A M F E I E R TAG

WWW.SÜDDEUTSCHE.DE HF1 MÜNCHEN, DONNERSTAG/FREITAG, 30. APRIL/1. MAI 2020 76. JAHRGANG / 18. WOCHE / NR. 100 / 3,50 EURO

DIE

Wo die Reise
FASSADENMALERIN
Eine Dokumentation
versucht, das Leben
von Hannelore Kohl

hingeht zu ergründen
 Medien, Seite 28
FOTO: IMAGO/ALL CANADA PHOTOS, IMAGO/ADBP-MEDIA, DPA/STEPHAN JANSEN

Die Sehnsucht nach Orten in der Ferne ist riesig. EINFACH

Doch mit Urlaubsfahrten ins WEITERSINGEN
Ausland wird es so schnell nichts werden. Mit 80 darf man
Was bedeutet das für die Ferien? noch träumen –
Und wie sieht der Tourismus der Zukunft aus? der Schlagerheld
Bata Illic und
 Meinung, Politik, Reise sein Umgang mit
der Einsamkeit
 Die Seite Drei

(SZ) Der Theaterregisseur Frank Castorf

wäscht sich nicht gern die Hände, nein,
das ist so nicht richtig, er mag es nur
Großer Applaus, kleines Einkommen Düstere Ahnung Unsere Autorin hat
einen schrecklichen Verdacht: Wurde ihr
Vater als Kind von einem Priester miss-
nicht, wenn ihm andere sagen, dass er braucht? Hat er sich deshalb das Leben
sich die Hände waschen soll. Und er mag Wer Pflegekräften und Verkäufern zu einem höheren Lohn verhelfen will, muss das Problem genommen?
Ernste Bedenken Könnte jemand das
es erst recht nicht, wenn es die Bundes-
kanzlerin ist, die ihm vorschreibt: Herr
lösen, dass sie kaum in Gewerkschaften vertreten sind Land besser durch die Krise führen als
Castorf, jetzt aber bitte die Hände wa- Angela Merkel? SPD-Arbeitsminister
schen. Weil Frank Castorf sich die Hände Hubertus Heil antwortet im „Sagen Sie
nur wäscht, wenn und wann er allein es von detlef esslinger der Bundesvereinigung der Deutschen Ar- Hubertus Heil zu gern für allgemein ver- daher mit Streiks nicht einmal drohen jetzt nichts“.
für richtig hält und nicht Frau Merkel, beitgeberverbände (BDA), sagt zum einen, bindlich erklären möchte – was Meurer kann, ist dort ziemlich machtlos. Gutes Gespür Der britische Komiker
rief er nun auf Spiegel.de zum „republi- Ein Instrument wäre da, aber kann man es seit mehr als zehn Jahren sei „auf Bundes- „grotesk“ fände. DGB-Chef Hoffmann fordert daher Ricky Gervais erklärt, warum traurige
kanischen Widerstand“ auf. Dazu muss auch einsetzen? Seit Langem wird zwi- ebene“ keine AVE mehr abgelehnt wor- Das Bayerische Landesamt für Statis- zweierlei, um aus einem Riesenwort auch und lustige Geschichten im Grunde das
man wissen, dass Frank Castorf solchen schen Politikern, Gewerkschaften und Ar- den. Zum anderen fügt er hinzu: „Wenn tik hat diese Woche Zahlen veröffentlicht, ein Rieseninstrument zu machen. „Wir Gleiche sind.
Widerstand als Theatermann seit Lan- beitgebern gerungen, wie zu gewährleis- die Arbeitgeberseite in den Tarifausschüs- denen zufolge in den Berufen der „kriti- schlagen vor, dass ein Antrag auf eine All- Liegt nicht der gesamten Auslandsauflage bei
gem beruflich betreibt, übrigens bezu- ten ist, dass zum Beispiel Pflegerinnen sen AVE-Anträge ablehnt, dann aus guten schen Infrastruktur“ mehrere Hundert gemeinverbindlichkeitserklärung im Ta-
schusst von jener öffentlichen Hand, der und Verkäuferinnen nicht nur überdurch- Gründen, zum Beispiel, weil die gesetz- Euro unter dem Durchschnitt aller Arbeit- rifausschuss nur mit Mehrheit abgelehnt
er gern Übles unterstellt. Das wäre ein schnittlich viel Applaus, sondern zumin- lichen Voraussetzungen fehlen.“ nehmer bezahlt wird. Und speziell in der werden kann.“ Das würde die Machtver-
interessanter Fall von repressiver Tole- dest auch ein durchschnittliches Einkom- Beschreibt er damit die Pflegebranche? Pflege gibt es gar keine „bedeutende“ Ge- hältnisse dort umkehren: Können bisher
ranz für die gute alte Frankfurter Schule:
Das System duldet, ja finanziert gar Leute
men erhalten. Reiner Hoffmann, der Vor-
sitzende des Deutschen Gewerkschafts-
Bernd Meurer, Präsident des Pflegeheim-
Verbands BPA, beschwerte sich neulich,
werkschaft, die Tariflöhne für alle durch-
setzen könnte – weil Pflegekräfte Men-
die drei Arbeitgebervertreter alles blockie-
ren, könnten künftig die drei Gewerk-
Giffey: Spielplätze
wie Frank Castorf, um sich in deren Nölen
zu sonnen und Toleranz vorzugaukeln.
bundes (DGB), kennt dieses Instrument
natürlich, und er möchte es verschärfen.
dass in seiner kleinteiligen Branche „ein
Mini-Arbeitgeberverband, der im Prinzip
schen sind, die sich gern um andere küm-
mern, aber oft sich selbst vergessen: Nach
schaftsvertreter alles auf den Weg brin-
gen. Zudem solle der Staat Aufträge nur
statt Bundesliga
Aber die Frankfurter Schule ist lange Vom Wort her ist es ein Riese, es besteht nur aus Einrichtungen der Arbeiterwohl- Schätzungen gehören vielleicht fünf Pro- noch an Firmen vergeben, die nach Tarif
her und das Coronabiest Gegenwart. Bei
Familienministerin mahnt, Kinder
aus 34 Buchstaben und zehn Silben: Allge- fahrt besteht, und eine in der Pflege unbe- zent einer Gewerkschaft an, in dem Fall bezahlen. In 14 Bundesländern gibt es be-
allem Respekt vor dem Castorf’schen Ge- meinverbindlichkeitserklärung; immer- deutende Gewerkschaft“ über einen Tarif- Verdi. Eine Gewerkschaft aber, die in reits solche „Tariftreuegesetze“, unter- stärker zu berücksichtigen
nius scheint sein Leid, sich öfter als ge- hin gibt es eine Abkürzung dafür: AVE. vertrag verhandeln, den Arbeitsminister einer Branche kaum Mitglieder hat und schiedlich streng; nur in Bayern, Sachsen
wohnt die Hände waschen zu sollen, doch Aber dort, wo die Vertreter der Arbeitge- und auch im Bund nicht. Hoffmann sagt: Berlin – Die Interessen von Kindern wer-
erträglicher zu sein als das vieler anderer, ber dem Instrument nichts abgewinnen „Es kann doch nicht sein, dass Firmen den in der Corona-Krise nach Ansicht
zum Beispiel der Maibaumsetzer. Einmal mögen, bleibt es ein Scheinriese. durch Lohndumping an das Geld der Steu- von Bundesfamilienministerin Franzis-
den Wasserhahn aufgedreht, ein bissel Mit dem Riesenwort ist gemeint, dass Corona-Infizierte in Deutschland erzahler kommen – und diese anschlie- ka Giffey (SPD) zu wenig beachtet. „Wir
Seife dazu, zwei Mal „Happy Birthday“ das Bundesarbeitsministerium einen Ta- ßend noch die Löhne dort aufstocken müs- können nicht in einem Atemzug den Kin-
summen, und fertig ist die Laube. Die rifvertrag zwischen einer Gewerkschaft 31 755 Aktuell Erkrankte 120 400 Genesene 6168 Verstorbene sen, weil die nicht zum Leben reichen.“ dern die Schaukel verwehren und gleich-
Maibaumsetzer hingegen müssen nicht und einem Arbeitgeberverband für allge- Was die Krise betrifft, hat Bundestags- zeitig darüber nachdenken, wie wir
nur auf das feierliche Aufstellen des mein verbindlich erklären kann. Norma- 140 000 präsident Wolfgang Schäuble vor ein paar schnellstmöglich wieder Bundesliga-
Baums verzichten, sondern auch auf das lerweise können nur solche Beschäftigten Tagen gesagt, „werden uns hoffentlich Spiele stattfinden lassen“, sagt sie im In-
Präparieren und Schmücken desselben, mit Bezahlung nach Tarif rechnen, deren nicht wieder nur Abwrackprämien einfal- terview mit der SZ. Vor allem Kleinkinder
120 000
wobei es die Tradition gebietet, diese Tä- Firma Mitglied im tarifgebundenen Ar- len“. Wer gerade eine Idee hat, ist die Berli- seien mit die größten Leidtragenden der
tigkeit durch das Austrinken vieler Käs- beitgeberverband ist. Das sind derzeit ner SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe: ei- Krise. Deshalb habe sie sich im Kabinett
ten Bier geschmeidig zu halten. Und jetzt: 46 Prozent aller Beschäftigten; Tendenz: 100 000 ne Prämie nicht zum Abwracken, sondern für eine schrittweise Öffnung der Kitas
leerer Festplatz, voller Kasten – das sind fallend. Erklärt das Ministerium indes ei- zum Erholen – und auch nicht für die Ar- eingesetzt. „Man kann an der Gruppen-
die Opfer, die wahre Männer der Repu- nen Tarifvertrag für allgemein verbind- 80 000 beitnehmer in gut bezahlten Industriejobs, größe ansetzen oder an den Räumlichkei-
blik bringen. Zu loben ist das kreative lich, gilt er für die ganze Branche. sondern für all die Dienstleister der Gesell- ten“, erklärt Giffey. sz  Seite 2
Engagement der Stadt Zwiesel, Nieder- Allerdings gibt es mehrere Vorausset- 60 000 schaft. „Ein Versprechen auf eine Ruhepau-
bayern, die den Maibaum heimlich auf- zungen, damit das Arbeitsministerium se nach der Krise“, sagt sie, „und gleichzei-
stellen lassen will, um Zuschauer zu ver- dies tun kann – unter anderem schreibt 40 000 tig ein Hoffnungsschimmer für die Gastro- Liebe Leserinnen, liebe Leser,
meiden und so das Virus auszutricksen. das Tarifvertragsgesetz einen gemeinsa- nomen, Hoteliers, Veranstalter und Reise- am Freitag, 1. Mai, erscheint die Süddeutsche
Einen Sonderfall bildet, wie so oft, das men Antrag von Arbeitgebern und Ge- 20 000 anbieter. Sie können mit einer großen Zeitung nicht. Die Samstagsausgabe wird unse-
Rheinland. Nicht nur, dass Armin La- werkschaften vor, zustande gekommen in Kundschaft rechnen!“ Ihr schwebt ein Er- ren Lesern wie gewohnt zugestellt. In einigen
schet der Corona-Krise durch eine macht- einem beim Ministerium angesiedelten 0 holungsgutschein bis zu 2000 Euro vor – Gebieten erfolgt die aktuelle Auslieferung der
volle Strategie entgegentritt, die sich mit „Tarifausschuss“. Mit anderen Worten, 15.3. 22.3. 29.3. 5.4. 12.4. 19.4. 29.4. und damit fast so viel wie die 2500 Euro Ab- Zeitung aus Vertriebsgründen per Post.
dem von der kölschen Band Bläck Fööss die Arbeitgeber können ihn verhindern. SZ-Grafik; Quellen: Landesbehörden/RKI/SZ; Stand: 29.4., 16 Uhr wrackprämie, die es während der Wirt-
formulierten Motto „Drink doch ene met, Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer schaftskrise vor elf Jahren gab.
stell disch nit esu ann“ zusammenfassen Dax ▲ Dow ▲ Euro ▲
lässt. Im Rheinland stellen die Junggesel- Xetra 17 Uhr N.Y. 17 Uhr 17 Uhr
len die Maibäume vor dem Fenster ihrer
Herzensdame auf. Legendäre Heldenta-
ten wurden im Lande Siegfrieds schon
Regierung will Immunitätsausweis einführen 11022 Punkte
+ 2,10%
24540 Punkte
+ 1,82%
1,0852 US-$
+ 0,0033
vollbracht. Einst stießen Burschen mit Corona-Genesene könnten Sonderrechte erhalten. Voraussetzung ist der Nachweis, dass sie nicht ansteckend sind DAS WETTER
Schlauchbooten und einer Birke im
Schlepptau in den reißenden Strom, um Berlin – Die Bundesregierung plant, ten. Als Beispiel nannte er Beschäftigte im genehmigung zu bekommen. Angesichts dieses Recht nur auf „Krankheiten, die
den Baum auf der Insel Nonnenwerth auf- einen Corona-Immunitätsausweis einzu- Gesundheitswesen. Im Gesetz heißt es, der weitreichenden Kontaktverbote zur durch Schutzimpfung verhütet werden
zustellen, wo sich ein Mädchenpensionat
befand. Jetzt haben die Forstämter den
führen, der ähnlich wie der Impfpass nach-
weisen könnte, dass eine Covid-19-Er-
aus einer Immunität könnten „weitrei-
chende Schlüsse für den weiteren Um-
Eindämmung der Pandemie in den ver-
gangenen Monaten könnte dies ein Hin-
können“. Nun könnten selbst HIV-Infekti-
onen oder Hepatitis unter die neue Rege-
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TAGS 20°/ 4° ▼
NACHTS

Verkauf der Birken eingestellt, um Ver- krankung überstanden ist. Das geht aus gang mit Schutzmaßnahmen und vulnera- weis darauf sein, dass ein Ausweis künftig lung fallen. Die Grünen-Gesundheitspoli-
sammlungen allzu frohsinniger Jung- einem Gesetzentwurf hervor, der am blen Personengruppen gezogen werden“. Sonderrechte mit sich bringen könnte. tikerin Kordula Schulz-Asche nennt diese Verbreitet ziehen dichte Wolkenfelder
männer zu unterbinden. Diesen bleibt Mittwoch im Kabinett beschlossen wur- Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ul- Pläne deshalb „fragwürdig“. vorüber. Im Laufe des Tages gibt es zum
nur zu tun, was die Besten unter ihnen im- de. Voraussetzung für die Einführung In Nordrhein-Westfalen rich Kelber (SPD) sieht die Regelungen In Nordrhein-Westfalen soll unter- Teil kräftige Regenschauer oder kurze
mer getan haben: Mit Axt und Säge aus- eines solchen Dokuments sei jedoch, dass skeptisch: „Bei jeder Form von Immuni- dessen bereits in zwei bis drei Wochen ein Gewitter. Die Höchsttemperaturen er-
ziehen und die Bäume nehmen, wo sie wissenschaftliche Beweise dafür vorlä-
soll schon bald ein tätsnachweisen handelt es sich um Ge- digitaler Immunitätsausweis erprobt wer- reichen 13 bis 20 Grad. In Gewitternähe
sich bieten. Das, Frank Castorf, ist Wider- gen, dass sich Menschen nach einer Probelauf starten sundheitsdaten, die besonders zu schüt- den. Test-Patienten werden dann mithilfe stürmisch.  Seite 14
stand, der die Republik ziert. Corona-Erkrankung nicht wieder anste- zen sind“, sagt er: „Auf keinen Fall dürfen einer App einen Nachweis für ihr Corona-
cken können, sagte Bundesgesundheits- Wie weitreichend diese Konsequenzen solche Daten missbraucht werden oder zu Testergebnis verschlüsselt in einer Daten-
minister Jens Spahn (CDU). Diese habe sein könnten, zeigt eine weitere Passage Diskriminierung führen.“ Laut der Welt- bank abspeichern. Flughäfen, Infrastruk- Die SZ gibt es als App für
TV-/Radioprogramm, Medien 26-28 man bislang noch nicht. Bei dem Gesetz in dem Beschluss. Sie bezieht sich auf das gesundheitsorganisation gebe es zudem turunternehmen und Behörden könnten Tablet und Smartphone:
München · Bayern 32 handele es sich deshalb um eine „vorsorg- Infektionsschutzgesetz, mit dem der noch keinen sicheren Nachweis für eine dann den Teststatus der Person digital sz.de/zeitungsapp
Rätsel & Schach 21 liche Regelung“. Staat Menschen, die ansteckend oder Immunität. überprüfen, erklärt Stephan Noller, der
Traueranzeigen 30 Sollte man zu der Erkenntnis kommen, auch nur „krankheitsverdächtig“ sind, Für die Mitarbeiter von sozialen und die beteiligte Firma Ubirch leitet. Dane- Süddeutsche Zeitung GmbH,
dass Menschen nach einer Erkrankung dazu verpflichten kann, in Quarantäne zu medizinischen Einrichtungen könnte das ben arbeiten weitere Firmen wie Lufthan- Hultschiner Straße 8, 81677 München; Telefon 089/2183-0,
Telefax -9777; redaktion@sueddeutsche.de
immun seien, würde ein Immunitäts- gehen oder „bestimmte Orte oder öffentli- neue Gesetz noch eine andere Folge ha- sa Industry Solutions, die Uniklinik und Anzeigen: Telefon 089/2183-1010 (Immobilien- und
41018 dokument aber „an vielerlei Stellen“ die che Orte nicht oder nur unter bestimmten ben. Laut dem Entwurf sollen Arbeitgeber das Gesundheitsamt der Stadt Köln sowie Mietmarkt), 089/2183-1020 (Motormarkt),
Dinge erleichtern, sagte Spahn. Es sei eine Bedingungen zu betreten“. Künftig soll es hier künftig Kenntnis über alle „über- die Bundesdruckerei am Immunitätspass 089/2183-1030 (Stellenmarkt, weitere Märkte).
Abo-Service: Telefon 089/21 83-80 80, www.sz.de/abo
„Chance“, dass Bürger „unbeschwerter“ möglich sein, in diesem Fall den Immuni- tragbaren Krankheiten“ ihrer Angestell- fürs Smartphone. kristiana ludwig,
A, B, F, GR, I, L, NL, SLO: € 3,90;
4 190655 803500 bestimmten Tätigkeiten nachgehen könn- tätspass vorzulegen, um eine Ausnahme- ten erhalten dürfen. Bislang bezog sich max muth  Seite 4 ES (Kanaren): € 4,00; dkr. 31; £ 3,50; kn 34; SFr. 5,20
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2 THEMA DES TAGES
Seit Mitte März sind Kitas und Kindergärten nun geschlossen. Das wird vorerst so bleiben, vielen
ist die Fortsetzung der Bundesliga wichtiger. Dies seien falsche Prioritäten, meint Familienministerin Giffey
interview: jan heidtmann
und henrike rossbach
S
tatt in ihrem Büro findet das Inter-
view mit Franziska Giffey in ei-
nem Besprechungsraum statt.
Dort ist der Tisch groß genug, um
Abstand zu halten. Als die Minis-
terin den Raum betritt, erzählt sie erst mal,
wie seltsam es für sie immer noch sei, nie-
mandem mehr die Hand zu geben. Sie sei
eigentlich eher ein Händeschüttel-Typ.
SZ: An diesem Donnerstag werden Bund
und Länder über weitere Lockerungen in
der Corona-Krise sprechen. Bislang haben
Kinder und Familien dabei kaum eine Rol-
le gespielt. Wird das dieses Mal anders?
Franziska Giffey: Ich jedenfalls trete für
die Interessen von Kindern und Familien
ein. Wir können nicht in einem Atemzug
den Kindern die Schaukel verwehren und
gleichzeitig darüber nachdenken, wie wir
schnellstmöglich Bundesligaspiele wieder
stattfinden lassen. Wir reden über be-
stimmte Dinge, die den Erwachsenen wich-
tig sind – Baumärkte, Friseure, Geschäfte
–, aber wir müssen auch mehr darüber re-
den, was den Kindern guttut.
Haben Sie auch Druck bei den Kollegen
gemacht?
Ich habe mich zum Beispiel sehr dafür ein-
gesetzt, dass wir mit den Ländern eine ge-
meinsame Positionierung für die schritt-
weise Öffnung der Kitas hinbekommen,
die jetzt in die Beratungen der Kanzlerin
mit den Ministerpräsidenten einfließt.
„Ich erlebe das
jetzt gerade nicht nur
als Ministerin, sondern
auch als Mutter.“
Der Beschluss klingt nach einem Plan, ent-
hält aber nicht einmal ein Datum, wann
die Kitas wieder öffnen.
In einer Pandemie kann man keine verläss-
lichen Zeitpunkte über Wochen und Mona-
te im Voraus nennen, auch wenn sich viele
das wünschen. Die Situation muss von Wo-
che zu Woche neu bewertet werden. Die Ju-
gend- und Familienministerkonferenz hat
jetzt gemeinsam mit uns vier Phasen defi-
niert: von der Notbetreuung, wie sie gera-
de ist, über eine erweiterte Notbetreuung,
einen eingeschränkten Regelbetrieb bis zu-
rück zum vollständigen Regelbetrieb. Wir
haben Gruppen von Kindern und Eltern be-
nannt, die besondere Hilfestellung brau-
chen. Das sind zum Beispiel Kinder mit be-
sonderem Förderbedarf oder die in schwie-
rigen sozialen Verhältnissen leben, Kinder
von erwerbstätigen Alleinerziehenden
oder auch Kinder, die am Übergang zur Vor-
schule oder Schule sind.
War es im Kabinett jemals Thema, dass
sich zwei Erwachsene treffen dürfen, zwei
Kinder das aber nicht können, weil sie mit
Mama oder Papa ja sofort zu dritt wären?
Die Kinder sind diejenigen, die momentan
mit die größten Einschränkungen haben.
Sie dürfen Oma und Opa nicht sehen, sie
dürfen ihre Freunde nicht sehen, sie dür-
fen nicht in die Kita und die Schule und
auch nicht auf den Spielplatz. Und alleine
bewegen dürfen sie sich draußen auch
nicht, zumindest in der Stadt. Das ist The-
ma in vielen Gesprächen, die gerade statt-
finden, auch im Kabinett.
Es wirkt, als stünden Sie als Lobbyistin
der Kinder im Kabinett recht alleine da.
Es wird jetzt einiges in Bewegung kom-
men. Aber man muss schon sagen, am An-
fang dieser für uns alle sehr schwierigen
Krisensituation waren andere Themen
erst einmal prioritär. Auch zu Recht: Wir re-
den da über die großen Kurzarbeitspro-
gramme, die Schutzschirme für Kinder-
und Jugendeinrichtungen oder die Sofort-
hilfen für die Wirtschaft. All das hilft Millio-
nen von Familien in ihrer finanziellen Si-
tuation ganz konkret. Und wir haben den
Notfallkinderzuschlag eingeführt. Der
läuft seit 1. April für Familien mit kleinen
Einkommen und starken Einkommensein-
bußen durch Corona. Wir haben Stand
jetzt 145 000 Anträge, die online eingegan-
gen sind. Ich kann die Ungeduld schon ver-
stehen, die bei den Eltern zunimmt. Ich ha-
be selbst ja auch einen zehnjährigen Sohn
und erlebe das jetzt gerade nicht nur als Mi-
nisterin, sondern auch als Mutter. Aber wir
müssen akzeptieren, dass nicht alles auf
einmal geklärt und gelöst werden kann.
Wird denn Ihre Haltung, dass die Kinder
die größte Last zu tragen haben, in der
Bundesregierung geteilt?
Ich bin da nicht allein. Aber andere Grup-
pen sind eben auch wichtig, zum Beispiel
die älteren Menschen im Pflegeheim oder
diejenigen, die jetzt in der kritischen Infra-
struktur arbeiten. Im ersten Schritt ging es
um den Erhalt der Arbeitsplätze. Das be-
trifft ja auch viele Eltern. Jetzt aber geht es
zunehmend um die Bewegungs- und Ent-
wicklungsmöglichkeiten für Kinder. Ich ha-
be diese Woche mit meiner dänischen
Amtskollegin gesprochen. Dänemark hat
ja einen anderen Weg eingeschlagen und
seit Mitte April Kitas und Grundschulen ge-
öffnet, mit Abstandsregeln und strikten hy-
gienischen Vorschriften. Dort hat man ge-
fragt: Wer braucht die persönliche Betreu-
ung und Anleitung in der Gruppe mit
Gleichaltrigen am dringendsten? Und die
Dänen sind zu dem Schluss gekommen: be-
sonders die Kleinsten. Weil sie sich nicht
selbst beschäftigen können, weil sie nicht
digital lernen können. Wenn Eltern Home-
Office machen, haben sie mit den Kleins-
ten den größten Betreuungsaufwand.
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„Es wird jetzt einiges in Bewegung kommen“: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.
„Darüber reden, was den Kindern guttut“
Die Kleinsten hätten derzeit die größten Einschränkungen, sagt Franziska Giffey. Das müsse sich ändern.
Selbst in Kitas könne man Hygieneregeln durchsetzen – indem man sie spielerisch beibringe
Einen Dreijährigen kannst du nicht ins Zim-
mer setzen und sagen: Spiel mal schön! Au-
ßerdem ist ein Monat in der Entwicklung ei-
nes kleineren Kindes viel bedeutsamer als
das bei einem Teenager der Fall ist.
Warum klappt das in Dänemark, aber
nicht hier?
Wie gut das klappt, muss natürlich erst ab-
gewartet werden. Aber Dänemark ist zum
einen ein kleineres Land als Deutschland.
Zum anderen sind dort 87 Prozent der un-
ter Dreijährigen in einer Kita, in Deutsch-
land sind es gut 34 Prozent. Das ist ein Un-
terschied, auch ein gesellschaftlicher.
In Deutschland wurde der umgekehrte
Weg gewählt: erst die Großen. Da war
eher die epidemiologische Sicht aus-
schlaggebend.
Das ist ja auch ein wichtiger Aspekt! Und
dazu kam eine leistungsorientierte Sicht,
mit Blick auf die Abschlussprüfungen. Bei
der frühkindlichen Bildung dagegen sehen
einige die Notwendigkeit nicht so sehr.
Wenn ich aber abwägen muss, mache ich
erst Bundesligaspiele oder erst Kinder-
spielplatz, und ich komme zu dem Schluss,
ich mache erst Bundesliga – dann sagt das
Bund und Länder einigen sich auf einen Stufenplan zur Kita-Öffnung, allerdings ohne Termine zu nennen
Seit fast sieben Wochen sind die Kinder-
tagesstätten in Deutschland wegen der
Corona-Pandemie nun schon geschlos-
sen. Aufrechterhalten wurde nur ein Not-
betrieb für Kinder, deren Eltern in soge-
nannten systemrelevanten Berufen arbei-
ten. Die Voraussetzungen dafür wurden
vielerorts zuletzt zwar gelockert. Ansons-
ten aber kam von Bund und Ländern bis-
lang nur die Botschaft, dass Kitas bis auf
Weiteres geschlossen bleiben.
Nun aber tut sich etwas. Am Dienstag-
abend teilten die Jugend- und Familien-
ministerkonferenz und das Bundesfamili-
enministerium mit, es gebe einen Be-
schluss, eine Empfehlung für einen „be-
hutsamen und stufenweisen Wiederein-
stieg“ in die Kinderbetreuung. Die Län-
der haben sich auf einen gemeinsamen
Rahmen geeinigt, wie Kitas schrittweise
wieder geöffnet werden können. „Wir
dürfen die Rechte von Kindern und ihre
Entwicklungschancen nicht unangemes-
sen einschränken“, sagte die Hamburger
Familiensenatorin Melanie Leonhard.
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FAMILIEN IN DER CORONA-KRISE
etwas aus über die Prioritätensetzung in ei-
ner Gesellschaft. Und dass ich eine solche
Prioritätensetzung nicht begrüßenswert
finde, ist ja wohl klar.
Sie sind zitiert worden mit der Aussage,
dass Sie ältere Menschen keinesfalls aus-
grenzen wollen.
Auch ältere Menschen sind mündige Bür-
ger. Wenn wir nun darüber diskutieren,
Menschen ab einem bestimmten Alter ka-
tegorisch zu verbieten, bestimmte Dinge
außerhalb ihrer eigenen vier Wände zu tun
– wo ziehen wir die Grenze? Bei 65, 66 oder
70 Jahren? Und dann geht ein älterer
Mensch die Straße entlang – fragen Sie
den: Na, Sie sehen aber schon ganz schön
alt aus, zeigen Sie mal Ihren Ausweis? Und
muss der dann Strafe zahlen? Das geht
doch so nicht.
Die Frage, die dahintersteckt ist doch:
Wie gehen wir bei der nächsten Pandemie
damit um? Wenn man Risikogruppen
nicht herausnehmen und besonders schüt-
zen will, kommt man um den totalen ge-
sellschaftlichen Lockdown nicht herum.
Mit allen Nebenwirkungen, vor denen Sie
ja gerade mit Blick auf die Kinder warnen.
Marathon zur Normalität
Der Plan ist ein vierstufiger: von der
eingeschränkten Notbetreuung über ei-
ne „flexible und stufenweise Erweite-
rung der Notbetreuung“ und einen „ein-
geschränkten Regelbetrieb“ bis hin zum
vollständigen Regelbetrieb. Begleitet wer-
den sollen die Lockerungen „von epide-
miologischen Studien“.
Wann die Einrichtungen öffnen
und wie, das bleibt Ländern
und Kommunen überlassen
Das klingt zwar nach einem ausgeklü-
gelten Plan. Bei genauerer Betrachtung
aber zeigt sich, dass der Beschluss weit
weniger konkret ist, als es auf den ersten
Blick zu sein scheint. So enthält das mehr-
seitige Papier beispielsweise kein Da-
tum, wann mit den verschiedenen Locke-
rungsstufen zu rechnen ist. Die Entschei-
dung darüber soll erst in einer der nächs-
ten Telefonschalten zwischen Bundes-
regierung und Ländern fallen. Allerdings
Nein. Ich argumentiere nicht für ein kom-
plettes Lahmlegen der Gesellschaft. Ich ar-
gumentiere dafür, dass man gefährdete
Gruppen besonders schützt, es ihnen aber
nicht verbietet, das Haus zu verlassen. Wir
müssen an die Eigenverantwortung und
die Vernunft jedes einzelnen Menschen ap-
pellieren. Es ist ein großer Unterschied, ob
ich eine Empfehlung gebe und Schutzmaß-
nahmen einleite, oder ob ich sage, ich
schließe eine gesellschaftliche Gruppe
komplett vom öffentlichen Leben aus.
Aber weil wir das für die Älteren nicht wol-
len, tun wir genau das mit den Kleinsten.
Wenn wir die Älteren schützen, müssen
wir genauso überlegen, was wir für die
Kleinsten tun können, damit deren Bewe-
gungsfreiheit ebenfalls nicht über das
Maß eingeschränkt wird. Deswegen ist
mein Plädoyer: flexible, stufenweise Lö-
sungen.
Aber wie können die konkret aussehen?
Man kann an der Gruppengröße ansetzen
oder an den Räumlichkeiten. Wo findet
frühkindliche Bildung statt? Drinnen oder
draußen? Man kann ansetzen bei der stun-
denweisen Betreuung. Und natürlich an
soll das Papier der Ministerkonferenz die
Grundlage dafür sein. Die nächste
Schalte zwischen Kanzlerin und Minister-
präsidenten ist für diesen Donnerstag an-
gesetzt, eine weitere für den 6. Mai.
Deutlich machen die Landesministeri-
en derweil, dass sich „das Distanzgebot
in der Arbeit mit Kindern im Alter bis zur
Einschulung“ nicht umsetzen lasse. Zu-
dem zeigt ihr Beschluss, dass es wohl zu
unterschiedlichen Regelungen in den
Ländern kommen wird. Es sei zwingend
erforderlich, „die Besonderheiten der ein-
zelnen Länder und der Kommunen“ zu
berücksichtigen. Die Abwägung, „zu wel-
chem konkreten Zeitpunkt“ die nächste
Stufe kommt, liege bei Ländern und Kom-
munen. Bei Infektionsgeschehen und
Krankheitslast bestünden „aktuell erheb-
liche geografische Unterschiede“.
Einig sind sich die Länder darin, dass
die derzeitige Situation ein „schwerer Ein-
schnitt für die Kinder und ihre Familien“
und die Ausweitung der Betreuung eine
„wichtige bildungspolitische Maßnah-
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
FOTO: FLORIAN GAERTNER / PHOTOTHEK.NET /IMAGO
den hygienischen Standards. Klar ist es ei-
ne Herausforderung, wenn Spielzeug regel-
mäßig abgewaschen oder desinfiziert wer-
den muss oder wenn sich die Kinder häufi-
ger als sonst die Hände waschen sollen.
Aber zu sagen, die Kinder sind ja so klein,
die können sich nicht an die Regeln halten
– also solche Totschlagargumente, die wir
jetzt manchmal hören –, da sage ich: Das
kann man ihnen sehr wohl spielerisch bei-
bringen. Wissen Sie, ich kann mich erin-
nern, in meiner Kindheit trugen die Erzie-
herinnen in der Kinderkrippe einen Kittel,
der auch nur dort angezogen wurde. So
dass die Kinder nie in Kontakt kamen mit
der Straßenkleidung der Erzieherinnen.
Es gibt viele unterschiedliche Dinge, die
man tun kann. Auch beim Bringen und Ab-
holen der Kinder. Müssen alle Eltern durch
das Gebäude laufen? Oder kann die Über-
gabe nicht am Eingang stattfinden? Es
geht ja auch um den Gesundheitsschutz
für die Erzieherinnen und Erzieher.
Wie kommt man aus der Zwickmühle
raus, dass Lockerungen zu einem zweiten
Lockdown führen können, der dann wie-
der genau die Gefahren mit sich bringt,
me“ sei. Festgelegt wurde auch, welche
Kinder „vordringlich“ wieder in die Kitas
gehen sollen – soweit es entsprechende
Regelungen nicht ohnehin schon gibt in
den Ländern. Aufgeführt sind etwa Kin-
der „mit besonderem pädagogischen
oder Sprachförderbedarf“ oder solche,
die „in beengten Wohnverhältnissen le-
ben“. Aus Elternperspektive stehen Al-
leinerziehende im Fokus und Eltern, die
in der Daseinsvorsorge arbeiten.
Bundesfamilienministerin Franziska
Giffey (SPD) hat schon mehrfach vor den
Gefahren des Lockdowns gewarnt, etwa
mit Blick auf Gewalt in den Familien. Am
Mittwoch startete sie eine neue Plakat-
kampagne im Rahmen der bestehenden
Initiative „Stärker als Gewalt“. In Zehn-
tausenden Supermärkten sollen Plakate
aufgehängt werden, die über Hilfsange-
bote bei häuslicher Gewalt informieren.
In der Krise gehörten Supermärkte zu
den wenigen öffentlichen Orten, die regel-
mäßig aufgesucht würden, hieß es vom
Ministerium. henrike roßbach
vor denen Sie ja auch gewarnt haben, et-
wa beim Thema Gewalt in der Familie?
Ein Punkt für mich ist schon, jetzt, wo
mehr Testkapazitäten da sind, dass man
sich noch genauer anschaut: Wo ist der Ur-
sprung? Welche gesicherte wissenschaftli-
che Erkenntnis haben wir zu der Frage,
was Kinder für eine Rolle spielen in dieser
Pandemie, wie sie sich anstecken und ande-
re anstecken.
Also ob sie Virenschleudern sind.
Genau. Wenn wir darüber bessere wissen-
schaftliche Erkenntnisse hätten, wäre uns
sehr geholfen. Solange es die nicht gibt,
müssen wir immer vom schlechtesten Fall
ausgehen, und das hat direkte Auswirkung
darauf, inwieweit Kitas wieder schrittwei-
se öffnen können. Mein Ministerium wird
deshalb bis zu fünf Millionen Euro aufwen-
den, um diese Frage erforschen zu lassen,
in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-
Institut und dem Deutschen Jugendinsti-
tut – eventuell auch im Verbund mit ande-
ren Forschungsvorhaben. Nationale und in-
ternationale Studien, die bereits gemacht
wurden oder gerade laufen, sollen in die Be-
wertung einbezogen werden.
Ursprünglich hatten Sie ganz andere Plä-
ne für den Mai: Sie und Raed Saleh, der
Berliner Fraktionsvorsitzende der SPD,
hätten Ende des Monats als Parteivorsit-
zende in Berlin gewählt werden sollen.
Der Parteitag soll nun im September statt-
finden. Glauben Sie noch an Ihre Wahl?
Jetzt müssen wir erst einmal sehen, ob der
überhaupt im September stattfinden
kann. Aber unabhängig von diesem Ter-
min steht meine Entscheidung, dass ich
für meine Stadt Berlin als SPD-Vorsitzen-
de kandidiere.
„Verbrechensbekämpfung
heißt, nicht
nachzulassen,
konsequent zu sein.“
Der Parteivorsitz soll für Sie nur der erste
Schritt auf dem Weg zur Regierenden Bür-
germeisterin sein. Nun hat Berlins Bürger-
meister Michael Müller nicht ausgeschlos-
sen, noch einmal zu kandidieren. Finden
Sie das in Ordnung?
In einer Demokratie ist jeder frei, für ein öf-
fentliches Amt zu kandidieren.
Haben Sie mit Herrn Müller über seine Äu-
ßerungen zu einer weiteren Kandidatur
gesprochen?
Wir haben uns gesehen, um über die Pla-
nungen für den Parteitag zu sprechen. Es
ist doch gut, wenn dem Regierenden Bür-
germeister sein Amt Spaß macht. Freude
an der Arbeit ist eine wesentliche Gelin-
gensbedingung.
Warum sagen Sie hier nicht einfach: Ich
will im nächsten Jahr Bürgermeisterin
von Berlin werden?
Ich liebe meine Stadt Berlin und werde al-
les tun, was mir möglich ist, damit das Rote
Rathaus rot bleibt.
Finden Sie, dass Herr Müller ein guter Re-
gierender Krisenmanager ist?
Er macht das, was ein Ministerpräsident
jetzt tun muss. Es ist ja generell so, dass
sich derzeit in der Politik nahezu alle Betei-
ligten ziemlich auf die Sache konzentrie-
ren. Auch in Berlin zieht die Koalition der-
zeit an einem Strang, das finde ich gut.
In einem Interview sagten Sie, Ihre Ideen
für die Berliner SPD seien „eben Giffey-
Style“. Was bedeutet Giffey-Style?
Eine praxisnahe, bürgerorientierte und
pragmatische Politik. Eine für die große
Mehrheit in der Stadt, nicht nur für die
Fahrradfahrer, aber auch nicht nur für die
Autofahrer. Dazu gehört auch, dass Berlin
eine sichere Stadt ist.
Was heißt das konkret? Schon bei der
Sicherheit ist es doch so, dass viele Innen-
senatoren an den Brennpunkten der Stadt
gescheitert sind: an den Dealern im Görlit-
zer Park, an den radikalen Hausbesetzern
in der Rigaer Straße.
Verbrechensbekämpfung heißt, nicht
nachzulassen, konsequent zu sein, besser
organisiert zu sein als die organisierte Kri-
minalität. Wie das mit Erfolg geht, zeigt
Berlins Innensenator Andreas Geisel gera-
de bei der Clankriminalität. Da hat die Ber-
liner Polizei massiv den Druck erhöht.
Aber ich mache mir auch keine Illusionen
– das ist kein Kampf, der einfach zu gewin-
nen ist. Das gilt für die Clankriminalität ge-
nauso wie für die Brennpunkte in der
Stadt. Dranbleiben mit einer starken Poli-
zei und gut ausgestatteten Ordnungsäm-
tern, ist wichtig.
Im Herbst nächsten Jahres wird in Berlin
gewählt, die Corona-Krise wird dazu füh-
ren, dass sich die Stadt – anders als ge-
plant – massiv verschulden muss. Was ist
Ihre Vision für ein Berlin 2025 unter Spar-
zwängen?
Wir müssen verhindern, dass die Wirt-
schaft einbricht und viele Berlinerinnen
und Berliner arbeitslos werden. Da, finde
ich, gilt für Berlin, was Finanzminister Olaf
Scholz so formuliert hat: „Wir dürfen uns
jetzt nicht in die Krise reinsparen.“ Das
heißt umgekehrt, dass wir alles dafür tun
sollten, die Wirtschaft in der Stadt stark zu
halten.
Ihre Vision für 2025?
Berlin wird auch 2025 eine vielseitige, le-
bendige und attraktive Stadt sein – hoffent-
lich mit deutlich mehr Wohnungen und
weiteren Schritten im Ausbau des öffent-
lichen Nahverkehrs. Sie wird weiter wach-
sen – nicht nur in die Höhe und Dichte,
sondern auch in die Fläche – in die Metro-
polregion Berlin-Brandenburg. Da liegen
die Zukunftschancen.
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
E
rstmal eine Reise zurück, weit
rauf bis fast an die Küste, in eine
andere Welt, eine andere Zeit.
Das Ziel heißt Kutenholz. In die-
ser Gemeinde findet im fernen
Januar des Jahres 2020 etwas statt, was da-
mals noch alltäglich war und heute illuso-
risch ist: eine Begegnung. Es begegnen
sich in der Festhalle Kutenholz Senioren,
Tisch an Tisch sitzen sie, Silberkopf neben
Silberkopf, wie die Hühnereier im Karton.
Hochrisikogruppe ist noch ein Fremdwort
damals. Desinfektionsmittel auf dem
Tisch? Geh wech!
Geboten wird ein Schlagernachmittag
mit allem Drum und Dran, der Komplett-
preis von 56,90 Euro umfasst zwei Gänge
am Buffet und das anschließende Konzert
verschiedener Showstars, schmatzen und
schunkeln in der Gruppe also, der Aperol
Spritz kostet extra. Die Senioren lassen es
krachen und wissen noch nicht, dass es
zum vorerst letzten Mal kracht. Angekün-
digt ist alles, was Stall und Acker an
blutdruckbefeuernden Spezialitäten her-
geben, zarte Rinderrouladen, goldgelbe
Schnitzel, Nackenbraten mit Backobst,
Kroketten, Bratkartoffeln. Dann das Eis-
buffet. Dann die Schlagerstars. Ein Confé-
rencier mit Mikro treibt die Stimmung
dem Siedepunkt entgegen: „Ein Tag hier
ist billiger als ein Tag im Pflegeheim – und
macht mehr Spaß!“
Die Rollatoren ruhen an der Wand, un-
ter der Ehrentafel mit den Kutenholzer
Schützenkönigen.
Warum kommen Sie hierher?, hatte
man vorher einen Zuschauer gefragt, der
vor dem Eingang in der Raucherecke warte-
te, draußen, wo der Schaukasten mit den
Veranstaltungshinweisen und der Her-
forder-Pils-Reklame an der Wand hängt.
Und der Mann mit Spitzbart, Typ pensio-
nierter Kutterkapitän, dachte nach, er
suchte eine gute Antwort und fand die aller-
beste: „Wegen der Erinnerung.“
Bata Illic ist jetzt einer der
allerletzten Zeugen.
Der Top-Act in Kutenholz
In der Halle dann wirft später der Sitz-
nachbar, ausweislich seines auf dem Tisch
deponierten Namensschildes ein Herr
Burfeindt, einen schüchternen Blick ins
herumliegende Programmheft und fragt:
„Glauben Sie, dass Bata Illic wirklich
kommt?“ Er klingt dabei so, als wäre er
überrascht, wenn Bata Illic tatsächlich kä-
me. Bata Illic in Kutenholz. Als käme Pelé
nach Buxtehude.
Bata Illic ist, was den deutschen Schla-
ger angeht, ein Mann der allerersten Stun-
de. Die kosmetische Operation an seinem
Namen ist vergleichsweise klein ausgefal-
len, denn Illic heißt mit bürgerlichem
Namen Ilic, mit einem L. Dagegen klingen
die Künstlernamen anderer alter Stars so,
als wären sie in der Casting-Abteilung für
Pornoproduktionen erfunden worden.
Rex Gildo. Roy Black. Peter Rubin. Mary
Roos. Zum TV-Phänomen wurde die Schla-
gerszene in den späten Sechzigern in der
Hitparade von Dieter Thomas Heck. Wer
sich ein paar Videoschnipsel aus dem Netz
zumutet, erkennt Sänger und Sängerin-
nen, die beim Singen immer das Mikro-
kabel umständlich hinter sich herzogen.
Sie hätten sich jederzeit irgendwo verhed-
dern können, vielleicht sogar in den Bei-
nen der Zuschauer, die Interpreten warte-
ten schließlich mitten im Publikum auf
ihren Einsatz, mitten unter den Leuten.
Wahrscheinlich ist es das, an das viele
sich gern erinnern, wenn sie an die Sechzi-
ger und Siebziger denken, die ja doch Krie-
ge und Atomangst und Terrorismus im
Gepäck hatten. Aber eben auch: ein diffu-
ses Gefühl des Miteinanders, echt erlebt
oder im Fernsehen nachempfunden. Bei
der Mondlandung, in Woodstock, während
der Fußball-WM, im Partykeller.
Noch mal zu Bata Illic in Kutenholz zu
gehen ist wie noch mal mit den Kindern
vor dem Fernseher sitzen bei Alis Kämp-
fen. Oder frisch gebadet im Wohnzimmer
auf die Hitparade zu warten am Samstag-
abend. Heck rief dann, der und der Titel
dürfe nicht wiedergewählt werden, Ausle-
se ist schließlich immer. Aber alles, was
Heck je schnarrte, klang streichelzart im
Vergleich zum Provinzpolitiker von heute,
der darüber nachdenkt, dass man gerade
ums Leben von Alten kämpft, die in einem
halben Jahr sowieso gestorben wären.
Die Hitparade war ein Spiel, spielerisch
wurde das deutsche Publikum mit dem
Fremden in Berührung gebracht. Es traten
auf: die Dänin Gitte Hænning und der
Grieche Costa Cordalis, außerdem Roberto
Blanco, bei dem man nie so richtig wusste,
aus welchem Land genau er eigentlich
stammte. Sein Hit „Ich komm’ zurück nach
Amarillo“ ist nur ein vager Hinweis, denn
auch wer nach Amarillo zurückkommt,
muss nicht unbedingt in Amarillo auf-
gebrochen sein. Rex Gildo sang „Fiesta
Mexikana“, dabei hieß er eigentlich Lud-
wig Franz Hirtreiter und kam aus Strau-
bing in Niederbayern.
Auf dieser in jeder Hitparade neu ausge-
rollten Weltkarte nahm Bata Illic den Platz
des Jugoslawen ein, als Thronfolger gewis-
sermaßen. Als der aus Belgrad eingewan-
derte Sänger Illic aus den Kulissen hervor-
trat, verließ der Belgrader Fußballer und
Teilzeitsänger Petar Radi Radenković
(„Bin i Radi, bin i Keenig“) gerade die Fuß-
ball-Bundesliga.
Das, was da in Kutenholz an diesem
Nachmittag nachgebaut wird, ist ein Tag in
der deutschen Vergangenheit. Man gibt
sich jener Wärme hin, die im Ost-TV dem
„Kessel Buntes“ entströmte, genauso wie
im West-TV dem Bembel aus dem „Blauen
Bock“. Ein Jongleur tritt auf, ein Stimmen-
imitator, ein Mann, der als „ehemaliger
Kopf der singenden Saxophone“ vorge-
stellt wird, was die Leute eher irritiert. Au-
ßerdem Dagmar Frederic, die vom frühe-
ren brandenburgischen Ministerpräsiden-
ten Platzeck mal mit aller Berechtigung die
„Valente des Ostens“ genannt worden ist.
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Wann immer er auftreten darf, tritt der Schlagerheld Bata Illic auf. Sein Publikum ist
auch noch da. Sie sind zusammen alt geworden. Von einem, der gerade in diesen Zeiten merkt,
dass es leichter ist, von der Einsamkeit zu singen, als mit ihr umzugehen
„Ich habe immer gerne auf der Bühne gestanden. Das war meine Rettung.“ Bata Illic daheim in Gräfelfing am Klavier.
Dann kommt endlich Bata Illic. Heck ist
tot und Black ist tot und Breck ist tot,
Freddy Breck, der berühmteste Fliegenträ-
ger Deutschlands, schon lange bevor Karl
Lauterbach jeden Abend auf der Bildfläche
erschien. Bernd Clüver, Renate Kern, Jür-
gen Marcus, Rex Gildo, Manuela: tot. Viele
krank gewesen, verzweifelt, vergessen.
Der Schlager gibt, der Schlager zehrt.
Jetzt ist Bata Illic einer der allerletzten
Zeugen, der Top-Act in Kutenholz, ein
schlanker Mann in einem offenbar auf den
Leib geschneiderten Anzug. Er singt das
Lied, das alle kennen, „Michaela“, seine
Nummer eins von 1972 – und der Schre-
cken jeder leibhaftigen Michaela, die von
Verehrern damit angesungen worden ist.
Mit Michaela kriegt er immer noch alle, so-
gar Herr Burfeindt murmelt den Refrain.
Danach erzählt Illic eine Anekdote von
einer Passantin, die offenbar nicht glau-
ben konnte, dass er tatsächlich noch lebt.
„Ich war gestern bei einem Freund hier in
seinem schönen Modegeschäft, da steht
eine Frau vor dem Laden, schaut mich an
und sagt: Hat man Ihnen schon mal gesagt,
Sie sehen aus wie Bata Illic?“
Der Mensch ist frei, sich auf
jedem Niveau zu amüsieren.
Wenn er nicht in Quarantäne ist
Er ist 80 jetzt. Und mit 80 kann man so
was bringen.
Zwei Wochen später, am 13. Februar,
steht in der Münchner Abendzeitung auf
der ersten Seite: „Corona-Pandemie ist
möglich“. Etwas ist noch nicht da, aber es
wird kommen, unvermeidlich. Als wenn
ein Gewitter bevorsteht, am Himmel zieht
sich’s zu, man spürt den Wind. So ungefähr
ist die Stimmung, als Bata Illic zum Mittag-
essen in den Pschorrhof in Lochham
kommt, Ortsteil der Gemeinde Gräfelfing
bei München, hier wohnt er seit mehr als
vierzig Jahren mit seiner Frau Olga.
Er bestellt das Nackensteak vom
Schwein mit Zwiebeln, und weil die Portion
gewaltig ist, gibt er von seinem Hauptge-
richt gern und ungefragt die Hälfte ab. „Auf
ein Nackensteak mit Bata Illic“ wäre der
Titel einer Gesprächsreihe, die man sofort
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
Träumt weiter
von holger gertz
in Angriff nehmen könnte, denn Illic hat
jede Menge erlebt, er kennt praktischer-
weise auch sämtliche Zeiten noch, Daten,
Orte, Mitmusikanten, er weiß, dass seine
Plattenfirma früher allein 76 000 Juke-
boxen in Gaststätten und Kneipen mit
seiner Single „Mädchen mit den traurigen
Augen“ befüllt hat, aber in seiner Erinne-
rung besteht die Karriere nicht nur aus Tri-
umphen. Einem Schlagersänger hämmert
das Schicksal gern mal die Faust in den
Bauch, gerade einem Schlagersänger.
Irgendwann war die große Zeit des
Schlagers vorbei, die Neue Deutsche Welle
rollte an, sie ironisierte den Schlager. Bata
Illic tingelte trotzdem weiter mit seinen
Schlagern. „Anfang der Achtziger, es war
in Recklinghausen, bei einer Gala. Tolles
Orchester, vielleicht kennen Sie es: Jochen
Brauer Sextett. Ich komme raus, fange an
Diffuses Gefühl des Miteinanders: Die Schlagerstars Bata Illic (r.), Roberto Blanco
und Tony Marshall im quietschbunten Jahr 1974.
zu singen. Aber im Publikum? Keiner regt
sich. Keiner schaut mir zu.“
So ein Nackensteak ist praktisch, weil
man in den Gesprächspausen ausführlich
drauf rumkauen kann. Es ist dann wie
zusammen rauchen früher.
Bata Illic kaut, dann sagt er: „Mein Plat-
tenumsatz ging runter, aber ich habe im-
mer gern auf der Bühne gestanden und
gesungen. Das war meine Rettung.“ Seit-
dem singt er einfach weiter, er ist noch da,
und genügend Leute kommen ja noch. Der
Mensch, wenn er nicht gerade in Quaran-
täne ist natürlich, ist schließlich frei, sich
auf jedem Niveau zu amüsieren. Einige er-
innern sich daran, dass sie mal James
Brown live im Olympia in Paris gesehen ha-
ben, andere erinnern sich an einen Auftritt
des Scheinrussen Ivan Rebroff im Kultur-
kessel von Bad Salzschlirf. Für die einen ist
FOTO: IMAGO IMAGES / UNITED ARCHIVES
DIE SEITE DREI 3
FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGGER
„Madame Butterfly“ der Soundtrack ihres
Lebens, dargebracht natürlich nur von der
Callas. Andere haben anderes in Erinne-
rung, vielleicht sogar „Ach lass mich doch
in deinem Wald dein Oberförster sein“ von
Brachialunterhalter Tony Marshall.
Bata Illic ist ein ruhiger Mensch, ge-
fasst, sanft, sehr freundlich. Er war kurz
Lehrer früher in Belgrad, für Englisch, Itali-
enisch, aber ihm fiel es schwer, die Schüler
zu bändigen. Man kann sich vorstellen,
dass er einen Marienkäfer, der sich ins Stu-
dio verflogen hat, am spitzen Zeigefinger
wieder nach draußen trägt.
Selbst den Ratten im
Dschungelcamp sang er etwas
von Nat King Cole vor
Er hat oft von Schuhen gesungen, „Schu-
he so schwer wie Stein“ und „Ich hab noch
Sand in den Schuhen von Hawaii“. Auch
Roger Willemsen war diese merkwürdige
Fixierung aufgefallen, er schrieb: „Als er
später mit ‚Meine Schuhe, deine Schuhe‘
herauskam, glaubte ich kurzfristig an die
innige Verbindung zwischen Show-
geschäft und Schuhgeschäft.“ Bata Illic hat
auch oft über Einsamkeit gesungen, Schla-
gersänger sind Einsamkeitsexperten. Der
Schlagerproduzent Ralf Bendix hatte mal
einen entsprechenden Ratschlag für sei-
nen Schützling Heino: „Du musst einsam
aussehen!“ Heino bekam einen Rollkragen-
pulli übergezogen und eine Gitarre um den
Hals gehängt, schon sah er einsam aus.
Bata Illic sang verschiedene Lieder über
Einsamkeit, in allerdings sehr unterschied-
licher Textqualität. „Denn wenn du gehst,
dann bin ich nur noch ein Schatten / und
meine Wirklichkeit ist nur noch ein
Schein“, eine schöne Coverversion eines
Songs von Riccardo Fogli. Er sang aber
auch: „Da sah ich ein Mädchen mit trauri-
gen Augen / Sie blickte einsam zu den
Sternen.“
Aber ein Schlagersänger, der von
Einsamkeit singt, ist nicht einsam. Jeden-
falls dann nicht, wenn er singt. Bata Illic
sang bei Weinfesten, in Fernsehsendun-
gen, auf Freilichtbühnen und in Senioren-
zentren, er sang für die Refugees in der
Bayernkaserne, einer Münchner Flücht-
lingsunterkunft, er sang beim legendären
Kulturfestival Gräfelfing, er sang auch im
Dschungelcamp von RTL. Angeblich wuss-
te er nicht, was das für ein Format ist, als er
den Vertrag unterschrieb, aber die Gage
war okay. Der Schlagerkomplize Costa
Cordalis war sogar mal Dschungelkönig ge-
wesen, den hatte er vorher gefragt: „Costa,
bitte hilf mir, was muss ich tun?“ Und Cos-
ta Cordalis sagte: „Bata, sei so, wie du bist.“
In der Dschungelprüfung sang er den
Ratten etwas von Nat King Cole vor und
verließ den Dschungel als Sieger der Her-
zen. Das muss man erst mal hinkriegen.
Als im Pschorrhof das Nackensteak ab-
geräumt ist, sagt Bata Illic, dass die Leute
seiner Generation verbunden sind durch
die Kriegserfahrung. Und wenn er singt,
und die da unten singen mit, dann singen
alle auch immer noch in dem Bewusstsein,
es überstanden zu haben, glaubt er. Und
dass es eine ein Art von Fröhlichkeit gibt,
die sich Jüngeren nicht erschließt.
Er hat seinen Vater verloren im Zweiten
Weltkrieg. Sein Vater wollte eine Tasche ho-
len, die jemand im Haus vergessen hatte,
in dem Moment wurde das Haus zerstört,
eine Bombe, der Vater schwer verletzt, so
erinnert er sich. Der Vater war danach ein
Erloschener und starb ein paar Jahre spä-
ter. Auch deshalb, sagt Bata Illic, ist er weg
aus Jugoslawien, er wollte nicht zum Mili-
tär, „ich habe eine Abneigung gegen alles,
was mit Waffen zu tun hat“. Er ging nach
Deutschland, mit seiner Jazz-Band bekam
er 1963 einen Gastspielvertrag für den ame-
rikanischen Club in Bad Kissingen. Die
Band hieß Grandpa’s Whites, der Club
Twister. So fing die Reise an.
Denn wenn Bata Illic erzählt, erzählt er
von sich als einem Mann auf Reisen, in
seinen Anekdoten ist er immer unterwegs.
„Früher, wo ich jung war, waren immer
200 km/h angesagt. Jetzt fahre ich ein paar
Stunden früher los, dann nehme ich die
Landstraße, und wenn eine alte Kirche da
steht, geh’ ich rein und schau sie an.“
An diesem Tag im Februar hat er ein klei-
nes Apothekentütchen bei sich, „meine
Frau hat eine Erkältung bekommen, wis-
sen Sie, das ist nicht komisch. Im Moment
sind Viren überall.“ Manchmal spricht
man über etwas, aber das größte Thema
versteckt sich in Nebensätzen.
Normalerweise reden ja
gerade alle über die Alten,
die wenigsten mit ihnen
Inzwischen ist auch Bata Illic kein
Reisender mehr. Der Wagen schlummert
vor dem Haus, alle Auftritte gecancelt. Co-
rona war weit weg. Corona war ganz nah.
Der große alte Mann des deutschen Schla-
gers konnte in der Zeitung lesen, dass die
große reife Frau des deutschen Schlagers
Covid-19 hatte, Marianne Rosenberg. Aber
sie hat es gut gepackt.
Ein Anruf also in Gräfelfing, Ende April.
Bata Illic sprudelt, eine schöne Gelegen-
heit, mal etwas zu sagen, als Alter. Norma-
lerweise reden ja alle gerade über die
Alten, die man schützen muss, aber die
Alten selber, was sagen die eigentlich?
Illic streift viele Stimmungen in dem Ge-
spräch, er ist fatalistisch und, nur einen
Satz später, zuversichtlich. Er sucht nach
Vergleichen in der Geschichte, das ist das
Privileg der Alten, vieles irgendwie schon
mal erlebt zu haben. Er geht weit zurück in
seiner Erinnerung, und da, wo er an-
kommt, ist er wieder ein Reisender, und na-
türlich reist er, um Schlager singen zu kön-
nen: „In den Siebzigerjahren gab es eine
Zeit, wo man nicht Auto fahren durfte, es
sei denn, man hatte eine Ausnahmeerlaub-
nis. Da habe ich vom Landratsamt eine Be-
scheinigung bekommen, dass ich zu einem
Engagement fahre. Kein einziges Auto auf
der Autobahn habe ich gesehen, weder in
meiner Richtung noch in der Gegenrich-
tung, das war ein seltsames Gefühl.“
Aber Corona macht keine Ausnahmen
für Sänger. Lothar Wieler, der Chef vom
Robert-Koch-Institut, hat es ja gerade
noch mal hervorgehoben: „Tröpfchen flie-
gen besonders weit beim Singen.“
Bata Illic sagt: „Ich sitze zu Hause am
Klavier, meine Frau hört mir zu und gibt
mir ein bisschen Applaus. Ich bin kein gu-
ter Pianist, aber sie macht das, um mich
aufzumuntern.“ Man hört ihm an, dass er
von der Situation überwältigt ist. Über Ein-
samkeit singen ist einfacher, als ihr ausge-
setzt zu sein. Alle wollen irgendwann raus,
er will auch irgendwann raus, und da drau-
ßen sind bestimmt welche, die auch raus-
wollen, um ihn zu sehen. Und er sehnt sich
nach dem Gefühl, das er mit dem Publi-
kum teilen will: Es überstanden zu haben.
Das Schöne am Schlager ist, dass er Hoff-
nung macht. Mit 17 darf man noch träu-
men, erzählt der Schlager. Und dass immer
immer wieder die Sonne aufgeht.
Bata Illic hat, bei einem früheren Auf-
tritt, mal die Mitglieder einer Band kennen-
gelernt, und sie haben einen Plan gefasst.
„Ob Sie es glauben oder nicht: Irgendwann
im Herbst singe ich mit dieser Band, bei
Hannover“, sagt Illic, vielleicht zwei Lieder
von ihm, aber sonst all die Sachen, die er
früher gesungen hat, als die Reise losging.
Frank Sinatra, Nat King Cole, er hat das ja
alles drauf, von Nat King Cole besonders.
„Ich weiß, wann er Luft holt und wie er
betont. Love hat er viel offener gesungen,
Laaaw, heute singt man es geschlossener.“
Bei Sinatra ist er ein paarmal im Konzert ge-
wesen, in Las Vegas. Man kam eigentlich
nicht mehr an Tickets, aber er hat sich ein
paar seiner eigenen Autogrammkarten ein-
gesteckt, ist zum Tourmanager von Sina-
tra marschiert, hat ihm die Karten gezeigt
und gesagt: „Ich bin ein Sänger aus
Deutschland. Bitte lassen Sie mich rein.“
Der Schlagersänger Bata Illic ist näm-
lich eigentlich nicht nur Schlagersänger.
Im Herbst wird er es den Leuten zeigen,
der Saal wird klein sein, aber vielleicht wer-
den sogar Zuschauer reindürfen.
Er ist 80 jetzt. Und mit 80 darf man noch
träumen.
4 MEINUNG Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

URLAUB UND CORONA

AKTUELLES LEXIKON

Traum Reisen Streaming-Film

Bisher musste ein Film in ei-
nem Kino gelaufen sein, um
von jochen temsch bei den Oscars zugelassen zu
werden – die Filme, welche

D
as Fernweh gehört zu den Produkt heißt Urlaub, ihre wichtigsten die Streamingportale produ-
Deutschen wie ihr Reisepass. Rohstoffe sind der Traum von unbe- zieren, gelten in der Branche als Verwand-
Das Heftchen im bordeauxro- schwerten Tagen, die Vorstellung vom te des Fernsehens, nicht des Kinos. Wenn
ten Einband mit Goldprä- Ausbruch aus dem Alltag und das Verspre- also ein Film der Streaming-Riesen – wie
gung verbrieft ihre Freiheit, chen von Erholung. Für die meisten Deut- zuletzt „The Irishman“ – bei den Oscars
171 Länder ohne Visum besuchen zu kön- schen sind Sonne und Strand, egal in wel- berücksichtigt werden sollte, wurde er
nen. Normalerweise wäre jetzt die ideale chem Land, der imaginäre Raum, in dem im Kino gestartet. Die Academy of Moti-
Zeit auszuschwärmen. Pfingsten naht, Fe- sich diese Urlaubsvorstellungen am bes- on Picture Arts and Sciences will nun für
rien und Feiertage stehen an, die Motoren ten realisieren lassen. Plexiglasboxen für die nächste Oscar-Vergabe 2021 eine ein-
der Reiseindustrie, von der ganze Volks- Badegäste, wie in Italien diskutiert, pas- malige Ausnahme machen, denn wegen
wirtschaften abhängen, würden für ge- sen dazu schlecht. Auch andere Vorschlä- der aktuellen Kinoschließungen muss-
wöhnlich mächtig anspringen. Doch tat- ge wie die Abschaffung der Hotelbuffets, ten viele Filme, die eigentlich auf der Lein-
sächlich wären die meisten Deutschen Ein-Gang-Menüs, die von Kellnern mit wand zu sehen sein sollten, direkt als
schon froh, wenigstens zum Italiener um Schutzmasken in halb leeren Restaurants Streaming gestartet werden. Eine Lein-
die Ecke gehen zu dürfen, um sich bei Spu- serviert werden oder Länderkorridore, wand ist groß, das verändert die Wahr-
mante und Spaghetti ein bisschen aus durch die negativ auf Covid-19 getestete nehmung der Bilder. Spezialeffekte, gro-
Home-Office und sozialer Distanziertheit Gäste in dekontaminierte Feriendomizile ße Schlachtenszenen, Detailreichtum –
hinauszuträumen. Daran wird sich so geschleust werden, erfüllen kaum die An- in der Produktion mit erheblichen Kos-
schnell nichts ändern, nachdem die Bun- forderung der Sorglosigkeit. Sie signalisie- ten verbunden –, wären schwer zu erken-
desregierung ihre weltweite Reisewar- ren aber: Vielleicht wäre eine Auslandsrei- nen, also Verschwendung. Auch Totalen
nung bis 14. Juni verlängert hat und Res- se auf Teufel komm raus doch irgendwie und Nahaufnahmen, die Figuren im Kino
taurantbesuche wie Tourismus auch in- möglich. überlebensgroß erscheinen lassen, ha-
nerhalb Deutschlands weiterhin unter- Bevor jedoch Grenzöffnungen für Ur- ben im kleinen Format eine andere Wir-
sagt sind. Die anhaltenden Einschränkun- lauber in Betracht kommen, muss jedes kung. Schon die Auswertung im Fernse-
gen sind schmerzhaft, aber nötig, solange Land die Seuche in den Griff bekommen. hen hat über die Jahre das Kino verän-
das Virus grassiert. Und selbst wenn es er- Experten erwarten, dass dies in Deutsch- dert, es kam zu einer Inflation der Groß-
laubt wäre, würde jetzt land eher geschieht als an- aufnahmen. Filme, die die Vorführung
wohl kaum jemand in ein derswo. Dann wäre Hei- auf der Leinwand gar nicht mehr aushal-
Land fahren, in dem die La- maturlaub in diesem Jahr sz-zeichnung: wolfgang horsch ten müssen, betrachten viele in der Bran-
ge so angespannt ist wie in das höchste der Gefühle. che als Bedrohung der eigenständigen
Italien oder Spanien. Warum auch nicht. Kunstform Kino. sus
Rustici – Landhäuser – Deutschland ist seit jeher
in der Toskana sind so un- liebstes Urlaubsziel der
erreichbar wie Camping- Die Zeit nach Deutschen. Bayerns Ber- 1. MAI WIRTSCHAFT
plätze an der Ostsee oder der Pandemie bietet ge konkurrieren mit Meck-
die Cook-Inseln im Südpa-
zifik, die sich zur corona-
freien Zone erklärt haben.
eine große Chance.
Wenn der Tourismus
lenburg-Vorpommerns
Ostseeküste um den Titel
der populärsten Ferienre-
Mehr Widerspruch wagen Konsum ist Psychologie
Entlegene Ziele wie dieses sachte wieder gion. Dazwischen gibt es
galten vor der Pandemie hochgefahren wird, noch viel mehr zu entde- von jan heidtmann wenn die Politik ihre Einschränkungen von cerstin gammelin kariert die Idee, die Wirtschaft schnell wie-
als Inbegriff des Luxus. lässt sich den cken in viel weniger be- noch mehr erklärt als bisher schon und der hochzufahren. Denn das bedeutet, wie-

I W
Heute fällt sogar Urlaub suchten Gegenden, sei es n diesem Jahr ist der Tag der Arbeiter- noch mehr überprüft. Dass gerade die irtschaftsminister Peter Altmai- der Handel zu treiben, zu investieren und
auf dem Bauernhof in die- Auswüchsen der in der Eifel, im Thüringer bewegung ein Tag des Stillstands. Verfassungsrichter im Saarland die dorti- er hatte am Mittwoch wahrlich zu produzieren, zu verkaufen. Wieder Um-
se Kategorie. Denn wah- vergangenen Jahre Wald, im Harz oder in der Zum ersten Mal in der Geschichte der ge Ausgangssperre als zu drastisch ver- keine gute Nachricht zu verkün- satz zu machen, setzt aber Zuversicht vor-
rer Luxus ist die Freiheit, gezielt Oberpfalz. Dort braucht Bundesrepublik rufen die Gewerkschaf- warfen, zeigt, wie wichtig es ist, politi- den. Die deutsche Wirtschaft droht in die- aus bei Bürgern und Investoren. Wer Geld
sich frei bewegen zu kön- es keine Plexiglaswände. ten ihre Anhänger nicht zu Groß- sche Entscheidungen auch in diesen Zei- sem Jahr so stark zu schrumpfen wie seit ausgibt, will wissen, wie die Zukunft aus-
nen und entscheiden zu
gegensteuern Gäste haben Platz und fin- demonstrationen auf. Dabei gebe es The- ten zu hinterfragen. Aber es zeigt auch, der Gründung der Bundesrepublik sieht.
dürfen, wohin die Reise den ohne Reservierung men genug. Ganze Wirtschaftszweige dass der Rechtsstaat gut funktioniert. Deutschland nicht. Die Regierung hat vie-
geht, das hat die Krise klar- ein Jahr im Voraus bezahl- müssen um ihre Existenz kämpfen, Hun- le Unternehmen in ein künstliches Koma Die Regierung sollte zuvorderst
gemacht. Alarmzustände, bare Unterkünfte. Zudem derttausende Menschen dürfen nur noch Warum es so wichtig ist, über versetzen lassen müssen, um die Ausbrei-
Ausgehbeschränkungen, gibt es bewährte Urlaubs- wenig arbeiten. Doch die Beschränkun- tung des Virus zu bremsen. Das macht
alles fördern, was das Virus
geschlossene Grenzen formen, die bei einem Neu- gen wegen der Corona-Pandemie ließen
den Umgang mit der nächsten sich jetzt in Zahlen bemerkbar: weniger aus dem Alltag verdrängt
und Quarantänen machen anfang als erste denkbar dem Deutschen Gewerkschaftsbund zu Pandemie offen zu debattieren Umsatz, weniger Jobs, drohende Pleiten.
jeglichen Reisewunsch zunichte. Solange wären: Radreisen, Ferienwohnungen, Recht keine Wahl. Es ist verständlich, dass die Unternehmen Solange das Virus, wenn für viele auch
Corona tobt und zumindest EU-weite Camping oder Hausboote bieten Abstand, Geblieben ist eine krude Mischung an Vor allen Dingen aber muss eine offe- so schnell wie möglich aus dem Tiefschlaf als unsichtbare Gefahr, da ist, werden alle
Lösungen für vernünftigen Tourismus Privatsphäre, halbwegs Sicherheit. Menschen, die trotzdem auf die Straße ne Debatte über den Umgang mit der erwachen wollen. Und niemand zweifelt ihr Geld beisammenhalten. Familien wer-
fehlen, bringt der beste Pass nichts. In der Zeit nach der Corona-Krise liegt wollen. Darunter sind namhafte Rechts- nächsten Pandemie geführt werden – sei wohl daran, dass Regierung wie Oppositi- den kein Auto kaufen, wenn sie nirgend-
Die Reisewarnung für alle touristi- eine Chance. Wenn der Tourismus sachte extremisten und linksradikale Gruppen, es durch die befürchtete zweite Welle on nichts lieber wäre, als genau das zu be- wohin fahren dürfen. Senioren werden
schen Ziele im Ausland ist beispiellos. Sie wieder hochgefahren wird, lässt sich Aus- die für den 1. Mai zum Widerstand gegen oder einen neuartigen Virus. Stattdessen fördern. Wie das aber funktionieren kann, auch dann, wenn sie dürften, kaum verrei-
wird vom Auswärtigen Amt sonst nur zö- wüchsen der vergangenen Jahre gegen- den Staat aufgerufen haben. Dass sie da- arbeiten sich Politiker aller Parteien an ist eine ganz andere Frage. sen, solange das Risiko für sie nicht ganz
gerlich für einzelne, lebensgefährliche steuern, insbesondere der Überfüllung be- bei das Grundgesetz vor sich hertragen, den Äußerungen des Tübinger Oberbür- Die Befürworter der schnellen Öffnung genau einzuschätzen ist. Bürger, die um ih-
Kriegs- und Krisengebiete ausgespro- liebter Orte und den Umweltschäden. ist fadenscheinig. Denn der Lockdown ist germeisters Boris Palmer ab. Der hatte in machen folgende Gleichung auf: Wenn re Existenz bangen, werden ihr Erspartes
chen. Jetzt gilt sie, mindestens, bis kurz Über Bettenkapazitäten, Lizenzen für Feri- für diese Protestierer nur eine Chance, einer tatsächlich sehr verächtlichen Dikti- Bundesregierung und Bundesländer die zusammenhalten. Und zwar so lange, bis
vor Beginn der Sommerferien im ersten enwohnungen, durchdachte Transportlö- ihr zerstörerisches Gesellschaftsver- on das extrem zugespitzt, was auch Bun- Abstandsregeln und andere Restriktio- man sich sicher sein kann, dass Corona
Bundesland, Mecklenburg-Vorpommern. sungen und eine bessere Verteilung der ständnis – als Demokratierettung ver- destagspräsident Wolfgang Schäuble nen lockern, kann die Wirtschaft schnell nachhaltig eingedämmt ist. Erst danach
Der Sommerurlaub im Ausland ist zwar Gäste lässt sich der Andrang justieren. Mit- packt – unter die Leute zu bringen. Sie und die Theologin Margot Käßmann ge- anlaufen. Alles wird wieder gut. Das Pro- kommt die Zuversicht zurück.
offiziell noch nicht abgeschrieben, aber telstreckenflüge zu Busfahrpreisen gehö- freuen sich bereits jetzt auf die krisenhaf- sagt haben: Wir müssen darüber spre- blem ist nur, dass diese Gleichung einen Es spricht nicht für die Wirtschaft, dass
ein Drittel aller Deutschen hat ihn bereits ren ohnehin der Vergangenheit an. Das in ten Zeiten nach Corona, wenn die Wirt- chen, ob es richtig ist, jedes akut bedroh- entscheidenden Faktor ignoriert. Und das ihre Rufe nach staatlichen Hilfen trotz-
storniert oder verschoben. Die anderen jüngster Zeit klare Wasser in den Kanälen schaft lahmt und die Arbeitslosigkeit te Leben zu retten – koste es die Gesell- ist die Zuversicht. Schon Ludwig Erhard, dem immer lauter werden. Warum soll
überlegen, wie lange sie noch damit war- von Venedig oder die plötzlich auffällige steigt. Dann, so die Hoffnung der Extre- schaft, was es wolle. Es ist eine hässliche, der Kanzler des deutschen Wirtschafts- aber der Staat ins Risiko gehen, das Unter-
ten sollen und ob ein Gutschein statt einer Artenvielfalt auf Mallorca zeigen weniger, misten, werden ihnen die Menschen wie- und vor allem eine äußerst schwierige De- wunders, wusste, dass Wirtschaft zur Hälf- nehmen selbst scheuen? Es macht die For-
Rückzahlung akzeptabel wäre. Zwei Drit- dass sich die Natur Touristenorte zurück- der zulaufen, die sie durch ihre eigene batte. Aber sie ist notwendig. Die Reflexe te Psychologie ist. Blicken Unternehmer derung auch nicht glaubwürdiger, wenn
tel der in Deutschland vor allem mittel- erobert, als dass sie trotz des Tourismus Ratlosigkeit in der Pandemie verloren ha- jedoch sind die üblichen: Boris Palmer und Bürger optimistisch in die Zukunft, in- besonders jene laut rufen, die nicht direkt
ständisch organisierten Reisebüros und immer da, aber oft nicht mehr sichtbar ben. Und vermutlich noch einige mehr. wird verdammt, die Diskussion dahinter vestieren und konsumieren sie deutlich vom Lockdown betroffen sind, etwa die
Veranstalter kämpfen um ihre Existenz. war. Das sollte Ansporn sein, mehr politi- Aber es gibt auch Menschen wie die aber bleibt liegen. Das ist zu billig. mehr. Ist der Blick verdüstert, dann sin- Autoindustrie. Die Autohäuser sind geöff-
Bis Ende April meldeten sie Umsatzeinbu- sche Schutzmaßnahmen dafür zu treffen. jüngere Frau bei der „Hygiene-Demo“ Politik, Gesellschaft und jeder Einzel- ken die Umsätze, dann wird entlassen. Die net, die Bänder laufen. Das Wohlergehen
ßen von 4,8 Milliarden Euro. Mehr als dop- Die neuen Abstandsregeln könnten Ur- am vergangenen Samstag auf dem Rosa- ne befinden sich gerade in einem enor- Erhard-Regel gilt selbstverständlich auch der deutschen Hersteller hängt nur be-
pelt so hoch ist die Gesamtsumme, mit lauber dazu inspirieren, an neue Orte, Luxemburg-Platz in Berlin, die sagte, men Lernprozess. Werden daraus nicht jetzt. dingt vom Absatz hierzulande ab; Elektro-
der Branchenriesen wie Lufthansa und nicht nur zu den üblichen Hotspots zu rei- wenn die Freiheit derart eingeschränkt die richtigen Schlüsse gezogen, werden Weil aber völlig unklar ist, inwieweit autos werden bereits subventioniert.
die Tui vom Staat gestützt werden sollen – sen. Auch in der Sächsischen Schweiz werde wie jetzt, müsse man dagegen die Menschen bei der nächsten corona- die Pandemie in absehbarer Zeit das alltäg- Die Bundesregierung ist gut beraten,
eine Hilfe, die zu begrüßen ist, schließlich kann man seine Zehen in Sand stecken. protestieren. Und sie erklärte sehr glaub- ähnlichen Krise zu Tausenden auf die liche Leben bestimmen wird, wäre es fahr- zuvorderst alles zu fördern, was das Virus
sind die Unternehmen nicht selbst ver- Um sich zu erholen und Abstand vom All- haft, mit den versammelten Verschwö- Straße gehen. Und das wäre dann genau lässig, sich jetzt darauf zu konzentrieren, aus dem Alltagsleben verdrängen und Op-
schuldet in die Krise geraten. tag zu gewinnen, muss man keine exoti- rungstheoretikern nichts zu tun zu ha- so richtig, wie es an diesem 1. Mai richtig die Wirtschaft hochzufahren. In der Bevöl- timismus befördern kann. Je schneller sie
Die Tourismusindustrie versteht sich schen Länder abhaken. Die Freiheit, unter- ben. Den Protest dieser Menschen muss ist, den Tag der Arbeit einmal im Home- kerung sitzt die Sorge tief, sich und ande- damit erfolgreich ist, desto schneller wird
darauf, mit Menschen umzugehen. Ihr wegs zu sein, lässt sich besser nutzen. man ernst nehmen. Das gelingt nur, Office zu begehen. re anzustecken. Die Sorge aber konter- überall wieder Umsatz gemacht werden.

