Sie sind auf Seite 1von 7

Die Bockreiterüberfälle:

Zwischen Wahrheit und Legende


Hinweise zur Erarbeitung und Verfilmung der Bockreitergeschichten

Methode:
1. Mitte Dezember 2003: Kurze Einführung in die Thematik und Aufruf zur Sammlung von
Arbeitsmaterialien im Internet, im Archiv, in den Familien- und
Pfarrbibliotheken, bei Geschichtsforschern und in der Mediathek der
Deutschsprachigen Gemeinschaft.
2. Anfang Januar 2004: Mitbringen des Materials als Vorbereitung auf die Teamarbeit
Einteilung der Klassengemeinschaft in 5 Arbeitsgruppen nach dem
Zufallsprinzip:
a) Verteilung der Sonderfunktionen und Wiederholung der Sonderfunktionen
b) Festlegung der Länge der Zusammenfassung: maximal 2 DinA4-Seiten
c) Festlegung der Arbeitszeit: maximal 5 Arbeitsstunden
d) Teams 1- 4 beginnen mit der Lektüre der mitgebrachten Arbeitsmaterialien, markieren ,
fassen zusammen, alles wird innerhalb der Gruppe halblaut vorgelesen, Restlektüre bis zur
nächsten Unterrichtsstunde zuhause, in Einzelarbeit

Arbeitsaufträge: Bockreiter: Wer? Wann? Warum? Aberglaube? Volksglaube?


Aufnahmezeremonien?
Überfälle: Überfall auf das Pfarrhaus in Walhorn
Überfall auf das Heidberg-Kloster
Überfall auf die Wechselstube am Marktplatz in Eupen
Bestrafung: Folter – Urteile – Henker/Scharfrichter- Bezahlung
Ende der Bockreiterbanden + Bilder+Karte+Quellenangaben

e) Team 5 liest und bespricht Theorie zur Vorbereitung eines Drehbuchs:


Thema: Überfall der Bockreiter auf das Heidberg-Kloster in der Mainacht 1740:
Entwurf eines Exposés
Niederschrift des Treatments
Entwurf des Szenariums
s. vorbereitete Blätter
f) Ortsbesichtigung für alle Schüler der beiden Klassen im Heidberg-Kloster
g) Teams 1-4 arbeiten an ihrer Zusammenfassung, bereiten ihre Präsentationen vor und
entwerfen Plakate für den Projektmarkt.

h) Team 5 arbeitet am Szenarium und macht mit den Schreibern des Drehbuchs aus der
Parallelklasse eine 2. Ortsbesichtigung und Inspektion der Räumlichkeiten im
ehemaligen Kloster

Pädagogische Tagung: Vorbereitung des Filmprojekts mit den Drehbuchschreiberinnen


(3 Stunden) Kontakt zu 2 Filmprofis- Reservierung der Räumlichkeiten-
Brief an BSK zwecks Straßensperrung – Beschaffung von
Schwesterntrachten

i) Teams 1- 4 präsentieren ihre Arbeiten vor dem Klassenverband ihrer Klasse


j) Team 5 präsentiert ihr Szenarium vor dem Klassenverband der Parallelklasse
k) Auswahl von je 2 Drehbuchautoren aus den beiden Klassen, die sich in ihrer
Mittagspause und an freien Tagen treffen, um das Drehbuch zu schreiben.

l) Schüler des Teams 5 stellen Filmprojekt am Tag des Projektmarktes vor.


m) 1. zweistündiges Treffen in der Projektgruppe, sie umfasst 37 Schüler und 3
begleitende Lehrpersonen: - Vorstellung des Projekts im Zusammenhang mit EVA
- Vorstellung der Produktion und Technik des Films
- Vorstellung des Drehbuchs (Schüler)
- Requisitenliste/Vorbereitungsarbeiten
- 1.+2. Auswahlverfahren zur Titelfindung
- Terminabsprachen zu weiteren Treffen

