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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 1

FERNSEMINAR ROHRVORTRIEB
www.maxscherle.com

Eröffnung am 03.03.03

Eine Anwenderinformation für alle am Rohrvortrieb Interessierten von


Dr.-Ing. Max Scherle in Zusammenarbeit mit
Dipl.-Ing. Uwe Rößler,
Fa. Herrenknecht AG, Tunnelvortriebstechnik und
Norddeutscher Wirtschaftsverlag GmbH.

Themen:

- Einführung
- Abgrenzung Stollenbau – Tunnelbau – Rohrvortrieb
- Möglichkeiten und Grenzen des Rohrvortriebes
- Vortriebswiderstände und ihre Begrenzung
- Bentonit
- Zwischenpressstationen

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Hinweis für die Anwender

Mit diesem Seminar stellt der Autor, Dr.-Ing. Max Scherle, allen am Rohrvortrieb
Interessierten und Beteiligten Anregungen und Arbeitshilfen zur Verfügung. Die
Seminarunterlagen wurden von ihm auf der Grundlage seiner Ausbildung zum
Maschineningenieur und zum Bauingenieur, seiner langjährigen Erfahrungen im
Tiefbau im Allgemeinen und im Rohrvortrieb im Besonderen, seiner eigenen
Forschungen und Veröffentlichungen, seiner früheren Seminare und den damit
verbundenen Diskussionen, seiner neunzehnjährigen Tätigkeit als Obmann des
gemeinsamen Arbeitskreises Rohrvortrieb der Abwassertechnischen Vereinigung
und des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches nach bestem Wissen und
Gewissen mit einem Höchstmaß an Sorgfalt erstellt.

Mit der Anwendung der Seminarunterlagen entzieht sich niemand der Verantwortung
für eigenes Handeln.

Regressansprüche gegen den Autor oder gegen die an der Gestaltung und
Durchführung des Seminars Mitwirkenden sind ausgeschlossen.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Der Autor stellt sich vor

(Dr.-Ing. Max Scherle)

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Max Scherle, Werdegang

1918 geboren in Neuburg/Donau

Volksschule und Gymnasium in Neuburg/Donau

2 Jahre Praktikum bei MAN Augsburg

3 Monate Ingenieurassistent bei NDLloyd, MS Scharnhorst

5 Semester Ingenieurschule München, Maschinenbau

3 Monate Ferienpraktikum bei J. M. Voith, Turbogetriebebau

3 Monate Ferienpraktikum bei AEG, Dampfturbinenbau

1939 Maschineningenieur

1940 – 1941 Technische Hochschule München, Maschinenbau

1940 –1941 Technische Hochschule München, Assistent

1941 – 1945 Luftwaffe, Triebwerksprüfer

1946 – 1949 Technische Hochschule München, Bauingenieurwesen

1949 Technische Hochschule München, Diplomprüfung

1950 – 1965 Stadt Neuburg/Donau, Leiter des Tiefbauamtes

1965 – 1980 Stadt Mannheim, Leiter der Stadtentwässerung

1980 – 1983 Stadt Mannheim, Leiter des Tiefbauamtes

1971 – 1990 Abwassertechnische Vereinigung, Sprecher der Arbeitsgruppe


Rohrvortrieb

1971 – 1990 ATV/DVGW, Obmann der gemeinsamen Arbeitsgruppe


Rohrvortrieb mit Herausgabe der Arbeitsblätter A125, A161 und
Standardleistungsbuch Rohrvortrieb

1990 Universität Hannover, Dr.-Ing.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Max Scherle, Publikationen

1977 – 1980 Bauverlag Wiesbaden


Rohrvortrieb, Technik-Maschinen-Geräte
Rohrvortrieb, Statik-Planung-Ausführung
Rohrvortrieb, Berechnungsbeispiele-Kommentar
Rohrvortrieb, Standardleistungsverzeichnis

1995 – 1998 Verlag Glückauf Essen, Tunnelbau


Zwängungen beim Rohrvortrieb (Beitrag)
Nachweis der Zwängungskräfte (Beitrag)
Kreisförmige Gradienten beim Rohrvortrieb mit Vorbögen
(Beitrag)

Vortrag auf der Jahreshauptversammlung des Deutschen


Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Saarbrücken
über Rohrvortrieb

Vortrag auf der Drucklufttagung über Rohrvortrieb in Druckluft

1970 – 1973 10 Patente zum unterirdischen Bauen

Veröffentlichungen in UmweltBau:
• Schäden in Millionenhöhe müssten nicht sein
• Optimierung der Vorpresskräfte
• Auf einem Bein sicher an’s Ziel
• Bentonit ein unentbehrliches Hilfsmittel beim Rohrvortrieb
• Sicherungsmaßnahmen bei der Unterfahrung von
Bahnbetriebsgelände im Rohrvortrieb

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Fernseminar Rohrvortrieb
Quellen

Abwassertechnische Vereinigung e.V. (ATV)


Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW)

[1] Arbeitsblatt A125 Rohrvortrieb


gleichlautend: Merkblatt GW Rohrvortrieb

[2] Arbeitsblatt A161 Statische Berechnung von Vortriebsrohren


gleichlautend: Merkblatt GW312 Statische Berechnung von Vortriebsrohren

[3] Arbeitsblatt A132 Standardleistungsbuch,


Leistungsbereich 911 Rohrvortrieb
gleichlautend: Hinweis W309 Standardleistungsbuch,
Leistungsbereich 911 Rohrvortrieb

[4] GAEB St.LB 085 Rohrvortrieb, Ausgabe März 1997

Tiefbauberufsgenossenschaft TBG

[5] Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten

[6] Verordnung über Arbeiten in Druckluft

[7] Merkblatt für Durchpressungen

[8] Sicherheitshinweise für Grabenloses Bauen

[9] Unfallverhütungsvorschrift Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren

[10] Schweißen und Schneiden in Druckluft

[11] Tipps für Druckluftarbeiter

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Fernseminar Rohrvortrieb
Quellen (Fortsetzung)

Bauverlag Wiesbaden und Berlin


Dipl.-Ing. Max Scherle

[12] Rohrvortrieb Band 1, Technik, Maschinen, Geräte

[13] Rohrvortrieb Band 2, Statik, Planung, Ausführung

[14] Rohrvortrieb Band 3, Berechnungsbeispiele Kommentar

[15] Rohrvortrieb Band 4, Standardleistungsverzeichnis

Forschungsergebnisse aus dem Tunnel- und Kavernenbau, Universität Hannover

[16] Heft 14 Zwängungsbeanspruchungen beim


Rohrvortrieb im Locker- und Festgestein
von Dr.-Ing. Max Scherle

[17] Heft 18 Zwängungen beim Rohrvortrieb


Auswirkung auf die Statik
Nachweis der Zwängungskennwerte
von Dr.-Ing. Max Scherle

Verlag Glückauf GmbH Essen

[18] Tunnelbau 1995 Beitrag Dr.-Ing. Max Scherle,


Zwängungen beim Rohrvortrieb
Auswirkungen auf die Statik

[19] Tunnelbau 1996 Beitrag Dr.-Ing. Max Scherle,


Zwängungen beim Rohrvortrieb
Nachweis der Zwängungskennwerte

[20] Tunnelbau 1998 Beitrag Dr.-Ing. Max Scherle,


Kreisförmige Gradienten beim Rohrvortrieb mit
Vorbögen

[21] Einschlägige Normen und Richtlinien

 Dr.-Ing. Max Scherle


Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 8

Dr.-Ing. Max Scherle

Meine sehr verehrten Damen,


meine sehr verehrten Herren,

ich begrüße Sie zum Auftakt des heute beginnenden Fernseminars zum Thema

Rohrvortrieb

zugleich im Namen meines Partners, Herrn Dipl.-Ing. Rößler, und des ganzen
Teams, das zum Gelingen des Seminars beigetragen hat.

Als ich unlängst meine Akten durchforstet habe, stieß ich auf die Unterlagen
zahlreicher Seminare, die ich in der Zeit von 1970 bis 1980 an den Technischen
Akademien Wuppertal, Esslingen und Essen teils mit Kollegen zusammen,
überwiegend aber allein gestaltet hatte. Dies regte mich an, den Gedanken der
Seminare wieder aufzugreifen. Vieles gilt für den Rohrvortrieb noch unverändert,
doch manches ist von der Entwicklung überholt worden und ist zu streichen, vieles ist
aber auch an Erfahrungen und Erkenntnissen neu hinzugekommen und bedarf
dringend der Ergänzung. Doch die Zahl der Jahre erlaubt es mir nicht mehr, noch
einmal an das Pult eines Hörsaales zu treten – da kam mir der Gedanke eines
Fernseminars via Internet. Ich freue mich, dass Sie daran teilnehmen wollen und
hoffe, dass es mir gelingt, Ihre sicher hohen Erwartungen erfüllen zu können. Ich will
versuchen, die theoretischen Grundlagen und die praktische Anwendung für alle am
Rohrvortrieb Beteiligten zu vermitteln – bin mir aber darüber im Klaren, dass dies ein
schwieriger Spagat ist, denn weit gehen die Interessen der Beteiligten auseinander:

Bauherren,
Planer,
Baugrundgutachter,
Ausschreibende Stellen,
Vermesser,
Maschinenhersteller,
Vortriebsfirmen,
Statiker,
Prüfingenieure,
Bewertung von Mängeln und Schäden,
Sicherheit beim Vortrieb.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Einleitung

Der Rohrvortrieb ist das jüngste Mitglied in der Familie der unterirdischen
Bauweisen:
Stollenbau – Tunnelbau – Rohrvortrieb.

