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3.

2016

AMPERE – DAS MAGAZIN DER ELEKTROINDUSTRIE


Connecting Global Competence

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MOBILITÄT 4.1

Weltleitmesse für Komponenten, Systeme und


Anwendungen der Elektronik … automatisiert, elektrifiziert, vernetzt
3.2016

Messe München I 8.–11. November 2016 I electronica.de


ZVEI-Jahreskongress 2016

Wir danken unseren Partnern!


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ZVEI Jahreskongress 2017
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www.zvei-jahreskongress.de
EDI TORIAL 3

In intelligente
Technik sollten wir
genauso investieren
wie in den Erhalt von
Autobahnbrücken.

Liebe Leserin, lieber Leser,

erinnern Sie sich noch an den Moment in Ihrer Kindheit, als Sie Ihr erstes Fahrrad
bekamen? An das Gefühl, dass sich plötzlich neue Horizonte öffnen? Später kam der
Führerschein hinzu, in unserer Generation ein Symbol für die Freiheit des Erwachsen­
seins. Und auch wenn Abiturienten heute eher auf das eigene Auto als auf ihr Smart­
phone verzichten würden, ist und bleibt der Mensch ein mobiles Wesen.

Der hohe Grad an Mobilität für Personen, aber auch für Güter, den wir in entwickelten
Ländern erreicht haben, zeigt jedoch immer deutlicher seine Schattenseiten. In der EU
sind 94 Prozent des gesamten Verkehrs nach wie vor vom Erdöl abhängig. Die ehr­
geizigen Klimaschutzziele Deutschlands und Europas können nicht erreicht werden,
wenn es nicht gelingt, auch den Verkehrssektor zunehmend auf erneuerbare Energie
umzustellen. Zudem kann sich niemand damit abfinden, dass in Europa etwa 26.000
Menschen pro Jahr bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen.

Technologie kann nicht alle Probleme lösen. Aber Automatisierung, Elektrifizierung


und Vernetzung sind Schlüsseltechnologien, um den Verkehr deutlich sicherer und
umweltverträglicher zu machen. Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der
Schiene. In intelligente Technik sollten wir genauso investieren wie in den Erhalt von
Autobahnbrücken aus Beton.
Illustration: Indi Davies | Titel-Illustration: Sascha Bierl

Lassen Sie uns etwas bewegen!

MICHAEL ZIESEMER
Präsident des ZVEI

AMPERE 3.2016
4 INH A LT

Grenzenlos mobil 8
Nachhaltiger, sicherer, komfortabler – die ersten
Schritte zum vernetzten Verkehr der Zukunft sind
bereits getan. Doch die Vision „Mobilität 4.1“ verlangt
mehr: neue Ideen und konsequente Umsetzung.

Editorial 3 STANDPUNKTE Vision 2040: Ein Tuk-Tuk-Fahrer entführt


MÄCHTIG IN FAHRT uns in die indische Hauptstadt Delhi.
EINST & JETZT Dr. Tobias Miethaner aus dem Verkehrsstaus gibt es 2040 nicht mehr.
Die Freude am Auto bleibt. Bundes­verkehrsministerium kümmert

12
Doch muss man es dafür besitzen? 6 sich um Gesetze für autonome Autos 32

VISION 2040 ESSAY


Nirgendwo ist der Verkehr chaotischer VIELE BAUSTELLEN
als in Delhi. Auch in Zukunft? 8 Die Autoindustrie muss sich neu
orientieren. Ein Essay von Birgit
AUFTAKT Priemer aus der Chef­redaktion von
AUFBRUCH „auto motor und sport” 36
Auf Schiene und Straße schreiten
Auto­matisierung, Elektrifizierung und ENERGIEEFFIZIENZ ERLEBEN
Vernetzung voran 12 STILLE POST
Warum die Deutsche Post
CHEFSACHE die Entwicklung eines eigenen
„DIE DRITTE GROSSE WELLE” Zustellfahrzeugs betreibt 38
Continental-Vorstand Helmut Matschi
sieht überall Chancen 18 FAKTEN STATT VORURTEILE 40

FORSCHUNG HEISSES EISEN


DIE NÄCHSTE GENERATION UNTER DEM PUTZ
Das Elektroauto ist weit entwickelt. Viele deutsche Wohngebäude sind nicht
Aber das Beste kommt noch 22 auf die Energiewende vorbereitet 42 Auftakt: Ein neues Mobilitätszeitalter wird
greifbar. Doch um aus Visionen Wirklichkeit
PRAXIS VORAUSGEDACHT werden zu lassen, muss in die Infrastruktur
FAHRSCHULE FÜR AUTONOME AUTOS LUKRATIVER ALS DER DROGENHANDEL investiert werden.
Ein Ingenieur bei Bosch arbeitet Arne Schönbohm erläutert Schülern
beharrlich am automatisierten Fahren 26 die Gefahren im Cyberraum 44

INFOGRAFIK AUS DEM KOFFER


STEIGENDER INTELLIGENZQUOTIENT HÄNDE WEG?
Wie aus dem Autoradio das moderne Die Kolumne von Johannes Winterhagen 46
On-Board-Infotainment wurde 30

Download & Bestellung


Sie können die Ausgabe von AMPERE über den QR-Code
downloaden oder unter zsg@zvei-services.de bestellen.
26
QR-Code Reader im App Store herunterladen und Code
mit Ihrem Smartphone scannen.
Praxis: Automatisierte Autos mögen
ISSN-Nummer 2196-2561
ohne Fahrer auskommen. Aber nicht
www.zvei.org/ampere Postvertriebskennzeichen 84617 ohne Menschen, die sie entwickeln.

AMPERE 3.2016
INH A LT 5

32
Standpunkte:
Dr. Tobias Miethaner,
Abteilungsleiter im
BMVI, will die Haftung
für automatisiertes
Fahren rasch klären.

18
Chefsache: Helmut
Matschi, Vorstandsmit-
glied bei Continental,
bereitet sich auf einen

38
schnellen Wandel der
Mobilitätswelt vor.

Energieeffizienz erleben: Der ehemalige Hochschul­


professor Achim Kampker entwickelt einen Elektro-
transporter für die Post.
Impressum

42
CHEFREDAK TEUR VERL AG, KONZEP T &
Thorsten Meier REALISIERUNG
PICS publish-industry Corporate Services GmbH,
HER AUSGEBER München
ZVEI-Services GmbH Projektleitung: Carola Gantner,
Dr. Henrik Kelz, Patricia Siegler c.gantner@publish-industry.net
(Geschäftsführung)
Lyoner Straße 9, Inhalt: Redaktionsbüro delta eta Paschek &
60528 Frankfurt am Main Winterhagen GbR
Telefon +49 69 6302-412
Art-Direktion: Barbara Geising
E-Mail: zsg@zvei-services.de
www.zvei-services.de ANZEIGEN
Dr. Henrik Kelz, kelz@zvei-services.de
ZSG ist eine 100-prozentige Servicegesellschaft
des ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und DRUCK
Elektronikindustrie e. V. SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG

ANSPRECHPARTNER ZVEI E.V. Der Bezug des Magazins ist im ZVEI-Mitgliederbei-


Thorsten Meier trag enthalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr,
(Abteilungsleiter Kommunikation und Marketing), Änderungen vorbehalten. Nachdruck, Vervielfälti-
meier@zvei.org gung und Onlinestellung nur mit schriftlicher
Karen Baumgarten, Stella Loock Genehmigung des Herausgebers gestattet.
(Referenten Kommunikation und Marketing), Alle Rechte vorbehalten.
baumgarten@zvei.org, loock@zvei.org
www.zvei.org Stand: 09/2016.

Dieses Magazin wurde auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt. Mit der


Heißes Eisen: Die Deutschen sollten mehr in die FSC®-Zertifizierung (Forest Stewardship Council) wird garantiert, dass sämtlicher
verwendeter Zellstoff aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Der FSC® setzt
Elektroinstallation investieren, meint Unternehmer sich für eine umweltgerechte, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige
Bewirtschaftung der Wälder ein und fördert die Vermarktung ökologischer und
Andreas Bettermann. sozial korrekt produzierten Holzes.

AMPERE 3.2016
6 EINS T

Inszeniert

2007 Von Immobilien abgesehen, gibt man für keine Anschaffung mehr
aus als für das eigene Auto. Durchschnittlich 24.794 Euro zahlten die
Deutschen bis zur Finanzkrise für einen Neuwagen. Da muss die
Übergabe natürlich inszeniert werden, in der BMW-Welt zum Beispiel.

Foto: BMW AG

AMPERE 3.2016
JE T Z T 7

Improvisiert

2016 Das Carsharing findet immer mehr Anhänger, vor allem in Metro­
polen wie Berlin. Anfang 2016 waren fast 1,3 Millionen Deutsche bei
einem der mehr als 150 Anbieter registriert. Je nach Ausgestaltung des
Angebots teilen sich 45 bis 126 Fahrberechtigte ein Auto.
Foto: Daimler AG

AMPERE 3.2016
8 VISION 2040

Mein Tuk-Tuk
tuckert
nicht mehr
Prajit ist Tuk-Tuk-Fahrer in Delhi. Er fährt uns im Jahr 2040
durch die Millionenstadt, in der er aufgewachsen ist. Die Luft
ist sauber, man kann die Vögel singen hören. Ein Wunder oder
die Folge kluger Verkehrspolitik?

Text: Johannes Winterhagen | Illustration: Inna Heller

S
ie kommen aus Deutschland? Willkommen
in Delhi, willkommen in Indien! In meiner
Familie liebt jeder Deutschland. Mein Vater
zum Beispiel, der träumte immer von einem
Mercedes. Man hatte ihm erzählt, dass in Deutsch-
land viele Fahrzeuge dieser Marke als Taxis eingesetzt
werden. Für ihn war das der Inbegriff von Wohlstand.
Kein Wunder, man muss wissen, er hatte den
gleichen Beruf wie ich: Er war Fahrer eines Tuk-Tuk.
Steigen Sie ein! Auf dem Touchpad vor Ihnen können
Sie unsere Route verfolgen – oder einfach ein wenig
im Internet surfen.
Sie sind jung, nicht wahr? Und zum ersten Mal in
unserer Stadt? Dann will ich Ihnen erzählen, wie es
hier vor 24 Jahren aussah, im Jahr 2016 also. Nehmen
wir an, Sie wären im Januar zu uns gekommen – für
einen Europäer eigentlich eine gute Zeit, um Nordin-
dien zu bereisen. Es ist tagsüber warm, aber nicht
heiß, und der Monsun ist noch weit weg. Damals „Mein Name ist Prajit.
aber hing im Winter oft dichter Nebel über der Stadt. Ich führe Sie durch die
Ein Nebel, den wir Menschen verursachten, vor allem Vorzeigestadt in Sachen
durch das Verbrennen von Kohle und Müll. Die Luft Mobilitätswende.”
roch scheußlich, wir Kinder hatten im Winter oft
Atembeschwerden, auch wenn wir nicht erkältet
waren. Im Jahr 2015 verzeichnete Delhi unter allen
Städten der Welt die höchste Feinstaubbelastung.

AMPERE 3.2016
VISION 2040 9

AMPERE 3.2016
10 VISION 2040

Auch 2040 gehört das


Tuk-Tuk zum Stadtbild –
in einer rein elektrischen
Variante.

Warum sich die Idee bei uns durchgesetzt hat? Schon


im Jahr 2016 war Indien der größte Motorradpro­
duzent der Welt. Die Regierung wollte Indien gleich-
zeitig zu einem Zentrum der internationalen
Automobilindustrie machen. Doch die Pläne gingen
nicht auf: Auf den Straßen war einfach kein Platz
mehr. Und um die Luftqualität zu verbessern, erließ
die Regierung strenge Abgasvorschriften, wie bei
Ihnen auch. Das war Teil des „Clean India“-
Programms, das der damalige Ministerpräsident
Narendra Modi im Jahr 2014 startete. Jedoch machte
die Technik, die benötigt wurde, um die Grenzwerte
einzuhalten, die Autos so teuer, dass sich auch die
größer werdende Mittelschicht einen Pkw nicht mehr
MIKROMOBILE EROBERN DIE STADT leisten konnte. In dieser Situation stellten einige Un-
Jetzt kommen wir auf den Connaught Place. Dieser ternehmer ihre Produktion um, sie entwickelten und
gewaltige Platz stellt das Zentrum von Neu-Delhi dar. fertigten fortan Mikromobile. Am Anfang war das
Viele Touristen kommen wegen der kolonialen Bau- kein großer Erfolg – man musste im Straßenverkehr ja
ten her. Wir Einheimischen lieben den Platz wegen Angst um sein Leben haben. Aber im Jahr 2020 erließ
der großen, klimatisierten Kinos, in denen die neues- die Stadtregierung von Delhi eine neue Vorschrift:
ten Bollywood-Streifen laufen. Zwei Ringstraßen um- In bestimmten Teilen der Stadt durften nur noch
schließen den Platz, auf den äußeren Ring treffen Nullemissionsfahrzeuge fahren. Schlagartig veränder-
strahlenförmig zwölf große Straßen. Mein Vater te sich das Straßenbild. Für uns Tuk-Tuk-Fahrer, wir
brachte mir bei: Wann immer du kannst, vermeide waren damals immerhin schon mit umweltfreundli-
den Platz. Es war immer Stau, morgens um acht, tags- chen Erdgasmotoren unterwegs, gab es eine zehnjäh-
über sowieso und auch abends um zehn kroch der rige Umstiegsfrist, um soziale Härten zu vermeiden.
Verkehr im Schneckentempo. Angeblich betrug die Seit zehn Jahren aber fahren alle Tuk-Tuks mit Elekt-
Durchschnittsgeschwindigkeit damals in der Stadt roantrieben. Wir haben eigene Schnellladestationen,
rund 10 km/h. Zudem war es laut. Ich habe das die über das ganze Stadtgebiet verteilt sind. So dauert
Geräusch aus meiner Kindheit noch im Kopf, dieses es nur eine halbe Stunde, bis der Akku wieder ausrei-
Gemisch aus permanent tuckernden, zwischendrin chend Strom für einen halben Arbeitstag hat. Meist
aufheulenden Motoren, lautem Hupen und der Musik brauchen wir für unsere Mittagspause eh länger.
aus Autoradios, die dazu dienen sollte, das Geräusch
der anderen zu übertönen. METRO ODER SCHNELLBUS?
Und was hören Sie jetzt? Das leise Surren vieler Die Durchschnittsgeschwindigkeit im Straßenverkehr
Elektromotoren. Menschen, die sich unterhalten – hat sich übrigens in etwa verdoppelt. Und wenn Sie
stimmt schon, das tun wir meist recht laut. Aber von hier aus besonders schnell zur Messe oder zum
vor allem hören Sie die Vögel singen. Sie sehen ja, Flughafen wollen, dann nehmen Sie die Metro, der
klassische Autos fahren hier kaum noch. Den Liefer- Eingang zur Station ist gleich hier. Die Stadtteile sind
wagen dort hinten ausgenommen, und selbst der zum Teil über ein Schnellbus-System angeschlossen:
gleicht nur äußerlich seinen Vorfahren. Die Menschen Dabei fahren die Busse mit dieselelektrischem Antrieb
bewegen sich fast ausschließlich mit dem Elektro- auf für sie reservierten Fahrspuren.
Tuk-Tuk oder den Mikromobilen. Was ein Mikro­ Sie wollen schon aussteigen und den Rest zu Fuß
mobil ist, wissen Sie ja, schließlich stammten die gehen? Mein Vater hätte es Ihnen verboten und
ersten Ideen dazu aus Ihrem Heimatland. Schon früh Sie direkt bis vor die Tür Ihres Hotels gebracht. „Der
begannen dort Querdenker und Tüftler damit, Fahr- Verkehr ist zu gefährlich für Ausländer“, sagte er
räder und Autos zu kreuzen. So sind extrem leichte immer. Nein, Sie können beruhigt gehen. Danke für
Fahrzeuge entstanden, die der Fahrer grundsätzlich das Trinkgeld, Sie tun damit etwas Gutes. Ich teile
mit der eigenen Muskelkraft bewegen kann, unter- meine Einnahmen mit meinem Bruder, der studiert
stützt von einem kleinen, leistungsstarken Elektroan- Elektrotechnik. Wenn er fertig ist, will er Antriebe für
trieb. Anders als ein Fahrrad besitzen sie aber Mikromobile entwickeln. Er will sich dafür einsetzen,
ein Dach, das ist hierzulande besonders wichtig, der dass ich einen Job als Testfahrer bekomme. Gemein-
Sonne und des Monsuns wegen. sam werden wir unschlagbar sein.

