Abstraktion gewonnene


physikalische Begriffe, die man zur Beschreibung physikalischer Gesetzmäßigkeiten
eingeführt hat.
Jeder Wert (Größenwert) einer physikalischen Größe kann als Produkt
geschrieben werden:

(physikalische Grösse) = (Zahlenwert ) × (Einheit )


Ist a eine physikalische Grösse, dann gelten die Operatoren:

Zahlenwert von a = {a}


→ a = {a}⋅[a ]

Einheit von a = [a ]
Hinweis: Die (sinnvolle) Forderung, dass sich Größen in ein Produkt aus Zahlenwert
und Einheit zerlegen lassen müssen, hat Konsequenzen für die Gestaltung
von Verknüpfung von Größen durch Größengleichung (siehe später).
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1. Einführung / Metrologie

Physikalischen Größen können durch Größengleichungen verknüpft werden:

Zahlenwertgleichung
Beispiel einer Größengleichung:

  {s }
    {v} =
 s   {s } ⋅ [ s ]  {t}
v= 
→={v} ⋅[ v ] 
→  
t {t} ⋅[t ]  [ v ] = [ s ]

 [t ]
Eine Größengleichung definiert nicht nur eine neue Größe
aus bereits vorhandenen Größen, sondern liefert
über die Einheitengleichung auch die Einheiten der Einheitengleichung
neuen Größe.
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1. Einführung / Metrologie
Arten von Größengleichungen
Definitionsgleichungen: Definitionsgleichungen definieren eine neue physikalische
Größe aus bekannten physikalischen Größen. Sie sind per Definition „exakt“. Aus
der angegliederten Einheitengleichung folgt sofort auch die Einheit der neuen Größe.

 
 ds  [s ] m
v= ; [=
v] =
[t ] s
Beispiel: Geschwindigkeit:
dt
 
 dv  [v ] m s m
a= ; [=
a] = = 2
[t ] s s
Beschleunigung:
dt
Definitionsgleichungen sind in der Regel eher einfach gehalten, um eine möglichst
nachvollziehbare Deutung der neu definierten Größe zu ermöglichen.
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1. Einführung / Metrologie
Arten von Größengleichungen
Modellgleichungen: Beschreiben den Zusammenhang physikalischer Größen auf
der Basis eines Modells. Sie sind nur bzw. höchstens im Rahmen des Modells exakt.
Abweichungen zur Realität ergeben sich durch unzureichende Abbildung der Realität
im Modell.

Beispiel: Geschwindigkeitsprofil einer gleichförmig beschleunigten Bewegung:

 
v= g ⋅ t Dieses kinematische Modell „gleichförmig beschleunigte Bewegung“
mit Fallbeschleunigung g, spiegelt den Sachverhalt „freier Fall“
nur beschränkt wieder, weil der Einfluss einer Luftreibung
im Modell nicht erfasst wurde.

Im physikalisch/technischen Bereichen wird häufig mit derartigen Modellgleichungen


gearbeitet. Modellgleichungen können sehr komplex werden, was wiederum Anlass dazu
gibt, unter bestimmten Annahmen nur mathematische Näherungen der Modellgleichungen
zu verwenden. Man darf allerdings nie vergessen, dass alle Modelle die Wirklichkeit nur
beschränkt widerspiegeln.
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1. Einführung / Metrologie
Arten von Größengleichungen
Empirische Gleichungen: Beschreiben einen empirisch (aus Feldversuchen)
gewonnen Zusammenhang zwischen physikalischen Größen. In der Regel
haben Sie nur einen eingeschränkten Gültigkeitsbereich.

Beispiel: Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands, beschrieben durch


einen linearen Temperaturkoeffizienten αT0

R (T )= R (T0 ) 1 + αT0 (T − T0 ) 

Diese Beziehung gilt nur für nicht allzu große Temperaturdifferenzen T-T0 und der
lineare Temperaturkoeffizient αT0 hängt stark vom vorliegenden Material und der
Temperatur T0 ab.