FUSSBALL I M M U N I TÄT S A U S W E I S
PROFIL
In der Pflicht Zu simpel Die SPD-Politikerin Eva Högl, 51, hat in A-400M-Militärtransporter sitzen und
HERAUSGEGEBEN VOM SÜDDEUTSCHEN VERLAG
VERTRETEN DURCH DEN HERAUSGEBERRAT

den vergangenen Jahren keine guten Er- sich in die kaputten Winkel des Welt flie- CHEFREDAKTEURE:

G E
erade hat der Sportdirektor des
FC Bayern eine große Transfer-
offensive angekündigt. Zudem be-
schäftigt den Sportdirektor die Vertrags-
verlängerung des Torhüters Neuer, der
sich wohl unfair behandelt fühlt. Um wie
viele Millionen Euro Gehalt es geht? Ist
egal, die eigentliche Frage ist: Können die
Herren nicht einfach die Klappe halten?
Im Mai, so scheint es, dürfen sie wie-
der kicken, die Profis, nachdem auch die
Sportminister Zustimmung signalisiert
haben für Spiele ohne Publikum, unter
strengen Hygieneregeln. Das ist eine gute
Nachricht für die Vereine, von denen vie-
len die Insolvenz droht ohne TV-Geld.
Das ist eine gute Nachricht für viele Men-
schen, die sich nach Ablenkung sehnen in
Corona-Zeiten. Für Millionen Menschen
aber, die um ihre Existenz fürchten, ist
das Privileg für die Profis, wieder arbei-
ten zu dürfen, ein Affront. An diese Men-
schen sollte die Branche jetzt denken.
Fußball ist Showbusiness, und Kultur-
gut. Es kann nicht nur darum gehen, in
ein paar Geisterspielen Fernsehgeld ein-
zusammeln. Die Liga steht in der Pflicht,
die Menschen zu erfreuen und dabei Zei-
chen der Solidarität zu setzen. Die Profis
in Gedanke, wie ihn Gesundheits-
minister Jens Spahn (CDU) formu-
liert hat, mag pragmatisch sein:
Wer eine Corona-Infektion überstan-
den hat, kann wieder gefahrlos arbeiten
und vor allem gefahrlos helfen. Für Ärz-
te oder Polizisten wäre eine solche Er-
kenntnis besonders wichtig. Doch war-
um dann kein Testverfahren genügt,
das lediglich den systemrelevanten Be-
rufen dient, warum es gleich ein Immu-
nitätsdokument für die ganze Bevölke-
rung sein soll – das lässt sich nur durch
einen zweiten Gedanken erklären. Auf
diese Weise könnte man den Bürgern
wieder Schritt für Schritt erlauben, sich
zu treffen und zu konsumieren. Ein Ein-
kaufsbummel in der überfüllten Innen-
stadt? Mit Immunitätspass kein Pro-
blem. Ein Besuch im Konzerthaus? Wer
immun ist, der kann das.
Das Bild, das durch eine solche Zu-
kunftsvision entsteht, ist erschreckend.
Nicht nur, weil es die Gesellschaft spalte-
te in jene, die es hinter sich haben, und
jene, die noch auf ihre Freiheiten ver-
zichten müssen. Sondern auch, weil der
hier gesetzte Anreiz fatal ist: Wenn ein
Immunitätspass zum Freifahrtschein
fahrungen damit gemacht, für einen Spit-
zenposten „im Gespräch“ zu sein. Denn
am Ende blieb die Bundestagsabgeordne-
te doch, was sie war. Das war so bei der
Neuauflage der großen Koalition, damals
hieß es, sie werde jetzt vielleicht Arbeits-
und Sozialministerin. Wurde sie dann
nicht. Als Justizministerin Katarina Bar-
ley, ebenfalls SPD, 2019 ins Europaparla-
ment wechselte, hieß es, jetzt könnte Högl
neue Justizministerin werden. Wurde sie
aber nicht, denn jetzt saß schon in Franzis-
ka Giffey eine Berliner SPD-Politikerin
am Kabinettstisch. Auch in der SPD wird
buchhalterisch gezählt, welcher Landes-
verband wie stark an den Hebeln der
Macht vertreten ist. Und noch eine Berli-
nerin, das sollte nicht sein. So gesehen
dürfte es ein gutes Zeichen sein, dass für
diese Aufgabe Eva Högl bisher wohl nie-
mand auf dem Radar hatte: Wehrbeauf-
tragte des Bundestages.
Högl, Juristin und profilierte Rechts-
und Innenpolitikerin der Fraktion, legt
jetzt doch noch einen bemerkenswerten
Karriereschritt hin. Fraktionschef Rolf
Mützenich will sie als erste sozialdemo-
kratische Frau auf diesem Posten sehen.
Der Bundestag muss der Personalie in ge-
Kurt Kister, Wolfgang Krach
gen lassen, in denen Bundeswehrsolda-
NACHRICHTENCHEFS:
ten helfen, Terroristen abzuwehren und Iris Mayer, Ulrich Schäfer
zähe Friedensprozesse aufrechtzuerhal-
AUSSENPOLITIK: Stefan Kornelius
ten. Dann mag es Högl helfen, in jederlei INNENPOLITIK: Detlef Esslinger (komm.)
Hinsicht von robuster Natur zu sein. SEITE DREI: Alexander Gorkow; Karin Steinberger
INVESTIGATIVE RECHERCHE: Bastian Obermayer,
Sie ist bekannt für ihren Fleiß, ge- Nicolas Richter KULTUR: Andrian Kreye, Sonja Zekri
schätzt für ihre Kompetenz. Sie verteidig- WIRTSCHAFT: Dr. Marc Beise
SPORT: Klaus Hoeltzenbein WISSEN: Dr. Patrick Illinger
te 2017 zum dritten Mal das Direktman- PANORAMA: Felicitas Kock, Michael Neudecker
dat im Wahlkreis Berlin-Mitte für die GESELLSCHAFT UND WOCHENENDE: Christian Mayer,
SPD, auch wenn das der Partei immer Katharina Riehl MEDIEN: Laura Hertreiter
REISE, MOBILITÄT, SONDERTHEMEN: Peter Fahrenholz
mehr Kraft abverlangt. Geboren und auf- MÜNCHEN, REGION UND BAYERN: René Hofmann;
gewachsen ist sie in Osnabrück. 2001 zog Sebastian Beck, Ingrid Fuchs,
Karin Kampwerth, Stefan Simon
sie mit dem Bundesministerium für Ar-
ARTDIRECTOR: Christian Tönsmann; Stefan Dimitrov
Eva beit und Soziales in die Hauptstadt, für
das sie tätig war. In Berlin lebt sie mit ih-
BILD: Jörg Buschmann
CHEFS VOM DIENST: Fabian Heckenberger, Michael König
rem Mann, einem Architekten. Für ein
Högl Kochbuch von Genossen steuerte sie ihr
Grünkohl-Rezept bei, beim Bier bevor-
Die für das jeweilige Ressort an erster Stelle Genannten
sind verantwortliche Redakteure im Sinne des Gesetzes über
die Presse vom 3. Oktober 1949.
ANSCHRIFT DER REDAKTION:
Von robuster zugt sie das herbe. Hultschiner Straße 8, 81677 München, Tel. (089) 21 83-0,
Als SPD-Obfrau im Untersuchungsaus- Nachtruf: 21 83-77 08, Nachrichtenaufnahme: 21 83-481,
Natur und bald schuss zur rechtsextremen Terrorgruppe Fax 21 83-97 77, E-Mail: redaktion@sueddeutsche.de
BERLIN: Nico Fried; Robert Roßmann,
Wehrbeauftragte NSU hat sie an Profil gewonnen. Seither Cerstin Gammelin (Wirtschaft), Französische Str. 48,
ist klar, die SPD hat in ihr eine der fähigs- 10117 Berlin, Tel. (0 30) 26 36 66-0
LEIPZIG: Ulrike Nimz, Hohe Straße 39,
ten Rechts- und Innenpolitikerinnen. Als 04107 Leipzig, Tel. (0 341) 99 39 03 79
Mitglied im Parlamentarischen Kontroll- DÜSSELDORF: Christian Wernicke, Bäckerstr. 2,
40213 Düsseldorf, Tel. (02 11) 54 05 55-0
SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs. gremium, das die Arbeit der Geheimdiens- FRANKFURT: Meike Schreiber, Kleiner Hirschgraben 8,
Der pumpte vorsorglich den Stellenplan te überwacht, hat sie auch Einblicke in die 60311 Frankfurt, Tel. (0 69) 2 99 92 70
HAMBURG: Peter Burghardt, Poststr. 25,
des Wehrbeauftragten auf. Das kaum Bundeswehr bekommen. Der Militäri- 20354 Hamburg, Tel. (0 40) 46 88 31-0
auch nicht gut an. Fraktionschef Mütze- sche Abschirmdienst berichtet dort über KARLSRUHE: Dr. Wolfgang Janisch, Sophienstr. 99,
FOTO: CHRISTIAN SPICKER/IMAGO IMAGES

