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Springer-Lehrbuch

Das Zweite – kompakt


Herausgeber
Klaus-Peter Schaps
Oliver Kessler
Ulrich Fetzner

Weitere Titel dieser Reihe:


Grundlagen
978-3-540-46344-3

Innere Medizin
978-3-540-46350-4

Gynäkologie – Pädiatrie
978-3-540-46347-4

Neurologie – Psychiatrie – Psychosomatik


978-3-540-46354-2

Allgemeinmedizin – Anästhesie – Arbeits- und Sozialmedizin – Rechtsmedizin


978-3-540-46333-7

Querschnittsbereiche
978-3-540-46357-3

Gesundheitsstörungen
978-3-540-46339-9

Das Zweite – kompakt (Set)


978-3-540-69558-5
U. Fetzner, K.-J. Paquet

Chirurgie
R. Kasch, O. Kessler

Orthopädie
K. Kraus, T. Blaum, D. Zaak

Urologie
Mit 122 größtenteils farbigen Abbildungen und 86 Tabellen

123
Reihenherausgeber
Dr. med. Klaus-Peter Schaps
Rostocker-Str. 21
26388 Wilhelmshaven

Dr. med. Oliver Kessler


Leisibüelstr. 128
CH-8708 Männedorf

Ulrich Fetzner
Von-Lobdeburg-Str. 4
97688 Bad Kissingen

ISBN-13 978-3-540-46335-1 Springer Medizin Verlag Heidelberg


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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere
Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzge-
bung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Planung: Peter Bergmann, Heidelberg
Projektmanagement: Axel Treiber, Heidelberg
Lektorat: Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen, Ursula Illig, Stockdorf
Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin
Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg

SPIN 11885412

Gedruckt auf säurefreiem Papier 15/2117 – 5 4 3 2 1 0


V

Vorwort
Das Hammerexamen: die letzte große Hürde vor dem Traumberuf »Arzt«. So mag es all jenen vor-
kommen, die sich kurz vor dem Hammerexamen befinden. Der gesamte klinische Stoff – und noch
dazu im PJ – wie soll das gehen?
Daher hat sich der Springer Medizin Verlag entschlossen, eine neue Repetitorien-Reihe ins Leben
zu rufen. Ideal für das Lernen auf die 2. Ärztliche Prüfung hin – gerade während des PJ – und für das
kurze Repetieren vor dem Examen bieten die 9 Bände alle Krankheitsbilder und die Gesundheits-
störungen des aktuellen Gegenstandskataloges.
Das Besondere daran: Die Krankheitsbilder, die in den ersten 8 Bänden behandelt werden, werden
nach wie vor nach Fächern geordnet angeboten – ganz so, wie es jeder Student aus dem klinischen
Studienabschnitt kennt. In Lerntexten, die größtenteils von Studenten und jungen Assistenzärzten
verfasst und von Fachärzten der jeweiligen Disziplinen gegengelesen wurden, wird all das noch mal
kurz wiederholt, was in der 2. Ärztlichen Prüfung angewandt werden soll. Nach jedem GK-Krank-
heitsbild findet sich eine Zusammenfassung für das schnelle Repetieren an den Tagen unmittelbar vor
dem Examen. Für grafische Lerner stellen große Übersichtsschaubilder, die »Mindmaps«, komplexe
Sachverhalte übersichtlich dar.
Der 9. Band enthält die Gesundheitsstörungen: Jede Gesundheitsstörung wird durch einen Fall
lebendig gemacht und vom Leitsymptom ausgehend die Differentialdiagnose entwickelt. Zusätzlich
finden sich am Ende jeder Gesundheitsstörung noch eine Wiederholung der häufigsten Krankheits-
bilder, die diese Störung hervorrufen, eine grafische Darstellung der Differentialdiagnostik und einige
Fragen zur Selbstprüfung.
»GK2 Das Zweite – kompakt« ist die ideale Reihe, um sich das Grundwissen anzueignen, das man
zum Lösen der Probeexamina in schwarzer oder gelber Reihe und natürlich zum Bestehen der 2. ÄP
benötigt.
Allen Mitwirkenden, den Herausgebern, Herrn Dr. Schaps, Herrn Dr. Kessler und Herrn Fetzner,
allen Autoren und Fachärzten und auch allen studentischen Testlesern sei an dieser Stelle von Seiten
des Springer Medizin Verlags noch einmal sehr herzlich für Ihre Mitarbeit am Entstehen dieses Pro-
jektes gedankt. Wir hoffen alle sehr, den Studenten mit diesem Werk eine echte »erste Hilfe« zum
Bestehen des »Hammerexamens« an die Hand gegeben zu haben.
Auszüge aus Vorabrezensionen:
»Aufgrund der oben genannten Aspekte finde ich das neue Konzept hervorragend!! Der GK wird
erfüllt; ich kann systematisch vorgehen und gleichzeitig verknüpfen, wiederholen und die neue Frage-
stellung üben. Von dem Arbeitsbuch-Charakter des letzten Bandes »Gesundheitsstörungen« halte
ich sehr viel. Der Platz für eigene Notizen, ein einprägsames Bild und die 2-Farbigkeit setzen das sehr
gut um.«
»Das Konzept ist vernünftig und schlüssig. Auch die Aufteilung der Themen ist meiner Meinung
nach gelungen. … Die Sprache finde ich sehr gut getroffen, … das Lesen fällt leicht, was das Arbeiten
mit dem Text angenehm gestaltet. … Auch das Layout der einzelnen Seiten wirkt übersichtlich, nicht
voll gepackt und ist durch Absätze, Tabellen und die farbliche Gestaltung ansprechend und über-
sichtlich.«

Springer Medizin Verlag


Heidelberg im Frühjahr 2008
Das Zweite – kompakt: Chirurgie, Orthopädie, Urologie

Leitsystem:
Schnelle Orientierung
über alle Kapitel

Mindmap:
Grafische Übersicht
komplexer Sachver-
halte

Inhaltliche Struktur:
Klare Gliederung
durch alle Kapitel

Aufzählungen:
Lerninhalte über-
sichtlich präsentiert

Wichtig Cave:
Zentrale Informatio- Vorsicht! Bei falschem Vorgehen
nen auf einen Blick Gefahr für den Patienten
Navigation: Seitenzahl
und Kapitelnummer für die
schnelle Orientierung

Tabellen:
Klare Übersicht der
wichtigsten Fakten

Zahlreiche Abbildun-
gen veranschaulichen
komplizierte und
komplexe Sachver-
halte

In Kürze:
Wiederholung der
wichtigsten Fakten zu
jedem Krankheitsbild
zum schnellen
Repetieren kurz vor
dem Examen
VIII

Mitarbeiterverzeichnis
T. Blaum K. Kraus
Emmastr. 14 Dr. med.
51643 Gummersbach Peterplatz 8
97070 Würzburg
U. Fetzner
Von-Lobdeburg-Str. 4 K.-J. Paquet
97688 Bad Kissingen Prof. Dr. med.
Lessingstr. 8
R. Kasch 97688 Bad Kissingen/Garitz
Dr. med.
Universitätsklinik und Poliklinik für D. Zaak
Orthopädie und Orthopädische Chirurgie PD Dr. med.
Ferdinand-Sauerbruchstraße Wasserburgerstr. 1
17489 Greifswald 83278 Traunstein

O. Kessler
Dr. med.
Leisibüelstr. 128
CH-8708 Männedorf
IX

Gegenstandskatalog

Teil 1: Gesundheitsstörungen 7 Band Gesundheitsstörungen

Teil 2: Krankheitsbilder
1 A00-A09 Infektiöse Darmkrankheiten (z.B. Salmonellenenteritis, Lebensmittel- 7 Band Grundlagen
vergiftung durch Staphylokokken, Enteritis 7 Band Innere Medizin
durch Rotaviren)
2 A15-A19 Tuberkulose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
3 A20-A28 Bestimmte bakterielle Zoonosen
A20 Pest 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
A22 Anthrax [Milzbrand] 7 Band Grundlagen
A23 Brucellose 7 Band Grundlagen
A27 Leptospirose 7 Band Grundlagen
4 A30-A49 Sonstige bakterielle Krankheiten
A31 Infektion durch sonstige Mykobakterien 7 Band Grundlagen
A32 Listeriose 7 Band Grundlagen
A35 Sonstiger Tetanus (Wundstarrkrampf ) 7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
A36 Diphtherie 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
A37 Keuchhusten 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
A38 Scharlach 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
A39 Meningokokkeninfektion 7 Band Grundlagen
A40 Streptokokkensepsis 7 Band Grundlagen
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.17
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
A41 Sonstige Sepsis (z.B. Sepsis durch Staphylococcus aureus, 7 Band Querschnittsbereiche
Systemic inflammatory response syn-
drome [SIRS])
A42 Aktinomykose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
A46 Erysipel [Wundrose] 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
A48 Sonstige bakterielle Krankheiten, anderenorts (z.B. Gasbrand, Legionellose, Toxisches 7 Band Grundlagen
nicht klassifiziert Schocksyndrom)
A49 Bakterielle Infektion nicht näher bezeichneter (z.B. Helicobacter-Infektion) 7 Band Grundlagen
Lokalisation
5 A50-A64 Infektionen, die vorwiegend durch Ge- (z.B. Syphilis, Gonokokkeninfektion, 7 Band Querschnittsbereiche
schlechtsverkehr übertragen werden Chlamydienkrankheiten, Ulcus molle
[venereum], Infektionen des Anogenital-
bereiches durch Herpesviren [Herpes
simplex], Condylomata acuminata,
Trichomoniasis)
6 A65-A69 Sonstige Spirochätenkrankheiten
A69 Sonstige Spirochäteninfektionen (z.B. Lyme-Krankheit) 7 Band Grundlagen
7 A70-A74 Sonstige Krankheiten durch Chlamydien (z.B. Infektion durch Chlamydia psittaci, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Trachom) 7 Band Grundlagen
8 A75-A79 Rickettsiosen (z.B. Zeckenbissfieber, Q-Fieber) 7 Band Grundlagen
9 A80-A89 Virusinfektionen des Zentralnervensystems
A80 Akute Poliomyelitis [Spinale Kinderlähmung] 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
A81 Atypische Virus-Infektionen des Zentralner- (z.B. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) 7 Band Grundlagen
vensystems 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
A82 Tollwut [Rabies] 7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
A84 Virusenzephalitis, durch Zecken übertragen (z.B. FSME) 7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
10 A90-A99 Durch Arthropoden übertragene Virus- 7 Band Grundlagen
krankheiten und virale hämorrhagische
Fieber
X Gegenstandskatalog

11 B00-B09 Virusinfektionen, die durch Haut- und (z.B. Herpesenzephalitis, Varizellen, Zoster, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Schleimhautläsionen gekennzeichnet sind Masern, Röteln, Viruswarzen, Mollusca 7 Band Querschnittsbereiche
contagiosa, Dreitagefieber, Ringelröteln) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
12 B15-B19 Virushepatitis 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
13 B20-B24 HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-
Viruskrankheit]
B20 Infektiöse und parasitäre Krankheiten infolge 7 Band Querschnittsbereiche
HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz- 7 Band Grundlagen
Viruskrankheit]
B24 Nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit 7 Band Querschnittsbereiche
[Humane Immundefizienz-Viruskrankheit] 7 Band Grundlagen
14 B25-B34 Sonstige Viruskrankheiten
B25 Zytomegalie 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B26 Mumps 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B27 Infektiöse Mononukleose 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B30 Viruskonjunktivitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
15 B35-B49 Mykosen
B35 Dermatophytose [Tinea] 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
B36 Sonstige oberflächliche Mykosen (z.B. Pityriasis versicolor) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
B37 Kandidose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Grundlagen
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
B44 Aspergillose 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
B45 Kryptokokkose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
16 B50-B64 Protozoenkrankheiten (z.B. Malaria, Leishmaniose, Toxoplasmose, 7 Band Querschnittsbereiche
Pneumozystose) 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
17 B65-B83 Helminthosen
B65 Schistosomiasis [Bilharziose] 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
B67 Echinokokkose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie,7 Kap. 1.7.10
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
B68 Taeniasis 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
B69 Zystizerkose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
B77 Askaridose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
B80 Enterobiasis 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
18 B85-B89 Pedikulose [Läusebefall], Akarinose
[Milbenbefall] und sonstiger Parasitenbefall
der Haut
B85 Pedikulose [Läusebefall] und Phthiriasis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
[Filzläusebefall] 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B86 Skabies 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
19 C00-C14 Bösartige Neubildungen der Lippe, der (z.B. Bösartige Neubildung der Parotis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Mundhöhle und des Pharynx
20 C15-C26 Bösartige Neubildungen der Verdauungs-
organe
C15 Bösartige Neubildung des Ösophagus 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2
C16 Bösartige Neubildung des Magens 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.3
7 Band Innere Medizin
C17 Bösartige Neubildung des Dünndarmes 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.4
7 Band Innere Medizin
XI
Gegenstandskatalog

C18 Bösartige Neubildung des Kolons 7 Band Querschnittsbereiche


7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.5
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
C19 Bösartige Neubildung am Rektosigmoid, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.6
Übergang 7 Band Innere Medizin
C20 Bösartige Neubildung des Rektums 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.6
7 Band Innere Medizin
C21 Bösartige Neubildung des Anus und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.7
Analkanals 7 Band Innere Medizin
C22 Bösartige Neubildung der Leber und der 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.10, 1.7.12
intrahepatischen Gallengänge 7 Band Innere Medizin
C23 Bösartige Neubildung der Gallenblase 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.12
7 Band Innere Medizin
C24 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht (z.B. Gallenwegskarzinom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.12
näher bezeichneter Teile der Gallenwege 7 Band Innere Medizin
C25 Bösartige Neubildung des Pankreas 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.13
7 Band Innere Medizin
21 C30-C39 Bösartige Neubildungen der Atmungsorgane
und sonstiger intrathorakaler Organe
C32 Bösartige Neubildung des Larynx 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
C33 Bösartige Neubildung der Trachea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Innere Medizin
C34 Bösartige Neubildung der Bronchien und der 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.4.4
Lunge 7 Band Innere Medizin
22 C40-C41 Bösartige Neubildungen des Knochens und
des Gelenkknorpels
C40 Bösartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Osteosarkom des Femurs) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.7
Gelenkknorpels der Extremitäten
C41 Bösartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Chondrosarkom, Ewing-Sarkom des 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Gelenkknorpels sonstiger und nicht näher Beckens) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.7
bezeichneter Lokalisationen
23 C43-C44 Melanom und sonstige bösartige Neubildun-
gen der Haut
C43 Bösartiges Melanom der Haut 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
C44 Sonstige bösartige Neubildungen der Haut (z.B. Basalzellenkarzinom, Plattenepithel- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
karzinom)
24 C45-C49 Bösartige Neubildungen des mesothelialen (z.B. Pleuramesotheliom, Kaposi-Sarkom, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Gewebes und des Weichteilgewebes Liposarkom) Rechtsmedizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.4.3 und 1.10.2.2
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Innere Medizin
25 C50 Bösartige Neubildung der Brustdrüse 7 Band Querschnittsbereiche
[Mamma] 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.10.3
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Grundlagen
26 C51-C58 Bösartige Neubildungen der weiblichen
Genitalorgane
C51 Bösartige Neubildung der Vulva 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C52 Bösartige Neubildung der Vagina 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C53 Bösartige Neubildung der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C54 Bösartige Neubildung des Corpus uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C56 Bösartige Neubildung des Ovars 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C57 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
näher bezeichneter weiblicher Genitalorgane
27 C60-C63 Bösartige Neubildungen der männlichen (z.B. Peniskarzinom, Prostatakarzinom, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.5
Genitalorgane Hodenmalignom) 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
28 C64-C68 Bösartige Neubildungen der Harnorgane (z.B. Nierenzellkarzinom, Wilms-Tumor, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.5
Urothelkarzinom) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Innere Medizin
Band Gynäkologie, Pädiatrie
29 C69-C72 Bösartige Neubildungen des Auges, des
Gehirns und sonstiger Teile des Zentral-
nervensystems
C69 Bösartige Neubildung des Auges und der (z.B. Retinoblastom, Aderhautmelanom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Augenanhangsgebilde
C71 Bösartige Neubildung des Gehirns 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.7
C72 Bösartige Neubildung des Rückenmarkes, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2
der Hirnnerven und anderer Teile des Zentral-
nervensystems
XII Gegenstandskatalog

30 C73-C75 Bösartige Neubildungen der Schilddrüse


und sonstiger endokriner Drüsen
C73 Bösartige Neubildung der Schilddrüse 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.11
C74 Bösartige Neubildung der Nebenniere (z.B. Neuroblastom, Phäochromozytom) 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.19
31 C76-C80 Bösartige Neubildungen ungenau bezeich- (z.B. Metastasen, Paraneoplastisches 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
neter, sekundärer und nicht näher bezeich- Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.1.13.4
neter Lokalisationen 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
32 C81-C96 Bösartige Neubildungen des lymphatischen,
blutbildenden und verwandten Gewebes
C81 Hodgkin-Krankheit [Lymphogranulomatose] 7 Band Innere Medizin
C82 Follikuläres [noduläres] Non-Hodgkin- 7 Band Innere Medizin
Lymphom
C83 Diffuses Non-Hodgkin-Lymphom 7 Band Innere Medizin
C84 Periphere und kutane T-Zell-Lymphome (z.B. Mycosis fungoides) 7 Band Innere Medizin
C90 Plasmozytom und bösartige Plasmazellen- 7 Band Innere Medizin
Neubildungen
C91 Lymphatische Leukämie 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
C92 Myeloische Leukämie 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
C96 Sonstige und nicht näher bezeichnete bös- (z.B. Abt-Letterer-Siwe-Krankheit) 7 Band Innere Medizin
artige Neubildungen des lymphatischen,
blutbildenden und verwandten Gewebes
33 D00-D09 In-situ-Neubildungen
D00 Carcinoma in situ der Mundhöhle, des 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2 und 1.7.3
Ösophagus und des Magens 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D04 Carcinoma in situ der Haut (z.B. M. Bowen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
34 D10-D36 Gutartige Neubildungen
D12 Gutartige Neubildung des Kolons, des (z.B. Polyposis coli) 7 Band Innere Medizin
Rektums, des Analkanals und des Anus 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chrirugie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.5
7 Band Grundlagen
D13 Gutartige Neubildung sonstiger und ungenau (z.B. Gutartige Tumoren der Leber) 7 Band Innere Medizin
bezeichneter Teile des Verdauungssystems 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.10
D14 Gutartige Neubildung des Mittelohres und des (z.B. Adenomatöse Polypen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Atmungssystems
D16 gutartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Osteochondrom, Osteoid-Osteom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.5 und 2.5.7
Gelenkknorpels
D17 Gutartige Neubildung des Fettgewebes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D18 Hämangiom und Lymphangiom 7 Band Innere Medizin
7 Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D21 Sonstige gutartige Neubildungen des Binde- (z.B. Hautfibrome) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
gewebes und anderer Weichteilgewebe
D22 Melanozytennävus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D25 Leiomyom des Uterus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
D32 Gutartige Neubildung der Meningen (z.B. Meningeom) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.7.2
D33 Gutartige Neubildung des Gehirns und (z.B. Akustikusneurinom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
anderer Teile des Zentralnervensystems 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
D35 Gutartige Neubildung sonstiger und nicht 7 Band Innere Medizin
näher bezeichneter endokriner Drüsen
35 D37-D48 Neubildungen unsicheren oder unbekann-
ten Verhaltens
D44 Neubildung unsicheren oder unbekannten (z.B. »Inzidentalome« [Nebenniere, 7 Band Innere Medizin
Verhaltens der endokrinen Drüsen Hypophyse], Kraniopharyngeom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.7.2
D46 Myelodysplastische Syndrome 7 Band Innere Medizin
D47 Sonstige Neubildungen unsicheren oder (z.B. Myelofibrose) 7 Band Innere Medizin
unbekannten Verhaltens des lymphatischen,
blutbildenden und verwandten Gewebes
36 D50-D53 Alimentäre Anämien
D50 Eisenmangelanämie 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
D51 Vitamin-B12-Mangelanämie 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
D52 Folsäure-Mangelanämie 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
XIII
Gegenstandskatalog

37 D55-D59 Hämolytische Anämien (z.B. Hereditäre Sphärozytose, Autoim- 7 Band Innere Medizin
munhämolytische Anämien)
38 D60-D64 Aplastische und sonstige Anämien (z.B. Akute Blutungsanämie, Tumor- 7 Band Innere Medizin
anämie) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
39 D65-D69 Koagulopathien, Purpura und sonstige hä- (z.B. Disseminierte intravasale Gerinnung, 7 Band Grundlagen
morrhagische Diathesen Hämophilie A, Willebrand-Jürgens-Syn- 7 Band Innere Medizin
drom, Allergische Vaskulitis) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
40 D70-D77 Sonstige Krankheiten des Blutes und der (z.B. Agranulozytose, Methämoglobin- 7 Band Innere Medizin
blutbildenden Organe ämie, Hypersplenismus, sekundäre Poly-
globulie)
41 D80-D90 Bestimmte Störungen mit Beteiligung des
Immunsystems
D83 Variabler Immundefekt [common variable im- 7 Band Querschnittsbereiche
munodeficiency]
D84 Sonstige Immundefekte (z.B. Hereditäres Quincke-Ödem) 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D86 Sarkoidose 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
D90 Immunkompromittierung nach Bestrahlung, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Chemotherapie und sonstigen immunsup- Rechtsmedizin
pressiven Maßnahmen
42 E00-E07 Krankheiten der Schilddrüse (z.B. Endemische Struma, Hypothyreose, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.1.1
Hyperthyreose, Thyreoiditis) 7 Band Innere Medizin
43 E10-E14 Diabetes mellitus
E10 Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus 7 Band Grundlagen
[Typ-1-Diabetes] 7 Band Innere Medizin
E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mel- 7 Band Innere Medizin
litus [Typ-2-Diabetes]
E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
44 E15-E16 Sonstige Störungen der Blutglukose-Regula- (z.B. Hypoglykämie) 7 Band Innere Medizin
tion und der inneren Sekretion des Pankreas 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
45 E20-E35 Krankheiten sonstiger endokriner Drüsen
E21 Hyperparathyreoidismus und sonstige Krank- 7 Band Innere Medizin
heiten der Nebenschilddrüse
E23 Unterfunktion und andere Störungen der Hy- (z.B. Hypopituitarismus, Diabetes 7 Band Innere Medizin
pophyse insipidus)
E24 Cushing-Syndrom 7 Band Innere Medizin
E25 Adrenogenitale Störungen 7 Band Innere Medizin
E26 Hyperaldosteronismus (z.B. Conn-Syndrom) 7 Band Innere Medizin
E27 Sonstige Krankheiten der Nebenniere (z.B. Nebennierenrinden-Insuffizienz) 7 Band Innere Medizin
E28 Ovarielle Dysfunktion 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
E29 Testikuläre Dysfunktion 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.8.1
E30 Pubertätsstörungen, anderenorts nicht klassi- (z.B. Pubertas praecox, Pubertas tarda) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
fiziert
E31 Polyglanduläre Dysfunktion 7 Band Innere Medizin
E34 Sonstige endokrine Störungen (z.B. Karzinoid-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.19
7 Band Innere Medizin
46 E40-E46 Mangelernährung 7 Band Querschnittsbereiche
47 E50-E64 Sonstige alimentäre Mangelzustände (z.B. Vitamin-D-Mangel) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
48 E65-E68 Adipositas und sonstige Überernährung
E66 Adipositas 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.10
49 E70-E90 Stoffwechselstörungen
E70 Störungen des Stoffwechsels aromatischer (z.B. Phenylketonurie) 7 Band Innere Medizin
Aminosäuren 7 Band Grundlagen
E78 Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und 7 Band Innere Medizin
sonstige Lipidämien 7 Band Grundlagen
E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoff- 7 Band Innere Medizin
wechsels
E80 Störungen des Porphyrin- und Bilirubinstoff- 7 Band Innere Medizin
wechsels
E83 Störungen des Mineralstoffwechsels (z.B. Hämochromatose) 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
E84 Zystische Fibrose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
XIV Gegenstandskatalog

50 F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer


psychischer Störungen
F00 Demenz bei Alzheimer-Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
F01 Vaskuläre Demenz 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
F02 Demenz bei anderenorts klassifizierten Krank- (z.B. bei Creutzfeldt-Jacob-Krankheit, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
heiten HIV-Krankheit) 7 Band Querschnittsbereiche
F05 Delir, nicht durch Alkohol oder andere psycho- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
trope Substanzen bedingt
F06 Andere psychische Störungen aufgrund einer (z.B. Organische Halluzinose) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Schädigung oder Funktionsstörung des
Gehirns oder einer körperlichen Krankheit
F07 Persönlichkeits- und Verhaltensstörung (z.B. Organische Persönlichkeitsstörung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder
Funktionsstörung des Gehirns
51 F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch (z.B. Psychische und Verhaltensstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
psychotrope Substanzen durch Alkohol, Opioide und Cannabinoide, 7 Band Querschnittsbereiche
Entzugssyndrom mit Delir)
52 F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte
Störungen
F20 Schizophrenie 7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F22 Anhaltende wahnhafte Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F25 Schizoaffektive Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
53 F30-F39 Affektive Störungen
F31 Bipolare affektive Störung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F32 Depressive Episode 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F33 Rezidivierende depressive Störung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F34 Anhaltende affektive Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
54 F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme
Störungen
F40 Phobische Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F41 Andere Angststörungen (z.B. Panikstörung, Generalisierte Angst- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
störung) 7 Band Querschnittsbereiche
F42 Zwangsstörung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und (z.B. Akute Belastungsreaktion, Posttrau- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Anpassungsstörungen matische Belastungsstörung, Anpassungs-
störungen)
F44 Dissoziative Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
[Konversionsstörungen]
F45 Somatoforme Störungen (z.B. Hypochrondrische Störung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
55 F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen
Störungen und Faktoren
F50 Essstörungen (z.B. Anorexia nervosa, Bulimia nervosa) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F51 Nichtorganische Schlafstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
F52 Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht (z.B. Erektile Dysfunktion) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
durch eine organische Störung oder Krankheit 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.8.2
7 Band Querschnittsbereiche
F54 Psychologische Faktoren oder Verhaltens- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
faktoren bei anderenorts klassifizierten Krank-
heiten
56 F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F60 Spezifische Persönlichkeitsstörungen (z.B. Dissoziale Persönlichkeitsstörung, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Emotional instabile Persönlichkeits-
störung)
57 F70-F79 Intelligenzminderung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
58 F80-F89 Entwicklungsstörungen (z.B. des Sprechens und der Sprache, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
schulischer Fertigkeiten; Frühkindlicher
Autismus)
59 F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit
Beginn in der Kindheit und Jugend
F90 Hyperkinetische Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F91 Störungen des Sozialverhaltens 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F93 Emotionale Störungen des Kindesalters 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F94 Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in (z.B. Elektiver Mutismus) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
der Kindheit und Jugend
F95 Ticstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F98 Andere Verhaltens- und emotionale Störungen (z.B. Nichtorganische Enuresis) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
mit Beginn in der Kindheit und Jugend
XV
Gegenstandskatalog

60 G00-G09 Entzündliche Krankheiten des Zentralnerven- (z.B. Meningitis, Enzephalitis, Myelitis, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.8
systems Enzephalomyelitis, Intrakranielle und 7 Band Grundlagen
intraspinale Abszesse und Granulome) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
61 G10-G13 Systematrophien, die vorwiegend das
Zentralnervensystem betreffen
G10 Chorea Huntington 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Grundlagen
G11 Hereditäre Ataxie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G12 Spinale Muskelatrophie und verwandte 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Syndrome
62 G20-G26 Extrapyramidale Krankheiten und
Bewegungsstörungen
G20 Primäres Parkinson-Syndrom (z.B. Demenz mit Lewy-Körperchen bei 7 Band Querschnittsbereiche
Parkinson-Syndrom) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G21 Sekundäres Parkinson-Syndrom 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G23 Sonstige degenerative Krankheiten der 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Basalganglien
G24 Dystonie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G25 Sonstige extrapyramidale Krankheiten und (z.B. Restless-Legs-Syndrom) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Bewegungsstörungen
63 G30-G32 Sonstige degenerative Krankheiten des
Nervensystems
G30 Alzheimer-Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
64 G35-G37 Demyelinisierende Krankheiten des
Zentralnervensystems
G35 Multiple Sklerose [Encephalomyelitis 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
disseminata]
65 G40-G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten
des Nervensystems
G40 Epilepsie 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G41 Status epilepticus 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G43 Migräne 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G44 Sonstige Kopfschmerzsyndrome (z.B. Cluster-Kopfschmerz, Vasomotorischer 7 Band Querschnittsbereiche
Kopfschmerz, Spannungskopfschmerz, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Chronischer posttraumatischer Kopf-
schmerz, Arzneimittelinduzierter Kopf-
schmerz)
G45 Zerebrale transitorische Ischämie und ver- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
wandte Syndrome
G46 Zerebrale Gefäßsyndrome bei zerebrovaskulä- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ren Krankheiten 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.4
G47 Schlafstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
66 G50-G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln
und Nervenplexus
G50 Krankheiten des N. trigeminus [V. Hirnnerv] 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G51 Krankheiten des N. facialis [VII. Hirnnerv] 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G52 Krankheiten sonstiger Hirnnerven 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G54 Krankheiten von Nervenwurzeln und Nerven- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
plexus
G56 Mononeuropathien der oberen Extremität 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
G57 Mononeuropathien der unteren Extremität 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
67 G60-G64 Polyneuropathien und sonstige Krankheiten
des peripheren Nervensystems
G61 Polyneuritis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G62 Sonstige Polyneuropathien (z.B. Alkoholneuropathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G63 Polyneuropathie bei anderenorts klassifizier- (z.B. Diabetische Polyneuropathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ten Krankheiten
68 G70-G73 Krankheiten im Bereich der neuro-
muskulären Synapse und des Muskels
G70 Myasthenia gravis und sonstige neuromusku- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
läre Krankheiten
G71 Primäre Myopathien (z.B. Muskeldystrophien, Myotone 7 Band Grundlagen
Syndrome) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G72 Sonstige Myopathien (z.B. Arzneimittelinduzierte Myopathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
XVI Gegenstandskatalog

69 G80-G83 Zerebrale Lähmung und sonstige Lähmungs-


syndrome
G80 Infantile Zerebralparese 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
G81 Hemiparese und Hemiplegie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G82 Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Tetraplegie 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.10
G83 Sonstige Lähmungssyndrome (z.B. Cauda-equina-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.11 und 2.8.8
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
70 G90-G99 Sonstige Krankheiten des Nervensystems
G90 Krankheiten des autonomen Nervensystems (z.B. Multisystem-Atrophie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G91 Hydrozephalus (z.B. Normaldruckhydozephalus) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.6
G95 Sonstige Krankheiten des Rückenmarkes (z.B. Syringomyelie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
71 H00-H06 Affektionen des Augenlides, des Tränen-
apparates und der Orbita
H00 Hordeolum und Chalazion 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H02 Sonstige Affektionen des Augenlides (z.B. Ektropium, Entropium, Ptosis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H04 Affektionen des Tränenapparates 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
72 H10-H13 Affektionen der Konjunktiva
H10 Konjunktivitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
73 H15-H22 Affektionen der Sklera, der Hornhaut, der Iris
und des Ziliarkörpers
H15 Affektionen der Sklera (z.B. Skleritis, Episkleritis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H16 Keratitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H18 Sonstige Affektionen der Hornhaut (z.B. Keratokonus) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H20 Iridozyklitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H22 Affektionen der Iris und des Ziliarkörpers bei (z.B. Iridozyklitis bei Zoster, bei Spondylitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
anderenorts klassifizierten Krankheiten ankylopoetica)
74 H25-H28 Affektionen der Linse
H25 Cataracta senilis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H26 Sonstige Kataraktformen (z.B. Cataracta traumatica) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
75 H30-H36 Affektionen der Aderhaut und der Netzhaut
H30 Chorioretinitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H32 Chorioretinale Affektionen bei anderenorts (z.B. bei Toxoplasmose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
klassifizierten Krankheiten
H33 Netzhautablösung und Netzhautriss 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H34 Netzhautgefäßverschluss 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut (z.B. Hypertensive Retinopathie, Retino- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
pathia praematurorum, Altersbedingte
Makuladegeneration [AMD], Retinopathia
pigmentosa)
H36 Affektionen der Netzhaut bei anderenorts (z.B. Diabetische Retinopathie, Athero- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
klassifizierten Krankheiten sklerotische Retinopathie)
76 H40-H42 Glaukom 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Querschnittsbereiche
77 H43-H45 Affektionen des Glaskörpers und des
Augapfels
H43 Affektionen des Glaskörpers (z.B. Glaskörperblutung) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H44 Affektionen des Augapfels (z.B. Endophthalmitis, Intraokularer 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Fremdkörper)
78 H46-H48 Affektionen des N. opticus und der Sehbahn
H46 Neuritis nervi optici 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H47 Sonstige Affektionen des N. opticus (z.B. Anteriore ischämische Optikusneuro- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
[II. Hirnnerv] und der Sehbahn pathie (AION), arteriosklerotisch)
H48 Affektionen des N. opticus [II. Hirnnerv] und (z.B. bei Multipler Sklerose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
der Sehbahn bei anderenorts klassifizierten
Krankheiten
79 H49-H52 Affektionen der Augenmuskeln, Störungen
der Blickbewegungen sowie Akkommoda-
tionsstörungen und Refraktionsfehler
H49 Strabismus paralyticus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H50 Sonstiger Strabismus (z.B. Strabismus concomitans) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H52 Akkommodationsstörungen und Refraktions- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
fehler
80 H53-H54 Sehstörungen und Blindheit 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
81 H60-H62 Krankheiten des äußeren Ohres
H60 Otitis externa 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
XVII
Gegenstandskatalog

82 H65-H75 Krankheiten des Mittelohres und des


Warzenfortsatzes
H65 Nichteitrige Otitis media 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H66 Eitrige und nicht näher bezeichnete Otitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
media
H68 Entzündung und Verschluß der Tuba auditiva 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H70 Mastoiditis und verwandte Zustände 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H71 Cholesteatom des Mittelohres 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H72 Trommelfellperforation 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
83 H80-H83 Krankheiten des Innenohres
H80 Otosklerose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H81 Störungen der Vestibularfunktion (z.B. Ménière-Krankheit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H83 Sonstige Krankheiten des Innenohres (z.B. Lärmschwerhörigkeit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeit- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
84 H90-H95 Sonstige Krankheiten des Ohres
H90 Hörverlust durch Schalleitungs- oder Schall- (z.B. Angeborene Taubheit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
empfindungsstörung 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
H91 Sonstiger Hörverlust (z.B. Altersschwerhörigkeit) 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
85 I00-I02 Akutes rheumatisches Fieber 7 Band Innere Medizin
86 I05-I09 Chronische rheumatische Herzkrankheiten
I05 Rheumatische Mitralklappenkrankheiten
I06 Rheumatische Aortenklappenkrankheiten 7 Band Innere Medizin
87 I10-I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit]
I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
I11 Hypertensive Herzkrankheit 7 Band Innere Medizin
I12 Hypertensive Nierenkrankheit 7 Band Innere Medizin
I15 Sekundäre Hypertonie 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
88 I20-I25 Ischämische Herzkrankheiten
I20 Angina pectoris 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.5.4
I21 Akuter Myokardinfarkt 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
I22 Rezidivierender Myokardinfarkt 7 Band Innere Medizin
I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 7 Band Innere Medizin
89 I26-I28 Pulmonale Herzkrankheit und Krankheiten
des Lungenkreislaufes
I26 Lungenembolie 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 1.4.7
I27 Sonstige pulmonale Herzkrankheiten (z.B. Cor pulmonale) 7 Band Innere Medizin
90 I30-I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit
I30 Akute Perikarditis 7 Band Innere Medizin
I31 Sonstige Krankheiten des Perikards (z.B. Chronische Perikarditis) 7 Band Innere Medizin
I34 Nichtrheumatische Mitralklappenkrankheiten 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.5.2
I35 Nichtrheumatische Aortenklappenkrank- 7 Band Innere Medizin
heiten 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.5.2
I38 Endokarditis, Herzklappe nicht näher 7 Band Innere Medizin
bezeichnet
I39 Endokarditis und Herzklappenkrankheiten bei 7 Band Innere Medizin
anderenorts klassifizierten Krankheiten
I40 Akute Myokarditis 7 Band Innere Medizin
I41 Myokarditis bei anderenorts klassifizierten 7 Band Innere Medizin
Krankheiten
I42 Kardiomyopathie 7 Band Innere Medizin
I44 Atrioventrikulärer Block und Linksschenkel- 7 Band Innere Medizin
block
I45 Sonstige kardiale Erregungsleitungsstörungen (z.B. Rechtsschenkelblock, Präexitations- 7 Band Innere Medizin
Syndrom)
I46 Herzstillstand (z.B. Plötzlicher Herztod) 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
XVIII Gegenstandskatalog

I47 Herzstillstand 7 Band Innere Medizin


7 Band Querschnittsbereiche
I48 Vorhofflattern und Vorhofflimmern 7 Band Innere Medizin
I49 Sonstige kardiale Arrhythmien (z.B. Kammerflimmern, Sick-Sinus- 7 Band Innere Medizin
Syndrom) 7 Band Querschnittsbereiche
I50 Herzinsuffizienz 7 Band Innere Medizin
91 I60-I69 Zerebrovaskuläre Krankheiten
I60 Subarachnoidalblutung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.4
I61 Intrazerebrale Blutung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.4
I62 Sonstige nichttraumatische intrakranielle (z.B. Spontane subarachnoidale Blutung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Blutung
I63 Hirninfarkt 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7Band Grundlagen
I65 Verschluss und Stenose präzerebraler Arterien (z.B. Basilaristhrombose) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ohne resultierenden Hirninfarkt
I66 Verschluss und Stenose zerebraler Arterien 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.6.3
ohne resultierenden Hirninfarkt
I67 Sonstige zerebrovaskuläre Krankheiten (z.B. Hirnatherosklerose, Hirnvenen- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
thrombose)
I69 Folgen einer zerebrovaskulären Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
92 I70-I79 Krankheiten der Arterien, Arteriolen und
Kapillaren
I70 Atherosklerose 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
I71 Aortenaneurysma und -dissektion 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.6.3.4
7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
I72 Sonstiges Aneurysma (z.B. Aneurysma der A. carotis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.6.3.4
7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
I73 Sonstige periphere Gefäßkrankheiten (z.B. Raynaud-Syndrom, Thrombangiitis 7 Band Innere Medizin
obliterans, Claudicatio intermittens) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.6.3.3
I74 Arterielle Embolie und Thrombose 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
93 I80-I89 Krankheiten der Venen, der Lymphgefäße
und der Lymphknoten, anderenorts nicht
klassifiziert
I80 Phlebitis und Thrombophlebitis 7 Band Innere Medizin
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
I81 Pfortaderthrombose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.9 und 1.7.11
7 Band Innere Medizin
I82 Sonstige venöse Embolie und Thrombose (z.B. Thrombophilie wie Protein-S-Mangel, 7 Band Innere Medizin
Protein-C-Mangel, APC-Resistenz)
I83 Varizen der unteren Extremitäten (z.B. Ulcus cruris venosum) 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.6.4
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
I84 Hämorrhoiden 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.7
I85 Ösophagusvarizen 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2
I86 Varizen sonstiger Lokalisationen (z.B. Magenvarizen, Varikozele) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.11
7 Band Innere Medizin
I87 Sonstige Venenkrankheiten (z.B. Postthrombotisches Syndrom, Venöse 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Insuffizienz) 7 Band Innere Medizin
I88 Unspezifische Lymphadenitis 7 Band Innere Medizin
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
I89 Sonstige nichtinfektiöse Krankheiten der (z.B. Lymphödem) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Lymphgefäße und Lymphknoten 7 Band Innere Medizin
94 J00-J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege
J00 Akute Rhinopharyngitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
[Erkältungsschnupfen]
J01 Akute Sinusitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J02 Akute Pharyngitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J03 Akute Tonsillitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J04 Akute Laryngitis und Tracheitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Innere Medizin
J05 Akute obstruktive Laryngitis [Krupp] und 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Epiglottitis 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht (z.B. Grippaler Infekt) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
näher bezeichneten Lokalisationen der oberen 7 Band Grundlagen
Atemwege 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
XIX
Gegenstandskatalog

95 J10-J18 Grippe und Pneumonie 7 Band Innere Medizin


7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
96 J20-J22 Sonstige akute Infektionen der unteren
Atemwege
J20 Akute Bronchitis 7 Band Innere Medizin
J21 Akute Bronchiolitis (z.B. RSV-Infektion) 7 Band Innere Medizin
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Grundlagen
97 J30-J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege
J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J31 Chronische Rhinitis, Rhinopharyngitis und 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Pharyngitis
J32 Chronische Sinusitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J33 Nasenpolyp 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J34 Sonstige Krankheiten der Nase und der Nasen- (z.B. Nasenfurunkel) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie
nebenhöhlen 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J35 Chronische Krankheiten der Gaumen- und 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Rachenmandeln 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
J38 Krankheiten der Stimmlippen und des Kehl- (z.B. Stimmlippenknötchen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
kopfes, anderenorts nicht klassifiziert
98 J40-J47 Chronische Krankheiten der unteren Atem-
wege
J41 Einfache und schleimig-eitrige chronische 7 Band Innere Medizin
Bronchitis
J43 Emphysem 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
J44 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrank- (z.B. COPD) 7 Band Innere Medizin
heit
J45 Asthma bronchiale 7 Band Innere Medizin
J46 Status asthmaticus 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Innere Medizin
J47 Bronchiektasen 7 Band Innere Medizin
99 J60-J70 Lungenkrankheiten durch exogene
Substanzen
J61 Pneumokoniose durch Asbest und sonstige (Asbestose) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
anorganische Fasern Rechtsmedizin
7 Band Innere Medizin
J62 Pneumokoniose durch Quarzstaub (z.B. Silikose) 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
J67 Allergische Alveolitis durch organischen Staub (z.B. Farmerlunge) 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
100 J80-J84 Sonstige Krankheiten der Atmungsorgane,
die hauptsächlich das Interstitium betreffen
J81 Lungenödem 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Grundlagen
J84 Sonstige interstitielle Lungenkrankheiten (z.B. Hamman-Rich-Syndrom) 7 Band Innere Medizin
101 J85-J86 Purulente und nekrotisierende
Krankheitszustände der unteren Atemwege
J86 Pyothorax 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.4.3
102 J90-J94 Sonstige Krankheiten der Pleura
J90 Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert (z.B. Exsudative Pleuritis) 7 Band Innere Medizin
J91 Pleuraerguß bei anderenorts klassifizierten 7 Band Innere Medizin
Krankheiten
J93 Pneumothorax 7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.4.2.2
103 J95-J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems
J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege (z.B. Atelektase, Interstitielles Emphysem, 7 Band Innere Medizin
Mediastinitis)
104 K00-K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speichel-
drüsen und der Kiefer
K10 Sonstige Krankheiten der Kiefer (z.B. Kieferosteomyelitis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.3.2
K11 Krankheiten der Speicheldrüsen (z.B. Sialolithiasis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
K12 Stomatitis und verwandte Krankheiten (z.B. Rezidivierende orale Aphthen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
K13 Sonstige Krankheiten der Lippe und der (z.B. Cheilitis, Leukoplakie) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Mundschleimhaut 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
XX Gegenstandskatalog

105 K20-K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens


und des Duodenums
K20 Ösophagitis 7 Band Innere Medizin
K21 Gastroösophageale Refluxkrankheit 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2
7 Band Innere Medizin
K22 Sonstige Krankheiten des Ösophagus (z.B. Erworbene Divertikel, Mallory-Weiss- 7 Band Innere Medizin
Syndrom, Perforation) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2
K25 Ulcus ventriculi 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.3
7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
K26 Ulcus duodeni 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbetis- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.4
7 Band Innere Medizin
K29 Gastritis und Duodenitis 7 Band Innere Medizin
K30 Dyspepsie 7 Band Querschnittsbereiche
106 K35-K38 Krankheiten der Appendix
K35 Akute Appendizitis 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.5
107 K40-K46 Hernien
K40 Hernia inguinalis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.14
K41 Hernia femoralis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.14
K42 Hernia umbilicalis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.14
K43 Hernia ventralis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.14
K44 Hernia diaphragmatica 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.12.2
108 K50-K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis
K50 Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis] [Morbus 7 Band Innere Medizin
Crohn] 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.8
K51 Colitis ulcerosa 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.8
109 K55-K63 Sonstige Krankheiten des Darmes
K55 Gefäßkrankheiten des Darmes (z.B. Mesenterialinfarkt, Ischämische 7 Band Innere Medizin
Kolitis) 7 Band Chirurgie, 7 Kap. 1.7.3.4
K56 Paralytischer Ileus und mechanischer Ileus (z.B. Invagination, Bridenileus) 7 Band Innere Medizin
ohne Hernie 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.17
K57 Divertikulose des Darmes 7 Band Innere Medizin
7 Band Innere Medizin Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.5
K58 Reizdarmsyndrom 7 Band Innere Medizin
K60 Fissur und Fistel in der Anal- und Rektalregion 7 Band Innere Medizin
K61 Abszess in der Anal- und Rektalregion 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.7
K62 Sonstige Krankheiten des Anus und des Rek- (z.B. Analpolyp, Analprolaps) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.7
tums 7 Band Innere Medizin
K63 Sonstige Krankheiten des Darmes (z.B. Darmabszess, Darmfistel) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.5 und 1.1.13.5
110 K65-K67 Krankheiten des Peritoneums
K65 Peritonitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.17
111 K70-K77 Krankheiten der Leber
K70 Alkoholische Leberkrankheit 7 Band Innere Medizin
K71 Toxische Leberkrankheit 7 Band Innere Medizin
K72 Leberversagen, anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Innere Medizin
K74 Fibrose und Zirrhose der Leber 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin
K75 Sonstige entzündliche Leberkrankheiten (z.B. Leberabszess, Autoimmune Hepatitis) 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.10
K76 Sonstige Krankheiten der Leber (z.B. Fettleber) 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
112 K80-K87 Krankheiten der Gallenblase, der Gallen-
wege und des Pankreas
K80 Cholelithiasis 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.12
K81 Cholezystitis 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.12
K83 Sonstige Krankheiten der Gallenwege (z.B. Gallengangsverschluss) 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.12
K85 Akute Pankreatitis 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.13
XXI
Gegenstandskatalog

K86 Sonstige Krankheiten des Pankreas (z.B. Chronische Pankreatitis) 7 Band Innere Medizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.13
113 K90-K93 Sonstige Krankheiten des Verdauungs-
systems
K90 Intestinale Malabsorption (z.B. Zöliakie) 7 Band Innere Medizin
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
114 L00-L08 Infektionen der Haut und der Unterhaut
L00 Staphylococcal scalded skin syndrome 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
[SSS-Syndrom] 7 Band Grundlagen
L01 Impetigo 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L02 Hautabszess, Furunkel und Karbunkel 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L03 Phlegmone 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.9.4
L04 Akute Lymphadenitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L05 Pilonidalzyste 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L08 Sonstige lokale Infektionen der Haut und der (z.B. Pyodermie, Erythrasma) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Unterhaut
115 L10-L14 Bullöse Dermatosen
L10 Pemphiguskrankheiten 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L12 Pemphigoidkrankheiten 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L13 Sonstige bullöse Dermatosen (z.B. Dermatitis herpetiformis Duhring) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
116 L20-L30 Dermatitis und Ekzem
L20 Atopisches [endogenes] Ekzem 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L21 Seborrhoisches Ekzem 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L22 Windeldermatitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
L23 Allergische Kontaktdermatitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L24 Toxische Kontaktdermatitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L27 Dermatitis durch oral, enteral oder parenteral (z.B. Arzneimittelexanthem) 7 Band Querschnittsbereiche
aufgenommene Substanzen 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L30 Sonstige Dermatitis (z.B. Nummuläres Ekzem) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
117 L40-L45 Papulosquamöse Hautkrankheiten
L40 Psoriasis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L41 Parapsoriasis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L42 Pityriasis rosea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L43 Lichen ruber planus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
118 L50-L54 Urtikaria und Erythem
L50 Urtikaria 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L51 Erythema exsudativum multiforme (z.B. Toxische epidermale Nekrolyse) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L52 Erythema nodosum 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
119 L55-L59 Krankheiten der Haut und der Unterhaut
durch Strahleneinwirkung
L55 Dermatitis solaris acuta 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Querschnittsbereiche
L56 Sonstige akute Hautveränderungen durch (z.B. Polymorphe Lichtdermatose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Ultraviolettstrahlen 7 Band Querschnittsbereiche
L57 Hautveränderungen durch chronische Exposi- (z.B. Aktinische Keratose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
tion gegenüber nichtionisierender Strahlung 7 Band Querschnittsbereiche
120 L60-L75 Krankheiten der Hautanhangsgebilde
L60 Krankheiten der Nägel 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L63 Alopecia areata 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L64 Alopecia androgenetica 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L70 Akne 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
L71 Rosazea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L72 Follikuläre Zysten der Haut und der Unterhaut (z.B. Atherom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Innere Medizin
L73 Sonstige Krankheiten der Haarfollikel (z.B. Hidradenitis suppurativa) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Querschnittsbereiche
121 L80-L99 Sonstige Krankheiten der Haut und der
Unterhaut
L80 Vitiligo 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L82 Seborrhoische Keratose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
XXII Gegenstandskatalog

L83 Acanthosis nigricans 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde


L85 Sonstige Epidermisverdickung (z.B. Cornu cutaneum, Akrale Hyper- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
keratosen)
L88 Pyoderma gangraenosum 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L89 Dekubitalgeschwür 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.10.2.3
L90 Atrophische Hautkrankheiten (z.B. Lichen sclerosus et atrophicus, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Narben, Striae cutis atrophicae) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.1.6 und 1.10.5
L92 Granulomatöse Krankheiten der Haut und der (z.B. Granuloma anulare, Nekrobiosis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Unterhaut lipoidica)
L93 Lupus erythematodes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L94 Sonstige lokalisierte Krankheiten des Binde- (z.B. Sclerodermia circumscripta) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
gewebes
122 M00-M03 Infektiöse Arthropathien
M00 Eitrige Arthritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.1.6
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M01 Direkte Gelenkinfektionen bei anderenorts (z.B. Arthritis bei Lyme-Krankheit) 7 Band Innere Medizin
klassifizierten infektiösen und parasitären
Krankheiten
M02 Reaktive Arthritiden (z.B. Reiter-Krankheit) 7 Band Innere Medizin
M03 Postinfektiöse und Reaktive Arthritiden bei 7 Band Innere Medizin
anderenorts klassifizierten Krankheiten 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie
123 M05-M14 Entzündliche Polyarthropathien (z.B. Chronische Polyarthritis, Arthritis 7 Band Innere Medizin
psoriatica, Juvenile Arthritis, Gicht, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Begleitarthropathien) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.4
124 M15-M19 Arthrose
M15 Polyarthrose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.4.6
M16 Koxarthrose [Arthrose des Hüftgelenkes] 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.13.6.1
M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.14.3.1
M19 Sonstige Arthrose (z.B. Omarthrose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.11.5.1
125 M20-M25 Sonstige Gelenkkrankheiten
M20 Erworbene Deformitäten der Finger und (z.B. Hallux valgus) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.16.9.1
Zehen
M21 Sonstige erworbene Deformitäten der (z.B. Fallhand) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Extremitäten Rechtsmedizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.7 und 2.12
M22 Krankheiten der Patella 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2 und 2.14.9
M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes (z.B. Meniskusschädigung) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.12 und 2.14.4
[internal derangement]
M24 Sonstige näher bezeichnete Gelenk- (z.B. Freier Gelenkkörper) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.1 und 2.4.4.3
schädigungen
M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts (z.B. Hämarthros, Gelenkinstabilität, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.1 und 2.2, 2.4, 2.11
nicht klassifiziert Gelenksteife)
126 M30-M36 Systemkrankheiten des Bindegewebes
M30 Panarteriitis nodosa und verwandte Zustände (z.B. Kawasaki-Krankheit) 7 Band Innere Medizin
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M31 Sonstige nekrotisierende Vaskulopathien (z.B. Hypersensitivitätsangiitis, Riesen- 7 Band Innere Medizin
zellarteriitis)
M32 Systemischer Lupus erythematodes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M33 Dermatomyositis-Polymyositis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M34 Systemische Sklerose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M35 Sonstige Krankheiten mit Systembeteiligung (z.B. Polymyalgia rheumatica) 7 Band Innere Medizin
des Bindegewebes
127 M40-M43 Deformitäten der Wirbelsäule und des
Rückens
M40 Kyphose und Lordose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.2 und 2.8.1
M41 Skoliose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.5
M42 Osteochondrose der Wirbelsäule 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8.1
M43 Sonstige Deformitäten der Wirbelsäule und (z.B. Spondylolisthesis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.6
des Rückens
128 M45-M49 Spondylopathien
M45 Spondylitis ankylosans 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8
M46 Sonstige entzündliche Spondylopathien (z.B. Spondylodiszitis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.7
M47 Spondylose 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8
M48 Sonstige Spondylopathien (z.B. Lumbale Spinalstenose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8.6
XXIII
Gegenstandskatalog

129 M50-M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und


des Rückens
M50 Zervikale Bandscheibenschäden (z.B. zervikale Myelopathie) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.11 und 2.8.8.2
M51 Sonstige Bandscheibenschäden (z.B. Lumbaler Bandscheibenvorfall) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.11 und 2.8.8.4,
2.8.8.5
M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des (z.B. Zervikobrachial-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8.2
Rückens, anderenorts nicht klassifiziert
M54 Rückenschmerzen (z.B. Lumboischialgie) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8.5 und 2.8.8.6
130 M60-M63 Krankheiten der Muskeln
M60 Myositis 7 Band Innere Medizin
M61 Kalzifikation und Ossifikation von Muskeln 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.1.5 und 2.6.5.1
131 M65-M68 Krankheiten der Synovialis und der Sehnen
M65 Synovitis und Tenosynovitis (z.B. Schnellender Finger) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.9.5 und 2.7.2.3
132 M70-M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes
M70 Krankheiten des Weichteilgewebes im (z.B. Bursitis praepatellaris) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.14.9.3
Zusammenhang mit Beanspruchung, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Überbeanspruchung und Druck Rechtsmedizin
M72 Fibromatosen (z.B. Nekrotisierende Fasziitis) 7 Band Grundlagen
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.11.8
M75 Schulterläsionen (z.B. Läsionen der Rotatorenmanschette) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.6 und 2.11
M76 Enthesopathien der unteren Extremität mit (z.B. Tractus-iliotibialis-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.13.5.4
Ausnahme des Fußes
M77 Sonstige Enthesopathien (z.B. Epicondylitis radialis humeri) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.7.1.2
M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, (z.B. Fibromyalgie, Neuralgie) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Innere Medizin
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
133 M80-M85 Veränderungen der Knochendichte und
-struktur
M80 Osteoporose mit pathologischer Fraktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.2
7 Band Querschnittsbereiche
M81 Osteoporose ohne pathologische Fraktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.2
7 Band Querschnittsbereiche
M85 Sonstige Veränderungen der Knochendichte (z.B. Knochenzyste) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.7.8
und -struktur
134 M86-M90 Sonstige Osteopathien
M86 Osteomyelitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.3.2 und 2.5.8
M87 Knochennekrose (z.B. Idiopathische aseptische Knochen- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.4.7.1
nekrose)
M88 Osteodystrophia deformans [Paget-Krankheit] 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.3.1
M89 Sonstige Knochenkrankheiten (z.B. Komplexes regionales Schmerz- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
syndrom)
135 M91-M94 Chondropathien (z.B. M. Perthes, Osteochondrosis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.4.7 und 2.13.5
dissecans) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
136 M95-M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-
Systems und des Bindegewebes
M99 Biomechanische Funktionsstörungen, (z.B. Knöcherne Stenose des Spinalkanals, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.8 und 2.5.5
anderenorts nicht klassifiziert Stenose des Spinalkanals durch Band-
scheiben)
137 N00-N08 Glomeruläre Krankheiten
N00 Akutes nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2.1
7 Band Innere Medizin
N01 Rapid-progressives nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2.1
7 Band Innere Medizin
N02 Rezidivierende und persistierende Hämaturie 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.2.1
7 Band Innere Medizin
N03 Chronisches nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2.1
7 Band Innere Medizin
N04 Nephrotisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2.2
7 Band Innere Medizin
138 N10-N16 Tubulointerstitielle Nierenkrankheiten
N10 Akute tubulointerstitielle Nephritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2
7 Band Innere Medizin
N11 Chronische tubulointerstitielle Nephritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2
7 Band Innere Medizin
N13 Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.2.2
7 Band Innere Medizin
N15 Sonstige tubulointerstitielle Nierenkrank- (z.B. Nierenkarbunkel, Paranephritis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.1.3
heiten 7 Band Innere Medizin
XXIV Gegenstandskatalog

139 N17-N19 Niereninsuffizienz


N17 Akutes Nierenversagen 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.2.2
7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
N18 Chronische Niereninsuffizienz 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.12
7 Band Innere Medizin
7 Band Querschnittsbereiche
140 N20-N23 Urolithiasis
N20 Nieren- und Ureterstein 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.7
7 Band Innere Medizin
N21 Stein in den unteren Harnwegen (z.B. Blasenstein) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.7
141 N25-N29 Sonstige Krankheiten der Niere und des
Ureters
N26 Schrumpfniere, nicht näher bezeichnet 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.1.2
7 Band Innere Medizin
N28 Sonstige Krankheiten der Niere und des (z.B. Niereninfarkt) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.11.4
Ureters, anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Innere Medizin
142 N30-N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems
N30 Zystitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.1.2
N31 Neuromuskuläre Dysfunktion der Harnblase, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.9.2
anderenorts nicht klassifiziert
N32 Sonstige Krankheiten der Harnblase (z.B. Blasenhalsobstruktion) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.6
N34 Urethritis und urethrales Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.1.1
N35 Harnröhrenstriktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.9.2
N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems (z.B. Stressinkontinenz, Urgeinkontinenz, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.9.1 und 3.11.7
Harnwegsinfektion, Urosepsis) 7 Band Innere Medizin
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
143 N40-N51 Krankheiten der männlichen Genitalorgane
N40 Prostatahyperplasie 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.6
N41 Entzündliche Krankheiten der Prostata 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.4
N43 Hydrozele und Spermatozele 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.8.3
N44 Hodentorsion und Hydatidentorsion 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.11.2
N45 Orchitis und Epididymitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.4.5
N46 Sterilität beim Mann 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.8.1
N47 Vorhauthypertrophie, Phimose und Paraphi- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.5.2 und 3.11.1
mose
N48 Sonstige Krankheiten des Penis (z.B. Balanoposthitis, Priapismus, Impotenz 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.11.1 und 3.8.2
organischen Usprungs, Penisfraktur)
N49 Entzündliche Krankheiten der männlichen (z.B. Fournier-Gangrän) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.11.8
Genitalorgane, anderenorts nicht klassifiziert
144 N60-N64 Krankheiten der Mamma [Brustdrüse]
N60 Gutartige Mammadysplasie (z.B. Fibrozystische Mastopathie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N61 Entzündliche Krankheiten der Mamma 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
[Brustdrüse]
145 N70-N77 Entzündliche Krankheiten der weiblichen
Beckenorgane
N70 Salpingitis und Oophoritis 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N71 Entzündliche Krankheit des Uterus, ausge- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
nommen der Zervix
N72 Entzündliche Krankheit der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N73 Sonstige entzündliche Krankheiten im (z.B. Parametritis, Pelveoperitonitis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
weiblichen Becken 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.17
N75 Krankheiten der Bartholin-Drüsen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N76 Sonstige entzündliche Krankheit der Vagina (z.B. Akute Kolpitis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
und Vulva
146 N80-N98 Nichtentzündliche Krankheiten des
weiblichen Genitaltraktes
N80 Endometriose 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N81 Genitalprolaps bei der Frau 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N85 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten des (z.B. Glanduläre Hyperplasie, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Uterus, ausgenommen der Zervix Adenomatöse Hyperplasie)
N86 Erosion und Ektropium der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N87 Dysplasie der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N89 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der (z.B. Hochgradige Dysplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Vagina
N90 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der (z.B. Atrophie der Vulva) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Vulva und des Perineums
XXV
Gegenstandskatalog

N91 Ausgebliebene, zu schwache oder zu seltene 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie


Menstruation
N92 Zu starke, zu häufige oder unregelmäßige 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Menstruation
N94 Schmerz und andere Zustände im Zusammen- (z.B. Dyspareunie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
hang mit den weiblichen Genitalorganen und
dem Menstruationszyklus
N95 Klimakterische Störungen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N97 Sterilität der Frau 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
147 O00-O08 Schwangerschaft mit abortivem Ausgang
O00 Extrauteringravidität 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O01 Blasenmole 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O03 Spontanabort 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
148 O10-O16 Ödeme, Proteinurie und Hypertonie
während der Schwangerschaft, der Geburt
und des Wochenbettes
O14 Gestationshypertonie [schwangerschafts- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
induziert] mit bedeutsamer Proteinurie
O15 Eklampsie 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
149 O20-O29 Sonstige Krankheiten der Mutter, die vor-
wiegend mit der Schwangerschaft verbun-
den sind
O20 Blutung in der Frühschwangerschaft (z.B. Drohender Abort) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O24 Diabetes mellitus in der Schwangerschaft 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O26 Betreuung der Mutter bei sonstigen Zustän- (z.B. Übermäßige Gewichtszunahme, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
den, die vorwiegend mit der Schwangerschaft Herpes gestationis)
verbunden sind
150 O30-O48 Betreuung der Mutter im Hinblick auf den (z.B. Mehrlingsschwangerschaft, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Feten und die Amnionhöhle sowie mögliche Übertragene Schwangerschaft,
Entbindungskomplikationen Polyhydramnion)
151 O60-O75 Komplikationen bei Wehentätigkeit und (z.B. Abnorme Wehentätigkeit, Geburts- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Entbindung hindernis)
152 O85-O92 Komplikationen, die vorwiegend im
Wochenbett auftreten
O91 Infektionen der Mamma [Brustdrüse] im 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Zusammenhang mit der Gestation
153 O95-O99 Sonstige Krankheitszustände während der (z.B. Infektionskrankheiten während der 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Gestationsperiode, die anderenorts nicht Schwangerschaft, Schwangerschafts-
klassifiziert sind dermatosen)
154 P00-P04 Schädigung des Feten und Neugeborenen (z.B. Schädigung des Kindes durch 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
durch mütterliche Faktoren und durch Placenta praevia)
Komplikationen bei Schwangerschaft,
Wehentätigkeit und Entbindung
155 P05-P08 Störungen im Zusammenhang mit der
Schwangerschaftsdauer und dem fetalen
Wachstum
P05 Intrauterine Mangelentwicklung und fetale 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Mangelernährung
P07 Störungen im Zusammenhang mit kurzer 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Schwangerschaftsdauer und niedrigem Ge-
burtsgewicht, anderenorts nicht klassifiziert
156 P10-P15 Geburtstrauma 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
157 P20-P29 Krankheiten des Atmungs- und Herz-Kreis- (z.B. Intrauterine Hypoxie, Atemnot-Syn- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
laufsystems, die für die Perinatalperiode spe- drom und Aspirationssyndrome beim 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.5
zifisch sind Neugeborenen, Angeborene Pneumonie,
Bronchopulmonale Dysplasie bei Frühge-
burtlichkeit, Herzrhythmusstörung beim
Neugeborenen, Persistierender Fetalkreis-
lauf )
158 P35-P39 Infektionen, die für die Perinatalperiode (z.B. Angeborene Sepsis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
spezifisch sind
159 P50-P61 Hämorrhagische und hämatologische
Krankheiten beim Feten und Neugeborenen
P53 Hämorrhagische Krankheit beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Neugeborenen
P55 Hämolytische Krankheit beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Neugeborenen
P57 Kernikterus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
P59 Neugeborenenikterus durch sonstige und (z.B. Hyperbilirubinämie bei Frühgeburt- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
nicht näher bezeichnete Ursachen lichkeit)
160 P70-P74 Transitorische endokrine und Stoffwechsel-
störungen, die für den Feten und das Neuge-
borene spezifisch sind
P70 Transitorische Störungen des Kohlenhydrat- (z.B. Syndrom des Kindes einer diabeti- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
stoffwechsels, die für den Feten und das Neu- schen Mutter) 7 Band Grundlagen
geborene spezifisch sind
XXVI Gegenstandskatalog

P74 Sonstige transitorische Störungen des Elektro- (z.B. Dehydratation beim Neugeborenen) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
lythaushaltes und des Stoffwechsels beim
Neugeborenen
161 P75-P78 Krankheiten des Verdauungssystems beim
Feten und Neugeborenen
P75 Mekoniumileus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.12.2
P77 Enterocolitis necroticans beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Neugeborenen
162 P90-P96 Sonstige Störungen, die ihren Ursprung in
der Perinatalperiode haben
P90 Krämpfe beim Neugeborenen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
P91 Sonstige zerebrale Störungen beim Neugebo- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
renen
P92 Ernährungsprobleme beim Neugeborenen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
163 Q00-Q07 Angeborene Fehlbildungen des Nervensys-
tems
Q05 Spina bifida 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Q07 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Arnold-Chiari-Syndrom) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Nervensystems 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
164 Q10-Q18 Angeborene Fehlbildungen des Auges, des (z.B. Angeborene Fehlbildungen des
Ohres, des Gesichtes und des Halses Tränenapparats)
165 Q20-Q28 Angeborene Fehlbildungen des Kreislauf- (z.B. Transposition der großen Gefäße, 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.5.3
systems Septumdefekte, Klappenstenosen und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Klappeninsuffizienzen, Hypoplastisches
Linksherzsyndrom, Offener Ductus Botalli,
Aortenisthmusstenose, Lungenvenen-
Fehleinmündungen, Hirngefäßaneurysma)
166 Q30-Q34 Angeborene Fehlbildungen des Atmungs-
systems
Q30 Angeborene Fehlbildungen der Nase (z.B. Choanalatresie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
167 Q35-Q37 Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.3.4
168 Q38-Q45 Sonstige angeborene Fehlbildungen des
Verdauungssystems
Q39 Angeborene Fehlbildungen des Ösophagus (z.B. Ösophagusatresie, Ösophagusdiverti- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.2 und 1.12.2
keln) 7 Band Innere Medizin
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Q40 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Angeborene hypertrophische 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.12.2
oberen Verdauungstraktes Pylorusstenose) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Q43 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Meckel-Divertikel, Hirschsprung- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.4.2, 1.12.2 und
Darmes Krankheit) 1.12.3
169 Q50-Q56 Angeborene Fehlbildungen der Genitalor-
gane
Q51 Angeborene Fehlbildungen des Uterus und (z.B. Uterusaplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
der Cervix uteri
Q52 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Hymenalatresie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
weiblichen Genitalorgane
Q53 Nondescensus testis 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.5.1
Q54 Hypospadie 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.4.2
Q55 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Pendelhoden) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10.5.1
männlichen Genitalorgane
170 Q60-Q64 Angeborene Fehlbildungen des Harnsystems (z.B. Nierenzyste, Zystische Nierenkrank- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 3.10
heit, Nierenbecken-Abgangsstenose, 7 Band Innere Medizin
Megaureter, Ektope Niere, Epispadie,
Harnblasenekstrophie)
171 Q65-Q79 Angeborene Fehlbildungen und Defor-
mitäten des Muskel-Skelett-Systems
Q65 Angeborene Deformitäten der Hüfte (z.B. Hüftdysplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.13.2
Q66 Angeborene Deformitäten der Füße (z.B. Pes equinovarus congenitus) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.16.2.2
Q67 Angeborene Muskel-Skelett-Deformitäten des (z.B. Angeborene Skoliose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.5
Kopfes, des Gesichtes, der Wirbelsäule und des
Thorax
Q71 Reduktionsdefekte der oberen Extremität (z.B. Spalthand) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.12.7
Q72 Reduktionsdefekte der unteren Extremität (z.B. Spaltfuß) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.12.7
Q73 Reduktionsdefekte nicht näher bezeichneter (z.B. Dysmelie, Phokomelie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Extremität (en) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.12.7
Q75 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Kraniosynostose) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Schädel- und Gesichtsschädelknochen
Q76 Angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule (z.B. Spina bifida occulta, Angeborene 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
und des knöchernen Thorax Kyphose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.8.4.1
XXVII
Gegenstandskatalog

Q78 Sonstige Osteochondrodysplasien (z.B. Osteogenesis imperfecta) 7 Band Grundlagen


7 Band Chirurgie, Prthopädie, Urologie, 7 Kap. 2.5.5.2
Q79 Angeborene Fehlbildungen des Muskel- (z.B. Omphalozele, Gastroschisis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Skelett-Systems, anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Chirurgie, Prthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.12.2
172 Q80-Q89 Sonstige angeborene Fehlbildungen
Q80 Ichthyosis congenita 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Q82 Sonstige angeborene Fehlbildungen der Haut (z.B. Mastozytosen, Angeborener nicht- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
neoplastischer Nävus)
Q85 Phakomatosen, anderenorts nicht klassifiziert (z.B. Neurofibromatose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Q86 Angeborene Fehlbildungssyndrome durch (z.B. Alkohol-Embryopathie [mit Dysmor- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
bekannte äußere Ursachen, anderenorts nicht phien])
klassifiziert
173 Q90-Q99 Chromosomenanomalien, anderenorts nicht (z.B. Down-Syndrom, Turner-Syndrom, 7 Band Grundlagen
klassifiziert Klinefelter-Syndrom, Syndrom des fragilen
X-Chromosoms)
174 R95-R99 Ungenau bezeichnete und unbekannte
Todesursachen
R95 Plötzlicher Kindstod 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
175 S00-S09 Verletzungen des Kopfes (z.B. Schädel-Hirn-Trauma) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.2.2
176 S10-S19 Verletzungen des Halses 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.3
177 S20-S29 Verletzungen des Thorax 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.4.2
178 S30-S39 Verletzungen des Abdomens, der Lumbo- 7 Band Querschnittsbereiche
sakralgegend, der Lendenwirbelsäule und 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.7.18 und 1.8.2.11
des Beckens
179 S40-S49 Verletzungen der Schulter und des Ober- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2
armes
180 S50-S59 Verletzungen des Ellenbogens und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2
Unterarmes
181 S60-S69 Verletzungen des Handgelenkes und der 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 9.3
Hand
182 S70-S79 Verletzungen der Hüfte und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2
Oberschenkels
183 S80-S89 Verletzungen des Knies und des Unter- 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.12
schenkels
184 S90-S99 Verletzungen der Knöchelregion und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.12
Fußes
185 T00-T07 Verletzungen mit Beteiligung mehrerer
Körperregionen
186 T08-T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile (z.B. Wirbelsäulenfraktur, Rückenmarks- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
des Rumpfes, der Extremitäten oder anderer verletzung ohne Höhenbezeichnung) 7 Band Querschnittsbereiche
Körperregionen 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2.3
187 T15-T19 Folgen des Eindringens eines Fremdkörpers (z.B. Fremdkörper in den Atemwegen) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
durch eine natürliche Körperöffnung Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
188 T20-T32 Verbrennungen oder Verätzungen 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.11
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
189 T33-T35 Erfrierungen 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.11.4
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
190 T36-T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen 7 Band Querschnittsbereiche
und biologisch aktive Substanzen 7 Band Grundlagen
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
191 T51-T65 Toxische Wirkungen von vorwiegend nicht 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
medizinisch verwendeten Substanzen 7 Band Grundlagen

192 T66-T78 Sonstige und nicht näher bezeichnete


Schäden durch äußere Ursachen
T67 Schäden durch Hitze und Sonnenlicht 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
T68 Hypothermie 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
T69 Sonstige Schäden durch niedrige Temperatur (z.B. Frostbeulen) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.11.4
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
7 Band Querschnittsbereiche
T71 Erstickung 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
XXVIII Gegenstandskatalog

T74 Missbrauch von Personen (z.B. Kindesmisshandlung) 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
T75 Schäden durch sonstige äußere Ursachen (z.B. Ertrinken, Schäden durch elektrischen 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
Strom) 7 Band Querschnittsbereiche
T78 Unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts (z.B. Anaphylaktischer Schock, Angio- 7 Band Querschnittsbereiche
nicht klassifiziert neurotisches Ödem, Kuhmilchprotein- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
intoleranz) 7 Band Innere Medizin
7 Band Grundlagen
T79 Bestimmte Frühkomplikationen eines (z.B. Luftembolie, Schock, Kompartment- 7 Band Querschnittsbereiche
Traumas, anderenorts nicht klassifiziert syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.1.2 und 1.8.1.8
7 Band Grundlagen
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
193 T80-T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen (z.B. Septikämie, Transfusionsreaktion) 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
und medizinischer Behandlung, anderenorts 7 Band Grundlagen
nicht klassifiziert
194 U00-U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit
unklarer Ätiologie
195 U04 Schweres akutes respiratorisches Syndrom 7 Band Grundlagen
[SARS]
196 U80-U85 Infektionserreger mit Resistenzen gegen
bestimmte Antibiotika oder Chemothera-
peutika
U80 Erreger mit bestimmten Antibiotikaresisten- 7 Band Grundlagen
zen, die besondere therapeutische oder 7 Band Querschnittsbereiche
hygienische Maßnahmen erfordern
U82 Mykobakterien mit Resistenz gegen Antituber- 7 Band Querschnittsbereiche
kulotika (Erstrangmedikamente) 7 Band Grundlagen
197 V01-X59 Unfälle 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
7 Band Chirurgie, Orthopädie, Urologie, 7 Kap. 1.8.2
198 X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
199 X85-Y09 Tätlicher Angriff 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
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XXXI

Inhaltsverzeichnis
1 Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.4 Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.1 Allgemeine chirurgische Prinzipien . . . 4 U. Fetzner, K.-J. Paquet
U. Fetzner, K.-J. Paquet 1.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.1.1 Chirurgische Anamnese und klinische 1.4.2 Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Krankenuntersuchung . . . . . . . . . . . . 4 1.4.3 Erkrankungen der Pleura . . . . . . . . . . 42
1.1.2 Indikationsfindung, Aufklärung . . . . . . 5 1.4.4 Erkrankungen des Mediastinums . . . . . 42
1.1.3 Chirurgische Notfälle . . . . . . . . . . . . . 6 1.4.5 Malignome und Metastasen . . . . . . . . 43
1.1.4 Präoperative Maßnahmen . . . . . . . . . . 7 1.4.6 Angeborene Erkrankungen der Lunge . . . 45
1.1.5 Einführung in Operationstechnik . . . . . 7 1.4.7 Weitere Indikationen zur Thoraxchirurgie 45
1.1.6 Wunde, Wundbehandlung . . . . . . . . . 11 1.5 Herzchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
1.1.7 »Kleine Chirurgie« . . . . . . . . . . . . . . . 12 K.-J. Paquet, U. Fetzner
1.1.8 Postoperative Behandlung . . . . . . . . . 12 1.5.1 Grundlagen der Herzchirurgie . . . . . . . 46
1.1.9 Allgemeine postoperative 1.5.2 Erkrankungen der Herzklappen . . . . . . 47
Nachbehandlung, chirurgische 1.5.3 Angeborene Fehlbildungen
Intensivpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
1.1.10 Chirurgische Intensivmedizin . . . . . . . . 13 1.5.4 Erkrankungen der Herzkranzgefäße . . . 51
1.1.11 Post- und perioperative Komplikationen 13 1.5.5 Pacemaker-Implantation, Eingriffe am
1.1.12 Chirurgische Infektiologie . . . . . . . . . . 14 Reizleitungssystem . . . . . . . . . . . . . . 52
1.1.13 Einführung in die Onkochirurgie . . . . . . 16 1.5.6 Herztransplantation . . . . . . . . . . . . . . 53
1.1.14 Grundprinzipien der 1.5.7 Sonstige Indikationen herzchirurgischer
Transplantationschirurgie . . . . . . . . . . 21 Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.2 Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.6 Gefäßchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 54
K.-J. Paquet, U. Fetzner K.-J. Paquet, U. Fetzner
1.2.1 Neurochirurgische Untersuchung . . . . . 23 1.6.1 Bedeutung der Gefäßchirurgie . . . . . . . 54
1.2.2 Neurotraumatologie – Schädel-Hirn- 1.6.2 Allgemeine Prinzipien der
Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Gefäßchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.2.3 Neurotraumatologie – Schädelfrakturen 26 1.6.3 Grundprinzipien der Operationen
1.2.4 Akute raumfordernde intrakranielle an Gefäßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.6.4 Chirurgie der Venen-, Lymphgefäße . . . . . 60
1.2.5 Gefäßerkrankungen des ZNS . . . . . . . . 27 1.7 Viszeralchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . 62
1.2.6 Hydrozephalus . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 K.-J. Paquet, U. Fetzner, G. Kraus
1.2.7 Malignome des Gehirns, seiner Hüllen 1.7.1 Hals, Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . 62
und des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . 29 1.7.2 Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
1.2.8 Intrakraniale/intraspinale Abszesse . . . . 32 1.7.3 Magen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
1.2.9 Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1.7.4 Dünndarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.2.10 Rückenmarksverletzung . . . . . . . . . . . 33 1.7.5 Kolon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
1.2.11 Periphere Neurochirurgie . . . . . . . . . . 34 1.7.6 Rektum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1.3 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie . . . . . . 35 1.7.7 Erkrankungen des Analkanals
K.-J. Paquet, U. Fetzner und des Anus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
1.3.1 Verletzungen des Gesichtsschädels . . . . 35 1.7.8 Chronisch-entzündliche Darm-
1.3.2 Infektionen, Entzündungen erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich . . . . . . 36 1.7.9 Milz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
1.3.3 Tumoren im Mund-Kiefer- 1.7.10 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Gesichtsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1.7.11 Pfortaderhochdruck
1.3.4 Fehlbildungen im Mund-Kiefer-Gesichts- (portale Hypertension) . . . . . . . . . . . . 103
Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.7.12 Gallenblase, extrahepatische
Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
1.7.13 Pankreas (Bauchspeicheldrüse) . . . . . . . 112
1.7.14 Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
XXXII Inhaltsverzeichnis

1.7.15 Hydrozele (»Wasserbruch«) . . . . . . . . . 122 2 Orthopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217


1.7.16 Zwerchfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 R. Kasch, O. Kessler
1.7.17 Akutes Abdomen, Ileus, Peritonitis . . . . 124 2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
1.7.18 Abdomenverletzung . . . . . . . . . . . . . 128 2.1.1 Orthopädische Untersuchung . . . . . . . 220
1.7.19 Neuroendokrine Tumoren (NET) 2.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 221
des Gastrointestinaltraktes, MEN . . . . . . 129 2.2.1 Spezifische Funktionstests . . . . . . . . . . 221
1.7.20 Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2.3 Orthopädische Therapie . . . . . . . . . . 222
1.8 Unfallchirurgie/Traumatologie . . . . . . 133 2.3.1 Konservative Therapie . . . . . . . . . . . . 222
K.-J. Paquet, U. Fetzner, G. Kraus 2.3.2 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . 223
1.8.1 Allgemeine Traumatologie . . . . . . . . . 133 2.4 Erkrankungen der Gelenke . . . . . . . . . 224
1.8.2 Spezielle Unfallchirurgie/Traumatologie 153 2.4.1 Anatomische Grundlagen . . . . . . . . . . 224
1.9 Handchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2.4.2 Degenerative Gelenkerkrankungen . . . . 224
K.-J. Paquet, U. Fetzner 2.4.3 Entzündliche/rheumatische Gelenk-
1.9.1 Untersuchung der Hand . . . . . . . . . . . 181 erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
1.9.2 Operationsprinzipien in der 2.4.4 Abakterielle Gelenkentzündungen
Handchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 und Arthropathien . . . . . . . . . . . . . . 227
1.9.3 Verletzungen der Hand . . . . . . . . . . . . 182 2.4.5 Metabolische Arthropathien . . . . . . . . 228
1.9.4 Infektionen der Hand . . . . . . . . . . . . . 186 2.4.6 Polyarthrosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
1.9.5 Sonstige Erkrankungen der Hand . . . . . 187 2.4.7 Zirkulationsbedingte Gelenk-
1.9.6 Amputationsverletzungen, erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Replantation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2.5 Erkrankungen des Knochens . . . . . . . 233
1.9.7 Fehlbildungen der Hand . . . . . . . . . . . 188 2.5.1 Metabolische Knochenerkrankungen . . . 233
1.10 Plastische, wiederherstellende 2.5.2 Knochenerkrankungen mit verminderter
(rekonstruktive), ästhetische Chirurgie, Knochendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Adipositaschirurgie . . . . . . . . . . . . . 189 2.5.3 Knochenerkrankungen mit erhöhter
U. Fetzner, K.-J. Paquet Knochendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
1.10.1 Einführung, Grundprinzipien der 2.5.4 Osteonekrosen . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
plastischen Chirurgie . . . . . . . . . . . . . 189 2.5.5 Angeborene Skelettsystemerkrankungen 238
1.10.2 Auswahl plastisch-chirurgischer 2.5.6 Regionale und monostotische
Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Knochenerkrankungen . . . . . . . . . . . . 241
1.10.3 Mammachirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2.5.7 Knochentumoren . . . . . . . . . . . . . . . 242
1.10.4 Fehlbildungschirurgie . . . . . . . . . . . . 199 2.5.8 Entzündliche Knochenerkrankungen . . . 251
1.10.5 Ästhetische Eingriffe . . . . . . . . . . . . . 200 2.5.9 Frakturen und Frakturheilung
1.10.6 Obesitas-/bariatrische (Adipositas-) des Knochens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2.6 Erkrankungen der Muskulatur . . . . . . 254
1.11 Thermisches Trauma (Verbrennung, 2.6.1 Muskelatrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Erfrierung), Verbrennungsmedizin, 2.6.2 Muskelanomalie . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Verätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2.6.3 Myogelosen (Muskelhartspann) . . . . . . 254
U. Fetzner, K.-J. Paquet 2.6.4 Muskelkontrakturen . . . . . . . . . . . . . 254
1.11.1 Verbrennung (»burning«) . . . . . . . . . . 203 2.6.5 Myositis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
1.11.2 Verbrennungskrankheit, Inhalations- 2.6.6 Muskeldystrophie . . . . . . . . . . . . . . . 256
trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2.7 Erkrankungen der Sehnen
1.11.3 Rehabilitation, Prognose schwerer und Sehnenscheiden . . . . . . . . . . . . 257
Verbrennungen . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2.7.1 Degenerative Veränderungen . . . . . . . 257
1.11.4 Erfrierungen, Unterkühlung . . . . . . . . . 206 2.7.2 Sehnenscheidenerkrankungen . . . . . . 259
1.11.5 Verätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2.8 Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
1.12 Kinderchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2.8.1 Anatomie der Wirbelsäule . . . . . . . . . . 262
K.-J. Paquet, U. Fetzner 2.8.2 Untersuchung der Wirbelsäule . . . . . . . 262
1.12.1 Einführung in die Kinderchirurgie . . . . . 207 2.8.3 Fehlbildungen der Wirbelsäule . . . . . . . 263
1.12.2 Viszeralchirurgische Eingriffe 2.8.4 Kyphosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
beim Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2.8.5 Skoliose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
1.12.3 Tumoren des Kindesalters . . . . . . . . . . 214 2.8.6 Spondylolyse, Spondylolisthesis,
Spondyloptose . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
XXXIII
Inhaltsverzeichnis

2.8.7 Bakterielle entzündliche Erkrankungen 2.14.8 Neurogene Arthropathie . . . . . . . . . . 315


der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 2.14.9 Entzündungen des Kniegelenkes . . . . . 315
2.8.8 Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen 271 2.15 Unterschenkel und oberes
2.8.9 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Sprunggelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
2.8.10 Traumata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 2.16 Fuß und Zehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
2.9 Brustkorb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 2.16.1 Anatomie zur Orthopädie des Fußes . . . 316
2.9.1 Pectus excavatum . . . . . . . . . . . . . . . 277 2.16.2 Angeborene Fußdeformitäten . . . . . . . 317
2.9.2 Pectus carinatum . . . . . . . . . . . . . . . 277 2.16.3 Erworbene Fußdeformitäten . . . . . . . . 320
2.10 Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 2.16.4 Entzündliche und degenerative
2.10.1 Schiefhals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Veränderungen im Fußbereich . . . . . . . 321
2.10.2 Armplexusverletzungen . . . . . . . . . . . 279 2.16.5 Osteochondrosen des Fußes . . . . . . . . 322
2.10.3 Zervikobrachiale Region . . . . . . . . . . . 279 2.16.6 Knochenvorsprünge am Fuß . . . . . . . . 322
2.11 Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2.16.7 Neurogene Störungen . . . . . . . . . . . . 322
2.11.1 Anatomie des Schultergelenkes . . . . . . 279 2.16.8 Verletzungen und Verletzungsfolgen . . . 322
2.11.2 Untersuchung der Schulter . . . . . . . . . 280 2.16.9 Zehendeformitäten . . . . . . . . . . . . . . 322
2.11.3 Schultergelenksluxationen . . . . . . . . . 280
2.11.4 Entzündliche Erkrankungen . . . . . . . . . 282 3 Urologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
2.11.5 Degenerative Erkrankungen. . . . . . . . . 282 G. Kraus, T. Blaum, D. Zaak
2.11.6 Neurogene Erkrankungen . . . . . . . . . . 285 3.1 Anatomische und physiologische
2.11.7 Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
2.11.8 Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3.1.1 Niere und ableitende Harnwege . . . . . . 327
2.12 Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . 287 3.1.2 Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
2.12.1 Anatomie des Ellenbogengelenkes . . . . 287 3.1.3 Harnblase und Harnröhre . . . . . . . . . . 327
2.12.2 Entzündliche Erkrankungen . . . . . . . . . 288 3.1.4 Penis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
2.12.3 Verletzungen am Ellenbogengelenk . . . 288 3.1.5 Prostata und Samenblase . . . . . . . . . . 328
2.12.4 Neurogene Störungen . . . . . . . . . . . . 288 3.1.6 Hoden und Nebenhoden . . . . . . . . . . 328
2.12.5 Entzündliche Weichteilerkrankungen . . 288 3.2 Urologische Anamnese, Nomenklatur
2.12.6 Anatomie der Hand . . . . . . . . . . . . . . 288 und Normwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 330
2.12.7 Entwicklungsstörungen und Anomalien 3.2.1 Störungen von Harnproduktion . . . . . .
von Arm und Hand . . . . . . . . . . . . . . 289 und Harnbeschaffenheit . . . . . . . . . . . 330
2.12.8 Degenerative Erkrankungen von 3.2.2 Miktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . 330
Handgelenk und Hand . . . . . . . . . . . . 291 3.2.3 Ejakulat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
2.12.9 Verletzungen an Handgelenk und Hand 3.2.4 Schmerzen und weitere Symptome . . . . 330
und deren Folgen . . . . . . . . . . . . . . . 293 3.3 Spezielle urologische Untersuchungs-
2.13 Hüftgelenk und Oberschenkelregion . . 294 techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
2.13.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 3.3.1 Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . 333
2.13.2 Hüftdysplasien, Hüftgelenksluxation . . . 294 3.3.2 Endoskopische Verfahren . . . . . . . . . . 334
2.13.3 Epiphysiolysis capitis femoris . . . . . . . . 296 3.3.3 Funktionsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . 335
2.13.4 Schenkelhalsanomalien . . . . . . . . . . . 298 3.3.4 Katheterismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
2.13.5 Erworbene Störungen . . . . . . . . . . . . 300 3.3.5 Uringewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . 336
2.13.6 Degenerative Erkrankungen . . . . . . . . 304 3.4 Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
2.13.7 Entzündliche Erkrankungen des 3.4.1 Unspezifische Harnwegsinfektionen . . . 338
Hüftgelenkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 3.4.2 Glomerulopathien . . . . . . . . . . . . . . . 340
2.13.8 Neurogene Störungen . . . . . . . . . . . . 306 3.4.3 Wichtige spezifische urogenitale
2.14 Kniegelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
2.14.1 Funktionelle Anatomie . . . . . . . . . . . . 306 3.4.4 Prostatitis-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . 344
2.14.2 Angeborene und funktionell bedingte 3.4.5 Epididymitis und Orchitis . . . . . . . . . . 345
Störungen des Kniegelenkes . . . . . . . . 307 3.5 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
2.14.3 Degenerative Veränderungen . . . . . . . 310 3.5.1 Nierenzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . 347
2.14.4 Meniskopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 3.5.2 Wilms-Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
2.14.5 Verletzungen und Verletzungsfolgen . . . 312 3.5.3 Harnblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . 349
2.14.6 Bandverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . 314 3.5.4 Tumoren der Harnwege (Nierenbecken
2.14.7 Knöcherne Verletzungen . . . . . . . . . . 314 und Harnleiter) . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
XXXIV Inhaltsverzeichnis

3.5.5 Peniskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 3.10.5 Fehlbildungen der männlichen


3.5.6 Prostatakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 353 Geschlechtsorgane . . . . . . . . . . . . . . 375
3.5.7 Hodenmalignome . . . . . . . . . . . . . . . 356 3.11 Urologische Verletzungen und Notfälle 378
3.6 Benigne Prostatahyperplasie . . . . . . . 358 3.11.1 Penis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378
3.7 Urolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 3.11.2 Hoden und Skrotum . . . . . . . . . . . . . 378
3.8 Andrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 3.11.3 Verletzungen der Niere . . . . . . . . . . . . 379
3.8.1 Sterilität beim Mann . . . . . . . . . . . . . 362 3.11.4 Niereninfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
3.8.2 Erektile Dysfunktion . . . . . . . . . . . . . . 364 3.11.5 Blase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
3.8.3 Hydrozele und Spermatozele . . . . . . . . 366 3.11.6 Verletzungen der Harnröhre . . . . . . . . 381
3.9 Störungen der Blasenfunktion . . . . . . 368 3.11.7 Urosepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
3.9.1 Harninkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . . 368 3.11.8 Akute ulzeröse Genitalgangrän . . . . . . 381
3.9.2 Störung der Blasenentleerung . . . . . . . 368 3.12 Dialyse und Nierentransplantation . . . 384
3.9.3 Neurogene Blasenfunktionsstörungen . . 369 3.12.1 Dialyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384
3.10 Fehlbildungen des Urogenitaltraktes/ 3.12.2 Nierentransplantation . . . . . . . . . . . . 384
Kinderurologie . . . . . . . . . . . . . . . . 370
3.10.1 Fehlbildungen der Nieren . . . . . . . . . . 370 Farbabbildungen zu Kapitel 1:
3.10.2 Fehlbildungen der Harnleiter . . . . . . . . 373 Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
3.10.3 Fehlbildungen der Harnblase . . . . . . . . 373
3.10.4 Fehlbildungen der Harnröhre . . . . . . . . 374 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
1 Chirurgie

1.1 Allgemeine chirurgische Prinzipien –4


1.1.1 Chirurgische Anamnese und klinische Krankenuntersuchung –4
1.1.2 Indikationsfindung, Aufklärung –5
1.1.3 Chirurgische Notfälle –6
1.1.4 Präoperative Maßnahmen –7
1.1.5 Einführung in Operationstechnik –7
1.1.6 Wunde, Wundbehandlung –11
1.1.7 »Kleine Chirurgie« –12
1.1.8 Postoperative Behandlung –12
1.1.9 Allgemeine postoperative Nachbehandlung, chirurgische Intensivpflege –12
1.1.10 Chirurgische Intensivmedizin –13
1.1.11 Post- und perioperative Komplikationen –13
1.1.12 Chirurgische Infektiologie –14
1.1.13 Einführung in die Onkochirurgie –16
1.1.14 Grundprinzipien der Transplantationschirurgie –21

1.2 Neurochirurgie –23


1.2.1 Neurochirurgische Untersuchung –23
1.2.2 Neurotraumatologie – Schädel-Hirn-Trauma –24
1.2.3 Neurotraumatologie – Schädelfrakturen –26
1.2.4 Akute raumfordernde intrakranielle Prozesse –27
1.2.5 Gefäßerkrankungen des ZNS –27
1.2.6 Hydrozephalus –28
1.2.7 Malignome des Gehirns, seiner Hüllen und des Rückenmarks –29
1.2.8 Intrakraniale/intraspinale Abszesse –32
1.2.9 Fehlbildungen –33
1.2.10 Rückenmarksverletzung –33
1.2.11 Periphere Neurochirurgie –34

1.3 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie –35


1.3.1 Verletzungen des Gesichtsschädels –35
1.3.2 Infektionen, Entzündungen im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich –36
1.3.3 Tumoren im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich –37
1.3.4 Fehlbildungen im Mund-Kiefer-Gesichts-Bereich –38

1.4 Thoraxchirurgie –39


1.4.1 Allgemeines –39
1.4.2 Verletzungen –40
1.4.3 Erkrankungen der Pleura –42
1.4.4 Erkrankungen des Mediastinums –42
1.4.5 Malignome und Metastasen –43
1.4.6 Angeborene Erkrankungen der Lunge –45
1.4.7 Weitere Indikationen zur Thoraxchirurgie –45
1.5 Herzchirurgie –46
1.5.1 Grundlagen der Herzchirurgie –46
1.5.2 Erkrankungen der Herzklappen –47
1.5.3 Angeborene Fehlbildungen des Herzens –49
1.5.4 Erkrankungen der Herzkranzgefäße –51
1.5.5 Pacemaker-Implantation, Eingriffe am Reizleitungssystem –52
1.5.6 Herztransplantation –53
1.5.7 Sonstige Indikationen herzchirurgischer Eingriffe –54

1.6 Gefäßchirurgie –54


1.6.1 Bedeutung der Gefäßchirurgie –54
1.6.2 Allgemeine Prinzipien der Gefäßchirurgie –54
1.6.3 Grundprinzipien der Operationen an Gefäßen –54
1.6.4 Chirurgie der Venen-, Lymphgefäße –60

1.7 Viszeralchirurgie –62


1.7.1 Hals, Schilddrüse –62
1.7.2 Ösophagus –65
1.7.3 Magen –71
1.7.4 Dünndarm –76
1.7.5 Kolon –80
1.7.6 Rektum –88
1.7.7 Erkrankungen des Analkanals und des Anus –90
1.7.8 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen –93
1.7.9 Milz –95
1.7.10 Leber –97
1.7.11 Pfortaderhochdruck (portale Hypertension) –103
1.7.12 Gallenblase, extrahepatische Gallenwege –105
1.7.13 Pankreas (Bauchspeicheldrüse) –112
1.7.14 Hernien –119
1.7.15 Hydrozele (»Wasserbruch«) –122
1.7.16 Zwerchfell –122
1.7.17 Akutes Abdomen, Ileus, Peritonitis –124
1.7.18 Abdomenverletzung –128
1.7.19 Neuroendokrine Tumoren (NET) des Gastrointestinaltraktes, MEN –129
1.7.20 Nebenniere –132

1.8 Unfallchirurgie/Traumatologie –133


1.8.1 Allgemeine Traumatologie –133
1.8.2 Spezielle Unfallchirurgie/Traumatologie –153
1.9 Handchirurgie –181
1.9.1 Untersuchung der Hand –181
1.9.2 Operationsprinzipien in der Handchirurgie –181
1.9.3 Verletzungen der Hand –182
1.9.4 Infektionen der Hand –186
1.9.5 Sonstige Erkrankungen der Hand –187
1.9.6 Amputationsverletzungen, Replantation –188
1.9.7 Fehlbildungen der Hand –188

1.10 Plastische, wiederherstellende (rekonstruktive),


ästhetische Chirurgie, Adipositaschirurgie –189
1.10.1 Einführung, Grundprinzipien der plastischen Chirurgie –189
1.10.2 Auswahl plastisch-chirurgischer Indikationen –193
1.10.3 Mammachirurgie –196
1.10.4 Fehlbildungschirurgie –199
1.10.5 Ästhetische Eingriffe –200
1.10.6 Obesitas-/bariatrische (Adipositas-) Chirurgie –202

1.11 Thermisches Trauma (Verbrennung, Erfrierung),


Verbrennungsmedizin, Verätzung –203
1.11.1 Verbrennung (»burning«) –203
1.11.2 Verbrennungskrankheit, Inhalationstrauma –204
1.11.3 Rehabilitation, Prognose schwerer Verbrennungen –205
1.11.4 Erfrierungen, Unterkühlung –206
1.11.5 Verätzungen –206

1.12 Kinderchirurgie –207


1.12.1 Einführung in die Kinderchirurgie –207
1.12.2 Viszeralchirurgische Eingriffe beim Kind –208
1.12.3 Tumoren des Kindesalters –214
4 Kapitel 1 · Chirurgie

1.1 Allgemeine chirurgische Nasenfremdkörper, Hirntod, Lähmungen, Liquorrhö, Opis-


1 Prinzipien thotonus, Sensibilitätsstörungen, akuter (plötzlicher)
Schmerz, Bauchschmerzen, Flankenschmerzen, Gelenk-
U. Fetzner, K.-J. Paquet schmerzen, Ischialgie, Knochenschmerzen, kolikartige
Schmerzen, Leistenschmerzen, Doppelbilder, Sonnenun-
Chirurgische Fachgebiete tergangsphänomen, Ausfluss bzw. Blutung aus dem Ge-
Das Gebiet der Chirurgie steht heute als Überbegriff für hörgang, Kieferklemme bzw. Kiefersperre, Anurie, Schwel-
eine Vielzahl hochspezialisierter Fachgebiete. Die derzeiti- lung im Skrotalbereich, Hämatemesis, Globusgefühl, Mise-
ge Weiterbildungsordnung in Deutschland sieht Fachärzte rere, peranale Blutung, Regurgitation von Speisebrei,
für Allgemeine Chirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Schluckstörungen (Dysphagie), Sodbrennen, Stuhlinkonti-
Thoraxchirurgie, Kinderchirurgie, Viszeralchirurgie und nenz, Teerstuhl, Veränderungen der Stuhlgewohnheiten
Plastische Chirurgie vor. Orthopädie und Unfallchirurgie bzw. der Stuhlbeschaffenheit, Vorfall von Mastdarm bzw.
wurden vereint. Neurochirurgie und Mund-Kiefer-Gesichts- After, Zungenbrennen, abdominelle Abwehrspannung,
chirurgie sind aus Tradition sehr autonome Disziplinen, Aszites, Leistenschwellung, Resistenz im Abdomen, Störun-
die in ihrer ganzen Breite in der Regel nur in Zentren der gen der Peristaltik, Abneigung gegen bestimmte Nah-
Maximalversorgung zur Verfügung stehen. Die Qualifikati- rungsmittel, abnorme Beweglichkeit, Frakturneigung,
on zur Handchirurgie kann als Zusatzweiterbildung erwor- Gelenkinstabilität, Gelenkschwellung, Schilddrüsenver-
ben werden. größerung, Angina pectoris, Claudicatio intermittens, puls-
lose Extremität, Hämoptoe, Hämoptyse, inverse Atmung,
paradoxe Atmung, Trichterbrust, blutiger Stuhl, Defäkati-
1.1.1 Chirurgische Anamnese und onsschmerzen, Hämatom, Schwellung bzw. Rötung der
klinische Krankenuntersuchung Hand, Pruritus, Ikterus, Leistungsminderung, Nachtschweiß,
Phantomschmerz, Schmerzen bei der Atmung, Schmerzen
1.1.1.1 Chirurgische Anamnese im Bereich der Extremitäten, Schmerzen im Bereich von
Chirurgie findet zum überwiegenden Teil auf elektiver Becken/Damm, Schmerzen im Zusammenhang mit der
Basis statt, daher können Anamnese und Untersuchung Nahrungsaufnahme, Gedächtnisstörung, Bewusstseinsstö-
durchaus gründlich erfolgen und so die Basis sein für rung (qualitativ, quantitativ), Verwirrtheit.
präzise und korrekte Indikationsstellung. Unter Not-
fallbedingungen muss die chirurgische Anamnese na- 1.1.1.3 Chirurgisch-klinische Untersuchung
türlich relativ organbezogen und knapp erfolgen. Zunächst erfolgt eine fokussierte Untersuchung der Be-
Zur Anamnese gehören folgende Punkte: schwerdeangabe/des Befundes des Patienten, anschlie-
4 Aktuelle Beschwerden ßend je nach Schwere des Krankheitsbildes und je nach
4 Fokussierung eines Leitsymptoms Relevanz eine Erhebung des gesamten körperlichen
4 Erheben von Begleitsymptomen Status von Kopf bis Fuß (7 Grundlagenband, Kap. 1).
4 Präzisierung der Beschwerdeangabe (wann, wo, Dazu gehören folgende Untersuchungen:
wie, zeitliche Zusammenhänge z. B. mit Belastung, 4 Inspektion, Geruchsphänomene
Nahrungsaufnahme etc.) 4 Auskultation
4 Voroperationen 4 Palpation
4 Medikamenteneinnahme (insbesondere gerin- 4 Perkussion
nungshemmende Substanzen) 4 Funktionssprüfung
4 Allergien (Penicillin, Jod)
4 Nikotin-/Alkoholabusus Blutdruck, Pulsmessung gehören zum Standard. Ggf.
4 Relevante Vorerkrankungen/Organfunktionsstö- muss die Begutachtung und Asservierung von Stuhl,
rungen Urin, Sekret, Erbrochenem erfolgen.

