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L2-Motivationsforschung für Deutsch als Fremdsprache 31

resse für Sprache und Kultur zu lernen – mit der tendenziellen Zielrichtung, evtl. sogar
als Mitglied dieser Sprachgemeinschaft akzeptiert zu werden. Die instrumentelle Moti-
vation zielt hingegen auf eher pragmatische, die Nützlichkeit der L2 betreffende
Gründe, insbesondere zur Verbesserung der Lebens- und Berufschancen oder um z.B.
durch das Bestehen einer Sprachprüfung Zugang zu einem Ausbildungsgang zu erhal-
ten. Beide Motivationstypen wurden als lernförderlich nachgewiesen (vgl. exempla-
risch GARDNER/MACINTYRE 1991). Der Forschungsschwerpunkt der GARDNERschen
Forschungsgruppe lag jedoch zweifellos auf der Untersuchung der Rolle der Integrati-
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vität beim Fremdsprachenlernen, wenn auch die seit den 1990er-Jahren erfolgte Kritik
das socio-educational model häufig zu sehr darauf verengt hat. Der Ansatz ist deutlich
breiter aufgestellt und sieht Lernmotivation auch wesentlich in den Einstellungen des
Lernenden zur Lernaufgabe selbst sowie im Ausmaß der Lernanstrengung und Aus-
dauer verankert (vgl. GARDNER 2010). Allgemeiner Konsens ist inzwischen, dass sich
die beiden Orientierungen nicht gegenseitig ausschließen und sich in unterschiedlichen
Ausprägungen in den Lernenden wiederfinden können; weitere spezifische Orientie-
rungen wie Reise-, Bildungs- und allgemeine Kontaktmotive wurden außerdem ermit-
telt (vgl. BELMECHRI/HUMMEL 1998; CLÉMENT/KRUIDENIER 1983).
Das socio-educational model kann als ein bis heute gültiges, gleichzeitig umfassen-
des Modell zur Erfassung des Zusammenhangs von L2-Motivation und L2-Erwerb
betrachtet werden. Es ist hinreichend anschlussfähig, um neuere Erkenntnisse und Aus-
formungen von die L2-Motivation beeinflussenden Variablen zu integrieren – seien es
verhaltensregulierende Variablen (z.B. extrinsische und intrinsische Motivation, Ein-
fluss von Kausalattributionen; s.u.) oder Unterrichts- und soziale Variablen, die im
sozio-kulturellen Milieu verortet sind. Der aktuelle Forschungsdiskurs um das sog.
Ideal L2 Self, das die Rolle des vom Lernenden selbst angestrebten, mit der Beherr-
schung der L2 verbundenen, idealen Selbstkonzepts als zentralen Motivator hervorhebt
(vgl. DÖRNYEI/USHIODA 2009), kann auch als Neudefinition der integrativen Orientie-
rung verstanden werden.
Seit den 1990er-Jahren wurden verstärkt pädagogisch-psychologische, kognitions-
psychologische und prozessorientierte Konzepte in die L2-Motivationsforschung inte-
griert (vgl. DÖRNYEI 1990 als Ausgangspunkt diesbezüglicher Entwicklungen). Für die
hier dokumentierte Studie sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Attribu-
tionstheorie und die Selbstbestimmungstheorie als wesentliche Bezugstheorien zu
benennen. Die auf die L2-Motivationsforschung bezogene Selbstbestimmungstheorie
in der Tradition von DECI und RYAN (1985) unterscheidet zwischen der ‚intrinsischen‘,
aus Interesse und Selbstantrieb geleiteten Motivation und der ‚extrinsischen‘ Motiva-
tion, die sich aus externen Anreizen (wie etwa dem Erzielen guter Schulnoten oder der
Vermeidung von Strafen) sowie der lernerseitigen Erfahrung von Selbstwirksamkeit
speist. Die extrinsische Motivation wird weiter in vier unterschiedliche Verhaltens-
regulationen unterschieden: ‚External‘ reguliertes Handeln zielt auf die Vermeidung
von Konflikten (z.B. mit Eltern oder Lehrkräften) bzw. auf Anerkennung durch andere.
Die anderen drei Regulationen implizieren einen zunehmend selbstbestimmten Anteil,
der sich bei der ‚introjizierten‘ Regulation noch auf der Basis äußeren Drucks und

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Pflichtgefühls entwickelt, wohingegen ‚identifiziert‘ reguliertes Handeln die Nützlich-


keit des Tuns reflektiert und schließlich bei der ‚integrierten‘ Regulation das L2-Lernen
als Teil der eigenen Persönlichkeit und als Ausdruck eines individuellen Bedürfnisses
akzeptiert ist (vgl. exemplarisch NOELS ET AL. 2000).
Die L2-Attributionstheorie adaptiert grundlegende Konzeptionen von WEINER
(1986), indem die Rolle lernerseitiger Interpretation von Erfolgs- und Misserfolgs-
erlebnissen (Kausalattributionen) beim Fremdsprachenlernen hervorgehoben werden.
Erfolgserlebnisse können demnach die Lernmotivation verstärken, Misserfolgserleb-
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nisse sie dagegen schwächen, insbesondere wenn die lernende Person die Ursachen für
erfolgreiches oder weniger erfolgreiches Fremdsprachenlernen auf die eigene Leis-
tungsfähigkeit zurückführt (‚internale‘ Lokation). Selbstwahrnehmungen, Selbstver-
trauen und generalisierte Überzeugungen der Lernenden bzgl. der eigenen Person inter-
agieren mit diesen Zuschreibungen. Bei ‚externaler‘ Lokation von Erfolg oder Miss-
erfolg werden die Ursachen dafür außerhalb der Person verortet. Werden die Ursachen
außerdem als wenig durch persönlichen Einsatz kontrollierbar eingeschätzt, kann dies
eine Tendenz zur sog. ‚erlernten Hilflosigkeit‘ bewirken und negative Folgen auf die
weitere Investition von Lernanstrengung bewirken (vgl. exemplarisch WILLIAMS/BUR-
DEN/AL-BAHARNA 2001).
Neben der Erforschung der Motive für das Erlernen von Fremdsprachen wird inzwi-
schen verstärkt an Ansätzen gearbeitet, die die Entstehung und Aufrechterhaltung hoch
motivierten Lernens (vgl. DÖRNYEI/HENRY/MUIR 2016), also den dynamischen Cha-
rakter von Motivation untersuchen. Eine zunächst, z.B. zu Beginn des Fremdsprachen-
lernens, vorhandene oder nicht vorhandene Motivation kann sich im weiteren Lernver-
lauf fortwährend intensivieren oder abschwächen. Auf DÖRNYEI und OTTÓ (1998) geht
ein stärker prozessorientiertes Modell zurück. Dieses berücksichtigt die initiale Ent-
scheidung von Lernenden für das Erlernen einer Fremdsprache sowie die Prozesse, die
dazu führen, dass eine motivationale Schwelle überschritten wird und Lernhandlungen
dann auch tatsächlich durchgeführt werden. Das Modell berücksichtigt des Weiteren,
dass diese motivationalen und volitionalen, sich im Lernenden vollziehenden Prozesse
mit äußeren Einflüssen in Wechselwirkung stehen: mit dem sozio-kulturellen Milieu
und dort verorteten relevanten Bezugspersonen, mit den tatsächlich vorhandenen
Lernmöglichkeiten – und im Falle gesteuerten Fremdsprachenlernens mit den konkre-
ten Bedingungen des Fremdsprachenunterrichts.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die internationale Forschung
zur L2-Motivation in unterschiedlichen Entwicklungslinien mit den Beweggründen von
Lernenden für das Fremdsprachenlernen, damit verbundenen Willensbildungs- und
Identitätsprozessen und, wenn auch in geringerem Umfang, mit den motivationalen
Prozessen im Verlauf des Fremdsprachenlernens befasst hat. Weniger in den Blick
genommen wurden die äußeren Bedingungen, die von den sprachen- und bildungspoli-
tischen Entscheidungen in den unterschiedlichen Ländern abhängen, wie z.B. der ver-
meintlich simple Aspekt, ob und – wenn überhaupt – in welcher Schulform und mit
welcher Verbindlichkeit und welchen Wahl-/Wahlpflichtmöglichkeiten Fremdsprachen
im jeweiligen nationalen Schulsystem angeboten werden. Dies verwundert nicht,