Stollenbau ist bereits seit mehreren Tausend Jahren zu Erschließung von


Bodenschätzen wie Erze, Salz und Kohle bekannt. Stollen hatten einerseits die
Aufgabe, Zugang zu den Lagerstätten zu schaffen, andererseits dienten sie dazu, vor
Ort die gesuchten Bodenschätze zu gewinnen. Stollen wurden überwiegend in
lockerem Gestein bzw. in leichtem Fels aufgefahren. Der Abbau geschah mit
einfachen Werkzeugen von Hand, der Abtransport des Haufwerkes erfolgte mit
Stollenwagen, Stollenhunten genannt. Damit der Ausbruchraum nicht sofort
nachstürzte, wurde er mit Holz verbaut, „verpfändet“ und mit „Türstöcken“ gestützt.
Die Ausbruchprofile waren meist rechteckig bis trapezförmig. Erst Terzaghi zeigte
mit seinem bahnbrechenden Berechnungsmodell die Kräfte auf, die den Ausbau
belasten, aber auch entlasten, und machte damit den Stollenbau berechenbar.

Der Tunnelbau ist als Bauweise zur Auffahrung von unterirdischen Verkehrswegen
seit mehreren Jahrhunderten bekannt. Er diente in seinem Ursprung zur
Unterfahrung von Gebirgen, um so die Verkehrswege unabhängig von Eis, Schnee
und Lawinen zu machen. Da es sich fast immer um Gebirgsformationen handelte,
machte es erst die Erfindung des Schießpulvers möglich, Gestein, das nicht mehr mit
einfachem Handwerkzeug gelöst werden konnte, aufzubrechen. Als weiteren,
wesentlichen Schritt zur Verbesserung des Gebirgstunnelbaues und zur Minderung
der immer noch damit verbundenen Gefahren erwies sich die Verdrängung des
Schwarzpulvers durch das Dynamit.
Doch bestanden als Folge der meist hohen Überlagerung durch das Gebirge
erhebliche Auflasten und in deren Folge hohe Bergdrücke, nicht nur im Scheitel,
sondern auch in den Seiten – den Ulmen – und auch in den Sohlen. Um diese
aufzunehmen, wurden die Tunnel mit schwerem Holzverbau gesichert und
schließlich dauerhaft standsicher ausgemauert.
Der Bau der großen Alptunnel erfuhr seine Blütezeit mit der Erfindung und
Einführung der Eisenbahn als wichtiges und unverzichtbares Verkehrsmittel.
Eine weitere Blüte erfuhr der Tunnelbau mit der Verlegung der neuen Straßenbahnen
in den Untergrund – es entstanden die U-Bahnen. Der Tunnelbau löste erfolgreich
die Herstellung der U-Bahnen in offener Baugrube ab, die das Leben in den zumeist
betroffenen Großstädten für lange Zeit erheblich behinderte. Aber erst die Erfindung
des Schildvortriebes in der Mitte des 19. Jahrhunderts brachte den Durchbruch des
Tunnelbaues weltweit.
Die Auskleidung der Tunnelröhren mit Betonfertigteilen, den sogenannten
Tübbingen, im Schutze des Schildes diente der Abstützung gegen den Erddruck und
bildete zugleich das fertige Bauwerk.
Die vorletzte Steigerung erfuhr der Tunnelbau mit der Einführung der Druckluft als
Mittel zur Verdrängung von Wasser an der Ortsbrust. So wurden Tunnel im
Grundwasser und unter Gewässern vorgetrieben, ohne dass Wasser abgesenkt oder
abgepumpt werden musste.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Mit der Einführung der flüssigkeitsgestützten Ortsbrust, bei welcher der Boden an der
Ortsbrust durch eine Bentonitsuspension abgestützt wird – daher der Name
flüssigkeitsgestützte Ortsbrust – und zugleich allenfalls anstehendes
(Grund-)Wasser abgedrängt wird, wurde der bisher letzte, aber auch entscheidende
Schritt in der Entwicklung des Tunnelbaus getan.
Den Stollen sind in der Größe ihrer Querschnitte relativ enge Grenzen gesetzt. Man
darf von wenigen Quadratmetern ausgehen. Auch die Vortriebslängen sind begrenzt,
ohne dass hierfür Werte angegeben werden können.
Tunneln sind – man möchte fast sagen – keine Grenzen gesetzt.
Durchmesser von 14 Metern wurden bei Straßentunneln bereits aufgefahren, z.B.
der Elbtunnel. Vortriebslängen von mehreren Zehn Kilometern Länge sind bei
Eisenbahntunneln keine Seltenheit – Beispiel der Euro-Tunnel zwischen Frankreich
und England – und verschiedene Tunnel in Japan zu Verbindung von Inseln.

Da ist der Rohrvortrieb schon wesentlich bescheidener.


Wann zum ersten Mal Rohre vorgetrieben wurden, ist nicht mehr feststellbar.
Offensichtlich waren die ersten Schritte noch so unbedeutend, dass sie in der
Fachpresse nur eine geringe Beachtung fanden. Der Rohrvortrieb erfolgte zunächst
mit Nennweiten von einigen Dezimetern bei Vortriebslängen von einigen Zehn
Metern.
Der Rohrvortrieb im heutigen Sinne begann in den 60er bis 70er Jahren des 20.
Jahrhunderts mit Nennweiten von 1,0 bis 2,0 Metern bei Vortriebslängen von
mehreren Hundert Metern. Dann setzte eine stürmische Entwicklung ein. Über
Vortriebslängen bis mehrere Tausend Meter – teils unter Wasser – und Nennweiten
bis zu 4,00 Metern und darüber wird berichtet.

Was ist nun der Rohrvortrieb?


Was hat er mit dem Tunnelbau gemeinsam?
Was unterscheidet ihn vom Tunnelbau?

Beides sind unterirdische Bauweisen, die von einem Schacht aus aufgefahren
werden.

Beim Tunnelbau wird im Schutze eines Schildes ein – meist zylinderförmiger


Hohlraum geschaffen, den zunächst der Schild gegen den Druck des Bodens stützt.

Beim Rohrvortrieb wird ebenfalls im Schutze eines Schildes ein Hohlraum


geschaffen, den zunächst der Schild gegen den Druck des Bodens abstützt.

Beim Tunnelbau wird – in der derzeit gebräuchlicher Form – im Schutze des Schildes
die Auskleidung des Hohlraumes mit Betonfertigteilen – den Tübbingen –
zusammengefügt, die nach dem Vortrieb des Schildes an dem jeweiligen Ort, an dem
sie eingebaut wurden, als die Tunnelauskleidung verbleibt und damit die Tunnelröhre
bildet.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Beim Rohrvortrieb wird der Schild durch das erste Rohr in den Boden gedrückt,
dem folgen weitere Rohre. Die Rohre übernehmen vom Schild die Last des Bodens
und bilden zugleich die fertige Röhre. Die Rohre, von denen jedes für sich allein
Bestandteil des ganzen Bauwerkes ist, werden in dem vom Schild vorgeschnittenen
Hohlraum zum betriebsfertigen Bauwerk zusammengefügt. Ein wesentliches,
vielleicht das wesentlichste Kriterium des Rohrvortriebes ist es, dass der
gesamte Rohrstrang so lange in Bewegung bleibt, bis das letzte Rohr aus dem
Startschacht ausgefahren ist.

Möglichkeiten und Grenzen des Rohrvortriebes

Sind bedeutende Verkehrswege, Bahnlinien oder Gewässer zu unterfahren, steht die


Ausführung in einem Rohrvortriebsverfahren außer Zweifel.
Bestehen solche Zwänge nicht, muss sich der Rohrvortrieb dem Wettbewerb mit der
offenen Bauweise stellen. In freiem Gelände mit geringen Überdeckungshöhen hat
der Rohrvortrieb im Allgemeinen keine Chance. Seine Chancen steigen mit
zunehmender Überdeckungshöhe. Die Frage, ob offene Bauweise oder Rohrvortrieb,
kann letztlich nur durch einen Kostenvergleich, am besten auf der Grundlage einer
Vergleichsausschreibung beantwortet werden. Bei der Wertung sind außer der reinen
Kostenfrage auch Fragen der Belastung der Umwelt, insbesondere Fragen der
Verkehrsbeeinträchtigung bei offener Bauweise zu berücksichtigen. Auch Fragen der
Schädigung des Geschäftslebens sollten genauso in die Wertung eingehen wie
Fragen der Beeinträchtigung von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern,
bedeutenden kulturellen Einrichtungen usw. Auch der Erhalt eines wertvollen
Baumbestandes, der bei offener Bauweise geopfert werden müsste, kann eine
entscheidende Rolle spielen.
Die Abwägung der vorausgehend aufgezeigten Fragen bei der Entscheidungsfindung
– offene Bauweise oder Rohrvortrieb – fällt nicht selten in den
Verantwortungsbereich der zuständigen politischen Gremien!!

 Dr.-Ing. Max Scherle


Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 12

Böden:

Rohrvortrieb ist besonders gut geeignet in nicht bindigen bis bindigen Lockerböden
wie Sand, Kies, Schotter, Lehm, Ton, Mergel, usw.
Es ist nur bedingt – wenn überhaupt – geeignet in Fließsand, Schluff und Moorböden
und vergleichbaren Böden, da diese Böden an der Ortsbrust nur schwer abgestützt
werden können und die Vortriebsschilde nicht den zur Steuerung erforderlichen
Widerstand finden. Außerdem geben diese Böden dem Rohrstrang nicht ausreichend
Führung, so dass sich der gesamte Rohrstrang in seiner Lage verändern kann.
Festgesteine, die bis vor nicht allzu langer Zeit als für den Rohrvortrieb ungeeignet
bezeichnet wurden, da sie nur durch Sprengen abgebaut werden konnten, werden
nunmehr dank der Entwicklung geeigneter Abbaumaschinen vom Rohrvortrieb
beherrscht.

Nicht gänzlich auszuschließen, jedoch mit großer Vorsicht sind beim Rohrvortrieb
Böden zu betrachten, die zum Quellen neigen, da diese den Rohrstrang unter
Umständen so fest umklammern, dass er sich nicht mehr bewegen lässt.

 Dr.-Ing. Max Scherle


Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 13

Grenzen des Durchmessers bei Rohrvortrieben.

Nach unten kann festgestellt werden, dass es, seit Maschinen auf dem Markt sind,
die immer kleinere Durchmesser ermöglichen, praktisch keine Grenzen mehr gibt.