1.1.1.2 Chirurgische Leitsymptome > Rektale Untersuchung nicht vergessen!


Zur genaueren differenzialdiagnostischen Diskussion
7 Band Gesundheitsstörungen. 1.1.1.4 Technische Diagnostik in der Chirurgie
Zur bildgebenden/technischen Diagnostik gehören in
Chirurgische Leitsymptome der Chirurgie folgenden Verfahren:
Abnorme Gewichtsabnahme, Erbrechen, Nausea, Blu- 4 Sonographie, Dopplersonographie
tungsneigung bzw. Blutungen, abnorme Nasensekretion, 4 Intraoperative Sonographie, interventionelle Sono-
6 graphie
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
5 1

4 Endoskopie Indikationsarten, Kontraindikationen,


4 ÖGDS (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie), Ko- Dringlichkeit
loskopie, diagnostische Laparoskopie, Arthrosko- Nach gründlicher Anamnese und Voruntersuchung
pie (ggf. mit Hilfe technischer Zusatzdiagnostik) kann die
4 Magnetresonanztomographie Indikationsstellung nur durch hervorragende Kenntnis
4 PET (nur an Zentren) der Erkrankung und die Abwägung des Krankheitsbil-
4 ERCP des, des natürlichen Verlaufes und aller auch alternati-
4 MRCP ver Behandlungsverfahren erfolgen. Indiziert sein kann
4 Videokapselendoskopie eine Operationen auch immer nur »operateurspezi-
4 Konventionelles Röntgen (auch Kontrastmittel) fisch« (Können und Erfahrung) und klinikspezifisch
4 Computertomographie (auch TNM-Staging) (Ausstattung).
4 Nuklearmedizinische Untersuchungen Man unterscheidet folgende Begriffe:
4 Szintigraphie 4 Absolute Indikation: keine Behandlungsalternati-
4 Angiographie ven, Eingriff muss meist dringlich oder sofort
4 EKG durchgeführt werden
4 Laboruntersuchung: 4 Relative Indikation: vermutlicher Benefit durch
5 Kleines Blutbild (Zellzahlen (Erythrozyten, die Operation, z. B. Prognoseverbesserung, Lebens-
Leukozyten, Thrombozyten, Hämoglobin) qualitätsverbesserung
5 Elektrolyte, Entzündungsparameter (CRP) 4 Notfallindikation: sofortige Operation notwendig,
5 Gerinnung z. B. starke Blutung
5 Kreatinin, Harnstoff 4 Dringliche Operation: Operation binnen Stunden
5 Blutglukose notwendig, z. B. Ileus
5 Bilirubin, AP (Cholestaseparameter) 4 Elektive Operation: planbarer Operationstermin,
5 Leberenzyme z. B. Cholezystektomie aufgrund Cholezystolithi-
5 Ggf. Tumormarker asis
5 Ggf. Hämoccult-Test 4 Kontraindikation: Grundsätzliche Kontraindika-
4 Lungenfunktion, BGA tionen zu einem Eingriff kann es per se nicht geben,
4 Belastungs-EKG (Ergometrie) alles ist eingriffsabhängig und im Gesamtzusam-
4 Zytologie, Biopsie, PE menhang zu bewerten.

In die Beurteilung gehen folgende Faktoren ein:


1.1.2 Indikationsfindung, Aufklärung 4 Blutgerinnung
(. Abb. 1.1) 4 Allgemeinzustand, Belastbarkeit des Patienten (Or-
ganfunktion, Karnoswsky-Index, klinisch)
> Die »Indikationsstellung ist die größte chirurgische 4 Grund-/Vorerkrankungen
Kunst« (Karl Langenbuch) oder »Ein Chirurg ist ein
Internist, der operieren kann« (Gerd Hegemann, gest. > Hohes Lebensalter ist keine generelle Kontraindi-
1999, zitiert nach Johannes Scheele). kation.

. Abb. 1.1. Indikationsstel-


lung und Patientenaufklä-
rung in der Chirurgie. (Aus
Siewert 2006)
6 Kapitel 1 · Chirurgie

Risikofaktoren 4 Operationsverfahren (allgemein und das avan-


1 Die präoperative Risikoabschätzung ist von großer Be- cierte)
deutung. Das Gesamtrisiko ergibt sich aus der Summa- 4 Ablauf
tion von Einzeleinflüssen: 4 Ggf. Operationseingriffserweiterung nach Befund
1. Operationsrisiko 4 Risiken
2. Patientenseitige Risiken 4 Erfolgsaussichten/Prognose
4 Allgemeinzustand 4 Zusammenschau
4 Vorerkrankungen
4 Organfunktionen (Leber, Herz, Lunge, Niere) Jede Operation birgt ein Infektions-, Embolie-, Gefäß-
4 Lebensalter und Nervenverletzungsrisiko.
3. Anästhesiologisches Risiko (ASA, 7 Kap. Anästhesie) Aufgeklärt werden muss insbesondere aber über
sog. »Eingriffsspezifische Risiken«: z. B. Rekurrenspare-
Gesamtrisiko =1 plus 2 plus 3 se bei Schilddrüsenoperation, Anus-praeter-Anlage bei
Gegebenenfalls muss zur Risikosenkung eine Vor- Ileus-Operationen, Samenstrangverletzung bei Ingui-
behandlung (z. B. PTCA, Bypass-Operation, Dialyse, nalhernienoperation, Gallengangsverletzung bei lapa-
Schrittmacher u. v. a.) erfolgen, ggf. eine Verfahrensmo- roskopischer Cholezystektomie usw.
difikation (z. B. zweizeitige Operation), ggf. eine spezi- Das Modell der Stufenaufklärung, das sich am
elle Nachbehandlung erfolgen. Wissensbedürfnis und am Niveau des Patienten orien-
Als Eingriffe von hohem Operationsrisiko gelten: tiert und stufenweise die Informationsabgabe steigert,
4 Notfalleingriffe hat sich bewährt.
4 Operationen bei gravierenden Organfunktionsstö- Bei nicht volljährigen Kindern müssen beide Erzie-
rungen hungsberechtigte zustimmen. Im Notfall gilt der mut-
4 Große Eingriffe insbesondere Mehrhöhleneingrif- maßliche Wille des Patienten. In allen anderen Fällen
fe, Eingriffe an großen Gefäßen, lange Operations- muss ggf. ein gesetzlicher Betreuer bestimmt werden.
dauer) Viele Patienten möchten erst eine »zweite Mei-
4 Hoher Blutverlust nung« (»second opinion«) einholen, dies ist unbedingt
4 Multiviszerale Eingriffe (Resektion mehrerer Orga- zu respektieren, wenn es dadurch zu keinen patienten-
ne z. B. Whipple-Operation) nachteiligen Verzögerungen kommt.
4 Eingriffe durch unerfahrenen Operateur

> Inoperabilität kann sich ergeben durch zu hohes Risi- 1.1.3 Chirurgische Notfälle
ko, technische Nichtdurchführbarkeit einer Operation
(Irresektabilität z. B. Tumor), zu geringe Belastbarkeit Jeder Chirurg – gleich wie spezialisiert – sollte folgende
des Patienten. Notfallsituationen beherrschen:
4 Vitalfunktionswiederherstellung, -sicherung
Verfahrenswahl 4 Blutstillung
Der Operateur muss dem Patienten das geeignete Ver- 4 Sepsis
fahren anbieten. Dies kann auch bedeuten, den Patien- 4 Akutes Abdomen (7 Kap. 1.7)
ten an eine andere Klinik zu empfehlen. 4 Akute Abdomenverletzung (7 Kap. 1.7)
4 SHT-Behandlung (7 Kap. 1.2)
Aufklärung 4 Aortenaneurysma und -dissektion (7 Kap. 1.6)
Gemäß »informed consent« gilt: Der Patient muss wis- 4 Ösophagusvarizen, Magenvarizen (7 Kap. 1.7)
send zustimmen, d. h. dem schriftlichen Einverständnis 4 Arterielle Embolie und Thrombose (7 Kap. 1.6)
muss eine dokumentierte Aufklärung vorangehen. 4 Ösophagusperforation (7 Kap. 1.7)
Ohne kunstgerechte Aufklärung und Einverständnis 4 Mesenterialinfarkt (7 Kap. 1.7)
stellt der Eingriff eine Körperverletzung dar. 4 Ileus (7 Kap. 1.7)
Bei elektiven Eingriffen sollte die sog. 24-h-Frist 4 Peritonitis (7 Kap. 1.7)
eingehalten werden, damit der Patient überlegen, nach- 4 Akute Appendizitis (7 Kap. 1.7)
fragen, ggf. die Operation ablehnen kann. 4 Rückenmarksverletzung ohne Höhenbezeichnung,
Inhalt eines Aufklärungsgesprächs ist: Tetraparese, Tetraplegie, Paraparese, Paraplegie
4 Notwendigkeit der Operation (7 Kap. 1.2)
4 Risiken ohne Operation (natürlicher Verlauf), ggf. 4 Pneumothorax (7 Kap. 1.4)
Behandlungsalternativen
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
7 1
1.1.4 Präoperative Maßnahmen bauch, wo eine volle Blase stört z. B. Leistenherni-
enoperation, gynäkologische Operation)
Präoperative Vorbereitung 4 Desinfektion, auch des Nabels bei Abdominalein-
Zur präoperativen Vorbereitung gehören folgende griffen
Maßnahmen: 4 Ablauf im Operationssaal: 7 Operationshandbücher
4 Voruntersuchung, Diagnostik
4 Aufklärung Anästhesiologische Vorbereitung
4 Parameterkorrektur (Elektrolyte, Hämoglobin, 7 Kap. Anästhesie und Intensivmedizin.
Lungen-, Nieren-, Leber-, Herzfunktion, Kreislauf)
4 Gegebenenfalls Magen-Darm-Trakt-Vorbereitung
etc. (bei Darmeingriffen) 1.1.5 Einführung in Operationstechnik
4 Rasur, Körperreinigung
4 Vordesinfektion (z. B. Bauchnabel vor laparoskopi- Terminologie und Grundbegriffe der operativen
schen Eingriffen) Verfahren
4 Blasenentleerung, ggf. Dauerkatheteranlage (für . Tab. 1.1. Details finden sich in Operationslehren/
langdauernde Eingriffe und Eingriffe im Unter- -Handbüchern.

. Tab. 1.1. Grundbegriffe der allgemeinen Chirurgie. (Aus Siewert 2007)

Begriff Definition

Additive Therapie Zusätzlich zu einer Tumorresektion durchgeführte onkologische Behandlung, bei der Tumor-
anteile zurückgelassen werden mussten

Adjuvante Therapie Zusätzlich zu einer Tumorresektion durchgeführte onkologische Behandlung, wobei der Tu-
mor mikroskopisch und makroskopisch komplett entfernt werden konnte

Amputation Spontanes, traumatisches oder operatives Abtrennen eines endständigen Körper- oder Or-
ganabschnitts

Anastomose Angeborene oder erworbene Verbindung zweier Hohlorganlumina

Anus praeter künstlicher Darmausgang (z. B. Kolostoma oder Ileostoma)

Bride Strangförmige intraabdominelle Verwachsung als Folge eines operativen Eingriffs

Bypass Künstlicher, vorübergehend oder auf Dauer angelegter Umgehungsweg

Dissektion Zerteilung von Gewebe zur Freilegung von Organstrukturen, meist entlang eines vorgegebe-
nen anatomischen Operationspfades

Ektomie Vollständiges Herausschneiden eines Organs

Endoskopische Eingriffe innerhalb von Hohlorganen mittels eines durch physiologische Körperöffnungen
Operation eingeführten Endoskops

Enterostomie Anlage einer Darmausleitung oder Fistel zur Bauchwand zur künstlichen Ernährung oder Ab-
leitung von Darminhalt

Enterotomie Temporäre operative Eröffnung des Gastrointestinaltrakts

Enukleation Ausschälen eines abgekapselten Fremdkörpers oder Tumors

Exhairese Herausziehen einer anatomischen Struktur (z. B. Nerv oder Vene)

Exploration Tastende oder visuelle »Erkundung« der Bauchhöhle bei einer Laparotomie

Exstirpation Entfernung eines umschriebenen Gebildes oder eines ganzen Organs


6
8 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.1 (Fortsetzung)

Begriff Definition

Exzision Entfernung eines Gewebe- oder Organanteils mit einem scharfen Instrument

Gefäßdesobliteration Entfernung von meist atheromatösen Plaques inkl. der Intima aus ganz oder teilweise ver-
schlossenen Blutgefäßen

Gewebeersatz Ersatz körpereigenen Gewebes durch artifizielle Ersatzstoffe

Implantation Einbringen eines Implantats in den Körper (z. B. Gelenkprothese)

Injektion Rasches Einbringen einer Flüssigkeit in den Körper

Inzision Chirurgisches Einschneiden in das Gewebe

Minimalinvasive Beim minimalinvasiven Zugang werden im Gegensatz zur offenen Chirurgie nur kleine
Operationsverfahren Stichinzisionen für den operativen Zugang verwendet

Neoadjuvante Vor einer Tumorresektion durchgeührte onkologische Behandlung (z. B. Chemotherapie,


Therapie Strahlentherapie) zur Verkleinerung des Tumors vor einer geplanten Resektion

Osteosynthese Vereinigung reponierter Knochenfragmente durch Verschraubung, Nagelung, Plattenanlage-


rung

Punktion Einführen einer Kanüle in einen präformierten (Gelenk, Pleura, Bauchhöhle, Liquor, Blutgefäß
etc.) oder pathologischen Hohlraum (z. B. Abszess) zur diagnostischen Analyse des Inhalts

Rekonstruktion Wiederherstellung

Reposition »Zurückführen« eines pathologisch verlagerten Organteils in seine ursprüngliche anatomi-


sche Lage (z. B. luxiertes Schultergelenk, konservative Knochenbruchheilung oder Darmstruk-
turen im Bruchsack einer Leistenhernie)

Resektion Operative partielle oder komplette Entfernung eines Organs

En-bloc-Resektion Entfernung eines Organs mit umgebendem Gewebe, insbesondere der Lymphabflusswege
in einem Stück

Sklerosierung Verhärtung, aber auch Erzeugung einer Sklerosierung durch Injektion sklerosierender
Substanzen

Transplantation Verpflanzung lebender Zellen von Gewebe oder von Organen als Autotransplantation (Ver-
pflanzung körpereigenen Gewebes), Allotransplantation (Verpflanzung von Gewebe zwi-
schen den Spezies der gleichen Art), Xenotransplantation (Verpflanzung von Gewebe einer
anderen Spezies)

Trepanation Operative Eröffnung einer Mark- oder Schädelhöhle oder des pneumatisierten Warzenfort-
satzes oder einer Nasennebenhöhle

Operationssaal und Operationsablauf 4 Rückenlage (Standard)


7 Operationslehren/-handbücher. 4 Sitzende Lagerung (Neurochirurgie, Schulterope-
ration)
Lagerung 4 Kopftieflage (z. B. Sigmaoperation)
Die Lagerung des Patienten ist eingriffsspezifisch. Häu- 4 Seit-/Flankenlagerung (z. B. Thoraxeingriffe,
fig sind folgende Lagerungen: Weichteiltumoren, Nephrektomie)
4 Bauchlage (Wirbelsäuleneingriffe, Sinus pilonida- 4 Steinschnittlagerung (rektale, abdominopelvine
lis: 7 Kap. Dermatologie,1.13.1.11) Eingriffe)
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
9 1

! Cave 4 Blutstillungsinstrumente
Der Operateur ist für die Lagerung des Patienten mit- 5 Diathermie (mono-/bipolar)
verantwortlich bzw. – je nach Klinikorganisation – 5 Ligatur, Umstechung, Clipping
hauptverantwortlich. Mögliche Lagerungsschäden: 5 Argonbeamer
Druckstellen (Dekubitus, Nervenschäden), Überstre- 5 Fibrin u. a. Hämoptytika
cken von Extremitäten. 4 Halte-/Expositionsinstrumente
5 Pinzetten (chirurgisch, anatomisch – atrauma-
Operationszugänge (. Abb. 1.2) tisch)
Wenn immer möglich, orientieren sich die Zugänge 5 Haken
entlang der Haut-Spannungslinien (7 Atlanten der Ana- 5 Retraktoren (für große viszeralchirurgische
tomie). Die Zugänge sollen so atraumatisch wie möglich Eingriffe)
erfolgen und auch so klein wie möglich gehalten wer- 5 Klemmen
den (Infektgefahr, Narbenhernien, Hospitalisations- 5 »Anschlingung«
dauer, Kosmetik). 5 Abdominalrahmen u. a.
4 Gewebevereinigende, rekonstruierende Instru-
> Laparoskopische Zugänge: paraumbilikale Inzision, klei- mente
ne Inzisionen für Arbeitstrokare, ggf. zusätzliche Schnit- 5 Nadel, Nahtmaterial, Klammernahtmaterial
te bei sog. »laparoskopisch assistierten« Operationen. 5 Gewebekleber
5 Klammernahtgeräte (linear, zirkulär)
Instrumentarium 4 Operationsmikroskop
4 Schneidende, gewebedurchtrennende Instru- 4 Nahtmaterial (. Tab. 1.2)
mente 5 Resorbierbar: für Darm, Faszie, Subkutangewe-
5 Skalpell be, Intrakutannaht, aus Polymeren bestehend
5 Schere (grob, fein)
5 Säge
5 Diathermiemesser . Tab.1.2. Gebräuchliche Fadenstärken nach USP
5 Laser u. a. (United States Pharmakopoc) und metrischem Maß
4 Präparierinstrumente
5 Schere (Metzenbaum) USP- Sterildurch- Anwendungsbeispiele
Stärke messer (in
5 Spreizen mit Klemmen
0,01 mm)
5 Dissektor, Ultraschalldissektor (Ultrazision)
5 Stilltupfer (stumpfe Präparation) u. a. 10/0 1,3–2,5 Mikrochirurgie (Verwen-
dung von Lupenbrillen bzw.
Operationsmikroskopen er-
forderlich)

9/0 2,5–3,8 Mikrochirurgie

8/0 3,8–5,1 Neurochirurgie

7/0 5,1–7,5 Ophthalmologie

6/0 7,5–10,2 Gefäßchirurgie

5/0 10,2–15,2 Gefäßchirurgie

4/0 15,2–20,3 Gallenwege

3/0 20,3–15,4 Darmnähte, Standardligatur

2/0 25,4–33,0 Magenwand, grobe Ligatur

0 33,0–40,6 Haltefäden

1 40,6–48,3 Faszie an Extremitäten

2 48,3–55,9 Bauchfaszie
. Abb. 1.2a–e. a Medianer Längsschnitt, b Kostoumbilikal-
schnitt, c mediane Längssternotomie, d Kragenschnitt nach 3 55,9–63,5 Extrem belastete Gewebe
Kocher, e Inguinalschnitt. (Aus Siewert 2006)
10 Kapitel 1 · Chirurgie

5 Nichtresorbierbar: Haut, Knochen, Fasziennaht Halte- und Unterstützungsfunktion inne. Bei laparos-
1 (z. B. Pektoralisfaszie) kopischen Operationen ist der erste Assistent quasi ein
5 Monofil: Haut, Gefäße, Vorteil: keine Keimas- »Kameramann«.
zension, schlecht handhabbar
5 Geflochten: gute Handhabung, besserer Halt, Chirurgische Naht, Nahmaterial, technisch
guter Sitz des Knotens unterstützte Naht, Wundkleber, Blutstillung
Nahttechnik (. Abb. 1.3). Der Wundverschluss erfolgt
> Nadeln stehen in verschiedenen Größen, Rundungen mittels Einzelknöpfen (gute Adaptation, Sekretabfluss)
sowie traumatisch (schneidend, rund) als auch atrau- oder fortlaufend (schnell, durchblutungsstörend). Bei
matisch und ohne Kalibersprung (Abreißfäden) zur der Hautnaht erfolgt dies einfach oder in Rückstich-
Verfügung. technik nach Donati oder Allgöwer zur exakteren und
stabileren Adaptation. Die Knotung erfolgt mittels Na-
Grundlagen der Endoskopie bzw. Laparoskopie delhalter (Instrumentenknoten) oder von Hand. Min-
Durch Einführung der Bauchspiegelung wurden ne- destens 3 gegenläufige Knoten sind erforderlich, bei
benwirkungsarme diagnostische Laparoskopien er- monofilem, dickem Nahtmaterial u. U. erheblich mehr.
möglicht. In fast allen Bereichen der Viszeralchirurgie Das Nahtmaterial verbleibt 3–20 Tage (Gesicht, Unter-
verdrängen laparoskopische Verfahren zunehmen die schenkel) in der Haut. Zur Hautnaht wird monifiles
»offenen« Operationen. Vorteile sind kürzere Klinik- Nahtmaterial verwendet.
verweildauer, weniger postoperativer Schmerz und Kriterien einer optimalen chirurgischen Naht
Komplikationen (»Die laparoskopische Entfernung ei- sind:
ner Gallenblase ist wie das Streichen eines Flures durch 4 Festigkeit
einen Briefkastenschlitz«). 4 Keine Spannung, keine Perfusionsstörung
Eingriffe mit Pneumoperitoneum müssen in Allge- 4 Exakte Adaptation
meinanästhesie erfolgen; für laparoskopische Verfahren 4 Atraumatisch
sind folgende Instrumente nötig:
4 Trokare (Schleusen), Ein-/Mehrweg-Spitze, gewe- Besondere Nahttechniken werden bei verschiedenen
beschonend Geweben angewandt, z. B. seromuskuläre Darmnaht,
4 Kamera mit Lichtsystem, Monitor Gefäßnaht, Nervennaht (7 entsprechende Kapitel und
4 Saugung/Spülung Operationslehren).
4 Pumpe zur CO2-Insufflation
Nahtmaterial. Man unterscheidet:
> Der Monitor steht stets in der Blickachse des Ope- 4 Resorbierbare Nahtmaterialien
rateurs, meist auf der Seite des pathologischen Be- 4 Nichtresorbierbare Nahtmaterialien
fundes. 4 Sonstiges: Klammernahtmaterial, Wundkleber
(Histoacryl), Klammerpflaster (Steri-Strip)
Operationstechnik, Assistenz
Der Operateur leitet die Operation und trägt die Ge- Drainagen
samtverantwortung. In Deutschland gilt der Facharzt- > Drainagen dienen v. a. als Indikatoren, d. h. man sieht,
standard, dies bedeutet, dass ein Facharzt für Chirurgie was für eine Sekretart am Zielort (Douglas, subphre-
bei jeder Operation (gleich ob als Assistent oder Ope- nisch, Abszesshöhle, Anastomosenregion etc.) abge-
rateur) anwesend sein muss. sondert wird.
1., 2., 3. Assistenz: Der 1. Assistent arbeitet aktiv
mit Schneiden, Knoten etc. mit. Er steht dem Operateur Drainagen dienen v. a. der postoperativen Überwa-
stets gegenüber. Die 2. und 3. Assistenz hat überwiegend chung (7 oben) des Operationsgebietes, leiten aber

. Abb.1.3a–c. Hautnähte.
a Einzelknopfnaht; b Dona-
ti-Naht; c Allgöwer-Naht.
(Aus Siewert 2006)
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
11 1

auch Blut, Sekret, Eiter, Galleflüssigkeit, Pankreassekret Wundarten


usw. aus natürlichen/pathologischen Hohlräumen ab. Nach der Ätiologie unterscheidet man:
4 Redon-Drainagen: mit Sog, starrer Kunststoff; 4 Mechanische Wunden (Schnitt-, Stich-, Biss-,
Lage meist subkutan zur Verhinderung eines post- Schuss-, Platz-, Riss-, Schürf-, Quetsch-, Ablede-
operativen Hämatoms rungs- oder Defektwunde und Kombinationen)
4 Robinson-Drainagen: Silikon, kein Sog. Lage im 4 Thermische Wunden: Verbrennung, Kälte
Douglas-Raum, subphrenisch. Möglichkeit der 4 Aktinische/radiogene Wunden: z. B. nach Bestrah-
Spül-Saugbehandlung lung, Kontaktstrahlung, elektromagnetische Wellen
4 Zieldrainagen im Operationsgebiet, z. B. in Nach- 4 Chemische Wunden: Verätzungen, Säure, Laugen
barschaft der angelegten Anastomose 4 Chronische Wunden: z. B. Ulcus cruris
4 Spezialdrainagen sind T-Drain (Gallenwege),
Neuhaus-Drainage u. a. Klassifikation der Tiefenausdehnung/Schwere von
4 Weitere Katheter/Sonden: transurethraler Dauer- Wunden in 4 Graden:
katheter, suprapubischer Katheter, PEG-Sonde, Ma- 4 I: oberflächliche Wunde
gensonde 4 II: Wunde reicht bis in die Subkutis
4 Thoraxdrainagen liegen im Pleuraraum und er- 4 III: Wunde reicht bis an die Faszie
halten/stellen wieder den Unterdruck im Pleura- 4 IV: Wunde schließt Muskulatur, Organe mit ein
raum her bzw. nehmen Sekret der Pleura auf (Blut,
Eiter, seröse Flüssigkeit). Wundheilung
Physiologie der Wundheilung
Begleitende invasive Maßnahmen 4 Primäre Wundheilung: direkte Adaptation der fri-
Den Eingriff begleitende invasive Maßnahmen sind: schen Wundränder, z. B. bei chirurgischer Naht
4 Punktionen oder guter Adaptation z. B. frischer Schnittwunden;
4 Sonden schmale Narbe
4 Darmrohre 4 Sekundäre Wundheilung: größerer Spalt, infizierte
Wunden, großer Defekt, Heilung über Zwischen-
Blutstillung stufe Granulationsgewebe, später breitere Narbe
> Christian Barnard: Man kann jede Blutung stillen, in-
dem man mit dem Finger dorthin drückt, wo es blutet. Wundheilungsphasen (7 Kap. Pathologie, 3.1.5.2):
4 Granulation (hellrotes Gewebe)
Möglichkeiten der Blutstillung sind (Auswahl): 4 Epithelialisierung durch Keratinozyten (vom
4 Kompression, »Packing« Wundrand her)
4 Naht, Umstechung, Ligatur 4 Wundkontraktion (v. a. bei Sekundärheilung)
4 Venenpatch
4 Prothesen Makroskopisch lassen sich folgenden Stadien unter-
4 Clipping (Titan, resorbierbar) scheiden: Exsudation (Blutthrombus binnen Stunden),
4 Zellulose Resorption (Wachstumsfaktorgesteuerte Zellmigration,
4 Kollagen, Fibrin Ab- und Umbau binnen Tagen), Proliferation (Gefäß-
4 Sklerosierung einsprossung, Kollagensynthese. Reparation (Wund-
4 Esmarch-Binde kontraktion, stabile Narbenbildung binnen Wochen,
4 Blutsperre Monaten).
4 Pringle-Manöver
4 Extrakorporale Perfusion Wundversorgung
4 Kontrollierte Hypotension Folgende Maßnahmen gehören zur Wundversorgung:
4 Check Durchblutung, Sensibilität, Motorik (DMS)
4 Anästhesie (z. B. Lokal nach Oberst, Plexusanäs-
1.1.6 Wunde, Wundbehandlung thesie)
4 Inspektion
Anatomie 4 Reinigung
Die Haut besteht aus Epidermis (Stratum corneum, spino- 4 Sondierung (Begleitverletzungen? Fremdkörper?)
sum, basale), Dermis (Gefäße, Nerven) und Subkutis (Fett- 4 Desinfektion
reich). Darunter liegt die Körper-Faszie, die das Gegenlager 4 Ggf. Débridement, Mobilisation
zur kontrahierenden Muskulatur darstellt. 4 Exzision
12 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Primärer Wundverschluss bei Wunden <6 h und wendig (ggf. vorherige Anfärbung der Gänge mit Me-
1 weitgehender Infektfreiheit thylenblau). Meist offene Wundbehandlung über Wo-
4 Offene Wundbehandlung bei stark verschmutzen/ chen (Heilung per secundam).
infizierten (auch Tier-/Menschenbisse) Wunden, Bei primärem Wundverschluss beträgt das Risiko
Wunden >6 h. 50%, dass es zu einer Wundheilungsstörung kommt!
4 Sekundärnaht: nach vorheriger Anfrischung der
Wundränder.
4 Vakuumverband (z. B. bei infizierten und/oder 1.1.8 Postoperative Behandlung
chronischen Wunden)
4 Ruhigstellung (z. B. bei Gefahr der Keimverschlep- Verbandlehre, Extensionen
pung, begleitenden Frakturen, Haut- oder Lappen- Zweck eines Verbands ist:
transplantation) 4 Keimfreie Abdeckung
4 Wundkontrolle und Verbandswechsel am Folgetag 4 Kompression
4 Fixation
Wundheilungsstörungen
Prädispositionen für Wundheilungsstörungen sind: Es gibt Wundauflage, Pflasterverband, Druckverband.
4 Diabetes mellitus Für einen Vakuumverband (V.A.C. = »vacuum as-
4 pAVK sisted closure«) wird die Wunde/das Hauttransplantat
4 Polyneuropathie mit Schaumstoff bedeckt, bzw. die Wundhöhle mit
4 Kachexie Schaumstoff ausgefüllt. Dies wird luftdicht abgeklebt mit
Spezialfolie und an ein Schlauchsystem mit Anlage von
Chronische Wunden/Ulzera können nur nach Besei- Unterdruck (75–150 mmHg) angeschlossen. Es wird so
tigung der zugrunde liegenden Ursache heilen: Druck- einerseits eine feuchte, gut perfundierte Kammer gebildet,
entlastung durch Venenoperation, Bypass/Rekanali- andererseits auch überschüssiges Wundsekret abgesaugt.
sierung bei arterieller Durchblutungsstörung, Infekt- Dies beschleunigt die Granulation und Wundheilung. An-
sanierung. Zusätzlich kommen Debridement, Vakuum- wendung: große, infizierte Wunden, chronische Wunden.
verbände, Hauttransplantation, feuchte Verbände
(NaCl), Gel und Hydrokolloidverbände zum Einsatz.
Nicht immer kann eine Amputation verhindert werden. 1.1.9 Allgemeine postoperative
Nachbehandlung, chirurgische
! Cave Intensivpflege
Bei offenen Wunden ist der Tetanusschutz zu kontrol-
lieren; ggf. aktive/passive Immunisierung. Bei Ver- Monitoring (7 Kap. Anästhesie und
dacht auf Tollwut: Impfung! Wer keinen Impfpass vor- Intensivmedizin)
legt, gilt als nicht geimpft! Kostaufbau
Der orale Kostaufbau sollte so schnell wie möglich er-
folgen, sonst kommt nicht nur die Darmmukosa zu
1.1.7 »Kleine Chirurgie« Schaden. Ist eine orale Aufnahme nicht möglich, kann
der Gastrointestinaltrakt dennoch über alternative
Sinus plionidalis Wege »beschickt« werden:
Definition. »Haarnestgrübchen«; chronischer Sinus 4 PEG
unterhalb der Lendenraute in Richtung Rima ani, der 4 MS
ursprünglich Haare, Talg enthält, sich bis in die Tiefe 4 Duodenalsonde
und verzweigend abszedieren kann. 4 Jejunostomie

Ätiopathogenese. Junges, männliches Geschlecht, star- Nach maximal 6–7 Tagen reiner Elektrolytinfusion
ke Behaarung, sitzende Tätigkeit prädisponieren. muss eine weitergehende, normale »Ernährung« erfol-
gen, um gleichzeitig auch Substrat für Heilung zur Ver-
Symptomatik. Entzündung, Schmerz, Abszess oberhalb fügung zu stellen (. Tab. 1.3). Hierzu sollten gehören
des Anus entlang der Rima ani. parenteral Fette, Aminosäuren, Glukose, Vitamine,
Elektrolyte, Spurenelemente. Bei hochkalorischen Lö-
Therapie. Lokale Inzisionen bedingen meist Rezidive. sungen, Fettlösungen ist ein zentralvenöser Katheter
Meist ausgedehnte Exzision bis auf die Sakralfaszie not- erforderlich.
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
13 1

! Cave
. Tab.1.3. Dosierungsrichtlinien für postoperative In- HIT I/II: heparininduzierte Thrombopenie <80.000/μl.
fusionstherapie und parenterale Ernährung (70 kg Nach ca. 3–10 Tagen nach u. U. einmaliger Verabrei-
schwerer Patient). (Aus Siewert 2007) chung von Heparin. Thrombose und Emboliegefahr!
Maßnahmen: sofortiges Absetzen, Verwendung von
Infusionsbestandteil Dosis
Hirudin, Danaparoid-Natrium.
Wasser 30–40 ml/kg KG/Tag
Folgende Punkte spielen in der postoperativen Nach-
Natrium 2–3 mval/kg KG/Tag
sorge eine wichtige Rolle:
Kalium 1–1,5 mval/kg KG/Tag 4 Frühmobilisation: ideal für kardiovaskuläre, pul-
monale Stabilisierung
Kalorien 25–30 kcal/kg KG/Tag
4 Laborkontrollen
Glukose 2 g/kg KG/Tag 4 Infektprophylaxe (Katheterwechsel, Atemtraining)
4 Physiotherapie, Atemtherapie, physikalische Thera-
Aminosäuren 1,5 g/kgKG/Tag
pie
Fette 1–2 g/kg KG/Tag 4 Rehabilitation, Kurwesen
4 Psychosomatische Therapie/Psychotherapie

Weiterhin wichtig sind Wundkontrolle, Abführen, 1.1.10 Chirurgische Intensivmedizin


Stuhlregulation, Schmerztherapie.
Pathophysiologie der Operation
Hämotherapie ! Cave
Thromboembolieprophylaxe Operation = Stress
Thrombose
Thrombose: Partielle, vollständige Verlegung des Gefäß- Es kommt operationsbedingt zu komplexen endokri-
lumens durch einen Thrombus, Verschleppung dessen (Em- nen, metabolischen und immunologischen Reaktionen.
bolie) mit gravierenden Folgen z. B. Lungenembolie. Patho- In der Gesamtheit bezeichnet man diese als Postaggres-
physiologie: Virchow-Trias der Thromboseentstehung: Ge- sionsstoffwechsel, SIRS. Zusammenfassend ist dieser
fäßwandverletzung,Stase/VerlangsamungderBlutströmung, als starke Katabolie (negative Stickstoffbilanz), Gluko-
Veränderung der Zusammensetzung des Blutes. seanstieg, Störung der Mikrozirkulation und Organde-
pression charakterisiert.
Begünstigende Faktoren einer Thromboembolie rund Wichtig sind hier folgende Maßnahmen:
um die Operation: 4 Infusionstherapie: Volumengabe, Elektrolytkorrek-
4 Eingriff per se tur
4 Eingriffswürdige Erkrankung (Infektion, Gefäßer- 4 Hämotherapie
krankung) 4 Ernährung
4 Immobilisation prä-, intra-, postoperativ
4 Grunderkrankungen (Malignom, Thrombophilie,
Adipositas, Organerkrankungen) 1.1.11 Post- und perioperative
Komplikationen
Die Prophylaxe der Thromboembolie erfordert fol-
gende Maßnahmen: Aufgrund nicht immer Vorhersehbarer Umstände muss
4 Minimierung der Operationsdauer mit gehäuftem Auftreten postoperativer Komplikatio-
4 Frühmobilisation nen gerechnet werden. Diese haben schon bei der Indi-
4 Medikamentöse Prohylaxe kationsstellung mit in die Risikoabwägung einzuflie-
4 Kompressionsstrümpfe ßen. Mögliche Komplikationen sind:
4 Postaggressionssyndrom (7 oben)
Medikamente. Niedermolekulare Heparine u. a. 1- 4 Pulmonale, Kardiale Komplikationen
mal/Tag nach Körpergewicht, individuellem Risiko- 4 Wundheilungsstörung, Wundinfekt
profil, Eingriff. Für die Dauer von bis zu 30 Tagen nach 4 Platzbauch
Operation (z. B. Hüftprothetik, Gefäßeingriffe, Malig- 4 Stressulkus
nome). 4 Dekubitus
14 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Fieber, Septikämie 4 Exogene Infektion (Erreger treten von außen he-


1 4 Nachblutung ran)
4 Intestinale Störung 4 Endogene Infektion (Erreger der Normalflora)
4 Thrombose, Embolie 4 Sepsis (7 Kap. Anästhesie und Intensivmedizin)
4 Transfusionsreaktion 4 SIRS (»systemic inflammatory response syn-
4 Intraabdomineller Abszess, Peritonitis drome«)
4 Blutgerinnungsstörungen 4 Bakteriämie (Bakteriennachweis im Blut, ist nicht
4 Durchgangssyndrom gleich Sepsis!)
4 Nosokomiale Infektion (Im Rahmen einer Hospi-
Maßnahmen zur Beherrschung postoperativer Kom- talisation erworbene Infektion)
plikationen sind: 4 Abszess (Hohlraum mit putridem Material, Abs-
4 Stete Kontrolle auf Auftreten von Komplikationen zessmembran)
zur frühen Erkennung (Klinisch, Verbände, Wun- 4 Empyem (Eiteransammlung in natürlichem Hohl-
den, Labor, Sonographie raum z. B. Pleura, Gallenblase)
4 Intensivüberwachung und -therapie, falls nötig
Phlegmone, Furunkel, Karbunkel: 7 Kap. Dermatologie,
> Frühes Erkennen von Komplikationen (v. a. eingriffs- 1.13.1
spezifische) sind oberstes Gebot.
> 4 Lokale Entzündungszeichen: Rubor, Calor, Tumor,
Mögliche Folgen postoperativer Komplikationen um- Dolor, Functio laesa
fassen: 4 Generelle Entzündungszeichen: Fieber, Tachykar-
4 Re-Operation die, Leukozytose, CRP-Anstieg
4 Interventionelle Maßnahmen
4 Konservativ (z. B. Antibiose, Parameterkorrektur, Der Weg von einem lokalen zum generellen Infekt führt
Intensivbehandlung) häufig über Lymphangitis, Lymphadenitis zur Streuung
in die Blutbahn. Daher sind z. B. bei Infekten der Extre-
mitäten oder im Gesicht Ruhigstellung, Sprech-/Kau-
1.1.12 Chirurgische Infektiologie verbot indiziert.

Infektionen können die Operationsindikation darstel- Grundprinzip der chirurgischen Versorgung/


len (z. B. Abszess, Appendizitis) oder Komplikationen Lokalsanierung von Infekten
darstellen (z. B. Katheter, postoperativer Abszess). Zur lokalen Therapie von Infekten kommen folgende
Maßnahmen in Frage:
> Die Infektionsprophylaxe ist oberstes Gebot! 4 Inzision
4 Drainage
Immunität des Patienten 4 Spülung
Die Immunität von Operierten ist herabgesetzt durch die 4 Nekrosektomie
Operation selbst, aber auch durch Grunderkrankung. Zu- 4 Ggf. Amputation bei Extremitäten, Organentfer-
dem werden hochvirulente Keime v. a. durch unsachgemä- nung (Appendektomie, Cholezystektomie usw.)
ßen Antibiotikagebrauch oder auch durch Selektion auf 4 Zunächst kalkulierte Antibiose, dann Abstrich bzw.
Spezialabteilungen von Bereichen der Maximalversorgung Blutkultur und schließlich Antibiose nach Erreger-
begünstigt. bestimmung (Keimidentifikation) und Resistenz-
bestimmung
Infektiologische Grundbegriffe/Erkrankungen
Grundbegriffe der Erkrankungen der Infektionslehre > »Ubi pus, ibi evacua!« (»Wo immer Eiter, eröffne ihm
sind (7 Kap. Hygiene, Mikrobiologie, Virologie): den Weg nach außen«).
4 Kolonisation (Besiedelung ohne Infektion)
4 Infektion (Wechselwirkung zwischen Erreger und Infektiologische Grundbegriffe/Maßnahmen
Mensch) Folgende weitere Begriffe sind in der Infektiologie von
4 Lokale Infektion (lokal begrenzt) Bedeutung (. Tab. 1.4):
4 Generalisierte Infektion (Allgemeinerkrankung) 4 Hygiene
4 Allgemeine/Systemische Infektion (kann auch zu 4 Asepsis
Organmanifestation führen) 4 Antisepsis
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
15 1

. Tab.1.4. Kontaminationsklassen operativer Eingriffe. (Aus Siewert 2007)

Sauberer Keine physiologische mikrobielle Besiedlung und keine Entzündung oder Infektion im Operations-
(aseptischer) gebiet, weder Respirations- noch Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt eröffnet
Eingriff
Primärer Wundverschluss und, falls erforderlich, geschlossene Drainagen

Keine Kontamination es Operationsgebiets durch ortsständige Flora oder Infektion (z. B. Schilddrü-
sen-, Herz-, Gelenkoperation)

Sauber-konta- Operationsgebiet mit physiologischer mikrobieller Besiedlung, z. B. Eröffnung des Respirations-,


minierter Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakts unter kontrollierten Bedingungen ohne ungewöhnliche
(bedingt Kontamination
aseptischer)
Eingriff Kontamination des Operationsgebiets mit wenig virulenter Flora in mäßiger Keimzahl (z. B. Oropha-
rynx-, Gallenwegs-, vaginale Operation)

Kontaminierter Größerer Bruch in der aseptischen Technik oder deutlicher Austritt von Darminhalt oder Vorliegen
Eingriff einer akuten, aber nichteitrigen Entzündung im Operationsgebiet oder frische Verletzungswunde

Erhebliche Kontamination des Operationsgebiets durch endogene Standortflora oder exogene Er-
reger (z. B. Dickdarmoperation, Operation bei frischer Unfallwunde), Eingriffe mit Eröffnung des
Urogenitaltrakts bei kolonisiertem Urin oder mit Eröffnung der Gallenwege bi kolonisierten Gallen-
flüssigkeiten

Schmutziger Eitrige Infektion im Operationsgebiet, Perforation im Gastrointestinaltrakt oder ältere Verletzungs-


oder infizierter wunde mit devitalisiertem Gewebe
(septischer)
Eingriff Massive Kontamination des Operationsgebiets durch endogene Standortflora oder exogene Erre-
ger (z. B. Operation nach Darmperforation, bei eitriger Cholezystitis, operative Versorgung einer äl-
teren Verletzungswunde)

4 Hospitalismus 4 Korrekte Reinigung, Desinfektion, Sterilisation von


4 Desinfektion Geräten, Flächen
4 Sterilisation 4 Keimsanierung von Keimträgern unter Personal
4 Isolation von MRSA-Patienten (Methycillin-/mul-
Erregerquellen tiresistenter Staphylococcus aureus)
Als Erregerquellen für eine Infektion kommen in Be- 4 Antisepsis, Wundkontrollen, Verbandswechsel
tracht: 4 Händewaschen und -desinfektion des Personals
4 Hautflora des Patienten 4 Rasur des Operationsgebietes auf der Station,
4 Darmflora des Patienten Bauchnabeldesinfektion (Laparoskopie)
4 Hämatogene/Lymphogene Streuung 4 Waschen, Nagelbürste, Handdesinfektion (Desin-
4 Nasen-Rachen-Raum des Patienten fektion, chirurgische Desinfektion) des Chirurgen
4 Personalhände 4 Verhaltensmaßregeln im Operationssaal (Mund-
4 Nasopharyngealflora des Personals schutz, Sprechreduktion, Personaldurchgang, Haube,
Klimatisierung, Kittel, Schuhe, sterile Handschuhe
Prophylaxe von Infektionen 4 Atraumatische Operation
Gerade in der Chirurgie ist die Infektionsprophylaxe 4 Hohe Operationsqualität
ganz entscheidend. Daher sind folgende Maßnahmen 4 Kurze Operationszeiten
zu beachten: 4 Kurzer stationärer Aufenthalt, v. a. kurzer Aufent-
4 Infektminimierung (7 Operationshandbücher, halt auf Intensivstation
7 Kap. Hygiene, Mikrobiologie, Virologie) 4 Kein sinnloser Einsatz von Antibiotika
4 Verzicht auf Tragen von Uhren, Schmuck, lange/ 4 Desinfektion, steriles Abdecken des Operationsge-
künstliche Nägel bietes
16 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Frühmobilisation, früher Kostaufbau


1 4 Strenge Indikationsstellung bei perioperativer An- 4 Maligne Tumoren
tibiotikaprophylaxe – Unscharf begrenzt, keine Kapsel
4 Anästhesie und Transfusionsmedizin: 7 Kap. Anäs- – Destruktives, invasives (infiltratives) Wachs-
thesie und Intensivmedizin tum in die Umgebung
– Klinisch nicht verschieblich
– Oft schnelles Wachstum
1.1.13 Einführung in die Onkochirurgie – Metastatisierung

1.1.13.1 Bedeutung der Chirurgie in der


Onkologie Semimaligne Tumoren
Während heute bei vielen Krankheitsbildern interven- Semimaligne Tumoren besitzen sowohl Kriterien der Mali-
tionelle oder konservative Verfahren der Chirurgie gnität (destruktives lokales Wachstum, u. a.), als auch der
konkurrieren, hat sich – von wenigen Ausnahmen ab- Benignität. Semimaligne Tumoren metastasieren praktisch
gesehen – an der Notwendigkeit der radikalen Entfer- nie. Beispiel: Basalzellkarzinom der Haut.
nung solider Tumoren als entscheidende Therapie-
maßnahme nichts geändert. Aus diesem Grund nimmt 1.1.13.3 Terminologie
die Onkochirurgie heute mehr denn je großen Raum Folgende Begriffe werden in der Onkologie üblicher-
insbesondere in der Viszeralchirurgie ein. Dennoch ist weise verwendet (7 Kap. Pathologie, 3.1.6):
die Therapie der Tumoren heute interdisziplinär aus- 4 Tumor: griech. »Schwellung«, auch entzündlich
gerichtet, ihr sind Chemo- und Radiotherapie häufig und aufgrund anderer Ursachen bedingt
vor- oder nachgeschaltet. 4 Neoplasie: korrekter Terminus für Gewebsneubil-
dung jeder Art
1.1.13.2 Einführung 4 Dysplasie/Metaplasie: strukturelle und morpholo-
»Krebs« ist überwiegend eine Krankheit des Alters. gische Veränderungen von Zellen und Geweben
Durch Anhäufung von Mutationen, auch von sog. Tu- (Atypien, die aber noch reversibel und noch nicht
morsuppressorgenen, steigt die Wahrscheinlichkeit maligne sind; 7 Kap. Pathologie)
der Transformation von gesunden Zellen zu malignen 4 Präkanzerose (exakt präkanzeröse Läsion): noch
Zellen. reversible histologische Neoplasievorstufe z. B. Me-
taplasie
> Merkmale der Tumorzellen: autonomes, assoziales 4 Carcinoma in situ: irreversible maligne Tumor-
Wachstum. Nicht vorhandene bis völlig fehlende transformation. Neoplasie hat jedoch noch nicht
Ähnlichkeit zur Ursprungszelle (Differenzierung). die Basalmembran durchbrochen. Heilung im
Sinne einer Restitutio ad integrum hier – und
Phasen der Tumorentwicklung (Malignome) sind: nach streng pathologischer Definition nur hier –
4 Karzinogenese bei vollständiger Exzision im Gesunden noch
4 Tumorprogression möglich.
4 Metastatisierung 4 Invasives Karzinom: maligner Tumor, der die Ba-
salmembran durchbrochen hat
Nach ihrem biologischen Verhalten (Dignität) unter- 4 Dignität: Biologie des Tumors: maligne oder be-
scheidet man benigne von malignen Tumoren (7 Kap. nigne
Pathologie, 3.1.6). 4 Grading: Grad der Differenzierung
4 Multizentrische Tumoren: gleichzeitiges Vorlie-
gen mehrerer solider Tumoren
Tumormerkmale (Auswahl)
4 Benigne Tumoren 1.1.13.4 Metastasen
– Scharf begrenzt, meist von Kapsel umgeben Nach Einbruch in Hohlräume und Gefäße können Tu-
– Verdrängendes Wachstum morzellen sich vom soliden Tumor lösen und ver-
– Klinisch gut verschieblich schleppt werden (»spread«). Finden sie an entfernter
– Meist langsames Wachstum Stelle im Körper geeignete Bedingungen (»Seed-and-
– Keine Metastatisierung soil«-Theorie) können sie zu soliden Tochtergeschwuls-
6 ten (Vorstufe Mikrometastasen, »okkulte« Metastasen)
heranwachsen.
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
17 1
Arten von Metastasen, Tumorbeispiele 4 Infektion z. B. Pneumonie durch obstruierendes
Lymphogene Metastasierung Bronchialkarzinom
Befall von Lymphbahnen, regionalen Lymphknoten, 4 Entzündung z. B. Peritonitis bei durchgebroche-
später entfernteren Lymphbahnen und entfernteren nem Magenkarzinom
Lymphknoten. Meist wird diese Reihenfolge eingehal- 4 Fistelung z. B. enterokutan bei Darmkarzinom, en-
ten und zunächst auch regional bei gleichen Entitäten terovesikal, enterovaginal, entero-enteral
die gleichen Lymphknoten befallen (Sentinel-Konzept). 4 Verdrängungssymptome z. B. Hirndrucksympto-
Selten werden erste Lymphknotenstationen übersprun- matik bei Hirntumoren
gen (»skipping«). Die lymphogene Metastatisierung ist 4 Verschlusssymptome z. B. Ikterus bei obstruieren-
der Metastatisierungsweg bei gastrointestinalen Tu- dem Gallengangskarzinom
moren. Nach Befall von Lymphknoten können Tumor- 4 Frakturen z. B. bei Knochenkarzinomen (sog. »pa-
zellen leicht in das venöse System einbrechen. Somit ist thologische Fraktur«)
der Weg zu hämatogenen Metastasierung nicht weit, 4 Organfunktionsstörung z. B. epileptischer Anfall
dieser Weg kann aber auch direkt (nahe der Primärtu- bei Hirntumor
morentwicklung) stattfinden. 4 Blässe, Schwäche (Tumoranämie)

Hämatogene Metastasierung > Das Auftreten von klinischen Symptomen geht meist
Darunter versteht man die Tumorzellverschleppung mit einem bereits fortgeschrittenen Tumorstadium
über den venösen Abfluss des tumorerkrankten Organs. einher. Daher bleibt die Früherkennung von Tumoren,
Tumoren die früh hämatogen metastasieren sind bei- insbesondere durch sinnvolle Screeningmaßnahmen
spielsweise das Prostatakarzinom, Knochenkrebs, in speziellen Risiko-, Geschlechter- und Altersprofilen,
Mammakarzinom, Bronchialkarzinom und Nierenkar- die wichtigste Maßnahme zur Prognoseverbesserung.
zinom. Bei entsprechender lokaler Größe des Tumors
metastasiert letztlich jeder auch hämatogen. Über die Systemische Tumorzeichen
Blutversorgung von Lymphknoten können zunächst Die sog. »B-Symptomatik« entwickelt sich bei fortge-
lymphogen metastasierende Tumoren sekundär häma- schrittenen Tumorleiden durch »zehrende« Wirkung
togen metastasieren (7 oben). des stoffwechselaktiven Tumors:
Innerhalb der hämatogenen Metastatisierung un- 4 Nachtschweiß
terscheidet man nochmals verschiedene Typen (7 Pa- 4 Ungewollter Gewichtsverlust
thologie, Kap. 3.1.6.3). 4 Allgemeine Schwäche

Metastasierung per continuitatem Eine Sonderstellung nehmen hier Tumoren der lym-
Dies bezeichnet die Metastatisierung entlang von Hohl- phatischen und blutbildenden Organe ein. 7 Innere Me-
räumen/Bahnen: dizin und Onkologie, 7 Pathologie
4 Intrakavitär, z. B. Ausbreitung in Pleura- oder Peri-
tonealraum nach Durchbruch der Pleura oder des »Paraneoplastisches Syndrom«
Peritoneums Aufgrund der Vitalität des Tumorgewebes und seinem
4 Intraluminale Ausbreitung entlang eines Hohlor- Ursprung von körpereigenen Zellen (mit differenzier-
gans ter Funktion), aber auch als Reaktion des Körpers auf
4 Iatrogen (z. B. entlang von Trokarkanälen, entlang fremdkörperähnliche Zellen können vielgestaltige Syn-
eines Biopsieeinstiches) drome entstehen, die in Ihrer Gesamtheit als »paraneo-
plastisches Syndrom« bezeichnet werden. Die häufigs-
1.1.13.5 Klinische Symptome der Tumor- ten 3 Gruppen von Syndromen lassen sich zuordnen:
erkrankung (solide Tumoren) 4 Hormonproduktion
Allgemeine Symptome 4 Hämatologische Veränderungen (Störung der Ge-
Klinisch zeigen sich solide Malignome/Tumoren an rinnungsfunktion)
folgenden Symptomen: 4 Hautveränderungen
4 Schmerzen
4 Äußerlich sichtbare, tastbare Veränderungen. Z. B. 1.1.13.6 Staging, Grading, Typing
bei Hauttumor (Ulzeration), Resistenz bei Darmtu- Beispielsweise präoperativ muss Klarheit bestehen, wie
mor fortgeschritten eine Tumorerkrankung ist. Diese »Grad-
4 Blutung (peranal, urethral, oral, nasal usw.) z. B. bei messung« wird als Staging bezeichnet.
Darmkarzinom
18 Kapitel 1 · Chirurgie

> Staging: Bestimmung der Tumorstadiums, der Aus- TNM-System


1 breitung. Sinn: Ermittlung der Resektabilität/Kurabili- Das TNM-System hat sich für die international einheit-
tität, Planung der Operation. liche Deskription von Tumorsituationen bewährt. Es
wurde um 1940 von dem französischen Chirurgen
Möglichkeiten des präoperativen Stagings sind: Pierre Denoix (1912–1990) entwickelt und wird seit
4 CT 1950 von der UICC (Union Internationale Contre
4 MRT Le Cancer) und auch der WHO verwendet. Zweck ist
4 PET die eindeutige Deskription von Tumorsituationen als
4 Laparoskopie/Laparatomie Grundlage von Behandlungsplan, Prognose, Wissen-
schaftlicher Tätigkeit und Statistik.
Unter postoperativem Staging versteht man die Ermitt- Die Klassifikation ist in Grundzügen bei allen Tu-
lung des Tumorstadiums (Ausbreitung) durch Untersu- moren gleich, unterliegt je nach Tumorart aber einigen
chung zur pathologischen Diagnostik eingesandten Modifikationen (7 Krankheitsbilder).
Gewebes und anhand der klinischen Angaben (z. B. ge-
sehene Metastasen ja/nein).

TNM-System
4 T-Status: beschreibt den räumlichen Ausdeh- bräuchlich bei Therapieempfehlungen und Pro-
nungsgrad des Primärtumors gnoseeinschätzungen
– T0 – L0: kein Anhalt für Lymphgefäßinvasion
– Tis: Carcinoma in situ (Karzinom hat die Basal- – L1: Lymphgefäßinvasion
membran noch nicht durchbrochen) 4 V-Status: Fehlen/Vorhandensein eines Einbruchs
– T1, T2, T3: zunehmender Grad der lokalen Tu- in das venöse System: Veneninvasion
morausdehnung – V0: kein Anhalt für Veneninvasion
– T4: i. d. R. organüberschreitendes Wachstum – V1: mikroskopische Veneninvasion
und Einbruch in Nachbarorgane – V2: makroskopische Veneninvasion
4 N-Status: beschreibt und quantifiziert das Vor- 4 P-Status: Invasion von Perineuralscheiden
handensein regionaler/entfernter Lymphknoten- – P0: kein Anhalt für Perineuralscheideninvasion
metastasen – P1: Perineuralscheideninvasion
– N0: kein Hinweis für Lymphknotenmetastasen 4 R-Status: Residualtumorstatus; wichtige Angabe
– N1: Befall regionaler Lymphknoten bzw. bis zu postoperativ; beurteilt werden die Resektionsrän-
3 Lymphknoten der des Präparates
– N2: Befall auch entfernterer Lymphknoten – R0: kein makroskopisches und mikroskopisches
(mehr als 3) Tumorresiduum
4 M-Status: beantwortet die Frage nach dem Vor- – R1: mikroskopisches Tumorresiduum
handensein von Fernmetastasen – R2: makroskopisches Tumorresiduum
– M0: kein Hinweis für Fernmetastasen. 4 G-Status (Grading): Grad der Differenzierung, d. h.
– M1: Fernmetastasen Ähnlichkeit des Tumorgewebes mit dem Ur-
4 M2: je nach Tumortyp Bezeichnung für weit ent- sprungsgewebe
fernte Metastasen – G1: gute Differenzierung
4 L-Status: beschreibt das Fehlen/das Vorhanden- – G2: mäßige Differenzierung
sein einer Lymphgefäßinvasion; weniger ge- – G3: schlechte Differenzierung
– G4: undifferenziert, anaplastisch

> Erzielen einer »R0-Situation« = »Kuration« = Ziel jeder Suffixe vor der TNM-Nomenklatur
chirurgischen Tumorbehandlung. 4 p (z. B. pT3) bedeutet T-Statusbestimmung aufgrund
pathologischer Untersuchung (im Gegensatz zu klini-
Je nach Tumorart sind auch die Begriffe »low« (gut), scher Bestimmung, bzw. Bestimmung mittels Bildge-
»high grade« (schlecht), »low risk«, »high risk« üblich. bung. Die pathologische Bestimmung ist allen anderen
Verfahren überlegen!
6
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
19 1

4 x (z. B. pNx) bedeutet N-Status nicht bestimmbar, z. B. 1.1.13.7 Therapieprinzipien solider Tumoren
aufgrund fehlenden ausreichenden Untersuchungs- Zur Therapie solider Tumoren kommen folgende Ver-
materials. fahren zum Einsatz:
4 r bedeutet Rezidivtumor (z. B. rT3: Lokalrezidiv). 4 Chirurgische Eingriffe
4 Y bedeutet: neoadjuvante Therapie ist der Untersu- 4 Bestrahlung
chung vorausgegangen. 4 Chemotherapie
4 C-Faktor hinter Merkmale wie T3, N1, M0 kann ein sog. 4 Kombinationstherapie
Sicherheitsfaktor (»certainty«) notiert werden. C1 (un-
sicher, nur klinischer Aspekt) bis C5 (höchst sicher, pa- Multimodale Therapie. Trotz operativem Therapie-
thologische Bestimmung und Autopsie). prinzip können und müssen u. U. andere Verfahren
(Chemotherapie, Strahlentherapie) die Behandlung be-
Typing gleiten, bei inkurablen Tumoren können sie einen alter-
Hierunter versteht man die Bestimmung des zytolo- nativen Weg darstellen.
gisch-histologischen Tumorzelltyps; es gibt tausende
histologisch verschiedener Tumortypen, von deren Un- Neoadjuvante Therapie. Präoperative Anwendung von
tertypen ganz abgesehen (. Tab. 1.5). Strahlen, Chemotherapeutika. Ziel ist die Tumorreduk-
Der Pathologe untersucht Tumorgewebe: tion und damit Operabilität.
4 Makroskopisch (Form, Größe etc.)
4 Histologisch (Zellverbände, Basalmembran etc.) Intraoperative Therapie. Bestrahlung intraoperativ
4 Zytologisch (Aktivität, Kern-Plasma-Verhältnis) oder Anwendung zytostatischer Lösungen.
4 Immunhistologisch (Stoffwechsel)
4 Molekularbiologisch (Genomuntersuchung) Adjuvante Therapie. Strahlenbehandlung und/oder
Chemotherapie postoperativ nach erfolgter R0 Resekti-
Stadieneinteilung on. Ziel ist die Erhöhung der Langzeitüberlebensrate.
Die UICC und WHO gruppieren Merkmale des TNM-
Status nochmals zu Gruppen gleicher Prognose und/ Additive Therapie. Strahlen- und oder Chemotherapie
oder gleicher Therapieempfehlung zu Stadien. postoperativ nach erfolgter R1- oder R2-Resektion.

. Tab.1.5. Histologische Tumortypen/Typing maligner Tumoren


Ausgangsgewebe Tumorgruppen Tumortypen (Beispiele)
Epithel Karzinome Adenokarzinom
Plattenepithelkarzinom
Übergangszellkarzinom
Duktales Karzinom
Lobuläres Karzinom
Mesenchymales Gewebe Sarkome Osteosarkom
Chondrosarkom
Leiomyosarkom
Rhabdomyosarkom
Fibrosarkom
Lymphatisches Gewebe Maligne Lymphome Hodgkin-Lymphom
Non-Hodgkin-Lymphom
Blutbildendes Gewebe Leukämien Akute lymphatische Leukämie
Chronische myeloische Leukämie
Keimdrüsen Germinale Tumoren Seminom/Dysgerminom
(Keimzelltumoren) Embryonales Karzinom
Chorionkarzinom
Teratom
Embryonales Gewebe Embryonale Tumoren Nephroblastom
Neuroblastom
20 Kapitel 1 · Chirurgie

Präoperative Zell-/Gewebegewinnung 4 Multiviszerale Resektion: Mehrorganresektion, z. B.


1 Zu den Methoden der präoperativen Zell-/Gewebege- Hemikolektomie, Nebenniere, Magenresektion,
winnung gehören: Pankreas
4 Brush (»Bürste«)
4 Feinnadelbiopsie > Solide Tumoren: Resektion im Gesunden mit ausrei-
4 Stanzbiopsie chendem Sicherheitsabstand. Mitnahme des lympha-
4 Inzisionsbiopsie, z. B. Zangenbiopsie tischen Abstromgebietes.
4 Exzisionsbiopsie (hinreichende Gewebemenge,
z. B. Exzidat, Lymphknoten) Palliative Therapie
Sinn einer »Palliation« ist die Lebensverlängerung und
Das Gewebe kann perkutan (meist Sono-/CT-gesteuert), Leidensmilderung, wenn aufgrund eines fortgeschritte-
laparoskopisch, endoskopisch entnommen werden. nen Tumorstadiums keine Kuration möglich erscheint.
Sie kann initial erfolgen oder erst bei Auftreten von
Biopsie – ja oder nein? Komplikationen bzw. Symptomen (7 oben), oder auch
Nicht immer vor Operation die Gewinnung einer Biopsie nach Auftreten von Rezidiven nach zunächst kurativen
notwendig! Dies kann sogar kontraindiziert sein z. B. bei Behandlungsversuchen.
Verdacht auf Pankreas-, Gallenblasen u. v. a. Malignomen. Palliative Prinzipien:
So genügt beispielsweise die durch Bildgebung gesicherte 4 Chirurgisch (Tumorverkleinerung, Umgehungs-
karzinomsuspekte Raumforderung des Pankreas für die operationen (biliodigestiv, entero-enteral, Stabili-
Indikationsstellung für eine Whipple-Resektion auch ohne sierungen)
Vorliegen eines Biopsieergebnisses. Denn selbst das Vorlie- 4 Medikamentös (Chemotherapie, Hormonsuppres-
gen eines negativen Biopsieergebnisses würde nicht die sion, Schmerztherapie)
Indikation für eine Pankreasresektion ausschließen. 4 Strahlentherapie (transdermal, Brachytherapie)
4 Andere Destruktionsversuche mit Kälte (Kryothe-
Tumorresektion rapie), Energie (Laser, Hitze), Noxen (Alkohol u. a.
Kurative Resektion: Erzielung einer R0-Situation ist 4 Galleableitung, Trachealkanüle, Stenting der Spei-
geplant und erscheint möglich. Dies setzt eine lokoregi- seröhre, Gallenwege, Ernährungssonden (Magen,
onäre Beschränkung des Tumors voraus. Bei soliden Jejunum)
Tumoren ist die kurative Resektion die erfolgverspre- 4 Interventionelle Schmerztherapie
chendste Methode! Folgende Punkte sind hier zu be-
achten: Nachsorge
4 Sorgfältiges präoperatives Staging Zweck einer individuellen und tumor- und stadienspe-
4 Gegebenenfalls Biopsie (7 oben) zifischen Nachsorge (absteigende Intervalle) ist die
4 Operationsplanung Früherkennung von lokalen Rezidiven oder Metasta-
4 Intraoperatives Staging sen. Die Nachsorge beinhaltet insgesamt:
4 Dreidimensionale En-bloc-Resektion mit adäqua- 4 Anamnese
ten Sicherheitsabständen (z. B. 3 cm bei Gallenbla- 4 Klinische Untersuchung
senkarzinom) 4 Sonographie
4 Mitnahme des regionären Lymphabstromgebietes, 4 Gegebenenfalls laborchemisch (Tumormarkerun-
ggf. Gefrierschnitte tersuchung)
4 No-touch-isolation-Technik (Turnbull) nur noch 4 Gegebenenfalls eingehende Bildgebung, weiterge-
bedingt gültig (Venen-, Arterienlumenokklusion, hende Diagnostik z. B. beim Rezidivverdacht
d. h. intraoperatives Abklemmen von zu resezieren- 4 Psychosoziale Betreuung
den Arterien und Venen, um eine iatrogene Tumor-
zellverschleppung zu verhindern) . Tab. 1.6 stellt die möglichen Prognosefaktoren bei
4 In jedem Falle aber Wahren der Tumorintegrität malignen Tumoren zusammen.
durch Instrumenten/Handschuhwechsel, Verzicht
auf unnötige Manipulationen des Tumors, ggf. tu- 1.1.13.8 Prophylaxe von Tumoren
morizide Spülungen Früherkennungsmaßnahmen sind:
4 Resektion muss sich an der Tumorbiologie und 4 Routinediagnostik bei häufigen Tumoren (kolorek-
Ausbreitungspathologie orientieren. Dies erfordert tal, Mamma, Zervix): zytologischer Abstrich, Endo-
unterschiedliche Sicherheitsabstände und Resekti- skopie, Mammographie, Stuhluntersuchung (ok-
onslinien (Aggressivität) kultes Blut), Laborbestimmung (PSA)
1.1 · Allgemeine chirurgische Prinzipien
21 1

Einen großer Teil des Erfolges der heutigen Trans-


. Tab. 1.6. Prognosefaktoren bei malignen Tumoren. plantationsmedizin wird den modernen immunsup-
(Aus Siewert 2007) pressiven Medikamenten geschuldet. Trotz Verfahren
der Leberteilung (Splittleber, Splittgraft) und Le-
R-Klassifikation/ 4 Stadium
bendspende (Leber, Niere) stellt das Missverhältnis
pTNM-Klassifi-
zwischen Organbedarf und Organverfügbarkeit eines
kation
der Hauptprobleme der heutigen Transplantationsme-
Tumorabhän- 4 Histologischer Typ dizin dar.
gige Prognose- 4 Differenzierungsgrad Nur 12% (Quelle: DSO) der Bürger der Bundesre-
faktoren 4 Lymphgefäß-, Venen-, publik Deutschland besitzen einen Organspendeaus-
Perineuralinvasion weis. 85% jedoch gehen davon aus ein Organ zu erhal-
4 Peritumoröse Entzündung ten, wenn sie eines benötigen. Derzeit warten ca. 12.000
4 Proliferationsverhalten Menschen europaweit auf ein Spenderorgan.
4 Ploidie
4 Hormonrezeptoren Grundlagen
4 Tumorassoziierte Antigene Klassischerweise werden Organe und Gewebe von Ver-
4 Differenzierungsantigene storbenen (Hirntod) auf Empfänger übertragen (Lei-
4 Molekularpathologische chenspende, postmortale Spende). Der Spenderorga-
Befunde
nismus darf u. a. keine gravierende Infektionskrankheit
Patientenab- 4 Alter (HIV, Hepatitis u. a.) und keine maligne Tumorerkran-
hängige Pro- 4 Geschlecht kung aufweisen. Einverständnisregelung (ggf. Ange-
gnosefaktoren 4 Dauer der Symptome hörige) und Allokation (Vermittlung und Verteilung
4 Leistungszustand (ECOG- der Organe) und das damit zusammenhängende kom-
Skala, Karnofsky-Index) plexe Prozedere sind gesetzlich streng geregelt (Trans-
4 Komorbidität plantationsgesetz).
4 Immunstatus Auswahl an Indikationen zur Spende (7 Kap. 1.7);
Organentnahme (Hirntoddiagnostik, 7 Kap. Neurolo-
Umgebungs- 4 Qualität der Therapie ein- gie,1.1.2.8).
abhängige schließlich »Prognosefaktor
Prognosepara- Chirurg« Terminologie
meter (therapie-
abhängig) In der Transplantationsmedizin gebräuchliche Begriffe
sind:
4 Autogen, autolog: Spender und Empfänger sind
identisch z. B. Transplantation von Nebenschild-
drüsen in den Unterarm, Spalthaut, Knochenge-
webe
4 Gezielte ggf. frühere/abweichende Diagnostik bei 4 Syngen, isolog: eineiige Zwillinge stellen Spender
Vorliegen von Risikofaktoren und Empfänger dar
4 Frühestmögliches vollständiges, ggf. radikalchirur- 4 Allogen: verschiedene Menschen sind Spender
gisches Entfernen eines soliden Tumors Beobach- und Empfänger
tung von Präkanzerosen 4 Xenogen: Übertragung von Tierorganen/-gewebe
4 Ggf. Beobachtung/Untersuchung von Familienan- auf Menschen (z. B. Herzklappen des Schweines)
gehörigen bei entsprechenden Tumoren 4 Orthotop: Implantation an der anatomischen Posi-
tion
4 Heterotop: Implantation an einer nicht anato-
1.1.14 Grundprinzipien der mischen aber operationstechnisch günstigeren
Transplantationschirurgie Position (z. B. Niere, . Abb. 1.4; Pankreas im klei-
nen Becken)
Bedeutung der Transplantationsmedizin 4 Auxillär: vorübergehende Unterstützung des Or-
1954 erfolgte die erste Nierentransplantation (Murray), gans, dann ggf. wieder Entfernung (z. B. »Kunst-
1963 der Leber (Starzl), 1963 der Lunge (Hardy), 1967 herz«)
des Herzens (Barnard), 1979 des Pankreas und 1988 die 4 Präemptiv: Transplantation schon vor terminaler
erste Dünndarmtransplantation (Deltz). Einstellung der Organfunktion des Empfängers
22 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Blutgruppenantigene (AB0-System)
1 4 Histokompatibilität: durchgesetzt hat sich das
HLA System (»human leukocyte antigen«), sog .
MHC-Antigene (»major histokompatibility com-
plex«)
4 Kreuzprobe zwischen Empfängerserum und
Spenderleukozyten vor Implantation (»cross-
match«)

> Positver »cross-match« = Kontraindikation einer Or-


gan/Gewebeübetragung!

Abstoßung
Verschiedene Abstoßungsreaktionen des Körpers auf
körperfremdes Gewebe werden unterschieden
(. Tab. 1.7). Nicht immer ist klinisch eine exakte Unter-
scheidung möglich:

Immunsuppressive Therapie
. Abb. 1.4. Operativer Situs der Nierentransplantation in die
Fossa iliaca. (Aus Siewert 2006) (7 Farbtafelteil) Nach Organtransplantation muss eine lebenslange Im-
munsuppression erfolgen (7 Kap. Pharmakologie, Toxiko-
logie, 6.2.18).
Möglichkeiten der Immunsuppression nach Trans-
4 Lebendspende: Übertragung des Organs eines Le- plantation sind:
benden (Niere, Teilleber, Knochenmark) auf einen 4 Azathioprin
Empfänger. Strenge Regelung (Einwilligung, per- 4 Mycophenolatmofetil (MMF, Cellcept)
sönliche Verbundenheit, Risikoabwägung für Spen- 4 Glukokortikoide z. B. Methylprednisolon (Decor-
der, nicht Vorhandensein eines postmortalen Spen- tin, Urbason)
derorgans, Erfolgsaussichten beim Empfänger) 4 Tacrolismus (Prograf)
4 Sirolismus (Rapamune)
Indikationen zur Organtransplantation 4 Everolismus (Certican)
Indikation ist i. d. R. der irreversible Funktionsverlust 4 Ciclosporin A (Sandimmun)
des Organs/der Organe eines Patienten (siehe klinische 4 Antikörper gegen T-Lymphozyten (ATG, ALG,
Fachgebiete, insbesondere Viszeralchirurgie, Urologie) OKT3)
4 Antikörper gegen IL-2-Rezeptor
Transplantationsimmunologie 4 Rapamycin
Folgende Übereinstimmungskriterien müssen u. a. vor 4 Basiliximab (Simulect)
einer Transplantation abgeklärt werden: 4 Daclizumab (Zenapax)

. Tab.1.7. Hyperakute, akute und chronische Abstoßung nach Transplantation

Abstoßungstyp Zeitdauer bis zum Beginn Pathomechanismus Therapieoptionen


nach Transplantation

Hyperakute Binnen Stunden, Tagen Aufgrund präformierter Unterdrückung kaum möglich. Sofor-
Abstoßung humoraler Antikörper tige Entnahme und Retransplantation

Akute Binnen Tagen, Wochen Aufgrund zellulärer T- Supprimierbar durch Glukokortikoide,


Abstoßung Lymphozyten Antilymphozyten-antikörper (s. unten)

Chronische Binnen Wochen, Monaten, Aufgrund humoraler und Kaum unterdrückbar


Abstoßung Jahren noch nicht ganz verstan- Retransplantation erstreben
dener Mechanismen
1.2 · Neurochirurgie
23 1

Nebenwirkungen der Immunsuppressiva (Auswahl):


4 Infektionen (viral, bakteriell, mykotisch)
4 Erhöhtes Risiko einer Tumorentstehung (Hauttu-
moren, Lymphome u. a.)
4 Zahlreiche substanzspezifische Nebenwirkungen
(7 Kap. Pharmakologie, 6.2.18)

Basisabläufe der Transplantation, Technik


Im Rahmen einer geplanten Transplantation sind fol-
gende Maßnahmen durchzuführen:
4 Hirntoddiagnostik
4 Einwilligung
4 Allokation
4 Organentnahme (auch an peripheren Häusern)
4 Konservierung (Kühlung in UW/HTK-Lösung)
4 Vorbereitung des Organs
4 Organtransplantation stets an Transplantations-
zentrum: Anastomosen Gefäße, Strukturen (Bron-
chus)
4 Gewebetransplantationen: zunächst per Diffusion
ernährt, bis eine Vaskularisierung erfolgt
. Abb. 1.5. Direkte Anastomosierung des Dünndarmtrans-
Heute mögliche Transplantationen von Organen plantats. (Aus Siewert 2006)
und Geweben und mögliche Indikationen
Zu den Organen, die derzeit transplantiert werden kön-
nen, gehören (Indikationen): transplantierten Herzen funktionieren noch nach ei-
4 Herz (terminale Herzinsuffizienz) nem Jahr, nach 5 Jahren sind es noch ca. 65%.
4 Lunge (terminale Fibrosierung)
4 Herz/Lunge
4 Niere (terminale Niereninsuffizienz) 1.2 Neurochirurgie
4 Leber (Leberinsuffizienz bzw. Leberversagen, Le-
bertumoren) K.-J. Paquet, U. Fetzner
4 Teilleber
4 Dünndarm (Kurzdarmsyndrom z. B. nach Mesen- Die Neurochirurgie beinhaltet die Chirurgie des Ge-
terialinfarkt, M. Crohn; . Abb. 1.5) hirns, des Rückenmarkes, der zugehörigen Hüllen und
4 Leber/Dünndarm umgebenden Strukturen (auch Bandscheiben-, Wirbel-
4 Kornea (erblindende Verletzungen, Entzündungen) säulenchirurgie). Weiter umfasst die Neurochirurgie
4 Pankreas (instabiler Diabetes mellitus) die Chirurgie peripherer Nerven und die Schmerzthe-
4 Pankreas/Niere rapie (Neuroablation, Neurostimulation, Neurolyse).
4 Langerhansinselzellen aus dem Pankreas werden
als Suspension in die V. porta des Empfängers inji-
ziert und siedeln sich in der Leber ab (Indikation: 1.2.1 Neurochirurgische Untersuchung
instabiler, therapierefraktärer Diabetes)
4 Knochengewebe (Defekte, Pseudarthrose) Anamnese
4 Herzklappen Die neurochirurgische Anamnese unterscheidet sich
grundsätzlich nicht von der neurologischen Anamnese,
Auf die genauere Transplantationstechnik und die präzi- ggf. Fremdanamnese: 7 Neurologie, Kap. 1.1.
se Indikation der einzelnen Organe/Gewebe kann hier
nicht eingegangen werden (s. weiterführende Literatur). Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung umfasst je nach Beschwer-
Prognose debild des Patienten folgende Punkte:
1-Jahres-Überlebensraten von 70–98% (Niere) bis 5- 4 Vitalfunktionen (Atmung, Herz-Kreislauf-Funktion)
Jahres-Überlebensrate 50–75% (Niere). Ca. 90% der 4 Sensibilität
24 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Motorik (zentrale, periphere Lähmung): 7 Neurolo- Technische Diagnostik


1 gie, Kap. 1.1 An technischer Diagnostik können je nach Indikation
4 Reflexe folgende Verfahren zum Einsatz kommen:
4 Bewusstsein, quantitativ (Glasgow Coma Scale, 4 EEG (z. B. Epilepsiediagnostik), EMG, Nervenleit-
. Tab. 1.8), qualitativ (Orientierung zur Person, geschwindigkeitsmessung (z. B. Läsion peripherer
Zeit, Ort) Nerven)
4 Pupillenstatus (Weite, Motorik, Seitendifferenz, Au- 4 Evozierte Potenziale (visuell, akustisch, u. a. z. B. bei
genhintergrund): 7 Neurologie, Kap. 1.1.2.5 der Diagnostik der multiplem Sklerose)
4 Meningismuszeichen (Nackensteifigkeit etc.): 4 Sonographie,Dopplersonographie(z. B.Hirngefäß-
7 Neurologie, Kap. 1.1.2.7 diagnostik)
4 Hirndruckzeichen (Kopfschmerz, Übelkeit, Erbre- 4 Röntgen konventionell zur Frakturdiagnostik
chen, Unruhe, später Koma, Kreislaufversagen, (2 Ebenen, unzählige Spezialaufnahmen, z. B.
Atemdepression) »Henkeltopfaufnahme«)
4 Systematische Untersuchung der Hirnnerven 4 MRT (z. B. Hirnparenchymdiagnostik)
4 Untersuchung von Zeichen für eine Schädigung 4 CCT mit/ohne Kontrast, »Knochenfenster« (z. B.
peripherer Nerven (z. B. Diskusprolaps, Karpaltun- Blutungsdiagnostik)
nelsyndrom etc.) 4 MRT-Angiographie, CT-Angiographie (z. B. Ge-
fäßdiagnostik)
4 Nuklearmedizinische Untersuchungen (auch Zis-
. Tab. 1.8. Glasgow Coma Scale (GCS)
ternographie)
4 PET (Glukose, Aminosäuren) z. B. Tumordiagnos-
System Befund Glasgow tik
Coma 4 Invasiv: Liquorpunktion lumbal oder Ventrikel,
Score ICP-Druckmessung
Augen Spontan offen 4 Punkte 5 diagnostisch (Druckmessung, Probeentnahme,
Endoskopie, Myelographie)
Auf Anruf offen 3 Punkte 5 therapeutisch (Drucksenkung, Ableitung, loka-
le Applikationen)
Auf Schmerz offen 2 Punkte
! Cave
Geschlossen 1 Punkt
Bei Verdacht auf Hirndruck keine Liquorpunktion! Ge-
Bewusst- Orientiert 5 Punkte fahr der Hirnstammeinklemmung!
sein
Desorientiert 4 Punkte
1.2.2 Neurotraumatologie – Schädel-Hirn-
Wortsalat 3 Punkte Trauma
Unartikulierte Laute 2 Punkte
7 Neurologie, Kap. 1.3.
Nicht ansprechbar 1 Punkt Während Schädelverletzungen (v. a. Platzwunden)
zu den häufigsten Verletzungen überhaupt gehören,
Motorik Führt Befehle aus 6 Punkte sind Frakturen des stabilen Schädels nicht häufig und
noch seltener neurotraumatologisch und neurochirur-
Gezielte Schmerzabwehr 5 Punkte
gisch relevant. Schädelfrakturen betreffen insbesondere
Ungezielte 4 Punkte die Schädelkalotte und die Schädelbasis. Dennoch muss
Schmerzabwehr aufgrund der Bedrohlichkeit bei jeder Schädelverlet-
zung primär auch der Verdacht auf Schädel-Hirn-Trau-
Beugt auf Schmerz 3 Punkte ma (SHT) bestehen und entsprechende neurologische
Überwachung und Diagnostik erfolgen.
Streckt auf Schmerz 2 Punkte
Beim SHT können folgende Strukturen verletzt
sein:
Keine Reaktion 1 Punkt
4 Kopfschwarte
Definition Koma ≤8 Punkte 4 Schädelknochen
4 Gehirn
1.2 · Neurochirurgie
25 1

Definition. Schädelverletzung mit Beteiligung des Gehir- 4 Liquorrhö (Nase, Ohren, per os)
nes. Die einfachste Form, die Commotio cerebri (»Ge- 4 Austritt von Hirnparenchym
hirnerschütterung«) ist eine der häufigsten Verletzungen 4 Neurologische Untersuchung: Halbseitensympto-
überhaupt. Die Gefahr des SHT besteht in einer direkten matik, Hirnnervenausfälle, Pupillomotorik
Schädigung des Hirngewebes (Penetration, Kontusion,
Austritt) und/oder den Folgen einer intrakraniellen ! Cave
Drucksteigerung (Blutung, Hirnödem) und in – bei offe- Die Gefahr des steigenden Hirndrucks liegt in der Ein-
nen SHT – im Auftreten schwerster Infektionen. klemmung des Hirnstamms und ggf. Kleinhirnes im
Foramen magnum. Klinische Hirndruckzeichen: Übel-
Ätiopathogenese. Nach der Pathogenese unterteilt keit, Erbrechen, Koma, Atemstillstand, Kreislaufdys-
man das SHT in offen und geschlossen: regulation.
4 Geschlossenes SHT: intakte Dura mater cerebri
4 Offenes SHT: verletzte Integrität der Dura mater > CPP (zerebraler Perfusionsdruck) = MAP (mittlerer
cerebri: Liquoraustritt, potenzieller Keimeintritt arterieller Druck) minus ICP (intrakranieller Druck).
Bei ICP-Anstieg kann sich deshalb ggf. ein Perfusions-
International hat sich die Glasgow Coma Scale zur stopp entwickeln (Sistieren des arteriellen Einstroms).
schnellen klinischen Beschreibung des SHT durchge-
setzt (. Tab. 1.8). An technischer Diagnostik lassen sich folgende Ver-
fahren einsetzen:
Symptomatik. Klinisch teilt man die Schwere des SHT 4 Röntgen konventionell
in 3 Grade. 4 CCT, MRT
4 SHT Grad I, GCS 15–13: Commotio cerebri, evtl. 4 Hirndruckmessung
kurzdauernde Bewusstlosigkeit, oft Amnesie, leich-
te Begleitsymptome (Kopfschmerz, Übelkeit, Er- > Normwert Intrakranieller Druck (ICP) 10–15 mmHg in
brechen). Kein organischer Hirnschaden nachweis- Rückenlage bei Normoventilation.
bar. Reversibel.
4 SHT Grad II: GCS 12–8: Contusio cerebri. Längere Therapie. Die Therapie richtet sich nach der Schwere
Bewusstlosigkeit, Herdsymptome, organisch nach- des SHT:
weisbarer Hirnschaden (MRT). Längere Rückbil- 4 SHT I (Commotio cerebri): symptomatisch (Anal-
dungsphase. getika, Antiemetika), engmaschige neurologische
4 SHT Grad III: GCS 8–0: Compressio cerebri, sig- Überwachung des Patienten
nifikanter Substanzschaden des Hirns. Schwere 4 SHT II: Kopfhochlagerung
neurologische Ausfälle, auch der Hirnstammfunk- 4 SHT III: Intubation, Intensivbehandlung, Hirn-
tion, Koma viele Stunden, Woche, Monate. drucktherapie.

