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HIRZEL - ARBEITEN IN DER PFLEGE [Text eingeben] GKP Diakoniewerk Neumünster

ARBEITEN IN DER PFLEGE

Von

Tabea Hirzel

als Teil der Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester Niveau II

an der

Gesundheits- und Krankenpflegeschule Diakoniewerk Neumünster


Zollikerberg (Zürich), 1995 – 1997

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Figure 1: Mitsui Kosei, Keramik "The Silk Road"

Abstrakt (Deutsch)

Die Pflege ist eine der vielseitigsten Berufe und eine, der Künste, die am schwersten zu
erlernen sind. Die interdisziplinären Wissenschaft zwischen Medizin, Psychologie und
praktischer Arbeit, stellt nicht nur akademisch grosse Ansprüche an diese Berufsleute,
sondern fordert den Menschen auch in seiner Ganzheit, im Austausch mit seinem
Mitmenschen, als Erzieher, Heiler, Freund und Schüler auf dem Weg zum Heilwerden. Diese
Rekopilation alter Arbeiten ist mein Beitrag, diesen Beruf zu Ehren, Erinnerungsarbeit zu
leisten und einen Einblick in meinen eigenen Werdegang zu geben.

Abstract (English)

Nursing is one of the most various professions and as an art most difficult to learn. This
interdisciplinary science between medicine, psychology and practical work, is not only
demanding to professionals in its academic aspects. It challenges (wo)men in its completeness
as human beings in exchange with the next as educator, healer, friend and student on the way
of becoming wholeness. This re-compilation of old works is my contribution to honour this
profession, make the effort to remember and to give some insight about my own becoming.

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Inhaltsverzeichnis

Abstrakt (Deutsch) ................................................................................................................... 2

Abstract (English) .................................................................................................................... 2

Vorwort ...................................................................................................................................... 7

Sinn und Zweck dieser Rekopilation ...................................................................................... 7

Zur zweiten Edition 2010........................................................................................................ 9

Danksagung........................................................................................................................... 10

Bewegung ................................................................................................................................ 12

Einleitung .............................................................................................................................. 13

Einleitung zum Thema Bewegung .................................................................................... 13

Hauptteil ................................................................................................................................ 15

Vorstellung der Patientin ................................................................................................... 15

Pflegesituation: Atmen ...................................................................................................... 17

Einfluss der physischen Bewegungsunfähigkeit auf das psychische Wohlbefinden ........ 19

Ressourcen ......................................................................................................................... 19

Pflegeinterventionen .......................................................................................................... 20

Auswirkungen der Pflegeinterventionen auf das Wohlbefinden ....................................... 22

Schlussteil ............................................................................................................................. 23

Aus der schriftlichen Arbeit gewonnene Erkenntnisse...................................................... 23

Danksagung ....................................................................................................................... 24

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Beziehung in der Pflege.......................................................................................................... 26

Einleitung zum Lernthema Hoffnung und Freude ................................................................ 27

Die Beziehung in der Pflege ................................................................................................. 29

Vorstellung des Patienten .................................................................................................. 29

Gradwanderung zwischen betroffenem Verständnis und Machtkämpfen in Variationen . 33

Fragen, die sich für mich auf der Beziehungsebene ergeben ............................................ 38

Hoffnung und Freude in der Pflegebeziehung ...................................................................... 39

Wesentliche Probleme, die sich in der Beziehung ergaben bezüglich des Lernthemas

„Hoffnung und Freude“ ..................................................................................................... 39

Wie ich diesen Problemen entgegenwirkte ....................................................................... 40

Beschreibung der Pflegesituation ...................................................................................... 42

Pflegerische Interventionen ............................................................................................... 43

Hypothese über die Auswirkungen der Pfegeinterventionen auf die Beziehung .............. 44

Die Suche nach dem Sinn .................................................................................................. 45

Die Auswirkungen der Pflegeinterventionen auf die Beziehung im Vergleich zur

Hypothese .......................................................................................................................... 46

Persönliche Stellungnahme ................................................................................................... 47

Erfahrungen im persönlich-sozialen Bereich .................................................................... 47

Theoretische Erkenntnisse ................................................................................................. 50

Erkenntnisse aus dem praktischen Bereich ....................................................................... 50

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Dank................................................................................................................................... 51

Entwicklung und Veränderung............................................................................................. 53

Gedicht zur Einstimmung ..................................................................................................... 54

Vorstellung der Patientin ...................................................................................................... 55

Erster Eindruck .................................................................................................................. 55

Biographie ......................................................................................................................... 55

Aktuelle medizinische Diagnose ....................................................................................... 57

Aktuelle Medikamente ...................................................................................................... 58

Beeinflussende Faktoren ....................................................................................................... 58

Einschätzung der aktuellen Situation .................................................................................... 60

1. Wachsein und schlafen .............................................................................................. 60

2. Sich bewegen ............................................................................................................. 61

3. Sich waschen und kleiden.......................................................................................... 62

4. Essen und trinken....................................................................................................... 63

5. Ausscheiden ............................................................................................................... 65

6. Körpertemperatur regulieren ..................................................................................... 65

7. Atmen ........................................................................................................................ 66

8. Für Sicherheit sorgen ................................................................................................. 67

9. Raum und Zeit gestalten ............................................................................................ 67

10. Kommunizieren...................................................................................................... 68

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11. Kind, Mann, Frau sein ........................................................................................... 69

12. Sinn finden im Werden, Sein, Vergehen ............................................................... 70

................................................................................................................................................. 2

Für die Bewohnerin im Vordergrund stehende Veränderungen ........................................... 72

Pflegeplanung ....................................................................................................................... 73

Problemstellung ................................................................................................................. 73

Pflegeziele ......................................................................................................................... 74

Pflegeinterventionen .......................................................................................................... 75

Quellenverzeichnis ................................................................................................................. 78

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Vorwort

Sinn und Zweck dieser Rekopilation

Aktuelle Tendenzen, in der Ausbildung sowie der Personalführung im Beruf, die Karriere als

gradlinigen Weg oder Leiter zu sehen in der unbeirrt auf ein Ziel hingestrebt wird, unterstützt

von Werten wie Kongruenz, Integrität und Wahrheit, bewegten mich mir über meinen eigenen

beruflichen Werdegang bewusst zu werden.

In meiner eigenen Lebenserfahrung sowie in meiner philosophischen Ausbildung habe ich das

Leben als eine paradoxe, chaotische erscheinende Energie erkannt, in der erst der kreative

Prozess im Rückblick einen widerspruchslosen Weg aufzeigen kann. Diese Rekopilation

früherer Arbeiten soll ein Beitrag dazu leisten, Kongruenz in meinem beruflichen Leben

aufzuzeigen. Dabei bin ich mir bewusst, dass wer Anspruch auf Kongruenz und Integrität hat

auch im Besitz der letztgültigen Wahrheit sein muss. Dass diese Wahrheit gefunden werden

kann, ja, dass es sie überhaupt gibt, das bezweifle ich stark. Somit ist meine Darstellung als

eine Hilfe zu verstehen für Menschen, die an sie glauben und sich ein „Bild“ von mir machen

möchten. Allen anderen Lesern, denen es genügt mir in die Augen zu sehen, um zu wissen,

was für ein Mensch ich bin, stelle ich diese früheren Werke zur Inspiration zur Verfügung.

Wie Kurt Gödel, der berühmte Mathematiker und Logiker, über das Werk Principia

Mathematica (Russel & Withehead, 1910-1913) im zweiten Unvollständigkeitssatz feststellte

ist „jedes hinreichend mächtige formale System […] entweder widersprüchlich oder

unvollständig“ (Podnieks, 2010). In meinem Leben strebe ich nach Vollständigkeit und der

Ganzheit meiner Menschwerdung, was ich als einen kontinuierlichen fortwährenden Prozess

betrachte. Ich hoffe, dass mir gewisse Widersprüchlichkeiten verziehen werden.

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Die vorliegenden drei Arbeiten dienten jeweils dem Abschluss einer Ausbildungsphase zur

diplomierten Krankenschwester Niveau II. Diese Ausbildung gibt es heute nach rund 15

Jahren nicht mehr, und meine damaligen Mitschülerinnen, die noch im Besitze dieses Titels

sind, mussten erfahren, dass das damals gelernte keine Gültigkeit mehr hat. Die Ausbildung

wurde mehrmals umgestellt und ältere Titel haben ihre Anerkennung verloren. Der Glaube an

die formale Ausbildung ist heute sehr stark. Dieses Wissen zertifizierbar, berechenbar und

kann eingeordnet werden. Ich habe einen ganz anderen Weg eingeschlagen und als

Wirtschaftswissenschaftlerin und Politphilosophin mit breiten Erfahrungen im Management

und internationalem Handel bin ich heute noch sehr dankbar, dass ich diese Ausbildung

machen durfte. Oscar Wild, einer meiner Lieblingsautoren, sagte einmal: „Education is an

admirable thing, but it is well to remember from time to time that nothing that is worth

knowing can be taught”1. Dem stimme ich aus eigener Erfahrung zu. Trotzdem möchte ich

erwähnen, dass das, was mir in der Ausbildung zur Krankenschwester gezeigt und

beigebracht wurde eine Grundlage war, die mir in meiner späteren Tätigkeit der

Personalführung, des Projektmanagements oder in den Produktionsprozessen von grösstem

nutzen war. Grundlegende Abläufe, Schlüsselqualifikationen und das Verständnis für

ganzheitliche Systeme wurden mir schon damals als Werkzeuge auf den Weg gegeben.

Selbstredend wurde ich durch meine praktische und theoretische Arbeit auch sensibilisiert für

Themen der Ethik, Moral, Ontologie und Epistemologie2.

1 Ausbildung ist eine bewundernswerte Sache, doch es ist gut von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass nichts wirklich
Wissenswertes gelehrt werden kann. (Übersetzung der Autorin)

2 Ontologie: die Lehre des Seins

Epistemologie: Erkenntnistheorie

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Zur zweiten Edition 2010

Die vorliegenden Arbeiten wurden ungefähr zu den beschriebenen Daten als

Abschlussarbeitend der Schulleitung der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Neumünster

im Zeitraum von 1995 bis 1997 abgegeben.

Da ich selbst nicht mehr im Besitz dieser Originale bin, habe ich hier die mir nun nur noch in

Papierformat vorliegenden Kopien zusammengefasst. Die Daten waren auf ihnen leider nicht

eingetragen und sind daher geschätzt. Falls ich in Zukunft die tatsächlichen Abgabedaten

eruieren kann, werde ich diese ergänzen, beziehungsweise korrigieren.

Die Geschlechterform wurde vor 15 Jahren noch nicht so sensible behandelt, und ich habe die

originale Version mit dem Ziel von Authentizität beibehalten. Somit ist der Gebrauch von

neutralen Formen oder eine konsequente Rücksichtnahme von männlicher, respektive

weiblicher Form nicht eingehalten. Die Form wurde an dem üblichen APA-Style angepasst,

Orthographische und grammatikale Fehler habe ich versucht weitgehend zu korrigieren.

Meine Sprache von damals erscheint mir manchmal etwas naiv oder sogar befremdend.

Dennoch habe ich es vorgezogen keine Änderungen am Stil vorzunehmen. Dies waren meine

Gedanken vor 15 Jahren und so sollen sie auch gelesen werden. Auch habe ich meine

Meinung in einigen Dingen geändert oder würde das eine oder andere heute anders

ausdrücken. Trotzdem erschiene es mir falsch dies in dem vorliegenden Text zu ändern, da

ich vor 15 Jahren diese Position vertrat und ich mir selbst nicht gerecht werden würde, legte

ich andere Worte oder Gedanken in den Mund einer Tabea, die vor 15 Jahren lebte.

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Danksagung

Der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Neumünster, Zollikerberg, Zürich, ihrer

damaligen Schulleitung und besonders unserem Klassenlehrer Norbert Pfister verspüre ich

grossen Dank. Ich durfte eine für mich persönlich wichtige Zeit an diesem Ort verbringen und

erhielt eine Ausbildung, die mir auf meinem gesamten Lebensweg von Nutzen ist. Auch

schätze ich die grosse Hingabe, mit der sie sich mit uns Schülern ganz allgemein, und mit mir

im Konkreten auseinandersetzten, was manchmal auch zu Reibungen und Missverständnissen

führet, aber für das Werden von grösster Bedeutung war.

Weiter danke ich meinen damaligen Schulkolleginnen und Schulkollegen, ganz besonders

Sandra Schmidberger, Anina Raths, Marc Engeli und Corinne Dittes, deren Freundschaft eine

Inspiration und eine bleibende Erinnerung an diese Zeit ist, für ihre Unterstützung beim

Lernen und den Spass, den wir zusammen erleben durften, gemeinsam die Freude des

Jungseins und die Leiden der Ungewissheit, die wir damals über uns selbst verspürten zu

durchleben.

Abschliessen danke ich meinen Eltern Ulrike und Conrad Hirzel-Linder, die mich immer und

besonders auch in meiner Ausbildung unterstützten, die mich vorbereiteten auf Gödels

Weisheit und die meinem Schaffen und Werden immer mit grösstem Interesse gegenüber

standen.

Besonderen Dank an Simon Bosshard, der viele meiner Fragen mit mir teilte, viele Kilometer

zwischen Zollikerberg und Dübendorf zurücklegte, um mich zu unterstützen und meine

Arbeiten reflektierte.

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Bewegung

Figure 2: Gillian Goerz Flamenco

Von

Tabea Hirzel

Abschlussarbeit für das Einführungspraktikum im Universitätsspital Zürich


Station Trauma II
in der Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester Niveau II

Schlüsselthema: Bewegung

Gesundheits- und Krankenpflegeschule Neumünster, Kurs 3

Zollikerberg, 28. Aug. 1995

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Einleitung

Einleitung zum Thema Bewegung

„Movement, the first and most fundamental characteristic of beeing human, is necessary to

get to know oneself, by experiment to develop the skeleto-muscular system and to establish

contact with others3“

So heisst es in der Einleitung zu einer pädagogisch-sozialwissenschaftlichen Analyse von

Waltraud Breckheimer zum Thema Bewegung, im Besonderen bezogen auf den Pflegeberuf

(Breckheimer, 1994). Ich denke, dieser Satz spricht das Grundlegendste zur Bewegung

schlechthin an. Es wird offensichtlich, dass die Bewegung des Menschen auf drei Ebenen

abläuft: körperliche Bewegung, psychische Bewegtheit und sozialer Austausch. Diese drei

stehen in einer Relation, welche sich kontinuierlich verändert und danach strebt im

Gleichgewicht zu stehen. Dieses Gleichgewicht zu unterstützen oder gegebenenfalls

wiederherzustellen ist der Auftrag der Pflege, denn dies bedeutet schlussendlich Gesundheit.