AMPERE 3.2016
Mobility Solutions | Industrial Technology | Consumer Goods | Energy & Building Technology

Die Bosch-Philosophie:

Es gibt keine
Alternative
zu Konsequenz.

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Seit über 30 Jahren entwickeln und ver-
bessern wir aktive Fahrsicherheitssysteme.
Heute ist jeder 2. Neuwagen mit einem
Fahrsicherheitssystem, wie z. B. ABS oder
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12 AUF TAK T

Ein neues Mobilitätszeitalter wird greifbar. Der Verkehr der Zu-


kunft ist automatisiert, elektrisch und vernetzt. Die technische
Entwicklung ist weit gediehen, doch das alleine reicht nicht, um
aus Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. Nun gilt es, in die
Infrastruktur zu investieren.

Text: Johannes Winterhagen und Laurin Paschek

Aufbruch
W
ie man sich irren kann. „Das Auto hat Führungsrolle europäischer Hersteller wie Bom­
keine Zukunft. Ich setze auf das Pferd“, bardier, Siemens und Alstom weltweit anerkannt.
sagte der deutsche Kaiser Wilhelm II, Doch deren Weltmarktanteil schrumpft, auch weil
nachdem ihm ein Mercedes Simplex in China – dem größten Bahnmarkt der Welt – die
vorgeführt wurde – für die damalige Zeit ein High- eigene Industrie bevorzugt wird. Durch die staatlich
tech-Fahrzeug. Allerdings stand der Kaiser mit seiner betriebene Fusion der beiden einst unabhängigen
Meinung nicht alleine, und auch die nackten Zahlen Hersteller CNR und CSR zur China Railway Rolling
sprachen nicht für eine rasche Verbreitung des Auto- Stock Corporation ist der größte Anbieter der Welt
mobils. Nie zuvor standen mehr Pferde in Diens- entstanden, der beispielsweise jede zweite neue Lok
ten des Menschen als an der Wende vom 19. zum auf der Welt baut.
20. Jahrhundert, da die ersten Automobi­listen auf die Auf welches Pferd also setzen? Das Auto, zumin-
Straßen drängten. dest wenn es so bliebe, wie es heute ist, torpediert
Einhundert Jahre später ist das Automobil ähnlich die ehrgeizigen Ziele, die sich die Europäische Union
erfolgreich wie einst das Pferd. Individuelle Mobilität für Klimaschutz und Verkehrssicherheit gesetzt hat.
für jedermann, immer und überall, das große Ver­ 80 Prozent weniger Treibhausgase und null
sprechen des Automobils, es scheint aufzugehen. Verkehrstote, das ist selbst mit den rollenden
88,3 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge wur- Hightech-Computern von heute nicht zu er-
den im Jahr 2015 verkauft, mehr als je zuvor. Bis zum reichen. Wer mit Experten über Lösungen für
Ende der Dekade soll die Zahl der Neuzulassungen die Zukunft spricht, hört immer wieder drei
auf 100 Millionen Fahrzeuge pro Jahr steigen. Man Worte, und zwar unabhängig davon, ob es
verdient gut und selbst die Zulieferindustrie, die noto- um den Verkehr auf der Straße oder der Schiene
risch über den Sparkurs der Hersteller klagt, verzeich- geht: automatisiert, elektrisch und vernetzt. Drei
net im Schnitt EBIT-Margen von 7,4 Prozent. Trends, die durch neue Technologien den Verkehr der
Der Erfolg des einen ist nur zum Teil das Leid des Zukunft sicher und umweltfreundlich machen sollen.
anderen. Denn trotz Finanzkrise, knapper Staatshaus- Drei Trends, hinter denen letztlich Fortschritte der
halte und geringer Investitionen konnte die Schiene Elektrotechnik stecken.
zulegen – zumindest im Personenverkehr. Um rund
ein Prozent pro Jahr stieg die Zahl der per Bahn ELEKTRISCH
zurückgelegten Personenkilometer, so eine aktuelle Im Jahr 2007 schaut Markus Lienkamp mit seinem

94 %
Studie der Europäischen Union. Von den 2011 in Sohn ein Video. Der Ingenieur ist damals leitender
einem Weißbuch zur nachhaltigen Mobilität festge- Forscher bei Volkswagen und arbeitet mit Leiden-
legten Zielen ist man jedoch weit entfernt. Dort heißt schaft an elektronischen Assistenzsystemen. Der
es unter anderem: „Bis zum Jahr 2050 soll die Mehr- Film „Eine unbequeme Wahrheit“, der die Ideen des
heit des Mittelstrecken-Passagierverkehrs auf die Fast-US-Präsidenten Al Gore zum Klimaschutz doku- des gesamten
Schiene verlagert werden.“ Die Mehrheit, das wären mentiert, verändert das Leben Lienkamps. „Vorher Verkehrsaufkommens
mindestens 50,1 Prozent. Der Anteil der Schiene am hatte ich das Thema CO2 nicht wirklich auf dem in der EU sind vom
Personenfernverkehr beträgt europaweit rund sieben Schirm“, sagt er heute. „Mir ging es darum, tolle Au- Erdöl abhängig.
Prozent. Die Produktion des „Rolling Stock“, also die tos noch besser zu machen.“ 2009 übernimmt er den (Quelle: EU)

Herstellung von Lokomotiven und Waggons, erfolgt Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der Technischen
unter weitaus höherem Margendruck, als ihn die Au- Universität München und widmet sich fortan der Er-
tohersteller kennen. Zwar wird die technologische forschung neuer Fahrzeug- und Antriebskonzepte.

AMPERE 3.2016
AUF TAK T 13

„Die technischen
Pro­bleme der
Elektromobilität
sind gelöst.”
PROF. DR. MARKUS LIENKAMP
Illustration: Fotolia/AlexZel, Sentavio, macrovector

AMPERE 3.2016
14 AUF TAK T

Mit Industriepartnern, Doktoranden und Studenten vollautomatischen, fahrerlosen Betrieb. Insgesamt


entwickelt er ein Elektroauto speziell für urbane fünf Jahre dauert die von Siemens verantwortete
Ballungsräume. Es ist besonders leicht, damit die Bat- Umrüstung der Leitzentrale und der Metrozüge im
terien möglichst weit reichen, bietet den Insassen laufenden Betrieb. Heute befördern die Pariser Ver-
gleichzeitig aber besseren Schutz als bisherige Leicht- kehrsbetriebe auf der Strecke täglich bis zu 725.000
baufahrzeuge. Fahrgäste im sogenannten „unbegleiteten Betrieb“,
„Elektromobilität ist die einzige Lösung“, zeigt sich der höchsten Stufe in der U-Bahn-Automatisierung.
Lienkamp mittlerweile überzeugt. „Die technischen Bei dieser Betriebsart kommuniziert das Schienen-
Probleme sind gelöst, es geht jetzt nur noch darum, fahrzeug mit der Streckenausrüstung: Streckenbezo-
die Kosten zu senken.“ Zum Teil werde das in den gene Rechner verfolgen alle Züge, die sich gerade in
nächsten Jahren über steigende Stückzahlen ohnehin den jeweils zugeordneten Streckenbereichen befin-
passieren. Darüber hinaus entwickele sich aber die den, und berechnen für jeden Zug in Echtzeit die
Technik weiter: Zellchemie, Zellaufbau, Batterie­ Fahrerlaubnis. Weil das System die Züge kontinuier-
kühlung, ja sogar beim Elektromotor – überall sieht lich führt, können diese dichter hintereinanderfahren
Lienkamp noch Kostensenkungspotenzial. Um das zu als im manuellen Betrieb auf Signalsicht. Die Rechner
erschließen, sollten europäische Autohersteller oder für die Streckenbereiche tauschen per Funksignal mit
deren Zulieferer unbedingt eine eigene Batterie- dem übergeordneten System in der Leitzentrale und
zellproduktion aufbauen. „Nur das verschafft den der automatischen Zugsteuerung in den Fahrzeugen
Anbietern den vollen Know-how-Zugang.“ ständig Daten aus, über die die jeweils erforderliche
Um elektrisch zu fahren, brauchen schienen­ Geschwindigkeit eines Fahrzeugs bestimmt wird.
gebundene Fahrzeuge keine Akkus, sondern lediglich Zusätzlich kommt eine automatische Zugsicherung
einen Fahrdraht. Kein Wunder also, dass die Bahn bei zum Einsatz. Sie korrigiert die Zugsteuerung, wenn
der Elektrifizierung mehrere Schritte voraus ist. Doch Teilsysteme wie die Überwachung der Bahnsteige
im Nahverkehr sind auch heute noch 40 Prozent des oder der Tunnel einen Alarm auslösen.
gesamten deutschen Bahnnetzes nicht mit Oberlei- Mit der dichteren Reihung der Züge erlaubt
tungen ausgestattet. Die Bahn-Tochter DB RegioNetz die Automatisierung im Nahverkehr nach Berech-
setzt deswegen nicht nur auf den weiteren Ausbau der nungen von Siemens eine höhere Auslastung von
Strecken, sondern auch auf elektrisches Fahren ohne bestehenden Strecken um bis zu 50 Prozent, ohne
Fahrdraht. So testet sie seit vergangenem Jahr auf neue Gleise verlegen zu müssen. Durch optimierte
einer Strecke im Erzgebirge Hybridloks mit einem die- Beschleunigungs-, Fahr- und Bremsvorgänge kann
selelektrischen Antrieb. Dabei treibt ein Dieselmotor außerdem der Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent
einen Generator an, der Strom für den Antriebsmotor reduziert werden. Auch in anderen Städten Europas
erzeugt. Die Traktionsleistung erfolgt rein elektrisch; sind bereits vollautomatische Züge in Betrieb; die
ein Akku stellt zusätzliche Leistung bereit oder nimmt einzige vollautomatische U-Bahn Deutschlands fährt
überschüssige Energie auf, etwa beim Bremsen. Ein in Nürnberg.
elektronisches Assistenzsystem sorgt dafür, dass der Eine einfache Übertragung der U-Bahn-Technik
Einsatz des Dieselmotors genau auf die Anforderun- auf den Fernverkehr ist nicht möglich, schon der
gen der Strecke abgestimmt wird. Je nach Strecke kön- hohen Geschwindigkeiten wegen. Zudem
nen durch solche Hybridantriebe bis zu 25 Prozent ist der wirtschaftliche Effekt weitaus
Kraftstoff eingespart werden, zeigt ein anderes Projekt geringer, weil eine deutliche Ver-
der Deutschen Bahn aus dem Odenwald. dichtung der Taktzeit auf
Die positiven Erfahrungen mit Hybridkonzepten vielen Strecken nicht zu
im Erzgebirge ermutigten die DB RegioNetz zu einem einem deutlich höheren
weiteren Projekt, das mit der Südostbayernbahn um- Fahrgastaufkommen führt. Trotz-
gesetzt werden soll. Deren Streckennetz ist bis auf dem soll an einer weiteren Automatisie-
eine Teilstrecke zwischen Mühldorf und München rung des gesamten Schienenverkehrs gearbeitet
nicht elektrifiziert. Das Konzept sieht vor, eine die­ werden. Im Juni unterschrieben Verkehrsminister
selelektrische Lokomotive so zu adaptieren, dass sie Alexander Dobrindt, Bahn-Chef Rüdiger Grube und
auf der kurzen Strecke mit Fahrdraht elektrische Volker Schenk, Vossloh, als Vertreter der Bahnindust-
Energie aufnimmt und in einem Stromversorgungs- rie ein gemeinsames Strategiepapier. Darin heißt es:
wagen speichert. Dazu soll der Versorgungswagen mit „Die Bundesregierung schafft die rechtlichen
einem Stromabnehmer ausgerüstet und zwischen ei- Rahmen­bedingungen für das automatisierte und
ner hybridisierten Lok von Bombardier und den dop- vernetzte Fahren auf der Schiene. Gemeinsam starten
Illustration: Fotolia/AlexZel, macrovector

pelstöckigen Waggons eingereiht werden. Im wir Pilotprojekte unter Realbedingungen.“


August 2018 soll der Probebetrieb starten. Auf der Straße wird dies bereits getan, auch hierfür
hat das Bundesverkehrsministerium eine Strategie
AUTOMATISIERT ausgearbeitet (siehe „Standpunkte“ in dieser Aus­
Auch bei der Automatisierung fährt die Bahn voran. gabe). Alle führenden Automobilhersteller arbeiten
So fährt die Linie 1 der Pariser Metro auf 17 Kilo­ mit Vehemenz am hochautomatisierten Fahren.
metern zwischen Chateau de Vincennes im Osten Es gilt, mit Nuancen, überall das Motto, das Daimler
und La Defense im Westen der Stadt seit 2013 im in einer mehrseitigen Anzeigenstrecke im Frühjahr

AMPERE 3.2016
AUF TAK T 15

„Die Bundesregierung
schafft die rechtlichen
Rahmenbedingungen
für das automatisierte
und vernetzte Fahren
auf der Schiene.”
ALEXANDER DOBRINDT, BUNDESVERKEHRSMINISTER

-50 %

Fahren Metrozüge voll-


automatisiert, kann der
Abstand zwischen ihnen
um bis zu 50 % verkürzt
werden.