> Schwere SHT (Grad III) führen meist zu irreversiblen Besteht der akute Verdacht auf intrakranielle Druck-
Schäden und Funktionsbeeinträchtigungen. steigerung, müssen sofortige Maßnahmen zur Druck-
senkung eingeleitet werden:
Diagnostik. Anamnestisch und ggf. mittels Fremd- 4 Lagerung (Kopfhochlagerung)
anamnese sind folgende Fragen zu klären: 4 RR-Regulation (Einstellung auf normotone bis
4 Leitsymptom: Bewusstseinsstörung (qualitativ, leicht hypertone Werte)
quantitativ), Koma 4 Hyperventilation (Hypokapnie bewirkt Vasokonst-
4 Amnesie (retrograd, anterograd) riktion)
4 Krampfanfälle 4 Pharmakologische Maßnahmen: Dexamethason,
4 Kopfschmerz Mannit, Barbiturate
4 Schwindel 4 Operation (Entlastungsbohrung etc.)
4 Übelkeit
4 Erbrechen ! Cave
4 Seh- und Hörstörungen Symptomfreies Intervall: Nicht untypisch beim SHT
sind Phasen der Bewusstseinsklarheit, die aber
Die klinische Untersuchung beinhaltet: schnell wieder in das Gegenteil wechseln können.
4 Verletzungen, Weichteile und Schädel (Palpation, Überwachung!
Sondierung, Exploration)
26 Kapitel 1 · Chirurgie

Besteht ein Hirndruck, der konservativ nicht beherrsch- Symptomatik. Äußere Anzeichen sind meist adäquate
1 bar ist, muss eine vorliegende Blutung beseitigt ggf. Weichteilverletzungen (Platzwunden, Skalpierungen).
Fremdkörperentfernung, Blutstillung, Fistelverschluss Palpatorisch zeigt sich eine Stufenbildung (Impressi-
bei offenem SHT, ggf. Duraplastik erfolgen. onsfraktur), ein Frakturspalt oder Krepitation.
Bei Verdacht auf offenes SHT muss wegen
der Schwere der Folgen einer möglichen Meningoen- Diagnostik. Bei Verdacht auf Fraktur muss ein CT zur
zephalitis sofort eine antibiotische Prophylaxe erfol- genauen Frakturbeurteilung und zum Ausschluss einer
gen, auch wenn sich die meisten Liquorfisteln spontan intrakranialen Blutung durchgeführt werden.
verschließen und es auch selten zu einem Infekt
kommt. Therapie. Ohne Duraeröffnung (Ausschluss!) und Blu-
tung ist meist keine spezifische Therapie nötig: Über-
! Cave wachung. Impressionsfrakturen und vorliegende Insta-
Liquoraustritt aus Nase/Mund/Ohren: offenes SHT! bilitäten werden Osteosynthetisch versorgt. Bei rele-
Kalkulierte Antibiose! vanten Blutungen (ggf. Kontroll-CT) Entlastung, bzw.
Blutstillung/Hämatomausräumung.
Frakturen des Schädels gehen häufig auch mit einer
HWS-Verletzung einher – schon am Unfallort ist bei Schädelbasisfrakturen
Verdacht eine HWS-Manschette (z. B. »stiffneck«) indi- Ätiopathogenese. Schwere Gewalt. Oft ist die frontale
ziert. Frakturen der Okzipitalkondylen sind eher selten, Schädelbasis, das Felsenbein betroffen.
wenn meist in Kombination mit anderen HWK-Frak-
turen. Einen klinischen Hinweis kann ein prävertrebra- Symptomatik. Typische Brillen-, Monokelhämatome,
les Hämatom liefern. Prellmarken. Liquor-/Blutfluss aus Nase, Mund, Ohren
bei Duraeröffnung. Hirnnervenausfälle (Doppelbilder
Prognose. Nach schweren Schädelhirntraumen kommt etc.).
es vielfach zu irreversiblen Wesens- und Persönlich-
keitsveränderungen, Konzentrationsstörungen, sozia- Diagnostik. Konventionelles Röntgen 2 Ebenen, CCT,
len Anpassungsstörungen, Epilepsie. Blutzuckertest des Liquor-verdächtigen Sekretes: Diffe-
renzialdiagnose Schleim – Liquor. Tests auf Hirnner-
venläsionen.
1.2.3 Neurotraumatologie –
Schädelfrakturen Tests zur Überprüfung der Hirnnervenfunktionen
Eine N.-olfactorius-Läsion wird durch den »Riechtest« aus-
Am Schädel können folgende Frakturformen auftre- geschlossen. Sehtests und Augenmotilitätstests schließen
ten: eine Läsion des N. opticus, abducens, trochlearis, oculo-
4 Fissur motorius aus. Die N.-trigeminus-Funktion wird durch
4 Spaltbruch Sensibilitätstest im Gesicht, N. ophthalmicus mit Kor-
4 Berstungsbruch neasensibilität überprüft. N.-facialis-Ausfälle führen zu
4 Biegungsbruch einer typischen Fazies. Die N.-statoacusticus-Läsion führt
4 Trümmerbruch zu einer Hyperakusis. Läsionen der Hirnnerven Nn. acces-
4 Impressionsbruch sorius, hypolglossus, vagus, glossopharyngeus sind Ra-
ritäten.
> »Contre-coup-Verletzung«: Bruch der Gegenseite
(und u. U. auch kontralateralen Hirnparenchyms) der Weitere Luxationen/Frakturen im Bereich von Schädel
Gewalteinwirkung durch Massenträgheit. und Hals
Atlanto-okzipitale Luxationen werden nur ausnahmsweise
Insbesondere Impressionsfrakturen und offene SHT überlebt (Vitalfunktionen!), die neurologischen Ausfälle
(7 unten) müssen operativ versorgt werden. sind gravierend. Diagnose: CT, MRT. Therapie: Halo-Fixa-
teur, Operation: atlanto-okzipitale Fusion.
Kalottenfrakturen Frakturen des Gesichtsschädels (Nasen-, Jochbein,
Ätiopathogenese. Ursache ist meist die Einwirkung Ober- und Unterkiefer): 7 Kap. 1.3.
direkter Gewalt (z. B. Sturz, Schlag, Anprall).
1.2 · Neurochirurgie
27 1

. Tab. 1.9. Intrakraniale Blutungen

Blutungstyp Epiduralblutung Subduralblutung Subarachnoidalblu- Intrazerebrale


tung Blutung

Lokalisation Einblutung zwischen Einblutung zwischen Einblutung zwischen Einblutung in das


Schädelknochen und Dura mater und Arachno- Arachnoidea und Pia Hirnparenchym
Dura mater cranialis idea mater mater durch Kontusions-
Prädestinierter Ort: Blutungsquelle: Brücken- Gefahr eines post- schäden, meist
temporal A. meningea venen, auch spontanes traumatischen Hydro- frontal oder tem-
media, meist nach Vorkommen (auch Anti- zephalus poral
Schädelfrakturen koagulationstherapie

Symptome Hirndruckzeichen; ggf. Akuter, subakuter, chro- Generelle neurolo- Neurologische


freies Intervall nischer Verlauf, plötzli- gische Symptomatik, Ausfälle, Hirndruck-
cher oder retardierter Hirndruckzeichen. Bei zeichen u. U. Tage
Kopfschmerz, Hirndruck- Bewusstsein: stärkster nach Trauma!
zeichen Kopfschmerz.

Diagnostik CCT CCT CCT CCT, MRT

Therapie Kraniotomie, Blutstil- Entlastung (Bohrlochtre- Meist konservativ Entlastung bei


lung, Hämatomentfer- panation, Kraniotomie Druckentwicklung
nung. Selten konser- und Duraeröffnung), und großen Häma-
vatives Zuwarten ver- Hämatomausräumung tomen. Sonst Inten-
tretbar sivüberwachung

1.2.4 Akute raumfordernde intrakranielle Symptomatik. Es zeigen sich Kopfschmerz, neurolo-


Prozesse gische Ausfälle (z. B. unspezifische Sehstörungen),
Apoplexie, ggf. Hirndruckzeichen.
Akute Blutungen verdrängen lokal Hirnsubstanz und
können generell zu einem Anstieg des intrakranialen Diagnostik. CCT, Angio-CT, SAB-CT (Subarachnoi-
Drucks führen (. Tab. 1.9). 7 Neurologie, Kap. 1.2.3; dal-CT), MRT, MRT-Angiographie, DSA.
7 Pathologie; Kap. 3.2.1.2.
Therapie. Clipping, falls nicht möglich Trapping, Wrap-
ping oder neuroradiologisches Coiling, Stenting. Die
1.2.5 Gefäßerkrankungen des ZNS neurochirurgische Operation (Trepanation, offener
Zugang) bei Komplikationen.
1.2.5.1 Angeborene Gefäßmissbildung/
Aneurysmen Operationsverfahren bei Aneurysmen
Ätiopathogenese. Sack- oder spindelförmige Aus- 4 Clipping: Abklemmen durch nichtmagnetische
sackungen der Hirnbasisarterien (Aneurysmen) »Clipps«
(. Abb. 1.6). Meist besteht eine familiäre Disposition; 4 Trapping: Abklemmen distal und proximal
die Missbildungen werden dann symptomatisch bei 4 Wrapping: Umhüllung des Aneurysmas
zusätzlichen Risikofaktoren Hypertonus, Nikotin, In- 4 Coiling: Verödung und Thrombosierung durch Mikro-
fektion (z. B. Lues) (meist um das 50. bis 60. Lebens- katheter
jahr). Selten ist ein Aneurysma der extrakraniellen
A. carotis. Anschließen muss sich i. d. R. eine intensive Neurore-
Für intrakranielle Aneurysmen gilt: habilitation.
4 Meist Hirnstammarterien betroffen, sackförmige
Erweiterung auf bis zu und über 1 cm Prognose. Hochakutes Krankheitsbild. Rezidivblutung
4 Meist Ramus communicans anterior möglich, nach Einblutung Gefahr der Hydrozephalus-
4 Gefahr der Ruptur mit subarachnoidaler oder in- entstehung (Verklebung, Abflussstörung).
trazerebraler Blutung
28 Kapitel 1 · Chirurgie

a b

. Abb. 1.6a, b. 2-D- und 3-D-Angiographie. Ausgedehnte


SAB bei rupturiertem großen Basilarisspitzenaneurysma bei
einer 44-jährigen Patientin vor (a) und nach (b) komplikati-
onslosen 2-zeitigen Coiling. (Aus Siewert 2006) . Abb. 1.7. Kindlicher Hydrozephalus: Sonnenuntergangs-
phänomen. (Aus Siewert 2006)

1.2.5.2 Hirnvenenthrombose > Beim Hydrozephalus des Kindes kann der Kopfum-
Hirnvenen-/Sinusvenenthrombose: 7 Kap. Neurologie, fang zunehmen, da die Schädelnähte noch offen sind
1.2.4 (. Abb. 1.7).

1.2.5.3 Stenose zerebraler Arterien Symptomatik. Im Säuglingsalter kommt es noch zur


Zerebrale Ischämie: 7 Kap. Neurologie, 1.2.1.1 und Kopfumfangszunahme (Perzentilen!) sowie Dysba-
7 Kap. Pathologie, 3.2.1.3. lance in der Relation Hirn-/Gesichtsschädel, Ent-
wicklungsverzögerung, Sonnenuntergangsphänomen.
Generelle Symptome sind Hirndruckzeichen: Kopf-
1.2.6 Hydrozephalus schmerz, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, intellek-
tuelle Beeinträchtigung (Demenz), Gangstörungen,
Ätiopathogenese. Es besteht eine Dysbalance zwischen Inkontinenz.
Bildung und Resorption von Liquor cerebrospinalis mit
oder ohne Erhöhung des Hirndruckes (Druckanstieg Diagnostik. CT, MRT, Zysternographie (Abklärung
mit Hirnparenchymverdrängung – Hirndrucksympto- Normaldruckhydrozephalus).
matik). Ursachen eines Hydrozephalus sind:
4 Liquorüberproduktion = Hydrocephalus e vacuo Therapie. Handlungsbedarf besteht bei Hirndruckstei-
4 Zirkulations-/Abflussstörung (Verklebung) = Ok- gerung, bei infantilem Hydrozephalus und bei mit neu-
klusionshydrozephalus rologischen Symptomen assoziiertem Hydrozephalus:
4 Resorptionsstörung = Hydrocephalus aresorptivus 4 Akut: Ventrikelpunktion, Katheterisierung
4 Ursachenbeseitigung z. B. okkludierende Tumor
Definition. Einteilung nach der Lokalisation: 4 Ventrikulostomie bei Verschlüssen
4 Hydrocephalus externus 4 Shunt (ventrikuloperitoneal, ventrikuloatrial
4 Hydrocephalus internus 4 Zystozisternostomie
4 Plexuskoagulation
Einteilung nach intrakraniellem Druck
4 Normaldruckhydrozephalus Prognose. Die Prognose ist individuell sehr verschie-
4 Überdruckhydrozephalus den. Problematisch ist die dauerhafte Infektgefahr und
Okklusionsgefahr bei Shunt-Anlage.
1.2 · Neurochirurgie
29 1

In Kürze

Wichtige neurochirurgische Krankheitsbilder im Bereich des zentralen Nervensystems

Schädel-Hirn-Trauma 4 Symptomatik: Hirndruckzeichen (Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Bewusst-


seinsstörungen). Krämpfe. Rhino-/Otoliquorrhö, Meningismus
4 Diagnostik: CT, MRT
4 Therapie: Gedecktes SHT: Überwachung, Therapie des Hirnödems. Offene SHT
immer operativ (Duradeckung, Osteosynthese, Blutungsausräumung). Spätkom-
plikationen: Infektionen, Sinus-cavernosus-Karotis-Fistel. Antibiotikagabe

Schädelfrakturen 4 Symptomatik: Monokel-/Brillenhämatome, Blut-/Liquorfluss aus Nase, Mund, Oh-


ren. Neurologische Auffälligkeiten
4 Diagnostik: Röntgen konventionell, CT, MRT
4 Therapie: meist konservativ. Operativ v. a. Impressionsfrakturen, Liquorhö, insta-
bilen Gesichtsschädelfrakturen, Schädelbasisfrakturen mit Gefäßverletzung. Tre-
panation, Duradeckung mit Faszie, Periost, Transplantat, Blutstillung, Häma-
tomausräumung, Osteosynthese. Offenes SHT: Antibiotikagabe!

Hirnblutungen 4 Symptomatik: Hirndruckzeichen bis Auftreten neurologischer Herdsymptomatik


4 Diagnostik: CT, MRT
4 Therapie: Überwachung, Blutdruckregulation, Hirnödembehandlung, Heparini-
sierung. Große und zugängliche Blutungen: Kraniotomie und Blutstillung und
Blutungsausräumung, stereotaktische Absaugung

Hirngefäßaneurysmen 4 Symptomatik: Kopfschmerz, Bewusstseinsstörungen, Lichtscheue, Meningismus


u. a. generelle Hirndruckzeichen
4 Diagnostik: CT, Kontrast-CT, Angiographie
4 Therapie: Intensivüberwachung, Clipping, Trapping, Wrapping, Coiling. Bei Versa-
gen: offene Operation

Hydrozephalus 4 Symptomatik: Im Säuglingsalter Kopfumfangszunahme, adult generelle Hirn-


druckzeichen, Demenz, Gangstörung, Inkontinenz
4 Diagnostik: ICP, CT, MRT, Isotopen-Zisternographie
4 Therapie: kausale Behandlung (Tumorentfernung, Ventrikulostomie etc.); symp-
tomatisch: medikamentöse Hirndrucksenkung, Punktion, Shunt-Ableitung

1.2.7 Malignome des Gehirns, seiner Symptomatik. Hirntumoren können folgende Be-
Hüllen und des Rückenmarks schwerden hervorrufen:
4 Epileptische Anfälle
1.2.7.1 Grundlagen 4 Allgemeine Hirndruckzeichen durch Tumorwachs-
Aufgrund des räumlich abgeschlossenen Schädels gel- tum und oder Verschluss des Liquorabflusses:
ten abweichend zur generellen Nomenklatur solider Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Nacken-
Malignome alle Tumoren des Schädelinneren als ma- schmerz
ligne (lebensbedrohende Verdrängung). Sie führen zur 4 Wesensveränderungen
Erhöhung des intrakraniellen Druckes, manche infilt- 4 Neurologische Ausfälle (v. a. Paresen, Sprach-, Seh-
rieren die Umgebung und führen zu Arrosionsblutun- störungen, Bewusstseinsstörungen, Gleichge-
gen. Ein Hydrocephalus internus entsteht durch Blo- wichtsstörungen, Schluckstörungen, Hirnnerven-
ckade der Kommunikationsräume der Ventrikel. ausfälle)
4 Stauungspappille
30 Kapitel 1 · Chirurgie

Diagnostik. An technischer Diagnostik kommen zum Tumoren werden zusätzlich nach ihrer Lokalisation
1 Einsatz: benannt: Kleinhirnbrückenwinkeltumor, Tumoren der
4 CCT, MRT hinteren Schädelgrube, Schädeldach, Orbita etc.
4 Angiographie
4 Zisternographie Meningeome
Ätiopathogenese. Menigeome gehen von den Hirn-
Therapie. Das Problem der Therapie bei Hirntumoren häuten aus, wachsen langsam und sind gut abgegrenzt.
besteht in der nur beschränkten Möglichkeit einer radi-
kalen Resektion. Wenn immer möglich, indiziert und Epidemiologie. Häufig, Altersgipfel im Bereich von
vertretbar erfolgen folgende Maßnahmen: 20–60, meist Frauen betroffen.
4 Kraniotomie
4 Stereotaktische Resektion Symptomatik. Siehe oben; Hirndruckzeichen.
4 Adjuvante Radiochemotherapie
Diagnostik. Röntgen, MRT, CCT
> Akutmaßnahme und Palliativmaßnahme: Hirndruck-
senkung: z. B. ventrikuloperitonealer Shunt, Kortikoide. Therapie. Radikale Entfernung, ggf. adjuvante Radio-
chemotherapie.
1.2.7.2 Spezielle Hirntumoren
7 Neurologie, Kap. 1.5.4; 7 Pathologie, Kap. 3.2.1.5. ! Cave
Unterteilung der Hirntumoren: Lokalrezidive bei nicht radikal ausreichender Resekti-
4 Tumoren der Hirnhäute z. B. Meningeome on (Knochen, Umgebung)!
4 Primäre Hirntumoren (Gliome, . Abb. 1.8)
5 Astrozytome Grad I–IV Prognose. Gut bei gelungener Entfernung, Rezidive
5 Oligodendrogliome von Dura mater ausgehend.
5 Ependymome
5 Andere Tumoren Sekundäre Hirntumoren: Hirnmetastasen
4 Hirnnervenmalignome Ätiopathogenese. Insbesondere das Bronchialkar-
4 Hypophysentumoren zinom, Mammakarzinom, malignes Melanom und
Prostatakarzinom neigen zu schneller zerebraler Ab-
siedelung.

Symptomatik. Siehe oben.

Therapie. Indiziert sind je nach Situation:


4 Hirndruckbehandlung
4 Stereotaktische Resektion
4 Adjuvante Nachbehandlung (Bestrahlung)
4 Nicht oder schlecht und nur risikoreich zugängli-
che Tumoren können mit dem Gammaknife und
Chemotherapie behandelt werden

Maligne Tumoren der Hirnnerven:


Akustikusneurinom
Ätiopathogenese. Vom vestibulären Teil des VIII.
Hirnnerven ausgehendes Schwannom mit Ursprung
im inneren Gehörgang, seltener im Kleinhirnbrücken-
winkel. Dort lokale Druckausübung.

Symptomatik. Einseitige Hörstörung: Schwerhörigkeit,


Tinnitus, Schwindel; Gesichtslähmungen (Fazialis);
. Abb. 1.8. MRT. Glioblastom im linken parietalen Marklager Spätsymptom: Hirndruckzeichen.
mit Infiltration des Balkenknies (Klinik: neuropsychologische
Defizite). (Aus Siewert 2006) Diagnostik. CCT, MRT.
1.2 · Neurochirurgie
31 1

Therapie. Bei schnellem Wachstum (MRT-Kontrollen) Symptomatik. Endokrinologische Auffälligkeiten


und Alter <60 Jahre meist Resektion durch mikrochi- und Verdrängungssymptome (Minderwuchs, Puber-
rurgischen Zugang (otochirurgisch transtemporal oder tätsverzögerungen, Diabetes, Sehstörungen, Adiposi-
translabyrinthär, neurochirurgisch transokzipital). Al- tas etc.).
ternativen: Strahlentherapie: Gammaknife, einzeitig
oder fraktioniert. Diagnostik. CT, MRT.

Hypophysentumoren Therapie. Indiziert sind folgende Verfahren:


Ätiopathogenese. Bei Hypophysentumoren handelt es 4 Bei zystischen Tumoren: Punktion und Entlastung
sich meist um benigne Adenome. Karzinome sind sehr 4 Möglichst radikale Resektion; Zugänge siehe oben
selten. Wesentliches Merkmal sind hormonelle Auswir- 4 Radiochirurgie (Gammaknife) bei schlechter Zu-
kungen, die letztlich zur Konsultation und Entdeckung gänglichkeit, anderen Kontraindikationen
des Tumors führen. Adenome (Unterteilung in hormo- 4 Gegebenenfalls lebenslange Hormonsubstitution
nell aktiv/inaktiv) können zu einer Überproduktion bei Verdrängung/postoperativem Hormonmangel
führen von FSH, LH, MSH, LPH, TSH, Wachstumshor-
mon, Prolaktin, ACTH, Oxtocin, Vasopressin. Prognose. 50% Heilung bei Totalexstirpation. Häufig
Dies bedingt die klinischen Krankheitsbilder: sind jedoch Rezidive. Es besteht eine ungünstige Prog-
4 Hyperprolaktinämie (häufig!): Folge Amenorrhö, nose bei Einbruch in Richtung des 3. Ventrikels
Galaktorrhö
4 Morbus Cushing Spinale Tumoren
4 Akromegalie Definition. Primäre spinale Tumoren sind:
4 Neurinome
Eine weitere Unterteilung erfolgt nach Größe (Mikro-, 4 Neurofibrome
Makroadenome) und Wachstumstendenz (intrasellär, 4 Astrozytom
intrakraniell) sowie nach der Lage: intrasellär, suprasel- 4 Ependymom
lär, parasellär. 4 Meningeom

Symptomatik. Endokrinologische Symptome (7 oben), Sekundäre spinale Tumoren: Metastasen, Verschlep-


Hirndruckzeichen, Neurologische Ausfälle (Gesichts- pung meist per paravertebrale Plexus. Sekundäre spina-
feldausfälle). le Tumoren liegen meist extradural (Prostata-, Mam-
ma-, Rektumkarzinom u. a.)
Diagnostik. Röntgen konventionell, CCT, MRT, MR, Nach ihrer Lokalisation erfolgt die Einteilung in
neurologisch-ophthalmologische Untersuchung, Hor- extradural, intradural und intramedullär.
monbestimmung.
Epidemiologie. Spinale Tumoren sind selten. Entitäten
Therapie. Konservativ: Hormonbehandlung, Antagoni- und Therapieprinzipien entsprechen in etwa denen der
sierung. Radiotherapie. Radikale Resektion insbeson- intrakraniellen Tumoren.
dere beim Malignom: transnasaler Zugang, transkrani-
eller Zugang (transsphenoidal, transethmoidal, fronto- Symptomatik. Es zeigen sich Schmerzen, sensorische/
temporal). motorische Ausfälle mit radikulärer Ausstrahlung, spä-
ter spinale Automatismen (Spastik, pathologische Re-
Kraniopharyngeom flexe, u v. a.) bis zur Querschnittsymptomatik.
Ätiopathogenese. Entstehung unbekannt, Diskutiert
wird eine Entstehung aus den Hypophysenvorderlap- Diagnostik. MRT, ggf. Myelographie.
penzellen. Entwicklung nahe der Hypophyse. Langsa-
mes intra- und supraselläres Wachstum 50% der Tumo- Therapie. Indiziert sind radikale Resektion, ggf. Spon-
ren werden im Kindesalter symptomatisch. dylodese (bei Instabilität), Radiochemotherapie.
32 Kapitel 1 · Chirurgie

In Kürze
1
Tumoren in Hirn und Rückenmark

Hirntumoren 4 Symptomatik: Zeichen intrakranieller Drucksteigerung, Persönlichkeitsveränderungen, fo-


kale Symptomatik, Epilepsie, Paresen
4 Diagnostik: CT, MRT, zerebrale Angiographie
4 Therapie: Kraniotomie, stereotaktische Resektion, Gammaknife, adjuvante Radiochemo-
therapie

Rücken- 4 Symptomatik: neurologische Ausfälle, Schmerzen


markstumoren 4 Diagnostik: MRT, CT, Myelogramm
4 Therapie: operativ, ggf. Spondylodese

Meningeom 4 Symptomatik: Herdsymptomatik, generelle Hirndrucksymptomatik


4 Diagnostik: CT, MRT, zerebrale Angiographie
4 Therapie: radikale operative Entfernung. Adjuvante Radiotherapie

Tumoren der 4 Symptomatik: endokrinologische Symptome: Hyperprolaktinämie (Folge Amenorrhö, Ga-


Hypophyse laktorrhö), M. Cushing, Akromegalie. Hirndruckzeichen, neurologische Ausfälle (Gesichts-
feldausfälle)
4 Diagnostik: Röntgen konventionell, CCT, MRT, MR, neurologisch-ophthalmologische Un-
tersuchung, Hormonbestimmung
4 Therapie: konservativ: Hormonbehandlung, Antagonisierung. Radiotherapie. Radikale Re-
sektion insbesondere beim Malignom: transnasaler Zugang, transkranieller Zugang (trans-
sphenoidal, transethmoidal, frontotemporal)

1.2.8 Intrakraniale/intraspinale Abszesse Symptomatik. Hirndruckzeichen, generelle Infektzei-


chen, neurologische Ausfälle (zentral, Para-, Tetraple-
Intrakranielle/-spinale entzündliche Erkrankungen gie), Epilepsie
(epidural, subdural) können Folgen operativer Maß-
nahmen, Lumbalpunktion (z. B. bei Meningitis) sein, Diagnostik. CT, MRT, mikrobiologische Untersuchung.
oder sich posttraumatisch oder spontan-hämatogen
(otogen, dentogen, rhinogen) entwickeln. Insbesondere Therapie. Abszesseröffnung mit Punktion, ggf. stereo-
bei Immunsuppression besteht eine Disposition der taktisch und Materialgewinnung. Spülung, Drainage
Entstehung. Solche Abszesse können in folgenden For- (24–48 h), antibiotische Behandlung (resistenzge-
men auftreten: recht).
4 Abszesse
4 Granulome
4 Empyem (Ventrikel)

In Kürze

Weitere neurochirurgische Krankheitsbilder

Intrakranielle/ 4 Symptomatik: Hirndruckzeichen, generelle Infektzeichen, neurologische Ausfälle (zentral,


intraspinale Para-,Tetraplegie), Epilepsie
Abszesse 4 Diagnostik: CT, MRT, mikrobiologische Untersuchung
4 Therapie: Abszesseröffnung mit Punktion, ggf. stereotaktisch und Materialgewinnung.
Spülung, Drainage (24–48 h). Antibiotische Behandlung (resistenzgerecht)
1.2 · Neurochirurgie
33 1
1.2.9 Fehlbildungen schlaffen Lähmung einher. Je nach Niveau kommt es
zum Verlust der Funktion der Rumpf-, Interkostal- und
Dysraphie (7 Neurologie, Kap. 1.6.6). Bauchmuskulatur, Verlust von Blasen-, Mastdarm und
Eine Spaltfehlbildung von Steiß bis Kopf tritt in ver- Sexualfunktion, Störung der Kreislauf- und Atemfunk-
schiedenen Ausprägungen auf: tion (vegetative Innervation).
4 Meningozele: offenes Neuralrohr. zystische Fehlbil- Zur Präzisierung gibt man das unterste noch völlig
dung, die Liquor und Meningen enthält oder eine intakte (motorisch und sensibel) Rückenmarkssegment
Zyste ohne Hirn-/Rückenmarksgewebe an. Mit dem Zusazt »komplette« und inkomplett« be-
4 Enzephalozele: mit Hirngewebe, ungünstige Prog- schreibt man weiter, ob die motorische und sensible
nose Funktion unterhalb des untersten intakten Rücken-
4 Myelomeningozele: wie oben, zusätzlich Hirn- und markssegments vollständig (komplett) erloschen ist
oder Rückenmark-, Spinalnerven im Bruchsack, oder – gleich auf welcher Höhe, rechts oder links, kon-
ungünstige Prognose tinuierlich oder diskontinuierlich – noch motorische
4 Spina bifida occulta: äußerlich nicht sichtbarer De- oder sensible Restfunktionen erhalten sind. Der ICD
fekt, ggf. nur Hyperpigmentierung, Hypertrichis- unterscheidet weiter zwischen akuten, chronischen,
mus spastischen und schlaffen Lähmungen.

Therapie. Neurochirurgisch-orthopädische Deckung. > Beispiel: Komplette Tetraplegie C4, inkomplette Para-
plegie Th8.
Prognose. Nach Grad der Ausprägung reicht diese von
infaust bis sehr gut. Therapie. Prognostisch entscheidend sind folgende
therapeutische Maßnahmen:
Prophylaxe. Folsäuresubstitution während der Schwan- 4 Frühes Erkennen (Unfallort!)
gerschaft. 4 Vermeidung von Sekundärtraumen (Umlagern,
Arnold-Chiari-Syndrom, Syringomyelie: 7 Neuro- Transport)
logie, Kap. 1.6.6. 4 Frühestmögliche operative Dekompression von
ventral/dorsal (Laminektomie)
4 Ödembekämpfung (Kortikoide, Hyperosmolare
1.2.10 Rückenmarksverletzung Infusion), Frührehabilitation
4 Sekundäre Stabilisation bei Instabilitäten
Ätiopathogenese. Verletzungen des Rückenmarkes sind
meist durch Unfälle bedingt (Verkehr, Haushalt, Arbeit), ! Cave
seltener durch andere Erkrankungen (Spontanfrakturen 20% Sekundärtraumen werden durch Fehler bei La-
bei Osteoporose, Tumoren etc.; 7 Kap. 1.8). gerung, Transport verursacht.

Symptomatik. Durch Quetschung, Komprimierung, Prognose. Querschnittstraumen mit initialer sakraler


ggf. Durchtrennung des Rückenmarkes kommt es zu Aussparung (Sensibilität, Motorik) haben eine deutlich
folgender Symptomatik: bessere Prognose.
4 Sensibilitätsausfälle
4 Motorische Ausfälle Rehabilitation
4 Ausfälle des Vegetativums (Blasen, Mastdarm, Se- Die Rehabilitation muss in Zentren erfolgen, wo interdiszipli-
xualfunktion, Kreislaufregulation); oberhalb C4 när (Urologie, Pulmonologie, Plastische Chirurgie, Neurolo-
Atmung und Kreislauffunktion bedroht gie, Psychologie) die drohenden assoziierten Komplikationen
(Urosepsis, Pneumonie, Dekubitus etc.) behandelt werden
Unter einer Paraplegie versteht man die Lähmung bei- können. Die Lebenssituation eines Querschnittsverletzten
der Beine, unter Tetraplegie die Lähmung beider Beine ändert sich schlagartig. Daher ist die soziale Behandlung (Be-
und beider Arme. Die Begriffe Paraparese und Tetrapa- rufsfindung, Sozialberatung u. v. m.) von großer Bedeutung.
rese als Ausdruck einer unvollständigen Lähmung sind Seit Existenz solcher Zentren hat sich die Lebenserwartung,
im korrekten Sprachgebrauch nicht mehr üblich. welche bei Paraplegikern um bis zu 20% und Tetraplegikern
bis zu 40% vermindert war (Urologische und Pulmonologi-
Diagnostik. Bei Läsionen wird stets die Höhe des zuge- sche Infektionen, Dekubiti, Ileus, Lungenembolie u. v. a.),
hörigen Rückenmarksegmentes mit angegeben (»Ni- gravierend verbessert und die Lebensqualität und -zufrie-
veau«). Akute Läsionen gehen zunächst mit einer denheit (Beruf, Familie) erheblich verbessert.
34 Kapitel 1 · Chirurgie

In Kürze fibrosus bei Flexion/Rotationsbewegung. Kompression


1 der Spinalnerven. Meist betroffen ist der lumboverte-
4 Paraplegie: Lähmung beider Beine
brale Bereich L3–S1 (95% L5/S1), selten zervikal C 5–
4 Tetraplegie: Lähmung beider Beine und bei-
Th1(1% C6/C7).
der Arme
Epidemiologie. Altersgipfel von 25–40 Jahre.

Cauda-equina-Syndrom (Cauda-equina-Kompressions-
1.2.11 Periphere Neurochirurgie Syndrom)
Kombination mehrerer neurologischer Ausfallserscheinun-
Nervennaht gen durch massive »Quetschung« der Cauda equina: Rü-
Die mikrochirurgische Nervennaht (Lupe, Operations- ckenschmerz, Ausstrahlung in Richtung Knie, Unterschen-
mikroskop) ist entscheidend für eine Chance der Funk- kel, Reithosenanästhesie (sensible Störungen im Gesäß-
tionswiederherstellung peripherer Nerven. Verwendet und Oberschenkelbereich), fehlender Patellarsehnenreflex
wird monofiles Nahtmaterial der Stärke 10–0 oder (L4) und/oder fehlender Achillessehnenreflex (S1), motori-
11–0 USP. Entscheidend ist die exakte, spannungsfreie sche Ausfälle im Bein- und besonders im Fußbereich (z. B.
Adaptation der richtigen Strukturen: Fußheberschwäche), Impotenz, Stuhl-/Harninkontinenz
4 Faszikel und/oder Verhalt, reduzierter Sphinktertonus bei rektaler
4 Faszikelbündel Untersuchung.
4 Perineureum
Symptomatik. Es kann sich um einen Zufallsbefund
Nerventransplantation handeln; die Patienten können jedoch auch über
Hierfür werden die N. surealis/saphenus/cutanaeus an- Schmerzen bis hin zu neurologischen Ausfällen im Ver-
tebrachii entnommen. Es erfolgt eine Interposition sorgungsgebiet berichten.
durch exakte Adaptation (Faszikel). Mit einem Wachs-
tum des proximalen Axons von 1–2 mm/Tag dient das Diagnostik. Lasègue, Röntgen in 2 Ebenen, CT, MRT,
Interponat (Schwann-Zellen) als Leitschiene. Myelographie (selten).

> Bleibt die erwartete Regeneration (Dauer bis zu Therapie. Konservative und operative Therapieoptio-
24 Monate) aus, können plastisch-chirurgische Um- nen. Oft sind komplexe, individuelle Indikationsstel-
setzplastiken helfen Funktionelle (partielle) Wieder- lungen nötig. Konservative Optionen sind:
herstellung zu erreichen. 4 Bettruhe, Entlastungen (Stufenbett
4 Analgesie
Mononeuropathien der oberen und unteren Extremi- 4 Wärme oder auch Kälte
tät, 7 Neurologie, Kap. 1.10.5 und 1.10.6.
> Die unbedingte Indikation zur operativen Therapie
Neurolyse besteht bei Cauda-equina-Syndrom (Notfall!) sowie
> Neurolyse = atraumatisches Freipräparieren des Nerven. motorischen Ausfällen.

Durch bindegewebige Vernarbung (z. B. im ehemaligen Operative Prinzipien (Wurzeldekompression) bestehen


Operationsgebiet) können Nerven ummauert und in in:
Ihrer Funktion beeinträchtigt werden (Schmerzustän- 4 Nukleotomie (minimalinvasiv, offen)
de, motorische/sensorische Ausfälle). 4 Flavektomie
4 Facettektomie
Diskusprolaps lumbal-zervikal 4 Foraminotomie
7 Orthopädie, Kap. 2.8.8. 4 Hemi-/Laminektomie (Nachteil Instabilität), se-
kundäre Stabilisation
Definition. »Vorfall der Bandscheibe« durch chroni- 4 Nukleoplastie, Bandscheibenprothetik
sche/akute Fehl-/Überbelastung. Meist auf Boden einer 4 Spondylodese
Altersdegeneration (Reduzierter Wassergehalt).
> Diskusoperationen sind tägliches Brot des »Neurochi-
Ätiopathogenese. Austritt und Dorsalverlagerung von rurgen«.
Nucleus-pulposus-Gewebe durch Einriss des Anulus-
1.3 · Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
35 1

Prognose. Operativer Erfolg bei ca. 80% der Patienten Frakturen des Mittelgesichtes
bei korrekter Indikationsstellung und unverzüglichem Zentrale Mittelgesichtsfrakturen
Behandlungsbeginn. Definition. Die transversalen, zentralen Frakturen des
Gesichtsschädels verlaufen durch den Bau des Schädels
Nachsorge. Wichtig ist eine sorgfältige Rehabilitation in der Mehrzahl entlang typischer Frakturlinien (anato-
sowie geeignete Schmerztherapie mische Schwachstellen), welche der Chirurg Rene Le
Fort(1869–1951)klassifizierte:LeFortI–III(. Tab. 1.10).
Prävention. Rückenschonendes Arbeiten. Le-Fort-Typ-I-Frakturlinien sind quasi Absprengungen
Spinalkanalstenose: 7 Orthopädie, Kap. 2.8.8.6. der Maxilla vom Gesichtsschädel, die Le-Fort-II-Fraktu-
Krankheiten von Nervenwurzeln und Nervenple- linie verläuft weiter kranial und bezieht auch das Nasen-
xus (z. B. Trigeminusneuralgie, Fazialisparese): 7 Neu- bein und den Orbitaboden mit ein. Bei Le-Fort-III-Frak-
rologie, Kap. 1.10.4. turen verläuft die Frakturlinie horizontal durch die Or-
bitae und Jochbeinbögen als Ablösung des Hirn- vom
Gesichtsschädel. Meist liegen zusätzliche Frakturen
1.3 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (Schädelbasis, Kalotte) bzw. Kombinationen vor.

K.-J. Paquet, U. Fetzner Ätiopathogenese. Verkehrsunfälle, Faustschlag, Sport-


unfälle.
Im Rahmen des Repetitoriums können nur einige As-
pekte der MKG-Chirurgie vermittelt werden. Völlig Symptomatik. Wichtige Symptome sind Weichteilver-
unberücksichtigt bleiben die dental- und oralchirurgi- letzung im Gesicht, Blutung (oder Liquorfluss) aus
schen Aspekte dieses großen Fachgebietes. Der Fach- Nase, Mund, Ohren. Ausgedehnte Hämatome (Brillen-,
arzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sieht als Vo- Monokel). Doppelbilder, Geruch- und Sensibilitätsstö-
raussetzung ein Doppelstudium der Zahn- und Hu- rungen. Asymmetrien, allgemeine Frakturzeichen.
manmedizin vor.
> Obligate enorale Untersuchung mit der Suche nach
Hämatomen, Fehlstellung der Zahnreihen, Okklusi-
1.3.1 Verletzungen des onsstörung.
Gesichtsschädels
Komplikationen. Respiratorische Insuffizienz durch
Schädelfrakturen treten häufig im Rahmen schwerer oronasopharyngeale Schleimhautschwellung, Hämato-
Polytraumen auf. Schon alleine daher hat sich die Ver- me. ZNS- und Augenverletzungen.
sorgung in Zentren bewährt, wo die Disziplinen Chi-
rurgie (insbesondere Unfallchirurgie/Traumatologie), ! Cave
Neurochirurgie, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, Liquoraustritt deutet auf ein offenes Schädel-Hirn-
HNO, Augenheilkunde, Anästhesiologie und Intensiv- Trauma hin. Infektionsgefahr!
medizin örtlich und personell eng kooperieren können.
Dies entspricht auch dem Konzept der »Kopf-Kliniken« Diagnostik. Indiziert sind konventionelles Röntgen-Schä-
der 1980er-Jahre. del in 2 Ebenen und zahlreiche Spezialaufnahmen (Na-
Schädel-Hirn-Trauma: 7 Kap. 1.2, 7 Kap. Neurologie, sennebenhöhlenaufnahme, »Henkeltopf« u. v. a.) CCT,
1.3.1. MRT, CT- und MRT-Zisternographie, Sonographie.

1.3.1.1 Allgemeine Versorgungsprinzipien Laterale Mittelgesichtsfrakturen


Hierzu gehören innerhalb der Mund-Kiefer-Gesichts- Ätiopathogenese. Direkte Gewalteinwirkung auf den
Chirurgie: seitlichen Gesichtsschädel (z. B. Faustschlag, Sturz).
4 Weichteildefekte: Débridement, Reinigung, Desin- Häufige Frakturtypen sind:
fektion, Wundversorgung (Berücksichtigung von 4 Jochbeinfraktur
Spannungslinien, ästhetischen Einheiten), ggf. Re- 4 Orbitarandfrakturen
konstruktion 4 Blow-out-Fraktur (Fraktur des Orbitagrundes)
4 Frakturversorgung
4 Infektbekämpfung Symptomatik. Schmerz, Schwellung, Hämatom (Mo-
nokel). Doppelbilder.
36 Kapitel 1 · Chirurgie

Diagnostik. Indiziert sind Röntgen, CCT. Frakturen des Unterkiefers


1 Ätiopathogenese. Durch direkte Gewalt (Faustschlag,
Therapie der Mittelgesichtsfrakturen. Anprall bei Verkehrsunfall, Sturz) bricht der Unterkie-
4 Konservativ: Reposition fer (Mandibula) insbesondere an Prädilektionsstellen:
4 Semikonservativ: Fixation durch Okklusion, Fixa- 4 Regio dens canini (Eckzahnregion)
tion durch Draht, HALO-Bügel 4 Angulus mandibulae (Kieferwinkel)
4 Operativ: Bei starker, nicht zu behebender Disloka-
tion, Weichteilschäden ist eine offene Reposition Symptomatik. Typisch sind Schmerz, Fehlstellung, Ok-
notwendig, anschließend Plattenosteosynthese. klusionsstörung, Stufenbildung in den Zahnreihen,
Wichtig ist zudem eine Drainage der Nasenneben- Schwellung, Hämatom.
höhlen, ggf. Infektbekämpfung.
Diagnostik. Röntgen-Schädel in 2 Ebenen, Kieferpano-
> Nicht selten müssen starke Blutungen im Gesichtsbe- ramaaufnahme.
reich zunächst temporär gestillt werden (Ligaturen,
Nasentamponade, Zwingenkompression, Drahtzer- Therapie. Plattenosteosynthese oder Verdrahtung der
klagen bei Kieferfrakturen). Zähne. Die Verdrahtung der Zähne ist ein schnelles,
wenig invasives Verfahren (Polytrauma), bringt aber
Frakturen der Schädelkalotte oder Schädelbasis erhebliche hygienische, nutritive (Strohhalm, Flüssig-
4 Frakturen der Schädelkalotte und der Schädelbasis kost) und kommunikative Probleme mit sich.
werden neurotraumatologisch versorgt, zumal sie häu-
fig mit einem generellen Schädel-Hirn-Trauma einher-
gehen. 1.3.2 Infektionen, Entzündungen im
4 Schädelbasisfrakturen: Selten operatives Vorgehen: Mund-Kiefer-Gesichtsbereich
Osteosynthese, Duraplastik (Vermeidung von Liquor-
fisteln). Meist vordringlich Hämatomentlastung Ätiopathogenese. Zähne stellen eine permanente In-
(7 Kap. 1.2) fektgefahr (auch bei Intensivpatienten) dar. Von den

. Tab. 1.10. Einteilung der Mittelegsichtsfrakturen. (Aus Siewert 2006)

Lokalisation Frakturformen

Zentrales 4 Infrazygomatikale Frakturen Mittelgesicht (Alveolarfortsatzfrakturen, dentoalveplärer


Mittelgesicht Komplex)
4 Le-Fort-I- oder Guérin-Fraktur mit und ohne Sagittalfraktur
4 Zentrale oder pyramidale Frakturen (Le-Fort-II-Fraktur mit und ohne Sagittalfraktur)
4 Nasenskelettfrakturen (nasomaxillärer und nasoethmoidaler Komplex)
4 Irreguläre Frakturen (zygomatikoorbitaler Komplex)

Laterales 4 Laterale Frakturen (zygomatikoorbitaler Komplex)


Mittelgesicht 4 isolierte Jochbeinfrakturen
4 Zygomatikomaxilläre Frakturen
4 Isolierte Jochbeinfrakturen
4 komplexe Jochbein-Jochbogen-Frakturen
4 Orbitarandfrakturen
4 Orbitawandfrakturen (»Blow-out-Fraktur«)
4 Zygomatikomandibuläre Frakturen

Kombiniertes zen- 4 Zentrolaterale Frakturen (Abrissfraktur des gesamten Mittelgesichts von der Schädelbasis,
trales und laterales Le-Fort-III-Fraktur)
Mittelgesicht

Vordere und latera- 4 Abriss von Mittelgesicht und vorderer Schädelbasis (frontobasale oder frontomaxilläre
le Schädelbasis Fraktur)
4 Fraktur des Schläfenbeins und der Felsenbeinpyramide (laterobasale Fraktur)
1.3 · Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
37 1

. Abb. 1.9. Das Venensystem des Gesichtsschädels als Aus- zum Sinus cavernosus. Cave: Da die Gesichtsvenen ohne
breitungsweg für entzündliche Prozesse (von Hochstetter). Klappen sind, besteht die Gefahr, dass durch direkte Aussaat
Fortleitung von Entzündungsprozessen im Bereich von Ober- von infektiösem Material oder durch eine Thrombophlebitis
lippe, Wange, Nase sowie Oberkiefer, Tuber maxillae, Fossa eine Sinusphlebitis bzw. Sinusthrombose entsteht. (Aus
pterygopalatina via Gesichtsvene und Plexus pterygoideus Siewert 2006)

Zähnen ausgehende Infektionen bezeichnet man als Therapie. Grundsätzlich gelten die generellen Abszess-
odontogen. behandlungsmaßnahmen.
Infektionen im Gesichtsbereich weisen insbeson- 4 Inzision, ggf. auch Osteotomien (Fensterungen, bei
dere 3 Besonderheiten auf: mangelnder Zugänglichkeit)
4 Über die Sinus cavernosus können Infektionen des 4 Drainage, Spülung
Gesichtsbereiches leicht nach zentral verschleppt 4 Antibiotikatherapie (knochenpermeabel z. B. Clin-
werden. Folge: Sinusphlebitis, Meningitis, Enzepha- damycin)
litis, auch Thrombosierung (Sinusthrombose).
4 Hohlräume des Schädels (Nasen-Nebenhöhlen) > Häufigste Osteomyelitis im Kopfbereich ist die odon-
und Logen im Halsbereich begünstigen die Absie- togene Unterkieferosteomyelitis.
delung und Ausbreitung (. Abb. 1.9).
4 Unter Umständen ist der Infektherd schwer zu lo-
kalisieren. 1.3.3 Tumoren im Mund-Kiefer-
Gesichtsbereich
Symptomatik. Es zeigen sich allgemeine lokale und ge-
nerelle Entzündungszeichen, genereller Kopfschmerz/ Im Bereich der MKG-Chirurgie sind große Tumor-
Kopfdruck, Sehstörungen und andere zentrale Auswir- operationen häufig. Ein radikaler Standardeingriff bei
kungen (Bewusstsein, Krämpfe etc.). Malignomen ist neben der lokalen Tumorexzision mit
Sicherheitsabstand die Neck-Dissektion (radikale
Diagnostik. Sonographie, Röntgen, auch Spezialauf- Halslymphknotenausräumunng von Klavikula bis sub-
nahmen (z. B. Zahnaufnahmen). Mikrobiologischer mandibulär). Dabei unterscheidet man:
Abstrich; Labor: Leukozyten, CRP. 4 Neck-Dissektion: Entfernung sämtlicher Hals-
lymphknoten einschließlich M. sternocleidomasto-
38 Kapitel 1 · Chirurgie

ideus, Vv. jugulares; häufig Kombination mit Radio- mente, Infektionen u. a. Zudem besteht eine genetische
1 chemotherapie Disposition.
4 Funktionelle Neck-Dissektion: Erhalt des M. sterno-
cleidomastoideus und der Jugularvenen Epidemiologie. Häufig (1:500 Geburten), Jungen sind
häufiger als Mädchen betroffen (m:w = 3:2).
Alle Arten von primären Knochentumoren können
sich am Schädel manifestieren. Symptomatik. Wegen der Spaltbildung zeigen sich ge-
Basaliom: 7 Kap. Dermatologie, 1.15.3. störte Atmung und Ernährung des Neugeborenen
Speicheldrüsentumoren (Parotis, submandibularis, (Saugakt), Sprechstörung des Kindes und des Erwach-
sublingualis u. a.): 7 Kap. HNO, 3.4.7. senen. Bei Beteiligung von Gaumen kommt es zu Na-
sen- Ohrenerkrankungen (Keimaszension).

1.3.4 Fehlbildungen im Mund-Kiefer- Diagnostik. Blickdiagnose. Sonographisch ab dem 5.


Gesichts-Bereich Schwangerschaftsmonat erkennbar.

Angeborene Fehlbildungen von Auge, Ohr, Hals: 7 Au- Therapie. Indiziert sind folgende chirurgische Maß-
genheilkunde, Kap. 2.2.3; 7 HNO, Kap. 3.7. nahmen (. Abb. 1.10, . Abb. 1.11):
Gesichtsspalten sind extrem selten. Alle Varianten 4 Gaumenspalte: akut: Gaumenplatte zum Ver-
einer Spaltung von Unterkiefer bis hin zur Stirn sind schluss von Mund- und Nasen-Rachraum; später
möglich. Myoplastik
4 Kiefer-Spalte: Spongiosatransplantation (Becken-
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kamm, Mandibula)
Synonym. Cheilognathopalatoschisis; 7 HNO, Kap. 3.3.4. 4 Lippenspalte: Lippenplastik

Definition. Hemmungsfehlbildung infolge gestörter > Logopädie und ggf. psychologische Begleitung sind
Verschmelzung der Gesichtsfortsätze. Stufenlose Bestandteil der Therapie.
Ausprägung mit ein-/beidseitiger Spaltbildung
Oberlippe, Kiefer, des Gaumens. Es kommen auch Die Eingriffe erfolgen meist mehrzeitig; wichtig sind
isolierte Gaumenspalten vor. Die Spaltbildung kann frühe funktionelle Therapien (Gaumenplatte), es schlie-
vollständig (offen) oder gedeckt vorliegen. Oft lie- ßen sich rekonstruktive Eingriffe im Adoleszentenalter
gen begleitende Fehlbildungen vor (Herz, Augen, (Zahnimplantate, Osteotomien u. a.) an.
ZNS).
Prognose. Heute lassen sich dank komplexer, mehrzei-
Ätiopathogenese. Ursachen können auf das Ungebore- tiger Rekonstruktionen hervorragende ästhetische und
ne einwirkende Noxen sein: Nicotin, Alkohol, Medika- funktionelle Ergebnisse erzielen.

. Abb. 1.10a–c. Lippenplastik nach Tennison/Randall. a Auf- erkennbarem Austauschprinzip, c schichtweiser Wundver-
gezeichnete Schnittführung mit dreieckigem Austauschlap- schluss. (Aus Siewert 2006)
pen im lateralen Lippenstumpf, b aufpräparierte Spalte mit
1.4 · Thoraxchirurgie
39 1

. Abb. 1.11a–c. Lippenplastik bei einer doppelseitigen Lip- von lateral gestielten Schleimhautläppchen, c nach schicht-
penspalte nach Veau. a Aufgezeichnete Schnittführung, b weisem Wundverschluss bei einphasigem Vorgehen. (Aus
nach Aufpräparation der beidseitigen Spaltränder Bildung Siewert 2006)

In Kürze

Wichtige Erkrankungen im Bereich Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie

Lippen-Kiefer- 4 Symptomatik: gestörte Atmung und Ernährung des Neugeborenen (Saugakt), Sprechstö-
Gaumenspalte rung des Kindes und des Erwachsenen. Nasen- Ohrenerkrankungen (Keimaszension)
4 Diagnostik: Blickdiagnose. Sonographisch ab dem 5. Schwangerschaftsmonat erkennbar
4 Therapie:
– Gaumenspalte: akut: Gaumenplatte zum Verschluss von Mund- und Nasen-Rachraum;
später Myoplastik
– Kiefer-Spalte: Spongiosatransplantation (Beckenkamm, Mandibula)
– Lippenspalte: Lippenplastik
– Logopädie, psychologische Betreuung
– Rekonstruktive Eingriffe im Adoleszentenalter (Zahnimplantate, Osteotomien etc.)

1.4 Thoraxchirurgie 1.4.1 Allgemeines

Anatomie (. Abb. 1.12)


U. Fetzner, K.-J. Paquet
Der Thorax (Brusthöhle) wird nach kranial, ventral
Geschichte der Thoraxchirurgie und dorsal durch die Brustwand (Rippen, Muskulatur)
Die Thoraxchirurgie beinhaltet die Diagnostik und chirur- begrenzt, nach kaudal durch das Diaphragma (Zwerch-
gische Therapie der Thoraxwand, des Mediastinums, fell). Der Thorax beherbergt Trachea, Lungenflügel
der Pleura und der Lunge. Meilensteine der Thoraxchirur- (rechts 3, links 2 Lappen). Das Mediastinum beschreibt
gie waren: Lungenspitzenresektion aufgrund einer Tuber- den Raum zwischen den beiden Pulmones. Der Pleura-
kulose (1884), endotracheale Intubation und Überdruck- raum besteht physiologischerweise aus einem Kapillar-
beatmung (1901), Thorakotomie (1900), Lungenteilresek- spalt zwischen viszeraler (der Lunge anhaftender) und
tion durch Sauerbruch (1912), erste Pneumonektomie parietaler (der Thoraxwand anhaftender) Pleura (Lun-
durch Nissen (1930), Mediastinoskopie (1956), Lungen- gen- bzw. Rippenfell). Hier herrscht atemabhängig Un-
transplantation (1980). Auch in der Thoraxchirurgie halten terdruck.
zunehmend minimalinvasive endoskopische Eingriffe Die Lungensegmente sind die kleinsten resezierba-
Einzug. ren Einheiten der Lunge, mit Segmentarterie, Segment-
vene und Segmentbronchus.
40 Kapitel 1 · Chirurgie

5 Pleuroskopie
1 5 Transkutane Punktion (meist obsolet, da ris-
kant und bedeutungslos)
5 Endoskopische Probethorakotomie bzw. -sko-
pie: diagnostisch, therapeutisch (Video, starr)
5 Offene Probethoraktotomie
5 Mediastinale Phlebographie
5 Pulmonalisangiographie (Lungenembolie!)

! Cave
Die Mediastinoskopie birgt die Gefahr der Verletzung
großer Gefäße, der Speiseröhre und des N. vagus.
. Abb. 1.12.a, b. a Rechte Lunge in der Ansicht von lateral.
Oberlappen: 1 apikales Segment, 2 posteriores Segment, 3
1.4.1.1 Prinzipien der
anteriores Segment; Mittellappen: 4 laterales Segment, 5 me- Lungenresektionsverfahren
diales Segment; Unterlappen: 6 apikales Segment, 8 antero- Für Eingriffe an der Lunge ist die Überdruckbeatmung
basales Segment, 9 laterobasales Segment, 10 posterobasales notwendig. Zugangswege sind:
Segment. b linke Lunge in der Ansicht von lateral. Oberlap- 4 Sternale Thorakotomie
pen: 1 apikales Segment, 2 posteriores Segment, 3 anteriores 4 Laterale Thorakotomie
Segment; Mittellappen: 4 laterales Segment, 5 mediales Seg-
4 Anterolateral Thorakotomie
ment; Unterlappen: 6 apikales Segment, 8 anterobasales Seg-
4 Posterolaterale Thorakotomie
ment, 9 laterobasales Segment, 10 posterobasales Segment.
(Nach Heberer et al. 1991; aus Siewert 2006)
Von großer Bedeutung bei Lungengewebe-resezieren-
den Eingriffen ist die Einschätzung der Funktionsein-
buße (Lungenrestfunktion) und des Operationsrisikos.
Diagnostik Diese ist nach resezierenden Eingriffen geringer oder
Diagnostisch wegweisend sind: gleich (Resektion nicht mehr belüfteter/durchbluteter
4 Anamnese Areale) oder besser als vor der Operation.
4 Klinische Untersuchung Postoperativ muss eine Thoraxdrainage mit Sog
5 Lungenvolumina (Vitalkapazität, forcierte und angelegt werden.
relative Einsekundenkapazität, Residualvolu-
men, funktionelle Residualkapazität, Totalka-
pazität, Atemgrenzwert, Atemwegswiderstand) 1.4.2 Verletzungen
5 Körperlicher Habitus
5 Palpation Lymphknoten (supra- und infrakla- 1.4.2.1 Verletzungen des Thorax
vikulär, axillär, Hals) Ätiopathogenese. Verletzungen des Thorax werden in
4 Technische Untersuchung perforierende Verletzungen (z. B. Stichverletzung,
5 Sonographie (transkutan, transösophageal, Ab- Schuss) und stumpfe Thoraxtraumen (z. B. Anprall/
domen) Gurtläsion bei Verkehrsunfall) unterteilt. Alle Verlet-
5 Sputumzytologie zungen können letztlich in einer Störung der Atem-
5 Perfusionsszintigraphie funktion und damit Oxygenierung münden.
5 Bronchoskopie (Lavage, Punktion, PE auch
transbronchial unter Durchleuchtung) Symptomatik. Hautemphysem, Dyspnoe, Zyanose,
5 Bronchographie (selten) Schock.
5 Röntgen-Thorax
5 Durchleuchtung Diagnostik. An technischen Verfahren kommen arteri-
5 CT, Spiral-CT, 3D-CT elle Blutgasanalyse, Röntgen-Thorax zum Einsatz.
5 MRT
5 Skelettszintigraphie (Metastasen) Therapie. Meist Thoraxdrainage, bei respiratorischer
5 PET Insuffizienz: maschinelle Überdruckbeatmung.
5 Mediastinoskopie (meist obsolet, PE, u. U. ris-
kant)
5 Mediastinotomie: PE, therapeutisch
1.4 · Thoraxchirurgie
41 1
1.4.2.2 Verletzungen der Thoraxwand Diagnostik. Röntgen-Thorax (»Schwärzung«, fehlende
Frakturen Lungengefäßzeichnung).
Am Thorax können folgende Frakturen auftreten:
4 Rippenfrakturen Therapie. Sofortiges Legen einer Thoraxdrainage (z. B.
4 Rippenserienfrakturen 4. ICR; . Abb. 1.13), Soganlage, Analgesie.
4 Sternumfraktur
Hämatothorax
Diagnostik. Konventionelles Röntgen, Sonographie, CT Ätiopathogenese. Bluteintritt in die Pleurahöhle
bei Verdacht auf Begleitverletzungen und bei komple- (A. thoracica interna, Interkostalarterien, Lungenver-
xen Verletzungsmustern. letzung), z. B. infolge Messerstich, Rippenfraktur
u. v. a.
Therapie. Meist konservativ (Analgesie). Ggf. Drainage
bei Pneumothorax. Selten ist eine operative Osteosyn- Symptomatik. Gedämpfter Klopfschall.
these indiziert (z. B. bei instabilem Thorax, Sternum-
fraktur). Diagnostik. Röntgen-Thorax (»weiße« Thoraxhemis-
phäre), Sonographie, CT.
Pneumothorax
Definition/Ätiopathogenese. Lufteintritt in die Pleura- Therapie. Drainage, Bei hämodynamischer Instabilität
höhle, Verlust des Unterdruckes und der Lungenadhä- ggf. Thorakotomie.
sion. Mögliche Ursachen sind:
4 Spontan (z. B. Alveolenriss) 1.4.2.3 Verletzungen der Thoraxorgane
4 Iatrogen (z. B. Komplikation bei ZVK-Anlage) Lungenverletzungen
4 Traumatisch (Rippenfraktur, Stich) Mögliche Verletzungen der Lungen sind:
4 Sonderform Spannungspneumothorax: Durch 4 Lungenkontusion (Quetschung)
Ventilmechanismus kommt es zum Druckaufbau, 4 Lungenriss
Mediastinalverlagerung und Einflussstauung.
Ätiopathogenese. Stumpfes oder penetrierendes Tho-
Symptomatik. Aufgehobenes Atemgeräusch, hyperso- raxtrauma (Stich, Rippenfragmente, Barotrauma, iatro-
norer Klopfschall. Beim Spannungspneumothorax gen bei Heimlich-Manöver).
kann es zu Arrhythmien, Hypotonie, Schock (kardio-
gen durch Füllungs- und Auswurfhindernis des Her- Symptomatik. Dyspnoe, Zyanose, Thoraxschmerz,
zens) kommen. Schock.

. Abb. 1.13a, b. Thoraxdrai-


nage, 4. ICR vordere Axillalinie.
(Aus Siewert 2006) (7 Farb-
tafelteil)

a b
42 Kapitel 1 · Chirurgie

Diagnostik. Konventionelles Röntgen, Sonographie, CT. gen. Mögliche Komplikationen umfassen Infektionen,
1 Pneumothorax, Verletzung parenchymatöser Organe (Milz,
Therapie. Eine Operation ist nur bei schwerer Läsion Leber, Niere), Blutung.
indiziert: Thorakotomie, Übernähung des Risses.
Pleuraempyem (Pyothorax)
Bronchusriss Definition/Ätiopathogenese. Eiteransammlung (eitri-
Ätiopathogenese. Stumpfes Thoraxtrauma mit schwe- ger Erguss) im Pleuraraum durch Durchbruch von der
rem Trauma (Verkehrsunfall mit hoher Dezeleration, Lunge/Bronchialbaum, hämatogene Verschleppung,
Sturz aus großer Höhe) mit inkompletter, kompletter Keimeintritt von außen, Übergreifen einer Mediastini-
Ruptur. tis. Durchbruch nach außen (pleurokutan) oder innen
(pleurobronchial)
Symptomatik. Mediastinalemphysem, Spannungs- 4 Spezifisch: z. B. Tuberkulose
pneumothorax. 4 Unspezifisch: Komplikation von Lungenerkran-
kungen, Abdominalerkrankungen
Diagnostik. Konventionelles Röntgen, Sonographie, CT.
Symptomatik. Dyspnoe, Fieber, Thoraxschmerz, bis zu
Therapie. Je nach Ort der Läsion (Hauptbronchus) sind hoch septischem Krankheitsbild.
folgende Verfahren indiziert: Thoraxdrainage, Über-
druckbeatmung des unversehrten Hauptbronchus (Dop- Diagnostik. Röntgen-Thorax, Sonographie, Laborkon-
pellumenintubation), Operation (Anastomosierung). trolle, CT, MRT, Punktion.

Verletzungen von Herz, Ösophagus, thorakaler Therapie. Zieldrainage (gezielt bei gekammerten Abs-
Aorta zessen, ansonsten s. oben), Spülung (NaCl), systemische
7 Kap. 1.5 und 1.6. Antibiose, Atemtherapie, Behandlung der Grunder-
krankung, proteinreiche Kost, ggf. Thorakoskopie oder
-tomie (Dekortikation, Fistelverschluss) bei Therapie-
1.4.3 Erkrankungen der Pleura versagen.

Pleuraerguss Tumoren der Pleura


Definition/Ätiopathogenese. Seröse Flüssigkeitsan- Primäre Pleuratumoren sind selten. Als anerkannte Be-
sammlung im Pleuraspalt. Dafür gibt es viele Ursachen: rufskrankheit bei beruflichem Umgang mit Asbest gilt
kardiovaskuläre, pulmonale, septische Erkrankungen, das Pleuramesotheliom; infauste Prognose.
bei Peritonitis, bei Leberzirrhose, Niereninsuffizienz, Sekundäre Absiedelungen treten auf bei Mamma-,
Tumorleiden. Bronchial- und anderen Karzinomen. Die Prognose ist
abhängig vom Grundtumorleiden, i. d. R. infaust. The-
Symptomatik. Dyspnoe, Flankenschmerz. rapie: Pleurodese.

Diagnostik. Röntgen-Thorax, Sonographie, CT.


1.4.4 Erkrankungen des Mediastinums
Therapie. Punktion (ultraschallgesteuert), Drainage.
Rezidivierend Pleurodese mittels Talkum/Antibioti- Mediastinalemphysem
kum-Instillation. Definition. Pathologische Luftansammlung im Media-
stinum.
Pleurapunktion
Die Pleurapunktion dient diagnostischen (Zellgewinnung) Ätiopathogenese. Bronchusabriss, Ösophagusruptur
und/oder therapeutisch (Erguss, Pneumothorax) Zwecken. u. v. a. verursachen den Lufteintritt. Durch Druckauf-
Zuvor sind nötig: Sonographie, Laborkontrolle (Quick, bau kommt es zur Kompression des Herzens (Herztam-
Thrombozyten). ponade) und der Trachea (Dyspnoe).
Durchführung: Ggf. Lokalanästhesie, Zugang 4./5. ICR
in mittlerer Axillarebene rechts/links (Bülau), seltener 2./3. Symptomatik. Dyspnoe, Thoraxschmerz, Zyanose,
ICR medioklavikulär (Monaldi), dorsaler Zugang möglich. Schock.
Nach Punktion muss eine Röntgen-Thoraxkontrolle erfol-
6 Diagnostik. Thoraxröntgen, CT.
1.4 · Thoraxchirurgie
43 1

Therapie. Thoraxdrainage, Mediastinoskopie. Thora- Schilddrüse und Speiseröhre


kotomie. 7 Kap. 1.7.

Entzündungen (Mediastinitis)
Definition/Ätiopathogenese. Entzündung (meist bak- 1.4.5 Maligno me und Metastasen
teriell, purulent) des Mediastinums. Zur akuten Media-
stinitis kann es z. B. bei Ösophagusverletzung (meist Bronchialkarzinom (. Abb. 1.14)
iatrogen) kommen, begleitend bei Hohlorganperforati- Definition/Ätiopathogenese. Maligne Neoplasie vom
on (z. B. Trachea), Fortleitung (meist von kranial der Bronchialepithel ausgehend. Zigarettenraucher bis zu
Hals-Kiefer-Rachenregion), direkte Ausbreitung aus 100-fach erhöhtes Risiko, an Bronchialkarzinom zu
dem Thorax (Lunge, Pleura, Wirbelsäule, Perikard, Ster- erkranken. Prävention besteht v. a. im Verzicht auf
num, Lymphknoten, iatrogen nach Thoraxeingriffen). Nikotinabusus. Grob unterscheidet man histologisch
den kleinzelligen und den nicht kleinzelligen Tumor
! Cave (. Tab. 1.11).
Mediastinitis: Gefahr der Sepsis! 4 Kleinzelliges Karzinom
4 Plattenepithelkarzinom
Symptomatik. Starker Thoraxschmerz, retrosternaler 4 Großzelliges Karzinom
Schmerz, Dyspnoe, Mediastinalemphysem, Fieber, Sep- 4 Adenosquamöses Karzinom u. v. a.
sis, Schock.
Epidemiologie. Weltweit häufigster maligner Tumor
Diagnostik. Thoraxröntgen (Mediastinalverbreiterung, des Mannes (3:1), Inzidenz ca. 60/100.000 Einwohner/
Empysem), CT, ggf. Gastrografinschluck bei Verdacht Jahr.
auf Ösophagusperforation.

Therapie. Drainage (transjugulär, Thorakotomie), sys-


temische hochdosierte Antibiose, kausale Behandlung
(z. B. Ösophagusversorgung z. B. Naht u. v. a.), ggf.
Spülbehandlung. Hoch letales Krankheitsbild (bis zu
50%).

Tumoren des Mediastinums


Ätiopathogenese. Eine Vielzahl von morphologisch
und histogenetisch verschiedenen Tumoren kann das
Mediastinum befallen: Thymustumoren, Neurogene
Tumoren, Keimzelltumoren, Lymphome.

Symptomatik. Symptome treten erst bei fortgeschritte- a


nem Tumor durch Kompression/Infiltration von Gefä-
ßen/Nerven/Ösophagus/Trachea auf:
4 Obere Einflussstauung
4 Dysphagie
4 Dyspnoe
4 Dysphonie
4 Horner-Syndrom
4 Neurologische Ausfälle der oberen Extremität

Diagnostik. Röntgen, CT, MRT.

Therapie. Sternotomie, anterolateraler, dorsolateraler


Zugang: Radikale Resektion als primär anzustrebendes
b
Verfahren (insbesondere bei primären Tumoren und
Keimzelltumoren). Ggf. Chemotherapie/Radiatio (ins- . Abb. 1.14. CT-Thorax: Bronchialkarzinom, T4 mit Infiltrati-
besondere bei malignen Lymphome). on der Trachealbifurkation. (Aus Siewert 2006)
44 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.11. Nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom TNM-Status und Stadieneinteilung nach UICC

T-Status N-Status M-Status Stadiengruppierung

4 Tis: Carcinoma in situ 4 N0: keine Lymphknoten- 4 M0: kein 4 Stadium 0: Tis
4 T1: Tumor ≤3 cm, Pleura in- metastasen (mindestens Hinweis für 4 Stadium Ia: T1,N0,M0
takt 10 entnommene Lymph- Metastasie- 4 Stadium Ib: T2,N0,M0
4 T2: Tumor >3 cm, Infiltration knoten) rung 4 Stadium IIa: T1,N1,M0
viszeraler Pleura. Abstand 4 N1: Infiltration regionärer 4 M1: Metas- 4 Stadium IIb: T2,N1,M0
zur Trachealbifurkation min- Lymphknoten (intrapul- tasen in Ske- oder T3,N0,M0
destens 2 cm monal, segmental, hilär) lett, Leber, 4 Stadium IIIa: T3,N1,M0
4 T3: Tumor Infiltriert Thorax- 4 N2: ipsilaterale mediasti- Gehirn und oder T1–3,N2,M0
wand, mediastinale Pleura, nale Lymphknoteninfilt- anderen Or- 4 Stadium IIIb: T1–
Perikard, Diaphragma, Tumor ration gane 3,N3,M0 oder T4,
in enger Nachbarschaft zur 4 N3: kontralaterale N0–3,M0
Trachealbifurkation mediastinale Lymph- 4 Stadium IV: T1–3,
4 T4: Tumor infiltriert Nachbar- knoteninfiltration, N0–3,M1
organe, Mediastinum, Malig- supraklavikuläre Lymph-
ne Zellen in Pleurapunktat knoteninfiltration

Symptomatik. Dyspnoe, Bluthusten, B-Symptomatik, astinale Lymphadenektomie ggf. En-bloc-Mitnahme


Horner-Syndrom. von Nachbarstrukturen (Herzvorhof, Diaphragma,
Thoraxwand). Adjuvante Chemotherapie nach Proto-
Diagnostik. Diagnostisch wichtig sind: kollen (z. B. Platinpräparate in Kombination mit vielen
4 Klinisch (Habitus, Palpation der Lymphknoten, anderen Chemotherapeutika). Neoadjuvante Chemo-
Auskultation) therapie ist Gegenstand intensiver Forschung.
4 Sonographie (Lebermetastasen) Einzelne Studien heben den Vorteil einer postope-
4 Bronchoskopie rativen Bestrahlung hervor.
4 Röntgen-Thorax Palliative Therapiemethoden sind z. B. Beseitigung
4 CT einer Bronchusverlegung (Bronchoskopie), Blutung
4 PET (Bronchoskopie, Thorakoskopie u. a.), Chemotherapie.
4 Szintigraphie (Knochenmetastasen)
4 Mediastinoskopie Prognose. Die Operationsletalität liegt je nach Schwere
des Eingriffes bis zu 10%. Die 5-Jahres-Überlebensrate
! Cave beträgt:
Über die Hälfte aller Rundherde, die sich radiologisch 4 Stadium I: 80%
finden lassen, sind Bronchialkarzinome (Malignome 4 Stadium II: bis zu 50%
vom Bronchialbaum ausgehend). 4 Stadium IIIa: bis zu 20%
4 Stadium IV: infaust
Therapie. Für die Therapieentscheidung wichtig sind
Histologie (sofern vorhanden) einschließlich Differen- Nachsorge. Die Nachsorge erfolgt gemäß Richtlinien:
zierungsgrad, Lokalisation und Staging wichtig. Zudem klinisch, konventionelles Röntgen und CT im Intervall.
ist die postoperative Lungenfunktion einzuschätzen.
Lungenmetastasen (. Abb. 1.15)
! Nötig ist die Resektion aller Rundherde, da es sich Lungenmetastasenchirurgie ist sinnvoll, wenn:
meist um Malignome handelt, und benigne Tumoren 4 eine R0-Resektion technisch möglich und verträg-
zudem entarten können. lich ist,
4 sich der Primärtumor kontrollieren lässt (R0-Re-
Nur die radikale Resektion bietet Chance auf Kuration. sektion),
Kurative Resektionsrate ca. 20–25%. 4 ausschließlich Lungenmetastasen vorliegen.
Mögliche operative Verfahren sind radikale Re-
sektion, Lobektomie, Bilobektomie, Pneumonektomie, ! Benigne und maligne primäre Lungentumoren sind
ipsilaterale Lymphknotenstationen ggf. radikale medi- selten.
1.4 · Thoraxchirurgie
45 1

(mangelhafte Oxygenierung, Schwäche, gehäufte Lun-


geninfekte) auf.
Bei angeborenen Missbildungen ist ggf. eine Lun-
genresektion notwendig (z. B. Resektion von Blindsack
bei Lungenhypoplasie und rezidivierenden Infekten,
z. B. Zystenentfernung bei solitären, multiplen Zysten
durch Zystektomie, Segmentresektion, Lobektomie,
Emphysembehandlung durch Segmentektomie (Lob-
ektomie, Resektion von Lungengefäß/Bronchialfehlbil-
dungen durch Resektion des betreffenden Abschnittes,
ggf. Fistelexzision).

1.4.7 Weitere Indikationen zur


Thoraxchirurgie

Thoraxchirurgische Verfahren kommen zudem bei fol-


genden Indikationen zum Einsatz:
. Abb. 1.15. Diffuse beidseitige Metastasierung in die Lun-
4 Lungensequester; Lungenparenchyminsel mit An-
gen bei Hodenteratom (nach Enukleation und abdomineller
Lymphadenektomie). (Aus Siewert 2006) schluss an die systemische arterielle Versorgung
(Aorta); Therapie: Resektion)
4 Bronchiektasen, Nekrosen und Karnifizierungen,
1.4.6 Angeborene Erkrankungen der Lunge Abszesse, Kavernen, Tuberkuloseherde
4 Schwere Mukoviszidoseherde können eine Resek-
Angeborene Lungenerkrankungen fallen direkt nach tion der betroffenen Abschnitte erfordern.
Geburt (Atemnotsyndrom), im frühen Kindesalter 4 Lungenembolie (Fazit, 7 Kap. Innere Medizin, 3.5.2)

In Kürze

Thoraxchirurgie

Rippenfraktur 4 Diagnostik: Röntgen, Sonographie, CT bei Verdacht auf Begleitverletzungen


4 Therapie: meist konservativ: Analgesie, Atemgymnastik. Operativ nur bei Störungen
der Atemmechanik (instabiler Thorax); bei paradoxer Atmung (Inversion). Ggf. Intu-
bation, Thoraxdrainage, Osteosynthese, Thorakoskopie

Sternumfraktur 4 Diagnostik: Röntgen


4 Therapie: meist konservativ. Bei instabilem Thorax Osteosynthese

Pneumothorax 4 Diagnostik: klinisch (Fehlen Atemgeräusch, hypersonorer Klopfschall, Dyspnoe, Zya-


nose); Röntgen-Thorax
4 Therapie: kleinere Luftansammlungen resorbiert der Körper selbst (Mantelpneumo-
thorax). Sofortige Entlastung bei Spannungspneumothorax. Punktion (Bülau, Monal-
di), Drainage und/oder endotracheale Intubation und Überdruckbeatmung. Thorako-
skopie, Thorakotomie. Intensivtherapie bei respiratorischer Insuffizient, Störungen
der Hämodynamik. Analgesie, O2-Gabe

Pyothorax, 4 Diagnostik: laborchemisch, klinisch, röntgenologisch, Sonographie


Pleuraempyem 4 Therapie: systemische Antibiose. Punktion, Drainage, ggf. Spülbehandlung. Seltener
Thorakoskopie, noch seltener Thorakotomie
6
46 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Mediastinitis 4 Diagnostik: Anamnese, Röntgen, CT, Bakteriologie


4 Therapie: systemische Antibiose, chirurgische Sanierung des Entzündungsherdes,
kausale Therapie, Drainage

Bronchialkarzinom 4 Symptomatik: Dyspnoe, Hämoptoe, Husten, Schmerz. Epilepsie (Hirnmetastasen),


Knochenschmerz (Skelettmetastasen). B-Symptomatik
4 Diagnostik: CT, Bronchoskopie, PET
4 Therapie: Lobektomie, Pneumektomie, radikal unter Mitnahme regionärer, mediasti-
naler Lymphknoten. Ggf. neoadjuvante, adjuvante Radiochemotherapie

Lungenmetastasen 4 Symptomatik: Dyspnoe, Hämoptoe, B-Symptome, Symptome des Primärtumors. Ge-


häufte respiratorische Infekte
4 Diagnostik: Röntgen, CT, MRT
4 Therapie: Resektion. Präoperative Beurteilung der postoperativen Lungenfunktion

Pleuramesotheliom 4 Diagnostik: Röntgen, Thorakoskopie, MRT, Szintigraphie, PET


4 Therapie: Resektion im Frühstadium. Sonst Chemotherapie, Bestrahlung. Fortge-
schritten infauste Prognose. Pleurodese (Talkum, Tetrazykline)

Lungenembolie 4 Diagnostik: klinisch (z. B. Schwellung der unteren Extremität, Dyspnoe), laborche-
misch (D-Dimere), CT, Angiographie, Sonographie, MRT-Angiographie, Angio-CT
4 Therapie: Antikoagulation, Fibrinolyse, Embolektomie als Ultima Ratio, Cava-Schirm
bei rezidivierenden Lungenembolien. O2-Gabe, Intensivtherapie

1.5 Herzchirurgie Grundsätzlich unterscheidet man Eingriffe am eröffne-


ten »offenen« und am geschlossenen Herzen.
K.-J. Paquet, U. Fetzner Extrakorporale Zirkulation
Vollständiges oder partielles »Ausschalten« des Her-
1.5.1 Grundlagen der Herzchirurgie zens als zentrale »Pumpe« aus dem Kreislauf und tem-
poräre Übernahme dieser Funktion und der Funktion
Bedeutung der Herzchirurgie der Lunge durch die sog. Herz-Lungen-Maschine
Geburtsstunde der modernen Herzchirurgie (Klappen- (HLM) im sog. extrakorporalen Kreislauf bezeichnet
ersatz, Korrektur von Septumdefekten) war die Einfüh- man als extrakorporale Zirkulation (. Abb. 1.16). Tech-
rung der sog. »Herz-Lungen-Maschine« (extrakorpora- nisch wird dies realisiert durch Kanülierung z. B. des
le Zirkulation) durch J. Gibbon im Jahre 1953. Große rechten Vorhofes und der Aorta. Über ein Leitungssys-
weltweite Aufmerksamkeit erlangte im Jahre 1967 die tem mit Pumpen (Heparinisierung) wird schließlich
erste Herztransplantation durch Christiaan Barnard ein sog. Oxygenator eingeschaltet, hier findet der arti-
(1922–2001) aus Kapstadt (Südafrika). fizielle Austausch von CO2 gegen O2 statt, ebenso die
Bei den Operationsindikationen am Herzen steht Thermoregulation.
insbesondere die Bypass-Versorgung der Koronararte- Gleichzeitig werden – um die Stoffwechselaktivität
rien bei koronarer Herzkrankheit (KHK) im Vorder- des nicht perfundierten Herzens zu drosseln – die Ko-
grund. Der Klappenersatz (Mitral-, Aortenklappe) ist ronarien des ausgeschalteten Herzens mit kalter (4–
heute minimalinvasiv möglich. Breite Überlappungen 10°C) kardioplegischer (hyperkaliämisch) Lösung
zur Kinderchirurgie bestehen bei der Korrektur angebo- durchströmt, ggf. wird das Myokard durch weitere
rener Fehlbildungen (z. B. persistierender Ductus Bo- Maßnahmen auf ca. 10°C abgekühlt (Hypothermie). So
talli). Verletzungen des Herzens sind insgesamt selten. werden Operationen am Herzen und der herznahen
Die Herztransplantation ist das Verfahren der Wahl bei Gefäße für einige Stunden möglich.
zunehmender und therapieresistenter Herzinsuffizienz.
1.5 · Herzchirurgie
47 1

. Abb. 1.16. Extrakorporaler Kreis-


lauf: Das venöse Blut fließt aus den
Hohlvenen in ein Reservoir. Von hier
wird es mit einer Roller- oder Zentri-
fugalpumpe durch den Oxygenator,
den Wärmetauscher und einen
Filter zurück in die Aorta befördert.
(Aus Siewert 2006) (7 Farbtafelteil)

1.5.2 Erkrankungen der Herzklappen Der operative Zugang erfolgt per medianer Sternoto-
mie. Herz-Lungen-Maschine (rechter Vorhof zu Aorta
7 Innere Medizin, Kap. 1.10. ascendens), kardiopulmonaler Bypass, milde Hypo-
thermie (30°C) mit kardioplegischer Lösung.
! Minimalinvasive Aorten- und Mitralklappenchirurgie Nach Herzklappenoperationen ist zu sorgen für:
ist auf dem Vormarsch. 4 Antikoagulanzien 3 Monate nach Operation bei
Bioprothesen, lebenslang bei künstlichen Prothe-
Bei Herzklappenfehlern handelt es sich um angeborene sen
oder erworbene Dysfunktion einer oder mehrerer 4 Endokarditisprophylaxe (antibiotisch, eingriffsab-
Herzklappen bzw. des Klappenhalteapparates. Man un- hängig)
terscheidet: 4 Verlaufsuntersuchungen (klinisch, EKG, Sonogra-
4 Stenose: Verengung phie)
4 Insuffizienz: Schlussunfähigkeit 4 Herzklappenausweis

Chirurgische Behandlungsnotwendigkeit ergibt sich 1.5.2.1 Erkrankungen der Aortenklappe


bei folgenden Symptomen: 7 Innere Medizin, Kap. 1.10.
4 Angina pectoris Erworbene Ursachen sind:
4 Dyspnoe 4 Degeneration
4 Arrhythmien 4 Entzündung
4 Synkopen
Eine Operationsindikation ergibt sich aus klinischer
Bei der Operation unterscheidet man (Klappenchirur- Symptomatik: Dyspnoe, Angina pectoris, Arrhythmien,
gie): Synkopen, Ergebnissen technisch-hämodynamischer
4 Rekonstruktion Diagnostik (Reflux, Abnahme der Ejektionsfraktion
4 Ersatz unter 55% der Norm) etc. Nach Ausschöpfung medika-
4 Valvuloplastie mentöser Maßnahmen kann die Indikation zur Opera-
tion gestellt werden.
Bezüglich der Prothesen unterscheidet man:
4 Alloprothesen aus Kunststoff (Doppelflügel, Kipp- Aorteninsuffizienz
deckel, Kippscheiben, Ballklappen) Definition. Schlussunfähigkeit der Aortenklappe meist
4 Xenogene Bioprothesen (Schwein, Rind) aufgrund Fibrosierung, Schrumpfung der Klappense-
4 Allogene Prothese (Leichenspende, kryokonserviert) gel, Erweiterung des Aortenklappenringes.
48 Kapitel 1 · Chirurgie

Symptomatik. Belastungsdyspnoe, Asthma cardiale. kels, bei akuter Dekompensation kann Lungenödem
1 entstehen.
Diagnostik. Echokardiographie, Angiographie, Herz-
katheterisierung. Symptomatik. Lange asymptomatisch, dann Dyspnoe,
Palpitationen, Asthma cardiale.
Therapie. Indikation zum Klappenersatz ergibt sich je
nach Symptomen und Einschränkung der linksventri- Diagnostik. Klinisch zeigt sich ein systolisches Decre-
kulären Funktion. Selten ist eine Rekonstruktion sinn- scendo über der Herzspitze, fortgeleitet in die linke
voll/möglich. Axilla. Die technische Diagnostik ergibt: p-Mitrale, oft
Vorhofflimmern. Röntgen-Thorax: mitralkonfigu-
Aortenstenose riertes Herz, Pulmonalstauung. Goldstandard ist die
Definition/Ätiopathogenese. Verengung aufgrund Dopplerechokardiographie.
Verkalkung, Fibrosierung.
Therapie. Die Indikation zur Operation ist gegeben ab
Symptomatik. Angina pectoris, Schwindel, Belastungs- NYHA Grad II, bei beschwerdefreien Patienten auch
dyspnoe. bei Vorliegen einer linksventrikulären Auswurffraktion
<55%. Es erfolgen Rekonstruktion (Anuloraphie, Plika-
Diagnostik. Auskultatorisch findet sich ein Systolikum; tur, Raffung, . Abb. 1.17) oder (meist) Ersatz, bei akuter
Echokardiographie, Angiographie. Dekompensation ggf. notfallmäßig.

Therapie. Eine Indikation zur Operation ergibt sich je


nach Symptomatik; bei schwerer Stenose auch ohne
Symptome. Liegt die Klappenöffnungsfläche <0,75
cm2/m2 KOF und auch bei Druckgradienten >50 mmHg
ist ebenfalls ein chirurgisches Vorgehen angezeigt. Sel-
ten sind Kommissurotomie, Klappenentkalkung mög-
lich/sinnvoll. Die Ballondilatation ist risikoreich und
selten von dauerhaftem Benefit. Indiziert ist daher
meist der Aortenklappenersatz.

1.5.2.2 Erkrankungen der Mitralklappe


Mitralstenose
Definition/Ätiopathogenese. Eine Mitralstenose, also
Verengung, findet sich isoliert nur selten. Meist ist sie
durch Fibrosierung der Klappensegel bedingt.

Symptomatik. Gedeihstörung, Dyspnoe, Herzinsuffizi-


enz.

Diagnostik. Diastolikum, Echokardiographie.

Therapie. Indikation zur Operation besteht bei einer


Klappenöffnungsfläche <1 cm2/m2 KOF und entspre-
. Abb. 1.17a–c. Mitralinsuffizienz aufgrund einer Segelelon-
chender Klinik, auch bei arteriellen Embolien. Ange-
gation, a mit konsekutivem Abriss der zentralen Sehnenflä-
zeigt ist der Versuch einer geschlossenen Kommissuro-
chen des posterioren Segels. b Der zentrale Anteil des posteri-
tomie (Ballonvalvuloplastie) oder offenen Kommissu- oren Segels wird reseziert und die Resektionsränder unter
rotomie, sonst der Herzklappenersatz. Verkürzung des Klappenrings wieder adaptiert. c Die Rekon-
struktion wird durch Implantation einer Ringprothese vervoll-
Mitralinsuffizienz ständigt (Anuloraphie). (Aus Siewert 2006)
Definition/Ätiopathogenese. Reflux (Regurgitation)
von Blut des linken Ventrikels in den linken Vorhof
während der Systole durch Klappenschwäche. Auf
Dauer entwickelt sich eine Dilatation des linken Ventri-
1.5 · Herzchirurgie
49 1

In Kürze

Chirurgische Therapie von Herzklappenerkrankungen

Erkrankung Therapie

Aorteninsuffizienz Selten Rekonstruktion sinnvoll/möglich. Aortenklappenersatz

Aortenstenose Selten Kommissurotomie, Klappenentkalkung möglich/sinnvoll. Ballondilatation


risikoreich und selten von dauerhaftem Benefit. Aortenklappenersatz

Mitralinsuffizienz Primär Versuch der Mitralrekonstruktion (Anuloraphie, Plikatur, Raffung). Bei Er-
folglosigkeit Mitralklappenersatz

Mitralstenose Primär Versuch der Mitralrekonstruktion. Geschlossene Kommissurotomie (Bal-


lonvalvuloplastie), offene Kommissurotomie. Bei Erfolglosigkeit Klappenersatz

1.5.3 Angeborene Fehlbildungen und großen Gefäßen: Ursprung der Aorta aus dem
des Herzens rechten Ventrikel, Ursprung der Pulmonalarterie
aus dem linken Ventrikel. Mit dem Leben ist dies nur
7 Pädiatrie, Kap. 2.16.3. vereinbar bei gleichzeitig bestehenden Septumdefek-
ten, die die hämodynamischen Auswirkungen abmil-
1.5.3.1 Persistierender Fetalkreislauf dern.
(Ductus arteriosus apertus, offener
Ductus Botalli) Symptomatik. Zyanose, Hypoxie bei Geburt.
Definition/Ätiopathogenese. Mangelnder Verschluss
der intrauterin physiologischen Verbindung zwischen Diagnostik. Auskultation, EKG, Röntgen, Echokardio-
Aorta und Pulmonalarterie. Bei offen bleibendem Duc- graphie, Herzkatheteruntersuchung, Angiographie.
tus Botalli besteht ein Links-Rechts-Shunt mit pulmo-
nalem Hochdruck. Therapie. Palliativmaßnahme: Foramen-ovale-Erwei-
terung (Ballonseptostomie nach Rashkind) unter Of-
Symptomatik. Atemnot, Herzinsuffizienzzeichen. fenhalten des Ductus arteriosus durch Prostaglandin,
um die Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. An ope-
Diagnostik. Die Auskultation ergibt ein »Maschinenge- rativen Korrektureingriffen sind arterieller Switch mit
räusch«; Organversagen insbesondere der Niere (Anu- Umpflanzung der Koronarien in den ersten Lebenswo-
rie); es besteht grundsätzlich die Gefahr der Organmin- chen, Verschluss eines ggf. vorliegenden Ventrikelsep-
derperfusion. tumdefektes. Atrialer Switch: Operative Umkehr der
venösen Zuflüsse auf Vorhofebene (Methode nach
Diagnostik. Auskultation, Echokardiographie, MRT. Mustard, Senning) indiziert. Zur Präzisierung dieser
hochkomplexen Operationsverfahren sei auf Spezialli-
Therapie. Bei hämodynamisch wenig wirksamen Shunts teratur verwiesen.
kann man zuwarten; in manchen Fällen erfolgt ein spon-
taner Verschluss beim reifen Neugeborenen. Ibuprofen- 1.5.3.3 Septumdefekte
oder Indometacingabe (Prostaglandininhibitor) kann den 7 Pädiatrie, Kap. 2.16.3.
Verschluss fördern. Falls dies erfolglos ist, ist die Ligatur
und Durchtrennen des Ductus Botalli bei lateraler Thora- Vorhofseptumdefekt
kotomie indiziert. Interventionelles Coiling (Verschluss Definition/Ätiopathogenese. Angeborener atrialer
des Ductus durch eine Metallspirale) ist in Erprobung. Septumdefekt oder Sinus-venosus-Defekt. Klinisches
Auftreten oder erst im Erwachsenenalter. In Abhängig-
1.5.3.2 Transposition großer Gefäße keit von der Größe besteht ein chronischer Links-
Definition/Ätiopathogenese. Fehlmündung (»ventri- Rechts-Shunt. Auf Dauer kann sich eine Rechtsherzin-
kuloarterielle Diskordanz«; angeboren) von Ventrikeln suffizienz entwickeln.
50 Kapitel 1 · Chirurgie

Symptomatik. Säuglinge/Kleinkinder sind meist Epidemiologie. Ca. 10% aller angeborenen Herz- und
1 asymptomatisch oder etwas leistungsschwach. Die Di- Gefäßmissbildungen. Präferenz des männlichen Ge-
agnose wird oft erst wegen des Herzgeräuschs oder re- schlechts.
zidivierender Atemwegsinfekte bei Schulkindern ge-
stellt. Symptomatik. Es bestehen Minderperfusion der unte-
ren Körperhälfte; Bluthochdruck der oberen Extremi-
Diagnostik. Auskultation (Systolikum über der A. pul- täten, Unterversorgung der Nieren. Weiterhin zeigen
monalis), Echokardiographie (Shunt-Fluss). sich Herzinsuffizienzzeichen.

Therapie. Indiziert ist – je nach Ausmaß der hämody- Diagnostik. Kein Leistenpuls, Systolikum. Röntgenthorax:
namischen Folgen und der Klinik – der Verschluss per Rippenusuren (Kollateralkreisläufe), Linksherzverbreite-
Katheter (interventionell) oder operativ: Naht, »Peri- rung. Angiographie, MRT-Angiographie, MRT, CT.
kardflicken« oder Dacronpatch.
Therapie. Korrektur durch Resektion des stenotischen
Ventrikelseptumdefekt Abschnitts und End-zu-End-Anastomose, oder Gefäß-
Definition/Ätiopathogenese. Angeborener Defekt in prothese oder Isthmus-Plastik, A.-subclavia-Umkehr-
der Herzkammer-Scheidewand von mm bis cm Größe. plastik.
Dieser führt nach der Geburt zu einem Links-Rechts-
Shunt sowie pulmonaler Hypertonie ! Cave
Risikoreiche Operation! Letalität 1–3%, Gefahr der
Epidemiologie. Häufigste angeborene Fehlbildung des postoperativen Paraplegie (Abgänge der rücken-
Herzens, etwa 1/3 aller angeborenen Herzfehlbildun- markversorgenden Arterien).
gen.
Prognose. Gut bei rechtzeitiger Korrektur.
Diagnostik. Klinisch Dyspnoe, Infektanfälligkeit, Ge-
deihstörung, Voussure (»Herzbuckel«), Zyanose. Systo- 1.5.3.5 Lungenvenenfehleinmündungen
likum, Zeichen der pulmonalen Hypertension. Die Definition. Mündung der Pulmonalvenen in den rech-
Echokardiographie erlaubt Aussage zu Größe und Lage ten Vorhof (partiell oder vollständig). Mit dem Leben
des Defektes, Angiokardiographie. nur bei gleichzeitigem Vorliegen eines Septumdefektes
vereinbar.
Therapie. Indiziert ist der Verschluss mit Dacron unter
Schonung des Erregungsmyokards. Kleinere Defekte Symptomatik. Es zeigen sich:
ggf. auch interventionell. 4 Dyspnoe
4 Trinkschwäche
! Cave 4 Gedeihstörung
Die Operation muss vor Auftreten der Eisenmenger- 4 Neigung zu bronchopulmonalen Infekten
Reaktion (Hypoxie und zentrale Zyanose infolge einer 4 Zyanose
Shunt-Umkehr (nun von rechts nach links) durch den 4 Abgeschwächtes Herzgeräusch
erhöhten pulmonalen Druck) erfolgen.
Diagnostik. EKG, Röntgen (»schlankes Herz« durch
1.5.3.4 Aortenisthmusstenose Hypoplasie des linken Herzens), Echokardiographie.
Definition. Verengung des Aortenisthmus. Kombinati-
on nicht selten mit anderen Fehlbildungen des Her- Therapie. Operative Korrektur über mediane Sternoto-
zens. mie.