dürfen den Menschen zeigen, dass sie wis- wird, werden sich viele Menschen be- heimer Wahl zustimmen. Wehrbeauftrag- nich schaute sich daher nach anderen Per- extremistische Bestrebungen innerhalb 76135 Karlsruhe, Tel. (07 21) 84 41 28
STUTTGART: Stefan Mayr, Rotebühlplatz 33,
sen, welche Privilegien sie genießen. wusst anstecken wollen. Das aber wider- te des Bundestages – das heißt: Kummer- sonen um. der Truppe. Högl kennt also schon die 70178 Stuttgart, Tel. (07 11) 24 75 93/94
Aufmerksam wird man verfolgen, wo- spricht der bisherigen Strategie, die Pan- kasten für die Soldatinnen und Soldaten Zwölf Wehrbeauftragte gab es bisher. wunden Punkte der Bundeswehr. Mit Mil- HERAUSGEBERRAT:
hin das Fernsehgeld wandert. In Transfer- demie so stark wie möglich zu verlang- sein, das Parlament bei der Kontrolle der Bis auf ein Mal waren es Männer: Die ers- liardenhilfen versucht die Regierung der- Dr. Johannes Friedmann (Vorsitz);
Dr. Richard Rebmann, Dr. Thomas Schaub
offensiven? Bestimmt auch irgendwann, samen. Streitkräfte unterstützen. Im Moment hat te Frau in diesem Amt war Claire Marien- zeit, die Folgen der Corona-Krise abzumil-
GESCHÄFTSFÜHRER:
so tickt der Profisport. Zunächst aber Nicht zuletzt birgt ein digitaler Immu- Parteikollege Hans-Peter Bartels diese feld-Czesla von der CDU, sie war von 1995 dern. Irgendwann wird gespart werden Stefan Hilscher, Dr. Karl Ulrich
braucht vor allem der Breitensport Hilfe. nitätsausweis auch ein Datenschutzpro- Aufgabe inne. Er hätte gerne weiterge- bis 2000 Wehrbeauftragte. Ihr Sohn, Re- müssen. Wenn das Geld knapp wird, be- ANZEIGEN: Jürgen Maukner (verantwortlich),
Dass Millionen Kinder sich nicht aus- blem. Wer welche Krankheit hat, geht macht und war von sich und seiner Arbeit serveoffizier, sagte damals zu ihr: „Mut- kommt die Bundeswehr das früh zu Anzeigenaufnahme: Tel. (0 89) 21 83-10 10
toben können in ihren Klubs – das ist ein bisher nur Arzt oder Patienten etwas an. so überzeugt, dass er an der Fraktionsspit- ter, jetzt machst du unangekündigte spüren. Spätestens dann, so viel steht ANSCHRIFT DES VERLAGES: Süddeutsche Zeitung GmbH,
Hultschiner Straße 8, 81677 München, Tel. (0 89) 21 83-0
Drama, viel größer als die Finanzsorgen So sollte es auch während der Corona- ze vorbei schon eine zweite Amtszeit ins Truppenbesuche.“ Sollte Högl vom Parla- fest, wird Högl mit vollem Einsatz ge- DRUCK: Süddeutscher Verlag Zeitungsdruck GmbH,
des Profifußballs. josef kelnberger Krise bleiben. kristiana ludwig Auge fasste. Konkurrenz machte ihm der ment gewählt werden, wird sie bald im braucht. mike szymanski Zamdorfer Straße 40, 81677 München
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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Trauergemeinde
Ein guter Freund ist gestorben, der Leichenschmaus
wird zu einem großen Fest des Lebens.
So war das vor Corona, so geht das jetzt nicht mehr
VON KARL-M ARKUS GAUSS
D
ie Pfarr- und Wallfahrtskirche
von Attersee war dicht besetzt,
selbst auf der Orgelempore, wo
die Organistin zum Einzug der
Gläubigen und Ungläubigen spielte, fan-
den die Nachzügler kaum mehr Platz.
Man weiß ja, wenn es jemanden zu begra-
ben gilt, dann sind selbst jene, die mit der
katholischen Kirche nicht viel zu tun ha-
ben möchten, oft dankbar, dass es sie im-
mer noch gibt. Denn sie hat ein bewährtes
Ritual ausgeprägt, das der Verabschie-
dung einen festen Rahmen bietet und
damit auch den Hinterbliebenen in ihrer
Unsicherheit hilft, wie sie das, was nun
geschehen muss und auf sie zukommt, be-
stehen werden. Wenig ist trauriger, als
wenn sich die Besucher eines von religiö-
sem Zeremoniell befreiten Begräbnisses
ratlos anschauen, weil sich keiner über-
legt hat, wie die Sache eigentlich weiter-
gehen könne, ohne in ungestalter, roher
Formlosigkeit zu enden.
Als die Trauergemeinde von der baro-
cken Kirche zum Ortsfriedhof hinüber-
ging, begann es, wie sich das für ein Be-
gräbnis gehört, zu tröpfeln und endlich zu
regnen. Eine Stunde dauerte es, bis alle,
die aus den Gemeinden um den oberöster-
reichischen Attersee, aus Linz und Wien,
halb Österreich und Bayern hierherge-
kommen waren, von der Schaufel nasse
Erde ins Grab geworfen hatten.
Dann zogen sie fünf Häuser weiter, in
das größte Wirtshaus weit und breit. Für
rund 300 Leute waren die Tische gedeckt,
denn Witwe und Kinder hatten herzlich
zum Leichenschmaus gebeten. Ein sol-
cher ist bekanntlich nicht dazu da, dass
ein jeder alleine sitze und die Rindssuppe
und den Tafelspitz mit Röstkartoffeln
und Krensauce traurig für sich verzehre.
Bald wurde es laut und dem Anlass ange-
messen lebendig, die Leute saßen eng bei-
einander und erzählten sich, wie sie den
Verstorbenen kennengelernt und wann
sie ihn zum letzten Mal gesehen hatten, so
reihten sich Anekdoten, wahre und erfun-
dene Geschichten aneinander, deren Held
stets der abwesend Anwesende war.
Er war Dichter, Maler und
einer der Letzten vom alten
Stand der Attersee-Fischer
Das ist jetzt sieben Wochen her, am
nächsten Tag sollte die österreichische Re-
gierung verkünden, welche Einschrän-
kungen sie über das soziale und wirt-
schaftliche Leben des Landes zu verhän-
gen gedenke. Zu diesen gehören neben
den bekannten neuen Regeln, etwa dass
ein jeder Abstand zu seinem Nächsten
wahren solle, einige Verordnungen, die
das Versammlungsrecht betreffen und
auch für Begräbnisse gelten. Längst wis-
sen wir, wie sehr das, was heute angeord-
net wird und wahrscheinlich angebracht
ist, dem widerspricht, was bisher ein Be-
gräbnis ausgemacht hat und uns, den Le-
benden, teuer gewesen ist. Es war das letz-
te Begräbnis alter Zeitrechnung, an dem
ich teilnahm, aber wie alle, die dabei wa-
ren, ahnte ich das damals noch nicht.
Begraben wurde ein ganz besonderer
Mensch. Doch halt, wer wäre das nicht?
Den Anspruch, ein Besonderer, eine Be-
sondere zu sein, darf doch niemandem be-
stritten werden! Hans Eichhorn war aller-
dings ein Besonderer auf seine besondere
Weise. Er war Dichter, Maler – und Berufs-
fischer, einer der Letzten vom alten Stand
der Attersee-Fischer. Mehr als drei Jahr-
zehnte lang hat er von der Fischerei ge-
lebt, bei jedem Wetter ist er auf den See
hinausgefahren, um Fische zu fangen, die
er an die Hotels und Restaurants der
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Gegend und etliche private Stammkunden
verkaufte. Ich hatte das Privileg, von ihm
zweimal mitgenommen zu werden auf sei-
nem Fischerboot, und damals lernte ich
das Staunen darüber, dass die ebene, eintö-
nig gleiche Fläche, als der sich mir der See
darbot, für ihn eine abwechslungsreiche
Landschaft aus Wasser war. Hier war das
Wasser dunkler, weil wir in diesem ohne-
dies tiefen See seine tiefste Stelle passier-
ten, dort war dieser besonders kalt, wegen
einer Strömung, die ihn querte, und drü-
ben schaukelten stärkere Wellen, deren
Kraft zu unterschätzen mancher Schwim-
mer mit dem Tod bezahlt hat.
Es war ein Begräbnis
nach alter Weise,
das ihm gefallen hätte
Mit seinem See hat Eichhorn nie ab-
geschlossen. In Hunderten Gedichten hat
er seine ewige Präsenz beschrieben, in
Hunderten Bildern seine stete Verände-
rung festgehalten. Gedichte, Erzählun-
gen, Notate, Minidramen hat er verfasst
und weit über dreißig Bücher veröffent-
licht, in großen, kleinen, ganz kleinen Ver-
lagen. Er hatte einen bodenständigen Be-
ruf – wenn dieses Wort für das Element
des Wassers zulässig wäre – und verfasste
doch eine höchst artifizielle Literatur. Er
war ein Fischer, der Verse schrieb, die sich
erst in der langsamen Lektüre erschlie-
ßen, und ein Dichter, der sich selbst zu
den sogenannten kleinen Leuten zählte.
Als „Sohn eines Kleinhäuslers und Fi-
schers“ hat er sich vorgestellt, als er im
letzten Herbst den Georg-Trakl-Preis, ei-
ne der renommiertesten Auszeichnungen
für Lyrik im deutschen Sprachraum, er-
hielt. Es war ergreifend, den robusten
Mann auf Haut und Knochen abgemagert
zu sehen, nach jahrelanger Erkrankung,
der er, das tägliche Arbeiten von früh auf
gewöhnt, den Wunsch und den Willen ent-
gegensetzte, auch weiterhin Bücher zu ver-
öffentlichen und fast bis zu seinem letz-
ten Tag zu schreiben und zu malen. Ergrei-
fender noch war es, seine mit fester Stim-
me vorgetragene Dankesrede zu hören.
Zum Studium war er einst nach Salzburg
gezogen, in die Stadt Georg Trakls, der er
sich nicht gewachsen fühlte. Nichts ande-
res sei ihm damals übrig geblieben, als
dichtend dem „allseits drohenden Schei-
tern wenigstens eine eigene Sprache abzu-
trotzen, in der für Augenblicke Scheitern
und Versöhnung gleichzeitig möglich wä-
ren“. Bescheiden und selbstbewusst zu-
gleich stand er auf dem Podium, beschei-
den und selbstbewusst, freundlich und be-
gabt mit einem verschmitzten Humor ist
er durchs Leben gegangen.
Es war ein Begräbnis nach alter Weise,
das ihm gefallen hätte. Da kamen Leute
von überall und aus der Gegend um den At-
tersee zusammen, Gescheiterte und Er-
folgreiche, Bauern und Bohemiens, die
ganze soziale Sippschaft eines Lebens. Es
war, wie es sein soll: Ein Begräbnis ist kei-
ne intime Verabschiedung, bei der jeder in
seine eigene Trauer versinken mag, son-
dern ein Tribut an den Toten, zu dem sich
ganz verschiedene Menschen für kurz zur
Gemeinschaft vereinen. Was mir nicht
aus dem Sinn geht: Mein verstorbener
Freund, hat er sich ausmalen können, was
seither mit uns geschehen ist?
Karl-Markus Gauß ist
österreichischer
Schriftsteller und Essayist.
Er lebt in Salzburg.
Nicht vergessen: am 10. Mai ist
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STEINKES ANSICHTEN
Epochales Risiko
China will die Pandemie nutzen, um seine
Macht auszubauen. Europa muss sich dagegen wehren.
Alles andere wäre naiv
VON ANDERS FOGH R ASMU SSEN
E
s besteht kein Zweifel daran, dass
China aktuell versucht, die Covid-
Krise zu seinem geopolitischen
Vorteil zu nutzen. Während sich
US-Präsident Trump innerhalb seiner
Landesgrenzen zurückzieht und Europa
sich darum bemüht, solidarische Worte in
Taten umzusetzen, bereitet sich China auf
die Zukunft vor. Wir erleben gerade die
erste Phase dieser neuen Zukunft. Positi-
ve PR-Maßnahmen wie der Einsatz von
Experten und Hilfsgütern in Kombination
mit einer Desinformationsoffensive sol-
len helfen, Zweifel am Ursprung des Virus
aufkommen zu lassen. Natürlich brau-
chen wir mehr globale Zusammenarbeit.
Aber Europa darf sich nicht naiv gegen-
über Pekings Entschlossenheit zeigen,
Abhängigkeiten gegenüber schwächeren
Staaten weiter auszudehnen und die West-
allianz zu zerstören.
China setzt dabei auf strategische In-
vestitionen. Die Staaten der EU müssen
sich deshalb jetzt auf einen unvermeidli-
chen Ansturm vorbereiten. Chinas Strate-
gie basiert auf einem entscheidenden Vor-
teil: Lange vor dem Westen wird es den
Gipfel dieser Pandemie überwunden ha-
ben und wieder handlungsfähig sein. Das
Land könnte ein vorübergehender Zu-
fluchtsort für ausländisches Kapital wer-
den, und seine Fabriken werden bald die
Produktion wieder ankurbeln und mögli-
cherweise Produkte auf unsere Märkte
werfen, um unsere zur Untätigkeit ver-
dammten Firmen weiter zu untergraben.
Während sich die meisten europäischen
Staats- und Regierungschefs auf die kom-
menden Stunden konzentrieren müssen,
denkt Peking Jahre voraus. Bedingt durch
unseren kurzfristigen Krisenmodus und
einen depressiven Aktienmarkt riskieren
wir, einen epochalen Fehler zu begehen,
indem wir unsere strategischen Kronjuwe-
len zu einem Schnäppchenpreis an China
verkaufen. Das zeigt ein Blick auf die letz-
te Finanzkrise.
Die chinesischen Investitionen in Euro-
pa verzehnfachten sich von rund zwei Mil-
liarden Euro im Jahr 2009 auf fast 20 Milli-
arden im Jahr 2015. Der Schwerpunkt lag
auf strategischen Investitionen und Priva-
tisierungen in den notleidenden Volks-
wirtschaften der Peripherie der Euro-Zo-
ne – nicht zuletzt in Griechenland, wo Chi-
nas Schifffahrtsriese Cosco den griechi-
schen Hafen von Piräus kaufte. Diese In-
vestition hat entscheidende Konsequen-
zen für ganz Europa. So hat Griechenland
die Verurteilung Chinas durch die EU, un-
ter anderem wegen seines aggressiven
Verhaltens im Südchinesischen Meer und
seiner Menschenrechtsbilanz, mehrfach
blockiert oder verwässert.
Die europäischen Länder
dürfen ihre strategischen
Kronjuwelen nicht verhökern
Peking hat seine Begehrlichkeiten in-
zwischen auf Hightech-Unternehmen in
Nordeuropa erweitert, um einen Technolo-
gietransfer nach China zu ermöglichen.
Dazu gehörten der deutsche Roboterher-
steller Kuka und der Netzbetreiber
50Hertz. Langfristig können wir davon
ausgehen, dass sich dieser Eifer weiter auf
Sektoren wie 5G, künstliche Intelligenz
und das industrielle Internet erstreckt.
BILD: ULRIKE STEINKE
Als Reaktion schuf die Europäische Union
2018 eine Plattform für das Investitions-
screening, die bei riskanteren Investitio-
nen Alarm schlagen sollte. Aber die EU
kann bislang nur eingreifen, wenn die öf-
fentliche Ordnung gefährdet wird oder
Unausgewogenes Sozialleben der Missbrauch von EU-Mitteln droht.
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MEINUNG 5
Die Abwehrmöglichkeiten der EU müs-
sen dringend verschärft werden, bevor ih-
re Mitgliedstaaten beginnen können, das
Gleichgewicht ihrer Volkswirtschaften
wiederherzustellen. Politisch muss dies
von den Regierungen selbst eingeleitet
werden, und einige haben bereits damit
begonnen. Spanien hat ausländische Di-
rektinvestitionen von außerhalb der EU
und der Efta in „strategischen Hauptsek-
toren“ ausgesetzt, wenn die Investition zu
einer Abgabe der Kontrolle ins Ausland
führen könnte oder von einem staatlichen
oder staatlich kontrollierten Unterneh-
men stammt. Deutschland diskutiert ähn-
liche Maßnahmen. Diese Vorreiter sollten
alle EU-Staaten dazu auffordern, ähnliche
Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Schutz vor chinesischen
Investitionen ist eine Frage
der Fairness
Das Beispiel Griechenland hat gezeigt,
wie sich die staatliche Einflussnahme Chi-
nas auf nur ein Mitgliedsland auf die ge-
samte Union auswirkt – nicht zuletzt, so-
lange außenpolitische Entscheidungen
der EU einstimmig getroffen werden müs-
sen. Aber Griechenland ist bei Weitem
kein Einzelfall. China wirbt weiterhin mit
seiner 17 + 1-Initiative um Mittel- und Ost-
europa. Bisher ohne konkretes Ergebnis,
aber dies könnte sich leicht ändern, wenn
Peking der einzige Spieler ist, der von Co-
rona geschwächten Ländern eine finanzi-
elle Rettungsleine anbietet. In einigen Bal-
kanstaaten sowie der Ukraine weitet Chi-
na seine strategischen Investitionen be-
reits aus. Beispiele sind Investitionsange-
bote eines chinesischen Unternehmens,
den Hafen nahe Odessa zu modernisieren,
oder eines chinesischen Staatsunterneh-
mens, das Luft- und Raumfahrtunterneh-
men Motor Sich zu übernehmen. Auf dem
westlichen Balkan beteiligen sich chinesi-
sche Firmen an Infrastrukturprojekten
wie einer wichtigen Brücke in Kroatien
und einer Autobahn in Montenegro, die
die Auslandsverschuldung Podgoricas
um 17 Prozent erhöhte.
Als einem nordischen Freihandelsbe-
fürworter fällt es mir nicht leicht, staatli-
che Maßnahmen zum Schutz vor Investiti-
onen und Akquisitionen zu verlangen.
Dies ist jedoch keine Frage des Freihan-
dels, sondern der Fairness. China agiert
wie ein wohlwollender globaler Akteur,
verweigert westlichen Unternehmen und
Investoren jedoch seit Jahren den gleich-
berechtigten Zugang zu seinen Märkten.
Allein im Jahr 2016 stiegen Chinas auslän-
dische Direktinvestitionen in Europa im
Vergleich zu 2015 um 77 Prozent, während
die europäischen Investitionen in China
um 25 Prozent zurückgingen.
Autokraten haben gelernt, die Schwä-
chen offener liberaler Gesellschaften zu
nutzen. Ich weiß, dass es vielen europäi-
schen Staats- und Regierungschefs in Kri-
sen wie der aktuellen Pandemie schier an
Kapazitäten mangelt, um über das Unmit-
telbare hinauszudenken. Doch die Erde
wird stündlich umgestaltet, und wir alle
müssen mit den langfristigen Folgen le-
ben. Deshalb ist es unerlässlich, dass Euro-
pa jetzt einen Kurswechsel unternimmt –
um zu verhindern, dass der Westen schlaf-
wandelnd in die ökonomische Falle einer
kommunistischen Diktatur tappt.
Anders Fogh Rasmussen, 67, ist Gründer und Vor-
sitzender der Stiftung Alliance of Democracies
und CEO der Beratungsfirma Rasmussen Global.
Er war Ministerpräsident von Dänemark und von
2009 bis 2014 Nato-Generalsekretär.
seit 15 Jahren
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Ein Unternehmen der
WEKO Wohnen Rosenheim
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Am Gittersbach 1
83026 Rosenheim
6 POLITIK
von joachim käppner
München – Es gibt solche Tage, an denen
alles zusammenkommt, im Leben wie in
der Politik. Am Mittwoch hagelte es
Rücktrittsforderungen gegen den saar-
ländischen Innenminister Klaus Bouillon
(CDU), der gesagt haben soll, jeder wegen
der Corona-Bestimmungen an der Grenze
abgewiesene Franzose bedeute ein Stück
mehr Schutz für die Saarländer. Offenbar
fühlten sich einige Menschen im Saarland,
das mit dem Nachbarland intensiv ver-
netzt ist, an eine „Wacht am Rhein“-Rheto-
rik erinnert. Saarbrückens Oberbürger-
meister Uwe Conradt (CDU) sprach von
einem schweren Schaden für das deutsch-
französische Verhältnis. Das von einer gro-
ßen Koalition regierte Saarland hatte in Ab-
sprache mit der Bundespolizei nur noch
drei Grenzübergänge offen gelassen.
Der Zorn über Bouillon fällt zusammen
mit einer juristischen Niederlage der Lan-
desregierung, die durchaus Signalwir-
kung in der an Fahrt gewinnenden Debat-
te über einen Corona-Exit hat. Die saarlän-
dischen Bestimmungen gelten als beson-
ders streng, mussten aber nach einer
Entscheidung des Landesverfassungsge-
richtshofs vom Dienstagabend umgehend
gelockert werden. Im Mittelpunkt stand
dabei der „triftige Grund“, der allein seit
dem 21. März das Verlassen der Wohnung
erlaubt und an der Saar besonders eng defi-
niert wurde. Nun aber dürfen sich Eheleu-
In Bayern und Hamburg kippten
Gerichte das Öffnungsverbot für
große Geschäfte
te, Lebenspartner, nahe Verwandte sowie
Geschwister oder Personen, die zusam-
menleben, mit maximal einer weiteren
Person wieder im privaten Raum treffen,
teilte das Gericht mit. Sie müssen aber das
Abstands- und Kontaktreduzierungsge-
bot beobachten. Tun sie das, sei auch das
Verweilen im Freien wieder erlaubt. Ein
Bürger des Saarlandes hatte einen entspre-
chenden Eilantrag gestellt (AZ: Lv 7/20).
Allerdings wollte das Land zum 4. Mai
ohnehin Lockerungen beschließen.
Dennoch ist das Urteil des Verfassungs-
gerichtshofes in Saarbrücken auch über
das kleine Bundesland hinaus von Bedeu-
tung, weil einmal mehr höhere Instanzen
das Gebot der Verhältnismäßigkeit durch-
setzen. Sprich: Nicht alles, was gegen die
Ausbreitung des Coronavirus hilft oder
helfen soll, rechtfertigt die Einschränkung
der Grundrechte. Die Richter erklärten,
„dass aktuell keine belastbaren Gründe
für die uneingeschränkte Fortdauer der
strengen saarländischen Regelung des Ver-
bots des Verlassens der Wohnung mehr
bestehen“. Im März, zu Beginn der Pande-
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Urteile für den Exit
Das Saarland muss nach Gerichtsentscheid die Ausgangsregeln lockern.
Auch in anderen Bundesländern verwerfen Gerichte Corona-Auflagen
Polizisten kontrollieren die Einhaltung der Corona-Regeln in einem Saarbrücker Stadtpark.
mie, seien die Maßnahmen zwar geboten handeln sind. Auch das Bundesverfas-
gewesen. Die mit der Ausgangsbeschrän- sungsgericht hat in Einzelfällen wegen Co-
kung verbundenen Grundrechtseingriffe rona verhängte Verbote kleiner Demons-
müssten allerdings jeden Tag auf ihre Ver- trationen verworfen.
hältnismäßigkeit überprüft werden – dies Am 6. Mai wollen Bund und Länder be-
hat die Landesregierung unterlassen. raten, ob weitere Lockerungen zu verant-
Immer häufiger verwerfen Gerichte Co- worten sind. Die einheitliche Linie, die zu-
rona-Auflagen, in Bayern und Hamburg nächst befolgt werden sollte, ist freilich be-
kippten sie das Öffnungsverbot für große reits Geschichte, von Land zu Land sind
Geschäfte über 800 Quadratmeter. Urteile die Vorschriften höchst unterschiedlich.
stehen noch aus zur Frage, ob Schulen nur Schleswig-Holstein lässt wieder größere
für bestimmte Jahrgangsstufen geöffnet Versammlungen zu. Hessen und Nord-
werden dürfen oder ob alle gleich zu be- rhein-Westfalen erlauben Gottesdienste –
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was Sachsen vorgemacht hatte. Hessen öff-
net sogar wieder Alten- und Pflegeheime
unter gewissen Umständen für Besucher.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmai-
er sprach sich für eine schrittweise Locke-
rung der Kontaktbeschränkungen aus.
Sollten die Erfolge bei der Eindämmung
der Epidemie bleiben, könne es eine „Per-
spektive der Hoffnung für einen wirt-
schaftlichen Neustart geben“, sagte der
CDU-Politiker in Berlin. Er warnte aber:
„Es handelt sich um einen Langstrecken-
lauf.“  Das Streiflicht, Wirtschaft
Maas verlängert Reisewarnung
Beschränkung bis mindestens Mitte Juni – auch die Grenzkontrollen bleiben zunächst
Berlin – Mit Urlaubsreisen ins Ausland
wird es so schnell nichts werden. Am Mitt-
woch verlängerte das Auswärtige Amt die
Reisewarnung für alle Länder der Erde bis
zum 14. Juni. Damit sind alle Hoffnungen
zerstoben, in den Anfang Juni bevorste-
henden Pfingstferien erstmals wieder sor-
genlos kleine Trips ins Ausland unterneh-
men zu können. Außenminister Heiko
Maas sagte, weiterhin müsse „mit starken
und drastischen Einschränkungen im in-
ternationalen Luft- und Reiseverkehr“, so-
wie mit „weltweiten Einreisebeschränkun-
gen, Quarantänemaßnahmen und der Ein-
schränkung des öffentlichen Lebens“ ge-
rechnet werden. Aus diesem Grund gelte
die Reisewarnung „bis auf Weiteres fort,
vorerst bis einschließlich 14. Juni“.
Maas verzichtete darauf, schon jetzt
auf die Sommerferien einzugehen. In eini-
gen Bundesländern beginnen diese am
22. Juni. Allerdings bemühte sich der SPD-
Politiker, mit Blick auf den Sommer nicht
allzu große Hoffnungen zu wecken. Wäh-
rend eines kurzen Auftritts in Berlin sagte
Amtsinhaber übergangen
SPD-Fraktion schlägt Hans-Peter Bartels nicht für das Amt des Wehrbeauftragten vor
Berlin – Die Rechts- und Innenpolitikerin
Eva Högl (SPD) soll neue Wehrbeauftragte
des Bundestages werden. Die SPD-Frakti-
onsführung will nach Informationen der
Süddeutschen Zeitung die 51 Jahre alte
Bundestagsabgeordnete als Nachfolgerin
für Hans-Peter Bartels, ebenfalls SPD, vor-
schlagen. Dessen erste Amtszeit läuft Mit-
te Mai aus. Mit Högl würde zum zweiten
Mal in der Geschichte des Amtes eine Frau
die parlamentarische Kontrolle der Bun-
deswehr begleiten. Von 1995 bis 2000 füll-
te Claire Marienfeld-Czesla von der CDU
diese Aufgabe aus.
Der Wehrbeauftragte, in geheimer
Wahl für fünf Jahre vom Bundestag ge-
wählt, wacht über den Zustand der Bun-
deswehr. Zugleich ist er oder sie Ansprech-
partner für die Soldatinnen und Soldaten
und wird deshalb auch als ihr Anwalt be-
trachtet. Er soll überparteilich agieren
und legt mindestens einmal im Jahr einen
Bericht zur Lage der Truppe vor.
Mit Högl präsentiert die SPD-Fraktions-
führung um ihren Chef Rolf Mützenich ei-
ne Überraschungskandidatin. Amtsinha-
ber Bartels hatte Interesse daran bekun-
det, die Arbeit fortzusetzen. Konkurrenz
um das Amt machte ihm der einflussrei-
che SPD-Haushaltspolitiker Johannes
Kahrs. Der Wettstreit um das Amt hatte
die Fraktion zunehmend in eine missliche
Lage gebracht: Es fiel selbst Bartels' Geg-
nern schwer, starke Argumente gegen ihn
zu finden. Bartels gilt zwar als Einzelgän-
ger. Aber bis ins Lager der Opposition fan-
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
Verstrickt in einen
brisanten Schriftwechsel
Warum Schleswig-Holsteins Innenminister Grote zurücktrat
Hamburg/Kiel – Die Nachricht, hineinge-
tickert in die Corona-Krise, klingt so herr-
lich normal: Der schleswig-holsteinische
Innenminister Hans-Joachim Grote
(CDU) ist zurückgetreten, und das Virus
hat damit gar nichts zu tun. Andererseits
ist genau das natürlich alles andere als nor-
mal. In einer schwierigen Zeit, in der sogar
die Bundes-CDU die Wahl eines neuen Vor-
sitzenden für vorübergehend verzichtbar
erklärt hat, wird die Führung eines Schlüs-
selressorts ausgewechselt? Im Kieler Kabi-
nett von Daniel Günther (CDU), der mit
den Grünen und der FDP regiert, muss et-
was Gravierendes vorgefallen sein.
Grote genießt sogar unter seinen politi-
schen Gegnern eine hohe persönliche Ak-
zeptanz, Lars Harms vom Südschleswig-
schen Wählerverband (SSW) etwa nennt
ihn „einen Leistungsträger dieser Jamai-
ka-Regierung“. SPD-Fraktionschef Ralf
Stegner, früher selbst Innenminister in
Kiel, hatte nie Zweifel an der Integrität sei-
nes Amtsnachfolgers, und er tut sich auch
jetzt schwer damit: „Das muss politisch
aufgeklärt werden“, sagte Stegner. Grote,
64, begründete am Dienstag sein Rück-
trittsgesuch damit, „politischen Schaden
abwenden“ zu wollen. Ministerpräsident
Günther sagte, er habe Grotes Wunsch
„ausdrücklich entsprochen“ – so klingen
als Rücktritte getarnte Rausschmisse.
Schleswig-Holstein verfügt über einen
reichhaltigen Schatz an Affären. Es ist das
Land des Aufstiegs und Falls von Jürgen
Barschel; hier beendete der „Heide-Mör-
der“ per hartnäckiger Stimmenverweige-
rung die Karriere der damaligen Minister-
präsidentin Heide Simonis, und hier muss-
te der einstige CDU-Kronprinz Christian
von Bötticher wegen der Beziehung zu ei-
ner 16-Jährigen alle Ämter sausen lassen.
„Es war schlichtweg Liebe“, schnäuzte er
damals unter Tränen ins Taschentuch.
Die aktuelle Kieler Kabale ist profaner,
aber prekär. Es geht um Ermittlungen we-
gen angeblichen Geheimnisverrats durch
einen Polizeigewerkschafter. Grote, inner-
halb der eher konservativen Nord-CDU
ein liberaler, großstädtisch geprägter frü-
herer Kommunalpolitiker, zu dem auch
die Koalitionspartner Vertrauen fassen
konnten, soll allzu große Nähe zu diesem
Polizeibeamten und dessen Kontakt-
mann in der Kieler Presse gehabt haben.
Vor allem aber soll er über die Intensität
dieser Liaison gelogen haben, wodurch
der Vertrauensverlust erklärbar würde,
den Günther am Dienstag beklagt hatte.
Maas, niemand könne jetzt schon verspre-
chen, dass die Warnung nach dem 14. Juni
aufgehoben werden könne. Er sei nun im
Gespräch mit seinen Kollegen in anderen
EU-Staaten. Maas möchte eine gemeinsa-
me europäische Lösung erreichen. Aber
da die Pandemie in den verschiedenen EU-
Staaten teilweise sehr unterschiedliche
Verläufe nähme, könne es künftig auch
Differenzierungen bei der Reisewarnung
geben, hieß es.
Das Instrument der Reisewarnung galt
in der Vergangenheit vor allem für Bürger-
kriegsstaaten wie Jemen, Afghanistan
oder Syrien, weil dort direkte Bedrohun-
gen für Leib und Leben der Menschen kon-
statiert wurden. Mit der Pandemie-Krise
hat sich das geändert, weil nun selbst in be-
freundeten demokratischen Staaten direk-
te Gefahren für die Gesundheit herrschen.
Einen Vorteil immerhin hat die Verlänge-
rung der Reisewarnung: Sie verschafft
rechtliche Klarheit. Menschen, die im Zeit-
raum bis Mitte Juni Reisen gebucht hat-
ten, können sie jetzt kostenlos stornieren.
Hans-Peter Bartels wird für seine Arbeit
auch von der Opposition geschätzt. DPA
den sich Unterstützer für ihn und seine Ar-
beit. Mit der Rolle als Kummerkasten hat-
te er sich nie begnügt, Bartels hatte sich im-
mer auch in die großen politischen Debat-
ten über die Zukunft der Bundeswehr ein-
geschaltet. Kahrs wird zwar eine größere
politische Durchschlagskraft nachgesagt.
Als Haushaltspolitiker hatte er aber am
Amtsinhaber vorbei zusätzliche Stellen
für den Wehrbeauftragten organisiert.
Dies kam in den eigenen Reihen so an, als
sei er sich schon sicher, nächster Wehrbe-
Der Ministerpräsident sagte am Mitt-
woch im Innen- und Rechtssauschusses
des Landtags laut dpa, Grotes Angaben zu
seiner Kommunikation mit dem Polizis-
ten und einem Journalisten hätten sich
„als unwahr herausgestellt“. Er, Günther,
habe am 11. März einen Bericht der Staats-
anwaltschaft erhalten. Einen solchen Be-
stra-Bericht erstellen Ermittlungsbehör-
den in der Regel dann, wenn sie bei ihren
Ermittlungen auf Namen von hochrangi-
gen Politikern, etwa Kabinettsmitglie-
dern, stoßen. Laut Günther hatte die
Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlun-
gen gegen den Polizisten dessen Mobiltele-
fon beschlagnahmt und ausgewertet.
Laut Günther hätten der Journalist und
der Beamte in ihren Whatsapp-Chats „gro-
ße Nähe zum Minister“ erweckt, auch sei
der Eindruck entstanden, „dass es einen
regen Schriftwechsel gegeben hat“.
Der CDU-Politiker Hans-Joa-
chim Grote. FOTO: DPA
Günther und Grote haben, zeitverzö-
gert wegen Corona, wohl am 14. April über
diese Erkenntnisse gesprochen, der Innen-
minister dabei einen Schriftverkehr mit
dem Journalisten angeblich bestritten.
Doch inzwischen sei klar, so Günther am
Mittwoch, dass es einen „vertrauten und
persönlichen“ Whatsapp-Verkehr Grotes
mit dem Journalisten und dem Polizisten
über Dinge gegeben habe, die das politi-
sche Geschäft beträfen. Am 21. April soll
Günther einen zweiten Bericht der Kieler
Staatsanwaltschaft erhalten haben.
Nun steht Grote, bis Dienstag noch
hochgeachtet, plötzlich als Verräter und
Lügner da. Seine Amtsgeschäfte über-
nimmt die bisherige Justizministerin Sabi-
ne Sütterlin-Waack, deren Posten wieder-
um fällt vermutlich an Claus Christian
Claussen (beide CDU). ralf wiegand
Bundesinnenminister Horst Seehofer
kündigte am Mittwoch eine Verlängerung
der Grenzkontrollen bis Mitte Mai an. Rei-
sewarnung und Grenzkontrollen haben
formal nichts miteinander zu tun. Beide
aber wirken bei der Reisebeschränkung in
Europa zusammen. Das gilt für Einreisebe-
schränkungen in EU-Nachbarstaaten ge-
nauso wie für Quarantänebestimmungen
in Deutschland für alle, die nach Auslands-
reisen zurückkehren. Seehofer strebt ei-
nen Beschluss über die Verlängerung der
in Deutschland geltenden Grenzkontrol-
len schon in der nächsten Sitzung des Coro-
na-Kabinetts am Donnerstag an.
Die Grenzkontrollen wurden Mitte
März eingeführt; seither werden die Gren-
zen zu Österreich, Luxemburg, Dänemark
und der Schweiz überwacht. Wie Tschechi-
en, Polen und Belgien hatten diese Staaten
ihrerseits Mitte März Kontrollen an den
Grenzen nach Deutschland eingeführt.
Berlins Ziel ist es, bis Mitte Mai die Einzel-
beschlüsse durch ein gemeinsames Vorge-
hen der EU zu ersetzen. stefan braun
auftragter zu werden. Mit Högl präsen-
tiert Mützenich nun eine Kandidatin, die
bislang niemand auf dem Schirm gehabt
haben dürfte. Högl, geboren in Osna-
brück, gehört der Berliner SPD an und
kam 2009 in den Bundestag. Die Juristin
stieg zu den profiliertesten Rechts- und In-
nenpolitikern der SPD auf, ist Fraktionsvi-
ze und wird für ihren Fleiß und ihre Kom-
petenz geschätzt. Über ihre Arbeit im Par-
lamentarischen Kontrollgremium, das die
Geheimdienste überwacht, hat sie immer
mal wieder mit Extremismusfällen in der
Bundeswehr zu tun. Die Fraktionsspitze
verfolgt mit Sorge, welchen Zuspruch die
in Teilen rassistische AfD auch in der Bun-
deswehr erfährt und möchte dieser Ent-
wicklung mit der Personalie klar etwas
entgegensetzen.
Spannend dürfte sein, wie die Union als
Koalitionspartner auf diesen Personalvor-
schlag reagiert. Dort gab es Signale, mit
Bartels weitermachen zu wollen oder, an-
dernfalls, das Amt für einen eigenen Kan-
didaten zu beanspruchen.
Högl wäre als Wehrbeauftragte nicht
mehr Mitglied des Bundestags. Mit ihrem
Weggang müssten die Sozialdemokraten
den zweiten Experten in kurzer Zeit zie-
hen lassen. Erst im Oktober hat der lang-
jährige Abgeordnete Burkhard Lischka,
ebenfalls ein profilierter Innenpolitiker,
den Bundestag verlassen, um in Sachsen-
Anhalt Notar zu werden. Als Högls Nachfol-
ger in der Fraktion wird Dirk Wiese gehan-
delt. mike szymanski  Seite 4
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Mord-Anklage
im Fall Lübcke
Stephan E. habe „öffentlich
beachtetes Fanal“ setzen wollen
Karlsruhe – Generalbundesanwalt Peter
Frank hat den mutmaßlichen Attentäter
des Kasseler Regierungspräsidenten Wal-
ter Lübcke, Stephan E., wegen Mordes an-
geklagt. Dies teilte die Generalbundesan-
waltschaft in Karlsruhe am Mittwoch
mit. Der Mitbeschuldigte Markus H. wur-
de wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
Beiden soll vor dem Oberlandesgericht
(OLG) Frankfurt am Main der Prozess ge-
macht werden. Das OLG muss nun über
die Zulassung der Anklage entscheiden.
Die Ermittler sind überzeugt, dass Ste-
phan E. Lübcke Anfang Juni 2019 nachts
mit einem Kopfschuss aus nächster Nähe
auf dessen Terrasse tötete. „Ausschlagge-
bend für die Tat war die von Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit getragene völ-
kisch-nationalistische Grundhaltung“,
hieß es in der Mitteilung. Der CDU-Politi-
ker hatte sich bei einer Bürgerversamm-
lung 2015 für die Aufnahme von Flüchtlin-
gen eingesetzt, das soll E. aufgebracht ha-
ben. Seither habe er seinen Fremdenhass
zunehmend auch auf Lübcke projiziert.
E. wollte den Politiker laut Bundesanwalt-
schaft für dessen Haltung in der Flücht-
lingspolitik abstrafen. Gleichzeitig habe
er ein „öffentlich beachtetes Fanal gegen
die von ihm abgelehnte gegenwärtige
staatliche Ordnung“ setzen wollen. Der
46-Jährige hatte die Tat zunächst gestan-
den und die Polizei auch zu seinem Waf-
fenlager geführt. Später zog er sein Ge-
ständnis allerdings wieder zurück. Mar-
kus H. war nach den Erkenntnissen der
Ermittler nicht in die konkreten An-
schlagspläne eingeweiht. Er soll es aber
spätestens von Juli 2016 an für möglich
gehalten haben, dass E. einen politischen
Entscheidungsträger töten würde. Dies
habe der 44-Jährige billigend in Kauf ge-
nommen und seinem Bekannten „Zu-
spruch und Sicherheit für dessen Tat“ ver-
mittelt. Laut Bundesanwaltschaft trai-
nierten die beiden Männer im Wald und
in Schützenvereinen gemeinsam das
Schießen und nahmen zusammen an
rechten Demonstrationen teil.
Stephan E. beschuldigt H. inzwischen,
in der Tatnacht mit bei Lübcke gewesen
zu sein. H. sei es auch gewesen, der den
Schuss abgegeben habe – aber aus Verse-
hen. Die Ermittler glauben das nicht. Sie
sind überzeugt, dass E. allein bei Lübcke
war. 2017 und 2018 soll er um die gleiche
Zeit auch schon mit der Waffe zu Lübckes
Haus gefahren sein.
Walter Lübcke wurde am 1. Juni
2019 niedergeschossen. FOTO: DPA
In dem Fall hatte auch ein 64 Jahre al-
ter Waffenhändler mehr als ein halbes
Jahr in Untersuchungshaft gesessen. Von
ihm soll E. 2016 die Tatwaffe bekommen
haben. Die Bundesanwaltschaft hatte
ihm deshalb ebenfalls Beihilfe vorgewor-
fen. Inzwischen ist wegen des großen Zeit-
abstands aber fraglich, ob der Mann da-
mals ahnen konnte, was für eine Tat E. be-
gehen würde. Er ist deshalb wieder frei
und nicht mit angeklagt. Es bestehe kein
hinreichender Tatverdacht, hieß es.
Stephan E. soll sich im Prozess außer-
dem für eine Messerattacke auf einen ira-
kischen Asylbewerber Anfang 2016 ver-
antworten müssen. Diesem war ein Mes-
ser in den Rücken gestochen worden. Die
Ermittler halten ein bei E. sichergestell-
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Eine Mordserie sollte die Bevölkerung verunsichern und den deutschen Staat als schwach vorführen: Plakate mit den Opfern des NSU bei der Einweihung des Denk-
mals für Halit Yozgat, der in seinem Internetcafé in Kassel erschossen wurde.
Ein 3025 Seiten tiefer Abgrund
Fünf Jahre dauerte der Prozess gegen den NSU, nach weiteren zwei Jahren liegt die Urteilsbegründung vor:
Das Dokument einer beispiellosen Mordserie – das erst jetzt auch seine Revision möglich macht
von annette ramelsberger
München – Ganz am Schluss, nach fünf
Jahren, zwei Monaten und sechs Tagen,
hatte Beate Zschäpe ein einziges Mal län-
ger gesprochen. Sie las vom Blatt ab, dass
sie mit der rechten Szene abgeschlossen
habe. Dann appellierte sie an das Gericht:
„Bitte verurteilen Sie mich nicht stellver-
tretend für etwas, was ich weder gewollt
noch getan habe.“ Es waren ihre letzten
Worte, nach 438 Tagen eines Jahrhundert-
prozesses gegen den Nationalsozialisti-
schen Untergrund, kurz NSU. Zschäpes
Worte haben das Gericht offensichtlich völ-
lig unbeeindruckt gelassen.
Der 6. Strafsenat des Oberlandesge-
richts München hat Zschäpe am 11. Ju-
li 2018 zu lebenslanger Haft mit besonde-
rer Schwere der Schuld verurteilt. Nun
kann man nachlesen, wie das Gericht sei-
ne Entscheidung begründet. Es glaubt Bea-
te Zschäpe in wesentlichen Punkten nicht:
nicht, dass sie nur aus Liebe zu ihren Ge-
fährten mit in den Untergrund ging, nicht,
dass sie immer nur im Nachhinein von den
zehn Morden des NSU erfahren hat, nicht,
dass sie die Morde gar nicht wollte. Noch
nicht einmal, dass sie bei ihrer alten Nach-
barin geklingelt hat, kurz bevor sie den Un-
terschlupf des NSU in Zwickau in die Luft
jagte. Dass sie die alte Frau nicht habe tö-
ten wollen, das war Zschäpe sehr wichtig
gewesen. Das Gericht schreibt nun: Zschä-
pe habe auch versucht, die alte Nachbarin
zu töten, ihr Tod sei ihr egal gewesen. Und
Zschäpe sei eine Mörderin – genauso wie
ihre Männer. Obwohl sie nie an den Tator-
ten der zehn Morde, 15 Raubüberfälle und
drei Sprengstoffanschläge dabei war. Das
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Gericht schreibt sogar: Gerade deswegen
war sie schuldig. Aber von vorn.
Fast zwei Jahre hat das Oberlandesge-
richt (OLG) München dafür gebraucht, die
schriftliche Begründung für sein Urteil zu
liefern. Und die ist, wie alles in diesem Mam-
mutverfahren, übergroß: 3025 Seiten, das
sind vier Aktenordner. Das Urteil geht an
die fünf Angeklagten mit ihren 14 Verteidi-
gern, an die mehr als 90 Nebenkläger und
die Bundesanwaltschaft. Auch der Süddeut-
schen Zeitung liegt das Urteil vor.
Erst nun, da diese Begründung vorliegt,
können die Verteidiger der Angeklagten
und die Bundesanwaltschaft ihre Revision
begründen. Erst danach geht das Urteil
zum Bundesgerichtshof. Einer der Ange-
klagten wollte nicht mehr so lange warten:
Carsten S. hat die Revision zurückgenom-
men und seine Haft schon Anfang 2019 an-
getreten. Er dürfte in diesen Tagen frei-
kommen.
Doch das heißt nicht, dass er seine NSU-
Vergangenheit nun los ist. Das Gericht hat
ihm genauso wie den anderen Angeklag-
ten die Kosten für das rund 60 Millionen
teure Verfahren auferlegt – der Senat hät-
te, da Carsten S. zur Tatzeit noch Heran-
wachsender war, davon absehen können.
Das sieht das Jugendgerichtsgesetz vor.
Aber das Gericht will den Mann, der da-
mals die Tatwaffe für neun Morde an den
NSU überbrachte, jeden Monat an seine
Schuld erinnern. Es bestehe die „erziehe-
rische Notwendigkeit, dem Verurteilten
durch regelmäßige Zahlungsverpflichtun-
gen nachhaltig vor Augen zu führen, dass
er für die Folgen seines Tuns einzustehen
hat“, schreibt das Gericht. Er könne ja Pri-
vatinsolvenz anmelden, raten die Richter.
Gutschein im Wert von 476 Euro für das Genießer-
und Wohlfühlhotel Zum Bräu
Für uns ist Heimat kein Ort, Heimat ist ein Gefühl, das wir mit allen Sinnen
erfahren möchten. Bei uns heißt es das Bräu-Gefühl. Von Kurztrips bis zu
ausgiebigen Urlauben: Erleben Sie Ihre persönliche Auszeit.
Ohnehin ist auffällig, wie hart das Ge-
richt diesen Angeklagten anpackt. Obwohl
er zur Aufklärung beigetragen hat, obwohl
er sich glaubhaft von der rechten Szene ge-
löst hat, obwohl selbst die Familien der Op-
fer um Milde für ihn gebeten hatten. Doch
das Gericht glaubt ihm nicht, dass er da-
mals, als er im Auftrag des Rechtsradika-
len Ralf Wohlleben die Mordwaffe an den
NSU überbracht hatte, nicht damit gerech-
net hat, dass Beate Zschäpe, Uwe Mundlos
und Uwe Böhnhardt damit ausländerfeind-
„Die Angeklagte Zschäpe
hat jeweils gemeinschaftlich
und vorsätzlich handelnd
in 10 Fällen einen Menschen
heimtückisch und aus
niedrigen Beweggründen
getötet.“
Aus dem Urteil
liche Morde begehen wollten. Er habe nur
die äußeren Umstände zugegeben, aber
nicht den subjektiven Sachverhalt. „Vor
diesem Hintergrund kann von einer Un-
rechtseinsicht nicht die Rede sein, weil
sich der Angeklagte lediglich ‚moralisch
verantwortlich‘ fühlt“, schreibt das Ge-
richt. Es hat Carsten S. zu drei Jahren Ju-
gendstrafe verurteilt, wegen Beihilfe zum
Mord in neun Fällen.
Aber nun zur Hauptangeklagten, zu Bea-
Heute auf Kaufdown.de
FOTO: REGINA SCHMEKEN
te Zschäpe: Sie sitzt seit einem Jahr in der
Frauenhaftanstalt Chemnitz, mit Blick auf
die grünen Hügel rund um die Stadt. Und
wenn es nach dem Gericht geht, wird sie
dort noch sehr lange bleiben. Denn für die
Richter ist Zschäpe die gleichberechtigte
Mittäterin ihrer Männer, kein armes, ver-
führtes Mädchen, das ihren Freunden
Mundlos und Böhnhardt nur aus Liebe in
den Untergrund gefolgt ist. So ließ sie sich
von ihren späteren Anwälten darstellen,
die Vorgänger hatten ihr zum Schweigen
geraten.
Für das Gericht hat Zschäpe die rassisti-
sche, ausländerfeindliche Grundhaltung
ihrer Männer geteilt, sie hat schon in der
Kameradschaft Jena an Richtungsdiskus-
sionen teilgenommen und sich für den mi-
litanten Weg ausgesprochen sowie dann
auch mit Böhnhardt und Mundlos eine
ganze Reihe von Aktionen gestartet: Droh-
briefe mit Schwarzpulver an Politiker,
Bombenattrappen vor dem Theater Jena
und an einer Autobahnbrücke. Für das Ge-
richt ist es folgerichtig, dass die drei auf
diesem Weg weitergehen wollten. Schon
damals habe Zschäpe ihre Gewaltbereit-
schaft gezeigt, mit der sie ihre ideologi-
schen Ziele durchsetzen wollte, nämlich
eine Staatsform wie die des Nationalsozia-
lismus. Die drei hätten einen „Personen-
verband“ gegründet, aus dem dann der
NSU hervorgegangen ist.
Das Gericht schreibt, Zschäpe habe die
zehn Morde und die Bombenanschläge so-
wie die 15 Raubüberfälle gewollt und ge-
meinsam mit ihren Männern geplant. Sie
habe gemeinsam mit ihnen anhand von
Ausspähnotizen, die sie im ganzen Land ge-
macht haben, die Orte ausgewählt, an de-
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POLITIK 7
nen die Morde geschehen sollten, und so-
mit auch die Opfer. Das Gericht schreibt:
„Die Angeklagte Zschäpe nahm durch ih-
ren Tatbeitrag Einfluss auf die Tatausfüh-
rung, also das ‚ob‘, das ‚wo‘, das ‚wann‘ und
das ‚wie‘, und hatte daher Tatherrschaft.“
Und das Wichtigste: Sie habe den Män-
nern versprochen, sich immer in der Zen-
trale des NSU, in ihrer Wohnung, aufzuhal-
ten, wenn die Männer auf Fahrt zu den An-
schlägen waren. Das sei das „Konzept der
Taten“ gewesen: die Abwesenheit der Män-
ner verschleiern und dann, falls sie gefasst
werden, das Bekennervideo verschicken
und damit die einzelnen Morde erst zu
dem machen, was sie waren: eine Mordse-
rie, die die Bevölkerung verunsichern und
den deutschen Staat als schwach vorfüh-
ren sollte. „Das Interesse der Angeklagten
Zschäpe an der Begehung der jeweiligen
Taten folgt aus der von ihr gemeinsam mit
Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt vertre-
tenen ausländerfeindlichen, antisemiti-
schen und staatsfeindlichen Ideologie.“
Ihr unerwünschte Menschen wie Juden
und Ausländer sollten Deutschland verlas-
sen. Das Gericht sieht Zschäpe als zehnfa-
che Mörderin.
Neun Ermittlungsverfahren
gegen weitere mutmaßliche
Helfer des NSU laufen noch
Ihr Anwalt Wolfgang Stahl zeigt sich er-
staunt über die gerade mal 55 Seiten der
rein rechtlichen Würdigung in dem
3000-Seiten-Urteil, und von diesen Seiten
befassen sich gerade zehn Seiten mit der
Mittäterschaft von Zschäpe, dem wichtigs-
ten Rechtsproblem. „Das ist unfassbar
dünn und ungeeignet“, sagte Stahl der SZ.
In der Beweisaufnahme sei nicht festge-
stellt worden, dass Zschäpe sich immer zu
Hause aufgehalten habe, wenn ihre Ge-
fährten unterwegs waren, auch nichts da-
zu, dass die drei am Tisch saßen und die
Tatorte auswählten. „Woher weiß das der
Senat?“ Stahl nennt es dazu eine „hanebü-
chene Argumentation“, wonach Zschäpe
zum Gelingen der Mordtaten beigetragen
habe, indem sie dafür sorgte, dass die drei
nicht gefasst werden. Das sei in sich nicht
schlüssig. „Selbst wenn Zschäpe nicht zu
Hause gewesen wäre, hätten die beiden ab-
drücken können.“
Auf Kritik, vor allem bei den Nebenklä-
gern, stößt auch die Urteilsbegründung
bei einem anderen Angeklagten, dem Neo-
nazi André E. Er war der engste Vertraute
des NSU-Trios. Er hat ihnen unter seinem
Namen eine Wohnung angemietet und
drei Wohnmobile, mit denen der NSU
Straftaten verübte. Er hat Beate Zschäpe
bei der Flucht geholfen und sie einmal als
seine Frau ausgegeben, als die Polizei ihr
nahegekommen war. Doch diesen Mann,
der auf seinem Bauch die Worte „Die Jew
Die“ (Stirb Jude Stirb) tätowiert hat, hat
das Gericht weitgehend freigesprochen.
Andre E. habe keine näheren Einblicke in
das Leben der drei gehabt. Deshalb sei der
Angeklagte E. „bei lebensnaher Betrach-
tung“ davon ausgegangen, die drei wür-
den „ihren Lebensunterhalt aus grundsätz-
lich erlaubten und nicht schwerstkriminel-
len Quellen bestreiten“, heißt es im Urteil.
Er habe nicht damit rechnen können, dass
seine Freunde die von ihm gemieteten
Wohnmobile für Straftaten verwenden.
Und er habe auch nicht von der verbalen
Ausländerfeindlichkeit darauf schließen
müssen, dass die drei das in die Tat um-
setzen.
Die Bundesanwaltschaft hatte für An-
dré E. zwölf Jahre Haft gefordert, das Ge-
richt hatte zweieinhalb Jahre verkündet
und ihn sofort auf freien Fuß gesetzt. Sei-
ne Kameraden auf der Zuschauertribüne
johlten. Die Bundesanwaltschaft hatte nur
gegen diesen Schuldspruch Revision ange-
kündigt. Sie hielt es am Ende des Prozes-
ses sogar für möglich, dass André E. der
vierte Mann des NSU war.
Vertreter der Nebenklage wie der Kieler
Anwalt Alexander Hoffmann haben die
Bundesanwaltschaft aufgefordert, die Re-
vision ernsthaft weiterzubetreiben. Denn
bleibt das Urteil bestehen, werden auch
die noch anliegenden neun Ermittlungs-
verfahren gegen andere Helfer des NSU ob-
solet. Denn wenn der engste Vertraute des
NSU nichts von den Morden gewusst hat,
dann die anderen erst recht nicht.
8 POLITIK
KURZ GEMELDET
Bischöfe bekennen Schuld
Bonn – Die deutschen katholischen
Bischöfe haben sich zu Verfehlungen
ihrer Vorgänger im Zweiten Weltkrieg
bekannt. „Indem die Bischöfe dem Krieg
kein eindeutiges 'Nein' entgegenstellten,
sondern die meisten von ihnen den Wil-
len zum Durchhalten stärkten, machten
sie sich mitschuldig am Krieg“, heißt es
in einem Wort der Bischofskonferenz
zum Kriegsende vor 75 Jahren. „Auch
gegen die ungeheuerlichen Verbrechen
an den als 'rassenfremd' diskriminierten
und verfolgten Anderen, insbesondere
den Juden, erhob sich in der Kirche in
Deutschland kaum eine Stimme“, so die
Bischöfe. Der Bischofskonferenz-Vorsit-
zende Georg Bätzing nannte das 23-seiti-
ge Papier ein „Schuldbekenntnis“. kna
Weiter Angriffe auf Rohingya
Genf – Eine UN-Diplomatin fordert
Untersuchungen zu Berichten über
Kriegsverbrechen und Verbrechen ge-
gen die Menschlichkeit in Myanmar.
Opfer sei die Minderheit der Rohingya
im Westen des Landes. „Während die
Welt mit der Covid-19-Pandemie be-
schäftigt ist, verschärft das Militär sei-
ne Angriffe im Rakhine-Staat und zielt
auf die Zivilbevölkerung“, erklärte die
scheidende UN-Sonderberichterstat-
terin für Menschenrechte in Myanmar,
Yanghee Lee. Um den Konflikt beenden
zu können, sei es unerlässlich, die Ge-
walt zu untersuchen und die Verantwort-
lichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die
Aktionen des Militärs könnten Kriegs-
verbrechen darstellen. Myanmars Ar-
mee habe sich nie für ihre Taten verant-
worten müssen und agiere weiterhin
straflos, kritisierte Lee. epd
China ruft Volkskongress ein
Peking – Der wegen der Corona-Pande-
mie verschobene chinesische Volkskon-
gress (FOTO: DPA) beginnt am 22. Mai. Das
berichtete Chinas staatliche Nachrichten-
agentur Xinhua am Mittwoch. Tausende
Abgeordnete des Volkskongresses und
Mitglieder der parallel tagenden beraten-
den Konsultativkonferenz kommen
jährlich aus allen Provinzen in die Haupt-
stadt. Eigentlich hätte das in China wich-
tigste politische Ritual des Jahres schon
am 5. März beginnen sollen, es war aber
wegen des Ausbruchs von Covid-19 ver-
schoben worden. Die Abgeordneten des
Volkskongresses sind nicht frei gewählt,
sondern werden alle fünf Jahre von loka-
len Volkskongressen der Provinzen,
autonomen Regionen und Städte sowie
der Volksbefreiungsarmee entsandt.
Alle wichtigen Entscheidungen sind
allerdings vorher in einem engen Füh-
rungszirkel gefallen. dpa
IS-Terroristin verurteilt
Düsseldorf – Eine IS-Terroristin aus
dem nordrhein-westfälischen Oberhau-
sen ist zu fünf Jahren und drei Monaten
Haft verurteilt worden. Das Oberlandes-
gericht sprach sie am Mittwoch wegen
einer Reihe von Straftaten schuldig –
unter anderem wegen Mitgliedschaft in
der Terrormiliz Islamischer Staat. Die
33-Jährige hatte gestanden, als über-
zeugte Salafistin mit ihren drei Kindern
aus dem Ruhrgebiet nach Syrien ins
Herrschaftsgebiet der Terrormiliz Islami-
scher Staat gezogen zu sein. Ihr kleiner
Sohn war laut Bundesanwaltschaft in
Syrien bei einem Raketenangriff ums
Leben gekommen. Die Bundesanwalt-
schaft hatte sieben Jahre Haft beantragt.
Die deutsche Angeklagte habe ihre Kin-
der massiv gefährdet und einer Gewalt-
ideologie ausgesetzt. Die Verteidiger
hatten dreieinhalb Jahre gefordert. Die
Angeklagte sei naiv und leichtgläubig,
habe sich aber nicht absichtlich strafbar
gemacht. dpa
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Erhöhtes maritimes Verkehrsaufkommen: Neben chinesischen Schiffen zeigen im Südchinesischen Meer etwa auch die USA und Australien Präsenz.
Im Windschatten des Virus
Während die Kräfte vieler Nachbarstaaten im Kampf gegen Corona an Land gebunden sind, versucht Peking,
im Südchinesischen Meer Fakten zu schaffen – mit neuen Verwaltungsbezirken und Seemanövern
von lea deuber und arne perras
München/Singapur – Von der Einrich-
tung zweier neuer Verwaltungsbezirke
der chinesischen Stadt Sansha Mitte April
hätte niemand in der Welt Notiz genom-
men, wäre ihre Lage nicht so besonders.
Sie heißen Xisha und Nansha und sind mit-
ten im Südchinesischen Meer zu finden,
900 km südöstlich der chinesischen Insel
Hainan. Einwohner gibt es dort kaum, nur
ein paar Hundert Soldaten der chinesi-
schen Armee. Geht es nach Peking, ist
Sansha kein unbedeutender Vorposten,
sondern chinesisches Kernland. Jeder
„Zweifel an Chinas Souveränität und Be-
sitz“ in der Region oder jeglicher Versuch
der Durchsetzung „illegaler Ansprüche“
sei unwirksam und zum Scheitern verur-
teilt, machte Peking deutlich.
Die Schaffung der Verwaltungsbezirke
ist mehr als eine Formsache, sie zeigt, mit
welchen Mitteln China darangeht, seinen
Souveränitätsanspruch über die umstrit-
tenen maritimen Gebiete zu festigen. US-
Außenminister Mike Pompeo warf Peking
vergangene Woche vor, die Corona-Krise
auszunutzen. „Die USA lehnen Chinas
Gängelei entschieden ab.“ Während sich
die USA und China auf internationaler
Bühne fast täglich neue Duelle um Schuld
und Verantwortung in der Pandemie lie-
fern, nehmen die militärischen Spannun-
gen zwischen beiden Ländern im Südchi-
nesischen Meer zu. Am Dienstag erreichte
ein US-Kriegsschiff die Region um die Pa-
racel-Inseln. Peking erklärte darauf, das
Schiff sei ohne Genehmigung in chinesi-
sche Gewässer eingedrungen. Es seien be-
reits Flugzeuge und Schiffe entsandt, die
das US-Schiff beobachten und warnen sol-
len, die Region wieder zu verlassen. Die
USA hätten internationales Recht und Sou-
veränität Chinas ernsthaft verletzt, so ein
Sprecher in Peking.
Der neu gegründete Distrikt Nansha
soll die Inseln, Riffe und das Seegebiet um
die Spratly-Inseln verwalten. Nansha ist
der chinesische Name für die Inselgruppe.
Der zweite Distrikt Xisha soll neben den
Paracel-Inseln auch die Macclesfield-
Bank umfassen, genannt Zhongsha. Hier
handelt es sich nicht einmal um Inseln,
sondern vielmehr um eine Ansammlung
versunkener Atolle und Seeberge, die un-
ter Wasser liegen. Einen Tag nach der An-
kündigung erklärte Peking zudem, es ha-
be noch weiteren 80 Riffen, Untiefen und
Sandbänken im Umfeld der umstrittenen
Region offizielle chinesische Bezeichnun-
gen gegeben, zum ersten Mal seit 1983.
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Neu ie
Z-Ser
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München
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Die Kommunistische Partei macht in
der rohstoffreichen Region zwischen Chi-
na, Taiwan, Vietnam, den Philippinen und
Malaysia historische Ansprüche geltend,
wie sie durch die sogenannte Nine-Dash-
Line markiert sind. Die neun roten Stri-
che, die Chinas Führung auf die Seekarte
hingeworfen hat, wirken skizzenhaft,
aber dahinter steckt alles andere als ein
flüchtiger Machtanspruch. Die neun Stri-
che signalisieren Pekings Entschlossen-
heit, Grenzen auf dem Meer abzustecken.
In jede chinesische Landkarte
ist die „Nine-Dash-Line“
inzwischen eingezeichnet
Von Hainan bis zum südlichsten Punkt
der Linie vor den indonesischen Natuna-
Inseln sind es mehr als 1700 Kilometer. So
markiert China etwa 80 Prozent des Süd-
chinesischen Meeres für sich, durch das
auch wichtige Routen des internationalen
Seehandels verlaufen. Jede Landkarte in
China hat die Linien nun eingezeichnet,
immer wieder übt das Land auch auf ande-
re Staaten und Unternehmen Druck aus,
die Grenzführung zu übernehmen.
Der Internationale Schiedsgerichtshof
wies zwar vor vier Jahren Chinas histori-
sche Argumentation in einem viel beachte-
ten Streitfall zwischen Peking und Manila
CHINA
MYANMAR
THAILAND
VIETNAM
MALAYSIA
MALAYSIA
SINGAPUR
Borneo/Kalimantan
Sumatra
I N D O N E S I E N
Jakarta
400 km Java
SZ-Karte: saru
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zurück. Das hat aber keine Wende in der
maritimen Politik Chinas angestoßen. Im
Gegenteil: Der Drang, durch künstliche In-
seln und Verwaltungsverordnungen mög-
lichst rasch Fakten zu schaffen und Nach-
barn durch Seemanöver einzuschüchtern,
scheint einen neuen Schub bekommen zu
haben. Auch ungeachtet der Tatsache,
dass nach gültigem Seerecht künstliche In-
seln nicht gleichbedeutend mit natürli-
chen Landformungen sind.
Chinas Betriebsamkeit im Schatten der
Corona-Krise macht seine Nachbarstaa-
ten nervös. Alle haben mit Covid-19 zu
kämpfen, die Seuche bindet Kräfte und
Aufmerksamkeit an Land – und öffnet so
Räume draußen auf dem Meer. Taiwans
Verteidigungsministerium berichtete Mit-
te April von einem chinesischen Flugzeug-
träger und fünf Kriegsschiffen, die vor sei-
ner Ostküste Übungen absolviert hätten.
Auch Vietnam und die Philippinen stehen
traditionell an vorderster Front im Kon-
flikt mit Peking, schon seit vielen Jahren.
Im Februar, auf dem zwischenzeitli-
chen Höhepunkt der Corona-Krise in Chi-
na, hatte ein philippinisches Schiff Kurs
auf das Commodore Reef genommen, das
Manila beansprucht. Auf dem Weg sichte-
te es ein chinesisches Schiff und nahm
Kontakt auf. Zurück sei nur ein einziger
Satz gekommen, wie die philippinische Re-
gierung berichtete: „Die chinesische Re-
„Nine-Dash-Line“
TAIWAN
Paracel-Inseln
Südchinesisches
Meer
PHILIPPINEN
Spratly-Inseln
BRUNEI PAZIFIK
Sulawesi
Westneu-
guinea PAPUA-
NEU-
GUINEA
OSTTIMOR
Bali
sz.de/pflege2020
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
FOTO: REUTERS
gierung hat unveränderlich Souveränität
über das Südchinesische Meer, seine In-
seln und Gewässer.“ Danach hätten die
Chinesen in „feindlicher Absicht“ ihr Feu-
erleitradar auf das Schiff gelenkt. Anfang
April hatte ein Schiff der chinesischen
Küstenwache ein vietnamesisches Fi-
scherboot mit acht Menschen an Bord ge-
rammt und zum Sinken gebracht. Im Juni
2019 traf es in einem ähnlichen Fall ein Fi-
scherboot von den Philippinen. Die philip-
pinische Besatzung war später von vietna-
mesischen Fischern gerettet worden.
Zuletzt bekam auch Malaysia noch viel
weiter südlich zu spüren, dass Asiens
Großmacht nicht locker lässt. Das Bohr-
schiff West Capella steht unter Vertrag
des malaysischen Ölkonzerns Petronas,
vor der Küste erkundet es Öl und Gaslager-
stätten. Mitte der Woche bekam dieses
Schiffe nun ungewollt chinesische Gesell-
schaft, nach Erkenntnissen der Asia Mari-
time Transparency Initiative (Amti) ist
das Erkundungsboot Haiyang Dizhi 8 in
die sogenannte Exclusive Economic Zone
Malaysias eingedrungen, die EEZ mar-
kiert nach internationalem Seerecht jenes
Gebiet, das Staaten die alleinige Ausbeu-
tung von maritimen Ressourcen garan-
tiert. China hatte wenig überraschend Vor-
würfe der Schikane gegen malaysische
Schiffe zuletzt zurückgewiesen, das chine-
sische Schiff verfolge „normale Aktivitä-
ten in Gewässern unter chinesischer Zu-
ständigkeit“, hieß es in einer Erklärung
des Außenministeriums in Peking. Malay-
sia zog es vor, China nicht öffentlich anzu-
prangern, Außenminister Hishammud-
din Hussein mahnte lediglich, dass die Prä-
senz von Kriegsschiffen das Risiko einer
Eskalation erhöhe, nachdem auch Schiffe
der amerikanischen und australischen
Marine in der Gegend gesichtet wurden.
Nach Erkenntnissen des Amti verfol-
gen chinesische Schiffe schon seit Wo-
chen Versorgungsboote der Malaysier für
die Ölexploration. Collin Koh Swee Lean,
Experte für maritime Konflikte an der Na-
nyang Technical University in Singapur
nannte die jüngsten Vorfälle „Chinas größ-
te und offenste Anfechtung malaysischer
Energieinteressen im südchinesischen
Meer“. Analysten sehen darin den Versuch
Pekings, seine Nachbarländer zu Joint
Ventures bei der Energieausbeutung zu
drängen und ihre Ansprüche nach dem in-
ternationalen Seerecht aufzugeben. Ähnli-
che Erfahrungen wie Malaysia machte
auch Vietnam in seiner EEZ. Und auch die
Philippinen versucht Peking zu gemeinsa-
mer Öl- und Gasförderung zu bewegen.
Helfer
wider Willen
Trump könnte von der Kandidatur
eines Ex-Republikaners profitieren
Washington – Justin Amash ist kein
Freund von Donald Trump, im Gegenteil.
Er hält ihn für einen ungeeigneten Präsi-
denten, der sich über Verfassung hinweg-
setzt. Amash sprach sich schon für
Trumps Impeachment aus, als noch
nicht einmal die meisten Demokraten so
weit gehen wollten. Doch nun hilft der Ab-
geordnete Trump vielleicht dabei, vier
weitere Jahre im Amt zu bleiben. Am
Dienstag kündigte der 40-Jährige an, für
die Libertäre Partei als Präsidentschafts-
kandidat anzutreten. Damit, so fürchten
viele Trump-Gegner, könnte er bei der
Wahl eine entscheidende Rolle spielen –
eine, über die sich Trump freuen wird.
Der Sohn eines Palästinensers und ei-
ner Syrerin wurde erstmals 2010 als Repu-
blikaner ins Abgeordnetenhaus gewählt.
Es war das große Jahr der Tea Party, jener
aufständischen Bewegung, die sich dar-
an machte, die Partei von innen umzu-
krempeln. Im Kongress war Amash Mit-
begründer des House Freedom Caucus, ei-
ner einflussreichen Gruppe konservati-
ver Hardliner. Dort fiel er durch biswei-
len fundamentalistische Staatskritik auf.
Spätestens nach der Wahl Trumps fühlte
sich Amash jedoch in seiner Partei nicht
mehr wohl. Er sei „der letzte Vertreter der
Tea Party“, sagte er einmal, der letzte, der
sich gegen eine übergriffige Regierung
wehre. Im Juni 2019 trat er aus der repu-
blikanischen Fraktion aus, firmiert seit-
her als Unabhängiger. Im Dezember
stimmte er mit den Demokraten, Trump
wegen Machtmissbrauchs anzuklagen.
Hat so einer Chancen, Präsident zu
werden? Nein. Doch gerade die Wahl vor
vier Jahren hat unterstrichen, dass Kandi-
daten von Drittparteien den Ausgang
durchaus prägen können. Das zeigt der
Blick auf den Bundesstaat Michigan, in
dem Amashs Wahlkreis liegt. Michigan
gehört zu den umkämpften Staaten des
alten Industriegürtels. Trump gewann
dort 2016 mit nur 10 704 Stimmen Vor-
sprung auf die Demokratin Hillary Clin-
ton – auch, weil der damalige Kandidat
der Libertären 172 136 Stimmen auf sich
vereinte. Ganz ähnlich sah das Bild in Wis-
consin und Pennsylvania aus. Landes-
weit gingen rund vier Prozent aller Stim-
men an Kandidaten von Drittparteien, zu
denen auch die Grünen zählen. Wären in
den umkämpften Staaten nur wenige die-
ser Stimmen auf Clinton entfallen, wäre
Trump heute wohl nicht Präsident.
Justin Amash (FOTO: DPA) tritt nun
als Kandidat der Libertären an.
Ob Amash eher Trump ein paar Tau-
send Stimmen abjagen wird oder dem De-
mokraten Joe Biden, lässt sich schwer vor-
aussagen. Doch die Reaktionen auf seine
Ankündigung erweckten den Eindruck,
dass besonders Trumps Gegner in Sorge
sind. Sie befürchten, dass konservative
Wähler, die Trump ablehnen, bei der
Wahl für Amash stimmen könnten statt
für Biden. „Ich bewundere Ihren Mut,
Trump entgegenzutreten. Aber zum
Wohl des Landes bitte ich Sie dringend,
Ihre Entscheidung zu überdenken“, twit-
terte Brendan Boyle, Abgeordneter der
Demokraten. Er schätze Amash für seine
Prinzipien, schrieb der konservative
Trump-Kritiker George Conway, der mit
Trumps Beraterin Kellyanne Conway ver-
heiratet ist. „Aber die einzige Wirkung,
die Amash bei dieser Wahl haben kann,
ist Trumps Chancen zu vergrößern.“
Amash sieht das wenig überraschend
anders. Bei seiner Ankündigung schrieb
er, dass die USA einen „ehrlichen, prinzi-
pientreuen Präsidenten“ bräuchten, der
die Verfassung verteidige und die Men-
schen zusammenbringe. Und meinte da-
mit: sich selbst. alan cassidy
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Wie ein Schritt
raus aus der EU
In Polen geht eine Verfechterin
der unabhängigen Justiz
Warschau – Es war eine eindeutige Wei-
sung von Małgorzata Gersdorf, der Präsi-
dentin des Obersten Gerichts (SN) Po-
lens: Die Richter einer neuen Disziplinar-
kammer am SN sollten alle Akten ande-
ren Richtern übergeben und alle geplan-
ten Sitzungen absagen. Gersdorfs Wei-
sung vom 20. April folgte einer Eilverfü-
gung des Gerichtshofes der Europäi-
schen Union (EuGH) vom 8. April: Dem-
nach musste Polen die Tätigkeit der
rechtswidrigen, weil politisch abhängi-
gen Disziplinarkammer sofort einstellen.
Doch Warschau weigerte sich. Die Diszi-
plinarkammer, die jeden Richter, Staats-
anwalt, Anwalt oder Notar feuern kann,
arbeitete weiter – auch nach der EuGH-
Verfügung und Gersdorfs Weisung.
Juristen zufolge ist es das erste Mal in
der Geschichte der EU, dass ein Mitglieds-
staat sich weigert, eine EuGH-Verfügung
umzusetzen. Polnische Richter- und
Staatsanwaltsvertretungen sowie euro-
päische Rechtsprofessoren sehen in ei-
nem am Mittwoch veröffentlichten Auf-
ruf an die EU-Kommission bereits War-
schaus „vollständigen, zwar nicht formel-
len, aber faktischen Polexit aus der
Rechtsordnung der EU“ – und dies, noch
bevor auch das Oberste Gericht vollstän-
dig unter die Kontrolle der Regierung
und der nationalpopulistischen Partei
„Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) kommt.
Am 30. April nämlich endet die Amts-
zeit von SN-Präsidentin Gersdorf. Polens
von der PiS gestellter Präsident Andrzej
Duda, der sich rechtswidrige Vollmach-
ten bei der Richterernennung sicherte,
ließ erklären, er werde einen kommissari-
schen SN-Gerichtspräsidenten ernen-
nen. Die PiS will am 10. oder 17. Mai eine
ebenfalls rechtswidrig organisierte Präsi-
dentschaftswahl abhalten. Die Gültigkeit
kann danach von einer parteikontrollier-
ten SN-Sonderkammer bestätigt wer-
den. Zwei Jahre ist es her, dass die PiS mit
der polnischen Verfassung und EU-Recht
widersprechenden Gesetzen einen regie-
rungsabhängigen Landesjustizrat (KRS)
zur Auswahl polnischer Richter schuf
und seitdem Hunderte loyaler Richter er-
nannte. Einspruch des Verfassungsge-
richtes (TK) musste die PiS nicht fürch-
ten: Das TK ist seit Ende 2016 unter Kon-
trolle und urteilt nur im Sinne der Partei.
Geht nun in den Ruhestand:
Małgorzata Gersdorf. FOTO: DPA
Am Obersten Gericht schuf die PiS zu-
dem zwei Sondergerichte: die Disziplinar-
kammer und eine Aufsichts- und Kon-
trollkammer, die jedes rechtsgültige Ur-
teil der vergangenen zehn Jahre aufhe-
ben kann – und zudem über die Gültig-
keit von Wahlen entscheidet. Andere
Kammern des Obersten Gerichts aber
blieben – noch – unabhängig, ebenso die
hoch angesehene Präsidentin Gersdorf.
Unter ihrer Führung rief das SN mehr-
mals den EuGH in Luxemburg an: Bevoll-
mächtigt durch ein EuGH-Urteil vom
19. November entschieden noch unabhän-
gige Richter des SN im Dezember und Ja-
nuar, die Disziplinarkammer sei kein un-
abhängiges Gericht, seine Entscheidun-
gen seien unwirksam. Auch alle Richterer-
nennungen durch den politisch kontrol-
lierten KRS und die Entscheidungen der
neuen Kontrollkammer seien wegen man-
gelnder Unabhängigkeit fragwürdig, ur-
teilten die Richter am 23. Januar.
Die Regierung blieb die Antwort nicht
schuldig: Im Februar verbot sie Richtern
und anderen Juristen per Gesetz jede Kri-
tik oder Infragestellung neu gebildeter
Justizinstitutionen und neu ernannter
Richter. Nach Gersdorfs Abschied dürfte
die Regierung ab Anfang Mai auch das
Oberste Gericht kontrollieren. Dort hat
die PiS bereits 37 von aktuell 97 SN-Rich-
ter politisch kontrolliert ernannt.
Früher hätten die unabhängigen SN-
Richter mit einfacher Stimmenmehrheit
einen der Ihren zum Nachfolger wählen
können – Polens Präsident hätte ledig-
lich den Amtseid abgenommen. Die PiS
aber änderte das Gesetz, wiederum
rechtswidrig: Jetzt müssen die SN-Rich-
ter für das Amt des Gerichtspräsidenten
gleich fünf Kandidaten wählen. Präsi-
dent Duda kann dann auch den Kandida-
ten mit den wenigsten Stimmen zum SN-
Präsidenten ernennen. So sei „die Aus-
wahl eines Kandidaten, der den Erwar-
tungen des Präsidenten entspricht, prak-
tisch sicher“, kommentierte die scheiden-
de SN-Präsidentin Gersdorf trocken.
Die EU-Kommission leitete am Mitt-
woch gegen Polen ein weiteres Verfahren
wegen Verletzung des Rechtsstaates ein,
allerdings nicht wegen des Obersten Ge-
richts, sondern wegen des „Richterkne-
belgesetzes“ vom Februar. Juristen ist
dies zu wenig. Sie verlangten von der EU,
auch wegen des politisch kontrollierten
Landesjustizrates, des Verfassungsge-
richtes und der weiterarbeitenden Diszi-
plinarkammer und der Aufsichts- und
Kontrollkammer gegen Polen vorzuge-
hen. florian hassel  Seite 4
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Nur eine Handvoll Länder hat das Virus bisher verschont. Vor allem Kleinstaaten im Pazifik profitieren
von ihrer geografischen Lage. In Ländern, die an Zentren grenzen, sind die Statistiken jedoch zweifelhaft
von bernd dörries, frank
nienhuysen und arne perras
Kapstadt/Singapur/München – Turk-
menistan hat am Sonntag den „Tag des
Pferdes“ gefeiert. Sehr lässig ritt Präsi-
dent und Pferdefreund Gurbanguly Berdy-
muchammedow an der Zuschauertribüne
entlang. Dort saßen die Menschen eng bei-
sammen, mit weißen Kappen, in weißen
Shirts. Als gäbe es kein Corona. Es gibt
auch kein Corona. Turkmenistan gehört
zu den am stärksten abgeschotteten Staa-
ten der Welt, und nach den offiziellen Sta-
tistiken hat es bisher sogar das Virus nicht
ins Land geschafft. Es gehört damit zu den
wenigen Orten, die von der Pandemie an-
geblich verschont sind, obwohl es an das
schwer heimgesuchte Iran grenzt. Etwas
weiter östlich in Zentralasien, im eben-
falls coronafreien Tadschikistan, spürt
man, wie betroffen ein Land auch ohne ei-
nen offiziellen Fall sein kann.
Tadschikistan ist ein Nachbarstaat Chi-
nas, vollständig umfasst von Landmas-
sen, und zeigt sich dennoch als Insel. Die
autoritäre Führung in Duschanbe weist
darauf hin, dass sie früh die Grenzen ge-
schlossen habe. Das Leben auf den Stra-
ßen und Märkten ist weitergegangen, Fes-
tivals und Paraden fanden statt, Fußball
wurde gespielt. Die Sorgen der Menschen
sind dennoch groß. Die Preise für Knob-
lauch und Zitronen sind wegen der enor-
men Nachfrage gestiegen, weil sie angeb-
lich gegen das Virus schützen. Aber jetzt
greift der Staat dann doch lieber ein. Die
Schulen, so wurde am Wochenende ange-
ordnet, werden geschlossen, der Betrieb
in der Fußballliga wird bis in den Mai hin-
ein gestoppt – vorsorglich, heißt es.
Die Regierung ist im Dilemma:
Der Tourismus ist existenziell,
doch jede Öffnung wäre riskant
Eine Lehrerin an einer Universität in
Duschanbe erzählt allerdings, dass viele
Studierende „hohes Fieber“ hätten, ein
Lehrer gestorben sei, und dass es auf den
Toiletten nicht einmal Seife gebe, trotz
aufgehängter Plakate der Weltgesund-
heitsorganisation (WHO). Die Internet-
plattform eurasianet.org berichtete, dass
in den vergangenen Wochen mehrere
Menschen an einer Lungenentzündung
gestorben seien. Das Gesundheitsministe-
rium hätte aber Tausende Tests gemacht,
die alle negativ ausgefallen seien. Die
WHO-Vertreterin in Tadschikistan, Gali-
na Perfiljewa, sagte der russischen Zei-
tung Kommersant, dass es tatsächlich kei-
ne im Labor bestätigten Fälle von Co-
vid-19 gebe. Sie sagte demnach allerdings
auch, „kategorisch zu bestätigen, dass es
im Land keine Fälle von Erkrankungen
gibt, ist unmöglich“. Und so taucht Ta-
dschikistan auch weiterhin nicht in den in-
ternationalen Listen auf.
Die Johns-Hopkins-Universität hat bis
Mitte dieser Woche 185 Staaten mit Coro-
na-Fällen notiert, darunter sind mit ein-
stelligen Zahlen etwa Bhutan, West-Saha-
ra, Südsudan, Jemen und Principe. Weni-
ge sind gar nicht aufgeführt, wie die Cook-
inseln, ein atollreicher Staat mit nicht mal
20 000 Einwohnern, weit weg von den gro-
ßen und kleineren Zentren der Pandemie.
Abgeschiedenheit kann ein Fluch sein,
aber manchmal auch ein Segen.
Freiwillige springen für den Staat ein. Das mündet in einem absurden Wettbewerb darum, wer den Leuten besser hilft
Moskau – Das Misstrauen bleibt für Akti-
vistin Alexandra Krylenkowa die größte
Hürde. „In unsere Gesellschaft ist man ein-
fach nicht daran gewöhnt, sich auf andere
zu verlassen“, sagt sie. In Zeiten der Selbst-
isolation wird das zur besonderen Heraus-
forderungen: Wer seine Wohnung nicht
verlassen darf, muss darauf vertrauen,
dass ihm jemand Essen liefert, dass der
Staat ihn nicht verhungert lässt. Wo das
Vertrauen fehlt, gehen die Menschen raus
einkaufen, arbeiten weiter, entgegen aller
Empfehlungen. Für Senioren ist das ge-
fährlich, für Infizierte verboten.
Alexandra Krylenkowa hatte deswegen
die Idee mit der Nachbarschaftshilfe. Viel-
leicht, dachte sie, fällt es den Menschen
leichter, denen zu vertrauen, die in der Nä-
he wohnen, „die man im Aufzug sieht“.
Krylenkowa, die sich sonst als Menschen-
rechtsaktivistin engagiert, gründete im
März die Gruppe „Covidarnost“, der Name
setzt sich aus Covid-19 und dem russi-
schen Wort für Solidarität zusammen. Auf
ihrer Internetseite findet man eine Anlei-
tung dazu, wie man Hilfe anbietet. Außer-
dem gibt es Rat von Juristen und Psycholo-
gen. Insgesamt machen knapp 1000 Men-
schen bei Covidarnost mit.
In Russland passiert, was man wäh-
rend der Pandemie überall beobachten
kann: Menschen suchen neue Wege, ein-
ander zu helfen. Sie schicken Geldspen-
den an Restaurants, damit die für Ärzte
und Krankenschwester kochen, hängen
Tüten für Obdachlose an Brückengelän-
de, lassen Lebensmittel für Senioren in
den Hausfluren stehen. Dahinter steht kei-
ne landesweite Bewegung, sondern viele
kleine Ideen, die aber etwas großen Gro-
ßes verändert könnten. Denn aus solchen
Initiativen, sagt Grigorij Jundin, Soziolo-
ge an der Moskauer Higher School of Eco-
nomics, entstehen „Insel des Vertrauens“
– in einer Gesellschaft, in der Misstrauen
und Vereinzelung auch aufgrund der so-
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
Inseln der Seligkeit
Im zentralasiatischen Turkmenistan wird trotz Pandemie weitergespielt. Bislang hat das Land keinen einzigen bestä-
tigten Fall. Beim Spiel Altyn Asyr gegen Kopetdag durften deshalb auch Fans anfeuern.
Samoa etwa zählt zu den entlegenen In-
selstaaten in Ozeanien, die das Virus bis-
lang fernhalten konnten. Andere wie Fi-
dschi oder Tahiti hatten weniger Glück.
Schon im März hatte Samoa – einst von
Berlin als Überseegebiet und Platz an der
Sonne reklamiert – den Notstand ausgeru-
fen, um sich zu schützen. Bislang mit Er-
folg. Allerdings müssen die 200 000 Insu-
laner jedes Mal lange zittern, wenn wieder
mal Proben verdächtiger Fälle fortge-
schickt werden. Nur nach Neuseeland,
3300 Kilometer entfernt, gehen noch Flie-
ger. Manchmal dauert es drei Wochen, bis
die Ergebnisse vorliegen.
Dabei litten Gemeinschaften im tropi-
schen Pazifik in ihrer Geschichte oft unter
eingeschleppten Seuchen, denen sie
nichts entgegenzusetzen hatten. Inzwi-
schen sind Diabetes und Übergewicht
dort stark verbreitet, die Gesundheitssys-
teme sind schwach – schlechte Vorausset-
zungen, wenn das Virus Samoa erreichen
sollte. Erst vor wenigen Monaten war es
dem Staat mit Mühe gelungen, einen ver-
Russische Solidarität
wjetischen Vergangenen tief sitzen und
sich unter Putin verstärkt haben.
Nun helfen die Leute einander nicht
nur mehr. Sie helfen auch in einer Zeit, in
der die Behörden das Gegenteil von ihnen
verlangen, nämlich zu Hause zu bleiben.
„Wo es die Möglichkeit für selbst organi-
sierte, kollektive Aktionen gibt, da ergrei-
fen die Leute sie“, sagt Soziologe Grigorij
Jundin. Es ist ein Trend, der sich nicht erst
seit der Pandemie beobachten lässt. Der
Wunsch nach mehr Selbstbestimmung
wurde vergangenes Jahr bei Protesten
laut, in Moskau gegen manipulierte Wah-
len, in Jekaterinburg gegen einen Kirch-
bau, gegen die Mülldeponie in Schijes.
Das sei das eine, sagt Jundin. „Das ande-
re ist die Lücke in der staatlichen Fürsor-
ge. Die Hilfe für Nachbarn, Angehörige,
Hilfsbedürftige mobilisiere die Leute,
auch wenn niemand eine Plattform dar-
aus schaffen, oder sich an die Spitze die-
Obdachlose in Moskau werden während der Corona-Krise in einem Zelt mit Es-
sen und Getränken versorgt.
heerenden Ausbruch der Masern zu been-
den, bei dem Dutzende starben. Das mach-
te die Insulaner wachsam, als erste Nach-
richten des Coronavirus auftauchten. Sa-
moa reagierte schnell mit Flugverboten
und Quarantäneregeln. Kreuzfahrtschif-
fe, die Samoa früher als Traumziel ansteu-
erten, dürfen nicht mehr anlegen.
Einen präventiven Lockdown hat der
Staat inzwischen leicht gelockert. Noch
mag die Strategie Samoas aufgehen, die
Weltbank stützt die Inselstaaten inzwi-
schen mit Hilfspaketen. Doch irgend-
wann werden auch sie sich wieder öffnen
müssen. Der Tourismus ist eine existenzi-
elle Einnahmequelle, in den pazifischen
Inselstaaten macht er 70 Prozent der Wirt-
schaftsleistung aus. Doch jede Öffnung ist
riskant, aus diesem Dilemma kann sich
die Regierung in Apia nicht befreien.
Lesotho war noch nie ein besonders offe-
nes Land, das kleine Königreich ist kom-
plett von Südafrika umschlossen und dem
Drakensberg-Gebirge, bis zu 3500 Meter
hoch. Wer ins Land will, muss einen der we-
ser Bewegung stellen kann. „Jede Struk-
tur würde am nächsten Tag zerschlagen.
Deswegen muss es von unten organisch
wachsen.“ So wie Covidarnost.
Doch auch bestehende Netzwerke ha-
ben jetzt Zulauf, etwa die Obdachlosenhil-
fe Notschleschka. Weil viele Essensausga-
ben in Moskau und Sankt Petersburg un-
Der Kreml nimmt jede Art
von kollektivem Engagement
als Bedrohung wahr
ter Quarantäne stehen, verteilt sie jetzt
Plastiktüten mit dem Nötigsten darin:
Konserven, Zahnbürste, manchmal Desin-
fizierspray. Jeder kann mitmachen, eine
Tüte packen und daran den Flyer der Orga-
nisation heften, auf dem steht: „Du bist
nicht allein“. Die Menschen sollen die Tü-
ten auf dem Weg zum Supermarkt vertei-
FOTO: DIMITAR DILKOFF/AFP
FOTO: IGOR SASIN/AFP
nigen Grenzübergänge nutzen. Die wur-
den Anfang April geschlossen, noch bevor
ein einziger Fall bekannt wurde. Dabei ist
es geblieben. Wie in vielen afrikanischen
Ländern haben sich die Prognosen nicht er-
füllt, das Virus werde sich in den dicht
besiedelten Städten rasch verbreiten. Wäh-
rend die niedrigen Infektionszahlen in Süd-
afrika, Ghana oder Ruanda mit dem schnel-
len und kompetenten Handeln der Regie-
rungen zu erklären sind, ist in Lesotho
eher das Gegenteil der Fall.
Zwar verhängte Premier Thomas Tha-
bane eine Ausgangssperre, die aber vor al-
lem dazu dient, seine Macht zu sichern. Er
ist seit Monaten in einen bizarren Mord-
fall verwickelt und wird zusammen mit
seiner neuen Frau verdächtigt, seine frü-
here Ehefrau umgebracht zu haben. Ei-
gentlich wollte er längst zurücktreten,
hält sich dank Corona aber im Amt. Ob das
Land tatsächlich virusfrei ist, lässt sich
schwer sagen, denn es wird kaum getes-
tet. Und wenn doch, dann auf umständli-
che Art im Nachbarland Südafrika.
len, keinesfalls extra die Wohnung verlas-
sen. „Wir sehen schon Ergebnisse“,
schreibt Darja Baibakowa, die Projektleite-
rin, per Email. Die Leute veröffentlichten
Fotos von selbstgepackten Hilfstüten im
Internet. Sie beobachte insgesamt, dass
die Hilfsbereitschaft wächst. „Viele Men-
schen sehen, dass die Hauptanstrengung
der Behörden auf die medizinische Versor-
gung gerichtet ist“, sagt sie. Also helfen sie
mit, indem sie sich um Ältere kümmern,
um Obdachlose oder um Krankenhausper-
sonal.
In Moskau ist das zu einem Trend ge-
worden: Zahlreiche Restaurants springen
ein, um Essen in die Kliniken zu liefern,
wo Krankenschwestern und Ärzte kaum
Zeit haben, ihre Schutzkleidung abzule-
gen und in die Kantine zu gehen. Also brin-
gen Freiwillige ihnen kostenlose Snacks
und Kaffee bis an die Quarantänezone.
Anastasia Engelhardt koordiniert mit ih-
rer Stiftung Dostup, die in normalen Zei-
ten junge Mediziner unterstützt, die Liefe-
rungen. Im Moment sei es leichter, Men-
schen um Hilfe zu bitten als sonst, sagt
sie. „Ich muss nicht mal fragen, sie fragen
mich. Sie wollen mitmachen.“
Der Kreml nimmt jede Art von kollekti-
vem Engagement als Bedrohung war. So-
ziologie Jundin habe in der Vergangenheit
beobachtet, dass die Behörden gesell-
schaftliche Initiativen einschränken, in-
dem sie ihnen einfach Konkurrenz ma-
chen. „Das mündet manchmal in dem ab-
surden Wettbewerb darum, wer auf eine
radikalere oder entschiedener Weise Gu-
tes tut.“ Genau das passiert auch jetzt. Die
„Gesamtrussische Volksfront“ (ONF) bei-
spielsweise bietet mit der Aktion „Wir zu-
sammen 2020“ ganz ähnliche Dinge an
wie Covidarnost in Sankt Petersburg, aber
in größerem Rahmen. Der ONF ist auf In-
itiative von Putin gegründet worden und
kooperiert mit der Regierungspartei Eini-
ges Russland. silke bigalke
POLITIK 9
Haftar kündigt
Abkommen auf
Der selbsternannte Machthaber
Libyens irritiert sogar Unterstützer
München – Für politische Ankündigun-
gen nutzt Khalifa Haftar gerne das Mittel
der Fernsehansprache, ganz so, als wäre
er bereits ein Staatsmann und kein War-
lord, der mit einer zusammengewürfel-
ten Armee versucht, die Macht zu er-
obern. So auch am Montagabend: Da trat
der selbsternannte Generalfeldmar-
schall vor eine holzvertäfelte Wand mit
goldenen Kalligrafien – und rief sich zum
Machthaber über ganz Libyen aus. Die Ka-
meras liefen, Haftars Sender Hadath TV
übertrug zur besten Sendezeit, die Libyer
hatten gerade ihr Ramadanfasten gebro-
chen und saßen vor den Fernsehern.
Das von den Vereinten Nationen im
Jahr 2015 vermittelte Abkommen zur
Machtteilung in dem Bürgerkriegsland
und zur Errichtung einer Regierung der
Nationalen Einheit sei „eine Sache der
Vergangenheit“, sagte Haftar. Es habe
das Land zerstört. Seine Libysche Natio-
nalarmee sei stolz, nun die historische
Aufgabe zu übernehmen, das Land zu füh-
ren. Er habe dafür das Mandat des liby-
schen Volkes. Wie er dieses Mandat er-
langt hat und wie genau er sich seine Rol-
le an der Staatsspitze künftig vorstellt,
verriet Haftar hingegen nicht.
Außenpolitiker in Moskau
nannten die Proklamation
„beunruhigende Nachrichten“
Und auch, wenn seine Ansprache viele
Fragezeichen hinterließ, hat der 76-Jähri-
ge zumindest in einem Punkt Klarheit ge-
schaffen: Eine Verhandlungslösung,
durch die das seit dem Sturz von Diktator
Muammar al-Gaddafi 2011 instabile
Land wieder befriedet werden könnte,
wird es mit ihm nicht geben. Dass er eine
solche eigentlich auch nicht anstrebt, son-
dern die ganze Macht will, war zwar
schon seit Jahren ein offenes Geheimnis
– doch während seine Milizen am Boden
versuchten, Fakten zu schaffen, ließ sich
Haftar immer wieder zu internationalen
Konferenzen und Verhandlungen bitten.
Bei diesen Terminen demütigte er seinen
größten Widersacher, den von den UN
eingesetzten Premierminister Libyens
Fayez al-Serraj, bei fast jeder Gelegen-
heit – indem er ihn warten ließ wie einen
Schuljungen oder ihm den Handschlag
verwehrte, wenn er doch noch erschien.
Gleichzeitig ließ er internationale Ver-
mittler in der Hoffnung, dass eine Lö-
sung mit ihm möglich sei, zuletzt etwa im
Januar bei der Berliner Libyenkonferenz.
Dass Haftar diese Doppelstrategie
über so lange Zeit spielen konnte, liegt
vor allem an der internationalen Unter-
stützung, die er trotz aller Embargos bis
heute erfährt: Frankreich und Ägypten
haben sich mehr oder weniger offen auf
seine Seite geschlagen, zu Geländegewin-
nen verhalfen dem General, der einst von
Gaddafi verstoßen wurde, zeitweise in
den USA lebte und dort auch für die CIA
arbeitete, vor allem aber Russland und
die Vereinigten Arabischen Emirate. Mos-
kau hofft, durch Haftar einen weiteren
Staat im Nahen Osten in seine Einfluss-
sphäre zu ziehen. Zuletzt berichteten lo-
kale wie internationale Medien über im-
mer mehr Söldner der Kreml-nahen Fir-
ma „Gruppe Wagner“. Und die Vereinig-
ten Arabischen Emirate sehen in Haftar
einen Garant dafür, dass die verhassten
Muslimbrüder keine Macht über Libyen
gewinnen – die Strecke zwischen Abu
Dhabi und Haftars heimlicher Haupt-
stadt Bengazi wird daher verdächtig häu-
fig von schweren Cargomaschinen geflo-
gen, in denen Beobachter eher Waffen als
humanitäre Hilfsmittel vermuten.
Der abtrünnige General
Khalifa Haftar. FOTO: AFP
Trotzdem war Haftar zuletzt in die De-
fensive geraten: Nachdem er aus dem Os-
ten des Landes kommend große Teile Li-
byens erobert hatte und Tripolis belager-
te, erhöhten auch die Unterstützer seines
Gegners ihr Engagement. Der türkische
Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der
sich als engster Verbündeter von Premier
Serraj gibt, schickte Drohnen und wohl
auch Söldner aus den Gebieten Syriens,
die unter dem Schutz der Türkei stehen.
So verlor Haftar im April einige Städte –
vielleicht wollte er diese Schmach nun
mit seiner pompösen Ankündigung über-
decken. „Wir haben vor Ort eine Pattsitua-
tion“, sagt die amtierende UN-Sonderbe-
auftragte für Libyen, Stephanie Williams.
Immer wenn eine Seite Fortschritte erzie-
le, komme ein ausländischer Unterstüt-
zer. Dass Haftar gemäß der Logik aber
auf ein steigendes Engagement Russ-
lands zählen kann, scheint derzeit nicht
gegeben: Außenpolitiker in Moskau zeig-
ten sich überrascht von Haftars Prokla-
mation, sprachen von „sehr beunruhigen-
den Nachrichten“. Der Kreml betonte,
dass es „keine Alternativen“ dazu gäbe,
Libyen durch einen politischen Prozess
zu befrieden. moritz baumstieger
10 PANORAMA
LEUTE
Nina Moghaddam, 39, TV-Moderatorin,
hat sich von ihrem geschiedenen Mann
getrennt. „Wir passen einfach nicht zu-
sammen“, sagte sie der Zeitschrift Bunte.
Moghaddam und der Stuntman Dominik
Kowalski, 38, hatten 2015 geheiratet und
einen Sohn bekommen, sich 2017 schei-
den lassen und sich 2018 wieder ineinan-
der verliebt. 2019 kam der zweite Sohn
zur Welt. Jetzt sei ihr Ex-Mann abermals
ausgezogen. „Es wird wie nach der ersten
Trennung sein, wir haben ja Erfahrung.“
Andy Beshear, 42, Gouverneur von Ken-
tucky, hat sich getäuscht. Der demokrati-
sche Politiker beschwerte sich laut einem
Bericht der Nachrichtenagentur AP öf-
fentlich darüber, dass es bei der Beantra-
gung von Arbeitslosengeld „ein paar
faule Äpfel“ gebe, zum Beispiel eine Per-
son, die sich unter dem Namen des 1996
erschossenen Rappers Tupac Shakur
beim Amt gemeldet habe. Die Zeitung
Lexington Herald-Leader fand aber her-
aus, dass Tupac Shakur tatsächlich exis-
tiert. Der 46 Jahre alte Koch habe sein
Restaurant wegen Corona schließen
müssen. Der Gouverneur rief ihn an und
entschuldigte sich.
Prime Daddy
Kaum war Boris Johnson, 55, britischer
Premierminister, nach überstandener
Covid-19-Erkrankung zurück in Downing
Street No. 10, musste er seine Arbeit
schon wieder unterbrechen. Diesmal
aber aus schönem Anlass: Seine Verlob-
te Carrie Symonds, 32, brachte am Mitt-
wochmorgen in einem Londoner Kran-
kenhaus einen Sohn zur Welt. FOTO: DPA
Ralf Moeller, 61, deutsch-US-amerikani-
scher Schauspieler, hat sich verliebt. „Sie
ist sehr smart, lustig und liebevoll“, sagte
er der Bild-Zeitung. „So wie ich mir auch
eine gute Frau vorstelle.“ Die Auserwähl-
te heißt Lulu und ist der Esel von Moel-
lers Freund Arnold Schwarzenegger.
Sarah Michelle Gellar, 43, US-Schau-
spielerin, hat ihre Haare rosa gefärbt. Auf
Instagram postete die „Buffy“-Darstelle-
rin ein Video, in dem sie ihren neuen
Look erklärt: „Wir sind immer noch in
Quarantäne, also musste ich mir etwas
Neues einfallen lassen, wie ich meinen
Kindern peinlich sein kann.“
Reiner Calmund, 71, ehemaliger Fußball-
Manager, kann sich um 80 Prozent leich-
ter machen. Er hält sich derzeit mit ei-
nem Laufband fit, dessen Technologie
von der Nasa für Astronauten entwickelt
wurde und auf dem sich besonders ge-
lenkschonend trainieren lässt. „Das ha-
ben mir ein paar Bundesligisten empfoh-
len“, sagte er im TV-Sender Sky.
KURZ GEMELDET
Prozess wegen Missbrauchs
Mönchengladbach – Im Missbrauchs-
komplex Bergisch Gladbach hat am
Mittwoch vor dem Landgericht Mön-
chengladbach der landesweit erste Pro-
zess gegen zwei Angeklagte begonnen.
Den 39 Jahre alten Männern aus Krefeld
und Viersen wird unter anderem sexuel-
ler Missbrauch von Kindern in 79 Fällen
vorgeworfen. Bei den beiden Opfern
handelte es sich um die Tochter des
einen sowie um die Nichte des anderen
Angeklagten. Die Männer sollen sich
laut Anklage über ein Internetforum
kennengelernt und sich danach regelmä-
ßig getroffen haben, um die Kinder zeit-
weise gemeinsam zu missbrauchen. Sie
sind außerdem wegen der Herstellung,
Verbreitung und des Besitzes kinderpor-
nografischer Schriften angeklagt. dpa
SEK-Beamter erschossen
Gelsenkirchen – Ein 28-jähriger SEK-
Beamter ist bei einer Wohnungsdurchsu-
chung in Gelsenkirchen am Mittwoch-
morgen von der Kugel eines Verdächti-
gen getroffen worden und kurz danach
in einer Klinik gestorben. Die Spezialein-
satzkräfte waren hinzugezogen worden,
um bei der Vollstreckung eines Durchsu-
chungsbefehls in einem Drogendelikts-
Verfahren mitzuhelfen. Gegen den
29-jährigen Verdächtigen wird nun
nicht nur wegen Drogenbesitzes und
-handels, sondern auch wegen der Tö-
tung eines Polizisten ermittelt. dpa
Kondomautomat gestohlen
Rhauderfehn – Ein Transporterfahrer
hat in Ostfriesland einen Kondomauto-
maten gestohlen. Eine Zeugin habe beob-
achtet, wie der Mann den Automaten an
einem Radweg in einen Bulli geladen
habe und weggefahren sei, teilte die
Polizei am Mittwoch mit. Ob der Mann
mehr Interesse am Geld oder an den
Kondomen hat, konnte eine Polizeispre-
cherin nicht sagen. dpa
DIZdigital: Alle
DIZdigital: Alle Rechte
Rechte vorbehalten
vorbehalten –- Süddeutsche
Süddeutsche Zeitung
Jegliche Veröffentlichung
Jegliche Veröffentlichungund
undnicht-private
nicht-privateNutzung
Nutzungexklusiv
Das Coronavirus ist fies, es kann auch keine Grimassen schneiden. Außer es wird von Graffitikünstlern in Glasgow gemalt.
Das Virus mag Kälte. Außer bei Hitze
Nicht alles passt zusammen, was in diesen seltsamen Corona-Tagen gesagt, empfohlen und gemacht wird.
Eine Sammlung von Gewissheiten, die völlig ungewiss sind
von werner bartens
E
s steht in jedem medizinischen
Lehrbuch auf der ersten Seite:
„Medizin als Wissenschaft ist
ständig im Fluss.“ Soll heißen:
Versteifen Sie sich nicht allzu
lange auf die aktuellen Erkenntnisse,
denn immer mal wieder gibt es neues Wis-
sen, das altes obsolet machen kann. Alles
fließt, gerinnt und zerfließt wieder – gera-
de in diesen seltsamen Corona-Tagen
lässt sich das anschaulich und noch dazu
tagtäglich beobachten.
Je nachdem, welchem Wissenschaftler
oder Politiker man vertraut, kann man in
manchen Empfehlungen und Erkenntnis-
sen der vergangenen Wochen durchaus
ein paar zarte Widersprüche erkennen –
wahrscheinlich ist das auch unvermeid-
bar, wenn ein Virus auftritt, das den Zu-
satz „neuartig“ trägt. Diese Widersprüche
als „Ambivalenz der Moderne“ zu bezeich-
nen, ist deutlich souveräner, als verzwei-
felt in die Tischkante zu beißen. Noch lässi-
ger ist es, mit dem gut abgehangenen
Adorno-Zitat zu kommen: Es gibt kein
richtiges Leben im falschen. Was man den-
noch alles falsch machen kann, wenn man
alles richtig machen will, haben wir im Fol-
genden zusammengetragen.
1. Sie sollten das Haus oder die Wohnung
nicht verlassen. Wenn Sie es aber dennoch
möchten oder gar müssen, dann geht das
schon.
2. Sie sollten unbedingt zu Hause bleiben
und soziale Kontakte einschränken, aber
gerade jetzt ist es wichtig, immer wieder
an die Luft zu gehen. Sport ist unbedingt
zu empfehlen, besonders draußen, wenn
die Sonne scheint.
3. Aber eigentlich sollten Sie besser drin
bleiben. Außer, um sich zu bewegen.
4. Wer krank ist, hat meistens keine Be-
schwerden oder nur ganz milde Sympto-
me, es sei denn, er ist schwerer krank und
hat heftige Symptome.
5. Es gibt typische Symptome wie Husten
und Fieber, die aber gar nicht sooo häufig
vorkommen. Viel häufiger sind die untypi-
schen Symptome. Das kann fast alle Orga-
Der Fall einer verschwundenen norwegischen Millionärsgattin erfährt eine spektakuläre Wendung
Eines hat sich nicht geändert: Anne-Elisa-
beth Hagen ist verschwunden. Bis heute
gibt es keine Spur von der Ehefrau von
Tom Hagen, einem der reichsten Männer
Norwegens. Ihre vermeintliche Entfüh-
rung, die die Polizei nach zehn Wochen der
Geheimhaltung im Januar 2019 öffentlich
machte, wurde für die Behörden und die
Öffentlichkeit des Landes schnell zu einem
der spektakulärsten Kriminalfälle der jün-
geren Geschichte. Quälend lange schien
die Polizei im Dunkeln zu tappen. Als sie
aber am Dienstag zuschlug, da war der Fall
noch eine Umdrehung spektakulärer.
Die Polizei spricht jetzt nicht mehr von
Entführung, sie spricht von Mord. Und als
mutmaßlichen Mörder hat sie festgenom-
men: Tom Hagen. Am Mittwoch wurde er
dem Haftrichter vorgeführt.
„Die Polizei ist jetzt der Meinung, dass
es nie eine Entführung gegeben hat“, sag-
te Sprecher Tommy Brøske. Wenn die Poli-
zei recht behalte, schrieb die Zeitung Af-
tenposten, dann „stehen wir hier vor dem
best geplanten Mord der norwegischen
Rechtsgeschichte“. Der Beschuldigte
selbst bestreitet die Vorwürfe. „Er behaup-
tet nachdrücklich, nichts damit zu tun zu
haben“, sagte sein Anwalt Sven Holden.
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
Masken tragen sieht seltsam aus. Außer
man trägt Masken mit der Mundpartie
von Donald Trump. FOTO: ROBYN BECK/AFP
ne betreffen, was dann eher für einen typi-
schen Verlauf spricht.
6. Bei leichten Symptomen sollten Sie
nicht gleich zum Arzt oder in die Klinik ge-
hen, es sei denn, Sie haben schwere Sym-
ptome. Allerdings sollten Sie nicht zu spät
in die Klinik gehen, denn aus leichten Sym-
ptomen können sich schnell schwere Sym-
ptome entwickeln.
7. Sind mehrere Mitglieder einer Familie
infiziert und wohnen zusammen, ist es ei-
gentlich nicht möglich, dass sich die ande-
ren Familienmitglieder nicht anstecken.
Das gilt nicht für diejenigen, die sich in die-
ser Zeit nicht angesteckt haben.
8. Wer die Infektion überstanden hat, ist
für lange Zeit immun, zumindest bis er
sich wieder ansteckt, was aber unwahr-
scheinlich ist, es sei denn, es kommt zu ei-
ner neuen Infektion. In der Zwischenzeit
besteht lebenslange Immunität.
9. Gesundheit geht vor, außer es geht um
die Wirtschaft, Friseure, Fahrradläden, Au-
tohäuser und die Fußball-Bundesliga.
10. Gesundheit geht vor, außer es geht um
Freiheit, Freiwilligkeit und freie Zusam-
menkünfte an freien Tagen auf sonnigen
Freiflächen.
11. Solidarität lernen wir jetzt ganz neu, au-
ßer unsere Interessen sind in Gefahr.
12. Das neuartige Coronavirus ist tödlich,
aber es sollte keine Panik aufkommen,
denn so gefährlich ist es auch wieder
Der Ehemann als Mörder?
Entführungen sind selten im friedli-
chen Norwegen, auch deshalb wühlte der
Fall das Land auf. Kommentatoren be-
fürchteten gar, die traditionell offene nor-
wegische Gesellschaft könne nun ihre „Un-
schuld“ verlieren: In Norwegen kann je-
der die Steuererklärungen und Einkünfte
eines jeden Bürgers öffentlich nachsehen.
Spurensuche im gemeinsamen Haus des
Millionärs-Ehepaars in Lørenskog un-
weit von Oslo FOTO: HEIKO JUNGE/AFP
nicht, außer dass es zu einer weltweiten
Katastrophe führen kann.
13. Kinder und Jugendliche sind nicht ge-
fährdet, außer denen, die krank werden
und schwere Verläufe erleiden müssen.
14. Weil Kinder und Jugendliche selten
krank werden, stecken sie auch seltener
andere Menschen an, außer denen, die
von ihnen infiziert werden.
15. Das Virus hält sich nicht lange auf Ober-
flächen, außer auf denen, auf denen es
noch lange nachweisbar ist. Meistens han-
delt es sich dabei nur um wenige Minuten,
manchmal um Stunden, selten können es
auch Tage sein und manchmal ist es ge-
nau umgekehrt.
16. Das Virus mag feuchte Umgebung lie-
ber, es hält sich aber auch in trockener
Luft ganz gut.
17. Das Virus sinkt schnell zu Boden, außer
wenn es manchmal ganz schön lange in
der Luft stehen bleibt. Das gilt besonders
für geschlossene Räume, aber wir sollten
Haus und Wohnung besser nicht verlas-
sen, außer um nach draußen zu gehen.
18. Kühle Temperaturen sind für das Virus
viel angenehmer als warme, aber der Som-
mer hat keinerlei Effekt auf das Virus.
19. Viren mögen kein UV-Licht, es tötet Vi-
ren ab, aber die intensivere Sonnenein-
strahlung wird sich nicht auf die Viren aus-
wirken, höchstens vielleicht auf die, die di-
rekt davon betroffen sind und absterben.
Fußballer achten auch während des Spiels
aufeinander. Außer in wenigen Ausnahme-
situationen. FOTO: MARTINA HELLMANN/DPA
War die Entführung nun ein Beleg dafür,
dass diese Praxis wohlhabende Norweger
zur Zielscheibe für Kriminelle macht? Die
Polizei schaltete Europol und Interpol ein,
eine Verbindung zu Kriminellen im Aus-
land wurde nicht ausgeschlossen.
Die Umstände schienen außergewöhn-
lich zu sein: Tom Hagen hatte angegeben,
am Tag des Verschwindens seiner Frau
aus dem gemeinsamen Haus in Lørens-
kog unweit von Oslo einen Erpresserbrief
in gebrochenem Norwegisch vorgefun-
den zu haben. Darin wurde ein Lösegeld
von umgerechnet neun Millionen Euro ge-
fordert, zu zahlen in der Kryptowährung
Monero, die mehr noch als andere Krypto-
währungen auf Anonymität setzt.
In den Folgemonaten kam es mehrfach
zum Kontakt mit den angeblichen Entfüh-
rern, die Kommunikation habe über Bitco-
in und verschlüsselte E-Mails stattgefun-
den, schreibt die norwegische Presse. Und
obwohl es nie das geforderte Lebenszei-
chen gab, entschied sich Tom Hagen im Ju-
li, eine erste Tranche von umgerechnet
1,4 Millionen Euro zu zahlen.
Wie die Zeitung Verdens Gang schreibt,
hatte die Polizei da schon Tom Hagen
selbst im Verdacht. Die Beamten hätten
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
FOTO: ANDY BUCHANAN/AFP
20. Schmierinfektionen sind eigentlich
ausgeschlossen. Es ist allerdings nicht si-
cher, ob das Virus eventuell auch über an-
dere Wege als per Tröpfcheninfektion
übertragen werden kann.
21. Tröpfcheninfektion ist der wahrschein-
lichste Weg, sich anzustecken, außer bei
Fußballprofis, die sind immun, wenn kei-
ne Fans im Stadion sind.
22. Tiere sind nicht von dem Virus betrof-
fen, abgesehen von den seltenen Fällen, in
denen sich Katzen (und Tiger) mit dem Vi-
rus angesteckt haben.
23. Auf Oberflächen hält sich das Virus
nicht lange, möglicherweise aber auf dem
Fell der wenigen Katzen (und Tiger), die
sich angesteckt haben könnten und ihr
Fell ständig per Tröpfchenübertragung ge-
schmeidig halten.
24. Masken sind sinnlos, außer in den Fäl-
len, in denen sie sinnvoll sind, auf jeden
Fall sollte jeder eine tragen, denn sie kön-
nen schließlich Leben retten.
25. Deutschland ist „wachsam, wir neh-
men die Dinge sehr ernst, sind aber auch
gut vorbereitet“ (Jens Spahn am 27. Janu-
ar 2020), auch wenn seit drei Monaten ein
paar Millionen Masken fehlen.
26. Jeder sollte eine Maske tragen, ausge-
nommen jene, die noch keine haben, die
tragen dann einen Schal, ein Tuch oder an-
deres Zeug um den Kopf.
27. Schüler in Abschlussklassen sollten
mindestens auf den Gängen eine Maske
tragen, die in vielen Fällen von der Schule
gestellt wird, auch wenn die meisten Schu-
len keine Masken haben.
28. Geschäfte werden geöffnet, außer de-
nen, die geschlossen bleiben. Auf genü-
gend Abstand in den Läden ist unbedingt
zu achten, außer dort, wo es zu eng ist.
29. Zu frühe Lockerungen sind gefährlich,
außer eine signifikante Zahl von Men-
schen schreibt auf Twitter, dass Lockerun-
gen gerechtfertigt sind.
30. Lockerungen sind gerechtfertigt,
wenn die Verdoppelung der Infektionen
zehn oder 14 Tage oder drei Wochen be-
trägt, die Replikationszahl unter 1 liegt
und die Zahl der freien Intensivbetten je-
ne der Kanzlerkandidaten der Union dau-
erhaft übersteigt.
im Sommer Hagens Haus verwanzt und
auch dessen Telefon abgehört.
Hagen verdiente sein Geld vor allem
mit dem Verkauf von Immobilien und
Strom. Die Firma Elkraft, an der er 70 Pro-
zent der Anteile hält, liefert Strom in die ge-
samte nordische Region. Sein Vermögen
wird auf 1,7 Milliarden Kronen geschätzt,
umgerechnet 150 Millionen Euro. Nach-
barn und Bekannte beschrieben das Ehe-
paar als zurückhaltend. Die beiden hatten
sich schon in der Schule ineinander ver-
liebt und im Alter von 19 Jahren geheira-
tet, sie haben drei erwachsene Kinder.
Mehrere Zeitungen meldeten nun, An-
ne-Elisabeth Hagen habe offenbar über ei-
ne Scheidung nachgedacht. Der Sender
NRK veröffentlichte Details aus dem Ehe-
vertrag, ein ungewöhnliches Dokument,
demzufolge der Ehefrau im Falle der
Scheidung einzig der Gegenwert ihres da-
maligen Autos zugestanden hätte, eines
Citroën. Verdens Gang zitierte Experten:
Der Vertrag sei so einseitig verfasst, dass
er von einem Scheidungsgericht mögli-
cherweise für nichtig befunden wäre. „Im
schlimmsten Falle hätte eine Scheidung
Tom Hagen die Hälfte seines Vermögens
kosten können.“ kai strittmatter
ALLES GUTE
Nieder mit den
Schul-Tyrannen
Und dann verblüfft einen der zehn Jah-
re alte Sohn, der vom Gemüt her einem
Teenager-Punk ähnelt, während des
Spaziergangs am Strand von Hermosa
Beach in Los Angeles mit einer erstaunli-
chen Erkenntnis. Man hat ja mittlerwei-
le viel gelesen übers Zusammenleben
während der Ausgangssperre: über
häusliche Gewalt zum Beispiel, die in
dieser Familie in jeder Hinsicht undenk-
bar ist, schon deshalb, weil die Mutter
vom Gemüt her einem erleuchteten
buddhistischen Mönch ähnelt. Von
Isolation und Lagerkoller, und natürlich
auch davon, dass die anderen derweil
einen gälischen Dialekt lernen, Masken
nähen oder sich in die Form ihres Le-
bens trainieren.
Man bekommt den Eindruck, selbst
alles falsch zu machen, was man falsch
machen kann – doch dann sagt dieser
junge Mann, und zwar so, wie ein er-
leuchteter buddhistischer Mönch es
sagen würde: „Ich finde es ganz gut so,
wie es ist.“
Natürlich vermisse er Sport (er ist
davor ins Eishockey-Jugendteam der
Los Angeles Kings aufgenommen wor-
den), das Abhängen mit Freunden, das
Surfen im Ozean. Er sagt jedoch, dass
ihm Schule vorkomme wie eine Mi-
schung aus Militär und Gefängnis: stun-
denlang ruhig sitzen, sprechen nur mit
Erlaubnis, lernen nach Stundenplan.
Nun könne er sich seinen Tag selbst
einteilen, und er verweist auf seine
Mathe-Noten, bislang nicht eine seiner
Stärken, seit der Umstellung auf Heim-
Schule: Einsen, ausschließlich.
„Ich werde von niemandem mehr
gehänselt“, sagt er, und es stellt sich
heraus, dass es in dieser Schule ein paar
Tyrannen gibt, die anderen das Leben
zur Hölle machen. Er habe diese Leute
auf seinem Telefon (sein Kontaktmittel
zu Freunden) geblockt, was den schö-
nen Nebeneffekt habe, dass er sich nun
umso mehr um seine wahren Freunde
kümmern könne. Die schicken sich
gegenseitig Videos von Skateboard-
Tricks, witzigen Tänzen und Experimen-
ten wie etwa, ob es schmeckt, wenn
man Vanilleeis, Kekse und Milch in
einen Mixer wirft. Hin und wieder fragt
er nach Reimen (ob etwa die englischen
Wörter „elephant“ und „intelligent“
funktionieren), dann kritzelt er was ins
Musik-Notizbuch, das die Eltern nie-
mals lesen dürfen.
Er muss keine Uniform mehr tragen
– sondern darf aussehen und sein, wie
er nun mal ist. Er ist: glücklich. Man
merkt regelrecht, wie der Druck von
diesem Kind abfällt und wie er vom
Teenager-Punk zum fröhlichen Zehnjäh-
rigen wird, noch immer Punk, klar, aber
eher Green Day als American Nightma-
re. Er freut sich auf das Ende der Aus-
gangssperre, aber er würde sich noch
mehr freuen, wären dann ein paar Din-
ge noch so, wie sie jetzt sind. jürgen
schmieder
In dieser Kolumne schreiben SZ-Redakteure
täglich über die schönen, tröstlichen oder auch
kuriosen kleinen Geschichten in diesen vom
Coronavirus geplagten Zeiten. Alle Folgen
unter sz.de/allesgute
Männer stechen
auf Passanten ein
Hanau – Eine Gruppe von Männern hat
am Dienstagabend in der Innenstadt von
Hanau vier Passanten mit Messern ange-
griffen und verletzt. Die Täter flüchteten
zunächst, wie die Polizei in der Nacht zu
Mittwoch mitteilte. Zwei Tatverdächtige
konnten nach Hinweisen von Zeugen fest-
genommen werden .
Nach ersten Erkenntnissen waren die
Passanten unabhängig voneinander in
der Innenstadt unterwegs, als sie auf fünf
bis sieben Männer stießen und von ihnen
angegriffen wurden. Die vier verletzten
Männer im Alter zwischen 17 und 26 Jah-
ren seien gegen 22 Uhr kurz nacheinan-
der in der Notaufnahme eines Hanauer
Klinikums erschienen, einige von ihnen
mit Stichwunden. Lebensgefahr habe
nicht bestanden.
Die Polizei fahndete auch mit einem
Hubschrauber nach der Tätergruppe. Die
Männer sollen fast alle Vollbärte haben;
einer habe dunkelblondes Haar, sei etwa
20 Jahre alt, muskulös und habe eine kur-
ze Hose getragen. Über die Hintergründe
der Tat war zunächst nichts bekannt. Die
Staatsanwaltschaft Hanau hat die Ermitt-
lungen übernommen.
Am 19. Februar war es in Hanau zu ei-
nem Anschlag gekommen, bei dem der
Täter neun Menschen, alle mit Migrati-
onshintergrund, erschossen und weitere
verletzt hatte. Später wurden er und sei-
ne Mutter tot in ihrer Wohnung gefun-
den. Vor der Tat hatte der Mann Ver-
schwörungstheorien und volksverhetzen-
de Botschaften im Netz verbreitet. dpa
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
FEUILLETON
Als die Pest
die Welt teilte
Beim Schreiben über frühere Seuchen entdeckt
man zwangsläufig Parallelen. Von Orhan Pamuk
S
eit vier Jahren schreibe ich an
einem Roman, der im Jahr 1901
spielt, in Umständen, die als die
dritte Pest-Pandemie bekannt
sind, bei der in Asien Millionen
Menschen starben, aber nicht viele in Euro-
pa. In den letzten zwei Monaten haben
mich Freunde und Verwandte, Verleger
und Journalisten, die den Gegenstand die-
ses Romans mit dem Titel „Pestnächte“
kennen, immer wieder gefragt, welche
Ähnlichkeiten sich zwischen der gegenwär-
tigen Pandemie und den historischen Aus-
brüchen von Pest und Cholera finden las-
sen. Tatsächlich gibt es zahlreiche Paralle-
len.
Die erste Reaktion auf den Ausbruch
einer Pandemie ist stets das Leugnen gewe-
sen. Nationale und lokale Behörden haben
immer mit Verzögerung reagiert. Sie ha-
ben die Fakten verzerrt und die Zahlen ge-
schönt, um einen Ausbruch zu verschlei-
ern. Auf den ersten Seiten von „Die Pest zu
London“ berichtet Daniel Defoe aus dem
Jahr 1664, dass die Behörden in einigen
Vierteln Londons versuchten, die Zahl der
Pesttoten geringer erscheinen zu lassen,
als sie tatsächlich war, indem sie andere,
erfundene Krankheiten als Todesursache
registrierten.
Allmählich schäme
ich mich meiner
Angst nicht mehr
In dem italienischen Roman „Die Braut-
leute“ aus dem Jahr 1827 beschreibt Ales-
sandro Manzoni, wie die Mailänder Bevöl-
kerung sich im Jahr 1630 gegen die offiziel-
le Antwort auf die Pest auflehnt. Die Fak-
ten leugnend, ignorierte damals der Gou-
verneur von Mailand die Bedrohung, die
von der Krankheit ausging. Nicht einmal
die Feierlichkeiten zur Geburt des Prinzen
Carlos, des Erstgeborenen von König Phil-
ipp IV., wurden abgesagt. Manzoni schil-
dert, wie sich die Pest schnell verbreitete,
weil die Dekrete zu ihrer Eindämmung un-
zureichend waren, weil sie nachlässig
durchgesetzt wurden und weil die Bevölke-
rung sie nicht beachtete.
Die zweite Art, in der Menschen überall
und offenbar spontan auf den Ausbruch
einer Pandemie reagieren, besteht in der
Erfindung und Verbreitung von Gerüchten
und haltlosen Behauptungen. Bei früheren
Pandemien wurden die Gerüchte von fal-
schen Nachrichten ebenso beflügelt wie
von der Unmöglichkeit, eine gesellschaftli-
che Situation als ganze in den Blick zu be-
kommen.
In einer Welt, in der es keine Nachrich-
tendienste, keinen Rundfunk, kein Fernse-
hen und kein Internet gab, war die Mehr-
heit der Bevölkerung auf ihre Vorstellungs-
kraft angewiesen, um zu ermitteln, woher
Gestrandete im Transitraum: Will Trempers Film „Die endlose Nacht – Nebel über Tempelhof“ von 1963
Am 6. November 1962 steht Will Tremper
auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof. Es
herrscht dichter Nebel, kein Flugzeug
kann starten, keines kann landen, Men-
schen sitzen fest oder kommen nicht an.
Die Situation fasziniert ihn.
ÜBER LEBENSKUNST
Welches Buch bietet Trost,
welcher Film beruhigt die Nerven,
welches Kunstwerk weitet
den Blick? Empfehlungen des
Feuilletons für beispiellose Zeiten.
Zwei Wochen später kehrt er zurück
und beginnt in der Nacht, als der letzte
Flug abgefertigt ist, mit der Arbeit an dem
zweiten Film, bei dem er selbst Regie
führt, für den es aber zunächst gar kein
Drehbuch gibt. „Die endlose Nacht – Nebel
über Tempelhof“ (bei mehreren Strea-
DIZdigital: Alle
DIZdigital: Alle Rechte
Rechte vorbehalten
vorbehalten –- Süddeutsche
Süddeutsche Zeitung
Jegliche Veröffentlichung
Jegliche Veröffentlichungund
undnicht-private
nicht-privateNutzung
Nutzungexklusiv
die Bedrohung kam, wie ernst sie war und
welche Folgen sie nach sich ziehen konnte.
Die Abhängigkeit von der Vorstellungs-
kraft verlieh der Angst jedes einzelnen
Menschen eine individuelle Stimme, die
von einer lyrischen Qualität durchdrungen
war – an Orte gebunden, spirituell und
mythisch.
Die häufigsten Gerüchte bei einem Aus-
bruch der Pest galten der Frage, wer die
Krankheit eingeschleppt hatte und woher
sie kam. Mitte März, als sich Furcht und Pa-
nik in der Türkei zu verbreiten begannen,
erklärte mir der Filialleiter meiner Bank in
Cihangir, dem Viertel in Istanbul, in dem
ich lebe, mit wissender Miene, bei „dieser
Sache“ handle es sich um Chinas Antwort
auf die Vereinigten Staaten und den Rest
der Welt.
Wie das Böse überhaupt wurde die Pest
stets als etwas geschildert, das von außen
kam. Sie hatte schon andere Menschen be-
fallen, und es war nicht genug getan wor-
den, um sie an der weiteren Verbreitung zu
hindern. Thukydides, der antike Histori-
ker, beginnt seinen Bericht über die Pest in
Athen damit, dass er schreibt, der Aus-
bruch habe in der Ferne begonnen, in Äthi-
opien und Ägypten.
Die hartnäckigsten und am meisten ver-
breiteten Gerüchte gelten stets der Frage,
wer der erste Träger der Krankheit war. Im
Roman „Die Brautleute“ beschreibt Manzo-
ni ein bösartiges, dämonisches Wesen, das
in der Dunkelheit umherzieht und eine
pestverseuchte Flüssigkeit auf Türgriffe
schmiert oder in Brunnen gießt. Oder viel-
leicht ein müder alter Mann, der sich auf
den Boden einer Kirche gesetzt hatte und
nun von einer Passantin beschuldigt wur-
de, mit seinem Mantel herumgewischt zu
haben, um die Krankheit zu verbreiten.
Und bald schon versammelte sich ein
Lynchmob.
Diese Ausbrüche von Gewalt, von üblem
Gerede, von Panik und Aufruhr sind ge-
meinsamer Bestandteil aller Berichte über
Seuchen. Mark Aurel beschuldigte die
Christen, die Antoninische Pest in die Welt
gesetzt zu haben, verehrten sie doch nicht
die römischen Götter. Während der folgen-
den Pestepidemien standen im Osmani-
schen Reich wie im christlichen Europa die
Juden im Verdacht, die Brunnen vergiftet
zu haben.
Wie bei den alten Pestepidemien üben
auch bei der Coronavirus-Pandemie Ge-
rüchte und Anschuldigungen, die ihrer-
seits auf nationalen, religiösen, ethnischen
oder regionalistischen Überzeugungen
gründen, einen erheblichen Einfluss auf
den Umgang mit der Seuche aus. Die sozia-
len Medien spielen dabei ebenso eine Rolle
wie die Tendenz der rechtspopulistischen
Medien, grobe Lügen in die Welt zu setzen.
Doch haben wir heute mehr denn je auch
Zugang zu verlässlichen Nachrichten.
Kein Himmel über Berlin
mingdiensten, DVD bei Darling Berlin) hat
Anfang 1963 in der großen Halle des Flug-
hafens Premiere, ein halbes Jahr später
erhält er vier Bundesfilmpreise, darunter
drei Hauptpreise, für die Kamera, die Mu-
sik und den Hauptdarsteller Harald Lei-
pnitz. Erzählt man heute von diesem Film,
weiß niemand, wovon man spricht.
Tremper hatte zu diesem Zeitpunkt viel
aufregendes Leben hinter sich, war mit 16
Kriegsberichterstatter an der Ostfront ge-
wesen, desertierte vor der Einberufung in
die SS, war nach dem Krieg Journalist in
Berlin, fing an, Drehbücher zu schreiben,
etwa für den Film „Die Halbstarken“. Da-
nach pendelte er zwischen dem Film und
der Arbeit für den Stern. Hier lieferte er die
textliche Grundlage für körnigen Realis-
mus, dort schrieb er über Kino-Sternchen.
Dann kam der Nebel.
Im Film bricht der über die Reisenden
herein wie ein Shutdown, nichts geht
mehr. Manche nutzen den Wartezustand
wie ein geschenktes Glück, der Siemens-
Ingenieur etwa, der nun eben einen Tag
später nach Indien fliegt und sich zu
seiner Geliebten aufmacht, während ihn
seine Gattin irgendwo in den Lüften
wähnt. Wobei: Lustig wird seine Nacht
dennoch nicht. Oder der sehr smarte Herr
McCloud, der auf dem Weg zu seiner Farm
in Kenia ist und nun in der Nacht des War-
tens in einer Angestellten der Fluglinie die
Liebe seines Lebens entdeckt. Am Morgen
reden sie bereits darüber, welche Namen
die Kinder kriegen sollen, dann wird er
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
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Krieg, Frieden und die Hoffnung auf Heilung: In Istanbul eröffnete der Schriftsteller Orhan Pamuk 2012 sein Muse-
um der Unschuld nach dem Vorbild der Wunderkammern der Spätrenaissance.
Während wir zusehen, wie die roten
Punkte auf den Seuchenkarten, die unser
jeweiliges Land oder die Welt zeigen, sich
fortwährend vervielfältigen, erkennen wir,
dass es keinen Ort gibt, an den wir flüchten
könnten. Das Wissen darum, dass die gan-
ze Menschheit, von Thailand bis New York,
unsere Sorgen teilt, wie und wo man einen
Mundschutz zu tragen hat, wie man auf die
sicherste Weise mit den Lebensmitteln aus
dem Supermarkt umgeht und ob man sich
in Quarantäne begeben muss oder nicht,
ist eine ständige Erinnerung daran, dass
wir nicht allein sind. Es bringt ein Bewusst-
sein von Solidarität hervor. Wir werden de-
mütig. Es wird leichter, einander zu verste-
hen.
überraschend aufgerufen und kann sich
von der wunderschönen Liebe nicht mal
mehr ordentlich verabschieden. Zwei Ge-
schäftsreisende plündern derweil die Bar,
zwei alte Damen süffeln die mitgebrachte
Schnapsflasche leer.
Tremper erzählt viele Geschichten,
einige diffundieren hinaus in die Stadt
und ihr Nachtleben wie die von Herrn
Spitz (Harald Leipnitz). Der wartet auf sei-
nen Geschäftspartner, der kommt nicht
und damit auch keine Rettung aus seiner
Finanzmisere, also setzt er seine Freundin
auf einen bald sehr animierten Groß-
Hannelore Elsner in „Die endlose Nacht“ von Will Tremper.
Allmählich schäme ich mich meiner
Angst nicht mehr, und ich beginne, sie als
eine angemessene Reaktion zu begreifen.
Ich erinnere mich an das Sprichwort, dass,
wer Angst hat, länger lebt. Irgendwann
merke ich, dass die Angst zwei verschiede-
ne Reaktionen in mir auslöst. Vielleicht ist
das bei jedem Menschen so. Manchmal
treibt sie mich in den Rückzug, ins Allein-
sein und in die Stille. Dann wieder lehrt sie
mich, mich zurückzunehmen und mich
solidarisch zu verhalten.
Zum ersten Mal schrieb ich vor dreißig
Jahren über eine Seuche, und schon da-
mals ging es mir vor allem um die Angst
vor dem Tod. Im Jahr 1561 floh der Huma-
nist Ogier Ghiselin de Busbecq vor der Pest
spediteur an. Die Rettung von Spitz ist
dem wurscht, die Nacht mit der Dame und
viel Champagner indes erfreut ihn sehr.
Am Morgen wird Spitz verhaftet.
Am großartigsten ist dieser scharfe,
kantige Film aber dann, wenn er auf dem
Flughafen selbst bleibt. Da hängen die
Gestalten herum, die gestrandet sind, dö-
sen auf Bänken und Treppenstufen. Oder
rasen verzweifelt, angetrieben vom Jazz-
rhythmus der Musik von Peter Thomas,
durch die leeren Hallen. Wie der Schau-
spieler, der am Abend den Lear in Hanno-
ver hätte spielen sollen, die Rolle seines
FOTO: DARLING BERLIN
Forscher wollen befreundeten Fami-
lien während der Pandemie mehr
FOTO: THE MUSEUM OF INNOCENCE
in Konstantinopel, indem er sich auf der
Insel Büyükada im Marmarameer nieder-
ließ. Er bemerkte, wie mangelhaft die Qua-
rantäneregeln in der Stadt befolgt wurden,
und erklärte, die Türken seien ihrer Religi-
on wegen „Fatalisten“.
Rund eineinhalb Jahrhunderte später
schrieb auch Defoe in der „Pest zu Lon-
don“, Türken und Mohammedaner hingen
der Idee einer Vorsehung an, nach der „je-
des Menschen Ende vorbestimmt“ sei.
Mein Seuchenroman sollte mir beim Nach-
denken helfen, über muslimischen „Fata-
lismus“ im Kontext von Säkularisierung
und Moderne.
Ob fatalistisch oder nicht: Historisch be-
trachtet, waren Muslime schon immer
Lebens. Jetzt ist er sie los, weil er sich un-
erlaubt fortgestohlen hatte nach Berlin,
um ein Hörspiel aufzunehmen.
Berlin war 1962 eine Insel, bis auf ein
paar Transitkanäle kam man nur mit dem
Flugzeug dorthin. Der Flughafen selbst
wird nun zum Kondensat dieser Isolation.
Wie zum Hohn strahlt die Schrift der gro-
ßen Autoreklame in der Halle ins harte
Schwarz-Weiß der Filmbilder. Aber da be-
wegt sich ja nichts mehr. Bis zum Morgen.
Eine Nacht wie Wochen Ausgangssperre.
Verdichtet. Wer nicht schläft oder rast,
treibt somnambul durch den Flughafen.
Wie das brillant schöne Filmsternchen,
das die junge Hannelore Elsner spielt. Ihr
letztes Geld gab sie für den Friseur aus,
nun sondiert sie die Möglichkeiten der
Nacht, doch die Herren wirken wenig at-
traktiv. Am Ende verschwindet sie mit
zwei zweifelhaften Halbstarken, die schon
die ganze Zeit wie Hyänen auf sie lauern.
Und dann gibt es da noch einen reinen
Corona-Moment. Ein polnisches Jazzquin-
tett ist ebenfalls gestrandet und beginnt
zu spielen. Die angetrunkenen Geschäfts-
leute organisieren einen Flügel aus dem
amerikanischen Casino, die Sängerin
singt schwermütige Kantilenen. Es fühlt
sich genau wie jetzt an, wenn Menschen
auf ihren Balkonen für ihre Nachbarn Mu-
sik machen. Im Film schauen die Exempla-
re menschlichen Strandguts mit dem Lä-
cheln eines versonnenen Glücks den Musi-
kern zu. Davor hatten sie sich noch über
die Polen aufgeregt. egbert tholl
11
Familienbanden
Kontakt gestatten  Seite 14
schwerer als Christen davon zu überzeu-
gen, Quarantäneregeln zu akzeptieren, ins-
besondere im Osmanischen Reich. Die wirt-
schaftlichen Gründe, aus denen Händler
und Bauern aller Konfessionen sich gegen
die Quarantäne wehrten, mischten sich in
islamischer Umgebung mit Vorstellungen
von weiblicher Sittsamkeit und häuslicher
Privatsphäre.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts, als sich das Dampfschiff als Ver-
kehrsmittel durchsetzte und man billiger
reiste, wurden die Pilger, die nach Mekka
oder Medina unterwegs waren oder von
dort zurückkamen, zu den effektivsten Ver-
breitern ansteckender Krankheiten in der
Welt. Um die Wende zum 20. Jahrhundert
richteten die Briten deswegen eine der
größten Quarantänebehörden der Welt im
ägyptischen Alexandrien ein. Solche Ent-
wicklungen waren nicht nur dafür verant-
wortlich, dass sich das Stereotyp vom isla-
mischen „Fatalismus“ durchsetzte, son-
dern auch für die Vorstellung, dass Mus-
lims oder asiatische Völker überhaupt Aus-
gang und Träger ansteckender Krankhei-
ten seien.
Wenn eine bessere Welt aus der
Pandemie hervorgehen soll,
müssen wir zueinander stehen
Wenn Raskolnikow, der Held in Fjodor
Dostojewskis Roman „Verbrechen und
Strafe“, am Ende des Buches von der Pest
träumt, tut er das in dieser Tradition: „Ihm
träumte …, die ganze Welt sei dazu verur-
teilt, einer furchtbaren, noch nie dagewese-
nen und unvorstellbaren Seuche, die aus
dem Inneren Asiens über Europa dahin-
zog, zum Opfer zu fallen.“ Auf Landkarten
aus dem 17. und 18. Jahrhundert wurde die
politische Grenze des Osmanischen
Reichs, die Linie, wo die Welt jenseits des
Westens zu beginnen schien, durch die Do-
nau definiert. Doch wurde die kulturelle
und anthropologische Grenze zwischen
den beiden Welten durch die Pest gezogen,
dadurch, dass die Wahrscheinlichkeit, sich
anzustecken, östlich der Donau wesentlich
höher war.
Etliche historische Dokumente lehren
uns, dass in den Moscheen von Konstanti-
nopel immer noch Begräbnisfeiern abge-
halten wurden, während draußen die Pest
wütete. Die Trauernden besuchten einan-
der, um ihr Beileid auszudrücken und sich
weinend zu umarmen, und es erschien
wichtiger, sich angemessen für die nächste
Bestattung vorzubereiten, als sich zu fra-
gen, woher die Seuche kam und wie sie
sich verbreitete.
Während der jüngsten Pandemie hat
sich die türkische Regierung für einen sä-
kularen Zugriff entschieden: Begräbnisfei-
ern für die Opfer der Krankheit wurden ver-
boten. An Freitagen wurden die Moscheen
rigoros geschlossen, an den Tagen also, an
denen sich die Gläubigen zum wichtigsten
Gebet der Woche zu versammeln pflegen.
Die Türken haben sich diesen Maßnahmen
nicht widersetzt. So groß unsere Angst
sein mag: Sie ist auch weise und voraus-
schauend.
Wenn aus dieser Pandemie eine bessere
Welt hervorgehen soll, werden wir zueinan-
der stehen müssen, bescheiden und solida-
risch, so wie es dieser historische Augen-
blick erfordert.
Orhan Pamuk ist Schriftsteller und wurde 1952 in
Istanbul geboren, wo er immer noch lebt. 2006 be-
kam er den Literaturnobelpreis. „Pestnächte“ soll
auf Deutsch im Herbst 2021 bei Hanser erscheinen.
Aus dem Englischen von Thomas Steinfeld.
Hilfe vom Staat
Bund unterstützt Ensembles und
zahlt Ausfallhonorare für Künstler
Der Bund stellt ab sofort bis zu 5,4 Millio-
nen Euro Soforthilfe für freie Orchester
und Ensembles zur Verfügung. Das Pro-
gramm ziele darauf ab, künstlerisches
Arbeiten trotz der Corona-Pandemie zu
ermöglichen, sagte Kulturstaatsminis-
terin Monika Grütters am Mittwoch. An-
tragsteller können bis zu 200 000 Euro er-
halten. Ein Schwerpunkt liege auf der För-
derung von Präsentations- und Vermitt-
lungsformaten, die in Reaktion auf die
Pandemie entwickelt werden. Das Hilfs-
programm läuft bis Ende 2020 und rich-
tet sich an professionelle, nicht überwie-
gend öffentlich finanzierte Orchester
und Ensembles mit Sitz in Deutschland.
Die Mittel dafür stammen aus dem För-
derprogramm „Exzellente Orchesterland-
schaft Deutschland“. Sie würden nun für
das Corona-Hilfsprogramm umgewid-
met.
Grütters kündigte außerdem an, dass
die vom Bund geförderten Kulturinstitu-
tionen Künstlerinnen und Künstlern in
der Corona-Krise Ausfallhonorare zah-
len. Für abgesagte Veranstaltungen sol-
len sie bis zu 60 Prozent der Gage erhal-
ten, sofern der Vertrag bis zum 15. März
geschlossen wurde.
Darüber hinaus arbeitet die Kultur-
staatsministerin den Angaben zufolge
mit dem Bundesfinanzminister an einem
Strukturfonds für die Kultur. Über die
Höhe werde verhandelt. Der Kulturrat
hatte einen Notfallfonds von 500 Millio-
nen Euro gefordert. epd
12 FEUILLETON
KURZ GEMELDET
Germano Celant gestorben
Der Grund, warum der Kurator Germa-
no Celant berühmter wurde als manche
seiner Kollegen, war die Erfindung eines
Begriffs: „Arte Povera“. Im Jahr 1967,
einer Zeit des Umbruchs, erschienen
italienische Künstler mit etwas außerge-
wöhnlich Neuem auf der internationalen
Bühne. Einer Kunst, die aus alltäglichen
„armen“ Materialien sowohl Poesie wie
Protest erzeugte, sich provokant distan-
zierte von schöner Bildware und Skulp-
tur. Dieser losen Gruppe, zu der Giusep-
pe Penone, Alighiero Boetti, Piero Manzo-
ni, Jannis Kounellis oder Michelangelo
Pistoletto gehörten, schuf Celant die
stimmige Parole mit seinem Manifest:
„Arte Povera, Notes for a Guerilla.“ Spä-
ter war Celant, der Kunst immer in ihren
politischen und sozialen Zusammenhän-
gen beschrieb, ein Pionier der kontextua-
lisierten Ausstellung. Er zeigte Werke
eingebettet in verschiedene Vermitt-
lungsformate, weil Konzeptkunst eben
erklärt werden muss. Ab 1993 entwickel-
te er als Chefkurator der Fondazione
Prada viel bedeutende Themen- und
Einzelausstellungen zur Gegenwarts-
kunst. Jetzt ist der 80-jährige Ausnahme-
Kurator an den Folgen einer Covid-19-In-
fektion gestorben. till briegleb
Oscar-Academy ändert Regel
Die Academy of Motion Picture Arts and
Sciences, die jedes Jahr die Oscars ver-
gibt, ändert temporär die Regeln für die
nächste Verleihung. Normalerweise
muss ein Film mindestens eine Woche
lang exklusiv in ausgewählten Kinos
laufen, um für die Mitglieder der Acade-
my wählbar zu sein – selbst Netflix-Pro-
duktionen wie „The Irishman“ unterwar-
fen sich dieser Regel. Diese Vorausset-
zung ist unter Corona-Bedingungen
jetzt aufgehoben, allerdings nur für
dieses Jahr. sz
Schauspieler Irrfan Khan tot
Der typische Schönling des indischen
Kinos war er nicht – und vielleicht ist
das der Grund, warum auch der westli-
che Blick bei seiner Karriere eine große
Rolle spielte. Irrfan Khan, geboren 1966
in Jaipur, musste sich Jahrzehnte lang
mit billigen TV-Soaps durchschlagen,
bis der britische Regisseur Asif Kapadia
ihn für sein in Indien gedrehtes Low-
Budget-Debüt „The Warrior“ entdeckte.
Danach wurde Khan mit dem Rebellen-
Epos „Paan Singh Tomar“ auch in seiner
Heimat zum Star, die Bezeichnung „Bol-
lywood“ für die Erfolge des indischen
Kinos lehnte er aber immer ab. Internati-
onale Regisseure besetzten ihn in
Filmen wie „Slumdog Millionär“ als
Polizeichef oder in „Life of Pi: Schiff-
bruch mit Tiger“, wo er den Helden im
Erwachsenenalter spielte. 2018 machte
Irrfan Khan seinen Kampf gegen Krebs
öffentlich und schien ihn auch zu gewin-
nen, er drehte weiter. Am Mittwochmor-
gen aber kam die Nachricht, dass er im
Alter von 53 Jahren in Mumbai gestor-
ben ist. kni
von nicolas freund
W
er dazugehört oder eben
nicht, das hat viel mit den
Geschichten zu tun, die wir
uns erzählen. In Zeiten, die
von Diskussionen über
Herkunft und Gruppenzugehörigkeiten
aller Art bestimmt werden, ist es beson-
ders erstaunlich, wie schnell, verglichen
mit anderen historischen Phasen, das
Distinktionsmerkmal der Migration seine
Unterscheidungsmacht verliert. Oder
eben nicht. Das zeigt sich besonders an der
Entwicklung des Genres Western, dieser
amerikanischen Abenteuererzählung von
Freiheit und Selbstverwirklichung. Die
1985 in Belgrad geborene amerikanische
Autorin Téa Obreht hat es zum Beispiel
gerade neu interpretiert, in ihrem Roman
„Herzland“.
Die ersten Pioniere, die den nord-
amerikanischen Kontinent erschlossen
und besiedelten, waren Migranten, die,
wie Einwanderer heute noch, in die neue
Welt kamen, um dort ein neues Leben zu
beginnen. Die bis in die Gegenwart wirken-
de Vorstellung vom Land der unbegrenz-
ten Möglichkeiten stammt auch aus dieser
Zeit, als die Weite des für die Siedler unbe-
rührten Landes versprach, für jeden alles
nur Erdenkliche bereitzuhalten. Im verklä-
renden Rückblick historischer Erzählun-
gen bleiben von den Möglichkeiten häufig
vor allem die Viehzucht und die Suche
nach Gold übrig und weiße Männer zu
Pferd, die das vermeintlich so wilde Land
zähmen. Tatsächlich waren es schon
immer viele Randgruppen der Gesell-
schaft, Mexikaner, Indianer und freigelas-
sene schwarze Sklaven, die das Leben führ-
ten, das man im Kino des 20. Jahrhunderts
glorifizierte.
„Die Geschichte der Besiedlung Ameri-
kas war wesentlich komplexer als der My-
thos. Ich wollte einen Western schreiben,
der nicht voll von den Leuten ist, die ich in
Western immer schon gesehen hatte“, sagt
Teá Obreht. Eigentlich hätte sie ihren neu-
en Roman auch in Deutschland vorstellen
sollen. Aber mit der ganzen Lesereise muss-
te auch unser Treffen in München in der
Corona-Pandemie abgesagt werden. Jetzt
spricht die Autorin eben via Skype über ihr
Buch, meldet sich tatsächlich aus dem
Herzen des amerikanischen Kontinents,
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Mache ich mich über all das wirklich noch lustig? – Szene aus der Doku „Beastie Boys Story“.
Gütige Abscheu
Der Regisseur und Indiefilm-Großmeister Spike Jonze hat
einen Dokumentarfilm über die „Beastie Boys“ gedreht
von jakob biazza
D
en stärksten Moment hat
Adam Horovitz, als er einen
Tiefpunkt rezitiert. Es sind
Zeilen aus dem Beastie Boys-
Song „Girls“ und sie gehen
so: „Girls, to do the dishes / Girls, to clean
up my room / Girls, to do the laundry /
And in the bathroom – girls“.
Horovitz, besser bekannt als Ad Rock,
Rapper und Gitarrist der Band, steht auf
der Bühne des Kings Theatre in Brooklyn,
als er diesen Unfug spricht. Zusammen
mit Michael „Mike D“ Diamond führt er
dort eine Beteiligtenversion des gemein-
samen Wikipedia-Eintrags auf, die Regis-
seur Spike Jonze eben als Live-Doku für
Apple umgesetzt hat. Eine gute Doku, zu
deren großen Stärken es gehört zu zeigen,
wie die beiden mit gütiger Abscheu auf
die Zeit von „Girls“ zurückblicken. Jonzes
„Beastie Boys Story“ ist nämlich unter an-
derem eine über Veränderung.
Man hört also von einer Band, die einst
(und angeblich im Scherz), nach Ideen
fürs Bühnenbild der ersten Tour gefragt,
ein meterhohes DJ-Pult bestellte, das
aussah wie ein Sixpack Dosenbier. Dazu
Wyoming, wohin sie mit Mann und Hund
vor dem Virus und der Enge New Yorks
geflohen ist. Sie redet schnell und mit sol-
chem Enthusiasmus, dass sie fast außer
Atem gerät.
Obreht kam mit zwölf Jahren in die USA.
Heute staunt sie, wie zu Hause sie sich dort
fühlt, obwohl sie zu dem Ort zuerst keine
Beziehung hatte: „Ich glaube, das gehört
zu den emotionalen Gründen dafür, dass
der Mythos des amerikanischen Westens
so mächtig ist. Auch die Pioniere erlebten
das so, aber es ist natürlich eine Illusion,
und aus diesem Gefühl entwickelten sich
alle möglichen gefährlichen sozialen Dyna-
miken während der Zeit der Besiedlung.“
Es ist davon auszugehen, dass sich die
in den USA so wichtige Identitätspolitik
auch heute noch daraus speist. Zumal sich,
findet Téa Obreht, die psychologischen Ef-
fekte von Migration über die Jahrhunderte
gar nicht so sehr unterschieden: „Ein
Land, eine Sprache, eine Familie zurückzu-
lassen bedeutete – vor allem im 19. Jahr-
hundert – sie wahrscheinlich nie wiederzu-
sehen. Diese emotionale Einsamkeit hat
sich bis heute nicht geändert und wird
auch nicht verschwinden, weil sich die Um-
stände der Migration verändern.“ Auch
wer wo und wie eine neue Heimat finden
darf, ist noch heute nicht gleich verteilt.
Für manche ist das Leben als Migrant län-
ger und härter als für andere, besonders
im Western.
Fußnoten und Nebengeschichten
des alten Wildwest-Mythos stehen
im Zentrum von Obrehts Roman
Zwei Erzählstränge hat Obreht in „Herz-
land“ miteinander verstrickt, der eine,
kann man sagen, bewegt sich durch den
Raum, der andere eher durch die Zeit, und
sie treffen irgendwann aufeinander, ganz
anders als erwartet. Beide handeln von
Menschen, die in den Erzählungen der
Frontier sonst kaum eine Rolle spielen.
Von der Ostküste aus macht sich Lurie,
Waise und Kind osmanischer Einwande-
rer, mit seinem Kamel auf den Weg ins
Herz des Kontinents. Nach einer kriminel-
len Blitzkarriere, die in ihrer Brutalität und
Willkür an Cormac McCarthys blutigen An-
tiwestern „Die Abendröte im Westen“ erin-
nert, muss er sich vor der Justiz verstecken
Zeitung GmbH,
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Go-go-Tänzerinnen und einen hydrauli-
schen Penis. Und man erlebt Künstler, die
irgendwann ausbrannten und sich frag-
ten: Mache ich mich über all das wirklich
noch lustig? Oder bin ich nicht längst zu
dem Typen geworden, der Frauen bloß
zum Putzen, Aufräumen und Wäschewa-
schen klasse findet? Überschrift der Rol-
ling Stone-Rezension zum Debüt: „Drei
Idioten erschaffen ein Meisterwerk“.
Zu den Schwächen der Doku gehört,
dass nur Diamond und Horovitz die Ant-
worten geben. Und zum Beispiel nicht
auch die Schlagzeugerin Kate Schellen-
bach, die gleich zu Beginn aus der Band ge-
drängt wurde, weil sie nicht ins Konzept
der Plattenfirma passte. Diamond und Ho-
rovitz behalten also doch etwas Kontrolle
über die eigene Geschichte, und es wäre
vermutlich interessant, was Adam Yauch,
besser bekannt als MCA, dazu gesagt hät-
te. Der Bassist und Rapper ist 2012 an
Krebs gestorben – und hat eine große Lü-
cke hinterlassen.
Es war ja vor allem Yauch, der immer
weiter wollte. Was zunächst hieß, dass er
ausstieg. Das Sixpack-Podest, die Go-Gos
und der Penis, acht Meter hoch übrigens,
zerdrückten die Seele des Menschen, der
L I T ER AT U R
Kamele für
die Cowboys
Western kennt man.
Hätte man sie ganz anders erzählen müssen?
Ein Gespräch mit Téa Obreht
Mit ihrem Debütroman „Die Tigerfrau“ gelang Téa Obreht 2011 der
Durchbruch als Schriftstellerin.
FOTO: ATIBA JEFFERSON/APPLE
auf dem Album „Ill Communication“ An-
fang der Neunziger skandierte, die Re-
spektlosigkeit gegenüber Frauen müsse
endlich aufhören: „To all the mothers and
the sisters and the wives and friends / I
want to offer my love and respect to the
end“. Ein Acht-Meter-Phallus wirft einen
großen Schatten auf einen Menschen, der
so denkt.
Und der mit diesem Denken die Kolle-
gen immer wieder mitzog. Er sei lieber ein
Heuchler als jemand, der stur derselbe
bleibe, hat Ad Rock einmal gesagt, als
man ihm genau das vorwarf: Heuchelei.
Wegen der Diskrepanz zwischen seinen al-
ten und seinen neueren Texten.
Als der Satz in der Doku auftaucht, be-
reitet er noch eine Veränderung vor. Im In-
terview mit dem Moderator James Cor-
den räumt Horovitz da ein, dass womög-
lich altes Material veröffentlicht werden
könnte. Bislang undenkbar. Im Netz dreh-
ten die Fans durch. Ein neues Beastie-
Boys-Album? Womöglich sogar wieder
Auftritte? Man wünscht sich das natür-
lich. Und fürchtet es gleichzeitig: Die Büh-
ne jedenfalls, selbst in diesem nicht im-
mens großen Theater, wirkt doch sehr
weitläufig für nur zwei Menschen.
FOTO: ILAN HAREL
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
Ein, zwei, viele
Ausgangssperren
Ägyptens Notstände. Von Khaled al-Khamissi
Die Regierungsentscheidungen für den
Fastenmonat Ramadan sind ein Schlag
für alle, die wie ich ein Maximum an Vor-
sichtsmaßnahmen befürworten. Der Be-
ginn der Ausgangssperre ist von anfangs
sieben Uhr abends, dann acht, nun auf
neun Uhr verschoben. Shopping Malls
und Geschäfte dürfen die ganze Woche
geöffnet haben, auch freitags.
Der Ministerpräsident stellte sogar
eine baldige Rückkehr zum Binnentouris-
mus in Aussicht. Doch wie oft bei Politi-
kern brachte er in einem Satz zwei konträ-
re Ideen unter, nämlich ein entschlosse-
nes Vorgehen gegen das Virus und eine Be-
lebung der Wirtschaft. Der erste Witz er-
reichte mich fünf Minuten nachdem die
Lockerung verkündet worden war: „Von
jetzt an vertrauen wir nicht mehr auf das
Bewusstsein der Ägypter, sondern auf das
Bewusstsein des Virus.“ Minuten später
folgte der zweite Witz: „Auf den Straßen
sind viele Menschen unterwegs. Hoffen
wir, dass sich wenigstens das Virus an die
Auflagen hält und zu Hause bleibt.“
Diejenigen, die die Regierungsbe-
schlüsse verteidigen, weisen darauf hin,
dass Deutschland ebenfalls Lockerungen
erlaubt. Der renommierte Wirtschaftswis-
senschaftler Wael Gamal gab allerdings
zu bedenken, dass sich laut Weltbank die
Gesundheitsausgaben in Deutschland
2017 auf rund 3900 Dollar pro Kopf belie-
fen, während sie pro Ägypter bei etwa
35 Dollar liegen.
Unterdessen fiel mir Siad Ibn Abihi ein,
der als erster Herrscher der arabischen Ge-
schichte eine Ausgangssperre verhängt
hatte. Siad Ibn Abihi, geboren im Jahre
der Hidschra, des Auszugs des Propheten
Muhammad aus Mekka nach Medina,
wurde mit Beginn des Kalifats der Omaija-
den Gouverneur von Basra. Dort rief er
einen Notstand aus und drohte, jeden zu
töten, der die Ausgangssperre verletze.
Am Ende wurden tatsächlich drei Unterta-
nen deshalb hingerichtet.
Einmal bei der Sache, ging ich in Gedan-
ken alle Ausgangssperren durch, die ich er-
lebt habe. Die erste wurde im Januar 1977
verhängt. Ich war damals fast fertig mit
der Mittelschule. Nachdem die Regierung
beschlossen hatte, die Preise für Grund-
nahrungsmittel wie Brot, Tee, Reis, Zu-
cker und Fleisch anzuheben, gingen von
Alexandria im Norden bis Assuan im Sü-
den die Menschen zu „Brotdemonstratio-
nen“ auf die Straße. Meine Schule lag in
der Nähe des Tahrir-Platzes, und ich hörte
sie skandieren: „Er – also Staatspräsident
Anwar al-Sadat – ist nach der letzten Mo-
de gekleidet, und wir wohnen zu zehnt in
einem Zimmer.“ Der Aufstand nahm sol-
che Ausmaße an, dass Sadat sich nach As-
suan absetzte. Doch als sich herausstellte,
dass die Proteste nur dem Brotpreis gal-
ten, verhängte er eine Ausgangssperre,
ließ Tausende verhaften und erklärte, das
sei „ein Aufstand der Diebe“.
Die zweite Ausgangssperre wurde im
Oktober 1981 verhängt. Ich hatte mein
und schließt sich einem Trek der amerika-
nischen Armee an.
Obreht stellt damit eine faszinierende
Fußnote der amerikanischen Frontier-Ge-
schichte ins Zentrum ihres Romans:
Tatsächlich gab es vor dem Bürgerkrieg
für kurze Zeit ein United States Camel
Corps, einen Verband der Armee, der Ka-
mele, obwohl man auf ihnen auch reiten
kann, vor allem als Lasttiere einsetzte.
Man stelle sich vor, das Kamel hätte sich
damals gegen das Pferd durchgesetzt. Ob
dann die Filmkarrieren von Clint East-
wood und John Wayne so ohne Weiteres
möglich gewesen wären? Hätte das Kamel
den Mythos vom männlichen, weißen
Cowboy verhindern können?
Dass nicht nur weiße, kernige Männer
die Frontier voranbrachten, erzählt auch
der zweite Handlungsstrang, in dem eine
Familie in Arizona dem trockenen, ab-
gelegenen Land die versprochenen unbe-
grenzten Möglichkeiten abtrotzen muss.
Es gibt Streit mit den Nachbarn, der vor al-
lem über die Lokalzeitungen ausgetragen
wird. Auch das eine schöne Nebengeschich-
te des Westens: All die Zeitungen, von de-
nen in den letzten Jahren viele verschwun-
den sind, und die im 19. Jahrhundert in
jedem noch so kleinen Örtchen gegründet
wurden, waren jahrzehntelang das diskur-
sive Rückgrat der amerikanischen Gesell-
schaft.
Die Welt der Erzählung entsteht
immer aus den Dialogen, nichts
erscheint nur vorgefunden
Auch in der entlegenen Kleinstadt ist
der Tod keine Seltenheit, manchmal stirbt
jemand schon, weil es einfach zu heiß ist.
Das Leben ist hart, nicht nur für Cowboys.
Die Kinder erzählen, sie hätten bei der
Scheune ein Monster beobachtet. Manche
Monstergeschichte aus dem amerikani-
schen Hinterland hält sich bis heute besser
als die Erinnerung an die Kamele, die eine
kurze Zeit die Chance hatten, den Pferden
davonzuziehen. Komisch und traurig
zugleich, als hätte es gar nicht anders
kommen können, zeigt der Roman in
diesen beiden Erzählungen, wie Mythen
und Legenden entstehen und jahrhunder-
telang wirken oder sofort wieder verges-
sen werden.
zweites Studienjahr der Politikwissen-
schaften begonnen. Am 3. September ließ
Sadat nach einer Washingtonreise mehr
als 3000 Ägypter verhaften, darunter
Schriftsteller, Journalisten und Geistli-
che, er verbot oppositionelle Zeitungen
und schickte Papst Schenuda III., das
Oberhaupt der koptischen Kirche, in die
Wüste – eine beispiellose Provokation.
Meine Dozenten waren überzeugt, dass
dies Sadats politisches Ende sei, ich erin-
nere mich gut an die Diskussionen. Dann
ermordeten islamistische Extremisten
den Präsidenten und die Ausgangssperre
endete nach über einem Monat.
WELT IM
FIEBER
Das Virus trifft die ganze Menschheit.
Einige Orte erfasst es früher,
andere später. Sechs Literaten aus
sechs Ländern führen eine
globale Chronik. Heute: Ägypten
Am 25. Februar 1986 spielte ich Fußball
mit Freunden, ich wollte bald heiraten
und mein Studium in Frankreich an der
Sorbonne abschließen. Präsident Hosni
Mubarak versuchte, alle politischen Strö-
mungen einzubinden und jedem um den
Bart zu gehen, der ihm nützte, was zu
einem Zustand der Stabilität führte, aber
das ganze Land in einen brackigen, faulig
stickenden Tümpel verwandelte. Da kam
das Gerücht auf, die Armee wolle den
Wehrdienst für alle Rekruten ohne Schul-
abschluss von drei auf fünf Jahre verlän-
gern. Daraufhin verließen 20 000 Solda-
ten des Zentralen Sicherheitsdienstes in
Gizeh ihre Kasernen und zündeten an den
Pyramiden Geschäfte und Hotels an. Zu-
fällig waren wir noch spät unterwegs und
sahen, wie ein Hotel in Flammen aufging,
ein Anblick, den ich nie vergessen werde.
Die Welle der Gewalt und Unsicherheit
dauerte eine Woche. So lange herrschte
auch die Ausgangssperre, während
schwerbewaffnete Einheiten versuchten,
die Lage unter Kontrolle zu bringen.
Seit dem Sturz Mubaraks 2011 haben
wir so viele Einschränkungen und Aufla-
gen durchlebt, dass wir uns schon daran
gewöhnt haben. Ich habe mehr Jahre un-
ter dem Ausnahmezustand verbracht als
ohne, er ist mir schon fast zur Normalität
geworden. Bleibt die entscheidende Fra-
ge: Warum bloß gilt für uns Ägypter von
neun Uhr abends an eine Ausgangssperre,
wo doch das Land den ganzen Tag über
vor Leben nur so rumort? In der nächsten
Woche werde ich versuchen, darauf eine
Antwort zu finden.
Khaled al-Khamissi ist ein ägyptischer Schriftstel-
ler. Aus dem Arabischen von Markus Lemke
Ein weiterer Mythos, mit dem Obreht
aufräumen möchte, ist der des unberühr-
ten Landes: „Amerika ist zu Recht stolz auf
seine wilden Landschaften. Sie sind etwas
Schönes, das man zu bewahren geschafft
hat. Die Namen und die kulturelle Bedeu-
tung des Landes wurden aber über Tausen-
de Jahre durch amerikanische Ureinwoh-
ner geprägt. Die Landschaft selbst, auch
wenn sie unberührt erscheint, von Brän-
den und Erosion geprägt. Die Geschichten
von der Wildnis des Westens blenden das
aus.“
Obreht erzählt in „Herzland“ in einem
chronikartigen Ton, der manchmal an
Gabriel García Márquez’ „Hundert Jahre
Einsamkeit“ erinnert, obwohl der Magi-
sche Realismus, der Obreht oft unterstellt
wird, bei ihr keine große Rolle spielt. In
den Vergleichen mit McCarthy und Már-
quez erkennt sie sich trotzdem wieder:
„Beide schreiben keine atheistischen Ge-
schichten. Sie setzen sich immer mit der
Gebrechlichkeit des Menschlichen ausein-
ander und mit der Möglichkeit des Über-
natürlichen. Das spricht mich sehr an.“
Und dann stehen da immer wieder
Sätze wie: „Zwei Tage oder tausend Jahre
später begruben sie Evelyn auf dem Hügel
hinterm Haus.“ Da wird ausgestellt, wie
sehr das Erzählen die erzählte Welt struktu-
riert, wenn auch nach historischen Maß-
gaben. Diese Welt entsteht aber immer aus
Gesprächen und Zwischenmenschlichem
und der Roman tut auch nicht, wie die meis-
ten Mythen, so, als habe er eine Geschichte
vorgefunden. Es ist zu spüren, dass hier et-
was erschaffen wird, ein Gegenentwurf zu
den genauso erfundenen, wirkmächtige-
ren Erzählungen, die darüber entscheiden,
wer zu Amerika gehört und wer nicht.
Auch im Leben mit dem Virus und mit
Einschränkungen des öffentlichen Lebens
wirken sich diese alten Geschichten und al-
ten Unterschiede noch einmal neu aus. Téa
Obreht nutzt das vorübergehende Exil im
amerikanischen Herzland zum Schreiben
an ihrem dritten Roman, einer dystopi-
schen Robinsonade. Man hofft, dass sie
diesmal die Geschichte nicht neu schrei-
ben muss.
Téa Obreht: Herzland. Roman. Aus dem Englischen
von Bernhard Robben. Rowohlt, Berlin 2020.
512 Seiten, 24 Euro.
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
von christina berndt
und christian endt
E
ltern von Kita-Kindern blicken
momentan ebenso neidisch
nach Norden wie Ladenbesitzer,
Kneipenwirte und Wirtschafts-
bosse. Sehnsüchtig fragen sie
sich: Könnte Deutschland es nicht ebenso
halten wie Schweden – mit weniger Verbo-
ten und mehr Laisser-faire? Denn in den
Augen vieler von der Corona-Krise gebeu-
telten Menschen zeigt der Weg, den die Re-
gierung in Stockholm eingeschlagen hat,
dass es auch ohne die rigiden Vorschriften
geht, die Menschen hierzulande das Leben
schwer machen. Schließlich gab es im
Fernsehen bisher keine Berichte von Kühl-
lastern vor schwedischen Kliniken und
von übervollen Beerdigungsinstituten,
wie sie aus New York gezeigt wurden, und
schon gar keine Massengräber, wie sie der-
zeit in Brasilien ausgehoben werden.
Doch ein genauerer Blick gen Norden
kann den sehnsuchtsvollen Blick schnell
trüben. Zwar wirkte der Verlauf der Epide-
mie in Schweden zunächst verhältnismä-
ßig zahm, aber die Entwicklung der letz-
ten Tage ist keineswegs so positiv verlau-
fen, wie sie Befürworter von mehr Locke-
rungen gerne vortragen.
Tatsächlich geht Schweden relativ frei-
zügig mit der Corona-Krise um. Es gibt
nur wenige strikte Verbote. So sind An-
sammlungen von mehr als 50 Personen
untersagt sowie Besuche in Altenheimen
und Pflegeeinrichtungen. Außerdem wur-
den Universitäten und die höheren Schul-
klassen geschlossen. Aber so freizügig
sind die schwedischen Regelungen nun
auch wieder nicht. Es gibt eine Reihe von
sehr ernst gemeinten Empfehlungen zur
Eindämmung des neuen Coronavirus: Die
Bürger sollen möglichst zu Hause bleiben
und im Home-Office arbeiten. Zudem sol-
len sie Abstand halten, auch in Gaststät-
ten, wo es zudem weitere Auflagen gibt.
Die Moral in der Bevölkerung
sinkt, die Regierung erwägt
strengere Maßnahmen
Offenbar haben diese Maßnahmen zu
Beginn der Epidemie Erfolg gehabt, viele
Schweden haben sie brav befolgt. So sag-
ten 96 Prozent der Bürger ihre Reservie-
rungen an den beiden populärsten schwe-
dischen Urlaubsorten wieder ab, als die Re-
gierung wiederholt darum bat, in den Os-
terferien zu Hause zu bleiben. Auch beweg-
ten sie sich kaum: Im Verlauf des März
sank die Nutzung öffentlicher Verkehrs-
mittel in Stockholm auf etwa die Hälfte.
Doch jetzt sinkt die Moral, die Mobilität
hat schon wieder fast Normalniveau er-
reicht. Und zugleich greift Sars-CoV-2 im-
mer brutaler um sich: Bezogen auf seine
Einwohnerzahl von rund zehn Millionen
sind in Schweden ähnlich viele Menschen
positiv auf eine Infektion mit dem Corona-
virus getestet worden wie in Deutschland,
nämlich rund 197 pro 100 000 Einwohner
(Deutschland: 191). Doch die Kurve steigt
in Schweden weiter steil an, während die
Zahl der festgestellten Neuinfektionen in
Deutschland und vielen anderen europäi-
schen Ländern längst sinkt oder zumin-
dest langsamer wächst. In Schweden gab
es lange Zeit rund 500 Neuinfektionen pro
Tag, derzeit sind es 600 (siehe Grafik).
Ministerpräsident Stefan Löfven hatte
deshalb schon dringend an die Bürger ap-
pelliert, sie mögen sich bitte weiterhin an
die Vorgaben halten, sonst drohten härte-
re Maßnahmen. Ähnlich äußerte sich Au-
ßenministerin Ann Linde im Interview mit
dem britischen Guardian: „Wir haben so
ziemlich die gleichen Ziele wie jede andere
Regierung, und wir sind jederzeit bereit,
mehr bindende Regeln aufzustellen, wenn
die Bevölkerung nicht folgt.“ Gerade erst
wurden in Stockholm fünf Restaurants
und Cafés geschlossen, weil die Lokale ih-
re Gäste nicht gleich nach dem Verzehr ih-
res Mahls zum Aufbruch gebeten hatten.
Nun ist die Zahl der Neuinfektionen ei-
ne nicht sehr verlässliche Größe, um die
Corona-Last in einem Land zu beurteilen.
Denn sie hängt vor allem davon ab, wie vie-
le Tests vorgenommen werden – und ob
gezielt in jenen Bevölkerungsgruppen ge-
testet wird, die ein hohes Infektionsrisiko
haben. Dass Schweden mittlerweile nicht
La Dolce Vita …pure Lust auf Leben
mit 2 Nächten für 2 Personen in Bad Füssing
Das ****Wunsch-Hotel-Mürz bietet eine ganzheitliche Philosophie und
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Norden in Not
Schweden geht recht freizügig mit der Corona-Epidemie um.
Doch steigende Todeszahlen bringen die Regierung ins Zweifeln
Volle Cafés und belebte Plätze prägen Mitte April das Bild in Malmö.
„Wir sind jederzeit bereit, mehr bindende Regeln aufzustellen, wenn die Bevölkerung
nicht folgt“, warnt Schwedens Außenministerin.FOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA
Das Coronavirus in Schweden
Bestätigte Infektionsfälle
20 000
15 000
10 000
5000
0 0
31.1. 10.2. 20.2.
Mobilität Verkehrsaufkommen gemessen an Anfragen beim Apple-Kartendienst, relativ zum 13. Januar (= 100%)
120
80
40
0 SZ-Grafik: Dalila Keller; Quelle: Apple
19.01.
mehr so gut dasteht, wie es zunächst aus-
sah, zeigt daher vor allem die Statistik der
Todesfälle. Die Zahl der offiziellen Co-
vid-19-Toten hat in Schweden am Mitt-
woch 2462 erreicht. Sie ist damit bezogen
auf die Einwohnerzahl dreimal so hoch
wie in Deutschland, wo sie am selben Tag
bei 6168 lag. Sie ist pro Kopf sogar fünfmal
so hoch wie in Norwegen und zehnmal so
hoch wie in Finnland. Und sie wächst un-
aufhörlich weiter. In jeder Woche sterben
in Schweden rund 500 nachweislich mit
Sars-CoV-2 Infizierte.
Deutlich entwickelt sich auch die soge-
nannte Übersterblichkeit, die ein beson-
ders verlässlicher Indikator für die Drama-
tik des Geschehens ist: Damit ist das Plus
an Todesfällen gemeint, das sich in einem
Zeitraum im Vergleich zum langjährigen
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Übersterblichkeit
Bestätigte Covid-Todesfälle
langjähriger Mittelwert je Woche
2500
2000
1500
1000
500
Quelle: JHU
1.3. 11.3. 21.3. 31.3. 10.4. 20.4.2020 12.1
02.02. 16.02. 01.03. 15.03.
Durchschnitt ereignet. Wochenlang star-
ben in Schweden insgesamt rund 1800
Menschen pro Woche, inzwischen sind es
2500. Das Forschernetzwerk Euromomo,
das Sterblichkeiten in ganz Europa ermit-
telt, hat den besonders stark von der Pan-
demie betroffenen Ländern Italien, Frank-
reich und Spanien zwar eine „extrem hohe
Übersterblichkeit“ attestiert – die höchste
Stufe. Aber gleich dahinter folgt Schwe-
den mit der Stufe „sehr hoch“. Norwegen,
Finnland und auch Österreich registrieren
derzeit gar keine Übersterblichkeit, für
Deutschland werden erste Daten in Kürze
erwartet. Die Daten widerlegen auch das
Argument, hinter der hohen Übersterblich-
keit in vielen Ländern würden sich vor al-
lem Todesfälle aufgrund strenger Corona-
Maßnahmen verbergen – wie Suizide und
LANDLUST mit 2 Nächten im Traditionsgasthof
Kammbräu für 2 Personen
Ein kulinarisches Erlebnis aus der Vitalküche in der gemütlichen Atmosphäre
der Wirtsstube oder im schönen Kräuter-Biergarten des Traditions-Gasthofs
Kammbräu in Zenting ist der richtige Abschluss eines ereignisreichen Tages.
alle übrigen Verstorbenen
Quelle: SCB/JHU
26.1 09.2. 23.2. 8.3. 22.3. 5.4.
Stockholm
ÖPNV
Berlin
ÖPNV
Amsterdam
ÖPNV
Autoverkehr Autoverkehr Autoverkehr
29.03. 12.04. 26.04.
unbehandelte Herzinfarkte – und nicht Co-
vid-19. Denn in Schweden gibt es diese
strengen Maßnahmen ja nicht.
Die relativ hohe Todesrate in ihrem
Land sei „gewiss nicht Teil des Plans“ ge-
wesen, räumte Außenministerin Linde in-
zwischen ein. „Wir haben einfach nur ver-
sucht zu tun, was wir für richtig hielten.“
Und Schwedens Chef-Epidemiologe An-
ders Tegnell erklärte: „Wir haben die Ent-
wicklung der Todeszahlen unterschätzt.
Er führt die hohe Zahl der Todesfälle auf
das Eintragen des Virus in Altenheime zu-
rück, die nicht gut genug geschützt wor-
den seien. Noch sei das letzte Wort nicht ge-
sprochen, betonte Tegnell aber zugleich.
Welche Strategie die beste gewesen ist,
werde man erst wissen, wenn Sars-CoV-2
besiegt sei.
Am Freitag auf Kaufdown.de
Gut festhalten
Extremwetter beeinflusst Eidechsen-Evolution
Mit dem Begriff „Evolution“ verbindet
man normalerweise einen langsamen,
Jahrmillionen dauernden Prozess, in dem
sich beispielsweise der Mensch aus dem
Affen entwickelt hat. Doch bei einer klei-
nen Eidechsenart, die auf Büschen und
Bäumen in der Karibik lebt, läuft die Evo-
lution viel schneller und wie im Zeitraffer
ab. Auslöser für die rasanten Veränderun-
gen im Aussehen der Tiere sind Hurrika-
ne, wie ein internationales Forscherteam
jetzt in der Zeitschrift PNAS berichtet.
Die Füße lassen sogar
bei Windgeschwindigkeiten
von 170 km/h nicht los
Im Jahr 2017 reiste der Biologe Colin Do-
nihue von der Washington University auf
die karibischen Turks- und Caicos-In-
seln, um dort den Bestand von Eidechsen
der Art Anolis scriptus zu erfassen. Weni-
ge Tage, nachdem er seine Arbeit beendet
hatte und abgereist war, fegte Hurrikan
Irma über die Inseln, zwei Wochen später
folgte Maria. Als Donihue mit seinem
Team kurz darauf zurückkehrte, um zu se-
hen, wie es seinen Forschungsobjekten
ging, gab es auf beiden Inseln nur noch we-
nige Eidechsen. Die Biologen fingen eini-
ge der Überlebenden ein und untersuch-
ten sie. Sofort fiel ihnen auf, dass die Tiere
im Schnitt größere und griffigere Haft-
polster an den Zehen hatten, als die Popu-
lation, die vor den Stürmen auf den Inseln
lebte. Die Haftpolster sind dazu da, dass
sich die Tiere an Zweigen „festkleben“
und nicht herunterfallen. Eine plausible
Erklärung schien deshalb zu sein, dass es
Individuen mit kleinen Haftpolstern
schlicht weggeweht hatte, weil sie sich
nicht so gut festklammern konnten.
Um ihre Theorie zu überprüfen und zu
untersuchen, wie sich die Eidechsen bei ei-
nem Sturm überhaupt verhalten, mach-
ten die Wissenschaftler ein einfaches,
aber spektakuläres Experiment: Im Labor
installierten sie einen starken Laubbläser,
der auf eine Stange gerichtet war, auf die
sie jeweils eine Eidechse setzten. Dann
schalteten sie den Laubbläser an. Aufnah-
men des Experiments zeigen, dass es den
Tieren bei geringen Windgeschwindigkei-
ten noch gelingt, sich mit Vorder- und Hin-
terfüßen an der Stange festzuhalten. Wird
der Wind stärker, lösen sich die Hinterfü-
ße, der Körper flattert wild im Wind, aber
die Vorderfüße lassen sogar bei Windge-
schwindigkeiten von 170 Kilometern pro
Stunde nicht los. Wie lange die Tiere
19.4.
Corona im Callcenter
Ausbruch in Seoul zeigt hohe Ansteckungsgefahr
Die Untersuchung eines Coronavirus-Aus-
bruchs in Südkorea zeigt, dass es keines-
falls übertrieben ist, Menschen zum
Schutz vor einer Ansteckung im Home-Of-
fice arbeiten zu lassen. Was passieren
kann, wenn ein unbemerkt Infizierter im
Großraumbüro arbeitet, ist nach Einschät-
zung von Forschern der koreanischen Seu-
chenschutzbehörde KCDC „alarmierend“.
Die Wissenschaftler untersuchten eine
Welle von Covid-19-Erkrankungen in ei-
nem Hochhaus in Seoul. Eigentlich gilt
Südkorea als Vorbild beim Eindämmen
des Virus, schließlich gelang es dort über
lange Zeit hinweg, Infektionen frühzeitig
zu erkennen, nachzuverfolgen und die Be-
troffenen schnell zu isolieren. Doch im
jetzt beschriebenen Fall eines Callcenters
war die Ausbreitung offenbar so schnell,
dass eine frühzeitige Unterbrechung der
Infektionsketten nicht mehr möglich war.
In dem 19-stöckigen Hochhaus gab es
am 8. März den ersten bestätigten Corona-
Fall – ein Mitarbeiter des Callcenters im
elften Stock hatte sich infiziert. Nur einen
Tag später wurde der gesamte Wolken-
kratzer gesperrt, in dem insgesamt 1143
Menschen lebten oder arbeiteten. Alle
wurden getestet, am Ende zählten die Be-
hörden 97 Corona-Positive. Von diesen
Die Auktion für alle,
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WISSEN 13
durchhielten, hing von der Größe der Haft-
polster an den Zehen ab, berichten die For-
scher, die betonen, dass bei ihren Experi-
menten keine Eidechsen zu Schaden ka-
men. Es war also wahrscheinlich, dass die
beiden Stürme Irma und Maria auf den In-
seln diejenigen Eidechsen begünstigt hat-
ten, die zufällig größere Haftpolster an
den Zehen hatten und deshalb nicht fort-
geweht wurden.
Doch hatten die Stürme das Aussehen
von Anolis scriptus dauerhaft verändert
und damit Einfluss auf die Evolution der
Eidechsen genommen? Um das herauszu-
finden, reisten die Forscher 18 Monate
nach Maria ein drittes Mal in die Karibik,
um die Eidechsenpopulation auf Turks
und Caicos zu untersuchen. Inzwischen
war eine neue Generation geboren wor-
den und die spannende Frage war, ob die
Hurrikan-Überlebenden ihre großen Haft-
polster an den Nachwuchs vererbt hatten.
Das war tatsächlich der Fall. Nur zwei Ex-
tremwetter-Ereignisse hatten also in ei-
nem atemberaubenden Tempo von nicht
einmal zwei Jahren das Aussehen der Ei-
dechsen verändert. Um ganz sicher zu ge-
hen, vermaß Donihue mit seinem Team
anhand von Fotos aus Naturkundemuse-
en zudem die Füße von 188 verschiedenen
Eidechsenarten und setzte sie in Relation
zu Wetterdaten, aus denen die Häufigkeit
von Stürmen in den jeweiligen Lebensräu-
men der Tiere hervorging. Der Zusammen-
hang war eindeutig: Je sturmgebeutelter
eine Region, umso größer die Haftpolster
der dort lebenden Spezies. Die Forscher
gehen davon aus, dass auch andere Ex-
tremwetter-Ereignisse wie Dürren die
Evolution von Tieren oder Pflanzen beein-
flussen. tina baier
Eidechse während eines simulierten
Hurrikans. FOTO: COLIN M. DONIHUE
hatten 94 im Callcenter auf der elften Eta-
ge gearbeitet – also im selben Großraum-
büro wie der erste bestätigte Infizierte. So-
mit war klar, dass sich das Virus extrem
schnell und unbemerkt auf der Etage ver-
breitet hatte, bevor überhaupt der erste
positive Test vorlag. Von den 216 Mitarbei-
tern im elften Stock hatte sich fast jeder
zweite mit dem Coronavirus infiziert.
Die Forscher untersuchten auch, wie
sich das Coronavirus weiterverbreitete.
Von 225 Kontaktpersonen in den heimi-
schen Haushalten infizierten sich nach-
weislich 34 mit Sars-CoV-2. Damit war die
Ansteckungsrate mit 16,2 Prozent deut-
lich geringer als unter den Kollegen auf
demselben Stockwerk, wo sich 43,5 Pro-
zent der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
ter infizierten.
Von den 97 Corona-Fällen aus dem
Hochhaus hatten nur vier Personen in der
zweiwöchigen Quarantäne keinerlei Sym-
ptome. Von diesen steckte keiner weitere
Menschen im eigenen Haushalt an. Ande-
re Studien legten nahe, dass jede dritte Co-
rona-Infektion ohne Symptome verläuft
und von diesen Betroffenen eine mindes-
tens ebenso hohe Ansteckungsgefahr aus-
geht wie von Erkrankten mit Symptomen.
christina kunkel
14 WISSEN Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