Beim gesunden Menschen greifen diese drei Elemente also harmonisch und sich gegenseitig

unterstützend ineinander und sind in ständiger Wandlung, um sich den fortlaufenden

ändernden Umständen anpassen zu können. Ist die Beweglichkeit unzureichend oder vollends

zum Stillstand gekommen, kann sich das weitgreifend auf die persönliche Würde und das

Selbstbild des Menschen auswirken und ihn im weitesten Sinne beeinträchtigen, seinen Platz

in der Gesellschaft sinnvoll auszufüllen. Dies bedeutet Kranksein.

3
„Bewegung ist die erste und grundlegendste Eigenschaft des Menschenseins. Sie ist notwendig, um sich selbst
kennenzulernen, durch Übung die Skeletmuskulatur zu entwickeln und mit anderen in Kontakt treten zu können.“ (deutsche
Übersetzung durch die Autorin)

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Die Körperbewegung ist eine der grundlegendsten Aktivitäten im täglichen Leben des

Menschen. Damit überhaupt äussere Bewegung stattfinden kann, braucht es die innere

Bewegung der Atmung und des Kreislaufes. Diese erfolgt unsichtbar und zum grossen Teil

unbewusst. Feldenkrais (Feldenkrais, 2010) bezeichnet die Bewegung neben

Sinnesempfindung Gefühl und Denken als einen Teil des Ich-Bildes, durch das jede Handlung

bestimmt wird. Die Auswirkungen der Bewegungsmuster erfolgt über den Zustand der

Bewusstheit. Möchte man also festgefahrene Bewegungsmuster ändern, muss man sich dieser

vorerst bewusst werden. Um diese Bewusstwerdung geht es auch im folgenden Pflegebeispiel.

Da ich die innere Bewegung auf die innere Bewegung der Atmung konzentriert habe, obwohl

das dafür beigezogene Krankheitsbild auf den ersten Blick als ein rein äusserliches Problem

erscheint.

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Hauptteil

Vorstellung der Patientin

Im Folgenden Bericht werde ich über die 26-jährige Patientin, Frau Bürkli4 schreiben, die zu

uns auf die Unfallstation Trauma II im Universitätsspital Zürich kam, nachdem sie infolge

eines schweren Motoradunfalles notfallmässig eingewiesen werden musste und zuerst zwölf

Tage auf der Intensivstation verbracht hatte.

Bei einem frontalen Zusammenstoss mit einem auf ihrer Fahrbahn entgegenkommenden

Personenwagen erlitt sie eine Polyblessee 5 mit Mehretagenfrakturen an Tibia und Femur 6

rechts, sowie ein Logensyndrom7 am rechten Unterschenkel. Ausserdem hatte sie eine grosse

Rissquetschwunde an beiden Knien, eine Beckenvorderringfraktur und eine Radiusfraktur,

wodurch sie nun eindeutig stark in ihrer Körperbewegung eingeschränkt war. Man hatte ihr

operativ einen Fixateur 8 extern am rechten Ober- und Unterschenkel angebracht, um das

richtige Zusammenwachsen der Knochen zu gewährleisten. Im rechten Kniegelenk wurde

4
Der Name der Patientin ist frei erfunden, allfällige Übereinstimmungen sind rein zufällig. Ich wählte diesen Namen, weil
der Unfall am Bürkliplatz in Zürich geschehen war.

5
Polyblessee: zusammenfassende Bezeichnung für eine Diagnose mit mehreren verschiedenartigen Verletzungen i.F. eines
Unfalles.

6
Tibia [lat.] die.: das Schienbein

Femur [lat.] der.: der Oberschenkel

7
Logensyndrom: syn. Kompartementssyndrom. Ein v.a. am Unterschenkel auftretendes Syndrom, das durch
Gewebedrucksteigerung in einem geschlossenen Muskelkompartiment (Faszienloge) und dadurch bedingter
Minderdurchblutung zu neuromuskulären Funktionsausfällen und Muskelnekrosen führt. Therapeutisch wird häufig eine
notfallmässige Dekompression durch ausgedehnte Faszienspaltung vorgenommen (Pschyrembel, 1994).

8
Fixateur: ein direkt in den Knochen eingeschraubtes Metallgestänge, das von aussen operativ durch die Haut eingebracht
wird un so dann später ohne Anästhesie von aussen wieder entfernt werden kann. Damit kann der Knochen genau in der
richtigen Position fixiert werden, und es brauch unter Umständen auch anschliessend keinen Gips mehr.

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eine Drainage gelegt. Weiter erhielt sie eine Gipsschiene am linken Unterarm. Später wurden

die Fixateure wieder entfernt und eine Schrauben-Platten Osteosynthese9 am linken Unterarm

und am rechten Bein vorgenommen.

Bisher lebte die Patientin allein in einer schönen 4-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock. Um

ihren gewohnten Lebensstil wieder aufnehmen zu können, musste Frau Bürkli also wieder

lernen, zu gehen und Treppen zu steigen. Sie arbeitet als Filialleiterin in einem Möbel- und

Teppichgeschäft. Da sie aufgrund von Uteruscysten im Februar operiert werden musste und

schon einmal längere Zeit im Geschäft gefehlt hatte, machte ihr nun ihr Arbeitgeber grosse

Vorwürfe. Hinzukam, dass Frau Bürkli innerhalb der letzten Wochen drei Angehörige, u.a.

ihren Grossvater und einen Onkel verloren hatte.

Die ganze Situation, der Umfall, die Frage, ob ihr Bein jemals wieder funktionstüchtig würde,

der Druck von Seiten des Arbeitgebers und der so kurz aufeinanderfolgende Verlust

nahestehender Personen, hatte Frau Bürkli körperlich wie seelisch sehr erschöpft. Zudem litt

sie, als sie zu uns kam, unter ausserordentlich starken Schmerzen infolge des Unfalles. Sie

war psychisch an ihrer äussersten Grenze angelangt, und in den ersten Tagen auf Station

weinte sie sehr viel. Ausserdem hatten der psychische Schock während des Unfalls und die

starken Schmerzen ein traumatisches Erlebnis hinterlassen; besonders die Erinnerung daran,

wie sie am Unfallort schwer verletzt aufgrund eines organisatorischen Missgeschicks zwei

Stunden bei vollem Bewusstsein auf den Rega-Transport warten musste. Frau Bürkli hatte

aber einen starken Willen, wieder ganz gesund zu werden. Sie war kämpferisch und

9
Schrauben-Platten-Osteosynthese: Osteosynthese [lat.] die: Knochenzusammensetzten; - : mit Metallschrauben wird eine
längliche Platte am Knochen angeschraubt, um diesen wieder zusammenzufügen und zu fixieren. Diese bleibt solange bis
dass der Knochen vollständig zusammengewachsen ist.

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unerbittlich mit sich selbst, nicht nur wenn es darum ging, ihre alte Beweglichkeit wieder

zurückzugewinnen. Ihre anfängliche Besorgnis und ihre berechtigten Ängste wichen somit

einer äusserst positiven Haltung, aus ihrer Situation das Beste machen zu wollen. Auch die

moralische Unterstützung durch ihre Freunde und Bekannte bekräftige sie während ihres

Spitalaufenthaltes in dieser Haltung und unterstützten sie wirkungsvoll in Krisen.

Pflegesituation: Atmen

Frau Bürkli stand bei der Operation währen längerer Zeit unter Narkose und fiel nach dem

Eingriff in einen Nachschlaft. Da ihre Spontanatmung noch insuffizient war, und sie auch bei

uns noch starke Schmerzmedikamente in hohen Dosen erhalten sollte, wurde der

Nasenkatheter vorerst belassen. Durch diesen erhielt sie 3l O2 in der Stunde, um einer

allfälligen Atemdepression aufgrund der hohen Analgesie und der postoperativen

Ateminsuffizienz entgegen zu wirken.

Anfänglich konnte sich Frau Bürkli kaum bewegen, weil sie durch den Gips am linken Arm

und am Bein und durch die starken Schmerzen sehr eingeschränkt war. Dies beeinträchtigte

ihre Atmung sehr. Wenn ihr etwas weh tat, oder sie auch nur befürchtete, es könnte zu

Schmerzen führen, verzog sie das Gesicht, biss die Zähne zusammen und hielt den Atem an.

Dies führte dazu, dass sie sich innerlich so verkrampfte, dass sich dies auch auf den ganzen

Körper übertrug, wodurch allfällige Schmerzen noch verstärkt wurden.

Diese Problem zeigte sich auch später noch, als sie wieder etwas an Beweglichkeit gewonnen

hatte, und wir mit ihr zusammen übten aufzustehen und zu gehen. Als wir das erste Mal

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versuchten, ob es ihr schon möglich wäre am Eulenbeug 10 zu gehen, kollabierte sie. Dies

erschütterte ihr Vertrauen in sie selbst. Als sie es am darauf folgenden Tag wieder versuchen

sollte, konnte ich ihr richtig ansehen, wie alle in ihr stehen zu bleiben schienen. Sie atmete

sehr oberflächlich und machte den Eindruck, als wäre sie in Gedanken mehr mit der Frage

beschäftigt, ob ihr wieder schwindlig würde und ihr Bein beim Aufstehen stark schmerzte, als

dass sie mir zuhörte. Ihr Gesicht war dabei ganz angespannt.

Die körperliche Verkrampfung führte soweit, dass sie unbewusst ihren Oberschenkelmuskel

so sehr zusammenzog, um ihn von Schmerzen zu schützen, dass der Quadrizeps ganz

hyperton wurde und der Muskelkater Schmerzen verursachte, die um ein vielfaches grösser

waren, als die Schmerzen, die sich ergaben, wenn sie ihr Bein bewegte, oder wenn es

aufgrund der Orthostase11 bei der Mobilisation stärker durchblutet wurde.

Auch wenn bei ihr eine Blutentnahme vorgenommen werden musste, oder als ihr die Fäden

gezogen wurden, trat diese Verkrampfung auf und auf meine Frage, ob ihre Schmerzen so

stark seien, entgegnete sie oftmals, dass sie gar keine Schmerzen verspürte sondern eigentlich

nur Angst davor hätte.

Bei Frau Bürkli ging es also nicht darum eine angepasste Schmerztherapie zu finden, sondern

auch ihr zu helfen das Vertrauen in sich und die Pflegenden zu finden und dadurch

entspannter zu werden.

10
Eulenbeug: ein Gestänge, das als Gehhilfe dient. Vier Stangen, an deren unterem Ende Räder angebracht sind, reichen der
Patientin bis unter die Arme, so dass sie sich darauf stützen kann. Sie werden durch zwei zum Halbkreis gebogene Stangen
in der Waagerechten fixiert, eine auf Höhe des Schienbeins, die andere auf Brusthöhe, damit die Patientin sich daran halten
kann.

11
Orthostase [lat.] die: Geradestehen, Aufrechtstehen

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Einfluss der physischen Bewegungsunfähigkeit auf das psychische Wohlbefinden

Ihre starke Einschränkung in der Körperbewegung hatte das Selbstbewusstsein von Frau

Bürkli enorm geschmälert, was sich auch in ihrer eher schwachen oder oberflächlichen

Atmung äusserte. Innerlich hatte sie sich zurückgezogen, und es fiel ihr schwer ihre Ängste

und Bedürfnisse zu artikulieren. In den ersten Tagen weinte sie sehr viel oder schrie auf, ohne

dass wir genau wusste, ob sie Schmerzen hatte oder Angst, oder ob sie weinte, weil sie sich

über ihre Situation bekümmerte. Die starken Schmerzen, die bei einem Unfall in diesem

Schweregrad unabwendbar sind, bekräftigten ihre Angst davor noch zusätzlich und

verstürkten das Gefühl der Hilflosigkeit, weshalb sie sich noch mehr anspannte. Dadurch

wurde sie wiederum empfindlicher für Schmerzen, was zu einem richtigen Teufelskreis führte.

Dies galt es zu durchbrechen.

Ressourcen

In ihrem Alter erholt sich der Körper glücklicherweise noch recht schnell. Ausserdem trugen

der gesunde und kräftige Körperbau von Frau Bürkli und ihre allgemeine körperliche Fitness

zu einer raschen Genesung bei. So stellte sich bald nach der Operation eine suffiziente

Spontanatmung ein, so dass der Nasenkatheter gezogen werden konnte, und sie etwas mehr an

Bewegungsfreiheit gewann.

Als Hauptursache ihrer steten und raschen Fortschritte auf dem Weg zur Gesundheit und

normalen Mobilität sehe ich allerdings ihren starken Willen und ihre kämpferische Natur, dies

es nicht zuliesse, dass sie aufgab. Unerbittlich mit sich selbst trainierte sie fleissig, um

weiterzukommen, auch wenn das manchmal für sie schmerzhaft war. Dies scheint auf den

ersten Blick in Widerspruch zu stehen zu ihrer grossen Angst vor Schmerzen.

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Doch Frau Bürkli war eine sehr offene Person und hatte von sich aus eine positive

Lebenseinstellung, die leicht wiederherzustellen war.

Pflegeinterventionen

Damit Frau Bürkli lernte, sich zu entspannen und ihre Angst abbauen konnte, begann ich, sie

auf ihre Atmung aufmerksam zu machen. Immer wieder hielt ich sie an, regelmässig, ruhig

und tief bis in den Bauch hinunter zu atmen und sich den Atem auch immer wieder

zwischendurch bewusst zu machen, besonders wenn sie wieder Schmerzen verspürte. Bevor

ich eine Verrichtung an ihr vornahm, wie Umlagern einzelner Körperteile, Anheben des

Gesässes für den Nachttopf, Blutentnahmen, Fäden ziehen, u.ä. sagte ich ihr genau, was ich

täte, bereitete sie somit darauf vor und gab ihr Zeit vorher etwas zur Ruhe zu kommen. Ich

macht sie auch darauf aufmerksam, wann etwas wehtun könnte, damit sie auf die Schmerzen

gefasst war und tief durchatmen konnte, um sich nicht schon im vornherein zu verkrampfen.

Auch forderte ich sie auf, mir zu kommentieren, ob, wann du wie stark sie etwas geschmerzt

hatte, oder ob es sich eher um die Angst davor handelte.

Vor der Mobilisation half die Physiotherapeutin Frau Bürkli mit den Armen und dem

bewegbaren linken Bein einzuturnen. Dies sollte den Kreislauf anregen, damit Frau Bürkli

nicht das Blut in die Beine absackte, und sie nicht wieder kollabierte beim Aufstehen.