Nach oben gibt es für Rohre, die in Rohrwerken hergestellt und auf öffentlichen
Straßen transportiert werden sollen, mehrfache Grenzwerte:

Die zulässige Transportbreite beträgt ohne besondere Genehmigung 2,50 Meter.


Sollen die Rohre mit ihrer Achse in Fahrtrichtung transportiert werden, dann bedeutet
dies eine Beschränkung der Nennweite auf 2,50 Meter Außendurchmesser minus 2
Mal Rohrwanddicke. Mit Sondergenehmigung, die mit Auflagen der örtlichen
Verkehrsbehörde verbunden ist, können Transportbreiten von maximal 3,60 Meter
zugelassen werden. Daraus ergibt sich eine Nennweite von höchstens 3,60 Meter
minus 2 Mal Rohrwanddicke.

Die zulässige Höhe beträgt ohne Sondergenehmigung 4,00 Meter. Daraus errechnet
sich ein Rohraußendurchmesser von 4,00 Metern minus Konstruktionshöhe der
Ladeflächen des Tiefladers.

Eine Variante ist noch gegeben, wenn die Rohre quer zur Fahrtrichtung transportiert
werden können. Dann ist es möglich, die Rohre bei einer Länge von maximal 2,50
Metern (einschließlich der Stahlführungsringe) mit einem Außendurchmesser von
4,00 Metern minus der Konstruktionshöhe der Ladefläche des Tiefladers ohne
Sondergenehmigung zu transportieren.

Aber Vorsicht! Immer wieder findet man – trotz zulässiger Durchfahrtshöhe von 4,00
Metern vor Unterführungen Warnschilder, auf denen steht
Durchfahrtshöhe 3,80 m
oder sogar noch weniger!! Darum der Rat:
Stets vor Angebotsabgabe und Auftragsannahme von Großrohren den vorgesehenen
Transportweg überprüfen!

Auf eine Besonderheit ist noch hinzuweisen: Das ist der Grenzbereich zwischen
bemanntem und unbemanntem Rohrvortrieb!
Nach der Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten vom 1. April 1977 in der Fassung
vom 1. Januar 1997, Stand 2000, Mindestlichtmaße
§ 42 (1) Arbeitsplätze und Verkehrswege in Tunneln, Stollen und
Durchpressungen müssen folgende Mindestlichtmaße aufweisen:
Bei Längen unter 50 m bei Kreisquerschnitt 0,80 m
Durchmesser
Bei Längen von 50 bis unter 100 m bei Kreisquerschnitt 1,00 m
Durchmesser
Bei Längen von 100 m und mehr bei Kreisquerschnitt 1,20 m
Durchmesser

Ist Vortrieb in Druckluft vorgesehen oder muss mit Vortrieb in Druckluft gerechnet
werden, gilt zusätzlich die Verordnung über Arbeiten in Druckluft
(Druckluftverordnung) vom Oktober 1972 in der Fassung vom 19. Juni 1997.

 Dr.-Ing. Max Scherle


Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 14

Nach Anhang 1: (§§ 4 und 17 Abs. 2 der Verordnung über Arbeiten in Druckluft)
1.2 Personenschleusen, Materialschleusen, kombinierte Schleusen
(1) Personenschleusen müssen mindestens 1,60 m hoch ... sein, ....
(4) Für kombinierte Schleusen gelten die Vorschriften für
Personenschleusen

Beide Vorschriften sind erfüllt, wenn sich der aus dem geplanten Nenndurchmesser
plus 2 Mal der Wanddicke der Vortriebsrohre ergebende Außendurchmesser der
Vortriebsrohre gleich oder größer ist als 1,60 m zuzüglich 2 Mal der Wanddicke des
Schleusenrohres. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, dann muss der Nenndurchmesser
der Vortriebsrohre entsprechend erhöht werden.

Ausblick

Noch ungeahnte und beinahe fast unbegrenzte Möglichkeiten für den Rohrvortrieb in
all seinen Bereichen – Maschinenhersteller, Rohrhersteller, Vortriebsfirmen und nicht
zuletzt Planer – zeichnen sich bei der Herstellung der Rohre in Feldfabriken nahe der
Vortriebsstrecke im Nennweitenbereich zwischen 4,00 und 5,00 m zur Aufnahme von
Verkehrsmitteln – teils schienengebunden, teils und dies insbesondere
spurgebunden.
Gerade eine Allianz von Rohrvortrieb und Spurbussen wäre ideal.
Spurbusse benötigen geringeren Lichtraum als schienengebundene Verkehrsmittel!
Spurbusse kommen mit engeren Radien aus.
Spurbusse beherrschen wesentlich größere Steigungen und Neigungen!
Spurbusse kommen mit wesentlich kürzeren Rampen aus!
Spurbusse benötigen wesentlich kürzere Bahnhöfe!

Ein ganz neuer Ausblick für den Rohrvortrieb – und dies möglicherweise weltweit.

 Dr.-Ing. Max Scherle


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Durchführung des Rohrvortriebes

Bild 1 zeigt das Schema eines Rohrvortriebes

Bild 1: Schema eines Rohrvortriebes

Von einem Schacht, Pressschacht oder auch Startschacht genannt, wird mittels
hydraulischer Vortriebspressen das 1. Vortriebsrohr, dem ein steuerbarer Schild
(früher auch Schneidschuh genannt, weil mit ihm der Ausbruchraum vorgeschnitten
wird) vorangesetzt ist, in den Boden getrieben. Im Schutze des Schildes wird an der
Ortsbrust der Boden abgebaut, während der Schild im Lockergestein den Boden
stützt und sichert. Das in den Schild fallende Haufwerk wird zum Startschacht hin
zurückgefahren und von dort abgefördert. Ist das 1. Rohr ganz aus dem Startschacht
ausgefahren, wird ihm ein 2. Rohr angefügt und mit diesem das 1. Rohr samt dem
Schild vorgetrieben. An der Ortsbrust wird dabei weiterer Boden gelöst, geladen und
zum Startschacht zurücktransportiert. Ist auch das 2. Rohr ausgefahren, dann folgt
ein 3. Rohr, ein 4. Rohr und so weiter, wobei stets der Transport des Haufwerkes
durch die bereits vorgepressten Rohre erfolgt.

So könnten von einem Startschacht aus beliebig viele Rohre vorgetrieben werden,
wären nicht Grenzen gesetzt. Die Grenzen ergeben sich aus den Widerständen, die
dem Vortrieb entgegen stehen.
Die Widerstände ergeben sich aus:
- dem Brustwiderstand, das ist der Widerstand, den der Boden dem Eindringen
des Schildes entgegen setzt. Der Brustwiderstand wird durch die Art des Bodens,
die Konstruktion des Schildes und die Vortriebstechnik bestimmt.
- der Mantelreibung, das ist die Reibung, die bei der Bewegung der Rohre am
ausgebrochenen Baugrund entsteht. Es ist naheliegend, dass die Mantelreibung
mit der Länge des Vortriebes zunimmt.

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Ziel beim Rohrvortrieb ist es – wie so häufig und ganz legitim – mit geringst
möglichem Kraftaufwand möglichst weit voranzukommen. Den Kraftaufwand
bestimmt beim Rohrvortrieb vorrangig die Mantelreibung. Um diese in den Griff zu
bekommen, ist es wichtig, sich mit den sie bestimmenden Gesetzmäßigkeiten
auseinander zu setzen. Es sind dies die

Reibungsgesetze (Bild 2):

Bild 2: Reibungsgesetze

Neben der Rollreibung (Bild 2a), die hier außer Betracht bleibt, wird unterschieden
in:
- trockene Reibung (Bild 2b) und diese in
• Haftreibung (Reibung der Ruhe)
• Gleitreibung
- Flüssigkeitsreibung (Bild 2c).

Bei der Haftreibung nach Bild 2a und bei der Gleitreibung nach Bild 2b berühren sich
die Gleitflächen unmittelbar. Es besteht zwischen den Gleitflächen eine relative
Geschwindigkeit v.

Die Tangentialkraft T als Maß des Reibungswiderstandes errechnet sich zu

Τ=µxN

Der Reibungsbeiwert µ ist eine Materialkonstante und ist unabhängig von der Größe
der Berührungsfläche. Er wird durch die Beschaffenheit der Oberflächen beider
Berührungsflächen bestimmt.

Bei der Flüssigkeitsreibung ist der scheinbare Reibungsbeiwert µ vom


Strömungswiderstand der den Gleitkörper von den Gleitflächen trennenden
Flüssigkeit abhängig. Der Strömungswiderstand wird von der kinematischen
Zähigkeit der Flüssigkeit und von der Strömungsgeschwindigkeit bestimmt. Aus der

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Hydrodynamik ist bekannt, dass der Strömungswiderstand mit dem Quadrat der
Strömungsgeschwindigkeit ansteigt.

Zwischen zwei sich berührenden Körpern wirkt ein spezifischer Druck


N
p =
F

Bei der Flüssigkeitsreibung wirkt auf das Gleitmittel ein Strömungsdruck


p‘ = f(v²)

Solange p = p‘ ist, befindet sich der Körper mit dem Gleitmittel im Gleichgewicht. Der
bewegte Körper „schwebt“ über der Gleitfläche.

Wenn p > p‘ ist, dann wird so lange Gleitmittel aus der Fuge zwischen dem
bewegten Körper und der Gleitfläche verdrängt, bis die Flüssigkeitsreibung in
trockene Reibung übergeht.

Voraussetzung für die Flüssigkeitsreibung ist, dass sowohl der Körper als auch die
Gleitfläche undurchlässig ist. Kann Gleitmittel zum Körper oder zur Gleitfläche hin
entweichen, ohne dass es in gleicher Menge ersetzt wird, dann wird aus der
Flüssigkeitsreibung trockene Reibung.

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Folgerungen aus den Reibungsgesetzen für den Rohrvortrieb

• Trockene Reibung setzt einen möglichst niederen Reibungsbeiwert voraus.