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nimmt man zur Kenntnis, dass die überwiegende Mehrzahl der Untersuchungen zur
L2-Motivation zum Kontext des Erwerbs der internationalen L2 Englisch durchgeführt
wurden, für die sich diese Frage, wenn überhaupt, nur in vernachlässigbarem Umfang
stellt. Die Frage, ob und auf welche Weise aber solche äußeren Faktoren die Beweg-
gründe und Prozesse (mit) initiieren und aufrechterhalten, eine Sprache wie das Deut-
sche als Fremdsprache (DaF) zu lernen bzw. ihren Erwerb hemmen oder gar zum
Erliegen bringen, soll im Folgenden berücksichtigt werden.
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2. Zur internationalen Stellung der deutschen Sprache

Wer sich mit dem Lernen des Deutschen als Fremdsprache beschäftigt, stößt schnell
auf Fragen nach der internationalen Stellung und dem Gebrauchswert der deutschen
Sprache außerhalb deutschsprachiger Länder. Ganz erheblich unterscheidet sich die
kommunikative Reichweite der deutschen Sprache von der anderer europäischer Spra-
chen wie Englisch (unangefochtene internationale Verkehrssprache), Französisch
(Amts-, Zweit- und Kommunikationssprache neben den regionalen Muttersprachen in
vielen außereuropäischen Ländern, insbesondere in Afrika) oder Spanisch (häufigste
L1 auf dem amerikanischen Doppelkontinent). Im Vergleich mit anderen europäischen
Sprachen, wie etwa den skandinavischen Sprachen, können L1- und L2-Sprecher des
Deutschen diese Sprache aber in vielfältigen, auch internationalen Kontexten, insbe-
sondere im Bereich der Medien, Bildung und zumindest teilweise im Rahmen interna-
tionaler Wirtschaftskommunikation und manchmal (tendenziell allerdings immer selte-
ner) in der internationalen Wissenschaftskommunikation gewinnbringend einsetzen.
Hierzu existieren vielfältige und differenzierte Analysen und länderspezifische Unter-
suchungen. Hier ist insbesondere Ulrich AMMON zu nennen, der langjährige For-
schungsarbeit jüngst akribisch zusammengetragen hat und dabei einleitend zusammen-
fasst: „Wären Deutschkenntnisse nicht auch ein Vorteil für Fremdsprachler, so würde
sich über kurz oder lang fast niemand mehr die Mühe machen, Deutsch als Fremdspra-
che zu lernen“ (AMMON 2015: 2).
Die Zahl der Lernenden, die weltweit DaF lernen bzw. als Kommunikationsmittel
verwenden, trägt erheblich zur internationalen Stellung der deutschen Sprache bei. Das
Sprachenlernen impliziert neben rein sprachlich-kommunikativen Zielen gleichzeitig
die Auseinandersetzung mit und den Kontakt zu deutschsprachigen Ländern und Kultu-
ren und trägt zur Repräsentanz des Deutschen und der deutschsprachigen Länder in den
Regionen der Welt entscheidend bei. Nicht umsonst ist die Unterstützung des Erlernens
der deutschen Sprache ein zentraler Baustein der deutschen auswärtigen Kultur- und
Bildungspolitik und spiegelt sich in entsprechenden Programmen des Deutschen Aka-
demischen Austauschdiensts (z.B. DAAD-Lektorenprogramm), des Goethe-Instituts
und des deutschen Auslandsschulwesens (z.B. PASCH 1) wider.

1
Vgl. das seit 2008 aufgesetzte Programm „Schulen: Partner der Zukunft“, mit dem inzwischen mehr als
1.800 Schulen mit Deutschschwerpunkt weltweit gefördert werden; http://www.pasch-net.de/ (15.06.2016).

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3. Motive und Motivation für DaF


3.1 Entstehung, Zielsetzung und Umfang der Studie
Seit 2004 arbeite ich an einer internationalen Studie, die zunächst eher als Begleitpro-
dukt internationaler Lehr- und Forschungskooperation angelegt war (für Zwischen-
berichte aus dieser Studie vgl. Riemer 2005, 2006, 2011). Sie zielt auf Erhellung derje-
nigen Motive und Motivationen, die Lernende mit der Fremdsprache Deutsch verbin-
den. Den Anfang markierten Datenerhebungen bei Studierendengruppen 2 der Aus-
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landsgermanistik, mit denen ich im Rahmen kurzfristiger Dozenturen zusammenarbei-