Deshalb wurden auch ihre Beine eingebunden, um die Gefässe zu komprimieren. Zudem

erhielt sie jeweils eine halbe Stunde vor der Mobilisation Effortil Tropfen12

12
Effortil Trpf.: kreislaufstärkendes Medikament

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Das Einturnen hatte aber auch noch einen anderen Effekt. Dadurch hatte sie Zeit sich auf die

Mobilisation auch geistig einzustellen und Vertrauen in ihren Körper zu gewinnen. Zu Anfang

halfen ihr immer zwei Pflegende und die Physiotherapeutin beim Aufstehen, obwohl zwei

Personen eigentlich genug Hilfe gewesen wären. Wären die Physiotherapeutin Frau Bürkli

unter den Armen unterstützte, widmete sich eine Pflegende ganz dem rechten Bein, das beim

Bewegen noch stark schmerzte. Eine der Pflegenden stützte sie dabei im Rücken. Es zeigte

sich, dass diese Massnahme Frau Bürkli viel Sicherheit vermitteln konnte, wodurch sie

vermehrt an Selbstvertrauen gewann. Somit konnte die Unterstützung allmählich abgebaut

werden, bis Frau Bürkli gelernt hatte ohne Hilfe aufzustehen.

Wichtig für die Atmung war auch, dass man darauf achtete, dass die Analgesie immer an die

tatsächliche Schmerzintensität angepasst wurde. Damit Frau Bürkli sich einerseits nicht vor

Schmerzen verkrampfte und andererseits nicht durch die Medikamente in der Atmung

beeinträchtigt war. In den ersten Tagen hatte Frau Bürkli so starke Schmerzen, dass man ihr

die Selbstbehandlung mit dem PCA13 zugestand. Damit verabreichte sie sich allerding so viel

Vilan14, dass man dazu überging das PCA zu stoppen, nachdem die allgemein auftretenden

postoperativen Schmerzen etwas nachgelassen hatten. Nun musste sie jedes Mal eine

Pflegende auffordern ihr eine Spritze zu verabreichen, wenn die Schmerzen zu stark wurden.

13
PCA: < engl.: patient controlled analgesia: In einem an die Infusion angehängten Kästchen befindet sich eine bestimmte
Menge Analgetikum (z.B. 50 mg Vilan). Ein eingebauter Computer steuert, wie häufig und wie viel davon maximal auf
einmal verabreicht werden kann (z.B. 6mg/3h). Mit einem Druckknopf, der mit dem System verbunden ist, kann der Patient
sich die verordnete Dosis selbst verabreichen. Drückt er öfter, wird deshalb nicht mehr Medikament freigesetzt. Allerdings
wird vom Computer registriert wie oft gedrückt wurde. So kann die Pflegeperson, die das PCA regelmässig kontrolliert,
feststellen, ob die Analgesie ausreichend ist.

14
Vilan: ein Schmerzmittel, das aus Nicomorphin, einem Morphinpräparat beste und eine relativ hohe Wirksamkeit hat. Da
es zu verschiedenen Nebenwirkungen, u.a. Atemdepression, Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und
Bewusstseinsstörungen kommen kann, ist eine regelmässige Kreislauf- und Bewusstseinsüberwachung bei Vilangabe
unbedingt nötig.

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Dadurch wurde ihr bewusst, wie viel Schmerzmittel sie brauchte und benutzte diese nur noch,

wenn es wirklich nicht mehr anders ging. Somit konnte auch die Analgesie langsam reduziert

werden, was sich auch positiv auf die Atmung auswirkte.

Auswirkungen der Pflegeinterventionen auf das Wohlbefinden

Dadurch dass man Frau Bürkli immer wieder ihren Atem bewusst machte, lernte sie ihren

Körper bewusster spüren. Sie lernte auch die Anzeichen von Schmerz differenzierter

wahrzunehmen und von Angst zu unterscheiden. Dadurch wurde sie auch fähig auf dies

entsprechend zu reagieren und sich besser auszudrücken. Dies erleichterte die Verständigung

zwischen ihr und den Pflegenden sehr, und machte es möglich, gezielter auf sie einzugehen

und sie ihren Problemen entsprechend zu unterstützen. Auch förderte die bessere

Verständigung ihr Vertrauen in die Pflegenden und in sich selbst.

Mit dem Ruhigerwerden und Entspannen der Atmung, wurde nicht nur ihr Körper entspannter,

was zwar unser primäres Ziel war, sondern auch seelisch konnte sie wieder gelöster sein. Sie

lernte, die Dinge auf sich zukommen und mit sich geschehen zu lassen und konnte Ängste

besser loslassen.

Natürlich verdankte sie diese Entwicklung nicht alleine der besseren und bewussteren

Atmung, auch die eindeutigen körperlichen Fortschritte, die Aufmunterungen und tröstenden

Worte seitens der Pflegenden und von Freunden, das allmähliche Nachlassen der schmerzen

und die gute Beziehung zum Pflegeteam, durch das sie das Gefühl erhielt, als Person ernst

genommen und verstanden zu werden, waren von mindestens so grosser Bedeutung. Doch an

ihrer Atmung war deutlich ersichtlich, wie sie mit der Zeit sicherer und entspannter wurde,

22
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wich wieder für die Umwelt öffnen konnte und neue Ziele und neue Hoffnungen für ihre

Zukunft fand.

Schlussteil

Aus der schriftlichen Arbeit gewonnene Erkenntnisse

Beim Schreiben dieser Arbeit wurde mir deutlich, wie sehr sich die verschiedenen Aktivitäten

des täglichen Lebens beeinflussen und wie stark die verschiedenen

Einflussfaktoren einer dieser Aktivitäten, in diesem Beispiel des Atmens, zusammen wirken.

Folgende Aktivitäten des täglichen Lebens standen bei Frau Bürkli in enger Beziehung mit

der körperlichen Bewegung:

a) „Kommunizieren“ – d.h. sich mitzuteilen, Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken,

verstanden zu werden und sich selbst zu verstehen

b) „Sich sicher fühlen und verhalten“ – d.h. Vertrauen in sich und die Pflegenden

aufzubauen

c) „Sinn finden im Werden, Sein, Vergehen“ – d.h. Motivation, Hoffnung und Ziele

für die Zukunft zu finden, Grenzen erkennen und damit umgehen können, Bewältigen

von Lebenskrisen, Sinn finden im Spitalaufenthalt

d) „Atmen“ – auch im Sinne von kommen und gehenlassen von Geschehnissen, wie ihre

Situation durch den Unfall oder auch körperliche Schmerzen

Die Angst vor dem Schmerz (ein seelisch-geistiger Faktor) löste bei Frau Bürkli eine

körperliche Verkrampfung, insbesondere der Atmung und der Muskulatur aus, uns

sensibilisierte ihre Nerven noch mehr auf Schmerz (physiologisch-biologischer Faktor),

23
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wodurch sie noch schmerzempfindlicher und ihre Angst und Angespanntheit noch grösser

wurden. Dies führte zu einem regelrechten Teufelskreis, der allerdings dadurch durchbrochen

werden konnte, dass sich zwischen ihr und den Pflegenden ein Vertrauensverhältnis

entwickeln konnte und sie auch von Seiten ihrer Freunde und Kollegen Unterstützung erhielt.

Dies half ihr, sich zu entspannen und sicher zu fühlen und förderte ihre Willenskraft. Die

wachsende Mobilität und damit zunehmende Selbständigkeit förderte ihr Selbstvertrauen

ebenfalls. Dadurch machte sie vermehrt Fortschritte zu ihrer körperlichen Genesung, was sie

wiederum darin unterstützte, Sinn und Hoffnung für ihre Zukunft zu finden.

Hier zeigt sich deutlich, wie Körper (Schmerzintensität, Bewegungsfähigkeit), Seele (Sich

sicher fühlen, Vertrauen, Sinn finden) und Geist (Willenskraft, Verstehen von Vorgängen und

Problemen) gegenseitig auf einander einwirken.

Die Sicherheit und das Verständnis, die Frau Bürkli spüren durfte, halfen ihr sicherlich, dass

sie ihre positive Lebenseinstellung und ihre Ängste, überwinden konnte. Doch warum dies

manchen Patienten gelingt und manchen nicht, wird für uns als Pflegende wohl immer ein

kleines Geheimnis und ein grosses Wunder bleiben, denn letzten Endes fliessen hier auch

viele Faktoren der ganzen Persönlichkeit und Biographie eines zu pflegenden Menschen ein.

Wir können nur versuchen schon vorhandene Ressourcen einer Person zu finden, wecken,

fördern, doch wir können nichts neues Schaffen. Gott sei Dank hat jeder Mensch Ressourcen.

Danksagung

Hiermit möchte ich auch allen danken, die es mir ermöglichten meine Arbeit zu schreiben,

insbesondere dem Pflegeteam auf der Station Trauma II, das mich in der Pflege unterstützte

und mir immer wieder Anregungen gab, ebenso Conrad und Stefanie Hirzel, Simon Bosshard

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und Anina Raths, die sich die Mühe machten, meine Arbeit durchzulesen und wo nötig Kritik

anzubringen, thanks a lot!

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Beziehung in der Pflege

Figure 3: Baum auf dem Grab des Herrn von Ribbeck15

Von

Tabea Hirzel

Abschlussarbeit für das Praktikum im Paraplegikerzentrum Balgrist


Station B
in der Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester Niveau II

Schlüsselthema: Beziehung

Gesundheits- und Krankenpflegeschule Neumünster, Kurs 3

Zollikerberg, 8. März. 1996

15
Ursprünglich war das Titelblatt mit einer Fotoaufnahme, die die Autorin machte gestaltet; eine kräftige Buche, die über den
Resten der Verbrennungsanlage im Konzentrationslager Sachsenhausen, Deutschland. Leider ist diese Fotografie
verlorengegeangen.

26
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Einleitung zum Lernthema Hoffnung und Freude

Hoffnung und Freude, zwei Worte, die wir immer wieder hören, ohne uns bewusst zu sein,

was sie eigentlich bedeuten. Hoffnung ist die Substantivierung des mittelhochdeutschen

Wortes hoffen (mhd. hopen), das vermutlich mit der Wortgruppe hüpfen verwandt ist, was

auch mit „vor Erwartung zappeln“ übersetzt werden kann. So erklärt es der Duden (Duden,

2001).

In mir steigen ganz verschiedene Bilder auf, wenn ich über dieses Wort meditiere; hüpfen, auf

ein Ziel hinzugehen, ein beinahe ungeduldiges Ausschauhalten, sind bewegte, lebendige,

unruhige Bilder. In dem Wort steckt aber noch mehr. Hoffen, etwas erwarten, vertrauen, dass

etwas sein wird, das noch nicht ist. Diese Bedeutungen geben dem Wort einen beständigen,

geduldigen Inhalt. Bedeutet es, an etwas zu glauben, von dem man sich sehnlichst wünscht, es

möge in der Zukunft eintreffen und dessen man sich so sicher ist, dass es einem die Kraft gibt,

darauf zu warten, wie lange auch immer dieses Warten sein mag?

„Wer an eine Zukunft, wer an seine Zukunft nicht mehr zu glauben vermag, ist hingegen im

Lager verloren. Mit der Zukunft verliert er den geistigen Halt, lässt sich innerlich fallen und

verfällt sowohl körperlich als auch seelisch… Wer es weiss, welch innige Zusammenhänge

zwischen Gemütslage eines Menschen und so auch Affekten wie Mut und Hoffnung bzw.

Mutlosigkeit und Hoffnungslosigkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite der

Immunlage des Organismus bestehen, dem wird es auch verständlich erscheinen, welch

tödliche Auswirkungen das jähe Versinken in Hoffnungslosigkeit und Mutlosigkeit haben

kann.“ (Frankl, 1998).

27
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Dies stellte Frankl fest, über das Verhalten der Häftlinge, während seiner Gefangenschaft in

verschiedenen deutschen Konzentrationslagern im 2. Weltkrieg. Ich denke, dies trifft für

jeden Menschen zu. Wenn wir nichts mehr vom Leben erwarten können, dann verliert es für

uns an Sinn. Frankl würde sagen:

„Wir müssen lernen […], dass es eigentlich nie und nimmer darauf ankommt, was wir vom

Leben noch zu erwarten haben, vielmehr lediglich darauf: was das Leben von uns

erwartet!“ (Frankl, 1998)

Darum geht es also, nicht so viel zu verlangen, sondern den Ansprüchen, den Aufgaben, die

das Leben an uns stellt versuchen gerecht zu werde? Kann man im Sinne von Frankl, das Leid

als eine solche Aufgabe betrachten, dessen Einmaligkeit – und die Einzigartigkeit seiner

selbst – anerkennen und im Bewältigen dieses Leides eine Leistung sehen, einen persönlichen

Erfolg, der, wenn man ihn erlangt, einem Freude bereitet? Kann man dem Leid etwas

Positives, ja etwas Wertvolles abverlangen? Kann man durch das Leid Freude erfahren? Dann

wäre es also nicht von Bedeutung, was wir alles vom Schicksal auferlegt bekommen, sondern

wie wir es auf uns nehmen. So ist es nicht das Leben, das uns einen Sinn schenkt, nein, die

Art und Weise, wie wir es gelebt haben macht unser Leben sinnvoll oder nicht. Oder mit den

Worten des Psychologen:

„Die geistige Freiheit des Menschen, […] sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so

einzustellen […], die man ihm bis zum letzten Atemzug nicht nehmen kann, lässt ihn auch

noch bis zum letzten Atemzug Gelegenheit finden, sein Leben sinnvoll zu gestalten.“ (Frankl,

1998)

28
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Dieser Erkenntnis geht ein langer Reifeprozess voran, und ich kann Frankl nur zustimmen.

Doch wie kann ich einem Menschen helfen, eine Hoffnung, einen Sinn in allem seinem Leid

zu finden, sich für das Leben zu entscheiden und den Mut zu finden, die Antworten auf die

Fragen, die täglich an uns gestellt werden zu suchen? Ich habe es versucht herauszufinden und

anhand des folgenden Berichtes zu dokumentieren. Es ist die Skizze einer Reise, die ich mit

meinem Patienten angetreten bin, eine Reise auf der Suche nach einem Sinn, einem Sinn

seines einmaligen und einzigartigen Schicksals, um die schwere Kunst des Lebens, der

Meisterung des Lebens zu erlernen.

Es liegt im Wesen unseres Berufes, dass wir die schöne Aufgabe haben, Menschen eine Zeit

lang besonders nahe zu kommen und ein Stückweit zu begleiten, sie dann aber wieder ihres

Weges ziehen lassen zu müssen und oft nicht erfahren, ob unser Versuch zu helfen, gelungen

ist. Vielleicht bedarf es hier der Demut und des Wissens um einen Höheren, der alles in

Seinen Händen hält.

Die Beziehung in der Pflege

Vorstellung des Patienten

Für meine schriftliche Arbeit zum Thema Beziehung habe ich Herrn Ricco Fortunato 16

ausgewählt, mit dem ich während meines Praktikums im Paraplegikerzentrum 17 Balgrist,

Zürich arbeitete.

16
Um die Schweigepflicht zu wahren, wurde der Name des Patienten geändert. „ricco“ bedeutet auf Italienisch reich und
„fortunato“ glücklich. Dieser Name soll die Hoffnung im Leben des Patienten ausdrücken.