Dieser wird durch glatte Oberflächen erzielt. Eine mechanische Behandlung der
Rohroberfläche kann ebenso zu einer Verbesserung des Reibungsbeiwertes
führen wie eine Beschichtung mit reibungsmindernden Mitteln.
• Flüssigkeitsreibung setzt das Vorhandensein eines Gleitmittels zwischen Rohr
und Boden voraus.
• Das Gleitmittel benötigt eine ganz bestimmte Schichtstärke, um wirksam werden
zu können.
• Es muss ein gewisser Spalt zwischen Rohr und Boden vorhanden sein, damit
nach dem Einpressen des Gleitmittels die erforderliche Schichtstärke entstehen
kann.
• Der mit Gleitmittel ausgefüllte Spalt zwischen Rohr und Boden muss während
des gesamten Vortriebes aufrecht erhalten werden. Um dies zu ermöglichen,
muss das Gleitmittel den Boden daran hindern, sich an das Rohr anzulegen. Das
heißt, das Gleitmittel muss den Boden gegen den jeweils herrschenden
Bodendruck abstützen. Daraus folgt, dass im Gleitmittel ständig ein
Flüssigkeitsdruck aufrecht erhalten werden muss, der dem Druck des Bodens
entspricht. Damit wird das Gleitmittel gleichzeitig zum Stützmittel. Die
Reaktionskraft für den Stützdruck übernimmt das Vortriebsrohr (Bild 3).

Bild 3: Schema der Flüssigkeitsreibung


• Damit der zwischen Rohr und Boden erforderliche Spalt entstehen kann, wird der
Durchmesser des Schildes um ein geringes Maß größer ausgeführt als der
Durchmesser der Rohre. Das ist der so genannte Überschnitt.
• Der zwischen dem Boden und den Rohren entstandene bzw. gebildete Spalt
muss mit Gleitmittel ausgefüllt werden, bevor sich der Boden an die Rohre
angelegt und bevor sich der Bodendruck in seiner vollen Größe aufgebaut hat.

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Ein nachträgliches Wegdrücken des Bodens unter Überwindung des


Erdwiderstandes ist nicht möglich.
(Bild 4)

Bild 4: Schema einer Ausfahrdichtung

• Es wird vorausgesetzt, dass alle Rohrverbindungen dicht sind und während des
gesamten Vortriebes dicht bleiben, so dass kein Gleitmittel verloren geht.
• Der Boden ist immer – mehr oder weniger – durchlässig. Das Gleitmittel muss
daher in der Lage sein, den Porenraum des Bodens so zu verschließen – zu
versiegeln -, dass eine für das Gleitmittel undurchlässige Ringzone entsteht, die
ein Abwandern des Gleitmittels in den Boden verhindert.
• Das Gleitmittel darf weder die Vorpressrohre, nach das Material der
Rohrverbindungen angreifen.
• Das Schmiermittel darf nicht Grundwasser gefährdend sein.

Alle an ein Gleitmittel gestellten Anforderungen können von einer Suspension


aus Bentonit und Wasser erfüllt werden. Sie werden dann erfüllt, wenn die im
nachfolgenden Beitrag dargelegten Regeln beachtet werden.

 Dr.-Ing. Max Scherle


eine Calciumbentonit-Suspension bei glei-

Bentonit im Rohrvortrieb: chem Bentonitanteil (bezogen auf den Anteil


Trockensubstanz). Die sehr viel größere An-
zahl kleinster Silikatlamellen begünstigt die

Ein unentbehrliches Hilfsmittel Ausbildung


Struktur
der kartenhausähnlichen

der Montmorillonit-Teilchen und damit die


Quellfähigkeit der Suspension, deren Fließfä-
Bentonit ist heute aus dem modernen Spezialtiefbau im Allgemei- higkeit im Solzustand und deren Verfestigung
nen und dem Rohrvortrieb im Besonderen nicht mehr wegzuden- im Gelzustand. Deshalb ist Natriumbentonit
für den Rohrvortrieb wesentlich geeigneter
ken. Es wird in seiner Bedeutung jedoch noch häufig unterschätzt. als Calciumbentonit!
Die bayerischen Lagerstätten enthalten je-
doch ausschließlich Calciumbentonite mit re-
VON DR.-ING, MAX SCHERLE Der Schichtabstand zwischen zwei Montmo- lativ geringer Quellfähigkeit. Nun ist es eine
Bentonit ist ein graues, mehliges Gestein, das rillonit-Lamellen verdoppelt sich hierbei. Das besondere Eigenschaft des Calcium-Montmo-
mit Wasser angemacht zu einer unansehnli- Phänomen der innerkristallinen Quellung be- rillonites, dass seine austauschbar gebunde-
chen, schlüpfrigen, grauen Masse - einer ruht auf einer nicht ausgeglichenen Ladungs- nen Calcium-lonen verdrängt und durch Natri-
Suspension wird. Deshalb ist zu unterschei- verteilung innerhalb der Schichtpakete. um-Ionen ersetzt werden können. Durch
den zwischen dem Bentonit-Mehl und der Man kann sich nun vorstellen, dass in einer diesen lonenaustausch wird das Verhalten
Bentonit-Suspension. zur Ruhe gekommenen Bentonit-Suspension des Calciumbenonites weitgehend verändert
Bentonit wurde Ende des 19. Jahrhunderts in die plättchenförmigen Montmorillonit-Teil- und es werden die günstigen Eigenschaften
Amerika entdeckt, in der Zeit, als die Bohrun- chen eine kartenhausähniiche Struktur bil- des Natriumbentonites aktiviert.
gen nach Erdöl in immer größere Tiefen vor- den, wobei sich die Teilchen an ihren Ecken Da Natriumbentonit und durch Natriumionen
drangen. Dort wurde erstmals Bentonit-Mehl, und Kanten berühren und sich gegenseitig ab- aktiviertes Calciumbentonit - auch Aktiv-Ben-
das mit Wasser angemacht war, in die Bohrlö- stützen. Wird der Ruhezustand gestört, zum tonit genannt - die beim Rohrvortrieb gestell-
cher eingefüllt und so ein Nachbrechen der Beispiel durch Rühren, Fließen, Schütteln ten Anforderungen am besten erfüllen, wer-
Bohrlochwände verhindert. Auf diese Weise oder Pumpen, wird die Vielzahl der karten- den diese Bentonitarten den weiteren
gelang es, unverrohrte Bohrungen in sehr gro- hausähnlichen Gebilde zerstört und die im Betrachtungen zugrunde gelegt.
ßen Tiefen herzustellen. Das Bentonit-Was- Ruhezustand zum „Gel" verfestigte Suspensi- Tabelle 1 gibt die chemische Analyse, die mi-
sergemisch wurde zum Stutzmittel. Das dazu on wird zum „Sol". Kommt dieses neralogische Zusammensetzung und die
erforderliche graue Gesteinsmehl wurde bei So! wieder
Fort Benton in Amerika gewonnen, das ihm zur Ruhe, lagern sich die plättchen-
auch den Namen „Bentonit" gab. förmigen Montmorillonit-Teilchen
In Europa wurde Bentonit-Mehl erstmals bei wieder aneinander und stützen
Montmorillon in Südfrankreich aufgefunden. sich gegenseitig ab - das Sol er-
Dabei wurde auch erkannt, dass der Hauptbe- starrt wieder zum Gel. Der
standteil dieses Gesteinsmehles ein Tonmi- Struktur-
neral ist, das nach seiner Lagerstätte Mont- wechsel vom Sol zum Gel und wie-
morillonit bezeichnet wird. In Deutschland der zurück zum Sol ist beliebig oft
befinden sich Lagerstätten in Bayern als Ver- wiederholbar. Dieses Verhalten
witterungsprodukte saurer vulkanischer Gla- wird tixotrop genannt.
stuffe, die vor etwa 10 Millionen Jahren ent- Wesentliches Merkmal der Bento-
standen sein sollen. nit-Suspension ist ihre Quellfähig-
Beim Montmorillonit handelt es sich um ein keit. Diese wird von der Größe und
kristallin schichtförmig aufgebautes Alumini- Anzahl der plättchenförmigen Mont-
um-Hydrosilikat. morillonit-Teilchen bestimmt.
Die Silikatlamellen bestehen aus 3 Schichten mit Grundsätzlich gibt es zwei Arten
einer SiO4-Tetraeder- von Bentonit:
einer Aluminiumoxidhydrat-Oktaeder- • Calcium-Bentonit und
einer SiO4-Tetraeder-Schicht. • Natrium-Bentonit,
Der Montmorillonit-Kristall ist aus vielen sol- die sich durch die Art des sie be-
cher Schichtpakete zusammengesetzt. In An- stimmenden Montmoriüonites
wesenheit von Wasser quillt der Montmorillo- • Calcium-Montmorillonit und
nit-Kristall auf, während sich zwischen die • Natrium-Montmorillonit
einzelnen Schichtpakete Wassermoleküle unterscheiden.
einlagern. Eine Natriumbentonit-Suspension
enthält etwa 15- bis 2o-mal mehr Siebanalyse eines Aktivbentonites wieder:
extrem dünne Silikatlamellen als
Die chemische Analyse zeigt, dass Bentonit lich verändert werden. Sie liegen hier zwi- 10 fachen erhöht, dann bedeutet dies im Um-
zu rund 57 % aus Kieselerde und zu rund 20 % schen rund 1,02 und 1,05 und damit nur we- kehrschluss, dass eine Halbierung des Ben-
aus Tonerde besteht, die zusammen die nig über dem Raumgewicht des Anmachwas- tonitanteiles den Nutzeffekt der Suspension
Grundstoffe der Montmorillonit-Kristalle bil- sers. bis auf 1/10 vermindert!
den. Dementsprechend findet sich auch in der Deshalb können Bentonit-Suspensionen Die Werte der Fließgrenzen in der Tabelle 2
mineralogischen Untersuchung ein Anteil von auch bei Vortrieb im und unter Wasser als gelten für Suspensionen, bei denen der
75 % Montmorillonit wieder. Die Siebanalyse Stütz- und Gleitmittel verwendet werden, Quellvorgang abgeschlossen ist. Dieser
zeigt, dass 55 % des Bentonit-Mehles eine ohne dass ein Abfließen der Suspension auf- Quellvorgang beruht auf der Einlagerung
Korngröße kleiner als 0,025 mm aufweisen. grund der unterschiedlichen Raumgewichte von Wasser in die Schichtlagen der die
Bentonit wird mit Wasser zu einer Suspension befürchtet werden muss. Das Raumgewicht Montmorillonit-Kristalle bildenden Silikatla-
angerührt, wobei an die Qualität des Wassers ist somit kein wesentliches Kriterium der mellen, wodurch der Schichtabstand vergrößert
die gleichen Anforderungen zu stellen sind Bentonit-Suspensionen. wird. Der Durchdringungs-prozess der sehr klei-
wie für das Zugabe-Wasser zur Herstellung Hingegen sind die Fließgrenzen sowohl im nen Montmorillonit-Kristalle mit Wasser und
von Beton. Keinesfalls darf Wasser aus Tüm- Zustand der Bewegung als auch im Zustand das Eindringen des Wassers in die noch viel
peln, Weihern, verschmutzten Bachläufen der Ruhe sehr stark vom Bentonitgehalt in kleineren Schichtlagen benötigt Zeit: Das ist
(Brackwasser) verwendet werden!! der Suspension abhängig. Die Tabelle 2 zeigt die Quellzeit, die desto kürzer wird, je besser
Die Tabelle 2 gibt die wichtigsten Kennwerte aber auch, dass bei einer Erhöhung des Ben- der Mischeffekt ist und die sich um ein Mehr-
von Bentonit-Suspensionen mit 30, 40, 60 tonitanteils in der Suspension von 30 auf 60 faches bei schlechter Durchmischung des
und 80 kg Bentonit-Trockenmasse in einem kg/m= die Dynamische Fließgrenze, das ist Wasser-Bentonitgemisches verlängert. Erste
Kubikmeter fertiger Suspension wieder. die Fließgrenze der Bewegung, auf etwa das Voraussetzung für einen guten Mischeffekt
ist eine ausreichend lange Mischzeit, die
mindestens eine halbe Stunde, unter Um-
ständen aber auch mehrere Stunden betra-
gen muss. Weitere Voraussetzungen für ei-
nen guten Mischeffekt sind:
•Knollenfreie Auflösung des Bentonites im
Wasser, so dass möglichst jedes Bentonit-
körnchen von Wasser umhüllt ist.
•Beim Mischen darf keine Luft in das Was-
ser-Bentonitgemisch eingeschlagen wer-
den, da Luft das Wasser am Eindringen in
die Montmorillonit-Kristalle hindert.
Das Aufbereiten eines Wasser-Bentonitge-
misches zu einer Dispersion, welche die vor-
genannten Kriterien erfüllt, wird deshalb
mit „Dispergieren" bezeichnet - und Di-
spergieren ist eben mehr, viel mehr als nur
Tabelle 2: Kennwerte einer Bentonit-Suspension Einrühren oder Urnrühren!
Dispergieren erfolgt in eigens dafür ge-
10 fache, nach 1 Minute Ruhe auf etwa das
Zunächst zeigt in Tabelle 2 die Zeile der 1,5 bis 2 fache, nach 24 Stunden Ruhe auf schaffenen Geräten mit schnell laufenden
Raumgewichte, dass diese durch den Bento- Dispergierscheiben (ca. 1000 bis 1500 U/
etwa das 6 fache ansteigt. Für die
Anwendung der min). Rührwerkzeuge, wie sie für das Anma-
Bentonit-Suspen- chen von Mörtel und Ähnlichem vorhanden
sion als Stützmittel sind, sind denkbar ungeeignet!
sind die Werte im Das Aufbereiten der Bentonit-Suspension
Zustand der Ruhe, darf nur in die Hände von dafür qualifizier-
für die Anwendung tem Personal gegeben werden.
Die Quellzeit wird ferner von der Temperatur
als Gleitmittel sind
die Werte im Zu- des Gemisches beeinflusst. Hohe Tempera-
stand der Bewe- tur wie Sommertemperatur verkürzt die
gung maßgebend. Quellzeit, niedere Temperatur wie Winter-
Wenn aber fest- temperatur verlängert sie.
steht, dass eine Bei Temperaturen unter Null Grad setzt der
Verdoppelung des Quellvorgang aus, ohne dass die Mischung
Bentonitanteiles in durch Einfrieren Schaden leidet. Nach dem Auf-
der Suspension die tauen setzt der Quellvorgang wieder ein, wobei
Werte der Fließ- die Gefrierzeit der Quellzeit hinzuzurechnen ist.