Ätiopathogenese. Entwicklungsstörung, vermutet wird ! Cave


eine Kontraktion und anschließende Fibrosierung des Hohe Letalität des Eingriffs: ca. 10%. Allerdings ver-
betroffenen Abschnittes. sterben 80% Patienten ohne Operation im ersten Le-
bensjahr.
1.5 · Herzchirurgie
51 1

In Kürze

Angeborene Herzfehlern

Offener Ductus 4 Symptomatik: Herzinsuffizienzsymptome: Dyspnoe


Botalli 4 Diagnostik: Auskultation (Maschinengeräusch), Dopplerechokardiographie
4 Therapie: Versuch des medikamentösen Verschlusses (Prostaglandinsynthesehem-
mer), interventionell (Coiling), operative Ligatur (offen, minimalinvasiv)

Transposition großer 4 Symptomatik: Zyanose nach Geburt


Gefäße 4 Diagnostik: Auskultation, EKG, Röntgen
4 Therapie: medikamentöse Vorbereitung mit Prostaglandin. Arterial- und (seltener) at-
riale Switch-Operation

Vorhofseptumdefekt 4 Symptomatik: Gedeihstörung, bronchopulmonale Infekte


4 Diagnostik: Auskultation, EKG, konventionelles Röntgen, Echokardiographie
4 Therapie: Perikard- oder Kunststoffflicken (Dacron)

Ventrikelseptum- 4 Symptomatik: Dyspnoe, Gedeihstörung, Herzinsuffizienzzeichen


defekt 4 Diagnostik: Auskultation, EKG, konventionelles Röntgen, Echokardiographie
4 Therapie: operativer Verschluss mit Perikard- oder Kunststoffflicken (Dacron)

Lungenvenenfehl- 4 Symptomatik: Gedeihstörung, Trinkschwäche, gehäufte respiratorische Infekte.


mündung 4 Diagnostik: konventionelles Röntgen, EKG, Echokardiographie
4 Therapie: Operative Korrektur

Aortenisthmusste- 4 Symptomatik: Herzinsuffizienzzeichen, Differenz im arteriellen Blutdruck zwischen


nose oberer und unterer Extremität
4 Diagnostik: konventionelles Röntgen (Usuren), Angiographie, MR-Angiographie, MRT
4 Therapie: operative Korrektur im Kleinkindesalter

1.5.4 Erkrankungen der Herzkranzgefäße 4 Akutes Koronarsyndrom


5 Instabile Angina pectoris
Koronare Herzkrankheit (Angina pectoris) 5 Myokardinfarkt
7 Innere Medizin, Kap. 1.3.
Definition. Stenosierende Koronarsklerose und/oder Therapie. Konservative Maßnahmen bestehen in Le-
Koronarspasmus mit ischämischer Herzerkrankung bensumstellung Nikotinverzicht, Ernährungsumstel-
(Minderperfusion des Myokards). lung, Bewegung, Cholesterinsenkung, ggf. Blutdruck-
senkung, Stoffwechselkorrekturen.
Ätiopathogenese. Arteriosklerose der proximalen Ko-
ronarien führen zu Missverhältnis zwischen Sauerstoff- > Indikationsstellung zur Operation nach Ausschöp-
bedarf und Angebot des Arbeitsmyokards. fung pharmakologischer und interventioneller Thera-
pieoptionen (PTCA, Rotationsangioplastie, Stent).
Symptomatik. Pektanginöse Beschwerden, Herzin-
farktsymptome. Operationsverfahren sind: Gefäßtransplantation un-
ter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (selten ohne)
> Koronare Herzkrankheit: Missverhältnis zwischen O2 zur Überbrückung einer/mehrerer Stenosen oder Ver-
Angebot und O2 Bedarf des Myokards. schlüsse von Koronararterien. Als Transplantat dient
meist die V. saphena magna (einfach, mehrfach, Y-Graft,
Folgen sind: sequenziell) und/oder die Arteria thoracica interna
4 Herzinsuffizienz links und rechts (einfach, beidseits, sequenziell).
4 Arrythmien
52 Kapitel 1 · Chirurgie

Andere Operationsverfahren 1.5.5 Pacemaker-Implantation, Eingriffe


1 Auch Gewebe der A. radialis, epigastrica inferior, Vena ce- am Reizleitungssystem
phalica, Vena saphena parva kann zum Einsatz kommen.
Der Einsatz synthetischer Materialen und von Leichenspen- Definition. Implantation eines elektrischen Impulsge-
dermaterial ist kein Standardverfahren und nachteilig (Im- bers zur dauerhaften/intermittierenden Stimulation
munsystem). des Myokards mit intrakardialer Platzierung einer/
mehrerer Elektrode(n).
Die chirurgische Revaskularisierung lässt sich durch
folgende Verfahren erreichen: Indikationen. Brady-/Tachyarrhythmien (AV-Block,
4 Aortokoronarer Venenbypass (ACVB) trifaszikulärer Block, Bradykardie, Sick-Sinus, Karotis-
4 A.-mammaria (A.-thoracica-interna)-Myokardar- sinussyndrom, u. a.; 7 Kardiologie), Zustand nach über-
terialisierung lebtem Kammerflimmern/Reanimation (implantierba-
4 Bei Klappenischämieschaden ggf. zusätzliche Herz- rer Kardiodefibrillator).
klappenoperation Der Schrittmacher führt i. d. R. zu einer Verbesse-
rung der Lebensqualität (Leistungsfähigkeit), Verlänge-
Technisch erfolgt die Sternotomie, Überbrückung des rung der Lebenszeit.
Herzens durch extrakorporale Zirkulation in Hypo- Die Schrittmacher werden nach einem international
thermie, und »Stilllegung« des Herzens in hypothermer, üblichen Code beschrieben und klassifiziert (. Tab. 1.12).
kardioplegischer Lösung. Grob unterscheidet man Ein- und Zweikammer-
Eine Hauptkomplikation stellt der Bypass-Ver- schrittmacher (1, 2 Elektroden), heute meist mit physi-
schluss, meist aufgrund erneuter Arteriosklerose dar. ologischer Frequenzadaptation.

Prognose. Prognose nach Schwere der Myokardischä- Technik der Schrittmacherimplantation


mie, ggf. vorheriger Therapieversuche. 10-Jahres-Über- Die Implantation erfolgt in Lokalanästhesie z. B. in die
lebensrate bei 3-Gefäß-Erkrankung bis zu 90%. 50% der rechte Mohrenheimsche Grube, Kathetervorschub über
Patienten sind nach 10 Jahren noch beschwerdefrei. Die V.-cephalica-Präparation, V.-subclavia-Punktion (Sel-
Technik der A. thoracica interna ist überlegen. Die pe- dinger-Technik) unter Durchleuchtung. Selten kom-
rioperative Letalität liegt bei ca. 0,5–5%. men andere Techniken zum Einsatz.
Komplikationen sind:
In Kürze 4 Herzverletzungen (-perforation)
Die chirurgische Therapie der KHK besteht in: 4 Pneumo-, Hämatothorax
4 PTCA, ggf. mit Stentimplantation 4 Arrhythmien
4 Operative Revaskularisierung (Bypass-Operati- 4 Venenthrombose
on): V. saphena, A. mammaria, Endarterieektomie 4 Elektrodendislokation, Kabelbruch u. a.
4 Infektion

. Tab. 1.12. Internationaler Schrittmacher-Code. (Aus Siewert 2007)

1. Ort der Sti- 2. Ort der Wahrnehmung 3. Arbeitsweise 4. Belastungsan- 5. Antitachykardie-


mulation (Sensing) passung funktion
V = Kammer V = Kammer I = Inhibiert R = Frequenzanpassung B = Burst
(rate »vatz response«
A = Vorhof A = Vorhof T = Getriggert 0 = Keine Frequenzan- N = Kompetitive
passung Stimulation
D = Vorhof und D = Vorhof und Kammer D = Inhibiert und S = Scanning
Kammer getriggert
0 = keine Wahrnehmung 0 = Keine E = Externe Steue-
Steuerung rung

0 = Keine Antitachy-
kardiefunktion
1.5 · Herzchirurgie
53 1

> Moderne Schrittmacher sind klein, langlebig (Lithium- 4 Tragbare externe Pumpe (elektromechanisch, pneu-
batterie >10 Jahre), extern programmierbar. Sie werden matisch): Pumpfunktion zwischen Vorhof/Kammer
an vielen Kliniken auch von Kardiologen implantiert. und Aorta oder Aa. pulmonales (Links- bzw. Rechts-
herzbypass); temporäres Verfahren bei u. U. vollstän-
dig erloschener Herzfunktion
1.5.6 Herztransplantation 4 Intraaortale Gegenpulsation: Ballopumpe intraaortal,
eingebracht über A. iliaca/femoralis, temporäres Ver-
Ist das Endstadium einer Herzinsuffizienz (terminale fahren bei schwerster Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz), welcher Genese auch immer (korona- 4 Kunstherz: implantierte elektromechanische Pumpe;
re Herzkrankheit, dilatative Kardiomyopathie, Herzklap- experimentelles Verfahren
penfehler, angeborene Herzfehler, Myokarddysplasie,
hypoplastisches Linksherzsyndrom, hypertrophe obst- > 10–20% der Patienten auf der »Warteliste« versterben
ruktive Kardiomyopathie, Herztumoren, Endomyokard- in dieser Periode.
fibrose u. a.) erreicht und sind konservative und andere
Maßnahmen ausgeschöpft, kommt therapeutisch nur Technik der Herztransplantation. Zugang über media-
noch die Implantation eines Spenderherzens in Frage. ne Sternotomie. Kardiopulmonaler Bypass in kontrol-
Die Herztransplantation verlängert das Überleben und lierter Hypothermie. Meist erfolgt eine orthotope Im-
erhöht die Lebensqualität. Man unterscheidet: plantation: Entnahme des Empfängerherzens, Verbleib
4 Heterotope Herztransplantation (selten) z. B. der Vorhöfe und Teile der Hinterwand. Anastomo-
4 Orthotope Herztransplantation (meist) se der Aorta und der Pulmonalarterien, Anastomose
der Vorhöfe und Hinterwand, anschließend Entlüftung
Heterotope versus orthotope Transplantation und »Reanimation« des implantierten Herzens. Meist
4 Heterotop: Verbleib des Empfängerherzens, Implanta- folgt die Implantation eines Schrittmachers und epikar-
tion des Spenderherzens in »Parallelschaltung«. Dies dialer Sonden.
kommt zur Anwendung bei Hoffnung auf Erholung des
Empfängerherzens: Spätere Explantation des Spender- Komplikationen. An Komplikationen können auftre-
herzens. Auch bei bestehendem Pulmonalhochdruck ten:
und bei nicht optimalem Spenderorgan. Implantation 4 Frühes Rechtsherzversagen
des Spenderherzens parallel. 4 Koronare Arteriosklerose
4 Orthotop: Explantation des Empfängerherzens und 4 Hyperakute Abstoßung
biatriale oder bikavale Implantation. 4 Akute Abstoßung
4 Chronische Abstoßung
Zum Empfang eines Herzens müssen Allokationskrite- 4 Nebenwirkungen der immunsuppressiven Thera-
rien zutreffen (7 Kap. 1.1.14), die Vergabe wird über Eu- pie (7 Pharmakologie)
rotransplant geregelt. Kriterien zum Matching sind
AB0-/HLA-Kompatibilität und geeignete Herzgröße, Maßnahmen: Retransplantation.
zahlreiche Kontraindikationen sind definiert.
Nachbehandlung. Nach einer Herztransplantation sind
> Technische Transplantationskriterien sind: linksventri- folgende Maßnahmen wichtig:
kuläre Auswurffraktion <20%, Herzindex <2 l/min/m2 4 Lebenslange Immunsuppression (Ciclosporin, Aza-
KOF, erhöhter rechts- oder linkseitiger Füllungsdruck thioprin, Glukokortikoide)
<20 mmHg in der Herzkatheteruntersuchung. 4 Überwachung auf Abstoßung (Biopsie, epikardiale
Sonden)
Bis ein Organ zur Verfügung steht, muss eine Zeitperi- 4 Regelmäßige EKG, Echokardiographie u. a. Unter-
ode überbrückt werden, hierbei kommen u. U. herzun- suchungen
terstützende Maßnahmen in Frage.
Prognose. 1-Jahres-Überlebensrate 80%, 5-Jahres-
Herzunterstützende Maßnahmen Überlebensrate 70%, 10-Jahres-Überlebensrate 50%.
Herzunterstützende Maßnahmen kommen temporär nach
schwerem Infarkt, postoperativer Herzinsuffizienz oder
als Überbrückungsmaßnahme vor Herztransplantation
(»bridging to transplant«) in Frage.
6
54 Kapitel 1 · Chirurgie

1.5.7 Sonstige Indikationen störungen, Diabetes mellitus, fettreiche Ernährung,


1 herzchirurgischer Eingriffe Immobilisation.

Arrhythmiechirurgie (Korridoroperation nach Maze, Untersuchung der Gefäße


Endomyokardresektion) ist seit Einführung und konti- 7 Anamnese und Krankenuntersuchung.
nuierlicher Verbesserung der Schrittmacher seltener Die klinische Untersuchung umfasst bei Gefäßer-
geworden. Zusätzlich sind viele z. B. ablative Eingriffe krankungen folgende Punkte:
auch interventionell möglich, allem steht zunächst die 4 Inspektion: Durchblutungsstörungen, Blässe, ver-
Ausschöpfung pharmakologischer Behandlungsoptio- längerte Rekapillarisierungszeit, Gangrän, Nekro-
nen voran. sen, trophische Störungen
4 Palpation: Temperatur, peripherer Puls (Seitenver-
gleich!)
1.6 Gefäßchirurgie 4 Allen-Test
4 Ratschow-Lagerungsprobe
K.-J. Paquet, U. Fetzner 4 Auskultation: Strömungs-/Stenosegeräusche
4 Blutdruckmessung, auch peripher
4 Bestimmung der Gehstrecke
1.6.1 Bedeutung der Gefäßchirurgie 4 Kältetest (Kälteexposition der Hände z. B. 10 min
im Wasserbad von 12°C), AER-Test (Öffnen und
Gefäßersatz (z. B. durch körpereigene Vene, Arterie, Schließen der Faust für 3 min alle 2 s.
synthetische Materialien), Bypass-Operationen (Um-
gehungen) werden seit annähernd 100 Jahren mit zu- An technischen Untersuchungen kommen hinzu:
nehmendem Erfolg (Fortschritte der Antikoagulanzi- 4 Sonographie
en, Nahtmaterial und des Kunstoffersatzes) durchge- 4 Doppler-/Duplex-Sonographie
führt und reduzierten drastisch die Anzahl der 4 Angiographie (cave: Nierenfunktion!)
notwendigen Gliedmaßenamputationen. Kenntnisse 4 Angio-MRT, CO2-Angiographie
in der Gefäßchirurgie waren Ausgangspunkt für Re- 4 CT-Angiographie
plantationen (Gliedmaßen) genau wie für die Entwick- 4 CT
lung der modernen Transplantationschirurgie. Ge- 4 MRT
fäßeröffnende Eingriffe (TEA), sind bei frischen Ver- 4 DSA
schlüssen an großen Arterien das Verfahren der Wahl.
Operationen am Venensystem aufgrund chronisch
venöser Insuffizienz gehören zu den häufigsten Ein- 1.6.3 Grundprinzipien der Operationen
griffen, Operationen an den herznahen großen Gefä- an Gefäßen
ßen, z. B. der Aorta bei Aneurysmen und Verschlüssen
(z. B. künstlicher Aortenersatz) werden heute stan- Die Gefäßnaht ist eine Einzelknopfnaht mit hauch-
dardmäßig durchgeführt. Die Gefäßchirurgie konkur- dünnem, meist nicht resorbierbarem, monofilem Naht-
riert in vielen Bereichen mit interventionellen Verfah- material (Polypropylene 9–0, 10–0), oft unter starker
ren der Radiologie und der Inneren Medizin (PTA, Lupenvergrößerung/Mikroskop (Mikrochirurgie)
Stenting etc.) und mit konservativen Verfahren (z. B.
Lysetherapie). Technik der Gefäßnaht
Nach dem Abklemmen der Enden und Ausspülen werden
die Adventitia entfernt und die Enden approximiert. Die
1.6.2 Allgemeine Prinzipien Adaptation erfolgt mit 2 Einzelknöpfen, dann folgt eine
der Gefäßchirurgie allschichtige Naht der Vorder- und Rückseite. Nach Freiga-
be der Klemmen ist die Durchgängigkeit zu prüfen.
1.6.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung,
technische Diagnostik 1.6.3.1 Operationsverfahren, Terminologie
Anamnese Folgende Begriffe bezeichnen Verfahren der Gefäß-
Abgefragt werden Schmerzen, Gehstrecke (Strecke chirurgie:
schmerzfreien zügigen Gehens) und Risikofaktoren für 4 Embolektomie/Thrombektomie: Entfernen eines
Gefäßerkrankungen, z. B. Bewegungsarmut, Nikotin- Embolus direkt (Arteriotomie, Venotomie) oder
missbrauch, arterielle Hypertension, Fettstoffwechsel- per Fogarty-Ballon-Katheter
1.6 · Gefäßchirurgie
55 1

4 Thrombendarteriektomie (TEA)
4 Gefäßersatz (Interponat, Bypass): Arterie, Vene . Tab. 1.13. Differenzialdiagnose arterielle Embolie
(in situ, »reversed«), Dacron, Polytetraflourethylen versus arterielle Thrombose. (Aus Siewert 2006)
(PTFE)
Art des Perfu- Merkmale
4 Gefäßrekonstruktion (Patch, Naht) sionsstörung
4 Sympathektomie: Kappen der vegetativen Innerva-
tion Arterielle Plötzlicher Schmerzbeginn
Embolie Kontralateral periphere Pulse tast-
Als Interponat bezeichnet man die Resektion eines Ar- bar
Häufig schwere Anämie
terienabschnittes und Einsetzen von körpereigenem
Nachweis einer möglichen Embo-
(Vene) oder körperfremdem Gewebe (PTFE, Dacron).
liequelle (kardial)
Bypass steht für die Überbrückung (Anastomosen Zustand nach peripherer Embolie
proximal und distal) z. B. eines Gefäßverschlusses mit
körpereigener Vene oder Prothesen (PTFE, Dacron). Arterielle Claudicatio intermittens bekannt
Thrombendarteriektomie (TEA): Längsarterioto- Thrombose (pAVK)
mie und Ausschälen der Wandauflagerungen (Plaque) Atherosklerose-Risikoprofil
Zustand nach arterieller Throm-
und Wiederverschluss, ggf. Implantation einer Gefäß-
bose
prothese (Dacron, PTFE, Vene).
Zustand nach Bypass-Operation
Replantationen sind Verfahren der Hand- und Plas- Zustand nach PTA/Stent
tischen Chirurgie (Mikrochirurgischer Gefäßanschluss). Aneurysma der A. politea, A. fe-
moralis bekannt
1.6.3.2 Akute arterielle Perfusionsstörung
(Embolie, Thrombose)
Definition. Intravasale Verschleppung eines Embolus
mit Verschluss einer Arterie und Ischämie eines Ver- > Therapie des Mesenterialinfarkt: Resektion des be-
sorgungsgebietes. troffenen Darmabschnitts (7 Kap. 1.7).

Ätiopathogenese. Kardial, Aneurysmen, Thrombose, 1.6.3.3 Chronische arterielle


iatrogen u. a. Perfusionsstörung
Definition. Je nach versorgender Arterie bzw. Gliedma-
Symptomatik. Die klinischen »6 P« (nach Pratt) bei ße/Organ werden unterschiedliche Begriffe verwendet
einer akuten Perfusionsstörung sind: (Einzelheiten 7 Kap. 1.7, 1.5.1, 1.2).
4 Pain (Schmerz) 4 Am Bein: Claudicatio intermittens
4 Paleness (Blässe) 4 Intestinum Claudicatio intestinalis
4 Pulselessness (Pulslosigkeit) 4 Hirnversorgende Arterien: A.-carotis-Stenose
4 Paraesthesia (Sensibilitätsstörung) (7 Kap. Neurologie, 1.2)
4 Paralysis (Lähmung) 4 Nieren: Nierenarterienstenose
4 Prostration (Schock) 4 Herz: KHK

Diagnostik. Dopplersonographie, Angiographie, An- Ätiopathogenese. Ursache ist meist eine Arterioskle-
gio-MRT, Labordiagnostik. rose.

> Die Diagnose wird klinisch gestellt; für technische Symptomatik. Die klinische Klassifikation erfolgt nach
Diagnostik ist wenig Zeit. Fontaine-Ratschow:
4 Stadium I: Asymptomatisch
Zur Differenzialdiagnostik . Tab. 1.13. 4 Stadium II: Claudicatio (a: >200 m, b: <200 m)
Therapie des Verschlusses großer und mittlerer 4 Stadium III: Ruheschmerz
Arterien, sowie organversorgender Arterien: 4 Stadium IV: Nekrosen (. Abb. 1.18)
4 Heparingabe (5000–10000 IE i.v.)
4 Fogarty-Ballonkatheter Diagnostik. Dopplersonographie, Perfusionsver-
4 Thrombektomie (direkt) schlussdruckbestimmung, Laufbandtest, Angiographie,
4 Ultima ratio: Notamputation (z. B. bei drohender Angio-MRT.
Sepsis)
56 Kapitel 1 · Chirurgie

4 A. dissecans: Einriss der Intima mit »Wühlblutung«


1 und Kanalisierung in der Gefäßwand

Ätiopathogenese. Arteriosklerose, Angiitis, Verletzung


(auch iatrogen), angeborene Störung.

Symptomatik. Aneurysmen bleiben oft lange symp-


tomlos, meist sind es Zufallsbefunde. Gravierende
Symptomatik ergibt sich bei Komplikationen: Ruptur,
Embolie, Thrombose, Fistelung.

Diagnostik. Sonographie, Angio-MRT, MRT, CT.

. Abb. 1.18. Periphere AVK mit Nekrosen aller Zehen (Stadi- Komplikationen. Ruptur mit Blutung, Embolie, Throm-
um IV nach Fontaine). (Aus Siewert 2006) (7 Farbtafelteil) bose, Fistelung (z. B. aorto-kaval).

> Ein Aneurysma der A. abdominalis nimmt durch-


pAVK, Claudicatio intermittens schnittlich um 4 mm/Jahr zu. Schnellere Verläufe sind
Definition. 80% infrarenaler Verschluss der Iliakalgefä- nicht selten.
ße oder tieferer Etagen. Man unterscheidet:
4 Beckentyp Aortenaneurysma (zentrales Aneurysma)
4 Oberschenkeltyp Epidemiologie. Bei ca. 5% aller über 65-Jährigen liegt
4 Unterschenkeltyp zumindest ein asymptomatisches Aneurysma der Abdo-
minalaorta vor. Männer sind 4-mal häufiger betroffen.
Meist liegen Kombinationen vor. Vorkommen zu 85% abdominal, davon 95% infrarenal,
15% thorakal, periphere Aneurysmen (. Abb. 1.19).
Therapie. Die operative Therapie ist indiziert in Stadien Lokalisationen und Ätiopathogenese:
III, IV. Grundsätzlich können alle genannten Verfahren 4 Aorta ascendens: meist A. dissecans
zum Einsatz kommen (PTA, Fogarty, TEA, Bypass). 4 Aortenbogen: Lues
Nach Ausschöpfung konservativer Behandlungsoptio-
nen sind indiziert: Beseitigung von Risikofaktoren,
Gehtraining, Thrombozytenaggregationshemmung
(Azetylsalizylsäure 300 mg 1-mal/Tag p.o, Clopidrogel
75 mg 1-mal/Tag p.o.).
Operativ kommen folgende Bypass-Arten infrage:
4 Aorto-femoral
4 Femoro-popliteal
4 Femoro-krural
4 Femoro-pedal
4 Popliteo-krural
4 Cross-over-Bypass (Bypass z. B. von der A. iliaca
zur A. femoralis der Gegenseite)

1.6.3.4 Aneurysmen
Definition. Ausweitung eines arteriellen Gefäßes infol-
ge angeborener/erworbener Wandveränderungen (In-
fektion, Arteriosklerose, traumatisch). 7 Grundlagen-
band, Kap. Pathologie, 3.2.7.2. Hirngefäßaneurysmen:
7 Kap. 1.2.5.1. . Abb. 1.19. Spiral-CT und dreidimensionale Rekonstruktion
Aneurysmatypen sind: eines infrarenalen Aortenaneurysmas mit Beteiligung der
4 A. verum: gesamte Wandung A. iliaca communis rechts, ausgeprägte Elongation und Knick-
4 A. spurium/falsum: bindegewebige Kapsel nach bildung der Aorta und der Beckenarterien; 75-jähriger Mann,
Verletzung Therapie durch aortobiiliakales Interponat. (Aus Siewert 2006)
1.6 · Gefäßchirurgie
57 1

4 Aortenisthmus: traumatisch
4 Aorta descendens: Arteriosklerose
4 Aorta abdominalis: Arteriosklerose

Symptomatik. Meist Asymptomatisch. Im Verlauf ent-


wickeln sich Schmerzen: Bauchschmerzen, Rücken-
schmerzen, ischalgieforme Beschwerden sowie Ner-
venirritationen, Venenkompression, Thrombose und
periphere Ischämie. Bei Komplikationen, z. B. Ruptur,
kann es zu Schock, akuter Kreislaufdekompensation
kommen.

Diagnostik. Palpatorisch abdominelle Pulsationen,


Auskultation. . Abb. 1.20. Rupturiertes infrarenales Aortenaneurysma im
Zur technischen Diagnostik gehören: CT, tödlicher Ausgang (mögliche Rupturlokalisationen im klei-
4 Sonographie nen Bild). (Aus Siewert 2006)
4 CT
4 MRT
Operation des Aneurysmas
Therapie. Eine Operationsindikation besteht grund- Freilegung des Aneurysmas, nach Heparingabe erfolgt pro-
sätzlich bei einer Größe von >4 cm (bei Diagnose ximales und distales stumpfes Abklemmen. Nach der
>70. Lebensjahr abhängig von Verlauf – dreimonatliche Längsinzision des Aneurysmasackes wird ggf. ein Throm-
Kontrollen –, Operabilität etc.). Bei Vorliegen eines bus entfernt. Es folgen die Interposition der Prothese aorto-
symptomatischen Aneurysmas wird altersunabhängig aortal oder aorto-biiliakal, aorto-bifemoral, Kontrolle der
dringlich operiert. Viszeralarterien, ggf. Implantation der A. mesenterica infe-
rior in die Prothese, ggf. aller Viszeralarterien unter Beach-
> Bei Verdacht auf Aneurysmaruptur ist eine sofortige tung der Ischämiezeit. Schließlich wird der Aneurysmasack
Notoperation indiziert: Laparatomie und proximales über der Prothese (meist, »Inlaytechnik«) verschlossen.
Abklemmen der Aorta.
Eine Alternative ist der interventioneller Eingriff mit-
Therapieprinzip ist die Interposition einer Kunststoff- tels Stent-Prothesen, die durch die Femoralgefäße plat-
prothese (Aorta); Inlaytechnik (s. unten): ziert werden (. Tab. 1.14, . Abb. 1.21). Diese Verfahren
4 Aortoaortale Interposition sind der Interposition insbesondere bei thorakalen An-
4 Aortobiiliakale Interposition (Y-Prothese) eurysmen (da kranial der Abgänge von Viszeral- und
Nierenarterien!) überlegen.
! Cave Man schätzt, dass zukünftig ein Drittel aller Aor-
Aneurysmen >5 cm tragen ein 50%-iges Rupturrisiko tenaneurysmen interventionell versorgt werden kann.
innerhalb der folgenden 2 Jahre. Bei einer Ruptur be-
steht eine bis zu 90%-ige Letalität trotz Maximalthe- > Komplikationen der Aortenchirurgie: Infektion der
rapie (. Abb. 1.20). Prothese, Leckage.

. Abb. 1.21. Klassifikation in-


frarenaler Aortenaneurysmen
nach Allenberg: Die Typen I, IIa,
IIb sind für eine endovaskuläre
Therapie geeignet, Typ IIC und
Typ III sind nicht geeignet. (Aus
Siewert 2006)
58 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.14. Vor- und Nachteile der konventionellen versus der endovaskulären Therapie des Aortenaneurysma. (Aus
Siewert 2006)

Konventionelle Operation Endovaskuläres Verfahren (»Stent-Prothese«)

Vorteile Sehr gute Langzeitergebnisse Weniger invasiv

Spätkomplikationen selten (Prothesenin- Kurze Verweildauer


fekt, Anastomosenaneurysma etc.)

Standardisiertes Verfahren Geringere Morbidität und Letalität

Geringere Morbidität und Letalität beim rupturierten Aneu-


rysma

Geringe Paraplegie-Rate beim thorakalen Aortenaneurysma

Nachteile Invasives Verfahren Nur bei ca. 30% aller abdominellen Aortenaneurysmen
anwendbar

Größerer Blutverlust Teure Materialien

Längere Rekonvaleszenz Risiko der späten Ruptur (0,5–1%/Jahr)

Abdominelle Voroperation (Narbenhernie) Risiko der »Endoleckage« im Verlauf

Größere Morbidität und Letalität? Regelmäßige klinische und morphologische Kontrolle


notwendig

Therapiekosten insgesamt höher? Prothesenschenkelverschlüsse häufiger?

1.6.3.5 Aortendissektion
Definition. Einriss der Aortenwand (Intima) und nach-
folgende »Wühlblutung« und Bildung eines »Falschka-
nals« im Medianiveau. Man unterscheidet (. Abb. 1.22):
4 Typ A: Dissektion oberhalb der linken A. subclavia
4 Typ B: Dissektion unterhalb der A. subclavia

Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen sind Arterio-


sklerose, jahrzehntelange arterielle Hypertension, Me-
dianekrose, Spontan, Disposition bei Erberkrankungen
(Marfan, Ehlers-Danlos).

Symptomatik. Heftige thorakale Schmerzen (»ein-


schießender Schmerz zwischen den Schulterblättern«),
Rückenschmerz, KHK-Symptomatik, Bauchschmerz,
Schock, Paraplegie- und Schlaganfallsymptome, Hals-
venenstauung.
. Abb.1.22a, b. Aortendissektion. a DeBakey-Klassifikation
(Typ I–III); b Stanford-Klassifikation (Typ A und Typ B). (Aus
Diagnostik. Herzinfarktdiagnostik (Differenzialdiag-
Siewert 2006)
nose): CK, EKG, Troponin-T; Röntgen-Thorax, Echo-
kardiographie, Spiral-CT, MRT, DSA (. Abb. 1.23). Dif-
ferenzialdiagnostisch auszuschließen sind: Myokard-
infarkt, Lungenembolie.
1.6 · Gefäßchirurgie
59 1

a b

. Abb. 1.23a, b. CT bei einer akuten Aortendissektion: a Aortenbogen. Das kleinere, kontrastmitteldichtere Lumen ist
Pfeil 1 zeigt auf die Dissektionsmembran in der Aorta ascen- das »wahre« (Pfeil 4) und das größere das »falsche« Lumen
dens, mit Ausbildung eines »wahren« und eines »falschen« Lu- (Pfeil 5). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof Dr. Kauff-
mens. b Dissektionsmembran im Truncus brachiocephalicus mann, Radiologische Universitätsklinik Heidelberg; aus
(Pfeil 2) und in der linken A. carotis (Pfeil 3). Doppellumen im Siewert 2006)

Therapie. Bei chronischem, mildem Verlauf sind regel- der extrakorporalen Zirkulation und unter Hypother-
mäßige Kontrollen indiziert. Obere Aortendissektionen mie versorgt werden.
werden vom Herzchirurgen, untere meist endovaskulär
versorgt. Operation: Zugang per Sternotomie oder en- ! Cave
dovaskulär. Typ-A-Dissektionen müssen unter Einsatz Akute Dissektion: Notfall! Notoperation! Letalität 90%!

In Kürze

Gefäßchirurgische Erkrankungen der Aorta und peripheren Arterien (Auswahl)

Claudicatio inter- 4 Symptomatik: Claudicatio intermittens (Schmerzen, Einteilung nach Fontaine I bis IV),
mittens (pAVK) Nekrosen
4 Diagnostik: klinisch, Dopplersonographie, Perfusionsverschlussdruckbestimmung,
MR-Angiographie, Angiographie
4 Therapie: Gehtraining, Risikofaktorsenkung, Thrombozytenaggregationshemmung.
PTA und Stent, TEA und Bypass-Operation. Wundversorgung, ggf. plastisch-chirurgi-
sche Eingriffe. Amputationen als Ultima ratio

Aortenaneurysma 4 Symptomatik: meist asymptomatisch. Gravierende Symptomatik bei Komplikationen:


Schock
4 Diagnostik: abdominelle Palpation, Sonographie, Spiral-CT
4 Therapie: Bei Aneurysen >5 cm meist Aortenersatz durch Prothese (Rohrprothese, Y-
Prothese), thorakal: endovaskuläres Stenting (EVAR) überlegen

Aortendissektion 4 Symptomatik: plötzlicher thorakaler Schmerz, Organischämiezeichen (Abdomen, re-


troperitoneal, Paraplegie) Schock
4 Diagnostik: CT, Spiral-CT
4 Therapie: Herz-Thorax-Eingriff, ggf. endovaskuläres Stenting
60 Kapitel 1 · Chirurgie

1.6.4 Chirurgie der Venen-, 4 MRT


1 Lymphgefäße 4 Hämatologische Diagnostik (Blutgerinnung)

1.6.4.1 Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) ! Cave


und Varikosis Keine Operation vor Nachweis eines funktionsfähigen
Definition. Es handelt sich um die chronische Erkran- tiefen Venensystems!
kung des Venensystems (z. B. der Stammvenen
(V. saphena magna, parva, Perforansvenen, Klappende- Therapie. Physikalisch kommen Kälteanwendungen
fekt) (. Abb. 1.24). Diese geht meist in Folge einher mit infrage; wichtige weitere konservative Maßnahmen
ausgedehnten Veränderungen der oberflächlichen Ve- sind Gewichtsreduktion, Bewegung und Kompression
nen der Beine (Stadieneinteilung und weitere Details: mittels angepasster Stützstrümpfe.
7 Innere Medizin, Kap. 2.2.2). Operative Verfahren sind:
4 Krossektomie
Symptomatik. Klinisch zeigen sich Schweregefühl, 4 Stripping und Seitenastexhärese (Stammvenenresek-
Schwellung, Hautveränderungen (Verfärbung, Tro- tion) z. B. Saphena-magna/parva-Resektion bei in-
ckenheit, Ekzem, Indurationen etc.). taktem tiefem Beinvenensystem mit Perforansligatur
4 Endoskopisch: subfasziale endoskopische Perfo-
Komplikationen. Thrombophlebitis und Thrombose. ransdissektion

Diagnostik. Neben dem klinischen Bild ist die tech- Neuerliche Verfahren zur Therapie der Varikosis
nische Diagnostik wegweisend für die Diagnostik: 4 Kryomethode: Extraktionssonde, die durch Stickstoff
4 Doppler-Sonographie herabgekühlt wird
4 Sonographie, Duplexsonographie 4 Laserbehandlung bei »Besenreisern« als v. a. kosmeti-
4 Phlebographie sches Verfahren
4 Phlebodynamometrie 4 Verödung oberflächlicher Venen mit EM-Wellen (frü-
4 Lichtreflexionsrheographie her: Glukose und andere »verklebende Substanzen«;
4 Venenverschlussphlethysmographie Sklerotherapie)

. Abb. 1.24. Oberflächliches und tiefes Leitvenensystem der Beine und Flussverhalten bei Stammvarikose der V. saphena
magna und V. saphena parva. (Aus Siewert 2006) (7 Farbtafelteil)
1.6 · Gefäßchirurgie
61 1
1.6.4.2 Ulcus cruris venosum Therapie. Grundsätzlich stehen Thrombolyse, Hepari-
Definition. Infolge chronisch venöser Insuffizienz nisierung und Mobilisation und die Thrombektomie
kommt es zur Ausbildung von Ulzera, chronischen zur Verfügung. Welches Verfahren zur Anwendung
Wunden (7 Innere Medizin, Kap. 2.2.6). kommt, hängt mit der Lokalisation des Thrombus, dem
Alter des Thrombus, den Grund- und Begleiterkran-
Ätiopathogenese. Vor einer Lokaltherapie muss die kungen des Patienten zusammen.
Ursachenabklärung und ggf. kausale Therapie erfolgen Standard sind folgende Therapieoptionen:
(Sanierung arterielles, venöses System, ggf. Stoffwech- 4 Sofortige Antikoagulation mit Heparin
selkorrektur (Diabetes mellitus). 4 Kompressionsverband
4 ggf. Thrombolyse (Kontraindikationen z. B. Myo-
Diagnostik. Diagnostisch wichtig sind neben der Beur- kardinfarkt, posttraumatisch u. a.) mit Kinasen
teilung des klinischen Bildes: 4 Operation
4 Angiographie
4 Sonographie, Farb-Duplex-Sonographie An Operationsverfahren stehen zur Verfügung:
4 Phlebographie (nur noch selten indiziert) Thrombektomie (z. B. transfemoral) bei Phlegmasia
coerulea dolens (Vollbild der venösen Abflussstörung
Therapie. Therapeutisch wichtig sind: mit Schwellung, Schmerz) und frischer Thrombose mit
4 Kompression Fogarty-Ballonkatheter, Ringstripper, Exprimation. Ge-
4 Wunddébridement, Desinfektion gebenenfalls kommt die offene Thrombektomie nach
4 Hydrokolloidverbände, autolytische enzymatische gefäßchirurgischen Prinzipien in Frage.
Verbände Die Nachbehandlung umfasst die Heparinisierung,
4 Gegebenenfalls Hauttransplantation später orale Antikoagulation per Phenprocoumon nach
4 Venenchirurgie (Stripping) INR-Wert (u. U. lebenslang).
4 Wachstumsfaktorenanwendung (experimentell)
Prophylaxe. Prophylaxe bei rezidivierenden Thrombo-
! Cave sen bietet ein infrarenaler Cava-Schirm (V.-cava-Blo-
Stripping der V. saphena magna/parva nach Ligatur ckade) als Schutz vor sich lösenden Thromben aus dem
der Perforansvenen bei durchgängigem tiefem Bein- Bein- und Beckenvenenbereich.
venensystem.
> Eine Thrombophlebitis ist die Entzündung der Venen-
Prognose. Das Ulcus cruris venosum ist ein chroni- wand mit Thrombosierung. Hier besteht meist keine
sches, oft langwierig zu behandelndes Leiden. Emboliegefahr, da das oberflächliche Venensystem
(Thrombophlebitis superficialis) betroffen ist (7 Inne-
1.6.4.3 Phlebothrombose re Medizin, Kap. 2.2.3).
Definition. Vollständiger oder partieller Verschluss von
Venen des tiefen Venensystems durch intravasale Blutge- 1.6.4.4 Postthrombotisches Syndrom
rinnung. Thrombosiert sind die großen Venen, z. B. (sekundäre Varikose)
V. subclavia, tiefe Beinvene (7 Innere Medizin, Kap. 2.2.4). Definition/Ätiopathogenese. Durch die permanente
Druckerhöhung in den Unterschenkeln bei chronisch
Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen sind Blutgerin- venöser Insuffizienz kommt es in 40–60% der Fälle ab
nungsstörungen,langdauerndeOperationen,Immobilisa- ca. 10 Jahren zu charakteristischen klinischen Verände-
tion. Wichtig ist hier die Virchow-Trias, also: Immobilisa- rungen, die in ihrer Gesamtheit als »postthromboti-
tion, Blutgerinnungsstörungen, Gefäßveränderungen. sches Syndrom« bezeichnet werden (7 Innere Medizin,
Kap. 2.2.5).
Symptomatik. Klinisch zeigen sich Schwellung und
Schmerz der betroffenen Extremität. Symptomatik. Charakteristika sind:
4 Aszension oder Deszension des Thrombus
Diagnostik. Farbduplex-Sonographie, Phlebographie 4 Chronisches Kompartmentsyndrom
(selten). 4 Hautveränderungen (trophische Störungen,
7 oben)
! Cave 4 Ulcus cruris venosum
Komplikationen sind Lungenembolie und postthrom-
botisches Syndrom. Diagnostik. Zur technischen Diagnostik gehören:
62 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Plethysmographie Therapie. Konservativer Behandlungsversuch mit


1 4 Doppler- und Duplex-Sonographie Kompressionsbehandlung, Varizenoperation (z. B. Ex-
4 Phlebographie härese, 7 oben). Lokalbehandlung (z. B. u. a. Versor-
4 Lichtreflexionsrheographie gung eines Ulcus cruris venosum) bis zu Hauttrans-
4 Phlebodynamometrie plantation.

In Kürze

Gefäßchirurgische Erkrankungen der Venen (Auswahl)

Varikosis 4 Symptomatik: Schwellung, Schweregefühl, trophische Störungen, Auftreten chronischer


Wunden (s. unten)
4 Diagnostik: klinisch, Sonographie, Phlebographie (selten)
4 Therapie: Kompressionsbehandlung, Krossektomie, Stammvenenstripping,
Perforansdissektion und Seitenastexhärese
4 Versorgung oberflächlicher Erkrankungen: Radiowellenobliteration, Laserbehandlung,
Verödung

Ulcus cruris 4 Symptomatik: chronische, nicht heilende Wunde, meist im Malleolusbereich


venosum 4 Diagnostik: Blickdiagnose. Diagnostik des Venen- und Arteriensystems
4 Therapie: Kompressionstherapie, Wunddébridement, Hydrokolloidbehandlungsversuch,
plastisch-chirurgische Deckung. Zuvor Sanierung der Grunderkrankung (Varikosis)

1.7 Viszeralchirurgie leichtert. Die arterielle Versorgung jeden Lappens erfolgt im


Wesentlichen über die A. thyroidea superior aus der A. caro-
K.-J. Paquet, U. Fetzner, G. Kraus tis und der A. thyroidea inferior aus dem Truncus thyreocer-
vicalis. Der N. recurrens des N. vagus und der N. laryngeus
Die Viszeralchirurgie (Bauchchirurgie) umfasst die ope- superior sind beidseits bei Schilddrüsenoperationen ge-
rative, chirurgische Behandlung der abdominellen und fährdet. Darum steht ein Neuromonitoring (elektrische Son-
thorakalen Organe des Verdauungstrakts (Speiseröhre, de zur intraoperativen Nervprotektion) heute an jeder chi-
Magen, Duodenum, Dünn-, Dick- und Enddarm), der rurgischen Klinik zur Verfügung. Die 4 (meist) Nebenschild-
Leber, des Pankreas und der Milz. Weiterhin zählt die drüsen liegen der Schilddrüse dorsal an.
operative Behandlung der Schilddrüse, Nebenschild-
drüse, Nebenniere und der Leisten-, Schenkel-, Bauch- Anamnesefragen
wand- und Zwerchfellhernien zur Viszeralchirurgie. Bei Erkrankungen der Schilddrüse stehen folgende Fra-
Zunehmend verdrängen minimalinavsive Verfahren, gen im Vordergrund:
die klassischen »offene« Zugänge. Sie gelten in vielen Be- 4 Vegetative Anamnese: z. B. Schwitzen, Frieren,
reichen schon als Goldstandard und richtungsweisend Schlafstörungen
hinsichtlich postoperativen Schmerzen, Komplikationen, 4 Druck-, Enge-, Kloßgefühl
Klinikaufenthaltsdauer und vielen weiteren Kriterien. 4 Dysphagie
4 Dyspnoe
4 Unruhe, Nervosität, Antriebslosigkeit
1.7.1 Hals, Schilddrüse 4 Ungewollter Gewichtsverlust/Gewichtszunahme,
wenn ja wie viel und in welchem Zeitraum
1.7.1.1 Schilddrüse (Glandula thyroidea), 4 Appetit
Nebenschilddrüsen (Glandulae
parathyreoideae) Klinische Untersuchung
Anatomie (. Abb. 1.25) 4 Inspektion: Asymmetrie, Vergrößerung, palpaple
Die Schilddrüse besteht aus 2 Lappen, die häufig über ei- Lymphknoten in der Umgebung
nen ventralen Isthmus konnektiert sind. Sie ist von einer 4 Puls (Tachykardie, Arrhythmie, Bradykardie auf-
fibrösen Kapsel umgeben, die die blutarme Dissektion er- grund Stoffwechselverlangsamung/-beschleuni-
6 gung der Schilddrüsenhormone)
1.7 · Viszeralchirurgie
63 1

. Abb. 1.25. Schematische


Darstellung der Anatomie der
Schilddrüse. (Aus Siewert 2006)
(7 Farbtafelteil)

. Tab. 1.15. Operationsverfahren an der Schilddrüse

Operative Maßnahme Beschreibung Indikationen

Thyreoidektomie Vollständige Entfernung der Schilddrüse. Ggf. radikal Malignom, schwere Struma multi-
(Lymphadenektomie, Sicherheitsabstand) nodosa
Reinsertion der Nebenschilddrüsen in den Unter-
schenkel/Halsmuskulatur

Subtotale Entfernung der (mehr) erkrankten Seite komplett Struma, Malignom


Thyreodektomie (Hemithyreodektomie) und der Gegenseite mit etwa
5 ml Restgewebe (2 ml bei »near total«)
Postoperativ Hormonbestimmung (T3,T4, TSH), ggf.
dauerhafte Hormonsubstitution notwendig

Hemithyreodektomie Entfernung eines Schilddrüsenlappens Struma, frühes Malignom

Knotenexstirpation Lokale, sparsame Exzision Zum Beispiel kleiner nicht


malignomsuspekter Tumor

Inzision Lokale Inzision Zum Beispiel bei Abzess

4 Haut (teigig, feucht) Therapieverfahren der Schilddrüse


4 Palpation: Knoten, Verschieblichkeit, Schmerz Die Operationsverfahren an der Schilddrüse sind in
4 Auskultation: »Schwirren« . Tab. 1.15 zusammengefasst.

Technische Zusatzdiagnostik ! Cave


4 Laboruntersuchung: TSH, TG, TRH, FT4, FT3, Kal- Es darf keine Operation ohne Aufklärung über Stimm-
zitonin, Antikörper und andere Parameter verlust bei Verletzung des N. recurrens erfolgen. Kom-
4 Szintigraphie (funktionell) plikationen bei beidseitiger Verletzung sind ggf. beat-
4 Sonographie Schilddrüse, Hals mungspflichtige Dyspnoe, dauerhafte Notwendigkeit
4 Röntgen: Tracheazielaufnahme der Anlage einer Trachealkanüle. Bei versehentlicher
4 CT, MRT Mitentfernung der Nebenschilddrüsen kann es zur
4 Zytologiegewinnung, Biopsie kalziopriven Tetanie (Hypokalzämie) kommen.
64 Kapitel 1 · Chirurgie

Indikationen für Schilddrüsenresektionen sind: Symptomatik. Verdrängungssymptome (Dysphagie,


1 4 Benigne Struma Dyspnoe), Heiserkeit, ggf. Schmerz
4 Struma nodosa
4 Malignom Diagnostik. Klinisch zeigen sich Schwellung, derbe,
4 Abszedierende Entzündungen schlecht verschiebliche Knoten. Im Labor sind Tumor-
marker (Thyreoglobulin bei differenziertem papillärem
Generell gelten Malignitätsverdacht sowie Kompressi- oder follikulärem Schilddrüsenkarzinom, CEA und
onssymptome (Dysphagie, Dyspnoe, obere Einfluss- Kalzitonin bei C-Zell-Karzinom) nachzuweisen. Bild-
stauung) als absolute Operationsindikationen. gebend kommen CT, MRT, Szintigraphie, Sonographie
Konservative Behandlungsoptionen sind: zur Anwendung (Knoten, Verkalkungen). Die Klassifi-
4 Hormonsubstitution kation erfolgt nach dem TNM-System.
4 Thyreostatika (Thiamazol, Carbimazol, Propy-
lthiouracil) Therapie. Totale, ggf. radikale (Ösophagus, Trachea,
4 Antibiotika (Thyreoiditis) Gefäße) Thyreoidektomie, Lymphadenektomie (ggf.
4 Radiotherapie beidseitige Neck-Dissektion) ist bei Tumoren fortge-
4 Bestrahlung schrittener Stadien (mit Lymphknotenbeteiligung, T3-
4 Chemotherapie. /T4-Tumoren) indiziert. Hemithyreoidektomie ohne
Lymphknotendissektion erfolgt nur bei kleinen (<1 cm)
Zur Substitution werden verwendet: Tumoren. Weitere Optionen sind adjuvante medika-
4 Iod mentöse, nuklearmedizinische oder Strahlentherapie.
4 Thyroxin Die Radiatio ist insbesondere als Therapieversuch beim
4 Kalzium anaplastischen Karzinom indiziert, sonst ggf. im Rah-
4 Vitamin D3 men der Nachbehandlung zur Eliminierung verbliebe-
ner Mikrometastasen.
Bösartige Tumoren der Schilddrüse
Definition. Maligne Neoplasie des Schilddrüsengewe- Nachsorge. Radiojodbehandlung bei differenzierten
bes. Schilddrüsenkarzinomen, perkutane Bestrahlung beim
undifferenzierten Karzinom.
Ätiopathogenese. Ursprungsgewebe sind Thyreozyten
oder C-Zellen. Lokal destruktives Wachstum, Metasta- Prognose. Diese ist abhängig von Histologie, Tumor-
sierung erfolgt in regionale Lymphknoten und hämato- größe, Metastasierung, Radikalität des Eingriffes, Alter
gen in Lunge, Skelett, Gehirn. des Patienten (. Tab. 1.16).
Eine Reihe weiterer seltener Tumorentitäten (Me-
Epidemiologie. Etwa 1% aller Malignome. Weibliches tastasen, Lymphome, Adenome) findet hier keine Er-
Geschlecht bevorzugt. wähnung. Die Therapieprinzipien ähneln sich.

. Tab. 1.16. Histologie der Schilddrüsenmalignome

Tumortypen Prognose

Papilläres Karzinom Häufigster maligner Tumor der Schilddrüse, Prognose >90% 5-Jah-
res-Überlebensrate (Ausnahme Stadium IVb mit Fernmetastasen)

Follikuläres Karzinom Prognose 50–80% 5-Jahres-Überlebensrate

C-Zell-Karzinom = medulläres Schilddrüsen- Prognose 40–50% 5-Jahres-Überlebensrate, schnelles Wachstum


karzinom

Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom (undif- Selten, Prognose infaust, sehr schnelles Wachstum


ferenziert)
1.7 · Viszeralchirurgie
65 1

In Kürze

Schilddrüsenmalignom

4 Papilläres Karzinom (häufig, gute Prognose) 4 Symptomatik: Verdrängungssymptome (Dysphagie, Dys-


4 Follikuläres Karzinom (mittlere Prognose) pnoe, Einflussstauung), Heiserkeit, endokrine Symptome,
4 C-Zell-Karzinom = medulläres Schilddrüsen- ggf. Schmerz
karzinom (mäßige Prognose, schnelles 4 Diagnostik: Schwellung, derbe Knoten, schlechte Ver-
Wachstum) schieblichkeit, Sonographie, Labor: Tumormarker, CT,
4 Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom (un- MRT, Szintigraphie
differenziert; sehr schlechte Prognose) 4 Therapie: operativ, radikal-operativ, medikamentös (auch
adjuvant), nuklearmedizinisch oder per Strahlentherapie

1.7.2 Ösophagus

Anatomie
Die Speiseröhre beginnt ca. 15 cm von der unteren Zahn-
reihe entfernt mit dem oberen Ösophagussphinkter, pas-
siert bei etwa 25 cm die Trachealbifurkation und endet mit
dem unteren Ösophagussphinkter am Mageneingang
nach etwa 40–45 cm. Der zervikale Teil wird durch die paa-
rige A. thyroidea inferior, der thorakale Teil durch aortale
Äste versorgt (auch Bronchialarterien; . Abb. 1.26).

Symptomatik. Im Rahmen von Erkrankungen des


Ösophagus können Dysphagie, Regurgitationen, Glo-
busgefühl, Aspirationen, Pneumoniesymptome, retros-
ternaler Schmerz, Schwellung des Halses, Gewichtsver-
lust bis zur Kachexie auftreten.

> Leitsymptom bei Ösophaguserkrankungen ist die


Dysphagie.

Diagnostik. Diagnostische Methoden bei Verdacht auf


Ösophaguserkrankungen sind:
4 Ösophagoskopie
4 Ösophagomanometrie
4 Sonographie, Endosonographie
4 Röntgen: Kontrastmittel(brei)schluck (Gastrogra-
fin, Barium)

> Bei Perforationsverdacht ist immer wasserlösliches


Kontrastmittel zu verwenden, z. B. Gastrografin.

Ösophagusdivertikel
Definition: Sackartige Ausbuchtungen des Ösophagus
meist im Halsbereich (. Abb. 1.27).

. Abb. 1.26. Arterielle Versorgung der Speiseröhre.


(Aus Lanz-Wachsmuth 2004)
66 Kapitel 1 · Chirurgie

Ätiopathogenese. Ursächlich sind erhöhter intraöso-


1 phagealer Druck sowie eine Disposition durch Wand-
schwäche.

Symptomatik. Dysphagie, Regurgitationen, Globusge-


fühl, Aspirationen, Pneumoniesymptome, retrosterna-
ler Schmerz, seltener Gewichtsverlust bis zur Kachexie
(Zenker-Divertikel).

Diagnostik. Manometrie, Endoskopie, Röntenkontrast-


mittelbreischluck.

Therapie. Aufgrund der nächtlichen Aspirationsgefahr


(v. a. ältere Menschen) besteht eine dringliche Operati-
onsindikation beim »Zenker-Divertikel«. Wichtig ist
eine Antibiotikaprophylaxe vor operativen Eingriffen.
Als operative Verfahren kommen infrage:
4 Links-zervikale (Zenker-) Myotomie (Erweiterung
des oberen Ösophagussphinkters)
4 Linksseitige Thorakotomie (epiphrenisch)
4 Divertikelabtragung (und Verschluss des Ösopha-
gus mit Stapler)
4 Divertikulopexie

Prognose. Ohne Behandlung bestehen Beschwerden


weiter, zudem ergibt sich die Gefahr der Aspiration,
Entzündung, Blutung, Ruptur, malignen Entartung. Mit
chirurgischer Behandlung liegt die Rezidivrate je nach
. Abb. 1.27. Typische Lokalisation der Ösophagusdivertikel Typ und operativem Verfahren bei ca. 1–20%.
und ihre Häufigkeitsverteilung. (Aus Siewert 2006)
Ösophagusperforation/-ruptur
Definition. Kontinuitätsdurchbrechung der Ösopha-
> Traktionsdivertikel stellen angeborene Ausbuch- guswand.
tungen der gesamten Wandung dar. Sie sind meist
asymptomatisch und bedürfen meist keiner Therapie. Ätiopathogenese. Ursachen für eine Perforation sind:
Sie befinden sich meist auf Höhe der Bifurkation und 4 Verätzung durch Säuren/Laugen-Ingestion
sind sehr selten. 4 Boerhaave-Syndrom
4 Traumatische Ösophagusperforation (z. B. Ver-
Erworbene Ösophagusdivertikel, schlucken eines Tablettenblisters o. a. Fremdkör-
Pulsionsdivertikel per, externe Gewalt, z. B. Schuss, Stich, Thorax-
Definition. Als Pulsionsdivertikel gilt eine Ausbuch- trauma)
tung der Ösophagusmukosa durch muskuläre Lücken. 4 Iatrogen (Endoskopie, Bougierung, Sonden)
Man unterscheidet: 4 Sekundäre Ösophagusruptur (Tumor, Ulkus)
4 Zenker-Divertikel (Hypopharynxdivertikel): Bis zu
faustgroße Ausbuchtung auf Höhe des Pharynx im 80% aller Ösophagusperforationen sind iatrogen be-
Bereich der sog. »Kilian-Lücke«, kranial des oberen dingt.
Ösophagussphinkters zwischen dem Musculus Säure verursacht eine Koagulationsnekrose mit
constrictor pharyngis inferior und seiner Pars cri- Schorfbildung, Laugen die ungünstigere Kolliquations-
copharyngea (sog. Laimer-Dreieck) nekrose (Verflüssigung):
4 Epiphrenisches, parahiatales Divertikel: Ausbuch- 4 Grad I: Ödembildung
tung etwa 8–13 cm oralwärts der Kardia im unteren 4 Grad II: Ulzerationen, Blutungen
Ösophagusdrittel, oberhalb des unteren Ösopha- 4 Grad III: Wandnekrose, Perforation
gussphinkters
1.7 · Viszeralchirurgie
67 1

Beim fulminantem Bersten der Speiseröhrewand, dem vernarbenden Verätzungen II. und III. Grades können
Boerhaave-Syndrom, liegt ursächlich ein zu hoher sich Strikturen und selten Karzinome bilden. Evtl. sind
Druck von innen (heftiges Erbrechen, Barotrauma Bougierungen (Aufdehnungen) in Intervallen oder
durch schnelles Auftauchen ohne Druckausgleich) zu- regelmäßig notwendig.
grunde, zu 95% proximal des unteren Ösophagus-
sphinkters, dorsolateral links. Ösophagusmotilitätsstörungen (Achalasie)
Definition/Ätiopathogenese. Durch neuromuskuläre
Epidemiologie. Beim Boerhaave-Syndrom sind Män- Funktionsstörung (Untergang der Ganglienzellen
ner häufiger betroffen. des Plexus myentericus) der Ösophagusperistaltik
und auch der Sphinkterkoordination Schluckakt
Symptomatik. Heftigste Schmerzen retrosternal (»Ver- gestört, langfristig kommt es zu Dilatation der Speise-
nichtungsschmerz«). röhre.

Diagnostik. Klinisch: Mediastinal-, Hautemphysem, Epidemiologie. Nicht selten tritt die Krankheit erst im
Fieber, Dyspnoe, Zyanose, Schock. Röntgen-Thorax p.- Erwachsenenalter in Erscheinung.
a.: Mediastinalempysem. Röntgenkontrastuntersu-
chung mit wasserlöslichem Kontrastmittel zeigt Aus- Symptomatik. Dysphagie, Regurgitationen, Retroster-
tritt des KM in Mediastinum. Laborchemisch ergeben naler Schmerz, Gewichtsverlust, Pulmonale Komplika-
sich Leukozytose, CRP-Anstieg. tionen (Aspiration).

Therapie. Nur kleine Rupturen (z. B. iatrogen), Verät- Diagnostik. Röntgenkontrastuntersuchung (Sanduhr-
zungen geringeren Grades heilen spontan bzw. können phänomen), Manometrie, Endoskopie.
konservativ unter strenger Überwachung therapiert
werden. Konservative Therapieoptionen sind: ! Cave
4 Systemische Antibiose breit und hochdosiert Ein maligner Tumor muss obligat endoskopisch aus-
4 Nahrungskarenz, parenterale Ernährung geschlossen werden (sog. »Pseudoachalasie«).
4 Speichelabsaugung
Therapie. Optionen sind mit zunehmendem Be-
Bei operativem Vorgehen (langstreckige Rupturen) gilt: schwerdebild: Pharmakotherapie (Kalziumantago-
4 Dringlich/Notfalloperation! Gefahr einer Medias- nisten, Nitropräparate), Bougierungen (Ballondila-
tinitis! tation), Botulinustoxininjektion, Myotomie der
4 Intubation und Beatmung Sphinkter mit Fundoplikatio nach Nissen, auch lapa-
4 Antibiotikaprophylaxe bzw. Therapie der begin- roskopisch.
nenden Mediastinitis
4 Verschluss der Perforation Gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD)
4 Ggf. Pleura-, Interkostalmuskel- oder Zwerchfell- Definition. Reflux von Magensäure in den Ösophagus
lappendeckung thorakal, distal kann eine Fundo- mit entsprechenden Auswirkungen (Ösophagitis, Risi-
plastik durchgeführt werden ko einer Karzinomentwicklung) (7 Innere Medizin,
4 Bei schwersten Verletzungen, langstreckigen Verät- Kap. 4.1.4). Als sekundäre Refluxerkrankung bezeichnet
zungen höheren Grades oder Latenz bis zur Opera- man Reflux aufgrund anderer Erkrankungen (z. B.
tion: Ösophagektomie, Rekonstruktion (Kolonin- Sklerodermie, Magenerkrankungen), postoperativ
terponat) (Magenresektion).
4 Ggf. Einlage einer nasogastralen/jejunalen Sonde
zur Entlastung des Ösophagus Ätiopathogenese. Zugrunde liegt meist eine Inkompe-
tenz (Druck unter intraabdominellem Druck) des un-
> Bei schweren Verätzungen sind zusätzlich Schockthe- teren Ösophagussphinkters in Kombination mit Risi-
rapie, Elektrolytausgleich, Laborparameterkorrektur, kofaktoren (Übergewicht, Rauchen, Alkohol etc.). Meist
Frühbougierung sowie eine Kortisonstoßtherapie wird der Reflux begleitet von einer axialen Hiatusher-
indiziert. nie, ohne kausalen Zusammenhang. Es kommt zu eine
stufenlosen Entwicklung der Erkrankung:
Prognose. Bei massiver Ösophagusruptur wie dem 4 Ösophagitis (Stadium I, II)
Boerhaave-Syndrom beträgt die Letalität 100% ohne 4 Schwere Ösophagitis mit Erosionen, Nekrosen, Ul-
Behandlung. Bei früher Operation unter 10%. Nach zera, Stenosen (Stadium III, IV)
68 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Endobrachyösophagus (= Barrett): Metaplasie von es wird meist endoluminal oder transthorakal/abdomi-


1 chronisch entzündetem Plattenepithel zu Zylinder- nell vorgegangen.
epithel, langstreckig oder kurzstreckig (»Short-seg-
ment«-Barrett) Ösophaguskarzinom
Definition. Maligne Neoplasie von dem Speiseröhren-
! Cave epithel ausgehend. Meist handelt es sich um ein Platten-
Barrett-Ösophagus: Das Entartungsrisiko zum malig- epithelkarzinom (gesamter Ösophagus) oder Adeno-
nen Ösophaguskarzinom liegt bei 10%. karzinom (meist distaler Ösophagus, aus Barrett her-
vorgehend). Therapeutisch und prognostisch (siehe
Epidemiologie. Sehr häufig, 5–10% der Bevölkerung. unten) unterscheidet man:
4 Zervikale Karzinome
Symptomatik. Sodbrennen insbesondere nächtlich, 4 Bifurkale Karzinome
nach Nahrungsaufnahme, bei flacher Rückenlage, beim 4 Infrabifurkale Karzinome
Schuhebinden. Regurgitation. Aspiration (Husten,
Asthmasymptomatik, Heiserkeit). Ätiopathogenese. Ösophaguskarzinome sind oft Folge
exogener Noxen, z. B. Alkohol, Nikotin, Nitrosaminhal-
Diagnostik. Zur Anwendung kommen. tige Lebensmittel, heiße Getränke. Karzinomvorstufen
4 Manometrie stellen Barrett-Ösophagus und Verätzungen dar. Die
4 pH-Metrie Karzinome breiten sich in das Tracheobronchialsystem
4 Endoskopie mit Biopsie: Karzinomausschluss aus, es erfolgt eine frühe lymphogene Metastasierung;
4 Röntgenkontrastmittelbreischluck (Hiatushernie?) die hämatogen-venöse Metastasierung betrifft Lunge
(obere Karzinome) und Leber (untere Karzinome).
Therapie. Konservative Optionen sind: Schlafen mit
erhöhtem Oberkörper, Gewichtsreduktion, Einnahme Epidemiologie. Insgesamt eher selten (3,4/100.000 Ein-
von Protonenpumpenhemmern, proteinreiche Kost, wohner/Jahr in Deutschland). Starke Bevorzugung des
Verzicht auf Alkohol, Rauchen. Operative Verfahren männlichen Geschlechtes.
sind beim Versagen der konservativen Maßnahmen
angezeigt: Fundoplikatio zur Erhöhung der Kompetenz Symptomatik. Die Patienten können folgende Be-
des unteren Ösophagussphinkters: Umschlingen und schwerden zeigen:
Vernähen des Magenfundes um den distalen Ösopha- 4 Retrosternaler Schmerz, Brennen (Keine Bagatelli-
gus, z. B. laparoskopische Fundoplikatio nach Nissen- sierung!)
Rossetti (vollständig) oder Hemifundoplikatio nach 4 Heiserkeit, Globusgefühl
Toupet. Bei Endobrachyösophagus erfolgt stadienab- 4 Dysphagie (Spätsymptom, ab 2/3 Lumeneinen-
hängig Beobachtung, Mukosektomie, Ösophagusresek- gung)
tion. 4 B-Symptomatik (Kachexie, Nachtschweiß, Lei-
stungsminderung)
Prognose. Die Fundoplikatio führt zu über 90% zur
dauerhaften Beschwerdelinderung und zur Rückbil- Diagnostik. Diagnostisch kommen zum Einsatz Labor-
dung der Ösophagusveränderungen. Bei zu straffer werte (Tumormarker: CEA, SCC und Hb), Endoskopie,
Fundoplikatio ist eine postoperative Bougierung erfor- Biopsie, Endosonographie (T-Status, N-Status, Bron-
derlich. choskopie (Ausschluss Einbruch in Nachbarstruk-
turen), Röntgen konventionell: Röntgen-Thorax, CT,
> 10er-Regel: 10% aller Patienten mit Reflux entwickeln MRT, falls zugänglich und vom Patienten selbst finan-
Beschwerden, 10% mit Beschwerden eine Ösophagi- ziert auch PET (Staging, Messung der Erfolges einer
tis, bei 10% aller schweren Ösophagitiden entwickelt Chemotherapie).
sich ein Ösophaguskarzinom.
Therapie. Ziel ist die R0-Resektion. Bei Tumoren ober-
Ösophagustumoren halb der Bifurkation ist dies meist nur bei T1-/T2-Tu-
Benigne Ösophagustumoren moren (. Tab. 1.17 und 18) möglich. Bei weiter fortge-
Benigne Tumoren des Ösophagus sind selten (meist schrittenen Tumoren kommt ggf. die neoadjuvante
Leiomyome). Der Entschluss zur chirurgischen Resek- Radiochemotherapie infrage. Unterhalb der Bifurkati-
tion kann aufgrund des lokalen Wachstums fallen und on sind auch Tumoren des T3-/T4-Status noch radikal
anhand der Histologie (Malignomentwicklungsrisiko); resezierbar. Auch hier erfolgt ggf. eine neoadjuvante
1.7 · Viszeralchirurgie
69 1

. Tab. 1.17. UICC-Klassifikation der Ösophaguskarzi- . Tab. 1.18. UICC-Stadieneinteilung der Ösophagus-
nome (UICC 2002). (Aus Siewert 2006) karzinome (UICC 2002). (Aus Siewert 2006)

T Primärtumor Stadieneinteilung

TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden Stadium 0 Tis N0 M0

T0 kein Anhalt für Primärtumor Stadium I T1 N0 M0

Tis Carcinoma in situ Stadium IIA T2 N0 M0

T1 Tumor infiltriert Lamina propria oder sub- T3 N0 M0


mucosa
Stadium IIB T1 N1 M0
T2 Tumor infiltriert Muscularis propria
T2 N1 M0
T3 Tumor infiltriert Adventitia
Stadium III T3 N1 M0
T4 Tumor infiltriert Nachbarstrukturen

N Regionäre Lymphknotena T4 jedes N M0

NX Regionäre Lymphknoten nicht beurteilbar Stadium IV jedes N M1

N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen

N1 Regionäre Lymphknotenmetastasen
Vorbehandlung (z. B. nach sog. Siewert-Schema unter
M Fernmetastasenb PET-Kontrolle).
Stets sollte eine radikale, subtotale Ösophagekto-
MX Vorhandensein von Fernmetastasen nicht
beurteilbar mie, ggf. Kardia, Larynx, Pharynx, Schilddrüse mit
Lymphknotenpaketen (mediastinal, paratracheal, peri-
M0 Keine Fernmetastasen vorhanden broncheal, periösophageal, gastral, Halslymphknoten)
M1 Fernmetastasen vorhanden
angestrebt werden. Der Zugang erfolgt von zervikal,
transthorakal oder abdominell. Es schließt sich die Re-
Die pTNMA-Klassifikation entspricht den Kategorien T, konstruktion durch Magenhochzug, Kolon- oder
N und M. Dünndarminterponat (frei mit Anschluss an Halsarte-
a
Die Klassifizierung des pN-Status muss auf mindes- rien, gestielt) an.
tens 6 entfernten regionären Lymphknoten beruhen. Als adjuvante Therapie kommt die Strahlen-/Che-
Regionäre Lymphnoten des zervikalen Ösophagus motherapie zum Einsatz (diese ist allerdings umstrit-
sind die zervikalen Lymphknoten, einschließlich
ten). Auch palliativ hat die Radiochemotherapie (auch
supraklavikulärer Knoten, für den intrathorakalen
Ösophagus die mediastinalen und perigastrischen
intraluminal) therapeutisch einen Platz. Weitere pallia-
Knoten mit Ausnahme der zöliakalen Lymphknoten tive Optionen sind:
b
Für Ösophaguskarzinome oberhalb der Tracheal- 4 Laserabtragung
bifurkation gilt: 4 Stenting (Kunststoff, Metallgeflecht)
M1a: Metastasen in zervikalen Lymphknoten 4 Ernährung per Jejunum/Magen (z. B. PEG-Sonde)
M1b: andere Fernmetastasen 4 Umgehungsoperationen: selten indiziert
Für Ösophaguskarzinome unterhalb der Tracheal-
bifurkation gilt: Prognose. Oft erfolgt die Diagnosestellung wegen der
M1a: Metastasen in zöliakalen Lymphknoten unspezifischen Frühsymptome spät; Karzinome ober-
M1b: andere Fernmetastasen halb der Trachealbifurkation sind dann häufig nicht
mehr radikal resektabel. Bei R0-Resektion liegt die 5-
Jahres-Überlebensrate bei 40%.

Ösophagusvarizen
7 Kap.1.6.11; 7 Innere Medizin, Kap. 4.1.2.
70 Kapitel 1 · Chirurgie

In Kürze
1
Ösophaguserkrankungen

Erworbene 4 Symptomatik: Dysphagie, Regurgitationen, Globusgefühl, Aspirationen, Pneumoniesymp-


Ösophagus- tome, retrosternaler Schmerz
divertikel 4 Diagnostik: Manometrie, Endoskopie, Röntenkontrastmittelbreischluck
4 Therapie: dringliche Operationsindikation. Antibiotikaprophylaxe, Links-Zervikale (Zenker)
Myotomie (Erweiterung des oberen Ösophagussphinkters), linksseitige Thorakotomie
(epiphrenisch), Divertikelabtragung (und Verschluss des Ösophagus mit Stapler) oder
Divertikulopexie

Ösophagus- 4 Symptomatik: Vernichtungsschmerz


perforation 4 Diagnostik:
– Klinisch: Mediastinal-, Hautemphysem, Fieber, Dyspnoe, Zyanose, Schock
– Röntgen-Thorax p.-a.: Mediastinalempysem, Röntgenkontrastuntersuchung mit wasser-
löslichem Kontrastmittel
– Laborchemisch: Leukozytose, CRP-Anstieg (Mediastinitis)
4 Therapie:
– Konservativ: systemische Antibiose breit und hochdosiert, Nahrungskarenz, parenterale
Ernährung, Speichelabsaugung
– Operativ: Intubation und Beatmung, Antibiotikaprophylaxe bzw. Therapie der begin-
nenden Mediastinitis, Verschluss der Perforation. Ggf. Pleura-, Interkostalmuskel- oder
Zwerchfelllappendeckung thorakal, distal Fundoplastik. Bei schwersten Verletzungen,
langstreckigen Verätzungen höheren Grades oder Latenz bis zur Operation: Ösophag-
ektomie, Rekonstruktion (Magenhochzug, Koloninterponat u. a.)

Gastroösopha- 4 Symptomatik: nächtliches Sodbrennen und nach Nahrungsaufnahme, Rückenlage,


geale Reflux- Schuhebinden. Regurgitation. Aspiration (Husten, Heiserkeit)
krankheit 4 Diagnostik: Manometrie, pH-Metrie, Endoskopie mit Biopsie: Karzinomausschluss,
Röntgenkontrastmittelbreischluck (Hiatushernie?)
4 Therapie:
– Konservativ: Schlafen mit erhöhtem Oberkörper, Gewichtsreduktion, Einnahme von
Protonenpumpenhemmern, proteinreiche Kost, Verzicht auf Alkohol, Rauchen
– Operativ: Fundoplikatio z. B. laparoskopisch nach Nissen-Rossetti, Hemifundoplikatio
nach Toupet. Bei Endobrachyösophagus stadienabhängig Beobachtung, Mukosektomie,
Ösophagusresektion.

Ösophagus- 4 Symptomatik: retrosternaler Schmerz, Brennen, Heiserkeit, Globusgefühl, Dysphagie


malignom, (Spätsymptom), B-Symptomatik
Carcinoma 4 Diagnostik: Tumormarker CEA, SCC, Endoskopie, Biopsie, Endosonographie, Bronchosko-
in situ des pie, Röntgen konventionell, CT, MRT, PET
Ösophagus 4 Therapie: ggf. neoadjuvante Radiochemotherapie. Subtotale Ösophagektomie (ggf. Kardia,
Larynx, Pharynx, Schilddrüse) mit Lymphknotenpaket-Resektion (mediastinal, paratracheal,
peribroncheal, periösophageal, gastral, Halslymphknoten). Rekonstruktion durch Magen-
hochzug, Koloninterponat, Dünndarminterponat (frei mit Anschluss an Halsarterien,
gestielt nach Merendino). Adjuvante Chemo-/Strahlentherapie (umstritten); palliative
Therapieverfahren

Ösophagusva- 4 Symptomatik: Hämatemesis


rizen, Magen- 4 Diagnostik: klinisch, ÖGD, Hb
varizen (Fun- 4 Therapie: medikamentöse Blutungsprophylaxe (β-Blocker). Bei akuter Blutung Somato-
dusvarizen) statin- oder Glycylpressingabe, endoskopische Blutstillung (Schlinge, Sklerosierung,
Ballontamponade). Blutungsprophylaxe chirurgisch mittels Shunt-Operation (Child A + B),
TIPS (Child C), Lebertransplantation als einzig kausale Behandlung
1.7 · Viszeralchirurgie
71 1
1.7.3 Magen 4 Stress
4 Alkohol, Nikotin
Anatomie 4 Nüchternphasen, Aufenthalt auf der Intensivstati-
Der Magen gliedert sich in proximalen Fundus und Kardia, on
mittleren Korpus und distales Antrum und Pylorus. Die ar-
terielle Versorgung (. Abb. 1.28) erfolgt vollständig aus Epidemiologie. Das Ulcus ventriculi ist seltener als das
dem Truncus coeliacus über die A. gastrica sinistra, über die Duodenalulkus und macht etwa 15% aller gastroduo-
A. gastrica dextra, A. gastroepiploica sinistra et dextra, Aa. denalen Ulzera aus.
gastricae breves sowie aus der A. lienalis über die A. gastri-
ca posterior. Symptomatik. Epigastrischer Schmerz, periumbilikaler
Schmerz, Nüchternschmerz, Erbrechen, Übelkeit.
Ulcus ventriculi
Definition. Mukosadefekt, später auch Defekt tieferer Komplikationen. Lebensbedrohende Blutungen
Schichten mit Einbruch in Nachbarorgane, Bauchhöh- (. Tab. 1.19), Magenausgangsstenose, Perforation mit
le, Blutgefäßarrosion. Peritonitis.
Einteilung nach Johnson:
4 Typ I: kleine Kurvatur (meist an der Grenze zwi- Diagnostik. Röntgen Abdomen im Stehen/Linksseiten-
schen Antrum- und Korpus) lage bei Perforationsverdacht, Gastroskopie (Erosion,
4 Typ II: simultanes Ulcus ventriculi und Ulcus du- Ulkus, Blutung), Biopsieentnahme (>10), H.-pylori-
odeni Test (7 Innere Medizin, Kap. 4.2.2).
4 Typ III: präpylorisches Ulkus
! Cave
Ätiopathogenese. Eine Dysbalance zwischen magen- Magenulkus: Ausschluss Karzinom!
protektiven (Schleim, Mukosaepithel, Bikarbonat, Me-
diatoren, Magenperfusion) und magenaggressiven Fak- Therapie. Konservativ: Nikotin-, Alkoholabstinenz,
toren liegt dem Ulkus zugrunde. Dabei zählen zu den H.-pylori-Eradikation (Tripletherapie), Protonenpum-
Aggressoren: penhemmer (7 Innere Medizin, Kap. 4.2.2).
4 Helicobacter-pylori-Besiedelung
4 Säureüberschuss (z. B. Zollinger-Ellison-Syndrom) > Tripletherapie: z. B. Omeprazol plus Clarithromycin
4 ASS, NSAR plus Metronidazol für 7–10 Tage.

. Abb. 1.28. Arterielle Versorgung des Magens. (Aus Lanz-Wachsmuth 2004)


72 Kapitel 1 · Chirurgie

1
5 cm

2 cm

15-20 cm

40 cm

. Abb. 1.29. Mindmap Magenresektion nach Billroth I; Magenresektion nach Billroth II; distale Magenresektion nach Roux-Y-
Anastomose. (Aus Siewert 2006)
1.7 · Viszeralchirurgie
73 1

nochmalige Seit-zu-Seit-Anastomose des Jejunums


. Tab. 1.19. Klassifikation der Aktivität der gastroduo- (Braunsche-Fußpunkt-Anastomose)
denalen Ulkusblutung nach Forrest (aus Siewert 2007) 4 Roux-Y-Anlage: Distale Magenresektion. End-zu-Seit-
Anastomose von Magen und Jejunum. Der Duodenal-
Ia Aktive Blutung, arteriell
stumpf wird blind verschlossen und etwa 40 cm aboral
Ib Aktive Blutung, venös der Gastrojejunostomie in das Jejunum End-zu-Seit
eingepflanzt.
IIa Keine aktive Blutung, sichtbarer Gefäß-
4 Totale Gastrektomie: Ggf. Erweiterung in Richtung
stumpf
Mediastinum. Ösophagojejunstomie mit Pouch-Bil-
IIb Keine aktive Blutung, Blutkoagel oder dung., Duodenalblindverschluss und Insertion in den
Hämatinbildung aboralen Schenkel.
III Keine aktive Blutung, kein Zeichen stattge-
Tumoren des Magens
habter Blutung, aber potenzielle Blutungs-
Benigne Tumoren
quelle, z. B. Ulkus
Definition. Die Vielzahl von epithelialen oder mesen-
chymalen Tumoren lässt sich einteilen in:
4 Adenome (epithelial)
Operativ: Immer bei Komplikationen (Blutung, Perfora- 4 Gastrinome (epithelial)
tion), ggf. bei chronischen Ulzera. Gastroskopische Blut- 4 Gastrointestinale Stromatumoren (GIST, mesen-
stillung (Injektion, Laser-/Hitzekoagulation, Fibrin, Clip- chymal)
ping, laparoskopische Ulkusexzison und Übernähung,
bei größerem Befund Magenresektion (meist distal). Die Ätiopathogenese. Alle Schichten der Magenwand kön-
distale Magenresektion kann je nach Befund und Opera- nen Ausgangspunkt von benignen Neoplasien sein: Po-
teur wie folgt durchgeführt werden (. Abb. 1.298): lypen, Leiomyome, Lipome, Neurofibrome, Angiome.
4 Billroth-I-Resektion (meist): 1/3-Magenresektion
4 Billroth-II-Resektion (selten): 2/3-Magenresektion Symptomatik. Unspezifisch: Völlegefühl, Motilitätsstö-
4 Distale Magenresektion und Roux-Y-Rekonstruk- rungen, Oberbauchschmerz, Blutung.
tion
4 Subtotale Magenresektion (sehr selten) Diagnostik. Biopsie.

Komplikationen nach Magenresektionen umfassen: Therapie. Die benignen Tumoren können eine chirur-
4 Früh: Anastomoseninsuffizienz gische Therapie erfordern, wenn aufgrund ihrer
4 Spät: Gallereflux, Erbrechen, Gastritis, Refluxöso- Dignität eine maligne Entartung zu erwarten ist (z. B.
phagitis, Malnutriton, Malabsorption, Dumping- Adenome) und/oder lokal destruierendes/verdrängen-
syndrom: postprandiale vegetative Sensationen des Wachstum erhebliche Beschwerden bereitet und/
(Schwitzen, Tachykardie), Hypoglykämie, beschleu- oder Komplikationen (Blutung) hervorrufen kann.
nigte Magenentleerung (insbesondere hyperosmo- Kleinere Tumoren werden endoskopisch, laparosko-
lare Nahrung), Diarrhö, Nausea, Karzinoment- pisch reseziert; größere Tumoren ggf. per Laparatomie
stehung (Narbenkarzinom) entfernt.

Nachsorge. Aufgrund des Eingriffs in die normale Re- Magenkarzinom


sorptionsphysiologie wird ggf. die Substitution von Kal- Definition. Maligne Neoplasie von der Magenmukosa
zium, Vitamin D, Eisen, Vitamin B12, Folsäure nötig. ausgehend. Zu 95% handelt es sich um ein Adenokar-
zinom, meist im Bereich der kleinen Kurvatur und
Verfahren bei der Magenresektion des Antrums. Als Magenfrühkarzinom gilt ein Tu-
4 Billroth I: Resektion des distalen Magens und Gastro- mor, der nur Mukosa und Submukosa infiltriert, als
duodenostomie. Hierzu wird die resezierte Magenmit- Magen(makro)karzinom ein Tumor, der die Submu-
te per Naht verkleinert um dem Kaliber des Duode- kosa in die Muscularis propria und tiefer überschreitet.
nums zu entsprechen.
4 Billroth II: Distale Magenresektion. Blindverschluss Ätiopathogenese. Multifaktoriell (genetisch, Grunder-
des Duodenums. End-zu-Seit-Gastrojejunostomie von krankungen); Risikofaktor: Helicobacter-pylori-Besie-
Magen und Jejunalschlinge. Aboral dieser Anastomose delung. Histologisch findet sich meist ein Adenokarzi-
6 nom, seltener Siegelring-, adenosquamös-, Plattenepi-
74 Kapitel 1 · Chirurgie

thel-, kleinzelliges Karzinom. Die Klassifikation nach etwa Typ I und II des intestinalen Typs nach Lauren, Typ III
1 Lauren erfolgt in intestinalen Typ und diffusen Typ. und IV dem diffusen Typ.
Intestinaler Typ:
4 Lokalisiert, scharf abgrenzbar Epidemiologie. 10–20 Neuerkrankungen/100.000 Ein-
4 Mittlerer Sicherheitsabstand von 3–4 cm wohner. Dritt- bis vierthäufigste Todesursache in
4 Öfters kurabel resezierbar Deutschland, Altersgipfel liegt bei 70–75 Jahren.
4 Seltener Lymphknotenmetastasen
Symptomatik. Im Frühstadium zeigen sich keine Symp-
Diffuser Typ: tome; dann klagen die Patienten zunächst über un-
4 Diffus wachsend, wenig scharf begrenzt spezifische Beschwerden mit Inappetenz, Leistungs-
4 Großer, notwendiger Sicherheitsabstand (>5 cm) minderung, Oberbauchbeschwerden, Gewichtsverlust.
4 Seltener kurabel resezierbar
4 Häufiger Lymphknotenmetastasen Diagnostik. Ösophagogastroduodenoskopie mit Biop-
sieentnahme,Sonographie,Endosonographie(T-Status,
Borrmann-Klassifikation N-Status), CT, MRT (Staging; . Tab. 1.20), okkultes Blut
Wenig Verwendung findet noch die makroskopische Klas- im Stuhl; diagnostische Laparoskopie, Peritoneallavage
sifikation nach Borrmann in Typ I–IV. Hierbei entsprach (selten) zum Ausschluss Peritonealkarzinose.
6

. Tab. 1.20. TNM- und Stadieneinteilung des Magenkarzinoms nach UICC (2002 bzw. 1997)

T-Status N-Status M-Status Stadieneinteilung

T0 N0 MX Stadium 0
Kein Anhalt für Primärtumor Kein Anhalt für regionäre Fernmetastasen kön- 4 T0, N0, M0
Lymphknotenmetastasen (Un- nen nicht beurteilt
tersuchung von mindestens werden
15 Lymphknoten empfohlen)

Tis N1 M0 Stadium IA
Carcinoma in situ: intraepithelialer Metastasen in 1–6 regionären Kein Anhalt für Fern- 4 Tis, N0, M0
Tumor ohne Infiltration der Lamina Lymphknoten metastasen
propria

T1 N2 M1 Stadium IB
Tumor infiltriert die Lamina prop- Metastasen in 7–15 regionären Nachweis von Fern- 4 T1, N1,M0
ria oder Submukosa Lymphknoten metastasen 4 T2a,b, N0, M0

T2 N3 Stadium II
Tumor infiltriert Muscularis propria Metastasen in mehr als 15 regi- 4 T1, N2, M0
oder Subserosa onären Lymphknoten 4 T2a,b, N1, M0
4 T2a Tumor infiltriert Muscula- 4 T3, N0, M0
ris propria
4 T2b Tumor infiltriert Subserosa

T3 Stadium IIIA
Tumor penetriert Serosa (viszerales 4 T2a,b, N2, M0
Peritoneum), infiltriert aber nicht 4 T3, N1, M0
benachbarte Strukturen 4 T4, N0, M0

T4 Stadium IIIB
Tumor infiltriert benachbarte 4 T3, N2, M0
Strukturen

Stadium IV
4 T1,2,3, N3, M0
4 T4, N1,2,3, M0
4 Jedes T, jedes
N, M1
1.7 · Viszeralchirurgie
75 1

Verlauf und Komplikation des Magenkarzinoms An palliativen Therapieansätzen kommen zum


Nicht selten kommt es zur Perforation in die Bauchhöhle Einsatz:
mit Peritonealkarzinose zum Diagnosezeitpunkt: Ausbrei- 4 Chemotherapie (5-Fluorouracil, Cisplatin, Epirubi-
tung in Umgebung, nicht selten Infiltration von Nachbar- cin)
strukturen (T4-Karzinome) z. B. Kolon, Pankreas. Die lym- 4 Palliative R1-/R2-Resektionen ohne Überlebens-
phogene Metastatisierung erfolgt früh regional entlang vorteil, ggf. bei Komplikationen (Blutung Stenose,
der versorgenden Arterien und paraaortal; die hämatogen- Perforation) gerechtfertigt
venöse Metastasierung in die Leber. Häufig finden sich 4 Ösophagustubus
multizentrische Karzinome. 4 Bypass (selten)
Im Rahmen des natürlichen Verlaufs (ohne Therapie) 4 Ernährungsfistel (jejunal)
kommt es zur Obstruktion, Blutung, Sepsis mit Multiorgan-
versagen, Einbruch in freie Bauchhöhle/Nachbarorgane. Prognose. Magenfrühkarzinome haben die beste Prog-
nose, leider sind sie asymptomatisch. In den Stadien bis
Therapie. Die R0-Resektion mit radikaler Lymphaden- IIIa sind radikale Chirurge und ggf. adjuvante Chemo-
ektomie, Resektion des Omentum majus et minus bietet therapie von Benefit für die Patienten. Eine schlechte
einzige Chance auf Langzeitüberleben. Unterschieden Prognose ergibt sich für fortgeschrittene Stadien (>IIIa).
werden: Insgesamt liegt die Resektionsrate bei 80%, die 5-Jah-
4 Subtotale Gastrektomie (bei distalem Magenkarzi- res-Überlebensrate bei Frühkarzinom bei 85–90%, bei
nom) Magenmakrokarzinom bei 30–40%. Folgen nach Ma-
4 Totale Gastrektomie (bei mittlerem Magenkarzi- genresektionen werden oben im Abschnitt »Ulcus ven-
nom) triculi« beschrieben.
4 Erweiterte Gastrektomie: Mitresektion des distalen
Ösophagus (bei proximalem Magenkarzinom), Magenlympome
evtl. auch Milz Magenlymphome gehören zu den selteneren Entitäten.
Ausgangspunkt ist meist das Mukosa-assoziierte lympha-
Ggf. ist eine multiviszerale Resektion bei T4-Karzino- thische Gewebe (MALT; »mucosa-associated lymphatic tis-
men sinnvoll, wenn R0-Situation in Aussicht steht. Die sue«). Sie neigen zur lymphogenen Metastatisierung. Die
Rekonstruktion der Nahrungspassage erfolgt nach Bill- Therapie ist abhängig vom zytologischen und makroskopi-
roth II, Roux-Y-Ösophagojejunostomie. schen Befund/Stadium und erfolgt stufenförmig von blo-
Intraoperative Bestrahlungen, laparoskopische ßer Helicobacter-pylori-Eradikation, Beobachtung über
Gastrektomien/Teilgastrektomien, neoadjuvante Vor- Chemo-/Radiotherapie bis zur radikalen Gastrektomie
bereitung stellen neuere Verfahren dar und scheinen (Operation nur bei Notfall wie Blutung, Perforation).
teilweise erhebliche Vorteile aufzuweisen (weniger
Komplikationen, kürzere Klinikverweildauer).

In Kürze

Magenerkrankungen

Magenulkus 4 Symptomatik: epigastrischer, periumbilikaler Schmerz, Nüchternschmerz, Erbrechen,


Übelkeit
4 Diagnostik: Gastroskopie, Biopsieentnahme (>10), H.-pylori-Tests
4 Therapie:
– Konservativ: Nikotin-, Alkoholabstinenz, H.-pylori-Eradikation (Tripletherapie),
Protonenpumpenhemmer
– Operativ: bei Komplikationen (Blutung, Perforation) gastroskopische Blutstillung,
laparoskopische Ulkusexzison und Übernähung, bei größerem Befund Magen-
resektion (meist distal); meist Billroth-I-Resektion

6
76 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Magenkarzinom/ 4 Symptomatik: keine Frühsymptome, dann unspezifisch mit Inappetenz, Leistungsmin-


Carcinoma in situ derung, Oberbauchbeschwerden, Gewichtsverlust
des Magens 4 Diagnostik: Ösophagogastroduodenoskopie, Biopsie, Sonographie, Endosonographie,
CT, MRT, okkultes Blut im Stuhl, diagnostische Laparoskopie, Peritoneallavage
4 Therapie:
– R0-Resektion mit radikaler Lymphadenektomie, Resektion des Omentum majus et
minus
– Subtotale Gastrektomie (bei distalem Magenkarzinom)
– Totale Gastrektomie (bei mittlerem Magenkarzinom)
– Erweiterte Gastrektomie: Mitresektion des distalen Ösophagus (bei proximalem
Magenkarzinom)
– Ggf. multiviszerale Resektion bei T4-Karzinomen; Rekonstruktion der Nahrungspas-
sage nach Billroth II, Roux Y-Ösophagojejunostomie, ggf. Pouch-Bildung mit Jejunal-
schlingen. Hinzu kommen palliative Therapieverfahren

1.7.4 Dünndarm tierte Schlingen), CT (Abszess), MRT, Angiographie,


Diagnostische Laparoskopie.
Anatomie Die Operationsverfahren werden in . Tab. 1.21
Der Dünndarm gliedert sich in das Duodenum (Zwölffin- und . Abb. 1.30 zusammengefasst.
gerdarm), Jejunum (Krummdarm) und Ileum (Ende: Ileozö-
kalklappe). Die Gesamtlänge beträgt 3–5 m. Der Dünndarm Dünndarmtumoren
stellt den Hauptort der Nahrungsverdauung und -resorpti- Tumoren des Dünndarms sind Raritäten. Man vermutet,
on (Wasser, Elektrolyte, Vitamine, Spurenelemente, Kohlen- dass dies an kurzer Kontaktzeit der Nahrung, geringer
hydrate, Aminosäuren, Fette) dar. Die arterielle Versor- bakterieller Besiedlung, starker Schleimhautbarriere und
gung erfolgt über die A. mesenterica superior über Aa. je- hohem Zell-Turnover (permanente Zellabstoßung) der
junales; der venöse Abfluss über die V. mesenterica Mukosa liegt.
superior in die V. portae, die lymphatische Drainage über Treten dennoch Malignome (Adenokarzinom, Lym-
die Cysterna Chyli und den Ductus thoracicus. phom, Leiomyosarkom, Karzinoid) auf und haben sie eine
schlechte Prognose, da sie spät entdeckt werden (Symp-
Die Anamnese bei Verdacht auf Erkrankungen des tome sind z. B. Blutungen, Komplikationen, z. B. ein Ileus;
Dünndarms umfasst neben allgemeinen Fragen fol- diagnostisch führen meist CT und/oder Laparotomie/
gende spezielle Punkte: -skopie zum Ziel). Therapeutisch ist eine radikale Exzi-
4 Ileuszeichen (Erbrechen, Stuhlverhalt) sion mit Sicherheitsabstand und Lymphadenektomie
4 Kolikschmerzen indiziert; die Passage ist wieder herzustellen. In fortge-
4 Stuhlgangsveränderungen (Teerstuhl, Blut, Schleim, schrittenen Stadien sind Umgehungsanastomosen not-
Konsistenz) wendig.
4 Gewichtsverlust
1.7.4.1 Duodenum
Die klinische Untersuchung beinhaltet: Ulcus duodeni
4 Inspektion: Abdomen gebläht, Operationsnarben Definition. Mukosadefekt und Defekt tieferer Wand-
4 Auskultation: Peristaltik (lebhaft, spärlich, fehlend, schichten des Zwölffingerdarms bis zur Perforation.
klingend, hochgestellt)
4 Palpation: Druckschmerz, Peritonismuszeichen Ätiopathogenese. Ursächliche Faktoren sind Über-
(Abwehrspannung, »harter Bauch«, Loslass- produktion an HCl, Nikotinabusus, Stress, Polytrauma,
schmerz), palpable Resistenzen exogen (NSAR, ASS) u. v. a.