Gemeinsam Die Corona-Pandemie im Überblick Stand: 29. April 2020, 16 Uhr

einsam SZ-GRAFIK: CHRISTIAN ENDT, MICHAEL MAINKA, BENEDICT WITZENBERGER

Familien sollen sich während der Corona-Krise

im kleinen Kreis vernetzen
von berit uhlmann
158 323 Infektionen
Bestätigte
120 400 Genesene 6168 Tote
Corona im Vergleich Situation weltweit
im banalen Alltag wie auch bei Notfällen
füreinander da zu sein. Auch in der Alten- Bestätigte Fälle seit dem 100. Fall; Die Werte sind logarithmisch dargestellt, Bestätigte Fälle neue Fälle* Tote Trend

E
s reicht von leichtem Murren bis zur hilfe und Behindertenarbeit ist ein ähnli- die Werte auf der vertikalen Achse verzehnfachen sich von Abschnitt zu Abschnitt
kompletten Leugnung, dass Co- cher Ansatz längst verbreitet. USA 1 013 168 28 674 58 368
vid-19 eine ernst zu nehmende Ge- Eine neue Bedeutung erhält das Kon- 1 000 000 Spanien 236 899 3993 24 275
fahr darstellt: Wer sich in sozialen Netzwer- zept jedoch dadurch, dass es auch aus
ken umschaut, bekommt eine Ahnung Sicht des Infektionsschutzes sinnvoll er- Italien 201 505 2507 27 359
davon, dass die Bereitschaft bröckelt, das scheint. Eine aktuelle Modellierung von Frankreich 169 053 1555 23 694
eigene Leben weiterhin stark einzuschrän- Schweizer und Britischen Wissenschaft-
ken. Auch das „Covid-19 Snapshot Monito- lern zeigt, dass die Kurve der Covid-Neuer-
100 000 Großbritannien 162 350 4597 21 745
ring“ (Cosmo), mit dem verschiedene wis- krankungen am flachsten verläuft, wenn China Deutschland 158 323 1818 6168
senschaftliche Einrichtungen wöchentlich Kontakte auf feste „Mikro-Communities“
Türkei 114 653 2723 2992
ermitteln, wie die Bevölkerung die aktuelle mit nur wenigen Mitgliedern begrenzt wer-
Situation bewertet, konstatiert: Zwar den. Das Risiko für eine Ausbreitung der 10 000 Russland 99 399 5828 972
nimmt die Mehrheit der Deutschen die Ge- Epidemie steigt dagegen, wenn Menschen Südkorea
Iran 93 657 1112 5957
fahr durch das neue Coronavirus noch im- in größeren oder immer wieder neu zusam-
mer ernst, dennoch treten zunehmend „Er- mengesetzten Gruppen aufeinandertref- China 83 940 12 4637
müdungserscheinungen“ auf. fen. Mehrere Kinder, die zufällig auf der 1000 Brasilien 73 235 4308 5083
„Es gibt Hinweise, dass die soziale Straße zum Spielen zusammenkommen,
Kanada 51 150 1678 2983
Akzeptanz für die Infektionsschutzmaß- bieten dem Virus die Möglichkeit, in neue ...
Frankreich Deutschland Italien Spanien Vereinigte Staaten
nahmen langsam nachlässt. Vor allem Familien vorzudringen, die anderweitig Schweiz 29 407 172 1699
Familien fühlen sich alleingelassen“, sagt womöglich nie in Kontakt zueinander ge- 100 ...
Eva Rehfuess, Professorin an der Pettenko- kommen wären. Auch aus Familien heraus Tag 10 Tag 20 Tag 30 Tag 40 Tag 50 Tag 60 Tag 70 Österreich 15 402 69 580
fer School of Public Health an der Ludwig- kann sich der Erreger leichter in ganz ver- *Tägliche Neuinfektionen, gemittelt über die vergangenen sieben Tage
Maximilians-Universität München. Da- schiedene Richtungen ausbreiten, wenn
her brauche es neben der Notbetreuung, jedes Mitglied seine eigenen, engen Kon-
der partiellen Wiederaufnahme des Unter- takte unterhält. Entwicklung der Neuinfektionen in Deutschland Status der Infizierten, weltweit
richts und der sukzessiven Kita-Öffnung, Die Modellierungsstudie ist noch nicht Neuinfektionen pro Tag, jeweils gemittelt über die vergangenen sieben Tage Aktuell Erkrankte Genesene Verstorbene
die die Familienminister jetzt in Aussicht wissenschaftlich begutachtet worden,
gestellt haben, auch „kreative, eigenver- plausibel ist jedoch, dass Kontakte inner- 2 500 000
antwortliche Lösungen“. halb solcher Minigemeinschaften kein
2 000 000
sehr großes Ansteckungsrisiko darstellen. 4000
Auch dem Infektionsschutz Denn der „Infektionsraum“, also die Aus- 1 500 000
breitungsmöglichkeiten des Virus, bleibt
könnten die „sorgenden in diesen Gruppen weiter klein, sagt Eva 1818 1 000 000
Gemeinschaften“ dienen 2000
Rehfuess. Ansteckungen ließen sich zu-
dem leichter nachverfolgen. Gleichzeitig 500 000
Eva Rehfuess und weitere Forscher plä- biete der Kontakt den Eltern und Kindern 0
dieren deshalb dafür, dass mehr informel- nicht nur neue Freiräume und praktische 16.4. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 26.1. 9.2. 23.2. 8.3. 22.3. 5.4. 19.4. 28.4.
le private Unterstützung möglich sein soll- Hilfe, sondern habe auch einen emotiona-
te – vor allem da, wo Familien an ihre Gren- len Wert, sagt Kruse. Unklar ist allerdings,
zen gelangen und Großeltern schmerzlich wie der Missbrauch solcher Öffnungen ver- … in Bayern … in München … in den Bundesländern
bei der Kinderbetreuung fehlen. Den Wis- mieden werden kann.
senschaftlern schwebt eine Art Wahlver- Eine klare Absage erteilt das Papier da-
wandtschaft aus zwei Familien vor, die gegen der Idee der natürlichen Herdenim-
42 217 Bestätigte Fälle 1780 Tote 5769 Bestätigte Fälle 158 Tote Bundesland Bestätigte Fälle neue Fälle* Tote Trend

sich die unter dem Lockdown schwierig ge- munität, jenem besonders bei Kritikern Bayern 42 217 455 1780
wordene Aufgaben teilen: Kinderbetreu- der aktuellen Schutzmaßnahmen belieb- 45 000 6000
Nordrhein-Westfalen 32 414 396 1200
ung, häusliches Unterrichten oder auch all- ten Ansatz, nach dem sich möglichst viele
tägliche Besorgungen. „Wichtig ist aber, Menschen rasch infizieren sollten, um im- 40 000 Baden-Württemberg 31 406 373 1307
dass alle Beteiligten sonstige Kontakte wei- mun zu werden und Sars-CoV-2 damit den 5000 Niedersachsen 10 100 106 419
terhin stark einschränken, um den Infekti- Boden zu entziehen. Abgesehen davon, 35 000
onsschutz zu gewährleisten“, sagt Rehfu- dass noch viel zu wenig über das Ausmaß Hessen 8057 107 336
ess. Die Forscher nennen das Modell „sor- und die Dauer der Immunität nach einer 30 000 4000 Rheinland-Pfalz 5956 56 159
gende Gemeinschaft“. „Sie bedeutet eine überstandenen Infektion bekannt ist, hal- Berlin 5738 57 137
erweiterte Familie, eine gemischte Fami- ten die Wissenschaftler das Vorgehen für 25 000
lie: Zur Kernfamilie treten Personen hinzu, nicht praktikabel. Um das Gesundheitssys- Hamburg 4682 40 147
3000
mit denen die Familie in einem engen Aus- tem nicht zu überfordern, müsste die Re- Sachsen 4586 38 151
tausch steht“, sagt Andreas Kruse, Direk- produktionszahl im Bereich von eins gehal- 20 000
tor des Instituts für Gerontologie an der ten werden. Jeder Infizierte dürfte also im Brandenburg 2815 51 136
Universität Heidelberg und einer der Ideen- Schnitt nicht mehr als einen weiteren Men- 15 000 2000 Schleswig-Holstein 2672 30 103
geber. Damit das Modell gut funktioniere, schen anstecken. Unter diesen Bedingun- Saarland 2526 21 130
müsse sich das neue Bündnis allerdings gen aber, rechnen die Forscher vor, wür- 10 000
„für mehrere Wochen oder Monate der Ge- den binnen eines Jahres nur etwa zwei bis 1000 Thüringen 2145 46 78
genseitigkeit verpflichten“. fünf Prozent der Bevölkerung immun wer- 5000 Sachsen-Anhalt 1526 18 39
Der Vorschlag ist Teil eines Strategiepa- den. Damit würde es viele Jahre dauern,
piers, das das interdisziplinäre Forscher- bis die Herdenimmunität erreicht sei. So Bremen 796 19 29
0 0
team für die Politik verfasst hat. Epidemio- lange aber könnten die Schutzmaßnah- 7.3. 29.4. 7.3. 29.4. Mecklenburg-Vorp. 687 5 17
logen, Sozialwissenschaftler, Juristen und men unmöglich aufrechterhalten werden.
Quellen: Johns Hopkins CSSE, WHO, RKI, Landesbehörden, SZ *Tägliche Neuinfektionen, gemittelt über die vergangenen sieben Tage
weitere Fachleute haben an der Publikati-
on mit dem Namen „Kreativität – Verant-
wortung – Transformation“ mitgearbei- SüddeutscherVerlag Zeitungsdruck Druckkontrollelement
Anmerkungen
tet, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Die informellen Hilfsbündnisse, die die In Deutschland hat sich die Ausbreitung des Coronavirus Die angegebenen Fallzahlen enthalten nur amtliche, durch Test Die Gesundung eines Infizierten ist in Der Trend zeigt an, wie nehmen ab
stabilisiert. Die SZ gibt darum bis auf Weiteres keine bestätigte Infektionen. Die reale Zahl der Infizierten liegt höher. Deutschland und anderen Ländern nicht sich die Neuinfektionen bleiben etwa gleich
Wissenschaftler vorschlagen, sind prinzipi- Verdoppelungszeiten an. Diese beschreiben exponentielles Da in verschiedenen Ländern in unterschiedlichem Ausmaß getestet meldepflichtig. Diese Angaben sind daher verändern: nehmen zu
ell nichts Neues. Vielerorts öffnen sich Fa- Wachstum und wären in der aktuellen Phase irreführend. wird, sind die absoluten Fallzahlen nur eingeschränkt vergleichbar. Schätzungen, die eher zu niedrig ausfallen.
milien ihren Freunden und Nachbarn, um

DAS WETTER
über 30° Teils dichte Wolken Europa Urlaubsorte Luft Wasser
25° bis 30° mit Schauern, Warmfront
Helgoland
Rügen
12°
15°
7°
7°
14°
Jetzt SZ am Wochenende Südwind 30 km/h
7°
Hamburg
Kiel Rostock
16°
7°
20° bis 25°

15° bis 20°

teils etwas Sonne
H Hoch
T Tief
Kaltfront
Mischfront
Kaltluft
Warmluft
Sylt
Agadir
Antalya
Heraklion
12°
26°
22°
22°
7°
19°
18°
17°
Wetterlage Malaga 26° 17°

empfehlen Münster
14°
9°
17°
7° Berlin
10° bis 15°

5° bis 10°

0° bis 5°
Tiefs über den Britischen Inseln, der
Nordsee und Norditalien sorgen für
wechselhaftes Wetter in Mitteleuro-
Stockholm
Helsinki Palermo
Rimini
Tunis
Las Palmas
19°
23°
26°
24°
16°
14°
16°
21°
pa. Dabei gehen gebietsweise zumTeil Moskau Zypern 23° 18°
kräftige Regengüsse und einzelne Ge- Mallorca 23° 16°
18° -5° bis 0°
witter nieder. In vielen Regionen
17° 17° 9° -10° bis -5° scheint aber auch mal die Sonne. In London Berlin Warschau
Köln 9° 8° Dresden Westeuropa regnet es immerwieder,
Paris Kiew Quelle:
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unter -10° und teilweise entladen sich Gewitter.

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Frankfurt und meist trocken. An der Adria ist es Madrid Belgrad
16° 17°
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Weltwetter heute
7° 8°
Südwestwind 25 km/h Rom
Istanbul Abu Dhabi wolkig 43°
Aussichten
19° Verbreitet ziehen erneut dichte Wol-
Bangkok
Bogota
wolkig
Schauer
37°
17°
Stuttgart
9° 22° kenfelder vorüber. Im Laufe des Ta- Tunis
Athen Boston wolkig 11°
12° Wien
München ges gehen mal mehr, mal weniger Buenos Aires wolkig 21°
17° 14° kräftige Regengüsse nieder. Hier und
Chicago
Darwin
Schauer
wolkig
13°
36°
10° 6° Salzburg da können sich auch kurze Gewitter Kanaren Delhi wolkig 41°
15° 19° entladen. Dabei treten zum Teil star-
ke bis stürmische Böen auf. Die Tem-
Denver
Dom. Republik
wolkig
Schauer
27°
32°
Zürich
7° 19° Innsbruck 7°
14° 8°
peraturen erreichen Höchstwerte
zwischen 12 und 20 Grad. Der Wind
Hongkong
Houston
wolkig
sonnig
28°
29°
Genf 8° weht überwiegend mäßig bis frisch Nordamerika Europa Jakarta Schauer 30°
Jerusalem wolkig 18°
aus West bis Südwest. In Böen frischt Amsterdam Schauer 16° Johannesburg sonnig 19°
der Wind zeitweise stark auf. Vancouver Toronto Athen wolkig 24° Kabul Schauer 21°
Nullgradgrenze: 2500 m Barcelona wolkig 22° Kairo sonnig 29°
New York Belgrad wolkig 21° Kuwait wolkig 31°
Denver Chicago Bordeaux Schauer 16° La Paz/Bol. wolkig 16°
Washington Brüssel Schauer 15° Lima wolkig 24°
Freitag Samstag Sonntag Deutschland Los Angeles
Los Angeles wolkig 21°
Bukarest Schauer 23°
Dublin Schauer 9° Malediven Schauer 33°
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Erfurt Regen 17° Magdeburg Regen 18° Asien London Schauer 13° Nairobi Gewitter 21°
Essen Schauer 16° Mannheim Regen 17° Madrid wolkig 19° New York Regen 15°
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Feldberg/Ts. Regen 11° Nürnberg Regen 17° Moskau wolkig 9° Peking sonnig 38°
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Wetterhistorie München Kiel Schauer 14° Wiesbaden Schauer 17° Wien wolkig 22° Vancouver Schauer 12°
Maximum 2001: 26,3°C / Minimum 1976: -4,0°C Koblenz Schauer 17° Zugspitze Schn.sch. -2° Zürich Schauer 15° Washington Schauer 19°

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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Zeit für
ein Danke
Erst jetzt sehen viele, was in unserer
Gesellschaft schon immer
geleistet wurde – etwa in der Pflege
von kurt kister
enn in der ziemlich
W
unpathetischen deut-
schen Gesellschaft
„Helden“ oder „Hel-
dinnen“ ausgerufen
werden, muss man
sehr genau hinsehen.
Der Begriff nämlich
hat eine Jahrhunderte alte Tradition im Mi-
litärischen; er wurde bis vor 75 Jahren hier-
zulande auch nur selten in anderen Zusam-
menhängen benutzt – und wenn, dann
meist nur abschätzig-ironisch („Du bist
mir ja ein schöner Held“). Helden jeden-
falls vollbrachten außergewöhnliche Ta-
ten der Tapferkeit. Warum und vor allem
In der Corona-Krise
tauchte das lange verpönte
Wort „Helden“ wieder auf
wofür sie dies taten, spielte oft keine so gro-
ße Rolle. Die Heldentat, das Außergewöhn-
liche, war ein Wert an sich, und als solcher
diente sie eben auch der Propaganda in
deutschen Feudalstaaten und Diktaturen.
Helden wurden noch gefeiert, als es eigent-
lich längst nichts mehr zu feiern gab.
In der Bundesrepublik war das Wort
auch deswegen lange nahezu verpönt. Zu
viele hatten noch zu deutlich in Erinne-
rung, wie das NS-Regime Heldenmythen
schuf und ausnutzte. Dass im damals ande-
ren Deutschland, in der DDR, der Begriff in
der an den sowjetischen Wortschatz ange-
lehnten offiziösen Sprache noch oder wie-
der eine Rolle spielte („Held der Arbeit“),
wurde oft mit ironischer Bitterkeit kom-
mentiert (im Osten) oder lächerlich ge-
macht (im Westen).
Und nun, in der Corona-Krise, hat das
Land plötzlich wieder Heldinnen und Hel-
den? Die Pflegerinnen und Ärzte, die Kran-
kenschwestern und Rote-Kreuz-Leute, die
in Kliniken, auf Intensivstationen, in Hei-
men und Wohngruppen arbeiten, werden
gerne als Helden bezeichnet. Nein, sie sind
keine Helden, nicht nur wegen der proble-
matischen Vergangenheit dieses Begriffs.
Sie sind es auch deswegen nicht, weil sich
manche der anderen, der Schreibtisch-
P a l l i a t i v - F a c h k r a f t R i t a G a b l e r k r i t i s i e r t d a s P r o f i t d e n ke n d e r K l i n i ke n , u n t e r d e m v o r a l l e m d i e P f l e g e k r ä f t e l e i d e n
Rita Gabler arbeitet seit 37 Jahren in der
Pflege. Neben ihrer praktischen Tätigkeit
als Krankenschwester war sie 13 Jahre lang
Lehrerin für Pflegeberufe an der Hebam-
menschule der Universität München. Vor
neun Jahren gründete sie mit dem Er-
dinger Onkologen Peter Schmidkonz eines
der ersten ambulanten Palliativteams in
Bayern und übernahm dessen pflegerische
Leitung. Noch im Bau befindet sich ihre
nächste Arbeitsstation: das stationäre Hos-
piz für Freising und Erding. Über die neue
Wertschätzung für die Pflege freut sich
Gabler, aber applaudieren würde sie, wenn
sich einige andere Dinge ändern würden.
SZ: Wie hat die Corona-Krise Ihre Arbeit
verändert?
Rita Gabler: Der Umgang mit anstecken-
den Erkrankungen stellt in der Palliativver-
sorgung kein Problem dar. Wir haben in un-
serem Bereich immer wieder Kontakt mit
infektiösen Patienten, sei es mit Tuberkulo-
se oder Hepatitis, oder Patienten, die unter
einer HIV-Erkrankung leiden. Auch der
Umgang mit multiresistenten Kranken-
hauskeimen, woran übrigens pro Jahr etwa
20 000 Menschen in Deutschland sterben,
gehört zum Pflegealltag. Bei Einhaltung
der normalen Hygienevorschriften stellen
all diese Erkrankungen kein wirkliches Pro-
blem für die Pflegenden dar. Wir begleiten
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nicht-privateNutzung
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leute im Home-Office, der Politiker und
Beamten, der Schlagzeilendenker nicht
nur in den Medien, mit der Vergabe sol-
cher Etiketten in gewisser Weise auch da-
vonstehlen: Wir machen das, was wir ma-
chen, und die Helden und Heldinnen ma-
chen das, was nötig ist.
Die Frauen und Männer in den Kranken-
häusern, Heimen und Pflegestationen tun
letztlich nichts anderes als das, was sie vor-
her getan haben. Der emeritierte Würzbur-
ger Professor Ernst Engelke, der sich sehr
für die Hospizbewegung engagiert hat,
schreibt in einem Essay über die Helfer:
„Ihre Arbeit war auch vorher hart. Oft see-
lisch an der Grenze des Ertragbaren. Auch
vor der Corona-Pandemie sind Menschen
in Heimen und Kliniken gestorben. Manch-
mal viele in kurzer Zeit.“ Es scheint so, als
werde der Heldenstatus jetzt vergeben,
weil sehr viele Menschen allmählich erken-
nen, was andere Menschen schon immer
für die Gesellschaft, also für „uns“ getan
haben. Wenn jemand in der Corona-Krise
die Intensivpflegerin als Heldin bezeich-
net, kann das damit zusammenhängen,
dass er ihre Arbeit vorher kaum wahrge-
nommen hat. „Vorher“ heißt: vor der Zeit,
in der alle betroffen waren.
Es gibt für diese Art der selektiven Wahr-
nehmung übrigens einen interessanten Be-
leg. Manchmal las man in der Zeit vor der
Seuche in Todesanzeigen, dass sich die Fa-
milie bei Ärztinnen oder Pflegern für ihren
Dienst am Gestorbenen bedankte. Wer
durch die Krankheit eines Angehörigen
selbst mit dem Alltag von Behandlung,
Pflege und, auch das, Tod konfrontiert wur-
de, der bemerkte eher, dass es etliche Be-
rufsgruppen gibt, für die diese Ausnahme-
situation der Alltag war und ist. Eben weil
die Ausnahmesituation Corona nun zum
Alltag aller geworden ist, stehen die Helfer
plötzlich im Rampenlicht.
Das ist gut, durchaus. Denn je mehr dar-
über geredet, gesendet und gepostet wird,
desto deutlicher wird für viele, dass die Ge-
sellschaft funktioniert, weil es die Helfen-
den und die Dienenden gibt. „Dienend“ ist
hier nicht hierarchisch gemeint, sondern
es beschreibt ein weites Feld der Arbeit.
Der Schulbusfahrer dient anderen Men-
schen ebenso, wie es die Polizistin oder der
Feuerwehrmann tun. Auch die Leute, die
den Müll abholen, gehören zu den „Dienen-
den“ genauso wie die Millionen Ehrenamt-
lichen, die zumeist für ihren Dienst nicht
einmal bezahlt werden.
Eigentlich ist auch das Wort „dienen“ so
wie der Begriff „Held“ etwas altertümlich.
Und natürlich wurde in den heroischen, bö-
sen Zeiten auch „Dienst“ zum propagandis-
tischen Vehikel, mit dem man den Einsatz
sehr vieler für den Nutzen sehr weniger zu
rechtfertigen und zu überhöhen versuch-
Eine Krankheit namens Ökonomisierung
Nicht die
bestmögliche
Versorgung des Patienten
gilt oftmals
als oberstes Ziel,
sondern die
betriebswirtschaftlich
optimale
Behandlung.“
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www.sz-content.de
RESPEKT !
te. Und dennoch hat der Begriff vom
Dienst an anderen diese Zeiten im Ver-
gleich zum Etikett Held nahezu unbeschä-
digt überstanden. In der modernen Gesell-
schaft, die eben nicht zum Pathos neigt, ha-
ben die Betriebswirte und die Juristen,
also die Priesterkasten des effizienzorien-
tierten Postindustrialismus, aus dem
Dienst die „Dienstleistung“ gemacht.
Nur am Rande: Das Wort Dienstleistung
ist seltsam. Dienst, also das eigentlich
nicht ökonomisch orientierte Handeln
zum Wohle anderer, wird mit dem urkapi-
talistischen Wort Leistung verknüpft. Leis-
tung bedeutet: messbar, kein sentimenta-
ler Firlefanz, du machst, ich zahle und
zwar nicht zu viel.
Betroffene oft über viele Monate im häusli-
chen Bereich. Die Schwerstkranken und ih-
re Familien sind in dieser Zeit maximal auf
unsere Hilfe angewiesen.
Was bedeutet das Kontaktverbot für die
Schwerkranken und die Familien?
Was die Situation in Zeiten von Corona im
Palliativbereich derzeit so schwierig
macht, ist die Tatsache, dass die Betreuung
in unserem Bereich maßgeblich von der
Qualität der Pflegebeziehung lebt. Vertrau-
en, Nähe, Zuwendung, Berührung, Kom-
munikation spielen bei der Betreuung un-
serer Patienten eine zentrale Rolle. Des-
halb sind die nun gebotene körperliche Dis-
tanz und die Hygienemaßnahmen, die wir
gegenüber den Patienten, ihren Familien-
mitgliedern und Freunden einhalten müs-
sen, wirklich bitter für alle Beteiligten.
Trauernde Familienangehörige nicht
mehr in den Arm nehmen zu dürfen, um
sie zu trösten, fällt sehr schwer. Auch das
gemeinsame Waschen und Anziehen des
Verstorbenen und die würdevolle Verab-
schiedung aus der Familie muss entfallen,
tröstende Rituale, die den Hinterbliebenen
sonst viel Kraft und Trost gespendet ha-
ben. Ich glaube, dass sich die Gesellschaft
nicht bewusst darüber ist, wie wichtig eine
solche Trauerkultur tatsächlich ist. Wie
wertvoll allerdings pflegerische Bezie-
Wesentlich mehr
als in normalen
Zeiten haben
Paketboten und
Müllmänner zu tun.
Die Mengen, die sie
transportieren,
steigen.
FOTO: IMAGO; STEPHAN RUMPF
hungsarbeit ist, wird vielen Menschen zur-
zeit deutlich bewusst. Denn es sind derzeit
die Pflegekräfte, die in Pflegeeinrichtun-
gen und Krankenhäusern neben ihren me-
dizinisch-pflegerischen Tätigkeiten auch
noch die fehlende Präsenz der Angehöri-
gen ersetzen müssen.
Rita Gabler
FOTO: JOSEF FUCHS
Was müsste sich in der Pflege ändern?
Bei unserem Gesundheitssystem handelt
es sich um einen „schwerkranken Patien-
ten“. Die Krankheit, unter der es hauptsäch-
lich leidet, nennt man Ökonomisierung.
Nicht mehr der Patientenwille zählt, son-
dern das wirtschaftliche Interesse von Kli-
Busfahrer,
Verkäuferinnen
oder Pflegekräfte
arbeiten
derzeit unter
erschwerten
Bedingungen.
Eine Ansteckung
mit dem Virus
will jeder
vermeiden.
FOTOS: DPA (3)
Es ist eine Binsenweisheit, dass die soge-
nannten dienenden Berufe nicht zu den
gut bezahlten gehören. Vielleicht ändert
sich das schrittweise – zum einen wegen
der aktuellen Krise, zum anderen aber
auch wegen der, wie heißt das so schön, so-
ziodemografischen Entwicklung. Die aktu-
elle Krise hat binnen kurzer Zeit allen deut-
lich gemacht, dass die Pflegehelferin und
der Sanitäter „wichtiger“ sind als die Mode-
bloggerin oder der IT-Unternehmensbera-
ter, beides bis vor Kurzem scheinbar noch
Stützen, zumindest aber Symbole der digi-
talen Leistungsgesellschaft. Zum anderen
aber benötigt die Gesellschaft offenbar im-
mer mehr Menschen in Dienstberufen.
Das ist nicht nur so, weil sich die Alters-
niken, Pharmaunternehmen und Ärzten.
Begünstigt wird das System durch einen
historisch gewachsenen, geradezu militä-
risch angelegten Machtapparat in unseren
Krankenhäusern. Angeführt von Chefärz-
ten, die auf lukrativen Bonusverträgen sit-
zen und sich damit ihren auf Gewinnmaxi-
mierung ausgerichteten Geschäftsführern
und Klinikbetreibern ausgeliefert haben.
Dieser Druck wird massiv nach unten
weitergegeben. Nicht die bestmögliche Ver-
sorgung des Patienten gilt oftmals als
oberstes Ziel, sondern die „betriebswirt-
schaftlich optimale“ Behandlung. Die Ein-
führung der Fallpauschalen 2004 tat ihr
Übriges dazu. Seit der Zeit lässt sich beson-
ders viel verdienen, wenn der Patient mög-
lichst aufwendig behandelt, trotzdem aber
schnell wieder entlassen wird. Da die Kos-
ten der Pflege mit in die Fallpauschale ein-
gerechnet werden, bleibt pro Fall deutlich
mehr Gewinn, wenn möglichst geringe Per-
sonalkosten entstehen.
Viele haben statt des „Danke“ bessere Be-
zahlung gefordert. Wie sehen Sie das?
Insgesamt betrachtet ist das Malheur in
der Pflege ein von der Politik und den Kran-
kenkassen ignoriertes und von den Ärzten
klar gewolltes Ausbeutungsverhältnis, aus
dem sich die Pflege ohne einen starken Be-
rufsverband und ohne Hilfe der Politik
SZ SPEZIAL
struktur hin zu den immer Älteren ver-
schiebt, die immer mehr werden. In vier
Jahren werden die Angehörigen des Jahr-
gangs 1964, der geburtenstärkste Jahr-
gang in Deutschland, 60 Jahre alt. Viele
von ihnen fühlen sich heute noch irgend-
wie jünger. Das gibt sich.
Aber nicht nur die vielen Älteren brau-
chen mehr Helferinnen und Helfer. Das Le-
bensmodell vieler Jüngerer beruht darauf,
dass es Kindertagesstätten und Kindergär-
ten, Ganztagsschulen und andere Betreu-
ungs- und Bildungseinrichtungen gibt.
Dass dies in den Wochen der vielfältigen
Schließungen gerade nicht funktioniert,
scheint gegenwärtig das Hauptproblem
der jüngeren Mittelalten zu sein.
Dies alles deutet darauf hin, dass man
die Zwanziger-, spätestens die Dreißiger-
jahre dieses Jahrhunderts mutmaßlich als
die Ära der betreuten Gesellschaft wird be-
schreiben können. Dabei wird auch eine
Rolle spielen, dass sich das Konsumverhal-
ten in Deutschland wohl verändern wird in
Richtung weniger Besitz, mehr Nachhaltig-
keit. Die allmähliche Entwertung bisheri-
ger Statussymbole wie etwa Autos wird vor-
anschreiten. Allerdings wird wohl auch die
weitere Verstädterung anhalten und damit
auch die Verschärfung der Gegensätze zwi-
schen urbanen Menschen und den ande-
ren. In jedem Fall werden für die betreute
Gesellschaft noch mehr Betreuer ge-
braucht als heute. Sie werden vielleicht
nicht die Gesellschaft dominieren, aber
wenn es nicht genug von ihnen gibt, wird
das System der Zukunft nicht mehr funkti-
In Zukunft werden
noch mehr Betreuer
gebraucht als heute
onieren. Und die Wahrscheinlichkeit, dass
Betreuungs- und Medizindrohnen die phy-
sischen und psychischen Bedürfnisse im
Jahr 2032 erfüllen können, ist gering.
Die Krise jedenfalls zeigt, wie sehr der
Mensch vom Menschen abhängig ist. Man
muss deswegen niemanden zum Helden
stilisieren. Aber Respekt und Anerken-
nung verdienen die vielen, die sonst ihren
Dienst eher im Schatten der Aufmerksam-
keit verrichten, sehr dringend. Unter
ihnen sind übrigens viele, die in der Gesell-
schaft, wenn alles „normal“ läuft, noch we-
niger Anerkennung finden. In den, eigent-
lich auch ein schreckliches Wort, „system-
relevanten“ Berufen arbeiten viele Migran-
ten, viele Menschen aus Osteuropa und
viele, die nach deutschen Recht nicht ganz
legal das tun, was sie tun. Wenn irgendein
Trottel wieder mal von der „Umvolkung“
schwafelt, sollte man ihn fragen, was er
denn zum Pfleger aus Syrien oder zur Be-
treuerin aus Bulgarien sagt.
Diese Krise verlangt allen viel ab. Viel-
leicht am meisten verlangt sie denen ab,
die nicht im Home-Office arbeiten kön-
nen, sondern die im Schutzanzug auf der
Intensivstation tätig sind. Es ist Zeit, dan-
ke zu sagen. Jetzt schon. Nicht erst, wenn
man eine Todesanzeige schalten muss.
nicht wird lösen können. Da hilft kein Trost-
pflaster in Form von Sonderzahlungen,
und nach der Krise wird der Applaus der Be-
völkerung schnell wieder verhallen.
Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit
und vor allem für Ihre Patienten?
Das Palliativteam Erding könnte ein Bei-
spiel dafür sein, wie es in der Pflege auch
anders gehen könnte. Die Geschäftsfüh-
rung liegt hier zu gleichen Teilen in pflege-
rischer und ärztlicher Hand. Als gemein-
nützige Einrichtung sind wir nicht auf
Gewinne ausgelegt, sondern das Wohl des
Patienten steht an oberster Stelle. Eine Ver-
sorgung, wie wir sie damit gewährleisten
können, würde ich nicht nur Palliativpati-
enten wünschen, sondern allen, die es be-
nötigen. Es ist schade, dass es ein solches
Virus gebraucht hat, damit erkannt wurde,
dass Gesundheit weder mit Geld noch mit
Gold aufzuwiegen ist. Natürlich ist gerade
jetzt die Arbeit der Pflegenden unbezahl-
bar wichtig geworden. Wobei, vielleicht wä-
re sie ja doch bezahlbar, sofern man die Mil-
lionengehälter von Managern, Bankern,
Profifußballern oder Pharma-Chefs, um
nur einige zu nennen, systemrelevant an-
passen würde? Ich jedenfalls würde bei ei-
ner solchen Entscheidung applaudieren.
interview: johanna pfund
16 RESPEKT ! SZ SPEZIAL Donnerstag/Freitag, 30. April / 1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

Mit dem Heli

im Vorgarten
Wie Notfallsanitäter
Süßes für das Trio in Orange
Da n i e l S c h u l t e j e t z t a r b e i t e t M ü l l m ä n n e r b e ko m m e n d e r z e i t v i e l m e h r A n e r k e n n u n g a l s v o r d e r K r i s e . U n d i h r e A r b e i t
Jede Krise hat auch ihr Gutes. Daniel i s t z u m U n t e r h a l t u n g s p r o g a m m g e w o r d e n – w i e e i n B e s u c h i m M ü n c h n e r We s t e n z e i g t
Schulte sieht darin die Chance, der Öffent-
lichkeit seinen Beruf näherzubringen.
Der 37-Jährige ist Notfallsanitäter und lei-
tet die Abteilung Nationale Hilfsgesell- von monika maier-albang che offenbar, könnte das Virus transportie-
schaft, Rettungsdienst, Katastrophen- ren. Strobl und Celik tragen feste Hand-
schutz und Erste Hilfe beim Roten Kreuz o also ist das, wenn man schuhe, schon immer, sie müssen ja die
(DRK), Landesverband Niedersachsen.

SZ: Herr Schulte, Notfallsanitäter haben

weitreichende Handlungsmöglichkei-
ten. Worin bestehen diese?
Daniel Schulte: Früher gab es den Ret-
tungsassistenten, der 2014 vom Notfallsa-
nitäter abgelöst wurde. Notfallsanitäter
haben erweiterte Kompetenzen: Sie über-
wachen und versorgen Patienten im Ret-
tungswagen – eigenständig oder gemein-
sam mit dem Notarzt. Sie legen auch ohne
die Anwesenheit eines Notarztes Infusio-
nen an und verabreichen die notwendi-
gen Medikamente, etwa bei einem Herzin-
farkt oder einem Schlaganfall. Oft wird
der Notfallsanitäter mit dem Rettungssa-
nitäter verwechselt. Der begleitet Kran-
kentransporte oder ist als Fahrer des Ret-
tungswagens im Einsatz, nachdem er ei-
nen dreimonatigen Lehrgang absolviert
hat. Notfallsanitäter ist dagegen ein Lehr-
beruf, in den eine dreijährige, gesetzlich
genau geregelte Ausbildung führt.
Sie sind als Notfallsanitäter auch im Heli-
kopter im Einsatz. Ist diese Art der Ret-
tung in die Ausbildung integriert?
Nein. Doch verschiedene Möglichkeiten,
sich weiterzuqualifizieren, machen den
Beruf ebenfalls attraktiv: Man kann zum
Beispiel die Zusatzausbildung zum
HEMS-TC machen, dem Assistenten des
Piloten und des Notarztes beim Helicop-
ter Emergency Medical Service. Diese Zu-
satzausbildung ist aber erst dann mög-
lich, wenn man über langjährige Berufser-
fahrung als Notfallsanitäter verfügt.
Was raten Sie als Ausbilder für Notfallsa-
nitäter dem potenziellen Nachwuchs?
Man braucht von Haus aus eine stabile
Psyche. Ich empfehle Interessenten, zu-
nächst eine Ausbildung zum Rettungssa-
nitäter zu machen. Da lernt man, mit
ganz unterschiedlichen Situationen um-
zugehen. So muss man zum Beispiel den
Professor, der ein Glas Wein zu viel hatte
und gestürzt ist, anders ansprechen, als ei-
nen alkoholisierten Obdachlosen, der
ebenfalls eine Platzwunde hat. Wenn Sie
dem Obdachlosen sagen, dass Sie ihm ein
Medikament intravenös applizieren wol-
len, wird er das in der Regel nicht verste-
hen. Er braucht eine respektvolle und zu-
gleich eher kumpelhafte Ansprache.
S die vertraute Situation aus
der anderen Perspektive
mitbekommt. Normaler-
weise sitzt man im eige-
nen Auto in der heimi-
schen Sackgasse, bändigt keimende Unge-
duld und denkt sich: „Hättest du den Kaf-
fee doch noch in Ruhe austrinken kön-
nen.“ Jetzt aber sitzt man neben Roland Irr-
gang in einem wuchtigen Müllwagen, der
die ganze Fahrbahnbreite einnimmt, und
denkt sich: „Nun, der da hinten kann
schon mal zwei Minuten warten.“
Irrgang, der seit elf Jahren das Fahr-
zeug lenkt, kennt sie natürlich alle – die
Drängler und Nörgler, die, die aussteigen
und harsch auf einem irgendwo offenbar
festgeschriebenen Recht auf ungebrems-
ter Weiterfahrt beharren. Die, die sitzen
Die Zahl der Netten
hat mittlerweile
deutlich zugenommen
bleiben und hupen. Die Radfahrer, die
sich durchquetschen, selbst wenn Irrgang
piepend zurücksetzt. Aber auch die, die
freundlich winken und selbst den Rück-
wärtsgang einlegen, wenn sie plötzlich
dem großen orangefarbenen Wagen ge-
genüberstehen. Gibt halt immer solche
und solche. Aber die Zahl der Netten
scheint in den vergangenen Wochen zuge-
nommen zu haben, so jedenfalls schildern
es Irrgang und seine Kollegen Robert
Strobl und Özkan Celik. Das könnte an ei-
ner allgemein entspannteren Lebensfüh-
rung liegen, zumindest hier, südlich des
Nymphenburger Schlossparks, in einem
der wohlhabenden Viertel Münchens.
Oder daran, dass den Männern mehr Men-
schen begegnen. Weil mehr daheim sind.
Dass wirklich fast alle zu Hause sind, be-
kommen die Leute von der Müllabfuhr
deutlich zu spüren. Von Woche zu Woche
waren die Tonnen etwas voller, von einem
langsamen, aber kontinuierlichen Anstieg
der Müllmenge berichtet Irrgang. Warum
nicht von Anbeginn der Ausgangsbe-
schränkungen alle Restmülltonnen voller
Eine gute „Partie“: Özkan Celik (von links), Roland Irrgang und Robert Strobl sind ein Team.
waren als zuvor? Da kann auch er nur eine
Vermutung äußern. Vielleicht wurde es
den Münchnern mit der Zeit langweiliger,
„und die Leute haben angefangen, ihren
Keller und das Gartenhäuschen auszumis-
ten“. Die Biotonnen haben auch Gewicht
zugelegt – es war ja viel Zeit, den Rasen zu
vertikutieren, Büsche zu stutzen, Unkraut
zu jäten. Nur in der Innenstadt ist das an-
ders, da waren und sind noch immer in
manchen Straßenzügen die Tonnen leerer
als in der Vor-Corona-Zeit: dort, wo viele
Geschäfte geschlossen haben.
Für die rund 500 Männer – und vier
Frauen –, die beim Abfallwirtschaftsbe-
trieb München als „Mülllader“ angestellt
sind, plus 170 Kraftfahrer wie Irrgang, ist
die Zeit jetzt eigentlich eine schöne, un-
term Strich. Von einem ruhigeren Fahren
berichtet Roland Irrgang, vor allem, wenn
er über den Mittleren Ring zum Einsatzge-
biet unterwegs ist. Es fehlt der morgendli-
che Berufsverkehr. Auch in den kleinen
Straßen werden die Leute erst später mun-
ter. Nur zugeparkt sind die mehr als sonst.
Özkan Celik erzählt, dass sie in den ver-
gangenen Wochen Anwohner kennenge-
lernt hätten, die das Team bislang nie oder
selten zu Gesicht bekommen hatte. Und
als der Müllwagen gegen 9 Uhr, also mehr
als zwei Stunden nach Beginn der Tour, in
ein Neubaugebiet fährt, sind tatsächlich
hinter einigen Fenstern Gesichter zu se-
hen. „Wir haben viele Zuschauer“, sagt Ce-
FOTO: STEPHAN RUMPF
lik. Kleine Kinder mit, vor allem, Vätern.
Da wird gewunken und gelächelt. Celik
und seine „Partie“, so wird sein Team be-
zeichnet, sind das Nach-dem-Frühstück-
Unterhaltungsprogramm, die Stars der
Straße. Aber schon davor, das spürt man,
sind sie ihrer Arbeit gern nachgegangen.
Es gibt auch eine Kehrseite. In den Stra-
ßenzügen, in denen überwiegend ältere
Menschen wohnen, sehen sie viele vertrau-
te Gesichter seit Wochen nicht. Menschen,
die normalerweise auf die Mülllader war-
ten, für einen kurzen Ratsch am Tonnen-
häuschen, haben sich zurückgezogen.
„Manche haben jetzt Angst vor uns“, sagt
Celik, „weil wir mit dem Müll in Kontakt
kommen.“ Und der Müll, so denken man-
Tonnen aus den Tonnenhäuschen holen
und zum Auto ziehen, in den Altbau-Vier-
teln auch aus den Hinterhöfen und über
die Treppen im Hochparterre heben,
„Traghäuser“ heißt diese deshalb im Müll-
lader-Jargon. Natürlich wissen auch sie
nicht, wo jemand wohnt, der ansteckend
ist. Celik wirkt zwar nicht wie jemand, der
Angst hat, sich zu infizieren. Aber er bittet
Menschen mit positivem Testergebnis, si-
cherheitshalber ihren Restmüll in einer
zweiten Tüte zu verpacken. Die Männer
tragen jetzt Mundschutz, sie arbeiten ja
eng zusammen, wenn sie die großen Ton-
nen einhängen, deren Inhalt sich der Wa-
gen in den Rachen kippt. Der Mundschutz
ist orangefarben, passend zum Outfit. Kos-
tümschneiderinnen der Kammerspiele ha-
ben ihn gefertigt.
Der Mundschutz passt farblich
zur Ausrüstung. Genäht haben
ihn Kostümschneiderinnen
Robert Strobl sagt, sie bekämen viel
mehr Wertschätzung als zuvor. Und so ei-
ne Anerkennung tue „ja immer gut“. Frü-
her gab es auch ab und an ein Danke-
schön, mit den Wochen haben auch die
Danksagungen zugenommen – wie die
Müllmenge. Jetzt drückt ihnen schon mal
jemand Schokolade in die Hand, reicht
was zum Trinken. Geld dürfen sie nicht an-
nehmen. Auf einer Tonne im Stadtviertel
Allach lag ein handgeschriebenes Schild:
„Danke, dass Ihr für uns da seid!“ Lächeln-
des Herz darunter. Den Zettel fahren sie
jetzt seit drei Wochen spazieren.
Plötzlich stoppt ein Auto vor dem Müll-
wagen, eine ältere Dame steigt aus, Irr-
gang lässt das Fenster runter. So also läuft
das ab, denkt man. „Könnten Sie bitte aus
dem Weg fahren“, sagt die Frau, ganz ru-
hig, dann kommen ihr Tränen. „Meinem
Mann geht es schlecht. Ich bringe ihn ins
Krankenhaus.“ Irrgang lässt den Motor
an, er hat die Straße freigemacht, bevor
die Frau zurück am Steuer ist. „Das“, sagt
er, „hatte ich auch noch nie.“ Die Zeiten
sind halt doch andere.

Die Würde achten Panische Kunden

K r a n ke n p f l e g e r i n A n n - S o p h i e S c h m i d t b l e i b t i n d e r K r i s e r u h i g Jobs im Supermarkt sind besonders hart

Daniel Schulte
FOTO: PRIVAT
Andererseits lösen Kranke bei der Ret-
tungsleitstelle Einsätze aus, weil sie glau-
ben, in der Klinik schneller behandelt zu
werden, wenn sie mit einem Rettungswa-
gen dort ankommen.
Leider haben wir Einsatzkräfte es häufig
mit egoistischen Menschen zu tun, die
um vier Uhr morgens über die Nummer
112 den Rettungswagen rufen, weil sie
schon seit sechs Wochen Bauchschmer-
zen haben. Man fragt sich dann: Warum
ist derjenige nicht schon längst zum Haus-
arzt gegangen? Gerade im ländlichen Be-
reich kann das zum Problem werden:
Dort ist oft nur ein einziger Rettungswa-
gen unterwegs. Diese rollende Intensiv-
station, die inklusive Medizintechnik
mehr als 200 000 Euro kostet, ist dann
blockiert, wenn zur gleichen Zeit etwas
Ernsthaftes passiert: Erleidet jemand ei-
nen Herzinfarkt, dauert es womöglich län-
ger, bis Hilfe kommt, weil ein Einsatzwa-
gen aus dem Nachbarlandkreis geholt
werden muss. Daher unser Appell: Bei me-
dizinischen Notfällen, die nicht lebensbe-
drohlich sind, sollte man den ärztlichen
Bereitschaftsdienst unter 116 117 anrufen.
Was macht Ihnen zurzeit zu schaffen?
Natürlich sind wir als Rettungskräfte be-
Zu Hause bleiben, so lautet das Mantra
derzeit für die meisten Menschen. Ann-So-
phie Schmidt gehört aber zu denen, die
raus müssen, und von denen sich jeder
wünscht, dass sie weiter ihrem Job nachge-
hen. Die 21-Jährige steht kurz vor dem Ab-
schluss ihrer Ausbildung zur Gesund-
heits- und Krankenpflegerin an der Diako-
nie-Klinik Hallerwiese / Cnopfsche Kin-
derklinik in Nürnberg – und steckt damit
mitten drin im Corona-Krisengeschehen.
Die junge Frau reagiert darauf mit Ruhe:
„Keiner kann so richtig einschätzen, was
kommen wird oder nicht kommen wird.
Aber da es in Nürnberg viele Kliniken gibt,
scheint es hier entspannter zu sein.“
Entspannung ist nicht unbedingt der
Begriff, den man mit dem Pflegeberuf ver-
bindet. Etwa 1,7 Millionen Menschen arbei-
teten laut Agentur für Arbeit 2017 in der
Pflege. Dass das viel zu wenige sind, und
dass der Bedarf nicht gedeckt werden
kann, weiß man seit Jahren. Laut Institut
der Deutschen Wirtschaft fehlen in die-
sem Jahr knapp 380 000 Pflegekräfte,
Tendenz steigend. Für den Mangel wer-
den viele Faktoren verantwortlicht ge-
macht, etwa die Arbeitszeiten, die Überlas-
tung und teils auch die Bezahlung. Seit die
Corona-Krise das Leben im Land be-
stimmt, hat sich immerhin die Wahrneh-
mung für die Branche verstärkt – nicht
nur dank medial wirksamer Dankesaktio-
nen.
Auch im Alltag zeichnet sich eine verän-
derte Wahrnehmung ab. Dankbarkeit hät-
ten die Patienten schon immer gezeigt, er-
zählt Ann-Sophie Schmidt. „Aber seit der
Krise achten die Patienten noch viel stär-
ker auf uns Pflegekräfte. Die fitten Patien-
Bisher ist sie an ihrem Arbeitsplatz nur
geheilten Covid-19-Patienten begegnet.
Als geheilt gilt, wer zweimal negativ getes-
tet wurde. Eine demente Patientin, erzählt
Schmidt, habe gar nicht gewusst, dass sie
sich das Virus eingefangen hatte, die Frau
habe die Krankheit jedoch gut überstan-
den. Das Risiko, sich selbst bei ihrer tägli-
chen Arbeit mit dem gefürchteten Virus
anzustecken, nimmt die Nürnbergerin ge-
lassen hin. „Wir haben ja immer ein Risi-
ko, uns mit irgendetwas anzustecken“,
meint Schmidt. „Und falls ich es bekom-
me, ist das immer noch besser, als würde
es einen Risikopatienten treffen. Auch ha-
be ich gesehen, dass die Leute die Erkran-
kung durchaus gut überstehen können.“
Vergessen werde in dem Zusammenhang
Ann-Sophie Schmidt
FOTO: DIAKONEO / CLAUDIA POLLOK
oft, sagt Schmidt, dass auch viele Men-
schen beispielsweise an Influenza sterben
– das sei eine der ersten Erfahrungen ih-
rer Ausbildungszeit gewesen.
Die theoretische Ausbildung der ange-
henden Pflegekraft ist übrigens genau wie
die an Schulen oder Universitäten in die di-
gitale Welt verlagert worden. Mit dem Un-
terschied, dass die Auszubildenden zwar
wie alle anderen Schüler nicht mehr zur
Schule gehen dürfen, aber stattdessen auf
der Station eingesetzt werden. Eine Rege-
lung, die die Nürnbergerin nicht ganz
nachvollziehen kann: „Wir arbeiten ja auf
der Station auch zusammen, da hätten wir
auch zusammen in die Schule gehen kön-
nen.“ So muss sie nun Schularbeiten und
Arbeit vereinbaren, ein größeres Pensum
als in normalen Zeiten. „Ich wünsche mir,
ich müsste nicht im Sommer Examen ma-
chen. Aber irgendwie muss es gehen.“
Trotz Doppelbelastung und Krise zwei-
felt Ann-Sophie Schmidt nicht an ihrer Be-
rufswahl. „Es gibt nichts Schöneres und
keine wichtigere Arbeit, als einem Men-
schen zu helfen.“ Das ist ihr klar gewor-
den, als sie nach der Mittleren Reife ein
freiwilliges soziales Jahr im Altenheim ab-
solvierte. Wobei, man müsse am Anfang
der Ausbildung schon aus der persönli-
chen Komfortzone raus, erzählt Ann-So-
phie Schmidt. „Ich sage mir aber auch im-
mer, die Menschen können ja gar nichts
für die Situation, in der sie sich jetzt befin-
den.“ Achtung vor der Würde der Patien-
ten ist eines ihrer obersten Gebote. „Wenn
ich auf der Intensivstation bin, rede ich
mit den Patienten, ich denke, irgendwie
bekommt doch jeder mit, was ich sage.
Und ich finde, es gibt nichts Schlimmeres,
Susanne Person, 52, ist stellvertretende dingt mehrere Packungen Toilettenpa-
Marktleiterin in einem großen Edeka-Su- pier kaufen wollte. Wir haben jeder Kolle-
permarkt im Einkaufszentrum Gerber in gin gesagt: Fangt nicht an, mit denen zu
der Stuttgarter Innenstadt. Der Markt ist diskutieren, nehmt den Telefonhörer,
eines von vier Geschäften, die der Einzel- und ruft uns an. Es gibt bei uns im Ein-
händler Tobias Baisch in der baden-würt- kaufszentrum auch Security. Aber zu grö-
tembergischen Landeshauptstadt unter ßeren Zwischenfällen kam es hier zum
dem Dach der Edeka-Genossenschaft be- Glück nie.
treibt. Mittlerweile hat sich die Dramatik weit-
gehend gelegt. Die Stimmung im Markt
„Am Anfang war’s wirklich chaotisch. Die ist sehr gut. Es gibt immer noch ein paar
Leute waren panisch. Und dann waren da Einzelne, die ihren Einkaufswagen rand-
plötzlich diese leeren Regale. Ich hatte voll machen, aber im Großen und Ganzen
nicht erwartet, dass es zu solchen Hams- sind die Regale wieder voll. Nur beim
terkäufen kommt. Es war wie Weihnach- Mehl haben wir noch Probleme.
ten, Ostern und Pfingsten zusammen,
und das innerhalb von zwei Wochen. Wir Die Maskenpflicht ist gut,
haben dann bestellt wie die Verrückten.
Die Zentrallager konnten gar nicht so
weil dann alle
schnell Waren ausliefern, wie die Märkte gleich aussehen
angefragt haben. Du hast zwar immer ein
bisschen was bekommen, aber wenn du Ich selbst habe mich nie gefährdet ge-
50 Packungen Mehl geordert hast, dann fühlt. Das liegt vor allem an unserem
gab’s vielleicht nur zehn. Und sobald die Marktleiter und an unserem Eigentümer.
im Regal standen, waren sie schon wieder Die beiden haben wirklich alles getan, da-
weg. mit keiner das Gefühl hat, er wäre einer
In den ersten Tagen standen wir dieser Gefahr ausgesetzt. Für beide war das wich-
Sache ziemlich hilflos gegenüber. Du tigste, dass die Mitarbeiter geschützt
willst ja die Bedürfnisse deiner Kunden be- sind.
friedigen. Wir haben dann alle Lieferan- An den Kassen wurden sofort diese Ab-
ten abtelefoniert und sie gebeten: Schickt trennungen gebaut, die wie Aquarien aus-
uns, was ihr habt! Das war ein riesiger Auf- sehen, und auch zwischen den einzelnen
wand. Zum Glück haben wir als privat ge- Kassen gibt es Abtrennungen. Unser Chef
führter Supermarkt die Möglichkeit, auch hat uns auch gleich am Anfang gesagt:
direkt auf Lieferanten zuzugehen. So ha- Wer Angst hat, angesteckt zu werden,
ben wir jemanden aufgetan, der uns aus kann zu Hause bleiben. Wir haben zwei
Italien Nudeln, getrocknete Hülsenfrüch- Mitarbeiter, die erst vor Kurzem eine
te und Toilettenpapier besorgen konnte. schwere Erkrankung hatten. Die arbeiten
jetzt natürlich nicht.
Wer eine Maske oder Handschuhe tra-

sonders ansteckungsgefährdet. Doch wir
haben gut vorgesorgt: Wir tragen immer
einen Mund-Nasen-Schutz, und sämtli-
che Patienten bekommen ihn von uns. So-
bald wir erfahren, dass wir zu einem Coro-
na-Notfall fahren, ziehen wir über unsere
normale Dienstkleidung Einweg-Schutz-
anzüge. Engpässe beim Material gibt es
bei uns zurzeit glücklicherweise nicht. Ei-
ne ausgediente Rettungswache haben wir
zur Quarantänestation umfunktioniert:
Besteht der Verdacht, dass ein Mitarbei-
ter sich infiziert hat, kann er dort so lange
bleiben, bis ein negatives Testergebnis
vorliegt. Es gibt dort einen Fernseher und
einen gut gefüllten Kühlschrank.
In welcher Form erhalten Sie Anerken-
nung für Ihr Engagement?
Oft sind es Naturalien, allerdings können
wir sie zurzeit leider nicht annehmen. Wir
freuen uns aber über Postkarten oder ein
selbstgebasteltes Geschenk von Kindern.
Ein solches Dankeschön gibt es allerdings
bei Einsätzen mit dem Rettungswagen
seltener als bei Helikopterflügen. Wenn
der Heli im Vorgarten landet, ist das eben
etwas Spektakuläres.
interview: stephanie schmidt
DIZdigital: Alle
DIZdigital: Alle Rechte
Rechte vorbehalten
vorbehalten –- Süddeutsche
Süddeutsche Zeitung
Zeitung GmbH,
Jegliche Veröffentlichung
Jegliche Veröffentlichungund
undnicht-private
nicht-privateNutzung
Nutzungexklusiv
ten tragen Mund- und Nasenschutz, um
uns nicht zu gefährden.“ Auch die Gesten
der Anerkennung, die gezeigt werden,
schätzt die junge Frau: das kostenlose
Lunchpaket, den Pflegebonus der Regie-
rung oder die Rabatte, die etwa manche
Schnellrestaurants gewähren. „Ich finde
es schön, dass an uns gedacht wird, und
hoffe, dass die Wertschätzung auch über
die Krise hinaus bestehen bleibt“, sagt die
21-Jährige.
Derzeit arbeitet Schmidt auf der chirur-
gischen Station. Alle nicht lebensnotwen-
digen Operationen sind – wie in allen Klini-
ken – abgesagt worden. Dadurch hat sich
die Zusammensetzung der Patienten geän-
dert, stellt die junge Frau fest, es liegen
nun mehrere Patienten mit Problemen
der inneren Medizin wie Nierenversagen
oder Diabetes auf der Station. Die Vor-
sichtsmaßnahmen, die vor einer Infektion
schützen sollen, sind für die Pflegekräfte
fast die gleichen geblieben, so lange sie
nicht auf der Isolierstation eingesetzt
sind. „Wir arbeiten mit Mund- und Nasen-
schutz. Nur die Übergabe zu Schichtbe-
ginn erfolgt jetzt in größeren Räumen, um
den Abstand zu ermöglichen.“
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
11,35
Euro
beträgt der Pflegemindest-
lohn für Hilfskräfte im
Westen, im Osten liegt er
etwas niedriger bei
10,85 Euro. Darauf hat sich
eine Kommission von Arbeit-
gebern und Arbeitnehmern
Ende Januar geeinigt.
Beschlossen hat diese auch,
einen Mindestlohn für
angelernte Kräfte mit
einjähriger Ausbildung
einzuführen: Bis zum
1. April 2022 soll dieser auf
13,20 Euro steigen.
Zum 1. Juli 2021 soll dann
der Mindestlohn für
Pflegefachkräfte 15 Euro
betragen. KNA
als eine Handlung an jemanden durchzu-
führen, ohne sie oder ihn vorher darüber
zu informieren.“ Ihr Umgang mit den Pati-
enten wird durchaus gewürdigt – vergan-
genes Jahr wurde die Nürnbergerin Lan-
dessiegerin im vom Verband der Privaten
Krankenversicherungen ausgerufenen
Online-Wettbewerb „Deutschlands belieb-
teste Pflegeprofis“ in der Kategorie Azubi.
Den Stress mit Corona steckt Ann-So-
phie Schmidt gut weg. Weniger jedoch
den Stress, der im Alltag – auch ohne Krise
– durch den Personalmangel in der Pflege
entsteht. „Oft kann man sich nicht so küm-
mern wie man möchte und sollte.“ Schnell
noch die Beine des Patienten eincremen?
Für solche kleinen Akte der Nächstenliebe
bleibt oft zu wenig Zeit.
Apropos Zeit: Davon haben die Patien-
ten jetzt wiederum zu viel – nämlich Zeit
ohne Besuch, der wegen der Krise verbo-
ten ist. Die Jüngeren kommen dank mo-
derner Medien besser zurecht, die Älteren
wollen viel mehr telefonieren, um so Kon-
takt zu halten. Und das sollte man nicht un-
terschätzen, findet Schmidt. „So ein Kran-
kenbesuch gehört ja zur Genesung dazu.“
johanna pfund
gen will, kann das tun. Der Chef hat sogar
Masken für uns nähen lassen. Am Anfang
habe ich eine Zeit lang Maske getragen,
weil ich durch die vielen Fernsehberichte
ein ungutes Gefühl hatte. Später dann
nicht mehr so oft. Seit dieser Woche ist die
Maske ja ohnehin Pflicht. Das finde ich
vor allem deshalb gut, weil dann alle
gleich aussehen. Bisher war das für mich
eher irritierend, wenn plötzlich ein Kunde
mit Maske neben mir stand. Da fragst du
dich gleich: Ist der krank?
Susanne Person Natürlich freuen wir uns darüber, dass
FOTO: PRIVAT die Angestellten in Supermärkten jetzt so
viel Aufmerksamkeit bekommen und die
Kunden auch mal Danke und Bitte sagen.
Manchmal war das schon ein beklem- Jetzt sind wir systemrelevant.
mendes Gefühl, wenn du als einzelne Ver- Die Frage ist, ob man uns nachher auch
käuferin mit der Palette Toilettenpapier noch so wahrnimmt. Oder sind wir dann
aus dem Lager kommst, und dann stehen wieder die dummen Verkäuferinnen,
da auf einmal 20, 30 Leute um dich her- über die die Leute denken: Hätten die was
um, und überall sind Hände. Aber die Gescheites gelernt, müssten sie keine Re-
meisten Kunden waren freundlich und gale einräumen? Es wäre schön, wenn die
vernünftig. Für die Kolleginnen an der Wahrnehmung bleibt, dass hier Männer
Kasse war das ein bisschen härter. Da gab und Frauen den ganzen Tag arbeiten, da-
es zum Teil schlimme Beschimpfungen – mit jeder das einkaufen kann, was er zum
wenn sie jemanden an die Abstandsregeln Leben braucht.
erinnern mussten oder weil jemand unbe- protokoll: claudia henzler
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020 SZ SPEZIAL RESPEKT ! 17

von ingrid brunner

ars, Mers, Aids, Tuberkulo-

S se, Ebola: Der Immunolo-

ge Stefan H. E. Kaufmann
beschäftigt sich schon sein
ganzes Forscherleben lang
mit den Geißeln der
Menschheit. Aber was heißt schon beschäf-
tigt? Wer ein Virus bekämpfen, ein Impfse-
rum entwickeln will, muss dieses Virus
kennen, verstehen, bis in einzelne Gense-
quenzen hinein. Erst dann lässt sich eine
Strategie entwickeln, wie man es ausschal-
ten, unschädlich machen kann. Wer Kauf-
mann zuhört, versteht: Man erfindet nicht
mal eben durch einen Geistesblitz über
Nacht ein neues Impfserum. „Einem Impf-
stoff, den wir heute anwenden können,
ging jahrelange Grundlagenforschung
voraus“, sagt er. Deshalb sei Grundla-
genforschung so wichtig. Arbeit, wie sie in
Forschungseinrichtungen wie den Max-
Planck-Instituten normalerweise wenig
beachtet von der Öffentlichkeit betrieben
wird. Kaufmann zitiert den Physiker Max
Planck, nach dem die gleichnamige For-
schungsgesellschaft 1948 gegründet wur-
de: „Dem Anwenden muss das Erkennen
vorausgehen.“

Der Forscher unterstützt

Die Grundlagenforschung im Labor ist langwierig. Doch sie ist unerlässlich, um mehr über Viren zu erfahren. FOTO: STEFAN ALBRECHT / BIONTECH / PICTURE ALLIANCE / DPA
Länder in Afrika beim Aufbau
immunologischer Kompetenz

Die Seuchen von morgen

Derzeit gibt es 86 Max-Planck-Institu-
te. Kaufmann, Jahrgang 1948, ist einer der
Gründungsdirektoren des Max-Planck-In-
stituts für Infektionsbiologie, das 1993 in
Berlin eröffnet wurde. Bis 2019 hat er die
Abteilung Immunologie geleitet und ist
nun Direktor emeritus. Er hat mehr als
900 wissenschaftliche Arbeiten und Arti-
kel veröffentlicht und zählt zu den meistzi-
tierten Wissenschaftlern weltweit.
Hat er es kommen sehen, dass ausge-
rechnet ein neuartiges, mutiertes Corona-
virus die Welt in eine Pandemie stürzen
würde? „Na ja, ich habe schon in meinem
Buch von 2008 auf die Gefahr einer Pande-
mie, ausgelöst durch Viren, die sich erst
heimlich ausbreiten und später krank ma-
chen, hingewiesen.“ Gemeint ist sein Buch
„Wächst die Seuchengefahr?“. Angesichts
der weltweiten Corona-Krise kennt nun je-
der die Antwort. „Ich dachte tatsächlich an
einen neuen Erreger, der zunächst kaum
in Erscheinung tritt, der sich unbemerkt
einschleicht, und so ist es ja auch gekom-
men. Aber ich tippte eher auf neue Influen-
zaviren.“
Die Corona-Krise kam nicht ohne Vor-
warnung. Es gab bereits Epidemien, bei de-
nen ein Virus vom Tier auf den Menschen
übertragen wurde – etwa die Vogelgrippe
Der Immunologe Stefan Kaufmann warnt schon seit Jahren vor der Gefahr einer Pandemie. Ein neuartiger
I m p f s t o f f g e g e n T u b e r k u l o s e , d e n e r m i t e n t w i c ke l t h a t , k ö n n t e a u c h C o v i d - 1 9 - P a t i e n t e n h e l f e n
oder Mers. Nur eben kam die Weltgemein-
schaft da noch glimpflich davon, die Aus-
brüche waren geografisch begrenzt – und
aus europäischer Perspektive weit weg.
Meist trafen sie ärmere Länder mit
schwach ausgeprägten Gesundheitssyste-
men. Kaufmann macht unermüdlich auf
den Zusammenhang zwischen Armut und
Sterblichkeit aufmerksam. „1,7 bis zwei
Milliarden Menschen sind weltweit mit Tu-
berkulose infiziert, 1,5 Millionen pro Jahr
sterben daran.“ Damit sei die Tuberkulose
die tödlichste Infektionskrankheit über-
haupt. Die häufig behandelbare Tuberku-
lose ist vor allem eine Krankheit der Ar-
men. Für Kaufmann schwer erträglich.
Deshalb haben er und sein Team die
Entwicklung eines neuen Impfstoffs ge-
gen die Tuberkulose vorangetrieben:
VPM 1002, so der Name des Impfstoffkan-
didaten, ist eine gentechnisch optimierte
Variante des zu Beginn des 20. Jahrhun-
derts entwickelten Vakzins BCG. Und hier
nun beginnt es, interessant zu werden: Epi-
demiologische Studien, kontrollierte klini-
sche Studien und Tierversuche haben gute
Hinweise darauf gegeben, dass der neue
Impfstoff nicht nur vor Tuberkulose, son-
dern auch vor Virusinfektionen der Atem-
wege schützen kann.
Die spannende Frage ist nun: Wirkt
VPM 1002 auch beim Menschen? Wenn ja,
dann wäre es eine wertvolle Waffe im
Kampf gegen Covid-19. Eben diese These
wird nun in einer klinischen Studie un-
tersucht. Kaufmann betont, VPM 1002 sei
Stefan H. E. Kaufmann
FOTO: MAX-PLANCK-INSTITUT
nicht gleichzusetzen mit einem Vakzin ge-
gen das Coronavirus. Doch eine Impfung
mit VPM 1002 würde die angeborene Im-
munität stärken. Träfe dies zu, dann könn-
ten mit Sars-CoV-2 infizierte Personen
den Infekt besser abwehren, ihre Heilungs-
chancen erhöhten sich.
Auch als Emeritus ist Kaufmann welt-
weit vernetzt. Er ist Mitglied des Kuratori-
ums der Nobelpreisträgertagung Lindau.
Und natürlich will er weiter daran mitar-
beiten, dass VPM 1002 eine Zulassung als
Impfstoff erhält. Es wäre ja, abgesehen
von dem positiven Nebeneffekt, dass es
den Kampf gegen das Coronavirus unter-
stützt, vor allem ein Durchbruch in der Be-
handlung der vielen an Tuberkulose er-
krankten Menschen. Deshalb engagiert er
sich in der weltweiten Impfinitiative Gavi
und unterstützt NGOs wie die Bill-und-Me-
linda-Gates-Stiftung und Ärzte ohne Gren-
zen. Ziel ist es, Menschen aller Länder glei-
chen Zugang zu medizinischer Versor-
gung und zu Impfstoffen zu ermöglichen.
Sein Wissen will er weitertragen, dort-
hin, „wo noch viel zu tun ist“. Um aus ihrer
Empfängerrolle herauszukommen, unter-
stützt er Menschen in Indien oder in afri-
kanischen Ländern dabei, selbst immu-
nologische und infektionsbiologische
Kompetenz aufzubauen. Wer nun seinen
Hut ziehen will vor solch einer Lebensleis-
tung, dem entgegnet er bescheiden: „Ich
glaube, im Augenblick leisten die Men-
schen in den Kliniken und Heimen Großar-
tiges. Ihnen gilt mein ganzer Respekt.“

40 Sack Blumenerde
Pa ke t z u s telle r wie A n d reas Holz man n ha be n ge ra de m ä cht i g vi e l zu schl e ppe n

Wer kauft eigentlich all das ganze Zeug? In
der kleinen Verteil- und Sortierhalle der
Deutschen Post im Stadtzentrum von
Starnberg, 25 Kilometer südwestlich von
München gelegen, stapeln sich die Kar-
tons an diesem Morgen. Ein verpackter
Handrasenmäher ist auszumachen, ein
Drucker für den PC. Dazwischen viele wei-
tere Kartons mit aufgedruckten Firmenlo-
gos beispielsweise von Kleiderherstellern,
von Drogeriemärkten, von Spielzeugver-
sendern. „Die Leute bestellen alles“, sagt
Postbote Andreas Holzmann. Insbesonde-
re während des bundesweiten Lockdowns
Werkzeuge – all das, was die Leute zuletzt
wegen der Geschäftsschließungen auf
dem herkömmlichen Weg nicht besorgen
konnten, lassen sie sich nun von Holz-
mann und seinen Kollegen nach Hause lie-
fern. „Neulich habe ich 40 Sack Blumen-
erde zu einem Kunden gebracht.“
Vor gut eineinhalb Wochen schickte die
Post in München ihre Zusteller in einigen
Teilen der Stadt sogar an einem Sonntag
los, um den Berg an Paketen abzuarbeiten.
Die Beschäftigten wurden mit Zuschlägen
gelockt, bei den Behörden musste dafür
eine Ausnahmegenehmigung beantragt
nehmen. Zuvor hatten die beiden für die
Beschäftigten der Post zuständigen Ge-
werkschaften Verdi und DPV-KOM die
Sonntagszustellung scharf kritisiert. Die
Sonntagsschicht sei „auch auf die seit
Jahren völlig verfehlte Personalpolitik des
Unternehmens zurückzuführen“, schimpf-
te DPV-KOM-Chefin Christina Dahlhaus.
„Nach wie vor fehlen bei der Deutschen
Post mehrere Tausend Zusteller.“ Hilfreich
wäre es aus ihrer Sicht unter anderem,
mehr Personal einzustellen und die neuen
Kräfte, wenn man sie denn gewonnen ha-
be, schneller zu entfristen.

Gutscheine, die helfen.

der Einzelhandelsgeschäfte zog das Ge-
schäft in der Kurier-, Express- und Paket-
branche, abgekürzt: KEP, deutlich an. 30
bis 40 Prozent mehr Pakete als sonst müs-
sen Andreas Holzmann und seine Kollegen
derzeit zu den Kunden fahren. „Das Auf-
kommen momentan ist ungefähr so wie
zwei Tage vor Weihnachten“, sagt er.
Mit einem Unterschied: Auf die „auf-
kommensstarke Zeit“ kurz vor Weih-
nachten, wie sie das in der KEP-Branche
werden. Auch in anderen Gegenden könne
es sein, erklärte ein Postsprecher damals,
dass man die Sonntagszustellung „punk-
tuell und nach Abstimmung mit den
örtlichen Betriebsräten“ einsetzen werde,
um rasch auf regional begrenzte Engpässe
reagieren zu können. Der Konzern strebe
aber keine regelmäßige, bundesweite
Sonntagszustellung an, betonte das Unter-
Tatsächlich wirbt der Konzern derzeit
unter anderem im Internet um zusätzliche
Kräfte – auch um Menschen, die in ande-
ren Branchen aktuell in Kurzarbeit ge-
schickt wurden. Die können nun als Aus- Jetzt kaufen, jetzt retten, später einlösen
hilfen in der Brief- und Paketzustellung
anfangen oder als Hilfskraft in einem der
großen Brief- und Paketsortierzentren an- Die Corona-Krise bedroht die Existenz der Menschen in allen Branchen. Betroffen
packen. Hinzu kommt: Weil die Post wie
die meisten KEP-Dienstleister vom Gesetz- VLQGJUR‰H)LUPHQ.OHLQXQWHUQHKPHQXQG)UHLEHUXÀHU$XFKGHU)ULVHXUVDORQYRQ
geber als „systemrelevant“ eingestuft wur-
nennen, können sich die Unternehmen im
Vorhinein einstellen. Bereits im Juni, spä-
testens im Juli beginnen Paketlogistiker
wie die Deutsche Post, DPD, Hermes oder
UPS mit den Planungen für die arbeitsin-
tensiven letzten Wochen des Jahres:
Dienstpläne werden geschrieben, Urlaubs-
pläne ausgedünnt, Hilfskräfte befristet bis
Mitte Januar angestellt. „So kommen wir
dann meist gut über die Runden“, sagt
Anton Steigenberger, der Leiter des Starn-
berger Post-Zustellstützpunkts.
Wer in Kurzarbeit geschickt
wurde, der kann jetzt als Helfer
in der Paketbranche anfangen
Auf das immense Aufkommen während
des Corona-Shutdowns indes konnte sich
kaum einer in der Branche vorbereiten.
„Das hat uns regelrecht überrollt“, sagt ein
leitender Mitarbeiter eines Anbieters.
Tatsächlich packen Postbote Holzmann
und seine Kollegen an diesem Morgen ihre
Zustellautos bis oben hin mit Paketen voll.
Viele hier am Starnberger Zustellstütz-
punkt sind als „Verbundzusteller“ unter-
wegs. Das heißt: Ein Zusteller bringt so-
wohl die Briefpost wie auch die Pakete zu
den Kunden. Vor allem im ländlichen
Raum setzt die Post auf die Verbundzustel-
lung; in der Stadt läuft es hingegen ge-
trennt: Dort werfen Postboten, die zu Fuß
oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, die
Briefe in die Briefkästen. Und wenig später
kommt ein Paketzusteller mit einem Klein-
transporter vorgefahren und bringt die Pa-
kete mit den bestellten Waren.
Egal aber, ob Verbundzusteller auf dem
Land oder Paketkollege in der Stadt – sie al-
le haben derzeit mächtig viel zu schleppen.
Elektrogeräte, Blumenerde, Spielsachen
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Andreas Holzmann
FOTO: MVÖ
3,6
Milliarden
Sendungen stellen die
Kurier-, Express- und Paket-
dienste (KEP) nach Angaben
des Branchenverbands BIEK
pro Jahr in Deutschland zu.
Um ihre Mitarbeiter vor einer
möglichen Ansteckung zu
schützen, habe viele Firmen
zuletzt auf kontaktlose
Zustellung umgestellt: Die
Boten legen die Pakete
meist nur an der Haustüre
ab und quittieren selbst
die Zustellung.
GmbH, München
München
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
de, werden Einkommen aus einer Aushilfs- %DUEDUD +REUHFKW 1DPH JHlQGHUW LVW VHLW 0LWWH 0lU] JHVFKORVVHQ 'D ZR VRQVW
tätigkeit in dieser Branche bis Ende Okto- NODSSHUQGH6FKHUHQ)DUESLQVHO3ODXGHUHLHQXQG)|KQJHUlXVFKHGHQ$OOWDJEHVWLPPHQ
ber nicht auf das Kurzarbeitergeld ange-
rechnet. Wer also wetterfest sei und gerne LVWHVVWLOOJHZRUGHQ²HLQH$XVQDKPHVLWXDWLRQIUGDVVHLW-DKUHQEHVWHKHQGH
kundenorientiert arbeite, der sei bei der )DPLOLHQXQWHUQHKPHQLQGHU1lKHYRQ(VVHQ
Post genau richtig, wirbt der Konzern um
Mitarbeiter. Ach ja: Und das Heben von
Lasten bis maximal 31,5 Kilogramm dürfe
einem natürlich auch nichts ausmachen.
$QIDQJV ZDU XQJHZLVV ZLH HV ZHLWHUJHKHQ VROO 1HEHQ ILQDQ]LHOOHU +LOIH GXUFK
So wie Verbundzusteller Andreas Holz- 6RIRUWSURJUDPPHXQG=XVFKVVHLVWHVYRUDOOHPGLH8QWHUVWW]XQJDXVGHU5HJLRQ
mann in Starnberg. Er ist an diesem Tag
als „Verstärker“ unterwegs. Das heißt: Er GLH%DUEDUD+REUHFKW.UDIWJLEWhEHUGLHGutschein-Plattform gemeinsamdadurch
nimmt vor allem besonders sperrige und N|QQHQLKUH.XQGLQQHQXQG.XQGHQMHW]W*XWVFKHLQHHUZHUEHQXQGGLHVHQDFKGHU
schwere Pakete seinen Kollegen ab und
bringt diese direkt zu den Kunden – an- :LHGHUHU|IIQXQJHLQO|VHQ'LH)ULVHXUPHLVWHULQKDWVLFKPLWLKUHP6DORQGXUFKZHQLJH
dernfalls müssten die mitunter nach einer
.OLFNV UHJLVWULHUW XQG LVW EHUZlOWLJW YRQ GHU JUR‰HQ 5HVRQDQ] Jeder verkaufte
Zustelltour noch einmal zurück zum
Stützpunkt, eine zweite Fuhre aufladen Gutschein hilft, gibt ihr Zuversicht, aber auch neuen Mut.8QGLKUH.XQGVFKDIWIUHXW
und dann erneut rausfahren. Der Zusam-
menhalt unter den Kollegen jedenfalls sei
VLFKVFKRQMHW]WDXIHLQHQIULVFKHQ+DDUVFKQLWWQHXH$QVDW]IDUEHXQGGLHJHZRKQWHQ
riesig, sagt Holzmann. Gerade in der Krise 3ODXGHUHLHQQDFKGHP/RFNGRZQ
merkten viele, wie wichtig die KEP-Bran-
che sei – auch wenn in der Öffentlichkeit
zuletzt über die soziale Lage der Paket- $XI s.de/helfen N|QQHQ VLFK +lQGOHU *DVWURQRPHQ XQG /DGHQEHVLW]HU DQPHOGHQ
zusteller heftig diskutiert wurde. So wurde
auf Initiative der SPD erst im vergangenen
Herbst vom Bundestag das „Paketboten-
,KUHQ.XQGHQHUP|JOLFKHQVLHVRPLWVLHZlKUHQGGHU&RURQD.ULVHPLW*XWVFKHLQHQ
Schutz-Gesetz“ beraten, das Paketdienste
]XXQWHUVWW]HQ
dazu verpflichtet, Sozialabgaben auch in
dem Fall zu zahlen, wenn Arbeitnehmer
bei Subunternehmen angestellt sind, diese Danke an alle, die Gutscheine kaufen und helfen,
aber der Zahlung nicht nachkommen. die Region zusammenzuhalten.
Und auch viele Kunden merkten, wie
wichtig die Paketzusteller gerade in Zeiten
wie diesen sind, ergänzt Logistikprofessor
Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt Uni-
versity of Applied Sciences. Viele Kunden
seien extrem freundlich zurzeit, sagt Holz-
mann, mitunter lege auch jemand was
Süßes hin, dazu einen Zettel: „Vielen Dank
Gemeinsam
an alle Helfer des Alltags!“ Und an warmen
Tagen, sagt er, „steht auch mal was zu Trin-
da durch.
ken vor der Tür.“ marco völklein
18 RESPEKT ! SZ SPEZIAL
Enorme
Maschinerie
D e r K a t a s t ro p h e n fa l l Co ro n a
i s t e i n e H e r a u s f o rd e r u n g
Im Katastrophenschutz ist nichts normal.
Hochwasser, Waldbrand oder Schnee –
wird ein Katastrophenfall ausgerufen, ist
die Ursache stets eine Extremsituation.
Aber Corona fordert auch die Krisenexper-
ten heraus. „Seit Ende der Faschingsferi-
en ist nichts mehr normal“, sagt Andreas
Vilim, Sachbearbeiter Katastrophen-
schutz im Bayerischen Innenministeri-
um. Noch nie hatten er oder seine Kolle-
gen von der Führungsgruppe Katastro-
phenschutz (FüGK) einen flächendecken-
den Katastrophenfall für ganz Bayern.
Dieses Mal geht es darum, die Gesund-
heitsbehörden zu unterstützen, Schutz-
masken zu besorgen, darum, ausrei-
chend Kapazitäten auf den Intensivstatio-
nen zu schaffen. „Das ist ein ganz neues
Szenario, die Herausforderungen sind
enorm“, so der 46-Jährige.
60 bis 70 Stunden pro Woche sind
normal – Ende nicht abzusehen
Der Katastrophenfall, der in Bayern
seit 16. März gilt, setzt eine Maschinerie
in Gang, die die üblichen Zuständigkeiten
bündelt. Alle Katastrophenschutzbehör-
den der Landratsämter, kreisfreien Städ-
te und Bezirksregierungen müssen nun
die Vorgaben der FüGK Land Bayern im
Innenministerium umsetzen und einsatz-
fähig sein. Die erste Aufgabe Vilims und
seiner Kollegen bestand daher darin, die
Kommunikationswege festzulegen. Da-
mit trotz Infektionsgefahr der Dienst
gewährleistet ist, wurde ein Einsatzplan
mit drei Schichten eingeführt. Zu jedem
Team gehören Mitarbeiter des Gesund-
heitsministeriums und des Technischen
Hilfswerks (THW). An den Lagebespre-
chungen nehmen zudem Vertreter der
freiwilligen Hilfsorganisationen und der
Bundeswehr teil. Die Staatlichen Feuer-
wehrschulen Geretsried und Regensburg
sind ebenfalls wichtige Partner.
Täglich werden die Zahlen, vor allem
zum Infektionsgeschehen und zu den
Kapazitäten der Krankenhausbetten aus-
gewertet, regelmäßig finden Video- und
Telefonkonferenzen statt.
Es ist eine konzertierte Aktion gegen
den Gegner, das Coronavirus. „Jeden Tag
lernen wir Neues rund ums Infektions-
geschehen dazu.“ Nicht nur das, auch wur-
den wegen der Einzigartigkeit der Krise
in Windeseile neue Strukturen eingezo-
gen, nämlich der Versorgungsarzt und
der Ärztliche Leiter FüGK. Zudem muss
geklärt werden, wo Schwerpunktpraxen
eingerichtet werden, wo Teststrecken.
„Am Anfang herrschte großer Mangel an
Tests“, berichtet Vilim. Auch das Beschaf-
fen von persönlicher Schutzausrüstung
für ganz Bayern ist eine enorme Heraus-
forderung. Das Material ist nach wie vor
knapp. „Viele Sachen, die anfangs bestellt
wurden, sind nicht eingetroffen. Oder die
Qualität war schlecht“, berichtet Vilim.
Eine Notreserve hat die FüGK gebildet –
und es kann schon vorkommen, dass das
THW nachts mit einem Lastwagen voll
Material hinausgeschickt wird, um eine
Klinik oder ein Heim zu versorgen. Auch
unerwartete Fragen tauchen auf: etwa, ob
die Kirchen für ihre Sterbebegleitung
auch Schutzausstattung bekommen.
Auf die Uhr schauen die Katastrophen-
schützer selten. Sieben Tage Schicht-
betrieb, oft 60 bis 70 Stunden pro Woche
bedeutet das für Andreas Vilim und seine
Kollegen. Seit sechs Wochen, Ende un-
gewiss. johanna pfund
DIE ZUKUNFT
STECKT IM KERN.
Wir halten an dem fest, was uns ausmacht, auch in turbulenten Zeiten:
die Überzeugung, Bio vom Ursprung zu denken. Deswegen setzen wir
uns für eine zukunftsfähige Öko-Züchtung ein.
Unser Engagement ist nur möglich durch Ihre Treue und Ihren Mut,
gemeinsam neue Wege zu beschreiten. Herzlichen Dank dafür!
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So wie hier in der Integrierten Leitstelle Fürstenfeldbruck sieht Katastrophenschutz aus: Wenige Menschen vor vielen Monitoren.
Die Stunde der Praktiker
In der Corona-Krise muss der Arzt Hubert Pilgram die Patientenströme in ganz
S ü d o s t b a ye r n ko o r d i n i e r e n . P l ö t z l i c h g e h t v i e l e s , w a s v o r h e r n i c h t g i n g
von johanna pfund
ocker geht es hier nicht
L zu. Hubert Pilgram steht
im Eingang der Integrier-
ten Leitstelle Traunstein
und lotst Besucher erst
einmal zum Händedesinfi-
zieren, dann heißt es, Mundschutz aufset-
zen. Pilgram geht kein Ansteckungsrisiko
ein, schon gar nicht zu Corona-Zeiten,
und schon gar nicht in Südostbayern, wo
die Fallzahlen im bayernweiten Vergleich
immer noch hoch sind. Pilgram, im Haupt-
beruf Oberarzt der Kreisklinik Trostberg,
hat mit der Corona-Krise einen neuen Job
bekommen, einen, der ihn mit enormer
Machtfülle ausstattet. Vor fünf Wochen
wurde er zum Ärztlichen Leiter der
Führungsgruppe Katastrophenschutz
(FüGK) in Südostbayern ernannt und ist
damit zuständig für das Regeln der Patien-
tenströme. Alle Kliniken und Heime in
den Landkreisen Traunstein, Berchtes-
gadener Land, Mühldorf am Inn und Alt-
ötting müssen sich seinen Anweisungen
fügen. „Ich bin irgendetwas zwischen
Arzt und politischer Institution.“
Allein ist er damit aber nicht. Gemein-
sam mit dem Ärztlichen Leiter Rettungs-
dienst, Achim Kersting, der Integrierten
Leitstelle Traunstein, deren Chef Anton
Groschack und Geschäftsführer Josef
Gschwendner versucht er, die Geschichte
mit der Patientenverlegung umsichtig zu
gestalten. „Segensreich“ sei das, sagt Pil-
gram, dass die Aufgabe so gut in die be-
stehenden Strukturen integriert werden
kann. Segen kann man gar nicht genug be-
kommen, angesichts der Aufgabe: Für Co-
vid-19-Patienten muss je nach Schwere
der Erkrankung ein angemessener Platz
gefunden werden, andere Patienten müs-
sen vor Ansteckung geschützt werden.
Als Segen entpuppte sich auch die
frühe Begegnung mit dem Virus. In der
Kreisklinik Trostberg, an der führende
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
Einsatzbesprechung mit Achim Kersting, Hubert Pilgram, Josef Gschwendner
und Anton Groschack (v.li.).
Infektiologen arbeiten, wurde schon En-
de Januar der erste Covid-19-Patient, ein
Webasto-Mitarbeiter, behandelt. „Wir ha-
ben es damals geschafft, dass sich keiner
angesteckt hat“, erzählt Pilgram. „Und so
kannten wir die Prozesse und Abläufe.“
Zum Beispiel wussten sie, wie eine Isolier-
station aussehen muss, oder wie ein
Schleusenbereich organisiert wird.
Das große Unbekannte aber blieb: das
Virus. Wann und wie springt es über? Man
weiß es nicht. Es ist einfach „gschert“, so
Pilgram. Für den Rettungsdienst, der
immer am Menschen arbeitet, war also
Alarm angesagt, „Wir hatten Angst, dass
der Rettungsdienst zusammenbricht“, er-
zählen Groschack und Gschwendner. Dar-
um haben sie für den Bereich der Leitstel-
le als erstes alle externen Risikofaktoren
ausgeschaltet, keine Besucher mehr, kei-
ne Praktikanten mehr, striktes Einhalten
der Hygieneregeln – denn ohne den Fak-
tor Mensch kann eine Leitstelle nicht ar-
beiten. Zudem änderte die Leitstelle den
Algorithmus der Notfallabfrage, um die
Anrufer richtig zu steuern.
Vor allem sind die Retter ein wichtiges
Glied in der Kette, wenn es um die Verle-
FOTO: PFUND
gung von Patienten geht. Die will gut orga-
nisiert sein in einem Gebiet, das einein-
halb mal so groß ist wie das Saarland, das
zehn Akutkrankenhäuser und etwa 50 Al-
tenheime mit 10 000 Bewohnern hat.
So weit es möglich ist, sollen
die Heimbewohner in vertrauter
Umgebung bleiben
Die Altenheime haben sich schnell als
Schwerpunkt herauskristallisiert. „Die
Heime haben ja einen Aufnahme- und
Rücknahmestopp. Wir sind zu erweiter-
ten Sozialdienstleistern geworden“, er-
zählt Achim Kersting. Heimbewohner
können vom Krankenhaus nicht zurück-
kehren in ihr Heim, und für diese suchen
Kersting und Pilgram Plätze in Rehaklini-
ken. Auch für Covid-19-Patienten, die das
Krankenhaus verlassen können, aber viel-
leicht noch ansteckend sind oder noch et-
was Sauerstofftherapie benötigen, muss
ein Platz gefunden werden. „Dafür nut-
zen wir die Rehakliniken“, sagt Kersting.
„Das ist unser Äquivalent zu schnell er-
richteten Hilfskrankenhäusern.“
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
FOTO: CARMEN VOXBRUNNER
Grundsätzlich versuchen die beiden
Ärzte, dass die Bewohner in den Heimen
bleiben, sind viele doch schon sehr ver-
unsichert, weil sie seit Wochen keinen Be-
such mehr bekommen haben. Aber wenn
Isoliermaßnahmen in einem Heim nicht
möglich, oder zu viele Pflegekräfte krank
sind, dann muss teilweise oder ganz
geräumt werden. Kein schöner Begriff
und keine schöne Sache, die Pilgram und
Kersting daher möglichst vermeiden. Das
bedeutet ein großes Maß an Absprachen
mit Heim- und Klinikleitungen oder den
neu installierten Versorgungsärzten. Eine
Höchstleistung: „Wir haben zweieinhalb
Tage für das Einziehen der Strukturen ge-
braucht, für die normal ein halbes Jahr
notwendig ist“, sagt Pilgram. Aber die
Resonanz ist gut. „Wir sind auch extrem
bemüht, niemanden vor den Kopf zu
stoßen.“ Den Lockdown sieht das Traun-
steiner Team als notwendig an – ange-
sichts der Tatsache, dass Corona-Patien-
ten doppelt so lang auf der Intensivstati-
on bleiben wie sonst üblich. „Da sieht
man, dass wir diese Krise nur schaffen,
wenn wir die Kapazitäten haben.“
Und irgendwie hat die Krise ihre positi-
ven, oder zumindest interessanten Sei-
ten. Der Rettungsdienst fährt trotz Coro-
na plötzlich 20 Prozent weniger Einsätze
– die Leute rufen nur im äußersten Not-
fall an. Was natürlich ein Problem wird
bei Schlaganfall und Herzinfarkt.
Alte Verhaltensmuster wurden ausge-
hebelt. Wenn die Ärzte jetzt einen Patien-
ten ans Herzzentrum nach München verle-
gen wollen, ist das schnell abgesprochen.
Rehakliniken nehmen Patienten auf, oh-
ne lange über die Finanzierung zu verhan-
deln. „Es ist die Stunde der Individualis-
ten und Praktiker“, sagt Pilgram. „Wir
verwalten nicht, wir arbeiten. Das Schöne
ist, wir sind gleich, es gibt keine hierar-
chischen Streitereien.“ Wenn mal alles
vorbei ist, dann kann man bei Leberkas
wieder gemeinsam feiern. Ganz locker.
Fahren hinterm
Flatterband
Wa s s i c h f ü r B u s f a h re r
Hans Kanter geändert hat
Als das Ganze losging mit der Corona-Pan-
demie vor einigen Wochen, da benötigte
Busfahrer Hans Kanter plötzlich kein
Kleingeld mehr. Relativ kurzfristig hatte
der Münchner Verkehrs- und Tarifver-
bund (MVV), so wie die meisten Verkehrs-
unternehmen in Bayern, den Verkauf von
Fahrkarten beim Fahrer eingestellt. Mehr
noch: Hinweiszettel hingen plötzlich an
den Vordertüren und verkündeten den
Fahrgästen, dass sie doch bitte nur noch
hinten einsteigen sollen. Außerdem wur-
de im Mittelgang direkt hinter Kanters
Fahrersitz ein Flatterband gespannt – al-
les zum Schutz des Fahrpersonals.
Denn das war (und ist zum Teil noch im-
mer) die größte Sorge vieler Verkehrsbe-
triebe: dass die Pandemie den Kranken-
stand beim Fahrpersonal erhöht. Und
dass in der Folge der Betrieb von Bussen
und Bahnen nicht mehr aufrechterhalten
werden kann, eben weil zu viele aus der
Belegschaft ausfallen – in einer ohnehin
von drastischem Personalmangel gepräg-
ten Branche. Allein schon deshalb wurde
zuletzt der Fahrplan vielerorts deutlich
ausgedünnt. Und natürlich auch, weil
sämtliche Schulen geschlossen und viele
Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Home-
Office geschickt hatten – und allein schon
deshalb sehr viel weniger Leute mit Bus-
sen und Bahnen unterwegs sind. Bis zu
drei Viertel weniger Fahrgäste als in der
Zeit vor der Corona-Krise zählt Kanter
seither in seinem Fahrzeug.
Hans Kanter
FOTO: MVV
Dennoch ist er tagein, tagaus unter-
wegs auf der MVV-Linie 442 im Landkreis
Ebersberg, östlich von München. „Ich bin
für meine Fahrgäste da – natürlich auch
in dieser Situation“, sagt er. Was nun
anders ist als vor der Corona-Krise? Jeden
Morgen desinfiziert er seinen Fahrerplatz
im Bus. Außerdem hat der Chef den Fah-
rern Handschuhe zur Verfügung gestellt.
Und weil in Corona-Zeiten auf den Stra-
ßen deutlich weniger los ist, muss er
mitunter an der Starthaltestelle einige
Minuten abwarten und mit etwas Verspä-
tung losfahren, nicht dass er die Halte-
stellen unterwegs zu früh erreicht. Denn
eine Verfrühung, so heißt das in der Bus-
branche, ist ähnlich schlimm für den Fahr-
gast wie eine Verspätung – insbesondere
im ländlichen Raum, wo der Bus ohnehin
nur selten fährt. „Verkehrstechnisch
jedenfalls“, sagt Kanter, also mit weniger
Stau und Stress auf der Straße, „könnte es
gerne so bleiben.“ marco völklein
Respekt !
Verantwortlich: Peter Fahrenholz
Redaktion: Johanna Pfund
Anzeigen: Jürgen Maukner
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020 19

WIRTSCHAFT
Reden wir über Geld
Eine Ärztin erzählt von falschen
Heilsversprechen und dem Geschäft
mit der Homöopathie  Seite 22

WIRTSCHAFTSPOLITIK

Neoliberal war
gestern
von hendrik munsberg

E
in Schimpfwort ist plötzlich ausge-
storben: neoliberal! Kein Wunder,
selten hat man die Ökonomen so
einträchtig gesehen wie in diesen Tagen.
In der Corona-Pandemie versammeln
sich fast alle hinter dem wirtschaftspoliti-
schen Krisenkurs der Regierung, ange-
führt von CDU-Kanzlerin Angela Merkel
und SPD-Finanzminister Olaf Scholz.
Seit Wochen werden Firmen, Beschäftig-
te und Bürger mit enormen Milliardenbe-
trägen unterstützt, am Mittwoch stockte
das Kabinett das Kurzarbeitergeld auf.
Und kaum ein namhafter Wirtschafts-
professor kritisiert das, auch nicht die so-
genannten Ordnungspolitiker, die sonst
gern vor schädlichem Dirigismus und vor
Strohfeuern warnen. Dabei wächst die
Staatsverschuldung derzeit in einer Di-
mension, die in anderen Zeiten aufs
Schärfste gegeißelt würde. Doch nie-
mand fordert heute einen eisernen Spar-
kurs oder gar Privatisierungen. Das wäre
auch verrückt. Bei der Rettung der Luft-
hansa geht es gerade um das Gegenteil,
der Staat soll als Anteilseigner den Exitus
des Konzerns verhindern. Na klar, der
Bund darf sich nicht zum Unternehmer
aufschwingen, warnen jetzt etliche Öko-
nomen, aber retten soll er.