tete. Im Zuge meiner Tagungs- und Publikationstätigkeit wurden Kollegen/-innen, ins-
besondere aus dem Netzwerk des DAAD und der Goethe-Institute dafür gewonnen,
sich mit Datenerhebungen an der Studie zu beteiligen. Von mir betreute studentische
Qualifikationsarbeiten 3 mit unterschiedlichem Länderschwerpunkt lieferten weitere
Einsichten und gleichzeitig Daten zur Re-Analyse. Mittlerweile liegen Daten aus 20
Ländern von insgesamt 1.180 DaF-Lernenden vor (Armenien, Bosnien und Herzego-
wina, China, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Kenia, Kroatien, Kuba,
Lettland, Madagaskar, Mongolei, Polen, Portugal, Russland, Schweden, Slowakei,
Spanien, Taiwan).
Tab. 1 4 liefert Informationen über die jeweiligen Datensammlungen und – soweit
möglich – grobe Hinweise zum Lernkontext der DaF-Lernenden. Anzumerken ist, dass
die einzelnen Samples unterschiedlich groß sind, teilweise nur (sehr) kleine Teilneh-
mendenzahlen umfassen, sehr oft nur an einem Ort im Land erhoben wurden und daher
in keiner Weise als für das jeweilige Land repräsentativ gelten können. Gleichwohl
erlauben sie auch länderspezifische Einsichten, wiewohl – durch die vergleichende und
axial-selektive Datenanalyse unterstützt – mit der Zeit die länder- und regionenüber-
greifenden, allgemeinen Motivationstendenzen stark ins Zentrum der Forschungsauf-
merksamkeit rückten.

2
Dabei knüpfte ich an eine durch Willis J. EDMONDSON begründete Tradition an, Studierende durch das
Schreiben von Sprachlernbiographien zur Reflexion vorhandener Sprachlernerfahrungen zu bewegen und
diese Daten über hochschuldidaktische Zwecke hinaus (das Einverständnis der Studierenden wurde einge-
holt) für die eigene Forschungsarbeit zu verwenden (vgl. exemplarisch EDMONDSON 2004).
3
Vgl. die leider nur zum Teil veröffentlichten Arbeiten von GLÖCKNER (*2013), HELANDER (2006),
KIRCHNER (2003, *2004), RABITA (2015) und ÜLSBERG (2008); mit * markierte Arbeiten sind online ver-
fügbar.
4
N=1.180
Abkürzungen: GI=Goethe-Institut; SJ=Studienjahr; ZfA= Zentralstelle für das Auslandsschulwesen
* Re-Analysen von Daten aus studentischen Qualifikationsarbeiten
** Re-Analysen von Daten aus studentischen Qualifikationsarbeiten (kontrastive Pilotstudien mit Untersu-
chungsteilnehmenden, die kein DaF gelernt haben)

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Länder in geographischer Nähe (zu deutschsprachigen Ländern) Daten erhoben


*N=12 Schüler/-innen (Sprachdiplomklassen 9–11 an
Armenien (Eriwan)* 2008
einer Schule mit erweitertem Deutschunterricht, ZfA)
Bosnien und N=47 Germanistikstudierende (1. SJ: N=28, 3. SJ: N=12,
2006
Herzegowina (Bihać) 4. SJ: N=7)
Finnland (Helsinki und
*N=39 Schüler/-innen verschiedener Schulen 2005
andere Städte)*
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Frankreich (Nancy) N=28 GI Nancy (A1–C1) 2005


Frankreich (Metz)** **N=28 Schüler/-innen der 12. Klasse an einem Lycée in 2015
Metz/Lothringen, davon 14 DaF-Lernende und 14 Nicht-
DaF-Lernende
*N=66 Schüler/-innen (Sprachdiplomklassen 9–11 an
Georgien (Tiflis)* 2008
einer Schule mit erweitertem Deutschunterricht, ZfA)
Griechenland
N=29 Germanistikstudierende 2004
(Thessaloniki)
N=121 Germanistikstudierende (1. SJ: N=26, 2. SJ:
Kroatien (Zadar) 2006
N=39, 3. SJ: N=16, 4. SJ: N=40)
Lettland (Riga) N=8 Germanistikstudierende 2005
Polen (Poznań) N=21 Germanistik-/Lehramtsstudierende Deutsch 2009
Portugal (Coimbra, N=45 Germanistikstudierende Coimbra (3. SJ: N=13, 4.
2005
Lissabon) SJ: N=32), N=21 GI Lissabon
Russland (Uljanowsk) N=5 Germanistikstudierende (Kurzstatements) 2004
Schweden (Uppsala)* *N=8 Germanistikstudierende im 1. Fachsemester 2003
Schweden (Linköping, **N=75 Studierende, Schüler/-innen und andere junge 2013
Stockholm u.a.)** Erwachsene, davon 23 DaF-Lernende und 52 ohne DaF-
Lernerfahrungen
N=103 Germanistikstudierende (1. SJ: N=15, 2. SJ:
Slowakei (Nitra) 2006
N=30, 3. SJ: N=41, 4. SJ: N=17)
N=99 GI Madrid (A1–C1), N=31 GI Granada (A2–C1),
Spanien (Madrid,
N=40 GI Barcelona (A1–C1), N=20 Staatliche 2005
Granada, Fuenlabrada)
Sprachschule Fuenlabrada (A1–B1)

Länder in geographischer Entfernung (zu deutschsprachigen Ländern)


N=24 Studierende aus studienbegleitenden Deutschkursen
China (Qingdao) 2014
(ingenieurwissenschaftliches Studium, 1. SJ)
Kenia (Nairobi) N=25 Bachelor- und Masterstudierende 2004
Kuba (Havanna) N=32 Fremdsprachenstudierende 2004
Madagaskar N=50 Germanistikstudierende (1. SJ: N=9, 2. SJ: N=12,
2004
(Antananarivo) 3. SJ, N=15, 4. SJ: N=14)
Mongolei N=26 Germanistik-/Lehramtsstudierende (1. SJ N=6, 2.
2006
(Ulaanbaatar) SJ: N=7, 3. SJ: N=11, 4. SJ: N=2)
Russland N=67 Dolmetscher-/Fremdsprachenlehramtsstudierende
2004
(Chabarovsk) (3. SJ: N=25; 4. SJ: N=23, 5. SJ: N=19)

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N=110 Fremdsprachenstudierende Deutsch/Englisch


Taiwan (Kaohsiung) (3. SJ Junior-College, N=68 Hauptfach Deutsch, N=42 2004
Nebenfach Deutsch) (Kurzstatements)

