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Stetige Funktionen

6.3 Monotone Funktionen, Logarithmus und allgemeine


Potenzen

Definition 6.29 Sei D ⊆ R. Eine Funktion f ∶ D → R heißt


1. monoton wachsend, falls f (x) ≤ f (x′ ) für alle x, x′ ∈ D mit x < x′ ,
2. monoton fallend, falls f (x) ≥ f (x′ ) für alle x, x′ ∈ D mit x < x′ ,
3. streng monoton wachsend, falls f (x) < f (x′ ) für alle x, x′ ∈ D mit x < x′ ,
4. streng monoton fallend, falls f (x) > f (x′ ) für alle x, x′ ∈ D mit x < x′ .

Bemerkung 6.30 Ist f streng monoton (wachsend oder fallend), so ist f injektiv, da
f (x) =/ f (x′ ) aus x =/ x′ folgt.

Ein zentrales Resultat für streng monotone Funktionen ist:

Satz 6.31 Sei f ∶ [a, b] → R stetig und streng monoton wachsend (oder fallend) und A ∶=
f (a), B ∶= f (b). Dann ist f ([a, b]) = [A, B] (bzw. f ([a, b]) = [B, A]) und f ∶ [a, b] → [A, B]
(bzw. f ∶ [a, b] → [B, A]) ist bijektiv. Außerdem ist f −1 ∶ [A, B] → [a, b] (bzw. f −1 ∶ [B, A] →
[a, b]) stetig und streng monoton wachsend (bzw. fallend).

Beweis: Es sei f streng monoton wachsend. Der Fall, dass f streng monoton fallend ist,
kann man analog beweisen oder man betrachtet −f .
1. Behauptung: f ([a, b]) = [A, B].
Beweis der 1. Behauptung: Da f (a) = A, f (b) = B folgt die Existenz eines x ∈ [a, b]
mit f (x) = c für ein beliebiges c ∈ [A, B] aus Satz 6.12. D.h. es gilt [A, B] ⊆ f ([a, b]).
Andererseits gilt für jedes c ∈ f ([a, b]), dass f (x) = c für ein x ∈ [a, b]. Da f streng monoton
wachsend ist, folgt aus a ≤ x ≤ b, dass A = f (a) ≤ c = f (x) ≤ f (b) = B. Daraus folgt die
1. Behauptung.
Da f streng monoton ist, ist f ∶ [a, b] → [A, B] injektiv und somit bijektiv. Außerdem ist
f −1 ∶ [A, B] → [a, b] streng monoton wachsend, denn sonst gäbe es y, y ′ ∈ [A, B] mit y < y ′
und f −1 (y) ≥ f −1 (y ′ ), woraus folgt:
1. Fall f −1 (y) > f −1 (y ′ ): Dann ist x′ ∶= f −1 (y ′ ) < x ∶= f −1 (y) aber f (x′ ) = y ′ > f (x) = y,
was ein Widerspruch dazu ist, dass f monoton wachsend ist.
2. Fall f −1 (y) = f −1 (y ′ ): Dann müsste x = f −1 (y) = f −1 (y ′ ) zwei Bilder f (x) = y =/ y ′ = f (x)
haben.
2. Behauptung: f −1 ∶ [A, B] → [a, b] ist stetig.
Beweis der 2. Behauptung: Sei (yn )n∈N , sodass yn ∈ [A, B] für alle n ∈ N und yn →n→∞
y ∈ [A, B].
Annahme: Es gilt nicht f −1 (yn ) →n→∞ f −1 (y).

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Stetige Funktionen

Dann gibt es ein ε > 0, sodass für alle N ∈ N ein n ∈ N existiert mit n ≥ N sowie ∣f −1 (yn ) −
f −1 (y)∣ ≥ ε. Somit kann man eine Teilfolge (ynk )k∈N finden, so dass

∣f −1 (ynk ) − f −1 (y)∣ ≥ ε für alle k ∈ N.

Da a ≤ f −1 (ynk ) ≤ b, ist (f −1 (ynk ))k∈N eine beschränkte Folge. Aus Satz 4.39 folgt, dass es
eine Teilfolge (f −1 (ynkj )) der Teilfolge gibt mit
j∈N

f −1 (ynkj ) →j→∞ c ∈ [a, b].