AMPERE 3.2016
16 AUF TAK T

„Fahrzeughersteller, die
Anbieter von Infrastruktur
und IT-Unternehmen müs-
sen zusammenarbeiten.”
KARSTEN SCHULZE, BEREICHSLEITER IAV

Illustration: Fotolia/Golden Sikorka, Sentavio

AMPERE 3.2016
AUF TAK T 17

so formulierte: „Vor 130 Jahren haben wir das Pferd mehr nach festen Fahrplänen fahren, sondern könn-
ersetzt. Jetzt ist der Kutscher dran.“ Die Technik ist ten, wie einst das Anrufsammeltaxi, Abfahrtzeiten
so weit vorangeschritten, dass in wenigen Jahren und Routen an den Bedarf anpassen. In den Innen-
hochautomatisiertes Fahren zum Autobahn-Alltag städten gäbe es keinen Parksuchverkehr mehr, weil
gehören wird. freie Parkplätze sich ohne menschliches Zutun bei ei-
Weniger im Rampenlicht, doch volkswirtschaft- nem zentralen Server melden. Und Züge, von der Vor-
lich eventuell bedeutender ist die Automatisierung ortbahn bis zum ICE, würden zum rollenden Büro, in
des Nutzfahrzeugs. Mit dem Lkw werden in Europa dem alle Fahrgäste jederzeit mit voller Bandbreite un-
mehr als 90 Prozent der Güterverkehrsleistung er- terwegs sind. Dass hier der Konjunktiv dominiert,
bracht. Andreas Renschler, der die Nutzfahrzeugspar- liegt nicht an den technischen Möglichkeiten. Die
te des Volkswagen-Konzerns führt, spricht von „einer sind vorhanden, meist auch bereits in Pilotprojekten
neuen Ära des Transports“, die bis zum Jahr 2040 erprobt. Die Kommunikationsstandards, sowohl
heraufziehen werde. Der komplette Warenverkehr WLAN-P als auch 5G, sind gesetzt. Das Problem: die
werde dann von fahrerlosen Transportsystemen in Europa insgesamt zu geringen Investitionen in die
abgewickelt. Renschler zufolge sind die Nachfolger Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Zwar
des klassischen Lkw mit künstlicher Intelligenz gab EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc erst im
ausgestattet, die eine zentrale Steuerung unnötig Juni bekannt, zusätzlich 6,7 Milliarden Euro in die
macht: Jedes Fahrzeug sucht sich seine Transportauf- Entwicklung einer modernen Verkehrsinfrastruktur
gaben selbst. Dies soll zu einer erheblich besseren zu stecken, die durch private und öffentliche Mittel
Auslastung der Lkw und damit einer Entlastung der der Mitgliedsstaaten auf fast zehn Milliarden aufge-
Umwelt führen. „Wir fahren derzeit Luft für zwei­ stockt werden sollen. Doch damit können nur einzel-
stellige Milliardenbeträge durch Europa“, sagt Ren- ne Leuchttürme gefördert werden. Die 190 Millionen
schler. „Solche Ineffizienzen müssen wir beseitigen.“ Euro, die auf Deutschland entfallen, verteilen sich auf
Bis zum Jahr 2040 muss freilich nicht warten, wer insgesamt 20 Projekte, von neuer Radartechnik für
autonome Nutzfahrzeuge erleben will. Praktisch seri- die Flugüberwachung bis hin zu einer Studie für eine
enreif ist das „Platooning“. Dabei handelt es sich um Anbindung des Münchner Flughafens an das Fernver-
eine virtuelle Deichsel, die mehrere Lkw zu einem kehrs-Schienennetz. Einzelne Hightech-Projekte
Zug verbindet. Nur das erste Fahrzeug wird von lösen nicht das Problem bröckelnder Autobahn­
einem Menschen gelenkt, die „angehängten“ Lkw brücken und permanenter Funklöcher.
folgen dessen Spur. Da der Abstand zwischen den Ohne zuverlässige Vernetzung droht aber auch die
Fahrzeugen auf etwa 15 Meter verringert wird, sinkt Automatisierung des Straßenverkehrs an der Auto-
der Luftwiderstand. So wie bei einem Radfahrer, der bahnabfahrt Halt zu machen. „Wenn wir mit hoch­
im Windschatten eines anderen fährt, sinkt der Ener- automatisierten Fahrzeugen in urbanen Räumen
gieverbrauch. Mindestens zehn Prozent CO2- fahren wollen, dann sind wir auf die Vernetzung von
Einsparung sind so möglich. Bis 2017 wollen Fahrzeug und Infrastruktur angewiesen“, erläutert
sich die europäischen Lkw-Hersteller Karsten Schulze vom Ingenieurdienstleister IAV. Die
auf einen gemeinsamen Kommuni- Informationen, die über die fahrzeugeigenen Senso-
kationsstandard einigen, damit die ren entstehen, seien nicht immer exakt genug und
Fahrzeuge unterschiedlicher Anbieter müssten durch externe Daten ergänzt werden. Als
elektronisch gekoppelt werden können. Beispiel nennt Schulze eine Verkehrsampel an einer
Ob Pkw oder Lkw, hinter dem automatisierten mehrspurigen Straße. „Bevor ein Auto automatisch
Fahren steht ein Milliardenmarkt für die Elektroin- anfährt, müssen wir absolut sicher sein, für welche
dustrie. Eine 2015 veröffentlichte Studie von Boston Fahrspur Grün und für welche Rot gilt.“ Eine entspre-
Consulting schätzt den Weltmarkt für sensorbasierte chende Lösung hat Schulze mit dem Partner
Automatikfunktionen im Jahr 2025 auf 42 Milliarden Microsoft realisiert. „Wir brauchen Partner aus der
US-Dollar. Trotz starker Kostendegression bei stei- IT-Welt“, erwidert Schulze, „um ein sicheres Daten-
gender Stückzahl sollen es im Jahr 2035 dann bereits management zu installieren.“ Von Berührungsängsten
77 Milliarden US-Dollar sein. Deutsche Zulieferer hält er nichts. „Fahrzeughersteller, die Anbieter von
sind vorn dabei, auch jenseits der großen Systeminte- Infrastrukturunternehmen und IT-Unternehmen

1 GB
gratoren wie Bosch, Continental und ZF TRW. So müssen zusammenarbeiten. Keiner schafft es alleine.“
­arbeitet Hella in Zusammenarbeit mit dem Chip- Das eine richtige Pferd, auf das alle Mittel zu
hersteller NXP gerade an einer neuen Generation konzentrieren wären, gibt es nicht, wenn es gilt,
Daten produziert ein von Radarsensoren, die besonders kompakt aus­fallen die Mobilität für eine wachsende und zunehmend
autonom fahrendes soll. urbanisierte Menschheit zu lösen. Es bedarf vieler
Auto pro Sekunde. Die Ansätze, die parallel verfolgt werden müssen. Der
wichtigsten Infos sollen VERNETZT Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.
in Echtzeit an andere Visionen zum vernetzten Verkehr existieren wie Sand Moderne Zugleittechnik, die einen automatisierten
Verkehrsteilnehmer am Meer. Autos am Ende eines Staus könnten heran- Betrieb erlaubt. Ampeln und Schilderbrücken, die
weitergegeben werden. nahende Fahrzeuge warnen oder gar abbremsen, in Echtzeit kommunizieren. Es ist an der Zeit, in
längst bevor der menschliche Fahrer oder die Senso- eine Verkehrsinfrastruktur für das digitale Zeitalter
ren an Bord etwas wahrnehmen. Busse müssten nicht zu investieren.

AMPERE 3.2016
18 CHEFS ACHE

AMPERE 3.2016
CHEFS ACHE 19

Ein Automobilzulieferer als Software-Unternehmen? Den Trend


zu neuen Mobilitätsdienstleistungen und digitalen Angeboten
begreift Continental-Vorstandsmitglied Helmut Matschi als
Chance. Wer sich für den Wandel öffnet, so die Botschaft des
Optimisten, ist für die Zukunft gut gerüstet.

Text: Johannes Winterhagen | Fotografie: André Walther

„Die dritte
große Welle”
Volkswagen beteiligt sich an Gett, Toyota an Uber. das Fahrzeug Teil einer vernetzten Infrastruktur wird.
Was passiert gerade in der Automobilindustrie und Das ermöglicht völlig neue Telematik- und Mobi­
warum? litätsdienstleistungen.
Es geht nun nicht mehr nur darum, Autos zu verkau-
fen. Das ganze Feld der Mobilität spielt jetzt eine im- Wo sehen Sie sich als Automobilzulieferer im
mer größere Rolle. Ursache ist die Digitalisierung, die Vorteil gegenüber anderen Unternehmen aus der
dritte große Welle, die das Geschäft mit der Auto- Robotik oder der IT-Branche?
Elektronik gravierend verändert. Uns fällt die Anbindung neuer Innovationen ans Auto
sehr viel leichter, weil wir mit dem Fahrzeug und
Was waren denn die beiden vorhergehenden Wellen? seiner komplexen Technik besser vertraut sind.
Die erste Welle bestand in der Einführung mechatroni- Im Auto kann man nicht einfach mal das System
scher Systeme. Vor allem im Bereich Software kam es abstürzen lassen. Wo man am Computer einfach
zu einer enormen Komplexitätssteigerung. Ein Fahr- nur Neustart drücken muss, sind im Auto auch fahr­
zeug hat ja mittlerweile zwischen 10 und 15 Millionen sicherheitsrelevante Funktionen betroffen. Was die
Lines of Code, das übertrifft selbst eine Boeing 787. Bedienung angeht, ist ein gewisses Insiderwissen
not­wendig, um auszumachen, wann und wie Infor-
Diese Komplexität wird heute allerdings be- mationen zur Verfügung gestellt werden. Hier sind
herrscht. wir im Vorteil.
Das stimmt! Dann rollte aber auch schon die zweite
Welle heran, in der die Zahl der Sensoren und Aktua- Einige OEMs wollen sich vom Fahrzeugproduzen-
toren enorm gestiegen ist. In einem High-End- ten zu einem Mobilitätsanbieter wandeln. Wie ver-
Fahrzeug finden wir heute mittlerweile knapp ändert das Ihr Geschäft?
100 Steuerungsgeräte, ungefähr doppelt so viele Wir beteiligen uns jetzt schon aktiv an diesem Pro-
Sensoren und noch einmal 150 Aktuatoren. Nicht nur zess. Wir öffnen uns dabei einerseits gegenüber der
der Komplexitätsgrad der einzelnen Systeme ist „Servitization“, also der Produktverbesserung durch
jedoch gestiegen, sondern die Systeme wurden außer- elektronische Dienstleistungen. Andererseits erarbei-
dem noch unter- und miteinander vernetzt, nach wie ten wir Lösungen für neue Mobilitätsdienstleistungen
vor jedoch ausschließlich innerhalb des Fahrzeugs. wie dem Carsharing. Beides verwirklicht haben wir
in einem Projekt, in dem wir alle für das Carsharing
Was den Aufbau solch vernetzter Architekturen an- benötigten Papiere und auch den Autoschlüssel
geht, hat man heute ein umfassendes Verständnis überflüssig gemacht beziehungsweise in die Cloud
entwickelt. Also Haken dran? verbannt haben.
Größtenteils ja, dennoch sollte man sich immer einen
gehörigen Respekt vor der Komplexität der Dinge be- Hier agieren Sie also auch als Ausrüster für Mobi­
wahren. So richtig spannend wird es aber erst jetzt: litätsdienstleister.
Wir befinden uns mitten in der dritten Welle, in der Ja, so kann man das sehen.

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20 CHEFS ACHE

71 % der deutschen Automobilmanager glauben im Nutzfahrzeug eingesetzt und hat bis heute circa
einer Studie zufolge, dass das Software-Geschäft 267 Millionen Liter Diesel eingespart. Großes
das Automobilzulieferergeschäft der Zukunft ist. Potenzial sehen wir aber auch in Head-up-Display mit
Natürlich wird sich niemand nur auf dem Vertrieb Augmented-Reality-Funktion. Diese Form des Infor-
von Hardware ausruhen können. Aber wir sind auf mationsmanagements kann dafür sorgen, dass dem
einem guten Weg. Nach der Eingliederung von Elek­ automatisierten Fahren zunehmend mehr Vertrauen
trobit in unser Unternehmen schauen jetzt auch die entgegengebracht wird. Ein drittes, sehr wichtiges
anderen Business Units, was man von einem reinen Element ist außerdem die Interior-Kamera, denn
Software-Geschäft lernen kann. ein hochautomatisiertes Fahrzeug muss ja wissen,
in welchem Zustand der Fahrer sich gerade befindet.
Wo andere sich an Start-ups beteiligen, verlassen
Sie sich also auf die Kompetenz im eigenen Unter- Sie haben selbst mal gefragt: „Wir kennen unsere
nehmen? Kunden – aber kennen wir auch die Kunden unse-
Wir machen beides. So sind wir zum Beispiel an rer Kunden?“ Gegenfrage: Warum ist es für einen
einem ganz neuen Thema dran: Gemeinsam mit der Automobilzulieferer überhaupt so wichtig, sich mit
Stadt Singapur entwickeln wir eine App für ein Park- den Endkunden auseinanderzusetzen?
and-Go-System, in dem die freien Parkplätze erfasst Es geht natürlich darum attraktiv zu sein – und zu
werden. An vielen anderen Stellen arbeiten wir aber bleiben! Wir können nicht einfach warten, bis die
auch mit Start-ups zusammen. Unsere Geschäfts­ OEMs uns sagen, was zu tun ist, da ist die Erwar-
einheit im Silicon Valley haben wir unter anderem tungshaltung eine ganz andere. Wir wollen Trends
genau aus diesem Grund gegründet. setzen und deshalb schauen wir uns natürlich den
weltweiten Automobilmarkt sehr genau an. Wir füh-
Ich wusste nicht, dass es in Singapur freie Park- ren selbst Studien mit Fahrern oder auch zum Thema
plätze gibt. Mobilität durch. Außerdem haben wir jetzt schon
Deswegen machen wir das Projekt ja! Per App erhält einige Trend-Antennen gegründet.
der User dann die Informationen über freie Park­
plätze, zu denen er dann auch direkt navigiert wird.

Wie gehen Sie mit den riesigen Datenmengen um,


die bei solchen Projekten anfallen?
Man braucht neben der App für den User auch noch
eine Plattform für die ganzen Services. Im Rahmen
einer eigenen Cloud arbeiten wir dafür an einer Back-
End-Plattform, bei der wir auch von unserer Partner-
schaft mit IBM profitieren.

Wenn Sie auf die Automobilzuliefererindustrie


blicken, die ja auch einen gewissen Netzwerkcha-
rakter hat, ist es dann nicht etwas gefährlich, wenn
einige Unternehmen einfach vorneweg preschen?
Wir haben stets einen sehr offenen Ansatz prokla-
miert: Wir arbeiten für gewöhnlich mit sehr vielen
Sensoren und Aktuatoren, die entweder von Conti-
nental oder von anderen Firmen stammen können.
Die Zusammenarbeit mit Partnern ist bei uns gang
und gäbe. Vor allem beim Thema Mobilitätsdienst-
leistungen wird deutlich, dass man ein Netzwerk
aus Komponentenherstellern, Infrastruktur- und
Serviceanbietern braucht und dass Alleingänge dabei
überhaupt nicht möglich sind.

Viele Investitionen im Bereich Mobilität und Big


Data bleiben zunächst ohne nennenswerten „Je mehr es um Daten und Services geht,
Ertrag. Wo sehen Sie hier am ehesten Geschäfts­ desto mehr ist der Kunde nicht mehr nur
potenzial?
Vor allem „eHorizon“, ein elektronischer Horizont, der OEM. Geschäftsmodelle ändern sich.”
der die Reichweite der On-Board-Sensoren erweitert,
ist für uns sehr attraktiv. Das System wird seit 2012 HELMUT MATSCHI

AMPERE 3.2016
CHEFS ACHE 21

Was wünschen Sie sich von der Politik für die Auto-
mobilzuliefererindustrie?
Wir wünschen uns vor allem eine intensive Zusam-
menarbeit in drei Bereichen: zunächst einmal Bildung
und Ausbildung. Egal wie global der Markt auch ist,
wir brauchen vor Ort geschulte Fachkräfte. Dann geht
es um digitale Souveränität: Es muss geregelt werden,
was man mit den Daten machen kann und darf. Da-
mit direkt einher geht das Thema der digitalen Infra-
struktur: Einerseits müssen viele Daten schnell und
sicher übertragen werden, andererseits sollen kom-
fortrelevante Daten nur günstig über­tragen werden.
Das schafft unterschiedliche Anforderungen, die be-
wältigt werden müssen. Klar ist auch, dass der Ausbau
der 4G-Netze hin zu 5G-Netzen vorangetrieben wer-
den muss.