Tab. 1: Übersicht über bislang durchgeführte Teilstudien

3.2 Forschungsmethodischer Ansatz


Die Studie folgt einem explorativ-interpretativen Forschungsansatz und ist an den For-
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schungsstil der Grounded Theory angelehnt. Zugrunde gelegt werden Prinzipien der
sukzessiven und kontrastiven Erhebung von Daten sowie der theoretisch sensiblen und
offenen, axialen und selektiven Datenkodierung bei der qualitativen Dateninterpreta-
tion (vgl. GIBBS 2007: 38–89; STRAUSS/CORBIN 1996), die eine insgesamt theoriegene-
rierende Zielsetzung unterstützen. Die Datenanalyse geht iterativ und zunächst fall-
bezogen, dann bzgl. der einzelnen Teilstudie fallübergreifend und schließlich die unter-
schiedlichen Datensammlungen kontrastierend vor.
Zentrale Datengrundlage ist eine je länderspezifische Sammlung von schriftlich ver-
fassten Sprachlernbiographien, die (je nach Möglichkeit) mit weiteren Daten aus semi-
strukturierten Lerner- und Experteninterviews (Lehrende, Schulleitung, Leitung von
Sprachabteilungen), Dokumentenanalysen (Informationen zur Sprachenpolitik des
Landes, zum Schulsystem, zu Lehrplänen etc.) und Unterrichtsbeobachtungen ergänzt
werden. Mittels des vorgegebenen, aber offen gehaltenen Schreibimpulses, der in den
unterschiedlichen Studien nur unwesentlich adaptiert wurde, werden die Untersu-
chungsteilnehmenden nach ihren Gründen für das Deutschlernen und ihren Fremdspra-
chenlernerfahrungen gefragt. 5 In zwei neueren kontrastiven Pilotstudien wird explizit
nach den Gründen gefragt, die die Befragten dazu veranlasst haben, sich gegen die
Wahl des Schulfachs Deutsch bzw. gegen das Lernen des Deutschen zu entscheiden
(vgl. GLÖCKNER 2013; RABITA 2015).
Die Wahl dieses retrospektiv-biographischen Datenerhebungsinstruments folgt der
Überzeugung, dass ein solches offenes Format besser als ein geschlossenes imstande
ist, die Besonderheiten einer auf eine spezifische L2 bezogenen Motivation explorativ
zu erfassen. Die Offenheit der Fragestellung erlaubt den Untersuchungsteilnehmenden
unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, die ihren jeweils individuellen Konstellatio-
nen gut gerecht werden. Die Befragten haben es selbst in der Hand, wie ausführlich

5
Die (mit wenigen Ausnahmen in der L2 Deutsch geschriebenen) Sprachlernbiographien resultieren aus
folgendem Schreibimpuls: „Bitte berichten Sie über Ihre bisherigen Erfahrungen beim Lernen und Gebrauch
von Fremdsprachen und dabei insbesondere über die damit verbundenen Motive (Warum lernen Sie
Deutsch? Warum haben Sie Deutsch gelernt?) und Motivationen, Ängste und (Miss-)Erfolgserlebnisse.
Berücksichtigen Sie dabei insbesondere die Fremdsprachen Englisch und Deutsch – ohne andere Fremdspra-
chen dabei zu vergessen. Schreiben Sie alles, was Sie wichtig finden. Vorgeschlagener Umfang: 1–3 Seiten.“
In Fällen, in denen die Befragten nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten, wurde der Schreib-
impuls in die jeweilige L1 übertragen und die Sprachlernbiographien wurden in der L1 verfasst. Es muss
davon ausgegangen werden, dass insbesondere die in der L2 Deutsch geschriebenen Sprachlernbiographien
Verzerrungen und Unschärfen aufgrund begrenzter Ausdrucksmöglichkeiten aufweisen und Äußerungen
durch Vermeidungsstrategien reduziert wurden.

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und differenziert sie Auskünfte über sich selbst geben, was freilich dazu führen kann,
dass die angestrebte Tiefe der Rückmeldungen nicht durchgängig erreicht werden kann.
Anders als bei Befragungen mittels standardisierter Fragebögen mit geschlossenen
Items suggeriert die offene Form der Befragung keine spezifischen Motive, sondern
erst die Datenanalyse legt offen, welche Motive und Motivationsvariablen von den
Befragten hervorgehoben bzw. überhaupt benannt werden, die sie bei der Wahl der
Fremdsprache bzw. im Verlauf des Fremdsprachenlernens beeinflusst haben. Mit Hin-
weis auf den zwischenzeitlich weitgehend akzeptierten narrative turn in der SLA ist
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darauf zu verweisen, dass biographischen Daten wie den hier verwendeten eine beson-
dere Qualität für die Theoriegenese zur Rolle von Affekten und Emotionen beim L2-
Lernen zukommt, da sie eine lernerorientierte Perspektive auf Spracherwerbsprozesse
und Lernsituationen ermöglichen (vgl. BARKHUISEN/BENSON/CHIK 2014; FRANCES-
CHINI/M IECZNIKOWSKI 2004). Das Erhebungsformat hat daneben stärker forschungs-
pragmatische Vorteile, dadurch dass es nämlich (u.a. mittels der Unterstützung durch
Kollegen/-innen) ökonomisch und vielfältig – auch über größere räumliche Distanzen
hinweg – eingesetzt werden kann. GLÖCKNER (2013) hat darüber hinaus aufgezeigt,
dass Sprachlernbiographien, wenngleich mit Anpassungen, auch über social media
erhoben werden können.

3.3 Zentrale Ergebnisse


Die Ergebnisse der Datenanalysen können im Rahmen dieses Beitrags lediglich
zusammenfassend dargestellt werden und mit wenigen, originalgetreuen Datenbeispie-
len illustriert werden, was die Verankerung der Erkenntnisse in der Empirie zumindest
exemplarisch verdeutlichen soll. Unterschieden werden können Ergebnisse, die länder-
spezifische Besonderheiten oder Schwerpunktsetzungen darstellen, von Mustern, die
sich in den Daten länderübergreifend abbilden. Vorab nicht unerwähnt bleiben darf,
dass viele der erhobenen Daten von Germanistikstudierenden stammen, die zwar retro-
spektiv umfänglich über ihre Erfahrungen mit dem Deutschlernen berichten können,
die aber schlussendlich so motiviert waren, dass sie die Fremdsprache Deutsch zum
Hauptinhalt ihres Studiums und damit zu einem Teil ihrer beruflichen Zukunft gemacht
haben. Im weiteren Verlauf der Studie konnten aber auch gezielt kontrastive Daten-
sätze von Lernenden aus schulischen Kontexten herangezogen werden, in den letzten
Jahren ergänzt durch erste Pilotstudien, für die gezielt Teilnehmende gesucht und
befragt wurden, die sich gegen das Erlernen der deutschen Sprache entschieden haben.
Die Teilstudien liefern reichhaltige länderspezifische Erkenntnisse insbesondere in
Bezug auf die Dimensionalisierung der gefundenen Hauptkomponenten der Motivation
sowie ihrer Gewichtung untereinander. Weitere ländertypische Besonderheiten sind
teils in den nationalen Bildungssystemen, teils mit historisch begründeten sprachlichen
Konstellationen und Bildungstraditionen oder in der geographischen Lage eines Landes
begründet. Sie sind im Rahmen dieses Beitrags nicht darstellbar. Exemplarisch seien
lediglich zwei Beispiele für solche länderspezifischen Einsichten aufgeführt: Das in der
Teilstudie China gefundene Muster einer anfänglich rein extrinsisch-externalen Regu-