Da f stetig ist, folgt


f (c) = lim f (f −1 (ynkj )) = lim ynkj = y
j→∞ j→∞

und somit:
0 = lim ∣f −1 (ynkj ) − c ∣ ≥ ε > 0.
j→∞ ®
=f −1 (y)
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
≥ε
−1
Das liefert einen Widerspruch. Somit ist f stetig.

Satz 6.31 lässt sich auf die Exponentialfunktion anwenden.

Lemma 6.32 Für alle x ∈ R ist exp(x) ∈ (0, ∞) und exp∶ R → (0, ∞) ist stetig, bijektiv
und streng monoton wachsend.

Beweis: Für alle x ≥ 0 gilt

xk 1
xk m
exp(x) = lim ∑ ≥∑ = 1 + x > 0. (6.4)
k=0 k! k=0 k!
m→∞
°
≥0

Außerdem gilt für x < 0 wegen Folgerung 5.26

exp(x)−1 = exp(−x) ≥ 1 − x > 1

Also folgt 0 < exp(x) < 1 für alle x < 0 und somit exp(x) ∈ (0, ∞) für alle x ∈ R.
Behauptung: exp∶ R → (0, ∞) ist surjektiv.
Beweis der Behauptung: Es sei c ∈ (0, ∞). Wegen (6.4) gilt

exp(n) ≥ 1 + n →n→∞ ∞.

Daraus folgt lim exp(n) = ∞ sowie


n→∞

1 1
0 ≤ exp(−n) = ≤ →n→∞ 0
exp(n) 1 + n
bzw. lim exp(−n) = 0. Deswegen gibt es ein n ∈ N, sodass exp(−n) ≤ c ≤ exp(n). Aus
n→∞
Satz 6.12 folgt, dass es ein x ∈ [−n, n] ⊆ R gibt mit f (x) = c, und somit die Behauptung.

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Stetige Funktionen

Außerdem ist exp∶ R → (0, ∞) streng monoton wachsend, denn für alle x, x′ ∈ R mit x < x′
gilt

exp( x ) = exp(x′ ) exp(−(x′ − x )) < exp(x′ ).


® ²
=x′ −(x′ −x) <0
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
<1

Daraus folgt, dass exp injektiv und somit bijektiv ist. Wegen Lemma 6.8 ist exp stetig.

Definition 6.33 Der natürliche Logarithmus ln∶ (0, ∞) → R ist definiert als ln = exp−1 .

Satz 6.34 ln∶ (0, ∞) → R ist stetig und streng monoton wachsend. Außerdem gilt

ln(xy) = ln(x) + ln(y), ln( x1 ) = − ln x für alle x, y > 0.

Beweis: Nach Lemma 6.32 ist exp∶ [−k, k] → [Ak , Bk ] mit Ak = exp(−k), Bk = exp(k)
bijektiv, streng monoton wachsend und stetig, wobei k ∈ N. Aus Satz 6.31 folgt, dass
ln∶ [Ak , Bk ] → [−k, k] stetig und streng monoton wachsend ist.
Behauptung: ln∶ (0, ∞) → R ist in jedem a ∈ (0, ∞) stetig.
Beweis der Behauptung: Es sei a > 0 und (xn )n∈N eine Folge mit xn →n→∞ a und xn > 0
für alle n ∈ N. Dann gibt es für ε = a2 ein N ∈ N, sodass ∣xn − a∣ < ε für alle n ≥ N . Daraus
folgt
a 3
= a − ε < xn = a + (xn − a) < a + ε = a für alle n ≥ N.
2 ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ 2
∣.∣<ε

Wegen lim exp(−k) = 0, lim exp(k) = ∞ gibt es ein k ∈ N, sodass exp(−k) ≤ a


2 und
k→∞ k→∞
exp(k) ≥ 32 a. Somit gilt xn ∈ [Ak , Bk ] für alle n ≥ N . Da ln∶ [Ak , Bk ] → [−k, k] stetig ist,
folgt limn→∞ ln xn = ln x. Daraus folgt die Behauptung.
Wegen (0, ∞) = ⋃ [Ak , Bk ] ist ln∶ (0, ∞) → R streng monoton wachsend. Da exp∶ R →
k∈N
(0, ∞) bijektiv ist, gibt es für alle x, y > 0 Zahlen ξ, η ∈ R mit x = exp(ξ) und y = exp(η).
Daraus folgt

ln(xy) = ln(exp(ξ) ⋅ exp(η) = ξ + η = ln x + ln y,


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
=exp(ξ+η)

ln( x1 ) = ln(exp(ξ)−1 ) = ln(exp(−ξ)) = −ξ = − ln x

wegen Folgerung 5.26.