n) Das Beste aus den Bockreiterlegenden wird zusammengefasst zwecks späterer


Bearbeitung durch 12 Schülerteams aus den Klassen 24 +25+22
Klasse 25 bearbeitet in vereinfachter Version ausschließlich den Überfall auf das
Heidbergkloster (4 Teams)
Klasse 24 und Klasse 22 bearbeiten unabhängig voneinander in je 4 Teams die
schwierige Fassung, die für die deutschsprachigen Schüler aus Deutschland und
Österreich gedacht ist. Festlegung der Arbeitszeit: 2 Stunden
Präsentation der Fragen pro Team : 1 Arbeitsstunde

o) Zusammentragen der besten Teilbearbeitungen zu einem Gesamtwerk durch alle


Schüler/innen und Auswahl für die Schüler der Projektländer: 1 Arbeitsstunde
p) Kopien für alle Projektpartner

------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Die Bockreiterüberfälle:
Zwischen Wahrheit und Legende
Die Zeit der allgemeinen Unsicherheit im Grenzgebiet zwischen Rur, Wurm und
Maas begann schon vor dem Dreißigjährigen Krieg , der weder gewonnen noch
verloren wurde, sondern an Erschöpfung starb. Die Bevölkerung der Lande von
Overmaas war durch Kriege , Abgaben und Plünderungen sowie den Ausbruch
der Pest derart veramt und demoralisiert, dass viele, vor allem fahnenflüchtige
Soldaten, sich umherstreifenden Banden anschlossen. So entstand der
Spitzbubenbund der Bockreiter.
Das Volk glaubte, sie seien im Bund mit dem Teufel und deshalb fähig, auf
einem Bock durch die Lüfte zu reiten, um so blitzschnell von einem Ort zum
anderen zu gelangen. Es ist auch möglich, dass die Bandenführer ihre
Spitzbuben-Zöglinge vor der Aufnahme in die Gaunerbande einen Ritt auf einem
schwarzen Ziegenbock im Kreise der Verschworenen machen ließen...
Im Sündenregister der Bockreiter standen Einbrüche, Brandschatzungen,
Erpressungen, Vergewaltigungen und Morde. Während die erste
Bockreiterbande mit etwa 200 Mitgliedern von 1735 bis 1756 sich noch als
eher human erwies und die „schwarzen Gesellen“ oder „Bande van
Gaudieven“–meist lichtscheues Gesindel -vornehmlich Pfarrhäuser, Brauereien
und abgelegene Bauernhöfe überfielen, soll die zweite Verbrecherbande von
1762 bis 1776 mit 500 Kriminellen brutal und unbarmherzig vorgegangen sein.
Zu ihnen gehörten wohl Männer und Frauen aus angesehenen Häusern, sogar
Richter, Bürgermeister und Ärzte. Der Teufels-Hokuspokus innerhalb dieser
Bande kannte eine nie erreichte Blüte, wie folgende Aufnahmezeremonien
beweisen.
Die Räuber versammelten sich in einer entlegenen Kapelle, der aufzunehmende
Räuber wurde rückwärts in die Kapelle geführt, nannte seinen Namen, sein
Alter, seinen Stand und Wohnort, setzte seinen Fuß auf das Bild des
Gekreuzigten, schwor Gott und allen Heiligen ab und dem Teufel zu, versprach
dem Hauptmann absoluten Gehorsam und spuckte warmen Branntwein auf das
Kruzifix, dann trug er sich –oft nur mit einem x- im Mitgliederverzeichnis ein.
Die Überfälle fanden maskiert statt, die Verbrecher sprachen sich mit
Spitznamen an und benutzten das für die damalige Bevölkerung unverständliche
Hochdeutsch oder Französisch. Selbst auf der Folter oder bei sonstigen
Misshandlungen blieben sie standhaft und ertrugen die grausamen Quälereien
der stundenlangen Verhöre durch die Justizbeamten ohne Verrat an ihren
Genossen.
Im Juli 1737 überfiel der Bockreiter Ernst Mistoris mit seiner Bande das
Walhorner Pfarrhaus. Der unerschrockene Pfarrer Hennuse , sein Knecht Jan
Palmars und einige Dorfbewohner nahmen die Verfolgung auf und sahen sich
im Raerener Wald einer schwer bewaffneten Räuberbande gegenüber.
Unverrichteter Dinge zogen sie wieder ab und erfuhren, dass die Beute in der
Nähe eines Klosters, 12 km westlich von Aachen, versteckt war. Am 5. August
überfielen der mutige Geistliche und sein tapferer Knecht dort zwei schlafende
Bockreiter, sahen aber plötzlich einem ganzen Schwarm von Räubern
auftauchen, die mit einem gezielten Schuss in die Schläfe den Pastor
ermordeten, während eine Bleikugel die Schulter des Knechts schwer verletzte.
Von den Frauen der Bande wurde Palmars schrecklich misshandelt und blieb
monatelang ein Pflegefall.
Ernst Mistoris wurde 1740 mit fünf männlichen und zwei weiblichen
Bandenmitgliedern in Hoensbroek verhaftet. Auf der Folter gestand er den
Mord an Pfarrer Hennuse. Die Männer wurden gehängt, die Frauen
ausgepeitscht und des Landes verwiesen.