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lation des Deutschlernens bei Studierenden hängt mit dem Pflichtcharakter des Sprach-
fachs in einem ingenieurwissenschaftlichen Studiengang zusammen, der von den Stu-
dierenden gewählt wurde, weil sie an national höher gerankten chinesischen Universi-
täten aufgrund ihre Schulabschlussnote keinen Studienplatz erhalten haben. Erst im
Verlauf des Lernens und v.a. mit der Entwicklung des Ziels, ein Auslandssemester an
einer deutschen Universität zu verbringen, werden selbstbestimmtere Regulationen
entwickelt, wozu ein sehr positives Deutschlandbild (‚hochentwickeltes Industrieland‘)
beiträgt. Ein anderes Beispiel ist die in den Daten aus der Teilstudie Griechenland – im
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Unterschied zu allen anderen Teilstudien – dominant zum Ausdruck kommende Be-


deutung standardisierter zertifizierter Sprachprüfungen für das motivierte Weiterlernen
(extrinsisch-externale Regulation), was in Einklang steht mit der (aktuell immer noch
bestehenden) extrem hohen Zahl der an Goethe-Instituten in Griechenland abgelegten
DaF-Prüfungen. Folgt man durch Experteninterviews gewonnenen Hinweisen, kommt
in dieser Regulation das Ziel zum Ausdruck, mit Zertifikaten nachweisbare und (inter-)
national anerkannte Qualifikationen zu erwerben.
Im Folgenden werden zusammenfassend diejenigen Muster behandelt, die länder-
übergreifend in den Daten (re-)konstruiert werden konnten. Aus den Analysen lässt
sich das Gesamtbild ableiten, dass Lernende des Deutschen als Fremdsprache individu-
elle Motivationsprofile aufweisen, aber hinsichtlich der motivationalen Hauptkompo-
nenten erstaunliche Parallelen zeigen.
Auffällig ist eine in sämtlichen Datensammlungen auffindbare positive Einstellung
der befragten Lernenden zum Fremdsprachenlernen, auch ohne Bezug auf die konkrete
L2 Deutsch. Dies stimmt mit dem Muster überein, dass die Lernenden in der Regel
über teils umfangreiche Fremdsprachenlernerfahrungen verfügen und Deutsch als
zweite oder weitere Fremdsprache nach Englisch gelernt wird. In Bezug auf die sprach-
spezifischen und nahezu durchgängig feststellbaren positiven Einstellungen zur L2
Deutsch, die als wichtige Sprache in der EU angesehen wird, kommt daneben aber
durchaus Ambivalenz zum Ausdruck. Es überwiegen bei den Lernenden sprachspezifi-
sche Attribute wie „schwer“ und „hart“ im Vergleich zu solchen wie ‚„gar nicht so
schwer“ und „schön“. Diese Zuschreibungen sind eingewebt in ein Netz, dass DaF-
Sprachkompetenz etwas „Besonderes“ sei, da sie das erwartbare, inzwischen als weit-
gehend ‚normal‘ angesehene fremdsprachliche Profil einer Person (die über die L2
Englisch verfügt) ergänzt 6 und damit, aufgrund der Einschätzung des gesellschaftlichen
Umfelds, dass Deutsch eine schwere Sprache sei, mit Prestigegewinn 7 verbunden wird.
Gerade im schulischen Kontext wird Deutsch als schwere Sprache wahrgenom-
men. 8 Aus den kontrastiven Pilotstudien ergibt sich das Bild, dass sich gerade aus

6
Ich habe Deutsch gewählt, weil die Mehrheit der Chinesen nur Englisch gelernt haben. Aber ich glaube,
wenn alle Personen mit Englisch zu lernen beginnen, dann diese Sprache nicht eine wertvolle Schulung ist.
(China14_Bi019, Z. 11ff.)
7
In Kuba, wenn eine Person Deutsch kann, sagt man, dass sie sehr intelligent ist, weil viele Leute denken,
dass Deutsch sehr schwer ist. (Kuba2004_Bio03, Z. 7ff.)
8
Donc j’ai une image très mitigée de la langue allemande en elle-même, pour son affreuse complexité
[…]. (Frankreich_Lothringen_Bio14, Z. 22f.)

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diesem Grund potenzielle Lernende gegen das Erlernen der Sprache entscheiden. 9 Für
Lernende, die retrospektiv Lernerfolge berichten, lässt sich aber zugleich das Muster
identifizieren, dass sie das Deutschlernen außerdem als positive intellektuelle Heraus-
forderung begreifen und Stolz darauf entwickeln, während Lernende, die sich gegen
das Deutschlernen entschieden haben, dieses als „elitär“ empfinden.
Ein weiteres zentrales Muster bildet der Einfluss des schulischen DaF-Lernens auf
die initiale Ausbildung und Aufrechterhaltung motivierten Handelns. In den Daten aus
Ländern, in denen das Schulfach Deutsch angeboten wird, resultieren aus dem Pflicht-
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bzw. Wahlpflichtcharakter des Faches vorrangig extrinsische Motivationen mit exter-