Welche Rolle spielt in diesem Kontext das „Digitale


Testfeld Autobahn“?
Das Testfeld bringt vor allem eine Auseinanderset-
zung mit dem Thema automatisiertes und digitali-
siertes Fahren und schafft auf diesem Weg Bewegung,
Verständnis und Unterstützung. Freilich sieht die
Was genau kann man sich darunter vorstellen? Umsetzung in der Praxis immer anders aus als unter
Name: Mit Trend-Antennen, die wir mittlerweile in Deutsch- idealen Testbedingungen. Aber dadurch, dass ab 2017
Helmut Matschi land, China, Mexiko und Singapur installiert haben, jedes zweite neugebaute Fahrzeug mit einer Internet-
Firma: versuchen wir über Studenten aus verschiedenen konnektivität ausgestattet sein soll, eröffnen sich ganz
Continental AG Fachrichtungen gesellschaftliche Trends aufzuspüren. andere, flexible und ortsungebundene Möglichkeiten
Die Studierenden bringen aber nicht nur Ideen und der Durchführung.
Position:
Wünsche mit, sondern mittlerweile auch eigene tech-
Mitglied des
nische Lösungsansätze. So werden sie viel früher an Stichwort Schwarmintelligenz: Das Zusammen-
Vorstands, Division
die Industrie herangeführt. führen vieler Daten ist ja oftmals wirkungsvoller
Interior, Continental
als jede Infrastruktur.
AG und Mitglied des
Sie sind schon viel herumgekommen auf der Welt, ha- Damit haben wir uns natürlich auch viel vor allem im
ZVEI-Vorstands
ben zum Beispiel in den USA und Korea gelebt: Glau- Zusammenhang mit der Vernetzung des elek­tro­
Geboren: ben Sie, dass Deutschland nach wie vor seine starke nischen Horizonts beschäftigt. Bereits durch den Aus-
18. Juli 1963 Stellung in der Automobilindustrie behalten wird? tausch von Informationen wie Position und
in Viechtach Das Thema Daten ist sehr komplex und absolut kein Ge­schwindigkeit können wir die Mobilität entschei-
(Niederbayern) Selbstläufer, auf dem man sich ausruhen kann. Hier dend verbessern. Wirklich spannend wird es nun,
Ausbildung: ist es extrem wichtig, die gesamte Wirkkette sowohl wenn wir weiter in Richtung „Learning machines“
Diplom-Ingenieur technisch als auch prozessual nachzuvollziehen. Man blicken. Eine von vorneherein festgelegte Algorithmik
Nachrichtentechnik sieht nur, was global gefragt und gefordert ist, wenn in einem rein technischen Rahmen wird es in Zukunft
man gleichzeitig in verschiedenen Regionen der Welt nicht mehr geben. Das ist dann weniger leicht zu
Lieblings-
sitzt. Deshalb haben wir beispielsweise auch unseren beschreiben und auch zu testen.
elektrogerät:
Geschäftsbereich „Intelligent Transportation Sys-
Sein Auto
tems“ ins Silicon Valley verlagert. Denn je mehr es um Letztendlich ist das ja eine gesamtgesellschaftli-
Out of Office das Thema Daten und Services geht, desto mehr ist che Fragestellung: Können wir für einen gewissen
anzutreffen: der Kunde nicht mehr nur der OEM. Geschäftsmodel- Nutzen (zum Beispiel mehr Verkehrssicherheit)
In Laufschuhen le ändern sich. Diejenigen Firmen, die sich für diese akzeptieren, dass technische Systeme sich nicht
Entwicklung öffnen, werden auch am Ball bleiben. mehr determiniert verhalten? Sind wir als Gesell-
Werden damit bestimmte Länder prädestiniert sein? schaft weit genug dafür?
Ich denke eher, dass das mit dem Geist und der Wirtschaft und Politik haben die Aufgabe, hier eine
Frische der einzelnen Firma zu tun hat. Es ist ein aufklärende Rolle zu übernehmen und so die Gesell-
globaler Markt und ein globaler Wettbewerb. Bei da- schaft in den Prozess einzubinden. Viele müssen
tenbasierten Themen helfen uns unser Know-how, da erst herangeführt werden. Im Moment gilt es erst
unsere Bereitschaft zu investieren und unsere einmal, Aufklärungsarbeit zu leisten.
Ressourcen. Mit alledem und natürlich einigem Fleiß
kann man sich vorwärtsbewegen. Herr Matschi, herzlichen Dank für das Gespräch.

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22 FORS CHUNG

Elektrofahrzeug A:

250 km
Reichweite mit
aktueller Batterie

Elektrofahrzeug B:

150 km
Reichweite mit
aktueller Batterie

Die nächste Generation


Mehr Reichweite und schnelles, komfortables Laden könnte der Elektro­
mobilität zum Durchbruch verhelfen. Während vielerorts die Defizite heutiger
Technik bemängelt werden, forschen Wissenschaftler weltweit schon längst
an der Lösung des Problems. Zwei Beispiele aus der Grundlagenforschung an
der Universität Stuttgart und der Technischen Universität Darmstadt.

Text: Laurin Paschek

W
eder die Batterien in Elektrofahrzeugen dafür, dass weniger Elektrofahrzeuge als erhofft auf

Fotos: Fotolia/ Vladimir Kramin, Textures.com, Institut für Festkörperphysik TU Darmstadt


noch die Technologien zum Laden unseren Straßen unterwegs sind. Wissenschaftler
sind am Ende ihrer E ­ ntwicklung. Fest­ in Unternehmen und an Universitäten forschen des­
körperbatterien bei­spiels­weise bieten wegen intensiv an neuen Batterietechnologien. Als
eine deutlich höhere Ener­gie­dichte gegenüber Batte­ besonders vielversprechend gilt derzeit die Fest-
rien, bei denen eine Flüs­sigkeit als Elektrolyt dient. körper­batterie. Dabei handelt es sich um einen
Und auch bei der Ladetechnik geht’s voran. Das La­ Lithium-Ionen-Akku, bei dem als Elektrolyt keine
den per Induktion, also ohne Kabel, bietet mehr Be­ Flüssigkeit, sondern ein Festkörper zum Einsatz
nutzerfreundlichkeit und erzielt einen Wirkungs- kommt. Dadurch lassen sich die Lithium-Ionen in
grad, der bereits bei mehr als 90 Prozent liegt. metallischer Form anstatt in einem Kristallgitter aus
Grundlagenforscher an Kohlenstoff speichern. Der große Vorteil dabei ist,
FESTKÖRPERBATTERIEN: der TU Darmstadt: dass so auf gleichem Raum mehr elektrisch wirk­
DEN IONEN AUF DER SPUR Elektroautos könnten sames Material eingelagert werden kann. Forscher
Bei den aktuellen Neuauflagen verschiedener Elek­ mit einer gleich gehen davon aus, dass sich mit Festkörperelektro-
trofahrzeuge passiert es spätestens nach 300 Kilo­ schweren Batterie lyten die gravimetrische Energiedichte, also der
metern, bei anderen Modellen meist schon nach doppelt so weit fahren. Energieinhalt einer Batterie bezogen auf ihr Ge-
150 oder 200 Kilometern: Die Batterien sind leer, wicht, verdoppeln lässt. Elektroautos könnten also
das Fahrzeug muss nachgeladen werden. Nach wie mit einer gleich schweren Batterie doppelt so weit
vor gilt die geringe Reichweite als ein Hauptgrund fahren.

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FORS CHUNG 23

Elektrofahrzeug A:

500 km
voraussichtliche
Reichweite mit
Festkörperbatterie

Elektrofahrzeug B:

300 km
voraussichtliche
Reichweite mit
Festkörperbatterie

Festkörperbatterien haben neben der hohen Ener­ Um die Leitfähigkeit von Glas zu erhöhen, arbeiten
giedichte noch weitere Vorteile. So kann aus ihnen die Forscher an speziellen Materialmischungen. So
keine Flüssigkeit austreten, was besonders bei einem können etwa Halogene wie Chlor oder Jod den Ionen­
Crash mehr Sicherheit verspricht. An ihren Kontak­ transport verbessern. Bei keramischen Festkörpern
ten bilden sich keine Ablagerungen, wie dies gele­ versuchen sie, die Temperatur und die Dauer des Her­
gentlich bei flüssigen Elektrolyten auftritt – das stellprozesses so zu beeinflussen, dass Strukturen ent­
erhöht ihre Lebensdauer. Überdies sind sie in einem stehen, die den Ionenfluss begünstigen. Und bei
breiteren Temperaturbereich einsetzbar. Sie haben Kristallen geht es darum, Fehlstellen im Kristallgitter
aber auch einen großen Nachteil. „Um eine hohe zu finden, durch die die Ionen schlüpfen können.
Leistungsfähigkeit von Akkus zu erreichen, ist „Welche Festkörper als Elektrolyten gut geeignet sind
ein schneller Transport der Ionen durch den Elekt­ Um eine hohe und welche nicht, ist noch immer Gegenstand der
rolyten hindurch erforderlich“, erläutert Prof. Leistungsfähigkeit Forschung“, sagt Vogel. Dabei arbeiten die Wissen­
Dr. Michael Vogel vom Institut für Festkörperphysik von Akkus zu erreichen, schaftler auch an Strukturen, die nicht nur den Ionen­
an der Technischen Universität Darmstadt. Seit müssen die Ionen transport im „Inneren“ der Batterie, sondern auch an
15 Jahren forscht der Wissenschaftler an Festkörper­ möglichst schnell den Kontaktflächen zu den Elektroden hin berück­
elektrolyten. Die Herausforderung: „In Festkörpern durch den Elektrolyten sichtigen. Denn anders als bei flüssigen Elektrolyten
bewegt sich erst einmal nichts. Deswegen sind sie wandern. können sich bei Festkörpern an den Grenzflächen Wi­
ja fest“, erklärt Vogel. „Wir müssen den Festkörper derstände aufbauen.
also derart gestalten, dass er zwar formstabil ist, Um zu sehen, wie genau sich die Ionen durch die
dass es aber dennoch eine bewegliche Spezies gibt – Festkörper hindurchbewegen, verwenden die Physiker
eben die Ionen, die durch die festen Strukturen an der TU Darmstadt vor allem zwei Methoden. So
hindurchwandern.“ bringen sie in sogenannten NMR-Experimenten (Nu­
Vogel forscht an vier verschiedenen Werkstoffen, clear Magnetic Resonance) die Prüfkörper in ein gro­
die sich für die neuen Batterien eignen: an Polyme­ ßes Magnetfeld, ähnlich wie beim MRT in der Medizin,
ren, an Glas, an Keramik und an Kristallen. Bei Poly­ und messen die Veränderungen in den Resonanzfre­
meren wird die Leitfähigkeit dadurch erreicht, dass quenzen. Außerdem führen sie molekulardynamische
sie gar nicht wirklich fest sind, sondern eher einer Simulationen durch, die zeigen, wie sich das Teilchen­
Folie oder Membran ähneln. „Die Bewegung der system im Laufe der Zeit bewegt. „Auch wenn wir der­
Lithium-Ionen ist gekoppelt an die der Polymer­ zeit noch Kompromisse zwischen Leitfähigkeit,
ketten“, berichtet Vogel. „Unser Ziel ist deswegen, Herstellbarkeit und Produktionskosten eingehen
eine hohe lokale Beweglichkeit der Polymerketten müssen, werden Festkörperbatterien schon bald in
zu erreichen, ohne dass das Material fließen kann.“ ersten Anwendungen zu sehen sein“, berichtet Vogel.
Zu diesem Zweck können beispielsweise die Poly­ Die technische Reife der neuen Lithium-Batterie-
merketten in einem Prozess vernetzt werden, wie Technik ist so weit vorangeschritten, dass sich
er auch beim Vulkanisieren von Gummi angewendet Bosch-Chef Volkmar Denner ab dem Jahr 2020 eine
wird. Oder es werden Nanopartikel eingebracht, Serienproduktion in Deutschland grundsätzlich vor­
die das Material mechanisch stabilisieren. stellen kann.

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24 FORS CHUNG

Netz z. B.
mit 3,6 Kilowatt

Elektro- Lade­
Batterie
motor gerät

Pick-up

Primärinverter Bodenplatte

INDUKTIVES LADEN: von 150 bis 200 Millimetern elektrische Energie mit

95 %
WIRKUNGSGRAD BEI MEHR ALS 90 PROZENT einem Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent zu
Es könnte der Abschied nicht nur von Dieselhand­ übertragen“, resümiert die Professorin. Beim „BIPoL“-
schuh und Zapfpistole, sondern auch vom Hantie­ Projekt mit 3,6 Kilowatt erreichten die Forscher so­
ren mit dem Ladestecker sein. Wenn Fahrzeuge gar einen Wirkungsgrad von 95 Prozent – diesen
induktiv geladen werden, dann erfolgt die Übertra­ Wirkungsgrad beim hält Parspour auch in den höheren Leistungsklassen
gung der Energie berührungslos. Eine Magnetspule induktiven Laden für machbar. Große Fortschritte erzielte sie auch bei
in der Fahrbahn oder unter einem Parkplatz indu­ erreichten Forscher der Positioniertoleranz, die maßgeblich bestimmt,
ziert die Wechselspannung in eine Sekundärspule, in Stuttgart. wie exakt das Fahrzeug über der Spule in der Fahr­
die sich im Boden des Elektrofahrzeugs befindet. bahn platziert werden muss. „Wir haben Spulensys­
Ein Gleichrichter wandelt den Wechselstrom dann teme entwickelt, mit denen es möglich ist, das
in Gleichstrom um, der in der Batterie gespeichert Fahrzeug mit einer Abweichung von plus oder mi­
werden kann. Theoretisch könnten künftige Elekt­ nus 200 Millimetern quer zur Fahrtrichtung über
rofahrzeuge sogar während der Fahrt berührungslos der Primärspule zu positionieren, ohne an Wir­
mit Strom versorgt werden. Zur Leistungselektronik kungsgrad zu verlieren“, berichtet Parspour. Damit
gehören auch zwei Kondensatoren auf der Primär­ nähern sich die Wissenschaftler durchaus alltags­
seite im Boden und der Sekundärseite im Fahrzeug. tauglichen Rahmenbedingungen.
Sie bilden mit den Spulen einen Resonanzwandler. Damit induktive Energieübertragung tatsächlich
Dadurch sorgen sie für einen hohen Wirkungsgrad, Einzug in den Alltag der Mobilität halten kann, ist
der mittlerweile bei mehr als 90 Prozent liegt. eine große Herausforderung allerdings noch zu
„Die induktive Übertragung von Energie bietet lösen. „Wir haben ein Henne-Ei-Problem. Es gibt ein­
viele Vorteile“, berichtet Prof. Dr. Nejila Parspour fach zu wenige Elektrofahrzeuge. Dadurch fehlen die
von der Universität Stuttgart. Als Leiterin des Insti­ Skaleneffekte, mit denen die Kosten für solche Syste­
tuts für Elektrische Energiewandlung forscht sie seit me gesenkt werden könnten“, sagt Parspour. „Wir
fünf Jahren in zwei Projekten am berührungslosen müssen aus dem Prototypen-Stadium herauskom­
Laden. Das „BIPol“-Projekt beschäftigte sich dabei men.“ Um diesen Zielkonflikt erfolgreich anzuge­
von 2011 bis 2013 mit dem Laden bei einer Leistung hen, bedarf es eines engen Schulterschlusses von
von 3,6 Kilowatt, wie sie an jedem Hausanschluss Wissenschaft und Industrie: „Nur mit intensiven
zur Verfügung steht. Das „BIPol plus“-Projekt wid­ Feldversuchen können wir beispielsweise die Kom­
met sich seit 2013 dem Schnellladen bei 22 Kilowatt munikation mit dem Bordnetz, aber auch Fragen
Leistung. „Dadurch, dass beim induktiven Laden rund um die Sicherheit der Systeme erproben.“
keine Stecker erforderlich sind, haben die Fahrer Prof. Dr. Nejila Grundsätzlich sind die Sicherheitsfragen bereits
von Elektrofahrzeugen einen deutlich höheren Nut­ Parspour: Ab 2020 gelöst. Sowohl bei den 3,6-Kilowatt- als auch bei den
zerkomfort. Außerdem sind die Systeme komplett stehen alltagstaugliche 22-Kilowatt-Systemen wiesen die Forscher nach,
unter der Straßenoberf läche versteckt, dadurch induktive Ladesysteme dass die zulässigen Spitzenwerte für elektromagne­
städtebaulich besser integrierbar und beispielsweise zur Verfügung. tische Strahlung bei Fahrzeuginsassen und Men­
vor Vandalismus geschützt.“ Ein weiterer Vorteil ist schen, die sich in der Nähe der Fahrzeuge befinden,
die Automatisierbarkeit des Ladevorgangs, weil eingehalten werden können. Jetzt richten die For­
keine manuellen Tätigkeiten anfallen, und damit scher ihr Augenmerk auf Verfahren und Methoden,
verbunden auch eine bessere Integrierbarkeit von die dabei helfen, Fremdkörper zu erkennen – etwa
Elektrofahrzeugen mit ihren Akkus in Smart Grids eine Katze, die auf der Spule liegt, oder eine Kau­
– so können die Batterien intelligent als Puffer gummiverpackung, die sehr heiß werden und sich
im Stromnetz genutzt werden und dadurch bei­ entzünden könnte. Parspour rechnet mit ersten,
spielsweise erneuerbar erzeugten Strom kurzfristig stationären Systemen im 3,6-Kilowatt-Bereich
Foto: Universität Stuttgart