Zur technischen Zusatzdiagnostik gehören folgende Epidemiologie. Sehr häufig (95% aller Ulzera des Ma-
Verfahren: Röntgen (Abdomen-Leeraufnahme, Spie- gens und Duodenums). Männliches Geschlecht wird
gel, freie Luft, Gastrografinpassage), Sonographie (freie bevorzugt.
Flüssigkeit im Douglas-Raum, Morrison-Pouch, dila-
1.7 · Viszeralchirurgie
77 1

Tumor Resektionslinie

Resektionslinie
Striktur

Roux-Y-Schlinge
Omega-Schlinge

. Abb. 1.30. Mindmap Resektions- und Rekonstruktionsverfahren am Dünndarm. (Aus Siewert 2006)
78 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.21. Standardoperationsverfahren am Dünndarm

Operationsverfahren Beschreibung Indikation

Segmentresektion Darmnaht (End-zu-End, End-zu-Seit, Seit-zu- Tumoren, Stenosen


Seit) bei gutartigen Tumoren, radikal bei malig-
nen Tumoren (inkl. Lymphadenektomie, erhöh-
ter Sicherheitsabstand). Rekonstruktion End-
zu-End und End-zu-Seit, Seit-zu-Seit

Iliozökalresektion Resektion des terminalen Ileums und des dista- Übergreifen der Appendizitis vermiformis
len proximalen Zökums. Ileoaszendostomie auf das Zökum, Karzinoid, Morbus Crohn

Strikturoplastik Längsinzision und Quernaht (Lumen vergrö- Morbus Crohn


ßert sich) bei Stenosen, z. B. bei M. Crohn

Schlingenanlage Roux-Y-Schlinge, Omega-Schlinge u. v. a. Rekonstruktionen z. B. bei biliodigestiven


Anastomosen, Pankreasresektion, Magen-
resektion

Ileostoma Transitorisch, permanent. Endständig oder Zum Beispiel protektiv, vor Tumorsteno-
doppelläufig sen

Adhäsiolyse Lösen von Adhäsionen von Darm an der Abdominelle Abhäsionen, z. B. nach mul-
Bauchwand, Verwachsungssträngen (Briden) tiplen Abdominaleingriffen/Peritonitis

Symptomatik. Chronischer oder plötzlicher Schmerz 1.7.4.2 Jejunum, Ileum


im Epigastrium, Ausstrahlung in Schulter und Rücken. Meckel-Divertikel
Nüchternschmerz. Definition/Ätiopathogenese. Das Meckel-Divertikel
stellt ein Rudiment des Ductus omphaloentericus dar.
Diagnostik. Diagnostisch kommen bei Verdacht auf Es liegt ca. 30–100 cm oral der Ileozökalklappe. Es ist
Ulcus duodeni zum Einsatz: bei etwa 0,5–2% aller Menschen vorhanden.
4 Ösophagogastroduodenoskopie.
4 Seltener Magen-Darm-Passage Symptomatik. Meist symptomlos. Falls Beschwerden
4 Säuresekretionsanalyse auftreten, ähneln sie denen einer Appendizitis: Ileusbe-
4 Röntgen-Abdomen im Stehen: freie Luft als Hin- schwerden, selten Komplikationen (Blutung, Perforati-
weis auf eine Perforation on, Tumor).

Therapie. Konservative Optionen sind Protonenpum- Diagnostik. Laparoskopie (Goldstandard), Sonogra-


penhemmer, die Eradikation von Helicobacter pylori, phie, Szintigraphie, CT, MRT.
endoskopische Blutungsstillung bei Blutung, Anti-
biotikatherapie bei Peritonitis (Komplikation). Opera- Therapie. Indiziert ist die Meckelektomie entlang der
tive Verfahren kommen bei Komplikationen (Perfora- Längs-Darmachse und Versorgung mittels Schlinge,
tion) zum Einsatz: laparoskopische Übernähung/Exzi- Stapler, Handnaht, seltener Resektion des betroffenen
son und Verschluss. Vagotomien zur Suppression der Darmabschnittes mit End-zu-End-Anastomose.
Säureproduktion werden nur noch selten durchge-
führt. 1.7.4.3 Durchblutungsstörungen des
Dünndarms
Prognose. Beim chronischen Duodenalulkus kann sich Definition/Symptomatik. Ähnlich der Angina pectoris
eine narbige Magenausgangsstenose entwickeln, die können sich massive Durchblutungsstörungen (Ischä-
nach frustranen Dilatationsversuchen einer Magenre- mie) des Dünndarms in Form einer chronischen Angi-
sektion bedarf. na intestinalis auf dem Boden einer Arteriosklerose
(Stenose) der darmversorgenden Arterien mit folgen-
den Symptomen bemerkbar machen:
1.7 · Viszeralchirurgie
79 1

4 Unspezifische und rezidivierende Abdominal- schmerzen. Im Verlauf kommt es typischerweise zu ei-


symptomatik nem Sistieren der Peristaltik (»Totenstille« nach 12 h
4 Postprandialer Bauchschmerz Abschwächung der Symptomatik, sog. »fauler Friede«).
4 Gewichtsverlust Zudem treten später Peritonismuszeichen auf (früh
hingegen »weicher« Bauch). Nach wenigen Stunden
Diagnostik. Angiographie, Sonographie, CT. (2–4 h) kommt es zur Darmnekrose, Durchwande-
rungsperitonitis und Sepsis.
Therapie. Bypass-Operation an der Gefäßen, im fortge-
schrittenen Stadium Dünndarmresektion. Diagnostik. Es kommen zum Einsatz:
4 Laborchemisch: Laktat, Leukozytenanstieg, CRP
Mesenterialgefäßverschluss 4 Angiographie (A. mesenterica superior)
(akute intestinale Ischämie) 4 Duplexsonographie
Definition. Akute intestinale Perfusionsstörung durch 4 CT, Angio-CT
Stenose der arteriellen (Mesenterialinfarkt, z. B. A. me-
senterica superior et inferior oder Truncus coeliacus) Therapie. Zu den konservativen Maßnahmen gehören
oder venösen (Mesenterialthrombose) Versorgung des Volumengabe, Heparin, Cumarine, Vasodilatatoren,
Dünndarms. Lyse. Operativ sind Notfalllaparatomie und Embolek-
tomie, Thrombendarteriektomie, Bypass (ggf. Gefäß-
Ätiopathogenese. Ein Mesenterialinfarkt entsteht und/oder Darmbypass) mit Beobachtung der Erholung
meist aufgrund von Arrhythmien (Vorhofflimmern), des Darms sowie die Darmresektion des ischämischen
Aneurysmen u. a. Eine Mesenterialvenenthrombose bei Areals indiziert.
Gerinnungsstörungen, schweren Entzündungen, Tu-
moren (Gastrointestinal), Begleiterkrankung von Herz, Nachsorge. Zur Nachsorge gehören Sonographie, An-
Lunge, Nieren oder sehr selten angeboren bei Pfort- giographie im Intervall; ggf. Second-look-Operation
aderstenosen und/oder -agenesien zur Kontrolle der Darmvitalität.

Epidemiologie. Vorwiegend Erkrankung des älteren Prognose. Die akute intestinale Ischämie geht mit einer
Menschen (>70 Jahre), die Mesenterialvenenthrombose hohen Letalität einher (50–90%), insbesondere da meist
ist selten. gravierende Grunderkrankungen (Herzinfarkt, schwe-
re Arrhythmien etc.) vorliegen und weil die Diagnose
Symptomatik. Die Patienten leiden an akuten bis pera- oft zu spät (erst nach Auftreten der Durchwanderungs-
kuten abdominellen Schmerzen bzw. Vernichtungs- peritonitis) gestellt wird.

In Kürze

Dünndarmerkrankungen

Ulcus duodeni 4 Symptomatik: chronischer oder plötzlicher Schmerz im Epigastrium, Ausstrahlung in


Schulter und Rücken. Nüchternschmerz
4 Diagnostik: Ösophagogastroduodenoskopie, Röntgen-Abdomen im Stehen: freie Luft
als Hinweis auf eine Perforation
4 Therapie: konservative Protonenpumpenhemmer, Helicobacter-pylori-Eradikation, en-
doskopische Blutungsstillung. Operative Verfahren bei Komplikationen (Perforation):
laparoskopische Übernähung/Exzison und Verschluss

Meckel-Divertikel 4 Symptomatik: meist keine. sonst Schmerz, Ileusbeschwerden, selten Komplikationen


(Blutung, Perforation)
4 Diagnostik: Laparoskopie (Goldstandard), Sonographie, Szintigraphie, CT, MRT
4 Therapie: »Meckelektomie« entlang der Längs-Darmachse und Versorgung mittels
Schlinge, Stapler, Handnaht, seltener Resektion des betroffenen Darmabschnittes mit
End-zu-End-Anastomose bei schwerer Entzündung, Malignom
6
80 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Ischämischer 4 Symptomatik: akute bis perakute abdominelle Schmerzen. Im Verlauf kommt es typi-
Mesenterial- scherweise zu einem Sistieren der Peristaltik (»Totenstille« nach 12 h Abschwächung
gefäßverschluss – der Symptomatik, sog. »fauler Friede«). Zudem treten später Peritonismuszeichen auf
»akute intestinale (früh hingegen »weicher« Bauch). Nach wenigen Stunden (2–4 h) kommt es zur Darm-
Ischämie« nekrose, Durchwanderungsperitonitis und Sepsis
4 Diagnostik: Duplexsonographie, laborchemisch: Laktat, Leukozytenanstieg, CRP,
Angiographie (A. mesenterica superior), CT, Angio-CT

1.7.5 Kolon 4 Kolonkontrast (Barium, Gastrografin; . Abb. 1.31),


Doppelkontrast (plus Luftinsufflation)
Anatomie 4 Abdomen-/Becken-CT (mit/ohne Kontrast i.v.,
Das Kolon gliedert sich von oral nach aboral in Zökum, Co- rektal, oral, »virtuelle Koloskopie«), MRT, DSA,
lon ascendens, transversum, descendens, sigmoideum. Co- PET
lon transversum und Colon sigmoideum liegen vollständig 4 Stuhluntersuchungen: mikrobiologisch (Bakterien,
intraperitoneal, Colon ascendens, Colon descendens und Viren, Parasiten), Hämoccult-Test
Rektum (ab ca. 14 cm ab ano) liegen partiell retroperitoneal. 4 Laboruntersuchungen: Hb, Tumormarker (CEA,
Die arterielle Versorgung übernehmen A. mesenterica CA19-9)
superior: über A. iliocolica, A. colica dextra und media: Zö-
kum, Colon ascendens und rechtes Colon transversum so- ! Cave
wie A. mesenterica inferior: über A. colica sinistra, A. sigmo- Kein Barium-Kontrastmittel bei Verdacht auf Perfora-
ideae, A. rectalis superior: linkes Colon transversum, Colon tion.
descendens, Colon sigmoideum, oberes Rektum. Über die
Riolansche Arkade wird das Strombett der A. mesenterica Operationsverfahren bei Kolonerkrankungen werden
superior mit der A. mesenterica inferior verbunden. in . Tab. 1.22 beschrieben.
Bei Operation nach radikalchirurgischen Kriterien
Anamnesefragen bei Verdacht auf Erkrankungen des erfolgt die En-bloc-Resektion mit Stammarterie, Me-
Kolon beinhalten folgende Punkte: senterium, begleitenden Lymphknoten und dem ent-
4 Stuhlanamnese: Frequenz, Diarrhö, Obstipation, sprechenden Darmabschnitt. Bei erweiterten radikalen
Defäkationakt (Dauer, Schmerz), Farbe, Auflage-
rungen, Blut, Schleim
4 Meteorismus
4 Koloskopien in Vergangenheit?
4 Ungewollter Gewichtsverlust
4 Abdominelle Voroperationen

Die klinische Untersuchung umfasst:


4 Inspektion: Voroperationen (Narben), Hautzeichen
(Farbe, Turgor), Vorwölbungen
4 Palpation: Resistenzen, Druckschmerz, Loslass-
schmerz, Abwehrspannung, rektale Untersuchung
4 Perkussion: Klopfschall
4 Auskultation: Peristaltik (klingend, fehlend, ver-
stärkt etc.)

An technischer Diagnostik kommen zum Einsatz:


4 Koloskopie (mit PE, Interventionsmöglichkeit)
4 Abdomensonographie, Endosonographie (EUS)
4 Abdomenleeraufnahme (stehend, in Linksseitenla- . Abb. 1.31. Kolonkontrasteinlauf: hochgradiger Malignom-
ge): Ileus-Spiegel, freie Luft? verdacht im Bereich der linken Flexur. (Aus Siewert 2006)
1.7 · Viszeralchirurgie
81 1

. Tab. 1.22. Standardoperationsverfahren des Dickdarms

Operationsverfahren Beschreibung Indikation

Ileozökalresektion Resektion des aboralen Ileums und des oralen Zökums. Schwere Entzündungen (z. B. bei
Anschließend Ileoaszendostomie M. Crohn, Tumoren

Hemikolektomie Resektion des aboralen Ileums und der rechten Flexur. Tumor im Zökum, Colon ascen-
rechts (auch erweitert) Anschließend Ileotransversostomie. Bei radikaler Erwei- dens, Tumor der Appendix ver-
terung (Malignom) Resektion auch der linken Flexur miformis (selten, z. B. Karzinoid)

Colon-transversum- Resektion des Colon transversum. Anschließend Tumor im Colon transversum


Resektion Aszendo-Deszendostomie

Hemikolektomie links Resektion des Colon descendens und des Colon sig- Tumor im Colon descendens
(auch erweitert) moideum. Anschließend Deszendo-Rektostomie.
Bei Erweiterung Resektion auch der rechten Flexur

Sigmaresektion Resektion des Colon sigmoideum. Anschließend Sigmadivertikulitis, Sigmakarzi-


Descendorektostomie nom

Totale Kolektomie Resektion des gesamten Colons und Rektums. An- Familiäre adenomatöse Poly-
schließend ileoanale Anastomose. Ggf. Pouch-Anlage posis coli, Colitis ulcerosa

Diskontinuitäts- Absetzen oberhalb des Sigma, Blindverschluss des Rek- Perforierte Sigmadivertikulitis,
Resektion nach tums. Anschließend endständiges Deszendo-Stoma. Abdominelle Traumata (z. B.
Hartmann (Hartmann- Ggf. Rückverlagerung nach 6 Wochen bis 6 Monaten. Pfählungsverletzung, Stich,
Resektion) Schuss), fortgeschrittene Tumore

Fast alle o. g. Operationen können vollständig laparoskopisch oder laparoskopisch-assistiert durchgeführt werden. In der
Tabelle wurden nicht erwähnt: endoskopische Polypektomie, lokale Exzision, Segmentresektion, palliative Umgehungs-
anastomosen

Verfahren auch mit aortalen Lymphknoten (aortale bilisation tragen zu schnellerer Genesung und kürzeren
Lymphadenektomie), ggf. Nachbarstrukturresektion Klinikaufenthalten mit weniger Komplikationen bei.
(Harnblase, innere Geschlechtsorgane, Prostata, Ne-
benniere u. a.). Anus praeter naturalis
Eingriffstypische Komplikationen bei Kolonope- Definition. Ein Anus praeter naturalis ist ein künstlich
rationen sind: angelegter Darmausgang; der Darm endet offen an der
4 Anastomoseninsuffizienz Bauchhaut. Die Benennung erfolgt nach dem in der
4 Postoperative Darmatonie Haut fixierten Darmabschnitt: Ileo-, Zöko-, Aszendo-,
4 Verletzung von Nachbarstrukturen, z. B. Ureter Transverso-, Deszendo-, Sigmoido-Stomie.

> Gute Patientenvorbereitung (Darmreinigung), vitale Indikationen. Ein Anus praeter naturalis kommt bei
Resektionsränder und subtile, spannungsfreie Hand- folgenden Erkrankungen in Betracht:
und Maschinenanastomosen senken drastisch die Rate 4 Entzündungen (temporär, z. B. Divertikulitis, Peri-
an Anastomoseninsuffizienzen. Typische Klinik der tonitis)
Anastomoseninsuffizienz sind am 3. bis 6. postoperati- 4 Traumen (z. B. Pfählungsverletzung)
ven Tag stärkster Bauchschmerz und Sepsiszeichen. 4 Nahtinsuffizienz
4 Tumoren
Postoperativ wichtige Maßnahmen beinhalten den
Nahrungsaufbau, Frühmobilisation etc. Durchführung. Ileostoma und Kolostoma können end-
Der Begriff der Fast-track-Chirurgie wurde vor- ständig oder doppelläufig angelegt werden (aboral liegt
wiegend in Zusammenhang mit der Kolorektalen Chi- kranial). Temporäre Anus praeter werden nach 6 Wo-
rurgie geprägt: Schneller oraler Kostaufbau und Frühmo- chen bis 6 Monaten rückverlagert.
82 Kapitel 1 · Chirurgie

Entzündliche Erkrankungen Bei der Laboruntersuchung ergeben sich Leukozyto-


1 Appendicitis acuta (akute Appendizitis) se, verzögert ggf. CRP-Erhöhung. Sonographisch sind
Anatomie Kokardenzeichen (»Schießscheibenphänomen« der
Die Appendix vermiformis wird über die A. appendicularis Appendix vermiformis im Querschnitt: Auftreibung
aus der A. ileocolica arteriell versorgt. Sie ist zwischen 2 und auf >10 mm), freie Flüssigkeit im Douglas-Raum hin-
18 cm lang. Retrozökale, subhepatische und Lage in Rich- weisend.
tung Douglas-Raum oder Adhäsionen (Bauchwand, GIT) Differenzialdiagnostisch kommen folgende
können die sonst unkomplizierten anatomischen Verhält- Krankheiten infrage:
nisse etwas erschweren. 4 Nieren- und Harnwegsinfekt (Urinstatus!), eventu-
ell Steine im Urogenitalsystem
Definition. Akute Entzündung der Appendix vermifor- 4 Gynäkologische Ursachen (Schwangerschaftstest!)
mis. 4 Gastroenteritis (Diarrhö?)
4 Seltener Divertikulitis, M. Crohn
Ätiopathogenese. Die Ätiologie ist nicht sicher geklärt,
mögliche Ursachen sind Lumenobstruktiondurch Fremd- Therapie. Die laparoskopische Appendektomie ist heu-
körper, Kotsteine, generelle Abwehrschwäche mit Auf- te das Verfahren der Wahl. Die offene Appendektomie
flammen einer chronisch rezidivierenden Appendizitis. mit Wechselschnitt, Tabaksbeutelnaht ist betriebs-
wirtschaftlich günstiger, hat aber den Nachteil des Un-
Epidemiologie. 5–10% der Bevölkerung erkranken un- terbauchschnittes. Die Konversion zur offenen Opera-
ter 30 Jahren an einer Appendizitis vermiformis, sie tion wird nötig bei Komplikationen bzw. sehr schwie-
stellt damit das häufigste viszeralchirurgische Krank- rigen anatomischen Verhältnissen. Der Kostaufbau
heitsbild dar. Eine Häufung tritt im Alter von 4–20 Jah- erfolgt am 1. postoperativen Tag. Klinikverweildauer
ren und beim männlichen Geschlecht auf. 1–2 Tage (laparoskopische Operation). Bei Perforation,
Abszess, Unterbauchperitonitis zunächst intravenöse,
Symptomatik. Akuter Beginn häufig mit Bauchschmerz dann perorale Antibiose (z. B. Cephalosporin, Metro-
im Mittelbauch, dann wandernd Richtung rechten Un- nidazol).
terbauch. Übelkeit und Erbrechen, Fieber begleiten
häufig den Bauchschmerz. Laparoskopische Appendektomie
Supraumbilikales Eingehen mit einem 5-mm-Trokar. Insuf-
Diagnostik. Entscheidend ist die klinische Untersu- flation von Luft (Pneumoperitoneum). Diagnostischer
chung: Rundblick. Eingehen mit einem 5-mm- und einem 10-mm-
4 Klopfschmerz und Druckschmerz, Loslassschmerz Trokar im Unterbauch (Cave Samenstrang beim Mann).
(Blumberg) über dem rechten Unterbauch (Mc- Aufsuchen und Fassen der Appendix vermiformis. Zeltför-
Burney/Lanz), Psoasschmerz u. a. miges Aufspannen des Mesenterioleums. Alternierendes
4 Schmerzhafte rektale Untersuchung (evtl. Douglas- Durchtrennen des Mesenterioleums mit dem elektrischen
Schmerz) Dissektor und der Schere bis zur Appendixbasis. Überstül-
4 Fieber, rektale-axilläre Temperaturdifferenz >1°C pen und Zuziehen der Röderschlinge an der Appendixba-
4 Peritonitiszeichen: lokale/generelle Abwehrspan- sis. Abschneiden der Appendix, Desinfektion der Abtra-
nung, kontralateraler Loslassschmerz gungsstelle, Bergen der Appendix über den 10-mm-Trokar.
Abschließender Blick insbesondere auf Bluttrockenheit,
> Die Arbeitsdiagnose »akute Appendizitis« ist eine ggf. Spülung des kleinen Beckens. Desufflation des Abdo-
klinische Diagnose. Die Zusatzdiagnostik dient nur mens. Fasziennaht an der 10-mm-Eintrittspforte, Hautnäh-
der Bestätigung oder als Entscheidungsgrundlage bei te, 3 Pflaster. Bei Komplikationen, Entzündung bis in das
sehr milder Klinik für eine eventuelle Operation. Zökum reichend und anderen Gründen kann eine Abtra-
gung der Appendix mit einem Linearstapler erforderlich
Klinische Untersuchung bei akuter Appendizitis werden.
4 McBurney-Punkt: Mittelpunkt der Verbindungslinie
zwischen Nabel und Spina iliaca anterior superior Prognose. Es besteht eine äußerst geringe Operations-
4 Lanz: rechtsseitiger Drittelpunkt der Verbindung der letalität, die allerdings bei Perforation, Peritonitis, sowie
beiden vorderen oberen Darmbeinstachel bei der »Altersappendizitis« sprunghaft ansteigt. Die
4 Psoas-Zeichen: Schmerz im rechten Unterbauch bei Rate an Spätkomplikationen ist sehr gering (Bauch-
Anheben des rechten Beines (Hüftbeugung) gegen wand-/Darmabszesse, Darmverschluss).
Widerstand durch Kontraktion des M. ileopsoas
1.7 · Viszeralchirurgie
83 1

> Die Indikation zur Appendektomie ist großzügig zu intraluminaler Druck (Obstipation, Tumor). Präventiv
stellen. Das Gesamtrisiko bei einer Perforation/Perito- wirken ballaststoffreiche Kost und körperliche Bewe-
nitis durch Zuwarten ist höher als das Operationsrisi- gung.
ko bei blandem Befund.
Epidemiologie. Gehäuft im Alter auftretend. Häufig
Nachsorge. Laborkontrolle im Intervall bei initial er- asymptomatisch (50%).
höhten Entzündungsparametern. Selten findet sich nach
pathologisch-histologischer Aufarbeitung ein Karzino- Symptomatik. Fieber, Bauchschmerz im linken Unter-
id in der Appendix vermiformis. Über die Hälfte aller bauch (»Linksappendizitis«, »Altersappendizitis«), Te-
Karzinoide sind dort lokalisiert. Kleine Karzinoide be- nesmen, Flatulenz, Blähbauch, Stuhlgangsveränderun-
dürfen bei R0-Resektion keiner weiteren Behandlung gen (Diarrhö, Obstipation), ggf. Übelkeit, Erbrechen,
(Nachkontrolle). Nachresektion bei Befall des Zökums. Druckschmerz, Klopfschmerz, lokale Abwehrspan-
nung, generelle Abwehrspannung, palpable Resistenz,
Ischämische Kolitis untere gastrointestinale Blutung (Divertikelblutung)
Definition. Minderperfusionsbedingte Funktions- spä-
ter Strukturschädigung des Dickdarms. Komplikationen. Entzündung der Umgebung, Perfora-
tion, Peritonitis, Blutung (Gefäßruptur am Divertikel-
Ätiopathogenese. Zugrunde liegt ein arterieller Ver- rand), Fistelung, Abszess, Stenosierung.
schluss durch Embolus; iatrogen bedingt kann die is-
chämische Colitis bei viszeralchirurgischen Eingriffen > Folgende Komplikationen können sich aus einer Di-
am Kolon auftreten. Der natürliche Verlauf geht von vertikulose entwickeln: Divertikulose o Divertikulitis
einer Stenose über Gangrän, Nekrose, Darmdilatation, o Peridivertikulitis o Perforation (gedeckt/frei) o
Perforation bis zur Sepsis. Perikolitis o lokale Peritonitis o generalisierte Peri-
tonitis
Symptomatik. Milde (Tenesmen, Bauchschmerz, Diar-
rhö) bis massive Beschwerden mit blutig tingiertem bis
blutigem Stuhl; Symptomatik einer Sepsis. Diagnostik. Röntgen-Abdomen im Stehen (Perforati-
on?), Kolonkontrasteinlauf mit wasserlöslichem Kon-
Diagnostik. Freie Luft in Röntgen-Abdomenübersicht trastmittel (z. B. Gastrografin), CT-Abdomen. Kolos-
(z. B. nach Perforation), Kolon-Kontrasteinlauf (Steno- kopie, Sigmoidoskopie (Stenosen, Divertikellumen).
sen), CT-Abdomen. Laborchemisch ergeben sich Leukozytose und CRP-Er-
höhung. Differenzialdiagnostisch sind Tumoren, Ade-
Therapie. Kausal durch Resektion des betroffenen nome, Colitis ulcerosa, M. Crohn abzugrenzen.
Darmabschnittes bei Komplikationen (s. oben).
! Cave
Prognose. Bei langdauernder Perfusionsstörung mit Kein bariumhaltiges Kontrastmittel bei Verdacht auf
Gangrän/Nekrose ist die Sterblichkeit sehr hoch. Perforation. Keine Endoskopie bei florider Divertikulitis.
Eine Reihe weiterer Erkrankungen können Opera-
tionen des Dickdarms nach sich ziehen. Immer wenn Therapie. Konservative Therapieoptionen umfassen:
gravierende Verlaufsformen mit Stenosen, Perforation, 4 Therapie der Divertikulose:
Blutung einhergehen, kann eine Resektion/Übernä- 5 Ballastoffreiche Ernährung, Bewegung
hung erforderlich werden. 4 Therapie der Divertikulitis
5 Nahrungskarenz, parenterale Ernährung, even-
Divertikulose des Darms tuell endoskopische Blutstillung
Definition. Ausstülpungen der Dickdarmwand, meist 5 Antibiose mit Cephalosporin und Metronida-
im Sigma (95%) gelegen. zol anfänglich i.v.

> 4 Echte Divertikel: vollständige Wandausstülpung Operative Maßnahmen sind:


4 Pseudodovertikel/falsche Divertikel (meist bei 4 Therapie der Divertikulose
Divertikulose): Ausstülpung z. B. nur der Mukosa 5 Elektive laparoskopische oder konventionelle
Sigmaresektion, End-zu-End-Deszendo-Rek-
Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen sind Prädisposi- tostomie. Indikation bei wiederholten floriden
tion (Wandschwäche), ballaststoffarme Kost, erhöhter Schüben im symptomarmen/-freien Intervall.
84 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Therapie der Divertikulitis (dringlich/im Notfall) Therapie. Endoskopische Resektion (Schlinge, Diather-
1 ist nur bei nicht stillbarer Blutung, massiver, kon- mieschlinge), laparoskopisch/laparotomisch oder offe-
servativ nicht kontrollierbarer Entzündung, Perfo- ne Resektion des entsprechenden Darmabschnittes,
ration angezeigt. Transanale-endoskopischen Mikrochirurgie (TEM) für
5 Je nach intraoperativem Befund sollte der Ver- flache, frühe Tumoren des Rektums.
such einer kontinuitätserhaltenden Operation
erfolgen. Bei schwerer Unterbauchperitonitis, Nachsorge. Bei großen Polypen ggf. auch nach Abtra-
schwerer Colitis bestehen u. U. geringe Aus- gung Nachkontrollen.
sichten auf Heilung der Anastomose, sodass es
vorzuziehen ist, die Anastomose nach Abklin- Familiäre adenomatöse Polyposis coli (FAP, APC)
gen der schweren Entzündung anzulegen. Definition. Mehr als 100 (bis 1000) Polypen im Kolon/
5 Sigmaresektion mit End-zu-End-Anastomose Rektum.
5 Diskontinuitätsresektion nach Hartmann mit
Rektumblindverschluss und endständigem Ko- Ätiopathogenese. Diese autosomal-dominant erbliche
lostoma. Anus-praeter-Rückverlagerung, z. B. 6 (mutiertes APC-Gen) Erkrankung stellt eine obligate
Monate nach Primäroperation Präkanzerose dar (7 Humangenetik). 10–15 Jahre nach
5 Ggf. Abszess-/Fistelrevision Erkrankungsbeginn kommt es zur malignen Entartung,
spätestens um das 40. Lebensjahr finden sich ein/meh-
Gutartige Neubildungen rere solide Malignome.
Kolonadenom
Definition. Gutartige Gewebewucherungen auf Boden Epidemiologie. Der Altersgipfel liegt bei 30 Jahren.
der Darmschleimhaut in das Lumen vordringend. Er-
habenheiten der Darmmukosa werden grundsätzlich Symptomatik. Es besteht eine positive Familienanam-
als Polypen bezeichnet, man unterscheidet: nese; Beschwerden sind Diarrhö, Schleimabgang,
4 Neoplastische Polypen = Adenome Blutabgang, Kolikartige Bauchschmerzen.
5 Tubulär (breitbasig, gestielt)
5 Villös Diagnostik. Koloskopie, DNA-Analyse (z. B. auch von
5 Tubulovillös Verwandten).
4 Nichtneoplastische (Hyperplasien, Metaplasien)
4 Pseudopolypen (Entzündlich produktives Gewebe) Therapie. Indiziert ist die komplette Entfernung von
Kolon und Rektum (Proktokolektomie) mit ileoanaler
Je nach Untertyp liegen die Entartungsraten bei bis zu Pouch-Aanastomose ab dem 20. Lebensjahr als Präven-
100%. tion der Kolonmalignome.

> Zahlreiche Erkrankungen (Gardner-, Turcot-, Zanca-, Nachsorge. Wichtig ist eine engmaschige koloskopi-
Peutz-Jeghers-Syndrom) gehen mit Polypen des Dick- sche Kontrolle bei den verwandten Risikopersonen.
darms (7 Innere Medizin, Kap. 4.3.14).
Bösartige Neubildungen: Kolonkarzinom
Ätiopathogenese. Aus allen Polypen kann sich (insbe- > Das Kolonkarzinom ist das zweithäufigste Malignom
sondere nach Überschreiten einer gewissen Größe überhaupt.
(10% Risiko bei Größe >2 cm) ein invasives Malignom
entwickeln (Adenom-Karzinom-Sequenz). Definition. Maligne Neoplasie der Kolonschleimhaut.

Symptomatik. Schleimproduktion, Elektrolytverlust, Ätiopathogenese. Ätiologisch geht man von der Ade-
Blutung peranal. nom-Karzinom-Sequenz aus. Risikofaktoren sind: fett-
und fleischreiche, ballaststoffarme Ernährung, erbliche
Diagnostik. Jeder Polyp sollte abgetragen und histolo- Disposition. Familiäre adenomatöse Polyposis coli und
gisch untersucht werden: Koloskopie, Biopsie, besser Colitis ulcerosa sind Grunderkrankungen, die im Ver-
sogleich Polypektomie. lauf obligat zu Kolonkarzinomen führen. Das Karzinom
wächst lokal destruierend (Ileus, Einbruch in Nachbar-
Differenzialdiagnosen. Auszuschließen sind maligne organe, Blutung, Peritonitis, Abszesse, Fistelung. Es me-
Tumoren des Kolon, Rektumkarzinom, familiäre ade- tastasiert vorwiegend lymphogen in regionäre Lymph-
nomatöse Polypose. knoten und hämatogen in die Leber (via Pfortader).
1.7 · Viszeralchirurgie
85 1

Epidemiologie. Die Inzidenz liegt bei ca. 25/100.000 Bei der klinischen Untersuchung ist ggf. eine Re-
Einwohner/Jahr und ist zunehmend (häufigere sistenz palpabel, bei digital-rektaler Untersuchung ggf.
Endoskopien bedingen häufigere Diagnosestellungen). ein Tumor tastbar (30% der kolorektalen Karzinome).
Das Kolonkarzinom tritt gehäuft ab dem 45. Lebens-
jahr auf. Diagnostik. Zum Einsatz kommen Koloskopie (Nach-
weis 98% aller kolorektalen Karzinome), Sonographie
Symptomatik. Anamnestisch lassen sich je nach Stadi- (Leberfiliae), Röntgen-Doppel-, neuerdings Video-
um folgende Symptome eruieren: Kontrast (lokale Ausdehnung, Obturierung, Polypendi-
4 B-Symptomatik: Leistungsknick, ungewollter Ge- agnostik), CEA, CA19-9. Mittels CT lässt sich das Sta-
wichtsverlust ging vornehmen (. Tab. 1.23).
4 Blut am Toilettenpapier, Schleimabgang
4 Schmerzen Therapie. Die radikalchirurgische Resektion stellt die
4 Chronische Obstipation Therapie der Wahl dar. Wichtig ist die antibiotische
4 Leisten-/Nabelbruch, Arterielle Hypertonie (abdo- Prophylaxe (intraoperativ) sowie die gründliche
minelle Druckerhöhung) Darmvorbereitung am Vortag (orales Laxans, Klistie-
4 Stuhlgangsveränderungen (Bleistiftstuhl, imperati- re). Je nach Tumorsitz sind Sigmaresektion, Hemikol-
ver Stuhlsdrang, übelriechende Stühle) ektomie links, rechts (alles ggf. erweitert), Kolektomie
(multifokale Karzinome) indiziert. Das laparoskopi-
Zu fragen ist zudem nach erblichen Vorbelastungen/ sche Vorgehen ist beim Sigmakarzinom onkologisch
Grunderkrankungen sowie der Ernährung. unbedenklich.

. Tab.1.23. TNM-Status und Stadiengruppierung des Kolonkarzinoms

T-Status N-Status M-Status Stadium

Tx Nx Mx Stadium 0
Primärtumor kann nicht beurteilt werden Lymphknotenstatus kann Nicht beurteil- Tis, N0, M0
nicht beurteilt werden bar

T0 N0 M0 Stadium I
Kein Anhalt für Primärtumor Keine regionären Lymph- Keine Fernme- T1,2, N0, M0
knotenmetastasen tastasen

Tis N1 M1 Stadium II
Carcinoma in situ Metastasen in 1–3 regionä- Fernmetastasen T3,4, N0, M0
ren Lymphknoten

T1 N2 Stadium III
Tumor infiltriert die Submukosa Metastasen in 4 oder mehr Jedes T, N1,2,
regionären Lymphknoten M0

T2 Stadium IV
Tumor infiltriert die Muscularis propria Jedes T, jedes
N, M1

T3
Tumor penetriert die Muscularis propria und in-
filtriert die Subserosa oder nicht peritonealisier-
tes perikolisches oder perirektales Gewebe

T4
Tumor infiltriert Nachbarorgane oder Nachbar-
strukturen

N0 beurteilbar bei >12 untersuchten Lymphknoten


86 Kapitel 1 · Chirurgie

Prävention. Vorbeugend wirkt ein entsprechender Le- Kolonverletzungen


1 benswandel (fettarme, ballaststoffreiche Kost, Restrik- Kolonverletzungen können bei stumpfen Bauchtraumen
tion von Alkohol). Zudem sind die Vorsorgeuntersu- (auch 2-Punkt-Gurttraumen) entstehen. In Deutschland sel-
chungen (ab 50. Lebensjahr jährlich) in Anspruch zu tener Schuss- und Stichverletzungen. Klinik: akutes Abdo-
nehmen: men, Peritonitis. Diagnostik: Röntgen Abdomen: freie Luft,
4 Konsequentes Abklären von B-Symptomatik, pera- CT. Therapie: Übernähung, ggf. Darmresektion, ggf. (tempo-
nalem Blutabgang räre) Anus-praeter-Versorgung; systemische Antibiose.
4 Rektale Untersuchung
4 Hämoccult Weitere Operationsindikationen am Kolon
4 Koloskopie ggf. mit PE alle 5–10 Jahre, je nach Be- Bei Dickdarmileus (7 Innere Medizin, Kap. 4.3.5) und -sub-
fund kürzere Intervalle ileus muss auch bei funktionellen Ursachen operativ vor-
4 Sonographie gegangen werden: Entlastung, ggf. Detorquierung (z. B.
Sigmavolvulus), ggf. Resektion von Engstellen, Darmrohr.
Prognose. Das 5-Jahres-Überleben über alle Stadien bei Eine Reihe weiterer, insgesamt aber seltenerer Erkran-
R0-Resektion liegt bei über 75%. Lokalrezidive treten kungen kann resezierende Eingriffe (von lokaler Exzision
meist binnen der ersten 2 Jahre auf. über Segmentresektion bis zur Kolektomie) am Kolon erfor-
derlich machen: Angiodysplasien, Endometrioseherde,
Nachsorge. Bei positivem Lymphknotenstatus (N1, 2) Karzinoid, Entzündungen (auch nach Radiatio) mit Kompli-
und/oder bei Lebermetastasierung adjuvante systemi- kationen wie Blutung, Perforation, Stenose.
sche Chemotherapie (z. B. 5-FU, Leukovorin). Chronische Obstipation, kumulierende Obstkerne
Die Nachsorge zur frühzeitigen Rezidiverkennung (Kirschkernileus) und andere Fremdkörper können Ileus
sollte gemäß den Richtlinien (klinisch, Sonographie, und tumorähnliche Symptome bereiten. Auch diese Situa-
Endoskopie (Anastomose), CEA, Hämoccult, CT) in tionen können kolonresezierende Eingriffe erforderlich
immer lockerer werdenden Intervallen erfolgen. machen.

In Kürze

Kolonerkrankungen

Appendicitis acuta 4 Symptomatik: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerz im Mittelbauch beginnend und


dann Richtung rechten Unterbauch wandernd
4 Diagnostik: rektal-axilläre Temperaturdifferenz >1°C, Druck-, Klopf-, Loslassschmerz
über McBurney/Lanz, Peritonitiszeichen, positives Psoas-Zeichen, Leukozytose, CRP-
Anstieg, sonographisch Kokardenzeichen, ggf. freie Flüssigkeit im Douglas-Raum
4 Therapie: laparoskopische Appendektomie mit Röder-Schlinge, seltener mit Stapler.
Selten offene Appendektomie mit Wechselschnitt, Tabaksbeutelnaht. Antibiose bei
Perforation/Peritonitis

Ischämische Colitis 4 Symptomatik: milde (Tenesmen, Bauchschmerz, Diarrhö) bis massive Beschwerden/
Schmerzen; blutig tingierter bis blutiger Stuhl, Sepsis
4 Diagnostik: freie Luft in Röntgen-Abdomenübersicht bei Perforation, Kolon-Kontra-
steinlauf (Stenosen), CT Abdomen
4 Therapie: kausal: Resektion des betroffenen Darmabschnittes bei Komplikationen

6
1.7 · Viszeralchirurgie
87 1

Divertikulose/ 4 Symptomatik: Fieber, Bauchschmerz im linken Unterbauch (»Linksappendizitis«,


Divertikulitis »Altersappendizitis«), Tenesmen, Flatulenz, Blähbauch, Stuhlgangsveränderungen
(Diarrhö, Obstipation), ggf. Übelkeit, Erbrechen, Druckschmerz, Klopfschmerz, lokale
Abwehrspannung, generelle Abwehrspannung
4 Diagnostik: palpable Resistenz, untere gastrointestinale Blutung (Divertikelblutung);
Röntgen Abdomen im Stehen, Kolonkontrasteinlauf mit wasserlöslichem Kontrast-
mittel, CT-Abdomen, Koloskopie, Sigmoidoskopie (Stenosen, Divertikellumen); labor-
chemisch: Leukozytose, CRP-Erhöhung
4 Therapie:
– Konservativ: ballastoffreiche Ernährung, Bewegung, Nahrungskarenz, parenterale
Ernährung, endoskopische Blutstillung, Antibiose mit Cephalosporin und Metroni-
dazol anfänglich i.v.
– Operativ: elektive laparoskopische oder konventionelle Sigmaresektion, End-zu-End-
Deszendo-Rektostomie bei wiederholten floriden Schüben im symptomarmen/
-freien Intervall
– Bei schwerem Befund: Diskontinuitätsresektion nach Hartmann mit Rektumblindver-
schluss und endständigem Kolostoma. Anus-praeter-Rückverlagerung z. B. 6 Monate
nach Primäroperation
– Ggf. Abszess/Fistelrevision

Kolonadenom 4 Symptomatik: Schleimproduktion, Elektrolytverlust, Blutung peranal


4 Diagnostik: Koloskopie, Biopsie
4 Therapie: endoskopische Abtragung (Diathermieschlinge). Laparoskopische oder
offene Resektion des entsprechenden Darmabschnittes, transanale-endoskopische
Mikrochirurgie (TEM) für Tumoren des Rektums

Familiäre 4 Symptomatik: positive Familienanamnese, Diarrhö, Schleimabgang, Blutabgang,


adenomatöse kolikartige Bauchschmerzen
Polyposis coli 4 Diagnostik: Koloskopie, DNA-Analyse (z. B. auch von Verwandten)
4 Therapie: präventiv Totalentfernung von Kolon und Rektum (Proktokolektomie) mit
ileoanaler Pouchanastomose ab dem 20. Lebensjahr. Engmaschige Endoskopie bei
verwandten Risikopersonen

Kolonkarzinom, 4 Symptomatik: B-Symptomatik: Leistungsknick, ungewollter Gewichtsverlust, Blut am


Rektosigmoidkar- Toilettenpapier, Schleimabgang, Schmerzen, chronische Obstipation, Leisten-/Nabel-
zinom bruch, arterielle Hypertonie, Stuhlgangsveränderungen (Bleistiftstuhl, imperativer
Stuhlsdrang, übelriechende Stühle
4 Diagnostik: klinisch: palpable Resistenz, bei digital-rektaler Untersuchung ggf. Tumor
tastbar. Zusatzdiagnostik: Sonographie (Leberfiliae), Röntgen-Doppelkontrast (lokale
Ausdehnung, Obturierung) CEA, CT (Staging)
4 Therapie: radikalchirurgische Resektion Therapie der Wahl. Je nach Tumorsitz Sigmare-
sektion, Hemikolektomie links, rechts (alles ggf. erweitert), Kolektomie (multifokale Kar-
zinome). Bei positivem Lymphknotenstatus (N1/2) und/oder bei Lebermetastasierung
adjuvante systemische Chemotherapie (z. B. 5-FU, Leukovorin) bzw. spezielle Verfahren
(z. B. Kryotherapie)
88 Kapitel 1 · Chirurgie

1.7.6 Rektum 4 Labor: Entzündungsparameter, Tumormarker


1 (CA19-8, CEA)
Anatomie 4 Prokto-/Rektoskopie (starr), auch mit Biopsiege-
Das Rektum (Mastdarm) misst etwa 15 cm ab der Linea ano- winnung
cutanea und gliedert sich in oberers, mittleres und unteres 4 Sonographie, Endosonographie
Drittel. Unterhalb der Linea dentata beginnt der Analkanal. 4 Röntgen (Abdomen im Stehen, Röntgen-Kontrast):
Nach der Eindickung des Stuhls im Kolon kommt dem Rek- Ileus, freie Luft, Tumoren
tum und Analkanal vorwiegend die Kontinenz- und Defäka- 4 Defäkographie (Video, MRT, Sonographie)
tionsfunktion zu. Die arterielle Versorgung erfolgt über die 4 Anale Manometrie
A. mesenterica inferior über die A. rectalis superior für das 4 Laborchemische/Mikrobiologische Stuhluntersu-
obere Rektum und über die A. iliaca interna (über A. rectalis chung
media und inferior) für das mittlere und untere Rektum.
Die Standardoperationsverfahren am Rektum stellt
Anamnestisch sind neben allgemeinen Fragen insbe- . Tab. 1.24 dar.
sondere zu klären:
4 Stuhlgewohnheiten (Frequenz, Beschaffenheit, Far- Gutartige Tumoren des Rektums
be, Defäkation) Meist handelt es sich um Schleimhautpolypen. Mehr als
4 Stuhlgangsveränderungen (Diarrhö, Obstipation, 100 Polypen bezeichnet man als Polyposis. Aufgrund
Schleim, Blut) unsicherer Entartungstendenz gilt jeder – auch makros-
4 Schmerzen (wo, wie auftretend?) kopisch benigne imponierender Tumor – als malignom-
verdächtig bis zum Beweis des Gegenteils. Hamartome
Die klinische Untersuchung umfasst speziell folgende sind angeboren, Adenome sind erworben, neoplastisch.
Schritte:
4 Inspektion der Perianalregion (Hämorrhoiden, Fis- ! Cave
suren, Rhagaden, Marisken, Tumor) Jeder Schleimhautpolyp muss komplett abgetragen
4 Digital rektale Untersuchung (bis etwa 10 cm mög- und histologisch untersucht werden.
lich) in Steinschnittlage oder Linksseitenlage (an-
gebeugteOberschenkel):Tumoren,Sphinktertonus, Rektumadenom
Blutung, Prostata, Portio, Ovarien, Douglas-Raum Definition. Benigner Tumor, meist im Bereich des Rek-
tosigmoids gelegen (liegt er im Analbereich, spricht
Technische Untersuchungen kommen wie folgt zum man von Analpolyp). Nach makroskopischem Wachs-
Einsatz: tum unterscheidet man gestielte und breitbasige Typen.

. Tab. 1.24. Standardoperationsverfahren am Rektum

Operationsverfahren Indikation

Anteriore Rektumresektion; kontinenzerhaltend Rektumtumoren des proximalen (oralen) Drittels


und des rektosigmoidalen Übergangs

Tiefe anteriore, ultratiefe anteriore Rektumresektion; kontinen- Tumoren des mittleren Rektumdrittels
zerhaltend

Abdominoperineale Rektumamputation (Miles); Anlage eines Tumoren des distalen (aboralen) Rektumdrittels.
Sigmastomas, Verschluss des Dammes Analkanaltumoren

Transanale endoskopische Mikrochirurgie (TEM); transanale Exzi- Benigne Tumoren oder Malignome im Frühstadi-
sion auch in voller Wanddicke im proximalen und mittleren Rek- um (T1, gut differenziert)
tum mittels Operationsendoskop im CO2-gefüllten Rektum

Bei malignen Tumoren gelten radikalchirurgische Kriterien: radikale Lymphknotendissektion im Mesorektum, genügend
Sicherheitsabstand.
Bei Rektumresektionen muss eine Aufklärung über Anastomoseninsuffizienz, Inkontinenz, Miktionsstörungen, mögliche
Impotenz, Abszessbildung, evtl. Stomaanlage erfolgen.
1.7 · Viszeralchirurgie
89 1

Letztere gehen mit erhöhtem Entartungsrisiko einher. fachkarzinome!) mit ggf. Biopsieentnahme, Sonogra-
Die histologische Unterteilung erfolgt in tubulär, villös phie (Lebermetastasen), Endosonographie (T-Status,
und Mischformen (tubulovillös) mit geringen, mittel- N-Status). Im Labor werden Hämoglobin (chronischer
gradigen oder schweren Zellatypien. Blutverlust), Tumormarker CEA, CA19-9 untersucht.
Hinzu kommen CT, MRT (lokale Ausdehnung, Fern-
Ätiopathogenese. Meist Hyperproliferation der Rek- metastasen, »Staging«). Die Einteilung/Klassifikation
tumschleimhaut. Verschiedengradige Zellatypien erfolgt nach TNM (7 oben, Abschnitt Kolonkarzinom),
(7 oben). Übergang in Carcinoma in situ (Adenom- UICC, Dukes (veraltet).
Karzinom-Sequenz).
Therapie. Ziel ist die kurative R0-Resektion; TEM-Ver-
> 4 Tubuläre Adenome: 10% Entartungstendenz bei fahren (lokale Vollwandexzision) sind nur bei Frühkar-
Größe >2 cm zinomen (bis T1) indiziert. Angewendet wird die radi-
4 Breitbasige, villöse Adenome: 30–50% Entar- kalchirurgische (Mesorektum) anteriore, tiefe und ul-
tungsrisiko tratiefe Rektumresektion (auch laparoskopisch) mit
Deszendo-Rektostomie mit einem Sicherheitsabstand
Symptomatik. Meist Zufallsbefund. Evtl. Blut im Stuhl, von minimal 2 cm (nach oral unproblematisch). Bei
Obstipation, Diarrhö. Karzinomen des unteren (aboralen) Drittels kommt die
abdominoperineale Rektumamputation (Miles) mit
Diagnostik. Endoskopie, histologische Untersuchung. Sigmastomaanlage infrage; alternativ die Radiochemo-
therapie. Lebermetastasen werden bei Resektabilität
Therapie. Endoskopische Abtragung, Resektion. Bei auch synchron mit entfernt.
Malignität radikale Resektion (7 unten). Sonderform: Eine adjuvante Chemotherapie ist bei lymphkno-
familiäre Adenomatosis coli (FAP; 7 oben). tenpositiven Tumoren (N1), bei Lebermetastasierung
indiziert (z. B. 5-FU und Leukovorin), wobei der Bene-
Rektumkarzinom fit für Patienten noch nicht abschließend geklärt ist. Der
Definition. Bösartige Neubildung von der Rektum- Nutzen einer neoadjuvante Chemoradiotherapie (für
schleimhaut ausgehend. fortgeschrittene Tumoren, ab T3) kann noch nicht ab-
schließend bewertet werden. Palliative Therapie be-
Ätiopathogenese. Meist handelt es sich zu 95% um ein steht in lokalen Exzisionen (Kryo-, Diathermie, Laser-
Adenokarzinom, aus einem Adenom hervorgehend chirurgie), Umgehungsanastomose bzw. Stoma.
(Adenom-Karzinom-Sequenz). Die Malignome infilt-
rieren lokal und breiten sich aus (insb. nach oral), mög- Prävention. Günstig ist eine fettarme Ernährung. Vor-
lich ist auch ein Einbruch in Blase/Prostata, Uterus, sorgeuntersuchungen ab dem 40. Lebensjahr sind ein-
Ureter, Ovarien möglich. Die Ausbreitung erfolgt lym- zuhalten; verstärkte Vorsorge sollte bei Risikofaktoren
phatisch entlang der das Rektum versorgenden Arterien (Colitis ulcerosa, M. Crohn, FAP u. v. a., s. oben, Ab-
(abdominell, iliakal). Bei Invasion des Tumors in die schnitt Kolonkarzinom) durchgeführt werden.
Submukosa liegt bis zu einem Viertel auch ein regionaler
Lymphknotenbefall vor. Hämatogen metastasieren Rek- Prognose. Bei Tumoren ohne Lymphknotenbefall liegt
tumkarzinome in die Leber (Pfortaderanschluss) und die 5-Jahres-Überlebensrate bei >80%; ohne Lymphno-
Lunge (sekundär, V.-cava-Anschluss, Iliakalabstrom). tenbefall, aber mit T3-/T4-Status bei 60–80% und bei
positivem Lymphknotenstatus bei 30–50%.
Epidemiologie. Häufig; 14–18/100.000 Einwohner/Jahr;
der Altersgipfel liegt in der 6. bis 7. Lebensdekade. Nachsorge. Gemäß der Richtlinien (klinisch, Sonogra-
phie, ggf. Tumormarker).
Symptomatik. Erst in fortgeschrittenen Stadien kommt
es zu Beschwerden: peranale Blutung, Stuhlgangsverän- Seltene Erkrankungen von Rektum
derungen (Diarrhö, Obstipation, imperativer Stuhl- Beim Rektumprolaps prolabiert das Rektum (alle Wand-
drang, Bleistiftstuhl, Gefühl der inkompletten Entlee- schichten) nach extraanal (meist bei Bauchpresse); bedingt
rung), B-Symptomatik. durch eine Schwäche der Aufhängebänder. Folgen sind:
Inkontinenz, eine erhebliche Einschränkung der Lebens-
Diagnostik. Klinisch erfolgt eine digital-rektale Unter- qualität. Die Therapie besteht in einer Rektopexie (Fixation
suchung (bis 10 cm ab Linea anocutanea möglich). Ent- des Rektums am Os sacrum/Sitzbein), ggf. Kürzung von Sig-
scheidend sind zudem Rektoskopie, Koloskopie (Mehr- ma/Rektum durch Resektion.
90 Kapitel 1 · Chirurgie

In Kürze
1
Rektumerkrankungen

Rektum- 4 Symptomatik: meist Zufallsbefund; evtl. Blut im Stuhl, Obstipation, Diarrhö


adenom 4 Diagnostik: Endoskopie, histologische Untersuchung
4 Therapie: endoskopische Abtragung, Resektion

Rektum- 4 Symptomatik: erst in fortgeschrittenen Stadien: peranale Blutung, Stuhlgangsveränderungen


karzinom (Diarrhö, Obstipation, imperativer Stuhldrang, Bleistiftstuhl, Gefühl der Inkompletten Entlee-
rung), B-Symptomatik
4 Diagnostik: digital-rektale Untersuchung (bis 10 cm ab Linea anocutanea möglich). Rektosko-
pie, Koloskopie (Mehrfachkarzinome!) mit ggf. Biopsieentnahme, Sonographie (Lebermetasta-
sen), Endosonographie (T-Status, N-Status). Labor: Hämoglobin (chronischer Blutverlust), Tu-
mormarker CEA, CA 19-9. Zusätzlich CT, MRT (lokale Ausdehnung, Fernmetastasen, »Staging«).
Die Einteilung/Klassifikation nach erfolgt nach TNM, UICC
4 Therapie: Ziel ist die kurative R0-Resektion; TEM-Verfahren (lokale Vollwandexzision) sind nur
bei Frühkarzinomen (bis T1) indiziert. Angewendet wird die radikalchirurgische (Mesorektum)
anteriore, tiefe und ultratiefe Rektumresektion (auch laparoskopisch) mit Deszendo-Rektosto-
mie mit einem Sicherheitsabstand von minimal 2 cm (nach oral unproblematisch). Bei Karzino-
men des unteren (aboralen) Drittels kommt die abdominoperineale Rektumamputation (Mi-
les) mit Sigmastoma-Anlage infrage; alternativ die Radiochemotherapie. Lebermetastasen
werden bei Resektabilität auch synchron mit entfernt

1.7.7 Erkrankungen des Analkanals Hämorrhoiden


und des Anus Definition. Gefäßreiche »Kissen«, knotenförmige Er-
weiterungen an der anokutanen Übergangszone im
Analprolaps Versorgungsbereich der A. rectalis superior (Corpora
Definition/Ätiopathogenese. Vorfall der Analschleim- cavernosa recti). Typischerweise in 3-, 7-, 11-Uhr-Stein-
haut durch Hämorrhoiden Grad III–IV oder Anal- schnittlage (SSL).
sphinkterschwäche. Gradeinteilung der Hämorrhoiden:
4 Grad I: oberhalb der Linea dentata
! Cave 4 Grad II: Prolabieren beim Pressen
Bei Kleinkindern kann ein Analprolaps durch langes 4 Grad III: Prolaps nach Defäkation, keine spontane
Sitzen auf dem »Töpfchen« entstehen. Reposition, digitale Reposition möglich
4 Grad IV: nicht reponibler Prolaps, Gangrän
Epidemiologie. Häufig.
> 4 Äußere Hämorrhoiden: Neigung zu Analvenen-
Symptomatik. Brennen, Nässen, Pruritus, Stuhlschmie- thrombose
ren, selten Schmerz. 4 Innere Hämorrhoiden: Diagnose nur proktosko-
pisch zu stellen
Diagnostik. Blickdiagnose, Proktoskopie. Differenzial-
diagnostisch kommen infrage: Ätiopathogenese. Zugrunde liegen Bindegewebs-
4 Hämorrhoidalleiden, Rektumprolaps schwäche, Gravidität, Bewegungsarmut, chronische
4 Analprolaps: radiäre Fältelung, Rektumprolaps: zir- Obstipation und viele andere Ursachen. Mögliche
kuläre Fältelung Komplikationen sind Blutung, Thrombose, Infektion.

Therapie. Reposition. Rektopexie (bei Rektumprolaps), Epidemiologie. Sehr häufiges Krankheitsbild.


Sklerosierung, Operation nach Longo.
Symptomatik. Nässen, Juckreiz, Schmerz, Blutung,
Stuhlschmieren.
1.7 · Viszeralchirurgie
91 1

Diagnostik. Klinisch, Proktoskopie. Differenzialdiag- Analfissur/Analabszess/Analfistel


nostisch ist an einen Rektum-/Analprolaps zu denken. Einen Überblick über Analfissur, -abszess und -fistel
gibt . Tab. 1.25.
Therapie. Grad I und II werden konservativ, Grad III,
IV operativ versorgt. Operative Therapie der Inkontinenz und chronischen
4 Grad I, II: Salben (Lokalanästhetika, Antiseptika, Obstipation
Kortison, Hämoptytika), Stuhlregulation, Diät, Sowohl die Inkontinenz als auch die chronische Obstipati-
Analhygiene, Sklerotherapie (verschiedene Injek- on können operativer Behandlung bedürfen. Es gibt eine
ta), Gummibandligatur, Infrarotkoagulation, Anal- Vielzahl an Spezialoperationen, z. B. Raffung des M. levator
dilatator ani bei Inkontinenz, Winkelverstellung von Rektum–Anal-
4 Grad III, IV: Operation nach Milligan-Morgan kanal bei chronischer Obstipation.
(Dreizipfelresektion), Ferguson, Parks (submuköse
Hämorrhoidektomie), Stapler-Hämorrhoidekto- Analkarzinom
mie nach Longo (. Abb. 1.32) Definition. Als Analkanalkarzinom gilt ein Tumor
oberhalb der Linea dentata, als Analrandkarzinom ein
Prävention. Stuhlregulation, Bewegung. Tumor unterhalb der Linea dentata.

Nachsorge. Stuhlregulation. Proktoskopie im Intervall. Ätiopathogenese. Beim Analkanalkarzinom treten


Adenokarzinome auf; beim Analrandkarzinom handelt
es sich um ein Plattenepithelkarzinom. Die Karzinome
wachsen lokal und destruieren die Umgebung; es
kommt zur lymphogenen sowie hämatogenen Metasta-
sierung in Leber und Lunge.

! Cave
Der Lymphabfluss erfolgt über inguinale und iliakale
Lymphstraßen.

Epidemiologie. Selten. Meist jenseits des 60. Lebens-


jahres.

Symptomatik. Peranaler Blutabgang, Schmerz, Pruritus.

. Abb.1.32. Stapler-Hämorrhoidektomie nach Longo. (Aus Diagnostik. Rektal digitale Untersuchung, Palpation
Siewert 2006) der Leistenlymphknoten, Proktoskopie, Koloskopie, Bi-

. Tab. 1.25. Analfissur, Analabszess, Analfistel

Analfissur Analabszess1 Analfistel

4 Symptomatik: Schmer- 4 Symptomatik: starke Schmer- 4 Symptomatik: chronische eitrige Abson-


zen, Blutung, Pruritus zen, Unmöglichkeit zu Sitzen, derung im Analbereich und Umgebung
4 Ätiopathogenese: chroni- Fieber, Allgemeinsymptome 4 Ätiopathogenese: meist Grunderkran-
sche Ulzeration 4 Ätiopathogenese: Ausgang kung wie M. Crohn, Diabetes, Divertikuli-
4 Diagnostik: Proktoskopie, von Drüsen, chronischer Fissur tis, Colitis ulcerosa
Inspektion 4 Diagnostik: Inspektion, Palpati- 4 Diagnostik: Inspektion, Proktoskopie
4 Therapie: Lokalanästhe- on, Proktoskopie, Endosono- 4 Therapie: Fistelexzision, ggf. Faden-/Ket-
sie, Sphinkterdehnung, graphie teneinlage. Bei Fistelung durch M. Crohn
Fissurektomie, Sphinkte- 4 Therapie: Abszessinzision/-Ent- ggf. temporäres Entlastungsstoma nötig.
rotomie deckelung Bei Tumorfistel radikale Exzision
1
Man unterscheidet von lumenwärts nach lumenfern: submukös, intersphinktär, transsphinktär und extrasphinktär.
92 Kapitel 1 · Chirurgie

opsie, Endosonographie, Staging. Differenzialdiagnos- 4 Chemotherapie


1 tisch sind Hämorrhoiden und Rektumkarzinom abzu- 4 Lymphknotenbestrahlung
grenzen.
Prävention. Vorsorgeuntersuchungen.
! Cave
Jeder peranale Blutabgang bedarf sorgfältiger Abklä- Prognose. Kurzfristig treten Nebenwirkungen der Ra-
rung. diochemotherapie auf (Inkontinenz, Zystitis, Proktitis,
Blutung, Trockenheit. Bei alleiniger Radiochemothera-
Therapie. Die Therapieoptionen beim Analkarzinom pie liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 50–90%. Es
umfassen: besteht eine schlechte Prognose für fortgeschrittene Tu-
4 Lokale Exzision von Analrandkarzinomen mit ca. moren, trotz radikaler Therapie.
1–2 cm Sicherheitsabstand
4 Radiochemotherapie Nachsorge. Nachkontrollen gemäß Richtlinien.
4 Radikale abdominoperineale Ano-/Rektumexstir-
pation mit Anus praeter

In Kürze

Erkrankungen des Analbereichs

Analprolaps 4 Symptomatik: Brennen, Nässen, Pruritus, Stuhlschmieren, selten Schmerz


4 Diagnostik: Blickdiagnose, Proktoskopie. Differenzialdiagnostisch kommen infrage:
4 Hämorrhoidalleiden, Rektumprolaps
4 Analprolaps: radiäre Fältelung, Rektumprolaps: zirkuläre Fältelung
4 Therapie: Reposition. Rektopexie (bei Rektumprolaps), Sklerosierung, Operation nach
Longo (Stapler-Anopexie)

Hämorrhoiden 4 Symptomatik: Nässen, Juckreiz, Schmerz, Blutung, Stuhlschmieren


4 Diagnostik: klinisch, Proktoskopie. Differenzialdiagnostisch ist an einen Rektum-/Anal-
prolaps zu denken
4 Therapie: Grad I und II werden konservativ, Grad III, IV operativ versorgt
– Grad I, II: Salben (Lokalanästhetika, Antiseptika, Kortison, Hämoptytika), Stuhlregula-
tion, Diät, Analhygiene, Sklerotherapie (verschiedene Injekta), Gummibandligatur,
Infrarotkoagulation, Analdilatator
– Grad III, IV: Operation nach Milligan-Morgan (Dreizipfelresektion), Ferguson, Parks
(submuköse Hämorrhoidektomie), Stapler-Hämorrhoidektomie nach Longo

Anus-/Anal- 4 Symptomatik: peranaler Blutabgang, Schmerz, Pruritus


kanalkarzinom 4 Diagnostik: rektal digitale Untersuchung, Palpation der Leistenlymphknoten, Prokto-
skopie, Koloskopie, Biopsie, Endosonographie, Staging. Differenzialdiagnostisch sind
Hämorrhoiden und Rektumkarzinom abzugrenzen
4 Therapie: lokale Exzision von Analrandkarzinomen mit ca. 1–2 cm Sicherheitsabstand;
Radiochemotherapie, radikale abdominoperineale Ano-/Rektumexstirpation mit Anus
praeter, Chemotherapie, Lymphknotenbestrahlung

Fissuren/Fistel, 4 . Tab. 1.25


Abszess in der
Anal- und Rektal-
region
1.7 · Viszeralchirurgie
93 1
1.7.8 Chronisch-entzündliche 4 Glukokortikoide (im akuten Schub), z. B. Predniso-
Darmerkrankungen lon p.o./i.v. hochdosiert, dann ausschleichend
4 5-ASA (Aminosalizylate), z. B. Mesalazin p.o.
Morbus Crohn (Enteritis regionalis Crohn) 4 Azathioprin, Metronidazol, Infliximab (besonders
Definition. Segmentale (diskontinuierlich) auftretende bei Fisteln) p.o. (zusätzlich zu Glukokortikoid)
chronisch entzündliche Darmerkrankung. Alle Ab- 4 Salazosulfapyridin, Mercaptopurin, Methotrexat
schnitte des Verdauungstrakts vom Mund bis zum After 4 Symptomatisch (Elektrolytausgleich, ggf. Antidiar-
können betroffen sein. Punctum maximum ist die Re- rhoikum, Spasmolyse, analgetisch)
gion des terminalen Ileums (Ileitis terminalis Crohn,
Ileocolitis granulomatosa Crohn) Bei Komplikationen ist eine Operation indiziert:
4 Strikturoplastik bei segmentalen Stenosen (Längs-
Ätiopathogenese. Die Ursache ist ungeklärt. Vermut- inzision, Quernaht) z. B. bei Ileus
lich besteht eine Interaktion zwischen exogenen Um- 4 Fistelexzision
weltfaktoren und genetisch ererbter Prädisposition, 4 Abszessspaltung
Nahrungsbestandteilen, psychischen Faktoren. Mehrere 4 Darmresektion von Segmentresektion bis zur Kol-
Kopplungsgene und ein »Krankheitsgen« für M. Crohn ektomie (langstreckige Stenose, Perforation, Blu-
auf Chromosom 16 wurden identifiziert. Epitheloidzel- tung)
lige Granulombildung bezieht die gesamte Wandschich- 4 Anus praeter (ggf. bei schwerer Peritonitis und Rek-
tung ein. Risikofaktor für Entwicklung eines kolorekta- tumexstirpation)
len Karzinoms (3- bis 4-fach erhöhtes Risiko).
! Cave
Epidemiologie. In jedem Lebensalter vorkommend; Sparsame Darmresektion! M. Crohn kann operativ
v. a. um das 25. Lebensjahr, steigende Inzidenz. nicht geheilt werden. Wenn möglich besser Strikturo-
plastik statt Resektion!
Symptomatik. Reduzierter Allgemeinzustand, Ge-
wichtsverlust, Diarrhö, hohe Stuhlfrequenz, Bauch- Prävention. Vorbeugend wirken diätetische Maßnah-
schmerz, Krämpfe, Ileus, Fistelung, peranaler Blutab- men; Vermeiden mancher Pharmaka, Lebenswandel.
gang. Extraintestinale Manifestationen sind: Arthritis,
Uveitis, Episkleritis, Iritis, Iridozyklitis, Lebererkran- Prognose. Es kommt häufig zu Rezidiven (Die 10-Jah-
kungen, Erythema nodosum. Typisch für M. Crohn res Rezidivrate beträgt fast 50%); die Krankheit verläuft
sind die entstehenden Fistelgänge: in Schüben, Spontanremissionen sind möglich.
4 Enteroenteral (interenterisch)
4 Enterokutan Nachsorge. Nachkontrolle, Führen eines Crohn-Tage-
4 Enterogenital/-vaginal buches. Psychologische/psychotherapeutische Beglei-
4 Enterovesikal tung.
4 Retroperitoneale Fistel
4 Anorektale Fistel Colitis ulcerosa
Definition. Chronisch entzündliche Dickdarmerkran-
Diagnostik. Die klinische Untersuchung ergibt eine kung. Typischerweise in Schüben verlaufend.
Resistenz im rechten Unterbauch. Die Patienten füh-
ren ein M.-Crohn-Tagebuch; hieraus errechnet sich Ätiopathogenese. Die Ursache ist ungeklärt, vermut-
der CDAI (Crohn Daily Activity Index). Technische lich autoimmun bedingt. Genetische Prädisposition
Untersuchungen umfassen Kontrastmitteldarstellung und Umwelteinflüsse (exogene Noxen) spielen eine
nach Sellink, Endoskopie, Biopsie. Makroskopisch Rolle. Häufig beginnt die Erkrankung am Rektum und
finden sich Ulzerationen der Schleimhaut, oft eine Ste- breitet sich oralwärts aus. Das Punctum maximum ist
nosebildung des gesamten Darmabschnittes durch im Rektosigmoid. Selten wird das terminale Ileum
Vernarbung. Differenzialdiagnostisch sind Colitis ul- überschritten (»Back-wash-Ileitis«). Im Gegensatz zu
cerosa, ischämische Kolitis, Yersinieninfektion auszu- M. Crohn sind meist nur Schleimhaut und Submukosa
schließen. betroffen.
Zu den Komplikationen der Colitis ulcerosa ge-
Therapie. Konservativ medikamentös kommen fol- hören:
gende Substanzen zum Einsatz (7 Innere Medizin, 4 Abszesse
Kap. 4.3.9): 4 Toxisches Megakolon
94 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Perforation/Blutung (Gefahr Sepsis!) 4 Salazosulfapyridin


1 4 Fisteln 4 Symptomatisch (Antidiarrhoika, Elektrolytaus-
4 Maligne Entartung (Präkanzerose) gleich, Ocreotid, Eisenpräparate)

Epidemiologie. Inzidenz: 6–8/100.000/Jahr. Mann und Neue Therapieoptionen


Frau sind in etwa gleich häufig betroffen. Der Altersgip- Azathioprin, Mercaptopurin, Antikörper, Interferon, Ciclo-
fel liegt im Bereich der 2. bis 4. Lebensdekade. sporin und andere Substanzen befinden sich im Rahmen
klinischer Studien in Erprobung.
Symptomatik. Blutig-schleimige Durchfälle, erhöhte
Defäkationsfrequenz, Bauchschmerz, schlechter Allge- Operativ wird bei Komplikationen oder zur Karzinom-
meinzustand, Gewichtsverlust, Tenesmen. Extraintesti- prophylaxe vorgegangen; verwendete Verfahren sind:
nale Manifestationen umfassen: Arthralgien, Arthritis, 4 Segmentresektionen, Fistelexzision
Uveitis, Episkleritis, Iritis, Iridozyklitis, Hauterschei- 4 Hemikolektomie, Kolektomie
nungen (Erythema nodosum, Pyoderma gangrae- 4 Kontinenzerhaltende Proktokolektomie mit ileoa-
nosum). Es besteht eine Komorbidität mit Osteoporose, naler Anastomose und Pouch-Bildung (J-Pouch)
M. Bechterew, Cholelithiasis, Nephrolithiasis. 4 Anus-praeter-Anlage (Ileostoma) bei Peritonitis,
tiefem anorektalem Befall oder protektiv (1-,2- und
Diagnostik. Diagnostisch entscheidend sind Prokto- 3 zeitige Proktokolektomie)
skopie, Koloskopie mit Biopsie (nicht im akuten
Schub!), Kolonkontrasteinlauf (Bild des »Fahrrad- > Im Gegensatz zum M. Crohn ist die Colitis ulcerosa
schlauches«), CT, MRT. Es zeigen sich tiefe Ulzerati- durch Entfernung des Dick- und Enddarms (Proktoko-
onen (Krypten), Pseudopolypen. Langfristig kommt es lektomie) heilbar.
zum Verlust der Haustrierung, Atrophie, Funktions-
verlust und Inkontinenz. Differenzialdiagnostisch Prävention. Diät, Lebenswandel, regelmäßige Vorsor-
sind M. Crohn, Divertikulose, ischämische Kolitis aus- geuntersuchungen (jährliche Koloskopie). Verzicht auf
zuschließen. ASS, NSAR.

Therapie. Konservativ bestehen folgende Optionen ! Cave


(7 Innere Medizin, Kap. 4.3.9): Colitis ulcerosa ist eine Präkanzerose: nach 25 Jahren
4 Glukokortikoide (im akuten Stadium) p.o., i.v., rek- Erkrankungsdauer kommt es in annähernd 50% der
tal (Foam), z. B. Budenosid, Prednisolon hochdo- Fälle zur malignen Entartung.
siert, dann ausschleichend
4 5-ASA (5-Aminosalizylsäure) i.v., p.o., topisch, z. B. Nachsorge. Psychologische/psychotherapeutische Be-
Mesalazin gleitung.

In Kürze

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Morbus Crohn 4 Symptomatik: reduzierter Allgemeinzustand, Gewichtsverlust, Diarrhö, hohe Stuhlfrequenz,


(Enteritis abdomineller Schmerz, Krämpfe, Ileus, Fistelung, peranaler Blutabgang. Extraintestinal:
regionalis) Arthritis, Uveitis, Episkleritis, Iritis, Iridozyklitis, Lebererkrankungen, Erythema nodosum
4 Diagnostik: Endoskopie, Biopsie, Sonographie, MRT, CT
4 Therapie:
– Konservativ: Glukokortikoide, 5-Aminosalicylate, Azathioprin, Metronidazol, Infliximab,
Salazosulfapyridin, Mercaptopurin, Methotrexat u. v. a.
– Operativ: Strikturoplastik, Fistelexzision, Abszessspaltung, Segmentresektion bis
Kolektomie/Anus praeter bei Komplikationen
– Keine operative Heilung möglich!
6
1.7 · Viszeralchirurgie
95 1

Colitis 4 Symptomatik: blutige, schleimige Durchfälle, erhöhte Defäkationsfrequenz, Bauchschmerz,


ulcerosa schlechter Allgemeinzustand, Gewichtsverlust, Tenesmen. Extraintestinal: Arthralgie,
Arthritis, Uveitis, Episkleritis, Iritis, Iridozyklitis, Hauterscheinungen (Erythema nodosum,
Pyoderma gangraenosum)
4 Diagnostik: Proktoskopie, Koloskopie mit Biopsie (nicht im akuten Schub!), Kolonkontrast-
einlauf, Sonographie, CT, MRT
4 Therapie:
– Konservativ: Glukokortikoide, 5-Aminosalizylsäure, Salazosulfapyridin u. v. a.
– Operativ: bei Komplikationen oder elektiv zur Karzinomprophylaxe: Segmentresekti-
onen, Fistelexzision, Hemikolektomie, Kolektomie. Kontinenzerhaltende Proktokol-
ektomie mit ileoanaler Anastomose und Pouch-Bildung (J-Pouch). Anus-praeter-Anlage
(Ileostoma) bei Peritonitis, tiefem anorektalem Befall oder protektiv (1-, 2- und 3-zeitige
Proktokolektomie)

1.7.9 Milz Als Folgen des Milzverlusts können sich folgende Er-
krankungen entwickeln:
Anatomie 4 Kurzfristig: Thrombozytose, erhöhtes Thrombo-
Die Milz (Splen, Lien) liegt vollständig intraperitoneal im lin- embolierisiko, Pfortaderthrombose
ken Oberbauch, fixiert durch die Ligamentae gastrospleni- 4 Langfristig: Herabsetzung der Immunabwehr (v. a.
cum, colosplenicum, splenorenale und phrenicosplenicum bei Kindern): von subklinischen Verlaufsformen
zum Magen, Kolon, Niere, Zwerchfell. Die Bänder inserieren bis zur Maximalvariante des septischen Krank-
an eine derbe Kapsel. Das Organ wiegt etwa 150 g, beim Er- heitsbildes »OPSI-Syndrom« (»overwhelming post
wachsenen ist sie etwa faustgroß. Die arterielle Versorgung splenectomy infection«); daher Pneumokokken-
erfolgt per A. lienalis aus dem Truncus coeliacus, der venöse impfung (2 Wochen vor elektiven Splenektomien,
Abfluss per V. lienalis, die sich dem Pfortadersystem an- sonst 2 Wochen postoperativ. Auffrischung alle 5–
schließt (Umgehungskreisläufe bei portaler Hypertension). 10 Jahre), Antibiotikaprophylaxe, z. B. bei Risiko-
eingriffen
Anamnestisch sind bei Verdacht auf Erkrankungen der
Milz Fragen im Sinne von hämatologischen, hepatolo- Verletzungen der Milz
gischen und kardialen Erkrankungen zu klären (z. B. Milzruptur
Blutungsneigung, Immunschwäche); auch ist nach por- Definition. Ruptur der Milzkapsel mit Blutung in die
taler Hypertension zu fahnden. freie Bauchhöhle.
Traumatologisch muss bei Verletzungen in der Re-
gion des linken Oberbauches, jedoch auch bei jedem Ätiopathogenese. stumpfes oder (selten) penetrieren-
Trauma größerer Schwere (Gurttrauma, Sturz, Dezele- des Bauchtrauma: Verkehrsunfall (Thorax-/Abdomen-
ration) an eine mögliche Milzruptur gedacht werden. kontusion), Sportunfall, häuslicher Unfall (Sturz von
Leiter auf Flanke); iatrogen: Pankreas-, Magen-, Kolon-
Diagnostik. Die klinische Untersuchung umfasst die eingriffe, Fehlpunktionen transdermal, Fehlzugänge bei
Palpation bimanuell oder in Rechtsseitenlage. Hinzu laparoskopischen Trokarplatzierung (selten, aber mög-
kommen Sonographie (Parenchym, Milzloge), CT, lich z. B. bei unerwarteter Splenomegalie).
MRT sowie eine Blutbilduntersuchung (Differenzialb-
lutbild); 7 Innere Medizin, Kap. 7.2, 7.3. ! Cave
Die Operationsverfahren an der Milz beschreibt Vor der Laparoskopie ist eine Sonographie obligat.
. Tab. 1.26.
Epidemiologie. Das Milztrauma ist die häufigste Ursa-
> Grundsätzlich ist der Milzerhalt das Ziel. Insbeson- che intraabdomineller Blutungen.
dere bei Kindern unter dem 6. Lebensjahr strengste
Indikationsstellung zur Splenektomie, aber auch bei Symptomatik. Abdominalschmerz bis zum Bild des
Kindern über 6 Jahren und Jugendlichen! akuten Abdomens, die Ausstrahlung in die linke Schul-
96 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.26. Operationsverfahren an der Milz

Verfahren Operationstechnik Indikation

Splenektomie Zugang per medianer Laparatomie oder Schwere Verletzungen (stumpfes Bauchtrauma) ia-
Rippenbogenrandschnitt links. Ggf. vorhe- trogen (Pankreas-Koloneingriffe oder urologische
rige Embolisation (A. lienalis). Laparoskopi- Eingriffe), elektiv bei große Zysten (z. B. Echinokok-
sche Splenektomie technisch möglich kus), Autoimmunkrankheiten, Anämien, Leukämi-
en (CLL, NHL, ALL etc.), Thrombozytosen, portaler
Hypertension, Splenomegalie, Hypersplenismus/
Hyperspleniesyndrom (auch bei Sarkoidose, Spei-
cherkrankheiten, Kollagenkrankheiten, chroni-
schen Infektionen), Milzabszess, Milzmetastasen,
totaler Milzinfarkt

Milzteilresektion, Einsatz von hämoptytischen Kollagen-/ Leichtere Bauchtrauma, iatrogen, spontane Ruptu-
Maßnahmen Fibrinklebern, Infrarotkoagulation, kon- ren bei o. g. Erkrankungen, kleine Zysten, partieller
zum Milzerhalt servatives Zuwarten (EK-Gabe, Infusion, Milzinfarkt
Kortikosteroide, Immunglobuline,
Milzbestrahlung, Chemotherapie u. a.),
Parenchymnaht, Teilresektion

ter ist nicht immer typisch. Es treten Zeichen des Volu- Notsplenektomie
menmangels auf (Maximalvariante hypovolämer Nach einer medianen Laparatomie wird die Milz von dorsal
Schock). mobilisiert, nach vorne luxiert und der Milzhilus ertastet.
Nach Anlage von 1–2 Klemmen folgt die Resektion am Hi-
Diagnostik. Klinisch (Schock, Schmerzen linker Ober- lus, Unterbinden der Gefäße mit Durchstichligaturen. An-
bauch, akutes Abdomen), Labor (Hämoglobin, Leuko- schließend werden die Aa. gastricae brevae ligiert.
zytose), Sonographie (wegweisend!), CT. Differenzial-
diagnostisch sind Myokardinfarkt, Lungen-/Pleura- Prognose. Akute Gefahr (z. B. Kreislaufschock) bei
erkrankungen, Divertikulose, Zwerchfellruptur Milzruptur rechtfertigt Splenektomie trotz möglicher-
auszuschließen. weise kurz-, mittel-, und langfristiger Folgen des Milz-
verlustes.
Therapie. Prinzipiell ist auch konservative Behandlung
möglich, die allerdings strenges Intensivmonitoring, Nachsorge. Pneumovax-Impfung.
laufende Sonographie ggf. CT-Kontrollen und großes
Maß an Erfahrung des Kinder-/Chirurgen voraussetzt: ! Cave
Volumengabe, Hämotherapie Intensivbehandlung. In Schwere Blutungen der Milz nach stummem Intervall
die Indikationsstellung zum operativen Eingriff fließen (bis zu 5 Wochen) sind möglich (Hämatomruptur,
ein: Blutverlust/Kreislaufsituation, Klinik, Begleitver- »zweizeitige Milzruptur«). Daher ist eine Überwa-
letzungen im Abdomen bzw. anderen Körperregionen, chung nach schweren Bauchtraumen indiziert (kli-
Grunderkrankungen (hämatologisch). Ggf. ist eine nisch, sonographisch).
Splenektomie als Soforteingriff bei Kreislaufinstabilität
notwendig.
1.7 · Viszeralchirurgie
97 1

In Kürze

Milzverletzungen

Milzruptur 4 Symptomatik: linksseitiger Abdominalschmerz bis zum Bild des akuten Abdomens, evtl. Aus-
strahlung in linke Schulter. Zeichen des Volumenmangels (hypovolämer Schock)
4 Diagnostik: klinisches Bild, Sonographie, CT
4 Therapie:
4 Konservative Behandlung unter strengem Intensivmonitoring, Sonographie ggf. CT-Kontrol-
len, Volumengabe, Hämotherapie Intensivbehandlung
4 Indikationsstellung zum operativen Eingriff: Blutverlust/Kreislaufsituation, Klinik, Begleitver-
letzungen im Abdomen bzw. anderen Körperregionen, Grunderkrankungen (Hämatologisch);
Splenektomie als Soforteingriff bei Kreislaufinstabilität

1.7.10 Leber Spezielle Fragen zur Anamnese bei Verdacht auf Leber-
erkrankungen umfassen:
Anatomie 4 Unspezifische Appetitlosigkeit, Leistungsverlust
Makroskopisch wird die Leber durch das Lig. falciforme und 4 Gewichtsverlust
Lig. teres hepatis scheinbar in einen großen rechten und 4 Kapselspannungsschmerz im rechten Oberbauch
einen kleinen linken Leberlappen geteilt. Nach Couinaud und Ausstrahlung in die rechte Schulter (Head-
wird die Leber aber in 8 Segmente eingeteilt (und im Uhr- Zone)
zeigersinn benannt), die jedes für sich gemeinsam drainie-
rende und versorgende Gefäße und Gallengänge besitzen Diagnostik. Bei Erkrankungen der Leber sind folgende
(. Abb. 1.332). Grenzlinie zwischen den Segmenten sind in klinische Zeichen typisch:
der Horizontal- die Pfortader und in der Sagittalebene die 4 Fieber
3 Lebervenen. Die Segmente 1–4 (a und b) gehören zur lin- 4 Ikterus (Kompression/Verschluss der Gallenwege)
ken, die Segmente 5–8 zur rechten Leberhälfte. Das Seg- 4 Aszites
ment 1, der Lobus caudatus, hat einen Sonderstatus, da er 4 Zeichen der portalen Hypertension (7 unten)
arterielle und portale Zuflüsse aus beiden Leberhälften be-
sitzt und sein venöser Abfluss direkt in die V. cava inf. mün- Als technische Zusatzdiagnostik kommen folgende
det. Die Leber erhält Zufluss durch die Pfortader und die Verfahren zur Anwendung (7 Innere Medizin, Kap. 5.2):
A. hepatica propria. Pro Minute durchströmen ca. 1,5 l Blut 4 Sonographie (auch intraoperativ)
die Leber. 4 Laborparameter: Transaminasen, Cholestasepara-
meter, Unterscheidung von prä-, intra- und posthe-
patischen Ikterus, Leberentzündung und Ein-
schränkung der Leberfunktion. Serologische Tests
bei Verdacht auf parasitäre Erkrankungen, z. B.
Echinokokkose, Amöbenabszess
4 Tumormarker: α-Fetoprotein (AFP; = HCC), karzi-
noembronales Antigen (CEA) zur Verlaufskontrol-
le kolorektaler Tumoren und Lebermetastasen
4 CT, MRT, Volumetrie und dreidimensionale Leber-
darstellung (auch arterielles, portales Gallengangs-
system)
4 PET-CT: Fusionsbildgebung von Mehrzeilen-Spi-
ral-CT und Positronenemissionstomographie
(PET) in einem Untersuchungsgang (nur an spezi-
ellen Zentren)
4 Feinnadelpunktion unter sonographischer Kon-
. Abb. 1.33. Einteilung der Lebersegmente nach Couinaud trolle (evtl. mit Therapie, z. B. Alkoholinjektion bei
(franz. Anatom und Chirurg). (Aus Lanz-Wachsmuth 2004) HCC verbunden)
98 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab.1.27. Ausgewählte Operationsverfahren an der Leber

Resektionstyp Bezeichnung Indikationen

Nicht anatomische Ignorieren der anatomischen Struktur. Solitäre Metastase, radikale Gallenblasen-
Leberresektionen Keilresektion (»Wedge«) bettresektion bei Karzinom, Zysten

Anatomische Leberparenchymentfernung nach Segment- Maligne primäre und sekundäre Tumoren


Leberresektionen grenzen; Bisegmentektomie, Hemihepat- der Leber. Ausgedehntes Gallenblasen-
ektomie rechts/links, Trisektorektomie links/ karzinom, evtl. mit Lebermetastasierung
rechts (= erweiterte Hemihepatektomie
links/rechts)

4 Leberangiographie (heute selten, evtl. in Kombina- 4 Peritonismuszeichen: z. B. Abwehrspannung, »har-


tion mit Chemoembolisation von Tumorgefäßen) ter Bauch«, akutes Abdomen
4 Diagnostische Laparoskopie/Laparotomie 4 Bei Eintritt von arteriellen Blut in die Gallenwege
(Hämobilie)
Über Operationsverfahren an der Leber informiert
. Tab. 1.27. ! Cave
Eine Leberverletzung birgt immer die Gefahr mas-
Regenerationsfähigkeit der Leber siver Blutungen.
Aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit (Prometheus
Effekt) gestattet die Leber eine Resektion von bis zu 80% Diagnostik. Sonographie, Laboruntersuchung (Hämo-
Organanteil unter der wichtigen Voraussetzung, dass das globin, Hämatokrit), CT, MRT, Abdominallavage.
Organ histologisch und metabolisch intakt ist und das Ver-
bleibende Restvolumen der Leber ausreichend (5 g/kg KG). Therapie. Eine konservative Therapie ist vertretbar bei
Bis zur vollständigen, nicht anatomiegerechten Regenera- kreislaufstabilem Patienten ohne wesentliche intratho-
tion benötigt die Leber 3–6 Monate. rakale oder -abdominelle Begleitverletzungen, beson-
ders bei Kindern: regelmäßige Kontrolle von Hb, sono-
Verletzungen der Leber graphische Verlaufskontrollen. Die Indikation zum
Definition. Man unterscheidet perforierende, stumpfe, operativen Eingriff besteht bei Kreislaufinstabilität,
offene und geschlossene Leberrupturen. Nach der Aus- bei subkapsulärem Hämatom (Gefahr der zweizeitigen
dehnung klassifiziert man: Leberruptur). Es erfolgt eine definitive Blutstillung mit-
4 Grad-I-Ruptur: Verletzung der Subsegmente und tels Durchstichligaturen, Verschluss verletzter Gallen-
Kapseleinrisse wege, Entfernung von Parenchymnekrosen, Fibrin-
4 Grad-II-Ruptur: Verletzung der Segmente und de- schaum, ggf. Leberresektion. Bei massiver Blutung
ren Gefäße und Gallenwege kommt das Pringle-Manöver zum Einsatz (Abklem-
4 Grad-III-Ruptur: Beteiligung der Hilusstrukturen, men des Lig. hepatoduodenale für maximal 30–45 min),
zentralen Lebervenen, retrohepatischer V. cava und besteht danach die massive Blutung fort, sind temporä-
Gallengangsstrukturen re Tamponade (»packing«), oder/und Lebervenen- bzw.
Cavadarstellung nötig.
Ätiopathogenese. Stumpfe (Lenkradaufprall, Sturz aus
großer Höhe, Pferdetritt) oder penetrierende (Messer- Komplikationen. Nachblutung, Gallefistel, Leber-, sub-
stich, Schuss) Verletzung der Leber, auch iatrogen (Tro- phrenischer Abszess, Hämobilie, Bilhämie (Fistel zwi-
kare). schen Lebervene und Gallenwege).

Epidemiologie. Bei bis zu 50% aller Abdominalverlet- Prognose. Der Erfolg der Therapie ist besser geworden,
zung ist die Leber beteiligt. dennoch besteht bei Grad-III-Ruptur eine bis zu 90%-
ige Letalität.
Symptomatik. Bei Verletzungen der Leber zeigen sich:
4 Schock (akuter Volumenmangelschock)
4 Schmerzen rechter Oberbauch/Schulterschmerz
1.7 · Viszeralchirurgie
99 1
Infektionen der Leber multiplen Abszessen nötig und bei fehlendem Erfolg,
Abszesse fehlender interventioneller Zugängigkeit von solitären
Definition. Man unterscheidet primäre und sekundäre Abszessen. Wichtig ist eine hochdosierte und lang an-
(fortgeleitete) Abszesse. Primäre Abszesse sind selten. dauernde Antibiotikagabe (zunächst kalkulatorisch,
Sekundäre können das gesamte mikrobiologische- und dann nach Typisierung und Antibiogramm). Amöben-
parasitäre Spektrum aufweisen. abszesse (Entamoeba histolytica) sind in unseren Brei-
ten selten. Sie lysieren Leberparenchym und bilden so
Ätiopathogenese. Ursächlich sind Bakterien in 90%, Kolliquationsnekrosen: Indiziert ist die Metronidazolga-
Parasiten in 10% (7 unten). Bakterielle Abszesse entste- be, eine Drainage nur bei bakterieller Superinfektion.
hen wie folgt:
4 Chologen: z. B. bei eitriger Cholangitis (ca. 40%) Prognose. Unerkannt und unbehandelt liegt die Letali-
4 Hämatogen: aus dem Pfortaderstromgebiet, z. B. tät bei 100%, sonst bei bis zu 10%.
bei Appendizitis, Divertikulitis
4 Per continuitatem: z. B. bei perforierten Gallenbla- Benigne Tumoren
senempyem bzw. Ulcus duodeni Die Vielzahl der benignen Tumoren der Leber kann
hier nicht in der Breite wiedergegeben werden; nachfol-
Symptomatik. Akut treten hohes Fieber, Schüttelfrost, gend beschrieben sind die häufigen Tumoren.
reduzierter Allgemeinzustand auf. Beim chronischen
Verlauf zeigt sich eine eher unspezifische Symptomatik Fokale noduläre Hyperplasie (FNH)
mit Übelkeit, Appetitlosigkeit und anhaltend subfebri- Definition: Gutartige Hyperplasie.
len Temperaturen, Gewichtsverlust. Hinweisend sind
eine lokale/generalisierte Peritonitis mit Dauerschmerz Ätiopathogenese. Die Ursache ist unbekannt, vermutet
(akutes Abdomen) sowie Schmerzen im rechten Ober- wird eine Größenzunahme unter östrogenhaltigen
bauch und Ausstrahlung in Schulter und Flanke. Kontrazeptiva.