nalen und introjizierten Verhaltensregulationen. Gute Noten, die Anerkennung des
Lehrers oder der Eltern sollen gewonnen werden, Gesichtsverlust soll vermieden wer-
den. Erst wenn wahrgenommen wird, dass die Sprachkenntnisse auch außerhalb des
Unterrichts von Wert sind bzw. werden können, gelingt es, Formen stärker selbstbe-
stimmter Motivation zu entwickeln. Identifizierte Verhaltensregulationen entstehen,
wenn spätere Berufschancen oder (z.B. während eines Auslandsaufenthalts oder im
außerschulischen Alltag) die allgemeine Nützlichkeit der Fremdsprache für die Kom-
munikation erkannt wird – was aber gerade jüngere Lernende nicht zwangsläufig nach-
haltig motiviert. Hierbei spielt der Umgang mit Erfolgs- und Misserfolgserlebnissen
beim Sprachenlernen eine wichtige Rolle. Motivierend wirkt, dem gefundenen Muster
nach, Erfolg dann, wenn Lernende dessen Ursachen im eigenen intentionalen Arbeits-
einsatz begründet sehen (internale Lokation). Besonders demotivierend wirkt ausblei-
bender Erfolg dann, wenn die Ursachen auf eigenes Unvermögen zurückgeführt wer-
den und wenn trotz Mühe kein Erfolg errungen wird (internale, nicht kontrollierbare
Lokation). Weitere Komponenten für ausgeprägte wie mangelnde Motivation bzw.
Motivationsschwankungen im Lernverlauf können unterrichtsmethodischen Variablen
und der Lehrperson zugeordnet werden: Lehrende, eine abwechslungsreiche und
zugleich herausfordernde methodische Gestaltung des Unterrichts können als mächtige
Motivatoren wirken. Immer wiederkehrende Codes verweisen aber auf Demotivierung
durch monotone Unterrichtsgestaltung, Leistungsdruck und Angst (u.a. vor den Leh-
renden) sowie fehlende schulische Lerninhalte und -aktivitäten, die auch außerhalb des
Unterrichts als bedeutsam erscheinen. Diese unterrichtsinternen Variablen haben folg-
lich besondere Erklärungskraft für die Ausbildung einer kurz- wie langzeitigen Moti-
vation zum Erlernen des Deutschen.
Die in Tab. 1 getroffene Unterscheidung zwischen Ländern, die sich in geographi-
scher Nähe zu deutschsprachigen Ländern befinden (v.a. Europa), und Ländern, die
geographisch weit entfernt sind, dient nicht nur der Herstellung einer besseren Über-
sichtlichkeit der Tabelle. Sie ist auch ein Ergebnis der deutlich unterschiedlichen Rolle
kultureller Orientierungen in den Teilstudien, die diesen beiden Gruppen zugeordnet
werden können. Kulturelle Orientierungen kommen in allen Teilstudien überwiegend
in sehr allgemein gehaltenen Einstellungen zu Deutschland (selten werden andere

9
Je ne regrette pas de ne pas avoir choisi l’allemand car je pense que j’aurais eu des difficultés
d’apprentissage et de mémorisation […]. (Frankreich_Lothringen_Bio15, Z. 8ff.)

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40 Claudia Riemer

deutschsprachige Länder genannt) zum Ausdruck. Auffällig ist aber, dass explizite
Aussagen hierzu in den Datensammlungen aus Ländern mit geringer geographischer
Entfernung zu deutschsprachigen Ländern unterrepräsentiert sind 10; nur in Einzelfällen
sind sie von hohem und lernmotivationsbestimmendem Einfluss (besonders in Einzel-
fällen, die von hoher selbstbestimmter Verhaltensregulation geprägt sind). Ganz anders
ist dies in den Studien zu Ländern in geographisch entfernteren Regionen: Dort wirken
positive Einstellungen zu Deutschland, insbesondere ein sehr positives Deutschland-
bild, Interesse für die deutschsprachige Literatur, Geschichte und Kultur(en) als wich-
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tige und anhaltende Motivatoren für das Erlernen der deutschen Sprache. Als regionen-
übergreifendes Muster lässt sich hingegen ausmachen, dass auch bei fehlendem kultu-
rellem Interesse für Deutschland/deutsche Kultur(en) als initialem Auslöser, Deutsch
lernen zu wollen, DaF-Lernende dennoch Informationen über deutschsprachige Länder
und (alltägliche) Landeskunde als qualitätsstiftendes Element des Fremdsprachenunter-
richts sehr schätzen.
Als weiteres zentrales länderübergreifendes Muster wurde ermittelt, dass DaF in
vielen Regionen der Welt an den Schulen und Hochschulen (sowie in der Erwachse-
nenbildung) oft gewählt und gelernt wird, wenn neben den oben genannten ver-
pflichtenden (und weiteren personellen) Gründen auch allgemeine instrumentelle Mo-
tive vorhanden sind. Diese instrumentellen Orientierungen sind besonders dann ausge-
prägt und Teil der Identitätsbildung, wenn auf Studium und Beruf gerichtete Ambitio-
nen und Ziele mit ihnen verbunden werden und die Lernaktivitäten nicht vorrangig
external reguliert sind. 11 Solche Ziele sind in der Regel mit dem Beruf des Deutschleh-
rers oder mit beruflichen Feldern in der Wirtschaft, bei internationalen Organisationen
und im Tourismus sowie im Feld des Dolmetschens und Übersetzens verknüpft. Bei
Schülern/-innen und Studierenden in den ersten Studienjahren bleiben diese instrumen-
tellen Motive oft eher im Allgemeinen und Unbestimmten und sind auf die generelle
Verbesserung der Berufschancen (u.a. durch die Hoffnung auf ein Studium in
Deutschland) ausgerichtet. Bei Studierenden in höheren Studienjahren und DaF-Ler-
nenden im Kontext der Erwachsenenbildung lässt sich erkennen, dass ein Abgleich der
Wünsche mit den tatsächlichen Chancen stattgefunden hat; ihre Lernziele sind deutlich
konkreter und mit aktuellen bzw. kurzfristig erwarteten beruflichen und kommunikati-
ven Bedarfen verbunden.
Diese instrumentellen Orientierungen sind verwurzelt in vorhandenen Englisch-
kenntnissen und der Zielsetzung, mit der Fremdsprache Deutsch ein weiteres und

10
Anders sieht dies in der kontrastiven Pilotstudie aus, die auf Re-Analysen der von RABITA (2015) erho-
benen Daten beruht. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein weiteres – durch eine erweiterte Impulsfrage opera-
tionalisiertes („Was denkst du über Deutschland, die Deutschen und die deutsche Kultur?“) – Erkenntnisinte-
resse verfolgt, den historisch-geographischen Kontext des Deutschlernens in der Region Lothringen zu
berücksichtigen. Die gefundenen Muster weisen auf ein insgesamt positives Deutschlandbild hin, das nicht
mit den ermittelten negativen Einstellungen zum schulischen DaF-Unterricht interagiert.
11
Am Gymnasium habe ich auch Deutsch gelernt aber es hat mich nicht so entzückt, weil ich sehr strenge
Lehrerin hatte. Trotzdem habe ich am Uni Deutsch als die zweite Sprache gewählt. Ich wollte mehr als zwei
Sprachen beherrschen, dass ich mehrere Möglichkeiten in meinem zukünftigen Beruf haben konnte. (Slowa-
kei 2006_1_Bio07, Z. 2ff.)