17
Ein Paraplegikerzentrum ist eine Rehabilitationsklinik für Querschnittgelähmte Patienten.

29
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Im ersten Augenblick hat Herr Fortunato keinen grossen Eindruck auf mich gemacht. Mit

einer Grösse von 1,68 m und einem Gewicht von 87 kg wirkt seine Gestalt eher etwas

gedrungen. Sein Kopf erscheint im Verhältnis zum Körper etwas zu gross und er zieht eine

mürrische Miene. Die Mitte seines Gesichtes ziert eine kleine, etwas vorwitzige Nase, die

Lippen hat er fest zusammengepresst und seine Augen blicken trotzig und irgendwie auch

traurig. Zwei Furchen zwischen seinen Augenbrauen unterstützen seine Mimik mit einem

gewissen Hauch von Dramatik. Abgerundet wird dieses ausdruckstarke Gesicht durch schön

geformte, leicht abstehende Ohren und ein festes Kinn.

Ricco Fortunato ist nicht gerade ein schöner Mann, aber wenn er sich doch einmal zu einem

Lächeln durchringt, kann man seinen verborgenen Charme spüren und bemerkt, dass es auch

eine andere Seite im Wesen von Herrn Fortunato geben muss.

Mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern lebt er in einem Einfamilienhaus in Chiasso

(italienische Schweiz), wo er als Bankangestellter gearbeitet hatte, bis er vor zwei Jahren

aufgrund einer Erkrankung an Krebs frühpensioniert wurde. Die ältere der beiden Töchter ist

zehn Jahre alt und die jüngere wurde währen seines Rehabilitationsaufenthaltes, kurze Zeit

nach seinem Unfall geboren.

Im Juni 1995 hatte Herr Fortunato einen Selbstunfall mit seinem Auto, als er frühmorgens mit

überhöhter Geschwindigkeit auf der Autobahn fuhr und von der Strasse abkam. Dies

veränderte sein Leben schlagartig. Bis dahin hatte er, nach seinen eigenen Aufgaben, ein sehr

lustorientiertes Leben geführt. Trotz seiner Verantwortung als Ehemann und Vater, pflegte er

mit Kollegen auf ausgedehnte „Sauftouren“ zu gehen und hatte verschieden flüchtige

Verhältnisse mit anderen Frauen.

30
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Seine Arbeit als Devisenhändler scheint ihn nicht sehr erfüllt zu haben. Es ist ein hartes

Geschäft, bei dem man sich keinen Fehler erlauben darf und das höchste Ziel darin besteht,

aus Geld noch mehr Geld zu machen. Diese Arbeit hat Herrn Fortunato geprägt. Er zeigt nicht

gerne Gefühle, besonders nicht solche wie Trauer, Schmerz und Verletztheit, da diese als

Schwäche gesehen werden könnte. Herr Fortunato legt viel Wert auf Selbstbestimmung.

Wenn etwas nicht gerade so läuft, wie er sich das vorgestellt hat kommandiert und flucht er.

Kommt man im Gespräch mit ihm auf ernstere Themen, schiebt er diese mit scharfem

Sarkasmus oder einem Witz beiseite.

Nach seinem Unfall kam Ricco Fortunato zuerst einige Wochen auf die Intensivstation des

Universitätsspitals Zürich, wo er einen Kampf um Leben und Tod ausfocht. Nachdem sein
18
körperlicher Zustand etwas stabiler war, wurde er zur Rehabilitation zu uns ins

Paraplegikerzentrum verlegt. Durch den Unfall hatte er eine Fraktur19 des fünften thorakalen

Wirbelkörpers (TH 5) 20 , des Humerus 21 rechts der Clavicula 22 rechts erlitten. Infolge der

BWK23 Fraktur wurden einige Nerven verletzt und die meisten Nervenbahnen sind von der

Bruchstelle an unterbrochen, so dass Herr Fortunato nun eine motorisch komplette und

sensibel inkomplette Lähmung hat. Das bedeutet, er wird nie wieder gehen können.

18
Rehabilitation > rehabilitatio [lat.] die: „Wiederherstellung in den früheren Stand“

19
Fraktur bed. Knochenbruch

20
Th 5 bed. 5. Vom Kopf her gezählter Brustwirbelkörper

21
Humerus [lat.] der: Oberarmknochen

22
Clavicula [lat.] die: Schlüsselbein

23
BWK: Abkürzung für Brustwirbelkörper

31
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Neben dieser offensichtlichen Behinderung bringt die Querschnittlähmung aber noch vielerlei

andrer Beeinträchtigung von alltäglichen Köperfunktionen mit sich. Sein Darm ist so in seiner

Funktion gestört, dass Herr Fortunato nicht wie andere Menschen ausscheiden kann, sondern

für den Rest seines Lebens gezwungen ist, Laxantien24 einzunehmen und die Fäkation25 durch

Analreiz und Ausräumen 26 unterstützen muss. Da auch die Blasenmuskulatur nicht mehr

willentlich gesteuert werden kann, ist es für Herrn Fortunato erforderlich zu lernen sich

viermal täglich selber zu katheterisieren, um die Blase manuell zu entleeren. Ausserdem muss

er sich an einen Plan halten, wann er wie viel trinkt und zusätzlich Medikament einnehmen,

um ein plötzliches, reflexbedingtes Wasserlösen zwischendurch zu unterdrücken.

Obwohl auch die sensiblen Nervenfasern stark beschädigt sind, spürt Herr Fortunato

Berührungen an vereinzelten Stellen der Füsse, Beine und im Analbereich, sowie am Gesäss.

Im Grossen und Ganzen hat er aber etwa von der Brust an abwärts keine Empfindungen.

Wenn jemand Querschnittgelähmt wird, hat das immer eine komplexe Situation in Hinsicht

auf die Körperfunktionen, die Psyche und das soziale Umfeld zur Folge. Zur genauen

Abklärung, um Herrn Fortunato ein bestmögliches Weiterleben mit seiner Behinderung zu

ermöglichen und zum Erlernen der Übernahme von beeinträchtigten Körperfunktionen, blieb

er sechs Monate auf unserer Station, was der normalen Dauer der Rehabilitation eines

Paraplegikers entspricht.

24
Laxantien sind Medikamente, die die Ausscheidung von Stuhl fördern

25
Fäkation: Ausscheidung von Stuhl

26
Analreiz, Ausräumen: Techniken, um das letzte Stück des Darmes, die sog. Ampulle manuell zu entlehren.

32
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Ausser der Behinderung leidet Ricco Fortunato unter verschiedenen schon zuvor bestehenden

gesundheitlichen Problemen. 1993 erkrankte er an einem Parotiskarzinom27. Er unterzog sich

damals währen sechs Wochen einer Bestrahlungstherapie. Es wurden keine Metastasen 28

festgestellt und er wurde als geheilt entlassen. Die Diagnose bleibt fraglich. Ausserdem wog

Herr Fortunato vor der Rehabilitation ca. 120 kg. Diese starke Adipositas 29 brachte eine

Arterielle Hypertonie30 mit sich, die allerdings durch Diät und Behandlung mit Zaraxolyn31

währen der ersten Zeit der Rehabilitation kuriert werden konnte. Ein weiteres Problem stellt

Herr Fortunatos empfindsame Haut dar. Schon vor dem Unfall litt er immer wieder unter

verschiedenen Hautkrankheiten wie Ekzemen und Psoriasis. Zudem hat er starke innere und

äussere Hämorrhoiden32, was auch später zu Problemen beim Ausräumen führte.

Gradwanderung zwischen betroffenem Verständnis und Machtkämpfen in Variationen

Wie ich Herrn Fortunato das erste Mal begegnete, als ich einer Arbeitskollegin half bei ihm

das Bett frisch zu beziehen, schwallte mir eine Flut von ungezielter Aggression und

Verbitterung entgegen, die mich im ersten Augenblick fragend zurückliessen und mich rätseln

machte, wer dies Mensch wohl sei.

27
Parotiskarzinom: Tumor an der Ohrspeicheldrüse

28
Metastasen: als Folge der Verschleppung best. Faktoren aus einem lokalen (primären) Krankheitsprozesses an anderer
Stelle im Organismus entstandener sekundärer Krankheitsherd (Pschyrembel, 1994)

29
Adipositas: starkes Übergewicht

30
Hypertonie: Bluthochdruck

31
Zaraxolyn ist ein Medikament mit antihypertensiver und diuretischer Wirkung, das Herr F. zur Behandlung des
Bluthochdrucks bekam.

32
Hämorrhoiden sind knotenförmige Erweiterungen der Äste der Arterien bzw. Venen im Rectum.

33
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Aus meiner anfänglichen Neugier wuchs Verständnis. Muss es nicht unerträglich sein, für den

Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt zu sein? Irgendwann entschloss ich mich dazu,

Herrn Fortunato mit grösstmöglicher Empathie zu begegnen.

Dies alles ging in mir innerhalb weniger Sekunden vor, währen Herr Fortunato über die

schlechte Rehabilitation, die Spitalorganisation und das Leben im Allgemeinen schimpfte.

Bald bemerkte ich, dass Herr Fortunato italienischsprachig war und machte mir meine

Sprachkenntnisse zu nutzen. Denn wenn ich mit ihm italienisch sprach, bekam ich einen

besseren Zugang zu ihm.

Bewusst eine Beziehung aufzubauen begann ich aber erst als Herr Fortunato nach seinem

Austritt an Weihnachten 1995 zwei Wochen später aufgrund eines Dekubitus33 am Gesäss

wieder eintreten musste, und ich währen zwei Monaten seine Pflege übernahm. Er war sehr

erfreut mich wieder zu sehen und die Sympathie war nun beidseitig. So war schon eine Basis

vorhanden für die gemeinsame Arbeit.

Trotzdem war es nicht immer eine leichte Aufgabe, mich in der Rolle als Pflegende zu

behaupten und ernst genommen zu werden, die Beziehung möglichst professionell zu

gestalten, ohne selbst zu sehr betroffen zu sein und mich in Herrn Fortunatos Probleme zu

verstricken, was ein gezieltes Helfen unmöglich gemacht hätte. Mein Ziel war es, eine

partnerschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, um mit Herrn Fortunato an seinen grossen

seelischen Verletzungen zu arbeiten. Dafür war es wichtig, dass ich Verständnis und

Mitgefühl aufbringen konnte und trotzdem genügen Distanz wahrte, um nicht mitzuleiden.

33
Dekubitus: Druckgeschwür

34
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Die vielen kleinen Machtkämpfe, die wir führten, mussten rechtzeitig erkannt und bewusst

gemacht werden, damit wir die ganze Energie für Herrn Fortunatos geistige und seelische

Rehabilitation verwenden konnten.

Beziehungen sind wechselwirkende Verbindungen zwischen zwei Individuen, die stark

beeinflusst werden durch die Individuen selbst, wie sie die Situation betrachten, die Werte

und Ziele, dies sie haben und durch das Umfeld in dem die Beziehung gelebt wird. Es würde

zu weit führen alle Faktoren aufzuzählen, die einen Einfluss auf die Beziehung zwischen

Herrn Fortunato und mir nahmen, deshalb werde ich nur jene erwähnen, die ich persönlich als

wichtig erachte:

1. Sprache

Eine gemeinsame Sprache ist etwas ungemein Verbindendes. In Zusammenhang mit

den Worten einer Sprache steht auch die ganz besondere Ausdrucksweise, was, wann

und wie etwas gesagt wird. Die Sprache beinhaltet auch die Gestik, Mimik und die

unausgesprochenen Regeln, die die Beziehung des Einzelnen zu seinen Mitmenschen

und seiner Umwelt definieren.

So war es äusserst förderlich für mich, dass ich mit Herrn Fortunato in seiner Sprache

sprechen konnte und so von Anfang an einen leichteren Zugang zu ihm hatte und seine

Sympathie gewinnen konnte.

2. Kultur

Zur Sprache gehört auch die Kultur. Dass ich das Tessin ein wenig kenne, die

Mentalität und der Lebensstil seiner Menschen, half mir mich besser in Herrn

Fortunato einfühlen zu können. Zudem hatte ich so ein willkommenes


35
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Gesprächsthema, wenn ich spürte, dass er nicht bereit war über persönliche Dinge zu

sprechen und ich ihm nicht zu nahe treten wollte.

3. Alter

Weiter von Bedeutung war der Altersunterschied zwischen uns. Er brachte grosse

Vorteile für mich, insofern, dass dadurch schon eine gewisse Distanz zwischen uns

bestand, was mir erleichterte, mich nicht zu sehr mit Herrn Fortunato zu identifizieren

und der Gefahr zu erliegen unreflektiert mitzuleiden.

Ein negativer Aspekt des Altersunterschiedes war, dass ich mich sehr bemühen musste,

um von Herrn Fortunato ernst genommen zu werden.

4. Geschlecht

Die Tatsache, dass ich eine Frau bin und er ein Mann, liess mich ihm zuerst mit einer

gewissen Scheu begegnen. Von Seiten Herrn Fortunatos spürte ich ein leises

Mistrauen, ob ich überhaupt in der Lage wäre Probleme, ja ihn al Mann überhaupt

verstehen zu können. Es war manchmal recht schwierig gewisse Ängste ansprechen zu

können. Diese Grenze des Vertrauens und meiner Fähigkeit mich einfühlen zu können,

musste ich lernen rechtzeitig zu erkennen und zu respektieren. Die unterschiedliche

Weise Schwierigkeiten einzuschätzen und anzugehen, bereicherte die Beziehung auch

und machte es möglich, Probleme auch einmal von einer anderen Blickrichtung zu

betrachten.

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5. Vertrauen

Von grösster Wichtigkeit erscheint mir, dass Herr Fortunato, wie auch ich, unbedingt

ehrlich zu einander waren, denn nur so war es möglich offen zueinander zu sein und

auch über intime Angelegenheiten zu sprechen. Besonders als Herr Fortunato sich in

einer depressiven Phase befand, war es wichtig, dass wir beide echt bleiben konnten.

So konnte ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, das uns ermöglichte als Partner

daran zu arbeiten, Herrn Fortunatos Gesundheit wieder zu erlangen, ohne dass wir

ständig um die Machtverhältnisse in der Beziehung kämpfen mussten.

Dieses Vertrauen wuchs auch aus der respektvollen Haltung gegenüber dem anderen

und dem Akzeptieren von Grenzen, wenn man z.B. den anderen nicht verstehen

konnte.

6. Organisatorischer Aspekt

Dass es auf der Station so üblich ist, dass jeder Patient eine Bezugsperson im

Pflegeteam hat, die mehrheitlich für seine Betreuung zuständig ist, begünstigte die

Kontinuität in der Beziehung sehr. So musste ich mir nicht die Informationen mühsam

zusammensuchen, sondern wusste immer, wie Herrn Fortunatos Verfassung gerade

war, oder weshalb sie plötzlich geändert haben könnte. Dies erleichterte es auch, das

Vertrauen aufzubauen.