nitanteil (Trockensubstanz) nur unwesent- grenze bis zum


Bild 1 stellt den Zu-
sammenhang von
Mischeffekt und
Quellzeit in Abhän-
gigkeit von der Tem-
peratur dar.
Die grafische Darstel-
lung nach Bild 1 zeigt,
dass bei schlechtem
Mischeffekt nach Ab-
schluss des Mischvor-
ganges nur etwa 35 %
der Endfließgrenze er-
reichbar sind, wäh-
rend bei gutem Misch-
effekt bereits 80 % der
Endfließgrenze er-
reicht werden können.
Die Kurven 1 und 2 zei-
gen den Anstieg der
Fließgrenze jeweils
bei hohen, die Kurven
3 und 4 zeigen den An-
stieg der Fließgrenze
bei niederen Tempera- Bild 1: Einfluss des Mischeffektes und der Temperatur auf die
turen. Demnach ist bei
gutem Mischeffekt und sommerlichen Temperaturen die Endfließgren-
ze schon nach fünfstündiger Quellzeit erreichbar, wogegen bei
schlechtem Mischeffekt und niederen Temperaturen eine Quellzeit bis
zu 24 Stunden erforderlich ist. Daraus wird der Stellenwert ersichtlich,
der einer fach-und sachgerechten Dispergierung zukommt.
Daraus wird aber auch ersichtlich, wie notwendig eine ausreichende
Vorratshaltung für dispergierte Mischung ist, um ihr die zum Quellen
erforderliche Zeit zu gewähren. Keinesfalls darf nur dispergiertes
Bentonit-Wassergemisch ohne Quellvorgang in die Vortriebsstrecke
gepumpt werden.
Der Abschluss des Quellvorganges ist zu überwachen, da eine nicht
ausgequollene Suspension einerseits die stützende Funktion nicht
erreicht und andererseits durch Nachquellen zur Verstopfung der
Bentonitleitung und zur Erhöhung des scheinbaren Reibungsbeiwer-
tes zwischen den Vortriebsrohren und dem umgebenden Gebirge
und damit zur Erhöhung des Vortriebswiderstandes führen kann.
In der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die stützende Wir-
kung des Bentonit-Wasser-Gemisches neu entdeckt, als es galt,
schmale Gräben zur Herstellung von Betonwänden geräuscharm und
erschütterungsfrei auszuschachten. Ähnlich wie bei den Erdölboh-
rungen wurden die im Lockergestein unausgesteift ausgebaggerten
Gräben mit einem Wasser-Bentonit-Gemenge gefüllt und damit die
Grabenwände gestützt. Anstehendes Grundwasser wurde durch das
Wasser-Bentonit-Gemenge verdrängt, so dass eine Wasserhaltung
entfallen konnte. In die so mit Wasser-Bentonit-Gemenge gefüllten
Gräben wurden die Bewehrungskörbe eingebracht und es wurde Un-
terwasser-Beton eingepumpt, wodurch das Wasser-Bentonit-Ge-
misch verdrängt und zur Wiederverwendung abgesaugt wurde. So
entstand die Schlitzwandbauweise. Ein neuer Anwendungsbereich
für Bentonit entwickelte sich beim Abteufen von Senkkästen im trok-
kenen und im Wasser führenden Lockergestein. Das Gestein würde
sich sofort mit dem Absenkvorgang unter der sten. Als „Nebenwirkung" ergab bzw. ergibt ße, zwischen denen ein vielfältiger Porenraum
Wirkung des horizontalen Erddruckes an die sich eine ganz bedeutende Minderung der ausgebildet ist. Die Bentonit-Suspension
Betonwände anlegen, so dass Reibung erheb- Reibung zwischen Boden und Senkkasten. dringt in die Porenräume ein und kommt in
lichen Ausmaßes entstehen würde. Daran än- Den drei völlig unterschiedlichen Anwen- Folge des Widerstandes, den die Poren dem
dert sich auch nichts, wenn durch eine ent- dungsbereichen Eindringen entgegensetzen, zum Stillstand.
sprechende Ausbildung am Fuße des - Herstellung von Erdölbohrungen Die Bentonit-Suspension geht dabei vom Zu-
Senkkastens ein Überschnitt von mehreren - Bau von Schlitzwänden stand der Bewegung (= Sol) in den Zustand
Zentimetern hergestellt wird. Der Boden - Herstellung von Senkkästen der Ruhe (= Gel) über. Die obere Schicht des
drängt unter der Wirkung des horizontalen ist die stützende Wirkung der Bentonit-Sus- Bodens ist mit Bentonit-Gel vermörtelt. Auf
Erddruckes gegen die Betonwände, so dass pension im Lockergestein gemeinsam. den so versiegelten Boden drückt von innen
wieder die gleiche Reibung entsteht, als wäre Wenn aber in völlig unterschiedlichen Anwen- die Bentonit-Suspension und von außen der
kein Überschnitt vorhanden. Der Boden ist dungsbereichen die stützende Wirkung gleich Erddruck.
also daran zu hindern, sich an die Betonwän- ist, liegt es nahe, davon auszugehen, dass die Ist nun der Druck der Suspension gleich oder
de anzulegen. Der Boden ist analog der Ursache gleich ist: größer als der Erddruck, ist der Boden ge-
Schlitzwandbauweise zu stützen. Zu diesem stützt. Ist der Druck der Suspension gleich
Zweck wird der vorgeschnittene Spalt zwi- Bentonit im Lockergestein oder größer als der Druck von anstehendem
schen dem Boden und der Betonwand mit ei- (Grund-)Wasser, wird dieses abgehalten.
nem Bentonit-Wasser-Gemisch gefüllt - der Der Boden, das Lockergestein, ist ein Gefüge Spätestens als Menschen auf verschüttetem
Boden wird gestützt aber nicht der Senkka- von Gesteinskörnern unterschiedlicher Grö- Bentonit-Wasser-Gemisch ausgeglitten sind,
kam die Erkenntnis, dass eine Mischung von Bentonit mit Wasser
auch ein ausgezeichnetes Gleitmittel ist!
Beim Rohrvortrieb hat Bentonit
- als Gleit- und Schmiermittel,
- als Stützmittel
- zur Verdrängung von (Grund-)Wasser
- als Transportmittel
Eingang gefunden. Dabei ist zu differenzieren zwischen der Anwen-
dung im
- Lockergestein
- Festgestein
Im Lockergestein steht die Auffüllung des Ringraumes zwischen dem
Boden und den Rohren im Vordergrund. Dieser Ringraum ist erforder-
lich, um den Rohren zur Steuerung horizontaler oder/und vertikaler,
geplanter und ungeplanter Kurven den erforderlichen Spielraum zu
geben.
Durch Füllung des Ringraumes mit Bentonit-Suspension soll sowohl
das Absetzen der Rohre auf der vom Schild vorgeschnittenen Sohle
als auch das Herandrängen des Bodens an die Rohre im Scheitel und
in den Kämpfern verhindert bzw. vermindert werden. Eine volle Ver-
hinderung setzt voraus, dass der Ringraum satt mit Bentonit-Suspen-
sion vom Verlassen der Rohre aus dem Startschacht heraus über die
gesamte Vortriebsstrecke bis zum Schild gefüllt ist und verlustig ge-
gangene Suspension unverzüglich ersetzt wird, und dass dabei ein
Druck der Bentonit-Suspension im Ringraum hergestellt und über die
gesamte Vortriebsstrecke aufrecht erhalten wird, der mindestens dem
Erddruck im Scheitel und in den Kämpfern entspricht. Die Erfüllung
der vorgenannten Forderungen setzt ganz besondere Maßnahmen
voraus, auf die an späterer Stelle noch eingegangen wird.
Im Lockergestein dringt die Bentonit-Suspension mehrere Millimeter
bis Zentimeter in den Porenraum der Oberfläche des vorgeschnitte-
nen Ausbruchraumes bei gleichzeitigem Übergang vom Sol zum Gel
ein und füllt diesen aus. Die oberste Schicht des Bodens wird durch
die Bentonit-Suspension versiegelt und kann so durch die den Ring-
raum füllende Bentonit-Suspension daran gehindert werden, dassder
Boden gegen die Rohre drängt - der Boden wird gestützt - vergleich-
bar mit der Stützung der Bohrlöcher bei den Erdölbohrungen und ver-
gleichbar mit der bentonitgestützten Schlitzwand! Eine Stützung der
Rohre findet nicht statt!
Voraussetzung für das Erreichen einer optimalen Stützwirkung als
Vorbedingung minimaler Reibungswiderstände sind:
•Genaue Erkundung des Baugrundes und seine Kornverteilung auf-
grund der Sieblinien im Planungsstadium und erforderlichenfalls
während des Vortriebes,
•Ermittlung des Bodendruckes und damit des Einpressdruckes für die
Bentonit-Suspension gemessen an den Einpressöffnungen,
•Bestimmung des Mischungsverhältnisses der Bentonit-Suspension
aufgrund des maßgeblichen Korndurchmessers und regelmäßige
Nachprüfung desselben,
•Richtige Aufbereitung der Bentonit-Suspension (Dispergieren, Quellen),
•Aufrechterhaltung der Bentoniteinpressung über die gesamte Vor-
pressstrecke und die gesamte Vorpresszeit.
Wesentlicher Faktor hierbei ist die Ermittlung des richtigen Mi-
schungsverhältnisses.
Die grafische Darstellung nach Bild 2 zeigt den Zusammenhang zwi-
schen Bentonitanteil in der Suspension mit dem maßgeblichen Korn-
durchmesser.
Maßgeblicher Durchmesser ist
der Durchmesser, den 25 % al-
ler Körner, bezogen auf das Ge-
samtgewicht, nicht überschrei-
ten. Dementsprechend wird der
maßgebliche Korndurchmesser
als Schnittpunkt der jeweiligen
Sieblinie mit der 25 % Linie im
Kornverteilungsdiagramm nach
Bild 3 gefunden.
Zu berücksichtigen ist, dass die
Stabilitätsgrenze der Suspensi-
on bei einem Anteil von minde-
stens 40 kg Bentonit (Trocken-
substanz) je m3 Suspension
liegt. Das theoretisch errechne-
te Ergebnis ist bei der prakti-
schen Ausführung nachzuprü-
fen. Besonders ist darauf
hinzuweisen, dass eine Sus-
pension mit zu niedrigem Anteil
an Bentonit, also mit zu gerin-
ger Fließgrenze, die stützende
und schmierende Wirkung ver-
fehlt, da sie das Gebirge ohne
bzw. mit nur vermindertem Wi-
derstand in den Porenraum ab-
wandert, ohne den stützenden Gürtel um das Rohr aufzubauen.
Bild 2 zeigt, dass bei einem maßgeblichen Korndurchmesser von 10 mm
eine Suspension von 10 mm, eine Suspension von ca. 60 kg/m3 als unte-
re Grenze des Bentonitanteiles,
bei einem maßgeblichen Korndurchmesser von 20 mm eine Suspension
von 80 kg/m3 als untere Grenze des Bentonitanteiles und
bei einem maßgeblichen Korndurchmesser von 2 mm eine Suspension
mit 40 kg/m3 als untere Grenze des Bentonitanteiles erforderlich wäre.
Der Gleitwiderstand ist jedoch zur dynamischen Fließgrenze annähernd
proportional.
Die dynamische Fließgrenze beträgt nach Tabelle 2 bei
40 kg Bentonit/m3 Suspension44,6 p/cm2
3
60 kg Bentonit/m Suspension2O4 p/cm2
3
80 kg Bentonit/m Suspension439 p/cm2
3
das heißt, bei 60 kg/m ist die dynamische Fließgrenze fast 5 -mal bei 80
kg/m3 ist die dynamische Fließgrenze bereits 10-mal so hoch wie bei 40
kg/m3.
Dies besagt, dass bei grobkörnigen Böden wegen der zur Stützung er-
forderlichen Suspension mit hohem Bentonitanteil die Vorpresswider-
stände größer werden als bei feinkörnigen Böden - wenn der hohe Ben-
tonitanteil in der Suspension über die gesamte Vorpressstrecke in
unveränderter Höhe aufrecht erhalten wird. Ist jedoch der Porenraum