zwischenspeichern. innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre, im


Noch ist das alles Zukunftsmusik. Doch die 22-Kilowatt-Bereich in acht bis zehn Jahren. Aber, so
Ergebnisse der Projekte, die in diesen Tagen zum ist sie überzeugt: „Wenn genügend Elektrofahrzeuge
Abschluss kommen, sind ermutigend. „Wir konnten auf den Straßen unterwegs sind, dann kann das
nachweisen, dass es möglich ist, bei einem Luftspalt auch sehr schnell gehen.“

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26 P R A XIS

Eines Tages sollen Autos ohne jedes Zutun des Menschen


über öffentliche Straßen fahren und Unfälle völlig vermeiden.
Aber dafür braucht es Menschen, die mit Herzblut die benötig-
te Technik entwickeln. So wie Xavier Vagedes, Technischer
Projektleiter beim Elektronikzulieferer Bosch.

Text: Johannes Winterhagen

Fahrschule für
autonome Autos
A
n seinem 60. Geburtstag wird ein Großteil der Sensorik. „Wir hatten damals schon die Hoffnung,
der Gäste mit selbstfahrenden Autos anrei- dass das automatisierte Fahren schneller kommt, aber
sen. „Es wird so selbstverständlich sein, sich es gab neben den technischen Limits auch viele men-
von seinem Auto fahren zu lassen, dass nie- tale Grenzen.“ Die wenigen Forscher, die sich damals
mand mehr an die heutigen Diskussionen denkt“, diesem Thema widmen, gelten als Außenseiter. Die
prognostiziert Xavier Vagedes, der als Projektleiter ersten Fahrerassistenzsysteme hingegen kommen in
für Studien zum hochautomatisierten Fahren bei den Markt und das Fahrstabilitätsprogramm ESP
Bosch jeden Tag an der Verwirklichung seiner Vision boomt. 2003 nimmt Vagedes daher zunächst einen Job
arbeitet. „Automatisiertes Fahren erhöht nicht nur in der ESP-Entwicklung bei Bosch an. Rasch macht er
die Sicherheit und die Effizienz, sondern kann auch erste Karriereschritte, betreut Kundenprojekte für
dazu beitragen, dass ältere Menschen mobil bleiben“, asia­tische Hersteller und wechselt dann 2007 für eini-
fasst er seine Ziele zusammen. ge Jahre zu einer Bosch-Tochter nach Australien. Mitte
Seine Lebensaufgabe findet Vagedes bereits in jun- 2014 erhält er die Chance, wieder an hochautomati-
gen Jahren. Im Rahmen seiner Diplomarbeit an der sierten Fahrzeugen zu arbeiten – und greift sofort zu.
Fachhochschule Karlsruhe soll er die Regelungstech- „Jetzt passiert etwas“, spürt Vagedes. Die deutschen
nik für ein autonomes Transportsystem entwickeln, Hersteller, aufgeschreckt durch die Meldung, Google
das in enger Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz arbeite an einem selbstfahrenden Kleinwagen, intensi-
entsteht. Es ist die Zeit um die Jahrtausendwende, der vieren ihre Entwicklungsarbeit deutlich.
damalige Lkw-Forschungschef Gernot Spiegelberg er- Als Projektleiter ist Vagedes nicht nur für den Auf-
probt mit Sondergenehmigung auf der A81 die ersten bau von Prototypen verantwortlich, sondern auch da-
Lkw mit „elektronischer Deichsel“, eine Technik, die für, diese auf Herz und Nieren zu testen. So verbringt
mittlerweile unter dem Namen „Platooning“ fast seri- er viel Zeit auf der A81 zwischen Stuttgart und Nürn-
enreif ist. Der 40-Tonner, den Vagedes umzurüsten berg und auf dem Bosch-Testgelände bei Boxberg.
hilft, soll noch mehr können: Auf einem geschlosse- „Meine Kollegen in den Entwicklungsabteilungen
nen Betriebsgelände übernimmt er Transportauf­ entwickeln immer bessere Komponenten und Steue-
Fotos: Bosch

gaben völlig unbemannt. Die Aufgabe gelingt, trotz rungen“, erläutert Vagedes. „Doch nur, wenn diese
der damals begrenzten Rechenleistung und des – ver- in das Fahrzeug integriert sind, wissen wir, ob alles
glichen mit heute – niedrigen Entwicklungsstandes sicher und zuverlässig funktioniert.“ Hinzu kommt:

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P R A XIS 27

Die zentrale Steuerung


für das automatisierte
Fahren sitzt im
Kofferraum.

Alles im Blick:
Bosch-Ingenieur
Xavier Vagedes auf
Testfahrt.

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28 P R A XIS

Cockpit statt Lenkrad:


Wenn das automatisierte Fahren
zum Standard wird, verändert sich
der Innenraum. Was vom Lenkrad
übrig ist, fährt beiseite, wenn
man es nicht braucht.

Die Regelung des Fahrzeugs, also etwa wie schnell dar, wie sie auf den nicht limitierten Abschnitten
und auf welcher Bahn eine Kurve maximal durchfah- der A81 auftreten können. Aber Vagedes sagt auch:
ren werden soll, ist für jedes Fahrzeug individuell aus- „Wir lernen laufend hinzu. Und die Algorithmen,
zulegen. Im Zusammenspiel mit den Entwicklern von ob zur Umfelderkennung oder zur Planung von Fahr-
Ein Drittel weniger Sensoren, Steuerung und Aktoren hat Vagedes eine entscheidungen, werden so laufend besser.“ Künftig
Unfälle erwartet weitere Aufgabe. „Das Geschehen im realen Straßen- könnte man auch den Autos, die bereits auf der Straße
Bosch vom auto­ verkehr ist äußerst komplex. Wir müssen daher auch fahren, immer wieder Software-Updates zukommen
matisierten Fahren. Grenzfälle betrachten, um dann unseren technischen lassen. Dass im Auto bald selbstlernende Algorithmen
Eine konservative Entwicklungen die richtigen Anforderungen zugrun- zum Einsatz kommen, glaubt Vagedes hingegen nicht.
Schätzung. de zu legen.“ Ein Beispiel: Eigentlich dürfen auf einer „Ein technisches System muss unter identischen
Autobahn keine Fußgänger auftauchen. Was, wenn Randbedingungen immer einen definierten Zustand
dies aber doch der Fall ist? Auch dann muss die einnehmen.“ Anders formuliert: Die Autohersteller,
Maschine stets so reagieren, dass die Unfallgefahr so die die Haftung für technische Fehler übernehmen
gering wie möglich bleibt. Vagedes, so könnte man es müssen, wären einem großen Risiko ausgesetzt, wenn
wohl auch bezeichnen, ist das Bindeglied zwischen nicht jederzeit ein eindeutig freigegebener Software-
Straße und Labor. Zwar werden die Simulationswerk- Stand zum Einsatz käme.
zeuge immer besser, aber auf die Tests auf öffent­ „Wir stehen kurz vor dem nächsten Sprung“,
lichen Straßen kann man seiner Meinung nach noch kündigt Vagedes begeistert an. Bis Ende des Jahres
lange nicht verzichten. stünden neue Technologien für die Sensorik, aber
Auch wenn Vagedes seiner Vision treu bleibt, so ist auch die Bildverarbeitung zur Verfügung. „Damit
er doch auch Realist. Bis man auch nur auf jeder Auto- kommen wie unserer Vision immer näher, eines Tages
bahn unter allen Wetterbedingungen von Ausfahrt zu völlig unfallfrei zu fahren. Das ist ein großer Schritt
Ausfahrt völlig autonom fahren kann, werden noch für die Gesellschaft.“ Ein wenig Zeit hat Vagedes noch,
Foto: Bosch

einige Jahre vergehen. Eine Herausforderung stellen um seine Vision umzusetzen. Seinen 60. Geburtstag
zum Beispiel sehr hohe Differenzgeschwindigkeiten feiert er im Jahr 2037.

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In modernen Fahrzeugen ist das Infotainment-System zum Dreh- und
Angelpunkt der Kommunikation geworden. Die Anzahl der Funktionen
steigt permanent. Das On-Board-Infotainment wird dabei zunehmend durch
Online-Funktionen ergänzt. Elektrotechnik und Automobilbau wachsen
weiter zusammen.

Funktionen 1990 Radio


Kassettenspieler
Musik/Multimedia CD-Player
Navigation
Information
Telefonie
Digitale Services
Assistenzsysteme Navigationssystem
Radio Navigationssystem

Kassettenspieler TMC Verkehrsfunk

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Lines of Code eines 1994 1995
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vor
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Infotainment-Systems
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zeilen zeilen (Lines of Code)
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Mensch- Drehregler Schalter Schalter

Maschine- Drehregler LCD-Anzeigen imDrehregler


Radio
LCD-Anzeigen im Radio
Schnittstellen
! Bitte Reifendruck prüfen!
Manuelle Bedienung
Digitale Bedienung
Mobile Steuerung

AMPERE 3.2016
INFO GR AFIK 31

2010 Radio
CD-Player
Fernsehen
Navigationssystem
TMC Verkehrsfunk
Telefon
Sprachsteuerung
Vorlesefunktion

2000 Radio
CD-Player
Fernsehen Festplatte
Navigationssystem SD-Karte
TMC Verkehrsfunk USB-Anschluss
Telefon Bluetooth
Browser
Rückfahrkamera
Apps
Fahrzeugfunktionen, Steuerung per App
Fahrzeugfunktionen, Steuerung per App

Festplatte Sprachsteuerung
Festplatte

Google Search
Google Search

USB-Anschluss SD-Karte
USB-Anschluss

Google Maps
Echtzeit Verkehrsinfos
Google Street View
Echtzeit Verkehrsinfos

Bluetooth
Browser
Rückfahrkamera
Fahrzeugfunktionen

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2009 2015
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500.000 12 Millionen
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Programmzeilen Programmzeilen
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Schalter Schalter
Drehregler Drehregler
Zentraler Controller Digitale Cockpits
Displays im Cockpit Smartphones und Apps
Hochauflösende Infotainment-Displays
TFT-Displays Smartphones und Apps
Illustration: Barbara Geising

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32 S TANDP UNK T E

Digitale Gesellschaft
heißt die von Dr. Tobias
Miethaner geleitete
Abteilung.

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S TANDP UNK T E 33

Mächtig in Fahrt
Hochautomatisiertes Fahren ist nicht nur eine Frage der Tech-
nik. Es gilt auch, den gesetzlichen Rahmen an die technischen
Möglichkeiten anzu­passen. Ein Gespräch mit Dr. Tobias
Miethaner, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur.

Text: Johannes Winterhagen | Fotografie: Nils Hendrik Mueller

Morgens ist es in allen Zeitungen: Durch Miss- Viele Ingenieure sagen, die Technik sei weiter als die
brauch der „Autopilot“-Funktion ist in den Vereinig- Gesetzgebung.
ten Staaten ein Tesla-Fahrer zu Tode gekommen. Er Wir hören von den Herstellern, dass hochautoma­
hatte trotz expliziter Warnung des Herstellers nicht tisierte Fahrzeuge wohl ab 2020 eine technische Rei-
auf den Verkehr geachtet, sondern einen Spielfilm fe haben, die eine Markteinführung zulässt. Wir
geguckt. Nachmittags treffen wir uns – wie längst gehen die gesetzgeberischen Herausforderungen mit
verabredet – mit Dr. Tobias Miethaner im Bundes- hoher Schlagzahl an und sind deshalb überzeugt,
ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dass die Einführung dieser Technologie nicht auf
um über hochautomatisiertes und autonomes Fah- Grund dieser Fragen gebremst wird.
ren zu sprechen. Der 36-jährige Jurist leitet die
Abteilung „Digitale Gesellschaft“ und gilt innerhalb Gibt es denn eine darauf abgestimmte Roadmap für
des Ministeriums als der führende Fachmann in die Gesetzgebung?
Sachen automatisiertes Fahren. Wir bilden unsere Planung in der „Strategie auto­
matisiertes und vernetztes Fahren“ der Bundesregie-
Herr Dr. Miethaner, werden wir uns daran gewöh- rung ab, die maßgeblich vom BMVI entwickelt
nen müssen, dass Menschen auch in automatisier- worden ist. So haben wir zum Beispiel festgelegt, alle
ten Fahrzeugen zu Tode kommen? Haftungsfragen rechtzeitig zu regeln. Dazu bereiten
Alle Experten sagen uns, dass mit der Einführung wir gerade einen Gesetzentwurf vor, mit dem wir
des automatisierten Fahrens die Unfallzahlen deut- zeitnah in die Ressortabstimmung gehen wollen.
lich zurückgehen werden. Auf den konkreten Fall bei Wir sind im Zeitplan.
Tesla bezogen, muss man darauf verweisen, dass der
Fahrer sich gar nicht von seiner Fahraufgabe hätte Wie weit schränkt das internationale Wiener Über-
abwenden dürfen. Davon zu unterscheiden sind die einkommen für den Straßenverkehr das automati-
Systeme, die es dem Fahrer explizit erlauben, sich sierte Fahren noch ein?
während der Fahrt mit anderen Dingen zu beschäf- Unserem Verständnis nach deckt die Wiener
tigen. Deren Einführung steht erst noch an. Wir ar- Konvention in der aktuellen Fassung nicht das auto-
beiten heute bereits daran, die juristischen nome Fahren ab, bei dem der Fahrer nur noch Passa-
Rahmenbedingungen für diese hochautomatisier- gier ist und gar kein Lenkrad mehr bedienen muss.
ten Systeme zu schaffen. Sie erlaubt aber das hochautomatisierte Fahren, das