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L2-Motivationsforschung für Deutsch als Fremdsprache 41

gleichzeitig besonderes Element individueller Mehrsprachigkeitsprofile auszubilden,


das den Inhaber dieses Profils besonders auszeichnet, da Deutsch als schwere Sprache
gilt. Dieses Muster, eine gefundene Kernkategorie, fasse ich als „instrumentelles Exo-
ten-Motiv“ zusammen.
Die Analysen legen freilich auch reichlich Muster offen, die zeigen, dass DaF-Ler-
nende die Instrumentalität des Exoten-Motivs häufig nicht hinreichend mit Leben fül-
len können, da sie ihre (oft langfristigen) beruflichen Ziele nicht angemessen im DaF-
Unterricht wiederfinden und/oder im Lebensumfeld das instrumentelle Potenzial der
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Fremdsprache Deutsch nicht ‚erlebt‘ wird, da konkrete Anwendungsmöglichkeiten im


Hier und Jetzt fehlen. 12 Auffällig ist, dass in der Frankreich-Studie gefundene Muster,
die Instrumentalität inkludieren, unterrepräsentiert sind, selbst in der Teilstudie aus der
grenznahen Region Lothringen. Hier dominieren Bildungs-, Kontakt- und Reisemotive,
im schulischen Bereich außerdem ausgeprägt vorhandene external-extrinsische Regu-
lationen und das Image des Deutschunterrichts als eines häufig ungeliebten 13 Elite-
fachs. Der instrumentelle Nutzen der Sprache wird zwar mitunter in den Sprachlern-
biographien erwähnt, jedoch ohne dass ein Zusammenhang mit verhaltensregulierenden
oder identitätsstiftenden Effekten deutlich wird.

4. Transnationale Herausforderungen für den DaF-Unterricht

Aktuelle Zahlen und Analysen zu den Entwicklungen und Tendenzen der Nachfrage
nach Deutschlernangeboten in der Welt liefert der vom Auswärtigen Amt herausgege-
bene Überblick über eine durch das Netzwerk Deutsch 14 organisierte Datenerhebung im
Jahr 2015 (vgl. AUSWÄRTIGES AMT o.J.). Mit dieser Dokumentation werden für die
länderspezifischen und -übergreifenden Analysen komplementäre Informationen gelie-
fert, die wichtige Randbedingungen für das Erlernen des Deutschen sichtbar machen.
So geben sie u.a. Aufschluss darüber, wie zugänglich das Deutschlernen im Rahmen
des staatlichen Schulsystems, durch das Hochschulangebot sowie durch außerschuli-
sche Lernangebote ist. Auffällig ist dabei für viele Länder der hohe Anteil der Schü-
ler/-innen an der Gesamtzahl der DaF-Lernenden. Einige Beispiele mit Blick auf meine
Studie seien genannt: Für Armenien wird die Gesamtzahl von 31.809 DaF-Lernenden
berichtet, davon 29.808 im Schulbereich. Für Frankreich werden insgesamt 1.005.444
DaF-Lernende, davon 998.749 an Schulen ermittelt, was im Vergleich mit der Daten-
erhebung im Jahr 2010 einen Rückgang um 39.136 DaF-Lernende bedeutet. 30.282

12
Gefunden wurde außerdem das Muster, dass fehlende instrumentelle Orientierung mit negativen Einstel-
lungen zur Sprache interagiert und dazu führt, dass die Sprache erst gar nicht gewählt wird: Jag valde inte
Tyska för att jag tycker språket är „fult“, låter konstigt och jag kände ingen anledning till varför jag skulle
kunna språket. [Ich wählte nicht Deutsch, weil ich finde, dass die Sprache „hässlich“ ist, merkwürdig klingt
und ich wüsste keinen Grund, warum ich die Sprache können sollte.] (Schweden_2013_Bio03, Z. 5f.)
13
„Apprendre l’allemand est pour moi un calvaire“. (Frank_Loth_Bio14, Z. 28)
14
Mitglieder des Netzwerks Deutsch sind: deutsche Botschaften, Deutscher Akademischer Austausch-
dienst, Goethe-Institut, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und weitere Partnerorganisationen vor Ort.

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42 Claudia Riemer

Schüler/-innen lernen DaF in Madagaskar bei einer Gesamtzahl von 31.625 DaF-Ler-
nenden (Zuwachs von 6.713 seit 2010). In der russischen Föderation lernen 1.129.018
Schüler/-innen DaF bei einer Gesamtzahl von insgesamt 1.546.062 Lernenden (dra-
matischer Rückgang um 483.494 Lernende seit 2010). Solche Zahlen spiegeln wider,
dass die Bedeutung des DaF-Lernens und damit auch die Stellung der deutschen Spra-
che in vielen Regionen der Welt (noch) davon profitieren, dass DaF im Kanon der
schulischen Sprachenfächer seinen Platz findet. Gleichzeitig sind solche Zahlen immer
auch ein Ergebnis spezifischer nationaler Entwicklungen (z.B. die durch die Imple-
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mentation des französischen Schulsystems erfolgte Einführung des Wahlpflichtfachs