Diagnostik. Neben der klinischen Untersuchung sind Symptomatik. Beschwerden/Symptome treten selten
folgende Verfahren nötig: auf, evtl. zeigt sich eine Hepatomegalie.
4 Sonographie
4 Serologie, positiver serologischer Test bei Amöben- Diagnostik. Im Duplex-Sonogramm und Angiogramm
abszess findet sich keine Kapsel, kein erhöhter Blutdurchfluss,
4 Röntgen-Abdomenübersicht im Stehen: intrahepa- das typische Bild ergibt sich im Leberszintigramm. Dif-
tische Luft und Flüssigkeit, Zwerchfellhochstand, ferenzialdiagnostisch abzugrenzen sind grobknotige
sympathischer Pleuraerguss rechts (Durchwande- Leberzirrhose, intrahepatisch disseminierter Tumor.
rung des Zwerchfells)
4 CT: Diagnosesicherung durch gezielte Punktion Therapie. In der Regel ist keine Behandlung nötig; Aus-
nach serologischem Echinokokkoseausschluss nahme: bei Symptomen und/oder ständiger Größenzu-
4 Labor: Leukozytose, BSG-Beschleunigung, erhöh- nahme (Malignitätsverdacht): Leberresektion.
tes CRP, selten erhöhte Cholestaseparameter (Bili-
rubin, AP) Leberzelladenom
Ätiopathogenese. Nach Einnahme östrogenhaltiger
! Cave Kontrazeptiva.
Echinokokkus-Ausschluss vor Punktion!
Epidemiologie. Gehäuft bei Frauen im gebärfähigen
Differenzialdiagnostisch ist an akute Cholezystitis Alter.
und Cholangitis, selten Hepatitis, perforiertes Ulkus,
Porphyrie, Neoplasien, Echinokokkose oder Amöbiasis Symptomatik. Die Symptomatik reicht vom Zufallsbe-
zu denken. fund ohne Anzeichen bis zum Riesenwachstum mit
spontaner Leberkapselruptur und/oder Blutung in die
Therapie. Beim pyogenen Abszess gilt es, den Sepsis- Bauchhöhle.
herd aufzuspüren und zu beseitigen; angezeigt sind wei-
terhin Drainage, US- oder CT-gesteuerte Drainage bei Diagnostik. Feinnadelbiopsie, Kontrastmittel-CT. Dif-
singulären Abszessen. Ein chirurgisches Vorgehen (Ab- ferenzialdiagnostisch kommen Leberzirrhose, multilo-
szessausräumung), Drainage, Leberresektion) ist nur bei kulärer maligner Tumor in Betracht.
100 Kapitel 1 · Chirurgie

Therapie. Indiziert ist eine atypische oder anatomiege- Echinokokkose (parasitäre Zysten)
1 rechte Leberresektion (kann entarten!) bei Blutungsge- Ätiopathogenese. Aufnahme von Eiern des Echino-
fahr, Malignitätsverdacht. coccus granulosus (Hundebandwurm, E. cysticus;
. Abb. 1.34) sowie Echinococcus alveolaris (Fuchs-
Kavernöse Hämangiome bandwurm, E. alveolaris). Der Mensch ist Zwischen-
Ätiopathogenese. Die Ursache ist unbekannt, oft sind wirt. Nach Aufnahme der Eier wird deren Hülse im
diese Hämangiome angeboren. Vermutet wird eine Magen aufgelöst; die Larven schlüpfen, penetrieren die
Größenzunahme bei Einnahme von östrogenhaltigen Darmwand und gelangen via V. portae in die Leber, sel-
Kontrazeptiva. ten weiter in die Lunge. Es bilden sich charakteristische
Hydatiden aus; die Grenze zur Leber bildet die faserige,
Epidemiologie. Häufig. chitinhaltige Perizyste. Sie umgibt die Endozyste, die als
Keimschicht die Skolizes und evtl. Tochterzysten ent-
Symptomatik. Symptome sind selten, manchmal be- hält.
steht eine Hepatomegalie. Als Komplikationen können
Blutungen auftreten (selten lebensbedrohlich), meist Epidemiologie. Häufig v. a. in Mitteleuropa, 1–200 Fäl-
erfolgt eine spontane Thrombosierung und narbige Or- le pro 100.000/Einwohner/Jahr.
ganisation.
Symptomatik. Unspezifisch Inappetenz, vegetative
Diagnostik. Sonographie, CT, Kontrast-CT, Im Duplex- Symptome, Ikteruszeichen, Cholangitiszeichen (Ikte-
sonogramm oder Angiogramm findet sich kein erhöh- rus, generelle Entzündungszeichen), Schmerzen,
ter Blutzufluss. Differenzialdiagnostisch sind Leberzir- Druckgefühl rechter Oberbauch.
rhose, grobknotiger Lebertumor abzugrenzen.
Diagnostik. Laborchemisch zeigt sich eine Eosinophi-
Therapie. In der Regel ist keine Behandlung nötig, nur lie, wegweisend sind indirekte Hämagglutinations-, in-
bei großen Tumoren und mechanischen Beschwerden: direkte Immunfluoreszenz-, Latexagglutinations- und
Leberresektion. Casoni-Intrakutantest, Komplementbindungsreaktion
(KBR). Im Röntgen-Abdomen zeigen sich Zystenwand-
Leberzysten verkalkungen, im CT/US eine Endozyste mit Skolizes.
Ätiopathogenese. Diese kongenitale Anlage findet sich
auch in Nieren und Pankreas, es finden sich dünnwan- ! Cave
dige Blasen mit serösem Inhalt und epithelialer Aus- Bei der diagnostischen Punktion kann es zu einer
kleidung; Zysten treten zudem im Rahmen einer »Ab- allergischen Reaktion und/oder tödlichen Skolizes-
räumreaktion« der Leber nach Trauma, Ischämie o. ä. aussaat kommen.
auf.

> Sonderform: Vereinzelt stehen Zysten mit den intra-


hepatischen Gallenwegen in Verbindung (Caroli-Syn-
drom: multiple Stenosen und zystische Gallengangs-
erweiterungen).

Epidemiologie. Häufig.

Symptomatik. Symptome sind selten, nur bei Größen-


zunahme und Verdrängungserscheinungen, Ruptur,
Einblutung oder Infekt kommt es zu Beschwerden. Dif-
ferenzialdiagnostisch ist an Zystadenome bzw. -karzi-
nome und Echinococcus cysticus zu denken.

Therapie. Große Zysten werden entfernt oder entdacht


(»unroofing« = Resektion der Zystenwand) (laparosko-
pisch), infizierte Zysten werden wie Abszesse behandelt, . Abb.1.34. Solitäre Leberzyste durch Echinococcus granu-
bei Verbindung zum Gallengangssystem erfolgt eine losus (mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Disko,
Drainage über eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge. München). (Aus Siewert 2006)
1.7 · Viszeralchirurgie
101 1

Therapie. Selten reicht die allein medikamentöse The- plantationindiziert.Palliativ kommenThermo-,Radio-


rapie mit Mebendazol. Bei E. cysticus sive granulosus ist frequenz-, Kryoablation, Chemoembolisation, C2H5-
eine Hydatidektomie durch Peri- oder Zystektomie Tumorinstillation, Stent, Umgehungsoperationen in
nach Devitalisierungsinstillation hypertoner Lösungen Betracht.
(20% NaCl, 40% Glukose, Silbernitrat) und Absaugung
indiziert. Bei E. multilocularis sive alveolaris wird eine Prognose. Unbehandelt sterben die Patienten nach 4–
Leberresektion nötig, wenn der Befall auf eine Leber- 12 Monaten, nach kurativer Resektion bzw. Transplan-
hälfte beschränkt ist, sonst wird palliativ und medika- tation beträgt die mittlere Überlebenszeit ca. 3–5 bzw.
mentös vorgegangen. 5–10 Jahre.

Prognose. Gut beim Echinococcus cysticus, unsicher Lebermetastasen (sekundäre Lebermalignome)


beim Echinococcus multilocularis. Ätiopathogenese. Am häufigsten metastasieren in die
Leber Karzinome des Kolorektums, seltener der Bron-
Maligne primäre und sekundäre Tumoren chien, der Mammae, des Pankreas und des Magens.
Hierher gehören hepatozelluläres Karzinom (HCC), Man unterscheidet synchrone – mit dem Ersttumor
cholangiozelluläres Karzinom (CCC), Hepatoblastom, gleichzeitig – und metachrone – Monate oder Jahre
Sarkom und Zystadenokarzinom. Die drei letzteren En- später auftretende – Metastasen.
titäten sind äußerst selten, während HCC und CCC sich
klinisch gleichen. Das HCC gehört weltweit zu den häu- Epidemiologie. Es sind die häufigsten malignen Leber-
figsten Malignomen. tumoren.

Hepatozelluläres Karzinom (HCC), Symptomatik. Meist blande. Metastasierung, meistens


cholangiozelluläres Karzinom (CCC) auffällig bei Routinenachsorgeuntersuchungen (Sono-
Ätiopathogenese. Das HCC hat seinen Ursprung in graphie).
den Hepatozyten, das CCC geht aus den intrahepati-
schen Gallenwegsepithelzellen hervor. Zur Karzino- Diagnostik. Entspricht der bei HCC.
mentstehung führen Hepatitis B und C, Leberzirrhose Therapie. Die chirurgische Therapie ist grundsätzlich
(posthepatitisch oder postalkoholisch), Hämochroma- möglich, wenn keine disseminierte Aussaat vorliegt.
tose und sehr seltene Lebererkrankungen: α1-Antitryp- Auch große und ungünstig gelegene Metastasen kön-
sinmangel, Thorotrastose und Aflatoxinexposition. nen – in Abhängigkeit der Histologie des Primärtu-
mors – von spezialisierten Hepatochirurgen reseziert
Epidemiologie. Diese Karzinome treten besonders werden. Wenn möglich, sollte eine R0-Resektion, auch
häufig in Mittelafrika und im Fernen Osten mit 4-fa- mehrfach bei Rezidiven erfolgen, wenn weitere Fern-
cher Häufigkeit im Vergleich zu den westlichen Staaten metastasen ausscheiden und auch der Primärtumor
auf. unter Kontrolle ist. Auch Etappenresektionen, Embo-
lisationen zum präoperativen Aufbau des verblei-
Symptomatik. Leistungsknick, Druckgefühl im rechten benden Leberparenchyms sind möglich und sinnvoll.
Oberbauch (Leberkapselschmerz), dort tastbare Vor- Ggf. sollte eine vorherige neoadjuvante Chemothera-
wölbungen und Ikterus als Zeichen eines fortgeschrit- pie erfolgen.
tenen Stadiums. Typisch ist der rasche Verlauf. Palliative Resektionen sind bei metastasierenden
endokrinen Tumoren wegen der günstigen Prognose
Diagnostik. Sonographie, MRT, Labor: erhöhte Werte indiziert. Weitere palliative Verfahren (7 HCC) sind lo-
von Bilirubin, alkalischer Phosphatase, γ-GT, α-Fetopro- kale Ablationsverfahren, Chemotherapie.
tein (AFP) als hochspezifischer Marker des HCC mit
80- bis 90%-iger Treffsicherheit. Ultraschall-/CT-gesteu- > Eine aggressive Resektion von Lebermetastasen ist
erte Feinnadelbiopsie erfolgt zur Diagnosesicherung, CT insbesondere beim kolorektalen Karzinom sinnvoll.
(mit Gefäßrekonstruktion zur Operationsplanung).
Prognose. Die mittlere Überlebenszeit beträgt 4–8 Mo-
Therapie. Kurativ kann manchmal eine R0-Resektion nate. Nach Resektion von singulären Metastasen bei
erfolgen, häufig ist diese jedoch nicht möglich, da in kolorektalem Karzinom kann die 5-Jahres-Überlebens-
über 70% eine Leberzirrhose besteht. Hier ist die Trans- zeit bis zu 50% ausmachen.
102 Kapitel 1 · Chirurgie

In Kürze
1
Lebererkrankungen

Leberabszess 4 Symptomatik: Fieber, Schüttelfrost, reduzierter Allgemeinzustand, Übelkeit, Appetit-


losigkeit, Gewichtsverlust, Peritonitis mit Dauerschmerz, Schmerzen im rechten
Oberbauch, Ausstrahlung in Schulter und Flanke
4 Diagnostik: Sonographie, Serologie, Röntgen-Abdomen, CT, Punktion nach serologi-
schem Echinokokkoseausschluss, Labor (Leukozyten, BSG, CRP, Cholestaseparameter)
4 Therapie:
– Pyogener Abszess: Aufspüren, Beseitigen des Herdes, Drainage, US- oder
CT-gesteuerte Drainage bei singulären, chirurgisches Vorgehen (Ausräumung,
Drainage, Leberresektion) nur bei multiplen Abszessen. Hochdosierte und lang
andauernde Antiobiotikagabe
– Amöbenabszess: Metronidazolgabe, Drainage nur bei bakterieller Superinfektion

Echinokokkose 4 Symptomatik: Inappetenz, vegetative Symptome, Ikteruszeichen, Cholangitiszeichen,


der Leber Schmerzen, Druckgefühl rechter Oberbauch
4 Diagnostik: Labor: Eosinophilie, indirekte Hämagglutinations-, indirekte Immun-
fluoreszenz-, Latexagglutinations- und Casoni-Intrakutantest, Komplementbindungs-
reaktion (KBR), Röntgen-Abdomen: Zystenwandverkalkungen, CT/US: Endozyste
mit Skolizes
4 Therapie: selten nur medikamentös: Mebendazol
– E. cysticus sive granulosus: Hydatidektomie durch Peri- oder Zystektomie nach
Devitalisierungsinstillation hypertoner Lösungen (20% NaCl, 40% Glukose,
Silbernitrat) und Absaugung
– E. multilocularis sive alveolaris: Leberresektion, wenn auf eine Leberhälfte
beschränkt, sonst palliativ und medikamentös

Benigne Leber- 4 Symptomatik: Beschwerden bei gewisser Größe: Leberkapselschmerz, Ikterus, Leber-
tumoren funktionsstörung
4 Diagnostik: Labor, Röntgen, CT, MRT, ggf. Punktion
4 Therapie: Operation bei großen Tumoren, Komplikationen (Verdrängung, Blutung),
Malignitätsverdacht. Resektion per anatomischer oder nichtanatomischer Leber-
resektion. Auch laparoskopisch

Leberhämangiom 4 Symptomatik: Hepatomegalie; Komplikation: Blutung, meist spontane Thrombosie-


rung und narbige Organisation
4 Diagnostik: Sonographie, CT, Kontrast-CT, Im Duplexsono- oder Angiogramm kein
erhöhter Blutzufluss
4 Therapie: in der Regel keine Therapie nötig, nur bei großen Tumoren und mechani-
schen Beschwerden: Leberresektion

Intrahepatisches 4 Symptomatik/Diagnostik/Therapie: wie hepatozelluläres Karzinom


Gallenwegs-
karzinom

6
1.7 · Viszeralchirurgie
103 1

Hepatozelluläres 4 Symptomatik: Leistungsknick, Druckgefühl im rechten Oberbauch (Leberkapsel-


Karzinom schmerz), dort tastbare Vorwölbungen, Ikterus
4 Diagnostik: Sonographie, MRT, Labor: erhöhte Werte von Bilirubin, alkalischer Phos-
phatase, γ-GT, α-Fetoprotein (AFP) als hochspezifischer Marker des HCC mit 80- bis
90%-iger Treffsicherheit, US-/CT-gesteuerte Feinnadelbiopsie als Diagnosesicherung,
CT (mit Gefäßrekonstruktion)
4 Therapie: kurativ: R0-Resektion, häufig nicht möglich, da in über 70% Leberzirrhose,
Transplantation; palliativ: Thermo-, Radiofrequenz-, Kryoablation, Chemoembolisati-
on, C2H5-Tumorinstillation, Stent, Umgehungsoperationen

Lebermetastasen 4 Symptomatik: meist blande


4 Diagnostik: Sonographie, Tumormarker, CT, MRT
4 Therapie: R0-Resektion, sofern keine disseminierte Aussaat vorliegt und es technisch
möglich ist. Ggf. mehrfache Resektion bei Rezidiv, ggf. Etappenresektion, ggf. neo-
adjuvante Chemotherapie. Palliativ lokale Ablationsverfahren, Chemotherapie;
ansonsten Chemotherapie adjuvant nach kurativer Resektion

1.7.11 Pfortaderhochdruck 5 Gastrophrenosuprarenaler Umgehungskreis-


(portale Hypertension) lauf
5 Mesenteriko-hämorrhoidaler Umgehungs-
Definition/Ätiopathogenese. Bei Pfortaderhochdruck kreislauf: Hämorrhoiden
besteht eine Druckerhöhung im Pfortaderbereich und 4 Spenomegalie mit Anämie, Leuko- und Thrombo-
ihren Ästen durch Abstrombehinderung. Das Ab- zytopenie
stromhindernis kann prä-, intra- und posthepatisch 4 Aszites
liegen. Daraus resultieren Umgehungskreisläufe, die zu 4 Enzephalopathie (zerebrale Beteiligung)/Leberver-
einer Minderperfusion und -funktion der Leber mit sagen
verminderter Entgiftung führen und einen eigenen
Krankheitswert haben. Sehr selten entwickelt sich ein Von 100 Patienten mit Leberzirrhose entwickeln 50
Volumenhochdruck als Folge von arterio- oder spleno- Ösophagus- und/oder Magenvarizen, von diesen kommt
portalen Fisteln. Ursachen und Formen des Pfortader- es bei 15 zu Blutungen und bei 10 zu Todesfällen.
hochdrucks sind:
4 Posthepatischer Block (selten, z. B. Budd-Chiari- Symptomatik. Aszites, Ösophagusvarizen, Splenome-
Syndrom): Verschluss der posthepatischen Venen galie, Enzephalopathie.
(große Lebervenen und/oder der unteren Hohlve-
ne, z. B. als Folge einer Thrombose (erworben) oder Diagnostik. Gebräuchliche Verfahren und deren An-
Agenesie/Stenose (kongenital) wendung sind in . Tab. 1.28 dargestellt.
4 Intrahepatischer Block (70–80%): Kompression
der intrahepatischen Pfortaderäste: chronische Le- Therapie. Von entscheidender Bedeutung ist die Not-
berschrumpfung, -zirrhose (posthepatitisch, fallbehandlung der Ösophagusvarizenblutung mit
postalkoholisch primär biliär) Schockprophylaxe und -therapie, Vermeidung des
4 Prähepatischer Block (20%): Pfortader-Milzven- Leberaus- und/oder -zerfallskoma. Es erfolgt eine Not-
enthrombose (meist kongenital) fallösophagogastroduodenoskopie und ggf. Notsklero-
sierung bzw. -ligatur. Bei Versagen wird eine Ballontam-
Folgen der portalen Hypertension sind: ponade mit Sengstaken-Blakemore- oder Linton-Nach-
4 Kollateralkreisläufe las-Sonde maximal 12 h ununterbrochen und bis zu
5 Gastroösophagealer Umgehungskreislauf: 24–48 h (mit Unterbrechung) nötig.
Ösophagus-, Magenvarizen Gelingt eine dauerhafte Blutstillung nicht, so konkur-
5 Umbilikaler Umgehungskreislauf: Caput me- rieren interventionelle (TIPS; transjugulärer intrahepati-
dusae scher portsystemischer Shunt = Verbindung zwischen
104 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.28. Verfahren zur Diagnostik der portalen Hypertension

Untersuchungsmethode Untersuchungsziel

Ösophagogastroduodenoskopie Nachweis von Varizen, hypertensiver Gastropathie, Ulcus ventriculi oder/und


duodeni, erosive Gastritis

Sonographie, Duplexsonographie Tumornachweis, Pfortadererweiterung bzw. -stau, Aszites, Portal- und Leber-
arteriendurchfluss

Röntgenkontrastuntersuchung Nachweis von Umgehungskreisläufen

Angiographie: direkte/indirekte Flussrichtung und Durchgängigkeit der Portalgefäße

Splenoportographie, digitale Sub- Tumornachweis, Pfortader- und Gallengangskaliber, 3D-Rekonstruktion


traktionsangiographie, (CT, MRT)

Leberbiopsie Stadium, Aktivität und Progredienz der Leberschädigung, Tumorzellklassifikation

Lebervenenverschluss-, Ösopha- Bestimmung von Druckhöhe, Flussrichtung und Kollateralen sowie Blutungs-
gusvarizendruck gefährdung

Direkte transhepatische Portogra- Durchblutungsverhältnis V. portae/A. hepatica


phie, Lebersequenzszintigraphie

intrahepatischen Pfortader und Lebervene mit einer En- V. portae bzw. V. mesenterica sup. und V. cava inf.
doprothese) und operative Verfahren (. Abb. 1.35): Diese und weitere meistens elektiv (im blutungs-
4 Venensperroperation freien Intervall) angelegte Shunt-Typen kommen
4 Portosystemischer Shunt (heute vorwiegend als zur Anwendung.
englumiger Interpositions[PTFE]-Shunt) zwischen

. Abb. 1.35. Schema der


operativen Behandlungsmög-
lichkeiten der portalen Hyper-
tension. (Aus Siewert 2006)
1.7 · Viszeralchirurgie
105 1

(Couinaud). Die anatomische Kenntnis des Calot-Dreiecks


. Tab. 1.29. Child-Pugh-Klassifikation zur Einschät- zwischen D. hepaticus communis, D. cysticus und vorde-
zung der Prognose des Leberleidens rem Leberrand ist v. a. bei der laparoskopischen Cholezyst-
ektomie wichtig. Eine Vielzahl von Variationen sind be-
Befund 1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte
schrieben. Der D. choledochus mündet nach Unterkreu-
Aszites Kein Mittlerer Schwerer zung des Duodenums gemeinsam mit dem D. Wirsungianus
an der Papilla Vateri in dieses.
Enzephalopa- Keine Mäßige Schwere
Die goldgelbe Farbe der Galle ist Folge der Hämoglo-
thie
binabbauprodukte Bilirubin und Biliverdin. Gallensäuren
Ernährungszu- Gut Mäßig Schlecht bilden Mizellen mit ingestierten Fetten, die dadurch wasser-
stand löslich und resorbierbar werden. 95% der Gallensäuren wer-
den im enterohepatischen Kreislauf vorwiegend im termi-
Bilirubin (mg/dl) <2 2–3 >3
nalen Ileum, aber auch im Restdünndarm und Kolon nach
Albumin (g/l) >35 35–30 <30 Dekonjugierung und Dehydroxylierung durch die Darm-
flora als Desoxychol- und Lithocholsäure rückresorbiert.
Quick-Wert (%) >70 70–50 <50
Gallensteine bilden sich durchVeränderungen im Lösungs-
Child-Pugh A = 5–6, Child-Pugh B = 7–9, Child-Pugh gleichgewicht der Galle durch Konzentrationserhöhung
C = 10–15 Punkte oder -verminderung einzelner Komponenten sowie Mo-
tilitätsstörungen, z. B. durch Gallensäurenverluste bei Un-
terbrechung des enterohepatischen Kreislaufs bei Er-
Folgende portosystemische Shunt-Formen werden an- krankungen bzw. Resektionen des terminalen Ileums (In-
gewendet: zidenzerhöhung nach Ileozökalresektion um das bis zu
4 Portokaval, z. B. End-zu-Seit oder Seit-zu-Seit 20-fache).
4 Proximal splenorenal (Linton)
4 Distaler splenorenaler Shunt (Warren) Folgende Operationsverfahren der Gallenblase und
4 Mesenterikokavaler H-Shunt Gallenwege finden Anwendung:
4 Kausale Therapie: Lebertransplantation 4 Laparoskopische Cholezystektomie (einer der
häufigsten viszeralchirurgischen Eingriffe; Vor-
Prognose. 30% aller Patienten mit Zirrhose sterben in- teile: geringere Klinikverweildauer und Schmer-
nerhalb der ersten 2 Jahre nach Diagnosestellung, 60% zen)
innerhalb des ersten Jahres nach der ersten Blutung; bei 4 Konventionelle Cholezystektomie: Rippenbogen-
über 50% kommt es innerhalb eines Jahres – allerdings randschnitt, Intraoperativ ggf. Cholangiographieü-
nicht bei regelmäßiger Kontrolle und Fortsetzung ber Injektion in den Zystikusstumpf möglich. Kon-
endoskopischen Behandlung – zum Blutungsrezidiv. version zum offenen Verfahren bei vorherzuse-
Nach Einführung der Child-Pugh-Klassifikation henden Problemen (z. B. Verwachsungen) oder
A, B und C (. Tab. 1.29) kann die Prognose generell und intraoperativen Problemen bei der Laparoskopie
für jede interventionelle bzw. operative Maßnahme oder bei präoperativem Malignitätsverdacht
besser eingeschätzt werden. Die operative Letalität bei 4 Biliodigestive Anastomosen
Child-Pugh C macht über 50% aus, liegt dagegen bei A
und B bei 5–10% bzw. 10–15%. Konservative Behandlungsansätze
Letztendlich bestimmen in erster Linie Ausmaß und Diese umfassen (7 Innere Medizin, Kap. 5.3):
Progredienz der Zirrhose und erst in zweiter Linie der 4 Medikamentöse Gallensteinlyse (per os, Injektion in
dauerhafte Erfolg der Blutstillung die Prognose, wobei die Gallenblase)
der Wert der Blutungsprävention noch nicht evidenzba- 4 Stoßwellenbehandlung (Lithotrypsie)
siert untersucht ist bzw. kontrovers diskutiert wird. 4 ERCP mit Papillotomie, Steinextraktion bei Choledo-
cholithiasis
4 Perkutane transhepatische Steinextraktion
1.7.12 Gallenblase, extrahepatische
Gallenwege Anomalien sind an der Gallenblase selten und als Age-
nesie, Doppel- und Dreifachanlage ohne Krankheits-
Anatomie und (Patho-)Physiologie der Gallenwege wert bekannt. Bei den Gallengängen gibt es häufig Cho-
Die glattmuskuläre, juvenil kontraktionsfähige Gallen- ledochuszysten. Eine Gallengangsatresie ist ein schweres
blase sitzt an der Unterfläche des 4./5. Lebersegments kinderchirurgisches Krankheitsbild.
106 Kapitel 1 · Chirurgie

Choledochuszyste > »6F«: female – fair (hellhäutig) – forty – fat – fertile


1 Diese zystischen Aussackungen können unterschiedliche – flatulent dyspepsia
Größe, Form und Lokalisation aufweisen, z. B. auch in
Form einer Blindsackbildung im distalen D. choledochus Epidemiologie. Zunahme mit steigenden Alter (bis
auftreten. Es liegt eine Assoziation mit dem Caroli-Syn- 80% aller Personen über 75 Jahre sind Steinträger),
drom (angeborene, segmentale Erweitung der intrahepa- weiblich:männlich = 3:1
tischen Gallenwege) vor. Dieses ist häufig bereits in der
Kindheit symptomatisch mit Ikterus, Stase, Keimbesied- Symptomatik. Meist verläuft die Cholezystolithiasis
lung als Cholangitis mit Schmerzen und tastbarer Vor- asymptomatisch. Seltener ergeben sich kolikartige
wölbung im rechten Oberbauch. Die Therapie besteht in Schmerzen im rechten Oberbauch, Übelkeit, postpran-
der Zystenresektion und biliodigestiver Anastomose nach dialer Druck.
Y-Roux.
Komplikationen. Cholezystitis, Cholestase durch aku-
Gallengangsatresie ten Zystikusverschluss mit Hydrops oder Empyem, of-
Die extra- und intrahepatischen Gallenwege sind partiell fene oder gedeckte Perforation, Cholangitis, Pankreati-
oder vollständig verlegt mit resultierendem progredien- tis, Gallensteinileus.
tem Ikterus und Leberversagen. Pathologisch ergibt sich
eine irreversible Leberschädigung ab der 8. Lebenswo- Diagnostik. Häufig finden sich Gallenblasensteine zu-
che. Therapeutisch sollte so früh wie möglich eine Kasai- fällig bei Ultraschall- (Konkrementnachweis, dorsale
Operation (Hepatojejunostomie) bzw. Lebertransplantati- Schallauslöschung, Wandreaktion) oder Röntgenunter-
on durchgeführt werden. 10% Neugeborene haben eine suchung (40% kontrastgebend), Cholezystographie
partielle, korrigierbare Atresie, alle anderen haben trotz (selten), ERCP, Laboruntersuchung.
frühzeitiger Kasai-Operation ohne Lebertransplantation
keine gute Langzeitprognose. Therapie. Grundsätzlich besteht bei Symptomen die
Indikation zu Behandlung. Eine Entfernung der Gal-
Anamnestisch geht es bei Erkrankungen der Gallen- lenblase bei asymptomatischen Gallenblasenstein-
wege um folgende Fragen: Juckreiz, Fettunverträglich- trägern zur Prophylaxe eines Gallenblasenkarzinoms
keit, Schmerzen und Druckgefühl rechter Oberbauch, konnte sich nicht durchsetzen. Es gibt nicht operative/
Inappetenz, Gewichtsverlust konservative und chirurgische Verfahren.
Die klinische Untersuchung ergibt einen Druck- Nichtoperative Verfahren sind eine Ergänzung
schmerz im rechten Oberbauch, Courvouisier-Zeichen oder Alternative zu lange ausschließlich angewandten
(7 unten), Ikterus. chirurgischen Verfahren:
Technische Zusatzuntersuchungen umfassen: 4 Medikamentöse Steinauflösung durch Gallensäu-
4 Sonographie ren (Ursodesoxycholsäure) Langzeitbehandlung,
4 Labor: Cholestaseparameter (Gesamtbilirubin di- nur erfolgreich bei erhaltener Motilität der Gallen-
rekt/indirekt, AP, Transaminasen) blase, hohe Rezidivquote von 30–60%
4 ERCP, MRCP 4 Auflösung mit tertiärem Methylbutyläther nach
4 MRT, CT Punktion der Gallenblase (invasiv, wenig ver-
4 diagnostische Laparoskopie breitet)
4 Auflösung mittels perkutaner oder topischer Stoß-
Erkrankungen der Gallenblase wellenlithotrypsie (kurzfristig in Verbindung mit
(außer Neoplasien) medikamentöser Lyse erfolgreich)
Cholezystolithiasis
Definition. Gallenblasensteine. Die chirurgische Therapie besteht in der laparoskopi-
schen Cholezystektomie, hier stehen die französische
Ätiopathogenese. Es kommt zu einer akuten Entzün- oder die amerikanische Methode zur Wahl. Nach Ein-
dung der Gallenblase mit schmerzhafter Überdehnung, bringen eines Kamera-Trokars über eine supraumbili-
fast immer wegen der Steine. Einteilung der Gallen- kale Minilaparotomie und Insufflation von CO2 in die
steinsarten: 75% Cholesterinmisch- (weich), 15% Bauchhöhle (Pneumoperitoneum) erfolgen Inspektion
schwarze Cholesterin- (hart) und 5% braune Bilirubin- der gesamten Bauchhöhle und unter Sichtkontrolle
Pigmentsteine (sehr hart, klein, zackig). Einbringen von 2–3 weiteren Trokars. Darstellung des
Callotschen Dreieckes. Clipping von D. cysticus und
A. cystica, Durchtrennen beider Strukturen. Heraus-
1.7 · Viszeralchirurgie
107 1

schälen der Gallenblase aus dem Leberbett und Bergen ! Cave


der Gallenblase über eine Inzision im Epigastrium. Bei älteren, abwehrgeschwächten Menschen zeigen
Nach sehr subtiler Blutstillung Beendigung der Opera- sich nicht selten nur verschleierte Symptome.
tion. Stationärer Aufenthalt von 1–2 Tagen, Entlassung
nach Sonographie- und Laborkontrolle. Sehr selten Diagnostik. Klinisch zeigen sich Druckschmerz und
kommt die konventionelle Cholezystektomie zur An- Abwehrspannung im rechten Oberbauch, Murphy-Zei-
wendung (meistens durch Rippenbogenrandschnitt chen (= akuter inspiratorischer Arrest) bei tiefer Gal-
meistens bei Komplikationen des Grundleidens lenblasenpalpation). Im Ultraschall finden sich Wand-
(Schlechte anatomische Übersichtlichkeit, Verletzung verdickung, Steinnachweis und oft sog. »Dreischich-
des Gallengangs oder anderer wichtiger Strukturen tung« der Gallenblasenwand. Laborchemisch ergeben
etc.) oder der Operation. sich Leukozytose, später CRP-Anstieg, evtl. Cholestase-
parameter. Radiologisch ist eine Perforation auszu-
Gallenblasenhydrops schließen (Röntgen-Abdomen im Stehen). Ein CT ist
Definition/Ätiopathogenese. Schwellung/Überdeh- nur bei ungewöhnlichen Krankheitsbildern, bei Ver-
nung der Gallenblase durch Verlegung des Gallenab- dacht auf Malignom und andere Differenzialdiagnosen
flusses durch Steine oder andere Hindernisse, z. B. Ma- (7 unten) indiziert. Differenzialdiagnostisch sind re-
lignom im Gallenblasenfundus oder D. cysticus. trozökale Appendizitis, Karzinom oder selten Diverti-
kulitis der rechten Kolonflexur, Pankreatitis, Ulcus du-
Symptomatik. Es kommt zur Kolik im rechten Ober- odeni und Nephrolithiasis auszuschließen.
bauch, in die rechte Schulter ausstrahlend (Head-Zone),
Übelkeit, Erbrechen, tastbare Gallenblase im rechten Therapie. Indiziert ist eine Frühoperation (Cholezys-
Oberbauch. tektomie) nach 24–48 h, die häufig laparoskopisch
möglich ist. Selten wird die Operation nach 24- bis 48-
> Couvoisier-Zeichen: schmerzloser Hydrops stündiger konservativer Therapie mit Nulldiät, Infusi-
durch Gallengangsverschluss bei Pankreaskopf- on, Analgetika und Antibiotika (z. B. Cephalosporine).
karzinom. Evtl. kann auch eine Intervallcholezystektomie 4–6
Wochen nach Abklingen der Entzündung sinnvoll
Diagnostik. Sonographisch zeigt sich eine vergrößerte sein. Komplikationen wie Perforation, pericholezysti-
Gallenblase. Laborchemisch sind die Cholestasepara- scher Abszess, Ausbildung innerer und äußerer Gallen-
meter erhöht. fisteln lassen sich durch die Frühoperation verhin-
dern.
Therapie. Indiziert sind Spasmolyse (z. B. Buscopan),
Analgesie, laparoskopische Cholezystektomie Chronische Cholezystitis
Definition. Die chronische Cholezystitis kann als Folge-
Akute Cholezystitis zustand mehrfach stattgehabter, rezidivierender akuter
Definition/Ätiopathogenese. Plötzlich durch Gallen- Cholezystitiden bei Cholelithiasis gesehen werden.
steineinklemmung verursachte sero-fibrinös-eitrige
Entzündung mit Perforationsgefahr. Gallensteine ver- Ätiopathogenese. Abhängig von der Abwehrlage, der
letzten die durch Stau und/oder Ischämie vulnerable aktuellen Reizung, Nahrungsaufnahme (fettreiche
Blasenwand. Auch aufgrund der infizierten Galle Mahlzeiten u. a.) kommt es zu einem Steady State und
schreitet die Entzündung fort und breitet sich in die gelegentlichem Aufflammen der Entzündung. Die Gal-
Umgebung aus, ggf. kommt es zur Perforation und sel- lenblase vernarbt, schrumpft (Schrumpfgallenblase),
ten zu einem hochseptischen, lebensbedrohlichen ihre physiologische Funktion ist i. d. R. nicht mehr ge-
Krankheitsbild infolge Peritonitis. währleistet. Durch Kalzifizierung der Wand kann das
Bild einer »Porzellangallenblase« entstehen. Diese stellt
Epidemiologie. Betrifft zu 95% Gallensteinträger, ein einen Risikofaktor für die Entwicklung einer malignen
Viertel aller Gallensteinträger entwickelt auch eine aku- Gallenblasenneoplasie dar. An Komplikationen kön-
te Cholezystitis nen sich akute Cholezystitis, Perforation, Fistelung,
Abszessbildung entwickeln.
Symptomatik. Typisch sind Fieber, Schmerzen im rech-
ten Oberbauch (oft kolikartig) und Peritonitis mit Aus- Symptomatik. Die Beschwerden entsprechen in abge-
strahlung in die rechte Schulter (Head-Zone); danach milderter Form der der akuten Cholezystitis mit be-
entwickelt sich ein dumpfer Dauerschmerz. schwerdefreien Intervallen und zahlreichen unspezifi-
108 Kapitel 1 · Chirurgie

schen Symptomen wie Meteorismus, Nahrungsmittel- Therapie. Abhängig vom Stadium erfolgen eine Chole-
1 unverträglichkeit. zystektomie, Lymphknotendissektion (regional, Nodus
cysticus, Lymphknoten des Lig. hepatoduodenale, peri-
Diagnostik. Siehe oben bei akuter Cholezystitis. Dif- pankreatisch), Leberkeilresektion (Sicherheitsabstand
ferenzialdiagnostisch sind Ulcus duodeni, Pyelone- 3 cm), Bisegmentektomie (IVa, V), Hemihepatektomie
phritis, Nephrolithiasis, KHK, GERD sowie eine nicht bis hin zur erweiterten Hemihepatektomie (7 oben).
biliäre Lebererkrankung auszuschließen. Palliativ: Stenting des D. choledochus. Biliogestive Um-
gehungsoperationen. Radiatio und Chemotherapie
Therapie. Indiziert ist eine elektive, meist laparosko- bleiben bislang enttäuschend und ohne nennenswerte
pische Cholezystektomie. Überlebensverlängerung.

Benigne und maligne Neoplasien der Gallenblase Prognose. Frühe Entdeckung (Sonographie, histologi-
Definition/Ätiopathogenese. Benigne Gallenblasen- sche Untersuchung von elektiven Cholezystektomieprä-
tumoren sind selten. Sie müssen jedoch u. U. therapiert paraten) und radikale Resektion mit ggf. auch erweiter-
werden (z. B. ab bei einer gewissen Größe und/oder ter Hemihepatektomie sowie die Operation durch einen
dringendem Malignomverdacht), um ein Malignom erfahrenen hepatobiliären Chirurgen bleiben beide
auszuschließen. Tumoren der Gallenblase können Schlüssel zur Verbesserung der Prognose. Dadurch wird
sämtlichen Gewebetypen entstammen: Es gibt Myome, auch bei fortgeschrittenen Tumoren (T3/T4-Status) ein
Fibrome, Lipome, Adenome und Polypen, beide letzte- Langzeitüberleben möglich (5-Jahres-Überlebensrate
re können bei Größenzunahme entarten. >50%). N2-Befall, M1-Status und zu sparsame Resekti-
on gehen dagegen mit ungünstiger Prognose einher.
Therapie. Laparoskopische Cholezystektomie, patholo-
gisch-histologische Aufarbeitung des Präparats. Nachsorge. Klinisch. Nachuntersuchung gemäß Richt-
linien.
Gallenblasenkarzinom
Definition/Ätiopathogenese. Bösartige Neoplasie vom Erkrankungen der Gallengänge
Gallenblasenepithel ausgehend. Diese breitet sich rasch Choledocho- und Hepatikolithiasis
lokal und lymphogen, später hämatogen venös (v. a. Definition. Steine in den intra- und extrahepatischen
Leber) aus; der Nodus cysticus ist erste Lymphknoten- Gallenwegen (7 Innere Medizin, Kap. 5.3).
station.
Ätiopathogenese. Es handelt sich um Begleitsteine bei
Epidemiologie. Das Gallenblasenkarzinom macht etwa Gallenblasensteinen, Residualsteine nach Cholezystek-
2% aller Malignome aus, es ist das fünfthäufigste Mali- tomie (übersehen oder nicht entfernbar) und Rezidiv-
gnom des Gastrointestinaltrakts. Das weibliche Ge- steine (frühestens 2 Jahre nach Cholezystektomie).
schlecht wird bevorzugt (4:1), der Erkrankungsgipfel
liegt über 65 Jahre. > Sonderform Mirizzi-Syndrom: Kompression des
D. choledochus durch inkarzerierten Zystikusstein.
Symptomatik. Beschwerdefrei in frühen Stadien,
dann Symptomatik ähnlich einer chronischen Chole- Epidemiologie. 25% alle 60-Jährigen haben neben
zystitis (Verschleierung!). B-Symptomatik. Ikterus und Steinen in der Gallenblase auch Steine in den Gallen-
Schmerz im rechten Oberbauch, palpable Resistenz wegen.
sind Spätsymptome.
Symptomatik. Die Symptome gleichen denen bei Cho-
! Cave lezystolithiasis, zusätzlich finden sich Zeichen eines
Konsequentes Abklären biliärer Beschwerden! Verschlussikterus: Skleren- und Hautikterus, acholi-
scher Stuhl, bierbrauner Urin, Pruritus (Bilirubin
Prävention. Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere >5 mg/dl), dumpfe oder auch kolikartige Oberbauch-
Sonographie, insbesondere bei Vorliegen von Risiko- dauerschmerzen. Cholangitis, Begleitpankreatitis.
faktoren für Cholezystolithiasis (s. oben).
Komplikationen. Cholangitis, intrahepatische Abs-
Diagnostik. Sonographie (Tumor, Wandverdickung), zesse, Choledochusperforation, biliäre Pankreatitis,
Biopsie (umstritten, Gefahr der Zellverschleppung), CT Gallengangsstriktur, im Endstadium sekundäre biliäre
(Staging), MRT ggf. zur Operationsplanung. Zirrhose.
1.7 · Viszeralchirurgie
109 1

! Cave Cholangitis
Klinische Cholestasezeichen sind: Ikterus (zunächst Definition/Ätiopathogenese. Meist tritt eine Infektion
Skleren, dann Haut), Pruritus (spät), acholischer Stuhl der Gallenwege als Komplikation o. g. Erkrankungen,
(hell), bierbrauner Urin. meistens Steine auf, aber auch isoliert kann das Gallen-
wegssystem extra- und intrahepatisch bakteriell besie-
Diagnostik. Diagnostisch sind folgende Befunde zu delt werden (aszendierende Keime).
erheben:
4 Labor: erhöhtes konjugiertes Bilirubin, erhöhte Symptomatik. Hochakutes Krankheitsbild mit hohem
γ-GT und alkalische Phosphatase, Lipase- bzw. Fieber, Ikterus, rechtsseitigem Oberbauchschmerz.
Amylaseanstieg bei Begleitpankreatitis
4 Röntgen-Abdomen: Aerobilie, Konkremente Komplikationen. Leberabszesse, Pankreatitis.
4 Sonographie: Schallschatten, Stau der intra- und
extrahepatischen Gallenwege (Messung des Durch- > Charcot-Trias: Ikterus, rechtsseitiger Oberbauch-
messers) schmerz, hohes Fieber.
4 Endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatiko-
graphie (ERCP): endoskopische Sondierung der Diagnostik. Laborchemisch zeigen sich Leukozytose,
Papilla Vateri und retrograde Darstellung der Gal- CRP-Anstieg, Hyperbilirubinämie und Transaminasen-
len- und Pankreasgangsysteme mit Kontrastmittel, und alkalische Phosphatasenanstieg, sonographisch
häufig in Kombination mit der Steinextraktion (Pa- lassen sich Gallenstau und evtl. Steine nachweisen. Wei-
pillotomie, Fangkorb-/Fasszange) terhin kommen ERCP, selten PTC zur Anwendung.
4 Perkutane transhepatische Cholangiographie
(PTC), nicht selten in Kombination mit Drainage ! Cave
(PTCD): Punktion der intrahepatischen Gallenwe- Bei Cholangitis besteht die Gefahr einer Sepsis und
ge und Drainage nur bei erweiterten intrahepati- Leberabszedierung.
schen Gallenwegen, Misserfolg der ERCP, beson-
ders bei Stenosen der Gallenwege, z. B. durch Läsi- Therapie. Indiziert sind Antibiose, Intensivtherapie, fast
on bei meist laparoskopischer Cholezystektomie immer. kausale Therapie durch Steinextraktion (ERCP,
zur Anwendung PTCD), seltener offene Choledochotomie oder/und bi-
4 MRCP bei Misserfolg der ERCP oder bei Wunsch liodigestive Anastomose (Hepatikojejunostomie).
nach einem nicht-invasivem Verfahren sinnvoll
4 CT, MRT nur bei Tumorverdacht zur Darstellung Gallengangskarzinom
der Ausdehnung Definition. Häufig Adenokarzinom.

! Cave Epidemiologie. Selten, 1% aller malignen Tumoren.


ERCP: Aufklärung über Perforation, aszendierende In-
fektion ist nötig. Ätiopathogenese. Die Karzinome finden sich zu 60%
im oberen Hepatocholedochusdrittel und zu je 20% im
Differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen sind ste- mittleren und unteren Drittel. Sie metastasieren spät in
nosierende Tumoren von Gallengang, Duodenum und Lymphknoten und Leber.
Pankreas sowie Parasiten.
> Sonderform: Klatskin-Tumoren = Tumoren der Hepa-
Therapie. Indiziert ist ein chirurgisches Vorgehen bei tikusgabel, Klassifikation nach Bismuth-Corlette in
gleichzeitiger Cholezystektomie; dies ist auch laparos- Typ I bis III.
kopisch möglich, jedoch ist die Technik nicht verbreitet:
nach Kocherscher Mobilisation des Duodenums folgt Symptomatik. Es zeigen sich Courvoisier-Zeichen, Ver-
die Choledochotomie und Steinextraktion. Es sind zu- schlussikterus, allgemeine Tumorzeichen, Fieber mit
dem intraoperative Cholangiographie zur Kontrolle der Schüttelfrost. Schmerzlosigkeit ist im Gegensatz zum
Steinfreiheit, auch Cholangiokopie möglich und sinn- Steinleiden hochverdächtig auf Malignität. Bei Pfort-
voll. Danch erfolgt der direkte Choledochusverschluss aderthrombose entwickelt sich eine Aszites (7 Innere
oder die temporäre Ableitung der Galle über T-Draina- Medizin, Kap. 5.2.6.3).
ge (vor Entfernung Röntgenkontrolle). Residual- oder
Rezivisteinen sollten durch ERCP nach Papillotomie Diagnostik. Laborchemisch zeigen sich Erhöhung von
entfernt werden. γ-GT und AP, bei Sitz im distalen Drittel der Amylase,
110 Kapitel 1 · Chirurgie

der Tumormarker CEA und CA19-9 (letzteres bei tiko- oder Hepatojejunostomie, bei Magenausgangs-
1 Pankreastumoren). Sonographisch lassen sich Choles- bzw. Duodenalstenose Gastroenterostomie, Gallen-
tase und evtl. Lebermetastasen nachweisen. Weiterhin gangs-Stent mit Kunststoff oder Metall, PTCD.
angezeigt sind ERCP oder PTC; evtl. Gallengangsbiop-
sie, MRCP: MRT-Gallenwegsdarstellung ohne Histo- Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei Tumo-
logiegewinnung. CT und MRT dienen der Tumor- ren im unteren Drittel bei 20–30%, im mittleren bei
ausdehnung und Histologiegewinnung, selten erfol- 10–15% und im oberen bei 5–10%.
gen CT- oder MRT-Angiographie der A. mesenterica
sup. und des Truncus coeliacus: evtl. findet sich ein Seltene Gallenwegserkrankungen
Tumoreinbruch, Gefäßatypien sind bei Operation zu 4 Sklerosierende Cholangitis: Antibiotikatherapie, Stero-
beachten. ide, ggf. Gallengangsdilatation und Stent, besser bilio-
digestive Anastomose, Lebertransplantation
Therapie. Kurative Optionen sind: chirurgisches Vor- 4 Gallengangsstrikturen: Ballondilatation und Stenting;
gehen; die Resektabilität beträgt 20–55%. Bei Tumoren biliodigestive Anastomose
im distalen Drittel erfolgt eine Operation nach Kausch- 4 Gallensteinileus: Verlegung des Intestinums (meist ter-
Whipple, bei Tumoren im mittleren Drittel die Chole- minales Ileum) mit Gallensteinen; Therapie: Operation
zystektomie, Hepatocholedochus-Resektion und Hepa- 4 Gallefistel: abnorme Kontinuität der Gallenwege über
tiko-Jejunostomie; bei Tumoren im oberen Drittel die Haut, in den Darm (Duodenum, Colon transversum
(Klatskin) ist fast immer die Leberesektion notwendig u. a.), Therapie: Fistelresektion, biliodigestive Anasto-
(Resektabilität: 25%). Palliativ kommen infrage: Hepa- mose

In Kürze

Erkrankungen der Gallenblase und extrahepatischen Gallenwege

Cholezys- 4 Symptomatik: meist asymptomatisch. Schmerz rechter Oberbauch, Übelkeit, postprandialer


tolithiasis Druck
4 Diagnostik: Sonographie
4 Therapie: bei Symptomen grundsätzlich Indikation zur Behandlung
– Medikamentöse Steinauflösung durch Gallensäuren oder mit tertiärem Methylbutyläther,
hohe Rezidivquote
– Auflösung mittels perkutaner/topischer Stoßwellenlithotrypsie
– Laparoskopische Cholezystektomie, selten konventionelle Cholezystektomie
(nur bei Komplikationen des Grundleidens oder der Operation)

Cholezys- 4 Symptomatik: Fieber, rechter Oberbauchschmerz, Peritonitis, im Alter/bei Immunsuppression


titis oft symptomarm, Murphy-Zeichen
4 Diagnostik: Sonographie (Wandverdickung, Steinnachweis, »Dreischichtung«), Leukozytose,
CRP-Anstieg, Cholestase
4 Therapie: Frühoperation (Cholezystektomie) nach 24–48 h (häufig laparoskopisch möglich);
selten wird operiert nach 24- bis 48-stündiger konservativer Therapie mit Nulldiät, Infusion,
Analgetika und Antibiotika (z. B. Cephalosporine). Evtl. möglich ist auch Intervallcholezyst-
ektomie 4–6 Wochen nach Abklingen der Entzündung: elektive, meist laparoskopische Chole-
zystektomie

6
1.7 · Viszeralchirurgie
111 1

Gallen- 4 Symptomatik: wie bei Cholezystolithiasis, Skleren- und Hautikterus, acholischer Stuhl, bierbrau-
gangsver- ner Urin, Pruritus (Bilirubin >5 mg/dl), Oberbauchschmerzen, Cholangitis, Begleitpankreatitis.
schluss Mirizzi-Syndrom: Kompression des D. choledochus durch inkarzerierten Zystikusstein
4 Diagnostik: Labor: erhöhtes konjugiertes Bilirubin, erhöhte γ-GT und alkalische Phosphatase,
Lipase- bzw. Amylaseanstieg bei Begleitpankreatitis. Röntgen-Abdomen: Aerobilie, Konkremente
4 Sonographie: Schallschatten, Stau der intra- und extrahepatischen Gallenwege. PTC, PTCD,
ERCP, MRCP, CT, MRT
4 Therapie: endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP); Cholezystektomie
mit Steinextraktion (intraoperative Cholangiographie zur Kontrolle der Steinfreiheit, auch Chol-
angioskopie möglich, direkter Choledochusverschluss oder temporäre Ableitung der Galle über
T-Drainage, vor Entfernung Röntgenkontrolle) Bei Residual- oder Rezidivsteinen Entfernung
durch ERCP nach Papillotomie

Gallen- 4 Symptomatik: beschwerdefrei in frühen Stadien, dann Symptomatik einer chronischen Chole-
blasen- zystitis (Verschleierung!), B-Symptomatik, Ikterus, Schmerz und palpable Resistenz sind Spät-
karzinom symptome
4 Diagnostik: Sonographie, Biopsie (umstritten, Gefahr der Zellverschleppung), CT (Staging), MRT
4 Therapie: Je nach Stadium Cholezystektomie, Lymphknotendissektion (regional), Leberkeilresek-
tion (Sicherheitsabstand 3 cm), Bisegmentektomie (IVa, V), Hemihepatektomie bis hin zur erwei-
terten Hemihepatektomie, auch in fortgeschrittenen Stadien (N1, T3,T4). Palliativ: Stenting, Um-
gehungsoperationen

Cholangi- 4 Symptomatik: hochakutes Krankheitsbild mit hohem Fieber, Ikterus, rechtsseitigem Oberbauch-
tis schmerz
4 Diagnostik: Leukozytose, CRP-Anstieg, Hyperbilirubinämie und Transaminasen- und alkalische
Phosphatasenanstieg; sonographisch: Gallenstau und evtl. Steine; ERCP, selten PTC
4 Therapie: Antibiose, Intensivtherapie, fast immer kausale Therapie durch Steinextraktion (ERCP,
PTCD), seltener offene Choledochotomie oder/und biliodigestive Anastomose (Hepatikojejunos-
tomie)

Chole- 4 Symptomatik: ähnlich der Cholezystolithiasis, zusätzlich Zeichen eines Verschlussikterus: Skleren-
docho-/ und Hautikterus, acholischer Stuhl, bierbrauner Urin, Pruritus (Bilirubin >5 mg/dl), dumpfe oder
Hepatiko- auch kolikartige Oberbauchdauerschmerzen. Cholangitis, Begleitpankreatitis
lithiasis 4 Diagnostik:
– Labor: erhöhtes konjugiertes Bilirubin, erhöhte γ-GT und alkalische Phosphatase, Lipase- bzw.
Amylaseanstieg bei Begleitpankreatitis
– Röntgen-Abdomen: Aerobilie, Konkremente
– Ultraschall: Schallschatten, Stau der intra- und extrahepatischen Gallenwege (Messung des
Durchmessers)
– Endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP): Endoskopische Sondierung
der Papilla Vateri und retrograde Darstellung der Gallen- und Pankreasgangsysteme mit
Kontrastmittel, häufig in Kombination mit der Steinextraktion (Papillotomie, Fangkorb-/Fass-
zange)
– Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC), nicht selten in Kombination mit Drainage
(PTCD): Punktion der intrahepatischen Gallenwege und Drainage nur bei erweiterten intra-
hepatischen Gallenwegen, Misserfolg der ERCP, besonders bei Stenosen der Gallenwege,
z. B. durch Läsion bei Cholezystektomie
– MRCP bei Misserfolg der ERCP oder bei Wunsch nach einem nicht-invasivem Verfahren sinnvoll
– CT, MRT nur bei Tumorverdacht zur Darstellung der Ausdehnung
4 Therapie: chirurgisches Vorgehen indiziert bei gleichzeitiger Cholezystektomie (auch laparosko-
pisch möglich): nach Kocherscher Mobilisation des Duodenums folgt die Choledochotomie und
Steinextraktion. Es sind zudem intraoperative Cholangiographie zur Kontrolle der Steinfreiheit,
auch Cholangioskopie möglich. Ebenfalls infrage kommt der direkte Choledochusverschluss
oder die temporäre Ableitung der Galle über T-Drainage (vor Entfernung Röntgenkontrolle).
Residual- oder Rezidivsteinen sollten durch ERCP nach Papillotomie entfernt werden
6
112 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Gallen- 4 Symptomatik: Courvosier-Zeichen, Verschlussikterus, allgemeine Tumorzeichen, Fieber mit


wegskar- Schüttelfrost, Schmerzlosigkeit, Aszites
zinom 4 Diagnostik: Anstieg von γ-GT, AP, bei Sitz im distalen Drittel auch Amylase, CEA, CA19-9, Sono-
graphie, ERCP, PTC, Biopsie, MRCP, MRT, CT- und MRT-Angiographie
4 Therapie: kurativ: chirurgisch; Vorgehen richtet sich nach Lokalisation des Tumors. Palliativ:
Hepatiko- oder Hepatikojejunostomie, bei Magenausgangs- bzw. Duodenalstenose Gastro-
enterostomie, Gallengangsstent, PTCD

1.7.13 Pankreas (Bauchspeicheldrüse) bildungen, nämlich das Pankreas divisum: Der kräftige
Gang der ventralen Anlage mündet gemeinsam mit dem
Anatomie und (Patho-)Physiologie Gallengang an typischer Stelle, der lange, schmale Gang
(. Abb. 1.36 und 1.37) der dorsalen Anlage mündet isoliert ca. 2 cm kranial ins
Das Pankreas gliedert sich in Kopf, Hals, Körper und Duodenum (Papilla minor). Eine Papillenstenose kann zu
Schwanz. Es liegt retroperitoneal, ist atemverschieblich in einer chronischen Pankreatitis führen. Pankreas anulare
Höhe von L1 bis Th12 und ist ca. 15–30 cm lang. Es wird bezeichnet eine Stenose des Duodenums durch zwingen-
vom Lig. gastrocolicum und Magen bedeckt; blickt man förmig umgreifendes Pankreasgewebe. Ein ektopes Pan-
hinter diese beiden Strukturen, sieht man auf die Pankreas- kreas findet sich am häufigsten im Magen oder Duodenal-
vorderwand, die noch von dem dorsalen Blatt des Omen- wand, seltener im Mesenterium, Kolon, Gallenblase, Ap-
tum majus bedeckt ist. Der Pankreaskopf schmiegt sich in pendix oder Meckel-Divertikel und ist oft symptomatisch,
die Krümmung des Duodenums ein. z. B. Duodenalstenose.
Die Blutversorgung erfolgt aus dem Truncus coeliacus
und der A. mesenterica superior über Äste der Aä. Gastro- Entzündliche Erkrankungen des Pankreas
duodenalis, hepatica, lienalis. Der venöse Abfluss findet Akute Pankreatitis
über die V. mesenterica superior, V. lienalis und V. porta Definition. Akute, oft fulminate (fokal – global) Ent-
statt, alle Venen drainieren hauptsächlich in die Pfortader, zündung mit Selbstandauung des Organs. Einteilung:
wichtigste Lymphknotenstationen liegen im Bereich des Nach pathomorphologischen Kriterien (Klinik, Labor,
Truncus coeliacis, der Mesenterialwurzel und paraaortal. CT/US) unterscheidet man eine leichte ödematöse von
Vom Organ werden täglich 1,5–2 l eines elektroly- einer schweren hämorrhagischen nekrotisierenden
treichen, alkalischen Sekrets produziert, in dem 5–20 g Form (Mainzer Klassifikation).
Proteine (Enzyme) gelöst sind, die von den Azinuszellen
produziert werden: Ätiopathogenese. Ursächlich sind Gallensteinleiden
4 Trypsin: Das Schlüsselenzym der Proteolyse wird als (50%), Alkoholabusus (30%), selten andere Ursachen
Trypsinogen sezerniert und aktiviert viele Proenzyme wie Hyperparathyreoidismus, -lipidämie, immunolo-
(Chymotrypsin, Kallikreinogen, Proelastase, Phophos- gische Faktoren (Lupus erythemotodes), hormonelle
pholipase A2 usw.). Einflüsse (Graviditas), Virusinfektionen, stumpfes
4 Lipase: Hydrolisiert Triglyzeride in freie Fettsäuren und Bauchtrauma, iatrogene Faktoren (ERCP, Oberbauch-
Monoglyzeride. operationen) und parasitäre Erkrankungen (Spul-
4 Amylase: Spaltet Stärke und macht so die Maltasen würmer).
und Glukosidasen wirksam.
Epidemiologie. 10–25 Fälle/100.000 Einwohner/Jahr.
Die Langerhans-Inselzellen enthalten verschiedene hor-
monproduzierende Zellgruppen: A-Zellen produzieren Symptomatik. Typisch ist der plötzliche Beginn mit
Glukagon, B-Zellen Inuslin, D-Zellen Somatostatin und PP- gürtelförmigen, stärksten, dumpfen Oberbauch- be-
Zellen pankreatische Polypeptide. sonders Rückenschmerzen; häufig von Erbrechen und
Übelkeit begleitet. Der Bauch ist prall gespannt (»Gum-
Embryologie und Fehlbildungen. Frühembryonal ver- mibauch«). Im Verlauf können sich Subileus bis Ileus,
schmelzen ventrales und dorsales Pankreas zum reifen Or- Aszites, Fieber, Luftnot (symatischer Pleuraerguss
gan; erfolgt dies inkomplett, entstehen angeborene Fehl- links) bis zum septischen oder Volumenmangelschock
6 entwickeln.
1.7 · Viszeralchirurgie
113 1

. Abb. 1.36. Arterielle Versorgung des Pankreas. (Aus Lanz-Wachsmuth 2004)

. Abb. 1.37. Oberbauch CT: Höhe in etwa linkes Nierenhilum. Darstellung von Pankreaskopf, -körper und -schwanz. (Aus Lanz-
Wachsmuth 2004)

Diagnostik. Vorgeschichte: Diätfehler, starker Alkohol- anteile) darstellbar. ERCP (. Abb. 1.38): therapeutischer
genuss, Gallensteinleiden, Palpation eines Gummi- (Not-)Einsatz bei Gallestau durch impaktierten Papil-
bauchs, sehr schmerzhaft. Sonographisch gelingt die lenstein und/oder Mikrolithiasis mit gleichzeitiger
Pankreasdarstellung kaum, aber es können die intra- Sphinkterotomie (EST) und Steinentfernung.
und extrahepatischen Gallenwege beurteilt und freie
Flüssigkeit im Bauch festgestellt werden. Röntgen-Tho- Therapie. Die Behandlung muss stationär und intensiv-
rax/Abdomen: Ileus, Pleuraerguss links > rechts. Labor- medizinisch erfolgen; idealerweise in einem Team von
chemisch finden sich erhöhte Werte für Amylase und Viszeralchirurgen und Gastroenterologen (7 Innere Me-
Lipase (über das 3-fache der Norm) in Serum und Urin. dizin, Kap. 5.4.1). Konservativ: Standardvorgehen mit
Im CT sind Nekrosen (= minder perfundierte Organ- großzügiger Flüssigkeit- und Elektrolytsubstitution
114 Kapitel 1 · Chirurgie

Ein operatives Vorgehen ist selten, nur bei bahn-


1 brechender Befundverschlechterung, nötig (z. B. Peri-
tonismus, akute Blutung durch Gefäßarrosion, protra-
hierte Sepsis mit Multiorganversagen). Hier sind Ne-
krosektomie, ausgiebige Lavage und Drainage der
Bursa omentalis, danach oft Relaparotomien (Etappen-
lavage) oder das »open package« erforderlich. Ziel ist
die Beseitigung von toxischer Flüssigkeit und aller Ne-
krosen. Ggf. müssen Pankreaspseudozysten (Pigtail-
Drain) beseitigt werden.

> Nicht das Ausmaß der Pankreasnekrosen, sondern


lokale und systemische, insbesondere infektiöse
Komplikationen, wie z. B. ein progredientes Nieren-
und Multiorganversagen trotz Ausschöpfung aller
konservativen intensivmedizinischen Maßnahmen,
stellen eine Indikation zur Operation dar.

Prognose. Bewährt hat sich zur Beurteilung der Prog-


. Abb. 1.38. ERCP: Endoskopische retrograde Cholangio- nose der Ranson-Index (. Tab. 1.30). Nach ihm
pankreatikographie. (Aus Lanz-Wachsmuth 2004) schwankt die Letalität der akuten Pankreatitis zwischen
<1% (weniger als 2 Faktoren positiv) und 100% (mehr
(Vollelektrolyte: kolloide im Verhältnis 2:1), Schmerz- als 7 Faktoren positiv).
bekämpfung (Analgetika, Periduralkatheter, Magen-
schutz, Antikoagulation, Nulldiät, systemische breite Chronische Pankreatitis
Antibiose (z. B. Ciprofloxacin und Metronidazol), In- Definition. Persistierende, progrediente chronische
sulingabe. Ggf. ist die ERCP zur Beseitigung der Ursa- Entzündung mit irreversibler Panrenchymzerstörung
che mit EPT indiziert. (Fibrose, Verkalkung).

. Tab. 1.30. Ranson-Index (Beurteilung der Prognose der akuten Pankreatitis)

Parameter Biliäre Pankreatitis Alkoholinduzierte Pankreatitis

Bei stationärer Aufnahme

Alter >70 Jahre >55 Jahre

Leukozyten >18.000 >16.000

Blutzucker >220 mg/dl >200 mg/dl

Laktatdehydrogenase (LDH) >400 U/l >250 U/l

GOT >250 U/l >250 U/l

Nach 48 h

Abfall des Hämatokrits >10% >10%

Anstieg des Blutharnstoff-N >2 mg/dl >5 mg/dl

Serumkalziumabfall <8 mg/dl <8 mg/dl

Sauerstoffpartialdruck <60 mm Hg <60 mm Hg

Basendefizit >5 nmol/l >4 nmol/l

Flüssigkeitsdefizit >4 l >6 l


1.7 · Viszeralchirurgie
115 1

Ätiopathogenese. Zugrunde liegen chronischer Äthylis-


mus (90%), Autoimmun- oder hereditäre Erkrankungen
(z. B. Mukoviszidose), Eiweißmangelernährung in den
Tropen, Medikamente wie Kortison und Thiazide; es gibt
jedoch auch idiopathische chronische Pankreatitiden.
Pathologisch kommt es zu einem zirrhotischen Ge-
websumbau in Schüben rezidivierend über mehrere Jah-
re, daraus resultiert zuerst eine exokrine Insuffizienz
(Malapsorption, -digestion) und später eine endokrine
Insuffizienz (Diabetes mellitus). Die Erkrankung ist ein
Risikofaktor für die Entwicklung eines Pankreastumors.

Epidemiologie. Inzidenz 8–10/100.000 Einwohner/


Jahr, Prävalenz von 25–30/100.000 Einwohner/Jahr.
Steigende Diagnosestellung und damit Inzidenz durch
weite Verbreitung des Ultraschalles.

Symptomatik. Es entwickelt sich ein rezidivierender


starker, postprandialer Schmerz, dumpf bohrend im
Oberbauch, häufig gürtelförmig. Betroffene sind meist
unterernährt und schmerzmittelabhängig. Bei exokrine
Insuffizienz treten dyspetische Beschwerden auf wie
Aufstoßen, Völlegefühl, Meteorismus, Nahrungsunver-
träglichkeiten, voluminöse, übel riechende Fettstühle.
Bei endokriner Insuffizienz kommt es zum latenten
oder manifesten Diabetes mellitus.
. Abb.1.39a, b. Pyloruserhaltende partielle Pankreatikoduo-
denektomie. (Aus Siewert 2006) (7 Farbtafelteil)
Diagnostik. Im Röntgen-Abdomen sind typische grob-
schollige Pankreasverkalkungen nachweisbar. Labor-
chemisch finden sich eine Erhöhung von γ-GT, AP, eröffnung des Pankreasgangs und Seit-zu-Seit-Anas-
Glukose im Serum bzw. pathologische Glukosetole- tomose mit einer Jejunumschlinge nach Roux-Y
ranztest, sowie erhöhtes Stuhlfett und Chymothrypsin, 4 Umgehungsoperation: Ausschaltung der Stenosen
patholog. Pankreozymin-Sekretin-Test (exokrine in Gallengang und Duodenum durch Gastro- und
Funktion). Mittels IERCP lassen sich Stenosen im ter- Cholangio-Jejunostomie
minalen D. choledochus (Röhrenstenose) und im Kopf- 4 Resektion: Pankreaslinksresektion bei Lokalisation
und Korpusbereich des D. pancreaticus mit prästenoti- im Pankreasschwanz, meist duodenumerhaltende
schen Dilationen (»Seenkette«) nachweisen. Pankreaskopfresektion, sehr selten Duodenopan-
kreatektomie nach Kausch-Whipple (Malignitäts-
Therapie. Konservative Maßnahmen sind Entzug endo- verdacht)
gener Noxen, z. B. C2H5OH, Korrektur eines Hyperpara-
thyreoidismus, Schmerzmitteldauergabe, Substitution Prognose hängt vom Krankheitsstadium, vor allem
der Pankreasfermente (Lipase, Kreon) und Gabe von ora- aber vom Patienten (Alkoholabstinenz) ab.
len Antidiabetika und/oder Insulin. Ein chirurgisches
Vorgehen ist indiziert bei Verschlussikterus, Duode- Pankreaszysten
nalstenose, nicht beherrschbaren Schmerzen und Karzi- Definition/Ätiopathogenese. Zysten im Pankreaspar-
nomverdacht (Präkanzerose?). Zur Anwendung kommen enchym, echte epithelausgekleidete Zysten sind selten.
duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion, pyloruser- Häufig sind sog. Pseudozysten ohne Epithelausklei-
haltendepartielleDuodenopankreatektomie(. Abb. 1.39) dung als Defektheilung (Granulationsgewebe) nach
und sehr selten Duodenopankreatektomie nach Kausch- nekrotisierender Pankreatitis (Trauma, Pankreatitis).
Whipple und nur bei berechtigtigem Malignitätsverdacht,
Pankreaslinksresektion, Drainageoperationen: Symptomatik. Es zeigt sich ein unspezifischer Oberbauch-
4 Drainageoperation: bei mehreren Stenosen des druck mit -vorwölbung, größere Zysten sind tastbar und
D. pancreaticusmitprästenotischerDilatation:Längs- symptomatisch (verursachen Magenausgangsstenose).
116 Kapitel 1 · Chirurgie

Komplikationen. Einblutungen bis zum Blutungs- Definition. Diese bösartigen Neubildung werden meist
1 schock, septische Fieberschübe bei bakterieller Konta- spät erkannt und unterliegen einer schlechten Progno-
mination, selten Entartung (Zystadenokarzinom). se. Histologisch unterscheidet man Adeno-, Platten-
epithel-, Zystadeno-, und Azinuszellkarzinome, Sar-
Diagnostik. Sonographie und CT. kome, maligne endokrine Tumoren und Metastasen.
Die Klassifikation erfolgt nach dem TNM-System
Therapie. Nur bei großen (>4 cm) symptomatischen (. Tab. 1.31). Das periampulläre Karzinom wird oft ge-
Zysten ist eine US- oder CT-gezielte Drainage (Pigtail) meinsam mit dem häufigen Pankreaskopfkarzinom
nötig; hinzukommen ggf. Antibiose, Spülung, bei Kom- eingruppiert.
plikationen Drainageoperation in Magen, Duodenum
oder Jejunum, z. B. Zystojejunostomie nach Roux-Y ! Cave
mit dauerhafter Ableitung des Zysteninhaltes. Ggf. sind Zu 85% liegt ein duktales Adenokarzinom vor; zu 2/3
auch selten Pankreasresektionen indiziert. liegt es im Pankreaskopf.

Verletzungen Ätiopathogenese. Alterserkrankung, Risikofaktoren:


! Cave Rauchen, fettreiche Ernährnung, chronische Pankreati-
Verletzungen des Pankreas sind fast immer lebens- tis, Umweltfaktoren.
bedrohlich. Ihr Ausgang hängt vom Schweregrad
ab. Epidemiologie. Das Pankreaskarzinom ist der dritthäu-
figste Tumor des Verdauungstraktes, der Häufigkeits-
Definition. Verletzungen des Pankreas werden in 4 gipfel liegt in der 5. bis 6. Lebensdekade. 10–20/100.000
Schweregrade eingeteilt: Einwohner/Jahr. Männer sind doppelt so häufig betrof-
4 Stadium I: Kontusion, intakte Pankreaskapsel fen wie Frauen.
4 Stadium II: oberflächlicher Kapsel- und Paren-
chymeinriss Symptomatik. Symptome zeigen sich meist spät und
4 Stadium III: tiefer Parenchymeinriss ohne Gang- sind uncharakteristisch wegen der retroperitonealen
verletzung Lage des Organs; es kommt zu Appetitlosigkeit, Leis-
4 Stadium IV: Panrenchym- und Gangruptur

Ätiopathogenese. Ursache ist meist ein stumpfes


. Tab.1.31. Stadieneinteilung der Pankreaskarzinome
Bauchtrauma, selten durch Messer oder Schuss (Sturz
(UICC)
auf Fahrradlenker ist typisch!).
Stadium T N M
Diagnostik. Laborchemisch finden sich erhöhte
Stadium IA T1 N0 M0
Amylasewerte im Serum, im ERCP sind Pankreas-
gangverletzung bzw.-abbruch, im CT Perfusionsaus- Stadium IB T2 N0 M0
fälle als Ausdruck von Parenchymrupturen nachweis-
Stadium IIA T3 N0 M0
bar.
Stadium IIB T 1,2,3 N1 M0
Therapie. Je nach Stadium ist fast immer ein chirurgi-
scher Eingriff notwendig. Stadium I, II und III werden Stadium III T4 Jedes N M0
durch Naht und Drainage versorgt, im Stadium IV er- Stadium IV Jedes T Jedes N M1
folgen eine Linksresektion bei Drüsenruptur (häufig
über der Wirbelsäule), Duodenopankreatektomie bei T1 = Tumor <2 cm auf das Pankreas begrenzt, T2 = Tu-
komplizierter Ruptur. mor >2 cm auf das Pankreas begrenzt, T3 = Infiltration
jenseits des Pankreas, T4= Infiltration von großen Gefä-
Pankreastumoren/Pankreaskarzinom ßen (Truncus coeliacus, A. mesenterica sup.)
N0 = keine Lymphknotenmetastasen, N1 = regionale
Gutartige Tumoren des Pankreas sind selten. Sie stellen Lymphknotenmetastasen (N1a = 1 LK, N1b = >1 LK be-
insofern eine Operationsindikation dar, da die Dignität fallen)
u. U. von Seiten der Bildgebung unklar ist und sich nach M0 = keine Fernmetastasen, M1 = Fernmetastasen (z. B.
vielfacher Expertenmeinung Gewebegewinnungen bei Leber, Peritonealkarzinose, Befall tumorferner Lymph-
Malignitätsverdacht verbieten (wird noch kontrovers knoten)
diskutiert!).
1.7 · Viszeralchirurgie
117 1

tungsknick, Gewichtsverlust, latentem Oberbauch- 4 Pankreaslinksresektion (inkl. Milz) und subtotale


schmerz, schmerzlosem Ikterus (Courvoisier-Zeichen, Resektion des Pankreas bei Tumoren im Schwanz
seltener bohrende Rückenschmerzen (retropankreati- und Korpusbereich
sche Infiltration). 4 Radikale En-bloc-Resektion des Pankreas rechts-
seitig, Duodenum, distalen Magens, distaler extra-
Diagnostik. Die Entdeckung eines Frühkarzinoms hepatischer Gallenwege und Gallenblase sowie re-
(T1N0M0) ist zufällig, sonographisch lässt sich evtl. bei gionaler Lymphknotendissektion. Anschließend
einem Ikterus dessen Ursache feststellen; Courvoisier- erfolgt die Rekonstruktion mit z. B. Pankreatiko-
Zeichen, Gallensteine, Metastasenleber. ERCP ist bei jejunostomie (z. B. Blumgart-Anastomose), Cho-
Verschlussikterus immer indiziert: dabei sind evtl. ein ledochojejunostomie, Gastroenterostomie mit
Papillenkarzinom oder eine Duodenalinfiltration nach- Braunscher Enteroanastomose
weisbar, zudem ist eine Biopsie möglich. Indirekte Zei-
chen sind »double duct sign«, Gangabbruch bzw. hoch- Bei der pyloruserhaltenden Pankreatoduodenektomie
gradige Stenose. werden distaler Magen und Pylorus erhalten. Vorteile
Im (Spiral-)CT zeigen sich tumoröse Raumforde- sind kürzere Operationsdauer, geringere Letalität, bes-
rung und Beziehung zu den Umgebungsstrukturen sere postoperative Intestinum-Physiologie. Onkolo-
(Gefäßinfiltration, vergrößerte Lymphknoten, Organ- gisch unbedenklich ist dieses Vorgehen bei Pankreas-
überschreitung, Lebermetastasen. Mittels EUS (endo- kopf- und periampullärem Karzinom.
skopischer Ultraschallaufnahme) lassen sich Größe, Komplikationen nach chirurgischen Eingriff sind
Lokalisation, Infiltration, Lymphknotenbefall und Ge- die hohe Letalität (heute jedoch ca. 5%), postoperative
fäßinfiltration bestimmen. Per MRT lassen sich der Anastomoseninsuffizienz, Galle-/Pankreasfisteln, Ab-
Weichteilbefund (Tumorlokalisation, -größe) und Me- szesse, postoperativer Diabetes, Maldigestion durch
tastasierung (Leber, Lymphknoten) darstellen. In der exokrine Pankreasinsuffizienz, Magenentleerungsstö-
MR-Angiographie gelingt die Gefäßdarstellung mit rungen.
eventueller Verlagerung, Kompression oder Ver- Die gute Wirksamkeit einer adjuvanten Chemo-
schluss. therapie konnte bisher keine der zahlreichen Studien
Unbedingt präoperativ durchzuführen ist eine eindeutig beweisen; infrage kommt die systemische
MRCP (7 ERCP). Eine Punktionszytologie ist nur bei oder regionale Applikation von Mitoxantron, 5-FU,
positiven Befund verwertbar und wird von den meisten Cisplatin, Folinsäure, über den Truncus coeliacus.
Chirurgen wegen möglicher Tumorzellverschleppung Palliative Verfahren bei Verschlussikterus sind
(nicht nachgewiesen) abgelehnt. Laborchemisch sind endoskopische transpapilläre Choledochusdrainage,
Lipase, Amylase, yGT, Bilirubin, CEA, CA19-9 erhöht bei Magenausgangsstenose Hepatiko- und Gastrojeju-
bzw. nachweisbar. nostomie sowie verschiedene Bypass-Verfahren. Wich-
tig ist die permanente Schmerztherapie, u. a. mit hoch-
Therapie. Die Indikation zum chirurgischen Eingriff prozentiger Alkoholinjektion in den Plexus coeliacus,
besteht bei Verdacht auf Tumor gleich welcher Dignität, außerdem Chemotherapie (Gemcitabine, 5-FU mit
bei Ikterus dringlich und vor Stenteinlage; zuvor Aus- Folinsäure).
schluss von Fernmetastasen (Leber, Bauchfell u. a.), In- In manchen Studien wird von einer Verlängerung
filtration großer Gefäße (z. B. V. portae, A. mesenterica der Überlebenszeit im Bereich von Wochen bis Mona-
superior), Einbruch in das Retroperitoneum. ten bei adjuvanter Bestrahlung berichtet, die intraope-
rative Bestrahlung wird untersucht. Schmerztherapeu-
> Die Operationsindikation besteht auch ohne Vorlie- tisch kann die Bestrahlung indiziert sein.
gen eines Punktionsergebnisses und bei Vorliegen
eines Punktionsergebnisses mit benignem Befund Prognose. Bei 2/3 aller Patienten liegt bereits ein
(Fehlermöglichkeit). N1-Befall vor. Natürlich verlaufend versterben Patien-
ten mit symptomatischen Pankreaskarzinom 1–2 Mo-
Mögliche Operationsverfahren sind: nate später. Ohne Operation, aber mit palliativer Be-
4 Watson-Traverso: pyloruserhaltende (partielle) handlung beträgt die mediane Überlebenszeit 3–6 Mo-
Duodenopankreatektomie (meistens möglich und nate. Etwa 30% sind resektabel, nach Resektion über
risikoarm) alle Stadien überleben die Patienten 8–14 Monate, nach
4 Bei Infiltration von Pylorus und oralem Duode- R0-Resektion 10–22 Monate, in Einzelfällen ist ein
num Kausch-Whipple-Duodenopankreatektomie Langzeitüberleben >5 Jahre möglich. Dies rechtfertigt
(mit Resektion des distalen Magens) die Inkaufnahme der Operationsletalität von etwa 5%.
118 Kapitel 1 · Chirurgie

Das Pankreaskarzinom hat von allen Malignomen Die Prognose des periampullären Karzinoms ist
1 die schlechte 5-Jahres-Überlebensrate (5% für alle Pati- günstiger als die des Pankreaskopfkarzinoms, es ist
enten und 30% bei R0-Resektion. Deswegen sollte auch auch zu 80% resektabel versus 30% beim Pankreaskopf-
– wenn möglich – auch die R1-Resektion angestrebt karzinom.
werden.

In Kürze

Pankreaserkrankungen

Pankreas- 4 Symptomatik: akutes Abdomen


verletzung 4 Diagnostik: erhöhte Amylasewerte im Serum, ERCP: Pankreasgangverletzung bzw. -abbruch,
CT
4 Therapie: je nach Stadium fast immer chirurgisch, Stadium I, II, III werden durch Naht und
Drainage versorgt, im Stadium IV Linksresektion bei Drüsenruptur (häufig über der Wirbel-
säule), Duodenopankreatektomie bei komplizierter Ruptur von Pankreaskopf und Duodenum

Akute 4 Symptomatik: plötzliche gürtelförmige, starke Oberbauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit.


Pankreatitis Prall gespannter Bauch, Subileus, Ileus, Aszites, Fieber, Luftnot, septischer oder Volumenman-
gelschock
4 Diagnostik: Sonographie, Röntgen-Thorax/Abdomen, Labor: Amylase und Lipase (über das
3-fache der Norm) in Serum und Urin erhöht, CT: Nekrosen, ERCP
4 Therapie: stationär, ggf. intensivmedizinisch
– Konservativ: Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution, Analgetika, ggf. PDK, Magenschutz,
Antikoagulation, Nulldiät (parenterale Ernährung), breite Antibiose, Insulingabe. Ggf. ERCP
zur Beseitigung der Ursache mit EPT und Sphinkterotomie (EST)
– Operativ: selten, nur bei Befundverschlechterung: Nekrosektomie, Lavage und Drainage
der Bursa omentalis, Relaparotomien (Etappenlavage) oder »open package« erforderlich.
Ggf. Beseitigung von Pankreaspseudozysten

Chronische 4 Symptomatik: rezidivierender starker, postprandialer Schmerz, dumpf bohrend im Ober-


Pankreatitis bauch, häufig gürtelförmig, Betroffene sind meist unterernährt und schmerzmittelabhängig.
Symptome infolge exokriner Insuffizienz (gastrointestinale Beschwerden) und endokriner In-
suffizienz (latenter oder manifester Diabetes mellitus)
4 Diagnostik: Röntgen-Abdomen: typische grobschollige Pankreasverkalkungen; Labor: Erhö-
hung von γ-GT, AP, erhöhte Glukose im Serum bzw. pathologischer Glukosetoleranztest, er-
höhtes Stuhlfett und Chymotrypsin, pathologischer Pankreozymin-Sekretin-Test (exokrine
Funktion). ERCP: Stenosen im terminalen D. choledochus (Röhrenstenose) und im Kopf- und
Korpusbereich des D. pancreaticus mit prästenotischen Dilationen (» Seenkette«)
4 Therapie:
– Konservativ: Entzug endogener Noxen, Korrektur eines Hyperparathyreoidismus, Schmerz-
mitteldauergabe, Substitution der Pankreasfermente (Lipase, Kreon) und Gabe von oralen
Antidiabetika und/oder Insulin.
– Chirurgisch: bei Verschlussikterus, Duodenalstenose, nicht beherrschbaren Schmerzen und
Karzinomverdacht (Präkanzerose?): duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion, pylorus-
erhaltende partielle Duodeno-Pankreatikoduodenektomie, Whipple (selten), Pankreaslinks-
resektion, Drainageoperationen. Weitere Option ist eine Umgehungsoperation

6
1.7 · Viszeralchirurgie
119 1

Pankreas- 4 Symptomatik: meist spät und uncharakteristisch wegen der retroperitonealen Lage: Appetit-
karzinom losigkeit, Leistungsknick, Gewichtsverlust, latenter Oberbauchschmerz, schmerzloser Ikterus
(Courvoisier-Zeichen, seltener bohrende Rückenschmerzen)
4 Diagnostik: Frühkarzinom ist meist sonographischer Zufallsbefund; ERCP, (Spiral-)CT, EUS,
MRT, MR-Angiographie, unbedingt präoperativ MRCP; Labor: Lipase, Amylase, y-GT, Bilirubin,
CEA, CA-19-9
4 Therapie: pyloruserhaltende (partielle) Duodenopankreatektomie, Kausch-Whipple-Duode-
nopankreatektomie, Pankreaslinksresektion (inkl. Milz), subtotale Resektion des Pankreas bei
Tumoren im Schwanz und Korpusbereich. Radikale regionale Lymphknotendissektion, Rekon-
struktion mit z. B. Pankreatikujejunostomie (z. B. Blumgart-Anastomose), Choledochojejunos-
tomie, Gastroenterostomie mit Braunscher Enteroanastomose. Adjuvante Chemotherapie.
Palliativ: endoskopische transpapilläre Choledochusdrainage, Hepatiko-/Gastrojejunostomie,
versch. Bypass-Verfahren. Schmerztherapie: Chemotherapie, Bestrahlung

1.7.14 Hernien Therapie. Man kann versuchen, eine inkarzerierte Her-


nie digital manuell zu reponieren (ggf. in Narkose). Dies
Definition/Ätiopathogenese. Die Hernie stellt einen gelingt nicht immer. Zudem besteht die Gefahr einer
temporären oder permanenten Durchbruch von pari- Pseudoreposition (auch Reposition en bloc), d. h. die
etalem Peritoneum, ggf. Fett und Darmanteilen, durch Vorwölbung ist an der Körperoberfläche zwar ver-
anatomisch (präformierte) oder andere Lücken der schwunden, der Darm jedoch ist in tieferen Schichten
Bauchwand dar. Hernien treten an physiologischen noch immer durchblutungsgestört. Daher ist die sofor-
Schwachstellen (Leistenkanal, Nabellücke, Schenkel- tige chirurgische Reposition meist indiziert, einzig er-
region) oder nach Distension des Narbengewebes folgsversprechend und die einzig kausale Behandlung.
nach Abdominaleingriffen (Narbenbruch) oder bei
hohem Übergewicht, schlaffer Bauchdecke (Hernia ! Cave
ventralis) und andere Ursachen auf (symptomatische Bei Hernien, insbesondere im Frühstadium, besteht
Hernie). Inkarzerationsgefahr; eine inkarzerierte Hernie ist ein
4 Bruchpforte: Durchtrittslücke der Hernie chirurgischer Notfall.
4 Bruch bzw. Bruchinhalt: parietales Peritoneum,
Flüssigkeit, Fettgewebe, Dünndarm In der Therapie erlangt heute die Implantation von
4 Bruchsack: Peritonealsack, der den Bruchinhalt Kunststoffnetzen aufgrund der drastisch geringeren
umgibt Rezidivrate immer mehr größere Bedeutung.
4 Inkarzerierte Hernie: Einklemmung von Darman-
teilen, Omentum majus mit Perfusionsstörung »Symptomatische Hernie«
4 Spontane Reposition: Zurückweichen des Bruches Unter diesem Begriff versteht man das begleitende Auftre-
in Rückenlage, auf Druck von außen ten einer Hernie, die ursächlich z. B. auf eine intraabdomi-
nelle Druckerhöhung zurückzuführen ist: Aszites, stenosie-
Epidemiologie. Herniationen (»Brüche«) der Bauch- render Dickdarmtumor, Daueropiattherapie, Prostatahy-
wand gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern der perplasie u. v. a. Hier gilt es, chronisch obstipierende
Viszeralchirurgie. Ihr Anteil am gesamtchirurgischen Ursachen, z. B. ein Malignom, auszuschließen.
Patientengut beträgt bis zu 20%. In Deutschland wer-
den etwa 250.000 Hernienoperationen jährlich durch-
geführt. Männer sind 6- bis 8-mal häufiger betroffen als Hernia inguinalis (direkte und indirekte
Frauen. Leistenhernie, Skrotalhernie)
Anatomie
Symptomatik. Hauptgefahr der Hernien stellt die In- Durch den Leistenkanal, der von Muskelaponeurosen
karzeration mit Folge der Durchblutungsstörung von (M. obliquus externus abdominis, M. obliquus internus ab-
v. a. Darm dar. Dies äußert sich in heftigem Dauer- dominis, M. transversus abdominis) begrenzt wird, zieht
schmerz ohne Besserung in Rückenlage, Ileussympto- beim Mann der Samenstrang, bei der Frau das rudimentäre
matik, später Peritonitiszeichen. Lig. rotundum.
120 Kapitel 1 · Chirurgie

Definition/Ätiopathogenese. Man unterscheidet die Dopplung der Fascia transversalis. Anwendung


1 laterale von der medialen Leistenhernie: bei noch im Wachstum befindlichen Kindern
4 Laterale, indirekte Leistenhernie: lateral der epi- und bei Frauen im gebärfähigen Alter.
gastrischen Gefäße gelegen, Wanderung entlang 5 Lichtenstein: Einnaht eines Kunststoffnetzes
des Leistenkanals, parallel zum Samenstrang. Beim zwischen Lig. inguinale und M. obliquus inter-
Mann ist der Übergang in Skrotalhernie möglich nus abdominis. Durch eine Lücke tritt der Sa-
bei Durchtritt durch den äußeren Leistenring und menstrang beim Mann hindurch. Erheblich
Wanderung in Richtung Skrotum. geringere Rezidivrate (<2%).
4 Mediale, direkte Leistenhernie: medial der epigas- 4 Posteriore Verfahren
trischen Gefäße gelegen. Der Bruch gelangt von 5 TEP: Total extraperitoneale Leistenhernienre-
innen durch das sog. Hesselbach-Dreieck nach au- paration mit Netzimplantation. Eingehen mit
ßen direkt durch die Bauchwand in Richtung äuße- dem Endoskop im Nabelbereich und Präpara-
rer Leistenring. tion hinab in die Leistenregion. Einlage eines
Netzes und Desufflation.
Epidemiologie. Zu 90% sind Männer betroffen. 5 TAPP: Laparoskopie. Eröffnen des Peritone-
ums der Leistenregion, Fixationen eines Netzes,
Symptomatik. Anamnestisch berichten Patienten über anschließend Peritonealverschluss.
intermittierendes oder permanentes Brennen, Ziehen,
Druckgefühl, Stechen, Schmerz in der Leistenregion, Leistenhernienoperationen werden vielfach bereits am-
Stuhlgangsveränderungen (Wechsel Obstipation/Diar- bulant, anteriore Verfahren auch in Lokalanästhesie
rhö). Typischerweise verstärken sich die Beschwerden durchgeführt. Konservative Therapieformen (Bruch-
bei körperlicher Belastung und werden durch Rücken- band) können nur bei hochbetagten, multimorbiden
lage/Ruhe gelindert. Patienten verantwortet werden.