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34 S TANDP UNK T E

„Mein Eindruck ist: Das automatisierte


und vernetzte Fahren hat mächtig an
Fahrt gewonnen. Diese Technologie ist
nicht aufzuhalten.”
DR. TOBIAS MIETHANER

Aber der Mobilfunkstandard 5G wäre sicher


wünschenswert.
Davon gehen wir aus. Im Rahmen der letzten Fre-
quenz-Auktion haben wir den Bietern bereits auf­
erlegt, dass entlang von Autobahnen und ICE-
Strecken eine durchgängige Mobilfunkversorgung
sicher­gestellt werden muss. In der finalen Abstim-
mung ist zudem ein Gesetz, das vorsieht, dass beim
wir auf dieser Basis in nationalem Recht abbilden Bau von neuen Verkehrswegen immer auch
können. Das ist der nächste Entwicklungsschritt, Glasfaser­k abel verlegt werden müssen, die auch für
vor dem wir stehen. Klar ist aber auch: Wir werden die Weiter­entwicklung des Mobilfunks eine wichti-
das Wiener Übereinkommen weiterentwickeln ge Rolle spielen.
müssen – und da sind wir auch jetzt schon dran.
Viele Experten sagen, dass durchgängig LTE schon
Noch einmal zur Haftung: Muss ich künftig vor dem einen großen Fortschritt darstellen würde.
Start als Fahrer bestätigen, dass ich die Haftung für Nach meinem Verständnis benötigt man für den
alle Fehler übernehme? vollständig vernetzten Verkehr Echtzeitkommuni-
So geht das sicher nicht. Wichtig ist zunächst, dafür kation. Die ist mit LTE wegen der höheren Latenz
zu sorgen, dass ein Unfallopfer keinesfalls auf einem nicht gewährleistet. In diese Richtung laufen derzeit
Schaden sitzen bleibt. Bei ordnungsgemäßer die ersten Versuche auf der A9.
Nutzung eines technischen Systems darf aber auch
dem Fahrer keine Fahrlässigkeit vorgeworfen wer- Aufgabe des Testfelds ist es auch, die Verwendung
den. Dafür müssen wir nach unserer Einschätzung zusätzlicher Sensorik zu untersuchen. Wie rea­lis-
kein juristisches Neuland betreten, sondern ledig- tisch wäre die flächendeckende Umsetzung ange-
lich einige Anpassungen vornehmen. Diese Fragen sichts der in Summe limitierten Infrastruktur-Inves-
werden wir im Rahmen des Gesetzgebungsver­ titionen?
fahrens im Ressortkreis klären. Die aktuellen Versuche auf dem „Digitalen Testfeld
Autobahn“ dienen dazu, herauszufinden, was wir am
Was kann die Industrie dazu beitragen, dass die Ende an Technik wirklich benötigen.
rechtlichen Hürden möglichst schnell aus dem Weg
geräumt werden? Vernetzter Verkehr ist besser zu organisieren, wenn
Die Industrie muss durch geeignete Tests vor allem die entstehenden Daten jedem Nutzer zur Verfügung
nachweisen, dass Sicherheit und Zuverlässigkeit stehen. Was ist dabei staatliche, was privatwirt-
hochautomatisierter Fahrzeuge gewährleistet sind. schaftliche Aufgabe?
Für uns stellt sich vor allem die Frage: Gibt es öffent-
Welche Rolle spielt der Aufbau einer digitalen Infra- liche Daten, die wir der Allgemeinheit zur Ver­f ügung
struktur – etwa zur schnellen Datenübertragung – stellen können, um einen Nutzen schaffen? Wir wol-
für automatisiertes Fahren? len, dass die Daten der öffentlichen Hand künftig
Um die technischen Anforderungen zu prüfen, bau- besser zugänglich sind. Dazu haben wir das Projekt
en wir das „Digitale Testfeld Autobahn“ auf der A9. „mCLOUD“ gestartet. Auf dieser Plattform stellen
Denn wir wissen heute noch gar nicht, wie die ideale wir bereits Mobilitäts-, GEO- und Wetter­daten be-
Infrastruktur für das automatisierte und vernetzte reit. Mittelfristig sollen auch Kommunen dort ihre
Fahren aussieht. Daten einspielen können.

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S TANDP UNK T E 35

Zur Person
Dr. Tobias Miethaner (36) leitet seit 2014 die Abteilung Digitale Gesellschaft im Bundesministerium
für Verkehr und digitale Infrastruktur. Der Jurist promovierte im Jahr 2009 mit einer Arbeit über
das Thema „AGB-Kontrolle versus Individualbetreuung“. Zwischen 2008 und 2011 arbeitete er als
Staatsanwalt in München, wechselte dann hauptberuflich zur CSU, wo er bis zu seinem Wechsel
nach Berlin die Abteilung für Politik und Parteiarbeit leitete.

Kann der Güterverkehr eine Vorreiter-Rolle beim hinterfragt. Das sind genau die Themen, die wir
automatisierten und vernetzten Verkehr spielen? offensiv angehen. Deswegen setzen wir beispiels­weise
Wir hören immer wieder, dass sich Speditionen eine Ethikkommission ein, die sich speziell der Frage
schwertun, überhaupt Fahrer zu finden. Damit ist widmen soll, wie Algorithmen in Gefahrensituatio-
das automatisierte und vernetzte Fahren für die nen programmiert werden. Die Kommission soll Leit-
Logistikbranche allein deshalb interessant, um linien entwickeln, wie mit Situationen umzugehen
überhaupt die bestehende Transportkapazität auf- ist, in der ein Schaden unausweichlich ist. Auf diese
rechtzuerhalten. Besonders interessant könnte das wichtigen Fragen müssen wir Antworten finden.
sogenannte „Platooning“ sein, bei dem Nutzfahr-
zeuge in einem automatisierten Konvoi fahren. Auch Wie wollen Sie den Erfolg der Strategie für automa-
dazu gab es bereits Versuche auf dem „Digitalen tisiertes Fahren messen?
Testfeld Autobahn“. Wenn hochautomatisierte Fahrzeuge auf den Markt
kommen, soll deren Einführung nicht an der Politik
In der Öffentlichkeit gibt es viele Bedenken gegen- scheitern, sondern durch einen modernen Rechts-
über dem automatisierten Fahren. Gilt da für Sie: rahmen befördert werden. Daran arbeiten wir.
Augen zu und durch?
Im Dialog mit den Menschen, beispielsweise mit Das unterstützt sicher das Ziel, Leitanbieter zu wer-
Besuchergruppen hier im Ministerium, erleben wir den. Aber Leitmarkt?
ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit gegenüber dem Mein Eindruck ist: Das automatisierte und vernetz-
automatisierten und vernetzten Fahren. Aber natür- te Fahren hat mächtig an Fahrt gewonnen. Diese
lich werden Risiken, Haftung und Datenschutz Technologie ist nicht aufzuhalten.

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36 ES S AY

Das klassische Geschäftsmodell der Automobilindustrie ist in


großer Gefahr. Digitalisierung, Elektrifizierung und neue Mobi-
litätsdienstleistungen fordern die Branche heraus. Ein Gast-
Essay von Birgit Priemer, stellvertretende Chefredakteurin des
Branchenmagazins „auto motor und sport“.

Text: Birgit Priemer

Wer die derzeitigen Absatzzahlen der Auto- BMW, ist nach eigenen Angaben zwar in
hersteller sieht, dürfte sich vordergründig um Deutschland profitabel, schreibt aber welt-
die Zukunft der Automobilindustrie keine weit ebenfalls rote Zahlen. Was beide Firmen
Sorgen machen: Rekordabsatz bei BMW, trotzdem ehrt: Sie haben ihren Fuß in die Tür
Mercedes-Benz steigert überraschend den Er- zur digitalen Welt gesetzt und lernen so,
trag und auch bei Audi weisen alle Zahlen die neuen Geschäftsfelder zu verstehen.
nach oben. So weit, so gut, ist man da gewillt Der VW-Konzern, der unter dem Druck der
zu sagen. Doch das Unheil schlummert noch Diesel–Affäre ganz neue Wege einschlagen
im Dunkeln. Was wollen Apple, Google und will und muss, steht da am Anfang, will aber
Uber wirklich? Schaffen es die Autoprodu- trotzdem bis 2025 einen „Umsatz in substan-
zenten, neue Geschäftsmodelle für eine digi- zieller Milliardenhöhe“ machen. Im gleichen
talisierte Welt aufzubauen? Jahr sollen zudem 20 bis 25 Prozent des Kon-
So wie es gerade Uber tut, ein erfolg­ zern-Gesamtabsatzes auf Elektroautos entfal-
reiches Taxiunternehmen, das kein einziges len. Das ist eine Herkulesaufgabe, denn noch
Taxi besitzt, weil es Fahrten zwischen Privat- fehlt dem Konzern nennenswerte Erfahrung
personen vermittelt. Ein Unternehmen, das auf diesem Gebiet. Nützt es da alleine, wenn
zu allem Überfluss noch ankündigt, Kunde man mit Johann Jungwirth einen Ex-Daimler
bei Mercedes werden zu wollen, wenn die und Apple-Manager als neuen Chief Digital
S-Klasse eines Tages autonom fahren kann. Officer ins Haus bringt? Es schadet zumin-
Verkehrte Welt ist man versucht zu sagen, dest nicht, wenn das Management bereit ist,
aber es bleibt letztlich nur die Erkenntnis: ihm zuzuhören. Jungwirth hat den Geist des
Geschäftsmodelle ändern sich in einem Silicon Valleys lange Jahre gespürt und aufge-
atemberaubenden Tempo, nichts bleibt mehr, saugt – zuerst als Leiter des Mercedes-For-
TAXI
wie es war, und die Arrivierten haben größte schungsstudios Sunnyvale, danach bei Apple.
Probleme, bei diesem Transformationspro- Car-Sharing, das ist zum Beispiel Jungwirth
zess mitzuhalten. Zum Beispiel Mercedes- völlig klar, wird langfristig durch Ride-Sha-
Benz: Seit Jahren auf lobenswerte Art und ring und autonom fahrende Autos abgelöst.
Weise mit moovel und Car2go im neuen Ge- Insofern kann der VW-Konzern gleich auf
schäftsfeld der Mobilitätsdienstleistungen diese Karte setzen.
unterwegs, belaufen sich die Verluste im Ge- Doch es ist nicht nur der Trend vom Be­
schäftsjahr 2015 auf rund 64 Millionen Euro. sitzen hin zum reinen Nutzen, der sich zu ei-
DriveNow, das vergleichbare Angebot von nem echten Risikofaktor für die Autoindustrie

AMPERE 3.2016
ESS AY 37

entwickeln könnte. Eine mindestens so große Mit Missmanagement hat das nichts zu tun,
Herausforderung liegt im gesamten Bereich eher mit dem bisherigen wirtschaftlichen Er-
der Vernetzung. Wenn weltweit erst einmal folg, der auf anderen Prämissen beruht und
Milliarden Maschinen miteinander vernetzt der auch den Mitarbeitern zugutekommt.
sind und untereinander kommunizieren, Wer bei einem deutschen Autohersteller ar-
dann ist auch der Autohersteller mit seinem beitet, verdient nicht nur überdurchschnitt-
Premiumprodukt nur noch einer von vielen. lich gut, sondern muss sich bislang auch nicht
Dann ist er möglicherweise wirklich nur noch um seinen Arbeitsplatz sorgen. Aber diese
Hardware-Lieferant, weil der Kunde alles an- schweren Kähne müssen auch gezogen wer-
dere rund um Multimedia und Kommunika- den – in eine Zukunft voller hochagiler Start-
tion auch woanders beziehen und über sein up-Unternehmen und Vermittlungsdienste,
Smartphone ins Auto einspielen kann. Ein die nicht an Tarifverträge gebunden sind. Die
wichtiges Indiz des allgemeinen Wandels: Gefahr hat die deutsche, hat die Autoindust-
Autohäuser spielen beim Autokauf eine viel rie insgesamt klar erkannt. Nehmen wir
geringere Rolle als früher. Im Jahr 2005 haben Daimler-Forschungschefin Anke Kleinschmit,
sich potenzielle Kunden im Schnitt noch in die in der virtuellen Realität eine der Schlüs-
fünf Autohäusern informiert, heute sind es seltechnologien des 21. Jahrhunderts sieht.
nur noch 1,6. Unruhe herrscht auch auf den Oder Audi-Chef Rupert Stadler, der weiß,
großen Automessen dieser Welt: Sei es die dass 75 Prozent der Schlüsseltechnologien,
IAA in Frankfurt, der Genfer Auto-Salon oder die wir bis 2050 benötigen, noch gar nicht
die Auto Show in Detroit – sie alle verspüren existieren. Und hören wir gut hin, wenn ein
den Paradigmenwechsel, beobachten besorgt, großer Autozulieferer wie Schaeffler findet,
wie die CES in Las Vegas an Bedeutung ge- dass das Auto für den urbanen Raum eigent-
winnt und wie die schönen neuen Autos auf lich überdimensioniert ist, wenn wie in
Messen wie dem Mobile World Congress in Deutschland nur 1,4 Personen im Schnitt
Barcelona nur noch eine Randerscheinung darin sitzen.
sind. Auf Ständen großer Telekommunika­ Die Autoindustrie hat also viele Baustel-
tionsanbieter wie der chinesischen Firma len: Der Kampf um den Schadstoffausstoß,
Huawei sind sie eine Kachel von vielen in der die Frage nach dem Antriebskonzept der
Welt des Internets. Zukunft, die sich wandelnde Rolle des Autos
Wollen Apple und Google Autos bauen? So in der Gesellschaft, die neue Macht von
richtig wissen wir es nicht, obwohl speziell Google und Co und ein geändertes Mobili-
Apple in Europa bei den arrivierten Auto­ tätsbewusstsein, besonders bei jungen Men-
marken kräftig Mitarbeiter abwirbt. Darum schen. Automobilhersteller tun gut daran,
alleine geht es aber gar nicht. Es geht darum, nicht alle Herausforderungen alleine bewälti-
dass ein über 100 Jahre aufgebautes Ge- gen zu wollen. Kooperationen zwischen den
schäftsfeld möglicherweise pulverisiert wird. Herstellern – etwa im Fall des gemeinsamen
Denn Ungemach droht auch noch aus einer Kaufs von „Here“, einem Anbieter digitaler
ganz anderen Ecke: aus den Städten. Die Mil- Karten, – sind erste, wichtige Schritte. Aber
lionenmetropolen sind es leid, sich gegen das reicht nicht. Im Grunde geht es darum,
Stau und Luftverschmutzung wehren zu jetzt über den eigenen Tellerrand hinaus
müssen. Wer könnte das nicht verstehen: Kooperationen einzugehen, bevor die Filet-
In Deutschlands Staustadt Nummer 1, Stutt- stückchen vom Tisch sind. Insofern sollte
gart, steht man im Schnitt 73 Stunden pro man den Flirt zwischen Ford und Google
Jahr im Stau, in Mexico City sind es 26 Tage. Ende letzten Jahres sehr ernst nehmen.
Einen Jahresurlaub lang im Stau – unvorstell- Noch steht das Paar nicht vor dem Traualtar.
Foto: Fotolia/MG, Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG

bar! Die Bürgermeister vieler Mega-Metropo-


len rebellieren gegen den Autoverkehr und
fordern eine Umkehr der Verkehrspyramide: Birgit Priemer,
An erster Stelle steht der Mensch, zu Fuß, mit stellvertretende Chefredakteurin von
dem Fahrrad oder mit dem öffentlichen Nah- „auto motor und sport”, ist leidenschaft-
verkehr. Ganz zum Schluss kommt in ihrer liche Rallye-Beifahrerin – in alten Autos
Denkweise mittlerweile das Auto. Audi hat genauso wie in Elektroautos. Mit ihrer
das vor vielen Jahren erkannt und bringt sich journalistischen Arbeit zielt sie seit
aktiv im Rahmen des Audi Urban Future vielen Jahren vor allem auf neue,
Awards in diese Diskussion ein. Verdient der intelligente Mobilitätskonzepte.
Hersteller damit aber Geld? Nein.