7. Zusammenarbeit im Team

Die gute Zusammenarbeit im Pflegeteam ermöglichte, dass man gemeinsam auf ein

Pflegeziel hin arbeiten konnte. Die Gespräche mit Arbeitskollegen halfen mir auch

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Herrn Fortunatos Verhalten besser zu verstehen. Von ihnen bekam ich auch

Anregungen und Unterstützung für die Pflege.

Fragen, die sich für mich auf der Beziehungsebene ergeben

Vor, während und sogar jetzt, nach der Arbeit mit Herrn Fortunato, stellten sich mir, viele

Fragen im Zusammenhang mit der Beziehung, die ich zu ihm hatte:

a) Würde es mir möglich sein, eine vertrauensvolle Beziehung zu Herrn Fortunato

aufzubauen?

b) Kann ich genug Distanz finden, um seine grossen Stimmungsschwankungen zu

ertragen?

c) Welche Ziele verfolge ich in der Beziehung zu Herrn Fortunato und wie kann ich

diese erreichen?

d) Welche persönlichen Ziele verfolge ich, welchen Gewinn ziehe ich aus meiner Arbeit

mit ihm?

e) Bin ich stark genug, um trotz der schwere seines Schicksals, die freudvollen Momente

und die hoffungsvolle Zukunft zu sehen und auch ihm spürbar zu machen?

f) Ist es möglich einem Menschen etwas von seiner eigenen Erfahrung, Überzeugung

und Lebenskraft mitzugeben, der sich selbst aufgegeben hat und zudem einen völlig

anderen Glauben, Lebensstil, eine ganz andere Herkunft und rein äusserlich gesehen

ein so verschiedenes Schicksal besitzt? Habe ich diese Lebenskraft und wenn ja,

woher nehme ich sie? Ist sie dann auch meinem Patienten zugänglich=

g) Was bringt zwei Menschen in eine Beziehung zu einander?

h) Was gibt dem Menschen den Willen mit andere in Beziehung zu treten?

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Ich werde noch später auf diese Fragen zurückkommen.

Hoffnung und Freude in der Pflegebeziehung

Wesentliche Probleme, die sich in der Beziehung ergaben bezüglich des Lernthemas

„Hoffnung und Freude“

Wenn Herr Fortunato seinem Schmerz, seiner Hoffnungslosigkeit und Frustration Ausdruck

verlieh, war es für mich nicht immer einfach, mich nicht von diesen Gefühlen anstecken zu

lassen und der Täuschung zu erliegen, dass die Sichtweise, die er für sein Leben hatte, die

einzig wirklich mögliche sei.

Als Herr Fortunato glaubte, sein Leben sei sinn- und wertlos, zog er sich zurück in des

Schneckenhaus seiner Wut und seines Schmerzes. Jegliche Beziehungen wurden für ihn

unbedeutend und er verzichtete auf die Möglichkeit Kontakte zu suchen. In dieser Zeit war es

sehr schwierig, an ihn heranzukommen und herauszufinden, was ihn gerade am meisten

bewegte.

Die Begegnung mit ihm liess mich auch meine eigene Einstellungen überdenken. Glaubte ich

wirklich und das, was ich ihm zu vermitteln versuchte? Wie ging ich mit Schwierigkeiten um,

die währen dieser Zeit an mich herantraten?

Herrn Fortunato gelang es währen der Zeit im Krankenhaus sinnvolles in seinem Leben zu

erkennen und Freude zu verspüren. Trotzdem hatte er bis zu Letzt immer wieder Rückfälle in

die Verzweiflung gehabt. Ich bemerkte, dass ich darin, mein eigenes Unvermögen und das

Versagen meines helfenden Potentials sah. Das lies mich daran zweifeln, ob meine Arbeit

überhaupt einen Sinn machte.

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Wie ich diesen Problemen entgegenwirkte

Um Herrn Fortunato in seiner Trauer ausreichend begleiten zu können, war es wichtig mich

auf schöne Dinge in meinem Leben konzentrieren, selbst Freude zu erleben, um Distanz zu

ihm und seinen Problemen zu bekommen. Dazu half es mir auch, mit einer guten Freundin

über meine Arbeit mit Ricco Fortunato zu sprechen und von ihr auf neue Aspekte und

Möglichkeiten, die seine besondere Situation beinhalten, aufmerksam gemacht zu werden. So

war es mir möglich, immer wieder mit neuer Energie an die Arbeit zu gehen und mich nicht

in Herrn Fortunatos Problemen zu verstricken, sondern ihm neue Wege, Möglichkeiten für

sein Lebe aufzuzeigen.

Das Vertrauen, das Herr Fortunato in mich hatte, machte es mir möglich auch in schweren

Stunden mit ihm im Gespräch bleiben zu können. Auch hatte er einen querschnittgelähmten

Freund auf unserer Station, der aus dem selben Ort wie er kam. Dieser war eine echte Hilfe

und ein grosses Vorbild für Herrn Fortunato. Er zeigte ihm, dass es wirklich möglich ist, ein

erfülltes Leben als Paraplegiker zu führen und machte ihm neuen Mut.

Wenn gar niemand mehr mit Herrn Fortunato in Kontakt treten konnte, half es mir, dass ich

den Willen zu Kämpfen und seine verborgenen Möglichkeiten in ihm sehen uns so an eine

neue Hoffnung für eine bessere Zukunft glauben konnte.

In dieser Zeit musste ich mir immer wieder bewusst machen, wo mein eigener Platz im Leben

war, was ich vom Leben, von der Zukunft erwartete. Ich musste unterscheiden, welche Ziele

ich mit und für Herrn Fortunato verfolgte und was ich selbst in dieser Beziehung lernen wollte.

Ich konnte ihn an der Hand nehmen, ihn begleiten und an manchen Stellen seines Weges ein

40
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Stück weit tragen, aber ich konnte nicht für ihn leben. Irgendwann musste er lernen, seinen

Weg alleine zu gehen. Das musste ich mir immer wieder vor Augen halten.

Ich erkannte sehr bald, dass es alleine Herrn Fortunatos Verantwortung war, was aus seinem

Leben wurde. Trotzdem fragte ich mich oft, ob ich auch das Richtige sagte und tat. Darin

wurde ich bestärkt, wenn Herr Fortunato zeigte, dass er bereit war selber Verantwortung zu

übernehmen und nach Antworten auf seine Fragen zu suchen.

Eine wichtige Ressource waren meine eigenen Lebenserfahrungen, die mir zeigten, dass

solange Hoffnung bestand, wie man seinen Sinn in seinem Leben finden konnte. Und diesen

gibt es immer, wenn man ihn finden will. Der „Wille zu Sinn“ unserer Existenz (Frankel,

2005) gibt uns Mut zu kämpfen, das Beste aus ihr zu machen und die Frage zu beantworten,

die das Leben uns mit seinen vielfältigen Aufgabe und Hindernissen an uns stellt. Im

Bewältigen dieser Aufgabe können wir Freude empfinden, auch wenn unser Leben schwer

erscheinen mag. Oder mit den Worten eines Philosophen, dessen Namen mir leider entfallen

ist:

„Ich träumte, und das Leben war Freude.

Ich erwachte, und das Leben war Pflicht.

Ich arbeitete, und die Pflicht wurde Freude“ (unbekannt).

Anhand dieser Erkenntnis gestaltete ich meine Therapie.

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Beschreibung der Pflegesituation

Zwar spürte ich von Anfang an, dass Herr Fortunato oft unzufrieden war und aggressive

reagierte. Was die Rehabilitation anbelangte war er demotiviert. Das scheint mir verständlich,

bei seiner langen Krankengeschichte, seiner schweren Körperlichen Behinderung und dem

Rückfall in der Rehabilitation durch de verordnete Bettruhe aufgrund des Dekubitus. Herr

Fortunato aber hatte sich aufgegeben. Er äusserte Suizidgedanken. Später erzählte er mir, dass

er bald sterben würde und froh darüber sei, denn sein Leben habe ohnehin keinen Sinn mehr.

Er glaubte, dass der Tod eine Erlösung sei. Der Mensch ist in seiner Vorstellung nur die

zufällige Zusammensetzung von verschiedenen chemischen Stoffen. Wenn er stirbt, dann ist

nichts mehr von ihm übrig. Herr Fortunato sagte das mit grosser Überzeugung und machte

dazu höhnische Bemerkungen über den Tod. Er möchte das Thema nicht ernst nehmen. Dabei

schildert er mir sein Leben vor dem Unfall. Der Sex, die Frauen, schnelle Autos und das Geld

seien sein Lebensinhalt gewesen. Er habe das Vergnügen gesucht und dieses Leben habe ihm

gefallen. Als ich auf seine Frau zu sprechen komme, lenkt er ab, das sei sowieso sein grösster

Fehler gewesen, die Heirat. Er war schon zweimal verheiratet. Er spricht nicht besonders gut

von seiner Gattin, obwohl sie regelmässig an den Wochenenden ihn besuchen kommt und

dafür extra aus dem Tessin anreisen muss.

Auch leidet Herr Fortunato unter einer schweren Identitätskrise. Da er im Rollstuhl sitzten

muss und sexuell nicht mehr so aktiv sein kann wie vor dem Unfall, blaubt er kein richtiger

Mann und kein wertvoller Mensch mehr zu sein.

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Pflegerische Interventionen

1. Dem Patienten seien ambivalenten Gefühle in Bezug auf das Sterben-wollen bewusst

machen und ihm helfen wieder einen Sinn im Leben zu finden, in dem man...

… ihn auf seine Gefühle anspricht und ihn darin unterstützt diese vorerst als

einen Teil seiner Wirklichkeit zu akzeptieren ohne sie zu werten,

… ihm ermöglicht zu trauern und ihm Zeit lässt seinen Verlust an

Lebensinhalten, Autonomie, Freude, etc. verarbeiten zu können und fähig zu werden

sich auf neue Werte in seinem Leben, die ihm Sinn geben, zu konzentrieren,

… mit ihm neben der Körperpflege problembezogene Gespräche auch über

belanglosere Dinge spricht und etwas unternimmt, das ihm Spass macht, um ihm

Freude zu vermitteln und die Lebensqualität zu steigern.

Als Ressourcen zähle ich hier besonders Herrn Fortunatos Ehrlichkeit, v.a. sich selbst

gegenüber und das Vertrauen, das er in die Pflegenden hatte.

Die Organisatorischen Gegebenheiten der Klinik waren auch eine grosse Hilfe. Die

Teilnahme an Ausflügen und anderen Aktivitäten zusammen mit anderen

Paraplegikern, ermöglichten ihm, auf andere Gedanken zu kommen. Dank der

herzlichen Atmosphäre, die auf der Station herrschte und er ehrlichen Anteilnahme,

die das Pflegeteam Herrn Fortunato entgegenbrachte, war es ihm möglich Vertrauen

aufzubauen und seine Ängste auszudrücken.

2. Den Patienten darin unterstützen ein Gefühl von Selbstwert wiederzufinden, indem

man…

… ihm aufzeigt, welche Fähigkeiten er hat

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… ihm Erfolgserlebnisse vermittelt

… ihm mit einer wertschätzenden Haltung begegnet

… ihn unterstützt, aufgaben zu finden, die er als wichtig erachtet und

Verantwortung zu übernehmen.

Dies wurde sehr unterstützt durch die Frau von Herrn Fortunato, die sich wirklich um

ihn bemühte und viel Geduld aufbrachte, wenn er mürrisch oder niedergeschlagen war.

Immer wieder besuchte sie ihn mit den Kindern und zeigte ihm so, dass er eine

wichtige Rolle als Vater bekleidete, besonders der älteren Tochter gegenüber, zu der

er einen besonderen Bezug hatte, und die er sehr liebte.

Es war mir wichtig, einerseits seine Frau in ihrer Haltung zu bestärken und

andererseits ihm Mut zu machen trotz der Behinderung Verantwortung für seine

Familie zu übernehmen.

Hierbei möchte ich nochmals Herrn Fortunatos Freund erwähnen, der ihm deutlich

zeigte, dass man auch als querschnittgelähmter Mann, ein vollwertiger Mann ist und

durchaus imstande das Leben zu meistern.

Trotz der Rückschläge war es Herrn Fortunato in der Rehabilitation gelungen relative

selbständig und mobil zu werden. Dieses und die vielen kleinen Erfolgserlebnisse

konnten als Ressourcen genutzt werden, um ihn zu motivieren.

Hypothese über die Auswirkungen der Pfegeinterventionen auf die Beziehung

- Der Patient wird sich bewusst, dass er weiterleben will, dies aber nicht in der jetzigen

Situation. Er kann zu seinen Gefühlen stehen und setzt sich mit seiner Trauer und

seinem Schmerz auseinander, und äussert das mir gegenüber, was das gegenseitige

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Vertrauen stärkt. Er wird sich bewusst, dass er die Situation aktiv, durch seine

Einstellung, verändern kann.

- Herr Fortunato ist fähig, sich über etwas zu freuen und kann dadurch auch Anteil

nehmen, wenn ich mich über etwas freue.

- Er findet wieder einen Sinn in seinem Leben und das Vertrauen in sich selbst. Das hat

zur Folge, dass er bereit ist, wieder Verantwortung für sich selbst zu übernehmen,

selbständiger und unabhängiger von den Pflegenden zu werden.

Die Suche nach dem Sinn

In den Gesprächen, die ich mit Herrn Fortunato führte, stellte sich heraus, dass er sich selber

nicht leiden konnte. Seine gelähmten Beine, hätte er uns Pflegenden am liebsten verschenkt

und dafür gerne unsere gesunden Beine genommen. Er sage auch, dass er sich nicht als

vollwertiger Mann sehen konnte. Er empfand es als eine grosse Ungerechtigkeit des

Schicksals, das andere, die einen ähnlichen Unfall erlitten hatten nur hinkten oder an Stöcken

nach Hause gehen konnten. Er glaubte, dass seine Frau und seine Tochter keine Achtung

mehr vor ihm haben könnten und ihn nicht mehr liebten. Darunter litt er sehr. Das zeigte mir,

dass seine Familie und besonders seine ältere Tochter, die er immer wieder erwähnte, im viel

wichtiger waren, als er uns glauben machen wollte.

Ich versuchte also die Beziehung zwischen Herrn Fotunato und seiner Familie zu fördern.

Wenn seine Frau und die beiden Kinder auf Besuch kamen, versuchte ich, sie einzubeziehen

und ermutigte Herr Fortunato auch, mit seinen Kindern zu spielen oder forderte ihn auf, seine

kleine Tochter auf den Arm zu nehmen. Das ist nicht gerade einfach für jemanden, der eine so

hohe Lähmung hat, da es sehr schwierig ist, ein Baby zu halten ohne die Balance im Rollstuhl

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zu verlieren. So halfen wir ihm dabei. Besonders gut mag ich mich an einen Nachmittag

erinnern, an dem ich mit Herrn Fortunato und seiner Familie im Foyer des Krankenhauses

eine Partie Tischtennis spielte. Nie mehr werde ich das Leuchten, das er dabei in seinen

Augen hatte, vergessen.34

Es war schön für mich mitzuerleben, dass Herr Fortunato sich im Kreise seiner Familie so

wohl fühlen konnte und auch gelöste Momente haben durfte. Es bestätigte die Hoffnung, die

ich für seine Zukunft hatte.