Diagnostik. Inspektion (Asymmetrie, Vorwölbung) und > Bei allen Verfahren muss über das Risiko der Verlet-
Palpation (äußerer Leistenring, Druckschmerz, Hus- zung von Samenstrang (Hodendurchblutung, Fertili-
ten/Pressanprall, Hernie) sind entscheidend. Zudem tät) und Nachbarstrukturen (V. femoralis, intraabdo-
kommt die Diaphanoskopie des Skrotums (Differenzial- minelle Organe) aufgeklärt werden.
diagnose Hydrozele) zur Anwendung; eine Sonographie
kann hilfreich sein. Differenzialdiagnostisch sind Hernia umbilicalis (Nabelhernie)
Koxarthrose gleichseitig, radikuläre Schmerzen (LWS), Definition/Ätiopathogenese. Vorwölbung von parieta-
Insertionstendopathie (Adduktoren), traumatische lem Peritoneum, Fettgewebe und Dünndarm durch die
Muskel-Sehnen-Verletzungen, gynäkologische Erkran- Nabellücke.
kungen, rechtsseitig eine Appendicitis acuta, linksseitig
eine Sigmadivertikulitis auszuschließen. Symptomatik. Die Erkrankung kann asymptomatisch
bis hin zum akuten Abdomen bei Einklemmung (In-
! Cave karzeration) verlaufen.
Die Diagnose Leistenhernie wird klinisch gestellt.
Diagnostik. Sonographie. Differenzialdiagnostisch ist
Therapie. Man unterscheidet anteriore von posterioren eine epigastrische Hernie abzugrenzen.
Verfahren. Die verwendeten Implantate bestehen aus
Kunststoff, teilweise resorbierbar. Nachteile der anteri- Therapie. Es werden unterschieden einfache adaptie-
oren Verfahren sind insbesondere die hohe Rezidivrate rende Verfahren (z. B. Majo-Plastik), mediane Zugänge
von bis zu 5–10%. Sie finden noch bei Kindern und in Sublay-Technik (Lage des Netzes zwischen parieta-
jungen Menschen, insbesondere bei Frauen im gebärfä- lem Peritoneum und dorsaler Rektusscheide), Onlay-
higen Alter (ohne Netzimplantation) Anwendung. Vor- Technik (Lage zwischen Faszie und ventralem Blatt
teil der posterioren Verfahren ist die geringe Rezidivra- der Rektusscheide) und laparoskopische Verfahren (Im-
te; Nachteile sind: Allgemeinanästhesie bei TEP und plantation des Netzes von intraabdominell auf das
TAPP, potenzielle Verletzung von intrabdominellen Or- parietale Peritoneum).
ganen beim TAPP-Verfahren, Infektionsgefahr. 4 Methode der Wahl bei kleinen und erstmaligen Na-
4 Anteriore Verfahren belbrüchen (Rezidivrate ca. 5%) ist die Hernio-
5 Shouldice: Schnitt über dem Leistenbruch, Ver- tomie und Hernioplastik (Fasziendopplung) nach
stärkung der Leistenkanalhinterwand durch Mayo: kleiner Schnitt unterhalb des Umbilikus.
1.7 · Viszeralchirurgie
121 1

Reposition und Verschluss der Bruchlücke. Dar- Nikotinabusus, Kachexie, Steroidtherapie, Diabetes
über Fasziendopplung. mellitus u. v. a.
4 Verfahren der Wahl bei großen und rezidivieren-
den Nabelbrüchen (Rezidivrate unter 1%) sind der Symptomatik/Diagnostik. Schwellung, lokaler Schmerz,
mediane Schnitt und die Implantion eines Netzes palpaple Lücke. Auskultation von Darmgeräuschen.
in Onlay- oder Sublay-Technik sowie die laparos-
kopische Hernioplastik mit Netzimplantation. Therapie. Implantation von Netzen mit offenem Zu-
gang in Sublay- oder Onlay-Technik (s. oben), laparos-
Rektusdiastase kopische Netzimplantation (s. oben). Rezidivrate bis zu
Als Rektusdiastase bezeichnet man ein Auseinanderwei- 10% (laparoskopisches Hernien-Repair <2%).
chen der geraden Bauchmuskulatur im Bereich der Linea
alba. Selten ist hier eine Operation notwendig/indiziert. Hernia femoralis (Schenkelhernie, Femoralhernie)
Trotz Operation besteht eine hohe Rezidivrate (75% ohne Definition. Bruch durch die Lacuna vasorum unterhalb
Netz, 10% mit Netz). des Leistenbandes.

Hernia epigastrica Epidemiologie. Frauen sind häufiger betroffen.


Definition/Ätiopathogenese. Herniation zwischen Na-
bel und Sternum im medianen Bereich der Linea alba. ! Cave
Bei einer Femoralhernie besteht eine erhöhte Inkar-
Symptomatik. 7 Nabelhernie. zerationsgefahr durch enge Kanäle.

Therapie. 7 Narbenhernie, bei Herniation nahe des Um- Therapie. Manuelle Repositionsversuche bleiben meist
bilikus 7 Nabelhernie. ohne Erfolg. Operative Verfahren sind inguinaler Zu-
gang nach McVay: Fixation der Fascia transversalis und
Narbenhernie des M. obliquus internus an das Lig. pubicum superius
Definition/Epidemiologie. Bruch nach abdominellen Cooperi. Seltener erfolgt der Zugang von krural: Freile-
Voroperationen. Häufig (2–5%); v. a. im ersten post- gen des Bruches unterhalb des Leistenbandes und An-
operativen Jahr. nähen des Ligaments an das Lig. pubicum.

Ätiopathogenese. Prädisponierende Faktoren für eine Komplikationen. Corona mortis = abnorm starke Aus-
Narbenhernie sind: Rezidiveingriffe mit gleichem Zu- bildung der Anastomose zwischen der A. obturatoria
gang, schlechte Adaptation, Adipositas, postoperative (R. pubis und der A. epigatrica inf.; früher wichtige
Wundheilungsstörungen (Infekt, Hämatom, Serom), Ursache für intraoperatives Verbluten).

In Kürze

Hernien

Hernia inguinalis 4 Symptomatik: Schmerzen, Druck, Ziehen, Brennen in der Leistengegend v. a. bei Belas-
tung, Verdauungsprobleme
4 Diagnostik: klinisch (Schmerz, Vorwölbung, Pressversuch), Sonographie, Diaphanoskopie
4 Therapie: anteriore Verfahren: Shouldice, Lichtenstein (mit Netz). Posteriore Verfahren
(TAPP, TEP)

Hernia 4 Symptomatik: Schmerz, Stuhlgangsveränderungen, Vorwölbung


umbilicalis 4 Diagnostik: klinisch: Inspektion, Palpation. Sonographie
4 Therapie: Fasziendopplung nach Majo. Bei großen Hernien und Rezidiven laparoskopi-
sche Netzimplantation

Hernia ventralis 4 Symptomatik: von asymptomatisch bis zur Inkarzeration mit akutem Abdomen
(Narbenhernien, 4 Diagnostik: klinisch, Sonographie
Epigastrische 4 Therapie: offener Zugang und Netzimplantation in Onlay- oder Sublay-Technik), laparos-
Hernien) kopische Netzimplantation
6
122 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Hernia femoralis 4 Symptomatik: Beschwerdeangabe unterhalb des Leistenbandes


4 Diagnostik: klinisch, Sonographie
4 Therapie: inguinaler Zugang nach McVay oder kruraler Zugang

Inkarzerierte 4 Symptomatik: akutes Abdomen


Hernie 4 Diagnostik: Klinisch, Sonographie, Laboruntersuchung.
4 Therapie: Versuch einer digitalen Reposition. Sofortige chirurgische Exploration und Re-
position. Definitive Versorgung

1.7.15 Hydrozele (»Wasserbruch«) 4 Axiale Hiatushernie (Gleithernie): axialer Durch-


tritt von proximalem Magen
Definition. Hydrocele testis sive funiculi. Zyste mit se- 4 Paraösophageale Hiatushernie: Magenanteile lie-
rösem Inhalt im Skrotum (Tunica vaginalis oder Sa- gen parallel zum Ösophagus im Mediastinum
menstrang). 4 Gemischte Hiatushernie: Mischform einer axialen
und paraösophagealen Hernie
Ätiopathogenese. Exsudat durch Abflusshindernis
oder angeboren. Ätiopathogenese. Prädisponierende Faktoren sind
Bindegewebsschwäche, abnorm weiter Hiatus oesopha-
Symptomatik. Meist schmerzlose Schwellung des Skro- geus. Als Komplikationen kann es zu Gastritis, Anämie,
tums. Inkarzeration, Obstruktion oder Ulzera kommen.

Diagnostik. Inspektion, Palpation (prall, elastisch); Di-


aphanoskopie positiv, Sonographie. Differenzialdiag-
nostisch sind Skrotalhernie, Hodenneoplasie, Variko-
zele auszuschließen.

Therapie. Ggf. Zuwarten auf spontane Rückbildung; bei


Erfolglosigkeit ist eine chirurgische Fenestrierung/Re-
sektion indiziert: Zugang von inguinal oder skrotal,
Operation nach von Bergmann oder Winkelmann.

! Cave
Keine Punktion einer Hydrozele: Es besteht Infektge-
fahr und Gefahr der Hodenläsion.

1.7.16 Zwerchfell

Anatomie
Als Bindegewebsmuskel-Platte trennt das Zwerchfell Brust-
und Bauchhöhle. Es gehört zur Atemmuskulatur. Öffnun-
gen erlauben den Durchtritt des Ösophagus (Hiatus oeso-
phageus), der Aorta (Hiatus aorticus) und der V. cava (Fora-
men V. cavae).

Hiatushernie
Definition. Es drängen sich Kardia oder größere Ma-
genanteile durch den Hiatus oesophageus. Man unter- . Abb. 1.40. Verschiedene Formen der Hiatushernie. (Aus
scheidet folgende Formen (. Abb. 1.40): Lanz-Wachsmuth 2004)
1.7 · Viszeralchirurgie
123 1

Epidemiologie. Häufig.

Symptomatik. Dysphagie, Schmerz im Epigastrium,


Sodbrennen.

Diagnostik. Röntgen: Kontrastmittelbreischluck, Endo-


skopie, CT.

Therapie. Die Behandlung erfolgt in Abhängigkeit vom


Beschwerdebild (oft Zufallsbefund!). Infrage kommen:
Fundoplikatio bei axialer Hernie (. Abb. 1.41), Reposi-
tion, Bruchsackresektion und Hiatusverschluss und
Fundopexie bei paraösophagealer und Mischhernie.
Ggf. Netzimplantation.

Andere Zwerchfellhernien
Eine Reihe weiterer Hernien (»extrahiatal«) sind am Zwerch- a
fell zu beobachten: Durchtritt von Dünndarm, Kolon an
Schwachstellen (Morgagni, Bochdalek u. a.). Hier ist eine
Operation nur bei Beschwerden indiziert: Bruchlückenver-
schluss/-raffung/Duplikatur.

Zwerchfellruptur
Ätiopathogenese. Zur Ruptur kann es im Rahmen ei-
nes stumpfen Bauchtraumas, meist (>90%) linksseitig,
kommen. Infolgedessen verlagern sich abdominelle Or-
gane nach thorakal.

Symptomatik. Akutes Abdomen, Dyspnoe.

Diagnostik. Sonographie, konventionelles Röntgen.


b

! Cave . Abb. 1.41a, b. Fundoplikatio. (Aus Siewert 2006) (7 Farb-


Bei nicht rechtzeitiger operativer Versorgung besteht tafelteil)
eine hohe Letalität.

Therapie: Naht, ggf. Unterstützung mit allogenem Ma-


terial (Netzimplantation).

In Kürze

Chirurgie des Zwerchfells

Hernia diaphrag- 4 Symptomatik: Dysphagie, Schmerz im Epigastrium, Sodbrennen


matica 4 Diagnostik: Kontrastmittelbreischluck, Endoskopie, CT
(Hiatushernie) 4 Therapie: Fundoplikatio bei axialer Hernie, Reposition, Bruchsackresektion und Hiatus-
verschluss und Fundopexie bei paraösophagealer und Mischhernie. Ggf. Netzimplan-
tation

Zwerchfellruptur 4 Symptomatik: akutes Abdomen, Dyspnoe


4 Diagnostik: Sonographie, konventionelles Röntgen
4 Therapie: Naht, ggf. Unterstützung mit allogenem Material (Netzimplantation)
124 Kapitel 1 · Chirurgie

1.7.17 Akutes Abdomen, Ileus, Peritonitis


1
Die Besprechung des akuten Abdomens erfolgt bewusst
gegen Ende diesen Abschnittes, da so bereits die ursäch-
lichen Erkrankungen der Organsysteme vorausgesetzt
werden können.

Akutes Abdomen
Definition. Der abstrakte Begriff akutes Abdomen ist
ein Synonym für eine akute Abdominalerkrankung, de-
ren Ursache nachgegangen wird, aber nicht selten erst
nach chirurgischer Exploration gefunden und behoben
werden kann.

Ätiopathogenese. Ursächlich können grundsätzlich


Entzündungen, Hohlorganperforationen, Blutungen,
Ileus und Durchblutungsstörungen in Frage kommen;
hier eine Auswahl (. Abb. 1.42):
4 Akute Cholezystitis, ggf. mit Perforation
4 Akute Appendizitis vermiformis ggf. mit Perfora-
tion
4 Divertikulitis ggf. mit Perforation
4 Ulcus duodeni
4 Bridenileus
4 Mesenterialinfarkt
4 Bauchtrauma (stumpf, penetrierend), ggf. mit
Hohlorganverletzung, Blutung
4 Gynäkologische Erkrankungen: Extrauteringravi- . Abb. 1.42. Häufige Ursachen eines akuten Abdomens.
dität, ggf. mit Ruptur, Adnextorsion (Aus Siewert 2006)
4 Aortenaneurysma ggf. mit Ruptur.
4 Inkarzerierte Hernie (Leisten-, Nabel-, Narbenher-
nie) Schockzeichen, Operationsnarben (Voroperationen),
4 Pankreatitis Meteorismus, Resistenzen und Brüche. Auskultatorische
4 Urolithiasis (häufig) Stille. Bei der rektalen Untersuchung finden sich ggf.
Douglas-Schmerz, Portioschiebeschmerz. Sonogra-
> Die häufigsten Ursachen des akuten Abdomens sind phisch zu beurteilen sind freie Flüssigkeit, Gallenblase,
Appendizitis, Cholezystitis, Ileus, Duodenalulkus, Pan- Appendix, evtl. vorliegende Tumoren, Aneurysmen. Ra-
kreatitis, Divertikulitis und Urolithiasis diologisch ist eine Leeraufnahme im Stehen sowie in
Linksseitenlage angezeigt zur Bewertung evtl. vorhan-
Symptomatik. Meist entwickelt sich eine akut/perakut dener Dickdarm-/Dünndarmspiegel (Ileus) oder freier
einsetzende Symptomatik (heftiger kolik- oder Dauer- Luft (Hohlorganperforation). Im Röntgen-Thorax zeigt
bauchschmerz) als lebensbedrohliches Krankheitsbild. sich ggf. freie Luft (cave: zu 1/3 falsch-negativ). Im Rah-
men einer Magendarmpassage (MDP) erfolgt ein
! Cave Durchgängigkeitstest z. B. mit Gastrografin; sinnvoll ist
Bei akutem Abdomen sind rasche differenzialdiag- auch ein Kolonkontrasteinlauf (Gastrografin). Zusätz-
nostische Abklärung und schnelles Handeln erforder- lich kommen CT, Kontrast-CT, Angiographie bei Ischä-
lich. mieverdacht sowie Endoskopie (Gastroskopie: Duode-
nalulkus; Koloskopie: Sigmadivertikulose?) in Frage.
Diagnostik. Anamnestisch zu erfragen sind Schmerzlo-
kalisation (diffus, lokalisiert, Ort), Charakter (Kolik, ! Cave
Dauerschmerz), Schmerzintensität, Verlauf und Be- An die Differenzialdiagnosen Myokardinfarkt und
gleitsymptome. Klinisch zeigen sich Druckschmerz, Pleuritis muss bei Oberbauchschmerzen gedacht
Peritonitiszeichen, Übelkeit, Erbrechen, Darmparalyse, werden.
1.7 · Viszeralchirurgie
125 1

Laborchemisch zu bestimmen sind Entzündungspara- neum). Es finden sich ein harter Bauch, Druck-, Klopf-,
meter, Cholestaseparameter, Gerinnungsstatus, Laktat, Vibrationsschmerz sowie Loslassschmerz.
Hämoglobin,Kreuzblut,Blutgruppe,Schwangerschafts-
test, Amylase, Lipase, Urinstatus (Hämaturie bei Uroli- Therapie. Betroffene sind unverzüglich intensivmedi-
thiasis). zinisch und meist operativ zur Ausschaltung des Sep-
sisherdes (Fokus) zu behandeln. Wichtig sind Antibio-
! Cave se (meist Cephalosporin und Metronidazol, ggf. Imipe-
Magen-Darm-Passage: kein Bariumhaltiges Kontrast- nem), Analgosedierung, Thromboembolieprophylaxe,
mittel bei Verdacht auf Perforation! Infusionstherapie, ggf. Hämotherapie, Parameter-
korrektur (ggf. Dialyse), ggf. Magensonde, ggf. Intuba-
Therapie. Indiziert sind Infusionstherapie, ggf. Schock- tion und Beatmung. Als interventionelle Verfahren
therapie, Magensonde, ggf. Blasenkatheter, ggf. zentral- kommen z. B. perkutane Ultraschall-/CT-gesteuerte
venöser Zugang, ggf. Antibiotikaprophylaxe. Ein kon- Abszessdrainage zur Anwendung. An Operationen
servativer Therapieversuch ist nur bei abnehmender sind ggf. indiziert: Laparoskopie, Laparatomie und Ur-
Symptomatik (subakutes Abdomen) sinnvoll. Zudem sachenbeseitigung (Débridement, Nekrosektomie,
sollten diagnostische Laparoskopie, Laparatomie und Herdsanierung, Resektion, Übernähung). Lavage (in-
Exploration und wenn möglich Beseitigung der Ursa- traoperativ, kontinuierlich) und Drainage (subphre-
che (Appendektomie, Cholezystektomie, Adhäsiolyse, nisch links/rechts, subhepatisch, parakolisch links/
Adnektektomie) erfolgen. rechts, Douglas), ggf. Anus-praeter-Anlage. Ggf. nötig
ist eine Etappenlavage (geschlossen – offen), Relapara-
! Cave tomie, selten noch Laparostomie (offenes Abdomen
Kein Aufschub einer dringlichen Operation aus diag- nur mit Tüchern, Reißverschluss oder Spezialfolien
nostischen Gründen! Jeder Zeitverzug verschlechtert bedeckt, später Hauttransplantation, plastischer Ver-
die Prognose. schluss),

Peritonitis > Intraoperativ sollte eine Abstrichentnahme zur präzi-


Definition. »Bauchfellentzündung«. Akute diffuse oder sen Erregerdiagnostik erfolgen.
lokalisierte Entzündung des Peritoneums durch Mikro-
organismen oder Noxen (z. B. Galle). Es handelt sich Prognose. Wird die Peritonitis unzureichend/falsch
um ein schweres Krankheitsbild aufgrund der großen behandelt und/oder die Ursachen nicht beseitigt, dro-
Resorptionsfläche des Bauchfells: Die Infektion kann hen Sepsis, Multiorganversagen. Nach Überstehen der
leicht ins Kreislaufsystem übertreten: Folgen sind Sep- Krankheit bestehen oft langfristige Konsequenzen: Ver-
sis, SIRS (»systemic inflammatory response syndrome«) wachsungsbauch, Fistelung, Narbenbrüche.
und Multiorganversagen.
Ileus
Ätiopathogenese. Die primäre Peritionitis ist selten; Definition. Gestörte peristaltische Darmpassage durch
sie wird ausschließlich durch hämatogene Streuung Darmlähmung oder Darmverschluss, potenziell lebens-
(Streptokokken, Pneumokokken, Staphylokokken, Go- bedrohend.
nokokken u. a.) verursacht. Hingegen ist die sekundäre
Peritonitis (fibrinös, eitrig, kotig) häufig. Hier erfolgt Ätiopathogenese. Je nach Ursache werden folgende
die Infektion durch Keime des Darms bei Perforation, Ileusformen unterschieden:
Durchwanderung (Durchwanderungsperitonitis), iat- 4 Mechanischer Ileus: mechanisches Hindernis der
rogen (Anastomoseninsuffizienz). Die toxische Perito- Darm- und Darminhaltsfortbewegung
nitis ist bedingt durch Galle, Urin, Bariumkontrastmit- 5 Bridenileus (Verwachsungsstrang), Adhäsio-
tel. Weitere mögliche Ursachen sind viele akute Abdo- nen, Strangulationen
minalerkrankungen, die auch ein akutes Abdomen 5 Tumorobstruktion, Gallensteinobstruktion,
bewirken (7 oben). Fremdkörperobstruktion (z. B. Kirschkerne)
5 Stenosen (M. Crohn, nach Bestrahlung)
Symptomatik. Dieser Reizzustand des Bauchfells geht 5 Inkarzeration (Hernien), Invagination (kindli-
mit heftigem Bauchschmerz einher. cher Darm, z. B. Ileuminvagination in das Zö-
kum), Volvolus (Verdrehung)
Diagnostik. Klinisch generalisiert, lokalisiert und kon- 4 Funktioneller/paralytischer Ileus: verminderte
tralateral (z. B. Loslassschmerz durch »Zug« am Perio- Darmbewegung durch Lähmung des Darms selbst
126 Kapitel 1 · Chirurgie

5 Metabolisch, z. B. Elektrolytentgleisungen, bei 4 Röntgen-Abdomen-Leeraufnahme im Stehen/


1 Urämie, Diabetes, Polytrauma, Schock Linksseitenlage: Spiegel? Dünndarm? Dickdarm?
5 Entzündlich, z. B. Peritonitis Freie Luft? Fremdkörper?
5 Perfusionsbedingt, z. B. Mesenterialvenen- 4 MDP: Gastrografinschluck, Kontrasteinlauf
thrombose, Mesenterialinfarkt rektal
5 Neurologisch (z. B. Ogilvie-Syndrom, Quer- 4 Sonographie: dilatierte Darmschlingen, freie Flüs-
schnittsverletung) bei neurologischer Darma- sigkeit? Peristaltik?
tonie 4 CT: bei Verdacht auf Tumor, Mesenterialischämie
5 Postoperativ (Steigerung der normalen post- 4 Angiographie: bei Verdacht auf Mesenterialischä-
operativen Darmatonie) mie
4 Gemischt mechanisch-paralytischer Ileus: sehr 4 Labor: Entzündungsparameter, Elektrolyte, Säure-
häufig, da jede Strangulation auch zu metaboli- Basen-Analyse, Laktat, ggf. schon Blutgruppenbe-
schen Veränderungen, dann zu Durchwanderung stimmung und Kreuzblutbestellung
und entzündlichen Veränderungen führt
Therapie. Meist ist ein operatives Vorgehen notwendig,
Die Ileuskrankheit entwickelt sich im Rahmen einer wenn nicht binnen kurzer Zeit nach Anwendung
Kaskade von lokalen, später systemischen Prozessen, konservativer Maßnahmen eine Besserung eintritt. In
die in der Folge zur Darmischämie, Durchwanderungs- der Regel flankieren die konservativen Maßnahmen
peritonitis, Sepsis und zum Multiorganversagen, Ent- die unverzügliche und schnelle technische Diag-
gleisen der physiologischen Funktionen, hypovolä- nostik.
misch-septischem Schock und letztlich zum Tode des
Organismus binnen wenigen Stunden/Tagen führt ! Cave
(. Abb. 1.43). Unverzügliches Handeln vor Einsetzen der Ileuskrank-
heit!
> Meist liegt dem Ileus eine mechanische Ursache zu-
grunde, meist ist der Dünndarm betroffen. Konservative Maßnahmen:
4 Nahrungskarenz, ggf. parenterale Ernährung
Epidemiologie. Ileus und ileusähnliche Zustände gehö- 4 Elektrolyt- und Flüssigkeitssubstitution
ren zu den häufigsten Einweisungsursachen in Klini- 4 Magensonde
ken. 4 Darmrohr, ggf. Blasenkatheter
4 Feuchte Wärme (bei Ausschluss entzündlicher Ur-
Symptomatik. Es zeigen sich ein subakutes bis akutes sachen)
Abdomen, Subileus bis Ileuszustand mit starken Bauch- 4 Rektale Einläufe
schmerzen, Stuhl-, Windverhalt, meist kolikartigen 4 Ggf. Antibiose, ggf. ZVK-Anlage
Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Koterbrechen. 4 Thromboembolieprophylaxe
4 Perorale, rektale Anregung der Darmtätigkeit (auch
Diagnostik. Wichtig ist eine kurze zielgerichtete Anam- Gastrografin)
nese: Voroperationen, frühere ähnliche Beschwerden, 4 Systemische Anregung der Darmtätigkeit durch
Diätfehler, Grunderkrankungen, Allergien. Die klini- Sympathikolyse/Parasympathatomimetika: Dihy-
sche Untersuchung beinhaltet: droergotamin, Ceruletid, Neostigmin-Perfusor
4 Zunahme des Bauchumfanges, Perionismuszei-
chen, Hautturgor (Exsikkose), Operationsnarben, Operativ anzugehende Ursachen sind:
Bruchlücken 4 Mesenterialischämie/-infarkt: gefäßchirurgische
4 Rektale Untersuchung Operation (Embolektomie, Thrombektomie, By-
4 Enorale Untersuchung: Zunge (Exsikkosezeichen) pass), ggf. Darmresektion, Anastomose
4 Auskultatorisch: Hyperperistaltik, klingende Ge- 4 Briden-/Strangulationsileus: Adhäsiolyse (auch la-
räusche beim mechanischen Ileus, »Totenstille« paroskopisch), ggf. Darmresektion
beim paralytischen Darm 4 Inkarzeration, Invagination: Reposition, ggf. Bruch-
4 Beurteilung des Magensondensekretes bei Reflux lückenverschluss
(kotig, gallig etc.) 4 Entzündliche Stenose: Strikturoplastik, Darmre-
sektion
Als technische Verfahren sind diagnostisch folgende 4 Tumor: Darmresektion, Umgehungsoperationen,
wichtig: Hartmann-Situation-Anlage
1.7 · Viszeralchirurgie
127 1

. Abb. 1.43. Mechanismen der Ileuskrankheit. (Aus Siewert 2006)


128 Kapitel 1 · Chirurgie

4 Peritonitis: kausale Operation, Lavage, Drainage Der Darm kann intraoperativ abgesaugt, ausgestrichen
1 etc. und vorübergehend geschient (Levin-Sonde, u. a. Ver-
4 Chronischer Verwachsungsbauch: Operation nach fahren) werden.
Nobel, Childs-Phillips
4 Volvulus: Derotation, Pexie > Vor jedem Eingriff muss der Patient über zu Erwar-
tende erforderliche Maßnahmen aufgeklärt werden,
! Cave auch über die mögliche Anlage eines Anus praeter
Ein laparoskopischer Zugang bei Verdacht auf Ver- und die Komplikationen bei Darmresektion: Abszes-
wachsungsbauch sollte nur durch laparoskopisch er- se, Anastomoseninsuffizienz, Peritonitis u. v. a.
fahrene Chirurgen erfolgen, denn es besteht bereits
bei Trokarplatzierung eine Perforationsgefahr. Prognose. Abhängig von Patientenalter, Ursache des
Ileus und Schwere des erforderlichen Eingriffes.

In Kürze

Pertitonitis und Ileus

Peritonitis 4 Symptomatik: heftiger Bauchschmerz


4 Diagnostik: Untersuchung: generalisiert, lokalisiert, kontralateral; harter Bauch, Druck-, Klopf-,
Vibrationsschmerz und Loslassschmerz
4 Therapie: Antibiose, Analgosedierung, Thromboembolieprophylaxe, Infusionstherapie, Hämothe-
rapie, Parameterkorrektur, ggf. Dialyse, Magensonde, Intubation/Beatmung. Interventionell: per-
kutane Ultraschall-/CT-gesteuerte Abszessdrainage. Operation: Laparoskopie, Laparatomie und
Ursachenbeseitigung (Debridement, Nekrosektomie, Herdsanierung, Resektion, Übernähung).
Lavage (intraoperativ, kontinuierlich), Drainage, ggf. Anus-praeter-Anlage; ggf. Etappenlavage

Ileus 4 Symptomatik: starke Bauchschmerzen, Stuhl-, Windverhalt, meist kolikartig, Übelkeit, Erbre-
chen, Koterbrechen
4 Diagnostik: klinische Untersuchung: Bauchumfang, Peritonismus, Hautturgor, Operationsnar-
ben, Bruchlücken, rektale Untersuchung, Zunge. Auskultation: Hyperperistaltik, Klingend bei
mechanischem Ileus, »Totenstille« bei paralytischem. Magensondensekrete: kotig, gallig etc.
Technisch: Röntgen-Abdomen, MDP-Gastrografinschluck, Kontrasteinlauf rektal, Sonographie,
CT, Angiographie, Labor
4 Therapie:
– Konservativ: Nahrungskarenz, parenterale Ernährung, Elektrolyt- und Flüssigkeitssubstitution,
Magensonde, Darmrohr, Blasenkatheter, feuchte Wärme (bei Ausschluss Entzündung), rekta-
le Einläufe, Antibiose, ZVK-Anlage, Thromboembolieprophylaxe, perorale und rektale Anre-
gung der Darmtätigkeit, systemische Anregung der Darmtätigkeit durch Sympathikolyse/
Parasympthatomimetika: Dihydroergotamin, Ceruletid, Neostigmin-Perfusor
– Operativ: gefäßchirurgische Embolektomie, Thrombektomie, Bypass, Darmresektion, Anasto-
mose, Adhäsiolyse, Darmreposition, Bruchlückenverschluss, Strikturoplastik, Umgehungs-
operationen, Hartmann-Situation-Anlage, Lavage, intraoperatives Absaugen des Darms, Aus-
streichen und Schienung

1.7.18 Abdomenverletzung > Milz, Leber, Nieren, Darm und Pankreas sind am häu-
figsten bei Abdominalverletzungen betroffen.
Definition/Ätiopathogenese. Verkehrsunfälle (z. B.
Gurttraumen), Schuss-, Schnittverletzungen sowie Symptomatik. Akutes Abdomen (7 oben).
stumpfe Bauchtraumen (Sturz auf Fahrradlenker) kön-
nen zu stumpfen und penetrierenden Abdominalvelet- Diagnostik. Anamnestisch zu klären sind: Traumasch-
zungen aller Organe und Strukturen führen. were, Schmerzen, Voroperationen. Die klinische Un-
1.7 · Viszeralchirurgie
129 1

tersuchung am Abdomen dient der Beurteilung von 4 CT


äußere Verletzungen, Kontusions-/Prellmarken, Be- 4 Angiographie (Ausschluss Gefäßverletzungen)
gleitverletzungen. Zu klären sind zudem, ob Hämaturie, 4 ERCP (v. a. bei Pankreasverletzung)
rektaler Blutabgang, Peritonismus-Zeichen, Becken- 4 Urethrographie/Zystographie bei Verdacht auf
und Thoraxstabilität vorliegen. Ureter-/Blasenverletzung (Beckenfrakturen!)
An technischer Diagnostik kommen folgende
Verfahren zur Anwendung: Therapie. Wichtig ist eine Inspektion des gesamten Ab-
4 Sonographie (freie Flüssigkeit, Blutungen domens (Laparoskopie, Laparatomie) mit nachfolgen-
4 Röntgen-Thorax und Abdomen im Stehen/Links- der Blutstillung, Darmübernähung, Darmresektion
seitenlage: freie Luft, Pneumothorax, Hämatotho- (selten Anus-praeter-Anlage), ggf. Splenektomie, ggf.
rax Leberpacking, ggf. Leberresektion.
4 Peritoneallavage

In Kürze

Abdomenverletzungen

Verletzungen 4 Symptomatik: akutes Abdomen


des Abdomens 4 Diagnostik: Anamnese: Traumaschwere, Schmerzen, Voroperationen. Klinische Untersu-
chung: Äußere Verletzungen, Kontusions-/Prellmarken, Begleitverletzungen. Hämaturie?
Rektaler Blutabgang? Peritonismus? Becken- und Thoraxstabilität. Sonographie, Röntgen-
Thorax und Abdomen im Stehen/Linksseitenlage, Peritoneallavage, CT, Angiographie,
ERCP, Urethrographie/Zystographie
4 Therapie: Laparoskopie, Laparatomie, Blutstillung, Darmübernähung, Darmresektion, ggf.
Anus-praeter-Anlage, ggf. Splenektomie, Leberpacking, Leberresektion

1.7.19 Neuroendokrine Tumoren (NET) Karzinoid


des Gastrointestinaltraktes, MEN Definition/Ätiopathogenese. Benigner bis hochmalig-
ner NET der enterochromaffinen Zellen des dissemi-
Ausgangspunkt dieser Tumoren ist das diffuse neuro- nierten endokrinen Systems (APUD), oft in der Region
endokrine Zellsystem/gastroenteropankreatisches Zell- u. a. der Appendix vermiformis, des Jejunums oder des
system, das biogene Amine (Histamin, Serotonin) und Rektums lokalisiert. Der Tumor produziert Serotonin;
Hormone produziert. Daher sind die Symptome bei Lymph- und Lebermetastasen kommen vor.
den hormonproduzierenden Tumoren auch durch en-
terale und systemische Sensationen geprägt: Epidemiologie. Inzidenz 0,5–1/100.000 Einwohner/
4 Diarrhö Jahr. Durchschnittliches Alter zu Erkrankungsbeginn:
4 Flush 55 Jahre.
4 Erbrechen
4 Bronchokonstriktion Symptomatik. Meist klinisch stumm (Zufallsbefund
4 Schwitzen nach Appendektomie); sonst Flush, Hitzewallungen,
4 Hypoglykämie-Symptome und viele andere vielge- Übelkeit, Diarrhö, Bauchschmerz, Asthmasymptome,
staltige Symptome Myokardveränderungen, Ileus u. v. a.

Prinzipiell können sehr viele Körpergewebe befallen Diagnostik. Serotoninbestimmung im Serum, 5-Hy-
sein, praktisch findet sich jedoch eine Häufung im gas- droxyindolessigsäure im Urin. Sonographie, CT, Szinti-
troenteropankreatischen System. graphie Abdomen

> Bei den multiplen endokrinen Tumoren handelt es Therapie. Konservative Optionen sind Suppression durch
sich meist um erblich bedingte multifokale/viszerale Somatostatinanaloga (z. B. Oktreotid), Chemotherapie.
Tumoren mit Hormonproduktion und vielgestaltigem Operativ erfolgt wenn immer möglich eine komplette Re-
Symptommuster. sektion mit Sicherheitsabstand (d. h. ggf. Hemikolekto-
130 Kapitel 1 · Chirurgie

mie, ggf. mit Nachbarorganresektion, Lebermetastasen- Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom)


1 resektion), ggf. Lymphadenektomie. Vereinzelt Leber- Definition/Ätiopathogenese. Gastrinproduzierender
transplantation. Ggf. psychotherapeutische Begleitung. Tumor meist im Pankreas/Duodenum lokalisiert. Neigt
zur Metastatisierung.
Prognose. Je nach Tumorart, Größe, Lokalisation liegt
die 5-Jahres-Überlebensrate zwischen 25% und 95%. Epidemiologie. 9% aller gastroenteropankreatischen
Gute Prognose: Appendixkarzinoid, schlechte Progno- neuroendokrinen Tumoren. Häufung zwischen dem
se: Kolonkarzinoid. 30. und 50. Lebensjahr.

Nachsorge. Serotoninspiegel im Urin. Symptomatik. Gastritis/therapieresistentes Magenul-


kus, Diarrhö, Reflux (Magensäureproduktion gestei-
Insulinom gert).
Definition/Ätiopathogenese. Endokriner Pankreastu-
mor (Beta-Zellen der Langerhans-Inseln), selten mali- Diagnostik. Labor: Gastrinerhöhung, Szintigraphie,
gne mit Leber- und Lymphknotenmetastasen. Endosonographie, CT, MRT.

Symptomatik. Unspezifische gastrointestinale Beschwer- Therapie. Radikale Resektion bei Misserfolg dieser
den, C-Peptiderhöhung, Hypoglykämie, Adipositas, neu- Maßnahme totale Gastrektomie (Entfernung des Er-
rologische Auffälligkeiten, z. B. plötzliche, relativ häufige folgsorgans).
Bewusstlosigkeit, die nach Zuckergabe verschwindet.
Prognose. Je nach Subtyp, Stadium, Behandlung liegt
Diagnostik. Fastenversuch, Sonographie, CT, Endoso- die 5-Jahres-Überlebensrate zwischen 50 und 90%.
nographie.
Verner-Morrison-Syndrom (VIPom)
Therapie. Operative Entfernung per Enukleation, je Definition/Ätiopathogenese. Oft maligner und meta-
nach Größe ohne oder mit Pankreatikojejunostomie, stasierender Pankreastumor mit VIP-Produktion (VIP
selten Pankreasresektion, Pankreatoduodenektomie = vasointestinales Peptid).
bei malignen Tumoren.
Symptomatik. Diarrhö, Hypokaliämie, Exsikkosezei-
Prognose. Bei gutartigen Tumoren ist nach vollständi- chen, Adynamie, Diabetes.
ger Entfernung Heilung möglich, sonst stadienabhän-
gig und abhängig von der Radikalität der Operation. Diagnostik. VIP im Serum, Sonographie, CT, MRT.

Glukagonom Therapie. Somatostatinanaloga, Chemotherapie, Resek-


Ätiopathogenese. Das Glukagonom stammt von den tion, ggf. radikal.
A-Zellen der Pankreasinseln ab und entsteht gemäß de-
ren Verteilung meist im Pankreaskörper und -schwanz. Multiple endokrine Neoplasien
Meist solitär und größer als 5 cm. 70% maligne. (MEN I, MEN II, 7 Innere Medizin, Kap. 8.6.1)
Definition/Ätiopathogenese. Multiples Auftreten ver-
Epidemiologie. Sehr selten. Ca. 1% aller gastroentero- schiedener endokrine Tumoren, multiviszeral. Fami-
pankreatischen neuroendokrinen Tumoren. Altersgip- liäre Disposition. Unterscheidung in MEN I, IIa, IIb
fel um 50 Jahre. (. Tab. 1.32).

Symptomatik. Pathognomonische, oft akral oder perio- Symptomatik. Symptomatik je nach Hormonproduk-
rifizial gelegene Hautveränderungen (Erythema necro- tion.
lyticum migrans) mit Bevorzugung der unteren Körper-
hälfte. Weitere Symptome: Diabetes mellitus, Gewichts- Diagnostik. Hormonuntersuchung, Tumorsuche mit-
verlust bis zur Kachexie, Anämie, Thromboseneigung. tels Bildgebung.

Diagnostik. Labor, Sonographie, CT. Therapie. Chirurgische Resektion bei lokalisiertem


Herd, z. B. Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Intestinum,
Therapie. Radikale Tumorresektion, ggf. – Reduktion Nebenniere. Auch Tumorverkleinerung bei großen Be-
(R1, R2). funden.
1.7 · Viszeralchirurgie
131 1

. Tab.1.32. Multiple endokrine Neoplasien. (Aus Siewert 2006)

MEN I (Wermer-Syndrom) MEN IIa (Sipple-Syndrom) MEN IIb


Erbgang/ AD/MEN-I-Gen AD/RET-Protoonkogen AD oder Neumutation/RET-Pro-
Gendefekt toonkogen
Tumoren pHPT (90–100) MTC (100%) MTC (100%), sehr aggressiv
(Häufigkeit)
NPT (50–70) Phäochromozytom (50%) Phäochromozytome (50%)

Vor allem Gastrinom, Insulinom, pHPT (30–40%) Mukosale Neurome (Lippen, Zun-
nichtfunktionelle PET ge, Wange; 90–100%)

Hypophysenadenom (50%)

Nebennierentumoren (30%)

NET: Thymus, Lunge, Darm (10%)

Multiple Lipome (10–30%)


Stigmata Relativer Kleinwuchs bei Frauen Kein spezifischer Phänotyp Marfanoider Habitus

AD: autosomal-dominant; pHPT: primärer Hyperparathyreoidismus; NPT: neuroendokriner Pankreastumor; NET: neuroen-
dokriner Tumor; MTC: medulläres Schilddrüsenkarzinom

In Kürze

Neuroendokrine Tumoren des Gastrointestinaltrakts

Karzinoid 4 Symptomatik: meist klinisch stumm (Zufallsbefund nach Appendektomie); sonst Flush,
Hitzewallungen, Übelkeit, Diarrhö, Bauchschmerz, Asthmasymptome, Myokardverän-
derungen, Ileus u. v. a.
4 Diagnostik: Serotoninbestimmung im Serum, 5-Hydroxyindolessigsäure im Urin. Sono-
graphie, CT, Szintigraphie Abdomen
4 Therapie: konservativ Suppression durch Somatostatinanaloga, Chemotherapie. Ope-
rativ Resektion mit Sicherheitsabstand, ggf. Lymphadenektomie

Insulinom 4 Symptomatik: unspezifische gastrointestinale Beschwerden, C-Peptiderhöhung, Hypo-


glykämie, Adipositas, neurologische Auffälligkeiten
4 Diagnostik: Fastenversuch, Sonographie, CT, Endosonographie
4 Therapie: operative Entfernung per Enukleation, evtl. mit Pankreatikojejunostomie,
Pankreasresektion, Pankreatoduodenektomie bei malignen Tumoren

Glukagonom 4 Symptomatik: akral oder periorifizial gelegene Hautveränderungen (Erythema necroly-


ticum migrans) mit Bevorzugung der unteren Körperhälfte. Weitere Symptome: Diabe-
tes mellitus, Gewichtsverlust bis zur Kachexie, Anämie, Thromboseneigung
4 Diagnostik: Labor, Sonographie, CT
4 Therapie: radikale Tumorresektion, ggf. Reduktion (R1, R2)

Gastrinom 4 Symptomatik: Gastritis/therapierefraktäres Magenulkus, Diarrhö, Reflux (Magensäure-


(Zollinger-Ellison- produktion gesteigert)
Syndrom) 4 Diagnostik: Labor: Gastrinerhöhung, Szintigraphie, Endosonographie, CT, MRT
4 Therapie: radikale Resektion, bei Misserfolg totale Gastrektomie

VIPom 4 Symptomatik: Diarrhö, Hypokaliämie, Exsikkosezeichen, Adynamie, Diabetes


4 Diagnostik: VIP im Serum, Sonographie, CT, MRT
4 Therapie: Somatostatinanaloga, Chemotherapie, Resektion, ggf. radikal
6
132 Kapitel 1 · Chirurgie

1 Multiple endokrine 4 Symptomatik: je nach Hormonproduktion


Neoplasien 4 Diagnostik: Hormonuntersuchung, Tumorsuche mittels Bildgebung
(MEN I, II) 4 Therapie: chirurgische Resektion bei lokalisiertem Herd, z. B. Schilddrüse, Nebenschild-
drüse, intestinal, Nebenniere

1.7.20 Nebenniere Primäre Nebennierenkarzinome weisen oft keine Hor-


monproduktion auf (7 oben). Sekundäre Tumoren der
Anatomie Nebenniere: Metastasen!
Die Nebennieren (bestehend aus Nebennierenmark und Spätsymptome raumfordernder Prozesse der Ne-
-rinde) liegen kranial der Nierenpole in perirenalem Binde- bennieren: retroperitonealer Schmerz, Hämaturie,
gewebe. Die Blutversorgung erfolgt über die Aa. supra- Fernmetastasen, B-Symptomatik.
renales superiores, mediae und inferiores. Die mittleren
Arterien entspringen direkt aus der Aorta abdominalis, die > Inzidentalome werden inzidentell anlässlich Routine-
oberen aus der A. phrenica inferior, die unteren aus der untersuchungen entdeckt und bleiben asymptoma-
A. renalis (Normvariante). tisch, da sie kein Hormon produzieren.

Epidemiologie. Nebennierentumoren sind häufig. Diagnostik. Hormonanalyse (Serum, Urin), Suppressi-


Rasch an Größe zunehmende Tumoren und Tumoren onstests, Sonographie, Szintigraphie, CT, MRT.
>4 cm gelten grundsätzlich als malignomverdächtig
(7 Innere Medizin, Kap. 8.3.1). ! Cave
Bei arterieller Hypertonie ist die Nebennierenfunktion
Symptomatik. Durch die Hormonwirkung (Aldoste- abzuklären.
ron, Dopamin, Kortisol, Adrenalin, Noradrenalin, Sexu-
alhormone) können je nach Tumortyp folgende Symp- Therapie. Medikamentöse Gegensteuerung/Suppressi-
tome auftreten: on kurzfristig. Endoskopische oder offene, ggf. radikale
4 Arterielle Hypertonie Exzision bei Gutartigkeit Implantation von Nebennie-
4 Arrythmie regewebe in die Armmuskulatur. Bei hochmalignen
4 Adynamie, Diarrhö Tumoren ist zusätzlich die Nephrektomie, ggf. Multivis-
4 Morbus-Cushing-Symptome (Diabetes, Stierna- zeralresektion indiziert.
cken, Stammfettsucht, neurologische Symptome,
arterielle Hypertonie) > Jeder endokrin aktive Tumor und jeder Tumor, der
4 Morbus-Conn-Syndrome (Hypokaliämie, Hyper- malignomverdächtig imponiert, sollte operativ ent-
tonie, Adynamie) fernt werden!
4 Phäochromozytom-Syndrome (arterielle Hypertonie,
Arrythmie, Hyperglykämie, vegetative Symptome)
4 Virilisierung, Femininisierung

In Kürze

Tumoren der Nebenniere

Zysten, benigne Tumoren, 4 Symptomatik: Hormonwirkung, arterielle Hypertonie etc.


Inzidentalom, Adenom 4 Diagnostik: Hormontests, CT, Sonographie, MRT, Szintigraphie
(Conn, Cushing, Ge- 4 Therapie: Operationsindikation: große und symptomatische Tumoren, maligne
schlechtshormonstörung), Tumoren. Operation: endoskopische, minimalinvasive partielle oder totale Ad-
Karzinom und viele andere renalektomie, Lymphadenektomie, bei Gutartigkeit Implantation von Neben-
Entitäten nierengewebe in die Armmuskulatur, bei Malignität evtl. zusätzlich Nephrekto-
mie und/oder multiviszerale Resektion
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
133 1
1.8 Unfallchirurgie/Traumatologie
. Tab. 1.33. Terminologie in der Traumatologie
K.-J. Paquet, U. Fetzner, G. Kraus Terminus Charakteristik

Fissur Riss
1.8.1 Allgemeine Traumatologie
Fraktur Kontinuitätsunterbrechung eines Kno-
chens
1.8.1.1 Einführung, Anamnese, Untersuchung,
Diagnostik Ruptur Riss, Ausriss Sehne/Bandstruktur/Kno-
Einführung chen/Muskulatur

Verletzungen – durch direkte/indirekte Gewalt (Schlag, Kontusion Prellung


Sturz, Schuss, Stich u. v. m.) – des Körpers (Trauma) ge-
Distorsion »Zerrung« von Band-/Kapselstrukturen
hören zu den häufigsten Krankheitsbildern der operati-
ven Fächer. Das Spektrum reicht dabei von harmlosen Luxation »Verrenkung«, »Auskugeln« eines Ge-
Bagatelltraumen bis hin zum Polytraumatisierten, lenkes, d. h. Keine anatomische Positi-
dessen Leben akut bedroht ist. Die Traumatologie (»Ver- on der Gelenkpartner
letzungslehre«) bzw. Unfallchirurgie konzentriert sich Luxations- Luxation mit intraartikulärer Fraktur
überwiegend auf akute Verletzungen des Bewegungsap- fraktur (Gelenkbeteiligung)
parates (Knochen, Gelenke, Bandstrukturen), Wundver-
sorgung und die Betreuung Polytraumatisierter. Die
begleitenden Verletzungen innerer Organe werden in
großen Kliniken interdisziplinär, an peripheren Häu- sen ist eine Anamnese (außer Fremdanamnese) über-
sern durch fundierte Allgemeinchirurgen versorgt. haupt nicht möglich. In jedem Falle erfolgt die
Konzentration auf die effiziente Gewinnung der essen-
Begriffsklärung ziellen Informationen:
Streng genommen ist die »Traumatologie« ein interdiszip- 4 Schmerzen? Lokalisation? Qualität? Intensität?
linäres Feld, an dem Fachärzte aus praktisch allen Bereichen 4 Art des Traumas (Zeitpunkt, Schwere, Unfallher-
beteiligt sein können, während die Unfallchirurgie als Sub- gang)
spezifität der Chirurgie für die Frakturversorgung verstan- 4 Allergien bekannt (Antibiotika, Metalle)?
den wird. Sinnvollerweise wurden kürzlich Unfallchirurgie 4 Grunderkrankungen?
und Orthopädie zu einer gemeinsamen Facharztweiterbil- 4 Infektionserkrankungen?
dung vereinigt. Schwerpunkte liegen bei den unfallchirur- 4 Voroperationen?
gisch orientierten Ärzten mehr in der Behandlung akuter 4 Einnahme gerinnungshemmender Substanzen, an-
Frakturen, bei den Orthopäden mehr der Behandlung de- derer Medikamente?
generativer Krankheitsbilder und systemischen Erkrankun-
gen des Bewegungsapparates. Wichtige Termini der Trau- ! Cave
matologie führt . Tab. 1.33 auf. Bei Verletzungen mit Zerstörung der körperlichen In-
tegrität (Wunde) ist stets an Tetanusinfektionsgefahr
Anamnese denken.
Die Anamnese (siehe auch allg. Prinzipien der Chirur-
gie) oder Fremdanamnese muss aufgrund des Zeitdru- Liegt ein Arbeits-, Schul- oder Wegeunfall vor, ist das
ckes häufig sehr kurz gehalten werden, bei Bewusstlo- sog. BG-Verfahren einzuleiten (. Tab. 1.34).

Durchgangsarztverfahren (D-Arztverfahren)
4 Grundlagen sog. genannten berufsgenossenschaftlichen
– Berufsgenossenschaften sind Träger der gesetz- Heilverfahren ärztlich versorgt. Zur Sicherstel-
lichen Unfallversicherung. lung der Heilbehandlung ist das Durchgangs-
– Gesetzlich unfallversicherte Personen (Arbei- arztverfahren (kurz: D-Arztverfahren) eingeführt
ter, Angestellte, Auszubildende, Beamte), die worden.
einen Arbeitsunfall erlitten haben, werden im
6
134 Kapitel 1 · Chirurgie

1 – Wenn ein Arbeitsunfall zu einer vermutlichen – Ist der erstbehandelnde Arzt kein D-Arzt, muss
Arbeitsunfähigkeit von mindestens einem Tag er unverzüglich (genau wie der Arbeitgeber)
führt, oder die Behandlung vermutlich eine für die Vorstellung des Patienten beim D-Arzt
Woche übersteigt, muss der Arbeitnehmer un- sorgen (Ausnahme: Notfallversorgung).
verzüglich bei einem D-Arzt vorstellig werden – Der D-Arzt entscheidet aufgrund von Art und
(Ausnahme: Notfall). Bei mehreren D-Ärzten am Schwere der Verletzung über die Art der weite-
Ort kann der Unfallversicherte wählen. ren Heilbehandlung (ambulant, stationär,
– Auch eine Wiedererkrankung aus Ursache BG-Verfahren oder hausärztliche/fachärztliche
eines vorausgegangenen Unfalls ist D-Arzt- Weiterbehandlung). Er bestimmt damit den
vorstellungspflichtig. weiterbehandelnden Arzt und das Verfahren
– Die Kosten für das Heilverfahren übernimmt (allgemeines oder besonderes Heilverfahren).
die zuständige Unfallversicherung. Er verfasst einen D-Arztbericht.
4 Durchgangsarzt (D-Arzt) 4 Verletztenartenverfahren
– Bestellung von den Berufsgenossenschaften. – Im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen
– D-Ärzte sind meist Fachärzte für Chirurgie, Heilverfahren gibt es zudem dieses besondere
Orthopädie mit besonderen Kenntnissen auf Verfahren bei Augen-/HNO Verletzungen. Der
dem Gebiet der Unfallmedizin und einer ent- Facharzt, den der Arbeitnehmer ohne Zeitverlust
sprechenden Erreichbarkeit/Bereitschaft aufsuchen muss, entscheidet über die weitere
und Praxisausstattung (Operation, Röntgen). Behandlung. Die Behandlung erfolgt meist in
Sie werden von den Unfallversicherungen zugelassenen Krankenhäusern.
bestellt.

! Cave 4 Neurostatus (Pupillen, Hirndruckzeichen)


Ein Verdacht auf Berufskrankheiten hat nichts mit D- 4 Periphere Pulse/Durchblutung
Arztverfahren zu tun. 4 Stabilität des Bewegungsapparates (Instabilitäten,
Krepitationen)
Untersuchung 4 Grobe neurologische periphere Untersuchung:
Die klinische Untersuchung schwerst Verletzter erfolgt Sensibilität, Motorik (Kraftgrade)
in einem sog. Schockraum, der strategisch günstig im 4 Deformitäten des Bewegungsapparates?
Bereich Notfallanlieferung, Operationssäle, Intensivsta- 4 Schwellungen (Erguss, Hämatom, Ödem, Muskel-
tion liegt. An modernen Kliniken ist er mit allen für abrisse), Schmerzangaben
akute Diagnostik (z. B. CT) und Intervention (Instru- 4 Funktionsprüfung aller Gelenke nach der Neutral-
mentarium, Defibrillator, Medikamente) nötigen Appa- Null-Methode (Ausmaß)
raten versehen. Jeder schwer verunfallte Patient sollte 4 Operationsnarben?
grundsätzlich komplett entkleidet und von allen Seiten 4 Ggf. Längen-/Umfangsmessung (Standardisierte
inspiziert werden. Inspektion, Auskultation, Perkussion, Messpunkte)
Palpation, Funktionsuntersuchung. Leichter Verletzte 4 Falls möglich: Stand-/Ganguntersuchung (Becken-
werden üblicherweise in geringer ausgestatteten Am- schiefstand, Hinken)
bulanzräumen versorgt.
> Zur Beurteilung des Bewusstseinsgrades dient die
! Cave Glasgow-Coma-Scale (7 Anästhesie und Intensiv-
Eine gründliche Untersuchung ist nötig; gerade bei medizin, Kap. 2.2.1). Geprüft werden: Augen öffnen,
»eindeutigen Verletzungen« können schwere Begleit- Motorik, verbale Reaktion.
traumata übersehen werden.
Diagnostik
Zur Untersuchung traumatisierter Patienten gehören Untersuchung mittels technischer Verfahren
folgende Schritte: ! Cave
4 Vitalfunktionsuntersuchung (Atmung, Bewusst- Von jedem bewusstlosen Traumatisierten (ab einem
sein, Zirkulation) gewissen Schweregrad) muss ein Röntgenbild/CT
4 Wunden?, Blutungen (äußere, innere) z. B. klinisch, von Schädel, Thorax, Wirbelsäule, Becken vorliegen.
Sonographie
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
135 1

Folgende bildgebende bzw. weiterführende Diagnostika durch direktes/indirektes Trauma. Zu einer Fraktur
kommen zum Einsatz: kommt es, wenn die Elastizitätsgrenze des Knochens
4 Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen und mit an- überschritten wird. Bei der traumatischen Fraktur
grenzenden Gelenken bereits bei Verdacht auf liegt ein adäquates direktes (z. B. Schlag) oder indirek-
Fraktur! (Spezielle Aufnahmetechniken (gehaltene tes (z. B. Biegung, Stauchung, Torsion, . Tab. 1.34) Trau-
Aufnahmen, Schrägstellungen) ma vor, das zum Bruch des zuvor gesunden Knochens
4 CT (Überlegenes Verfahren für Knochendiagnos- führt. Die pathologische oder Spontanfraktur findet
tik) dreidimensionale Rekonstruktion zur besseren am zuvor pathologisch veränderten Knochen (Tumor,
Darstellung von komplexen Frakturen (z. B. Trüm- Entzündung, generalisierte/lokale Knochenerkran-
merfrakturen) und Therapieplanung kung) ohne adäquates Trauma statt. Durch chronische
4 Magnetresonanztomographie (überlegenes Ver- Überlastung kann es durch Mikrotraumen auch zur
fahren für Weichteildiagnostik) sog. Ermüdungsfraktur kommen. Beispiel: Marsch-
4 Sonographie (z. B. bei Verdacht auf abdominelle fraktur der (vorwiegend 2. und 3.) Metatarsalia nach
Blutung/Perforation, Organläsion etc.), Farbdup- langen Märschen (Soldaten) oder bei Joggern.
lex (v. a. bei Thrombosen, Gefäßbeteiligung) Eine nicht vollständige Kontinuitätsunterbrechung
4 Angiographie (z. B. bei Verdacht auf Gefäßbeteili- des Knochens liegt bei einer Knochenfissur (»Riss«)
gung), zunehmend verdrängt durch MRT, Farb- oder Infraktion (Spaltbildung) vor.
duplex und für Notfalldiagnostik zu langsam Vergleichbar mit dem Brechen eines grünen Zweigs
4 Arthroskopie (Knorpelschäden, Bandverletzung), bleibt beim kindlichen Röhrenknochen häufig der elas-
Gewinnung von Gelenkerguss durch sterile diag- tische »Periostschlauch« erhalten; man spricht dann
nostische/therapeutische Punktion (Blut, serös, eit- von Grünholzfraktur (subperiostale Fraktur): keine
rig, »Fettaugen«). Strenge Indikation! Infektgefahr! Dislokation, schwierige radiologische Diagnostik.
Ein Problem stellen Frakturen mit Einbeziehung
! Cave der juvenilen Epiphysen dar. Von einfacher Epiphy-
In weniger als 1 min kann ein CT von Kopf bis Fuß senlösung (konservative Behandlung) über Einbezie-
durchgeführt werden (Spiral-CT). Im Kindesalter und hung der Epiphyse in die Fraktur (operative Versor-
bei Gravidität aber strengste Indikationsstellung für gung) bis hin zum so genannten »Crush-Trauma«
strahlenbelastende Diagnostik. (Epiphyse durch Stauchung zerstört: Längenwachs-
tumsstopp). In jedem Fall besteht die Gefahr von
1.8.1.2 Allgemeine Frakturenlehre Wachstumsstörungen des betroffenen Knochens.
Definition, Frakturformen, Diagnostik, Ist die Haut über der Fraktur intakt, spricht man
Frakturheilung von einer geschlossenen Fraktur. Ist sie von Knochen
Frakturfomen »durchspießt« oder liegt das Knochenfragment durch
Definition. Unter einer Fraktur versteht man die voll- äußere Gewalt frei, von einer offenen Fraktur (Infekt-
ständige Kontinuitätsunterbrechung des Knochens gefahr!).

Geschlossene Fraktur (nach Siewert 2007)


4 Definition: intakte Haut über dem Knochen- kutanes Décollement (sog. Déglovement), Kom-
bruch partmentsyndrom in Kombination mit allen
4 Einteilung: nach Tscherne und Oestern in Bruchformen
– G0: geringer Weichteilschaden – einfache
Bruchform Offene Frakturen (nach Siewert 2007)
– G1: oberflächliche Schürfung – einfache bis 4 Definition: Haut über der Fraktur eröffnet
mittelschwere Bruchform 4 Einteilung: nach Gustilo und Anderson in
– G2: tiefe kontaminierte Schürfung, lokalisierte – Grad I: Hautwunde <1 cm, Durchspießung von
Haut- oder Muskelkontusion – alle Bruchfor- innen zum Unfallzeitpunkt, geringe Muskelkon-
men tusion, einfache Frakturform
– G3: ausgedehnte Hautkontusion, Hautquet- – Grad II: Wunde >1 cm; ausgedehnter Weichteil-
schung oder Zerstörung der Muskulatur, sub- schaden mit Lappenausbildung und Décolle-
ment, schwere Muskelkontusion
6
136 Kapitel 1 · Chirurgie

1 – Grad III: ausgedehnter Weichteilschaden mit – IIIb: schwerer Weichteilschaden mit freiliegen-
Zerstörung von Haut, Muskulatur und neuro- dem Knochengewebe Deperiostierung
vaskulären Strukturen, schwere Gewebequet- – IIIc: alle oben genannten Frakturformen mit ei-
schung ner rekonstruktionspflichtigen Gefäß- und Ner-
– IIIa: ausgedehnte Weichteilwunden mit noch venverletzung
adäquater Bedeckung des Knochens

> Offene Frakturen werden nach den zunehmenden ! Cave


Schweregraden I–III, geschlossene nach den Schwe- Geschlossene Frakturen sind keinesfalls »harmlos«.
regraden G0–G3 klassifiziert. Zur Beurteilung zählt Sie bergen im Gegenteil die Gefahr, dass massive in-
der Schaden an den Weichteilen (Haut, Muskulatur, nere Weichteilschäden übersehen werden.
Sehnen, Gefäße, Nerven).

. Tab. 1.34. Klassifizierung der Frakturen nach der Art der Gewalteinwirkung

Frakturtyp Charakteristika Beispiel

Torsionsfraktur Durch Drehung des an einer Stelle fixierten Komplette Unterschenkelfraktur des Ski-
Knochens kommt es zur Fraktur. Ausbildung fahrers
einer spiralförmigen Frakturlinie

Biegungsfraktur Fraktur durch Zug auf der einen und Druck auf Schlag auf die Tibia
der gegenüberliegenden Seite: Ausbildung ei-
nes Biegungskeils

Trümmerfraktur 5 (Mehrfragmentfraktur) und mehr Fragmente Impression des Armaturenbrettes auf die
(Trümmerfraktur) Tibia bei Frontalunfall

Kompressionsfraktur Stauchung in Längsachse des Knochens Wirbelkörperkompressionsfraktur bei Sturz


(Stauchungsfraktur) aus großer Höhe

Abscherfraktur Glatte, quere Frakturlinie bei direktem Trauma Sturz mit Fraktur des Oberschenkelhalses
(Klassifikation nach Pauwels)

Etagenfraktur Mehrfachfraktur an einem Knochen mit da- Etagenfraktur der Tibia bei Stoßstangen-
zwischen liegenden intakten größeren Frag- anprall. Mehretagenfraktur, z. B. Fuß-Unter-
menten schenkel-Patella-Femur-Azetabulum

Serienfraktur Folge von Frakturen an einer Extremität oder


auch die sog. Rippenserienfraktur

Defektfraktur Zerstörung des Knochens über eine Trümmer- Schussverletzung


fraktur hinaus

Luxationsfraktur Fraktur und Luxation an einem Gelenk, meist Knie- und Sprunggelenksluxation
mit Kapsel-, Band-, oft auch mit Gefäß- und (OSG-Luxation)
Nervenbeteiligung

Frakturen mit Epiphy- Zum Beispiel Aitken-Fraktur (Klassifikation


senbeteiligung nach metaphysärem Fragment (Typ I), epi-
physärem Fragment (Typ II) oder Kombinatio-
nen von beidem (Typ III)

Abrissfraktur Abriss eines Knochenfragments durch Seh- Fraktur der Patella durch Muskelzug,
nen-/Muskelzug Knöcherner Kreuzbandausriss
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
137 1

Unter einer Dislokation versteht man eine Verschiebung Komplikationen der Fraktur
(traumatisch: Muskelzug der Knochenfragmente entge- Von der Fraktur abgesehen kann es durch die Fraktur
gen der normalen Anatomie), was häufig vorkommt. oder durch das ursächliche Trauma zu erheblichen Be-
gleitverletzungen (Organ-, Arterien-, Nerven-, Mus-
Formen der Dislokation kel-, Haut-, Sehnen-, Band- und Knorpelläsionen), aber
Man unterscheidet die Dislocatio »ad axim« (Achsenknick), auch zu typischen Frakturfolgen (Kompartmentsyn-
»ad latus« (Verschiebung zur Seite), »ad peripheriam« (Tor- drom, Hämatom und Blutverlust, Fettembolie) kom-
sion), »ad longitudinem cum distractione« (Verlängerung men. Das Fettembolierisiko ist insbesondere bei Frak-
in Achsenrichtung) oder »ad longitudinem cum contractio- tur großer Röhrenknochen und des Beckens gegeben,
ne« (Stauchung in Achsenrichtung). eine Luftembolie kann z. B. bei einer Klavikulafraktur
auftreten (. Tab. 1.35). Die Emboli können zu einem
Nach der AO-Klassifikation unterscheidet man fol- Gefäßverschluss in Lunge oder Gehirn führen. Infekti-
gende Frakturformen: onsrisiko besteht bei offenen Frakturen und iatrogen
4 A-Frakturen: einfache Fraktur und/oder extraarti- bei der konservativen (Zugdrahtextension) oder opera-
kulär tiven Frakturversorgung.
4 B-Frakturen: Frakturen mit Biegungskeil und/oder
partiell artikulär > Der Blutverlust durch eine Fraktur des gut perfun-
4 C-Frakturen: Trümmerfrakturen und/oder intra- dierten Knochens beträgt zwischen 50 ml (einfache
artikulär Radiusfraktur) und 5 l (komplizierte Beckenfraktur,
starke Blutung aus venösen Plexus). Unter Umstän-
Klinik, Diagnostik der Fraktur den besteht die Gefahr eines massiven Schocks.
Symptomatik. Klinisch unterscheidet man sichere
Frakturzeichen (Deformität/Fehlstellung, Knochenk- Kompartmentsyndrom
repitation, abnorme Mobilität, offene Fraktur) von Posttraumatisches Kompartmentsyndrom. Ischämi-
unsicheren Frakturzeichen (Schmerz, Functio laesa, sche Muskelnekrose (und Nervenkompression) durch
Schwellung, Hämatom). Druckanstieg (Blutungen, Ödembildung, Thrombose,
komprimierende Verbände) in den derben Muskellogen
! Cave >25–40 mmHg und konsekutive Perfusionsstörung. Die
Klinisch muss bei Frakturverdacht stets die arterielle Gefahr besteht insbesondere bei Frakturen der unteren
Perfusion (Durchblutung), Motorik und Sensibilität Extremität im Unterschenkel (wegen des dünnen Weich-
geprüft werden (»DMS«). teilmantels), seltener am Unterarm: »Volkmann-Kon-
traktur«. Als Folge können sich irreversible sensible und
Diagnostik. Bereits bei Verdacht auf Fraktur ist eine tech- motorische Ausfälle, Muskelkontrakturen oder gar ein
nisch-diagnostische Abklärung indiziert: Röntgen in Nieren- (Crush-Niere) und Multiorganversagen durch
2 Ebenen, Zielaufnahmen, evtl. CT. Benachbarte Ge- Rhabdomyolyse entwickeln. Je länger die Druckerhö-
lenke müssen in die Bildgebung mit einbezogen werden. hung besteht, desto größer Wahrscheinlichkeit irrever-
sibler Muskelnekrosen und neurologischer Ausfälle.
> Im Kindesalter ist die radiologische Frakturdiagnostik Besonders problematisch ist das Auftreten des
sehr anspruchsvoll (Ossifikation noch nicht abge- Kompartmentsyndroms unter Bewusstlosigkeit, ohne
schlossen, Gefahr des Übersehens von Epiphysenbe- dass die Betroffenen also ihre Schmerzen angeben. Der
teiligungen). Im Kleinkindalter kann die Sonographie Schmerz gilt als therapieresistent. Bei Verdacht
indirekte Frakturhinweise geben (Hämatom). (Schwellung, »harte Loge«, Sensibilitätsausfälle, Druck-

. Tab.1.35. Luftembolie – z. B. bei Fraktur der Klavikula

Definition Ätiopathogenese Symptomatik Therapie

Eindringen von Luft in Verletzung des Venensystems oberhalb Zyanose, Stop der Luftzufuhr (Naht,
großen/kleinen Kreislauf Herzniveau. Über 50 ml Luft gelten bei Dyspnoe, Klemme, Verschluss), O2-
mit folgender Embolie ei- schnellem Eintritt als potentiell gefähr- Thoraxschmerz, Gabe, Linksseitenlage,
nes kapillären Stromge- lich. Iatrogen (Zugänge), Trauma (Frak- Bewusstseins- Kopftieflage, symptomati-
bietes, Perfusionsausfall tur z. B. Klavikula in Nähe V. subclavia) störung sches Vorgehen
138 Kapitel 1 · Chirurgie

dolenz, analgetikaresistenter Ruheschmerz) ist eine > 4 Hyperthroph: vermehrte Kallusbildung bei
1 kontinuierliche invasive Druckmessung (Piezotechnik) schlechter Ruhigstellung
angezeigt. Wichtig ist es weiterhin Verbände zu lockern, 4 Athroph/Hypothroph: verminderte Kallusbil-
die Extremität hochzulagern, zu kühlen und die Indika- dung bei schlechter Durchblutung
tion zur Faszienspaltung zu überdenken.
Im Alter und bei Vorliegen zahlreicher Grunderkran-
! Cave kungen (Osteoporose, Immunsuppression, Diabetes
Bei einem Kompartmentsyndroms ist die sofortige etc.) heilen Frakturen langsamer; auch Glukokortiko-
Fasziotomie aller betroffenen Muskellogen (meist Ti- ideinnahme kann die Frakturheilung verzögern. Auch
bialis-anterior-Loge) notwendig. bei Para- und Tetraplegikern ist mit verzögerter knö-
cherner Konsolidierung zu rechnen (fehlende Stimulie-
Ein Kompartmentsyndrom kann nicht nur bei Frakturen rung, Inaktivitätsosteoporose).
auftreten, sondern auch durch lange Märsche, zu feste Nicht selten muss eine Pseudarthrose erneut (oder
Verbände, (Gipsverband), Fasciitis necroticans oder sehr erstmals), ggf. nach vorheriger »Anfrischung« der Frag-
selten nach venenchirurgischen Eingriffen am Bein. mente, osteosynthetisch adaptiert werden.

Physiologie und Pathophysiologie der Morbus Sudeck, »Reflexdystrophie«


Frakturheilung Posttraumatische Dystrophie (v. a. an der Hand auftretend)
Frakturheilung unklarer (vermutlich neurovegetative und vaskuläre Dysre-
Damit eine Fraktur heilen (endostale, periostale oder gulation) Genese. Die Erkrankung verläuft über viele Wo-
Haverssche Knochenneubildung) kann, müssen gewis- chen in 3 Stadien (Entzündung, Dystrophie, Atrophie).
se Bedingungen erfüllt sein: Zu Beginn zeigen sich Schmerz, Entzündungszeichen,
4 Kontakt der Fragmente Schwellung und Schweißproduktion, dann zunehmende
4 Ruhigstellung der Fragmente Schmerzfreiheit, jedoch atrophische Veränderungen (»blas-
4 Gute Perfusion des umgebenden Weichteilmantels se bis livide, dünne, kühle Hand«). Das Endstadium sind
4 Weitestgehende Infektfreiheit der Knochenfrag- versteifte Gelenke, manifeste Osteoporose, atrophische
mente und des Weichteilmantels Haut und Muskulatur.
Man hofft, durch Vermeidung unnötiger Traumatisie-
Die verschiedenen Formen der Frakturheilung sind in rungen bei Reposition und Osteosynthese sowie durch
. Tab. 1.36 aufgeführt. Zu der primären Frakturhei- Frühbehandlung der Stadien I/II (Ruhigstellung, physikali-
lungsform kann es streng genommen nur bei osteosyn- sche Therapie, Analgetika, nichtsteroidale Antiphlogistika,
thetischer Versorgung der Fraktur kommen. Kortisongabe, Kalzitonin) und Frühmobilisation die Rate
der Dystrophie M. Sudeck senken zu können.
Frakturheilungsstörungen
Ist die Frakturheilung gestört, weil obige Bedingungen Frakturversorgung
nicht zutreffen, kommt es zu verzögerter Frakturheilung Prinzipien
(über 4–6 Monate) oder zur Ausbildung einer (hyper- Es stehen konservative und operative Therapieformen
trophen oder atrophen/hypothrophen) Pseudarthrose zur Verfügung. Wann welches Prinzip zur Anwendung
(Fractura non sanata) mit abnormer Beweglichkeit. kommt, wird individuell erwogen (Fraktursituation,

. Tab.1.36. Frakturheilungsformen

Frakturheilungsform Charakteristik

Primäre Frakturheilung Bei stetem und direktem Kontakt der Frakturflächen oder gar Kompression: Heilung durch
direkt die Läsion primär überbrückende Osteoblasten, später Osteone

Sekundäre Frakturhei- Bei geringem Spalt zwischen den Fragmenten bildet sich dort zunächst ein minderwerti-
lung ger Geflechtknochen, der erst sekundär in Lamellenknochen umgewandelt wird. Ist der
Spalt noch breiter (einige Millimeter) entsteht aus dem sich dort sammelnden Hämatom
zunächst ein bindegewebiger »Kallus« (fibroblastenreiches Granulationsgewebe), aus die-
sem entsteht weiter Geflechtknochen und schließlich sekundär Lamellenknochen
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
139 1

Alter, Patientenwunsch, Begleit- und Grunderkrankun- die Ruhigstellung zeitlich kürzer ist und kaum negative
gen, Dringlichkeit, vitale Gefährdung u. v. m.). Effekte auf die Weichteile hat. Insbesondere beim Er-
In jedem Falle muss die Fraktur zunächst wieder wachsenen kommt der funktionellen Nachbehandlung
anatomisch eingestellt (Reposition) und ruhiggestellt (Rehabilitation) erhebliche Bedeutung zu.
(Fixation, auch gelenkübergreifend) werden. Nach
Abschluss der Knochenheilung muss die Funktionali- ! Cave
tät der Nachbargelenke wieder hergestellt werden (Phy- Keine Ruhigstellung der unteren Extremität oder
siotherapie, Ergotherapie). Bettruhe ohne Antikoagulation (Heparin, Kompressi-
Die manuelle Reposition muss schnell, schonend onsstrümpfe).
(Unfallort, unter Durchleuchtung in Klinik) erfolgen,
um Weichteile, Gefäße und Nerven zu schonen und Se- Ruhigstellende Verbände. Nicht nur zur Frakturhei-
kundärschäden zu vermeiden. Auf ausreichende Anal- lung (z. B. auch Entzündungen, Weichteilschäden, Ge-
gesie oder Narkose (Allgemein-, Regional, Frakturspalt- lenkschonungen) müssen Extremitäten, HWS, Rumpf
anästhesie) ist zu achten. Unter Zug mit Gegenzug und ruhiggestellt/fixiert werden. Mit Gips lassen sich nicht
seitlichem lokalen Druck wird versucht, die Fragmente nur die Extremitäten ummodellieren, sondern auch in-
rotations-, achsengerecht und unter Kontakterhalt der dividuelle Schienen formen. Weitere genutzte Materia-
Fragmente einzustellen. Zur Reposition können auch lien sind: Kunststoffe, Metall, elastische Binden, Pflaster,
Muskelrelaxanzien verabreicht werden. Luftkammern. Ruhigstellende Verbände, selbst Gips-
Die Reposition kann auch offen, d. h. operativ erfol- verbände bieten immer noch Bewegungsspielraum und
gen, insbesondere, wenn durch die geschlossene, manu- sind daher einer »inneren« Fixation (z. B. Osteosynthe-
elle Reposition keine befriedigende Einstellung erreicht se) meist unterlegen.
werden kann.
Gelegentlich kann bei stabilen Frakturen auf eine > In der Regel erfolgt bei Frakturen die Ruhigstellung
Reposition verzichtet werden: stabile, eingestauchte der angrenzenden Gelenke.
Frakturen (z. B. mediale Schenkelhalsfraktur).
Gips-/Cast-Fixation. Gips ist ein harte, unelastische
> 3 Säulen der Frakturbehandlung: Reposition, Fixation, Substanz. Mittels Gipsbandagen (Longuetten, Binden)
Wiederherstellung der Funktionalität oder modernerem »Cast«-Material (Kunststoff) werden
die Frakturregion und angrenzende Gelenke ruhigge-
Konservative Frakturversorgung stellt. Die betreffende Extremität sollte in »Funktions-
Die Vorteile der konservativen Behandlung (Ruhigstel- stellung« (z. B. leichte Beugung der Langfinger) ban-
lung 3–15 Wochen) liegen im fehlenden Operations- dagiert werden. Sorgfältige Polsterung (Stoffstrumpf
und Narkoserisiko, und es besteht keine Infektgefahr – Watte – Krepppapier – Gips/Kunststoff) zumindest
(Ausnahme Extensionsdrähte). Allerdings kommt das knöcherner »Druckpunkte« ist wichtig. Man unter-
Verfahren auch nur für einfache, wenig dislozierte, scheidet den geschlossenen Gipsverband und den of-
nach Reposition gut stehende und geschlossene Frak- fenen, bandagierten. Die Übergänge sind fließend zur
turen in Frage, da die Weichteile sich hier der Inspekti- Gipsschiene (Unterarm, untere Extremität etc.).
on und Therapie entziehen. Die Immobilisierung birgt Es ist ein Behandlungsfehler, bei frischer Fraktur
folgende Gefahren: einen geschlossenen, zirkulären Gipsverband anzule-
4 Dekubitus/Druckschäden (Haut, Muskulatur, Ner- gen. Es besteht dann die Gefahr von Druckanstieg durch
ven – engmaschige Verbandskontrolle!) Schwellung: Durchblutungsstörungen, Nervenschäden,
4 Reversibler/irreversibler Funktionsverlust (Mus- Drucknekrosen (Kompartmentsyndrom). Indiziert ist
kel-, Knochen-, Knorpel-, Kapselatrophie) die Längsspaltung des Gipses und (lockeres) Umwickeln
4 Thromboembolie (cave u. U. Antikoagulation, He- mit einer elastischen Bandage. Erst nach Abschwellen
parinisierung nötig) sollte ein geschlossener Gips angewandt werden.
4 Bei Extensionsbehandlung auch Pneumonie
(Atemtherapie!) > Ruhigstellung, Kühlung, Hochlagern lindert Schmerz,
fördert Schwellungsrückgang – erst dann darf ein
Zudem können die Fragmente nicht derart anatomisch zirkulärer Gipsverband angelegt werden.
korrekt und gar unter Druck wie bei der Osteosynthese
adaptiert werden. Im Kindesalter werden Frakturen sehr Selten müssen Gipskonstruktionen Kräfte an Extremi-
häufig konservativ behandelt, da eine nicht optimale tätenabschnitten überbrücken (Gehgipse mit Belastung
Reposition später »ausheilt« (sich selbst korrigiert) und des Unterschenkels etc.).
140 Kapitel 1 · Chirurgie

Als Standard gilt: Einen Tag nach Anlage erfolgt Von der gefährlichen Seite zur ungefährlichen Seite,
1 erneute Kontrolle der Perfusion, Sensibilität, Motorik (z. B. von Fibula nach Tibia) oder auch einer Bohrloch-
und Schmerzfreiheit. osteitis kommen. Beispiele sind: Femurfraktur (Stein-
mann-Nagel durch Tuberositas tibiae oder supra-
! Cave kondylär) und Unterschenkelfraktur (Kirschner-Draht
Beschwerden des Patienten mit Gips sind immer durch Kalkaneus), HWS-Fraktur (»Crutchfield-Exten-
ernst zu nehmen: Gipsabnahme, Kontrolle auf Druck- sion« an Schädelkalotte).
stellen, Wunden etc. (Gefahr des Kompartmentsyn-
droms). Weitere häufig verwendete ruhigstellende Verbände,
Schienen. Es gibt eine Vielzahl an standardisierten und
Die Entwicklung der noch teureren Kunststoffmate- bereits fertig im Handel erhältlicher Verbandtechniken,
rialen (thermoplastisch, Glasfaser, Polyester mit Poly- wovon nur eine Auswahl Erwähnung finden kann
propylen) verläuft rasch und verdrängt immer mehr (. Tab. 1.37). Seit Osteosynthesetechniken weite Ver-
den Gipsverband. Eindeutige Vorteile sind bessere breitung gefunden haben, verlieren sie mehr und mehr
Röntgenstrahlungsdurchlässigkeit, Wasserresistenz an Bedeutung. Einfache Dreiecktücher, Bindetechniken
und geringeres Gewicht. werden hier nicht dargestellt.

Extensions(streck)verband. Heute wird ein solcher Operative Frakturversorgung


Verband nur noch selten und dann häufig nur präope- Schlecht reponible Frakturen, multiple Frakturen,
rativ oder kurzfristig bei Frakturen mit Dislokations- (komplizierte) offene Frakturen, Frakturen mit Epi-
neigung (Instabilität, Muskelzug) angewandt. Mittels physenbeteiligung im Kindesalter, komplizierte ge-
permanentem Extensionszug erfolgt in einem Schritt schlossene Frakturen, Gelenkbeteiligung, Frakturhei-
die Reposition und Fixation. Mit invasiv aseptisch ossär lungsstörungen, sowie bei Verdacht auf Nerv- und Ge-
in Lokalanästhesie eingebrachtem Material wird das fäßbeteiligung müssen operativ versorgt werden. Die
distale Fragment sicher gefasst (Steinmann-Nagel, Adaptation und Fixation der Fragmente mittels Im-
Kirschner-Draht, Crutchfield-Klammer), bei Kleinkin- plantaten (Nägeln, Platten, Schrauben, Drähten etc.)
dern können Klebe-/Pflasterverbände (Femurfraktur) bezeichnet man als Osteosynthese.
ausreichen. Der Zug erfolgt mittels Schienen, Bügeln,
Gestängen und Extensionsgewichten. ! Cave
Der Extensionsverband wird nach einigen Wochen Die primäre operative Versorgung sollte binnen 6–
durch einen Gipsverband ersetzt. Engmaschige klini- 10 h nach Fraktur erfolgen. Die allgemeine Operabili-
sche und Röntgenkontrolle sind während Extension tät muss gegeben sein. Gelingt dies in der Zeitspanne
wichtig. Als Komplikation kann es zur Verletzung von nicht, wird es u. U. nötig, mehrere Tage zu warten
Gefäßen und/oder Nerven bei falscher Bohrung (Regel: (Abschwellen!)

. Tab.1.37. Häufig Anwendung findende ruhigstellende Verbände

Verband/Verfahren Material

Schanz-Krawatte, HWS-Stütze (z. B. »stiffneck«), Stoff, Gewebe, Kunststoff


»harter Kragen« bei HWS-Trauma

Schienen z. B. bei OSG-Distorsion Kunststoff, Metall, luftgekammert (z. B. Aircast), Gips

Dachziegelverband z. B. einer Fußzehe Pflasterstreifen, Tape

»Taping« z. B. des oberen Sprunggelenkes Festes Klebeband

Desault-Verband z. B. bei Schulterluxation Elastische Binden, Watte

Gilchrist-Verband z. B. bei Schultertrauma Textilstrumpf

Rucksackverband z. B. bei Schlüsselbeinfraktur Stofftouren

Bettschienen z. B. Volkmann, Braun Stoff, Binden, Metall, Kunststoff


1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
141 1

Die Vorteile liegen in der optimalen anatomischen Re- (z. B. Glassplitter) sehr wichtig (Infektgefahr). Gewebs-
position, Kompression der Fragmente (und damit be- schonung und subtile Blutstillung lauten die beiden wei-
schleunigter primärer Frakturheilung), der sofortigen teren Leitlinien in der Osteochirurgie. Bei komplizierten
Stabilität (Lagerungs-, Übungs- oder gar teil- oder voll- Frakturen geht der Osteosynthese die Versorgung von
belastungsstabil) und damit schnellen Mobilisierung, Gefäß-, Nervenläsionen voraus. Einen Überblick über die
später geringere Arthrosegefahr durch optimale Re- verschiedenen Osteosyntheseverfahren gibt . Tab. 1.38.
konstruktion! Eine Entfernung des Osteosynthesematerials kann
Nachteile sind die potenzielle Infektgefahr von nach 3 Monaten bis 2 Jahren (sehr seltene Gefahr einer
Knochen und Weichteilen (lokaler Infekt im Operati- »Metallose«) erfolgen, abhängig von operationsspezifi-
onsgebiet u. U. Kontraindikation, hier Fixteur externe), schen und individuellen Faktoren. Bei sehr alten Men-
Fettemboliegefahr und allgemeine Operationsrisiken. schen oder riskanten Eingriffen (Densschraube) ver-
bleiben sie grundsätzlich im Körper. Spickdrähte kön-
! Cave nen evtl. bereits nach 3–6 Wochen entfernt werden;
Streng aseptische Operationsbedingungen in der Os- generell ist nach Explantation zur Vermeidung von Re-
teochirurgie, eventuell spezielle Operationsräume. frakturen eine Belastungsreduktion für ca. 4 Wochen
erforderlich.
Durchführung der Osteosynthese. Nach einem Haut-
schnitt wird die Muskulatur über der Fraktur verdrängt. Sonderformen der Osteosynthese. Drahtzuggur-
Danach ist die sorgfältige Entfernung nekrotischer und tungsosteosynthese in »Achtertouren« mittels Zer-
verschmutzter (bei offenen Frakturen) Areale, des Frak- klage (z. B. Olekranon- oder Patellafraktur) und vorher
turhämatoms und evtl. eingedrungener Fremdkörper eingebrachte Spickdrähte. Zahlreiche Spezialkonstruk-

. Tab. 1.38. Osteosyntheseverfahren

Verfahren Prinzip Material Besonderheiten

Marknägel Intramedulläre »Schienung«. Einschla- Verriegelungsnägel (zusätzliche Gedeckte (Schnitt


gen der Nägel in den Markraum, evtl. Schrauben distal/proximal der nur proximal/dis-
nach vorherigem Aufbohren (aufge- Fraktur). Unaufgebohrter, aufge- tal der Fraktur)
bohrter Marknagel) bohrter Marknagel (Kürschner-, oder offene
Gamma-, AO-Nagel). Bündelnägel (Schnitt auch
(mehrere dünne Marknägel in über Frakturge-
einer Markloge). Nur sog. »Nancy- biet) Marknage-
Nägel« bei Kindern! lung

Schrauben- Adaptation und Kompression von Frag- Kortikalisschraube mit durchge-


osteosynthese menten. Meist Kombination mit Platten- hendem Gewinde (muss vorge-
osteosynthese bohrt werden), Spongiosaschrau-
be ohne durchgehendes Gewinde

Plattenosteo- Biomechanisches Prinzip der Zuggurtung. Gerade Platten, Winkelplatten,


synthese Platte übernimmt über Frakturregion DC-Platte (dynamische Kompres-
hinweg Zug und Druck. Kompression sion, exzentrische Löcher)
der Fraktur. Viele spezielle Plattenformen Transitorischer Plattenspanner
(Neutralisations-, Abstütz-, Kompressions- zum Erzeugen von Fragmentkom-
und Rekonstruktionsplatten pression

Spickdraht- Perkutanes Einbringen von Bohrdrähten Einfache, gekreuzte Kirschner-


osteosynthese (Stifte) Drähte

Fixateur Ein risikoarmes, infektminimierendes Steinmann-Nägel oder Schanz- Zur Prophylaxe


externe und v. a. gewebeschonendes Verfahren Schrauben, Konnektionsrohre einer Pin-track-
(. Abb. 1.44) für komplizierte und v. a. komplizierte und Bügel/Ring aus Stahl, Karbon. Infektion (Bohr-
und offene Frakturen. Einbringen von Fixateur externe, interne (Material loch-Osteitis) täg-
Schrauben proximal und distal der Frak- komplett unter der Haut, z. B. liche Pin-Desin-
tur, Konnektion dieser durch Konstruktion BWS, LWS bei Spondylodesen) fektion wichtig!
142 Kapitel 1 · Chirurgie

1
. Abb. 1.44. Fixateur
externe. (Aus Siewert
2006) (7 Farbtafelteil)

tionen, dynamische Hüftschraube (pertrochantäre onen sind größere Defekte, schlecht perfundierte Frag-
Femurfraktur), dynamische Kondylenschraube etc. mente, aber auch Frakturheilungsstörungen (z. B. Pseu-
Resorbierbare Schrauben (Polidioxanon) bei Spezialin- doarthrose) und spezielle Indikationen (Fusionierun-
dikationen (z. B. Kreuzbandrekonstruktion). Verbund- gen etc.). Das Transplantat wird in Form von kleinen
osteosynthese: Osteosynthese in Kombination (»Ver- Fragmenten (Mörser) in die Defektregion eingebracht.
bund«) mit einer Defektfüllung mit Knochenzement,
z. B. bei Defektfrakturen oder pathologischen Frakturen. Funktionelle Wiederherstellung
Verlängerungsosteosynthesen (Knochendurchtrennung Postoperativ sind folgende Maßnahmen zur Wieder-
und tägliche Distraktion mittels Spezialfixateur (Ilizarov) herstellung der Funktion indiziert:
um 1 mm) zum Gewinnen von Substanz bei großen 4 Sofortige Physiotherapie, insbesondere bei Bettlä-
Defekten, zur Korrektur von Beinverkürzungen. gerigkeit (Atemübungen, Bewegung aller nicht ru-
higgestellten Gelenke)
Endoprothetik. Bei manchen Frakturformen (kompli- 4 Physiotherapie, Wiederherstellung der Funktion
zierte Frakturen mit Gelenkbeteiligung und in Abhän- der verletzten Extremität nach Entfernung des
gigkeit vom Lebensalter des Patienten (z. B. Schenkel- Gipsverbandes
halsfraktur) hat sich der sofortige Ersatz eines Gelenks 4 Physiotherapie und sofortige Mobilisation bei
durch ein Implantat bewährt. So kann entweder eine übungsstabilen Osteosynthesen, Teilbelastung bei
Gelenkfunktion wiederhergestellt werden oder aber die belastungsstabilen Osteosynthesen
Heilungsphase erheblich verkürzt werden (Thrombose,
Immobilisierungsschäden, Hospitalinfekte). ! Cave
Durch Ruhigstellung kommt es zu Gelenkkontraktur,
Knochentransplantation. Es besteht die Möglichkeit, Muskelatrophie und Knochendemineralisation (Inak-
Spongiosa oder Kortikalis (auch ganze Knochen z. B. tivitätsosteoporose).
gefäßgestielte Fibula) autolog (vom Patienten selbst,
Entnahme meist an der Crista iliaca) oder homolog – al- Auch durch verheilte Achsenfehlstellung nach Fraktu-
logen (menschlicher Spenderknochen, stets schlechtere ren kann es nach Jahren zu sekundären Arthrosen kom-
Eigenschaften als autolog) zu transplantieren. Indikati- men (unphysiologische Gelenkknorpelbelastung)
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
143 1

In Kürze

Frakturen

Frakturformen Symptome, Komplikationen Frakturheilung, Frakturversorgung


Diagnostik Heilungsstörungen

Fissur Deformität Begleitverletzun- Primäre/sekundäre Konservativ:


Infraktur Krepitation gen Weichteile Heilung 4 Reposition
Traumatische, Immobilität (Gefäße, Nerven, Voraussetzungen der 4 Ruhigstellung (Gips,
direkte, indirekte, Schmerz Organe) Frakturheilung: Extension u. a.)
pathologische Functio laesa Kompartment- 4 Kontakt der 4 Funktionstraining
Fraktur Schwellung syndrom Fragmente Operativ:
Ermüdungsfraktur Hämatom Blutverlust 4 Ruhigstellung 4 Offene Reposition
Torsions-, Bie- Röntgen in Fettembolie 4 Gut perfundierter 4 Nekrosektomie, Hä-
gungs-, Trümmer-, 2 Ebenen Infektion Weichteilmantel matomausräumung
Kompressions-, Eventuell CT 4 Infektfreiheit 4 Anatomische Adap-
Abscher-, Etagen-, tation durch Osteo-
Serien-, Defekt-, Heilungsstörungen, synthese (Schrau-
Luxations-, Abriss-, wenn obiges nicht erfüllt ben, Nägel, Platten,
Grünholzfraktur ist sowie bei hohem Al- Drähte, Fixateur,
Offene, geschlos- ter, Grunderkrankungen, Gelenkersatz, Kno-
sene Fraktur Kortisoneinnahme etc. chentransplantati-
Gefahr von Pseudarthro- on (autolog, homo-
senbildung log, Zement)
Morbus Sudeck 4 Funktionstraining

Kompartmentsyndrom

Definition Symptome, Diagnostik Therapie Prognose

Druckanstieg in einer Muskello- Therapieresistenter Hochlagern, Kühlung, Je länger Druckerhö-


ge (Kompartiment), meist des Schmerz, palpatorisch Verbandslockerung. hung besteht, desto grö-
Unterschenkels (Tibialis-anteri- »harte Loge«. Pulsaus- Druckentlastung durch ßer Wahrscheinlichkeit ir-
or-Loge). Ursache: Einblutung fall (nicht zwingend). Notfallfasziotomie der reversibler Muskelnekro-
(z. B. Fraktur), Ödem, Schwel- Neurologische Ausfäl- betroffenen Muskel- sen und neurologischer
lung, zu feste Verbände mit Fol- le (Sensorik, Motorik). logen, danach evtl. zwei- Ausfälle
ge der Muskelischämie, später - Druckmessung mittels zeitige Deckung mit
nekrose. Nervenschädigung Sonde Hautersatz

1.8.1.3 Verletzung von Gelenken, > Bei einem Luxationstrauma finden sich häufig Be-
Gelenkknorpel gleitverletzungen: Knorpel, Nerven, Sehnen, Gefäßen
Häufige Gelenkverletzungen fasst . Tab. 1.39 zusam- und Knochen. Daher ist z. B. bei Schulterluxation die
men. Funktion des N. axillaris zu prüfen. Die Luxation des
Schultergelenks (OSG) ist ein Notfall. Wichtig ist eine
Ätiopathogenese. Der Gelenkknorpel kann durch di- sofortige Reposition, unabhängig vom späteren Vor-
rektes Trauma geschädigt werden (z. B. Frakturlinie gehen (operativ, konservativ). Vor und nach der Repo-
durch Gelenk, Knorpelschaden durch Luxation, Im- sition muss ein Röntgenbild den Befund bestätigen.
pressionsfraktur) oder später durch Fehlbelastung z. B.
durch Fehlstellung/Ernährungsstörungen Schaden Symptomatik. Hämarthros, Reizerguss, Schmerz, Blo-
nehmen. In jedem Falle ist der Prozess ein Teufelskreis, ckierungen sind Leitsymptome der Gelenk- und Knor-
der letztlich in Gelenkzerstörung mündet. pelverletzung.
144 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab.1.39. Häufige Gelenkerkrankungen – Hämarthros, freier Gelenkkörper

Erkrankung Definition/Ätiopathogenese Symptomatik, Therapie


Diagnostik

Hämarthros Meist traumatisch bedingter blutiger Erguss im Schwellung, Arthroskopische Interventi-


Gelenk, z. B. im Kniegelenk aufgrund Kreuz- Schmerz, Func- on, offene Sanierung nach
bandruptur, Basisnaher Meniskusschaden, Frak- tio laesa. CT, Befund (Teilmeniskektomie,
tur. Verbleibendes Hämatom per se kann zu MRT, Sonogra- Kreuzbandersatz, Refixation,
Knorpelschäden führen. Infektgefahr. Verdacht phie, Punktion. Frakturversorgung etc.)
auf Hämophilie bei nicht adäquatem Trauma Arthroskopie

Freier Abscherung Gelenkknorpel, osteochondrale Reizerguss, Arthroskopische Entfernung


Gelenkkörper Fraktur, Osteochondrosis dissecans Schmerz, Blo- (Fasszange, »shaving«), evtl.
ckaden, CT, MRT, Mikrofrakturierung, Knor-
Arthroskopie peltransplantation

> Hämarthros: Blutiger Erguss im Gelenkraum durch fernen Schichten, also jenen, die an der Gelenkober-
Einriss der Synovialis. Mögliche Ursachen sind intraar- fläche liegen) nur bei Heranwachsenden befriedigend
tikuläre Fraktur, basisnaher Meniskusriss, am Kniege- gegeben, im Erwachsenenalter nicht vorhanden. Da-
lenk meist Kreuzbandriss. her wird versucht, durch Mikrofrakturierung oder
Bohrlochtherapie das Knorpelwachstum knochen-
Diagnostik. Zum Frakturausschluss ist stets eine Rönt- nah (subchondral) durch Einwanderung von Stamm-
gendiagnostik in 2 Ebenen durchzuführen. Bei eini- zellen (aus Knochenmark) zu stimulieren. Die Ergeb-
gen Fragestellungen müssen Spezialaufnahmen (ge- nisse autologen Chondrozytentransplantation geben
haltene Aufnahme, Schrägaufnahmen) oder ein CT Grund zur Hoffnung. In jedem Falle wird nur Fa-
angefertigt werden. Im konventionellen Röntgen kann serknorpel (Ersatzknorpel) gebildet, der minderwer-
nur indirekt und unsicher und nur bei schwerem tig ist.
Knorpelschaden z. B. von Gelenkverschmälerung auf Gelenkbeteiligungen bei Knochenfrakturen kom-
Knorpelschaden hingedeutet werden. Daher sind CT plizieren die Versorgung erheblich und sind ungünstig
und MRT Goldstandard für die Beurteilung von Knor- im Hinblick der Erzielung einer Restitutio ad integrum.
pelläsionen. Die diagnostische Punktion und Arthro- Meist kommt es zur Arthrosebildung. In der Regel müs-
skopie sind die Verfahren der Wahl, um die Art des sen intraartikuläre Frakturen immer operativ versorgt
Ergusses (Blut, serös, »Fettaugen«) und Knorpelscha- werden.
den sowie intraartikuläre Bandverletzungen zu beur- Bei Frakturen müssen Gelenke grundsätzlich (Aus-
teilen. Die Arthroskopie bietet die Chance neben der nahme intraartikuläre Frakturen) so früh wie möglich
Diagnostik gleich therapeutisch einzugreifen. Im MRT mobilisiert werden, um irreversible Bewegungsein-
lassen sich Knorpelläsionen, subchondrale Läsionen, schränkungen zu verhindern (Motorschienen, Frank-
Meniskus- und Bandläsionen, ossäre Begleitverletzun- furter-Schiene, Physiotherapie etc.).
gen mit perifokalem Ödem beurteilen.
Prognose. Der natürliche Verlauf von Band- und Kap-
! Cave selstrukturverletzungen kann Instabilitäten (»Schlot-
Ein Gelenkerguss bildet sich nur bei intakter Kapsel! tergelenk«, rezidivierende Luxationen) und nachfol-
Selbst schwere Gelenktraumata können bei Polytrau- gend frühzeitige oder späte posttraumatische Arthrose
matisierten übersehen werden. bedingen. Ebenso ist die Folge von Knorpelschäden
ein immer größer werdender Defekt, bzw. Arthrose
Therapie. Hyaliner Gelenkknorpel ist bradytroph, die bis hin zur völligen Zerstörung eines Gelenks (Ausbil-
Regenerationsfähigkeit ist (insbesondere in knochen- dung einer Versteifung), i. d. R. nach 20–30 Jahren.
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
145 1

In Kürze

Gelenkverletzungen

Gelenkkontusion 4 Ätiologie: »Prellung« durch Stoss, Anschlag etc.