AMPERE 3.2016
38 ENERGIEEFFI Z IENZ ERL EBEN

Um 30 Prozent will die Deutsche Post DHL Group ihre CO2-Effizienz bis 2020
verbessern. Die lautlosen Elektrofahrzeuge von StreetScooter sind ein wichti-
ger Baustein. Mit ihnen zeigt Achim Kampker, Leiter Elektromobilität bei der
Deutschen Post DHL, was möglich ist, wenn sich die richtigen Partner finden.

Text: Laurin Paschek | Fotografie: Matthias Haslauer

Stille Post

AMPERE 3.2016
ENERGIEEFFIZ IEN Z ERL EBEN 39

In diesem Jahr sollen

2.000
Fahrzeuge gebaut werden.

B
einahe wäre es schiefgegangen. Als Achim Kampker über 2.000 Fahrzeuge gebaut und nach und nach bis zu
2006 in Shanghai aus dem Flughafen tritt, überhört er 30.000 Zustellfahrzeuge der Deutschen Post DHL durch das
einen vorbeifahrenden Elektroroller und läuft fast in ihn Elektroauto ersetzt werden.
hinein. Schon zu dieser Zeit gibt es in China viele dieser Kampker betrachtet das Fahrzeug dabei als Betriebsmittel
Elektrofahrzeuge, weil die Gesetzgeber Zweitakt-Verbrennungs- und entwickelt gezielt auf den Einsatzzweck hin. Um die beson-
motoren aus den Innenstädten verbannt hatten. Kampker, deren Anforderungen bei der Brief- und Paketzustellung zu
damals noch Geschäftsführer eines mittelständischen Automo- berücksichtigen, nimmt er die Zusteller mit ins Boot – rund 250
bilzulieferers, bleibt gerade noch rechtzeitig stehen – und ist von ihnen arbeiten als Tester an der Entwicklung mit. Das ist
gleichzeitig fasziniert davon, wie schnell sich Elektromobilität zum Beispiel bei den Türöffnungen wichtig, die mit robusten
durchsetzen kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Scharnieren und einer Aussparung für den Fuß eine besondere
Zunächst beschäftigt er sich nur privat mit dem Thema. Dann, Ergonomie aufweisen: „Während jeder Tour muss ein Zusteller
im Jahr 2009, kommt sein Doktorvater bis zu 200 Mal das Auto verlassen
Professor Dr. Günther Schuh von der und betreten. Deswegen haben wir die
RWTH Aachen auf ihn zu, um Kampker „Ich bin dankbar dafür, unterschiedlichen Arten berücksichtigt,
für ein Forschungsprojekt zu gewinnen. wie Menschen in Fahrzeuge ein- und
„Wir wollten herausfinden, mit welchen zur richtigen Zeit am rich- aussteigen. Die Kopfhaltung und die
Methoden es möglich ist, in sehr kurzer tigen Ort gewesen zu sein. Bewegungsabläufe etwa sind sehr un-
Zeit und zu sehr geringen Kosten einen terschiedlich.“ Das Be- und Entladen ist
elektrischen Pkw zu entwickeln“, berich- Denn was gerade passiert, von rechts, links und hinten möglich,
tet Kampker. Er nimmt die Herausforde-
rung an und geht noch im gleichen Jahr
hat schon eine historische damit niemand ins Fahrzeug hinein-
krabbeln muss. Und die hintere Rück-
als Professor nach Aachen. Dimension.” fahrkamera ergänzten die Ingenieure
Dann geht alles sehr schnell. Kampker durch eine zweite Kamera an der
ACHIM KAMPKER
und Schuh gründen 2010 die StreetScooter hinteren rechten Seite, weil dort die
GmbH und bilden ein Konsortium zu- Sicht vom Fahrersitz aus eingeschränkt
sammen mit der RWTH, anderen Forschungseinrichtungen und ist. „Wir setzen aber nur das um, was auch wirklich für den
rund 80 mittelständischen Unternehmen. Schon ein Jahr später Anwender wichtig ist“, berichtet Kampker. „Hinten links gibt es
stellen sie in Frankfurt auf der IAA den ersten Prototypen des keine Kamera, denn diesen Bereich kann der Zusteller ohnehin
„StreetScooter Compact“ vor, einen rein elektrischen Pkw mit gut einsehen.“
30 Kilowatt Leistung, 45 bis 130 Kilometern Reichweite und ei- Um den Einsatz elektrischer Fahrzeuge in der Fläche zu er­
nem möglichen Grundpreis von nur 5.000 Euro. Der Prototyp proben, testet die Deutsche Post seit rund drei Jahren mehr als
sorgt für Aufsehen: „Auf dem Stand besuchte uns Angela Merkel. 130 Elektroautos, darunter 21 StreetScooter, im Rahmen des
Sie setzte sich in den Scooter und schaute sich alles genau an. Wir Pilotprojekts „CO2-freie Zustellung“ im Stadtgebiet von Bonn.
haben ihr das Fahrzeug im Detail erklärt“, erzählt Kampker. Aber Aufgrund des Erfolgs soll das Projekt sukzessive auf weitere Städ-
nicht nur die Kanzlerin, sondern auch die Deutsche Post DHL te ausgedehnt werden. Dabei setzt die Deutsche Post DHL nun
Group wird auf das Projekt aufmerksam. In enger Zusammen­ ganz auf den eigenen StreetScooter. „Wir konnten in Bonn zei-
arbeit entwickeln die Partner ein eigenes Elektroauto für die gen, dass sich unsere Elektrofahrzeuge für den Zustelldienst am
Brief- und Paketzustellung, den StreetScooter Work. 2013 wer- besten eignen“, resümiert Kampker. Bei einer Fahrleistung von
den die ersten 50 Fahrzeuge gebaut. 30 bis 80 Kilometern pro Schicht legten die Entwickler die Akku-
Geschwindigkeit hat für Kampker einen ganz eigenen Wert. Reichweite exakt auf den Bedarf aus. Nachgeladen wird über
„Wir verbrauchen zu viele Ressourcen, die Zeit ist knapp“, sagt er. Nacht in den Betriebshöfen. Die Zusteller mussten ihre Prozesse,
„Um eine nachhaltige Welt zu schaffen, müssen wir die Innova­ die ja bereits optimiert waren, für die Elektrofahrzeuge nicht
tionsgeschwindigkeit steigern – und die Innovationen am Ende ändern. So schnell so weit zu kommen – das konnte Kampker nur
auch umsetzen.“ Den Beweis tritt er unverzüglich an: Ab 2014 ahnen, als er damals in Shanghai dem Elektroroller begegnete.
baut seine Firma mit etwa 100 Mitarbeitern in Aachen zunächst „Ich bin dankbar dafür, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewe-
200 Fahrzeuge pro Jahr. Ende 2014 übernimmt die Deutsche Post sen zu sein“, meint er heute. „Denn was gerade passiert, hat schon
die StreetScooter GmbH und gliedert sie in den Konzern ein, eine historische Dimension.“
Kampker wird Geschäftsbereichsleiter für Elektromobilität.
„Im Zustelldienst für die letzte Meile sind Elektrofahrzeuge Hinweis der Redaktion: Dieser Bericht erscheint auch im ZVEI-Portal
auf lange Sicht wirtschaftlich überlegen“, meint er. „Denn sie „Energieeffizienz erleben“. Die Microsite berichtet regelmäßig von Überzeu-
sind für die Kurzstrecke mit den vielen Stopps an Ampeln und gungstätern, die sich für mehr Effizienz im Umgang mit Energie einsetzen.
in Staus einfach besser geeignet.“ Mittlerweile fahren mehr
als 700 StreetScooter auf den Straßen. In diesem Jahr sollen Weitere Beispiele finden Sie unter http://www.energieeffizienz-erleben.de

AMPERE 3.2016
40 FAK T EN

Vorurteil 1: „Die Menschen lehnen autono- Vorurteil 2: „Nur wenige Menschen kaufen
mes Fahren ab, weil sie zu wenig Vertrauen Elektrofahrzeuge. Das belegt, dass die
in die Technik haben.” Einstellung der Bevölkerung zur Elektro-
mobilität negativ ist.”
Fakt ist: Viele Menschen würden schon
heute in ein selbstfahrendes Auto steigen. Fakt ist: Auch wenn ihre Kaufbereitschaft
Vor allem werden die Vorteile inzwischen derzeit noch gering ausgeprägt ist, be-
sehr differenziert wahrgenommen. fürwortet eine überwiegende Zahl der
Menschen Fahrzeuge mit Elektroantrieb.

„Können Sie sich vorstellen, zukünftig autonom zu fahren?” „Ist Ihre Einstellung zur Elektromobilität eher positiv oder
eher negativ?“
Gesamt:
15 % negativ

34 % 46 % 20 %


8 % neutral
77 % positiv
Ja Nein Vielleicht

34%
der Personen meinen, dass
54%
der jungen Menschen unter
„Wie hoch ist Ihre Bereitschaft ein Elektroauto anzuschaffen?“

selbstständig fahrende Autos 24 Jahren sehen darin eine


Männer: Frauen:
sogar sicherer und besser Chance für ihre Mobilität
fahren als Menschen im Alter
29 % 29 % 42 % 19 % 33 % 48 %
hoch mittel gering hoch mittel gering

50%
der Befragten sehen den
49%
der Menschen schätzen
besonderen Vorteil von den Vorteil, den autonomes
autonomen Fahrzeugen Fahren auf Autobahnen
bei Parkvorgängen bieten kann

Quellen: Aral-Studie „Trends beim Autokauf 2015”, Quelle: ECAR-Studie zur Akzeptanz der Elektromobilität,
ACV-Akzeptanzstudie zum autonomen Fahren 2015 Technische Akademie Ostfildern 2014

SMM Hamburg
06.–09.09.2016 · Halle B6, Stand 602
WindEnergy Hamburg
27.–30.09.2016 · Halle B6, Stand 459
FAK T EN 41

Vorurteil 3: „Ein Auto will man besitzen, Vorurteil 4: „Bei den vielen Dieselloks, die
nicht teilen.” es heute noch gibt, ist Bahnfahren nicht
unbedingt klimafreundlich.”
Fakt ist: Nach Angaben des Bundesverbandes
CarSharing e. V. waren Anfang 2016 allein Fakt ist: Die Elektrifizierung ist nicht nur auf
in Deutschland bereits 1,26 Millionen Car- der Straße, sondern auch auf der Schiene
sharing-Kunden registriert. ein Megatrend.
Elektrifizierung des Schienenverkehrs
Registrierte Nutzer
Nahverkehr
Carsharing 2014 60 % elektrisch
40 % Diesel

Car2Go: 2020 75 % elektrisch
1.300.000 25 % Diesel
in 30 Städten
weltweit 2030 90 % elektrisch
10 % Diesel

DriveNow:
500.000 Fernverkehr
in 9 Städten 2014 85 % elektrisch
Europas 15 % Diesel

2020 95 % elektrisch


Digitale Mitfahrzentrale 5 % Diesel

2030 100 % elektrisch


BlaBlaCar:
25.000.000 Quelle: Studie „Schöne neue Verkehrswelt”, Innovationszentrum für Mobilität und
gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) GmbH, Berlin 2014
in 22 Ländern

Elektrifizierungsgrad in der Schweiz


99,3 %

Quelle: Allianz pro Schiene e. V., Berlin

Quelle: Statistiken der Anbieter

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42 HEIS SE S EISEN

Heißes Eisen
Unter dem Putz

AMPERE 3.2016
HEIS SES EISEN 43

Keine Energiewende ohne Gebäudewende. Doch die Elektroinstallation in


deutschen Wohngebäuden ist in schlechtem Zustand, wie eine aktuelle Studie
des ZVEI zeigt. Ein Gespräch mit Andreas Bettermann, der das Familien­
unternehmen OBO Bettermann in vierter Generation führt.