Definition 6.35 Für alle z ∈ C und a > 0 definieren wir az ∶= exp(z ⋅ ln a).

Bemerkung 6.36 Für z = n ∈ N stimmt die Definition von az mit der ursprünglichen
Definition überein, da wegen Folgerung 5.26

exp(n ⋅ ln a) = (exp(ln a))n = an .

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Stetige Funktionen

Genauso ist für x = −1 wegen exp(− ln a) = (exp(ln a))−1 = a−1 , die Definition konsistent
mit der Definition von a−1 .

Lemma 6.37 Für alle x ∈ R, z, w ∈ C und a, b > 0 gilt:

az+w = az ⋅ aw , (ax )w = axw , az ⋅ bz = (ab)z .

Beweis: Aus der Definition von az und Lemma 5.25 folgt

az+w = exp((z + w) ln a) = exp(z ln a) ⋅ exp(w ln a) = az ⋅ aw .

Aus der Definition von ln folgt

(ax )w = exp (w ⋅ ln (ax )) = exp(w ⋅ ln(exp(x ln a)) = exp((x ⋅ w) ln a) = axw .


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=x⋅ln a

Schließlich folgt aus Folgerung 5.26 und Lemma 6.32

az ⋅ bz = exp(z ⋅ ln a) exp(z ⋅ ln b) = exp(z(ln a + ln b) = (ab)z .


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=ln(ab)

Bemerkung 6.38 Aus Lemma 6.37, folgt für a > 0 und k ∈ N


k
(a k ) = a k ⋅k = exp(1 ⋅ ln a) = a.
1 1

√ 1 1
Daraus folgt k
a = a k , da a k = exp ( k1 ln a) > 0.

6.4 Grenzwerte von Funktionen

Definition 6.39 Sei f ∶ D → C mit D ⊆ C und a ∈ C so, dass es mindestens eine Folge
(xn )n∈N mit xn ∈ D für alle n ∈ N und xn →n→∞ a gibt. Dann hat f einen Grenzwert c ∈ C
an der Stelle a, kurz:
lim f (x) = c
x→a

falls für jede Folge (xn )n∈N mit xn ∈ D für alle n ∈ N und limn→∞ xn = a gilt:

lim f (xn ) = c.
n→∞

Falls f (D) ⊆ R, kann man in der Definition auch c = +∞ oder c = −∞ zulassen. Falls
D ⊆ R kann man in der Definition a = +∞ oder a = −∞ zulassen. (Dann sind jeweils
die Grenzwerte gegen ±∞ im Sinne einer bestimmten Divergenz, siehe Definition 4.33, zu
verstehen.)

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Stetige Funktionen

x2 −1
Beispiel 6.40 Es sei f ∶ R ∖ {1} → R definiert durch f (x) = x−1 für alle x ∈ R ∖ {1}. Dann
gilt:
lim f (x) = 2,
x→1
weil für jede Folge xn →n→∞ 1 mit xn ≠ 1 für alle n ∈ N gilt:
x2n − 1 (xn + 1)(xn − 1)
f (xn ) = = = xn + 1 →n→∞ 2.
xn − 1 xn − 1

Weitere Definitionen: Für D ⊆ R, c ∈ R ∪ {+∞, −∞}, a ∈ R, sodass es eine Folge (xn )n∈N
gibt mit xn ∈ D und xn > a (für (a)) bzw. xn < a (für (b)) für alle n ∈ N und xn →n→∞ a
und f ∶ D → R definieren wir:
(a) lim f (x) = c, falls für jede Folge (xn )n∈N mit xn ∈ D und xn > a für alle n ∈ N sowie
x↘a
xn →n→∞ a gilt lim f (xn ) = c. Man schreibt auch lim f (x) = c.
n→∞ x→a+

(b) lim f (x) = c bedeutet, dass obige Bedingung mit xn < a statt xn > a gilt. Man schreibt
x↗a
auch lim f (x) = c
x→a−

Beispiel 6.41 Für alle k ∈ N gilt


ex
lim= +∞.
x→∞ xk
(Das bedeutet, dasss ex “schneller gegen +∞ divergiert” als jede Potenz von x.)
Beweis: Für alle x ≥ 0 und k ∈ N gilt

xn xk+1
ex = exp(x) = ∑ ≥ .
n=0 n! (k + 1)!
°
≥0

Daraus folgt
exn xn
≥ →n→∞ +∞
xkn (k + 1)!
für jede Folge (xn )n∈N mit xn →n→∞ +∞.