4 Beispiel: Sturz auf das Kniegelenk
4 Symptomatik: Hämatom, Schmerz, Schwellung
4 Therapie: Analgesie, evtl. kühlen, Ruhigstellung. Frühfunktionelle Rehabilitation

Gelenkdistorsion 4 Ätiologie: »Zerrung«, Überdehnung des Kapsel-/Bandstruktur


4 Beispiel: Sprunggelenk bei Supinationstrauma
4 Symptomatik: starker lokaler Schmerz, Schwellung, Hämatom, Druckschmerz, Deh-
nungsschmerz
4 Therapie: Analgesie, kühlen, Ruhigstellung 2–3 Wochen (Gips, Aircast, Tapeverband),
frühfunktionelle Rehabilitation

Kapsel-/ 4 Ätiologie: Riss/Aussriss eines Bandes (auch am Knochenansatz), der Gelenkkapsel


Bandruptur 4 Beispiel: Kniegelenk nach Rotationstrauma
4 Symptomatik: Hämatom, Schwellung, Schmerz, Druckschmerz, Dehnungsschmerz, insta-
biles »aufklappbares Gelenk«
4 Therapie: konservativ oder Kapselnaht (z. B. Schultergelenk), Bandnaht, Refixation des
Bandes am Knochenansatz. Künstlicher Gewebsersatz Orthese. Frühfunktionelle Rehabi-
litation

Traumatische1 4 Ätiologie: Kontaktverlust der Gelenkpartner nach Zerreißung der Kapsel und Bänder.
Luxation Subluxation: Unvollständige Luxation
4 Beispiel: Schultergelenksluxation nach Sturz
4 Symptomatik: Fehlstellung, »leere Pfanne«. »federnde« Fixation. Schmerz, Schonhaltung.
Schwellung
4 Therapie: Analgesie, geschlossene Reposition (evtl. in Narkose) durch Zug-Gegenzug. Bei
Versagen oder bei Vorliegen von Frakturen operative, offene Reposition. Ruhigstellung
Frühfunktionelle Rehabilitation

Gelenkknorpel- 4 Ätiologie: traumatische Fissur, Impression, Kontusion des Knorpels. Abscherung des
schaden Knorpels vom Knochen
4 Beispiel: Impression des Gelenkknorpels des Femur bei Tibiafraktur
4 Symptomatik: milde bis gravierend (Gelenkverschleiß), Erguss, Funktionseinschränkun-
gen
4 Therapie: kleinere Fissuren, Kontusionen konservativ (Ruhigstellung des Gelenkes für
etwa 6–8 Wochen, Physiotherapie). Knorpelrevision z. B. Glättung (mechanisch, ther-
misch), Entfernung reiner Knorpelfragmente. Refixation größerer Knochen-Knorpelfrag-
mente. (Fibrinkleber, Stifte, Schrauben – auch resorbierbar). Mikrofrakturierung
und Pridie-Bohrlöcher zur Stimulation von Ersatzknorpelbildung. Knorpel-Knochen/
Spongiosatransplantation (autolog, homolog), Knorpelzelltransplantation (autolog).
Umstellungs-/Entlastungsosteotomien

1
Habituelle Luxation: rezidivierende Luxationen ohne adäquates Trauma durch angeborene oder posttrauma-
tische Dysanatomie, Therapie: Operative Korrektur (Straffung, Plastik, Osteotomie). Angeborene Luxation:
z. B. Hüftdysplasie.
146 Kapitel 1 · Chirurgie

1.8.1.4 Verletzungen von Sehnen und 1.8.1.5 Verletzungen der Muskulatur


1 Schleimbeuteln Muskelzerrung, Muskelfaserriss und Muskelriss be-
Sehnenruptur/traumatische Durchtrennung zeichnen die gleiche Situation lediglich in steigen-
Definition/Ätiopathogenese. Bei Traumen können dem Ausmaß. Während Muskelzerrung, -faserriss und
Sehnen durch Schnitt, Ruptur, Abriss verletzt werden. -riss häufig indirekt durch Zug entstehen, kann Mus-
kulatur auch direkt durch ein Trauma zerschnitten/ge-
! Cave quetscht werden. Posttraumatisch kann es im Muskel-
Typische Verletzungsursache der Achillessehne: Kräf- gewebe zu lokalen Verhärtungen (Ossifikationen)
tiges Anschieben eines PKW. Typische Verletzungsur- kommen.
sache der Fingerbeugesehnen: z. B. tiefe palmare
Messerschnitte bei Abwehrgriff gegenüber einem mit Muskelzerrung
einem Messer bewaffneten Angreifer. Es zeigen sich Schmerz, Druckschmerz. Therapeutisch
Schnittverletzungen im Haushalt gehören zu den ist eine Kühlung angezeigt, nach 2–3 Tagen kann wieder
häufigsten Verletzungen überhaupt. Belastung erfolgen.

Symptomatik. Deformitäten; Funktionsverlust. Muskelfaserriss


Es zeigen sich Schmerz, Druckschmerz, Hämatom. In-
Diagnostik. Klinisch zeigen sich Funktionsminderung diziert ist die Kühlung, nach Beschwerderückgang lang-
bis Funktionsverlust (Strecken, Beugen). Technische sam steigendes Training (nach ca. 4–7 Tagen).
Diagnostik: Sonographie, MRT.
Muskelriss
Therapie. Durchtrennte/rupturierte Sehen (z. B. Finger- Symptome bestehen in Druck-, Bewegungsschmerz,
extensor-/Fingerbeugesehnen, Achillessehne) werden Hämatom, Deformität, Funktionsausfällen. Ätio-
genäht (Achillessehne häufig konservativ; Behandlung logisch kann ein Muskelriss indirekt durch Über-
7 unten) (sofort, spätestens binnen 1 Woche) und post- lastung entstehen oder direkt infolge eines Traumas
operativ für etwa 8 Wochen ruhiggestellt (Beugestel- (z. B. Tritt).
lung, Extensionsgips).
> Die Diagnose des Muskelrisses ist sehr gut sonogra-
Schleimbeutel phisch möglich.
Ätiopathogenese. Bursae können traumatisch bedingt
mitverletzt sein (Sturz auf das Knie). Eine Bursitis: Ent- Therapeutisch sind Kühlung, Hochlagern, Ruhigstel-
zündung der Bursae eines prominenten Gelenkes: lung, langsame Belastungssteigerung nach 2 Wochen
Schwellung, Schmerz. indiziert. Nur größere Muskelrupturen werden durch
Muskelnaht mit Hämatomausräumung chirurgisch
Symptomatik/Diagnostik. Allgemeine Entzündungs- versorgt. Durch die Anpassungsfähigkeit der Muskula-
zeichen (Tumor, Rubor, Calor, Functio laesa, Dolor), tur können auch größere Narbenareale kompensiert
Laboruntersuchung (Leukozyten, CRP). werden, so dass es zu völligen Wiedererlangung der
Funktionalität kommt.
Therapie. Bursektomie, evtl. Adaptation durch Naht,
Drainage, ggf. Antibiose. Häufiger sind allerdings Reiz- Muskelquetschung
bursitiden: konsequente Entlastung, Kühlung. Zu einer Muskelquetschung kommt es häufig in
Kombination mit Frakturen, Gefäß- und Nervenverlet-
»Bursitis« bei bestimmten Berufsgruppen zungen (z. B. Überrolltrauma). Die wichtigsten Kom-
Bei der Fliesenlegerbursitis präpatellar oder auch der Bursi- plikationen einer Muskelquetschung sind das Kom-
tis olecrani des Schriftstellers, u. v. m. liegt meist kein Trau- partmentsyndrom, die Infektion des nekrotischen
ma vor, sondern eine chronische Reizung (chronisch-seröse Muskelgewebes und bei größeren nekrotischen Mus-
Bursitis z. B. Bursitis praepatellaris bei Reinemachefrauen/ kelarealen die Entwicklung einer Crush-Niere.
Fliesenlegern). Besteht der Erguss längere Zeit, bilden sich
Kapselverhärtungen, Einlagerungen (»Reiskörner«) und es > Bei der Muskelquetschung ist eine Myoglobinbestim-
besteht die Gefahr einer Infektion. Im Rahmen der Anam- mung im Serum als Rhabdomyolyseparameter durch-
nese ist nach dem Beruf/Hobby/Gewohnheit zu fragen. Die zuführen.
Therapie besteht in der Vermeidung des Reizes; evtl. Punk-
tion, Bursektomie bei chronischem Verlauf.
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
147 1

Die Therapie besteht in einem Débridement, ggf. Mus- Ossifizierende Myositis


kelnaht, ggf. Fasziotomie bei Verdacht auf Druckanstieg Durch Einblutungen in die Muskulatur (Stammzellen),
(Einblutung, Ödem), ggf. Antibiose bei Infektionsge- durch Organisation nekrotischer Areale kommt es zu
fährdung, Ruhigstellung. Im Verlauf vernarbt die Mus- bindegewebigen Umbau, Verhärtungen, Kalkeinlage-
kulatur. Je nach Ausmaß der Zerstörung ergeben sich rungen und auch zu lokalen Ossifikationen. Dies kann
Funktionsbeeinträchtigungen; hier ist daher eine Reha- jedoch nicht immer als gesicherte Ätiologie gelten. Prä-
bilitation wichtig. destiniert sind in jedem Falle die proximalen Extremi-
tätenabschnitte.
! Cave Die Therapie erfolgt medikamentös (zu Beginn mit
Bei Muskelquetschungen darf ein Kompartmentsyn- lokalen Kortikoiden, auch Indometazin), mittels opera-
drom nicht übersehen werden. tiver Exzision oder Strahlentherapie.

In Kürze

Kalzifikation und Ossifikation von Muskeln

Kalzifikation, 4 Ätiologie: teils erhebliche Knochengewebsneubildung (pathologische Kalkeinlagerung) in


Ossifikation Weichteilen. Posttraumatisch/postoperativ, selten spontan. z. B. im Bereich des Hüftgelenkes
von Muskeln, nach operativem Gelenkersatz (TEP). Entstehung vermutlich durch Weichteiltrauma, Häma-
Myositis ossi- tom und Irritation ausgelöste Metaplasie der Muskulatur. Auftreten auch bei Para- und Tetra-
ficans, »hete- plegikern, auch bei Schädel-Hirn-Trauma und Langzeitbeatmung beobachtet. Genetische
rotope Ossifi- Disposition
kationen« 4 Symptomatik: typischerweise 2–4 Wochen nach traumatischen Ereignis: Schmerzen, Schwel-
lung, Bewegungseinschränkung bis zur völligen Gelenksteife
4 Diagnostik: Röntgen (wolkenartiger Kallus) , MRT, CT
4 Therapie: lokale Kortikoidinjektion, Litholyse, operative Exzision, Arthrolyse
4 Prognose: gut, evtl. Rezidive. Bei schweren Gelenkverletzungen und/oder bekannter Dispo-
sition kann prophylaktisch die Gabe von Antiphlogistika (NSAR 3-mal/Tag für 6 Wochen)
und/oder Bestrahlung (7 Gray in 24 h) die Rate an Ossifikationen senken. Verschiedene wei-
tere Substanzen sind in Erprobung

1.8.1.6 Infektionen von Knochen Raum dem Immunsystem entzieht. Auch Antibiotika
und Gelenken können nur in perfundiertes Gewebe gelangen. Somit
Osteomyelitis, Osteitis steigt die Gefahr einer Osteitis mit der Bakterienanzahl/
Definition/Ätiopathogenese. Osteomyelitis und Ostei- Virulenz, der Immunschwäche des Patienten und mit
tis werden im klinischen Alltag häufig synonym ver- der Schwere des Traumas an Knochen und Weichteilen
wendet. Streng genommen handelt es sich jedoch bei (Stresshormone, Zytokine).
der Osteomyelitis um eine eitrige Entzündung des
Knochens, die Folge einer endogenen hämatogenen > Die Entstehung einer Osteitis kann durch präopera-
Streuung ist. Sie ist also bedingt durch Erreger, die über tiven und perioperativen Antibiotikaschutz, streng
die arterielle Blutversorgung in den Knochen eindrin- aseptische und gewebeschonende Operation, kon-
gen und einer Absiedelung eines Infektherdes im Kör- sequentes Débridement (Knochen, Weichteile) sowie
per (endogen) entstammen (z. B. Abszess mit S. aureus gute Weichteildeckung gesenkt werden.
an anderer Region). Die eitrige Osteitis dagegen ent-
steht exogen durch Eindringen von Erregern von au- Sowohl bei der Osteomyelitis als auch bei der Osteitis
ßen (z. B. offene Fraktur, iatrogen bei Osteochirurgie) unterscheidet man die akute von der chronischen Ver-
in den Knochen mit nachfolgender Infektion und Ent- laufsform. Die chronische Verlaufsform zeichnet sich
zündung. durch protrahierten Verlauf, mildere oder gar fehlende
Durch Fraktur/Operation sind Fragmente minder- Laborveränderungen und geringere Klinik (oft keine
perfundiert und daher infektanfälliger, da sich dieser Temperaturerhöhung) aus.
148 Kapitel 1 · Chirurgie

1 . Tab. 1.40. Akute Osteomyelitis/Osteitis

Akute Osteomyelitis/Osteitis

Erreger Staphylococcus aureus, Meningokokken, Streptokokken u. v. m.

Auftreten Endogen bei Säuglingen, Kindern, exogen posttraumatisch, postoperativ

Klinik Allgemeinsymptome, hohes Fieber, Entzündungszeichen im Infektgebiet (Schwellung, Rötung etc.),


Wundschmerz

Diagnostik Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP und BSG erhöht, Röntgen (Aufhellungen, Destruktionen erst
nach Latenz). CT, MRT, Szintigraphie. Mikrobiologische Untersuchung des Punktionsmaterials

! Cave Prognose. Diese ist nur beim Frühstadium der akuten


Nicht selten findet sich ein Wechsel zwischen akuten Osteomyelitis günstig. Sonst besteht die Gefahr von
Schüben und chronischer Verlaufsform. chronischer Persistenz, Fistelung bis zum Gliedmaßen-
verlust.
Symptomatik/Diagnostik. . Tab. 1.40.
> Chronische Verlaufsformen heilen sehr selten spon-
Komplikationen. Komplikationen sind weiteres Streu- tan aus und nur selten unter konservativer Therapie.
en in Blutbahn mit Sepsis, Abszessierung, Fistelung, Auch zu große Infektherde können nicht abgebaut
Knochenarrosion, -destruktion und Chronifizierung. werden.

! Cave Seltenere infektiöse und entzündliche


Gefährlich ist insbesondere das Übergreifen auf Ge- Absiedlungen im Knochen
lenkregionen (Knorpeldestruktion, Wachstumsstö- Auch Tuberkulose und viele andere Erreger können
rungen im Kindesalter). sich im Knochengewebe/Skelettsystem manifestieren.
Hierbei werden die Wirbelkörper bevorzugt.
Therapie. Bei der akuten und beginnenden Verlaufs-
form kann eine reine antibiotische Behandlung (sowie Brodie-Abszess
Ruhigstellung) genügen; je ausgedehnter die Abszes- Definition/Ätiopathogenese. Chronischer Knochen-
sierung ist, je länger die Infektion besteht und je ausge- abszess: Oft handelt es sich um einen Zufallsbe-
dehnter die Defekte und Nekrosen sind, umso radikaler fund, meist zeigt sich eine kniegelenksnah, meta-
wird die notwendige chirurgische Sanierung. physär zentralherdförmige Osteomyelitis. Es entwi-
Breitbandantibiotika sollten primär verabreicht ckelt sich ein abgekapselter septischer Prozess bei guter
werden, dann folgt eine gezielte Therapie nach Resis- körperlicher Abwehrlage und/oder niedriger Keim-
tenzschema (Abstrich vor Beginn der antibiotischen virulenz. Es kann aber zur Aktivierung bei schlechter
Behandlung), auch lokal per Spülflüssigkeit. Eine chi- Abwehrlage und/oder Virulenzzunahme der Erreger
rurgische Sanierung ist mit steigender Invasivität in- kommen.
diziert: Saug-Spül-Drainage, Fremdkörperentfernung,
Nekrosektomie (»Sequestrektomie«), Weichteildébri- Symptomatik. Kaum Symptome.
dement, offene Wundbehandlung, Lokalantibiose (Kno-
chenzement-Gentamicin-Kontrastmittelkette, antibio- Diagnostik. Röntgen: Aufhellung mit Sklerosesaum.
tisches Vlies), evtl. Knochentransplantation. Bei Insta-
bilität erfolgt eine transitorische Fixateur-Versorgung. ! Cave
Weichteildefektdeckung oder sogar eine Amputation Differenzialdiagnosen Tumor, Metastase, Zyste, Mor-
können nötig werden. bus Paget dürfen nicht vergessen werden.

! Cave Therapie. Die Therapie erfolgt analog zur Versorgung


Bei endogener Osteomyelitis darf die Therapie des der Osteomyelitis/Osteitis: kausale Therapie der
kausalen Infektherdes nicht vergessen werden. Grunderkrankung. Falls konservativ keine Abheilung
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
149 1

möglich ist, ist die lokalchirurgische Sanierung, ggf. au- Symptomatik. Es zeigen sich lokale Entzündungszei-
tologe Transplantation, Stabilisierung (Osteosynthese, chen (Rötung, Schwellung, Überwärmung), Ruhe-,
Fixateur externe und ggf. Deckung (z. B. Lappen mit Nachtschmerz, Fieber im weiteren Verlauf.
Vollhaut, gestielt) indiziert.
Diagnostik. Initial entwickelt sich ein seröser, später
Gelenkinfektion (Arthritis) putrider Erguss. Ein Gelenkempyem führt zu Laborver-
Synonym. Septische Arthritis, Pyarthrose. änderungen (Leukozyten-, CRP- und BSG-Anstieg),
Röntgenveränderungen (unscharfe Gelenkskonturen,
Definition. Infektion des Gelenkraums mit Erregern verschmälerter Gelenkspalt, selten Osteolysen).
(z. B. S. aureus).
Therapie. Indiziert sind Ruhigstellung, systemische
Ätiopathogenese. Meist liegt eine primäre Infektion hochdosierte Antibiose (sobald wie möglich nach Anti-
durch Eröffnen der Gelenkraums (Trauma, iatrogen) biogramm), Arthroskopie, Spülung, evtl. Saugspülung,
zugrunde, seltener entwickelt sich die Infektion sekun- täglich arthroskopische Spülung, Synovialektomie. Bei
där durch Übergreifen einer Osteitis oder Weichteilin- chronischem Verlauf werden nicht selten Nekrosekto-
fektion oder durch endogene Absiedelung aus anderen mie und Arthrodese oder zweizeitige Prothetik (nur bei
Herden (Sepsis etc.). Stadien sind Synovialitis, Ge- vollständiger Infektsanierung!) notwendig.
lenkempyem, Panarthritis (Übergreifen auf Knochen
und periartikuläres Gewebe). Prognose. Je länger der Infekt besteht, desto größer ist die
Gefahr von irreversiblen Knorpel und Knochendefekten.

In Kürze

Entzündungen/Infektionen des Knochens und des Gelenkraums

Osteomy- 4 Symptomatik: lokale, evtl. allgemeine Entzündungszeichen. Schmerz. Funktionsbeeinträchti-


elitis/ gungen
Osteitis 4 Diagnostik: Röntgen (Aufhellungen, Destruktionen nach gewisser Latenz), MRT, CT. Entzün-
dungsparameter im Labor erhöht. Mikrobiologische Diagnostik von Punktions-/Biopsiegewe-
be. Szintigraphie
4 Therapie: sofortige, bereits bei Verdacht knochengängige systemische i.v. Antibiose (z. B. Clin-
damycin), zuerst kalkuliert, dann gezielt über mindestens 6 Wochen. Ruhigstellung. Ggf. Fokus-
suche. Nekrosektomie, Sequestrektomie, Kürettage, Saug-Spül-Drain, Fremdkörperentfernung,
lokale Antibiose, Resektion und Rekonstruktion, zweizeitige Transplantation, Amputation

Eitrige 4 Symptomatik: Lokale Entzündungszeichen, Ruhe-, Nachtschmerz, Fieber bei weiterem Verlauf.
Arthritis 4 Diagnostik: Seröser Erguss , Gelenkempyem. Laborveränderungen (Leukozyten, CRP, BSG),
Röntgenveränderungen (Unscharfe Gelenkskonturen, Verschmälerter Gelenkspalt, Osteolysen)
4 Therapie: Ruhigstellung, systemische hochdosierte Antibiose, Arthroskopie, Spülung, evtl.
Saugspülung, Synovialektomie. Bei chronischem Verlauf nicht selten Nekrosektomie und Arth-
rodese oder zweizeitige Prothetik notwendig

1.8.1.7 Amputation, Replantation Als traumatische Amputationsverletzung bezeichnet


Amputation man den vollständigen verletzungsbedingten Verlust
Ist das Trauma an einer Extremität so schwer, dass eine einer Gliedmaße. Meist erfolgt diese durch die Kombi-
Rekonstruktion nicht möglich ist, oder ist die Vitalbe- nation von Riss/Schnitt/Quetschung.
drohung (z. B. Infektion, Blutung), derart groß, dass Bei der therapeutischen Amputation ist auf eine
eine Extremität nicht erhalten werden kann, muss sie ausreichende Weichteildeckung (Muskel, Haut) sowie
amputiert werden. Operationsnarbe außerhalb der Stumpfbelastungszone
zu achten.
> »Life before limb«. Komplikationen nach Amputation sind: Stumpf-
ödem-, Stumpfhämatom, Kontrakturen, Infektion,
150 Kapitel 1 · Chirurgie

Stumpfschmerz, Phantomschmerz (v. a. nach traumati-


1 scher Amputation), Dekubitus. . Tab. 1.41. Untersuchung Polytraumatisierter

Organsystem Maßnahmen
Therapeutische und traumatische Amputation
Die therapeutische Amputation ist begrifflich von der trau- Vitalfunktion Inspektion, Auskultation, Perkus-
matischen Amputation (Amputationsverletzung) zu unter- Atmung sion, Pulsoxymetrie, Röntgen-
scheiden. Die Traumata rangieren allerdings als Amputati- Thorax, CT-Thorax
onsindikation nicht an erster Stelle. pAVK, Diabetes, selte-
Vitalfunktion RR, Puls, EKG, ZVD, Diurese (Bi-
ner maligne Tumoren sind zusammen mit Abstand die Zirkulation lanz)
häufigsten Ursachen einer therapeutischen Amputation.
Vitalfunktion Neurologischer Status, Glasgow-
Replantation ZNS Coma-Scale, Röntgen-Schädel,
Manche Körperteile können unter bestimmten Voraus- CT-Schädel und Achsenskelett
setzungen replantiert werden:
4 »Scharfe« Durchtrennung (sonst ggf. Nachresekti-
on nötig)
4 Weitgehende Infektions- und »Verschmutzungs- ! Cave
freiheit« Es darf nicht zum Zeitverlust durch die unter elekti-
4 Faktor Zeit ven Bedingungen indizierte Gründlichkeit kommen:
Entscheidend sind schnelle, zielführende Anamnese,
Kleine Fingerkuppen, Ohrläppchen können direkt Untersuchung und Operationsvorbereitung.
durch Naht adaptiert werden. Größere Gewebestücke
müssen nach den Regeln der Mikrochirurgie (Gefäß- ! Cave
und Nerven-, Sehnenanastomosen) replantiert werden. Die Behandlung des Polytraumas beginnt nicht erst
Je größer das abgetrennte Körperteil (z. B. komplette in der Klinik, sondern am Unfallort!
obere Extremität), umso geringer ist die Wahrschein-
lichkeit des Erfolges. Therapie. Das Behandlungsmanagement Polytraumati-
sierter zeigt . Tab. 1.42.
! Cave
Der Gesamtstatus eines Polytraumatisierten (CT, Vital- ! Cave
funktionen, Ausschluss innere Verletzungen) darf we- Intraabdominelle Blutungen haben allererste Be-
gen eines abgetrennten Fingers nicht vernachlässigt handlungspriorität.
werden.
Komplikationen. Durch Schock (Hypoxie, v. a. Lunge:
1.8.1.8 Polytrauma »adult respiratory distress syndrome«, ARDS; Niere:
Definition. Als Polytrauma gilt eine Verletzung mehrerer akutes Nierenversagen; Leber) und daraus folgend »Is-
Körperregionen/Organsysteme, welche für sich alleine chämie-Reperfusionssyndrom«, metabolische Entglei-
oder in Kombination vital bedrohlich sind. Ursache sind sung (Postagressionssyndrom, Gerinnungsstörungen,
meist Verkehrs- und Arbeitsunfälle (z. B. Stürze). »systemic inflammatory response syndrome, SIRS) und
evtl. Sepsis kann es bis zum Multiorganversagen kom-
> Ein striktes, interdisziplinäres (Chirurgie, Anästhesie, men. Dies wird gelegentlich auch als »Zweitkrankheit«
Radiologie, Neurochirurgie, Augenheilkunde, HNO, bezeichnet. Die Zusammenhänge sind komplex. Auf
Kieferchirurgie etc.) Behandlungsmanagement ist molekularer Ebene spielen Radikale, Mediatoren (TNF-
entscheidend in der Versorgung polytraumatisierter α u. a.), Zytokine, NO, die die Endothel- und Membran-
Patienten. funktion stören, eine erhebliche Rolle.

Diagnostik. Die Anamnese (Unfallmechanismus) und ! Cave


die klinische Untersuchung (Vitalfunktionen) in der Bei fast allen schweren Traumata besteht ein Volu-
Notfallaufnahme (»Schockraum«) sind stark fokussiert menmangel (Blutverlust durch Frakturen, Organver-
auf die Gewinnung elementarer Informationen letzung, Permeabilitätsänderung der Zellmembran
(. Tab. 1.41). Es gilt in dieser sog. »golden hour« (erste (»capillary leak«).
Stunden nach Trauma), klare Prioritäten festzulegen.
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
151 1

. Tab.1.42. Phasen des Behandlungsmanagements polytraumatisierter Patienten

Phase Merkmale I Merkmale II

Schock- und Reanima- Diagnostik vital bedrohlicher Blutungen in Schockbekämpfung, Volumengabe: Kristal-
tionsphase (Minuten Abdomen, Becken, Thorax, Schädel, Wirbel- loide, Kolloide, Hämotherapie (Erythrozy-
bis Stunden nach Auf- säule. Klinik: Hypotonie, Tachykardie, ge- ten, Plasma – FFP). suffiziente Oxygenie-
nahme) spanntes Abdomen/Atemstörungen (Pal- rung, PEEP-Beatmung mit O2-Anreicherung,
pation, Röntgen, CT, Peritoneallavage, So- Parameterkorrektur, Analgosedierung oder
nographie – freie Flüssigkeit). Ausschluss Narkose. Medikamentöse Kreislaufstabilisa-
einer Darmperforation (»freie Luft«). Aus- tion
schluss eines Pneumothorax/Hämatotho-
rax. Notfalllabor (Hb, Hkt, Elektrolyte, arteri-
elle BGA, Blutgruppe, Kreuztest, Gerin-
nungsparameter, Glukose, Kreatinin,
Gesamtprotein)

Erste operative Phase Erste Priorität (binnen Minuten) und abso- Laparatomie, Blutstillung (Leber, Milz, Niere,
(Minuten bis Stunden lute und unverzügliche Operationsindikati- Darm, große Gefäße)
nach Aufnahme) on haben intraabdominelle Blutungen (z. B. Stabilisierung und Kompression der Be-
Leber, Milz), Darmperforationen, Becken- ckenfraktur
frakturen, intrakranielle Blutungen (sub-/ Thoraxdrainage, Thorakotomie (große Gefä-
epidural). Intrathorakale Blutungen und der ße, Herz)
Spannungspneumothorax gelten ebenso Trepanation bei intrakraniellen Blutungen
als sofortige Indikation zu einer Entlastung Amputationen
(Drainage) Reposition von Luxationen (z. B. Kniegelenk,
OSG, Schultergelenk)

Erste Stabilisierungs- Parameterkorrektur, Stabilisierung der Vital- Weitere Diagnostik, Intensivtherapie


phase (Stunden bis funktionen
Tage nach Aufnahme)

Zweite operative Phase Versorgung dringlicher, aber nicht vital be- Gastrointestinale Organverletzungen falls
(Stunden bis Tage nach drohender Verletzungen hier erst offenkundig, Schädelfrakturen,
Aufnahme) Frakturen (oft primär mit zeitökonomi-
schem Fixateur externe), Luxationen,
Gelenkoperationen, Rekonstruktionen

Zweite Stabilisierungs- Parameterkorrektur, Stabilisierung der Vital- Möglichst keine weiteren Operationstrau-
phase Tage bis Wochen funktionen, parenterale Ernährungsthera- men in der »entscheidenden Phase«!
nach Aufnahme) pie, medikamentöse Ulkusprophylaxe, In-
tensivtherapie, Komplikationsbehandlung
(Infektionen, Pneumonie, Ileus)

Dritte Operationsphase Spät- und definitive Osteosynthesen, Mate- Korrekturen, plastisch-rekontruktive Opera-
(Tage, Wochen bis Mo- rialentfernungen tionen
nate nach Aufnahme

Heilungs- und Rehabili- Entwöhnung vom Beatmungsgerät, Kost- Rehabilitation


tationsphase (Tage, aufbau, Mobilisation
Wochen bis Monate
nach Aufnahme)
152 Kapitel 1 · Chirurgie

> Die Vermeidung von Hypotonie und Hypoxie von Be- fallen Knochentumoren dem Unfallchirurgen bei pa-
1 ginn an ist die beste Prophylaxe einer systemischen thologischen Frakturen (z. B. metastasenbedingt) auf.
»Zweiterkrankung«: Volumensubstitution, Analgose-
dierung, Sicherung der Atmung (Intubation, PEEP-Be- Symptomatik. Klinisch können Knochentumoren durch
atmung) Schmerz, Schwellung, mechanische Beinträchtigung,
neurologische Ausfälle (Wirbeleinbrüche) auffallen.
1.8.1.9 Tumoren des Bewegungsapperates
Ätiopathogenese. Tumoren des Knochens, des Knor- Diagnostik. Bei Verdacht ist eine pathologische Unter-
pels sind die Domäne der Orthopädie und orthopädi- suchung (Resektat, Biopsie) anzustreben, zuvor Bildge-
schen Chirurgie (. Tab. 1.43; 7 Kap. 2.5.7). Gelegentlich bung mit Röntgen (Codman-Dreieck, Osteolysen,

. Tab.1.43. Übersicht über Tumoren des Bewegungsapparates

Tumoren des Charakteristik Diagnostik Therapieprinzipien Prognose


Bewegungs-
apparates

Knochenmetas- Maligner Sekundärer Kno- Röntgen, MRT, Chemotherapie, Bestrah- Abhängig vom
tasen chentumor per Blutweg Szintigraphie lung, Stabilisierungsope- Primärtumor; sehr
vom Knochenmark ausge- ration, lumbovertebrale schlecht
hend. (Primärtumor Mam- Dekompressionsopera-
ma, Prostata, Lunge, Niere). tion
Häufig in Wirbelkörpern,
Femur, Becken, Rippen

Osteosarkom Hochmaligne, Altersgipfel Röntgen, MRT, Resektion im Gesunden, Stadienabhängig,


bei 20– 30 Jahren, häufig Biopsie Rekonstruktion, Amputa- gut bis
im Bereich des Kniegelen- tion, neoadjuvante Che- sehr schlecht
kes motherapie

Chondrosarkom Patienten meist um Röntgen, MRT, Radikale Resektion im Ge- Typ- und stadien-
70 Jahre Biopsie sunden, Defektfüllung, abhängig; sehr
Rekonstruktion, Amputa- schlecht
tion. Chemotherapie

Ewing-Sarkom Altergipfel um die 2. Le- Röntgen, MRT, Radikale Resektion im Ge- Stadienabhängig;
bensdekade. Entwicklung Biopsie sunden, Rekonstruktion, sehr schlecht
häufig am Femur und Amputation, Bestrahlung.
Becken Neoadjuvante Chemothe-
rapie

Hamartome, Gutartige, teils nur tumor- Röntgen, MRT Kürettage, Defektfüllung, Von sehr gut bis
Riesenzelltumor, ähnliche Läsionen Kortisoninjektionen, Käl- schlecht (z. B.
Granulome, te, Alkoholinstallation, Be- Riesenzelltumor)
Knochenzysten, obachtung
Fibrom etc.

Myelom Tumor vom Knochenmark Röntgen, MRT, Chemotherapie, Bestrah- Schlecht


ausgehend Szintigraphie lung, Stabilisierungsope-
ration, lumbovertebrale
Dekompressionsoperation

Osteochondrom Benigne Röntgen, MRT Resektion lokal Gut; gewisses


(»Exostose«) Rezidiv- und Ent-
artungsrisiko

Enchondrom Benigne Röntgen, MRT Resektion, Defektdeckung Entartungsrisiko

Osteom Benigne, »Kortikalisinseln« Röntgen, CT Beobachtung Sehr gut


1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
153 1

Zwiebelschalen, Spiculae, »Mottenfraß«, Diskontinuität > Viele Schädelverletzungen gehen auch mit HWS-
der Kortikalis), (Kontrast-)MRT, -CT, nuklearmedizi- Verletzung einher! Auch dies muss bedacht werden
nische Szintigraphie, PET, Staging. und bei entsprechendem Verdacht (Nackenschmerz,
neurologische Ausfälle) eine umgehende Abklärung
Therapie. Benigne Tumoren sind oft Zufallsbefunde erfolgen.
und bedürfen häufig nur einer Beobachtung, solange
keine Instabilität, bzw. mechanische Beeinträchtigung 1.8.2.2 Verletzungen des Halses
bedingt wird. 7 Kap. 1.8.2.3
Maligne Knochentumoren müssen aggressiv chir-
urgisch, ggf. mit prä-/intra- oder postoperativ mittels 1.8.2.3 Verletzungen der Wirbelsäule
Radio-/Chemotherapie behandelt werden und führen Anatomie
aufgrund ihrer rücksichtslosen Destruktion und Metas- Die Wirbelsäule besteht aus einem funktionellen Verband
tatisierungstendenz (Lunge) dennoch häufig zum Tod von 7 Hals-, 12 Brust-, 5 Lenden-, 5 verschmolzenen Kreuz-
des Patienten. Adjuvante Chemotherapie konnte die und 4–5 Steißbeinwirbeln, einem komplexen Band- und
Prognose bei Kindern und Jugendlichen signifikant Muskelapparat. Belastungen werden durch die Elastizität
verbessern. (Kapsel-Bandapparat, Bandscheiben und die Doppel-S-
Mögliche chirurgische Verfahren sind Resektion, Form (HWS-Lordose, Brust-Kyphose, LWS-Lordose) aufge-
Defektfüllung mit Knochenzement, Autologe Kno- fangen. Bei Überbelastung kommt es zu Zerreißungen des
chen, Gelenkersatz, Gefäß-, Nerveninterponate, Arth- Muskel-Band-Apparates und/oder zu Frakturen der Wirbel.
rodesen, Amputationen, Verkürzungsresektionen bis Besonders gefährdet sind dabei das zentrale (Rückenmark)
hin zur Umkehrplastik (Unterschenkel rotiert an Hüf- und periphere Nervensystem (Spinalnerven).
te replantiert).
Allgemeines
Bei allen Unfällen größeren Ausmaßes (Sturz aus grö-
1.8.2 Spezielle Unfallchirurgie/ ßer Höhe, schwerer Verkehrsunfall – Dezeleration) und
Traumatologie klinisch peripheren neurologischen Ausfällen (Sensibi-
lität, Motorik) muss an eine Wirbelsäulenverletzung
1.8.2.1 Verletzungen des Kopfes gedacht werden.
Verletzungen des knöchernen Schädels sind meist mit
einem Schädelhirntrauma vergesellschaftet, werden da- ! Cave
her bei der Neurochirurgie besprochen (7 Kap. 1.2). Einer Wirbelsäulenverletzung liegt meist ein indirek-
Auch »geringfügige« Traumata des Schädels, wie tes Trauma zugrunde. Direkte Traumen (Schlag) und
beispielsweise eine ausgedehnte Kopfplatzwunde, die offene Frakturen (z. B. nach Schussverletzung) sind
vom Unfallchirurgen versorgt wird, muss Anlass sein, Raritäten.
eine Schädelfraktur/Schädel-Hirn-Trauma auszu-
schließen! Die Halswirbelsäule kann hingegen auch bei scheinba-
ren Bagatelltraumen (Purzelbaum auf Gymnastikmat-
! Cave te, »Parkplatzunfall«) schwerst und mit gravierenden
Jede »adäquate« Kopfverletzung macht den Aus- Folgen traumatisiert werden.
schluss einer Schädelfraktur und eines Schädel-Hirn- Bei Wirbelfrakturen ohne adäquates Trauma muss
Traumas sowie die Anlage einer Halsmanschette an eine pathologische Fraktur gedacht werden (Osteo-
(»stiffneck«) notwendig. porose, Knochenmetastasen, Knochentumor, Plasmo-
zytom, Spondylitis etc.).
Bei Verletzungen des Kopfes sind diagnostisch folgende Grundsätzlich besonders verletzungsgefährdet sind
Schritte wichtig: die Übergänge HWS/BWS und BWS/LWS und LWS/
4 Anamnese (neurologisch, Doppelbilder, Unfall- Kreuzbein (hohe Kraftwirkung an Übergangszonen).
schwere etc.) Nicht selten bleiben Wirbelsäulenverletzungen un-
4 Inspektion: Brillenhämatom, Liquor-/Blutaustritt entdeckt. Nur ca. 10% aller Wirbelsäulenverletzungen
aus Nase, Ohren etc. gehen auch mit neurologischen Defiziten einher. Um-
4 Palpation: Stufenbildung, Krepitationen gekehrt muss bei Wirbelsäulenverletzungen auch an
4 Sondierung: Wundgrundsondierung mittels Begleitverletzungen gedacht werden (Niere, Milzrup-
Sonde tur u. v. m.), zumal meist ein schwere Traumatisierung
4 Röntgenaufnahme des Schädels in 2 Ebenen vorliegt.
154 Kapitel 1 · Chirurgie

Diagnostik
1 Anamnese wand, Gelenkfortsätze, des Wirbelbogens
Zu klären sind der Unfallmechanismus, Schmerzen und hinteren Bandkomplexes
(z. B. im Bereich der Dornfortsätze, bei Bewegung), Be- – Stabile Wirbelsäulenverletzung: inf. Band-
schwerdebild. Gastrointestinale Beschwerden (bis zum scheibenverletzung, Wirbelkörperbruch,
Ileus [!] bei retroperitonealem Hämatom), Miktionsbe- einseitigem Wirbelbogen- oder Gelenkfort-
schwerden, Schluckstörungen (hohe HWS-Verletzung, satzbruch
retropharyngeales Hämatom).

Klinische Untersuchung ! Cave


Soweit es bei einem Traumatisierten möglich ist, sollten Auch schwere Kompressionsfrakturen können stabil
Geh-Steh-Bewegungsunfähigkeit, Bewegungseinschrän- sein, leichte diskoligamentäre Zerreißungen der HWS
kungen (Untersuchung nach Neutral-Null-Methode), instabil.
neurologische Ausfälle (Hirnnervenausfälle, Sensibilität,
Motorik), Muskelhartspann (Torticollis) geprüft werden. Von den knöchernen Frakturen der knöchernen Wir-
Evtl. zeigt sich ein dorsales Hämatom; tastbare Fraktur- belsäule (Körper, Bögen, Processus spinosus) sind dis-
zeichen sind Deformation, Krepitation, Klopf-/Stau- koligamentäre Verletzungen und resultierende Luxa-
chungsschmerz. Zu beurteilen sind zudem Rotation, tionen (Verschiebungen, »Verrenkungen«) zu unter-
Flexion, Extension, axiale Belastung, Seitneigung. scheiden.

Bildgebende Diagnostik ! Cave


Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen (a.-p. und seit- Reine Luxationen können gefährlicher sein als Luxati-
lich, Schrägaufnahmen, Dens-Zielaufnahme (per geöff- onsfrakturen, da durch eine Bogenfraktur das Rü-
netem Mund), HWK-7-Zielaufnahme und Funk- ckenmark ggf. den »rettenden Raum« erhält, während
tionsaufnahmen zur Beurteilung der Frage nach dis- es bei reiner Luxation zu einem »Abscheren« kom-
koligamentärer Beteiligung. Beurteilung der men würde (Querschnittslähmung!).
Dornfortsatzdistanzen, Wirbelkörperhöhen, Wirbel-
form (Keilwirbel, Absprengungen), Luxationen u. v. m. Im BWS und LWS-Bereich findet das 3-Säulen-Modell
Das Computertomographie ist insbesondere für nach Denis häufigen Gebrauch. Es unterteilt die Wir-
konventionell radiologisch schlecht einsehbaren Area- belsäule im Querschnitt in 3 Säulen.
len, z. B. Übergang HWS-BWS) sinnvoll. Das MRT 4 Vordere Säule: vorderes Längsband und vordere 2/3
dient insbesondere der Beurteilung diskoligamentärer des Wirbelkörpers
und spinaler Beteiligung, raumforderndes Hämatom, 4 Mittlere Säule: hinteres Drittel der Wirbelköper
Diskusprolaps. Zu den weiteren eingesetzten diagnosti- und hinteres Längsband
schen Verfahren gehören Myelographie (selten) und 4 Hintere Säule: Wirbelbögen, Wirbelgelenke, Dorn-
Sonographie (Hämatome; 7 oben). fortsätze, Ligamentum flavum und Zwischenwir-
belbänder, Lig. supraspinale

Klassifikation Die isolierte hintere Säulenverletzung tritt auf z. B. bei


4 Klassifikation der Wirbelsäulenverletzungen einer Hyperflexion, die Verletzung der vorderen Säule
nach der Verletzungsgenese (Magerl) bei einer Hyperextension und aller 3 Säulen bei Dis-
– Kompressionstrauma, Typ A (Einbruch Deck- traktionstrauma oder Kompressions- bzw. Rotations-
platten, Keilwirbel, Berstung) trauma.
– Distraktionstrauma Typ B (Hyperflexion,
-extension, horizontale Zerreißungen) 2-Säulen-Modell
– Rotationstrauma Typ C (meist kombinierte Ein 2-Säulen-Modell (Whitesides) unterscheidet nur eine
Kompressionen und Zerreißungen) vordere (Wirbelkörper mit Bändern) und hintere Säule (Wir-
4 Klassifikation der Wirbelsäulenverletzung nach belbögen und Bänder). Aus didaktischen Gründen werden
der Stabilität hier einzelne, wenn auch häufige, Frakturarten isoliert be-
– Instabile Wirbelsäulenverletzung: bei Verlet- sprochen. Häufig handelt es sich um Kombinationen sol-
zung der Wirbelkörperhinterkante, Diskus- cher Verletzungen mit entsprechend anspruchsvoller The-
6 rapieplanung und höchst individueller Prognose.
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
155 1
Allgemeine Therapieprinzipien Therapie. Ruhigstellung (so kurz wie möglich – wenige
Konservativ Tage!), Analgesie, Muskelrelaxation. Frührehabilitation.
Ggf. Extension (z. B. Crutchfield) unter Röntgenkont-
rolle, geschlossene Reposition. Anschließende Ruhig- ! Cave
stellung per weichem Kragen (Schanz) oder hartem HWS-Distorsion: keine »Kragen für 3 Wochen«. Es be-
Kragen (Philadelphia), Halo-Fixateur, 3-Punkte- oder steht die Gefahr der irreversiblen Störung des musku-
Gips-/Cast-Korsett. loskelettalen Systems.

Operativ Atlasfrakturen (C1)


> Ziel sind die Reposition (Wiederherstellung der Ach- Definition/Ätiopathogenese. Frakturen der oberen
se) und Stabilisierung der Wirbelsäule, die Dekom- HWK sind meist durch Autounfälle oder den »Sprung
pression des Rückenmarkes und der Spinalnerven in seichtes Wasser« bedingt. Meist ist der vordere oder
sowie die Rehabilitation. hintere Atlasbogen frakturiert. Als Jefferson-Fraktur
(»Atlasberstungsfraktur«) bezeichnet man die gleich-
Eine Osteosynthese erfolgt mittels Schraubenosteosyn- zeitige Fraktur des vorderen und hinteren Atlasbogens.
these, dorsaler, ventraler Verplattung oder Spondylode-
se (per Bogenverschraubung/von dorsal). Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen (7 oben),
Kortikospongiöser Knochenspan (z. B. Entnahme- ggf. neurologische Ausfälle.
stelle Becken) oder »Cage« (Wirbelkörperersatz) ist bei
Defekten der Wirbelkörper oder nach Entfernen der Diagnostik. Konventionelles Röntgen, CT, MRT.
Bandscheibe zur Defektfüllung indiziert.
Die operative Versorgung kann einsegmental oder Therapie. Ist nur einer der Bögen betroffen und ohne
mehrsegmental/segmentüberbrückend ausgeführt neurologische Symptomatik reicht eine konservative
werden. Operative Zugänge sind von dorsal, trans- Behandlung aus. Indiziert ist hier eine Extension und
thorakal, transabdominal, retroperitoneal. Einzelne anschließende Ruhigstellung durch Zervikalstütze oder
Verfahren können auch mininalinvasiv durchgeführt Halo-Fixateur für 4–12 Wochen. Selten ist eine operati-
werden. ve Sponylodese (Verschraubung C1 und C2 – atlantoa-
Als Dekompression bezeichnet man die Beseiti- xial) notwendig bei großer Zerberstung.
gung einer Raumeinengung des Spinalkanals.
Axisfrakturen (C2)
Verletzungen der Halswirbelsäule Definition. Man unterscheidet Axisbogen- und -kör-
HWS-Distorsion (»Schleudertrauma«) perfrakturen von Densfrakturen. Die Frakturen des
Ätiopathogenese. Typischer Unfallhergang ist die Fol- Dens axis werden nach Anderson und Alonso in 3 Gra-
ge von De- und Akzeleration mit Hyperflexion und de unterteilt (7 unten).
Hyperextension der HWS (Auffahrunfall). Der Verlauf
und die Patientenbeschwerden können auch ohne mor- Axisbogen und -körperfrakturen. Diese auch »hanged
phologisches Korrelat (diskoligamentär) gravierend mans fracture« genannte Fraktur geht einher mit einer
und langwierig sein. Nicht selten entwickeln Patienten Zerreißung des Bandapparates C1–C2 (Vollbild: Zer-
ein chronisches Schmerzsyndrom. reißung der Medulla oblongata). Symptomatik: allge-
meine Frakturzeichen, ggf. neurologische Ausfälle. Di-
Symptomatik. Unspezifische HWS-, Rücken-, Kopf- agnostik: konventionelles Röntgen, CT, MRT. Therapie:
schmerzen, Schwindel, Sehstörungen, schmerzhafte bei geringer Dislokation und erhaltener Stabilität Ver-
Beweglichkeitseinschränkungen. sorgung per Philadelphia-Kragen oder Halo-Fixateur
für 10–12 Wochen (ggf. nach Reposition). Stark dislo-
Diagnostik. Röntgen in 2 Ebenen, Funktionsaufnahme, zierte und/oder instabile Frakturen werden osteosyn-
Denszielaufnahme und C7-Zielaufnahme, weiterge- thetisch, meist per Spondylodese versorgt; Operations-
hende Diagnostik bei Verdacht auf Läsionen. zugang: ventral oder dorsal.

! Cave Luxationsfrakturen. Eine operative Versorgung ist un-


Eine HWS-Distorsion erfordert eine präzise Dokumen- umgänglich.
tation, denn die Rate gerichtlicher Auseinanderset-
zungen und späterer Akteneinsicht ist hoch. Densfraktur Typ I. Fraktur der Densspitze mit Riss der
Ligamenta alaria. Meist ist keine Therapie nötig,
156 Kapitel 1 · Chirurgie

ggf. Ruhigstellung für 2–3 Wochen mittels Philadel- Instabilität. Neurologische Ausfälle sind sehr wahr-
1 phia-Kragen. scheinlich, meist durch Luxation/Dislokation benach-
barter Wirbel.
Densfraktur Typ II. Frakturlinie im Niveau der Densba- Torsionstraumen sind selten und gravierend, füh-
sis. Diese Frakturform ist stets instabil und meist dislo- ren ebenso zu Zerreißung aller 3 Säulen mit hochgradi-
ziert. Nur bei absoluten Kontraindikationen kann auf ger Instabilität und Gefährdung des Rückenmarkes.
eine Osteosynthese verzichtet werden (kanülierte
Kompressions-Densschraube von ventral, seltener Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen, evtl. neuro-
Spondylodese C1–C2). logische Ausfälle.

Densfraktur Typ III. Ausriss des Dens im Axiskörper. Diagnostik. Konventionelles Röntgen, CT, MRT.
Die Fraktur ist meist stabil, die Frakturlinie liegt meist
in Spongiosabereich und hat eine gute Heilungsten- Therapie. Je nach Stabilität und neurologischem Defizit
denz, kann folglich per Halo-Fixateur ruhiggestellt wer- erfolgt eine konservative (Analgesie, Entlastung, Früh-
den. Für die Heilung sind allerdings bis zu 5 Monate zu mobilisation) oder operative Behandlung. Immobilisie-
veranschlagen. Bei Dislokation und Wunsch nach rung im Bett mit Hyperlordosierung wird aufgrund der
schnellerer Heilung kann eine Osteosynthese indiziert erheblichen Nachteile einer Immobilisation (Dekubi-
sein (7 oben, Typ II). Bei Densfrakturen Grad II und III tus, Pneumonie, Thromboembolie) kaum noch durch-
ist der Dens meist nach ventral oder dorsal luxiert. geführt. Meist erfolgt eine Osteosynthese von dorsal
(Fixateur interne) als Standardzugang oder dorsovent-
Atlantoaxiale Luxationen. Durch Bandruptur (meist rale Spondylodese bei Wirbelkörperzerstörung.
durch Hyperflexionextensionstrauma) bedingt; es
besteht eine hochgradige Instabilität und Gefährdung Prognose. Die Prognose ist abhängig von Entdeckungs-
des Rückenmarks. Therapeutisch ist eine operative und Interventionszeitpunkt, Grad der Schädigung und
Versorgung meist durch dorsale atlantoaxiale Fusion der Beteiligung neurologischer Strukturen. Auch noch
indiziert. posttraumatisch besteht die Gefahr einer Spinalka-
nalstenose sowie degenerativer Veränderung von Nach-
Verletzungen der unteren HWS barsegmenten.
Prädilektionsstellen sind die Bereiche C4–C6. Bei Insta-
bilität (Bandverletzung, Luxation) und neurologischer ! Cave
Beteiligung ist eine operative Versorgung meist per »Seat-belt injury«: Kombination von Wirbelsäulenver-
ventraler Spondylodese mit kortikospongiösem Kno- letzung mit intraabdominellen Verletzungen (Leber-
chenspan oder ventraler/dorsaler Osteosyntheseplatte riss, Milzriss, Darmzerreißung), insbesondere bei im-
(ggf. zuvor Dekompression) indiziert. Stabile Frakturen mer noch vorhandenen 2-Punkt-Beckengurten der
(Körper, Bögen, Dorn-, Gelenkfortsätze) werden kon- Fondpassagiere.
servativ behandelt.
Pathologische Frakturen und Entzündungen der Wir-
! Cave belsäule
Frakturen und diskoligamentäre Verletzungen der un- Pathologische Wirbelkörperfrakturen (7 Kap. Orthopädie,
teren HWS werden häufig übersehen. 2.5.2 und 2.5.7). Diagnostik: Osteolysen, Frakturen. Thera-
pie konservativ. Operative Therapie ist indiziert bei neuro-
logischen Ausfällen, Schmerzzuständen, Instabilitäten,
Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule malignen Tumoren. Ggf. werden radikale Resektion (Tu-
Ätiopathogenese. Prädilektionsstellen sind die Wir- mor), Wirbelkörperaufrichtung mittels Knochenzement
belkörper Th11–L2. Axiale Krafteinwirkung (z. B. (Vertebroplastie), Stabilisierung, Spondylodesen und auch
Fenstersturz) kann zu Kompressionsfrakturen (Typ A) multimodale Therapiekonzepte nötig.
z. B. von 1–3 Säulen führen. Es kann zu neurologischen Entzündungen der Wirbelsäule (Spondylitis, Spondylo-
Ausfällen kommen (Stauchung und Fragmentpro- diszitis): Antibiose, Ausräumung, Defektfüllung, lokale An-
trusion in Canalis vertebralis), die Verletzung kann tibiose, ggf. Stabilisierung, Spondylodese.
stabil sein.
Hyperflexions-, seltener Extensionstraumen führen Querschnittverletzung
oft zu Distraktionstraumen (Typ B). Meist sind alle 3 Bei Verletzungen des Rückenmarks und Spinalnerven
Säulen betroffen mit entsprechend häufig hochgradiger kann es zu stufenlosen neurologischen Ausfällen bis
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
157 1

zum Vollbild einer Para-/Tetraplegie und des »Locked- 4 Untersuchung des Schultergelenkes: Bei der In-
in-Syndroms« kommen. Dies geschieht z. B. durch Lu- spektion sind Atrophien der Muskulatur, Fehlstel-
xationsfrakturen und/oder Protrusion/Einengung des lungen, Kontusionsmarken, Asymmetrien zu beur-
Spinalkanals. teilen. Palpatorisch sind Krepitation, Überwär-
mung, Schwellungen, Myogelosen, tastbare ossäre
> 10% der Wirbelsäulenverletzungen gehen mit neuro- Strukturen, Lager der langen Bizepssehne sowie
logischen Ausfällen einher. Druckschmerzpunkte zu prüfen. Die Untersuchung
nach Neutral-Null-Methode verläuft nach folgen-
Eine »Rückenmarkserschütterung« kann reversibel den Normwerten am Schultergelenk:
sein. Ein initiales Ödem kann eine zunächst schwere 5 Abduktion – Adduktion (180° – 0° – 40°)
breitere neurologische Symptomatik vortäuschen, 5 Elevation (Anteversion) – Retroversion (Flexi-
rückläufig sein, ggf. aber auch Ursache von einer weiter- on) (150–170° – 0° – 40°)
gehenden Schädigung des Rückenmarks sein. 5Innenrotation – Außenrotation (95° – 0° – 60°)
Primäre Aufgabe des Traumatologen ist das Erken-
nen von Hinweisen auf Rückenmarks- und Spinalnerv- Wegweisend sind auch »Nackengriff« (Beobachtung
beteiligung (Klinisch, Beurteilung des Spinalraumes des Abstandes Daumen – C7), »Schürzengriff«
z. B. per MRT). Ist dies der Fall, muss ggf. Dekompres- (Daumen an LWS) und Beobachtung der gleichzeiti-
sion und Stabilisation und zügigste Verlegung in ein gen Skapulabewegung. Alle Beweglichkeitsunter-
Paraplegikerzentrum/Frührehabilitationszentrum er- suchungen erfolgen unter Schmerzangabe: z. B.
folgen. Schmerzhafter Bogen (40–130°): »painful arc« bei
Adduktion. Die Beweglichkeit des Schultergelenkes ist
> Über die Prognose von Querschnittverletzungen komplex und wird durch Schultergürtelbewegungen
entscheidet man per Früherkennung bereits am Un- überlagert.
fallort: Verhinderung von »Sekundärschäden« (z. B.
bei Lagerung, Transport), temporäre Fixation und > Eine Kompression der Bursa subabcromialis und der
frühzeitige Dekompression! Supraspinatussehne zwischen Humeruskopf und
Akromion (Impingement) führt auf Dauer zu einer Be-
1.8.2.4 Verletzungen des Thorax lastung der Sehne des M. supraspinatus: Ruptur, auch
Pneumothorax, Hämatothorax, Verletzungen des Ster- Bursitis als Folge degenerativer Veränderungen!
nums und Verletzungen der Rippen: 7 Kap. 1.4 und 1.5.
Technische Untersuchung
1.8.2.5 Verletzungen des Abdomens Radiologisch ist die Schulter a.-p. innenrotiert – außen-
7 Kap. 1.7. rotiert, axial und die Skapula a.-p. und tangential zu
beurteilen. Sonographisch lassen sich Rotatorenman-
1.8.2.6 Verletzungen des Schultergürtels schette und Bizepssehne untersuchen. MRT und CT
und des Schultergelenk sind bei speziellen, v. a. orthopädischen Fragestellungen
Durch das Verhältnis der kleinen Gelenkpfanne und indiziert.
des großen Gelenkkopfes (das eine hohe Beweglichkeit
ermöglicht) und ein hohes Maß an Band-, Sehnen- und Verletzungen von Schultergürtel und
Muskelbelastung sind Schultergelenk und Schultergür- Schultergelenk (. Abb. 1.45)
tel häufig luxiert/verletzt. Klavikulafraktur (Schlüsselbein)
Definition. Frakturen der Klavikula werden in laterale,
Untersuchung von Schultergürtel und mediale und mittlere (= Schaftfraktur, 70%) Frakturen
Schultergelenk unterteilt. Aufgrund Ihrer Komplexität und den thera-
Anamnese peutischen Konsequenzen werden die lateralen Fraktu-
Verletzungsmuster, Berufsanamnese. ren je nach Beziehung zu den Bandstrukturen noch-
mals in Typ I–IV (Breitner) – Typ III entspricht der
Klinische Untersuchung medialen Fraktur – unterteilt.
4 Untersuchung der Skapulae: Bei der Inspektion ist Unterteilung der lateralen Klavikulafraktur:
auf Asymmetrie zu achten (z. B. Skapula alata), 4 Typ I: Fraktur lateral der korakoklavikulären Bän-
wichtig ist auch die Palpation. der; konservative Behandlung
4 Untersuchung des Akromion: Hier geht es um 4 Typ II: partielle Ruptur der korakoklavikulären
Form und Symmetrie (Gegenseite beachten). Bänder; operative Behandlung notwendig
158 Kapitel 1 · Chirurgie

. Abb. 1.45a–f. Mindmap Akromioklavikuläre Luxation, Ein- Zerreißung aller Bandverbindungen zwischen Klavikula und
teilung nach Rockwood. a–c entspricht den Verletzungstypen Skapula auch zur Zerreißung von Muskelansätzen (M. deltoi-
Tossy I–III. d Alle Bandverbindungen zwischen Klavikula und deus, M. trapezius) mit massivem Klavikulahochstand. f Zerrei-
Skapula sind zerrissen. Zusätzlich Verrenkung des lateralen ßung aller Bandverbindungen zwischen Klavikula und Skapu-
Klavikulaendes nach dorsal oder Verhakung im M. trapezius. la mit Verrenkung des lateralen Klavikulaendes unter den Pro-
e Durch besondere Gewalteinwirkung kommt es neben der cessus coracoideus. (Aus Siewert 2006)
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
159 1

4 Typ III: Fraktur medial der korakoklavikukläen


Bänder: konservative Behandlung
4 Typ IV: wird nur bei Kindern beobachtet; Luxation
der lateralen Klavikula bei verbleibendem Periost-
schlauch; Therapie konservativ

Zwischen der Klassifikation und Therapie der lateralen


Klavikulaverletzung und der Akromioklavikularge-
lenkverletzung gibt es Überschneidungen. a

Ätiopathogenese. Schlüsselbeinfrakturen sind häufig,


sie entstehen meist indirekt durch Sturz auf den ausge-
streckten Arm.

Symptomatik. Schmerz, Druckschmerz, allgemeine


Frakturzeichen, Functio laesa des Schultergelenks, tast- b
bare »Stufenbildung« (Muskelzug, Schwerkraft).
. Abb. 1.46. Klavikulafraktur, Osteosynthese mittels in-
tramedullärem Titan-Elastic-Nagel (TEN). (Aus Siewert 2006)
! Cave
A. subclavia, Plexus brachialis und Pleura können
durch die Klavikulafraktur und iatrogen aufgrund der Diagnostik. Thoraxübersichtsaufnahme, Schulter p.-a.,
engen topographischen Beziehung leicht verletzt Y-Aufnahme nach Neer. Für komplexere Frakturen ist
werden; insgesamt sind Begleitverletzungen aber eine CT-Untersuchung (2D, 3D) unerlässlich.
eher selten.
Therapie. Bei Skapulakörperfrakturen ist eine konser-
Diagnostik. Klinisch 7 oben, konventionelles Röntgen a.- vative Therapie indiziert. Skapulahals, Skapulafortsatz
p. und Schrägaufnahme, CT bei komplexen Frakturen. und Glenoidfrakturen müssen (v. a. bei Dislokation) oft
osteosynthetisch versorgt werden.
Therapie. Konservativ wird ggf. mit Reposition, Ruhig-
stellung, Rucksackverband oder Gilchrist-Verband für > Durch Skapulafrakturen können Läsionen des Plexus
4–6 Wochen behandelt. Ansonsten sind Plattenosteo- brachialis, N. suprascapularis sowie N. und A. axillaris
synthese, Zuggurtungsosteosynthese bei stärker dislo- auftreten.
zierten, schlecht reponiblen, instabilen, offenen oder
Verletzungen mit Gefäß-/Nervenbeteiligung (meist bei Skapulaluxationen
lateralen, medialen Frakturen) indiziert (. Abb. 1.46). Luxationen der Skapula kommen bei schweren Traumen
der oberen Extremität vor. Ursächlich ist eine Herauslösung
Osteosynthese bei Klavikulafraktur der Skapula aus der Muskelhülse in Richtung Thorax oder
Trotz Lage dicht unter der Körperoberfläche können fraktu- nach dorsal. Meist liegen schwere Begleitverletzungen von
rierte Schlüsselbeine u. U. schwierig zu reponieren und Gefäß-Nervenbündeln, Knochen und Bandstrukturen (Sub-
schwierig osteosynthetisch zu versorgen sein. Grund sind amputation) vor. Therapie: Operation, Rekonstruktion.
häufig starker Bänderzug und stark variierende Anatomie.
An einigen Kliniken wird das Schlüsselbein mit guten Er- Sternoklavikulargelenksverletzung
folgsraten minimalinvasiv intramedullär geschient (Titan- (Articulatio sternoclavicularis)
Elastic-Nagel oder Vollkunststoffnagel). Ätiopathogenese. Die sternoklavikuläre Luxation
durch direkte Gewalt (Schlag auf Brustbein, Schlüssel-
Skapulafraktur (Schulterblatt) bein) ist kein seltener Fall. Dabei ist das mediale Klavi-
Definition. Unterschieden werden Frakturen des Ska- kulaende meist nach unten und vorne luxiert.
pulakörpers, der Skapulafortsätze (Akromion, Kora-
koid, Spina scapulae), des Skapulahalses und intraarti- Diagnostik. Palpation, Röntgen in 2 Ebenen, CT.
kuläre Frakturen im Glenoidbereich.
! Cave
Symptomatik. Rückenschmerz, Hämatom. Schmerz- Komplikationen sind Verletzungen großer Gefäße
hafte Beweglichkeitseinschränkung im Schultergelenk. und Mediastinalstrukturen (trachea!).
160 Kapitel 1 · Chirurgie

Therapie: Meist operative Reposition, Ruhigstellung Dabei kann es auch zu folgenden Verletzungen kom-
1 durch Bandnaht, Drahtzerklage. men:
4 Abriss des Labrum-Kapsel-Komplexes
AC-Gelenksverletzung 4 Knöcherne Bankart-Läsion: Abscheren des Lim-
(Akromioklavikulargelenk, »Schultereckgelenk«) bus mit samt der Gelenkkapselanteile
Ätiopathogenese. Typische Sportverletzung (z. B. Eis- 4 Hill-Sachs-Läsion: Impressionsfraktur des Hume-
hockey, andere »Kontaktsportarten«) durch direkte ruskopfes durch die Glenoidkante, v. a. bei der Lu-
Gewalteinwirkung. Die Klavikula weicht nach oben xation nach vorne
(bzw. die obere Extremität nach unten), dadurch kommt
es zu stufenlosem Zerreisen des Bandapparates, ggf. so- Diagnostik. Klinisch (Schmerz, tastbare »Delle« unter
gar der Muskelansätze (M. deltoideus, M. trapezius). Akromion, federnde Fixation in Luxationsstellung),
Röntgen in 2–3 Ebenen.
> Bei der AC-Gelenksverletzung handelt es sich um
eine Bandverletzung, keine Fraktur! > Bei der Schulterluxation kann es zur Verletzung des
N. axillaris kommen (M. deltoideus, sensible Versor-
Diagnostik. Klinisch, Inspektion, Palpation (»Klavier- gungsdermatome am lateralen proximalen Oberarm).
tastenphänomen« der lateralen Klavikula). Röntgen:
Schulterpanoramaaufnahme (10 kg Zug an Arm), auch Therapie. Geschlossene Reposition (ggf. in Narkose
im Seitenvergleich. und unter Bildkontrolle) nach Hippokrates (zuneh-
mend verlassen) oder Kocher, anschließender Ruck-
Therapie. Die Therapie erfolgt entsprechend der Klas- sack-, Gilchrist- oder Desault-Verband. Röntgenkont-
sifikation der AC-Gelenksverletzung nach Tossy I–III rollaufnahme. Bei dorsaler Luxation ist ein geschlosse-
oder Rockwood (I–VI) nach zunehmendem Schwergrad ner Repositionsversuch möglich.
der »Sprengung« d. h. des Bandausrisses mit konsekuti- 4 Reposition nach Hippokrates: Positionierung des
ver »Aufklappbarkeit« des Gelenks (. Abb. 1.45). Fuß des Behandelnden in der Axilla des Patienten,
Therapie (nach Tossy) Zug des Arms nach ventral
4 Typ I: keine vollständige Zerreißung, konservativ 4 Reposition nach Kocher: rechtwinkliger Arm wird
4 Typ II: noch Halt des Lig. coracoclaviculare; nur und unter Zug nach ventral außen rotiert
geringe Dislokation; konservativ (Rucksackver-
band, Klebeverband mit Fixation der lateralen Kla- Grundsätzlich muss bei Nichterfolg einer geschlosse-
vikula am Körper) nen Reposition operiert werden, auch, um eine Kopfne-
4 Typ III: Riss aller Bandstrukturen, Höhertreten des krose zu verhindern.
lateralen Klavikulaendes: operativ. Die Verfahren Bereits eine einmalige, traumatische Erstluxation
(Bandnaht, transossäre Kordeln u. v. a.) sind vielfäl- kann bei dabei stattgehabten strukturellen Veränderun-
tig und bleiben Spezialliteratur vorbehalten. gen (90%) zur posttraumatischen, rezidivierenden
Schulterluxation führen (10–90%).
Komplikationen. Auch nach Operation bei fortge- Von habitueller Schulterluxation spricht man bei
schrittenen AC-Gelenkssprengungen entwickeln sich gehäufter Luxation ohne adäquates Trauma. Beides
häufig anhaltende Beschwerden und Pseudoarthrosen- mündet letztlich in immer größere strukturelle Schädi-
bildung. gung: Endzustand: Omarthrose. Darum ist v. a. bei jun-
gen, sportlich aktiven/beruflich körperlich aktiven Men-
Skapulohumeralgelenksverletzung schen bereits bei Erstluxation eine arthroskopische
(Schultergelenk, Glenohumeralgelenk) Refixation des Labrum-Kapsel-Komplexes, ggf. auch
Die Cavitas glenoidalis mit Limbus und die Rotatoren- Refixation eines Bankart-Fragmentes und/oder einer
manschette (M. supra-/infraspinatus, M. subscapularis, Pfannenerweiterung mittels Knochenspan, indiziert.
M. teres minor) mit Kapsel-Bandapparat fixieren den
Humeruskopf in seiner kleinen Pfanne. Rotatorenmanschettenverletzung
Ätiopathogenese. Die Rotatorenmanschette wird von
Schulterluxation Muskelanteilen des M. supra- und infraspinatus,
Definition/Ätiopathogenese. Sie erfolgt meist (90%) subscapularis und des M. teres minor gebildet. Als Folge
nach unten und/oder vorn (seltener hintere und axillä- eines Traumas kommt es eher selten zur Verletzung der
re Luxation). Typischer Unfallmechanismus ist eine Rotatorenmanschette; es liegen meist degenerative Ver-
plötzliche Abduktion und Außenrotation des Arms. änderungen vor (7 Orthopädie, Kap. 2.11.7.1).
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
161 1

Diagnostik. »Painful arc«, Impingement-Syndrom Schultersteife


(7 oben), Abduktionschwäche bzw. schmerzhafte Ab- Verletzungen der Schulter – genau wie Fehlbehandlungen
duktion; Sonographie, MRT, ggf. Röntgen: Akromion, und/oder zu lange Ruhigstellung – führen nicht selten zu
Outlet-Aufnahme. späterer Schultersteife »frozen shoulder«, chronischem
Schmerzsyndrom, »Kalkschulter«. Korrelat sind Kapsel-
Therapie. Die Therapie erfolgt operativ mittels Naht der schrumpfungen, intraartikuläre Verklebungen. Daher ist
Rotatorenmanschette, Schaffung subakromialen die frühfunktionelle Rehabilitation grundsätzlich von gro-
Raums. Heute ist dies auch endoskopisch möglich ßer Bedeutung.
(Akromion-Shaving). Operation nach Neer (Spaltung
des Lig. coracoacromiale), Ruhigstellung des Arms in
Abduktionsstellung.

In Kürze

Therapie der Schulterverletzungen

Verletzung Therapie Bemerkung

Klavikulafraktur Alle offenen, stark dislozierten Frakturen und bei Unterteilung in mediale, mittlere
Verdacht auf Gefäß-Nerven-Beteiligung operativ und laterale Frakturen. Die latera-
(Plattenosteosynthese, Zuggurtung, Nagelung). len Frakturen werden nochmals in
Meist bei lateralen Typ-II- und medialen Frakturen Typ I–IV unterteilt
erforderlich Zu 70% Fraktur des mittleren Drit-
Sonst konservativ (Rucksackverband, Gilchrist-Ver- tels
band für 4–6 Wochen)

Skapulafraktur Meist konservativ. Osteosynthese nur bei Skapula- Selten. Meist liegen schwere Be-
hals- und Glenoidfrakturen gleitverletzungen vor (Subampu-
tation der oberen Extremität)

Sternoklaviku- Operative Reposition, Drahtzerklage Cave: unter Umständen Verlet-


largelenksverlet- zung von Mediastinalstrukturen!
zungen

AC-Gelenksver- Tossy I, II: konservativ, Rucksackverband Keine Fraktur!


letzung Tossy III: Bandnaht, Verplattung, viele Verfahren Bandverletzung, Klassifikation
nach Tossy I–IV, Rockwood I–VI

Schulterluxation Geschlossene Reposition nach Kocher Erst-, Re- und habituelle Luxation
Ggf. operative Refixation von Fragmenten, Osteo- Begleitverletzungen: Labrum,
synthese, Pfannenplastik Bankart (Limbusabscherung), Hill-
Sachs (Humeruskopfimpression)

Läsionen der Naht, subakromiale Dekompression (auch endosko- Meist auf Boden degenerativer
Rotatoren- pisch), Operation nach Neer Veränderungen
manschette Bei Abriss des Tuberculum majus: transossäre
Refixation
162 Kapitel 1 · Chirurgie

1.8.2.7 Verletzungen der oberen Extremität Komplikationen. Der Humeruskopf ist nur sparsam
1 Untersuchung der oberen Extremität gefäßversorgt. Posttraumatisch kann die Durchblutung
Diagnostik. Anamnestischer Verletzungsmechanis- in Gefahr sein (90% Humeruskopfnekrose bei Luxati-
mus, Inspektion, Palpation (allgemeine Frakturzeichen; onsfrakturen).
7 oben).
Bizepssehnenruptur
Verletzungen des Humerus Ätiopathogenese. Die Ruptur der Bizepssehne (proxi-
Proximale (subkapitale) Humerus-/ mal oder distal) kann Folge degenerativer oder akut
Humeruskopffraktur traumatischer Ereignisse sein.
Ätiopathogenese. Im Alter sind proximale Humerus-
(kopf)frakturen gehäuft auch schon bei leichten Stür- Diagnostik. Klinisch: Kraftverlust bei Flexion, »Mus-
zen (Sturz ausgestreckte Hand) zu beobachten. Bei kelwulst« proximal oder distal, Hämatom, proximaler/
jungen Menschen sprechen sie eher für ein schweres distaler Druckschmerzangabe.
Trauma.
Therapie. Es ist eher eine konservative Therapie indi-
Diagnostik. Klinik (Schmerz, Funktionseinschränkung, ziert. Die operative Refixation wird nur bei jüngeren
Hämatom, Schwellung, Fehlstellung); Röntgen: Schul- Patienten mit akutem Abriss des vornehmlich distalen
ter a.-p., Schulteraufnahme axial und tangential. Bei Ansatzes am Radius (Zugang per Ellbeuge) durchge-
komplexeren Frakturen ist ein CT zur Therapieplanung führt.
nötig. Neer unterteilt die Frakturen in Kalottenfraktu-
ren sowie Frakturen im Bereich des Tuberculum majus Humerusschaftfraktur
und minus (Frakturtypen I–III). Ätiopathogenese. Alle denkbaren Frakturarten (Stau-
chungs-, Torsions-, Trümmerbruch u. v. a.) sind am
! Cave Oberarmschaft zu beobachten. Sportverletzungen,
Bei der proximalen Humerusfraktur besteht die Ge- Unfälle sind die häufigsten Ursachen. Pathologische
fahr der Begleitverletzung von A. und N. axillaris. Die- Frakturen (z. B. Metastasen) nehmen eine Sonder-
se Strukturen können auch iatrogen bei offener Frak- stellung ein.
turversorgung verletzt werden.
> Bei einer Humerusschaftfraktur ist der N. radialis ge-
Therapie. Nur bei stabilen, nicht dislozierten proxima- fährdet. Bei einer starken Schädigung ergibt sich das
len Humerusfrakturen erfolgt eine konservative Vollbild: »Fallhand«. In bis zu 15% der Humerusschaft-
(Gilchrist, Desault frühe Bewegungsübungen) Be- frakturen findet sich eine Radialislähmung; dazu kann
handlung. es auch iatrogen bei offener Versorgung kommen.
Bei Dislokation, Instabilität, Luxationsfakturen, Ab- Bei Begleitverletzung des N. radialis ist ggf. operative
riss des Tuberculum majus wird eine operative Repo- Neurolyse erforderlich (Gefahr der Einklemmung in
sition, Rekonstruktion und Fixation nötig. Dies kann Frakturspalt!).
perkutan geschehen (Kirschner-Drähte, retrograde
Markraumschienung) oder mittels offener Verfahren Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen (s. oben).
(Platten-, Schrauben-, Zuggurtungsosteosynthese, Zug-
gurtungs-Drahtfixation des Tuberculum majus, proxi- Diagnostik. Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen.
maler Humerusnagel).
Bei intraoperativem Verdacht einer Durchblu- Therapie. Durch den stabilen Weichteilmantel können
tungsstörung der Kalotte, schwersten Kopfdestruktio- viele Oberarmschaftfrakturen konservativ behandelt
nen und Refrakturen kann je nach Patientenalter auch werden: Reposition unter Bildwandler, Gilchrist-
primär ein Gelenkersatz (Humeruskopfprothese) er- Verband, dann Sarmiento-Manschette (Sarmiento-
wogen werden (sehr selten). Brace) und frühe Mobilisation von Schulter und Ellbo-
Es sollte frühestmöglich eine funktionelle Nachbe- gengelenk.
handlung beginnen. Bei instabilen und gelenknahen Frakturen erfolgt
eine Osteosynthese mittels intramedullärer Schienung
! Cave (ggf. mit Verriegelungsnagel), Plattenosteosynthese. Bei
Keine zu lange Ruhigstellung des Schultergelenks: Es begleitenden Weichteilschaden/offenen Frakturen und
besteht die Gefahr der »frozen shoulder«. Wundinfekt ist ein Fixateur externe zu bevorzugen.
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
163 1

> Neben den Wirbelkörpern sind die Humerusschäfte Distale Humerusfrakturen werden aufgrund der häufi-
Prädilektionsorte für Metastasen und pathologische gen Gelenkbeteiligung unter Verletzungen des Ellbo-
Frakturen. gengelenkes besprochen.

In Kürze

Therapie der Oberarmverletzungen

Verletzung Therapie Bemerkung

Proximale Humerus- Stabile, nicht dislozierte Frakturen konservativ Unterteilung der Frakturen in
fraktur (subkapitale) mit Gilchrist/Desault-Verband und frühfunktio- Kalottenfrakturen, Frakturen des
und Humeruskopf- neller Behandlung Tuberculum majus und minus
fraktur Bei Dislokation, Instabilität, Luxationsfrakturen: Akute Gefährdung der A. und
Spickdrahtosteosynthese, Schrauben-Plattenos- des N. axillaris
teosynthese, Zuggurtung, proximaler Humerus- Langfristig Risiko der Humerus-
nagel. Selten Kopfprothese erforderlich kopfnekrose

Bizepssehnenruptur Konservativ Distaler und proximaler Abriss


Operative Refixation nur bei jungen Patienten möglich. Meist auf Boden dege-
und bei akuter, traumatischer Ruptur nerativer Veränderungen

Humerusschaft- Konservativ mit geschlossener Reposition und N. radialis durch Fraktur und in-
fraktur Gips-Hülse (Brace) traoperativ bedroht!
Operativ nur bei Instabilität, offenen Frakturen,
Radialisschädigung
Verfahren: Intramedulläre Schienung (unaufge-
bohrter Humerusnagel, Plattenosteosynthese,
ggf. Fixateur externe

1.8.2.8 Verletzungen des Ellbogengelenkes Technisch. Röntgen (gestreckt a.-p., in 90°-Flexion und
Anatomie seitlich), Durchleuchtung, CT, MRT (letztere beiden
Das Ellbogengelenk ist äußerst komplex aufgebaut. Es ver- insbesondere zur Therapieplanung bei komplexen
bindet den Humerus mit Ulna und Radius, lässt sich unter- Frakturen).
teilen in Humeroulnargelenk (Scharniergelenk), Radioul-
nargelenk (Radgelenk) und Humeroradialgelenk (Kugelge- Verletzungen
lenk). Diese Gelenke ermöglichen Flexion, Extension (150° Distale (suprakondyläre) Humerusfraktur
– 0°– 10°) sowie Pronation und Supination (80° – 0° – 80°) Ätiopathogenese. Sturz auf ausgestreckte Hand, Hy-
des Unterarms. perextension im Ellbogengelenk.

Ellbogenfrakturen bei Kindern sind äußerst häufig! Klassifikation. Distale Humerusfrakturen werden nach
Distale Humerusfraktur: Suprakondyläre Frakturen der AO-Klassifikation in Typ-A-, -B- und -C-Frakturen
können nach Reposition in Narkose unter dem Bild- eingeteilt
wandler meist konservativ behandelt werden. Nur bei 4 Typ A: extraartikuläre Fraktur mit einfachem bis
größeren Rotationsfehlern und Instabilität ist ggf. eine mehrfragmentärem Frakturmuster (A1–A3)
offene Reposition und Fixation mittels Kirschner- 4 Typ B: partielle Gelenkbeteiligung
Drähten nötig. Es schließt sich eine Ruhigstellung per 4 Typ C: intraartikuläre Frakturen
Schlinge oder Oberarmgips für 3–4 Wochen an.
Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen.
Untersuchung
Klinisch. Schmerzangabe, Schwellung und andere allge- Diagnostik. Röntgen in 2 Ebenen, ggf. CT bei kom-
meine Frakturzeichen, Untersuchung nach Neutral- plexen Gelenkfrakturen.
Null-Methode, neurovaskuläre Untersuchung.
164 Kapitel 1 · Chirurgie

Therapie. Beim Erwachsenen werden distale Humerus- ! Cave


1 frakturen immer operativ angegangen: Draht-Spickung, Bei einer Olekranonfraktur ist der N. ulnaris zu prüfen.
Schrauben- und Plattenosteosynthese, ggf. Bandrekon-
struktion. Bei Kindern evtl. Versuch der geschlossenen Therapie. Zuggurtungsosteosynthese (. Abb. 47), bei
Reposition. Frakturen des Condylus radialis humeri Trümmerfrakturen Plattenosteosynthese. Frühfunktio-
verlaufen im Gelenk (Typ B) und müssen wenn mög- nelle Rehabilitation.
lich exakt operativ reponiert und fixiert werden.
Bei Typ-C-Frakturen empfiehlt sich meist der dorsa- Radiusköpfchenfraktur
le Zugang unter Osteotomie des Olekranons, um eine Ätiopathogenese. Anamnese: Sturz auf ausgestreckte
gute Exploration des Gelenkes zu erzielen. Vor Verschrau- Hand.
bung und Verplattung können provisorische Spickdrähte
oder Repositionszangen hilfreich sein zur Fixation der Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen.
Fragmente vor Bohrung und Verschraubung.
Eine weitere Option ist auch die zusätzliche, auch Diagnostik. Röntgen in 2 Ebenen. Nicht selten ist die
gelenkübergreifende, Stabilisation über Fixateur exter- Fraktur des Radiusköpfchens kombiniert mit Luxation
ne oder auch ggf. mehrzeitiges Vorgehen (Weichteilver- (Radiusköpfchenluxationsfraktur), Impressionsfraktur
sorgung – Fixateur – definitive Rekonstruktion). Post- des artikulierenden Humerus, Radiushalsfraktur (»Ma-
operativ erfolgt eine Ruhigstellung für 3–6 Wochen. son«), Kollateralbandausrisse.
Als Baumann-Winkel bezeichnet man im a.-p.-
Bild den Winkel zwischen dem Lot der Humerus- Therapie. Geschlossene Reposition, Ruhigstellung, ggf.
schaftachse und der Geraden durch die Epiphysenfuge Punktion des Hämarthros. Bei irreponiblen Frakturen
des Capitulum humeri. Er sollte nach Reposition 12– und starker instabiler Dislokation ist eine Operation
20° betragen (5° mehr als der natürliche Armwinkel der per Kirschner-Drähte, resorbierbare Stifte und/oder
Gegenseite). Der Normwert für die Achsenabweichung Verschraubung, intramedulläre Schienung indiziert.
zwischen Ober- und Unterarm bei Streckung beträgt Selten wird eine Radiusköpfchenresektion/-prothese
beim Mann: ca. 6–7°, bei der Frau ca. 12–13°. bei schwerer Destruktion notwendig.

Prognose. Die Rekonstruktion von distalen, komplexen


Humerustrümmerfrakturen erfordert ein hohes Maß an
operativer Erfahrung und räumlichem Vorstellungsver-
mögen. Eine vorherige CT-Aufnahme und Planung der
Operation empfiehlt sich. All diese Bedingungen gelin-
gen aber nicht immer: es besteht das Risiko bleibender
Funktionseinschränkungen und frühzeitige Arthrose.

! Cave
Bei komplizierten Ellbogenfrakturen sind die Nn. ul-
naris, medianus und radialis sowie die Aa. brachialis
und cubitalis gefährdet! Ebenso gefürchtet ist die
Volkmann-Kontraktur: Kompartmentsynrom (z. B.
nach Reposition) mit arterieller Durchblutungsstö-
rung durch Druckanstieg: Muskelnekrosen (Therapie:
sofortige Faszienspaltung!)

Olekranonfraktur
Ätiopathogenese. Verletzungsmechanismus: direkte
Gewalt durch Sturz/Schlag auf Ellbogen.

Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen.

Diagnostik. Röntgen in 2 Ebenen. Durch den kräftigen . Abb. 1.47. Zuggurtung nach Olekranonosteotomie für
Muskelzug des M. trizeps brachii ist die Fraktur meist gute Übersicht bei intraartikulärer Fraktur. (Fetzner, eigenes
disloziert und instabil. Krankengut) (7 Farbtafelteil)
1.8 · Unfallchirurgie/Traumatologie
165 1
Ellbogenluxation tig. Bei ossärer Begleitverletzung ist eine operative
Ätiopathogenese. Die Luxation erfolgt meist nach dor- Refixation nötig.
sal. Sturz, Zug (indirektes Trauma) als auslösende Fak-
toren. > Leichte Reposition = hohes Reluxationsrisiko!

Symptomatik. Allgemeine Fraktur- und Luxations- Radiusköpfchenluxation


zeichen. Ätiopathogenese. Die Radiusköpfchenluxation/-sub-
luxation aus dem Ligamentum anulare (Ringband)
Diagnostik. Zu prüfen sind Durchblutung, Motorik, »nurse elbow« tritt gehäuft bei Kindern auf durch Zug
Sensibilität; Röntgen 2 Ebenen. Die Röntgendiagnostik an der oberen Extremität bei noch schwacher kindli-
in 2 Ebenen ist obligat vor Reposition, sowie zur Kon- cher Muskulatur.
trolle nach Reposition sowie zum Ausschluss ossärer
und ligamentärer Begleitverletzung. Symptomatik/Diagnostik. Schonhaltung des Unter-
arms in pronierter Haltung, Druckschmerz über Radi-
> Die Ellbogenluxation stellt einen Notfall dar: Gefahr usköpfchen.
irreversibler Schäden von Gefäßen/Nerven.
Therapie. Reposition erfolgt bei gebeugtem Ellbogen
Therapie. Die Reposition erfolgt in Narkose und unter durch Druck auf Radiusköpfchen unter Zug am Unter-
Bildwandlerkontrolle durch Zug und Gegenzug. An- arm und Rotation in Supinationsstellung. Luxations-
schließend ist eine Ruhigstellung für 2–3 Wochen nö- frakturen sind nicht selten.

In Kürze

Therapie der Ellbogenverletzungen

Verletzungen Therapie Bemerkung

Distale Humerus- Adult meist operativ: Kirschner-Drähte, Schraubenplatte Typ A–C nach AO-Klassifikation
fraktur (kondylär, Bei Kindern und nur geringer Dislokation ohne Gelenk- Operativ ggf. dorsaler Zugang
suprakondylär) beteiligung Versuch einer geschlossenen Reposition durch Olekranonosteotomie
und Blount-Schlingenverband

Olekranonfraktur Zuggurtungsosteosynthese, Plattenosteosynthese N. ulnaris in Gefahr

Radiusköpfchen- Konservativ, Kirschner-Drähte, selten Resektion not- Oft in Kombination mit Radius-
fraktur wendig köpfchenluxation

Ellbogenluxation Reposition unter Bildwandler. Ggf. operative Versor- Notfall, sofortige Reposition!
gung bei Begleitfraktur/Abriss

Radiusköpfchen- Reposition durch Druck auf Radiusköpfchen, Extension »Nurse elbow«


luxation und gleichzeitige Supinationsbewegung. Operation
nur bei Begleitschaden

Epicondylitis Entlastung bzw. Ruhigstellung, Lokale Infiltration mit »Insertionstendopathie«, »Ten-


radialis humeri Antiphlogistika, Operation: Deinsertion (Hohmann), nisellbogen«: Überbeanspru-
Neurotomie chung von Sehnenansätzen

1.8.2.9 Verletzungen des Unterarms 4 Galeazzi: distale Radiusschaftfraktur und Luxation


Unterarmluxationsfrakturen der Ulna im distalen Radioulnargelenk
Definition. Zwei häufige Varianten stellen die Monteg-
gia- und die Galeazzi-Fraktur dar: > 4 Monteggia: Luxationsfraktur ellbogennah
4 Monteggia: proximale Ulnafraktur und Luxation 4 Galeazzi: Luxationsfraktur Handgelenksnah
des Radiusköpfchens
166 Kapitel 1 · Chirurgie

Ätiopathogenese. Direktes Trauma. Klassifikation. Die klassische morphologische Eintei-


1 lung der Frakturen nach Colles (Hyperextension),
Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen. Smith (Flexion), Barton (Kantenabbrüche) ist in den
Hintergrund geraten. Heute international üblich ist die
Diagnostik. Röntgen 2 Ebenen. Einteilung nach AO in Typ A, B und C-Frakturen:
4 Typ A: extraartikuläre Fraktur
Therapie. Monteggia- und Galeazzi-Fraktur werden 4 Typ B: partiell intraartikuläre Fraktur, es besteht
wie Unterarmschaftfrakturen versorgt. noch Verbindung zur Diaphyse
4 Typ C: intraartikuläre Fraktur (einfach bis multi-
Unterarmschaftfraktur pel), komplette Kontinuitätsunterbrechung zur Di-
Ätiopathogenese. Frakturen von Ulna und Radius im aphyse
Schaftbereich ereignen sich meist durch direkte Gewalt
(z. B. durch Schlag). Symptomatik. Allgemeine Frakturzeichen, »Fourchet-
te«, »Bajonettstellung« des Handgelenkes.
! Cave
Bei allen Frakturen immer angrenzende Gelenke mit Diagnostik. Röntgen in 2 Ebenen.
beurteilen und das Röntgenbild entsprechend ver-
o