Text: Johannes Winterhagen | Fotografie: Natalie Bothur

A
ndreas Bettermann hat gebaut. der Eigentümer überhaupt nicht bekannt perfekte Lösung will, muss nach wie vor
Der Unternehmer aus dem ist –, die Absicherung und Anzahl der die Wände aufstemmen und neu verlegen
Sauerland ist sichtlich stolz auf Stromkreise spielen da eine wichtige Rolle. lassen – zumindest in Deutschland,
das Anwesen, das er mit seiner „Hier könnte man vor der Investition in wo anders als in Skandinavien und vielen
Familie vor drei Jahren bezog. Doch eine PV-Anlage oder in eine Wallbox für das anderen Ländern eine Installation über
Bettermann schwärmt nicht von extrava­ Elektroauto eine Prüfpflicht vorschreiben“, Putz vom Kunden nicht akzeptiert wird.
ganter Architektur oder edlen Baumateri­ schlägt Bettermann vor. Für mindestens Besonders sanierungsbedürftig, so die
alien, sondern von der Haustechnik, vom genauso wichtig hält er die Kommunikati­ ZVEI-Studie, sind Wohngebäude, die zwi­
Ladepunkt für das Elektroauto, vom äuße­ onsfähigkeit der Elektroinstallation: „Die schen 1950 und 1979 errichtet wurden,
ren und inneren Blitzschutz sowie vom Energiewende kann nur gelingen, wenn während echte Altbauten oft bereits kom­
KNX-Bus, der alle Geräte miteinander ver­ wir eine schwankende Erzeugung durch plett saniert sind. Damit betrifft das Prob­
netzt. Produkte der eigenen Branche also. eine regelbare Nachfrage – also ein Smart lem Immobilien, die nicht als besonders
Wo immer möglich, sind sogar Kompo­ Grid – ausgleichen können.“ renditestark gelten. Doch Bettermann
nenten des Unternehmens zum Einsatz Als Unternehmer ruft Bettermann rät den Eigentümern genau zu rechnen:
gekommen, das er selbst in vierter Genera­ nicht sofort nach dem Staat. Jede Form der „Angesichts der momentan extrem niedri­
tion führt. OBO Bettermann wurde von Direktförderung lehnt er ab. Was also tun, gen Zinsen kann man sein Geld überhaupt
seinem Urgroßvater 1911 gegründet und um den Sanierungsstau zu beheben? Der nicht besser anlegen als in die Sanierung
ist heute ein weltweit tätiger Anbieter von Schlüssel liegt seiner Meinung nach beim der eigenen Immobilie.“
Elektroinstallationstechnik. Dass Andreas Elektrohandwerk, das den Haus- oder
Bettermann nicht den Schuster spielen Wohnungseigentümer bei einer Sanierung
will, der selbst die schlechtesten Leisten ohnehin begleitet. „Es geht darum, den
besitzt, liegt aber auch daran, dass er seit Eigentümer für eine moderne Installation
Jahren Vorsitzender des ZVEI-Fachver­ zu begeistern, die über das Anbringen
bands „Elektroinstallationssysteme“ ist. neuer Schalter und Steckdosen hinaus­
Und in dieser Rolle plagen ihn die Ergeb­ geht“, sagt Bettermann. Mit einem eige­
nisse einer Studie, die der Verband im nen Schulungszentrum sorgt er dafür, dass
Herbst 2015 veröffentlichte. In Zusam­ die Botschaft beim einzelnen Handwerker
menarbeit mit der Fachhochschule Süd­ ankommt. Allerdings: Das Elektrohand­
westfalen und der Universität Lüneburg werk plagt ähnliche Nachwuchssorgen wie
wurde der Zustand elektrischer Anlagen in die Industrie. Und hier wird Bettermann
Deutschland mit repräsentativen Metho­ dann doch politisch: „Wir müssen ein ge­
den erhoben. Das alarmierende Ergebnis: sellschaftliches Klima schaffen, in dem
In zwei Drittel aller deutschen Wohn­ technische Berufe attraktiv erscheinen.
gebäude ist die Elektroinstallation min­ Dabei geht es um die Zukunftsfähigkeit Nirgends ist Geld besser angelegt als in einer modernen
Elektroinstallation – davon ist Bettermann überzeugt.
destens 35 Jahre alt. „Das stellt für das unseres Landes!“
Gelingen der Energiewende ein echtes Einen weiteren Wunsch hat Andreas
Hindernis dar“, warnt Bettermann. Bettermann dann doch noch an die Poli­ Was dem Wohl des Einzelnen dient,
Elektroinstallation und die Befähigung tik: die Kf W-Förderung auszudehnen. kann letztlich dem Gelingen eines großen
zur Energiewende sind über zwei Faktoren „Die Elektroinstallation ist das einzige gesellschaftlichen Projekts zugutekom­
miteinander gekoppelt: Strom und Kom­ Gewerk in einem Gebäude, das keine men: der Energiewende. „Keine Energie­
munikation. Klar ist, dass Häuser, die selbst Kf W-Förderung erfährt – hier sehe ich wende ohne Gebäudewende“, so das
zum Energieerzeuger werden – etwa über Handlungsbedarf.“ Die Kf W-Förderung ist Credo von Bettermann. Er äußert deut­
die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach – keine klassische Subvention, die künstli­ liche Kritik am Projektmanagement durch
mit anderen Stromstärken zurechtkom­ che Märkte schafft, sondern erleichtert die Politik. „Uns fehlt nach wie vor ein
men müssen, als früher, da es nur um das energetische Sanierungen über zinsgüns­ Masterplan. Und wir diskutieren viel zu
Verteilen des aus dem Netz bezogenen tige Kredite oder Zuschüsse. Unerheblich viel über Erzeugung und viel zu wenig
Stroms ging. Gleiches gilt, wenn ein oder sind die Investitionen nicht, gibt Better­ über Intelligenz in den Netzen.“ Lang hält
gar mehrere Ladepunkte für Elektrofahr­ mann zu. Zwar habe man mit Unterflur- sich Bettermann allerdings mit solchen
zeuge eingerichtet werden sollen. Der Zu­ und Kabelkanalsystemen gute Lösungen Feststellungen nicht auf. Es zählt die Tat
stand der Elektroleitungen – der 44 Prozent für den Sanierungsmarkt. Doch wer die – und nun drängen die nächsten Termine.

AMPERE 3.2016
44 VOR AUS GEDACH T Die kommende Ausgabe der AMPERE erscheint im
November 2016 zum Themenschwerpunkt

Cybersicherheit.

Lukrativer als
der Drogenhandel
Wie ist es um die Cybersicherheit von Personen, Unternehmen und Institu­
tionen bestellt? Das wollten die beiden Schülerinnen Joana Bungert und
Josephine Gatzke von Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wissen. Den Umgang mit IT
und das Programmieren in Java lernen die Zehntklässlerinnen in einem
Informatikkurs am Bonner Konrad-Adenauer-Gymnasium.

Text: Laurin Paschek | Fotografie: Natalie Bothur

Waren Sie schon einmal Opfer einer


Cyberattacke?
Ja, schon mehrmals, auf meinem privaten
E-Mail-Konto. Da habe ich schon häufiger
diese sogenannten „Nigeria-Connection“-
Mails bekommen. Da heißt es dann, mein
Name ist Harris, ich komme aus Afrika
und ich habe ein Erbe über 30 Millionen
Dollar, das ich nicht abwickeln kann. Bitte
antworte und hilf mir, dann machen wir
fifty-fifty. Das ist eine alte Masche und da
ist es recht offensichtlich, dass es sich um
Betrug handelt.

Wie schützen Sie sich persönlich vor


Attacken auf Ihren Rechner?
Zum einen habe ich auch privat Sicher­
heitsprogramme auf meinem Rechner ins­
talliert und gehe mit Passwörtern sorgsam
um. Mit einem Aufwand von 20 Prozent
kann man 80 Prozent der Gefahren ab­
wenden. Zum anderen achte ich aber auch
genau darauf: Was schaue ich mir an –
und was schaue ich mir nicht an. Es ist im
Grunde wie im normalen Leben. Bevor
man klickt, sollte man darüber nachden­
ken, was man gerade tut. Das halte ich
persönlich auch in der virtuellen Welt so.

Wie ernst ist denn die Gefahr von Cyber-


attacken wirklich?
Die Gefahr ist tatsächlich sehr hoch. Seit
etwa 2009 verdient die organisierte Krimi­
nalität mehr Geld mit Cybercrime als mit

AMPERE 3.2016
1.2016
VOR AUS GEDACH T 45

der Daten verlangen die Kriminellen


von den betroffenen Firmen dann ein
Lösegeld.

Was genau tut das BSI, um uns zu


schützen?
Das BSI gestaltet seit 25 Jahren als natio­
nale Sicherheitsbehörde die Informations­
sicherheit für Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft. Anfangs beschäftigte sich das
BSI vor allem mit Verschlüsselungstechnik
für den Staat. Inzwischen haben sich die
Aufgaben geweitet. Mit dem IT-Sicher­
heitsgesetz sind vor allem die Wirtschaft
und insbesondere die kritischen Infra­
strukturen ins Blickfeld geraten – zum
Beispiel wichtige Kraftwerke, die uns mit
Strom versorgen. Das BSI erstellt für die
Bundesregierung ein Lagebild über Angrif­
fe auf diese kritischen Infrastrukturen, um
daraus die richtigen Aktionen abzuleiten
Drogen. Ein beliebter Angriffspunkt sind gehrt. Vor allem die Android-Systeme sind – etwa um andere, möglicherweise betrof­
soziale Netzwerke, in denen viele junge im Visier der Hacker – 96 Prozent der fene Institutionen oder Unternehmen
Menschen unterwegs sind. Dort werden Schadsoftware zielen aufgrund des Ver­ über einen Angriff zu informieren. Außer­
Accounts gehackt und jemand anders breitungsgrades auf dieses Betriebssystem. dem erstellt das BSI Sicherheitszertifikate
kann dann mit den Freunden kommuni­ Denn was man in der Regel nicht auf dem für IT-Hardware, um zu gewährleisten,
zieren und Geschäfte tätigen. Eine beson­ Smartphone hat, sind Schutzprogramme dass diese den jeweiligen Sicherheitsanfor­
ders schlimme Form ist das Cyber- – etwa Verschlüsselungs- und Anti-Viren- derungen entspricht. Und wir betreiben
Grooming, bei denen Personen mit Programme. Hier kann häufig schon hel­ die Allianz für Cyber-Sicherheit, in der
falscher Identität gezielt Jugendliche an­ fen, zu schauen, was eine App macht und sich 1.800 Unternehmen und Institutio­
sprechen, um ihnen später etwas anzutun. welche Rechte sich der Anbieter einer App nen zu Fragen der IT-Sicherheit austau­
einräumt. Eine Radio-App beispielsweise schen und voneinander lernen. Last but
Welche Arten von Attacken gibt es noch? braucht keinen Zugriff auf Ihre Kontakte not least haben wir das Portal „BSI für
Das hängt ganz davon ab, wer der An­ oder Ihren E-Mail-Account. Bürger“ entwickelt, das die Bevölkerung
greifer ist und was er gerade möchte. Da bei wichtigen Fragen zur Informationssi­
gibt es zum Beispiel Attacken, die darauf cherheit unterstützt – etwa über eine Hot­
abzielen, die Daten einer Person ab­ „Die Gefahr ist sehr line oder zahlreiche Informationen und
zugreifen – etwa die Passwörter von Checklisten, die im Portal zu finden sind.
Nutzerkonten oder Daten bei Zahlungs­ hoch. Seit etwa 2009
vorgängen. Ein anderes Beispiel ist die verdient die organisierte Was überwiegt aus Ihrer Sicht: der Nut-
Erpressung von Personen aufgrund be­ zen der IT oder die Gefahren?
stimmter Daten oder aufgrund von Kriminalität mehr Geld Ganz klar der Nutzen. Etwa die vielfälti­
Falschaussagen, die im Internet gestreut gen Möglichkeiten zu kommunizieren.
werden. Oder die Erpressung von
mit Cybercrime Privat, aber auch für Institutionen und
Schutzgeld bei Betreibern von Internet­ als mit Drogen.” Unternehmen. Oder die Hilfestellungen
shops: Denen drohen dann die Täter, im Alltag, zum Beispiel mit digitalen
den Shop lahmzulegen, wenn die Betrei­ ARNE SCHÖNBOHM Karten. Hatten Sie schon mal eine Karte
ber kein Schutzgeld bezahlen – und for­ in der Hand – ich meine nicht die Speise­
mulieren das zunächst einmal ganz nett, karte, sondern eine Landkarte …?
indem sie eine Sicherheitsüberprüfung Und wo liegen die größten Gefahren für
anbieten. Unternehmen? Das hatten wir noch nie.
Bei Infrastrukturen von Unternehmen Na – dann sehen wir ja, wie das Internet
Auf welchen Geräten bestehen die größ- spielt Sabotage eine wichtige Rolle. Au­ und die digitale Kommunikation voran­
ten Risiken für Angriffe? ßerdem ist Erpressersoftware, sogenann­ schreiten. Heute haben wir auch keine
Sie haben ja sicher auch ein Smartphone. te Ransomware, weit verbreitet. Ist ein CD-Regale mehr, sondern die Musik ist
Mobile Endgeräte sind sehr begehrt, weil solches Schadprogramm erst einmal ins digital verfügbar – immer und überall. Der
sie alle Daten enthalten und weil man mit Netzwerk einer Firma eingedrungen, Nutzen steht eindeutig im Vordergrund,
ihnen alles machen kann – von Bank­ dann verschlüsselt es sämtliche Daten – und die Innovationsgeschwindigkeit wird
geschäften über Einkaufen bis hin zum die dadurch für die Mitarbeiter des Un­ noch zunehmen. Wir müssen eben lernen,
Musikhören. Dadurch sind sie aber leider ternehmens nicht mehr zugänglich sind. damit umzugehen – auch mit Blick auf die
auch bei Kriminellen als Angriffspunkt be­ Für die Entschlüsselung oder Freigabe Sicherheit.

AMPERE 3.2016
46 AUS DEM KOFFER

Hände weg?

D
as erste Mal vergisst man nicht. Es war 2009 und ich hatten einen roten Notausknopf zwischen Fahrer- und Beifahrer-
saß hinter dem Steuer eines Volkswagen Passat CC. sitz. Die Hände blieben vom Lenkrad, der Blick jedoch starr auf
Nach einigen Autobahnkilometern begann ich mit die Straße gerichtet. Nach anfänglicher Faszination stellt sich
den zahlreichen Knöpfen zu spielen. Einer zeigte ein schnell Langeweile ein. Das liegt auch am extrem höflichen Fahr-
Auto zwischen zwei gestrichelten Linien, ich drückte ihn ent- stil automatisierter Fahrzeuge. Sie halten sich an jedes, wirklich
schlossen. Üblicherweise warnen solche Systeme den Fahrer jedes Tempolimit. Sie drängeln nicht und wechseln die Spur
mit lauten Tönen, wenn er die Spur verlässt, ohne den Blinker so zurückhaltend wie ein Fahranfänger. Alles prima, der rote
zu setzen. Hier war alles anders. Kaum ließ ich das Lenkrad los, Knopf wurde nicht ein einziges Mal benötigt. Doch wie halte ich
begann es sich wie von Geisterhand zu bewegen und die Spur zu mich auf Dauer in so einem Auto wach?
halten. Gut, das war noch kein autonomes Fahren, aber es blieb Auch dafür existiert – in meiner Phantasie – bereits eine tech-
in der Spur, hielt die Geschwindigkeit und, wenn ein anderes nische Lösung: Augmented Reality, also das Einspielen virtueller
Fahrzeug einscherte, bremste es selbsttätig. Wenige Sekunden Informationen in die Windschutzscheibe. Geben die Autoher­
später erschien eine rote Warnung im Zentraldisplay: Ich möge steller ihre Schnittstellen frei, könnte das Geschäft mit Third-
die Hände am Lenkrad lassen. Ich gehorchte nicht. Wieso auch, Party-Apps florieren. Für junge Autofahrer würde beispielsweise
ich habe Vertrauen in die Technik. Mehr als die VW-Ingenieure eine Autoversion von „Pokémon Go“ angeboten. Für Bildungs-
offensichtlich, denn nach weiteren zehn Sekunden wies mich bürger hingegen wäre ein Rätselspiel – passend zu den jeweiligen
das System darauf hin, dass es nun abschalten würde. Es Autobahnausfahrten – angemessen. Bei Hildesheim zum
war keine leere Drohung, ich musste wohl oder übel wieder Beispiel: „Wie heißen die beiden Kirchen, die zusammen das
selbst ans Steuer. Natürlich war der Spieltrieb in meiner Nerd- Unesco-Weltkulturerbe der Stadt bilden?“ Und wenn der Auto-
seele geweckt und Kilometer um Kilometer probierte ich es Pilot die Unterstützung des Fahrers benötigt, wird alles schlag­
aufs Neue. Ich testete, wie das kamerabasierte System mit Re- artig ausgeblendet ...
gen zurechtkam (gut) oder mit abgenutzten gelben Baustellen-
markierungen (gar nicht). Doch immer dauerte das Vergnügen Text: Johannes Winterhagen | Illustration: Barbara Geising
nur 20 Sekunden.
In den Folgejahren saß ich immer wieder in Prototypen hoch-
automatisierter Fahrzeuge, die auch den Spurwechsel beherrsch- Johannes Winterhagen, leitender Redakteur der AMPERE, ist beruflich viel unter-
ten. Meist auf abgeschlossenen Testgeländen, aber auch auf den wegs. Rund 100 Nächte pro Jahr verbringt er in Hotels. Auf der letzten Seite teilt
Autobahnringen um Berlin oder Göteborg. All diese Fahrzeuge er seine Reise-Beobachtungen mit den Lesern.

AMPERE 3.2016
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