DaF an Sekundarschulen in frankophonen Ländern Afrikas, hier: Madagaskar). Die
noch in vielen Regionen vorhandenen, durch das nationale Bildungssystem geschaffe-
nen günstigen Rahmenbedingungen können sich aber recht schnell ändern. So gibt es
z.B. in Frankreich derzeit eine kontroverse bildungspolitische Diskussion um die von
der Bildungsministerin ins Gespräch gebrachte Abschaffung der als elitär geltenden
bilingualen und Europaklassen an den Mittelschulen; eine solche Abschaffung hätte
gravierende Folgen für das schulische DaF-Angebot.
In den Teilstudien wurde das Muster ermittelt, dass unter den Germanistikstudieren-
den sehr viele ehemalige Schüler/-innen sind, die besondere Erfolge im Schulfach
Deutsch erzielt haben und bei denen außerdem die Tendenz in Richtung einer intrinsi-
schen Motivation erkennbar ist. Ein anderes, häufig gefundenes Muster deutet aber
darauf hin, dass jüngere Lernende häufig nicht freiwillig das Schulfach Deutsch wäh-
len. Bildungsambitionen der Eltern führen zur Anmeldung an Privatschulen mit ver-
stärktem DaF-Angebot (Teilstudien Armenien und Georgien), Deutsch wird aufgrund
des Rats von Eltern und anderen Familienmitgliedern oder wegen Peers gewählt oder
es fehlen attraktive schulische Alternativangebote (Teilstudie Madagaskar). Mitunter
wird sogar über die schlichte Zuweisung zu Deutschklassen berichtet, gegen die man
sich nicht gewehrt habe (Teilstudie Frankreich/Lothringen). Solche Muster weisen
darauf hin, dass sich in den Ambitionen von DaF lernenden Schüler/-innen, wenn sie
denn überhaupt vorhanden sind, eher von Eltern und Gesellschaft an sie herangetragene
und noch nicht hinreichend internalisierte Sollens-L2-Selbstkonzepte (Ought-to L2
Self) widerspiegeln, die nicht als ideale L2-Selbstkonzepte (Ideal L2-Self) internalisiert
sind und daher nicht zu selbstbestimmteren oder gar zu intrinsischen Verhaltensregula-
tionen führen. Solche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Angebote für schulischen
DaF-Unterricht auf motivationale Nachhaltigkeitsprobleme stoßen.
Der schulische DaF-Unterricht und auch alle anderen DaF-Angebote stehen vor
ganz erheblichen Herausforderungen und sind aufgefordert, sich sowohl durch curri-
culare wie didaktische, allgemeine Lernziele betreffende und methodische Neujustie-
rungen an geänderte Rahmenbedingungen und mit dem Fremdsprachenlernen verbun-
dene Ambitionen anzupassen. Letztlich betreffen Entwicklungen in diesem Bereich die
gesamte ‚Nahrungskette‘ der mit der internationalen Stellung der deutschen Sprache
interagierenden Tätigkeitsfelder, beginnend bei den Berufschancen von jungen Men-
schen mit Deutschkenntnissen und Deutschlehrern/-innen bis hin zur Hochschulgerma-
nistik in nicht deutschsprachigen Ländern. Letztere ist aufgefordert, solche Entwick-

45 (2016) • Heft 2
L2-Motivationsforschung für Deutsch als Fremdsprache 43

lungen in der akademischen Ausbildung von Germanisten/-innen und Deutschlehrern/


-innen in den zentralen Ausbildungsinhalten angemessen zu berücksichtigen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die in der internationalen L2-Motivationsfor-
schung diskutierten Konzepte für die Erforschung des Lernens des Deutschen als
Fremdsprache eine gute wissenschaftstheoretische Basis darstellen. Sie sind jedoch in
ihren Dimensionalisierungen hinsichtlich der Spezifik der Zielsprache erheblich anzu-
passen und zu gewichten. Die in den Teilstudien ermittelte Interaktion zwischen (z.T.
fehlenden) Ambitionen, Orientierungen und situativ verorteten unterrichtlichen Lern-
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erfahrungen sind genauer zu untersuchen. Neuere prozesstheoretische Ansätze (vgl.


DÖRNYEI/HENRY/MUIR 2016) liefern hier gute Anknüpfungspunkte. Das dort verwen-
dete Bild hochmotiviert auf ein langfristiges Ziel ausgerichteten Fremdsprachenlernens
als eines mitreißenden Stroms (directed motivational currents) sollte jedoch aus DaF-
Perspektive hinterfragt werden und ggf. mit einem Fokus auf die Untersuchung von
Prozessen der Demotivierung ergänzt werden. Außerdem sind die hier vorgestellten
Ergebnisse noch umfänglich mit anderen für die L2 DaF vorhandenen Forschungs-
arbeiten aus unterschiedlichen Länderkontexten abzugleichen (vgl. exemplarisch
BUSSE 2015 und die anderen Beiträge in diesem Themenschwerpunkt). Sie sind auch
dahingehend zu prüfen, welche Konsequenzen für die transnationalen und länderspezi-
fischen DaF-Angebote und deren didaktisch-methodische Ausgestaltung zu ziehen
sind.

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45 (2016) • Heft 2
MOSTAFA MALEKI *

L2-Motivation und „Possible Selves“


Ein vergleichender Blick in die Motivationsprofile von iranischen
Deutsch- und Englischlernenden
Open Access Download von der Narr Francke Attempto Verlag eLibrary am 07.08.2020 um 00:31 Uhr

Abstract. Based on the data collected from Iranian English language learners and the results of a
pilot survey for my ongoing dissertation project focusing on the motivation of Iranian German lan-
guage learners, the present study seeks to explore the scope of motivation and „possible selves“ in
GFL from a comparative perspective by employing the L2 Motivational Self System as the main theo-
retical framework. First results show that English and German show similar figures regarding the L2
motivation demonstrating an increasing instrumental orientation. A German speaking self has, how-
ever, a generally positive attitude towards the German language and society.

1. Einleitung

Die 2005 erstmalig vorgestellte Theorie „L2 Motivational Self System“ (vgl. DÖRNYEI
2005: 93ff.), kurz L2MSS, leitete eine neue Phase der L2-Motivationsforschung ein
(vgl. DÖRNYEI/USHIODA 2009). Der Einbezug von Erkenntnissen der „Psychologie des
Selbst“ und v.a. die bereits in den 1980er Jahren in der Psychologie diskutierte Idee der
„possible selves“ (vgl. MARKUS/NURIUS 1986) führte zu einem neuen Verständnis der
L2-Motivation.
Im iranischen Kontext war Motivation für das Fremdsprachenlernen bisher haupt-
sächlich Gegenstand der Erforschung im Bereich English as a Foreign Language
(EFL). Sowohl die traditionelle Vorstellung über instrumentelle und integrative Orien-
tierungen als auch die neueren Konzeptualisierungen in der L2-Motivationsforschung
wurden in unterschiedlichen Lernkontexten, wie bei iranischen Englischlernenden und
-studierenden, IELTS 1-Vorbereitungskursen und auch in Schulen, untersucht (siehe
Abschnitt 3.2.) Auch wenn Englisch als lingua franca im iranischen Bildungs- und
Hochschulsektor weit verbreitet ist, bleibt diese Sprache eine „besondere“ im gesell-
schaftlichen Bewusstsein. Deutsch hingegen wird in weit kleinerem Umfang und – wie

*
Korrespondenzadresse: Mostafa MALEKI, DAAD Informationszentrum Teheran, Dr. Shariati St.,
Yakhchal St., Keynejad St., Eslamieh East St., No.10, TEHERAN, Iran.
E-Mail: Mostafa2054@yahoo.com
Arbeitsbereiche: DaF, Sprachen- und Bildungspolitik, Hochschuldialog.
1
Das International English Language Testing System (IELTS) ist ein standardisierter Test für Englisch als
Fremdsprache.

© 2016 Narr Francke Attempto Verlag 45 (2016) • Heft 2

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