Empirische Gleichungen werden besonders dort eingesetzt, wo die inneren


Zusammenhänge komplex und daher nur schwer durch Modelle zu fassen sind.
Daher sind z.B. in den bio-/ medizinischen Wissenschaften empirische Gleichungen
häufig anzutreffen.
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1. Einführung / Metrologie
Arten von Größengleichungen
Fundamentalgleichungen / Grundgesetze: Beschreiben einen sehr universell
gültigen Zusammenhang zwischen physikalischen Größen. Sie haben einen sehr großen,
oft uneingeschränkten Gültigkeitsbereich.

Beispiel: Faraday´sches Induktionsgesetz uind = −
dt

 
Newton´sches Grundgesetz F= m ⋅ a
Diese Beziehungen gelten unabhängig von Material, Temperatur etc.
Sie haben eine universelle Gültigkeit.

In der Metrologie greift man heute für die Definition von physikalischen Größen auf
derartige Grundgesetzte zurück.
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1. Einführung / Metrologie
Größensystem
Ein Größensystem besteht aus voneinander unabhängigen Basisgrößen, aus denen
über entsprechende Größengleichungen weitere abgeleitete Größen dargestellt
werden können.
Welche Größen Basisgrößen sind und welche abgeleitete Größen sind, ist eine
Definitionsfrage. Es gibt keine naturnotwendigen Basisgrößen.

Analogiebetrachtung
abgeleitete zwischen Ein neues physikalisches Gebiet
(geometrischem) beinhaltet oft eine neue physikalische
Größe
Vektorraum und Eigenschaft, die nicht aus bisher
Basisgröße

Größensystem bekannten Größen abgeleitet werden


kann. Dann wird die Einführung einer
neuen physikalischen Größe
(Basisgröße) in das Größensystem
notwendig

Basisgröße
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1. Einführung / Metrologie
Das Internationale Größensystem (ISQ)
Es sind beliebig Größensysteme denkbar. Zur Vereinheitlichung sollte man aber auf
das Internationale Größensystem (ISQ: International System of Quantities)
zurückgreifen.

Die 7 Basisgrößen
des ISQ: Benötigt für:
Länge l
Masse m Mechanik / Kinematik
Zeit t

elektrische Stromstärke I Elektrodynamik

Temperatur T Thermodynamik

Stoffmenge n Chemie/ Molekularphysik

Lichtstärke Iν Photometrie
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1. Einführung / Metrologie
Zusammenfassung Größe, Dimension

Physikalische Dimension
Größe

 
Basis- Durchmesser D
Länge  Länge L
größe
Wellenlänge λ
 
abgeleitete Geschwindigkeit v
Geschwindigkeit v
Größe  
Basis- Umlaufzeit U
Zeit t Zeit t
größe
Periode T
 
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1. Einführung / Metrologie
Dimension und Dimensionssystem

Unter Dimension einer Größe versteht man den Aspekt, der nur Ihre Qualität enthält.

(z.B. die Größen: Höhe, Breite, Abstand, Durchmesser, Radius, Wellenlänge etc.
haben alle die Dimension „Länge“)
Ein Größensystem wird durch ein Dimensionssystem abgebildet, welches sich auf
einer endlichen Menge an Basisdimensionen gründet. Diese müssen voneinander
unabhängig sein und alle übrigen Dimensionen des Systems müssen aus den
Basisdimensionen durch Multiplikation, Division, oder Potenzierung ableitbar sein
(abgeleitete Dimensionen). Dies führt zum Dimensionsprodukt:

dim ( X1α X 2β  Xνn )


dim X1α ⋅ dim X 2β  dim Xνn =
dim Z =
Das ISQ ist so angelegt, dass nur ganzzahlige Exponenten erlaubt sind.
Grundsätzlich sind aber auch Dimensionssysteme mit gebrochen rationalem Exponenten
(meist ±1/2) möglich (z.B. das Gaußsche System).
Hinweis: Die Forderung, dass sich abgeleitete Dimensionen aus einem Dimensions-
produkt ergeben müssen stellt sicher, dass auch abgeleitete Größen als Produkt von
Zahlenwert und Einheit geschrieben werden können.
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1. Einführung / Metrologie
Dimension und Dimensionssystem
Zweckmäßiger Weise gibt man den Basisdimensionen eines Dimensionssystems
die gleiche Bezeichnung, wie der zugeordneten Basisgröße (z.B. die Basisgröße Zeit
hat die Dimension Zeit).
Eine Größe Z aus dem ISQ hat folglich die Dimension :

dim Z = dim ( lα m β t γ I δ T ε nζ Iνη )


Größen, bei denen alle Dimensionsexponenten Null sind, nennt man dimensionslos.