einmal mit Bentonit-Suspension ausgefüllt und damit der stützende
Gürtel aufgebaut, dann verhalten sich grobkörnige Böden wie feinkörni-
ge. Dementsprechend ist nur noch eine Suspension mit dem durch die
Stabilitätsgrenze bedingten Mindestanteil von 40 kg/m3 Bentonit erfor-
derlich, um das Gebirge während des Vortriebes abzustützen. Hieraus
folgt, dass bei grobkörnigen Böden nur die unmittelbar hinter dem
Schild befindlichen Rohre mit einer Suspension von entsprechend ho-
hem Anteil zu verpressen sind, während auf der gesamten nachfolgen-
Bild 4: Ausfahrdichtung
Bei Böden von geringer Durchlässigkeit, wie geboten ist, das ist der Auflagerbereich, be-
den Strecke eine Suspension von wesentlich
z. B. dicht gelagerte Sand- und Kiesböden, vorzugt mit Gleitmittel zu versorgen. Nahelie-
geringerer Dichte ausreicht. Dadurch ist es
müssen die Abstände klein gehalten werden. gend ist es, bei Betrieb mit Zwischenpresssta-
möglich, den Gesamtvorpresswiderstand -
Die Abstände müssen auch dann klein gehal- tionen nur die im Vortriebszustand
bei gleichzeitiger Einsparung von Bentonit-
ten werden, wenn Suspensionen mit sehr befindlichen Teilstrecken mit Bentonit-Sus-
Trockenmasse - erheblich zu senken.
hohem Anteil an Bentonit-Trockensubstanz pension zu bedienen, während in den stillste-
Der Mehraufwand von zwei Bentonitaufberei-
zum Einsatz kommt. henden Teilstrecken die Bentonit-Einpres-
tungsanlagen mit zwei Verpresspumpen und
Als Erfahrungswert kann angenommen wer- sung ruht.
den dazugehörenden Leitungen wird sich im-
den, dass jedes zweite bis vierte Rohr mit 3 Ein weiterer bedeutender Anwendungsbe-
mer lohnen!
bis 4 Einpressöffnungen versehen sein soll, reich für Bentonit-Suspensionen als
Beim Einpressen ist darauf zu achten, dass
die entweder über den ganzen Umfang oder Stützmittel im Lockergestein ist die flüssig-
die Bentonit-Suspension über den ganzen
in Gruppen zusammengeschlossen werden. keitsgestützte Ortsbrust.
Rohrumfang möglichst gleichmäßig verteilt
So hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Der Schild ist Teil des Arbeitsraumes, der
eingepresst wird, damit der gewünschte Ring
Einpressstutzen der oberen Hälfte und die nach rückwärts durch eine Trennwand ver-
um das ganze Rohr entstehen kann. Dazu sind
der unteren Hälfte jeweils zusammenzu- schlossen ist. Nach vorne begrenzt das nahe-
die Injektionsstutzen gleichmäßig über den
schließen, um jede der beiden Hälften ge- zu senkrecht stehende Lockergestein den Ar-
Rohrumfang zu verteilen. Deren Abstand
trennt zu bedienen. Dadurch wird es ermög- beitsraum, der zur Stützung der Ortsbrust mit
hängt von der Fähigkeit des Bodens, die Sus-
licht, die Rohre dort, wo es besonders einer Bentonit-Suspension, die unter einem
pension seitwärts ausbreiten zu lassen, ab.
Ziel des Rohrvortriebes ist es jedoch, den raum zur weiteren Stützung der Ortsbrust wie- Lorkergestein. Doch auch im Festgestein sind
Rohrstrang vorzutreiben. Dazu muss der Bo- der zugeführt werden kann. Bentonit-Suspensionen ein unentbehrliches
den an der Ortsbrust abgebaut werden. Dies Wird nun am Startschacht eine Ausfahrdich- Hilfsmittel, wenn auch grundlegend anders
erfolgt mit Hilfe eines Schneidrades, das den tung nach Bild 4 angeordnet, dann kann in der als im Lockergestein - so grundlegend anders
Boden schichtweise abträgt. Dabei wird auch gesamten Vortriebsstrecke die Einbettung wie Festgestein anders ist als Lockergestein!
die mit Bentonit-Suspension versiegelte und Umhüllung der Rohre mit Bentonit-Sus-
Schicht mitabgetragen und fällt zusammen pension unter Druck aufrecht erhalten wer- Bentonit im Festgestein
mit dem Haufwerk in den Arbeitsraum und ver- den. Der Boden wird von den Rohren fernge-
mischt sich mit der dortigen Füllung der Ben- halten. Die Reibung Boden - Rohr entfällt. Die Im Festgestein übernimmt nach der Definition
tonit-Suspension. Die so angereicherte Sus- Rohre stehen unter Auftrieb und werden ein- das Gebirge die beim Ausbruch in Wegfall ge-
pension wird abgesaugt und durch gereinigte geschwommen. An die Stelle der Mantelrei- kommenen Primärspannungen und leitet sie
Suspension wieder ersetzt. bung (Wandreibung) tritt nur noch der Strö- auf das umgebende Gebirge ab. Das Gebirge
Nach dem Abtrag an der Ortsbrust befindet mungswiderstand. Dabei genügt zur bedarf im Festgestein keiner Stützung.
sich hinter dem Schneidwerkzeug eine Teilflä- Verpressung des Ringraumes zwischen den Festgestein belastet nach der Definition nicht
che der Ortsbrust offen und ungestützt für Rohren und dem Boden eine Bentonit-Sus- die Rohre - die Rohre belasten durch ihr Ei-
eine kurze Zeit - eine sehr kurze Zeit, denn die pension mit geringst möglicher Fließgrenze - gengewicht und durch die Kräfte, die beim
unter Druck stehende Bentonit-Suspension gerade noch an der Grenze der Stabilität. Vortrieb entstehen, das Gebirge.
drängt sehr schnell nach und versiegelt wie- Bei grobkörnigen Böden mit großem Porenvo- Im Festgestein gibt es keinen Porenraum wie
der die offene Stelle. Der Vorgang - Versie- lumen wird dieser durch Verpressen des Ring- bei Lockergestein, in den Bentonit-Suspensi-
geln der Ortsbrust, Abtragen und Wiederver- raumes bei den ersten Rohren mit einer Ben- on im Zustand des Sols eindringen kann, um
siegeln ist dank der tixotropen Eigenschaft tonit-Suspension von entsprechend hohe dann zum Gel zu erstarren und so das Gestein
des Mediums Bentonit-Suspension beliebig Fließgrenze versiegelt, die unverändert über zu versiegeln.
oft wiederholbar. Dabei werden an das Stütz- die gesamte Vortriebsstrecke erhalten bleibt. Im Festgestein entfällt die stützende Funkti-
mittel Bentonit-Suspension die gleichen An- Besonders vorteilhaft hat sich die Ausführung on, so dass nur die Aufgabe der Schmierung
forderungen gestellt, wie im Vorausgehenden des Rohrvortriebes mit flüssigkeitsgestützter verbleibt.
beschrieben: Maßgebend ist wieder der Korn- Ortsbrust bei Vortrieb unter Wasser erwiesen. Schmierung ist jeweils dort erforderlich, wo
aufbau an der Ortsbrust. Doch auch bei flüssigkeitsgestützter Orts- die Rohre das Gebirge berühren: Das ist der
Durch die Füllung des Arbeitsraumes mit Ben- brust muss die Möglichkeit bestehen, an die Auflagerbereich in der Sohle und das sind die
tonit-Suspension stellt sich ein wichtiger Ne- Ortsbrust heranzukommen, um zum Beispiel Ulmenbereiche bei gekrümmten Gradienten
beneffekt ein: An der Schildschneide treffen Fremdkörper, Findlinge, Baumstämme, Fun- aber auch bei unvermeidbaren Verwinkelun-
die Füllung des Arbeitsraumes mit Bentonit- damentreste usw. zu beseitigen, aber auch gen in Folge von Steuerbewegungen. Eine vol-
Suspension mit der Füllung des Ringspaltes um Werkzeuge auszuwechseln. Dazu muss le Umhüllung der Rohre mit Bentonit-Suspen-
zwischen den Rohren und dem Boden eben- die Bentonit-Suspension aus dem Arbeits- sion ist weder nötig noch sinnvoll.
falls mit Bentonit-Suspension zusammen. Da- raum entfernt werden. Damit entfällt die stüt- Die Einpressstutzen sind so anzuordnen,
mit ist es möglich, unmittelbar hinter dem zende Funktion und, soweit Wasser abzuhal- dass sie der Einpressung der Bentonit-Sus-
Schild die Suspension mit dem erforderli- ten war, die Funktion der Wasserhaltung. pension im Bereich der Sohle und der Ulmen
chen, erhöhten Druck in den Ringspalt einzu- Doch die Ortsbrust darf auch nicht für kurze gerecht werden. Die Einpressstutzen müssen
pressen. Suspension, die am Schild entlang Zeit ungestützt bleiben. Hier hilft nunmehr einzeln schaltbar und ihre Funktion muss
nach vorne wandert und dabei den Über- Druckluft. Der Arbeitsraum wird unter einen prüfbar sein.
schnitt von Anfang an aufrecht erhält, mischt Überdruck gesetzt, der dem horizontalen Erd- Die Vorteile einer flüssigkeitsgestützten Orts-
sich mit der Bentonit-Suspension im Arbeits- druck an der Ortsbrust in Sohlhöhe ent- brust sind im Festgestein nicht in gleicher
raum. spricht. Damit entsteht zwangsläufig ein Weise wie im Lockergestein nutzbar, da im
Die mit dem ausgebrochenen Haufwerk ange- Überdruck im Scheitelbereich. Die bestehen- Festgestein keine Ortsbrust zu stützen ist. Al-
reicherte Bentonit-Suspension vom Arbeits- de Versiegelung des Bodens an der Ortsbrust lenfalls kann im Festgestein Wasser an der
raum wird abgesaugt und zum Startschacht mit Bentonit-Suspension verhindert das Ein- Ortsbrust durch eine Bentonit-Suspension
zurücktransportiert. Sie wird damit zum dringen von Druckluft in den Boden und das abgehalten werden.
Transportmittel. Sie muss so beschaffen sein, Abströmen der Luft auf dem Arbeitsraum. Mit Im Festgestein kann eine Bentonit-Suspensi-
dass sie den noch geringst möglichen Strö- einem begrenzten Luftverlust muss gerechnet on jedoch die Funktion des Transportmittels
mungswiderstand bietet - also niederst mög- werden, weshalb eine ausreichende Druck- übernehmen.
liche Fließgrenze nahe der Stabilitätsgrenze luftanlage für alle Fälle bereitgehalten werden Bentonit ist nicht nur ein unentbehrliches
von 40 kg Bentonit-Trockenmasse je m3 Sus- muss. Um die beim Arbeiten an der Ortsbrust sondern auch ein unschädliches Hilfsmittel
pension -, so dass das zu transportierende unvermeidbar beschädigte Bentonitschicht beim Rohrvortrieb im Locker- und Festgestein.
Haufwerk im Schwebezustand bleibt und dass so schnell als möglich und so oft als nötig Bentonit ist insbesondere unschädlich für Be-
sich am Startschacht das Haufwerk von der wiederherstellen zu können, ist ständig eine ton und Stahl und ist nicht Grundwasser ge-
Suspension trennen - das ist, separieren Bentonit-Suspension vor Ort bereitzuhalten. fährdend. Es kann deshalb ohne Vorbehalt in
lässt, so dass die so aufbereitete und aufge- Alle vorausgehenden Ausführungen betreffen Wasserschutzgebieten bestimmungsgemäß
frischte Bentonit-Suspension dem Arbeits- die Anwendung von Bentonit-Suspension im verwendet werden. i
Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 29