Eine weitere Schandtat beging das Räubergesindel nach längerem


Auskundschaften in der
der Mainacht 1740 : Im Raerener Wald luden sie die Pistolen, legten die
Parolen für Alarm und Flucht fest und zogen in bekannter Manier dem Heidberg
zu, an der Spitze der Chef, dahinter starke Männer mit Baumstamm und dann
die jungen, noch ängstlichen Räuber.
Die zum Nachtgebet versammelten Schwestern wurden in die Klausur
geschlossen, die Glockenstränge abgeschnitten und in der Kapelle begann
allerschlimmster Unfug: Alle Kelche, Gefäße und heiligen Kostbarkeiten
wurden in Säcken auf einen Karren geladen, die Räubergesellen zerstörten
alles, was sie vorfanden, tanzten grölend und singend um den Altar, tranken
ungehörig viel Messwein und warfen die geweihten Hostien auf den Boden,
putzten sich mit dem Öl aus dem Ewigen Licht die Schuhe. Einer Schwester
gelang es, unbemerkt zu entkommen, sie erklomm behände das
Glockentürmchen und schlug mit einem Hammer die Glocke an. Die Räuber
flohen Hals über Kopf und ließen Pferd, Karren und Beute im Stich. Zwei
Eupener Weber, die sich einen Maistrauß verschaffen wollten, stießen mit einem
Bockreiterposten zusammen. Bei dem anschließenden Handgemenge fiel der
Räuber zu Boden, schoss aus seiner Pistole, die Schüsse verfehlten ihr Ziel.
Erschreckt traten die angetrunkenen Weber zurück und der „schwarze Geselle“
entkam, verlor aber seinen Hut. Dieser war in Maastricht gekauft und bald
wurde der reiche Besitzer verhaftet und endete am Galgen. Die übrigen
Mitglieder der Satansbande blieben verschwunden.