Auch erfüllte es mich mit Freude, dass ich einen Moment lang dazugehören durfte und diese

Familie in ihrem Leid und in ihrem Glück eine kleine strecke begleiten und miterleben durfte.

Die Auswirkungen der Pflegeinterventionen auf die Beziehung im Vergleich zur

Hypothese

Es gelang Ricco Fortunato, die Trauer zuzulassen und sogar vor einzelnen Pflegepersonen zu

weinen und seine Ängste, aber auch Wünsche für die Zukunft zu äussern.

Herr Fortunato hat später keine Suizidgedanken mehr geäussert und sprach auch nit mehr vom

Sterben. Er erzählte vielmehr von Dingen, die er plante nach seinem Austritt zu unternehmen.

Er begann seine Frau und seine Kinder echt zu schätzen und freute sich, wenn diese ihm

Zuneigung zeigten.

Zwischen dem Patienten ist das Vertrauen geblieben. Er begann auch Anteil daran zu nehmen,

wenn ich ihm etwas von mir erzählte, das mich freute, ohne dass es ihn gleich wieder ins

34
Daran erinnere ich mich in der Tat auch heute noch im Jahr 2010, 14 Jahre später.

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Grübeln brachte, was er verloren hatte. Er gab sich Mühe, soviel wie möglich selbständig zu

machen und zeigte mir deutlich, wenn er nicht mehr auf meine Hilfe angewiesen war.

Persönliche Stellungnahme

Erfahrungen im persönlich-sozialen Bereich

Um auf die Frage, die ich mir am Anfang dieser Arbeit stellte, zu antworten, möchte ich die

Punkte von Kapitel „

Pflegerische Interventionen“ Schritt für Schritt durchgehen:

a) Es hat sich eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Herrn Fortunato und mir

entwickelt, was meiner Ansicht nach ein tragendes Element unserer gemeinsamen

Arbeit war.

b) Auch ist es mir gelungen, immer wieder genügend Distanz zu finden, um mich nicht

in meiner Arbeit zu verlieren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es weder möglich

ist, ständig eine gewisse Distanz in einer Beziehung aufrecht zu erhalten, noch dauern

in vollkommener Einheit zu sein. Die Beziehung zweier Menschen gleicht dem Meer.

Wie Ebbe und Flut, so ziehen sich Menschen an, bis der eine sich etwas zurückzieht,

um wieder mit neuer Kraft dem anderen begegnen zu können. Eine Beziehung ist

fortlaufend in Bewegung, und nur so lange sie in Bewegung ist, bleibt sie lebendig.

Wenn man versucht eine Beziehung zu definieren, so ist das immer nur eine kurze

Momentaufnahme.

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c) Mein Ziel, das ich mit Herrn Fortunato verfolgte, was in erster Linie die Sinnfindung.

Ich konnte nicht erwarten, dass uns das in der kurzen Zeit gelänge, aber er konnte

soweit motiviert werden, nach einem Sinn zu suchen und wieder wenigstens teilweise

Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.

d) Das Ziel, das ich für mich selbst in dieser Arbeit verfolgte, war wohl, dass ich

versuchte Herrn Fortunato etwas von den Erfahrungen, die ich in meinem Leben

gemacht habe, weiterzugeben. Es ist schwerlich beweisbar, welchen Einfluss ein

Mensch auf die Entwicklung eines anderen nehmen kann. Vielleicht wäre alles ganz

anders gekommen, wenn ich nicht gewesen wäre, vielleicht zu Besseren für Ricco

Fortunato – vielleicht aber auch nicht. Das kann man nicht mit Bestimmtheit sagen.

Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass jedes Wort und jede noch so

bedeutungslos erscheinende Begegnung, mich auf irgendeine Art bewegt hat. So

glaube ich, dass das was ich Herrn Fortunato zu vermitteln versuchte, auch auf

irgendeine Weise bei ihm ankam. Wie er diese „Botschaften“, ob verbal oder non-

verbal, aufnahm, hing sehr von seiner Aufnahmefähigkeit und der Art die Botschaft zu

werte und zu interpretieren ab. Ich konnte das insofern beeinflussen, dass ich nur

Botschaften übermittelte, dich ich auch selbst als wahr betrachtete. So machte ich mir

nicht die Mühe zu lächeln, wenn ich wütend oder müde war. Dadurch gewann ich aber

an Aussagekraft. Herr Fortunato wusste, wenn ich etwas sagte, dann war es auch so

gemeint. Wichtig dabei ist auch, dass ich herausfand, wie ich am besten Zugang zu

ihm bekam. Manchmal ist es besser jemandem die Hand zu halten, als ich mit tausend

Worten trösten zu wollen. Auch wenn es unpassend erscheinen mag, bei der

Ernsthaftigkeit, die die Arbeit mit anderen Menschen, besonders wenn sie sich in

Krisensituationen befinden mit sich bringt, so möchte ich doch sagen, dass es mir
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immer wieder auch unheimlich viel Vergnügen bereitet hat, die Dynamik der

Beziehung zwischen Herrn Fortunato undn mir zu studieren, seine Reaktionen

auszurechnen und dann zu überprüfen, ob die mit der Wirklichkeit übereinstimmte.

Immer wieder Überraschungen zu erleben und zu improvisieren, wenn Herr Fortunato

ganz anders reagierte, als ich erwartete, mach meine Arbeit äusserst spannen und

kreativ. Kleine Fortschritte in Herrn Fortunatos Entwicklung, verhalfen mir zu

Erfolgserlebnissen und trösteten über Enttäuschungen und Rückfälle hinweg. Ich

glaube, dass ich etwas in Herrn Fortunato wieder in Bewegung bringen konnte, aber

ich weiss, dass er etwas in mir in Bewegung versetzt hat. Wie bei einer körperlichen

Berührung, so ist es auch wenn zwei Menschen sich geistig begegnen. Wir können

nicht berühren ohne berührt zu werden.

e) Während meiner Arbeit bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass das ertragen eines

Schicksals nichts mit stärken zu tun hat, sondern vielmehr mit der Entscheidung, das

positive sehen zu wollen und zu akzeptieren, was ist, ohne ständig zu fragen, was sein

könnte. Wenn man ein Ziel hat, ist es eine Frage des Sinnes, den man darin sieht und

der Zeit, die man sich gibt, das Ziel zu erreichen – vielmehr als die Kraft, ist es die

Ausdauer, die entscheidet, ob man sein Ziel erreicht oder eben nicht. Gelingt es einem,

nicht ständig um denselben Punkt, eine Aufgabe oder sich selbst, zu drehen, dann

findet man das Schöne auch mitten im Hässlichen.

f) Hier möchte ich auf Punkt (d) hinweisen.

g) Es ist schwer diese Frage zu beantworten, denn dazu müsste ich zuerst definieren was

„Beziehung“ überhaupt ist. Geht es dabei um ein Aufeinander-Bezogensein, dann

würde ich behaupten, dass der Mensch mit jedem Menschen, der ihm begegnet, für

eine gewisse Zeit, und wenn auch nur für einen Augenblick, auf diesen bezogen ist, da
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er als Lebewesen gezwungen ist auf seine Umwelt zu reagieren und so. Bedeutet die

Beziehung aber, dass man ein gemeinsames Ziel verfolgt, so setzt das voraus, dass

man ein Ziel hat und dieses nicht alleine erreichen kann. Weiter möchte ich hier nicht

darauf eingehen, das das ein Thema für sich, dass alleine schon Bücher füllen würde.

h) Siehe Punkt (g)

Theoretische Erkenntnisse

Ich habe mir aus verschiedenen Gebieten versucht, mir theoretisches Wissen für die

psychotherapeutische Arbeit mit Herrn Fortunato anzueignen, um seine Reaktionen besser

verstehen zu können und im Stande zu sein mein Handeln zu begründen. Dazu verwendete ich

vor allem Literatur von Viktor Emil Frankl (Frankl, 1998), Friedemann Schulz von Thun

(Schulz von Thun, 1981) , Radu J. Bogdan (Bodgan, 1994), Verena Kast (Kast, 1982), Liliane

Juchli (Juchli, 1994) und der Bibel (Zürcher Bibel, 2010). In meiner Arbeit konnte ich die

Bedeutung der Kommunikation gut erkennen. Auch wurde mir bewusste, dass die

Verarbeitung einer Krise nach einem bestimmten Muster abläuft, das zwar nicht immer

gradlinig verläuft, deren einzelne Stadien aber nicht übersprungen werden können, wenn eine

wirkliche Verarbeitung des Problems stattfinden soll.

Erkenntnisse aus dem praktischen Bereich

In der Arbeit mit Herrn Fortunato konnte ich lernen, dass das, was man auf dem Papier so

schön plant, logisch, sauber geordnet – perfekt! – in Wirklichkeit teilweise undurchschaubar

wird, eine eigene Dynamik entwickelt und manchmal eher unser Handeln bestimmt, als dass

unser Handeln die Entwicklung der Beziehung bestimmen würde. Das ist auch nicht weiter

schlimm. Die Arbeit mit Menschen gleicht eher einem Künstler, als einem Architekten. Man

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hat gewisse Vorstellungen, Visionen, aber weiss anfangs noch nicht, wie das fertige

Kunstwerk aussieht. Manchmal reagiert man anders, als man eigentlich möchte. Das Leben ist

eben nicht sauber und geordnet. Es ist tosende Brandung und Sturm, es ist Lieben und Hassen

zugleich, es ist der Blumenstrauss am Krankenbett und verschissene Unterhosen, das Lachen

über das ganze Gesicht, mit dem vollgerotzten Taschentuch in der Hand. Das Leben ist voller

Unvorhergesehenem und unkontrollierten Emotionen, denen wir uns nicht entziehen können,

gerade nicht wir, die wir und für psychologisch so bewandert halten.

Ale eine gute Erfahrung betrachte ich auch die Zusammenarbeit im Pflegeteam. Ihr rechne ich

den Erfolg in der Rehabilitation zu. Denn nur wenn alle die gleichen Interessen verfolgen, ist

es möglich das Ziel zu erreiche und den Patienten eine Atmosphäre zu bieten, in der sie

Geborgenheit finden und Selbstbestimmung wieder lernen können.

Auch wurde mir bewusst, wie wichtig die Liebe ist, die man dem anderen Menschen

entgegenbringt. Liebe – auch so ein Stichwort, mit dem man ganze Bibliotheken füllen könnte.

Nur so viel, wenn es uns gelingt ehrliche Liebe aufzubringen für das Leben, die Menschen

und ihren Schöpfer, wenn wir wirklich lieben wollen, dann sind wir befähigt zu heilen. Somit

sind wir immer ein wenig im Dienst, denn man kann nicht nur zu bestimmten Zeiten lieben,

und jeder, der einem anderen Liebe entgegenbringt ist ein wenig ein Pleger, eine Pflegerin,

auch wenn er auf der Bank arbeitet.

Dank

Ob dem stolz über die eigene Leistung sollte man nie den Dank vergessen. Zu danken habe

ich Herrn Fortunato, der bereit war, mit mir zusammen zu arbeiten, dem Team von der Station

PZB im Balgrist, Zürich, die mit Rat und Tat unterstützten, meinem Kliniklehrer Norbert

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Pfister, der mit mir im Klinischen Unterricht, über das Thema Beziehung reflektierte und

meinen Eltern, die mich immer in meiner Arbeit unterstützten. Besonderen Dank möchte ich

meinen Freunden Simon Bosshard, Anina Raths und Sandra Schmidberger aussprechen, die

mich viel lehrten, was menschliche Beziehungen anbelangt, mir zuhörten und halfen, die

nötige Distanz zu meiner Arbeit zu finden.

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Entwicklung und Veränderung

Von

Tabea Hirzel

Abschlussarbeit für das Einführungspraktikum im Spital Neumünster


Pflegeabteilung „Magnolia“
in der Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester Niveau II

Schlüsselthema: Entwicklung und Veränderung

Gesundheits- und Krankenpflegeschule Neumünster, Kurs 3

Zollikerberg, 28. Nov. 1997

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Gedicht zur Einstimmung

Wie in einem strudel


meine erinnerungen
sie eilen, eilen davon
davon, weit weg
mit der zeit.

war das gestern


oder heute
ist heute gestern
und gestern morgen
wo ist mutter
bei ihr bin ich geborgen

sie sagen: zeit


zum schlafen gehen
doch die sonne
scheint noch – zeit
es ist immer zeit
für etwas, sagen sie

doch mir ist die zeit


abhandengekommen
unbegreifbar, unfassbar
ich bin fassungslos

die zeit ist davon


mit meinen erinnerungen
die zeit ist im strudel der zeit
verschwunden

werde ich mich einmal nicht mehr erinnern


an mich
wer ich war
wer ich bin
wer ich sein will

werde auch ich


davongestrudelt
im strudel der zeit
mit der zeit
und meinen erinnerungen.

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Vorstellung der Patientin

Erster Eindruck

Für meine Arbeit zum Thema „Entwicklung und Veränderung“ habe ich Frau Blumenfeld35

gewählt. Lilian Blumenfeld ist eine schlanke, feingliedrige Dame mittlerer Grösse. Mit ihren

82 Jahren ist sie durchaus noch eine attraktive Frau. Man sieht ihr an, dass sie Wert darauf

legt gut gekleidet zu sein. Ihr graues, lockiges Haar, das mit den Jahren etwas an Fülle

verloren hat, trägt sie kurz. Vereinzelte weisse Strähnen verleihen ihr ein edles Aussehen. Ihre

Schultern hängen leicht nach unten, und ihre ganze Haltung ist etwas nach vorne gebeugt. Das

lässt sie sehr zerbrechlich erscheinen. Dieser Eindruck wird durch ihre mal schlurfende, mal

trippelnde, ja beinahe tänzerische Gangart noch verstärkt.

Ihr Blick ist vielmals gesenkt und ihr Gesicht wirkt zuweilen fast maskenartig, so arm an

Mimik und mit einer Haut wie Pergament, mit feinen Runzeln um Mund- und Augenwinkel

sowie auf der Stirn. Doch dieses Gesicht kann durchaus lebendig sein; wenn sie verwirrt im

Zimmer umherblickt und etwas sucht, wenn sie mich anschaut, etwas erzählt oder lächelt.

So war mein Eindruck, als ich begann Frau Blumenfeld kennenzulernen.