Beachte:
Durch die Forderung, dass abgeleitete Dimensionen nur durch Multiplikation, Division
oder Potenzierung aus den Basisdimensionen gebildet werden dürfen, ergeben sich
folgende sinnvolle Rechenregeln für physikalische Größen:
• Eine Summe/Differenz darf nur über Größen gleicher Dimension gebildet werden.
• Alle mathematischen Funktionen, die nicht auf Addition/Subtraktion,
Multiplikation/Division oder Potenzierung zurückzuführen sind (z.B. sin-Fkt.,
exp-Fkt., log-Fkt., etc.), dürfen nur auf dimensionslose Größen angewendet werden!
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1. Einführung / Metrologie
Zusammenfassung Größe, Dimension, Einheit

Physikalische Dimension Einheit


Größe

  
Basis- Durchmesser D
Länge  Länge L m Basiseinheit
größe
Wellenlänge λ
  
abgeleitete Geschwindigkeit v abgeleitete
Geschwindigkeit v m/s
Größe   Einheit

Basis- Umlaufzeit U
Zeit t Zeit t s Basiseinheit
größe
Periode T
  
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1. Einführung / Metrologie
Einheit und Einheitensystem

Ein bestimmter Größenwert einer Größe kann als Bezugsgröße herausgegriffen


und als Einheit benutzt werden. Dabei wird von eventuellen Vektor- oder
Tensoreigenschaften abgesehen. Einheiten sind Skalare.

In einem Dimensionssystem kann jeder Basisdimension eine Basiseinheit


zugeordnet werden. Die Basiseinheiten bilden die Grundlage eines Einheitensystems.
Die Einheiten der abgeleiteten Dimensionen ergeben sich aus den Basiseinheiten
im Dimensionsprodukt und sind entsprechend abgeleitete Einheiten.

Die Einheit einer Größe Z des ISQ setzt sich somit aus den Basiseinheiten
der Basisgrößen zusammen:

[ Z ] =f ⋅ [l ] ⋅ [ m ] ⋅ [t ] ⋅ [ I ] ⋅ [T ] ⋅ [ n ] ⋅ [ Iν ]
α β γ δ ε ζ η

f : numerischer Faktor.
Ist f = 1, ist [Z] eine kohärente Einheit, sonst eine nicht kohärente Einheit.
Ein Einheitensystem, dass nur kohärente Einheiten beinhaltet, ist ein
kohärentes Einheitensystem.
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1. Einführung / Metrologie
Internationales Einheitensystem (SI)

Das SI System (Systéme International d‘Unités) ist ein kohärentes Einheitensystem


welches an das ISQ angepasst ist und heute in den meisten Ländern der Erde
angewendet wird.

Übersicht: Basisgröße, Basisdimension und Basiseinheit des ISQ und SI

Basisgröße Basisdimension Basiseinheit

• Länge l Länge L Meter (m) MKSA


(Meter-
• Masse m Masse M Kilogramm (kg) Kilogramm-
• Zeit t Zeit T Sekunde(s) Sekunde-
• elektrische Stromstärke i elektr. Stromst. I Ampère (A) Ampere)
ist ein
• Temperatur T Temperatur Θ Kelvin (K) Untersystem
• Stoffmenge n Stoffmenge N Mol (mol) für die
• Lichtstärke Iν Lichtstärke J Candela (Cd) Elektrotechnik
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1. Einführung / Metrologie
Definition von Basiseinheiten und Normale
Für die Definition von Basiseinheiten gibt es zwei grundsätzliche Herangehensweisen:

1. Festlegung durch einen Prototyp


Diese Herangehensweise ist „pragmatisch“. Aber:
1. Die Definition ist „willkürlich“, Veränderungen am Prototyp haben tiefgreifende
Einflüsse auf alle daraus abgeleiteten Einheiten.
2. Zum weltweiten Abgleich müssen alle anderen Maßverkörperungen dieser
Einheit mit dem Prototypen verglichen werden.