Die Chefs der zweiten Bockreiterbande , die drei Gebrüder Kirchhoff,


entstammten einer angesehenen Familie, terrorisierten die Bevölkerung mit
Plündern, Morden und Brennen. Ein harmloser Pferdediebstahl in Jülich führte
zur Verhaftung von Balthasar Kirchhoff, der nach dreimaliger härtester Folter
1772 gehängt wurde. Die Scharfrichter hatten nun gute Tage: Das Honorar des
Maastrichters Nachrichters lag bei 653 Gulden, der für Herzogenrath und
Valkenburg zuständige Henker Nikolaus Dillenburg aus Aachen musste mit
Zuschüssen aus Brüssel bezahlt werden. 1734 wurde er in Herzogenrath mit
einem Festmahl im Beisein aller Gerichtspersonen ehrfurchtsvoll begrüßt. Er
und seine Gesellen, die meist aus dem Milieu der Abdecker stammten,
misshandelten, würgten und folterten bis 1776, also 42 Jahre lang. Dillenburg
wurde nach festem Tarif bezahlt. So kostete „dem Kerl die Hand abhauen oder
die Zunge ausreißen oder ein Auge ausstechen“ jeweils 5 Reichstaler, während
das Auspeitschen oder Strangulieren schon 10 Reichstaler kostete und das
Enthaupten , Erwürgen oder Verbrennen bei 20 Reichstalern lag. Zum
Vergleich: Eine Kuh kostete zu der Zeit 20 bis 30 Reichstaler. Die Justiz
konfiszierte die Güter der Galgenvögel und verkaufte sie, die Gerichtskosten
gingen zu Lasten der Familien der Hingerichteten. Eine unbekannte und nie
benannte Anzahl von Witwen und Kindern lebten danach in Armut, Not, und
Obdachlosigkeit.
Im Jahre 1776 wurden die Folterprozesse im Lande von Overmaas verboten.
Damit endete auch die „verfolterte“ Legende der Bockreiter, denn ohne Folter
gab es keine Täter. Trotz des fürchterlichen Strafgerichts konnte die
Verbrecherbande nicht ausgerottet werden, wie das Auftreten der Meersener
Bande beweist, die auch in Eupen dreiste Schandtaten verübte. Meersen war ein
kleines Dorf in der Nähe von Maastricht.
In der Nacht zum 18 .April 1798 wurde das Haus des Bankiers Peter Egidius
Acken auf dem Marktplatz in Eupen Schauplatz eines dreisten Überfalls. Etwa
100 Bockreiter aus Meersen trafen sich in Aachen und zogen unter ihrem
Anführer Abraham Picard, auch „König der Mitternacht“ genannt, nach einem
ausgedehnten Zechgelage los. Vorab hatten sie den Aachener Polizeisergeanten
Jennis bestochen. Mit Picard und zwei weiteren Anführern, Franz Bosbeck und
Afrom May, hatte dieser Tage vorher unbemerkt Ackens Wohnung inspizieren
können. In der Nacht besetzen sie schießend und wüste Drohungen rufend im
Handstreich die Stadt. Zwei Eupener Bürger wurden sofort erschossen. Bis an
die Zähne bewaffnet, unter wildem Lärmen, Schießen, Singen und Geheul zogen
sie zum Marktplatz, schafften schnell eine Leiter von einem Neubau in der
Klosterstraße herbei, stießen damit das Fenster im Erdgeschoss des Hauses
Acken auf. Picard prallte sofort mit Acken zusammen, im Handgemenge fiel der
Kerzenleuchter zu Boden und Acken entkam den Räubern. Durch die Haupttüre
drangen die Ganoven ein und begannen mit der Plünderung des Geldinstitutes.
Die herbeigeeilten fünf Gendarmen – Eupen wurde zu dieser Zeit von
französischen Revolutionären besetzt- konnten gegen die Übermacht nichts
ausrichten.
Die Beute bestand aus 10 Geldsäcken, gefüllt mit 70 000 Goldfranken. Auf einer
Wiese in Henri-Chapelle teilten die Räuber die Beute so, indem sie jedem
Kumpanen einen Hut voller Münzen gaben. Der Aachener Polizeispitzel bekam
140 Louisdor in Kronentalern, der Anführer Picard neben dem Bargeld eine
goldene Uhr und silberne Löffel.
Die 7000 Bewohner Eupens gerieten in Panik und verlangten in einer Petition
an die Zentralverwaltung in Liège (Lüttich) den Schutz von 30 Soldaten und von
Nachtwächtern. Freilich entdeckte die Behörde weder das Räubernest noch fing
sie einen ihrer „Vögel“. Erst später wurden von den 205 Mitgliedern der
Meersener Bande 81 auf Galeeren verschickt oder durch den Galgen und die
Guillotine beseitigt. Franz Bosbeck endete am 19. Mai 1800 ebenfalls am
Galgen, während Picard noch 1815 als höchst nobler Grandseigneur in Aachen
aufgetreten sein soll...
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Verantwortliche Herausgeber:
Schüler/innen der 8. Jahrgangsstufe der
Klassen 24 und 25
Lehrer: K. Herné und E. Belleflamme
Pater-Damian-Sekundarschule
Eupen/Belgien
März 2004

Der Film zum Überfall auf das


Heidbergkloster - Anno 1740
ist erhältlich auf einer CD bei
schriftlicher Anfrage.

Das könnte Ihnen auch gefallen