Ermittlung der Vorpresswiderstände

Der Gesamtvorpresswiderstand setzt sich zusammen:

V gesamt = VBrust + VMantelreibung

d a2 xπ
V gesamt = x B + da x π x l x Μ
4
Erfahrungswerte für B = 500 bis 1.500 kN/m²
Erfahrungswerte für M = 1 bis 25 kN/m²

Bei beiden Werten fällt auf, dass sich diese in extrem weiten Grenzen bewegen.

Zunächst ist zu unterscheiden zwischen Vortrieb in Lockergestein und Vortrieb in


Festgestein.

Im Lockergestein wird der Schild dem Ausbruch vorauseilend in den Boden


getrieben, um einen Einbruch von Boden an der Brust zu verhindern. Der dabei
entstehende Schneidenwiderstand wächst von einem Niederstwert zu einem
Höchstwert an, der sehr stark von der Lagerungsdichte des Bodens abhängt. Eine
wesentliche Rolle spielt dabei aber auch die Ausbildung und der Zustand der
Schildschneide. Eine gewisse Abnutzung ist bei jedem Vortrieb unvermeidbar.
Deshalb sind die Schildschneiden vor jedem neuen Einsatz auf Abnutzung und
Beschädigungen zu überprüfen. Beulen sind auszubessern und die Schildschneide
ist, falls erforderlich, aufzuschweißen. Das Gleiche gilt für die Stützbleche.
Während des Vortriebes stützt der Schild mit seiner Schneide und den Stützblechen
den Boden an der Ortsbrust ab.