2. Definition über Naturgesetze/ Naturkonstanten


Vorteil: Bei verfügbarer Technik kann ein Normal (Maßverkörperung) überall gemäß
der Definition nachgebildet werden. Die Definition ist „fest“, nur das nachgebildete
Normal hat technologisch bedingte Abweichungen.

Nachteil:
Die Erstellung eines Normals gemäß der Definition erfordert meist einen hohen
technologischen Aufwand.
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1. Einführung / Metrologie
Definition von Basiseinheiten und Normale

Festlegung durch einen Prototyp

Zeitliche Entwicklung
Ursprünglich wurden Basiseinheiten durch Prototypen definiert.
Dies gestattete die Aufklärung von Naturgesetzen und die
Bestimmung von Naturkonstanten.

„Hybride“ Übergangsphase
Mit zunehmender Kenntnis über fundamentale Naturgesetze
wurden Basiseinheiten zunehmend über Naturgesetze und
festgelegte Naturkonstanten definiert. Andere Basiseinheiten
blieben durch Prototypen definiert.

Definition über
Naturgesetze/ Naturkonstanten
Seit dem 20.05.2019 sind 7 Naturkonstanten per Definition festgelegt,
Alle 7 Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems folgen aus
fundamentalen Naturgesetzen und den darin festgelegten Naturkonstanten.
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1. Einführung / Metrologie
Festgelegte Naturkonstanten im SI

∆υCs =
Strahlung des Cs-Atoms
(Hyperfeinstrukturübergang des 9 192 631 770 Hz
Grundzustands des Cs-133 Isotops)

Lichtgeschwindigkeit c = 299 792 458 m s


−34
Plancksches Wirkungsquantum h = 6.626 070 15 ⋅10 Js
Elementarladung e = 1.602 176 634 ⋅10−19 As
Boltzmann-Konstante k B = 1.380 649 ⋅10−23 J K
Avogadro-Konstante N A = 6.022 140 76 ⋅1023 mol −1

Photometrisches Strahlungsäquivalent K Cd = 683 lm W


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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten
Sekunde: … ist das
9 192 631 770-fache der
Periodendauer der Strahlung,
die dem Übergang zwischen
den beiden Hyperfeinstruktur-
niveaus des Grundzustandes
von Atomen des Nuklids
133Cs entspricht.

9 192 631 770


1s =
∆υCs
Atomuhren nutzen diese
Mikrowellenstrahlung, um
daraus ein Zeitmaß zu Die Atomuhr CS2 der PTB in Braunschweig liefert das
erstellen. Sie sind zur Zeit Zeitnormal für die Sekunde der gesetzlichen Zeit in Deutschland.
die genauesten Uhren Die Zeitinformation wird auch über den Zeitzeichsender DCF77
(relative Abweichung ~10-15). (77,5kHz) ausgestrahlt.
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten

Meter: Das Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während der Dauer
von 1/299 792 458 Sekunden durchläuft.

1 9192631770 c
=1m = s⋅c ⋅
299792458 299792458 ∆υCs
1
t= s
 = 1m 299792458
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten
Ampere: Ein Ampere entspricht einem elektrischen Ladungsfluss von einem
Coulomb pro Sekunde.
=
Da eine Elementarladung mit e0 1.602176634 ⋅10−19 As festgelegt wurde,

entspricht dies
1
1.602176634⋅10−19
≈ 6.2 ⋅1018 Elementarladungen pro Sekunde.

∆t =1s ⇒ 1.602176634
1
⋅10 −19 ≈ 6.2 ⋅ 10
18
Elementarladungen

- - - -
- -
- -
- - - -
- - - - -

C 1
1=
A 1= −19
e ∆υCs
s 1.602176634 ⋅10 ⋅ 9.192631770 ⋅10 9 0
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten

Mol: Ein Mol entspricht genau 6.02214076 ⋅10


23
Teilchen. Es ist über
die festgelegte Avogadro-Konstante definiert:

6.02214076 ⋅1023 6.02214076 ⋅1023


=NA = ⇒ 1mol
mol NA
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten
Kilogramm: Das Kilogramm basiert auf der Festlegung des
Planckschen Wirkungsquantums h zu:

h = 6.626 070 15 ⋅10−34 Js =


6.626 070 15 ⋅10−34 kg m 2 s −1
Also folgt formal für 1 kg:

1 s
1 kg = −34
h⋅ 2
6.626 070 15 ⋅10 m
( 299792458)
2
∆υCs
= h 2
9192631770 ⋅ 6.626 070 15 ⋅10−34 c
Die technische Realisierung einer Maßverkörperung für
das Kilogramm ist allerdings herausfordernd.
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten
Kilogramm: Realisierung durch die Watt-Waage
statische dynamische
Messung Messung I ⋅U = m ⋅ g ⋅ v
m m I ⋅U
m=
g ⋅v
N Fel N
Magnet

Geschwindigkeits-/
Spule v Beschl.-messungen Frequenz-
messung
S S h
Fg U =n⋅ f ⋅ pn 2 f 2
2e U ⋅I = h
Fel = Fg U = ⋅ B ⋅v p ⋅ n ⋅ f ⋅ h 2e 4
I=
⋅B⋅I = mg h e2
Josephson Effekt und
Quantum Hall-Effekt
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1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten

Kelvin: Das Kelvin zur Messung der thermodynamischen Temperatur ist über
die Festlegung der Boltzmann-Konstante kB definiert.

k B = 1.380 649 ⋅10−23 J K


Zur Realisierung eines Kelvins muss die Energie (in Joule) bekannt sein, was
auf die Bestimmung von Zeit (s), Länge (m) und Masse (kg) hinausläuft, die aber
wie zuvor beschrieben definiert sind.

Candela: Die Candela ist die SI-Einheit der Lichtstärke in einer bestimmten Richtung.
Sie ist definiert, indem für das photometrische Strahlungsäquivalent Kcd der
monochromatischen Strahlung der Frequenz 540·1012 Hz der Zahlenwert 683
festgelegt wird, ausgedrückt in der Einheit lm W−1, die gleich cd sr W−1 oder
cd sr kg−1 m−2 s3 ist, wobei das Kilogramm, der Meter und die Sekunde mittels
h, c und ΔυCs definiert sind.
-33-
1. Einführung / Metrologie
Definition von SI Basiseinheiten und Naturkonstanten

Bildquelle: Von Wikipetzi, IngenieroLoco - Eigenes Werk. Based on File:Relations between new SI units definitions.png, CC BY-SA
4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40278935
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1. Einführung / Metrologie
Abgeleitete SI Einheiten
Abgeleitete SI Einheiten für elektrische Größen

(Weitere abgeleitete SI-Einheiten sind in den Begleitunterlagen zu finden)


-35-
1. Einführung / Metrologie
SI Vorsätze
Durch Vorsätze können andere

Grossschreibung
Größenordungen von der Einheit
beschrieben werden.

Achtung:
• Vorsätze für die Masseeinheit !!
h
werden auf g bezogen.
da
Es gibt also kein mkg sondern nur
ein mg!

Kleinschreibung
• Durch Vorsätze erzeugte Einheiten
sind nicht kohärent!

!!
-36-
1. Einführung / Metrologie
SI- fremde Einheiten
Es gibt weitere Einheiten, die nicht im SI-System aufgenommen sind, aber
aus praktischen Gründen weiter verwendet werden dürfen:

z.B:
Minute, Stunde, Tag, Grad, Bogenminute, Bogensekunde, Liter, Tonne
Elektronenvolt, atomare Masseneinheit, Astronomische Einheit, Parsec

Andere Einheitensysteme, wie das CGS (cm-g-s) oder das „Gaußsche System“
sind zwar in der Literatur noch zu finden, ihre Anwendung sollte aber vermieden werden.
-37-
1. Einführung / Metrologie
Pegel und Maße, Hilfseinheiten für logarithmische
Leistungsverhältnisse
Der dekadische Logarithmus des Verhältnisses zweier Leistungsgrößen
(z.B. Ausgangsleistung Pa zu Eingangsleistung Pe) wird in Bel gemessen:

P 
GP = lg  a B B: „Bel“ (benannt nach Alexander Graham Bell )
 Pe 
In der Praxis wird weitaus häufiger der zehnte Teil, das Dezibel genutzt:

P 
GP= 10 ⋅ lg  a  dB dB: „Dezibel“
 Pe 
Das Leistungsverhältnis kann auch durch Feldgrößen F ausgedrückt werden
(z.B. Spannung, Stromstärke, elektrische oder magnetische Feldstärke).
Dann gilt aber:

P   Fa2   Fa 
GF =
10 ⋅ lg  a  dB =
10 ⋅ lg  2 dB =
2 0 ⋅ lg   dB
 Pe   e 
F  Fe 
-38-
1. Einführung / Metrologie
Beispiel für ausgewählte Verhältnisse

Verhältnis äqu. Leistungs- äqu. Spannungs-


G verhältnis Pa / Pe verhältnis Ua / Ue
40 dB 10000 100
20 dB 100 10
10 dB 10 ≈ 3,16
6 dB ≈4 ≈2
3 dB ≈2 ≈ 1,41
1 dB ≈ 1,26 ≈ 1,12
0 dB 1 1
−1 dB ≈ 0,79 ≈ 0,89
−3 dB ≈ 0,5 ≈ 0,71
−6 dB ≈ 0,25 ≈ 0,5
−10 dB 0,1 ≈ 0,32
−20 dB 0,01 0,1
−40 dB 0,0001 0,01
-39-
1. Einführung / Metrologie
Pegel und Maße, Hilfseinheiten für logarithmische
Leistungsverhältnisse
Der Logarithmus eines solchen Leistungsverhältnisses wird als „Maß“ bezeichnet
(Dämpfungsmaß, Verstärkungsmaß). Von einem „Pegel“ spricht man hingegen, wenn ein
Absolutwert durch ein Verhältnis zu einem festen Referenzwert ausgedrückt werden soll.
Je nach dem, was der Referenzwert ist, sind unterschiedliche Pegelangaben möglich.
Leider ist die Darstellung nicht immer eindeutig:

Leistungspegel Spannungspegel
bezogen auf 1W: bezogen auf 1mV:
 Pa   Ua 
LP =
10 ⋅ lg   dBW =
LP ( re 1W ) =
 dB L =20 ⋅ lg   dBmV = LV ( re 1mV ) =
 dB
 
V
1W  1mV 
bezogen auf 1mW: bezogen auf 774,6mV (  1mW an 600Ω):
 P   Ua 
LP =
10 ⋅ lg  a  dBm = Lu =
20 ⋅ lg   dBu =
 1mW   774, 6mV 
LP ( re 1mW ) =  dB Lu ( re 774, 6mV ) =  dB
-40-
1. Einführung / Metrologie
Normale, Überwachung und Rückführbarkeit
Normale sind Maßverkörperungen oder Darstellungen einer physikalischen Einheit

Hierarchie der Unsicherheiten

mit geringst möglicher


Primärnormal Unsicherheit gemäß Definition
Unsicherheit erstellte Maßverkörperung

Unsicherheitspyramide
in der Hierarchie
Untergeordnete Für untergeordnete Normale

der Normale
Normale gilt das jeweils übergeordnete
(1. Ebene) Normal als „exakt“. Aufgrund der
eigenen Unsicherheit der unter-
geordneten Normale vergrößert
Untergeordnete sich die Unsicherheit mit jeder
Normale tieferliegenden Hierarchieebene
(2. Ebene) gegenüber dem Primärnormal.
Unsicherheit
-41-
1. Einführung / Metrologie
Normale, Überwachung und Rückführbarkeit
Normale sind Maßverkörperungen oder Darstellungen einer physikalischen Einheit

Primärnormal Internationales Büro für Maße und Gewichte


(IBMG: Bureau International des Poids et Mesures,
Paris)
Nationales Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB,
Hierarchie

Normal Braunschweig)

Bezugsnormal Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS, Berlin)

Werksnormale, Betriebe, Forschungseinrichtungen, Institutionen


Gebrauchsnormale

Die Hierarchie bei der Überwachung der Normale garantiert, dass alle angewendeten
Normale im Rahmen ihrer Genauigkeit auf ein einheitliches Primärnormal rückführbar
sind. Nur so wird die weltweite Vergleichbarkeit von Messungen garantiert.

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