Biographie

Liliane Blumenfeld wurde am 29. November 1914 geboren und verbrachte den grössten Teil

ihres Lebens in Zollikon. Nach eigenen Angaben verlebte sie eine schöne Kindheits- und

Jugendzeit. Sie erlernte nach dem Abitur den Lehrerberuf und wurde eine der ersten

35
Alle Namen sind frei erfunden. Ich habe diesen Namen gewählt, weil die Bewohnerin Blumen liebt.

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weiblichen Lehrkräfte an der Sekundarschule im Kanton Zürich, die auch den Knaben

Unterricht erteilen durften. Darauf ist sie sehr stolz – schliesslich hat sie eine Art Pionierarbeit

auf dem Gebiet der Frauenrechte geleistet. An derselben Schule, an der sie unterrichtete,

lernte sie auch ihren Mann Robert kennen, der ebenfalls Lehrer war. Sie haben zusammen

eine sehr glückliche und harmonische Ehe geführt, was man auch heute noch in ihrem

Umgang miteinander sehen kann. Verschieden Krankheiten haben das Paar noch näher

zueinander gebracht, so dass der eine für den anderen zu einer Stütze im Leben wurde.

Eine dunkler Schatten legte sich über das Leben der Blumenfelds als sie sich Kinder

wünschten. Denn unglücklicherweise stimmten die Rhesusfaktoren ihres Blutes nicht überein.

Diese sog. Rhesusinkompatibilität sollte dazu führen, dass Frau Blumenfeld sechs

Fehlgeburten erlitt. Damals gab es noch keine Möglichkeiten dieser Komplikation

entgegenzuwirken. Schliesslich bekamen sie dann aber doch noch einen gesunden sohn, der

sich auch heute noch um die Mutter kümmert.

Etwa 1960 musste sich Frau Blumenfeld einer Hysterektomie und einer Adnexektomie

unterziehen aufgrund einer Verdachtes auf Ovarialkarzinom36.

Vor fünf Jahren wurden bei Frau Blumenfeld zunehmende Vergesslichkeit und

Hirnleistungsschwäche festgestellt. Im August 1994 wurde dann im Krankenheim Entlisberg

36
Hysterektomie: bed. Gebährmutterentfernung

Adnexektomie: bed. Entfernung der Eierstöcke

Ovarialkarzinom: bed. Krebs der Eierstöcke

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auf der gerontologischen Beratungsstelle die Diagnose Vaskuläre Demenz bei subkortikaler

Encephalopatie37 gestellt.

Als ihr Zustand sich verschlechterte und sie bei allen täglichen Verrichtungen Anleitung

brauchte, kümmerte sich ihr Mann um sie. Doch diese dauernde, aufopfernde Pflege, zehrte

an Herrn Blumenfelds Kräften. Im Januar 1996 musste deshalb das Ehepaar ins Spital

Neumünster eingewiesen werden.

Seitdem lebt Frau Blumenfeld im dem Spital integrierten Pflegeheim „Magnolia“. Ihr Mann

konnte wieder entlassen werden und wohnt nun selbständig in einer kleinen Wohnung vis-à-

vis vom Spital, die zum Diakoniewerk Neumünster gehört. Für ihn wäre es nicht sinnvoll

auch im Pflegeheim zu leben, da er nicht auf die Hilfe angewiesen ist, und der Aufenthalt in

solch einem Heim doch sehr kostspielig ist. Trotzdem kann er so seiner Frau nahe sein und sie

ohne grosse Umstände besuchen.

Aktuelle medizinische Diagnose

 Vaskuläre Demenz bei subkortikaler Encephalopatie

 Leichte Rechtsherinsuffizienz

 Arterielle Hypertonie

 Durch die Demenz bedingt, angstbetonte depressive Stimmungslage

 St. N. Hysterektomie und Adnexektomie (1960)

37
Vaskuläre Demenz bei subkortikaler Encephalopatie: Das bedeutet es handelt sich um eine gefässbedingte
Hirnleistungsschwäche, wobei der Hirnanteil, der sich zurückgebildet hat, sich unterhalb der Gehirnrinde, im Marklager
oder im Hirnstamm befindet.

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Aktuelle Medikamente

Bezeichnung Dosis Wirkung

Distraneurin 0,3 mg 2 Kps. Abends Hypnotikum zur Schlafunterstützen

Temesta 1,0 mg je 1 Tbl. Morgens Antidepressivum geg. Depressive

und abends Verstimmung

Saroten 1 Kps. Abends Antidepressivum zur Beruhigung und

Schlafunterstützung

Cordarone 200 mg ½ Tbl.morgens zum Ausschwemmen, Entlastung des

(ausser Sa und So) Herzens

Moduretic 50 mg 1 Tbl. Morgens zum Ausschwemmen, Entlastung des

Herzens

Beeinflussende Faktoren

Nun möchte ich noch kurz auf die das Leben von Frau Blumenfeld beeinflussenden Faktoren

eingehen.

Biologisch: Die Einzelheiten zu ihrem Äusseren möge der Leser bitte dem Kapitel

„Erster Eindruck“ entnehmen.

Veränderunge:

Frau Blumenfeld war schon immer eine schlanke Person, doch im

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Gegensatz zu heute etwas kräftiger gebaut, fülliger im Gesicht und wirkte

allgemein energievoller und robuster.

Die Demenz hat einen starken Einfluss auf ihre Mimik, welche

unbeweglich wirkt.

Psychologisch: Die Bewohnerin ist oft unmotiviert, hat wenig Eigeninitiative und ist im

Allgemeinen wenig interessiert an ihrer Umwelt. Sie ist stark auf ihren

Mann fixiert. Verlusterlebnisse haben sie stark geprägt.

Veränderungen:

Aus dem, was Frau Blumenfeld und ihr Mann mir von früher erzählen

entnehme ich, dass sie eine interessierte, unternehmungslustige und

gesellige Person war. Manchmal, z.B. in einer Spielrunde, kommt das auch

heute noch zum Ausdruck.

Soziokulturell: Frau Blumenfelds soziales Umfeld ist sehr gut. Ihr Sohn und ihr Mann

kommen sie regelmässig besuchen und zeigen viel Verständnis für ihre

Situation. Einige ihrer früheren Interessen wie singen, tanzen, Musik

hören, backen, spazieren kann sie noch immer ausführen.

Veränderungen:

Früher hat sie viel gelesen, ging gerne wandern und auf Reisen ins Ausland

mit ihrem Mann. Sie waren gerne in Gesellschaft. Aufgrund der

fortschreitenden Demenz und körperlicher Defizite geht das heute nicht

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mehr oder nur beschränkt und mit grossem Aufwand. So konnte sie auch

an der Hochzeit ihres Sohnes teilhaben, freute sich aber nur bedingt

darüber, da sie dieses Ereignis sehr verwirrte und aus dem Gleichgewicht

brachte.

Ökonomisch: Frau Blumenfeld war Lehrerin an der selben Schule wie ihr Mann. Die

Blumenfelds waren nie ernsthaft in finanziellen Schwierigkeiten und

stehen auch heute unter keinem finanziellen Druck.

Spirituell: Frau Blumenfeld ging sonntags oft mit ihrem Mann in die Kirche, was sie

manchmal auch heute noch tut. Weiter kann ich nicht feststellen, dass sie

die Religion in ihren Alltag einbezieht. Der Glaube oder Gott sind für sie

kein besonderes Thema. Sie zieh eine spirituelle Befriedigung eher aus der

Kunst, besonders der Musik. Ausserdem liebt sie Blumen sehr.

Einschätzung der aktuellen Situation

Anhand der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL’s) nach Liliane Juchli (Juchli, 1994)

werde ich im Folgenden versuchen die Situation einzuschätzen, in der sich Frau Blumenfeld

zur Zeit befindet.

1. Wachsein und schlafen

Defizite:

60
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- Es ist schwer nachvollziehbar in wie fern die Bewohnerin in dieser Lebensaktivität

von der Mitwelt abhängig ist. Da sie aber zurzeit mit Psychopharmaka behandelt wird,

gehe ich davon aus, dass ohne diese Medikamente ihr natürlicher Tag- und

Nachtrhythmus gestört wäre.

- Ausserdem hat Frau Blumenfeld ihr Zeitgefühl völlig verloren, so dass sie manchmal

denkt, es sei Morgen, wenn sie gerade von ihrem Mittagsschlaf aufwacht.

Ressourcen:

- Frau Blumenfeld kann die Uhrzeit von der Uhr ablesen, wenn man sie auffordert. Sie

kennt die ungefähre Essenszeiten und weiss, dass sie nach dem Abendessen jeweils zu

Bett geht.

- Das Distraneurin, das sie zur Schlafunterstützung erhält, wirkt gut. Nach der

Medikamenteinnahme wird sie Müde und äussert den Wunsch zu schlafen.

- Wenn sie trotzdem keine Ruhe findet, kann man diese Massnahme noch unterstützen

durch eine geborgene Zimmeratmosphäre (Verdunkeln, kleines Licht anlassen,

Lieblingsmusik im Kassettenrekorder laufen lassen, mit der Bewohnerin ein

beruhigendes Gespräch vor dem Einschlafen führen…). Die Bewohnerin lässt sich gut

durch diese Massnahmen beruhigen.

Einschätzung (4. Grad):

 Schlafunterstützende Medikamente, schlechte Zeitorientierung, allgemein unruhiger

Zustand der Bewohnerin, sie kann unterstützende Massnahmen nicht selbständig

anwenden, hat aber genügend Ressourcen, die den Schlaf-Wachrhythmus unterstützen.

2. Sich bewegen

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Defizite:

- Da die Medikamente Frau Blumenfeld zeitweilen sehr müde mache, ist ihr Gang

manchmal unsicher und schwankend. Es besteht die Gefahr zu stürzen.

- Gelegentliche Rückenschmerzen erschweren ihr das Gehen.

- Die abnehmende Hirnleistung hat grossen Einfluss auf die Bewegungen der

Bewohnerin und auf ihre Orientierung im Raum, sowie die Koordination ihrer

Körperbewegungen. Das führt dazu, dass sie alles langsam und in kleinen Schritten

tun muss und für die meisten Aktivitäten Anleitungen braucht. D.h. sie kann in ihr

Zimmer alleine gehen, findet aber nicht immer selbständig den Weg dorthin und

braucht deshalb Begleitung

Ressourcen:

- Frau Blumenfeld hat noch genügend Kraft, um auch längere Strecken zu gehen.

- Sie hat Trott ihres Alters noch eine grosse Beweglichkeit.

Einschätzung (1. Grad):

 Kraft und Beweglichkeit genügend vorhanden, Koordinationsstörungen und

Desorientiertheit behindern ein zielgerichtetes Handeln.

3. Sich waschen und kleiden

Defizite:

- Frau Blumenfeld macht es grosse Schwierigkeiten, die richtige Reihenfolge beim

Waschvorgang und beim Anziehen einzubehalten.

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- Oft vergisst sie gerade nachdem sie sich angezogen hat, was sie tat und fragt, ob sie

sich jetzt anziehen könne. Sie braucht deshalb Anleitung.

- Sie weiss nicht immer, wann es sinnvoll ist sich die Kleider anzuziehen, auszuziehen

oder sich umzuziehen.

- Durch die Demenz begründete Wahrnehmungsstörungen, geben Frau Blumenfeld

häufig das Gefühl „klebrig“ zu sein, besonders an den Händen und der Oberschenkel

Innenseite. Ausserdem verwechselt sie die Sensationen „feucht“ und „kalt“ oft mit

„klebrig“. Sie fühlt sich deshalb schnell schmutzig, was für sie etwas sehr

Unangenehmes, abstossendes ist. Sie fühlt sich deshalb auch oft abstossend.

Ressourcen:

- Sie war zeitlebens eine reinliche, gepflegte Frau und legt auch heute noch wert darauf.

Deshalb ist sie sehr kooperativ und lässt sich gerne helfen.

- Sie hat keine Einschränkungen in der Beweglichkeit, weshalb sie auch in engen

Kleidungsstücken hineinkommt.

- Sie kann einfache mündliche Anleitungen verstehen und umsetzen.

Einschätzung (3. Grad):

 Körperliche Fähigkeit vorhandene (Kraft und Beweglichkeit), starke Desorientierung,

kann aber einzelne Schritte mit Anleitung noch selber ausführen,

Wahrnehmungsstörungen und damit verbundene Verletzung ihres Selbstwertgefühls.

4. Essen und trinken

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Defizite:

- Die Bewohnerin hat die meisten Zähne verloren und brauch deshalb im Oberkiefer

eine Vollprothese und im Unterkiefer eine Teilprothese.

- Mit dieser Zahnprothese kann sie nur pürierte oder ganz weiche Lebensmittel zu sich

nehmen, da sonst laut Zahnarzt die Prothese kaputtgehen würde-

- Frau Blumenfeld ist nicht mehr fähig sich selber etwas zu kochen oder sich sonstwie

Nahrung zu beschaffen.

- Ihr Appetit ist so mangelhaft, dass sie sich aus eigenem Antrieb nicht ausreichen und

ausgewogen ernähren würde.

- Ihr Durstgefühl ist herabgesetzt, weshalb sie Aufforderungen zum Trinken braucht.

Ressourcen:

- Die Prothese hält gut, so dass sie nicht völlig auf püriertes Essen angewiesen ist.

- Sie kann selbständig mit dem Löffel die pürierte Kost essen und ist fähig sich das

Marmeladebrot am Morgen zu streichen.

- Sie mag das Meiste, was man ihr auftischt und stört sich auch nicht wesentlich daran,

dass das Mittagessen meistens püriert ist.

- Sie kann aufrecht sitzen und schlucken, wodurch eine physiologische

Nahrungsaufnahme gewährleistet ist.

Einschätzung (2. Grad)

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 Zahnprothese, verminderter Antrieb zu Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme,

Schwierigkeiten bei der Nahrungsbeschaffung, Bescheidenheit der Bewohnerin bei der

Kostwahl, gute Funktion der Verdauungsorgane, mit Ausnahme der Zähne.

5. Ausscheiden

Defizite:

- Nachts, im Schlaf bemerkt Frau Blumenfeld oft zu spät oder überhaupt nicht, dass sie

Wasserlösen muss und nässt deshalb ein.

- Sie kann sich, nachdem sie auf der Toilette war, nicht selbständig die Kleider wieder

hochziehen.

Ressourcen:

- Tagsüber ist sie kontinent.

- Sie kann uns frühzeitig mitteilen, wenn sie auf die Toilette muss und geht t.w. sogar

selbständig aufs WC.

Einschätzung (2. Grad):

 Nächtliche Inkontinenz, Probleme beim Anziehen nach Toilettengang, wäre sonst

selbständig.

6. Körpertemperatur regulieren

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Defizite:

- Die Bewohnerin kann sich nicht selbständig wärmere Kleidung anziehen oder die

Heizung hochdrehen, wenn sie friert.

Ressourcen:

- Sie kann uns rufen, wenn sie zu kalt oder zu warm hat.