Im Festgestein kann der Schild nicht mit seiner Schneide dem Ausbruch
vorauseilend in das Gebirge getrieben werden. Im Festgestein ist aber auch nicht
die Ortsbrust abzustützen – was ein besonderes Kriterium des Festgesteins ist.
Im Festgestein erfolgt der Ausbruch und der Abbau des Gebirges mit
Vollschnittmaschinen oder mit Teilschnittmaschinen. Hier erscheint der
Anpressdruck, den die Maschine zum Lösen des Gebirges braucht, als
Brustwiderstand, der vom System der jeweiligen Maschine abhängt.

Im Lockergestein schneidet der Schild das Ausbruchsprofil um ein gewisses Maß


größer als es dem Außendurchmesser der Rohre entspricht. Dieses Maß wird mit
Überschnitt bezeichnet und schafft den Spalt zwischen den Rohren und dem Boden,
der zur Aufnahme eines Gleit- und Stützmittels nötig ist.

Im Festgestein kann der Schild keinen Überschnitt herstellen. Die vor der
Schildschneide arbeitenden Ausbruchwerkzeuge bilden den Ausbruchraum, wobei
dies mit Vollschnittmaschinen sehr genau ein Kreisprofil mit vorgegebenem
Durchmesser ergibt. Bei Teilschnittmaschinen ist die Einhaltung des Überschnittes
wesentlich schwieriger.

 Dr.-Ing. Max Scherle


Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 30

Im Lockergestein, bei dem der Spalt zwischen den Rohren und dem Boden mit
einer Bentonitsuspension verpresst wird, sind die Bedingungen für die
Flüssigkeitsreibung erfüllt.

Bei Vortrieb in Festgestein mit Vollschnittmaschinen, die den Ausbruchraum


ebenflächig vorschneiden, entsteht ein Millimeter genau bestimmbarer Überschnitt
zur Aufnahme der Bentonitsuspension. Die Bedingungen für Flüssigkeitsreibung sind
hier erfüllt.

Mit Teilschnittmaschinen sind im Festgestein nicht in gleicher Weise wie bei


Vollschnittmaschinen die Voraussetzungen für Flüssigkeitsreibung erfüllbar, da die
Oberfläche des Ausbruches mehr oder weniger uneben und rau bleibt und das Maß
des Überschnittes nur schwer einzuhalten ist.

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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 31

Spitzenleistungen wurden unter Wasser im Lockergestein mit


Vollschnittmaschinen bei Spülförderung erzielt. Der Überschnitt war reichlich
gewählt. Die Bentonitsuspension von optimaler Fließgrenze wurde unmittelbar hinter
der Vortriebsmaschine eingepresst und konnte sich so an der Vorderkante der
Maschine mit der Bentonitsuspension der Spülförderung im Arbeitsraum verbinden,
so dass vom ersten Rohr an eine satte Verpressung des Ringraums zwischen den
Rohren und dem Boden über den vollen Rohrumfang vom Rohrscheitel über die
Kämpfer bis zu den Sohlen gesichert war. Der ständig kontrollierte Druck der
Bentonitsuspension entsprach immer dem äußeren Wasserdruck. Die
Ausfahrdichtung (Bild 4) verhinderte ein Auslaufen der Bentonitsuspension am
Startschacht. So schwamm der gesamte Rohrstrang ohne Bodenberührung vom
Startschacht aus zum Zielschacht in der Bentonitsuspension.
Der Rohrvortrieb wurde eingeschwommen!

Das gleiche Ergebnis lässt sich auch im nicht Wasser führenden Lockergestein, so
wie auch im Festgestein erzielen unter der Voraussetzung, dass der Vortrieb mit
einer Vollschnittmaschine bei flüssigkeitsgestützter Ortsbrust mit Spülförderung, mit
ausreichendem Überschnitt, mit richtig eingestellter Bentonitsuspension über die
gesamte Vortriebsstrecke unter kontrolliertem Druck vom Startschacht bis zum
Zielschacht und mit einer Anfahrdichtung erfolgt.

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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 32

Doch alles hat seine Grenzen, auch der Rohrvortrieb. Bei allen Maßnahmen zur
Minderung der Vorpresswiderstände nehmen diese mit der Länge der
vorgetriebenen Strecke proportional zu und mit ihnen die zu ihrer Überwindung
erforderlichen Vorpresskräfte, die von den Vorpressrohren aufgenommen werden
müssen. Aber auch den Vortriebsrohren sind Grenzen gesetzt, die nicht schadlos
überschritten werden dürfen. Die als zulässige Vorpresskraft Vzul bezeichnete Kraft
ist eine für jedes Rohr spezifische Größe, die in der statischen Berechnung, auf die
in einem späteren Abschnitt des Seminars einzugehen ist, ermittelt wird.

Um mit der zulässigen Vorpresskraft weitere Vortriebsziele erreichen zu können,


hatten findige Köpfe den genialen Einfall, zwischen dem zuletzt vorgetriebenen
Rohr, bei dem die zulässige Vorpresskraft erreicht war, und den Vortriebspressen im
Startschacht kurzhubige Zwischenpressen einzubauen (Bild 5).

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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 33

Bild 5: Vortrieb mit 2 Zwischenpressstationen

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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 34

Mit ihrer Hilfe wird die vor ihnen liegende Rohrstrecke samt dem Schild um das Maß
ihres kurzen Hubes vorgepresst, wobei ihnen die Hauptpressen als Widerlager
dienen. Sind die Zwischenpressen ausgefahren, schieben die Hauptpressen diese
wieder ein. Die Hauptpressen werden anschließend eingefahren, ein neues Rohr
wird aufgelegt und dieses ohne Druck an die Zwischenpressen angelegt. Nunmehr
beginnt der zweite Hub der Zwischenpressen. Diese drücken erneut die vor ihnen
liegenden Rohre samt Schild um das Maß ihres Hubes vorwärts, wobei sie sich
wieder auf das hinter ihr liegende Rohr und dieses sich auf die still stehenden
Hauptpressen stützen. Sind die Zwischenpressen jetzt ausgefahren, setzen die
Hauptpressen erneut wieder ein, pressen das jeweils vor ihnen liegende Rohr um
das Maß des Hubes der Zwischenpressen vor und schieben dabei die
Zwischenpressen drucklos wieder ein. Nun kommen die Zwischenpressen erneut zur
Wirkung, sie pressen die vor ihnen liegenden Rohre samt dem Schild um einen Hub
vor. Die zurückliegenden Rohre dienen wie immer als Widerlager und geben die von
ihnen aufgenommene Kraft als Reaktionskraft zurück zu den stillstehenden
Hauptpressen.

Der vorausgehend dargestellte Vorgang wird so oft wiederholt, bis an den


Hauptpressen die zulässige Vorpresskraft Vzul erreicht ist. Charakteristisch ist dabei,
dass die Kraft, welche die Zwischenpressen aufzubringen haben, konstant bleibt,
was dadurch bedingt ist, dass der Brustwiderstand als konstant angenommen
werden kann und die Zahl der vorzupressenden Rohre zwischen dem Schild und
den Zwischenpressen ebenfalls konstant bleibt.

Ist die mit dem zuletzt eingebauten Rohr zulässige Vorpresskraft voll ausgeschöpft,
werden die zweiten Zwischenpressen aufgelegt und von den Hauptpressen
angeschoben.

Sobald an den Hauptpressen die zulässige Vorpresskraft wieder erreicht ist, helfen
weitere Zwischenpressen.

Damit Ordnung in die Bezeichnungen kommt, werden die zuerst eingebauten


Zwischenpressen mit Zwischenpressstation 1 (ZP1) und alle weiteren
Zwischenpressstationen mit ZP2, ZP3 und so weiter bezeichnet und es werden die
Hauptpressen mit Hauptpressstation 1 (HP1) bezeichnet.

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Fernseminar – Scherle, Rößler - Rohrvortrieb Seite 37

Manch einer der Teilnehmer am Seminar oder der Leser der Seminarausdrucke wird
die Frage stellen: Warum eine so detaillierte Beschreibung und dann noch eine
ausführliche schematische Darstellung der Vorgänge an den Haupt- und
Zwischenpressstationen?
Der Verfasser will damit das komplizierte Zusammenspiel von Haupt- und
Zwischenpressen, bei denen Hunderte bis nicht selten Tausende Tonnen (bzw. kN)
bewegt werden, für die unmittelbar Beteiligten, das sind die Pressmeister und
Schichtführer, aufzeigen – er will aber auch den übrigen Beteiligten in den
Vortriebsfirmen sowie den Planern und Auftraggebern zeigen, welches Können
von den Pressmeistern und Schichtführern verlangt wird und wie groß deren
Verantwortung ist!!

Hinweise zum Einsatz von Zwischenpressstationen

1. So genannte Vorausberechnungen von Lage und Anzahl der


Zwischenpressstationen können nur den Charakter von Schätzungen haben, da
sie nur auf – meist subjektiven – Schätzwerten der maßgebenden Parameter für
den Brustwiderstand und für die Mantelreibung beruhen können.
2. Vortriebsfirmen und Rohrhersteller sind gehalten, möglichst in Abstimmung auf
der Grundlage eigener Erfahrungen einen Rohrfolgeplan zu erstellen, in dem die
voraussichtlichen Standorte der Zwischenpressstationen aufgezeichnet werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und ich bitte Sie, mir Ihre Fragen zu
diesem Beitrag und Ihre Anregungen zu den Folgebeiträgen per Fax mitzuteilen:
0621/6882 302
Ich werde mich bemühen, alle Eingänge so bald als es mir möglich ist, gesammelt
über das Internet zu beantworten. Bitte schauen Sie gelegentlich einmal rein.

Auf Wiedersehen beim nächsten Mal. Der Termin wird im nächsten Heft UmweltBau
bekannt gegeben. Vorgesehen ist hierfür der 5. Mai 2003 mit Beiträgen zu:
• Planung von Rohrvortrieben
• Baugrunderkundung bei Rohrvortrieben

Es grüßen Sie

Max Scherle
Uwe Rößler
Herrenknecht AG und
Norddeutscher Wirtschaftsverlag

 Dr.-Ing. Max Scherle

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