Die neuen Politikberater

aus der Ökonomie sind
undogmatisch – und oft besser

Und es stimmt: Der wirtschaftspoliti-

sche Anti-Krisen-Kurs der Regierung ist
richtig. Historisch ist er das Verdienst des Verwaiste Städte, verrammelte Läden: Nicht nur in dieser Straße in Los Angeles steht das Leben der größten Wirtschaftsmacht still. FOTO: FREDERIC J. BROWN/AFP
britischen Nationalökonomen John May-
nard Keynes, der Volkswirtschaften als ei-
ne Art seriöses Schneeballsystem begriff:
Im Aufschwung kauft Petra bei Paul, der

„Das ist erst der Anfang“

das Geld gleich wieder bei Hans ausgibt,
und so weiter. Doch in der Krise funktio-
niert dieser Multiplikator-Effekt fataler-
weise andersherum: Geht der Glaube an
die Prosperität verloren, schnurrt das So-
zialprodukt immer stärker zusammen, Das Coronavirus führt in den USA wohl zu den schwersten wirtschaftlichen Verheerungen seit den 1930er-Jahren.
die Folge sind Massenarbeitslosigkeit Regierung und Notenbank haben mit Billionen-Paketen reagiert. Trotzdem zeichnet sich ab: Es könnte noch schlimmer kommen
und politische Verwerfungen. Darum
empfahl Keynes in der Weltwirtschafts-
krise, der Staat müsse mit massiven Aus-
gaben einspringen. von claus hulverscheidt Gastgewerbe und der Industrie vor allem gehen gar von bis zu 70 Millionen Erwerbs- Hinzu kommt: Manche Großunterneh- die Fed bereits mehr als ein Dutzend Pro-
In Deutschland erfuhr die staatliche solche Wirtschaftszweige betroffen, die losen aus, was einer Arbeitslosenquote men wie etwa der Baumaschinenherstel- gramme zur Stützung von Firmen, Bür-

Rettungspolitik aber in der Finanzkrise
eine wichtige Weiterentwicklung. Im Zen-
trum steht dabei das Kurzarbeitergeld,
Keynes würde das gefallen. Olaf Scholz,
damals Arbeitsminister, gilt als Urheber
der Idee, daraus ein intelligentes Heil-
mittel gegen die Krise zu machen, mit
Rückendeckung Angela Merkels. Sie, die
einst als Reformerin hatte durchregieren
wollen, verlor seinerzeit das Zutrauen in
die Wirtschaftsprofessoren, denn die
meisten waren von der Finanzkrise böse
G
enau 91 Tage umfasste das
erste Quartal dieses Jahres,
und an 72 dieser 91 Tage war in
der US-Wirtschaft von Corona
kaum die Rede. Sicher, das Ge-
schäft vieler Firmen mit China litt bereits,
schließlich hatten die Zulieferer und Kun-
den in Fernost schon seit Wochen mit dem
Virus zu kämpfen. Doch erst als Präsident
Donald Trump am 13. März den Notstand
ausrief, als die Gouverneure der US-Bun-
desstaaten Beschränkungen des öffentli-
schon vorher mit strukturellen Problemen
zu kämpfen hatten. Dazu zählen beispiels-
weise der Einzelhandel und die von Trump
so gepäppelte Ölindustrie. Die Einzelhan-
delsumsätze etwa, die ein Viertel des ge-
samten Konsums der privaten Haushalte
ausmachen, brachen allein im März um
fast neun Prozent gegenüber dem Vormo-
nat ein. Immer mehr Firmen geraten des-
halb mit der Rückzahlung von Rechnun-
gen, Mieten und Krediten in Verzug, viele
müssen sich umstrukturieren, Kapital auf-
von unglaublichen 45 Prozent entspräche.
Das Problem ist zudem: Viele Fachleute
erwarten zwar, dass die Firmen einen Gut-
teil der Mitarbeiter nach Überwindung der
Krise wieder einstellen werden. Die Erfah-
rung zeigt jedoch, dass ein solcher Prozess
in Etappen vor sich geht und Millionen
Menschen deshalb mit längerer Arbeits-
losigkeit rechnen müssen. Das gilt in der
„Der größte Negativschock,
den unsere Wirtschaft
ler Caterpillar oder der Motorradfabrikant
Harley-Davidson haben bereits angedeu-
tet, dass einige ihrer Werke, die derzeit
geschlossen sind, womöglich nie wieder
öffnen werden. Auch die geplante Ein-
führung neuer Produkte – und damit die
Erschließung neuer Erlösquellen – werde
sich teils erheblich verzögern. Caterpillar-
Chef Jim Umpleby sagte, die Corona-Krise
habe „signifikant härtere und chaotische-
re“ Auswirkungen auf das Geschäft als ein
normaler Konjunkturabschwung.
gern und öffentlicher Hand aufgelegt hat.
Trotz aller Billionen-Maßnahmen von
Notenbank und Regierung gehen selbst
Fachleute, die nicht zur Schwarzmalerei
neigen, davon aus, dass sich die wirtschaft-
liche Situation im laufenden zweiten Quar-
tal des Jahres zunächst noch einmal dras-
tisch verschlechtern wird. „Das ist erst der

überrascht worden. Scholz und Merkel
taten damals, wovon Deutschland bis
heute profitiert: Sie entwarfen eine
Finanz- und Wirtschaftspolitik, die von
praktischer Vernunft geleitet ist statt von
ökonomischen Denkschulen. Hinzu
kommt: Wirtschaftsexperten haften, wie
Journalisten, nicht für die Folgen ihrer
Ratschläge – und sind oft schlechte Bun-
desgenossen. So galt lange als herrschen-
de ökonomische Meinung, der Staat habe
in Wohnungsbau und -vermietung nichts
zu suchen, das könnten Private besser.
Zehntausende öffentliche Wohnungen
wurden verkauft. Nun, in Zeiten horren-
der Mieten, muss sich die Politik auch
von Ökonomen vorwurfsvoll fragen las-
sen: Wie konnte das passieren?
Das Kurzarbeitergeld ist jetzt so nütz-
lich, weil es den Beschäftigten hilft, die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage stützt
und verhindert, dass Firmen nach der Kri-
se Fachkräfte suchen müssen. Moderne
Ökonomen wie die Wirtschaftsweise
Veronika Grimm oder Ifo-Chef Clemens
Fuest sehen das genauso, die neuen Poli-
tikberater aus der Ökonomie sind undog-
matisch – und damit oft besser.
Ist ein Erfolg der deutschen Krisenpoli-
tik absehbar? Nein, in Corona-Zeiten ist
die Biologie eine unkalkulierbare Wider-
sacherin. Geht die Talfahrt so steil weiter,
dann wird es brenzlig. Doch andere Stra-
tegien wären schon vorher gescheitert.
Hendrik Munsberg beneidet
Igor Levit, der am Flügel
keine Kurzarbeit macht.
chen Lebens erließen und Geschäfte, Schu-
len, Theater und Restaurants schlossen,
schwante vielen Managern, was Corona –
ökonomisch gesehen – auch in den Verei-
nigten Staaten anrichten wird: die schwers-
ten Verheerungen seit der sogenannten
Großen Depression der 1930er-Jahre.
Wie dramatisch die Lage bereits ist, zei-
gen die ersten gesamtwirtschaftlichen Da-
ten, die Trumps Regierung an diesem Mitt-
woch vorgelegt hat. Demnach ist die Wirt-
schaftsleistung im ersten Quartal aufs Ge-
samtjahr hochgerechnet um 4,8 Prozent
geschrumpft. Das mag für viele gar nicht
so furchteinflößend klingen, man muss
sich aber gleich zwei Dinge vergegenwärti-
gen. Erstens: Ginge das Bruttoinlands-
produkt (BIP) im Gesamtjahr tatsächlich
in diesem Maße zurück, entspräche das
einem Verlust an Wirtschaftsleistung von
einer Billion Dollar. Und zweitens: Wenn
schon 19 Tage ausreichen, um die Konjunk-
tur derart abstürzen zu lassen, auf welche
Horrorzahlen muss man sich dann für das
laufende zweite Quartal einstellen?
In großem Stil schicken Betriebe
Mitarbeiter in unbezahlten
Urlaub oder entlassen sie gleich
Schon das Minus von fast fünf Prozent
zwischen Januar und März war der erste
Rückgang seit sechs Jahren und der
schlimmste seit der Finanzkrise von 2008
und 2009, als das BIP zeitweise um mehr
als acht Prozent geschrumpft war. Tatsäch-
lich hat die Corona-Krise binnen weniger
Wochen Millionen Unternehmen und Selb-
ständige in Schwierigkeiten gestürzt und
viele Defizite der US-Wirtschaft offenge-
legt. So sind neben der Reisebranche, dem
nehmen oder um Staatshilfe bitten.
Vor allem aber schicken die Betriebe in
großem Stil Mitarbeiter in unbezahlten
Urlaub oder entlassen sie gleich ganz. Bin-
nen fünf Wochen stellten gut 26 Millionen
Menschen einen Erstantrag auf Arbeits-
losenhilfe – und das ist nur die halbe Wahr-
heit: Da viele Bürger keinen Anspruch auf
staatliche Unterstützung haben oder mit
der Antragstellung überfordert sind, dürf-
te die tatsächliche Zahl der Jobsuchenden
viel höher liegen. Manche Experten veran-
schlagen sie mit etwa 40 Millionen, einige
Firmen wie Harley Davidson könnten Werke dauerhaft schließen. Auch wenn das
US- Präsident Trump (re.) gar nicht gefallen dürfte.
je erlebt hat.“
Corona-Krise allemal, da in Betrieben,
Geschäften und Ausstellungsräumen ja wei-
ter zahlreiche Beschränkungen gelten wer-
den. Die Kunden werden deshalb nur lang-
sam in die Innenstädte und Einkaufszen-
tren zurückkehren, viele Firmen dürften
somit weiter Probleme haben, ihren finan-
ziellen Verpflichtungen nachzukommen –
was wiederum Vermieter, Banken, Zuliefe-
rer und andere in Not stürzen könnte.
FOTO: NICHOLAS KAMM/AFP
Das alles bedeutet, dass sich neben den
Job- auch die Wachstumsverluste in den
USA nur sehr viel langsamer werden aufho-
len lassen als sie entstanden sind. Leidtra-
gende sind unter anderem die Bundesre-
gierung in Washington, die Bundesstaaten
sowie die Städte und Kreise in allen Teilen
des Landes, deren Steuereinnahmen noch
für lange Zeit hinter dem Niveau zurück-
bleiben werden, das man noch vor weni-
gen Monaten gewohnt war. Gerade in sozi-
al schwachen Gegenden könnte das ver-
heerende Folgen für die ohnehin miserab-
le Finanzausstattung von Schulen, Kran-
kenhäusern und Polizeistationen haben.
Dass Finanzminister Steven Mnuchin
für die Sommermonate bereits ein Come-
back der US-Wirtschaft ankündigt, dürfte
vor diesem Hintergrund eher Wunschden-
ken sein. Das zeigt auch die Aussage von
Trumps Wirtschaftsberater Kevin Has-
sett, der in einem Fernsehinterview vom
„größten Negativschock, den unsere Wirt-
schaft je erlebt hat“ sprach. Ohne ein „wei-
teres, wirklich robustes Gesetzespaket“
werde es nicht gelingen, einen V-förmigen
Konjunkturverlauf aus Abschwung und
sofort folgendem Wiederaufschwung zu-
stande zu bringen, so der Ökonom. Auch
andere Experten befürchten, dass die Kon-
junktur womöglich einen U- oder gar L-för-
migen Verlauf mit einer sehr viel längeren
Rezessionsphase nehmen könnte.
Genaueren Aufschluss über die mögli-
che Entwicklung erhofften sich Politiker,
Manager und Börsianer von US-Noten-
bankchef Jerome Powell, der nach der tur-
nusmäßigen Sitzung des zinspolitischen
Ausschusses am Mittwochabend seine
Sicht der Dinge darlegen wollte. Eine weite-
re Senkung des Leitzinses, der bereits fast
bei null liegt, wurde nicht erwartet, zumal
21
Billionen
Dollar, das etwa war der Wert aller
Waren und Dienstleistungen, die
2019 in den USA produziert wurden.
Man muss sich diese Summe, eine
Zahl mit zwölf Nullen, vor Augen
führen, will man verstehen, wel-
cher volkswirtschaftliche Schaden
entsteht, wenn das Bruttoinlands-
produkt einmal um ein oder zwei
Prozent geringer ausfällt als im
Vorjahr – von einem Rückgang um
hochgerechnet fast fünf Prozent
wie jetzt im ersten Quartal 2020
ganz zu schweigen. Zu dem Minus
bei trugen geringere Konsumausga-
ben der Bürger, niedrigere Investiti-
onen der Unternehmen sowie Ein-
brüche beim Export. Dem entgegen
standen höhere Ausgaben der
Bundesregierung in Washington,
der Bundesstaaten und der Kommu-
nen. Ohne sie wäre der Einbruch
noch dramatischer ausgefallen.
Anfang“, erklärte Beth Ann Bovino, Chef-
volkswirtin der Ratingagentur Standard &
Poors für die USA, mit Blick auf das erste
Vierteljahr. Noch deutlicher wurde im
Wall Street Journal ihr Kollege Richard
Moody von Regions Financial Corp.: „Das
ist so, als hätte ein wirklich übler Hurrikan
die gesamte Wirtschaft getroffen.“

Für Millionen dient das Wohnzimmer Schluss mit Milliardengewinnen Wie man einen passenden Platz im
jetzt als Büro. Kuscheliger geht es bei der Altenheim findet: Der Auftakt der
Arbeit deshalb nicht zu  Seite 21 Die deutschen Autohersteller sind von der Krise SZ-Serie zum Thema Pflege  Seite 20
empfindlich getroffen. Sie rechnen mit Verlusten und
Ende der Gemütlichkeit wollen staatliche Kaufanreize  Seite 22 Wenn wir alt werden
FOTO: LISA DUCRET/DPA FOTO: OLIVER BERG/DPA
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20 WIRTSCHAFT Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

Teil 1 der SZ-Serie: Wenn wir alt werden Wie man einen passenden Platz im Altenheim findet, und warum Noten dabei nicht helfen

Dringend gesucht:
Ort zum Bleiben
Schon vor der Corona-Krise war es schwierig,
einen Heimplatz zu finden – nun gilt in vielen Häusern
Aufnahmestopp. Beratungsstellen können helfen

von michaela schwinn tung ist kostenlos und steht jedem pflege-
bedürftigen Menschen zu.

A
ls die Tante die Kellertreppe
hinabstieg, ahnte sie noch
nicht, dass ihr Leben nur wenig
später nicht mehr so sein wür-
de wie vorher. Es war abends,
kurz vor den Acht-Uhr-Nachrichten, sie
wollte sich bloß noch schnell etwas zum
Trinken holen. Plötzlich aber ging das
Licht aus, die alten Beine stolperten, ver-
fehlten die letzte Stufe, die 93-Jährige fiel
auf den harten Boden und brach sich den
Oberschenkelhals.
Die Operation verlief gut, die alte Frau
kam wieder zu Kräften, erholte sich in der
Reha und trotzdem war ihrer Nichte und
deren Mann Karl Vogt klar, dass sie nach
dem Unfall nicht mehr in ihre Wohnung
zurückkonnte. In den zweiten Stock wür-
de sie es unmöglich alleine schaffen.
WENN WIR ALT
WERDEN – DER GROSSE
PFLEGERATGEBER
Neue SZ-Serie
Das alles galt auch vor dem Ausbruch
des Virus. Nun gibt es noch eine weitere
Stelle, an die sich Betroffene wenden kön-
nen – vor allem dann, wenn die anderen
Beratungen nicht weiter wissen: die Ge-
sundheitsämter. Sie sind dafür zuständig,
dass das Infektionsschutzgesetz eingehal-
ten wird und wissen gegebenenfalls bes-
ser, wo und unter welchen Bedingungen
in der Pandemie-Zeit noch Bewohner auf-
genommen werden.
Denn auch wenn in einem Bundesland
ein Aufnahmestopp für Heime gilt, sind
Neuzugänge in gewissen Fällen möglich –
etwa, wenn der Pflegebedürftige sich vor-
her einer zweiwöchigen Quarantäne in
der Einrichtung unterzieht. „Aber genau
hier liegt das Problem“, sagt Ulrich Milden-
berger. Er ist Leiter des Pflegestützpunkts
für den Kreis Segeberg in Schleswig-Hol-
stein. „Die Heime bräuchten dafür ein Ex-
tra-Zimmer, das haben die meisten aber
nicht.“ Andere, die Platz dafür hätten, hal-
ten ihn meist frei, für den Fall, dass ein Be-
wohner in die Klinik muss und danach
erst einmal nicht in sein Doppelzimmer
zurückziehen kann. Im Fall der Familie
Vogt, sagt der Heimleiter, gebe es für eine
ILLUSTRATION: JULIA SCHUBERT

Wie finde ich für Oma oder Opa, Vater oder
Mutter einen guten Platz im Altenheim?
Wäre die Pflege zu Hause nicht viel besser,
aber wie lässt sich das organisieren, und
wer bezahlt was? Wann muss ich Unter-
halt für die Eltern mit einer kargen Rente
zahlen? Und wie geht das mit der Patien-
tenvollmacht und dem Testament? Solche
und ähnliche Fragen beschäftigen viele
Menschen. Antworten geben Autoren und
Autorinnen aus der SZ-Wirtschafts- und
der innenpolitischen Redaktion in der
zwölfteiligen Serie „Wenn wir alt werden –
der große Pflegeratgeber“, immer diens-
tags und donnerstags im Wirtschaftsteil.
Zum Glück haben wir vorgesorgt, dach-
ten Ella und Karl Vogt, die in Wirklichkeit
anders heißen. Schon seit mehreren Jah-
ren stand die Tante auf der Warteliste ei-
nes Pflegeheims, ihr Name sei ganz oben,
hatte die Heimleitung zugesichert, erzählt
Karl Vogt. Doch dann, als die Tante die Re-
ha-Klinik verlassen sollte, kurz vor Ostern
dieses Jahres, machte die Heimleitung ei-
nen Rückzieher: „Aufnahmestopp wegen
Corona, es tut uns leid.“ „Das war ein
Schock für uns“, sagt Karl Vogt, „wir wuss-
ten nicht, was wir jetzt machen sollten.“
So wie Familie Vogt geht es gerade vie-
len Pflegebedürftigen und deren Angehö-
rigen. Die meisten Heime nehmen keine
neuen Bewohner mehr auf, in einigen Bun-
desländern wie Bayern, Baden-Württem-
berg und Sachen gelten offizielle Aufnah-
mestopps in Pflegeeinrichtungen. Diese
sollen die Verletzlichsten der Gesellschaft
vor dem Virus schützen, gleichzeitig aber
bringen die strengen Regeln sie und ihre
Familien in Bedrängnis.
Was also tun, wenn der demenzkranke
Vater nicht mehr zurechtkommt, wenn
die Schwester nach einem schweren Un-
fall nicht mehr alleine leben kann? Zu-
nächst einmal sollten sich Pflegebedürfti-
ge oder deren Angehörige bei Beratungs-
stellen melden, empfiehlt das Bundesge-
sundheitsministerium. Zum Beispiel bei
den Beratungsstellen der Pflegekassen
oder lokalen Pflegestützpunkten. Sie ha-
ben oft einen guten Überblick, welche Ein-
richtungen es in der Region gibt, auf wel-
che Pflege sie spezialisiert sind und
manchmal auch, wo gerade ein Platz frei
ist. Zudem können sie finanzielle und
rechtliche Fragen beantworten. Die Bera-
Quarantäne nicht genug Schutzausrüs-
tung, daher nahm er die Zusage zurück.
Dass Heimplätze begehrt und in man-
chen Regionen Deutschlands regelrecht
umkämpft sind, gilt allerdings nicht erst
seit der Corona-Krise. „Schon vorher hat-
ten wir lange Wartelisten“, sagt Anke Fran-
ke, Leiterin des Maria-Martha-Stifts in
Lindau am Bodensee. „Ich glaube, im Mo-
ment stehen 500 Menschen drauf.“ In den
vergangenen zwei bis drei Jahren habe
sich die Situation noch einmal verschärft,
das bestätigen Pflegeexperten, Heimlei-
tungen und Beratungsstellen.
Ulrich Mildenberger vom Pflegestütz-
punkt empfiehlt älteren Menschen und de-
ren Bezugspersonen deshalb, sich schon
frühzeitig umzuschauen: „Viele beginnen
erst mit der Suche, wenn es schon akut
ist“, sagt er, „dann bleibt kaum mehr Zeit,
sich vier, fünf verschiedene Häuser anzu-
sehen.“ Besser sei es, sich in Ruhe zusam-
menzusetzen und gemeinsam zu überle-
gen: Welche Heime gibt es überhaupt in
der Umgebung? Was gehört zu einem er-
füllten Leben, und welche Einrichtung ent-
spricht diesen Vorstellungen am ehesten?
Wenn dann, nach ein paar Besichtigun-
gen, die Entscheidung auf ein Haus gefal-
len ist, sollte man sich, wenn möglich,
gleich auf die Warteliste setzen lassen.
Falls es dann aber doch schnell gehen
muss und in der Wunsch-Einrichtung ge-
rade kein Zimmer frei ist, rät Franke den
Angehörigen, sämtliche Heime in der Regi-
on zu kontaktieren: „Man muss heutzuta-
ge einfach froh sein, wenn man überhaupt
einen Platz bekommt.“ Auch wenn es
schwerfalle, sollten sich Betroffene nicht
entmutigen lassen, es weiter versuchen
und immer wieder bei den Heimen nach-
fragen. „Dranbleiben! Das erhöht die
Chancen“, sagt Franke. In der Not, sagt
auch Mildenberger, sei es manchmal bes-
ser, vorerst in ein Heim zu gehen, dass
nicht zu hundert Prozent den Wünschen
entspricht. „Später, wenn in der Lieblings-
einrichtung wieder ein Zimmer frei ist,
kann man immer noch wechseln.“
Auch die Vogts blieben hartnäckig. Das
Ehepaar rief bei Beratungsstellen an, er-
kundigte sich beim Gesundheitsamt,
beim Landratsamt und wandte sich sogar
an die Heimatzeitung. Ein paar Tage spä-
ter kam der erlösende Anruf der Heimlei-
tung: „Wir haben Schutzkleidung. Ihre
Tante kann kommen.“
Die Frage, was ein gutes Heim ausmacht, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Aber es gibt Anhaltspunkte
München – Das gewohnte Umfeld für im-
mer zu verlassen ist schwer genug. Doch,
wenn ein alter Mensch in eine Pflegeein-
richtung umzieht, verliert er weit mehr als
das eigene Haus oder die Wohnung. Er
oder sie muss Lieb gewonnenes zurücklas-
sen wie die Vitrine mit dem guten Porzel-
lan, den Werkzeugschuppen im Garten
oder die alte Dackeldame, die jeden Tag ne-
ben einem einschlief. Und das ist noch
nicht alles: Pflegebedürftige lassen ihren
Alltag zurück, ihre Routinen und einen gro-
ßen Teil ihrer Selbstständigkeit.
Kein Wunder also, dass viele vor diesem
Schritt Angst haben, dass sie sich vor der
Veränderung fürchten. Umso wichtiger ist
es deshalb, einen Platz zu finden, an dem
sich die Großmutter, der Onkel oder Bru-
der geborgen fühlen. Aber wie findet man
diesen Ort? Was macht ein gutes Pflege-
heim aus? Und wie können künftige Be-
wohner und deren Angehörige gute von
schlechten Einrichtungen unterscheiden?
Selbst Häuser mit
erheblichen Mängeln erhielten
gute Gesamtnoten
Steht eine Entscheidung an, ist man
heutzutage schnell verleitet, eine Suchan-
frage im Internet zu starten: Wie ist die
neue Pizzeria bewertet und ist der Online-
Shop vertrauenswürdig? Tatsächlich gibt
es auch für Pflegeeinrichtungen Bewertun-
gen – sogar von offizieller Seite. Noch bis
vor Kurzem gab es sogenannte Pflegeno-
ten, erhoben vom Medizinischen Dienst
der Krankenkassen (MDK). Was sich sinn-
voll anhört, lieferte aber kaum aussage-
Reinschauen, riechen, reden
kräftige Erkenntnisse über die Qualität
der Pflege. Denn fast alle Einrichtungen
schnitten gut ab – der bundesweite Durch-
schnitt lag bei Note 1,2. Das System ermög-
lichte selbst Heimen mit erheblichen Män-
geln, eine gute Gesamtnote zu erzielen. So
konnte etwa eine schlechte Wundversor-
gung durch einen gut leserlichen Speise-
plan oder eine schöne Parkanlage ausgegli-
chen werden. „Leider war der bisherige
Pflege-TÜV eine Farce“, erkannte auch Ge-
sundheitsminister Jens Spahn.
Seit Oktober 2019 gilt ein neues Prüfsys-
tem: Statt Noten werden nun Punkte verge-
ben. Auch spielt eine größere Rolle, wie
mobil und selbständig Bewohner sind und
ob sie Druckgeschwüre haben, was auf ei-
ne schlechte Lagerung hindeutet. Bis En-
de 2020 soll jedes Heim in Deutschland
einmal vom MDK geprüft worden sein –
bis die Ergebnisse vollständig vorliegen,
dauert es also noch. Ob das neue System
für Laien wirklich nützlicher ist als das al-
te, ist ebenfalls fraglich – Patientenschüt-
zer bezweifeln es.
Viel wichtiger als diese Bewertungen
sind laut dem Pflegeexperten Claus Fus-
sek ohnehin andere Kriterien – etwa die
Lage: „Wenn es Angehörige gibt, die sich
kümmern wollen, ist es sinnvoll, ein Heim
in der Nähe zu suchen und nicht 50 Kilome-
ter weit weg.“ Ist der grobe Radius abge-
steckt, geht es um die Vorauswahl und die
Frage: Was wünscht sich die Person, die in
dem Heim ein neues Zuhause finden soll?
Manchen sei es wichtig, die eigenen Mö-
bel mitzubringen, andere wollen nicht oh-
ne die Katze einziehen, sagt Fussek. Man-
che leben lieber in Stadtnähe, andere auf
dem Land. Es gebe spezielle Heime für De-
menzkranke, Wohngemeinschaften für al-
te Menschen, Seniorenresidenzen und
kirchlich geführte Altenheime. Fussek
zählt noch viele andere Auswahlkriterien
auf und schnell wird klar: Was für den ei-
nen ein gutes Heim ist, mag für den ande-
ren nicht passen. Ist die Vorstellung von
dem „guten Heim“ also eine Utopie?
Auch Kleinigkeiten wie
frische Blumen oder gedeckte
Tische können viel aussagen
„Die perfekte Einrichtung gibt es
nicht“, sagt Fussek, „auch, wenn das in
den Hochglanz-Broschüren vieler Häuser
so aussehen soll.“ Aber es gebe durchaus
Anhaltspunkte, wie man Heime erkennt,
in denen Menschen ein gutes Lebensende
verbringen können, sagt er. Dafür müsse
man den Heimen einen Besuch abstatten.
„Fahren Sie hin und schauen Sie die Ein-
richtung an“, das empfiehlt auch Oliver-Ti-
mo Henßler, Leiter der Pflegeberatung
des MDK Bayern.
Während des Besuchs sollten sich Pfle-
gebedürftige und Angehörige viel Zeit neh-
men, die Atmosphäre auf sich wirken las-
sen und möglichst alle Sinne einsetzen.
Riecht es in den Gängen nach Urin, kann
das ein Zeichen für mangelnde Hygiene
sein. Aber auch ein strenger Geruch nach
Desinfektionsmittel wird nicht dazu bei-
tragen, dass sich die Großmutter oder der
Ehemann hier wohlfühlen.
„Am besten sucht man sich einen ruhi-
gen Platz und beobachtet, wie der Alltag
abläuft“, sagt Fussek. Welchen Eindruck
machen die Bewohner? Sitzen sie anteils-
los im Gemeinschaftsraum oder unterhal-
ten sie sich und werden beschäftigt? Wir-
ken sie zufrieden? Sitzen viele von ihnen
im Rollstuhl, könnte das darauf hinwei-
sen, dass Pflegekräfte keine Zeit haben,
sie zu mobilisieren. „Kleinigkeiten wie ge-
deckte Tische oder frische Blumen sagen
viel über ein Heim aus“, sagt Fussek.
Auch Gespräche mit Heimleitung oder
Pflegekräften können sehr aufschluss-
reich sein. Henßler rät, vor dem Besuch
die wichtigsten Fragen zu notieren – etwa
nach dem Personalschlüssel, der ärztli-
chen Versorgung, der palliativmedizini-
schen Betreuung, den Freizeitangeboten
oder der Ausstattung. „Für diese Anliegen
sollten sich Leitung und Mitarbeiter Zeit
nehmen. Wird man mit einem Prospekt ab-
gespeist, ist das meist kein gutes Zeichen“,
sagt Henßler.
Und auch ein Spaziergang in der Nach-
barschaft könnte sich lohnen, denn laut
Fussek ist die Mund-zu-Mund-Propagan-
da ein gutes Mittel, um eine Einrichtung
besser einschätzen zu können. „Oft be-
kommt man die besten Informationen
beim Bäcker oder Friseur um die Ecke.“
Nach ein paar Besuchen – auch ohne
Voranmeldung – sollten die Angehörigen
die Eindrücke noch mal auf sich wirken las-
sen: „Wichtig ist, dass alle am Ende ein gu-
tes Gefühl dabei haben“, sagt Fussek,
„schließlich gibt man einen geliebten Men-
schen in fremde Hände, ohne Vertrauen
ist das schwer.“ michaela schwinn
Am Dienstag, 5. Mai, lesen Sie: Was kostet ein
Platz im Altenheim? Wer zahlt was? Und wie sieht
das bei der Pflege zu Hause aus? Ein Vergleich.

In vier Schritten zurück zur Normalität

Bundeswirtschaftsminister Altmaier will die Wirtschaft nach und nach hochfahren. Aber nur, wenn das „keine unkontrollierbaren Risiken für menschliches Leben“ schafft
Berlin – Der Staat, so viel ist unstrittig, hat te damit eine kontroverse Debatte ausge-
eine Fürsorgepflicht für seine Bürger. Wie löst.
weit diese in Krisenzeiten gehen darf und Altmaier hatte am Mittwoch die undank-
soll, ist allerdings zunehmend umstritten. bare Pflichtaufgabe zu erledigen, den größ-
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmai- ten Einbruch des deutschen Bruttoinland-
er (CDU) stellte am Mittwoch klar, dass er produkts seit der Gründung der Bundesre-
die Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes im gierung „regierungsamtlich“ zu machen.
Regierungshandeln als gleichwertig be- „Ich gebe zu, es gibt schönere Anlässe“, sag-
trachte, also die Würde des Menschen und te der Minister, bevor er in einem beinahe
den Schutz des Lebens. „Für mich ist jeder
Patient ein Mensch, und wir müssen versu- Die Regierung geht davon aus,
chen, ihm die bestmögliche Behandlung
zukommen zu lassen“, sagte Altmaier. Das
dass die deutsche Wirtschaft
bedeute auch, dass die Wirtschaft nur 2020 um 6,3 Prozent schrumpft
schrittweise hochgefahren werden könne.
Man dürfe „keine unkontrollierbaren Risi- feierlich anmutendem Ton das große
ken für menschliches Leben schaffen“. Schrumpfen bekannt gab. „Wir gehen da-
Bundestagspräsident Wolfgang Schäub- von aus, dass die Wirtschaft der Bundesre-
le (CDU) hatte mit einem Interview im Ta- publik Deutschland in diesem Jahr um
gesspiegel die Debatte darüber eröffnet, rund 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
wie viel ein Menschenleben in der Corona- schrumpfen wird“. Im nächsten Jahr wer-
Krise wert ist: „Wenn ich höre, alles andere de es wohl um 5,2 Prozent wieder aufwärts-
habe vor dem Schutz des Lebens zurückzu- gehen; das wäre ein „mutmachender Zu-
treten, dann muss ich sagen, das ist in die- wachs“. Anfang 2022 werde dann, so alles
ser Absolutheit nicht richtig“. Wenn es gut geht und keine zweite Corona-Welle
überhaupt einen absoluten Wert im Grund- die Kalkulationen überrollt, wieder das
gesetz gebe, so sei das die Würde des Men- Leistungsniveau des Jahres 2019 erreicht
schen. Diese sei unantastbar. Schäuble hat- werden.
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ten Erholungspfad“ einschlagen werde. Es
geht also bergauf, ohne das jemand außer
Puste gerät.
Das Wachstum soll nicht dem Zufall
überlassen werden. „Wir brauchen heute
und jetzt einen klaren Plan, wie wir die
wirtschaftlichen Aktivitäten wieder hoch-
fahren können“, sagte Altmaier. Er habe
deshalb in seinem Ministerium einen „Vier-
Stufen-Plan“ entwickeln lassen, eine Art
Exit-Strategie für die Wirtschaft.
Stufe Eins ist schon mitten in der Umset-
zung, Altmaier nennt sie „Optimierung be-
stehender Hilfsprogramme“. Seit Mitte
März ist der Wirtschaftsminister mit sei-
nem Ressortkollegen für Finanzen, Olaf
Scholz, mehrmals vor die Bundespresse-
konferenz getreten, um Hilfsprogramme
Minister Altmaier hat einen Wachstumsplan vorgestellt. FOTO: JOHN MACDOUGALL/DPA vorzustellen. Für insgesamt 1170 Milliar-
den Euro hat der Staat inzwischen Zuschüs-
se, Kredite und Garantien versprochen.
Altmaier war jedenfalls geschickt ge- den USA ja noch schlimmer aussehe. Der Die Programme seien „mehrfach weiter-
nug, die schlechten Nachrichten in eine po- Export werde wohl um 11,6 Prozent entwickelt“ worden, sagt Altmaier, bei-
sitive Botschaft zu verpacken. Ja, es werde schrumpfen. Und, natürlich wolle er, dass spielsweise beim Kurzarbeitergeld, den So-
in diesem Jahr wohl drei Millionen Arbeits- die Weltwirtschaft wieder ins „Schreber- forthilfen und den KfW-Krediten. „Jetzt
lose geben, trotz der massiv ausgeweiteten gartentum“ zurückfallen werde. Er gehe kommt es darauf an, noch vorhandene Lü-
Kurzarbeit. Das schmerze, obwohl es in davon aus, dass die deutsche Wirtschaft ab cken zu identifizieren und die Umsetzung
den europäischen Nachbarländern und dem dritten Quartal 2020 einen „modera- zu beschleunigen“.
Stufe Zwei betrifft die Unternehmen, die
erst später als andere ihr Geschäft oder ih-
re Produktion „wieder hochfahren kön-
nen“. Man plane Sofortmaßnahmen für
Großveranstalter, Messen, Kultureinrich-
tungen und die Gastronomie. Die Planun-
gen dafür laufen schon, sagt Altmaier.
Stufe Drei liegt in der Ferne, dürfte aber
dafür sorgen, dass noch mehr Branchen
und Unternehmer ihre Forderungen nach
Berlin übermitteln. Geplant ist ein „situati-
ons- und bedarfsgerechtes Konjunkturpro-
gramm für den Neustart“. Altmaier ver-
spricht „konkrete Maßnahmen für Nach-
frage und Angebot“. Darin eingeschlossen
könnte auch die Abwrackprämie 2.0 für
die Autoindustrie sein. Kaufprämien für
Autos seien wichtig, sagt Altmaier. Die
Branche spiele eine wichtige Rolle, um sta-
bile wirtschaftliche Strukturen zu erhal-
ten. Altmaier gestand ein, dass es Wider-
stand gegen weitere Kaufanreize für Autos
gebe. Wie weit der Staat bereit ist, bei den
Hilfen für die angeschlagene Lufthansa zu
gehen, ließ er offen. Und Stufe Vier? Ist ein
„Fitnessprogramm“ für Unternehmen,
das gesetzliche und strukturelle Regelun-
gen umfassen soll. cerstin gammelin
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020 WIRTSCHAFT 21

BEI UNS IN TOKIO

Bleib-Daheim-Ferien
Ende der Gemütlichkeit Ab in die
Heimat
statt Sightseeing Millionen dient das Wohnzimmer gerade als Büro. Trotzdem gilt: Die Leistung muss gut präsentiert,
Deutsche Bank hofft auf den
Intrigen müssen abgewehrt und Konferenzen professionell geleitet werden. Eine Anleitung Rückzug der Wall-Street-Rivalen
Die Goldene Woche heißt
jetzt Stay-Home-Woche,
und das ist fair. Man muss von sibylle haas Frankfurt – Wie verhalten sich die gro-
die Menschen in Tokio vor ßen Wall-Street-Banken in der Krise? Zie-

dem verführerischen Glanz
der Gewohnheit schützen, denn natür-
lich versaut das Coronavirus auch ihnen
den Urlaub. Dabei ist Urlaub in Japan ein
knappes Gut und besagte Goldene Woche
eine der längsten Freizeitperioden. Sie be-
ginnt immer am 29. April, dem Geburts-
tag des Kaisers Showa. Es folgen die Tage
der Verfassung (3. Mai), des Grüns
(4. Mai), der Kinder (5. Mai). Zwischen
Showa- und Verfassungstag nehmen vie-
le frei, wenn ihre Firma nicht ohnehin zu-
macht. Fällt ein Feiertag auf einen Sonn-
tag, wird er am 6. Mai nachgeholt, mit
dem die Ferien dann spätestens enden.
Tokioter fahren in dieser Zeit gerne
weg. Nach Chiba zum Muschelsammeln.
Nach Kanagawa zum Surfen. Zu den Ver-
wandten aufs Land. Zum Extrem-Sight-
seeing beim Pauschaltrip Italien/Öster-
reich/Deutschland. Aber jetzt ist ja Virus-
Notstand. Aus den klassischen Reisezie-
len Japans dringt die Bitte, nicht zu kom-
men. Und Tokios Gouverneurin Yuriko
Koike hat mit den Kollegen aus Saitama,
Chiba und Kanagawa die Goldene Woche
umbenannt: eben in „Stay-Home-Shu-
kan“, Bleib-Daheim-Woche.
Urlaubszeiten mit einem aussagestar-
ken Markennamen zu versehen, das
könnte auch das Bewusstsein für andere
Weltkrisen schärfen. Save-the-Planet-Fe-
rien, MeToo-Week. Aber daraus wird
wohl nichts. Die Folgen von Klimawandel
und Geschlechter-Ungleichheit scheu-
chen die Masse nicht so auf wie die Ängs-
te vor einer ansteckenden Krankheit.
Selbst die Gouverneurin Koike, gelernte
Arabisch-Dolmetscherin, braucht das Ge-
fühl der unmittelbaren Bedrohung, um
richtig in Fahrt zu kommen. Im Vergleich
zum zögerlichen Premierminister Abe ist
sie gerade die bessere Krisenmanagerin.
Bei ihren Pressekonferenzen strahlt sie
die Sicherheit einer freundlichen Feldher-
rin aus. Die Maske, die Frisur, die Ansa-
gen – alles sitzt. Humor hat sie auch. Der
Moderator nahm neulich die Meldung ei-
nes Fragestellers an, indem er sagte: „Sie
da, mit der Maske.“ Yuriko Koike stellte
trocken fest: „Alle tragen Maske.“
Zaubern kann sie aber nicht. Manche
Tokioter haben längst gebucht. Viele ha-
ben kleine Wohnungen. Wenige einen
Garten. Ausgehverbote lässt Japans Ge-
setz nicht zu. Yuriko Koike kann nicht ver-
hindern, dass einzelne in die Stay-Home-
Ferien fahren – um dann auch woanders
nicht auszugehen. thomas hahn
Auszeichnung für
Harvard-Ökonomin
München – Die Harvard-Ökonomin Me-
lissa Dell bekommt für ihre Forschung
die Clark-Medaille der American Econo-
mic Association. Viele Empfänger dieser
Auszeichnungen haben später den Wirt-
schaftsnobelpreis der schwedischen Zen-
tralbank erhalten. Die Medaille kann nur
an Ökonominnen und Ökonomen in den
USA vergeben werden, die jünger als 40
sind. Dell beschäftigt sich mit Wirt-
schaftsgeschichte und den langfristigen
Folgen von politisch-ökonomischen Insti-
tutionen. Vielzitiert ist ihre Forschung zu
Zwangsarbeit im Peru des 16. bis 19. Jahr-
hunderts. Männer wurden über das soge-
nannte „Mita“-Regime gezwungen, Sil-
ber oder Quecksilber abzubauen. Noch
heute unterscheiden sich Mita-Regionen
von denen ohne diese Zwangsarbeit,
konnte Dell zeigen. Sie sind schlechter an
das Straßennetz angeschlossen, und ihre
Einwohner sind mit viel größerer Wahr-
scheinlichkeit arme Subsistenzbauern.
Dort geborene Kinder sind kleiner als die
in Nachbarregionen ohne Mita. bbr
V
iele Beschäftigte arbeiten seit
Wochen im Home-Office. Was
am Anfang noch als Experiment
und zuweilen sogar als kleines
Abenteuer daherkam, ist inzwi-
schen zur Normalität geworden. Und da-
mit sind auch die bürotäglichen Macht-
spiele im Home-Office angekommen.
Gerade in den virtuellen Kommunikations-
kanälen lauern Fallen, warnt der Berater
Peter Modler. Modler, 65, war viele Jahre
im Management verschiedener Firmen tä-
tig. Seit 1998 ist er Unternehmensberater,
Buchautor, und er veranstaltet Seminare
und Coachings.
„Viele Menschen glauben, im Home-Of-
fice gibt es keine Machtspiele. Das ist
naiv“, sagt Modler. Dass man im heimi-
schen Wohnzimmer am Laptop sitze, be-
deute noch lange nicht, dass alle nett mit-
einander seien. Klar, die Trennlinie zwi-
schen Privatheit und Beruf sei daheim
nicht so einfach zu ziehen wie im Büro.
Doch Beschäftigte sollten nicht blauäugig
sein und mehr Professionalität zeigen,
empfiehlt Modler. Das beginne schon mit
Äußerlichkeiten. „In der Videokonferenz
ist es ganz und gar nicht egal, wie man aus-
sieht“, sagt er. Rang- und Revierfragen
würden hier ebenso geklärt wie im Mee-
ting am Konferenztisch in der Firma.
Peter Modler hat langjährige
Führungspraxis als Manager und
Sanierer. FOTO: JÜRGEN GOCKE/OH
Modler unterscheidet zwischen vertika-
ler und horizontaler Kommunikation. Der
vertikale Typ kläre zunächst Rang- und Re-
vierfragen. „Erst dann geht es um die In-
halte“, so Modler. Der horizontale Typ da-
gegen sei nur an der Sache orientiert und
brauche das Gefühl der Teamzugehörig-
keit. Der eine ist also eher hierarchie-affin,
die andere eine Teamplayerin. Tatsächlich
gehörten Frauen überwiegend zur zweiten
Kategorie, beobachtet der Berater.
Wenn nun also der Kollege mit Strubbel-
haaren im Video-Meeting erscheine oder
die Katze der Kollegin plötzlich durchs
Bild laufe, sei das für den vertikalen Typ
gar nicht lustig, meint Modler. Für den Ver-
tikalen stuften die beiden ihre politische
Bedeutung herunter, während sie der hori-
zontale Typ durchaus sympathisch finde.
Damit ein Video-Meeting
gelingt, ist eine strenge
Moderation notwendig
Vertikale Vertreter überprüfen, so
Modler, ihr Bild, bevor es in der Videokon-
ferenz für andere sichtbar wird. „Der Hin-
tergrund ist für sie wie ein Bühnenbild,
das sie zur Wirkung bringen soll“, sagt er.
Bei diesen Menschen sei der Hintergrund
daher meist neutral oder büroaffin. Nicht
selten platziert sich der vertikale Typ vor
ein Flipchart, Bauskizzen oder ein Bücher-
regal, um kompetent zu wirken. Dem hori-
zontalen Typ sei es dagegen egal, was hin-
ter ihm sei, auch wenn es sich um die
selbstgemalten Bilder des vierjährigen
Sprösslings an der Wand handele. Den-
noch sollte man sich klarmachen, dass
man sich in einer Arbeitssituation befin-
de. „Wenn die 14-jährige Tochter im Nacht-
hemd im Bild erscheint und alle sehen, wie
sie im Sessel lümmelt und genüsslich ihr
Müsli löffelt, macht das keinen guten Ein-
druck“, warnt er.
Doch nicht immer sind die Kinder
schon etwas älter. Wie also organisieren
sich Eltern in Corona-Zeiten, da die Kitas
geschlossen sind und der Nachwuchs da-
heim ist? „Es lässt sich momentan nicht
verhindern, dass Kinder im Hintergrund
rumlaufen oder auch mal zu hören sind“,
sagt Modler. „Doch das sollte explizit ge-
genüber dem Team kommuniziert wer-
den“, empfiehlt er. „Ansonsten passiert es,
dass der vertikale Typ diese Person nicht
ernst nimmt.“
Damit ein Video-Meeting gelingt, ist
laut Modler eine strenge Moderation not-
wendig. „Fünf Leute bekommen die Konfe-
renz noch ohne Moderation hin, doch ab
zehn Teilnehmern sollte jemand die Konfe-
renz leiten“, empfiehlt er. „Denn wenn alle
durcheinander quatschen, gibt es einen
kommunikativen Bürgerkrieg.“ Eine gute
Moderation sei wichtig, weil immer irgend-
jemand im Team sei, der andere unterbre-
che und reinrede.
Aufgabe des Moderators oder der Mode-
ratorin sei es, den Standard der Kommuni-
kation zu verteidigen. Diese Personen
müssten aber ganz klar vom Ranghöchs-
ten benannt und ermächtigt werden, da-
mit sie von den Vertikalen im Team akzep-
Noch nie haben so viele Menschen
von daheim aus gearbeitet wie
in dieser Krise. Doch auch
im eigenen Wohnzimmer gilt es,
professionell zu sein. Denn
man ist nicht privat, sondern in
einer Arbeitssituation.
FOTO: HANS LUCAS / IMAGO
tiert werden. „Sie müssen sich nämlich
durchsetzen und dafür sorgen, dass keine
Dauerreden gehalten werden und dass es
nicht geduldet wird, wenn jemand ständig
anderen ins Wort fällt“, erklärt Modler. Die
Moderation müsse beispielsweise klar sa-
gen dürfen, dass die Unterbrecherei jetzt
ein Ende habe und dass er oder sie mode-
riert und sonst keiner.
„Man braucht einen Ersatz
für den Small Talk
an der Kaffeemaschine.“
Der Berater warnt auch vor Chats wäh-
rend der Videokonferenz. „Es kann passie-
ren, dass einer im Chat einen blöden Witz
macht und einige grinsend vor der Kame-
ra sitzen, während die Moderation nicht
weiß, wieso“, so Modler. Das irritiere und
bringe womöglich das gesamte Meeting
durcheinander. Auch für den Chat in der
Videokonferenz brauche es klare Regeln.
Einen „virtuellen Flurfunk“ empfiehlt der
Berater allerdings – der sollte aber außer-
halb der Konferenz erfolgen. „Man
braucht einen Ersatz für den Small Talk an
der Kaffeemaschine“, erklärt Modler. Der
Umzug ins Home-Office bringe viele in
Kommunikationsnot. Man brauche den
Draht zu den Kollegen auch deshalb, um
Intrigen abzuwehren.
In vielen Videokonferenzen hat man kei-
ne Wahl, ob man sich im Bild präsentieren
will oder nicht. Ob Bild oder nicht Bild
wird zumeist vom einladenden Gastgeber
vorgegeben. Doch falls man frei entschei-
den könne, sollte man sich auf jeden Fall
im Bild zeigen, empfiehlt der Berater.
„Denn für den vertikalen Typ ist der opti-
sche Eindruck entscheidend. Vertikale
Leute glauben, dass man etwas zu verber-
gen hat, wenn man sein Bild nicht zeigt,
dass man sich zum Beispiel unsicher fühlt
oder ein Fremder mithört“, sagt Modler.
Man sollte sich also stimmlich und optisch
in Stellung bringen. Das helfe auch, wenn
man in der Konferenz von einem „betrieb-
lichen Gegner“ angegriffen oder unterbro-
chen werde. „Die greifen meistens nicht
fachlich an, sondern werfen eine blöde For-
mel rein. Sagen dann so was wie ‚Das über-
zeugt nicht‘ “. Modler empfiehlt, in sol-
chen Fällen auf „Basic Talk“ umzustellen,
auf kurze, schlichte Sätze, und etwa mit
lauter Stimme und gelassen drei Worte zu
sagen: „Das überzeugt viele.“
hen sie sich in die Heimat zurück und ver-
wehren damit europäischen Unterneh-
men dringend benötigte Kredite, frei
nach der „America-First“-Doktrin von
US-Präsident Donald Trump? So unge-
fähr will es Deutsche-Bank-Chef Christi-
an Sewing beobachtet haben. „Wir sehen,
dass einige andere Banken ihre Engage-
ments bei großen Kunden reduzieren“,
sagte er am Mittwoch in einer Telefonkon-
ferenz mit Analysten zu den Quartalszah-
len. „Das ist eine Chance für uns. Wir ver-
suchen nun, in diese Lücke hineinzusprin-
gen“. Auch die Financial Times hatte die-
se Woche mit Verweis auf Kreditlinien für
Dax-Unternehmen geschrieben, Wall-
Street-Banken zögen sich zurück. Tat-
sächlich war dieses Phänomen in der Fi-
nanzkrise zu beobachten: Damals hatten
sich viele Institute auf Unternehmen in
der Heimat konzentriert. Auch deutsche
Finanzlobbyisten verweisen seither ger-
ne auf diese Gefahr, um die Bedeutung
der heimischen Branche zu betonen.
„Wir ziehen uns kein bisschen
aus den europäischen
Märkten zurück.“
Auslandsbanken wie JP Morgan, Citi,
Bank of America oder Goldman Sachs wei-
sen das stets von sich und betonen, wie
wichtig ihnen der deutsche Markt sei.
Auch in der Corona-Krise könne daher
von einem Rückzug keine Rede sein, hieß
es bei drei großen amerikanischen Ban-
ken. Im Gegenteil: Sein Team arbeit der-
zeit härter als zuvor, um Kunden mit Kre-
diten und anderen Leistungen zu unter-
stützen, sagt Armin von Falkenhayn,
Deutschlandchef der Bank of America.
„Im ersten Quartal haben wir unser Kre-
ditvolumen in Europa um über 20 Pro-
zent ausgeweitet und in Deutschland seit
Jahresbeginn bislang Anfragen unserer
Kunden nach Krediten positiv entschie-
den“. Ein Sprecher der US-Investment-
bank Citi sagte: „Wir ziehen uns kein biss-
chen aus den europäischen Märkten zu-
rück, weder im Kreditgeschäft noch in an-
deren Bereichen“. Das Bankgeschäft lau-
fe derzeit auf Hochtouren, man stehe un-
eingeschränkt zur Verfügung: „Das ist ei-
ne Offensive, aber kein Rückzug“.
Ob die Auslandsbanken den Unterneh-
men wirklich treu bleiben, wird sich ver-
mutlich erst in ein paar Monaten zeigen.
Die Deutsche Bank versucht jedenfalls
schon jetzt, sich als Retter zu positionie-
ren. „Wir sind fest entschlossen, unsere
Bilanz zu nutzen, um Kunden zu unter-
stützen, die uns jetzt ganz besonders
brauchen“, sagte Sewing. Dabei profitiere
man aber auch von dem enormen Krisen-
paket des deutschen Staates gegen Coro-
na. Viele Unternehmen geraten dank der
Hilfskredite vorerst gar nicht erst in
Schwierigkeiten oder nutzen Kurzarbeit,
anders als in den USA, wo die Arbeitslosig-
keit in die Höhe geschnellt ist. Die US-
Banken mussten für Ausfälle bei Kredit-
karten hohe Rückstellungen bilden.
Die Deutsche Bank hofft nun, mit ei-
ner im Branchenvergleich relativ niedri-
gen Risikovorsorge für faule Kredite
durch die Krise zu kommen. Das Kredit-
volumen von 460 Milliarden Euro vertei-
le sich auf viele Branchen und Regionen
und sei im Durchschnitt gut besichert,
sagte Sewing. Die Risikovorsorge werde
wohl längst nicht auf Finanzkrisen-Ni-
veau steigen, so der Konzernchef, was
man unter anderem der prompten Staats-
hilfe für viele Unternehmen zu verdan-
ken habe. Am Montag hatte die Bank Eck-
punkte des Quartalsergebnisses bekannt
gegeben, das dank guter Geschäfte im
Handel die Erwartungen übertroffen hat-
te. Am Mittwoch legte die Aktie erneut
deutlich zu. meike schreiber

SZ-RÄTSEL

Schwedenrätsel Str8ts mittelschwer Sudoku leicht

1 6 2 8 3 9 6

4 2 9

6 9 2

1 4 5 9

4 1 2 9 5 3 8

4 8 3 4

8 3 8 9 6 3

5 3 6 6 8

6 7 5 2

Str8ts: So geht’s Lösungen vom Mittwoch

Die Ziffern 1 bis 9 dürfen pro Spalte und Zeile 9 8 6 7 4 3 5 1 4 8 2 3 7 9 6
nur einmal vorkommen. Zusammenhängende 1 2 9 6 7 8 5 7 3 8 4 9 6 2 5 1
weiße Felder sind so auszufüllen, dass sie nur 2 3 1 4 5 6 7 8 9 6 2 7 5 1 4 8 3
aufeinanderfolgende Zahlen enthalten (Stra- 9 4 3 1 2 5 6 7 6 7 5 3 1 4 9 2 8
ße), deren Reihenfolge ist aber beliebig. Weiße 8 4 2 5 1 3 6 4 8 9 6 7 2 3 1 5
Ziffern in schwarzen Feldern gehören zu kei- 7 6 5 1 2 4 3 1 2 3 9 8 5 6 7 4
ner Straße, sie blockieren diese Zahlen aber in 6 7 8 4 3 2 1 3 5 7 1 4 9 8 6 2
der Spalte und Zeile (www.sz-shop.de/str8ts). 8 6 5 7 4 1 2 8 4 1 2 6 7 5 3 9
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22 WIRTSCHAFT
interview: verena mayer und
thorsten schmitz
B
is 2015 hat Natalie Grams selbst
noch Globulikügelchen ver-
schrieben – inzwischen gehört
sie zu den schärfsten Kritikerin-
nen der Homöopathie. Einigen
gilt sie als Nestbeschmutzerin, viele ande-
re verehren sie als Aufklärerin. Anfeindun-
gen kontert sie mit Humor. Fürs Telefon-
gespräch nimmt sie sich viel Zeit, obwohl
sie gerade mit drei Kindern zu Hause sitzt
– wie so viele Eltern derzeit.
SZ: Frau Grams, reden wir über Geld. Sie
haben 2015 Ihre lukrative Homöopathie-
Praxis aufgegeben. Warum?
Natalie Grams: Das war eine Gewissens-
entscheidung. Mir wurde bewusst, dass
die Homöopathie nicht mehr als den Place-
bo-Effekt zu bieten hat – und dafür ist sie
überbezahlt.
Welche finanziellen Folgen hatte das?
Einen Schuldenberg. Mein Kredit für die
Praxis ist bis heute nicht abbezahlt, ein
mittlerer fünfstelliger Betrag. Dazu hatte
ich geplant, meine Tätigkeit lange auszu-
üben und damit finanzielle Sicherheit zu
haben. Die Entscheidung hat mich also in
gewisser Weise meine Existenz gekostet.
Inzwischen sind Sie eine der bekanntes-
ten Kritikerinnen der Homöopathie und
werden deswegen auch stark angefein-
det. Bereuen Sie Ihren Schritt?
Nein, das musste ich mit meinem Herz
ausmachen, und ich bin bis heute davon
überzeugt. Auch wenn die Honorare, die
ich etwa mit Vorträgen verdiene, weit un-
ter dem liegen, was ich mit der Homöopa-
thie verdient habe.
Jede Krise bringt Heilsversprechen her-
vor, Leute, die Wundermittel propagie-
ren. Wie ist das in Zeiten von Corona?
Da sind gerade viele Heilpraktiker, Alter-
nativheiler und Impfgegner unterwegs.
Homöopathen, darunter auch bekannte,
haben Empfehlungen herausgegeben, wel-
che Globuli in welcher Potenz als Prophy-
laxe schützen sollen. Etwa Arsenicum al-
bum, was eigentlich ein Gift ist, das einge-
setzt wird bei großer Abgeschlagenheit,
In homöopathischen
Diskussionsgruppen
auf Facebook
wird gerade gefragt:
Ist die Pandemie nicht
unser Moment? Da gibt es
viel Selbstüberschätzung.“
Schwäche, Fieber – also eigentlich ein
Allgemeinplatz. Trotzdem war es in
Deutschland angeblich vorübergehend
ausverkauft. Auf homöopathischen Foren
wurde sich darüber ausgetauscht, wo man
es noch bekäme. Mir fiel auch auf, dass oft
kurz vor einer Merkel-Rede im Fernsehen
Werbung geschaltet wurde für das banale
Erkältungsmittel eines Homöopathie-Her-
stellers. Und es gab Verlautbarungen, dass
gegen Covid-19 Genius-Epidemicus-Medi-
kamente helfen.
Genius was?
Mittel aus den Anfängen der Homöopa-
thie. Im 18. Jahrhundert gab es ständig
Seuchen wie Typhus oder Cholera, und
man hat dann nicht anhand der Symptome
des Patienten, sondern „der Epidemie“ her-
ausgearbeitet, was das Wesen einer Epide-
mie ist, der „Genius Epidemicus“.
Samuel Hahnemann, der Gründer der Ho-
möopathie, hat bei seinen Forschungen
vor 200 Jahren also Seuchen und Pande-
mien mitbedacht?
Er hat in einer Art Sanatorium seine Pa-
tienten homöopathisch gegen die Cholera
Covestro hofft auf
das zweite Halbjahr
Köln – Der Kunststoffkonzern Covestro
rechnet auch im zweiten Quartal 2020
mit Einbußen wegen der Corona-Krise.
„Für das dritte Quartal erwarten wir
dann eine Belebung der Nachfrage“, sagt
Vorstandschef Markus Steilemann. Die
Autoindustrie komme als wichtigste Kun-
dengruppe in China wieder in Schwung,
auch in Europa sehe man erste Signale.
Im vergangenen Quartal hat der Dax-
Konzern 20 Millionen Euro Gewinn einge-
fahren, 88 Prozent weniger als im Vorjah-
reszeitraum.
Seine Hauptversammlung hat Coves-
tro nun auf Ende Juli verschoben, Aktio-
näre sollen virtuell teilnehmen können.
Ob sie wie geplant eine Ausschüttung von
2,40 Euro je Aktie erhalten, scheint un-
klar: „Es gibt aktuell noch keine Entschei-
dung hinsichtlich eines veränderten Divi-
denden-Vorschlags“, so Steilemann. Die
frühere Bayer-Tochter hatte bereits 2018
angekündigt, 900 Stellen abzubauen.
„Hier sind wir auf sehr gutem Weg“, sagt
Steilemann, „aus heutiger Perspektive
ist darüber hinaus kein weiterer Stellen-
abbau geplant.“ ikt
Verschiedenes
  
  Auto-Industrie stehe für etwa zehn Pro-
„Ich erlebe keinen Tag ohne Hass“
Die Ärztin Natalie Grams über falsche Heilsversprechen in Zeiten von Corona,
das Geschäft mit der Alternativmedizin und die Frage, warum sie sich
als Kritikerin der Homöopathie an manchen Tagen nicht mehr auf die Straße traut
behandelt. Während die anderen Ärzte
Aderlass betrieben und Flüssigkeitszufuhr
aktiv unterbanden, was die Durchfall-Er-
krankten noch mehr schwächte, ließ
Hahnemann die Leute unter relativ hygie-
nischen Bedingungen ruhen und aus-
reichend trinken, weshalb es ihnen im
Vergleich zu den malträtierten Patienten
der damaligen Medizin tatsächlich besser
ging. Kurioserweise wird jetzt in homöo-
pathischen Diskussionsgruppen auf Face-
book gefragt: „Ist die Pandemie nicht un-
ser Moment? Sollen wir nicht mal zeigen,
was wir können?“ Da steckt eine ganz gro-
ße Selbstüberschätzung dahinter.
Heiler oder Alternativtherapeuten ma-
chen jetzt also das Geschäft ihres Lebens?
Ja, solange es keinen Impfstoff und keine
Therapie gibt, ist da eine Lücke, in die man
sich komfortabel hineinspreizen kann, in-
dem man sagt: Die sogenannte Schul-
medizin kommt nicht voran, aber wir
wissen seit Jahrhunderten, wie man das
Immunsystem stärkt.
Sie haben Medizin studiert und wollten
Chirurgin werden. Wie kamen Sie zur
Homöopathie?
Wie die meisten: durch eine positive Erfah-
rung. Ich hatte während meines Studiums
einen Autounfall, den ich knapp überlebte.
Ich litt unter Schwindelgefühlen, Herzra-
sen und fiel in Ohnmacht, wenn ich dicht
mit Kommilitonen zusammenstand, Sym-
ptome einer posttraumatischen Belas-
tungsstörung, was ich damals aber nicht
wusste. Nach einer ärztlichen Odyssee bin
ich bei einer Heilpraktikerin gelandet, die
sagte: Das sieht wie eine Stressreaktion
auf den Unfall aus, gehen Sie zum Psycholo-
gen, und hier noch Globuli, die nehmen Sie
bei der nächsten Panikattacke. Dadurch,
dass ich endlich verstand, was los war, und
die Möglichkeit hatte, etwas zu tun, ging es
mir schließlich besser. Aber ich schrieb die
Wirkung den Globuli zu. Der Beweis, dass
die Kügelchen wirken, war für mich er-
bracht. Erst viel später, als ich dies für ein
Buchprojekt auf wissenschaftliche Füße
stellen wollte, wurde mir klar: Oh Mann, es
können ganz viele Faktoren gewesen sein,
meine Erfahrung steht nicht gegen das ge-
samte Wissen der Naturwissenschaft.
In einer Allgemeinarztpraxis kann man
ungefähr 40 Euro im Quartal für einen
Patienten abrechnen. In einer homöo-
pathischen Privatpraxis kostet allein ein
Erstgespräch bis zu 200 Euro. Haben sol-
che Überlegungen bei Ihrer Berufswahl
eine Rolle gespielt?
Damals kam mir das angemessen vor.
Heute sehe ich es sehr kritisch, dass man
Homöopathie deutlich besser abrechnen
kann. Es ist ja möglich, denselben Patien-
ten innerhalb von drei Monaten für eine
Folgeanamnese einzubestellen, die dann
zwischen 60 und 100 Euro kostet. Ich hatte
Patienten, die kamen alle zwölf Wochen,
egal ob sie etwas Akutes oder eine chroni-
sche Krankheit hatten.
Wer waren Ihre Patienten?
Das war ein privat zahlendes Kollektiv,
Lehrerinnen, Beamte, Akademiker. Aber
auch Leute, die Homöopathie als eine Art
Wellness-Ding betrachtet und sich gesagt
haben: Das gönne ich mir. Und wenn ein Pa-
tient sagte, ich kann mir das nicht leisten,
habe ich den Preis reduziert und hatte das
Gefühl, dass ich etwas Gutes tue, eine gute
Heilerin bin. Da schaukelt man schon als
goldenes Schiffchen im Medizinsystem, in
dem überall gespart werden muss.
Was war das Teuerste, das Sie verschrie-
ben haben?
Globuli selbst kosten nicht die Welt. Für
einzelne Potenzierungen zahlt man viel-
„Ein Marathon, kein Sprint“
Deutschland holt beim schnellen Internet auf
München – Zuerst die gute Nachricht:
Wenn es um sehr schnelle Internetan-
schlüsse von einem Gigabit pro Sekunde
und mehr geht, bewegt sich etwas in
Deutschland. Bis Ende Juni dieses Jahres
werden 24 Millionen Haushalte die Mög-
lichkeit haben, einen solchen Highspeed-
Anschluss zu nutzen – fast 30 Prozent
mehr als noch Ende 2019 (18,5 Millionen).
Dass der Ausbau voranschreitet, stimme
ihn hoffnungsfroh, sagte Torsten Ger-
pott, Professor an der Universität Duis-
burg-Essen, bei der Vorstellung einer
Marktanalyse, die im Auftrag des VATM
entstanden ist, dem Verband der Tele-
kom-Konkurrenten.
Zwar liegt Deutschland in Bezug auf
schnelle Internetanschlüsse noch immer
hinter anderen Ländern, allerdings gehö-
re das Land zu den am schnellsten wach-
senden Märkten für Glasfaseranschlüs-
se, sagte VATM-Präsident Martin Witt.
600 000 neue Glasfaseranschlüsse seien
hinzugekommen, der beste Wert, der je
erreicht wurde, und dies trotz knapper
Kapazitäten im Tiefbau.
Doch es gibt auch weniger gute Nach-
richten. Denn, so der Wirtschaftswissen-
Kaufgesuche
eigenen Angaben noch dagegen an, in die
REDEN WIR ÜBER GELD
MIT NATALIE GRAMS
leicht 45 Euro, aber das ist nicht mit einem
Medikament gegen Hepatitis C vergleich-
bar, das schnell mal 20 000 Euro kostet für
eine Dosis. Der Unterschied ist aber die
belegte Wirksamkeit. Das Teure ist der fal-
sche Glaube. Wenn etwa Krebspatienten
auf alternative Methoden setzen, kann das
Menschenleben kosten.
Was haben Sie Patienten mit lebensbe-
drohlichen Krankheiten gesagt, die unbe-
dingt homöopathisch behandelt werden
wollten?
Mir war wichtig, dass sie gleichzeitig bei
einem Facharzt in Behandlung sind.
Manchmal habe ich die Behandlung auch
nicht angenommen, weil ich die Verant-
wortung nicht übernehmen mochte. Ein
schaftler Gerpott, bisher seien vor allem
die tief hängenden Früchte geerntet wor-
den. Die meisten Gigabit-fähigen An-
schlüsse gehen auf das Konto von An-
schlüssen über das TV-Kabel. Hierbei
kommt der Übertragungsstandard Doc-
sis 3.1 zum Einsatz sowie spezielle Hard-
ware und Software. Die Kabel selbst müs-
sen dafür nicht neu verlegt werden. Unter-
nehmen wie der britische Konzern Voda-
fone haben also mit vergleichsweise über-
schaubaren Investitionen ein großes Po-
tenzial an schnellen Anschlüssen schaf-
fen können.
Doch nur etwa zwei Drittel der Haus-
halte können per TV-Kabel erschlossen
werden, für das letzte Drittel bleibt nur
Glasfaser, eventuell auch 5G-Mobilfunk.
Aber auch die dafür nötigen Masten müs-
sen schließlich per Glasfaser-Kabel ange-
bunden werden. Und das ist teuer. Es feh-
len Bautrupps, die behördlichen Geneh-
migungen ziehen sich oft hin. Gerpott
prophezeit, das Ziel der Regierung, bis
2025 Gigabit-Anschlüsse für alle Bürger
bereitzustellen, werde deshalb nicht er-
reicht werden: „Das wird ein Marathon,
kein Sprint.“ helmut martin-jung
 

Videokonferenz der Ministerpräsidenten


FOTO: DOROTHÉE PIROELLE
Fall hängt mir nach: Eine Mutter von zwei
kleinen Kindern, die überzeugt war, dass
sich ihr fortgeschrittener Brustkrebs
durch Kommunikation mit Engeln lösen
ließe. Sie sagte: Wenn ich sterbe, ist das
eben mein Karma. Das war mir zu krass,
und ich habe sie zu einer Gynäkologin über-
wiesen, die auch Homöopathie gemacht
hat. Aber auch sie konnte die Frau nicht
von einer Operation überzeugen.
Puh.
Die Homöopathie ist ja ein Sammelbecken
für solche Fälle. Eine Patientin klagte, sie
werde krank durch die blaue Farbe des
Hauses gegenüber, so wie jetzt auch Men-
schen glauben, man bekomme Corona
durch 5G-Strahlung. Eine andere Frau war
Schluss mit Milliardengewinnen
Die Autoindustrie prophezeit Verluste und pocht auf Kaufprämien
Stuttgart/München – Die Autohäuser
dürfen zwar wieder öffnen, die Fabriken
werden langsam hochgefahren. Dennoch
schauen die Autohersteller Daimler und
Volkswagen sowie der weltgrößte Zuliefe-
rer Bosch skeptisch in die Zukunft, was die
Geschäftsentwicklungen in den nächsten
Monaten angeht. Alle drei Unternehmen
gaben am Mittwoch virtuelle Pressekonfe-
renzen, dabei verkündeten alle drei unab-
hängig voneinander sinngemäß zwei iden-
tische Botschaften. Erstens: Das Ge-
schäftsjahr 2020 werde miserabel. Zwei-
tens: Die Auto-Industrie und das Land
bräuchten eine Kaufprämie für Neuwa-
gen, um die Konjunktur anzukurbeln.
Alle drei Konzerne sprachen sich mehr
oder weniger vehement für ein staatliches
Konjunktur-Programm für die wichtigste
Industrie der Republik aus. „Es geht dar-
um, Zuversicht in die Märkte zurückzu-
bringen“, sagte Daimler-Boss Ola Källeni-
us. Vor allem sollte man die Nachfrage
schnell ankurbeln, „damit die Kunden
nicht weiter abwarten“. Die Prämie sollte
auch möglichst einfach sein und „pau-
schal für alle Produkte gelten“.
Nachdem Volkswagen-Boss Herbert
Diess bereits Anfang der Woche die Kauf-
prämie gefordert hatte, betonte sein Fi-
nanz-Chef Frank Witter am Mittwoch, die
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
sich sicher, dass ihre Beschwerden in der
kalten Jahreszeit dadurch entstehen, weil
sie auf der Flucht vor den Russen mit ihrer
Mutter durch Schneefelder getrieben wur-
de. Das ist sicher psychologisch auflösbar
und auch behandelbar, aber ganz be-
stimmt nicht durch Homöopathie.
Auf was müssen Sie verzichten, seit Sie
nicht mehr Homöopathin sind?
Auf die einfachen Antworten auf viele
komplexe Fragen. Manchmal denke ich,
wie es wäre, hätte ich im Hausapothekchen
meiner Homöopathika ein Mittel gegen
Corona, das würde mir viel Zuversicht
spenden. Die positive Zusatzoption, das
war schon ein schönes Gefühl. Aber eben
auch nur ein Gefühl.
Allein 2018 wurden in Deutschland 670
Millionen Euro mit homöopathischen
Arzneimitteln umgesetzt. Wo werden die
größten Margen erzielt?
Das Meiste wird als Over-the-counter-Pro-
dukt verkauft, also nach dem Motto, ach,
nehmen Sie das doch mal mit. Von Apothe-
kern höre ich, dass die Gewinnmargen bei
normalen Arzneimitteln zwischen 15 und
20 Prozent liegen, bei homöopathischen
Mitteln zwischen 30 und 36 Prozent. Für
Zucker ist das ziemlich viel.
Bei homöopathischen Arzneimitteln stel-
len sich viele Familienbetriebe in der Lü-
neburger Heide vor, in denen im Manufak-
turbetrieb Kügelchen hergestellt werden.
Dann sind Sie schon dem von den Herstel-
lern bewusst gepflegten Image auf den
Leim gegangen, die sehr viel Geld in schö-
ne Bilder investieren. Der größte Herstel-
ler von Homöopathie in Deutschland ist
die DHU, ein Tochterkonzern des weltweit
agierenden Konzerns Willmar-Schwabe.
Das ist Big Pharma.
Was sind die wichtigsten Märkte für die
Homöopathie?
Frankreich und die USA, aber auch Indien,
wo Samuel Hahnemann wie Jesus verehrt
wird und Deutschland als Paradies der
Homöopathie gilt.
Oft ist es doch genau umgekehrt: Wir
fahren nach Indien, um uns im Ayurveda-
Retreat mit Ölen behandeln zu lassen.
Die Homöopathie kam früh nach Indien,
Reiseärzte aus Deutschland verbreiteten
sie. Sie wurde dort auch populär, weil die
Mittel zum Teil kostenlos abgegeben
wurden. Außerdem galt Homöopathie als
„deutsche“ Medizin, im Gegensatz zur
„englischen“ Medizin der damaligen Besat-
zungsmacht. Viele Leute in Indien sind
arm, und man denkt sich dort, bevor sie
gar keine Gesundheitsversorgung haben,
lässt man Schamanen ran. Religiosität und
Magiegläubigkeit vieler Inder bieten einen
Nährboden für die Akzeptanz von „Glau-
bensmedizin“. Da passt die Homöopathie
gut hinein. Wer in Indien Geld hat, lässt
sich lieber westlich behandeln.
Ihr neues Buch heißt „Was wirklich
wirkt“. Was denn?
Vor allem Aufklärung und Gesundheits-
kompetenz. Jeder hat natürlich das Recht,
sich mit homöopathischen Mitteln behan-
deln zu lassen. Aber ich finde, die Kassen
sollten dafür nicht mehr aufkommen.
Denn die Übernahme durch Krankenkas-
sen setzt nicht nur einen falschen Anreiz,
nach dem Motto: Die Kassen sparen an al-
lem, und wenn sie trotzdem für Homöopa-
thie erstatten, muss doch etwas dran sein.
Sondern es ist auch nicht fair. Wir haben
ein Solidarsystem in Deutschland, in das
wir alle einzahlen. Und wenn ein Teil für
wirkungslose Verfahren ausgegeben wird,
fehlt das Geld an anderer Stelle. Es hilft
auch zu erkennen, dass in die Homöopa-
thie-Werbung viel Geld gesteckt wird, um
Viele Autohersteller, wie im Bild Volkswa-
gen, fahren die wichtigsten Werke wie-
der schrittweise hoch. FOTO: PFÖRTNER/DPA
den Wohlstand unseres Landes“, Kaufan-
reize seien „wahrscheinlich notwendig,
um die Branche aus der Krise zu führen
und dauerhafte Schäden zu vermeiden.“
Bosch rechnet für 2020 mit einem Rück-
gang der weltweiten Autoproduktion um
„mindestens 20 Prozent“.
Im ersten Quartal sank der Umsatz der
Bosch-Gruppe um 7,3 Prozent, alleine im
März sogar um 17 Prozent. Der weltgrößte
Autozulieferer aus Stuttgart kämpft nach
sie mit den Attributen „sanft, natürlich,
nebenwirkungsfrei“ zu versehen. Das ist
kein Beitrag zur Gesundheitskompetenz
der Menschen. Hinter diesen menscheln-
den Attributen steckt eine riesige Indus-
trie. Eine, die viel Geld mit Kügelchen
verdient, die fast ausschließlich nur aus
Milch- oder Rohrzucker bestehen.
Gehen wir einige Modebehandlungen mal
durch, für die Leute viel Geld ausgeben.
TCM, was ist das und was bringt das?
Die Traditionelle Chinesische Medizin hat
eine eigene Krankheitslehre mit sehr ar-
chaischen Vorstellungen. Aber altes Wis-
sen ist zunächst mal nur eines, nämlich alt.
Mit wissenschaftlich fundierter Medizin
ist das nicht in Einklang zu bringen. Dass
man etwa krank wird durch Kälte und
Wind. Ein Teil davon ist die Kräuter-
heilkunde, also pflanzliche Wirkstoffe. Da
findet man manchmal etwas, das wirkt.
Akupunktur?
Ist Teil der Chinesischen Medizin und ein
Zwitterding, weil es bei einigen Schmerzar-
ten besser wirken kann als konventionelle
Schmerzmittel. Aber nicht etwa, weil die
Lehre recht hätte, dass da irgendein gestör-
ter Energiefluss reguliert würde, sondern
durch einen Effekt, den man im Engli-
schen „Theatrical Placebo“ nennt, ein Zu-
sammenwirken von Erwartungshaltung,
Suggestion und Placebo. Die Behandlung
Von Apothekern höre ich,
dass die Gewinnmargen
bei homöopathischen
Mitteln zwischen
30 und 36 Prozent
liegen. Für Zucker ist
das ziemlich viel.“
wird als außergewöhnlich bis exotisch
wahrgenommen, man wird von Menschen
umsorgt, es gibt ein aufwendiges Setting.
Es ist wohl der „Akt des Nadelns“, der hel-
fen kann – recht egal, wohin mach sticht.
In Studien hat man gesehen, dass kein
Effekt eintritt, wenn eine Maschine die
Nadeln setzt.
Osteopathie?
Der Erfinder war eine Art Guru in den USA
zu einer Zeit, als dort die wissenschaftliche
Medizin der in Europa noch weit hinter-
herhinkte. Die manuellen Anwendungen
wirken manchmal bei Rückenschmerzen,
wobei der Kausalzusammenhang aber un-
klar bleibt. Hinzu kommen unabgegrenzt
geradezu esoterische Ansichten und Be-
handlungsansätze. Bei Kindern hat Osteo-
pathie keine sicher belegte Wirksamkeit.
Jungen Eltern wird aber oft gesagt, Kinder
müssten dadurch etwaige Geburtstrauma-
ta bewältigen. Aus meiner Sicht ist das
reine Abzocke.
Bachblüten?
Esoterische Wässerchen, benannt nach Ed-
ward Bach. Der dachte, dass sich im Mor-
gentau von Blüten eine Information findet,
die er in Fläschchen bannen könnte. In ih-
nen sind also nicht etwa Pflanzenauszüge
wie in der Phytotherapie enthalten. Aber
Bachblüten sollen laut Bach gerade bei psy-
chischen Problemen helfen, und das finde
ich richtig gefährlich, wenn man etwa bei
Depressionen darauf vertraut.
Gerade haben Sie auf Twitter angekün-
digt, wieder als Ärztin arbeiten zu wollen.
Lag das an den Anfeindungen, denen Sie
als Kritikerin der Alternativmedizin aus-
gesetzt waren?
Ich erlebe keinen Tag ohne Hass. Ich kann
nicht mehr so ohne Weiteres auf die Straße
und lebe unter verborgener Adresse. Das
geht an die Substanz, klar, ist aber nicht
der entscheidende Punkt. Ich war immer
gerne Ärztin und gerade in dieser Krise
möchte ich es nun wieder sein.
auf Kosten-Management, um die Krise zu
überstehen“, sagte Daimler-Chef Källeni-
us. Der Stuttgarter Auto-Konzern hat im
ersten Quartal nur 644 000 Fahrzeuge ver-
kauft (17 Prozent weniger als im Vorjahres-
Quartal). Der auf die Aktionäre entfallen-
de Gewinn stürzte auf 94 Millionen ab, im
Vorjahres-Quartal waren es noch etwa 2,1
Milliarden. Eine konkrete Jahresprognose
wollte Källenius nicht abgeben. „Dazu ist
es gerade, mitten im Auge des Sturms, zu
früh“, sagte er, „aber es ist wohl klug, nicht
zu optimistisch zu sein.“ Die Krise könne
länger andauern und ihre Auswirkungen
„werden sicherlich erheblich“ sein.
Der Volkswagen-Konzern rechnet in
diesem Jahr mit einem Minus von 15 bis
20 Prozent. Aber: „Wir schreiben das Jahr
nicht komplett ab“, sagt Finanz-Chef Wit-
ter. Der Konzern verkaufte über alle Mar-
ken hinweg in den ersten drei Monaten
23 Prozent weniger Fahrzeuge. Als Zei-
chen der Hoffnung bezeichnen alle drei
Konzerne die „Erholung“ in China. Das
Land findet nach einem kompletten Lock-
Down nun wieder zu altem Konsumverhal-
ten zurück: Am letzten März-Wochenende
seien so viele Kunden in die Autohäuser ge-
kommen wie im Jahr zuvor.
Nun ist die Frage, wie das auch in
Deutschland gelingen kann. Eine geplante

 
  
  zent der deutschen Wirtschaftsleistung. Verlustzone zu geraten. Daimler und aus Bayern, Baden-Württemberg und Nie-