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Stetige Funktionen

Beispiel 6.42 Für alle k ∈ N gilt

lim xk ⋅ e−x = 0.
x→∞

Beweis: Es sei (xn )n∈N mit xn →n→∞ +∞. Dann folgt mit der Abschätzung aus Beispiel 6.41
−1
e xn (k + 1)!
0≤ xkn e−xn =( k ) ≤ →n→∞ 0.
xn xn

Beispiel 6.43 Für alle α > 0 gilt


ln x
= 0.
lim
x→∞ xα

(Das bedeutet, dasss ln x “langsamer gegen +∞ divergiert” als jede positive Potenz von x.)
Beweis: Ist (xn )n∈N mit xn →n→∞ ∞, so gilt für yn ∶= α ln(xn ), dass:

yn →n→∞ +∞,

da ln∶ (0, ∞) → R monoton wachsend und surjektiv ist. Daraus folgt

ln xn 1
lim α
= lim ⋅ yn ⋅ e−yn = 0
n→∞ xn n→∞ α

und somit die Behauptung.

Beispiel 6.44 Für alle α > 0 gilt

lim xα ⋅ ln x = 0.
x→0

ln( 1 )
Beweis: Nutze xα ln x = − ( 1 )xα und Beispiel 6.43.
x

6.5 Trigonometrische Funktionen

Im Folgenden nutzen wir, dass



z k ∞ (z)k
ez = ∑ =∑ = ez für alle z ∈ C.
k=0 k! k=0 k!

Definition 6.45 Die Funktionen cos∶ C → C (Cosinus) und sin∶ C → C (Sinus) sind defi-
niert durch
1 iz 1 iz
cos(z) ∶= (e + e−iz ) , sin(z) ∶= (e − e−iz ) für alle z ∈ C.
2 2i

Aus der Definition folgt sofort

eiz = cos(z) + i sin(z) für alle z ∈ C (Eulersche Formel) (6.5)

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Abbildung 6.2: Geometrische Bedeutung von (6.6)

Für x ∈ R gilt e−ix = eix = eix und somit


1 ix 1 ix
cos(x) = (e + eix ) = Re (eix ) , sin(x) = (e − eix ) = Im (eix )
2 2i
Da ∣eix ∣2 = eix ⋅ eix = eix ⋅ e−ix = e0 = 1, folgt
2
(cos(x))2 + (sin(x))2 = ∣eix ∣ = 1 für alle x ∈ R (6.6)

Aus der Definition folgt auch direkt:

cos(−z) = cos(z), sin(−z) = − sin(z) für alle z ∈ C

sowie cos(0) = 1, sin(0) = 0.


Da exp∶ C → C stetig ist, sind auch cos∶ C → C, sin∶ C → C stetig.

Lemma 6.46 (Additionstheoreme)


Für alle z, w ∈ C gilt:

cos(z + w) = cos(z) cos(w) − sin(z) sin(w)


sin(z + w) = sin(z) cos(w) + cos(z) sin(w)

Beweis: Siehe 9. Übungsblatt.

Folgerung 6.47 Für alle z, w ∈ C gilt:


z+w z−w
sin(z) − sin(w) = 2 cos ( ) sin ( )
2 2
z+w z−w
cos(z) − cos(w) = −2 sin ( ) sin ( )
2 2

Beweis: Übung! Nutze z = 2,w=


z+w
+ z−w
2
z+w
2 − z−w
2 = u − v.
± ±
=u =v

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Stetige Funktionen

Satz 6.48 Für alle z ∈ C gilt:


∞ ∞
z 2k z 2k+1
cos(z) = ∑ (−1)k sin(z) = ∑ (−1)k
k=0 (2k)! k=0 (2k + 1)!

wobei die Reihen absolut konvergieren.