Einschätzung (unabhängig):

 Da ihre Defizite in engem Zusammenhang mit anderen ATL’s stehen (sich bewegen,

sich kleiden) und sie physiologisch in dieser ATL eigentlich keine Einschränkungen

hat.

7. Atmen

Defizite:

- Keine

Ressourcen:

- Frau Blumenfeld hat eine normale Atmung

Einschätzung (unabhängig):

 Keine Einschränkung ersichtlich.

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8. Für Sicherheit sorgen

Defizite:

- Die Bewohnerin kann ihre Umwelt schlecht auf Gefahren hin abschätzen.

- Sie kann sich nicht selbständig in Sicherheit bringen.

- Sie empfindet ihre Umwelt im allgemeinen als Bedrohung.

Ressourcen:

- Sie kann um Hilfe rufen.

- Sie fühlt sich sicher wenn sie nicht alleine ist, bekannte Musik hören kann, Bücher

oder Fotoalben anschaut und wenn ihr Mann zugegen ist.

Einschätzung (4. Grad):

 Bewohnerin kann Gefahr nicht einschätzen, kann ihre Umwelt kaum beeinflussen, sie

kann aber um Hilfe schreien.

9. Raum und Zeit gestalten

Defizite:

- Wenn man sie nicht mit etwas beschäftigt oder bei ihr bleibt, sitzt Frau Blumenfeld

nur verloren herum. Dann beginnt sie Ihren Mann zu vermissen und ruft nach ihm.

- Sie beschäftigt sich nicht aus eigenem Antrieb.

- Sie kann sich nicht für längere Zeit auf etwas konzentrieren.

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Ressourcen:

- Sie hört gerne Musik und kann sich so auch längere Zeit beschäftigen.

- Es gibt viele Tätigkeiten, die man mit ihr noch ausführen kann, um den Tag sinnvoll

auszufüllen:

o Singen, Musik hören, dazu tanzen und klatschen

o Spazieren gehen

o Zuhören, wenn ihr jemand vorliest

o Erzählen von früher, in einer Runde diskutieren

o Mit anderen Spassen

o Mit Anleitung Kuchen backen

o Etwas Einfaches basteln

o Am „Dienstagsturnen“ teilnehmen

Einschätzung (4. Grad):

 Keine Eigeninitiative, mangelhafte Konzentration, kann aber noch viel, um sich zu

beschäftigen.

10. Kommunizieren

Defizite:

- Frau Blumenfeld hat ein äusserst mangelhaftes Kurzzeitgedächtnis. Sie kann sich

dinge selten länger als für fünf Minuten merken und nur, wenn man es immer

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wiederholt und Strukturhilfen gibt (Informationskarten, Zahnglas vor sie hinstellen,

damit sie sich den Mund spült, etc.).

- Sie kann nicht grössere Zusammenhänge herstellen oder komplizierte Erklärungen

verstehen.

- Sie leidet zeitweise unter Wahnvorstellungen, wobei sie weder genau sagen kann, was

sie beängstigt, noch was sie von uns erwartet.

Ressourcen:

- Sie kann gut sprechen, lesen und hören.

- Sie kann zuhören, wenn man ihr etwas erzählt, einfache Zusammenhänge verstehen.

- Sie kann sich an einem Gespräch mit mehreren Personen beteiligen.

- Sie kann Wünsche verbal äussern.

Einschätzung (3. Grad):

 Mangelhaftes Kurzzeitgedächtnis, begrenzte kognitive Fähigkeiten,

Wahnvorstellungen.

11. Kind, Mann, Frau sein

Defizite:

- Die Bewohnerin fand ihre Identifikation als Frau zu einem grossen Teil durch ihren

Mann, mit dem sie nicht mehr zusammenleben kann und von dem sie sich deshalb

verstossen fühlt.

- Unverarbeitete Erlebnisse verfolgen die Bewohnerin immer noch (Fehlgeburten!).


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- Bei allem, was sie tut, fragt sie sich, ob ihr Mann damit einverstanden wäre.

Ressourcen:

- Ihr Mann kommt sie täglich besuchen.

- Sie freut sich, wenn man sie schön zu Recht macht oder ihr ein Kompliment gibt.

Einschätzung (4. Grad):

 Extreme Abhängigkeit vom Ehemann, Entwicklung die sie machen würde, wenn er

nicht das ist, bleibt unvorhersehbar.

12. Sinn finden im Werden, Sein, Vergehen

Defizite:

- Im Werden: Die Bewohnerin hat keinerlei Ziele sich in irgendeine Richtung

weiterzuentwickeln. Sie fühlt sich als abgeschlossene Persönlichkeit und ist damit

zufrieden.

- Im Sein: ohne ihren Mann an ihrer Seite, findet sie keinen Sinn in ihrem jetzigen sein.

- Im Vergehen: Die verschiedenen Verlusterlebnisse (Fehlgeburten, Ehemann, Verlust

von schänheit und Jugend, zuhnehmende Hirnleistungsschwäche) bedeuten für sie

auch Verlust von Wert und Persönlichkeit und sind deshalb eine grosse Bedrohung für

sie.

- Man geht davon aus, dass ihre kognitiven Fähigkeiten zu sehr beschränkt sind, um

eine Sinnfindung mit dem Verstand zu vollziehen.

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Ressourcen:

- Frau Blumenfeld erinnert sich gerne an gute Zeiten, die sie durchlebte. Diese

Erinnerungen machen sie zufrieden und geben ihr Gefühle von Sicherheit und

Geborgenheit.

Einschätzung (5. Grad):

 Ich denke, es ist reine Spekulation etwas darüber zu sagen, wie sinnvoll jemand sein

Leben empfindet, ausser die betroffene Person tut es selbst. Frau Blumenfeld kann

dies aber jeweils nur auf die momentane Situation bezogen auch dann meist nur

indirekt ausdrücken. Es ist schwer zu erkennen, was und wie weit sie etwas verarbeitet

oder welchen Einfluss die Umwelt darauf nehmen kann. Ich gehe jedoch davon aus,

dass sie ohne Unterstützung nur umherirren würde. Bei meiner Einschätzung stütze

ich mich auf die Validationstheorie von Naomi Feil (Feil, 3. Auflage. 1982).

Die Einschätzungen der Abhängigkeitsgrade stellte ich an Hand einer Grafik nach Nancy

Roper (Roper, Logan, & Tierney, 2000) dar.

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Kind,
Mann, Kommu-
Frau nizieren
sein
Raum und Zeit
Sinn finden
gestalten

Wach sein und


Essen und trinken
schlafen

Sich
Sich waschen und
bewe
kleiden
gen

Körpertemperatur Für Sicherheit


regulieren sorgen
Atme Aus-
n scheiden

Für die Bewohnerin im Vordergrund stehende Veränderungen

Für Frau Blumenfeld steht, soweit ich das beobachten konnte, vor allem eine Veränderung im

Vordergrund. Diese ist ihre zunehmende Hirnleistungsschwäche. Sie liegt fast allen

Veränderungen in ihrem Leben und den Aktivitäten des täglichen Lebens zugrunde.

Als intellektuell tätige Frau ist der Verlust ihrer kognitiven Fähigkeiten ein schwerer Schlag

für Frau Blumenfeld. Die Prognose, dass ihre Krankheit sich verschlimmern wird und keine

Aussicht auf Heilung besteht, geben ihr auch keinen Anlass zu hoffen. Sie war sich am

Anfang der Demenz dessen bewusst und hat darunter auch sehr gelitten. Allmählich kann sie

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das ausmass ihrer Hirnleistungsschwäche immer weniger einschätzen und die daraus

resultierenden Folgen nicht mehr verstehen.

Deshalb ist es für sie auch unverständlich, weshalb sie getrennt von ihrem Mann leben muss.

Sie sucht nach anderen Gründen und fühlt sich infolgedessen abgelehnt und minderwertig.

Der Verlust des gemeinsamen Lebens mit ihrem Ehegatte ist für Frau Blumenfeld die

dramatischste und schwerwiegendste Veränderung in ihrer momentanen Situation.

Pflegeplanung

Problemstellung

Als Beispiel der Pflegeplanung bei Frau Blumenfeld habe ich ihre Abhängigkeit in der

Kommunikation gewählt. Sie hat starke Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen ihr

und dem Pflegeteam Ausserdem sich auch Angehörige und Mitbewohner, ja jeder, der mit ihr

in irgendeine Beziehung treten möchte betroffen.

Es ist schwierig mit jemandem zu kommunizieren, der sich nichts merken kann, alles gleich

wieder vergisst und nicht einmal mehr weiss, was er einige Stunden zuvor erlebt hat.

Wenn ihr Mann nicht da ist, wir die Suche nach ihm und die Frage, was er gerade tut, wo er

sich aufhält und weshalb er nicht kommt zum alles beherrschenden Thema, es ist schwierig

Frau Blumenfeld auf andere Gedanken zu bringen.

Die Wahnvorstellungen der Bewohnerin sind schwierig zu verstehen und es ist eine echte

Herausforderung ihr dabei zu helfen. So glaubt sie zum Beispiel, jemand habe sie vergiftet

oder sie habe etwas giftiges geschluckt, das ihr jetzt alles im Körper zerstört. Deshalb kann sie

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auch den Speichel nicht herunterschlucken und muss ihn ständig ausspucken. Auch glaubt sie

teilweise bedingt durch die Sensibilitätsstörungen an Händen, Füssen und im Intimbereich

klebrig zu sein, was sie auch wieder zu dem Schluss bringt, dass alles am Körper kaputt gehe.

Wenn ihr die Nase läuft oder sie weint, dann meint sie, sie laufe aus und gehe kaputt.

Das dies ihr grosse Angst macht und sie so ständig in Unruhe gerät, ist nur verständlich. Wer

hätte nicht Angst, wenn er vergiftet würde, alles aus ihm ausläuft und er kaputt geht? Diese

Ängste veranlassen sie einmal mehr nach ihrem Mann zu suchen, der ihr helfen könnte.

Pflegeziele

Nahziele:

Das Nahziel ist, dass Frau Blumenfeld sich wieder beruhigt und sich ernst genommen, sicher

und geborgen fühlt.

Sie soll Freude erleben und einen Sinn in der momentanen Tätigkeit finden, um sich auch

darauf zu konzentrieren zu können.

Fernziel:

Auf lange Sicht hinaus bis zu ihrem Tode erhoffe ich mir, dass sie nicht in einen Zustand des

Vegetierens verfällt, wie das bei einer Demenz zu erwarten ist, sondern fähig bleibt zu

kommunizieren und mit der Umwelt in eine Beziehung zu treten.

Die noch vorhandene Selbständigkeit soll möglichst lange erhalten bleiben.

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Sie soll sich bis zu ihrem letzten Tage als vollwertiger Mensch fühlen, der ein Recht hat zu

Leben.

Pflegeinterventionen

Pfegeinterventionen Funktion

1. Die Pflegeperson soll ihr eigenes Zentrum finden, damit verletzende oder F2

erschreckende Aussagen der Bewohnerin nicht persönlich genommen

werden. Sie soll sich ganz auf die welt von Frau B. einstimmen. Gefühle

können später im Team erörtert werden.

2. „Wer, was, wo, wann, wie“ aber niemals „warum“-Fragen stellen. Die F1, F2,

Bewohnerin kann keine Rationalen antworten darauf geben. F3

3. Die Aussagen der Bewohnerin mit ihren eigenen Schlüsselworten F1, F3

widerholen. Diese nich anzweigeln, sondern die Realität der Bewohnerin

als deren Realität akzeptieren.

4. Berührung: Mit Berührungen kann man einen guten Kontakt zu Frau B. F1, F2,

herstellen und sie ablenken und trösten. Besonders gut geht das, wenn F3

man einen Arm um ihre Schulter legt oder ihr mit der Handfläche über

die Wangen streicht.

5. Blickkontakt herstellen. Die Bewohnerin kann sich so besser F1, F2

konzentrieren und in Beziehung treten.

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6. Mit klarer, tiefer, ruhiger, liebevoller stimme sprechen. Laute, schrille F1, F2

Töne erschrecken und verunsichern die Bewohnerin. Eine ruhige stimme

wirkt beruhigend und vermittelt Geborgenheit.

7. Emotionen der Bewohnerin beobachten und auf diese eingehen, sie ernst F2

nehmen und respektieren.

8. Gesichtsausdruck, Körper, Atem und Stimme der Bewohnerin anpassen F2

um sich besser in die Bewohnerin einfühlen zu können.

9. Mit Gefühlen auf die Emotionen der Bewohnerin reagieren. F2

10. Nicht weiter „bohren“, wenn Frau B. ein Wort nicht findet oder einen F1, F2

Satz nicht beenden kann. Das würde sie nur noch stärker ihr

Selbstwertgefühl verunsichern.

11. Einen Zusammenhang zwischen Verhalten und Gefühlen herstellen. F1, F2

Wenn sie nach ihrem Mann ruft möchte sie…

… sich sicher/geschützt/geliebt fühlen?

…nützlich/aktiv/tätig sein?

…ihre spontanen Gefühle ausdrücken/gehört/verstanden werden?

12. Mit der Bewohnerin singen, ihr das Radio mit klassischer Musik und F1, F2,

Kassetten einstellen. Das erinnert sie an schöne Zeiten und beruhigt sie. F3

13. Die Biographie der Bewohnerin kennen lernen, um mit ihr über alte F1, F2,

Zeiten reden zu können, sie an diese zu erinnern und sie so auch auf

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andere Gedanken bringen zu können. Ihr auch von sich erzählen. Das F3

gibt ihr das Gefühl, am Leben teilhaben und anderen etwas geben zu

können. Sie dabei aber nicht überfordern.

14. Ihr Strukturhilfen geben: Uhr im Zimmer, Orientierungskarte, anhand F1, F2,

deren sie sich selbst Informationen beschaffen kann, wann Robert F3

kommt, ihr sagen, was als nächstes gemacht wird (z.B. Mittagessen) und

wie lange es noch geht, sagen, wann ihr Mann kommt, Foto an der Tür,

damit sie das Zimmer besser erkennt, Foto von ihrem Mann auf dem

Tisch, damit sie sich ihm nahe fühlen kann, etc.

15. Klingel gut erreichbar haben oder Tür offen lassen, damit sie rufen kann. F1, F3

16. Fähigkeiten herausfinden, um mit ihr produktive Dinge zu tun. Das F1, F2,

fördert ihr Selbstwertgefühl und gibt ihrem Tag einen Inhalt. So kann sie F3

auch Anerkennung bei anderen gewinnen. Solche Tätigkeiten sind z.B.

Kuchen backen, Wäsche falten, Basten.

17. Massnahmen und deren Wirkung im Kardex festhalten und von Zeit zu F5

Zeit im Team evaluieren. Nur so kann man sich vergewissern, dass alle

„am gleichen Strick“ ziehen und ob die Massnahmen wirkungsvoll sind.

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