 Hier über Anreize für verstärkten Verkauf Volkswagen haben diese Hoffnung nun dersachsen zu Staatshilfen für die Autoin-
FCB Dauerkarte zu sorgen, bringe Zugkraft in alle Wirt- aufgegeben: Beide kündigten am Mitt- dustrie wurde kurzfristig auf Montag ver-
Die legendäre Plattensammlung des Musikjournalisten Harald in Hülsen
(Sounds, ME, Spex) 2.300 Titel aus den Jahren 1974 bis 1990. Privatverkauf. Suche für mich und meinen Sohn 2
Mail: film-up@gmx.de FC-Bayern Dauerkarten zur Über- schaftsbereiche. Auch Bosch-Chef Volk- woch an, das zweite Quartal werde mit ro- schoben. Am Tag darauf treffen sich Indus-
schreibung. Ein Lebenstraum! mar Denner äußerte sich ähnlich: „Die Au- ten Zahlen enden. „Wir fokussieren uns trie und Politik im Kanzleramt zu einem
8 0151 55541581
to-Industrie hat sehr hohe Bedeutung für derzeit auf den Erhalt der Liquidität und Gipfel. max hägler, stefan mayr
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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Wer bislang sein privates Arbeitszimmer von der Steuer absetzen wollte, musste strenge Auflagen erfüllen. Das dürfte vielen Berufstätigen, die wegen
der Corona-Pandemie ins Home-Office gewechselt sind, jetzt leichter gelingen. Vorausgesetzt, sie dokumentieren rechtzeitig ihre Ausgaben
von christiane kaiser-neubauer
M
ails am heimischen Compu-
ter, Videokonferenzen mit
dem Chef, Chats mit den
Kollegen – das praktizieren
aktuell Millionen deutsche
Arbeitnehmer und Selbständige. Laut Um-
frage des Bayerischen Forschungsinstituts
für Digitale Transformation unter berufstä-
tigen Internetnutzern sind derzeit 39 Pro-
zent der Befragten durch die Corona-Pan-
demie mehrmals pro Woche von zu Hause
tätig, und rund 26 Prozent bleiben ihrem
üblichen Arbeitsplatz sogar komplett fern.
All jene, die ihre Arbeit nun mittels
E-Mail, Videokonferenzen und Chats in
den eigenen vier Wänden erledigen, haben
grundsätzlich Anspruch auf Steuererspar-
nis. Der Umfang der Kostenerstattung des
Fiskus hängt nach geltendem Steuerrecht
von den räumlichen Gegebenheiten, dem
Anteil der Arbeitszeit im eigenen Home-Of-
fice sowie den notwendigen Arbeitsmitteln
ab. „Relativ einfach absetzen können Ar-
beitnehmer ihre Kosten für Arbeitsmittel.
Nur im Ausnahmefall akzeptiert das Fi-
nanzamt jedoch ein Arbeitszimmer beim
Arbeitnehmer“, sagt Udo Reuß, Steuerex-
perte beim Verbraucherportal Finanztip.
Der private Telefonanschluss,
Headset, Laptop oder Software
können als Arbeitsmittel gelten
Im Corona-Krisenjahr 2020 stehen die
Chancen gut, als Heimarbeiter diese Vor-
aussetzungen zu erfüllen. Grundsätzlich
darf das Zimmer, das als Büro genutzt
wird, kein Durchgangszimmer sein und
auch keinem anderen Zweck – zum Bei-
spiel als Gästezimmer – dienen. Die Finanz-
ämter sind hinsichtlich der Kriterien für
das Arbeitszimmer streng. „Nur im gerin-
gen Umfang darf das Zimmer auch privat
genutzt werden. Das Bügelbrett oder die
Kinderspielecke weisen auf eine private
Nutzung hin“, sagt Reuß.
Konkret heißt das, der Raum kann zu
höchstens zehn Prozent für den privaten
Gebrauch zur Verfügung stehen. Der
Schreibtisch im Wohnzimmer oder Schlaf-
raum erfüllen die Kriterien als häusliches
Arbeitszimmer nicht. Wer allerdings, wie
viele Familien mit Kindern, die derzeit we-
der Kita noch Schule besuchen, einen
Raum als Übergangslösung umgebaut hat,
um arbeiten zu können, hat gute Karten.
Steuerexperte Reuß rät Angestellten im
Home-Office, den aktuellen Zustand zu do-
kumentieren und sich vom Arbeitgeber ei-
ne Bescheinigung ausstellen zu lassen,
dass sie nicht im Unternehmen arbeiten
dürfen. Wenn die Steuererklärung im kom-
menden Jahr schließlich fällig ist, sind die
Menschen mehrheitlich wieder an ihren re-
gulären Arbeitsplätzen tätig. Alles, was sie
dann geltend machen wollen, müssen sie
auch belegen können. Im Zweifel fordert
das Finanzamt Nachweise.
Sturz im Kinderzimmer
Im Home-Office gilt: Nicht jeder Unfall wird als Arbeitsunfall anerkannt
Die Tücken des Home-Office bekam vor
wenigen Wochen eine Lehrerin in Spanien
zu spüren, als sie per Videokonferenz ihre
Klasse unterrichtete. Ihr argloser Ehe-
mann schlurfte in Unterwäsche durch das
Bild und erschrak so heftig vor seinem ei-
genen Auftritt, dass er mit dem Kopf ge-
gen die Wand stieß. In den sozialen Medi-
en wurde zynisch kommentiert, dass das
Arbeiten mit „großen Kindern“ im Haus
eben kein Zuckerschlecken sei.
Wenn dann auch noch kleine Kinder im
Haus sind, wird die Herausforderung
noch größer. Viele Angestellte lernen die-
se Realität gerade unfreiwillig kennen,
weil die Firmen sie von der Anwesenheits-
pflicht entbunden und nach Hause ge-
schickt haben, um dort zu arbeiten. Vier
von zehn Jobs in Deutschland haben Auf-
gabenfelder, die ortsunabhängig erledigt
werden können. Meistens sind nur ein Te-
lefon und ein Computer notwendig.
Doch Vorsicht: Grundsätzlich bedarf es
des Einverständnisses des Mitarbeiters,
wenn er von zu Hause arbeiten soll. Gibt es
keine vertragliche Vereinbarung, ist er da-
zu auch nicht verpflichtet. Dem Arbeitge-
ber bliebe dann als letzte Option nur eine
betriebsbedingte Änderungskündigung.
Dabei bietet er dem Mitarbeiter einen ge-
änderten Arbeitsvertrag an, in dem Home-
Office, zumindest für einen gewissen Zeit-
raum, ausdrücklich vereinbart wird.
„Dieses Vorgehen ist für ein Unterneh-
men allerdings sehr risikobehaftet. Es
geht dann nämlich um die Frage, ob eine
solche Änderungskündigung im Einzelfall
überhaupt sozial gerechtfertigt ist“, sagt
Arbeitsrechtsexperte Winfried Boecken,
Professor an der Universität Konstanz. Im
Sinne des Arbeitsklimas und eines grund-
sätzlich guten Verhältnisses zwischen
Chef und Mitarbeiter empfiehlt Boecken
beiden Seiten, verständnisvoll miteinan-
der umzugehen.
Dazu gehört auch, dass der Arbeitgeber
seinem Angestellten zugesteht, dass seine
Leistung möglicherweise unter den beson-
deren Umständen leidet. „Wenn der Ar-
beitnehmer nach besten Kräften ver-
sucht, Leistungen zu liefern, dann hat er
keine arbeitsrechtlichen Nachteile zu be-
fürchten“, sagt Boecken.
Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses
trifft den Arbeitnehmer eine sogenannte
Treuepflicht, die ihm in diesen Wochen ab-
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Ist dies ein Arbeitszimmer – oder nur eine Ecke im Esszimmer? Bei der Steuererklärung kommt es auf eine überzeugende Definition an.
Ohne Limit alle Kosten für den ausge-
statteten Büroraum erkennt das Gesetz an,
wenn die Arbeit – wie in der aktuellen Coro-
na-Situation – größtenteils von daheim er-
ledigt wird. „Für viele Menschen ist der Mit-
telpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit jetzt
zu Hause, wenn sie nicht im Büro arbeiten
dürfen. Werden von fünf Arbeitstagen in
der Woche mindestens drei im Home-Of-
fice verbracht, kann das häusliche Arbeits-
zimmer den Mittelpunkt der beruflichen
Tätigkeit darstellen“, sagt Steuerfachmann
Reuß. Somit könnten für diesen Zeitab-
schnitt die gesamten Aufwendungen für
ein Arbeitszimmer als Werbungskosten ab-
gesetzt werden.
Wer hingegen weniger als drei Tage in
der Woche im Heimbüro arbeitet und so-
mit mehrheitlich in der Firma tätig ist,
kann in der Steuererklärung 2020 ledig-
lich bis zu 1250 Euro Kosten geltend ma-
verlangen kann, die Heimarbeit irgendwie
möglich zu machen. Denn er hat auch auf
die Interessen seines Arbeitgebers Rück-
sicht zu nehmen. Die Krux: Bei vertraglich
fixierter Heimarbeit muss der Arbeitge-
ber dem Mitarbeiter den Arbeitsplatz in
dessen Haus einrichten. Das sagt die Ar-
beitsstättenverordnung. Die aktuelle Aus-
nahmesituation macht es aber in den meis-
ten Fällen schlicht unmöglich, dass ein Un-
ternehmen dieser Pflicht nachkommen
kann. Zu kurzfristig sind zu viele Ange-
stellte von einem Tag auf den anderen
gleichzeitig ins Home-Office gewechselt.
Ob ein Missgeschick im Haushalt
versichert ist, hängt davon ab,
ob es dienstlich begründet war
Was bleibt, sind außervertragliche Lö-
sungen: „Man kann dann nachträglich dar-
über reden, ob der Arbeitgeber das später
honoriert“, sagt Boecken. Das gilt auch für
zusätzliche Kosten durch die erhöhte Nut-
zung von Strom oder Wasser, die der Ar-
beitgeber im Normalfall tragen muss.
Durch die jetzt provisorische Umgestal-
tung fehlt jedoch in den meisten Fällen
auch hier eine Vereinbarung als rechtliche
Grundlage. Zugang zum Home-Office des
Angestellten hat der Chef derweil nur,
wenn der Mitarbeiter ihm das Recht dazu
einräumt.
Ein Anspruch auf dauerhafte Heimar-
beit ergibt sich durch die Corona-Zeit
nicht. Bundesarbeitsminister Hubertus
Heil befürwortet zwar, einen solchen An-
spruch gesetzlich einzuführen. Ob das ge-
lingt, ist derzeit jedoch offen.
Lustige Gastauftritte von unbedarften
Familienmitgliedern wie während der Vi-
deokonferenz der spanischen Lehrerin
sind aus arbeitsrechtlicher Sicht kein Pro-
blem. Doch was passiert, wenn eines der
großen oder kleinen Kinder im Haus ein
Glas Wasser auf dem Laptop verschüttet
oder das Mobiltelefon versehentlich in die
Toilette fallen lässt? Wer bezahlt den Scha-
den? Prinzipiell gilt: Wenn der Mitarbeiter
mit Einverständnis des Chefs eigene Ar-
beitsmittel einsetzt, dann hat er grund-
sätzlich Anspruch auf Entschädigung ge-
gen den Arbeitgeber. Das hat die Recht-
sprechung des Bundesarbeitsgerichts in
der Vergangenheit mehrfach bestätigt.
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SZ SPEZIAL HOME-OFFICE 23
Bonus für Heimarbeiter
der Arbeitsecke im Wohnraum erledigt
werden, sind zumindest bestimmte Ausga-
ben absetzbar. Hier mindern sogenannte
Arbeitsmittel die Steuerlast des Beschäftig-
ten. Dazu zählen alle notwendigen Gegen-
stände, die man für die beruflichen Aufga-
ben braucht, zum Beispiel Drucker, Head-
set, Schreibtisch, Werkzeug, Berufsklei-
dung und Fachzeitschriften.
Auch der private Telefonanschluss und
immaterielle Wirtschaftsgüter wie Soft-
ware können als Arbeitsmittel gelten. Hier
gestaltet sich der Nachweis vergleichswei-
se einfach. „Entscheidend ist, ob ein Lap-
top oder die Fachlektüre für den Beruf ge-
nutzt werden. Auch eine gemischte Nut-
zung, beruflich und privat, ist erlaubt. Das
Finanzamt lässt zum Beispiel bei einem
Computer eine pauschale 50:50-Teilung
zu, sodass die Hälfte des Anschaffungsprei-
ses als Werbungskosten absetzbar ist“,
sagt Reuß. Wird ein Arbeitsmittel mehr als
90 Prozent beruflich verwendet, können
die kompletten Anschaffungskosten ange-
setzt werden.
Unklar ist, ob die Finanzämter
bei Steuererklärungen 2020
Kulanz walten lassen werden
Bei einem Preis unter 952 Euro mit
Mehrwertsteuer kann ein Laptop direkt im
Kaufjahr abgesetzt werden, teurere Gegen-
stände sind über mehrere Jahre abzuschrei-
ben. Auch Reparatur-, Reinigungs- und
Wartungskosten sind steuermindernd. Für
Internet und Telefon kann man pauschal
20 Prozent der Ausgaben als Werbungskos-
ten geltend machen, der monatliche Maxi-
malbetrag beträgt allerdings 20 Euro.
Auch hier gilt, in der aktuellen Situation zu
prüfen, ob die tatsächlichen Kosten höher
liegen. Denn über Einzelverbindungsnach-
weise erkennt das Finanzamt durchaus hö-
here Ausgaben an.
Inwieweit die Behörden bei der Bearbei-
FOTO: RITZAU SCANPIX / IMAGO IMAGES tung der Steuererklärungen im kommen-
den Jahr Kulanz walten lassen, ist unklar.
Der Bund der Steuerzahler und die Verei-
chen. Dieser Höchstbetrag gilt ebenso für plan und Fotos, die beweisen, dass es ein ab- und Kreditzinsen. Kosten, die ausschließ- nigte Lohnsteuerhilfe wollen sich ange-
Angestellte wie beispielsweise Lehrer oder geschlossener und büromäßig ausgestatte- lich für das Büro anfallen wie etwa für die sichts der Corona-Krise für eine Locke-
Außendienstmitarbeiter ohne Tätigkeits- ter Raum ist“, sagt Reuß. Bei einer Woh- Reinigung oder eine eventuelle Renovie- rung der Bestimmungen zur steuerlichen
mittelpunkt im Heimbüro sowie auch ohne nungsgröße von 100 Quadratmetern und rung, können komplett zugerechnet wer- Anerkennung von heimischen Arbeitsplät-
Arbeitsplatz beim Arbeitgeber. einem Büro von 15 Quadratmetern macht den. zen einsetzen. Um die Kostenerstattung
Wichtig: Die 1250 Euro Kostengrenze ist dies 15 Prozent der Gesamtausgaben aus. Lassen die Wohnverhältnisse kein Ar- auch tatsächlich zu erhalten, sollten Ange-
kein Pauschbetrag, die Aufwendungen Dazu zählen anteilig Hausrat- und Gebäu- beitszimmer im Sinne des Steuerrechts zu, stellte für 2020 jedenfalls unbedingt eine
müssen ebenfalls mit Rechnungen nach- deversicherungen, Grundbesitzabgaben und muss der Job am Küchentisch oder in Steuererklärung erstellen.
weisbar sein. Zu beachten ist außerdem,
dass bei gemeinsamer Nutzung des Arbeits-
raums beide Ehepartner oder eingetrage-
ne Lebenspartner ihre Kosten bis zum Ma-
ximalbetrag absetzen können.
Gerade, weil für viele Berufsgruppen un-
klar ist, wann sich die Corona-Einschrän-
kungen wieder ändern, sollten Heimarbei-
ter vorsorgen. „Gut ist, für den Arbeits-
raum eine Kostenaufstellung zu machen,
in der Miete, Strom und andere Nebenkos-
ten anteilig berechnet werden. Dazu be-
kommt das Finanzamt einen Wohnungs-
Doch der Anspruch gilt keineswegs un-
begrenzt, zu berücksichtigen ist der Grad
des Verschuldens des Arbeitnehmers.
„Dass sich ein Glas Wasser über den Lap-
top ergießt, kann immer mal passieren. In
diesem Fall wird der Anspruch auf Ent-
schädigung grundsätzlich nicht begrenzt
werden können. Aber wenn Kinder im
Home-Office Schaden anrichten, dann
stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeit-
nehmer seiner Aufsichtspflicht nachge-
kommen ist. Da geht es dann auch um Be-
weisfragen“, sagt Boecken. Grundsätzlich
ist der Arbeitnehmer im Home-Office da-
für verantwortlich, dass der Nachwuchs
keinen Zugang zu den Arbeitsmitteln hat
Gutes Internet war
und keinen Schaden anrichtet.
Den Mitarbeiter trifft auch die Beweis-
last, wenn er zu Hause einen Unfall erlei-
det. Bei der Frage, ob ein versicherter Ar-
noch nie so wichtig
beitsunfall vorliegt, ist nach der Rechtspre-
chung des Bundessozialgerichts der Um-
stand entscheidend, zu welchem Hand-
lungszweck der Arbeitnehmer eine Tätig-
keit im eigenen Haus ausgeführt hat.
Wenn er beispielsweise eine Treppe hin-
unterstürzt, muss dieser Weg dienstlich
begründet gewesen sein, um den Versiche-
rungsschutz geltend machen zu können.
Läuft er vom Schreibtisch zur Haustür,
um eine arbeitsrelevante Paketsendung
Bis zu Wechsel jetzt
anzunehmen, ist er versichert. Macht er
hingegen auf dem Rückweg zum Schreib-
tisch einen Schritt auf die Kinder zu, weil
die nach ihm verlangen, er dabei aus-
rutscht und sich verletzt, wäre das bereits
ein privater Handlungszweck.
Damit der Versicherungsschutz bei ei-
4x
schneller
als DSL 1
ins Gigabit-Netz
Einfache Installation
nem Unfall greift, verlangt die Rechtspre- Kein Tag ohne Internet2
chung objektive Indizien dafür, dass der
Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Unfalls Ohne doppelte Kosten3
einen dienstlichen Handlungszweck ver-
folgte. Es kann ein Telefonat sein, das die
Handlung ausgelöst hat oder der Nach-
weis der Paketlieferung. Auch wer sich bei
Ready?
der Firmengymnastik vor dem Laptop
den Nacken verrenkt, gilt als versichert.
Sofern er es nachweisen kann.
marcel grzanna
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1 Ausgehend von den maximalen Download-Geschwindigkeiten von bis zu 1000 Mbit/s bei Kabel und 250 Mbit/s bei DSL. Maximale Upload-Geschwindigkeiten
Home-Office bei DSL weichen nach oben ab. 2 Im Falle eines Anbieter-Wechsels leiten wir die Kündigung Deines DSL-Vertrages erst an Deinen bisherigen Anbieter weiter,
wenn Dein neuer Kabel-Internet-Anschluss funktioniert. 3 Kunden, die von einem anderen Anbieter zu Vodafone wechseln, können ihr neues Kabel-Produkt
Verantwortlich: Peter Fahrenholz unabhängig von ihrem Altvertrag schon frühzeitig nutzen. Bis zum Ende des Altvertrags, höchstens 12 Monate lang, wird die Grundgebühr für jeden vollen
Redaktion: Jutta Pilgram, Katharina Wetzel Monat für das Vodafone-Produkt erlassen. Eventuelle Bereitstellungs- und Nutzungsentgelte sowie Gebühren für Zusatzprodukte fallen an.
Anzeigen: Jürgen Maukner
24 WIRTSCHAFT Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

von jens flottau

Frankfurt – Die Mitarbeiter hat Airbus-

Schlechte Zeiten für voll getroffen – die Kunden konnten ent-
weder aus finanziellen oder logistischen
Gründen 60 fertige Maschinen nicht mehr
Auto-Aktien bei Anlegern gefragt
Chef Guillaume Faury zuletzt auf harte Zei-
ten eingestellt. „Das Überleben von Airbus
steht in Frage,“ schrieb er ihnen am vergan-
genen Freitag in einem internen Brief, der
Langstrecken-Jets übernehmen. Für das zweite Quartal er-
wartet Faury „sehr wenige“ Auslieferun-
gen, nachdem Airbus in den ersten drei
Monaten immerhin noch 122 Jets überge-
In der Hoffnung auf eine nahende Zu-
lassung eines Medikamentes gegen das
Coronavirus deckten sich Anleger am
Mittwoch mit europäischen Aktien ein.
vom Analysehaus Jefferies. BMW-Aktien
gewannen 5,5 Prozent, die Aktien des Zu-
lieferers Continental um 6,3 Prozent.
Anleger griffen auch bei Aktien der
anschließend den Weg in die Öffentlich- Airbus geht davon aus, auch im zweiten Quartal nur wenige ben konnte. Allerdings rechnet er auch da- Der Dax legte bis zum Nachmittag um Deutschen Bank zu, die sich um 7,4 Pro-
keit fand und auch alle diejenigen er- Flugzeuge zu verkaufen. Mitarbeitern drohen Einschnitte mit, dass sich die Lage im dritten Quartal 2,1 Prozent auf 11 017 Punkte zu. Der US- zent verteuerten. Vor allem im Invest-
schreckte, für die er gar nicht gedacht war. wieder verbessert und mehr Kunden Flug- Pharmafirma Gilead zufolge zeigte das mentbanking konnte das Institut zulegen.
Als er am Mittwoch die schlechten Ergeb- zeuge abnehmen können. Airbus werde Medikament Remdesivir bei Tests an Co- Die Deutsche Bank rechnet im laufenden
nisse für die ersten drei Monate 2020 ver- bei der Produktion flexibel reagieren und rona-Patienten ermutigende Ergebnisse. Jahr weiter mit stabilen Erträgen im Kern-
kündete, war Faury bemüht, ein wenig op- darauf achten, dass nicht zu viele Maschi- „Das hebt die Stimmung“, sagte ein Bör- geschäft. Der durch die Corona-Krise be-
timistischer zu klingen. nen abgestellt werden müssen. sianer. Gilead-Aktien stiegen in New York lastete Kunststoffspezialist Covestro er-
Faury also hält es angesichts der Co- Trotz der Einschnitte bereitet sich das um 3,4 Prozent. zielte im ersten Quartal nur knapp einen
vid-19-Krise für denkbar, die Produktion Unternehmen aber auch darauf vor, die Gewinn. Covestro sieht sich jedoch für das
noch weiter zu drosseln. Diese Entschei- Produktion schnell wieder hochfahren zu schwierige wirtschaftliche Umfeld gerüs-
dung werde allerdings frühestens im Juni können. Der Markt für Kurz- und Mittel- BÖRSE VOM MITTWOCH tet. Covestro-Papiere lagen 3,1 Prozent im
getroffen, nachdem sich das Unterneh- streckenflugzeuge wird sich laut Faury Plus. Nachdem die Papiere des Bezahl-
men ein besseres Bild der Lage gemacht schneller erholen als der für Langstrecken- dienstes Wirecard am Vortag ein Viertel
hat. Vor drei Wochen hatte Airbus be- jets. Bei den Großraummaschinen rechnet Auf den Kauflisten der Anleger stan- ihres Wertes verloren hatten, lagen sie er-
schlossen, die Produktionsraten für alle zi- Faury mit einer Rückkehr zum alten Ni- den nach Vorlage von Quartalszahlen die neut mit einem Minus von 9,3 Prozent am
vilen Flugzeugprogramme um rund ein veau zwischen 2023 und 2025, bei den klei- Aktien der Autobauer. Volkswagen legten Dax-Ende. Für Unruhe sorgte die For-
Drittel zu reduzieren. Wenn das nicht aus- neren Jets schon früher. Wichtige Entwick- um 5,3 Prozent zu. Trotz des Gewinnein- derung des Hedgefonds-Manager Chris
reiche, dann werde der zweite Einschnitt lungsprogramme wie der A321XLR wür- bruchs zum Jahresanfang rechnet VW mit Hohn nach der Absetzung von Wirecard-
wahrscheinlich aber weniger tief sein. den fortgesetzt. Forschung und Entwick- einem positiven operativen Ergebnis im Chef Markus Braun.
Zwar hat Airbus im ersten Quartal rund lung für umweltfreundlichere Flugzeuge Gesamtjahr. Daimler-Papiere zogen 4,2 Hoffnungen im Kampf gegen die Lun-
acht Milliarden Euro negativen freien würden ausgesetzt, um Geld zu sparen, Prozent an. Der Konzern erwartet für sei- genkrankheit Covid-19 trieben auch die
Cash-Flow ausgewiesen. Dennoch glaubt später aber „wahrscheinlich schneller“ ne Mercedes-Benz-Autosparte in diesem US-Börsen an. Der Dow Jones gewann 1,9
Finanzchef Dominik Adam, dass Staatshil- wieder hochgefahren. Im ersten Quartal Jahr ein höheres operatives Ergebnis. „Es Prozent. Beim Google-Mutterkonzern Al-
fen nicht nötig sein werden und das Unter- war der Umsatz bei Airbus um 15 Prozent gibt nichts Aufmunterndes bei den bisher phabet stieg der Gewinn im ersten Quar-
nehmen den Abfluss der Liquidität im vier- auf 10,6 Milliarden Euro zurückgegangen. in der Branche gesehenen Automobilzah- tal um 2,6 Prozent auf 6,8 Milliarden Dol-
ten Quartal stoppen kann. Der Konzern machte einen Netto-Verlust len, aber Daimler scheint einen anstän- lar. Der Umsatz erhöhte sich im Jahresver-
Die Krise der Fluggesellschaften und Wegen der Corona-Krise hat Airbus im ersten Quartal Verlust gemacht. Im Bild von 481 Millionen, im Vorjahr war es noch digen Start ins erste Quartal gehabt zu gleich um 13 Prozent. Alphabet-Papiere
Leasingunternehmen hat Airbus ab März ein Techniker im Airbus-Werk in Finkenwerder. FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA ein kleiner Gewinn von 40 Millionen Euro. haben“, sagte Analyst Philippe Houchois legten um 7,9 Prozent zu. rih, reuters

DAX-30 11.014,42 seit 1.1.: -16,87% Tagesverlauf z. Vortag +2,03% M-DAX I 23.245,69 z. Vortag +1,88% S-DAX I 10.494,18 z. Vortag +3,20% Dow Jones I 24.560,02 z. Vortag +1,90% Euro-Stoxx-50 2971,18 seit 1.1.: -20,67% Tagesverlauf z. Vortag +1,33%
12-Monatsverlauf Vortag: 10.795,63 12-Monatsverlauf Vortag: 2932,06

Punkte Punkte Punkte Punkte Punkte

DAX-30 S-DAX DWS Group

Eckert & Ziegler
28,75 9,71 39,99 16,75 1,37
133,10 -0,08 206,00 77,40 1,20
Patrizia Immo.
Pfeiffer Vac.
20,95 3,97 25,54 16,08 0,27
150,60 -0,13 163,30 104,40 2,30
EURO-STOXX-50● / STOXX-EUROPE-50° (ohne dt. Indextitel/Euroländer)
Elmos Semicon. 17,50 -0,23 32,40 15,92 0,52 Rhön-Klinikum 18,08 -0,99 27,40 14,14 0,29
Gewinner 29.4.2020 / Veränderung in € und Prozent zum Vortag Verlierer 29.4.2020 Kurs ± in % 52 Wochen Divi- Encavis 11,18 1,08 11,96 6,01 0,24 RIB Software 28,92 -0,07 29,60 14,84 0,18 Gewinner 29.4.2020 / Veränderung in Währung und Prozent zum Vortag Verlierer
1. MTU Aero Eng. +10,05 8,72 WWWWWWWW 1. Wirecard -9,10 WWWWWWWWW -9,32 15:55h z. Vortag Hoch Tief dende Fielmann 60,50 2,54 76,25 41,90 1,90 S&T (AT)  19,82 5,43 26,18 13,20 0,16 1. UBS +0,62 6,07 WWWWWWWWW 1. Roche GS -10,95 WWWWW -3,10
2. Deutsche Bank +0,48 7,57 WWWWWWW 2. Bayer -2,20 WWWW -3,49 1&1 Drillisch 20,70 2,93 34,26 13,29 0,05 Godewind Immob. 6,41 0,31 6,45 3,54 — SAF Holland (LU) 4,63 4,79 11,29 3,17 0,45 2. Banco Santander +0,12 5,68 WWWWWWWW 2. Novo Nordisk -1,62 WWWWW -2,70
3. Continental +5,16 6,95 WWWWWWW 3. Deutsche Post -0,09 W -0,33 ADO Prop. (LU) 25,90 1,01 49,84 13,00 0,75 Hamborner Reit 8,02 1,66 10,67 7,19 0,46 Salzgitter 12,92 11,81 29,53 7,77 0,55 3. BNP Paribas +1,47 4,95 WWWWWWWW 3. Sanofi -2,25 WWWW -2,43
Adva Optical Netw. 5,86 1,38 8,54 3,89 0,00 Hamburger Hafen 15,26 3,67 25,38 9,68 0,80 Schaeffler 6,38 8,42 10,53 4,14 0,55
29.4.2020 Kurs ± in % 52 Wochen Marktkap. Divi- KGV Aixtron 8,93 0,68 11,59 6,01 0,00 Hornbach Hold. 53,50 0,38 66,10 32,65 1,50 Shop Apotheke (NL) 69,00 -1,85 75,60 28,30 0,00 29.4.2020 Kurs ± in % 52 Wochen Marktkap. Divi- KGV
15:55h z. Vortag Hoch Tief in Mrd. dende 2020 Amadeus Fire 94,70 13,41 162,60 68,80 4,66 Hypoport SE 331,50 -0,75 386,50 180,80 0,00 Sixt St. 61,85 7,38 103,40 33,30 2,15 15:55h z. Vortag Hoch Tief in Mrd.€ dende 2020
Adidas● 211,00 2,73 WWW 317,45 162,20 42,29 3,35 19,27 BayWa v. Na. 27,65 0,73 29,50 20,70 0,90 Indus 28,85 2,67 47,60 20,75 1,50 SMA Solar Techn. 29,54 3,79 40,00 17,84 0,00 ABB (CH) ° 18,72 2,38 WWWW 24,69 14,11 40,59 0,80 CHF 18,09
Allianz●° 171,28 2,10 WWW 232,60 117,10 71,45 9,00 8,46 Befesa (LU) 29,30 4,46 39,05 22,75 1,32 Instone Real 18,38 1,88 27,70 13,56 0,00 SNP Schneider-Nied. 54,80 -1,08 74,00 21,70 0,00 Ahold (NL) ● 22,80 WW -0,91 24,37 18,38 25,10 0,76 13,14
BASF●° 49,05 3,77 WWWW 73,27 37,36 45,05 3,20 10,94 Bertrandt 36,90 1,93 71,20 25,00 1,60 Isra Vision 49,66 1,89 51,20 29,70 0,18 Stabilus (LU) 38,20 1,54 64,55 28,62 1,00 ●
Air Liquide (FR) ° 119,10 WW -0,63 142,35 95,00 56,34 2,65 21,58
Bayer●° 60,82 WWWW -3,49 78,34 44,86 59,75 2,80 8,25 Bilfinger Berger 17,31 8,19 35,32 12,64 1,00 Jenoptik 18,75 3,31 35,25 12,99 0,35 Steinhoff Intern. (NL) 0,06 -1,06 0,14 0,02 0,00
Borussia Dortmund 6,52 2,44 10,04 4,34 0,06 Amadeus IT (ES) ● 42,67 WWW -1,25 78,40 36,89 18,40 1,18 14,38
Beiersdorf 94,66 W -0,25 117,25 77,62 23,85 0,70 26,20 Jost Werke 26,10 5,24 39,60 18,62 1,10 Ströer 60,40 9,03 78,65 37,00 2,00
Anheuser Busch Inb. (BE) ●° 44,03 3,53 WWWWWW 92,56 29,30 88,91 1,80 10,60
BMW● 55,82 6,10 WWWWWW 77,06 36,60 33,60 3,50 5,95 Ceconomy 2,37 5,71 6,16 1,69 0,00 Jungheinrich 16,77 7,43 30,82 10,06 0,50 Südzucker 12,54 2,03 17,16 9,97 0,20
Continental 79,42 6,95 WWWWWWW 149,26 51,45 15,88 4,75 6,92 Cewe Color 95,60 3,46 111,80 74,10 1,95 Klöckner & Co. 3,90 6,45 6,59 2,61 0,30 Takkt 7,65 3,38 14,30 5,73 0,85 ASML Holding (NL) ●° 274,65 1,31 WWW 293,75 165,34 116,91 2,10 31,77
Covestro 31,74 4,03 WWWW 48,90 23,54 5,81 2,40 10,14 Corestate Capital (LU) 18,91 4,94 45,80 16,67 0,00 Koenig & Bauer 19,20 4,58 44,30 14,42 1,00 Talanx 33,52 3,33 48,38 21,42 1,45 AstraZeneca (UK) ° 94,94 0,94 WW 96,47 64,57 124,55 2,80 USD 24,18
Daimler●° 31,91 4,92 WWWWW 59,26 21,02 34,13 3,25 6,06 Dermapharm 41,70 0,23 42,73 28,06 0,77 Krones 58,35 5,71 83,85 41,92 1,70 Traton 13,88 2,83 27,35 11,00 0,00 AXA (FR) ●° 16,30 1,89 WWW 25,61 11,85 39,68 1,34 5,71
Deutsche Bank 6,88 7,57 WWWWWWW 10,37 4,45 14,21 0,11 28,65 Deutz 3,55 2,01 9,05 2,62 0,15 KWS Saat 51,70 2,78 65,50 39,15 0,67 Vossloh 34,50 0,29 42,50 23,60 1,00 Banco Bilb. (BBVA) (ES) ● 2,91 1,18 WWW 5,36 2,51 19,41 0,26 4,53
Deutsche Börse● 139,40 0,22 W 158,90 92,92 26,49 2,70 21,77 DIC Asset 12,52 6,46 17,40 6,69 0,66 Leoni 6,71 4,93 20,70 5,20 0,00 Wacker Chemie 54,56 4,84 80,80 30,04 2,50 Banco Santander (ES) ●° 2,17 5,68 WWWWWWWW 4,49 1,87 36,03 0,23 4,46
Deutsche Post● 27,55 W -0,33 35,00 19,10 34,07 1,15 11,07 DMG Mori Seiki 41,25 -0,24 45,65 38,80 1,03 LPKF Laser 20,50 0,74 25,70 6,42 0,00 Wacker Neuson 11,52 3,23 25,16 7,80 1,10 BAT (UK) ° 36,43 0,66 WW 41,30 25,49 83,57 195,2 GBp 9,40
Deutsche Telekom●° 13,24 2,60 WWW 16,75 10,41 63,02 0,70 11,43 Drägerwerk Vz. 81,40 0,99 108,50 38,32 0,19 New Work 210,00 0,48 380,50 162,00 5,70 Washtec 37,05 4,07 70,80 28,85 2,45 BNP Paribas (FR) ●° 31,04 4,95 WWWWWWWW 54,18 24,54 38,79 3,02 4,91
Eon 9,01 2,04 WWW 11,56 7,60 23,79 0,43 14,05 Dt. Beteiligung 31,50 3,96 42,50 22,20 1,50 Nordex konv. 7,55 2,37 14,95 5,55 0,00 Wüstenrot Württemb. 16,44 2,24 19,98 11,10 0,65 BP (UK) ° 3,85 2,94 WWWWW 6,47 2,44 78,11 31,40 GBp 7,73
Fres.Med.Care 71,34 0,00 81,10 53,50 21,72 1,17 15,24 Dt. Euroshop 13,27 1,92 27,76 9,47 1,50 Norma Group 21,48 4,99 42,64 14,38 1,10 zooplus 114,00 0,00 126,80 65,10 0,00 CRH Plc (IE) ● 27,80 1,61 WWW 36,91 16,90 21,95 0,72 11,90
Fresenius● 39,85 1,40 WW 52,32 24,25 22,21 0,80 11,01 ●
Danone (FR) 61,46 WWW -1,76 82,38 51,56 42,17 1,94 14,61
Heidelbg.Cement 44,37 6,05 WWWWWW 73,32 29,00 8,80 2,10 6,45
Henkel Vz. 80,58 0,55 W 97,80 62,24 14,36 1,85 15,35 Diageo (UK) ° 31,60 WW -1,05 40,17 23,48 73,97 65,30 GBp 18,66
●
Infineon
Linde PLC (IE) ●°
17,40
173,85
5,52 WWWWWW
1,10 WW
23,07 10,13
208,60 130,45
21,77
93,39
0,27
2,83
17,06
23,45
WEITERE AKTIEN Elmos Semicon.
ElringKlinger NA
17,44
5,14
-0,46 32,15 16,04 0,52
4,58 9,45 3,38 0,00
Philip Morris (US)
PNE Wind
71,77
4,35
0,24
0,35
82,50
5,46
52,88
2,37
4,68
0,04
Enel (IT) °
Engie (FR) ●
6,17
9,87
0,31 W
4,78 WWWWWWW
8,58
16,78
5,20
8,66
62,72
24,05
0,28
0,75
11,86
8,56
Lufthansa 8,30 2,54 WWW 21,93 7,02 3,97 0,80 2,54 Epigenomics 1,37 -1,44 2,11 0,85 0,00 Porsche Vz. 47,46 5,77 70,62 28,48 2,21 ●
Eni (IT) ° 8,96 3,21 WWWWW 15,25 6,29 32,57 0,83 7,49
Merck 107,75 0,14 W 125,95 76,22 13,93 1,25 16,73 29.4.2020 Kurs ± in % 52 Wochen Divi- PSI 19,60 -1,75 23,50 12,00 0,25 ●
Equinor (NO) 12,50 4,26 19,87 7,88 9,70 EssiliorLuxottica (FR) 111,10 2,49 WWWW 145,00 88,00 48,58 2,04 23,23
MTU Aero Eng. 125,30 8,72 WWWWWWWW 289,30 97,76 6,54 2,85 11,11 15:55h z. Vortag Hoch Tief dende
Ericsson B (SE) 7,75 1,44 9,01 5,57 1,50 PVA TePla 9,53 2,36 16,78 5,94 0,00 GlaxoSmithKline (UK) ° 19,41 WW -0,93 22,02 14,73 96,82 0,92 GBp 14,06
Münchner Rück● 219,40 3,49 WWWW 284,20 141,10 31,66 9,25 10,74 3D Systems (US) 7,63 — 11,63 4,80 0,00 Eurofins (LU) 486,20 4,58 517,50 348,00 2,88 QSC 1,17 0,34 1,78 0,82 0,03 HSBC (UK) ° 4,88 1,74 WWW 8,00 4,41 99,04 0,50 USD 7,64
RWE 26,38 2,37 WWW 34,64 20,05 16,22 0,70 15,34 4SC 1,68 -2,89 3,30 1,06 0,00 Euromicron 0,01 12,31 5,12 0,01 0,00 Qualcomm (US) 71,80 1,24 86,74 55,06 2,48 ●
Iberdrola (ES) ° 9,10 0,35 W 11,40 7,84 57,89 0,41 16,11
SAP●° 108,82 W -0,02 129,60 82,13 133,69 1,50 19,62 Adler Mode 3,12 0,00 5,14 2,64 0,05 Ferrari (NL) 145,50 0,17 167,10 112,00 1,13 Raiffeisen Int. (AT) 15,90 2,85 24,30 10,80 0,93
Siemens ●° 87,05 2,56 WWW 119,90 58,77 73,99 3,90 10,64 Inditex (ES) ● 23,75 1,80 WWW 32,20 18,51 74,02 0,75 18,02
Adler Real Estate 13,62 3,34 14,18 5,00 0,00 Ferratum Oyj (FI) 5,02 11,06 14,40 2,71 0,00 Renault (FR) 19,06 5,58 61,23 12,86 0,00
Volkswagen Vz.● 133,18 5,68 WWWWWW 187,74 79,38 27,46 4,86 4,60 ING Group (NL) ●° 5,32 3,46 WWWWWW 11,41 4,25 20,72 0,68 4,26
Adyen (NL) 868,60 -0,53 895,20 575,00 0,00 Fiat Chrysler (NL) 7,96 0,42 14,72 5,76 0,00 Repsol (ES) 8,37 7,37 15,09 6,00 0,92
Vonovia 44,30 0,00 54,48 36,71 24,02 1,44 19,14 Aegon (NL) 2,42 2,98 4,77 1,56 0,29 Intesa Sanpaolo (IT) ●° 1,47 WW -0,65 2,63 1,32 25,71 0,20 6,41
Wirecard 88,50 WWWWWWWWW -9,32 162,30 79,68 10,94 0,20 15,07 First Sensor 37,00 -0,27 38,80 20,90 0,20 Roche Inh. (CH) 340,00 -2,97 353,40 255,00 9,00 Kering (FR) ● 459,30 WW -1,04 616,50 357,45 58,00 10,50 16,03
Air France KLM (FR) 4,53 1,82 10,98 3,87 0,00 Ford (US) 4,97 1,01 9,34 3,74 0,00 Rosneft GDR (RU) 4,13 2,00 7,10 2,65 0,42
Akamai (US) 86,83 -9,95 103,00 64,70 0,00 Lloyds Banking (UK) ° 0,39 3,68 WWWWWW 0,82 0,32 27,46 1,12 GBp 4,89
ANZEIGE Fortec 15,20 0,66 22,40 12,05 0,70 Ryanair (IE) 10,46 6,82 16,71 8,00 0,00
L’Oréal (FR) ●° 253,90 0,40 WW 280,00 198,95 141,70 3,85 29,94
Akasol 38,54 -1,19 51,00 24,56 0,00 Francotyp-Post. 2,90 -2,36 4,18 2,65 0,03 Saint Gobain (FR) 23,88 0,25 39,55 16,55 1,38
Alibaba ADR (CN) 188,40 2,28 208,00 132,00 0,00 LVMH (FR) ●° 357,55 WW -0,40 443,00 279,50 180,72 6,00 21,90
Freeport-McM. (US) 8,33 1,33 12,17 4,55 0,00 Samsung El. GDR 950,00 -0,52 1215,0 767,00 1416
Align (US) 191,46 3,63 296,90 128,00 0,00 Fuchs Petrol. 32,00 0,95 40,60 24,15 0,94 Samsung El. Vz GDR 811,00 0,50 1028,0 621,00 1417 National Grid (UK) ° 10,82 0,65 WW 12,90 8,75 37,66 47,34 GBp 15,28
Nestle (CH) ° 102,76 WWW -1,29 113,20 83,37 305,81 2,45 CHF 22,89
Altria (US) 38,31 1,16 47,95 28,87 3,36 Gazprom ADR (RU) 4,81 3,48 7,67 3,65 0,53 Sartorius 261,00 -4,74 274,00 140,00 0,61
Amgen (US) 218,70 -1,99 224,95 148,10 6,40 Geely (CN) 1,44 3,33 1,91 1,18 0,25 Sberbank ADR (RU) 9,70 1,46 15,84 7,60 0,98 Nokia (FI) ● 3,20 0,23 W 5,12 2,09 18,06 0,00 12,91
Anglo American (UK) 17,05 1,95 26,61 11,42 75,60 Novartis (CH) ° 84,67 WWWW -2,40 96,38 65,09 213,99 2,95 CHF 16,00
General Motors (US) 20,96 0,19 37,78 14,25 1,52 Schaltbau 26,60 -0,75 37,10 22,60 0,00
Applied Mats. (US) 48,33 1,29 63,23 33,83 0,88 Novo Nordisk (DK) ° 58,47 WWWWW -2,70 60,67 41,46 108,90 7,85 DKK 23,15
Generali (IT) 13,02 -0,31 19,55 10,32 0,95 Secunet 150,00 1,35 153,00 87,80 1,13
Arcelor-Mittal (LU) 10,11 5,97 19,11 6,00 0,20 Gesco 15,20 4,11 26,20 9,96 0,46 Senvion (LU) 0,01 -60,94 1,14 0,00 0,00 Orange (FR) ● 11,15 0,22 W 15,23 9,02 29,65 0,65 10,45
AT & S (AT) 14,76 1,93 23,44 9,06 0,60 GFT Techn. 8,80 0,00 14,32 5,76 0,30 SGL Carbon 2,79 2,01 8,15 2,08 0,00 Philips (NL) ● 39,48 WWWW -2,18 45,83 27,17 35,74 0,85 18,77
Atoss Softw. 185,00 1,37 194,00 100,00 4,00 Shopify (CA) 590,60 0,54 618,60 217,55 0,00 Prudential (UK) ° 13,00 W -0,19 18,24 7,40 33,81 50,13 GBp 7,69
Gigaset 0,26 -6,43 0,48 0,19 0,00
Aumann 10,62 5,15 33,65 6,65 0,20 GK Software 59,20 1,02 86,60 35,00 0,00 Siemens Gamesa (ES) 13,66 2,02 17,00 10,88 — Reckitt Benckiser (UK) ° 73,24 WWWW -1,90 78,75 58,62 51,97 102,3 GBp 19,38
Baader Bank 1,64 2,50 1,70 0,90 0,00 Glencore (JE) 1,77 5,41 3,53 1,19 0,20 Singulus 4,17 1,46 10,08 2,42 0,00 Relx (UK) ° 21,22 1,19 WWW 25,37 15,49 41,13 45,70 GBp 18,77
Baidu ADR (US) 89,60 -0,99 151,00 75,50 0,00 Grammer 22,70 3,18 38,90 12,62 0,75 Sixt Leasing 18,28 -1,30 19,00 9,22 0,48 Rio Tinto (UK) ° 44,50 2,22 WWWW 56,53 32,70 55,63 300,8 GBp 8,60
M-DAX Roche GS (CH) ° 341,80 WWWWW -3,10 357,85 255,95 240,14 9,00 CHF 17,50
Royal Dutch Shell (UK) ° 17,18 2,55 WWWW 29,40 9,96 71,40 1,63 7,05
Gewinner 29.4.2020 / Veränderung in € und Prozent zum Vortag Verlierer Safran (FR) ●° 84,72 3,07 WWWWW 151,20 51,54 34,66 1,82 11,96
Sanofi (FR) ●° 90,26 WWWW -2,43 95,00 68,31 113,11 3,07 14,40
1. Dürr
2. Airbus
+1,62 8,49 WWWWWWWWW
+4,28 8,08 WWWWWWWWW
1. TeamViewer
2. LEG Immobilien
-1,10
-2,08
WWWW
WWW
-2,66
-1,94
LEITBÖRSEN IM ÜBERBLICK ME(S)Z 15:55h, * Index vom Vortag Schneider Electric (FR) ●° 85,24 0,26 W 105,00 64,24 49,61 2,35 15,83
3. Hella +2,52 7,93 WWWWWWWW 3. CompuGroup Med. -1,20 WWW -1,64 Societe Generale (FR) ● 15,30 4,22 WWWWWWW 32,02 12,85 13,06 2,20 3,98
Telefónica (ES) ● 4,16 2,16 WWWW 7,58 3,55 21,60 0,40 5,99
29.4.2020 Kurs ± in % 52 Wochen Marktkap. Divi- KGV S&P-TSX RTS Index Total (FR) ●° 33,78 2,78 WWWWW 50,80 20,70 87,88 2,56 7,09
15:55h z. Vortag Hoch Tief in Mrd. dende 2020 15.026,32 1143,96 UBS (CH) ° 10,76 6,07 WWWWWWWWW 13,77 7,00 41,50 0,70 CHF 9,21
+1,54% FTSE-100 DAX-30 +3,10%
Aareal Bank 14,55 0,55 WW 31,90 12,28 0,87 2,10 5,60 6093,68 11.014,42 Unilever NV (NL) ●° 45,34 W -0,18 57,83 38,27 66,23 1,64 16,60
Airbus (NL) ●° 57,27 8,08 WWWWWWWWW 139,40 47,70 44,76 0,00 7,87 +2,27% +2,03% Vinci (FR) ●° 75,30 0,19 W 106,75 55,04 45,57 2,67 11,73
Alstria Office 13,72 1,86 WWW 19,09 9,89 2,44 0,52 20,98 Vivendi (FR) ● 19,74 0,48 WW 26,40 17,05 23,38 0,60 15,54
Aroundtown Property (LU) 5,06 3,43 WWWW 8,88 2,88 6,19 0,25 7,62 Vodafone (UK) ° 1,35 4,30 WWWWWWW 1,97 1,03 36,14 0,09 12,74
Aurubis 47,44 3,13 WWWW 58,00 30,05 2,13 1,25 11,42 Zurich Insurance (CH) ° 318,20 1,08 WW 439,90 248,70 47,61 20,00 CHF 11,45
Bechtle 135,00 1,81 WWW 149,00 79,35 5,67 1,00 30,61
Boss 25,75 3,50 WWWW 65,18 19,11 1,81 2,70 7,21 Dow Jones
Nikkei 225
Brenntag
Cancom IT
41,52
46,20
2,62 WWW
0,00
50,82
57,10
28,68
31,20
6,41
1,78
1,20
0,50
13,04
23,81
24.560,02
+1,90% 19.771,19* DOW JONES
Carl Zeiss Med. 90,70 1,17 WW 122,10 67,70 8,11 0,55 34,57 -0,06%
Commerzbank 3,56 3,67 WWWW 8,22 2,80 4,46 0,20 5,55 S&P-500 Gewinner 29.4.2020 / Veränderung in $ und Prozent zum Vortag Verlierer
Stoxx-Europe-50 1. VISA Inc. +8,45 4,93 WWWWWWWWW 1. Walmart Inc. -4,14 WWWWWW -3,23
CompuGroup Med.  71,80 WWW -1,64 75,70 46,46 3,82 0,50 27,84 2925,99 2904,31
CTS Eventim 40,76 4,94 WWWWWW 61,55 25,54 3,91 0,62 25,44 +2,19% 2. American Express +4,19 4,75 WWWWWWWWW 2. Procter & Gamble -1,15 WWW -0,98
Bovespa CAC-40 +0,39% Hang-Seng 3. Boeing +6,20 4,72 WWWWWWWWW 3. Johnson&Johnson -1,00 WW -0,66
Delivery Hero 77,44 WW -1,27 81,62 36,89 14,62 0,00 —
Dt. Pfandbriefbank 6,91 0,80 WW 15,74 5,83 0,93 1,00 6,29 Nasdaq-100 81.393,50 4631,80 24.611,55
Dt. Wohnen 36,88 0,66 WW 41,07 27,66 13,27 0,87 25,81 8894,13 +0,47% +1,36% +0,14% 29.4.2020 Kurs NY ± in % 52 Wochen MK in Divi- KGV Kurs FFM
Dürr 20,70 8,49 WWWWWWWWW 42,26 15,72 1,43 1,00 8,77 +2,50% 15:55h z. Vortag Hoch Tief Mrd.$ dende 2020 15:55h
Evonik Industries 23,17 1,85 WWW 27,59 15,13 10,80 1,15 13,00 3M (US) 157,92 0,20 W 187,72 114,04 91 5,88 16 145,82
Evotec 22,79 0,31 W 27,29 17,17 3,44 0,00 65,68 American Express (US) 92,38 4,75 WWWWWWWWW 138,13 67,00 76 1,72 10 84,98
AEX Niederlande 524,98 +0,96% IBEX 35 Spanien 6991,2 +2,26% OMX Schweden 601,60 +0,69% Shanghai Comp. China 2822,4 +0,44%
Fraport 39,40 4,90 WWWWWW 79,26 27,59 3,64 2,00 7,79 Apple Inc. (US) 286,59 2,88 WWWWWW 327,85 170,27 1273 3,08 19 264,80
Freenet 17,47 3,22 WWWW 21,64 13,67 2,24 1,65 9,70 All Ordinaries Australien 5463,8 +1,53% Istanbul SE Türkei 100.707,5* -0,55% OMXC 20 Dänemark 1167,6 -1,01% SMI Schweiz 9836,7 -0,53% Boeing (US) 137,50 4,72 WWWWWWWWW 391,00 89,00 77 0,00 7,8 126,48
Fuchs Vz. 37,08 1,64 WWW 45,76 25,56 2,58 0,95 20,60 ATX Österreich 2242,6 +3,60% MSCI-World Welt 2023,4* +0,04% PX Tschechien 881,84 +1,69% Tec-DAX Deutschland 2865,8 +0,40% Caterpillar (US) 118,16 2,34 WWWWW 150,55 87,50 65 4,12 11 107,60
GEA Group 21,19 2,57 WWW 30,32 13,16 3,82 0,85 15,92 FTSE MIB Italien 17.954,7 +1,57% OBX Oslo Norwegen 706,75 +1,94% S&P BSE Sensex Indien 32.114,5* +1,17% WIG 20 Polen 1652,1 +3,63% Chevron Corp. (US) 93,13 3,58 WWWWWWW 127,00 51,60 176 5,16 14 85,62
Gerresheimer 72,55 0,90 WW 74,80 50,65 2,28 1,15 17,20 Cisco Systems (US) 43,12 1,48 WWW 58,26 32,40 183 1,44 13 39,70
Grand City Properties (LU) 19,18 WW -0,78 24,00 13,82 3,22 0,77 16,01 Coca Cola (US) 47,21 1,01 WWW 60,13 36,27 202 1,64 21 43,38
Grenke 65,30 3,65 WWWW 104,40 40,50 3,03 0,80 19,18 Disney Co. (US) 110,15 3,71 WWWWWWW 153,41 79,07 199 1,76 18 100,86
Hannover Rück 147,60 1,93 WWW 192,80 98,25 17,80 5,25 13,76 Ballard Power (CA) 9,50 -0,25 14,29 2,87 0,00 H&R 3,91 -1,64 7,78 3,43 0,00 Sixt Vz 40,70 2,52 69,00 27,20 2,17 Dow Inc. (US) 37,43 4,35 WWWWWWWW 56,49 21,95 28 2,80 9,0 34,03
Hella 34,30 7,93 WWWWWWWW 50,85 20,24 3,81 3,35 10,28 Exxon Mobil (US) 46,58 3,58 WWWWWWW 78,50 30,11 197 3,48 13 42,90
Hello-Fresh 33,30 WW -1,54 36,16 8,00 — 0,00 — Bank of America (US) 22,79 1,76 32,45 17,00 0,72 Halliburton (US) 9,41 8,75 24,92 4,08 0,72 Softbank (JP) 40,37 1,32 49,90 22,50 44,00
Goldman Sachs (US) 193,65 3,55 WWWWWWW 250,46 130,85 69 4,15 8,1 177,70
Hochtief 73,75 0,61 WW 134,60 41,58 5,21 4,98 7,48 Barclays (UK) 1,28 13,94 2,29 0,85 3,00 Hapag Lloyd 132,80 -5,14 169,60 23,65 0,15 Sony (JP) 59,53 2,64 66,78 42,00 45,00 Home Depot (US) 222,03 2,02 WWWW 247,36 140,63 242 6,00 21 205,30
K+S 6,27 2,32 WWW 18,40 4,50 1,20 0,25 6,96 Barrick Gold (CA) 24,66 -1,18 26,29 10,43 0,39 Harley Davidson (US) 20,60 3,75 36,42 13,76 1,52 Spotify (LU) 147,32 13,92 147,32 100,60 0,00 IBM (US) 128,66 1,89 WWWW 158,75 90,56 114 6,48 9,7 118,55
Kion 46,91 6,66 WWWWWWW 66,64 33,20 5,54 1,20 10,85 Basler 43,10 0,23 58,30 32,95 0,51 Harmony Gold (ZA) 3,33 0,79 4,22 1,39 0,00 STMicroelectron (NL) 24,85 1,89 29,78 13,20 0,22 Intel (US) 60,13 2,34 WWWWW 69,29 42,86 262 1,32 13 54,92
Knorr-Bremse 85,59 0,14 W 101,20 70,79 13,80 1,75 21,78 Bastei Lübbe 1,91 -1,55 3,15 1,30 0,10 Hawesko 31,30 -0,32 39,20 21,70 1,30 Stratec 84,70 0,83 92,80 49,00 0,82 Johnson&Johnson (US) 150,39 WW -0,66 157,00 109,16 396 4,04 17 138,68
Lanxess 46,03 2,52 WWW 64,58 25,68 4,03 0,90 10,89 Bauer 10,42 -4,40 24,40 9,50 0,10 Heidelbg.Druck 0,67 6,98 1,73 0,49 0,00 STS Group 3,23 2,87 10,70 1,98 0,00 JP Morgan Chase (US) 99,11 4,01 WWWWWWWW 141,10 76,91 311 3,60 9,3 89,40
LEG Immobilien 104,90 WWW -1,94 118,55 75,12 7,24 3,53 17,36 BayWa NA 30,40 -1,94 34,00 25,40 0,90 Henkel 70,75 0,64 90,10 55,00 1,83 Surteco 19,75 0,00 27,30 14,68 0,55 McDonald’s (US) 189,25 1,79 WWWW 221,93 124,23 143 5,00 22 173,58
Metro St. 8,32 4,86 WWWWWW 16,35 6,10 3,00 0,70 8,84 BB Biotech (CH) 61,65 0,65 70,90 41,78 3,30 Hennes&Mauritz (SE) 13,00 4,50 20,01 9,29 0,00 Süss Microtec 8,49 -2,53 13,60 5,69 0,00 Merck & Co. (US) 81,18 0,00 92,64 65,25 207 2,44 14 75,60
MorphoSys 95,58 3,31 WWWW 146,30 65,25 3,05 0,00 — Bet-at-Home 40,25 4,95 74,50 17,86 6,50 Holidaycheck 1,27 2,42 3,15 0,82 0,04 Microsoft (US) 173,88 2,40 WWWWW 190,70 119,01 1326 2,04 29 160,50
Nemetschek 56,00 3,61 WWWW 69,05 32,46 6,47 0,27 55,56 Swatch Group (CH) 201,80 2,49 311,20 151,00 5,50
BHP Group (UK) 15,90 3,05 23,07 10,74 112,7 Home 24 3,39 4,02 6,25 2,13 0,00 Nike (US) 90,78 2,23 WWWWW 105,62 60,00 113 0,88 26 82,71
Osram Licht 38,36 1,91 WWW 48,08 20,50 2,32 0,00 36,53 Swiss Re (CH) 72,42 0,36 117,05 52,68 5,90 Pfizer (US) 38,00 0,22 W 44,56 27,88 210 1,52 14 35,00
Biofrontera 2,75 -1,43 8,13 2,35 0,00 Hornbach Baumarkt 19,96 -0,70 23,40 12,50 0,68
Pro Sieben Sat 1 9,61 4,16 WWWWW 15,95 5,72 2,24 1,19 5,05 Technotrans 12,78 2,24 24,55 9,66 0,88 Procter & Gamble (US) 115,74 WWW -0,98 128,09 94,34 289 3,16 22 106,50
Biogen (US) 283,25 -0,25 320,50 194,70 0,00 Innogy 43,18 -0,46 46,95 39,70 1,40
Puma 57,80 4,86 WWWWWW 84,30 40,00 8,72 0,35 27,35 Biotest 20,40 -1,92 25,00 17,00 0,00 Intershop Communic. 3,10 13,14 4,17 1,40 0,00 Tele Columbus 2,41 4,10 3,67 1,26 0,00 Raytheon Technol. (US) 66,78 2,13 WWWW 93,45 40,71 58 2,94 7,6 61,83
Qiagen (NL)  38,17 W -0,31 39,19 22,54 8,64 0,00 28,13 Biotest Vz. 20,30 1,00 27,00 17,70 0,04 JD.com ADR (CN) 40,10 -0,74 45,10 22,90 0,00 Tencent (CN) 49,76 0,32 49,90 36,00 1,20 Travelers Comp. (US) 105,00 0,68 WW 155,09 76,99 27 3,40 9,7 95,93
Rational 466,20 5,76 WWWWWW 740,00 377,20 5,30 9,50 28,12 Blackrock (US) 467,30 1,01 529,80 300,00 14,52 Kellogs (US) 60,93 0,30 64,42 45,94 2,28 Teva ADR (IL) 10,06 0,20 14,10 5,52 0,00 UnitedHealth (US) 290,82 0,85 WW 306,72 187,72 276 4,32 18 265,00
Rheinmetall 62,08 3,05 WWWW 118,60 43,23 2,70 2,10 8,74 Texas Instruments (US) 107,30 -0,46 123,16 83,29 3,60 Verizon (US) 57,92 0,15 W 62,22 48,84 240 2,46 12 53,39
Rocket Internet 19,19 0,10 W 26,40 16,00 2,89 0,00 — BMW Vz 45,02 5,58 66,35 30,98 3,52 KPS 5,32 0,38 8,81 4,75 0,35
TLG Immobilien 16,44 2,56 31,55 10,98 0,91 VISA Inc. (US) 179,70 4,93 WWWWWWWWW 214,17 133,93 308 1,20 25 165,28
RTL Group (LU) 31,74 3,05 WWWW 51,70 26,88 4,91 0,00 7,10 Bombardier B (CA) 0,30 8,28 1,62 0,25 0,00 KUKA 37,00 2,21 58,90 22,50 0,15
Tom Tailor 0,97 -3,48 2,45 0,73 0,00 Walgreens Boots (US) 44,83 0,40 WW 64,50 39,41 40 1,83 7,3 42,19
Sartorius Vz 254,60 W -0,16 273,00 157,30 9,53 0,62 71,08 Booking (US) 1383,8 4,82 1882,8 1047,4 0,00 LafargeHolcim (CH) 40,86 4,69 54,00 28,30 2,00 Walmart Inc. (US) 123,86 WWWWWW -3,23 133,38 98,85 351 2,16 24 114,86
Scout24 59,50 0,25 W 65,75 42,00 6,40 0,56 29,85 Brain 9,20 1,32 14,28 5,50 0,00 Leifheit 19,30 -0,77 25,30 15,32 1,05 Tomra Systems (NO) 30,61 -0,78 33,46 18,85 4,50
Siemens Healthineers 40,67 WW -1,18 45,20 28,50 40,67 0,70 19,99 BYD CO. (CN) (CN) 5,70 5,36 6,40 4,02 0,20 Lockheed Martin (US) 360,45 2,01 406,15 249,15 9,60 Toshiba (JP) 22,26 0,13 32,91 16,85 20,00
Siltronic 81,16 1,63 WWW 109,10 46,56 2,43 5,00 12,53 Carrefour (FR) 13,96 0,98 18,06 12,26 0,23 Ludwig Beck 27,00 -0,74 30,60 23,40 0,00 Toyota Motor (JP) 57,50 -0,86 66,00 46,00 220,0 WEITERE US-AKTIEN
Software AG 32,26 1,26 WW 35,03 21,60 2,39 0,71 15,08 Ceconomy Vz 3,20 13,48 5,70 1,90 0,00 Lukoil ADR (RU) 61,64 4,37 99,16 42,10 5,56 Tui AG 3,86 7,16 12,71 2,45 0,54 Adobe (US) 340,65 2,16 WWW 386,75 255,13 165 0,00 30 316,00
Symrise 93,20 0,54 WW 100,05 71,20 12,62 0,90 32,34 Cenit Syst. 9,46 0,85 14,95 7,58 0,60 Manz 14,55 -3,00 27,95 10,30 0,00 Unibail Rodamco Wfd. (FR) 54,00-2,42 154,45 46,00 10,80 Adv. Micro Devices (US) 53,54 WWWWW -3,55 59,27 26,03 60 0,00 49 49,49
TAG Immob. 19,85 1,43 WW 25,18 14,16 2,91 0,75 17,46 Centrotec 11,52 5,49 17,70 9,70 0,30 MAX Automation 2,86 -2,39 5,58 2,43 0,00 UniCredit (IT) 7,31 0,15 14,42 6,44 0,00 Alphabet Inc. A (US) 1330,9 7,98 WWWWWWWWW 1530,7 1008,9 399 0,00 22 1225,6
TeamViewer  40,24 WWWW -2,66 43,40 21,38 8,05 0,00 52,95 Citigroup (US) 45,74 4,78 74,35 31,35 2,04 MBB Industries 64,00 -2,14 78,60 44,45 1,32 Vale (BR) 7,32 0,00 12,30 6,00 0,43 Amazon (US) 2346,2 1,39 WW 2461,0 1626,0 1163 0,00 60 2162,5
Telefonica Deutschland 2,59 1,21 WW 2,97 1,72 7,69 0,27 — Colgate Palm. (US) 66,13 0,20 71,42 55,00 1,76 Medigene 4,30 -2,82 9,10 2,98 0,00 Vapiano 0,32 6,64 6,34 0,21 0,00 AT&T (US) 31,44 2,56 WWWW 39,70 26,08 230 2,08 8,7 28,64
Thyssenkrupp 6,13 5,58 WWWWWW 14,47 3,28 3,82 0,00 5,57 Comdirect 13,10 -0,46 14,20 8,90 0,25 Medtronic (IE) 92,06 0,26 110,85 66,74 2,16 Berkshire Hath. B (US) 190,33 1,72 WWW 231,61 159,50 263 0,00 18 174,98
Uniper 24,38 1,25 WW 30,64 20,76 8,92 0,90 13,72 Va-Q-Tec 12,45 5,96 14,95 6,76 0,00
Conoco Philips (US) 36,50 2,70 60,20 20,90 1,68 Metro Vz 8,28 2,73 14,25 7,52 0,70 Facebook (US) 193,85 5,98 WWWWWWW 224,20 137,10 466 0,00 19 178,08
United Internet  31,56 W -0,03 36,73 20,76 6,47 0,05 13,68 Veolia Envir. (FR) 19,90 2,37 29,03 16,23 0,50
Credit Suisse (CH) 8,98 3,41 13,80 6,18 0,14 MLP 4,52 -4,14 5,98 3,80 0,20 General Electric (US) 6,89 1,31 WW 13,26 5,90 60 0,04 10 6,23
Varta 77,45 3,27 WWWW 128,00 38,60 3,13 0,00 38,19 MVV Energie 26,80 0,00 29,30 22,50 0,90
Verbio 8,21 -2,61 13,44 6,24 0,20 Gilead Sciences (US) 81,20 3,21 WWWW 85,97 60,89 103 2,72 12 74,86
CropEnergies 7,20 -0,55 12,00 5,18 0,15
Zalando 44,82 2,33 WWW 49,09 27,33 11,33 0,00 83,62 Vestas Wind (DK) 78,62 -1,90 97,82 63,74 7,93 Kraft Heinz Co (US) 30,42 W -0,03 33,43 19,99 37 1,60 12 28,02
Danaher Corp. (US) 152,02 -0,50 158,58 112,34 0,72 Newmont Corp. (US) 56,91 0,53 59,65 26,60 0,56
Villeroy&Boch Vz. 11,40 3,64 16,25 8,32 0,60 MasterCard (US) 283,78 7,25 WWWWWWWW 347,25 199,99 283 1,60 31 261,20
Deag 2,75 -7,09 6,24 2,75 0,00 Nexus 35,20 1,44 38,20 21,00 0,17
Weitere Kursinformationen
finden Sie unter SZ.de/boerse Deere (US)
Delticom
Dialog (UK)
130,48
2,47
28,88
-1,38
-3,14
4,07
165,64
6,90
48,60
99,01 3,04
2,18 0,00
17,30 0,00
NFON
Nintendo (JP)
OHB Technology
11,15
397,60
34,10
0,31
-0,10
2,25
13,31 7,93 0,00
408,20 260,00 890,0
49,40 25,75 0,43
Vita 34
Voestalpine (AT)
Volkswagen
11,65 1,30
19,40 2,46
145,70 6,51
14,40 8,10 0,16
29,00 12,76 1,10
184,55 99,00 4,80
Micron Techn. (US)
Netflix (US)
Nvidia (US)
47,30
408,39
296,89
4,39
1,13
1,90
WWWWW
WW
WWW
61,19
449,52
316,32
31,13 53
252,28 179
132,60 182
0,00 9,2
0,00 65
0,64 41
43,50
375,30
273,65
ERLÄUTERUNGEN: Kurse in Euro. Dow-Jones-Aktien und „Weitere US-Aktien“ in US-Dollar, Schweizer Aktien in CHF. Vz. = Vor- Voltabox 4,20 -3,45 15,62 3,09 0,03 PayPal (US) 120,67 3,90 WWWWW 124,45 82,07 142 0,00 35 109,50
zugsaktien ohne Stimmrecht, St. = Stammaktien. ●°= Mitglied im Tec-DAX/Euro-Stoxx-50/Stoxx-Europe-50. Die Kurse der In- Dr. Hönle 37,45 6,09 60,50 24,80 0,80 OMV (AT) 29,54 6,95 55,00 16,15 2,00 Pepsico (US) 134,33 WW -1,46 147,20 101,42 187 3,82 23 124,00
dexmitglieder von Dax, M-Dax und S-Dax basieren auf dem Xetra-Handel, „Weitere Aktien“, Euro-Stoxx-50 sowie Stoxx-Europe-50 Drägerwerk 65,20 1,56 77,60 31,50 0,13 Oracle (US) 50,00 0,45 53,60 36,26 0,96 Wells Fargo (US) 27,60 1,04 49,75 23,41 2,04
Salesforce.com (US) 158,61 2,69 WWWW 195,72 115,29 141 0,00 51 143,62
auf dem Frankfurter Parketthandel, Dow-Jones-Aktien und „Weitere US-Aktien“ Heimatbörse USA. Kurshistorien sind um Kapi- eBay (US) 36,63 -0,58 37,80 24,40 0,64 Österreich. Post (AT) 34,10 0,29 35,55 26,55 2,08 Westag & Get. 25,20 0,00 31,80 23,40 0,12 Snap (US) 17,11 4,27 WWWWW 19,76 7,89 19 0,00 3422 15,43
talmaßnahmen bereinigt. Dividendenzahlungen: jährlich bzw. auf das Jahr hochgerechnet. Die ausgewiesenen Dividenden sind Panasonic (JP) 7,02 -0,20 10,71 5,90 30,00 Westag & Get. Vz 24,00 5,26 27,60 18,05 0,18
die zuletzt gezahlten Dividenden in Euro bzw. der Landeswährung (sh. Länderkürzel hinter dem Aktiennamen). Dividenden der EDF (FR) 6,77 -0,50 13,54 6,05 0,15 Starbucks Corp. (US) 78,33 W -0,46 99,72 50,02 93 1,64 23 71,41
ADRs (= American Depositary Receipt) in US-Dollar, KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis, je höher das KGV, desto Einhell Germany Vz 50,60 6,98 76,80 39,40 1,40 Paragon 11,72 1,74 29,30 7,39 0,25 windeln.de konv. 2,80 -17,65 6,65 0,88 0,00 Tesla (US) 791,61 2,92 WWWW 968,99 176,99 143 0,00 151 721,50
teurer ist die Aktie bezogen auf den Jahresgewinn. Nikkei-Index = © Nihon Keizai Shimbun. Ohne Gewähr. Eli Lilly (US) 144,66 -2,34 153,22 94,66 2,96 Peugeot (FR) 13,22 1,69 26,85 9,43 1,23 Zeal Network 27,85 -0,54 28,80 14,20 0,80 Twitter (US) 30,50 5,92 WWWWWWW 45,86 20,00 24 0,00 33 27,44
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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020 WIRTSCHAFT 25

LEITZINSEN
Basiszins gem. BGB -0,88 seit 29.4.2020
UNTERNEHMENSANLEIHEN
Kupon Name 29.4. Rendite Bonität
Euro steigt vor US-Zinsentscheid WECHSELKURSE
29.4.2020 Sorten 1) Referenzkurs
MÜNZEN UND BARREN
Ankauf Verkauf Ankauf Verkauf
Leitzins EZB 0,00 seit 16.3.2016 1,25 Adidas 14/21 100,15 1,14 — Land Währung Verkauf Ankauf EZB MÜNZEN 29.4. 29.4. 28.4. 28.4.
Leitzins FED 1,00 - 0,25 seit 16.3.2020 5,38 Allianz Fin. unbefr. 06/- 107,00 — A- Der Kurs des Euro ist am Mittwoch vor schnell füllten wie befürchtet. Zudem er- Australien AUD 1,5837 1,7659 1,6734* 20 Mark 350,00 413,60 352,00 416,40
Leitzins Japan -0,10 seit 20.4.2020 3,13 BayWa Notes 19/24 102,65 2,44 — Brasilien BRL 5,0314 6,8733 6,1004*
Leitzins Großbritannien 0,10 seit 19.3.2020 1,00 BMW 15/25 101,63 0,65 —
geldpolitischen Beschlüssen der US-No- warten Analysten nach der Lockerung China CNY 6,9700 8,5759 7,6977*
1/4 oz Britannia 385,50 509,50 388,00 512,80
1 Sovereign Elisab. 355,00 392,80 357,50 395,60
Leitzins Schweiz -0,75 seit 29.4.2020 1,38 Daimler 19/26 99,86 1,40 — tenbank Fed gestiegen. Am Nachmittag der Restriktionen zur Eindämmung des Dänemark DKK 7,1167 7,8727 7,4570* 1 oz Philharmoniker 1543,00 1725,00 1553,50 1737,00
Leitzins China 3,85 seit 20.4.2020 3,50 Dt. Bahn Fin. 10/20 99,82 5,11 AA wurde die Gemeinschaftswährung bei Coronavirus wieder eine anziehende Großbritannien GBP 0,8367 0,9241 0,8708* 100 Österr. Kronen 1469,00 1605,00 1479,00 1616,00
1,25 Dt. Bahn Fin. 15/25 105,64 0,21 AA Hongkong HKD 7,8526 9,1278 8,4301*
INDIZES/RENDITEN 1,0861 Dollar gehandelt und damit 0,4 Nachfrage nach dem Rohstoff. Der Preis Japan JPY 110,0328 122,3301 116,0600*
4 Österr. Dukaten 676,50 761,50 681,00 767,00
2,75 Dt. Post 13/23 108,45 0,28 A- 20 Fr. Vreneli 283,00 367,00 285,00 369,50
29.4. 28.4. 1,25 Dt. Post 16/26 105,14 0,37 A- Prozent höher als am Vorabend. Am Devi- für ein Barrel der US-Ölsorte WTI stieg Kanada CAD 1,4398 1,6037 1,5179* 10 Rubel Tscherw. — — 375,00 449,00
Neuseeland NZD 1,6889 1,8944 1,7956*
Bund-Future 173,17 172,70 4,75 Goldman Sachs 06/21 104,44 1,62 A senmarkt warteten die Anleger auf geld- um 26,5 Prozent auf 15,61 Dollar. Die euro- Norwegen NOK 10,7341 11,8901 11,2783*
1 oz Krügerrand 1543,50 1724,00 1553,50 1736,00
1/10 oz Krügerrand 154,00 235,60 155,00 236,90
REX 144,83 144,57 3,25 Heidelb.Cement 13/20 100,41 2,38 BBB- politische Entscheidungen in den USA. päische Sorte Brent verteuerte sich um Polen PLN 4,2583 4,9099 4,5468* 2 Rand 350,70 399,00 353,10 402,00
Umlaufrendite -0,48 -0,44 2,25 Heidelb.Cement 16/23 101,54 1,70 —
2,25 Heidelb.Cement 16/24 101,85 1,78 BBB- 11,6 Prozent auf 22,83 Dollar. Russland RUB 72,9242 92,2936 80,6862* 1 oz Am. Eagle 1543,00 1724,00 1554,00 1736,00
10-j.Staatsanleihe Deutschland -0,48 -0,47 Schweden SEK 10,2339 11,3307 10,7480*
10-j.Staatsanleihe USA 0,59 0,62 2,00 Linde 13/23 104,34 0,52 A Nach der Herabstufung der Kreditwür- Schweiz CHF 1,0115 1,1195 1,0586*
1 oz Am. Buffalo 1543,00 1724,00 1554,00 1736,00
1/2 oz Am. Eagle 771,50 895,60 777,00 901,80
10-j.Staatsanleihe Großbritannien
10-j.Staatsanleihe Japan
0,28
-0,05
0,28
-0,05
0,25
6,50
Lufthansa 19/24
Roche 09/21
87,00
105,00
3,53
0,52
—
AA-
ANLEIHEN, DEVISEN digkeit Italiens durch die Ratingagentur Singapur
Südafrika
SGD
ZAR
1,4435 1,6524
18,7665 21,8953
1,5407*
20,2913*
1 oz Maple Leaf 1543,00 1724,00 1554,00 1736,00
10-j.Staatsanleihe Schweiz -0,49 -0,48 8,00 Singulus 16/21 80,50 29,71 — & ROHSTOFFE Fitch auf eine Stufe über dem sogenann- Tschechien CZK 25,6247 29,2645 27,2270*
30 g China Panda 1488,50 1695,00 1498,00 1707,00
ten Ramschniveau trennen sich Anleger 1 oz Austr. Nugget 1543,40 1725,00 1553,20 1737,00
2,50 Thyssenkrupp 15/25 94,08 3,87 BB- Türkei TRY 7,0358 8,2984 7,6115*
BUNDESPAPIERE sortiert nach Restlaufzeit 2,75
2,38
Thyssenkrupp 16/21
Toyota 13/23
99,11
103,76
3,82
0,98
BB-
AA-
von italienischen Anleihen. Im Gegenzug Ungarn
USA
HUF
USD
332,5839 392,9332 355,9400*
1,0371 1,1456 1,0877*
SILBER
Die Fed hat den geldpolitischen Schlüs- stieg die Rendite der zehnjährigen Titel 1 oz Maple Leaf 14,63 25,94 14,63 25,95
Kupon Name 29.4. 28.4. Rendite
1,00 Toyota 15/21 100,24 0,71 AA- 1 oz Krügerrand 14,63 25,73 14,63 25,74
0,00 BSA 18/20 100,33 100,33 -0,54 3,63 Vonovia 13/21 103,56 1,11 BBB+ selsatz unter dem Eindruck der Krise be- auf 1,829 Prozent von zuvor 1,735 Pro- ROHSTOFFE 1 oz Nugget Kangaroo 14,63 25,76 14,63 25,77
0,00 BSA 19/21 100,50 100,49 -0,57
0,00 BSA 19/21 100,69 100,70 -0,62 reits in zwei Sitzungen außerhalb der Rei- zent. Fitch senkte die Bonitätsnote für 29.4. Ver. % 28.4.
1 oz Arche Noah 13,60 26,81 13,60 26,82
0,00 BSA 19/21 101,12 101,10 -0,69 AUSLÄNDISCHE STAATSANLEIHEN he auf die aktuelle Spanne von null bis das von der Coronavirus-Krise beson- Rohöl Brent (ICE) $/Barrel 22,69 10,90 WWWWW 20,46 PLATIN
0,00 BO 18/23 Serie 177 102,12 102,07 -0,71 Kupon Name 29.4. Rendite Bonität 0,25 Prozent nach unten gesetzt. Exper- ders hart gebeutelte Land von BBB auf Rohöl WTI (Nymex) $/Barrel 15,39 24,72 WWWWWWWWW 12,34 1 oz Noble 684,00 1011,50 677,00 1004,36
0,00 BO 18/23 Serie 178 102,50 102,43 -0,71 Benzin RBOB (Nymex) $/gal. 0,7666 8,89 WWWW 0,704 1 oz Koala 684,00 1209,04 678,00 1200,71
6,25 BA 94/24 125,72 125,71 -0,64 0,00 Argentinien 05/35 0,21 — CC ten erwarteten diesmal keine weitere Ab- BBB–. Der Ausblick sei dabei „stabil“, hat- Heizöl (Nymex) $/gal. 0,7825 10,09 WWWW 0,7108
3,38 Argentinien 05/38 25,29 16,79 CC
0,10 BA 15/26 Inflat. 106,50 106,12 —
4,00 Belgien 12/32 145,33 0,15 AA+
senkung, zumal Notenbankchef Jerome te die US-Agentur mitgeteilt. Gold ($/uz) 1705,20 W -0,17 1708,10 PALLADIUM
6,50 BA 97/27 152,02 152,01 -0,58 3,33 WW 1 oz Cook Island 1594,00 2715,58 1575,00 2691,78
0,50 BA 18/28 108,68 108,61 -0,59 2,00 Finnland 14/24 109,95 -0,48 AA+ Powell einen negativen Zins weitgehend amon, reuters, dpa Platin (Nymex) $/toz 822,10 795,60
1 oz Maple Leaf 1594,00 2597,77 1576,00 2575,16
Silber (Comex ) $/toz 15,395 1,48 W 15,171
0,25 BA 19/29 107,19 107,10 -0,55 3,25 Frankreich 10/21 105,66 -0,54 AAA ausgeschlossen hat. Allerdings dürften Palladium (Nymex) $/toz 1914,80 1,92 WW 1878,70
0,00 BA 20/30 104,84 104,74 -0,48 4,38 Griechenland 17/22 105,85 1,70 — BARREN
0,53 BA 14/30 Inflat. 115,86 114,62 — 0,90 Irland 18/28 105,48 0,21 —
die Währungshüter den Finanzmärkten ERLÄUTERUNGEN: Anleihen: Kurse in Prozent; Laufzeit (Emissionsjahre/Fällig-
Kupfer (DEL) €/100 kg 489,91 1,27 W 483,76
1 oz Gold 1545,00 1673,40 1556,00 1685,20
Kupfer (LME) $/t 5245,50 1,47 W 5169,50
4,75 BA 08/40 203,20 202,51 -0,24 0,50 Island 17/22 99,93 0,53 — eine Orientierungslinie geben, wie sie die keit) hinter dem Namen; alle Bundespapiere besitzen Bonität AAA; Bonitäts-
Nickel (LME) $/t 12.145,00 W -0,87 12.251,00
10 g Gold 495,00 578,50 498,00 582,00
0,11 BA 15/46 Inflat. 134,00 133,13 — einstufungen soweit verfügbar von S&P; AAA = exzellent; AA = sehr gut bis gut; 100 g Gold 4955,00 5347,00 4989,00 5385,00
2,80 Italien 18/28 109,00 1,68 BBB+ Konjunkturaussichten einschätzen und A = gut bis befriedigend; BBB = befriedigend bis ausreichend; BB = mangelhaft; Zink (LME) $/t 1930,50 0,81 W 1915,00 1 kg Gold 49.580,00 53.219,00 49.918,00 53.596,00
2,50 BA 14/46 170,51 169,71 -0,13 3,38 Luxemburg 10/20 100,13 0,56 AAA
1,25 BA 17/48 138,95 138,11 -0,11 wie lange sie am Niedrigzins festhalten B = mangelhaft; CCC-C = ungenügend, Insolvenz absehbar; D = zahlungsunfähig; Blei (LME) $/t 1620,00 W -0,22 1623,50 1 kg Silber 438,50 612,73 438,00 613,21
2,00 Niederlande 14/24 110,88 -0,55 AAA BA = Bundesanleihe ; BO = Bundesobligation; BSA = Bundesschatzanweisung; Zinn (LME) $/t 15.350,00 W -1,22 15.540,00
6,50 Österreich 94/24 124,85 -0,20 AAA könnten. 1
) Sortenkurse, die Bezeichnungen Verkauf und Ankauf entsprechen dem Geld Aluminium hg (LME) $/t 1464,50 W -0,03 1465,00
100 g Palladium 5313,00 7868,28 5251,00 7798,07
GENUSSSCHEINE 5,25 Polen 10/25 121,89 0,54 — Die US-Ölpreise legen zu und machen und Brief bei anderen Instituten, mitgeteilt von Reisebank Frankfurt; Münzen und
Barren: Degussa Goldhandel Endkundenpreise. Handelsplätze Rohstoffe: ICE= Weizen (Matif) €/t 195,50 W -0,38 196,25
100 g Platin 2206,00 3087,46 2184,00 3063,06
29.4. 28.4. 3,85 Portugal 05/21 103,02 0,67 BBB+ damit einen Teil der Verluste in dieser Wo- Intercontinental Exchange; Nymex=New York Mercantile Exch. ; Comex: New York Sojaboh. (CME) $-Cts/bu 834,50 0,30 W 832,00
3,38 Slowakei 12/24 114,38 0,19 A Mais (CME) $-Cts/bu 314,25 0,72 W 312,00 Anlagegold wird mit 0 Prozent besteuert. Silber, Platin und Palladium unter-
Bertelsmann 01 ff. 15% 322,00 318,001 Commodity Exch.; CME=Chicago Mercantile Exch.; LME=London Metal Exch.;
Bertelsmann 92 ff. 7,99% 187,00 178,001 4,90 Spanien 07/40 163,31 1,32 A che wieder wett. Hintergrund ist, dass Matif= Marche de Terme International de France. * = Kurs vom Vortag. Kaffee (ICE) $-Cts/lb 105,40 WW -2,04 107,60
liegen einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Ausnahme sind Silber-
münzen, sie unterliegen der Differenzbesteuerung, wenn sie aus einem
Magnum 03/50 6% 86,50 86,50 5,50 Spanien 11/21 105,54 -0,06 A sich die US-Lagerkapazitäten nicht so Alle Angaben ohne Gewähr. Quelle Kakao (ICE) $/t 2378,00 1,54 W 2342,00 Nicht-EU-Land eingeführt werden. Die 19 Prozent MwSt. entfallen dann nur
Salvator Grund. 04/50 9,5% 6,60 6,65 3,88 Tschechien 12/22 107,60 0,18 AA- Zucker (ICE) $-Cts/lb 9,97 4,73 WWW 9,52 auf die Differenz zwischen An- und Verkaufswert.

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Bundesanl. 10J I -0,48 z. Vortag -2,33% Euro in Dollar I 1,0867 z. Vortag +0,41% Gold ($/uz) P 1705,20 z. Vortag -0,17% Öl (Brent, $/B.) I 22,69 z. Vortag +10,90%

Prozent $ $ $

IN DEUTSCHLAND ZUGELASSENE QUALITÄTSFONDS – TÄGLICHE VERÖFFENTLICHUNG MITGETEILT VON VWD

Name Währung Ausg. Rückn. Performance Name Währung Ausg. Rückn. Performance Name Währung Ausg. Rückn. Performance Name Währung Ausg. Rückn. Performance Name Währung Ausg. Rückn. Performance Name Währung Ausg. Rückn. Performance
29.04. 29.04. YTD 3 J. 29.04. 29.04. YTD 3 J. 29.04. 29.04. YTD 3 J. 29.04. 29.04. YTD 3 J. 29.04. 29.04. YTD 3 J. 29.04. 29.04. YTD 3 J.