Beweis: Die absolute Konvergenz folgt aus der absoluten Konvergenz der Exponentialreihe.
Für z ∈ C gilt:
∞ ∞ ∞
1 1 1 z 2k
cos(z) = ∑ ((iz)n + (−1)n (iz)n ) =∑ (i)2k z 2k = ∑ (−1)k
n=0 n! 2 k=0 (2k)! ± (2k)!
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ =(−1)k
k=0



⎪ 0 , falls n ungerade
=⎨




(iz)n , falls n gerade

∞ 2k+1
Ähnlich zeigt man sin(z) = ∑ (−1)k (2k+1)!
z
.
k=0

Folgerung 6.49 Für alle x ∈ R gilt sin(x), cos(x) ∈ R. Außerdem sind sin, cos∶ R → R
stetig.

Für die Definition von π benutzen wir:

Satz 6.50 Es gibt genau ein x ∈ (0, 4] mit sin(x) = 0.

Definition 6.51 Die Zahl x ∈ (0, 4] mit sin(x) = 0 wird als π bezeichnet.

Beweis von Satz 6.50: Zunächst gilt:


x2n+3 22
(2n+3)! x2 < 1, falls x ∈ (0, 2],
= ≤{ 6
42
x2n+1 (2n + 3)(2n + 2) < 1, falls x ∈ (0, 4] und n ≥ 1.
(2n+1)! 20

Daraus folgt

x2n+3 x2n+1
< , falls x ∈ (0, 2], n ∈ N0 oder (x ∈ (0, 4] und n ∈ N),
(2n + 3)! (2n + 1)!
und
x3 x5 x7
sin(x) = x − + − + . . . > 0 für alle x ∈ (0, 2].
3! 5! 7!
´¹¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
>0 >0
Für x = 4 folgt:

4 43 43 47 49 268
sin(4) = − ( − ) − ( − ) −... < − < 0.
1! 3! 5! 7! 9! ± 405
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ <0
=− 268
405
<0

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Stetige Funktionen

Aus dem Zwischenwertsatz (Satz 6.12) folgt, dass es in x ∈ [2, 4] gibt mit sin(x) = 0.
Zur Eindeutigkeit: Es seien x1 , x2 ∈ (0, 4] mit sin(x1 ) = sin(x2 ) = 0. Da sin(x) > 0 für
x ∈ (0, 2], muss x1 , x2 ∈ (2, 4] gelten.
Annahme: x1 ≠ x2 .
Wir können x1 < x2 annehmen (ansonsten tauschen wir x1 und x2 ). Dann gilt x2 −x1 ∈ (0, 2).
Daraus folgt der Widerspruch

0 < sin(x2 − x1 ) = sin(x2 ) cos(−x1 ) + cos(x2 ) sin(−x1 ) = 0.


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
=0 =sin(x1 )=0

Somit gilt x1 = x2 und somit die Eindeutigkeit.

Folgerung 6.52 cos∶ [0, π] → R ist streng monoton fallend und cos(π) = −1.

Beweis: Für alle 0 ≤ x1 < x2 ≤ π gilt wegen Folgerung 6.47


x1 + x2 x2 − x1
cos(x2 ) − cos(x1 ) = −2 sin ( ) sin ( ) < 0,
2 2
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
>0 >0

da x1 ±x
2
2
∈ (0, π), sin∶ (0, π) → R keine Nullstelle hat und sin 2 > 0. Daraus ergibt sich, dass
cos∶ [0, π] → R streng monoton fallend ist. Außerdem gilt

1 = (cos(π))2 + (sin(π))2 = (cos(π))2 .


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=0

Daraus folgt cos(π) = ±1. Da cos∶ [0, π] → R streng monoton fallend ist und cos(0) = 1, gilt
cos(π) = −1.

Folgerung 6.53 Es gilt


eiπ = cos(π) + i sin(π) = −1 (6.7)
und cos∶ [0, π] → [−1, 1] ist bijektiv.

Definition 6.54 arccos∶ [−1, 1] → [0, π] (Arcuscosinus) ist die Umkehrfunktion von cos∶ [0, π] →
[−1, 1].

Bemerkung 6.55 Aus Satz 6.31 folgt, dass arccos = cos−1 ∶ [0, π] → [−1, 1] stetig ist.

Weiterhin erhält man wegen Lemma 6.46 und (6.6)

cos(2x) = (cos(x))2 − (sin(x))2 = 2(cos(x))2 − 1.