Allianz Global Investors KAG mbH Deka DWS VermMan-Dyn* € 122,85 117,00 -13,71 -6,50 Hellerich Real Protect R* € 92,83 91,01 -1,69 -4,77 PrivFd:Konseq.* € 95,63 95,63 -1,48 -4,79
DWS Zinseinkommen* € 101,68 98,71 -3,35 -1,03 Real Return* € 597,81 586,09 +2,95 +2,89 PrivFd:Konseq.pro* € 105,93 105,93 -7,98 -10,13
AriDeka CF* € 62,22 59,11 -17,55 -8,32
BW Zielfonds 2020* € 38,17 37,42 -3,90 -1,55 FOS Rend.u.Nachh.* € 113,63 110,31 -5,75 -1,18 Uni.Eur. M&S.Caps* € 48,85 46,97 -16,44 -7,77

BW Zielfonds 2025* € 42,64 41,80 -6,55 -1,84 Global Hyb Bd LD* € 38,47 37,34 -7,76 +3,51 UniAbsoluterEnet-A* € 42,59 42,59 -4,65 -10,31
ODDO BHF
BW Zielfonds 2030* € 46,56 45,65 -9,07 -2,22 Multi Cred USD LD* $ 108,73 105,47 -3,00 +8,91 UniAbsoluterErt. A* € 43,21 42,36 -4,57 -9,54
Adifonds A* € 112,47 107,11 -18,07 -13,62 Telefon: +49 89 287238-0 www.hellerich.de info@hellerich.de
DekaFonds CF* € 93,32 88,66 -21,51 -17,01 Qi LowVol Europe LC* € 129,76 123,58 -10,40 +5,17 UniAsia* € 75,20 71,62 -9,41 +7,01
Aktien Europa A* € 68,61 65,34 -31,01 -23,70 Global-Flexibel A € 726,02 691,45 -8,89 -1,26
DekaFonds TF* € 219,07 219,07 -21,69 -18,80 Offene Immobilienfonds UniAsia Pac.net* € 126,00 126,00 -12,39 +1,94
Concentra A* € 107,47 102,35 -17,21 -13,18 Sachwertaktien A € 191,74 182,61 -9,73 -7,29
Deka-MegaTrends CF* € 86,43 83,31 -7,89 +21,55 grundb. europa IC: € 41,56 39,58 -0,18 +8,91 UniAsia Pacific A* € 127,89 122,97 -12,29 +3,02
Europazins A* € 57,00 55,34 -1,33 +6,01
Div.Strateg.CF A* € 148,60 143,23 -15,03 -2,64 grundb. europa RC € 41,44 39,47 -0,35 +7,32 EURO ShTm Bd FT DR* € 98,69 97,71 -2,47 - UniAusschü. net- A* € 45,17 45,17 -11,70 -3,21
Flexi Rentenf. A* € 90,73 87,66 -6,00 -0,90
EuropaBond CF* € 120,74 117,22 -0,42 +4,94 grundb. Fok Deu RC € 55,40 52,76 +0,02 +8,97 IPConcept (Luxembourg) S.A. FMM-Fonds* € 503,27 479,30 -6,85 -0,85 UniAusschüttung A* € 45,67 44,34 -11,63 -2,32
Fondak A* € 163,87 156,07 -16,39 -10,71
EuropaBond TF* € 42,66 42,66 -0,56 +3,44 grundb. Fokus D IC: € 55,73 53,08 +2,25 +12,72 O.BHF AlgoEur CRW* € 267,03 254,31 -22,80 -12,72 UniCommodities* € 36,86 35,10 -22,79 -10,98
Global Eq.Divid A* € 106,79 101,70 -14,37 -2,30 ME Fonds PERGAMONF € 665,99 634,28 -13,52 -17,21
GlobalChampions CF* € 207,51 200,01 -7,08 +23,61 grundb. global IC:* € 55,87 53,21 +0,36 +9,03 O.BHF FRA EFF* € 184,63 175,84 -21,18 -22,89 UniDividAss net A* € 46,90 46,90 -19,37 -9,47
Industria A* € 96,36 91,77 -11,88 -9,67 ME Fonds Special V € 2714,11 2584,87 -10,97 +4,26
Mainfr. Strategiekonz.* € 153,58 153,58 -11,29 +1,06 grundb. global RC* € 55,47 52,83 +0,21 +7,58 Polaris Mod DRW-€* € 68,09 66,11 -3,30 +2,92 UniDividendenAss A* € 49,10 47,21 -19,28 -8,52
Interglobal A* € 365,63 348,22 -7,07 +28,83 Mainfr. Wertkonz. ausg.*€ 102,63 102,63 +0,69 +2,62 Substanz-Fonds* € 1091,11 1059,33 -9,64 +3,04
Kapital Plus A* € 64,78 62,89 -4,38 +1,60 UniDyn.Eur-net A* € 57,89 57,89 -7,55 +7,14
RenditDeka* € 24,48 23,77 -2,74 +4,71 KanAm Grund Kapitalanlagegesellschaft mbH Vermögens-Fonds* € 744,93 723,23 -7,80 +2,77
Mobil-Fonds A* € 49,30 48,33 -1,33 -1,37 UniDyn.Europa A* € 98,56 94,77 -7,45 +8,19
RenditDeka TF* € 30,77 30,77 -2,84 +4,16 Ethenea
Leading Cities € 113,55 107,63 +1,19 +10,18 UniDyn.Gl.-net- A* € 43,49 43,49 -1,19 +30,32
Nebw. Deutschl.A* € 282,26 268,82 -19,08 -5,79 UmweltInvest CF* € 142,33 137,19 -8,39 +12,22
Rentenfonds A* € 88,30 86,15 -1,16 +4,33 ODDO BHF Asset Management Lux. UniDynamic Gl. A* € 71,22 68,48 -1,07 +32,51
Rohstofffonds A* € 56,25 53,57 -16,73 -8,33 MEAG MUNICH ERGO KAG mbH BHF Flex. Alloc.FT* € 77,50 73,81 -4,72 +3,33 UniEM Fernost* € 1437,63 1369,17 -22,54 -18,08
Strategief.Stab.A2* € 52,86 51,32 -6,55 -3,15 Deka Immobilien Investment Grand Cru* € 153,85 152,33 -14,35 -8,17 UniEM Osteuropa* € 1735,56 1652,91 -26,40 -7,85
Thesaurus AT* € 867,49 826,18 -18,08 -13,86 Deka Immob Europa* € 49,26 46,80 +0,99 +10,68 www.ethenea.com Telefon 00352-276921-10 Grand Cru (CHF)* CHF 111,08 109,98 -14,46 -9,25 UniEMGlobal* € 82,94 78,99 -22,11 -5,58
Verm. Deutschl. A* € 154,62 147,26 -21,53 -17,64 Deka Immob Global* € 57,48 54,61 +0,68 +5,76 Ethna-AKTIV A € 131,47 127,64 -4,22 +1,23 O.BHF POLARIS BAL* € 74,09 71,93 -8,53 +2,93 UniEuRe Corp A* € 51,18 49,69 -4,95 +1,12
Wachstum Eurol A* € 118,32 112,69 -13,90 +0,94 Ethna-AKTIV T € 138,13 134,11 -4,20 +1,27 O.BHF POLARIS DY* € 80,42 78,08 -2,56 +10,43 UniEuRe Emerg Mkt* € 41,60 40,39 -10,53 -11,18
Wachstum Europa A* € 126,24 120,23 -11,01 +2,62 Telefon 089/2489-2489 ODBHF Em.Co.Dem.CR*€ 77,18 73,50 -14,72 -6,21
Deka International (Lux.) Ethna-DEFENSIV A € 133,30 130,05 -2,15 +1,46 UniEuRe Real Zins* € 59,17 57,45 -5,69 +0,07
Ethna-DEFENSIV T € 166,86 162,79 -2,15 +1,44 Dividende A* € 43,87 41,78 -23,62 -18,60 UniEurKap Corp-A* € 36,30 35,59 -3,74 -2,19
Wandelanleihen CF* € 71,21 69,14 -11,92 -1,94
Allianz Global Investors GmbH, Luxembourg Branch Ethna-DYNAMISCH A € 82,53 78,60 -3,57 +3,72 EM Rent Nachh.* € 48,18 46,33 -6,70 -2,18 UniEurKap.Co.net A* € 36,20 36,20 -3,86 -3,06
Wandelanleihen TF* € 65,72 65,72 -12,06 -3,35 Ökoworld AG
Ethna-DYNAMISCH T € 85,89 81,80 -3,58 +3,67 ERGO Vermög Ausgew* € 50,94 48,75 -9,75 -2,23 UniEuroAnleihen* € 56,80 55,15 -2,50 +4,41
Best Sty Eur Eq AT* € 121,80 116,00 -20,26 -11,84
ERGO Vermög Flexi* € 49,35 47,00 -12,21 -5,42 UniEuroAspirant* € 39,80 38,64 -6,41 -4,05
Best Sty US Eq AT* € 226,21 215,44 -8,14 +19,96
Deka-Vermögensmanagement GmbH ERGO Vermög Robust* € 51,63 49,64 -6,87 -0,46 UniEuroKapital* € 64,03 62,77 -2,43 -3,08
Dyn Mu Ass Str15 A* € 108,35 105,19 -4,29 +1,67 First Private Investment Management KAG mbH
LBBW Bal. CR 20* € 43,47 42,62 -4,48 +0,09 EuroBalance* € 55,08 52,96 -4,09 +1,12
Dyn Mu Ass Str50 A* € 127,96 123,04 -8,47 -0,14 UniEuroKapital-net* € 40,35 40,35 -2,42 -4,05
LBBW Bal. CR 40* € 47,62 46,69 -6,56 -0,32 FP Aktien Global A* € 93,98 89,50 -19,39 -8,14 EuroCorpRent A* € 55,47 53,59 -4,50 -0,40 Growing Mkts 2.0 € 163,95 156,14 -12,02 -1,64
Dyn Mu Ass Str75 I* € 1310,94 1310,94 -10,66 +4,83 UniEuropa* € 2060,71 1962,58 -11,93 +3,80
LBBW Bal. CR 75* € 54,88 53,80 -9,60 -1,00 FP EuroAkt.Staufer* € 79,39 75,61 -25,34 -20,77 EuroErtrag* € 65,92 63,69 -10,69 -2,04 Klima € 86,86 82,72 +0,08 +37,35
Enh ShTerm Euro AT* € 106,77 106,77 -0,72 -1,44 UniEuropaRenta* € 50,76 49,28 +0,27 +5,67
FP Europa Akt.ULM* € 72,43 68,98 -22,93 -15,38 EuroFlex* € 43,44 43,01 -2,83 -3,40 Öko Rock‘n‘Roll € 155,85 148,43 -4,38 +15,53
Euro Bond A* € 12,32 11,96 -0,66 +5,29 UniEuroSt.50 A* € 46,51 44,72 -20,42 -10,17
FP Wealth B* € 58,97 57,25 -20,51 -20,28 EuroInvest A* € 72,79 69,32 -26,92 -12,54 ÖkoVision Classic € 199,95 190,43 -4,08 +13,25
Europe SmCap Eq A* € 191,06 181,96 -19,07 -7,60 DJE Investment S.A. UniEuroSt.50-net* € 37,62 37,62 -20,50 -10,97
Water For Life C € 171,97 163,78 -14,20 +3,73
European Eq Div AT* € 230,53 219,55 -23,74 -17,82 UniFavorit: Renten* € 21,93 21,50 -11,61 -10,92
Fl Rate NoPl-VZi A* € 96,40 96,40 -0,81 -1,73 UniGlobal Div A* € 108,99 103,80 -11,02 -
Glb Agricult Tr. A* € 132,30 126,00 -17,26 -19,16 Union-Investment UniGlobal Div-netA* € 102,82 102,82 -11,05 -
Glb ArtIntellig AT* € 143,46 136,63 +1,83 +34,49 UniGlobal II A* € 104,43 99,46 -7,27 +17,13
Glb Mu-Ass Cre-AH2* € 92,54 89,84 -6,63 -5,04 www.dje.lu info@dje.lu Telefon 00352 26925220 DIE BESTEN MISCHFONDS IM VERGLEICH UniIndustrie 4.0A* € 55,18 53,06 -2,33 -
Glb SmCap Eq AT* $ 11,75 11,19 -17,48 -5,09 DJE-Asia Hi Div PA € 197,20 187,81 -8,35 -0,68 Preis Performance in % UniMarktf. A* € 51,28 49,31 -5,33 +19,95
Income & Gro A USD* $ 10,55 10,14 -7,99 +12,07 DJE-Mittel&Innov PA € 158,17 150,64 -4,10 +22,19 Titel ISIN 29.04. 6M 1 J. 3 J. 5 J. Lfd.Kosten %
Telefon 069 58998-6060 Internet www.union-investment.de UniOpti4* € 96,86 96,86 -1,13 -2,05
Income Gr A-H2-EUR* € 104,82 100,79 -8,91 +3,37 DJE-Zins&Divid PA € 152,29 146,43 -1,44 +5,72 Q:E Capital Quint:Essence S. P* LU1074556041 149,12 € 8,15 8,31 33,08 32,83 2,44 UniOptimus-net-* € 678,38 678,38 -1,31 -2,72
LRI SA M&W Capital* LU0126525004 75,70 € 25,70 61,12 30,50 75,09 2,19
UniRak EM net A* € 142,56 142,56 -20,68 -10,37
Janus Hend. JHCF Bal Fd A$* IE0004445015 30,66 $ –1,51 1,92 22,80 30,30 1,90
Alte Leipziger Trust DWS Investmentfonds MK Plutos MultiChan* LU0339447483 78,83 € 7,44 14,88 19,88 24,50 2,15 Union-Investment Privatfonds UniRak Em. Mkts* € 150,33 144,55 -20,59 -9,43

€uro Short Term* € 43,01 42,58 -1,34 -1,90 BNYMServ. ASVK Subst&Wachst* DE000A0M13W2 46,00 € 13,06 33,52 18,16 42,43 3,11 Geno AS:1* € 82,47 80,07 -8,71 +7,49 UniRak Na.Kon. A* € 109,34 107,20 -4,08 -
Carmignac Long-Short EuropEq* FR0010149179 367,52 € 6,29 –0,17 16,76 11,28 2,35
Aktien Deutschland* € 102,00 97,14 -15,96 -17,77 Priv.Fonds:Flex.* € 96,49 96,49 -6,19 -10,87 UniRak Nach.K-net-* € 107,51 107,51 -4,18 -
LRI SA M&W Privat C* LU0275832706 140,07 € 12,46 41,94 16,06 28,80 1,85
AL Trust €uro Relax* € 52,19 50,67 -4,27 -3,03 ÖkoworldÖko Rock‘n‘Roll LU0380798750 148,43 € –0,11 1,49 15,53 15,03 2,38 Priv.Fonds:FlexPro* € 119,91 119,91 -7,73 -9,77 UniRak Nachh.A net* € 79,75 79,75 -5,64 +8,67
AL Trust Stab.* € 62,88 61,05 -7,13 +0,79 FvS AG Multiple Opp R* LU0323578657 266,06 € 1,62 5,63 15,14 21,85 1,64 PrivFd:Kontr.* € 124,74 124,74 -4,88 -3,34 UniRak NachhaltigA* € 84,25 81,80 -5,52 +9,83
Telefon 069 91 01 23 71 Telefax 069 91 01 90 90
AL Trust Wachstum* € 74,65 71,78 -9,69 +2,63 FvS AG Multiple Opp II R* LU0952573482 146,31 € 1,48 5,35 14,47 20,29 1,65 PrivFd:Kontr.pro* € 144,53 144,53 -6,34 -2,35 UniRenta Corp A* € 104,97 101,91 +4,34 +14,53
www.dws.de info@dws.de
Trust €uro Renten* € 47,02 45,65 -2,27 +3,29 H&A AM PTAM Def.Portf.OP LU0260464168 60,42 € 1,50 4,50 13,75 9,92 2,04 Uni21.Jahrh.-net-* € 31,83 31,83 -10,09 +8,65 UniRes: Euro Corp.* € 40,53 40,53 -2,57 -2,44
Deut.Inv.China Bds* € 115,19 111,74 -0,84 -0,32 ODDO BHF Lu O.BHF POLARIS DY* LU0319577374 78,08 € 2,71 3,98 10,43 17,90 1,79
Trust Akt Europa* € 43,48 41,41 -22,18 -14,32 UniDeutschl. XS* € 160,19 154,03 -14,33 +3,04 UniReserve: Euro A* € 491,89 491,89 -1,16 -1,74
Deut.Inv.EMC LC* $ 151,20 146,67 -9,83 -3,19 Union Lux UniRak NachhaltigA* LU0718558488 81,80 € –1,83 2,30 9,83 13,66 1,48 UniDeutschland* € 180,45 173,51 -21,28 -18,16
Trust Chance* € 78,54 74,80 -12,24 +3,63 FvS AG MuAsset-Growth R* LU0323578491 178,12 € –0,55 3,39 8,89 14,96 1,64 UniReserve: USD* $ 1045,69 1045,69 -0,05 +5,23
Deut.Inv.Gl.B.LDHP* € 88,93 86,26 -4,32 -7,23 UniEu.Renta-net-* € 54,78 54,78 +0,33 +4,86
Trust Glbl Invest* € 93,25 88,81 -11,19 +9,45 UniSec. Bas. Ind.* € 103,95 99,95 -16,76 -4,95
Deut.Inv.I Conver.* € 171,23 166,10 -3,92 -2,91 Deka. ZukunftsplanIII* DE000DK1CJ46 214,91 € –1,07 2,28 8,33 9,09 1,26
Deka. BR Aktien 85* DE0005424527 74,80 € –6,69 –3,13 8,09 12,45 1,07 UniEuroAktien* € 64,23 61,17 -21,21 -10,81
UniSec. BioPha.* € 141,55 136,11 +5,88 +23,60
Deut.Inv.I EU B Sh* € 147,95 143,51 -1,91 -2,44
Union Geno AS:1* DE0009757682 80,07 € –5,58 –0,47 7,49 14,09 1,17 UniEuropa-net-* € 65,32 65,32 -11,71 +3,22
Ampega Investment GmbH Deut.Inv.I EU CO B* € 165,81 160,84 -4,07 +2,66 UniSec. High Tech.* € 123,51 118,76 -0,36 +46,17
Deka. BR Aktien 75* DE0005424543 77,43 € –6,20 –2,84 7,41 12,22 1,08 UniEuroRenta* € 67,42 65,46 -1,49 +0,18
Deut.Inv.I Top Div* € 215,00 204,25 -9,91 +1,58 UniStruktur* € 98,60 95,73 -7,69 -5,13
Amp Global Aktien* € 13,94 13,34 -13,60 +8,61 DJE-Alpha Glob PA LU0159549145 231,50 € 0,39 –1,16 6,93 9,50 2,27 UniEuroRentaHigh Y* € 33,85 32,86 -8,51 +0,03
Deut.Inv.I Top Eu.* € 193,87 184,18 -16,51 -6,17 FvS AG MuAsset-Balanced R* LU0323578145 158,52 € –1,50 2,93 6,86 12,84 1,64 UniVa. Europa A* € 43,58 41,90 -24,24 -19,57
Amp Global Renten* € 18,24 17,58 +0,95 +2,94 UniFav.:Akt. -net-* € 91,77 91,77 -9,52 +12,21
Amp ISP Dynamik* € 113,19 108,84 -14,65 -4,97 Deut.Inv.IGlblEqLC* € 234,85 223,10 -15,57 +0,36 Alle dargestellten Investmentfonds sind Teilnehmer am vwd funds service, sortiert nach 3-Jahresperformance, berechnet nach BVI (Bun- UniVa. Global A* € 98,33 94,55 -15,98 -2,05
Unifavorit: Aktien* € 151,96 144,72 -9,41 +13,23
Deut.Inv.IH.YLD C.* € 148,35 143,90 -10,06 -2,25 desverband Investment und Asset Management) Methode. Laufende Kosten % = Anteil der Verwaltungskosten eines Fonds, hoher Prozent- UniVa.Euro.-net-A* € 42,22 42,22 -24,30 -20,39
Amp ISP Komfort* € 106,51 103,41 -5,84 -1,16 satz = hoher Kostenanteil. Erscheinungstäglich wechselnde Kategorien: Aktien-, Renten- Geldmarkt-, Misch-, Immobilien- und wertgesicherte UniFonds* € 49,47 47,11 -16,16 -10,41
Amp ISP Sprint* € 132,58 126,27 -17,58 -5,05 Deut.Inv.II EuT.Di* € 159,85 151,86 -13,17 -4,54 Fonds. Keine Anlageberatung und -empfehlung. UniFonds-net-* € 70,41 70,41 -16,68 -12,23 UniVa.Glb-net-A* € 93,90 93,90 -15,97 -2,94
Amp Rendite Renten* € 21,50 20,87 -2,72 +1,84 Deut.Inv.II UST.Di* € 210,70 200,16 -10,53 +7,48 UniGlobal* € 241,27 229,78 -7,12 +18,01 UniWirts.Aspirant* € 24,48 23,77 -14,03 -23,22
Amp Reserve Renten* € 49,72 49,23 -2,19 -1,49 DI LowVol Wld LC* € 135,54 128,76 -3,04 +16,03 UniGlobal-net-* € 138,14 138,14 -7,37 +16,49
Dt Float R.Nts LC* € 82,88 82,05 -2,37 -2,73 UniJapan* € 55,82 53,16 -8,08 +9,35
terrAss Akt I AMI* € 32,27 30,88 -10,08 +11,42
DWS Akkumula* € 1272,44 1211,85 -6,66 +19,59 Union-Investment Real Estate
Zan.Eu.Cor.B.AMI I* € 115,64 115,64 -4,27 +1,77 UniKapital* € 108,48 106,35 -3,36 -3,91
DWS Akt.Strat.D* € 360,99 343,79 -21,46 -13,21 UniKapital-net-* € 38,80 38,80 -3,22 -4,51 UniImmo:Dt.* € 98,39 93,70 +0,54 +8,77
Zan.Gl.Cred AMI Ia* € 110,43 110,43 +0,52 +10,82 HANSAINVEST Hanseatische-Investment GmbH EuroKapital* € 42,02 40,02 -12,01 -9,25
DWS ALPHA Rent.Gl.* € 132,10 129,51 +2,01 +4,81 EuroRent A* € 31,37 30,31 -2,64 +1,90 UniNachhaltig A Gl* € 108,02 102,88 -8,19 +14,08 UniImmo:Europa* € 57,23 54,50 +0,53 +7,54
Zantke Eu.HY AMI Ia* € 113,10 113,10 -9,34 -2,39
DWS Co.Kaldemorgen* € 149,92 142,42 -6,71 +0,78 D&R Strat-Select P* € 6,47 6,16 -5,67 -3,17
FairReturn A* € 55,46 53,84 -5,97 -3,28 UniNordamerika* € 346,53 330,03 -5,24 +29,75 UniImmo:Global* € 53,37 50,83 +0,38 +5,78
DWS Cpt DJE Gl Akt* € 310,69 295,89 -5,47 +11,57 UnionGeldmarktfds* € 47,82 47,82 -0,56 -1,85
Glb Real Est Val A* € 40,54 39,36 - -
BNY Mellon Service KAG DWS Deutschland* € 194,03 184,79 -20,63 -19,81
Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A. GlobalBalance DF* € 62,88 60,46 -6,76 +3,14 UniRak* € 124,47 120,84 -9,21 +2,29
www.bnymellonkag.com DWS ESG Investa* € 146,99 139,99 -19,68 -20,97
GlobalChance DF* € 58,59 55,80 -13,01 +0,64 UniRak Kons.-net-A* € 109,38 109,38 -8,25 -4,58
DWS Europ. Opp LD* € 335,48 319,50 -14,88 +3,60 UniRak Konserva A* € 112,92 110,71 -8,14 -3,56 Währung: € = Euro, $ = US-Dollar, ¥ = Yen, £ = Brit. Pfund,
PB Balanced* € 54,65 52,05 -7,45 -7,03 MultiSmart A* € 48,31 46,68 -0,11 -1,56 CHF = Schweizer Franken.
DWS Glbl Value LD* € 242,59 231,04 -18,09 -7,24 UniRak -net-* € 65,08 65,08 -9,31 +1,23
PB Europa* € 43,12 41,07 -18,29 -9,13 Nachhaltigkeit A* € 103,89 98,94 -12,59 +11,58 Ausg.: Ausgabepreis eines Fondsanteils zum angegebenen Tag.
DWS Inv.EURSMC LC* € 223,89 212,69 -21,60 -11,35 UniRenta* € 21,66 21,03 +5,81 +7,40 Rücknahme: Rücknahmepreis eines Fondsanteils zum angegebenen Tag.
PB Eurorent* € 56,29 54,65 -2,13 +0,96
DWS Inv.Gl Grow LC* € 92,35 92,35 -11,07 -8,84 ProInvest* € 160,42 152,78 -21,52 -7,72 Performance YTD: Wertentwicklung seit Jahresbeginn.
PB Megatrend* € 128,84 122,70 -1,63 +31,50 www.hauck-aufhaeuser.com UniSel. Global I* € 76,54 74,31 -12,40 +4,86
VermAnlage Komfort* € 58,02 56,06 -8,79 -2,48 Performance 3J.: Wertentwicklung in drei Jahren.
DWS Mlt Asst Inc Kont* € 94,40 90,76 -12,38 -8,69 UniStrat: Ausgew.* € 60,98 59,20 -10,80 -1,94 ISIN: Die Internationale Wertpapierkennummer eines Fonds wird
PB Triselect* € 44,35 42,24 -8,94 -0,34 ERBA Invest OP € 34,87 33,21 -8,66 -2,04
DWS Multi Oppor FC* € 238,27 238,27 -11,17 -8,08 VermAnlage Ret A* € 65,12 62,62 -8,37 +2,73 ausschließlich in den Montagsausgaben veröffentlicht.
UniStrat: Dynam.* € 50,33 48,86 -14,47 -3,91 *: Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar.
H&A Akt.Sm.Cap EMU € 109,28 104,08 -16,83 -10,98
DWS Stiftungsf.* € 46,13 44,79 -8,65 -2,30 UniStrat: Konserv.* € 68,28 66,29 -6,92 -2,27
H&A Dynamik Plus B € 103,45 98,52 -9,05 +6,52 Alle Fondspreise etc. ohne Gewähr - keine Anlageberatung
Commerz Real Investment DWS Top Asien* € 177,03 170,22 -8,43 +9,37 UniStrat:Offensiv* € 48,43 47,02 -16,89 -4,34 und -empfehlung.
H&A Rend. Pl. CI € 114,97 111,08 -6,55 +1,53
Nomura Asset Management
hausInvest € 44,70 42,57 +0,16 +6,89 DWS Top Dividen LD* € 123,63 117,74 -10,46 +1,69 Weitere Fonds-Infos unter http://fonds.sueddeutsche.de
H&A Untern. Eur. € 143,83 136,98 -11,72 -4,69 Telefon 069 153093-020 Internet www.nomura-asset.de
DWS Top Europe* € 135,26 130,05 -17,28 -7,61
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www.cratoncapital.com DWS VermMan-Bal* € 116,58 112,09 -10,06 -5,82 MMT Glbl Select € 45,98 43,79 -5,34 -1,83 Asian Bonds* € 72,04 69,94 +1,68 +11,11 Aktien Europa A* € 98,01 93,34 -16,33 -
Precious Metal* $ 106,81 106,81 -9,66 -1,56 DWS VermMan-Def* € 102,26 99,28 -5,10 -5,69 MMT Glbl Value € 47,59 45,32 -31,36 -39,83 Real Protect* € 95,15 93,28 -1,56 -3,70 PrivatFonds: Nachh* € 52,11 52,11 -3,04 -
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26 PROGRAMM DONNERSTAG Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

ARD ZDF BR RTL Pro Sieben Sat 1 Arte 3sat

5.00 Plusminus 5.30 ARD-Morgenmagazin
9.00 Tagesschau 9.05 Live nach Neun 9.55 In
aller Freundschaft – Die jungen Ärzte 10.45
Meister des Alltags 11.15 Wer weiß denn so-
was? 12.00 Tagesschau 12.15 Buffet 13.00
Mittagsmag. 14.00 Tagesschau 14.10 Rote
Rosen 15.00 Tagesschau 15.10 Sturm derLie-
be16.00Tagesschau 16.10SehnsuchtSegeln
17.00 Tagesschau 17.15 Brisant 18.00 Wer
weiß denn sowas? Show. Zu Gast: Giovanni
und Jana Ina Zarrella 18.50 In aller Freund-
schaft – Die jungen Ärzte 19.45 Wissen vor
acht – Mensch 19.50 Wetter 19.55 Börse
5.20 Deutschland von oben 5.30 ARD-Mor-
genmagazin 9.00 heute Xpress 9.05 Volle
Kanne – Service täglich 10.30 Notruf Ha-
fenkante. Schütteltrauma 11.15 SOKO Wis-
mar 12.00 heute 12.10 drehscheibe 13.00
Mittagsmagazin 14.00 heute – in Deutsch-
land 14.15 Die Küchenschlacht 15.00 heute
Xpress 15.05 Bares für Rares 16.00 heute –
in Europa 16.10 Die Rosenheim-Cops 17.00
heute 17.15 hallo deutschland 17.45 Leute
heute 18.00 SOKO Stuttgart 19.00 heute
19.20 Wetter 19.25 Notruf Hafenkante.
Plan B. Krimiserie. Mit Sanna Englund
5.15 Space Night 6.00 Dahoam 6.30 Sturm
der Liebe 7.20 Tele-Gym 7.35 Panoramabil-
der / Bergwetter 8.30 Tele-Gym 8.45 See-
hund, Puma & Co. 9.35 Panda, Gorilla & Co.
10.25 Atlantik – Ozean der Extreme 11.10
Mit dem Zug ... 11.55 In aller Freundschaft
12.40 Hauptstadtrevier 13.30 Kunst &
Krempel 14.00 Schönes Landleben 14.45
Gefragt – Gejagt 15.30 Schnittgut 16.00
Rundschau 16.15 Wir in Bayern 17.30
Abendschau – Der Süden. Magazin 18.00
Abendschau 18.30 Rundschau 19.00 mehr/
wert 19.30 Dahoam is Dahoam
5.25 Exclusiv – Das Star-Magazin 5.35 Ex-
plosiv – Das Magazin 6.00 Guten Morgen
Deutschland 8.30 Gute Zeiten, schlechte
Zeiten 10.20 7.000 Folgen GZSZ – Die Stars
hautnah 11.00 Der Blaulicht-Report 12.00
Punkt 12 14.00 Die Superhändler – 4 Räu-
me, 1 Deal 15.00 Kitsch oder Kasse 16.00
Marco Schreyl 17.00 Hensslers Count-
down – Kochen am Limit 17.30 Unter uns
18.00 Explosiv – Das Magazin 18.30 Exclu-
siv – Das Star-Magazin 18.45 RTL aktuell
19.05 Alles was zählt. Soap 19.40 Gute Zei-
ten, schlechte Zeiten
5.20 Mom 6.00 The Middle 6.50 Two and a
Half Men 8.05 The Big Bang Theory 9.20
How I Met Your Mother 11.05 Mike & Molly
11.30 Man with a Plan. Lausige Zeiten 11.55
Last Man Standing. Jagdgeschichten 12.25
2 Broke Girls. Das In-Lokal. Comedyserie
12.50 Mom 13.40 Two and a Half Men 14.55
The Middle 15.45 The Big Bang Theory
17.00 ProSieben Spezial: Corona-Update.
Live. 17.05 taff. Magazin 18.00 Newstime
18.10 Die Simpsons 19.05 ProSieben Spezi-
al: Corona-Update. Live. 19.10 Galileo. Ma-
gazin
5.30 Frühstücksfernsehen 10.00 SAT.1-
Frühstücksfernsehen Spezial – Gemeinsam
durch die Krise! 11.00 Im Namen der Ge-
rechtigkeit – Wir kämpfen für Sie! 12.00
Anwälte im Einsatz 13.00 Anwälte im Ein-
satz 14.00 Auf Streife 15.00 Auf Streife –
Die Spezialisten. Doku-Soap 16.00 Klinik
am Südring 17.00 Die Familienhelfer 17.30
Auf Streife – Die Spezialisten 18.00 Richter
und Sindera – Ein Team für harte Fälle
18.30 Grünberg und Kuhnt 19.00 Big
Brother 19.50 BILD Corona Spezial. Mode-
ration: Matthias Killing 19.55 Nachrichten
5.50 Das Glück liegt auf dem Teller 6.20
X:enius 6.45 Vox Pop 7.15 Wilde Karpaten
8.00 Die Feuertänzer aus dem Strandscha-
Gebirge 8.45 Stadt Land Kunst 9.50 Anders
essen – Das Experiment. Dokumentarfilm,
D 2019 11.20 Linsen: Das Rezept gegen den
Welthunger 12.15 Re: 12.50 Mit offenen
Karten 13.00 Stadt Land Kunst 13.45 Licht.
Drama, A/D 2017 16.00 Thailand – Enten
auf der Schulbank 16.50 X:enius 17.20 Tiere
im Fokus. Dokumentationsreihe 17.50 Süd-
amerika – So weit das Auge reicht (3+4/5)
19.20 Arte Journal 19.40 Re:. Reportagereihe
5.28 Griechenland – Von Insel zu Insel (5/5)
6.20 Kulturzeit 6.50 Sebastian Pufpaff:
Noch nicht Schicht! 7.00 nano 7.30 Alpen-
panorama 8.33 Alpenpanorama 9.00 ZIB
9.05 Kulturzeit 9.40 Sebastian Pufpaff:
Noch nicht Schicht! 9.45 nano 10.15 Wilde
Inseln 11.00 Wilde Inseln 11.40 Der Ge-
schmack Europas 12.15 Servicezeit 12.45
Querbeet 13.20 Wilde Inseln 14.05 Wilde
Inseln 14.50 Griechenland: Von den Gipfeln
bis ans Meer (1-5/5). Dokumentationsreihe
18.30 nano 19.00 heute 19.20 Kulturzeit
19.50 Sebastian Pufpaff: Noch nicht Schicht!

20.00 Tagesschau
20.15 Der Zürich-Krimi
Borchert und der fatale Irrtum
TV-Kriminalfilm, D 2020. Mit
Christian Kohlund, Ina Paule Klink,
Pierre Kiwitt. Regie: Florian Frosch-
mayer. Kurz nachdem Dominique
eine milde Strafe für ihren 17-jäh-
rigen Mandanten erstritten hat,
stirbt dessen Pflegevater.
21.45 Monitor
U. a.: Dax-Konzerne in der Corona-
Krise: Staatshilfen für Steuerver-
meider? / Beatmung von Covid-19
Patienten: Spiel mit dem Feuer?
22.15 Tagesthemen
22.45 Nuhr im Ersten Nur aus Berlin
20.15 Ausgerechnet Sylt TV-Komödie,
D 2018. Mit Fabian Busch
Als die Sylter Rettungsschwim-
merin Bente den Architekten
Kevin aus dem Wasser holt, ist
ihr noch nicht klar, was für ein
Problem sie sich da an Land gezo-
gen hat. Wie sich herausstellt,
gehört Bente auf Sylt das letzte
Haus, das Kevin kaufen muss, weil
seine Firma dort eine lukrative
Ferienanlage bauen will – und
ausgerechnet Bente ist die An-
führerin des Widerstands gegen
den Ausverkauf von Sylt.
21.45 heute-journal
22.15 maybrit illner
20.00 Tagesschau
20.15 quer ... Geduldsprobe? Wie die
Exekutive das Ende des Lock-
downs vertrödelt / Schulausfall –
Wie Bildung in Bayern zur Lotterie
wird / Wir Handy-Hamster: Wie
der Elektroschrott zum Schatz
werden könnte / Bauen im Biotop:
Umstrittene Radl-Autobahn
21.00 Mama Bavaria Mit Luise Kinseher
Zu Gast: Wilhelm Schmidbauer,
Konstantin Wecker, Judith Gerlach
21.45 Rundschau Magazin
22.00 Ringlstetter Zu Gast: Anna
Schaffelhuber (ehemalige
Monoskibobfahrerin) u. a.
22.45 Das Institut Comedyserie
20.15 Der Lehrer Like in a fucking
French Movie ... so unverkrampft.
Comedyserie. Mit Hendrik Duryn,
Jessica Ginkel, Ulrich Gebauer.
Emma verliebt sich auf den ersten
Blick in Tobi. Um auf den zweiten
Blick zu erfahren, dass er ihr Halb-
bruder ist. Sie tun das offensicht-
lich Richtige und geben ihren Ge-
fühlen zunächst nicht nach.
21.15 Der Lehrer Sie mieser... Schuft.
Comedyserie. Durch Roses Vier-
beiner, der früher Drogenhund
war, kommt heraus, dass es in der
Schule ein Drogenproblem gibt.
22.15 Schmitz & Family
Show. Moderation: Ralf Schmitz
20.15 Germany’s next Topmodel –
by Heidi Klum
Show. Jury: Heidi Klum, Thomas
Hayo. Moderation: Heidi Klum
Heute müssen sich die Kandida-
tinnen von ihrer wandlungs-
fähigen Seite zeigen, wenn sie
im Rennen bleiben wollen. Gast-
juror Thomas Hayo hat Outfits
vorbereitet, die Teilnehmerinnen
einiges abverlangen.
22.25 red. Magazin. Hinter den Kulissen
von GNTM. Moderation: Annema-
rie Carpendale. Die Sendung zeigt
die Welt der Reichen und Schönen
und berichtet von den Events, auf
denen sich die Society trifft.
20.15 Criminal Minds
Das letzte Date. Krimiserie. Mit
Joe Mantegna, Matthew Gray
Gubler, A.J. Cook. Reid und Maxine
wollen sich zu ihrem dritten Date
im Café treffen, doch ein neuer
Fall hält sie davon ab. Eine Frau in-
formiert das BAU-Team darüber,
dass sie einen Mann und dessen
erwachsene Tochter entführt hat.
21.05 Criminal Minds Miss 45. Krimi-
serie. Mit Joe Mantegna, Matthew
Gray Gubler. Das BAU-Team will
ein Mitglied eines Killer-Netzwer-
kes dingfest machen und setzt
dafür Reid undercover ein.
22.05 Criminal Minds Krimiserie
20.15 Die DC-3 Story
Das Flugzeug, das die Welt verän-
dert hat. Dokumentation. Eine
Hommage für das Flugzeug, das
viel zum Erfolg der Invasion in der
Normandie 1944 beigetragen hat.
Diese Seite des D-Day wird von ei-
nem an der Invasion beteiligten
Fallschirmspringer erzählt.
21.10 Dérapages – Kontrollverlust (4/6)
Dramaserie. Mit Eric Cantona,
Suzanne Clément. Alain schweigt
beharrlich zu den Hintergründen
seiner Tat. Im Gefängnis wird er
von Mithäftlingen misshandelt.
22.00 Dérapages – Kontrollverlust
(5+6/6) Dramaserie
20.00 Tagesschau
20.15 Wissen aktuell
Rettet die Insekten! Dokumenta-
tionsreihe. Die Zahl der Insekten-
arten ist stark rückläufig, dabei
sind Insekten für das Leben
auf der Erde unabdingbar.
22.00 ZIB 2 Nachrichten
22.25 auslandsjournal spezial
U. a.: Corona global / Wie das
Virus Hollywood lahmlegt –
Stillstand in der Traumfabrik /
Roms Regierung unter Druck –
Der italienische Patient
22.55 Sklavinnen des IS
Suche nach Gerechtigkeit
Dokumentarfilm, D 2018

23.30 Die Florian Schroeder Satireshow
(1/2) Zu Gast: Wolfgang Kubicki
(FDP-Politiker), „Alfons”
(Geschichtenerzähler und
Reporter mit Puschelmikrofon)
0.15 Nachtmagazin Nachrichten
0.35 Der Zürich-Krimi
Borchert und der fatale Irrtum.
TV-Kriminalfilm, D 2020
2.10 Wer aufgibt ist tot
TV-Tragikomödie, D 2016
3.40 Nuhr im Ersten
23.15 Markus Lanz Talkshow
0.30 heute+
0.45 Heldt Jagd auf Roter Pullover
Krimiserie. Mit Kai Schumann
Eine Serie von Überfällen auf
Werttransporter der Firma Secu-
riSwift hält Bochum in Atem: Der
Täter, dessen Markenzeichen ein
roter Pullover ist, scheint über
Insiderwissen zu verfügen.
1.30 Die Brücke III – Transit in den Tod
Krimiserie. Mit Sofia Helin
23.15 Woidboyz on the Road
0.15 Startrampe Musik und Newco-
mer. Unterwegs mit der Indie-
Musikerin Ilgen-Nur aus Hamburg
1.45 PULS Open Air 2019
mit Dicht & Ergreifend
2.45 PULS Open Air 2019
BHZ und Serious Klein
3.45 PULS Festival 2017
mit Megaloh & dem Münchner
Rundfunkorchester
4.45 PULS Festival 2017
23.10 Magda macht das schon!
Das Geheimnis polnischer Frauen
23.35 Magda macht das schon!
Hochzeitspolka. Comedyserie
0.00 RTL Nachtjournal
0.30 Der Lehrer Like in a fucking
French Movie ... so unverkrampft
1.25 Der Lehrer
Sie mieser... Schuft. Comedyserie
2.20 Alarm für Cobra 11
Der Angriff. Actionserie
3.10 Der Blaulicht-Report
23.20 Big Stories Die abgefahrensten 23.00 Criminal Minds 23.50 Liebe Halal Komödie, D/LIBN ’15 0.20 After Corona Club
Wohnmöglichkeiten Die zweite Attacke. Als Hotchs Mit Darine Hamze. Der Film Mit Anja Reschke, Mojib Latif
0.05 Kiss Bang Love Wagen in die Luft fliegt, wird erzählt drei Liebesgeschichten 0.40 After Corona Club
Mod.: Annemarie Carpendale seine New Yorker Kollegin Kate aus Beirut, eine davon ist die 1.00 10vor10
1.05 Kiss Bang Love Joyner schwer verletzt. von der schönen Loubna. 1.30 maischberger. die woche
2.05 Kiss Bang Love 23.50 Criminal Minds 1.20 Metropolen von unten 2.45 Reporter
3.00 Spätnachrichten Meine Taube. Eine Mordserie Berlin. Dokumentationsreihe Corona-Videotagebuch – Alltag
3.05 Mission Wahnsinn – Für Geld scheint mit einem Serienmörder 2.05 Metropolen von unten in der Krise. Reportagereihe
zum Held Show. Moderation: in Verbindung zu stehen, der vor Dresden. Dokumentationsreihe. 3.10 Ländermagazin
Ingmar Stadelmann einem Jahr hingerichtet wurde. 2.50 Metropolen von unten 3.40 kinokino Das Filmmagazin
3.50 2 Broke Girls Das In-Lokal 0.45 Criminal Minds Das letzte Date 3.35 Kurioses aus der Tierwelt 3.55 Hessen-Reporter Warum?
4.10 Mike & Molly Mikes neue Stiefel 1.30 Criminal Minds Miss 45 4.00 28 Minuten Magazin Der Wilke-Wurst-Skandal

Phoenix ARD-alpha Jetzt im Netz RTL 2 Vox Kabel 1 Deutschlandfunk

11.45 Covid-19 Spezial 12.00 phoenix vor
ort 12.45 phoenix plus 14.00 phoenix vor
ort 14.45 phoenix plus 15.30 phoenix plus
16.00 Flughafen Frankfurt 16.45 Landwirt-
schaft in der Corona-Krise – Was wird aus
unserem Spargel? 17.30 phoenix der tag
18.00 Die Nordreportage 18.30 Das Ende
des Erhabenen Staates (1/2) 19.15 Das En-
de des Erhabenen Staates (2/2) 20.00 Ta-
gesschau 20.15 Grüne Mythen – Die gro-
ßen Irrtümer der Nachhaltigkeit. Doku-
mentation 21.00 Tiertransporte grenzenlos
21.45 heute-journal 22.15 phoenix runde
23.00 phoenix der tag 0.00 phoenix runde
NDR
10.30 buten un binnen 11.00 Hallo Nieder-
sachsen 11.30 NaturNah 12.00 Brisant 12.25
In aller Freundschaft 13.10 In aller Freund-
schaft – Die jungen Ärzte 14.00 NDR Info
14.15 die nordstory 15.15 Wildes Albanien –
Im Land der Adler 16.00 NDR Info 16.25 Ge-
fragt – Gejagt 17.10 Leo-pard, Seebär & Co.
18.00 Regional 18.15 Typisch! 18.45 DAS!
19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15
Bhutan – Glücksland im Wandel 21.00 Län-
der – Menschen –Abenteuer21.45 NDR Info
22.00 Morden im Norden 22.45 Morden im
Norden 23.35 After Corona Club 23.50 Die
verlorene Zeit. Kriegsdrama, D 2011
SWR
9.30 Eisenbahn-Romantik 10.00 made in
Südwest10.30ZumGlückzuzehnt –Lebenin
der Großfamilie 11.15 Planet Wissen 12.15
Quizduell 13.00 MeisterdesAlltags 13.30 Ge-
fragt – Gejagt 14.15 Eisenbahn-Romantik
14.45 Eisenbahn-Romantik 15.15 Gartenge-
schichten16.05KaffeeoderTee17.00Aktuell
17.05 Kaffee oderTee 18.00 Aktuell 18.15 Die
RezeptsucherinzuHause18.45 Landesschau
19.30 Aktuell 20.00 Tagesschau 20.15 Zur
Sache Baden-Württemberg! Extra 21.00
Mein schönes Heim – Bauen. Wohnen. Stau-
nen. 4) 21.45 Aktuell 22.00 Jung in den 80ern
23.30 Die größten Schlager-Kulthits der80er
MDR
10.55 MDR aktuell 11.00 MDR um elf11.45 In
aller Freundschaft 12.30 Drei reizende
Schwestern: Ein Mann für’s Leben. Lustspiel,
DDR 1985 14.00 MDR um zwei 15.15 Ge-
fragt – Gejagt 16.00 MDR um vier 17.45 MDR
aktuell 18.05 Wetterfür3 18.10 Brisant 18.54
Unser Sandmännchen 19.00 Regional 19.30
MDR aktuell 19.50 Das Dorf – Landleben in
der Altmark (4) 20.15 So schön ist Görlitz.
Eine unterhaltsame Entdeckungsreise
rund um die Europastadt. Dokumentar-
film, D 2019 21.45 MDR aktuell 22.05 Flo-
rentiner 73. TV-Liebeskomödie, DDR 1972
23.35 Agnes Kraus – Volksschauspielerin
13.35 Eswareinmal ... das Leben14.00 Eswar
einmal … der Mensch 14.30 Die Sendung mit
der Maus 15.00 Der Mond (3/5) 15.15 Treff-
punkt Medizin 16.00 nano 16.30 Nordtour
17.15 Die Wahrheit über ... 18.00 alpha-the-
ma Gespräch 18.30 Unser Darm – Gesund,
schlank und glücklich mit dem Superorgan?
19.15 Der Mond (4/5) 19.30 alpha-demokra-
tie-weltweit 20.00 Tagesschau 20.15 Golf-
strom (2/2) 21.00 Rabiat 21.45 maiLab: Kli-
mawandel – Das ist jetzt zu tun! 22.15 Kri-
sen und Chancen in Corona-Zeiten 22.20
Planet Wissen 23.20 alpha-demokratie-
weltweit 23.50 Es war einmal ... das Leben
WDR
11.25 Die Sendung mit der Maus 11.55 Nas-
horn, Zebra & Co. 12.45 WDR aktuell 13.05
Wolf, Bär & Co. 13.55 Schnittgut. Alles aus
dem Garten 14.25 In aller Freundschaft –
Die jungen Ärzte 15.10 In aller Freund-
schaft – Die jungen Ärzte 16.00 WDR aktu-
ell 16.15 Hier und heute 18.00 WDR aktu-
ell / Lokalzeit 18.15 Wenn keiner Geld aus-
gibt – Existenzkampf in Zeiten von Corona
(2/2) 18.45 Aktuelle Stunde 19.30 Lokalzeit
20.00 Tagesschau 20.15 Tatort. Zahltag.
TV-Kriminalfilm, D 2016 21.45 WDR aktuell
22.15 Immer lustig! Unsere Komiker und
Kabarettisten 23.45 Sketch-Highlights XL
HR
11.15 Giraffe, Erdmännchen & Co. 12.05 Ge-
fragt – Gejagt 12.50 Verrückt nach Meer
13.40 Morden im Norden 14.30 Die großen
und die kleinen Wünsche – David gegen Go-
liath. TV-Familienfilm, D 2007 16.00 hallo
hessen 16.45 hessenschau kompakt 17.00
hallo hessen 17.50 hessenschau kompakt
18.00Maintower18.25Brisant18.45Die Rat-
geber 19.15 alle wetter 19.30 hessenschau
20.00 Tagesschau 20.15 Alles Wissen 21.00
Berwalds Hausbesuch (1/3) 21.45 Das hr Co-
medy Festival 22.30 hessenschau kompakt
22.45 Hauptsache Kultur 23.15 1929 – Das
JahrBabylon 0.00 Arbeitwardas halbe Leben
RBB
12.30 Schau in meine Welt! 13.00 rbb24
13.10 Verrückt nach Meer 14.00 Nashorn,
Zebra & Co. 14.30 Heimatjournal 15.00
Heute im Parlament. Live aus dem Abge-
ordnetenhaus Berlin 16.00 rbb24 16.15
Gefragt – Gejagt 17.00 rbb24 17.10 Kesslers
Expedition 17.55 Unser Sandmännchen
18.00 rbb UM6 – Das Ländermagazin 18.27
zibb 19.30 Abendschau / Brandenburg ak-
tuell 20.00 Tagesschau 20.15 rbb spezial
20.30 Auf der anderen Seite ist das Gras
viel grüner. Romanze, D 2017 22.05 rbb24
22.35 Tatort. Das Leben nach dem Tod. TV-
Kriminalfilm 2019 0.05 Talk aus Berlin
5.30 Privatdetektive im Einsatz 6.20 Privat-
detektive im Einsatz 7.20 Die Straßencops
West – Jugend im Visier 8.20 Frauentausch
10.20 Frauentausch 12.20 Frauentausch
14.15 Die Wollnys – Eine schrecklich große
Familie! 15.10 Die Wollnys – Eine schreck-
lich große Familie! 16.10 Hilf mir! Jung, plei-
te, verzweifelt ... 17.05 RTLZWEI News 17.10
RTLZWEI Wetter 17.15 Krass Schule – Die
jungen Lehrer 18.10 Köln 50667 19.10 Ber-
lin – Tag & Nacht 20.15 Reeperbahn privat!
Das wahre Leben auf dem Kiez 22.10
Mensch Polizist – Mein Leben in Uniform (1)
0.00 Autopsie – Mysteriöse Todesfälle
Tele 5
5.05 Digimon Adventure 5.25 Digimon Ad-
venture 5.45 Making-of ... 5.50 Kalkofes
Mattscheibe 5.55 Kalkofes Mattscheibe 6.00
Joyce Meyer – Das Leben genießen 6.25 Wer-
besendung 7.25 Joyce Meyer – Das Leben
Ich dachte, ich wäre tot genießen 7.55 Werbesendung 16.15 Kalkofes
Mattscheibe 16.25 Werbesendung 16.30 Star
DRAMA Ihr 47-jähriges Bestehen Trek – Das nächste Jahrhundert 17.20 Star
Trek – RaumschiffVoyager 18.15 StarTrek –
ZIEGLER-FILM.DE feiert die Produktionsfirma Das nächste Jahrhundert 19.10 Babylon 5.
Ziegler Film mit kostenfrei-
en Streams von 47 Filmen in Duell unter Freunden 20.15 Pound of Flesh.
Actionthriller, CDN 2015 22.05 Ohne Aus-
47 Tagen. Noch bis Mitternacht zu sehen: Wolf Gremms Dra-
weg. Actionfilm, USA 1993 23.55 Until
ma über Caroline (Y Sa Lo, l., mit Ingrid Bzik), die sich nach Death. Actionfilm, GB/BUL/D/USA 2007
einem Suizidversuch dem Leben stellen muss. FOTO: ZIEGLER
Kinderkanal
11.20HexeLilli:DerDracheunddasmagische
Buch. Fantasyfilm, D/I/A2009 12.40 The Gar-
field Show 13.15 Ein Fall für TKKG 13.40 Tiere
bis unters Dach 14.10 Schloss Einstein 15.00
H2O – Plötzlich Meerjungfrau 15.50 Horse-
land, die Pferderanch 16.35 Sherlock Yack
16.50 Geronimo Stilton 17.35 Die Abenteuer
des jungen Marco Polo – Reise nach Mada-
gaskar18.00 WirKinderaus dem Möwenweg
18.15 Der kleine Drache Kokosnuss 18.35
Mama Fuchs und Papa Dachs 18.50 Unser
Sandmännchen 19.00 Nils Holgersson 19.25
Die beste Klasse Deutschlands 19.50 logo!
20.00 KiKA Live 20.10 Find me in Paris
Super RTL
13.10 Pound Puppies – Der Pfotenclub
13.40 Angelo! 14.05 Die Tom und Jerry Show
14.30 Bugs Bunny und Looney Tunes 14.55
Transformers: Robots in Disguise 15.20
Camp Sumpfgrund (1) 15.45 ALVINNN!!!
After Life und die Chipmunks 16.10 Zig & Sharko –
Meerjungfrauen frisst man nicht! 16.40 Zak
COMEDY Die bitterböse Dramedy-Serie
Storm – Super Pirat 17.10 Grizzy & die Lem-
NETFLIX von Comedian Ricky Gervais minge 17.40 Bugs Bunny & Looney Tunes
über den von ihm selbst gespiel- 18.10 Die Tom und Jerry Show 18.20 Täglich
ten verbitterten Witwer Tony TOGGO 18.40 Woozle Goozle 19.10 AL-
(mit Kerry Godliman) geht in die zweite Runde. Diesmal hat VINNN!!! und die Chipmunks 19.45 Angelo!
der griesgrämige Journalist Pläne: Netter zu den Menschen 20.15 CSI: Miami 21.05 CSI: Miami 22.00
sein, die er wirklich mag. FOTO: RAY BURMISTON / NETFLIX CSI: Miami 22.50 CSI: Miami 23.45 30 Rock
5.20 CSI: NY 6.55 CSI: Den Tätern auf der
Spur 8.50 Verklag mich doch! 10.50 vox
nachrichten 10.55 Mein Kind, dein Kind –
Wie erziehst du denn? 12.00 Shopping
Queen 13.00 Zwischen Tüll und Tränen
14.00 Mein Kind, dein Kind – Wie erziehst
du denn? 15.00 Shopping Queen 16.00 4
Hochzeiten und eine Traumreise 17.00 Zwi-
schen Tüll und Tränen 18.00 First Dates –
Ein Tisch für zwei 19.00 Das perfekte Dinner
20.15 Transporter – The Mission. Action-
film, F/USA/D 2005 22.00 James Bond
007 – Der Spion, der mich liebte. Agenten-
film, GB 1977 0.30 vox nachrichten
ORF 2
10.30 Österreich-Bild 11.00 ZIB 11.05 Zu-
rück zur Natur 11.50 Menschen und Mächte
12.40 Wetterschau 13.00 ZIB 13.15 Mittag
in Österreich 14.00 Schmeckt perfekt 14.25
Sturm der Liebe 15.15 Die Rosenheim-Cops
16.00 Die Barbara-Karlich-Show 17.00 ZIB
17.05 Aktuell in Österreich 17.30 Studio 2
18.30 Konkret 18.51 infos & tipps 19.00
Bundesland heute 19.23 Wetter aus dem
Bundesland 19.30 Zeit im Bild 20.00 Sport
aktuell 20.15 Die Rosenheim-Cops 21.05
Am Schauplatz 22.00 ZIB 2 22.30 €co 23.05
Stöckl. 0.05 Verlassen Sie bitte Ihren Mann!
Liebeskomödie, A 1993. Mit Elfi Eschke
ONE
5.00 Lindenstraße 5.30 Um Himmels Willen
6.20 Familie Dr. Kleist 7.10 Brisant 7.50
Sturköpfe. TV-Komödie, D 2015 9.20 Bri-
sant 10.00 Hot in Cleveland (1 10.40 Lin-
denstraße 11.10 Familie Dr. Kleist 12.00
Sturm der Liebe 13.35 Um Himmels Willen
14.20 Toni, männlich, Hebamme: Eine run-
de Sache. TV-Komödie, D 2020 15.50 Fami-
lie Dr. Kleist 16.40 Hot in Cleveland (2-3)
17.20 Lindenstraße 17.50 Drei Engel für
Charlie 18.40 Sturm der Liebe 20.15 Inas
Nacht 21.15 extra 3 21.45 Call My Agent! 5)
23.30 Seriös – Das Serienquartett (3) 0.15
Die Pierre M. Krause Show 0.45 extra 3
Eurosport 1
8.30 Snooker: Weltmeisterschaft 9.30
Snooker: Weltmeisterschaft 10.00 Snooker:
Weltmeisterschaft. Viertelfinale: Higgins –
Robertson 10.30 Snooker: Weltmeister-
schaft. Aus Sheffield (GB) 11.40 Formel E:
FIA-Meisterschaft 13.00 Formel E: FIA-
Meisterschaft 14.00 Radsport: Straßen-
Weltmeisterschaften. Damen 15.00 Rad-
sport: Straßen-Weltmeisterschaften 17.00
Radsport: Lombardei-Rundfahrt 19.00
Snooker: Weltmeisterschaft. 1. Halbfinale:
Gilbert – Higgins 20.30 Snooker: Weltmeis-
terschaft 22.00 Olympische Spiele. The
Golden Generation 23.30 Tennis: US Open
5.10 The Mentalist 5.55 Without a Trace –
Spurlos verschwunden 6.40 The Mentalist
7.40 Navy CIS: L.A. 8.30 Navy CIS 9.25 Blue
Bloods 11.10 Without a Trace – Spurlos ver-
schwunden 12.10 Castle 13.05 The Menta-
list 14.00 Hawaii Five-0 14.55 Navy CIS: L.A.
15.50 News 16.00 Navy CIS 16.55 Abenteu-
er Leben täglich 17.55 Mein Lokal, Dein Lo-
kal – Der Profi kommt 18.55 Achtung Kon-
trolle! Wir kümmern uns drum 20.15 Ice
Age. Animationsfilm, USA 2002 21.50 Ice
Age 2 – Jetzt taut’s. Animationsfilm, USA
2006 23.25 Otto – Der Katastrofenfilm. Ko-
mödie, D 2000 1.05 Kabel Eins Late News
Sky 1
5.00 Sechserpack (4-5) 7.15 Grey’s Anato-
my – Die jungen Ärzte 8.00 Danni Lowinski
(2-3) 9.35 Doc Martin (5) 11.20 30 Rock (5)
12.35 Brooklyn Nine-Nine 13.25 Die Gold-
bergs 14.15 Modern Family 15.00 Danni
Lowinski (2-3) 16.35 30 Rock (5) 17.50 Brook-
lyn Nine-Nine 18.35 Die Goldbergs. Ein teu-
res Thanksgiving / Und nochmal Fahrstun-
den 19.25 Modern Family20.15 The Unicorn.
Der Backup-Vogel 20.35 Quatsch Comedy
Club – 25. Jubiläum (2) 21.10 Die Goldbergs
22.00 Schooled 22.20 The Unicorn 22.45
Quatsch Comedy Club – 25. Jubiläum (2)
23.20 Die Goldbergs 0.05 Schooled
ZDF neo
5.45 Der Schatz der Azteken. Abenteuer-
film, D/F/I 1965 7.20 An Tagen wie diesen
8.05 Topfgeldjäger 9.00 Stadt, Land, Lecker
9.40 Bares für Rares 11.25 Dinner Date
12.10 Monk 13.35 Psych 14.55 Monk 16.20
Psych 17.45 Bares für Rares 18.35 Dinner
Date 19.20 Bares für Rares 20.15 Star Trek.
Sci-Fi-Film, USA/D 2009. Mit Chris Pine,
Zachary Quinto, Leonard Nimoy 22.10 heu-
te-show 22.40 Homies. Show 23.15 Star
Trek. Sci-Fi-Film, USA/D 2009. Mit Chris Pine,
ZacharyQuinto, Leonard Nimoy1.10 Greyzo-
ne – No Way Out 4.05 Der Schut. Abenteuer-
film, D/F/I/JUG 1964. Mit Lex Barker
Sport 1
5.45 Sport-Clips 6.00 Teleshopping 15.30
Container Wars 16.00 ContainerWars 16.30
Storage Wars – Geschäfte in Kanada.
Schlagabtausch. Doku-Soap 17.00 Storage
Wars – Geschäfte in Kanada 17.30 Contai-
ner Wars 18.00 Container Wars 18.30 Find
It, Fix It, Flog It – Schätze aus der Scheune
19.30 Fußball – FIFA-WM-Klassiker 20.00
Darts Klassiker (3). Highlights Darts Premi-
er League 2019 23.00 Poker0.00 Sport-Clips.
Auto, Motor, Sex 0.30 Sport-Clips.
Nacktgymnastik 0.45 Teleshopping 1.00
Sport-Clips. Sexy Neighbours. Show 1.15 Te-
leshopping 1.30 Sport-Clips 2.00 Sport-Clips
5.05 Informationen 5.35 Presseschau 6.35
Morgenandacht. Pfarrer Thomas Dörken-
Kucharz, Frankfurt am Main 9.10 Europa
heute 9.35 Forschung aktuell 10.08 Markt-
platz. Sicher und gesund grillen – auch in
Corona-Zeiten 11.35 Umwelt und Verbrau-
cher 12.10 Informationen 12.50 Internatio-
nale Presseschau 13.35 Wirtschaft 14.10
Deutschland heute 14.35 Campus und Kar-
riere 15.05 Corso – Kunst & Pop 15.35 @
mediasres 16.10 Büchermarkt 17.05 Wirt-
schaft und Gesellschaft 17.35 Kultur heute
18.10 Infos 18.40 Hintergrund 19.05 Kom-
mentar 20.10 „Geld“. Hörspiel nach Texten
von Gertrude Stein 21.05 Jazzfacts. Wahl-
verwandtschaften. Ein Porträt des israeli-
schen Saxofonisten Oded Tzur 22.05 Histo-
rische Aufnahmen. Der Komponist Franz
Lehár (1870 – 1948) 22.50 Sport aktuell
23.10 Der Tag 0.05 Fazit
Deutschlandfunk Kultur
5.05 Studio 9 5.50 Aus den Feuilletons 6.20
Wort zum Tage. Andrea Wilke, Arnstadt,
Katholische Kirche 9.05 Im Gespräch. Zu
Gast: Ulrike Draesner, Autorin 10.05 Lesart
11.05 Tonart 11.30 Musiktipps 11.45 Rubrik:
Weltmusik 12.05 Studio 9 13.05 Länderre-
port 14.05 Kompressor 14.30 Kulturnach-
richten 15.05 Tonart 15.30 Musiktipps 15.40
Live Session 16.30 Kulturnachrichten 17.05
Studio 9 17.30 Kulturnachrichten 18.30
Weltzeit 19.05 Zeitfragen 19.30 Feature.
Von Menschen und Vögeln. Über eine vom
Aussterben bedrohte Beziehung 20.03
Konzert. U.a.: Schulhoff: Rondo a capriccio
„Die Wut über den verlorenen Groschen“
für Orchester; R. Strauss: „Vier letzte Lie-
der“ für Sopran und Orchester. Live 22.03
Freispiel. U. a.: Umwälzpumpe Abschäu-
merkreislauf. Von Nathalie Brumm 23.05
Fazit 0.05 Klangkunst 1.05 Tonart
WDR 5
6.05 Morgenecho 6.55 Kirche in WDR 5 8.55
Hörtipps 9.45 ZeitZeichen. 30. April 1980:
Beatrix wird Königin der Niederlande 10.04
Neugier genügt. Magazin 12.00 DerTag um
zwölf 12.10 Tagesgespräch. Gespräche mit
Politikern, Managern, Künstlern, Philoso-
phen oder anderen Persönlichkeiten zu
aktuellen Themen 13.04 Mittagsecho. Ta-
gesaktuelle Nachrichten aus Politik, Wirt-
schaft und Gesellschaft 14.04 WDR 5 – Der
Nachmittag 18.04 Profit. Die wichtigsten
News aus der Welt der Wirtschaft 18.30
Echo des Tages. Die bedeutendsten Ereig-
nisse aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft
und Sport 19.00 WDR aktuell 19.04 WDR 5
KiRaKa. Radio für Kinder 20.00 WDR aktuell
20.04 WDR 5 spezial. Lies mirwas vor: „Jane
Eyre“ von Charlotte Brontë. Es liest Regina
Münch 21.00 WDR aktuell 21.04 ARD Info-
nacht 0.00 ARD Infonacht

Wir erweitern unser Engagement für Kultur in der Krise

Die neue »BR KulturBühne« HIGHLIGHTS DER WOCHE:

•Kinder-Konzert: »Café Unterzucker« live und exklusiv
•»Erste Staffel«: 20 Jahre Live-Beobachtung im Container –
Theater als Reality-Serie aus Nürnberg
•Hauskonzert per Mobiltelefon: Das Rainbow Sound Orchestra Munich
Mehr Infos unter br.de/kultur
DIZdigital: Alle
DIZdigital: Alle Rechte
Rechte vorbehalten
vorbehalten –- Süddeutsche
Süddeutsche Zeitung
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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020 PROGRAMM FREITAG 27

ARD ZDF BR RTL Pro Sieben Sat 1 Arte 3sat

9.20 Tischlein deck dich. TV-Märchenfilm, D
2008 10.20 Die Sendung mit der Maus Spe-
zial 10.50 Tagesschau 11.00 Europakonzert
der Berliner Philharmoniker 2020. Ausfüh-
rende: Elisabeth Kulman (Solistin), Amihai
Grosz (Solist), Christiane Karg (Solistin) 12.45
Tagesschau 12.55 Erlebnis Erde 13.40 Tages-
schau 13.50 Schwarzbrot in Thailand. TV-
Drama, D 2016 15.20 Billy Kuckuck – Margot
muss bleiben! TV-Komödie, D 2018 16.50
Tagesschau 17.00 Dennstein & Schwarz. TV-
Komödie, A 2017 18.30 Hannelore Kohl – Die
erste Frau. Dokumentarfilm, D 2020
7.05 Bibi & Tina: Mädchen gegen Jungs. Fa-
milienfilm, D 2016 8.45 Robbi, Tobbi und
das Fliewatüüt. Familienfilm, D/B 2016
10.25 Notruf Hafenkante 11.10 SOKO Wis-
mar 11.55 heute Xpress 12.00 Rosamunde
Pilcher: Zauber der Liebe. TV-Liebesmelo-
dram, D/GB 2005 14.15 heute Xpress 14.20
Bares für Rares – Lieblingsstücke 16.15 Die
Rosenheim-Cops 17.00 heute 17.15 hallo
deutschland 18.15 SOKO Kitzbühel. Müll-
taucher. Krimiserie 19.00 heute 19.15 Hel-
den der Hauptstadt 19.30 Bettys Diagnose.
Gewissensbisse. Krankenhausserie
5.50 Space Night 6.00 Dahoam 6.30 Sturm
der Liebe 7.20 Tele-Gym 7.35 Panoramabil-
der / Bergwetter 8.30 Tele-Gym 8.45 See-
hund, Puma & Co. 9.35 Panda, Gorilla & Co.
10.25 Biene Majas wilde Schwestern 11.10
Querbeet extra 11.55 Im weißen Rössl. Mu-
sikkomödie, A/D 1960 13.35 Charleys Tante.
Komödie, A 1963 15.00 Maria Patrona Bava-
riae. Die Wallfahrt der Bayerischen Gebirgs-
schützen 15.30 Landgasthäuser 16.00
Rundschau 16.15 Wir in Bayern 17.45 Gipfel-
treffen 18.30 Rundschau 18.45 Der 1. Mai in
Bayern 19.30 Bayern feiern. Reportagereihe
5.40 Der Blaulicht-Report 6.05 Center Sta-
ge – on Pointe. TV-Drama, USA 2016 7.30
Honey. Tanzfilm, USA 2003 9.05 Verrückt
nach Steve. Komödie, USA 2009 10.50
American Dreamz – Alles nur Show. Komö-
die, USA 2006 12.50 Dickste Freunde. Ko-
mödie, USA 2011. Mit Vince Vaughn, Kevin
James, Jennifer Connelly. Regie: Ron Howard
14.50 Voll abgezockt. Krimikomödie, USA
2013 16.50 Aushilfsgangster. Actionkomö-
die, USA 2011. Mit Ben Stiller, Eddie Murphy,
Casey Affleck. Regie: Brett Ratner 18.45 RTL
aktuell 19.05 Comeback oder weg?
5.35 The Middle 6.00 Two and a Half Men
7.10 The Big Bang Theory 8.20 Germany’s
next Topmodel – by Heidi Klum. Show. Jury:
Heidi Klum, Thomas Hayo 10.15 The
Masked Singer 13.40 Two and a Half Men.
Mein erstes Mal / Der listige Larry / Hals-
und Beinbruch 15.00 The Middle. Das gelie-
hene Buch / Der Spaziergang 15.55 The Big
Bang Theory 18.00 Newstime 18.10 Die
Simpsons. Besuch der alten Herren / Malen
nach Bezahlen 19.05 ProSieben Spezial:
Corona-Update. Live. 19.10 Galileo. Trip in
den ewigen Tag. Mod.: Aiman Abdallah
5.00 Auf Streife 6.00 Auf Streife 6.40 Auf
Streife 7.55 Auf Streife 8.40 Genial daneben
9.50 Genial daneben 10.35 111 Knallerpär-
chen! 12.45 Verrückt nach dir. Romantikko-
mödie, USA 2010. Mit Drew Barrymore, Jus-
tin Long, Charlie Day. Regie: Nanette Bur-
stein 14.30 In den Schuhen meiner Schwes-
ter. Komödie, USA/D/GB 2005. Mit Cameron
Diaz, Toni Collette, Shirley MacLaine. Regie:
Curtis Lee Hanson 17.10 Bad Teacher. Komö-
die, USA 2011. Mit Cameron Diaz, Justin Tim-
berlake, Jason Segel. Regie: Jake Kasdan
19.00 Big Brother 19.55 Nachrichten
7.15 Wilde Karpaten 8.00 Tiere im Fokus
8.30 Kirgistan – Hochgebirgsland voller
Schätze 9.15 Wilde Karpaten 10.00 Wilde
Karpaten 10.45 Australien – Kontinent der
Extreme 12.15 Re: 12.50 Mit offenen Karten
13.05 Stadt Land Kunst 13.45 In Wahrheit –
Jagdfieber. TV-Kriminalfilm, D 2020 15.20
Neuseeland – Gletscher, Vulkane und Kiwis.
Gletscher, Vulkane und Kiwis. Dokumentar-
film, D 2019 16.50 X:enius 17.20 Tiere im
Fokus 17.50 Südamerika – So weit das Auge
reicht (5/5) 18.30 Im Nest der Meeresschild-
kröte 19.20 Arte Journal 19.40 Re:
6.05 10vor10 extra 6.50 Mit dem Zug ... 7.30
Nachtexpress nach Surabaya 8.15 Im Lu-
xuszug von Bangkok nach Laos 9.00 Mit
dem Zug ... 9.50 Eisenbahn-Romantik 11.20
Auf den Schienen des Doppeladlers. Auf-
bruch ins Eisenbahnzeitalter 12.15 Auf den
Schienen des Doppeladlers. Die Eisenbahn
im Ersten Weltkrieg 13.05 Auf den Schienen
des Doppeladlers 13.55 Auf den Schienen
des Doppeladlers. Von den Alpen an die
Adria 14.50 Auf den Schienen des Doppel-
adlers 15.40 Eisenbahn-Romantik 17.10
Gotthard (1+2/2). TV-Drama, CH 2016

20.00 Tagesschau Nachrichten
20.15 Werkstatthelden mit Herz
TV-Komödie, D 2020. Mit Armin
Rohde, Heiko Pinkowski, Tim
Kalkhof. Regie: Lars Montag.
Carlo muss binnen zwölf Wochen
rund 50.000 Euro an Steuer-
schulden nachzahlen, sonst
ist seine Autowerkstatt weg.
21.45 Tagesthemen
22.15 Tatort Treibjagd. TV-Kriminalfilm,
D 2018. Mit Wotan Wilke Möhring,
Franziska Weisz, Andreas Lust
Als es im Hamburger Stadtteil
Neugraben vermehrt zu Einbrü-
chen kommt, sind die Kommis-
sare Falke und Grosz gefragt.
20.15 Der Alte Funkstille. Krimiserie.
Mit Fritz Karl. Trude Berger, die
wohlhabende Inhaberin eines
traditionsreichen Trachtenmode-
unternehmens, wird tot in ihrer
Münchner Villa aufgefunden. Geld-
gier als Mordmotiv scheint den
Beamten zunächst naheliegend.
21.15 Letzte Spur Berlin Taufpatin
Krimiserie. Mit Hans-Werner
Meyer. Die Polin Agata Kowalczyk
soll Taufpatin ihres Neffen wer-
den, verschwindet aber unmittel-
bar vor der Taufe spurlos.
22.00 heute-journal
22.15 heute-show Nachrichtensatire
22.45 Das Literarische Quartett
20.00 Tagesschau
20.15 Hubert und Staller
Tödlicher Schneefall. Krimiserie
Mit Christian Tramitz, Helmfried
von Lüttichau, Michael Brandner
Hubert und Staller entdecken
einen toten Mann in einem
Boot. Er wurde von einem
Paket Kokain erschlagen.
21.00 Hubert und Staller Das Huhn,
das faule Eier legt. Krimiserie
21.45 Rundschau Magazin
22.00 Fraueng’schichten
22.30 Der gezähmte Widerspenstige
Komödie, I 1980. Mit Adriano
Celentano, Ornella Muti,
Pippo Santonastaso
20.15 Let’s Dance
Jury: Motsi Mabuse, Joachim
Llambi, Jorge González. Mod.:
Victoria Swarovski, Daniel Hart-
wich Die Profitänzerin Kathrin
Menzinger ist seit sechs Jahren
dabei und hat schon mit vielen
Promis das Tanzbein geschwun-
gen, aber die Höchstpunktzahl
bekam sie noch nie. Auch nicht
2015, als sie mit Hans Sarpei die
Staffel gewonnen hat. In der
sechsten Folge dieser Staffel ist
ihr das nun gelungen. Zu "Crazy
Little Thing Called Love" legten
sie und Tijan Njie einen perfekten
Jive auf's Tanzparkett.
20.15 ES Horrorfilm, USA/CDN 2017
Mit Jaeden Lieberher, Bill Skars-
gård, Sophia Lillis. Regie: Andy
Muschietti. Bill macht sich auf
die Suche nach seinem Bruder.
Der ist, wie einige andere Kinder,
spurlos verschwunden. Bill
vermutet den unheimlichen
Clown Pennywise dahinter, dem
auch er schon begegnet ist.
22.50 Carrie Horrorfilm, USA 2013
Mit Chloë Grace Moretz, Julianne
Moore, Judy Greer. Regie:
Kimberly Peirce. Dank ihrer
telekinetischen Fähigkeiten
nimmt Carrie Rache für jahre-
langes Mobbing in der Schule.
20.15 Luke! Die Schule und ich – VIPs
gegen Kids Show. Zu Gast:
Smudo, Kida Khodr Ramadan,
Jochen Schropp, Nico Santos. Der
Comedian Luke Mockridge, der
fünf Brüder hat, die auch in der
Entertainment-Branche tätig
sind, lässt in diesem Format Pro-
minente gegen Schüler verschie-
dener Klassenstufen antreten.
22.45 Die Faisal-Kawusi-Show
„Man ist niemals zu schwer für
seine Größe, aber man ist oft zu
klein für sein Gewicht” gilt auch
für den schlagfertigen 1,90 Meter
großen Faisal Kawusi, der wieder
kein Fettnäpfchen auslässt.
20.15 Jonas – Vergiss mich nicht
TV-Drama, F 2018. Mit Félix Mari-
taud, Nicolas Bauwens, Tommy-
Lee Baïk. Regie: Christophe Char-
rier. Erst als ihn sein Freund aus
der Wohnung wirft, schafft es
Jonas, sich seiner Vergangenheit
zu stellen. Was ist in seiner Jugend
Schlimmes passiert, das sein
Leben so negativ beeinflusst hat?
21.40 Françoise Hardy – Die Diskrete
Doku. Ihre melancholischen
Chansons und ihre sanfte Stimme
machten Françoise Hardy in den
1960er-Jahren zu einem Idol.
22.35 Tracks – Das Magazin für
Popkultur U. a.: Afrodance
20.15 Eisenbahn-Romantik in
den Schweizer Alpen
Reportage. Eine Reise durch
die Schweizer Bergwelt ist ein
einzigartiges Erlebnis. Die Doku-
mentation berichtet über die
wichtigsten Eisenbahnstrecken
über die Alpen zwischen Gott-
hard, Lötschberg und Furkapass.
21.45 Eisenbahn-Romantik
Von Bergen und Brücken – auf
schmaler Spur von Chur nach
Arosa. Dokumentationsreihe
22.15 Transsiberian – Reise in den Tod
Thriller, E/D/GB/LIT 2008. Mit
Woody Harrelson, Emily Mortimer,
Kate Mara. Regie: Brad Anderson

23.45 Ein Fall für Annika Bengtzon
Studio 6. TV-Kriminalfilm, S 2012
Mit Malin Crépin, Björn Kjellman
1.15 Tagesschau
1.20 Werkstatthelden mit Herz
TV-Komödie, D 2020
2.50 Tagesschau
2.55 Ein Fall für Annika Bengtzon
Studio 6. TV-Kriminalfilm, S 2012
Mit Malin Crépin, Björn Kjellman
4.25 Deutschlandbilder
4.45 Die Florian Schroeder Satireshow
23.30 heute Xpress
23.35 Dead End
C’est la vie. Mysteryserie
Mit Antje Traue, Michael
Gwisdek, Victoria Schulz
0.20 heute-show
0.50 Better Call Saul Krimiserie
1.35 Better Call Saul Krimiserie
2.15 Letzte Spur Berlin Taufpatin
3.00 Die Brücke III – Transit in den Tod
Krimiserie. Mit Sofia Helin
4.55 Deutschland von oben
0.10 Gib dem Affen Zucker
Liebeskomödie, I 1981. Mit
Adriano Celentano, Ornella Muti,
Adolfo Celi. Während ihr Vater
in Rom über einen Kredit verhan-
delt, lernt Prinzessin Cristina
den Busfahrer Barnaba kennen.
1.45 Wir in Bayern
3.15 Gipfeltreffen Zu Gast:
Willy Michl (Liedermacher)
Moderation: Werner Schmidbauer
4.00 Bayern feiern Reihe
23.15 Exclusiv spezial
Moderation: Frauke Ludowig
0.00 Mario Barth & Friends Zu Gast:
Mirco Nontschew, Lisa Feller,
Florian Schroeder, Thorsten Bär
1.10 Mario Barth & Friends
Zu Gast: Chris Tall, Paul Panzer,
Özcan Cosar, Osan Yaran
2.15 Let’s Dance
Jury: Motsi Mabuse, Joachim
Llambi, Jorge González
4.55 Exclusiv spezial
0.40 Shining Horrorfilm, USA/GB 1980
Mit Jack Nicholson, Shelley Duvall,
Danny Lloyd. Regie: Stanley Kubrick
2.55 Carrie
Horrorfilm, USA 2013
4.45 Man with a Plan
Lausige Zeiten. Comedyserie. Mit
Matt LeBlanc, Liza Snyder, Matt
Cook. Der Bauunternehmer Adam
muss sich um den Haushalt
und seine Sprösslinge kümmern,
da seine Frau wieder arbeitet.
23.40 Knallerfrauen
0.35 Switch Reloaded Show
1.00 Sechserpack
Freizeit & Hobbies. Mitwirkende:
Shirin Soraya, Nina Vorbrodt,
Emily Wood, Hanno Friedrich,
Thomas M. Held, Mirco Reseg
1.05 Switch Reloaded Show
1.50 Die dreisten drei Show
1.55 Sechserpack Gesundheit
2.15 Die dreisten drei Show
3.15 Switch Reloaded
23.05 Echoes
King Krule, Beak, Nilüfer Yanya
0.15 Der Lockvogel
Thriller, F 1995. Mit Marie Gillain,
Olivier Sitruk, Bruno Putzulu
2.10 Streetphilosophy Magazin
2.35 Rapa Nui – Osterinsel
3.30 Tiere im Fokus
Der Bergpapagei in Neuseeland
4.00 Kurioses aus der Tierwelt
4.20 28 Minuten
Moderation: Élisabeth Quin
0.00 Die USA in einem Zug (1/2)
Von New York zum Michigansee
0.45 Die USA in einem Zug (2/2)
Vom Wilden Westen nach
Hollywood. Dokumentation
1.30 Alaska – Mit dem Zug durch die
Wildnis Dokumentation
2.15 Eisenbahn-Romantik
Rekordverdächtige Bahnleistungen
3.45 Nachtexpress nach Surabaya
4.25 Im Luxuszug von Bangkok nach
Laos Dokumentation

ROMANTISCHE KOMÖDIE ZEICHENTRICK KRIEGSFILM HORROR

SERVUS TV PRO SIEBEN MAXX KABEL 1 PRO SIEBEN
Donnerstag, 20.15 Uhr Freitag, 20.15 Uhr Nacht zu Samstag, 0.15 Uhr Freitag, 20.15 Uhr

Zusammen ist man … Die rote Schildkröte Good Morning, Vietnam Es

… weniger allein: Drei lebensuntüchtige
junge Menschen geraten zueinander –
was das Chaos im Leben eines jeden erst
einmal vergrößert. Bis sie sich trauen,
ernsthafte Beziehungen einzugehen. Die
charmante Ménage-à-trois von Claude
Berri weitet sich zwischendurch sogar
zum Quartett. Mit ihr beginnt eine kleine
Reise durch das französische Kino: Im An-
schluss läuft La Mélodie – Der Klang von
Paris, die Geschichte eines Geigenlehrers
an einer Problemschule, mit einem ganz
zurückgenommenen Kad Merad (Servus
TV, Donnerstag, 22.05 Uhr). Zu sehen ist
er auch in der großartigen Komödie Will-
kommen bei den Sch’tis (MDR, Nacht zu
Samstag, 2.05 Uhr). Dazu zweimal Jean
Gabin, in Kommissar Maigret stellt eine
Falle und Maigret kennt kein Erbarmen
(One, Freitag, 21 Uhr und 22.55 Uhr) sowie
ein Krimi Bertrand Taverniers: Der Lock-
vogel (Arte, Nacht zu Samstag, 0.15 Uhr).
Das amerikanische Kino dominiert den
Animationsfilm, Frankreich, Belgien
und Japan haben ihre eigenen starken
Traditionen. In dieser Gemeinschafts-
produktion aus diesen drei Ländern
strandet ein junger Mann auf einer ein-
samen Insel – und sieht sich mit einer
merkwürdigen roten Schildkröte kon-
frontiert, die ihn daran hindert, die
Insel wieder zu verlassen. Eine fantasti-
sche, poetische Geschichte, in welcher
der Eremit wider Willen ein paar seiner
Grundannahmen überdenken muss.
Merkwürdige Tiere begegnen einem
auch in dem Animationskracher Ice Age.
An ihrem angestammten Fleck Erde zu
verweilen würde sie das Leben kosten.
Also beginnen sie eine rasende Flucht,
als Zweckgemeinschaft mit reichlich
Konfliktpotenzial – bis jeder über den
Schatten seines Egos springt (Kabel 1,
Donnerstag, 20.15 Uhr).
Ihren Konflikt der konservativen Mehr-
heitsgesellschaft, die an den Hebeln der
Macht sitzt, und einer Jugend, die den
amerikanischen Traum anders deutet
für sich, exportieren die USA in den
1960ern bis nach Vietnam. Wo er sich in
der verschärften Situation des Krieges
zuspitzt und entzündet an der Figur des
Radiomoderators Adrian Cronauer – es
ist seine Geschichte, Cronauer selbst
hat mitgeschrieben am Drehbuch. In
Barry Levinsons filmischer Fiktionali-
sierung von 1987 verkörpert ihn Robin
Williams. Der junge DJ spielt im
Soldatensender AFN Rock ’n’ Roll, er hat
überdies ein schnoddriges Mundwerk.
Das nehmen ihm höhere Militärs übel.
Er soll die Truppe erheitern, und weil er
es tut, fürchten sie eine Einbuße an
Kampfmoral und Disziplin. Auch in die-
sem Punkt sind sie also ratlos und un-
entschlossen – und gnadenlos.
Ein Amerika in Unordnung zeichnet
auch Stephen King penibel, in seinem
wohl berühmtesten Roman Es. Der
spielt in den 1950ern, die Handlung
muss nicht bis nach Asien ausgreifen,
um das gesellschaftliche Dilemma
kenntlich zu machen; sie konzentriert
sich im Kleinstädtischen der Neueng-
landstaaten. Junge Mädchen, Schwule,
Schwarze – niemand ist sicher vor de-
nen, die sich für überlegen halten, für
unantastbar. Die Angst der sieben Her-
anwachsenden, die im Zentrum auch
von Andrés Muschiettis Neuverfilmung
(2017) stehen, ist die vor der Erwachse-
nenwelt, dem eigenen Erwachsenenwer-
den. Muschietti hat die Handlung in die
1980er verlegt, und er hat den Horror
der Vorlage reduziert, um sich stärker
auf das Teenagerdrama und die Verro-
hung der Sitten zu konzentrieren – klu- Haben Angst vor der Welt der Erwachsenen und dem eigenen Erwachsenwerden: Richie
ge Entscheidungen. stefan fischer und Bill (v. l. Finn Wolfhard, Jaeden Lieberher). FOTO: WARNER BROS.