´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
=(1−cos(x))2

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Stetige Funktionen

2
Für x = π2 folgt, dass (cos ( π2 )) = 0 = cos ( π2 ) und wegen (6.6) sin ( π2 ) = 1. Damit folgt mit
Hilfe von Lemma 6.46 für alle z ∈ C
π π π
sin (z + ) = sin(z) cos ( ) + cos(z) sin ( ) = cos(z)
2 2 2
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=0 =1
π π π
cos (z + ) = cos(z) cos ( ) − sin(z) sin ( ) = − sin(z)
2 2 2
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=0 =1

und somit für alle z ∈ C


π
sin(z + π) = cos (z + ) = − sin(z)
2
π
cos(z + π) = − sin (z + ) = − cos(z)
2
cos(z + 2π) = cos(z), sin(z + 2π) = sin(z).

Außerdem gilt
π
{x ∈ R ∶ cos(x) = 0} = { + kπ ∶ k ∈ Z} , {x ∈ R ∶ sin(x) = 0} = {πk ∶ k ∈ Z}
2

Wegen sin(x) = − cos (x + π2 ) ist sin∶ [− π2 , π2 ] → [−1, 1] ist streng monoton wachsend, da
cos∶ [0, π] → [−1, 1] streng monoton fallend ist. Außerdem ist sin∶ [− π2 , π2 ] → [−1, 1] stetig
und bijektiv. Die Umkehrfunktion wird mit arcsin bezeichnet. arcsin∶ [−1, 1] → [− π2 , π2 ] ist
wegen Satz 6.31 stetig.

Folgerung 6.56 Für alle z ∈ C mit ∣z∣ = 1 gibt es ein ϕ ∈ (−π, π], sodass

z = eiϕ = cos(ϕ) + i sin(ϕ)

Beweis: Sei z = x+iy. Da ∣z∣ = 1, folgt x2 +y 2 = 1. Daraus folgt ∣x∣ ≤ 1. Da cos∶ [0, π] → [−1, 1]
bijektiv ist, gibt es genau ein ψ ∈ [0, π] mit cos(ψ) = x = Re(z).
1. Fall y = Im(z) ≥ 0: Dann folgt aus x2 + y 2 = 1 und sin(ψ) > 0
√ √ √
y = 1 − x2 = 1 − cos2 (ψ) = sin2 (ψ) = sin(ψ)

und somit
z = x + iy = cos(ϕ) + i sin(ϕ) = eiϕ mit ϕ = ψ−

2. Fall y = Im(z) < 0: Dann ist y = − 1 − x2 = − sin(ψ) = sin(−ψ) und es folgt:

z = x + iy = cos(ψ) +i sin(−ψ) = eiϕ für ϕ = −ψ.


´¹¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹¶
=cos(−ψ)

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Stetige Funktionen

Folgerung 6.57 Für alle ϕ, ψ ∈ R gilt:

eiϕ = eiψ ⇔ ∃k ∈ Z ∶ ϕ = ψ + 2kπ.

Beweis: Übung.

Insbesondere erhält man für alle z ∈ C die Polardarstellung

z = r ⋅ eiϕ

mit r = ∣z∣ ≥ 0, ϕ ∈ R, da z
r = z
∣z∣ = eiϕ für ein ϕ ∈ R wegen Folgerung 6.56. Ist außerdem
w = s ⋅ eiψ ∈ C, s ≥, ψ ∈ R, so erhält man

z ⋅ w = r ⋅ eiϕ ⋅ s ⋅ eiϕ = (r ⋅ s) ⋅ ei(ϕ+ψ) ,

d.h. die Beträge werden multipliziert und die Winkel ψ, ϕ addiert.

Anwendung: Wurzelziehen in C: Es sei n ∈ N, w ∈ C ∖ {0} gegeben. Gesucht sind alle


z ∈ C mit
z n = w. (6.8)
Nun nutzt man w = s ⋅ eiψ und z = r ⋅ eiϕ für r, s > 0, ϕ, ψ ∈ R und erhält
rn inϕ−ψ
z n = rn ⋅ einϕ = w = s ⋅ eiψ ⇔ ⋅e =1
s
n
Wegen Folgerung 6.52 ist dies äquivalent zu rs = 1 und nϕ − ψ = k ⋅ 2π für ein k ∈ Z bzw.

r = n s und ϕ = ψn + nk ⋅ 2π für k ∈ Z. Daraus folgt, dass es genau n verschiedene Lösungen

√ i( ψ + k ⋅2π)
zk = n
s⋅e n n , k = 0, . . . , n − 1,

von (6.8) gibt, da zk+n = zk und zk+j =/ zk für alle j = 1, . . . , n − 1 und alle k ∈ Z.

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