Phoenix ARD-alpha RTL 2 Vox Kabel 1 Deutschlandfunk

14.00 Mit dem Postschiff auf dem Jenissej
(1/2) 14.45 Mit dem Postschiffaufdem Jenis-
sej (2/2) 15.30 ZDF.reportage 16.00 DasWat-
tenmeer: Spiegel des Himmels 16.15 Frauen
und Ozeane 17.00 Frauen und Ozeane 17.45
Frauen und Ozeane 18.30 Frauen und Ozea-
ne 19.15 Frauen und Ozeane. SandyThomal-
la – Geheimnisse des Südens. Dokumentati-
onsreihe 20.00 Tagesschau 20.15 Zur See –
Als der Osten das „Traumschiff” erfand. Do-
kumentarfilm, D 2018 21.45 DDR Ahoi!
22.30 Golfstrom – Der große Fluss im Meer
(1/2) 23.15 Golfstrom – Der große Fluss im
Meer (2/2) 0.00 Frauen und Ozeane
NDR
8.10 Sturm der Liebe 9.00 Nordmagazin
9.30 Hamburg Journal 10.00 Schleswig-
Holstein Magazin 10.30 buten un binnen
11.00 Hallo Niedersachsen 11.30 Max, der
Taschendieb. Krimikomödie, D 1962 13.00
1918 – Aufstand der Matrosen. Dokumen-
tarfilm, D 2017 14.30 Nordseereport Spezial
15.15 Nordseereport Spezial 16.15 Werweiß
denn sowas? 17.05 Leopard, Seebär & Co.
17.55 Neues aus Büttenwarder 18.20 Neues
aus Büttenwarder 18.45 DAS! 19.30 Regio-
nal 20.00 Tagesschau 20.15 die nordstory
spezial 21.45 NDR Info 22.00 NDR Talk Show
0.00 Käpt’ns Dinner 0.30 After Corona Club
SWR
13.45 Dermit demWald spricht – Unterwegs
mit Peter Wohlleben 14.15 Treckerfahrer
dürfen das! 15.00 Bauer gesucht 15.45 be-
trifft 16.30 Abenteuer Landleben 18.00
Aktuell 18.05 Zeig’s der Cantieni – Dein
Hobby, Deinen Berufhautnah! 18.30 Von den
Wurzeln des Geschmacks – Alte Sorten im
Südwesten. Dokumentarfilm, D 2019 19.00
Heimatbilder Stuttgart 19.45 Aktuell 20.00
Tagesschau 20.15 Expedition in die Heimat
21.00 Landleben 4.0. Nattheim – Gemein-
schaft leben 21.45 Aktuell 21.55 Nachtcafé
23.25 Für Euch da – Comedy gegen Corona
1.00 Die Pierre M. Krause Show
MDR
7.50 Irgendwer zahlt immer – Vom Wert der
Arbeit. Dokumentarfilm, D 2019 9.20 König
Laurin. Fantasyfilm, D 2016 10.40 Der Job
seines Lebens. TV-Komödie, D 2003 12.10
DerWald derwilden Katzen 12.55 Sagenhaft
14.25 MDR aktuell 14.30 Lebensläufe 15.00
Neues aus der Florentiner 73. TV-Komödie,
DDR 1974 16.30 Auf schmaler Spur 17.00
MDR extra 17.30 MDR aktuell 17.40 Die ver-
tauschte Königin. Märchenfilm, DDR 1984
18.54 Unser Sandmännchen 19.00 Regional
19.30 MDR aktuell 19.50 Elefant, Tiger & Co.
20.15 Die Schlager des Monats 21.45 MDR
aktuell 22.00 Riverboat 0.05 Riverboat extra
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12.05 Planet Wissen 13.00 Tele-Gym 13.15
Tele-Gym 13.30 Panoramabilder 13.35 Es
war einmal ... das Leben 14.30 Die Sendung
mit der Maus 15.00 Der Mond (4/5) 15.15
Quarks 16.00 nano 16.30 Gernstl unterwegs
17.15 Rabiat 18.00 maiLab: Klimawandel –
Das ist jetzt zu tun! 18.30 Golfstrom (2/2)
19.15 Der Mond (5/5) 19.30 Puzzle 20.00
Tagesschau 20.15 Die ersten und die letzten
Arbeiter 21.00 Arbeit imAkkord 21.45 Nach-
bar Frankreich 22.15 Krisen und Chancen in
Corona-Zeiten 22.20 Planet Wissen 23.20
Puzzle 0.40 Die Tagesschau vor 20 Jahren
0.55 The Day 1.20 English bite-size
WDR
12.15 Ein Sommer auf Sylt. TV-Komödie, D
2010 13.45 Abenteuer Erde 14.30 Immer un-
terwegs! – Reiselustige Tiere in Nordrhein-
Westfalen 15.15 Unser Westen, unser Hand-
werk 16.00 Deine Arbeit, Dein Leben! Doku-
mentarfilm, D 2015 16.45 „The Flying Fräu-
lein” aus Essen – die Abenteuer der Thea
Rasche 17.30 Servicezeit Reportage 18.00
Lokalzeit live – Zoos und Tierparks vor dem
Neustart 18.45 Akt. Stunde 19.30 Lokalzeit-
HÖRFUNK Geschichten 20.00 Tagesschau 20.15 70
TIPPS Jahre NRW – Eine bewegende Geschichte
21.45 Kölner Treff 23.15 Der Regenmacher.
Thriller, USA/D 1997 1.20 Kölner Treff
Kinder ohne Kindheit
Zumeist paarweise haben sich die neun in der ARD zusammen- HR
geschlossenen Anstalten gefunden, um gemeinsam ein fünf-
9.00 Hessen à la carte 9.45 Herrliches Hes-
teiliges Feature-Projekt zu realisieren, wobei jede Folge in den
sen 10.15 Erlebnis Hessen 11.00 Erlebnis
jeweiligen Sendegebieten angesiedelt ist: Kinder des Krieges
berichtet von den Jüngsten, die dem Naziterror ausgesetzt wa- Hessen 11.45 Der Henninger-Turm 12.30
Tobis Städtetrip 13.15 Radklassiker
ren (NDR Info, Freitag und Sonntag, jeweils 11.05 und
Eschborn – Frankfurt 17.15 Erlebnis Hessen
15.05 Uhr. SR 2, Freitag, 11.04 Uhr sowie Samstag und 9. Mai, 18.00 Erlebnis Hessen 18.45 Tobis Städtet-
9.05 Uhr. HR 2, Freitag, Sonntag und 10. Mai, 18.04 Uhr. Bre- rip 19.30 hessenschau 20.00 Tagesschau
men Zwei, Samstag, 16. und 23. Mai, 18 Uhr. SWR 2, 4.-8. Mai, 20.15 Erlebnisreise auf dem Ederhöhen-
15.05 Uhr. MDR Kultur und RBB Kultur, 4.-8. Mai, 19.05 Uhr. weg. Dokumentarfilm, D 2017 21.45 Hessen
Außerdem in der ARD-Audiothek). von oben 22.00 NDR Talk Show 0.00 Heinz
Schenk – ganz persönlich! 0.45 Spion zwi-
schen zwei Fronten. Agentenfilm, D/GB/F
Junge Helden
1966. Mit Christopher Plummer. Regie: Te-
Besser ergeht es den Kindern in den Hörspielen Gib’s zurück
rence Young 3.00 Bilder aus Hessen
(SWR 2, Freitag, 14.05 Uhr) und Held Baltus (DLF Kultur, Frei-
tag, 8.05 Uhr), auch wenn sie sich anfangs gar nicht gut fühlen.
Gib’s zurück ist Silke Seibolds erstes Hörspiel, es wurde mit
dem Deutschen Kinderhörspielpreis 2016 ausgezeichnet. Dar- RBB
in muss Lucas in Ferien, in die er nicht möchte. Baltus wieder- 12.40 Blutsbrüder. Western, DDR 1975
um ist ein Sechsjähriger, der seine Mutter von einem Geist 14.10 Blumengrüße aus Wittstock 15.40 So
befreien möchte, vor dem er sich selbst mächtig gruselt. schön ist Dresden 17.10 Bilderbuch 17.55
Unser Sandmännchen 18.00 rbb24 18.10
Staatenlos Gartenzeit 18.40 Wildes Deutschland 19.30
Abendschau / Brandenburg akt. 20.00 Ta-
Nicht bloß gruselig, sondern verstörend ist Ilse Aichingers Hör- gesschau 20.15 rbb spezial 20.30 Eine Brü-
spielklassiker Knöpfe, hier in einer Inszenierung des Rund- ckentour durch Berlin. 30 Tipps zum Stau-
funks der DDR unmittelbar vor der Wende (DLF Kultur, Frei- nen. Dokumentarfilm, D 2019 22.00 rbb24
tag, 18.30 Uhr). Ein eher untypisches Science-Fiction-Hörspiel 22.30 Die Legende von Paul und Paula.
ist Supermarkt von Anne Krüger – ein merkwürdiger Traum Liebesdrama, DDR 1973. Mit Angelica Dom-
von Freiheit (Bayern 2, Freitag, 21.05 Uhr). Kein Gott, kein röse. Regie: Heiner Carow 0.10 Die 30 größ-
Staat, kein Vaterland ist eine Lange Nacht über Anarchismus ten Kulthits des Ostens – Die 70er 1.40
(DLF Kultur, Nacht zu Samstag, 0.05 Uhr). sfi Blumengrüße aus Wittstock. Show
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
5.45 Privatdetektive im Einsatz 6.40 Privat-
detektive im Einsatz 7.40 Die Straßencops
West – Jugend im Visier 8.40 Der Trödel-
trupp – Das Geld liegt im Keller 13.30 Der
Trödeltrupp – Das Geld liegt im Keller 14.30
Der Trödeltrupp – Das Geld liegt im Keller
15.25 Der Trödeltrupp – Das Geld liegt im
Keller 16.25 DerTrödeltrupp – Das Geld liegt
im Keller Spezial 18.20 Der Trödeltrupp –
Das Geld liegt im Keller Spezial 20.15 The Da
Vinci Code – Sakrileg. Mysterythriller,
USA/F/GB/MLT 2006 23.10 Spy Game – Der
finale Countdown. Thriller, D/USA/J/F 2001
1.30 Armored. TV-Thriller, USA 2009
Tele 5
5.00 Flashpoint – Das Spezialkommando
6.00 Sheherazade 6.35 Sheherazade 7.00
Werbesendung 9.00 Werbesendung 11.00
Werbesendung 13.00 Werbesendung 15.00
Werbesendung 15.20 Babylon 5 16.15 Star
Trek – Das nächste Jahrhundert 17.15 Star
Trek – Raumschiff Voyager 18.15 Star
Trek – Das nächste Jahrhundert 19.10 Ba-
bylon 5 20.15 Das Phantom. Fantasyfilm,
AUS/USA 1996. Mit Billy Zane 22.10 Schle-
FaZ: Das rote Phantom schlägt zu. Sci-Fi-
Film, I/E 1966 0.30 Bang Boom Bang – Ein
todsicheres Ding. Actionkomödie, D 1999.
Mit Oliver Korittke, Markus Knüfken
Kinderkanal
11.35 Der kleine Drache Kokosnuss – Feuer-
feste Freunde. TV-Animationsfilm, D 2014
12.50 The Garfield Show 13.15 Ein Fall für
TKKG 13.40 Tiere bis unters Dach 14.10
Schloss Einstein 15.00 Amelie rennt. Famili-
enfilm, D/I 2017 16.35 Horseland, die Pferde-
ranch 17.35 Die Abenteuer des jungen Marco
Polo – Reise nach Madagaskar 18.00 Sir
Mouse 18.15 Der kleine Drache Kokosnuss
18.35 Mama Fuchs und Papa Dachs 18.50
Unser Sandmännchen 19.00 Nils Holgers-
son 19.25 logo! Die Welt und ich 19.30 Pet-
tersson und Findus – Findus zieht um. Fami-
lienfilm, D/S 2018 20.45 Mascha und der Bär
Super RTL
9.40 Sally Bollywood 10.00 Sally Bollywood
10.20 Sally Bollywood 10.50 Barbie – Eine
Prinzessin im Rockstar Camp. Animations-
film, USA 2015 12.05 ALVINNN!!! und die
Chipmunks 13.40 Tom und Jerry 13.45 Bar-
bie – Traumvilla-Abenteuer 15.10 Zak
Storm – Super Pirat 16.45 Looney Tunes
18.20 Täglich TOGGO 18.35 Angelo! 20.15
Thor – Ein hammermäßiges Abenteuer.
Animationsfilm, ISL/D/IRL 2011. Regie: Ós-
kar Jónasson, Toby Genkel, Gunnar Karlsson
21.50 Rizzoli & Isles. Schatten des Vaters
22.40 Rizzoli & Isles. Nemesis. Krimiserie
23.30 Comedy TOTAL 0.00 Infomercials
5.25 CSI: NY 7.15 CSI: Den Tätern auf der
Spur (24) 9.00 Verklag mich doch! 10.55
Mein Kind, dein Kind – Wie erziehst du
denn? 12.00 Shopping Queen 13.00 Zwi-
schen Tüll und Tränen 14.00 Mein Kind, dein
Kind – Wie erziehst du denn? 15.00 Shop-
ping Queen. Doku-Soap 16.00 4 Hochzeiten
und eine Traumreise 17.00 Zwischen Tüll
und Tränen. Doku-Soap 18.00 First Dates –
Ein Tisch für zwei 19.00 Das perfekte Din-
ner. Doku-Soap 20.15 Bones – Die Kno-
chenjägerin 23.40 Medical Detectives – Ge-
heimnisse der Gerichtsmedizin 1.15 Snap-
ped. Pamela Ballin / Dianna Saunders
ORF 2
11.35 Probieren Sie’s mit einem Jüngeren.
TV-Liebeskomödie, A/D 2000 13.00 ZIB
13.10 Weißblaue Geschichten 13.55 St. Josef
am Berg – Berge auf Probe. TV-Komödie, D
2018 15.25 St. Josef am Berg – Stürmische
Zeiten. TV-Komödie, D 2018 17.00 ZIB 17.35
Aktuell in Österreich 18.05 Aufgetischt
19.00 Bundesland heute 19.23 Wetter 19.30
Zeit im Bild 20.00 Sport akt. 20.15 Denn-
stein & Schwarz – Rufmord. TV-Komödie, A
2020. Mit Maria Happel, Martina Ebm, Ma-
nuel Rubey 21.50 ZIB 22.00 Der Bockerer.
Tragikomödie, A/D 1981 23.40 Aus den
Trümmern. Dokumentarfilm, A 2015
ONE
5.15 Um Himmels Willen 6.05 kinokino
6.15 Familie Dr. Kleist 7.05 Brisant 7.45 To-
ni, männlich, Hebamme: Eine runde Sache.
TV-Komödie, D 2020 9.15 Brisant 9.55 Hot
in Cleveland (2-3) 10.35 Lindenstraße
11.05 Familie Dr. Kleist 11.55 Sturm der
Liebe 13.30 Die Getriebenen. TV-Dokudra-
ma, D 2020 15.30 Drei Engel für Charlie (3-
5) 18.45 Keiner schiebt uns weg. TV-Dra-
ma, D 2018. Mit Alwara Höfels 20.15 Nuhr
im Ersten 21.00 Kommissar Maigret stellt
eine Falle. Kriminalfilm, F/I 1958 22.55 Mai-
gret kennt kein Erbarmen. Thriller, F/I 1959
0.30 Der Fall Bruckner. TV-Drama, D 2014
Eurosport 1
8.30 Snooker: Weltmeisterschaft 10.00
Snooker: Weltmeisterschaft 11.30 Formel
E: FIA-Meisterschaft 12.15 Formel E: FIA-
Meisterschaft 13.00 Formel E: FIA-Meister-
schaft 14.00 Radsport: Giro d’Italia. 13.
Etappe 15.00 Radsport: Giro d’Italia. 14.
Etappe 16.30 Radsport: Giro d’Italia. 15.
Etappe 17.30 Radsport: Giro d’Italia. 20.
Etappe 19.00 Snooker: Weltmeisterschaft.
1. Halbfinale: Gilbert – Higgins 19.55 Snoo-
ker: Weltmeisterschaft. 2. Halbfinale: Wil-
son – Trump 20.55 Snooker: Weltmeister-
schaft 22.00 Olympische Spiele. Hall of
Fame 23.00 Tennis: Australian Open
5.35 Ein Käfer gibt Vollgas. Komödie, D/CH
1972 7.20 Ein Käfer auf Extratour. Fantasy-
komödie, D 1973 9.10 Das verrücktesteAuto
der Welt. Komödie, D 1975 11.00 Otto – Der
Katastrofenfilm. Komödie, D 2000 12.45
Free Willy – Ruf der Freiheit. Abenteuerfilm,
USA/F/MEX 1993 14.55 Shrek – Der tollküh-
ne Held. Animationsfilm, USA 2001 16.40
News 16.50 Ice Age. Animationsfilm, USA
2002 18.25 Ice Age 2 – Jetzt taut’s. Animati-
onsfilm, USA 2006 20.15 Das Beste kommt
zum Schluss. Komödie, USA 2007 22.20 Die
Truman Show. Satire, USA 1998 0.15 Good
Morning, Vietnam. Tragikomödie, USA 1987
Sky 1
5.00 Sechserpack (1-4 7.20 Grey’s Anato-
my – Die jungen Ärzte 8.05 Danni Lowinski
(4-5) 9.35 Doc Martin 11.25 30 Rock 12.35
Brooklyn Nine-Nine 13.25 Die Goldbergs
14.15 Modern Family (1-2) 15.00 Danni
Lowinski (4-5) 16.35 30 Rock 17.45 Brooklyn
Nine-Nine. Terry hat ein großes Problem /
Das 99ste schmeißt ’ne Party 18.35 Die
Goldbergs 19.20 Modern Family (1-2) 20.15
Das Boot (3-4). Sabotage / Die Würfel sind
gefallen. Dramaserie. Mit Tom Wlaschiha
22.15 9-1-1: Lone Star (2) 22.55 The Good
Doctor 23.40 Zoey’s Extraordinary Playlist
(2) 0.25 The Unicorn 0.50 Die Goldbergs
ZDF neo
5.55 Durchs wilde Kurdistan. Abenteuer-
film, E/D 1965 7.35 Bares für Rares – Lieb-
lingsstücke 12.00 Old Shatterhand. Wes-
tern, D/F/I/JUG 1964. Mit Lex Barker 13.55
Winnetou und Shatterhand imTal derToten.
Western, D/I/JUG 1968 15.20 Ostwind – Zu-
sammen sind wir frei. Familienfilm, D 2013
17.00 Bibi & Tina – Der Film. Familienfilm, D
2014 18.30 Bibi & Tina – Voll verhext! Fami-
lienfilm, D 2014 20.15 American Pie 2. Ko-
mödie, USA 2001. Mit Jason Biggs 21.50
Paul – EinAlien auf der Flucht. Sci-Fi-Komö-
die, USA/GB 2011 23.25 All Inclusive – Will-
kommen im Paradies. Komödie, USA 2009
Sport 1
5.45 Sport-Clips 6.00 Teleshopping 9.15
Sport-Quiz 12.30 Container Wars (1) 13.00
Container Wars (2) 13.30 Container Wars (3)
14.00 Container Wars (4) 14.30 Container
Wars (5). Matt Attack 15.00 Container Wars
17.30 Container Wars. Faule Geschäfte 18.00
Container Wars 18.15 Red Bull – Ein Magier
auf Reise (1) 18.45 Red Bull – Ein Magier auf
Reise (2) 19.15 Motorsport: Monster Jam
19.45 Motorsport: Monster Jam 20.15 Bullri-
ding (1) 21.15 Bullriding (2) 22.15 Motorsport:
Monster Jam 22.45 Motorsport: Monster Jam
23.15 If You Only Knew. Erotikfilm, USA 2002
0.30 Sport-Clips 0.45 Teleshopping-Nacht
6.05 Kammermusik 7.05 Information und
Musik 8.35 Tag für Tag 9.10 Die neue Platte
9.30 Essay und Diskurs 10.05 Spielweisen.
Fördern heisst Fordern. Kammerkonzert
mit Stipendiaten und Preisträgern des
Deutschen Musikwettbewerbs 2020 in
Bonn 11.05 Musik-Panorama 13.05 Infos
13.30 Kleines Konzert 14.05 Das Feature
15.05 Corso spezial 15.52 Schalom 16.10
Büchermarkt 16.30 Forschung aktuell
17.05 Kulturfragen 17.30 Kultur heute 18.10
Infos 18.40 Hintergrund 19.04 Nachrich-
tenleicht 19.09 Kommentar 19.15 Sport am
Feiertag 20.05 Das Feature. Persona non
grata 21.05 On stage. Der Bluesmusiker
Cedric Burnside 22.05 Lied- und Folk-
Geschichte(n). Der australische Musiker Stu
Larsen 22.50 Sport aktuell 23.05 Der Tag
23.30 Schöne Stimmen. Der Bassist Georg
Zeppenfeld 0.05 Blue Crime
Deutschlandfunk Kultur
6.55 Wort zum Tage. Andrea Wilke, Arn-
stadt, Katholische Kirche 7.05 Feiertag.
Glück. Eine Spurensuche am Tag der Arbeit
7.30 Kakadu für Frühaufsteher 8.05 Kinder-
hörspiel 9.05 Kakadu 10.05 Im Gespräch
12.05 Studio 9 12.30 Die Reportage. Abhän-
gen im Regenwald. Die schwierige Suche
nach dem Kragenfaultier 13.05 Zeitfragen
14.05 Musik im Gespräch. „Beethoven gibt
es nur einen“. Auf den Komponisten ge-
blickt von einem Politiker und einem Diri-
genten 17.05 Studio 9 17.30 Die besondere
Aufnahme 18.05 Aus der jüdischen Welt
18.30 „Knöpfe“. Hörspiel von Ilse Aichinger
20.03 Fest der Chorkulturen. U.a.: Brahms:
„Schicksalslied“ für Chor und Klavier zu vier
Händen op. 54; Cerha: „Vier Hölderlin-Frag-
mente“ für Chor a cappella (Rundfunkchor
Berlin, Ltg.: Gijs Leenaars). Live 23.05 Fazit
0.05 Lange Nacht 3.05 Tonart. Filmmusik
WDR 5
6.04 Zeichen & Wunder. Stefan Weidner:
Arabisch-Übersetzer und Anders-Denker
7.04 Liegen bleiben. „Mensch ärgere dich
nicht“ 8.55 Hörtipps 9.04 Erlebte Geschich-
ten. U.a.: Die Kunsthistorikerin Wibke von
Bonin 9.45 ZeitZeichen. 1. Mai 1820: Der
Geburtstag des Ingenieurs und Orientalis-
ten Henry Yule 10.04 Neugier genügt 12.04
Tagesgespräch 13.04 Mittagsecho 13.30
Lebenszeichen (Wh.) 14.04 Scala 15.04 Zei-
chen & Wunder (Wh.) 16.04 SpielArt. Span-
nung pur. Mit Sigrid Fischer 17.55 Hörtipps
18.04 Erlebte Geschichten (Wh.) 18.30 Echo
des Tages 19.04 Kinderhörspiel 20.04 WDR
5 spezial. Erziehung des Scherzens auf dem
zweiten Bildungsweg. Zu Gast: Pit Knorr,
Hans Zippert, Thomas Gsella. Aufnahme
vom 31. März 2018 aus dem Haus Waldfrie-
den in Alf an der Mosel 22.04 Scala 23.04
MusikBonus 0.00 ARD Infonacht
28 MEDIEN
Blitzsendung
Kleine Show nach spontaner Idee:
„Noch nicht Schicht“ geht zu Ende
Nach zwei Dutzend Ausgaben ist bei der
3sat-Sendung Noch nicht Schicht am Don-
nerstag Schicht. Nicht länger wird dann
kurz vor 20 Uhr Sebastian Pufpaff sieben
Minuten lang das Leben rund um Corona
aus satirischer Perspektive beleuchten. Da-
mit geht ein sehr besonderes Fernsehexpe-
riment zu Ende.
Spricht man mit Pufpaff, kann er es im-
mer noch nicht recht glauben, dass diese
kurze wilde Zeit vorbei sein soll. Er hätte
gerne weitergemacht, aber seit sich die Din-
ge auch in den Fernsehanstalten wieder
auf Normalmaß einpendeln, ist vielerorts
Schluss mit dem spontanen Spaß am An-
derssein. Dabei hatte alles so turbulent be-
gonnen. An einem Sonntag im März saß
Pufpaff daheim. Alle Auftritte waren abge-
sagt, jede Chance, der Welt etwas komödi-
antisch mitzuteilen, war zerplatzt. Für ei-
nen wie Pufpaff, der sich seit Jahren durch
Fernsehauftritte, in seiner 3sat-Sendung
und auch in der Heute Show, als formidab-
ler Stand-up-Künstler bewährt hat, ein un-
haltbarer Zustand. Also schrieb er eine
SMS an den ZDF-Comedychef. „Man müss-
te was machen. Ich hätte da was im Kopf“,
stand da sinngemäß drin. Das haben so
oder ähnlich schon viele ans ZDF geschrie-
ben und dann jahrelang vergeblich auf Ant-
wort gewartet. Nicht so bei Pufpaff.
Der fand sich zwei Tage später bei der
Herstellung einer Pilotsendung mit seiner
eigens gegründeten Produktionsfirma wie-
der. Die Probeausgabe wurde in der Pro-
grammdirektion für gut befunden, und ge-
rade mal zehn Tage nach der Idee lief Noch
nicht Schicht. Für Fernsehverhältnisse ei-
ne Entwicklung in Lichtgeschwindigkeit.
Seitdem sitzt Pufpaff jeden Abend im
schwarzen Trauerredner-Anzug am unauf-
geräumten Schreibtisch und klärt wort-
reich die Lage. Er befasst sich mit Dingen,
die sich in diesen Tagen aufdrängen, und
er drückt durch seine atemlose Wortge-
walt und die Kraft, sieben Minuten ohne
Schnitt zu reden, allem einen besonderen
Stempel auf. „Einmal Luft holen und dann
durch. Das ist quasi Live-Fernsehen“, be-
schreibt Pufpaff seine kleine Show.
Natürlich ist das kein Live-Fernsehen.
Bereits mittags wird die Minishow aufge-
zeichnet, im Homeoffice. Zwei Meter ne-
ben dem Kinderzimmer seines Sohnes, der
sich in den vergangenen Wochen über vie-
le neue Bilderbücher freuen durfte, auf
dass der Papa nebenan den Menschen un-
gestört durch die Krise helfen kann. „Man
kann auf das Ganze da draußen auch mit ei-
nem Lächeln blicken“, sagt er, der mal al-
bern, mal sehr ernst, aber stets ausgespro-
chen moralisch daherkommt.
„Quasi Live-Fernsehen“: Sebas-
tian Pufpaff. FOTO: IMAGO IMAGES
Wer Pufpaff nur als den auf Turbover-
käufer gegelten Zyniker aus der Heute
Show kennt, muss bei Noch nicht Schicht
umlernen. Da agiert der Optimismus-Puf-
paff. „Wir wollen nicht der strahlende El-
fenbeinturm sein. Wir sind eher die Trink-
halle“, sagt er. Als humoristisch vortragen-
der Künstler sieht sich der 43-Jährige ger-
ne in der Tradition seiner Vorbilder. „Ich
verehre Dean Martin und Jerry Lewis. Das
waren für mich die ersten Stand-Upper“,
sagt er. Zum Start des Experiments habe er
den Sender „in einer Art Schockstarre er-
wischt“, sagt er und freut sich, dass er über
3sat, ZDF und Mediatheken bis zu 1,2 Milli-
onen Menschen werktäglich erreicht.
Trotzdem ist jetzt erst mal Schicht. Was
später kommt? Wer weiß das in diesen Zei-
ten. Pufpaff jedenfalls sagt, er halte es da
wie Batman: „Wenn ihr mich braucht,
schickt mir ein Zeichen. Ich werde da sein.“
hans hoff
Blome wieder
beim „Spiegel“
Der ehemalige Politik-Chef und frühere
stellvertretende Chefredakteur von Bild,
Nikolaus Blome, wird Spiegel-Kolumnist.
Unter dem Titel „Jetzt erst recht(s)“ wer-
de er zu Politik, Wirtschaft und Gesell-
schaft kommentieren, teilte das Nachrich-
tenmagazin mit. Chefredakteur Steffen
Klusmann sagte: „Nikolaus Blome ist ei-
ne starke liberal-konservative Stimme.“
Blome war beim Spiegel bis 2015 Mitglied
der Chefredaktion und Büroleiter. dpa
„Borgen“ wird
fortgesetzt
Die dänische Polit-Serie Borgen – Gefähr-
liche Seilschaften geht in eine neue Run-
de. 2022 werde eine vierte Staffel veröf-
fentlicht, teilte der dänische Rundfunk-
sender DR mit. Sidse Babett Knudsen stel-
le in den acht neuen Folgen erneut die
Hauptfigur Birgitte Nyborg dar. Produ-
ziert wird die neue Staffel in Zusammen-
arbeit mit dem Streaming-Dienst Netflix,
wo Borgen zu sehen sein soll, nachdem sie
beim DR gezeigt wurde. dpa
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Er herrschte, sie brachte das richtige Bild unter die Leute: Hannelore Kohl mit Helmut Kohl im Garten.
Ein bravouröses Leben
Hannelore Kohl war die brave Kanzlergattin, die tapfer und mit großer Disziplin im
Schatten ihres Mannes blieb. Eine Dokumentation versucht nun, diese Frau zu ergründen
von heribert prantl
I
hr Weg war der „der Wegbeglei-
tung“; so hat sie das selber einmal
formuliert. Hannelore Kohl hat den
Weg ihres Mannes nach oben, nach
ganz oben und wieder nach unten be-
gleitet: Sie war 27 Jahre alt, als sie Helmut
Kohl 1960 geheiratet hat. Sie war 36 Jahre
alt, als Helmut Kohl Ministerpräsident von
Rheinland-Pfalz und 43, als er Oppositions-
führer im Bundestag wurde; sie war 49 Jah-
re alt, als er zum Bundeskanzler gewählt
und 57, als er Kanzler der deutschen Ein-
heit wurde; sie war 65, als er nach 16 Jahren
Kanzlerschaft die Bundestagswahl gegen
Gerhard Schröder mit dem schlechtesten
Ergebnis für die CDU nach 1949 verlor und
ein Altkanzler wurde; sie hoffte dann, mit
ihm noch gute Jahre verbringen zu können.
Sie war 68, als sie sich 2001, eineinhalb Jah-
re nach Beginn der Kohl-Spendenaffäre, zu
Hause in Oggersheim mit einer Überdosis
Tabletten das Leben nahm. Dort starb,
16 Jahre später, auch Helmut Kohl, betreut
und begleitet von seiner zweiten Ehefrau
Maike Kohl-Richter.
Das sind die Rahmendaten eines Le-
bens, das nicht einfach nur brav war, son-
dern bravourös: Hannelore Kohl, geborene
Renner, war bravourös in der Selbstrück-
nahme, die manchmal bis an die Grenze
Der Fußball ist von den Fernsehmilliarden abhängig wie nie. Das ist gefährlich, für alle Seiten
Genau zwanzig Jahre ist es her, dass sich
der deutsche Fußball in die totale Abhän-
gigkeit des Fernsehens begeben hat. Am
29. April 2000 schloss die Deutsche Fuß-
ball Liga (DFL) ihren ersten großen TV-
Deal: Der Münchner Medienunternehmer
Leo Kirch kaufte damals die Fernsehrech-
te, zahlte 750 Millionen D-Mark pro Sai-
son – seinerzeit eine überraschend hohe
Summe – und zeigte erstmals alle Spiele
im Pay-TV bei Premiere. Heute heißt der
Sender Sky, gehört zum US-Medienkon-
zern Comcast und ist immer noch der
größte Geldgeber der Liga. Sky zahlt etwa
eine Milliarde Euro pro Spielzeit.
Die 36 Bundesligavereine der ersten
und zweiten Liga hängen also am Tropf
der Geldgeber aus der Medienbranche.
Wie gefährlich das sein kann, zeigt sich
jetzt in der Corona-Pandemie in aller Deut-
lichkeit. Bundesligaspiele sind derzeit
nicht möglich. Wenn die Bundesliga aber
keine Ware – also Fußballspiele – liefert,
dann müssen die Sender auch nicht zah-
len. Viele Fußballvereine geraten ohne die
üppigen Fernsehgelder aber in arge wirt-
schaftliche Probleme, stehen teilweise so-
gar vor dem Aus. „Wenn wir die nächsten
Monate nicht mehr spielen, dann säuft die
ganze Bundesliga ab“, sagt Hans-Joachim
Watzke, der Geschäftsführer von Borussia
Dortmund.
Die größte Not ist zwar gelindert, weil
Sky und fast alle anderen Sender vorerst
weiter zahlen wollen. Dafür muss die Bun-
desliga aber bald weitergehen. Vielleicht
wird es von Mitte Mai an Geisterspiele oh-
ne Zuschauer geben, die dann übertragen
werden, aber sicher ist das nicht. Ohnehin
gibt es jetzt schon Probleme. Sky als größ-
ter Geldgeber sowie die Öffentlich-Recht-
lichen und kleinere Sender wie Sport 1 ha-
Zeitung GmbH,
GmbH, München
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der Selbstverleugnung ging. Sie hat es Hannelore Kohl war die Frau, die dem
ihrem Ehemann ermöglicht, Kanzler zu Politiker Helmut Kohl das Familienleben
werden und ganz lange Kanzler zu bleiben, organisierte; sie war zunächst die mehr
weil, ja, weil sie die Rolle der Frau im oder weniger alleinerziehende Mutter der
Schatten tapfer und mit fast befremdlich gemeinsamen Kinder Walter und Peter; sie
duldsamer Disziplin und Leidenschaft ge- war die Frau, die die Fassade malte, vor der
spielt hat. Sie war keine emanzipierte Frau, Helmut Kohl politisch agierte; sie malte
aber sie war sehr souverän in ihrer Nicht- das Bild der glücklichen Familie, in der sich
emanzipation. Davon handelt der Film, der Helmut Kohl präsentieren konnte wie der
am 1. Mai in der ARD gezeigt wird. Der Titel Osterhase im Nest. Die alljährlichen Ur-
heißt schillernd mehrdeutig Die erste Frau. laubsinszenierungen am Wolfgangsee gin-
gen ihr gegen den Strich, aber sie zeigte es
Die Urlaubsinszenierungen am nicht; sie machte das mit.
Warum hat sie das mit sich machen las-
Wolfgangsee gingen ihr gegen sen? Warum hat sie das getan? Der Film
den Strich, aber sie machte mit von Stefan Aust und Daniel Bäumler, den
der Ufa-Chef Nico Hofmann produzierte,
Die Kaiser im alten Rom haben das Bild, ist keine Psychoanalyse. Aber man kann
das sich die Welt von ihnen machen sollte, sich nach diesen eineinhalb Filmstunden
selber geprägt: Auf den Münzen, die sie mit heute oft sehr fremden Bildern aus der
schlagen ließen, sehen sie daher so aus, wie Zeit der alten Bundesrepublik einen Reim
sie aussehen wollten – stark und macht- auf diese Fragen machen: Da ist das Mäd-
voll. Die Münzbilder waren Propaganda. chen Hannelore, genannt Püppi, aus Leip-
Sie brachten die richtige Botschaft unters zig, dort mit ihrem Nazi-Vater in gesicher-
Volk: den ewig jungen Herrscher. So etwas ten, großbürgerlichen Verhältnissen aufge-
Ähnliches schaffte auch Hannelore Kohl; wachsen; aus Püppi wird am Ende des
sie prägte das Bild von ihrem Mann, das der Kriegs ein Flüchtlingsmädchen, dem als
für seine Wählerschaft brauchen konnte Zwölfjähriger von russischen Soldaten „Ge-
und haben wollte: Der Politiker, der nicht walt angetan“ wurde, wie es in Film diskret
nur ein leidenschaftlicher Politiker ist, son- heißt. Es folgt der soziale Absturz in der
dern auch der engagierte Familienvater, neuen Heimat, die ihr keine Heimat ist; die
der er in Wahrheit absolut nicht war. Familie haust bei Verwandten im rheinland-
Angst vor der Pleite
Am 29. April 2000 schloss die DFL den ersten Fernsehdeal mit Leo Kirch – der
zeigte die Spiele bei Premiere. FOTO: NORBERT FÖRSTERLING/PICTURE-ALLIANCE/DPA
ben zwar zugesagt, die nächste Rate zu Die DFL rechnet offenbar damit, dass Eu-
überweisen. Eurosport jedoch will laut In- rosport versucht, den Vertrag demnächst
sidern nicht zahlen, es geht angeblich um außerordentlich zu kündigen, weil die ver-
eine Rate von etwa 25 Millionen Euro. Der sprochene Ware, also die Spiele, nicht ge-
Sender, der zum US-Konzern Discovery liefert werden. Sollte das rechtswirksam
gehört, hatte die Pay-Rechte an den Frei- sein, müssten die TV-Rechte eigentlich
tags- und Sonntagsspielen für insgesamt neu ausgeschrieben oder anders verge-
etwa 80 Millionen Euro im Jahr erworben, ben werden, damit die Bildschirme nicht
diese wurden dann aber an den Streaming- leer bleiben. Nach Maßgabe des Bundes-
dienst Dazn weitergegeben, der seitdem kartellamts dürfen nicht alle Bezahlrech-
die Partien überträgt. te in einer Hand sein, damit wäre Sky als
Unklar ist, wie es jetzt weitergeht. Im Bieter aus dem Rennen. Als Interessenten
Extremfall könnten keine Spiele an Freita- gäbe es dann noch Dazn oder Anbieter wie
gen und Sonntagen mehr zu sehen sein. Amazon Prime.
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
FOTO: HELMUT R. SCHULZE/NDR
pfälzischen Mutterstadt in der Waschkü-
che. Die junge Hannelore sucht neue Sicher-
heit und findet sie bei Helmut Kohl, seiner
unglaublichen Selbstsicherheit und seiner
märchenhaften Karriere.
Das Märchen hieß: Von einem, der aus-
zog, das Fürchten zu lernen. Da, wo im
Märchen das Märchen mit dem Gewinn
des Königreichs endet, ging es bei Kohl erst
richtig los – weil er mehr konnte als der
Held des Märchens, dem nie einer hilft, der
alles alleine schaffen musste. Helmut Kohl
stammte aus kleinen Verhältnissen; aber
die Gescheiten, die Wohlhabenden, die Arri-
vierten – er stach sie nicht nur aus, er zog
sie in seinen Bann. Sie mochten ihn und sie
fürchteten ihn. Kohl hatte nämlich ein ent-
waffnendes Talent, stärker als Gelehrsam-
keit, weltläufiges Auftreten und geschliffe-
ne Rede: Er konnte für sich begeistern und
er hatte damit Erfolg.
Er hatte aber auch die furchtbare Gabe,
seine Freunde zu opfern, wenn sie sich sei-
nem Zugriff entzogen, wenn sie ihm nicht
mehr bedingungslos folgten. Es gab für
Kohl nur Gut und Böse, Freund oder Feind,
und wer sich von ihm lossagte, war und
blieb ein „Verräter“ und „Verbrecher“.
Hannelore Kohl folgte ihrem Helmut un-
erschütterlich auf seinem Weg durch seine
binäre Welt. Sie wollte sich die mit ihm ge-
wonnene Sicherheit nicht mehr nehmen
Drängender noch ist die Frage, wie es
grundsätzlich weitergeht. Eigentlich woll-
te DFL-Chef Christian Seifert in diesen Ta-
gen die Fernsehrechte für die vier Spielzei-
ten 2021/22 bis 2024/25 versteigern, er
hofft dabei wieder auf Milliardeneinnah-
men. Doch die Auktion wurde wegen der
Corona-Krise verschoben, erst einmal auf
den Sommer, manche erwarten auch,
dass es Herbst werden kann. Denn zu-
nächst muss klar sein, wie es mit der Bun-
desliga mittelfristig überhaupt weiter-
geht: Wird die laufende Saison zu Ende ge-
spielt, findet die nächste wie geplant
statt? Die Medienunternehmen, die mit-
bieten sollen, müssen gleichzeitig auch ir-
gendwie aus der Corona-Krise kommen.
Sky, Dazn und andere leiden, sie können
keinen Sport zeigen, die Abonnenten lau-
fen weg, neue Kunden kommen nicht hin-
zu. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die
Fernseherlöse für die DFL erneut steigen.
Immerhin: Der neue Sky-Chef Devesh
Raj, erst seit Januar im Amt, hat mit der
Vorabüberweisung der letzten Rate (im-
merhin mehr als 250 Millionen Euro) gu-
ten Willen gezeigt, Verlässlichkeit bewie-
sen und lässt sich bereits als „Retter des
deutschen Fußballs“ feiern. Aber Sky
kann sich trotzdem nicht sicher sein, bei
der nächsten Rechtevergabe zum Zug zu
kommen. Das Verfahren muss diskrimi-
nierungsfrei und transparent ablaufen.
„Individuelle Vor- oder Nebenabsprachen
mit einzelnen Bietern sind dabei nicht zu-
gelassen“, heißt es bei der DFL. Einen ge-
wissen Spielraum, einen Bieter zu bevor-
zugen, gibt es nur, wenn die Angebote we-
niger als 20 Prozent auseinanderliegen. Ei-
ner der Beteiligten sagt dazu: „Im Fußball
gibt es keine Loyalitäten, wenn es ums
Geld geht.“ caspar busse
lassen, nicht von den Gerüchten über Affä-
ren ihres Mannes; nicht von den Tuschelei-
en über sein Verhältnis zu seiner Büroleite-
rin Juliane Weber, mit der er in Bonn von
1976 bis 1982 in einer Art WG zusammen-
lebte; nicht von den Schmähungen, die
Kohl und seine Familie ertragen müssen;
nicht vom RAF-Terror, dessentwegen das
Familienhaus in Oggersheim zu einer Fes-
tung ausgebaut wurde. Heftig erschüttert
wird die Sicherheit der Hannelore Kohl
erst, als nach dem Ende der Kanzlerschaft
Kohls versucht wurde, sie in die Spenden-
affäre ihres Mannes hineinzuziehen und
der von ihr gegründeten Stiftung zu Un-
recht etwas anzuhängen.
Der Film ist verschwiegen, er sucht nicht
die Sensation, er ist kein Schlüssellochgu-
cker. Er dokumentiert anschaulich und ein-
fühlsam, er lässt die Kohl-Söhne reden und
einige der Politiker, die Kohl einige Zeit na-
he waren, Kurt Biedenkopf und Bernhard
Vogel beispielsweise. Interessant ist, wer in
dem Film nicht zu Wort kommt, wohl nicht
zu Wort kommen wollte, weil Kohl sie zu sei-
nen Feinden erklärt hatte: Merkel nicht,
Schäuble nicht, Geißler nicht, Blüm nicht –
obwohl die Anfänge des Films bis ins Jahr
2011 zurückgehen.
„Ich verbrenne von innen“ –
dieser Satz von ihr sagt
viel über ihre Seele aus
Es ist ein Film über Hannelore Kohl;
aber es gibt auffallend lange, zu lange Pas-
sagen, die nur von Kohls Politik handeln
und von ihrer Person ganz abgehängt sind:
der Machtkampf zwischen Strauß und
Kohl; Reagan; Gorbatschow, die Einheit.
Die Bilder davon sind spannend, aber wie
hineingeschnitten, sie haben keinen Bezug
zu ihr; da steht sie auch im Film im Schat-
ten. Wo ist sie da? Wie geht es ihr? Welche
Grundhaltung hatte sie? Hatte sie eine?
Sohn Peter ist sich sicher: Wenn seine
Mutter mit einem Karrierepolitiker aus der
SPD verheiratet gewesen wäre, hätte sie
wohl auch deren Parteiprogramm vertre-
ten: „Also, sie ist nicht auf die Welt gekom-
men, um CDU-Mitglied zu sein. Das war die
Partei ihres Mannes, das war unsere Le-
bensgrundlage. Das war die Firma, bei der
er war.“
Von einer Frau wie Rita Süssmuth, die
vier Jahre später geboren ist, war Hannelo-
re Kohl weit entfernt. Süssmuth hat der
CDU den Feminismus beigebracht; wahr-
scheinlich hätte es ohne sie nie eine Kanzle-
rin Angela Merkel gegeben. Aber ohne Kohl
hätte es nie eine Politikerin Süssmuth gege-
ben. Er hat sie (auf Rat des damaligen CDU-
Generalsekretärs Heiner Geißler) 1985 zur
Bundesministerin gemacht – auch wenn
sie ihm und den sonstigen Patriarchen der
Union dann schnell auf den Geist ging. Pa-
triarchen, so sagt Alice Schwarzer im Film,
müssen Frauen wie Hannelore Kohl an ih-
rer Seite haben, „die relative Wesen sind“.
Ein relatives Wesen? Hannelore Kohl
war ein Kind, eine Frau der Nachkriegszeit.
Ihr Satz „Ich verbrenne von innen“, den der
Film zitiert, sagt viel über ihre Seele aus.
Sie war äußerst diszipliniert, sie wollte die
Rolle, die sie spielte, die der Mutter und der
Begleiterin ihres Mannes, möglichst per-
fekt spielen. Es war zu viel für sie, dass das
ihren Mann zuletzt, ohne seinen politi-
schen Erfolg, nicht mehr interessierte.
Durch die Verleumdung ihrer Stiftungsar-
beit im Zuge der Spendenaffäre habe man
ihr das Gesicht genommen, erklärt ihr jün-
gerer Sohn. Die Lichtallergie, die sie über-
fiel, war, so meint eine Freundin, Ausdruck
für das dringende Bedürfnis, sich aus dem
Licht der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Von den Schmerzen konnte sie sich nur
selbst erlösen. Die Wegbegleitung war zu
Ende.
Hannelore Kohl – Die erste Frau, Das Erste, Frei-
tag, 18.30 Uhr.
ABSPANN
Selber
sauber machen
Es ist ja angeblich die Zeit für neue Projek-
te. In Deutschland wollen sich manche
am selbstgemachten Sauerteigbrot pro-
bieren, in anderen Ländern hat man ganz
andere Probleme. Die Corona-Krise führt
etwa in Brasilien dazu, dass die Haus-
haltshilfen fernbleiben, die sich hier tradi-
tionell auch der Mittelstand leistet. Gutsi-
tuierte Brasilianer haben eine „emprega-
da“, die in aller Frühe mit dem Bus ange-
fahren kommt und den Hausputz über-
nimmt. Nun müssen die Arbeitgeber,
manche zum ersten Mal, selber sauber
machen. Nur, wie geht das eigentlich?
Brasilianische Medien liefern Schritt-
für-Schritt-Anleitungen: „Wie man jede
Ecke der Wohnung putzt und welche Pro-
dukte man braucht“, titelt etwa das Medi-
enimperium Globo und lässt zwei Infek-
tiologen strenge Putzregeln für die Qua-
rantäne aufstellen: Mindestens täglich al-
les abwischen, Toilette und Waschbe-
cken zusätzlich desinfizieren. Die Zei-
tung Folha de São Paulo hat etwas gemä-
ßigtere Tipps: Einmal pro Woche vom Ba-
dezimmer zur Küche putzen reicht. Da-
bei ratsam: Die Bewohner, insbesondere
Kinder, in ihre Zimmer stecken, damit
die nicht wieder alles dreckig machen.
Soweit die Theorie, aber wer beim
Wischen bisher nur Zuschauer war, kann
überfordert sein. Die Fernsehmoderato-
rin Silvia Poppovic, 65, verriet der Zeit-
schrift Istoé ihre Schwierigkeiten: „Ich
hatte immer Menschen, die mir helfen.“
Nun habe sie ihren Angestellten freigege-
ben. Überrascht war Poppovic wohl, als
sie den Putzmittelschrank öffnete: „Wo-
für ist was? Ich muss eine Menge Dinge
lernen.“ aurelie von blazekovic
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
SPORT
B U N D E S L I G A - N E U S TA R T
Geschniegelt
und gedeckelt
von philipp selldorf
B
is die Bundesliga wieder in Betrieb
gehen darf, lässt die ARD in ihrer
„Retro-Sportschau“ den Fußball
von gestern und vorgestern rollen. Die ak-
tuell verschobenen Begegnungen setzt
sie mit Archivmaterial ins Bild und er-
zeugt damit ein herzerwärmendes nostal-
gisches Vergnügen. Man erfreut sich so
zum Beispiel am liebenswürdigen Mode-
rator Adi Furler und an einem Zweitliga-
spiel 1985, das im Februar auf betonhart
gefrorenem Boden vor 5000 Fans ausge-
tragen wurde. Im Stadion ist es so kalt,
dass man noch 35 Jahre später am Bild-
schirm friert. Spieler heißen „Beppo“
oder „Zimbo“ und sehen auch so aus, Lo-
thar Matthäus gibt ein Interview auf dem
Weg in die zweite Halbzeit, und der blond-
gelockte Jürgen Klinsmann gleicht dem
jungen Prinzen Siegfried, rennt allen da-
von und schießt dann doch blindlings
den Torwart an, was der Kommentator
als „typisch“ bezeichnet.
Ein Umdenken? Die DFL will
finanzielle Auswüchse bändigen
Die Bundesliga war auch damals eine
Seifenoper, aber natürlich in ganz ande-
rer Erzählweise und unter anderen Bedin-
gungen als heute. Das rohe Modell von
früher und die geschniegelte Edition der
Gegenwart verhalten sich zueinander wie
zwei Kinoklassiker, die auf gleicher Hand-
lung beruhen und künstlerisch als Origi-
nal und Neuauflage nebeneinander beste-
hen können. Also ungefähr wie „Cape Fe-
ar“ („Ein Köder für die Bestie“) mit Grego-
ry Peck und Robert Mitchum von 1962
und „Cape Fear“ mit Nick Nolte und Ro-
bert de Niro von 1991. Beide Varianten,
die schwarz-weiße und die farbige, ha-
ben ihre Vorzüge, das eint sie.
Wenn jetzt Fußball-Leute davor war-
nen, dem Land werde eine Traditionsin-
stitution verloren gehen, falls die Klubs
die Saison nicht zu Ende spielen dürften,
ist das wahrscheinlich nicht übertrieben.
Es wäre dann womöglich nicht mehr „die
Liga, wie wir sie alle kennen“ (DFL-Chef
Christian Seifert), sie könnte um vertrau-
te Mitglieder dezimiert werden oder sich
noch mehr als bisher externen Geldge-
bern ausliefern. Zurzeit sind die Signale
der Politik aber positiv: Die Sportminis-
ter der Länder haben ihren Beschluss der
Vorwoche bestätigt, die Fortsetzung der
Saison für „vertretbar“ zu halten; das
Bundesarbeitsministerium stuft das Si-
cherheitskonzept der DFL als tragfähig
ein. Nächste Woche könnten Bund und
Länder den Neustart bewilligen – beim
Gipfeltreffen vor dem Maifeiertag steht
das Thema noch nicht auf der Agenda.
Die Politiker haben also noch Zeit, um
die gesellschaftliche Debatte zum Für
und Wider des Neustarts zu verfolgen.
Pünktlich dazu hat Seifert im Namen der
Liga dem Diskurs eine Note der Demut
und Einsicht zugefügt. Es gebe „tiefsit-
zende Vorbehalte“ gegenüber dem Profi-
fußball „in seiner jetzigen Form“, hat er
der FAZ erklärt – und Besserung gelobt.
Die Liga will eine Kommission namens
„Zukunft Fußball“ gründen, um zu bere-
den, wie man die Geister bändigt, die der
Fußball-Kapitalismus geboren hat: die in-
flationären Gehalts- und Ablösezahlun-
gen, den „medialen Gigantismus“ (Sei-
fert), die Bilder der Dekadenz aus dem Lu-
xusleben der Stars. Es soll auch um Ober-
grenzen der Bezahlung geben, da möchte
man viel Glück wünschen: Der globalisier-
te Wettbewerb liefert zig Gründe, um an
der Realisierung von Gehaltsdeckeln zu
zweifeln. Vorerst soll daher die ohnehin
verpönte Spielerberaterbranche dran
sein, da ist öffentlicher Beifall sicher.
Die Botschaft ist mit Kalkül platziert,
aber angebracht. Ob die Initiative etwas
bewirkt? Das Motiv ist nicht neu. Der Bre-
mer Marco Bode sagte schon vor 20 Jah-
ren, die Gehälter der Fußballer seien „ab-
surd“, gegenüber einer Krankenschwes-
ter habe er „keine Argumente“. „Scheiß
Millionäre“ riefen die Kurven bereits in
den Neunzigern, und auch in den nostalgi-
schen Zeiten gab es Proteste gegen die
Großverdiener. Abwarten, wie das Publi-
kum urteilt, wenn die Retro-Sportschau
wieder für neue Erzählungen weicht.
Philipp Selldorf sah früher
lieber die Sportschau als die
Serie „Kung Fu Fighting“.
Warum Hansi Flick Miroslav Klose in
seinen Trainerstab beim FC Bayern
aufnehmen will  Seite 30
Coachen
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von johannes aumüller,
claudio catuogno
und thomas kistner
A
nfang der Woche ist im kleinen
Städtchen Bellinzona ein Pro-
zess geplatzt, der Aufsehen er-
regt hatte über die Grenzen der
ja auch nicht so großen Schweiz
hinaus: der „Sommermärchen“-Prozess.
Franz Beckenbauer, die Fußball-WM
2006 in Deutschland, ein mysteriöser Kre-
dit und verschobene Millionen – darum
war es gegangen. Auch für die Bundesan-
waltschaft in Bern war das kein alltägli-
ches Verfahren. Die BA, die oberste Ermitt-
lungsbehörde der Schweiz, sitzt an rund
zwei Dutzend Ermittlungen zu den Untie-
fen des internationalen Fußballs – aber
das „Sommermärchen“ war ihr mit Ab-
stand prestigeträchtigster Fall.
Mehr als vier Jahre lang wurde ermit-
telt. Nun ist alles verjährt. Blöd gelaufen –
oder hat das Scheitern System?
Das Echo für die Schweizer Justiz ist
jedenfalls verheerend. Die Aufsichtsbehör-
de über die Bundesanwaltschaft, kurz: AB-
BA, zeichnet in einem Disziplinarreport
auf gleich 48 Seiten ein vernichtendes Bild
der Zustände in der Behörde des Bundes-
anwalts Michael Lauber, 54. Und an einem
der wenigen, kurz vor der Verjährung eilig
zusammengestöpselten Verhandlungs-
tage im März wurde auch das Bundesstraf-
gericht in Bellinzona deutlich: In den Er-
mittlungen seien „Umstände zutage“ ge-
treten, die „umfassende Beweisverwer-
tungsverbote zur Folge haben könnten“.
Der Eindruck, der sich aufdrängt: dass
das geplatzte Sommermärchen bald nur
Eintrag von vielen sein wird auf einer lan-
gen Liste der versandeten oder vermassel-
ten Fußball-Ermittlungen in der Schweiz.
Kürzlich erst implodierte ein weiteres
Bestechungsverfahren, das einen Haupt-
darsteller im Weltfußball tangierte: das
Emirat Katar – und dessen einflussrei-
chen Multifunktionär Nasser Al-Khelaifi.
Auch bei diesem Verfahren lohnt es sich,
die Umstände genauer zu beleuchten.
Denn auch bei Verfahren schwingt all das
mit, was den Chefermittler Lauber inzwi-
schen ins Zentrum eines Justizskandals ge-
rückt hat: die (viel zu) engen Verbindun-
gen Laubers zum Präsidenten des Fußball-
Weltverbands Fifa, Gianni Infantino – fest-
zumachen an mehreren Geheimtreffen
Staatsanwalt Pahud leitet die
Ermittlungen. Seine Ehefrau
arbeitet bei der Uefa
der beiden, von denen sie eines angeblich
vergessen haben. Die fatalen Auswirkun-
gen dieser Kungeleien auf die Fußball-Ver-
fahren – eines musste schon eingestellt
werden wegen Befangenheit der BA-Ver-
treter. Und die insgesamt fragwürdige Er-
mittlungsarbeit der Bundesanwaltschaft,
die nur mit Schlamperei und Unfähigkeit
kaum noch zu erklären sein dürfte.
Nasser Al-Khelaifi also, 46 Jahre. Präsi-
dent eines katarischen Staatsfonds, CEO-
von BeIn Sports, des führenden Sportsen-
ders der Region, sowie Präsident des fran-
zösischen Meisterklubs Paris Saint-Ger-
main. Lange musste Al-Khelaifi eine An-
klage fürchten: Er soll den früheren Fifa-
Generalsekretär Jérôme Valcke im Zusam-
menhang mit der Vergabe von TV-Rechten
bestochen haben. Von einer Villa auf Sardi-
nien, der „Villa Bianca“, wird noch die Rede
sein, ein vorzügliches Objekt, wenn man je-
manden bestechen will.
Aber nun, Überraschung, bleibt gegen
Al-Khelaifi nur der Verdacht auf „Anstif-
tung zu ungetreuer Geschäftsbesorgung“
übrig. Eine Lappalie im Vergleich. Zer-
schossen hat das Verfahren ausgerechnet
der Weltfußballverband Fifa selbst – also
eigentlich ja die Geschädigte, wenn ihre
TV-Rechte den Besitzer wechseln, Teile
des Erlöses aber ganz woanders landen.
Doch im Januar, kurz vor der Anklage-
erhebung, schlossen die Fifa-Juristen
plötzlich eine gütliche Einigung mit Al-
Khelaifi ab. Damit konnte die BA den Beste-
chungsvorwurf nicht weiter verfolgen, aus
formalen Gründen.
An diesem Dienstag gab die BA be-
kannt: Im September geht auch die Causa
Al-Khelaifi/Valcke nach Bellinzona vors
Bundesstrafgericht. Als abgespeckte Vari-
ante, die den Katarer nicht mehr groß sor-
gen muss. Und auch dieser Prozess führt
nun zu neuen Irritationen rund um die BA.
Im Zentrum steht – wie schon beim Som-
mermärchen – unter anderem die Frage,
wen die Chefs der Behörde mit der Leitung
dieses wichtigen Verfahrens betrauten.
Das Verfahren basierte auf einer Anzei-
ge der Fifa Ende 2016. Eröffnet wurde es in
der BA im März 2017 von Staatsanwalt
Cédric Remund. Aber im September 2017
übernahm die Leitung sein Kollege Joël
Pahud – das erscheint nun problematisch.
Pahuds Ehefrau arbeitet seit 2014 in der
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Befangen in Bern
Der geplatzte Sommermärchen-Prozess ist nur eines von vielen verpatzten
Fußball-Verfahren in der Schweiz. Auch der Katarer Nasser Al-Khelaifi
muss die Justiz nun nicht mehr fürchten. Hat das Scheitern System?
Bild oben: Der Mann, der alles im Griff hat – sogar die Schweizer Justiz:
Fifa-Präsident Infantino. Bild unten: Die „Villa Bianca“ auf Sardinien, die der
ehemalige Fifa-General Valcke nutzen durfte, während der Katarer Al-Khelaifi bezahlte.
Bestechung? Man wird es nie erfahren. FOTOS: ULMER / IMAGO; POLIZEI-HANDOUT / AFP
PSG-Chef Nasser Al-Khelaifi Ex-Fifa-General Jérôme Valcke
FOTO: PARIS / DPA FOTO: COFFRINI / AFP
Rechtsabteilung der europäischen Fuß- schäftsmann in jedem Fall. Laut Mittei-
ball-Union Uefa. Diese familiäre Konstella- lung der BA ergaben die Nachforschungen
tion birgt vielfältige Interessenskonflikte. eigentlich durchaus, dass der damalige
Und zwar just in Pahuds Al-Khelaifi-Ver- Fifa-Spitzenmann Valcke von den Mitbe-
fahren: Der Katarer ist seit Februar 2019 schuldigten „nicht gebührende Vorteile“
Vorstandsmitglied in jener Uefa, die Frau erhalten haben soll. Al-Khelaifi jedenfalls
Pahud in der Rechtsabteilung beschäftigt. habe die Kosten für eine von Valcke genutz-
Lässt die BA ihren Staatsanwalt Joël te Villa auf Sardinien übernommen: die
Pahud also seit über einem Jahr das Verfah- schmucke „Villa Bianca“ in Porto Cervo.
ren gegen den Chef seiner Frau führen? Geschätzter Wert des Entgegenkommens:
Eine ziemlich drängende Frage, die die BA bis zu 1,8 Millionen Euro. Von dem unbe-
aber nicht beantworten mag. „Mit Ankla- kannten Dritten erhielt Valcke insgesamt
geeinreichung“ sei „die Hoheit (...) auch 1,25 Millionen Euro. Alle diese Nettigkei-
über die Kommunikation zum Verfahren ten sollen im Kontext der Vergabe von TV-
an das zuständige Gericht übergegangen“, Rechten stehen.
teilt sie auf SZ-Anfrage nur mit. Als sei es Die Beschuldigten bestritten jedes Fehl-
Sache des Gerichtes, sich zu konkreten BA- verhalten, im Dezember 2019 kam es zu ih-
Ermittlungen zu äußern. rer Schlusseinvernahme. Und dann das:
Seltsam verlief Pahuds Verfahren ge- Wochen später einigte sich die Fifa außer-
gen Valcke, Khelaifi sowie einen dritten, gerichtlich mit Al-Khelaifi – weitere De-
namentlich bisher nicht genannten Ge- tails unbekannt. Und die BA durfte ihre
Laufen
Marathon-Pionierin Kathrine Switzer im Interview über das
Freiheitsgefühl beim Joggen, aktuelle Trends und ihren
Kampf um Gleichberechtigung  Seite 31
Bundesanwalt Michael Lauber
FOTO: WERMUTH / AFP
Bestechungsvorwürfe gegen den Katarer
einstampfen. Sie gelten nur noch für die
Beziehung zwischen Valcke und dem drit-
ten Geschäftsmann. Bei Al-Khelaifi bleibt
nur Anstiftung zu ungetreuer Geschäftsbe-
sorgung, da Valcke seine Vorteile nicht der
Fifa gemeldet habe.
Erleichterung allenthalben im Umfeld
von Al-Khelaifi – bestimmt auch in der
Uefa-Rechtsabteilung ...
Nachfrage: Hat die BA unter dem Ermitt-
lungsführer Pahud die befremdliche Eini-
gung der Fifa mit Al-Khelaifi je begutach-
tet? Immerhin ist dies ja kein Privatstreit:
Die Fifa hat in den diversen BA-Fußball-
Verfahren eine Stellung als Privatkläger
und „Opfer“ inne – muss sie da nicht alles
zur Aufklärung beitragen? Oder darf sie
im stillen Kämmerlein dealen und so de
facto die Aufklärung jener Vorgänge ver-
hindern, die sie angeblich beklagt? Die BA
Wie der Deutschland-Achter mit der
plötzlich 15 Monate langen Vorbereitung
auf Olympia zurechtkommt  Seite 31
Rudern
FOTO: WAELISCHMILLER/IMAGO
29
schweigt auch dazu, wie zu der drängen-
den Frage, ob sie die Fifa überhaupt noch
als „Opfer“ behandeln kann.
Auch in einem weiteren Fall gibt es heik-
le Berührungspunkte: Die Berner Behörde
ermittelte ab April 2016 zu einem anrüchi-
gen TV-Vertrag, den der damalige Uefa-
Rechtsdirektor in den Nullerjahren mit
korrupten argentinischen Geschäftsleu-
ten unterzeichnet hatte. Sein Name: Gian-
ni Infantino. Der 2016 erst Wochen zuvor
ins Fifa-Amt gewählte Infantino fürchtete
sich vor den Folgen, die der Fall für ihn
selbst haben könnte. Dies geht aus einem
geleakten Mailverkehr hervor, in dessen
Verlauf Infantino einem Freund sogar
beichtet, die Sache bei einem anstehenden
Treff mit Lauber regeln zu wollen (SZ vom
28.04.). Geführt hatte auch dieses Verfah-
ren Staatsanwalt Remund, dem im Som-
mermärchen-Fall Pahud assistierte. Re-
mund hatte gegen „Unbekannt“ ermittelt
– und den Fall Ende 2017 eingestellt, ohne
den Unterzeichner Infantino einzuverneh-
men. War Pahud hier ebenfalls beteiligt?
Die BA will auch das nicht beantworten.
Die Rücktrittsforderungen
gegen Chefermittler Lauber
häufen sich inzwischen
Große Nähe in der kleinen Schweiz. In
Befangenheitsfragen ist schon die Nähe
neuralgisch – nicht erst die ohnehin kaum
überprüfbare Frage, ob und wie diese gege-
benenfalls genutzt wurde. Und hier also:
Ein Staatsanwalt des Bundes, der zentrale
Fußballverfahren führt. Eine Ehepartne-
rin, die in der Rechtsabteilung eines Ver-
bandes wirkt, der wiederholt in BA-Verfah-
ren aufscheint. Gibts da keine Befangen-
heit? Die BA schweigt.
All das passt in das desaströse Bild, wel-
ches die BA in den Fußball-Verfahren ab-
gibt. Insbesondere wegen der bizarren Ge-
heim-Gipfeltreffen ihres Behördenleiters
Lauber mit Fifa-Boss Infantino. Das eige-
ne Aufsichtsgremium hat die BA ange-
zählt, Politiker denken inzwischen laut
über Rücktrittsforderungen nach. Von di-
versen Fußballverfahren ihrer Behörde
wurden der BA-Chef und zwei Untergebe-
ne schon rechtskräftig ausgeschlossen.
Wichtige Ermittlungen versanden.
Und immer wieder der gleiche Ein-
druck: dass Juristen im In- und Ausland
dem BA-Treiben fassungslos zusehen,
während sich eine Partei nie beklagen
kann: Infantino und seine Fifa.
Noch jemand kommt gut weg: Katar.
Die Ermittlung zum Korruptionsverdacht
bei der WM-Vergabe 2022 verlief bisher er-
gebnislos; hingegen halten die US-Ermitt-
ler bereits konkret in einer Klageschrift
fest, dass dieser Zuschlag gekauft worden
sei. Die ominösen Millionen im Sommer-
märchen? Landeten bei einem Fifa-Top-
funktionär in Katar, Mohammed bin Ham-
mam. Aber gegen den wurde nie ermittelt,
nicht mal befragt werden konnte er. Zu-
dem: Das bizarrste der drei Geheimtreffen
von Lauber und Infantino fand im Hotel
Schweizerhof in Bern statt. Der Botschaft
Katars liegt im selben Gebäude, Tür an der
Tür mit „Meeting Room III“. Haben die
dort residierenden Staatsvertreter des
Emirats wirklich nicht mitgekriegt, welch
illustrer Kreis sich zum Date in ihrem
Hauptstadt-Gebäude eingebucht hatte?
Am 16. Juni 2017 versammelten sich
dort ausweislich der BA-Terminkalender
und der Hotelabrechnung fünf Personen,
nur vier sind bisher bekannt: Lauber und
sein Sprecher, Infantino und ein Freund.
Wer der Fünfte war? Klar, das weiß keiner,
wegen dieses verflixten Gruppen-Black-
outs. Sollte es einer aus dem operativen Be-
reich der BA gewesen sein, müsste alleine
dieser Umstand die Fußball-Verfahren
endgültig zerstören; mehr Befangenheit
ginge ja kaum. Doch genau das wird ver-
mutet. Zu einer SZ-Anfrage, ob Remund
oder ein anderer Vertreter dieser Einheit
zugegen war, teilte die BA ausweichend
mit, sie beteilige sich nicht an „Spekulatio-
nen“. In aller Stille wandte sich dann aber
Sommermärchen-Chefermittler Remund
letzte Woche ans Bundesstrafgericht und
bestritt, dass er dabei gewesen sei.
In Berns bröckelnden Justizkreisen ist
nun ein weiterer Name in Umlauf: Joël
Pahud. Die BA sagte auf SZ-Anfrage dazu
wieder nur, dass sie sich nicht an „Medien-
spekulationen“ beteilige.
Den Spitzenkalauer im Schweizer Fuß-
ballkabarett liefert nun aber die Fifa. Tief
geknickt teilt sie zum gescheiterten Som-
mermärchen-Finale mit: „Die Tatsache,
dass der Fall jetzt ohne Ergebnis jeglicher
Art beendet wurde, ist nicht nur für den
Fußball, sondern auch für die Justizverwal-
tung in der Schweiz sehr besorgniserre-
gend.“ Eine erstaunliche Justizkritik von
Infantinos Fifa, wenn man bedenkt, wer
von der Schweizer Justiz auf geradezu
atemberaubende Weise nie etwas zu be-
fürchten hat: Infantinos Fifa.
30 SPORT Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

Rio liegt Starkader positiv beeinflussen, und die Bil-

am Tegernsee
Miroslav Kloses Berufung zum Bayern-Co-Trainer steht bevor
von christof kneer
München – Hansi Flick hat das damals
kommen sehen. Er war im Mai 2018 zwar
nicht mehr für die Nationalelf zuständig,
aber er hatte natürlich noch Kontakt, und
so wusste Flick also: Es könnte eng wer-
den für Leroy Sané. Offenbar gefiel dem
Bundestrainer Löw ja nicht so sehr, was er
da von Sané im Trainingslager in Südtirol
sah, und kurz darauf strich er den Stürmer
tatsächlich aus seinem WM-Kader.
der seiner Spielerkarriere sind frisch ge-
nug, um auch Spieler zu beeindrucken, die
im Jahr 2000 geboren sind. Das ist manch-
mal wichtig in einer Kabine: dass ein Trai-
ner eine Autorität genießt, die aus den Bei-
nen kommt, wenn auch nicht aus dem
Schussbein möglicherweise.
In dem von Anfang an verdächtigen Mit Klose wäre Flicks Trainerteam fer-
WM-Quartier in Watutinki ist dann aber tig gebaut, einer der zentralen Wünsche
auch ohne Sané erstaunlich oft von Sané des Chefcoaches wäre erfüllt. Weil mit Vor-
die Rede gewesen, und nach dem frühen gänger Niko Kovac auch dessen brüderli-
Aus der DFB-Elf hat sich diese These ver- cher Assistent Robert entlassen wurde,
festigt: Mit Sané wäre das nicht passiert. hat Flick sich bisher mit einem kleinen
Eine deutlich interessantere Theorie Mitarbeiterstab begnügt, aber in Zukunft
hat Flick direkt nach der WM aufgestellt. könnte er einem interessanten Mehr-Ge-
Sané hätte es vielleicht in den Kader ge- nerationen-Haushalt vorstehen. Bei der
schafft, meinte Flick damals, wenn im Verteilung der Aufgaben kann Flick, 55,
Trainingslager noch Spieler wie die dann nicht nur auf den Haudegen Her-
2014er-Weltmeister Klose, Mertesacker, mann Gerland, 65, und den Jungakademi-
Schweinsteiger oder Lahm dabei gewesen ker Danny Röhl, 30, zählen, sondern – Ver-
wären. Die, so die These in Kurzform, hät-
ten den flattrigen Jungstar in Betreuung Klose soll die Stürmer coachen –
genommen und ihm so was gesagt wie: gehört bald auch Sané dazu?
„Ein Lichtblick“
Gruppenspiele der Fußball-EM sollen
auch 2021 in München stattfinden
München – Die „Fußball-EM dahoam“
soll es auch 2021 geben – sofern das Coro-
navirus mitspielt. Die deutsche National-
mannschaft würde auch bei der ins kom-
mende Jahr verschobenen Europameis-
terschaft ihre Gruppen-Heimspiele in
München austragen. Der Stadtrat stimm-
te am Mittwoch einer Beschlussvorlage
des Sportreferats zu, an den insgesamt
vier geplanten Partien in der Arena des
FC Bayern festzuhalten.
Der Deutsche Fußball-Bund nahm die
Nachricht mit Erleichterung auf: „Das
war gewiss keine einfache Entschei-
dung“, sagte Vizepräsident Rainer Koch.
Der Bayerische Fußballverband, dem der
Jurist vorsitzt, sei der Stadt „sehr dank-
bar. München ist eine weltoffene Stadt

FCB-Verträge Hau dich rein, Junge, wir brauchen dich!

Bühl kommt, Sauer verlängert
Der FC Bayern hat Nationalspielerin Kla-
ra Bühl vom SC Freiburg verpflichtet. Die
19-Jährige, die als eines der größten Ta-
lente des deutschen Frauenfußballs gilt,
erhält einen Vertrag bis 2022. Bühl, die be-
reits elf Länderspiele bestritt (sieben To-
re), sei „ein unglaublicher Gewinn für
uns“, sagte Bayern-Trainer Jens Scheuer,
der Bühl bereits in Freiburg gecoacht hat-
te. Die künftige Münchnerin debütierte
schon mit 15 Jahren in der Bundesliga.
Sie freut sich nun darauf, ihren „großen
Traum“ Champions League bald zu erle-
ben, zudem seien „die Bedingungen am
Bayern-Campus ausgezeichnet“.
Passend dazu, hat am Mittwoch auch
der Leiter dieses Campus einen neuen
Vertrag unterschrieben: Der FC Bayern
hat Nachwuchsleiter Jochen Sauer, 47,
bis zum Sommer 2023 gebunden. dpa
Den Namen Klose hat Flick damals als
erstes genannt.
Miroslav Klose war als Spieler ein Welt-
star, trotzdem ist er immer unterschätzt
worden. Vor allem in seinem Spätwerk
war Klose mehr als nur ein Weltklassestür-
mer, der alles konnte außer hart schießen;
speziell beim DFB galt Klose als Integrati-
onsbeauftragter und stiller Antreiber, er
hat sich mit 36 im Training noch so reinge-
hauen, dass die 20-Jährigen gar nicht an-
ders konnten, als sich ebenfalls reinzuhau-
en. Der Alte hat das vorgelebt, und manch-
mal, wenn alle gemeinsam auf den Trai-
ningsplatz liefen, hat sich Klose zurückfal-
len lassen, um zu beobachten, welcher von
den Jungen die Ballnetze schleppt und wel-
cher sich zu fein dafür ist. Die, die sich zu
fein dafür waren, bekamen später ein Ein-
zelgespräch von Miroslav Klose.
All das erklärt, warum Flick, der heute
den FC Bayern trainiert, seinen mutmaßli-
chen neuen Co-Trainer mit ebenso viel
Wohlwollen wie Neugier in Empfang neh-
men wird. Noch fehlt Kloses Unterschrift
Zwei, die sich schon lange kennen und schätzen: Miroslav Klose (links) und
Hansi Flick, hier bei der WM 2010 in Südafrika.
unter einen Assistentenvertrag, aber seine
offizielle Aufnahme in Flicks Trainerstab
stehe, so ist zu hören, unmittelbar bevor.
Zwar wird Klose von Juni an den Trainer-
lehrgang besuchen, aber er dürfte oft ge-
nug auf dem Trainingsplatz in München
stehen, erst recht in Corona-Zeiten, da ein
Teil des Lernstoffs aus Hennef wohl ins In-
ternet überführt werden wird.
Klose hat bisher Bayerns U 17-Junioren
FOTO: BERND WEISSBROD/DPA
betreut, seine Qualitäten als Proficoach
sind noch unbekannt, aber was für einen
Typen er da bekommen würde, das zumin-
dest weiß Flick sehr genau. Klose war ja ei-
ner der eifrigsten Mitdenker, als Flick, da-
mals Löws Assistent, vor der WM 2014 in
Brasilien jene Standardsituationen austüf-
teln ließ, die Deutschland auf dem Weg
zum Titelgewinn nutzte. Klose könnte Ar-
beitsethos und Betriebsklima in Bayerns
tragsunterschrift vorausgesetzt – auch
auf Klose, 41, der die Epochen verbindet.
Als Spieler war Klose ein Self-made-Stür-
mer, ein Elite-Internat hat er nie besucht,
aber er hat mit all den Internatskindern zu-
sammen Profifußball gespielt und sie
schon als Spieler ein bisschen gecoacht.
Aber Klose könnte nicht nur die Zeiten,
sondern auch die Kontinente verbinden.
Es dürfte Uli Hoeneß das Herz erwärmen,
wenn er von seinem Tegernsee aus den
Vorstand Oliver Kahn, den Sportchef Ha-
san Salihamidzic, den Trainer Hansi Flick
und dann noch Klose sieht, alles ehemali-
ge Bayern-Spieler; und genauso dürfte es
Flick gefallen, dass er so viel Rio in seinem
Kader findet. Klose, Thomas Müller, Ma-
nuel Neuer, Jérôme Boateng: Sie alle sind
mit ihm 2014 Weltmeister geworden.
Im Münchner Trainerstab könnte Klose
das Coaching der einst in Brasilien lieben
gelernten Standardsituationen überneh-
men, auch für die Stürmer soll er zustän-
dig sein. Gut möglich übrigens, dass dann
auch Leroy Sané in sein Ressort fällt.
und hat sich mehrfach als perfekter Gast-
geber bewiesen.“ Bei der kommenden
EM (geplanter Termin: 11. Juni bis 11. Juli
2021) soll die Mannschaft von Bundestrai-
ner Joachim Löw ihre Gruppenspiele ge-
gen Weltmeister Frankreich, Titelvertei-
diger Portugal und einen noch nicht er-
mittelten Playoff-Sieger in der bayeri-
schen Landeshauptstadt austragen. Au-
ßerdem wird in München ein Viertelfina-
le gespielt. Verkaufte Eintrittskarten be-
halten für das nächste Jahr ihre Gültig-
keit. Fans, die ihre Tickets zurückgeben
möchten, können dies aber tun.
„Die EM bringt viele positive Impulse
für unsere Stadt“, sagte Oberbürgermeis-
ter Dieter Reiter (SPD): „Gerade jetzt brau-
chen wir den Ausblick auf solche Veran-
staltungen.“ Sportreferentin Beatrix Zu-
rek betonte: „Sport gibt vielen Menschen
Halt. Die Verschiebung ins Jahr 2021 ist
ein Lichtblick: Es wird wieder aufwärts
gehen. Das ist ein wichtiges Signal.“
Dass die EM auch 2021 in denselben
zwölf Städten stattfinden wird, ist aller-
dings keineswegs gesichert. sid

Leg alles still in Gottes Hände – Mein Kind

Das Glück, den Schmerz, ist gestorben
den Anfang und das Ende.
Eduard Mörike Den meisten Mitmenschen
ist es nicht möglich,
In Liebe und großer Dankbarkeit nehmen wir Abschied von trauernden Eltern wirklich
N AC H E I N E M E R F Ü L LT E N L E BE N V E R S TA R B K U R Z VOR I H R E M 9 O. GE BU R T S TAG
zu helfen. Aus diesem
U N S E R E GE L I E B T E M U T T E R , S C H W I E GE R M U T T E R , GRO S S M U T T E R , Grund haben sich seit
U RGRO S S M U T T E R U N D S C H W E S T E R Hans Barnerßoi einigen Jahren Selbsthilfe-
gruppen gebildet, um im
* 26. 3. 1929 † 23. 4. 2020
PAU L A M A R I A gemeinsamen Gespräch ihre
Trauer zu teilen.
In lieber Erinnerung trauern um Dich:
F R E I F R AU VO N F E U R Y AU F H I L L I N G Hilda Barnerßoi
Verwaiste Eltern, trauernde
Geschwister, Großeltern
G E B . M AY E R Hans und Monika Barnerßoi
finden hier Hilfe und
Matthias Barnerßoi und Lisa
G E B . E B E R S B E R G 14 . 5. 19 3 0 G E S T. T H A I L I N G 2 4 . 4 . 2 0 2 0 Simon Barnerßoi und Andrea
Unterstützung.
im Namen aller Verwandten Telefon 0 89/48 08 89 90
I N LI E BE U N D DA N K B A R K EI T
www.verwaiste-
O T T O C A J E TA N F R E I H E R R VO N F E U R Y A U F H I L L I N G Die Urnenbestattung findet im engsten Familienkreis in Landshut statt. eltern-muenchen.de
I N E S - H E L E N F R E I F R A U VO N F E U R Y A U F H I L L I N G , G E B . F U N K-T H Y W I S S E N
H E L E N A F R E I I N VO N F E U R Y A U F H I L L I N G U N D D E L F I C U S G R A F D O U G L A S
D I A N A F R E I I N VO N F E U R Y A U F H I L L I N G U N D F R A N Z I S K U S G R A F VO N P R E Y S I N G
I R I N A F R E I I N VO N F E U R Y A U F H I L L I N G
Mit vielen schönen Erinnerungen nehmen wir Abschied
Ohne Dich, zwei Worte so leicht zu sagen von meinem lieben Ehemann, unserem guten Vater und Großvater
I S A B E L L A F R E I F R A U VO N W R E D E- M E L S C H E D E ,
und doch schwer zu ertragen
G E B . F R E I I N VO N F E U R Y A U F H I L L I N G
D R . C L E M E N S F R E I H E R R VO N W R E D E- M E L S C H E D E
B E N E D I K T F R E I H E R R VO N W R E D E- M E L S C H E D E Jochen Laich Hanns-Hermann Weiss
* 01. Oktober 1928 + 26. April 2020
C L A R I S S A F R E I I N VO N W R E D E- M E L S C H E D E *18.1.1955 † 31.3.2020

C O R N E L I A P OV E L , G E B . F R E I I N VO N F E U R Y A U F H I L L I N G Danke sagen wir allen für die tröstenden Worte, In Liebe

die Verbundenheit und die herzliche Anteilnahme Gertraud Weiss, geb. Albrecht
A N D R E A S L . P OV E L Susanne Aulehla, geb. Weiss
F E R D I N A N D P OV E L U N D S O P H I E F R E I F R A U VO N G AG E R N M I T A N AT O L Alexander und Beate Weiss
H U B E R T U S P OV E L Karin Kaunzner Natalie Weiss
C H R I S T O P H P OV E L U N D L U C I A PA B O N A N G U L O Angi Laich
Julia und Marlon Aufgrund der aktuellen Beschränkungen findet die Beerdigung
S T E FA N U N D I R M G A R D M AY E R M I T FA M I L I E im engsten Familienkreis statt.
München, im Jahr 2020
GUT TH AILING
856 43 ST EI N HÖR I NG / OBB.

D I E B E E R D I G U N G F I N D E T A U F G R U N D D E R D E R Z E I T I G E N C O R O N A- PA N D E M I E Unsere Toten sind nicht abwesend sondern nur unsichtbar.

I M E N G S T E N FA M I L I E N K R E I S I M N E U E N F R I E D H O F S T E I N H Ö R I N G S TAT T.
Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.
Augustinus.

Am 20. April 2020 verstarb im Alter von 89 Jahren

Herr Wilhelm Grimm

Wir trauern um unseren ehemaligen Mitarbeiter, der bis zu seinem Übertritt in den
Ruhestand 25 Jahre für unsere Gesellschaft tätig war. Gedenkkerze anzünden
Herr Grimm war ein überaus geschätzter und anerkannter Kollege. Wir gedenken
seiner in Wertschätzung und Dankbarkeit. Abschied nehmen von einem geliebten Menschen ist schmerzlich und braucht Zeit.
Das Trauerportal der Süddeutschen Zeitung, SZ Gedenken, hilft Ihnen dabei und bietet die Möglichkeit,
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen.

Alle Traueranzeigen aus der Zeitung erscheinen zugleich in einer persönlichen Gedenkseite. Die Gedenkseite hilft,
Die Bayerngas-Gruppe trauert um ihren ehemaligen langjährigen
Aufsichtsratsvorsitzenden
das Andenken an den Verstorbenen zu bewahren. Hier können Sie virtuelle Gedenkkerzen anzünden, kondolieren und
persönliche Fotos und Erinnerungen mit Verwandten, Freunden und Bekannten teilen.
Dr. Kurt Mühlhäuser Zudem können Sie im Trauerportal nach den Traueranzeigen aus der Süddeutschen Zeitung suchen.
der am 18. April 2020 verstorben ist.
Kontakt: beratung@sz-gedenken.de oder www.sz-gedenken.de
Dr. Mühlhäuser war lange Jahre für unser Unternehmen engagierter Lotse und
Impulsgeber. Von besonderem Wert war für uns seine hohe Identifikation mit unserem
Unternehmen und dem Gasgeschäft insgesamt. Dafür sind wir ihm sehr dankbar.

Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.

Im Namen der Bayerngas-Gruppe und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Günter Bauer
Geschäftsführer
Bayerngas GmbH

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DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
Premierminister
pfeift ab
Signal in Frankreich: Der Fußball
muss die Saison abbrechen
Paris – Die Vereinsoberen von Paris Saint-
Germain hatten Neymar schon angeru-
fen, um ihn aus der Corona-Pause in der
brasilianischen Heimat nach Frankreich
zurückzubeordern. Von 11. Mai an sollte
der PSG-Topstürmer das Mannschafts-
training wieder aufnehmen. Auch die üb-
rigen französischen Profivereine hatten
geplant, den Betrieb zu diesem Zeitpunkt
neu anzufahren. Doch sie hatten die Rech-
nung ohne Édouard Philippe gemacht.
Der Traum der Fußballbosse, sie könn-
ten ihr Geschäft trotz Epidemie fortset-
zen – Frankreichs Premierminister hat
ihn mit kompromissloser Härte zerstört:
„Die Saison 2019/2020 des Profisports
kann nicht wieder aufgenommen wer-
den, das gilt auch für den Fußball“, ver-
kündete Philippe im Parlament. Für die
Kicker gilt dasselbe wie für alle Mann-
schaftssportler im Land: Ihr Sport bleibt
verboten. Generell dürfen vor September
keine Großereignisse stattfinden, was so-
gar die Tour de France ins Wanken brin-
gen könnte. Die Rundfahrt wurde am 15.
April um zwei Monate verlegt und soll
nun vom 29. August bis zum 20. Septem-
ber stattfinden. Das Sportministerium
teilte nach Philippes Rede zwar mit, dass
die Tour nach wie vor machbar sei, mit
weniger Zuschauern etwa. Tour-Direktor
Christian Prudhomme hatte sich dage-
gen zuletzt aber stets gewehrt.
Womöglich könnte das
französische Beispiel
sogar Schule machen
Mit der französischen Ligue 1 bricht in-
des die erste große europäische Fußballli-
ga die Spielzeit ab – und steuert auf eine
womöglich existenzbedrohende Krise zu.
Jedenfalls zeigen sich die Vereine, die im
Dachverband LFP zusammengeschlos-
sen sind, weit stärker erschüttert als am
Wochenende von der Nachricht, dass Ju-
nior Sambia von Montpellier HSC, der ers-
te coronakranke Spieler der Liga, auf der
Intensivstation liegt. Wie gelähmt hat die
LFP den erzwungenen Saisonabbruch
erst mal nur „zur Kenntnis genommen“.
Die 20 Klubs waren fest davon ausgegan-
gen, von Mitte Juni bis Anfang August die
unterbrochene Saison zu Ende spielen zu
können. Nun aber ist nach 28 Spieltagen
Schluss: PSG ist Erster, Marseille Zwei-
ter, Rennes Dritter. Toulouse und Amiens
liegen auf Abstiegsplätzen. Inwieweit die
Tabelle gewertet wird, ob Paris zum Meis-
ter gekürt wird – das ist noch offen.
Womöglich macht das französische
Beispiel sogar Schule. Die Bundesliga
mag sich nicht davon abbringen lassen,
die Saison fortzusetzen, Spanien will sich
hier lieber an Deutschland als an Frank-
reich orientieren. In Italien dagegen ver-
lautbart der Sportminister schon unter
Verweis auf Frankreich, die Wahrschein-
lichkeit sei gering, dass die Serie A noch
beendet werde – die Vereine sollten sich
auf die nächste Saison konzentrieren.
So weit sind aber die französischen
Profivereine selbst noch nicht. An diesem
Donnerstag schaltet sich der LFP-Verwal-
tungsrat zunächst zu einer Krisensitzung
zusammen, um zu klären, was das Spiel-
verbot wirtschaftlich bedeutet. Ginge die
Saison regulär zu Ende, würden die Verei-
ne noch 278 Millionen Euro an Fernseh-
rechten von den Sendern Canal Plus und
BeIn Sports einstreichen. Canal Plus hat
aber schon wissen lassen, dass das Unter-
nehmen nichts mehr zahlt.
Für die Klubs kommt der Ausfall aus
Zuschauereinnahmen und Sponsorengel-
dern hinzu. Außerdem belasten hohe
Spielergehälter die Kassen: Eine Anfang
April mit der Spielergewerkschaft UNFP
geschlossene Grundsatzvereinbarung,
dass die Bezüge vorübergehend um bis
zu 50 Prozent sinken können, konnte auf
Vereinsebene bisher kaum umgesetzt
werden. All dies könnte für reiche Vereine
wie PSG verkraftbar sein. Dagegen könn-
te Marseille, das schon die Vorsaison mit
einem Verlust von 91 Millionen Euro ab-
schloss, bald ums Überleben kämpfen.
PSG will in der Champions
League weiter antreten – und
notfalls im Ausland spielen
Vor der LFP-Krisensitzung herrscht
auch noch Streit. Viele Vereine wollen
den Saisonabbruch hinnehmen, sie set-
zen darauf, stattdessen die nächste Spiel-
zeit Anfang August zu starten, vor leeren
Rängen. Das brächte frisches Geld, denn
zur neuen Saison beginnt ein lukrativer
Vertrag mit einem neuen Fernsehrecht-
einhaber. Das Pariser Sportministerium
will den Vorschlag zumindest prüfen.
Manche Klubs allerdings wollen die alte
Spielzeit partout nicht abhaken, darunter
Olympique Lyon. Der Verein ist nach jetzi-
gem Stand für keinen internationalen
Wettbewerb qualifiziert. Er dringt daher
darauf, im August Entscheidungsspiele
im Playoff-Modus auszutragen.
Auch Paris hat noch nicht abgeschlos-
sen mit dieser Saison – vor allem nicht in
der Champions League, die bei PSG das
Maß der Dinge ist. Nachdem das Team
von Trainer Thomas Tuchel mühselig das
Viertelfinale erreicht hat, will Präsident
Nasser al-Khelaïfi den Traum vom Euro-
pa-Titel 2020 noch nicht aufgeben. Er
droht, Philippes Verbot schlicht zu umge-
hen und sagt über eine mögliche Fortset-
zung der Königsklasse: „Wenn es in
Frankreich nicht möglich ist, werden wir
unsere Spiele im Ausland austragen.“ Viel-
leicht in Deutschland? leo klimm
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Seit Jahren erringt der Deutschland-Achter dank seiner punktgenauen Vorbereitung große Siege. Doch nun erstreckt
sich diese Phase plötzlich über 15 Monate, die Siegesgewissheit leidet und das Boot steuert erstmals auf unbekanntem Kurs
von volker kreisl
München – Alles muss locker und leicht
aussehen. Die Arme brennen, die Ober-
schenkel sind schwer wie Blei, die Lunge
ist leer, das Herz hämmert, das Laktat
lähmt, aber alles muss schön leicht ausse-
hen. In einer geschmeidigen, fließenden,
aufeinander abgestimmten Form müssen
acht einzelne Ruderer zu einem Gesamt-
körper verschmelzen, der scheinbar mit
Leichtigkeit übers Wasser fliegt.
Nur, so schnell wird diesmal nichts flie-
gen. Auch wenn vor ein paar Tagen endlich
das Training begann, so darf der Deutsch-
land-Achter, der eigentlich Neuner heißen
müsste, weil auch Steuermann Martin Sau-
er darin sitzt, wegen der Pandemie nur un-
ter Abstandsregeln trainieren. Man ist auf-
geteilt in vier Zweierboote, und Sauer
muss noch an Land bleiben. Die Riemen-
Ruderer steigen am Stützpunkt in Dort-
mund nach der Ankunft quasi direkt ins
Boot und duschen nach dem Training zu
Hause. Wie lange das dauert, und wann
das Team wieder in Topform kommt, weiß
gerade niemand.
Klar ist jedenfalls, dass der Achter zu
den Attraktionen des olympischen Sports
in Deutschland zählt. Das hängt zunächst
damit zusammen, dass ein Ruderboot, das
mit Mensch und Material eine ganze Ton-
ne wiegt und dennoch leicht dahin zischt,
für sich schon spektakulär wirkt. Vor al-
lem aber war der Deutschland-Achter bei
den Großveranstaltungen meistens eine
Instanz, besonders in den vergangenen 20
Jahren. Bis auf Olympia 2008 in Peking
landete das Boot fast immer auf Medaillen-
rängen, in London holte es Gold, in Rio wur-
de es Silber, dazwischen lagen serienweise
WM-Titel.
Das hat damit zu tun, dass das Boot von
Achter-Bundestrainer Uwe Bender und
dessen Vorgängern, darunter der heutige
Chefcoach des Deutschen Ruderverbands,
Ralf Holtmeyer, stets Kraft und Technik
mitbrachte. Vor allem aber perfektionierte
es sein Zusammenspiel. „Der Achter ist ein
organisches System“, sagt Holtmeyer. Das
klingt nach Biologie, und tatsächlich kann
man vielleicht einen Apfelbaum vor Augen
haben, der im Frühling erwacht und nach
dem exakt abgestimmten Plan der Natur
im Herbst pünktlich und zuverlässig
Früchte trägt, so wie die Achtermann-
schaft ihre Medaillen – meistens aus Gold,
auch zuletzt bei den Weltmeisterschaften
2017, ’18 und ’19.
Jetzt allerdings torpediert die Pande-
mie alle Pläne, auch den immer gleichen
Sechs-Monatsplan der Ruderer. Die Olym-
pischen Spiele finden nun erst in 15 Mona-
ten statt, die Ruderer aber dürfen nicht ein-
fach länger aussetzen, sie müssen endlich
aufs Wasser, jetzt sofort, weshalb die Trai-
ner vor der interessanten Aufgabe stehen,
einen Obstbaum zu pflegen, der zwar
„Laufen gibt einem immer mehr zurück, als man reinsteckt“
Marathon-Pionierin Kathrine Switzer über das Freiheitsgefühl beim Laufen, aktuelle Jogging-Trends und ihren Kampf um Gleichberechtigung
Der April ist für Kathrine Switzer in der Re-
gel eine ereignisreiche Zeit. Die 73-Jährige
kommentiert dann meist jenes Rennen,
das sie 1967 nachhaltig prägte. Sie absol-
vierte in Boston als erste Frau offiziell ei-
nen Marathon, was damals noch verboten
war; das Foto, auf dem ihr ein Renndirek-
tor die Startnummer vom Oberteil reißen
will, wurde zum Symbol im Kampf um
Gleichberechtigung. Seither setzt Switzer
sich für die Rechte von Frauen ein, 2015
gründete sie die Stiftung „261 Fearless“, in
Anlehnung an die Startnummer bei ihrem
Marathon 1967 in Boston. Da der Lauf we-
gen der Corona-Pandemie zuletzt in den
Herbst verschoben wurde, erreicht man
Switzer derzeit in ihrer zweiten Heimat: in
Wellington, wo sie mit ihrem Mann lebt
und gerade, klar, vom Laufen kommt.
SZ: Frau Switzer, wie oft gehen Sie in die-
sen Tagen laufen?
Kathrine Switzer: Ich würde gerne sagen,
dass ich jeden Tag laufen gehe, aber das
kann ich leider nicht. Meine Achillessehne
schmerzt, deshalb jogge ich nur jeden zwei-
ten Tag. Neuseeland ist zum Glück einer der
schönsten Orte zum Laufen auf der Welt.
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für das
Laufen entdeckt?
Als ich 12 Jahre alt war. Mein Vater wollte,
dass ich Feldhockey spiele. Er hatte davon
aber keine Ahnung und hat mir gesagt:
Wenn du jeden Tag laufen gehst, wirst du
die beste Spielerin im Team sein. Also bin
ich jeden Tag eine Meile gelaufen und ha-
be mich darin verliebt. Ich habe auch Ho-
ckey, Basketball und Lacrosse gespielt.
Aber es war das Laufen, das mir dieses Ge-
fühl von Furchtlosigkeit und Ermächti-
gung gegeben hat. Laufen war für mich ma-
gisch, es war mein täglicher Sieg, den mir
niemand nehmen konnte. Für ein kleines
Mädchen war es toll, so aufzuwachsen, mit
diesem Gefühl von Stärke und Macht.
In Deutschland ist Laufen seit den Aus-
gangsbeschränkungen im Trend. Beob-
achten Sie das auch in Neuseeland?
Ich denke, das passiert zurzeit überall.
Hier gehen jetzt viele Leute joggen, denen
man ansieht, dass sie noch Anfänger sind.
Ich lächle sie dann immer an und winke.
Wahrscheinlich wollen viele Menschen ein-
fach mal das Haus verlassen. Und dann ent-
decken sie plötzlich die frische Luft, den
Sonnenschein und die Freiheit. In diesen
Zeiten sorgen sich einige Menschen um ih-
re Zukunft und fühlen sich so, als würden
sie nichts erreichen.
Zeitung GmbH,
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München
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Aus dem Takt
Glänzende Vorbereitung: Der Achter wird in Linz 2019 wieder Weltmeister. Die Voraussetzungen für Olympia 2021 sind deutlich schwieriger.
pünktlich im Herbst reif sein soll, aber bit-
te erst im nächsten Jahr.
„Keiner hat Erfahrung mit so einer Si-
tuation“, sagt Holtmeyer, und die Deut-
schen eben auch nicht. Kraft und Ausdau-
er und die richtige Technik mit dem Ruder-
blatt, all das lässt sich auf dem Ergometer
oder in Trainingsläufen, auch in kleineren
Booten, wohl schneller erneuern und abru-
fen. Schwieriger wird es mit dem organi-
schen System, dem automatischen Gleich-
takt, der sich nicht nur auf den heimischen
Übungskanälen entfaltet, sondern vor al-
lem unter Druck, in Wettkämpfen, von de-
nen es aber in diesem Sommer keine ge-
ben wird.
Martin Sauer, der Steuermann, hat von
seinem Sitz im Heck den besten Überblick
über dieses System. Sein Job ist es, wäh-
rend des Rennens, nicht nur den eigenen
Takt, sondern auch die Gegner im Blick zu
behalten und zur Attacke zu rufen, wenn
Und dagegen hilft das Laufen?
Absolut. Wer laufen geht, kriegt zumin-
dest das Gefühl, etwas erreicht zu haben.
Und aus irgendeinem Grund – vielleicht
sind es der Sauerstoff oder die Endorphine
– wird man hoffnungsvoller. Ich denke,
das Wichtigste ist gerade, Hoffnung zu ha-
ben, dass alles wieder gut wird. Und genau
das kann einem Laufen geben. Ich laufe
seit 61 Jahren und es fühlt sich immer
noch magisch an.
Was macht das Laufen so befreiend?
Laufen ist wie Drogen und Alkohol, nur
viel gesünder. Das Gehirn setzt dabei Sero-
tonin und Endorphine frei, und die Men-
schen kehren gelassener zurück. Es lässt
den Stress regelrecht zerplatzen. Wenn
man lange läuft, kann man Wut und alle
anderen Emotionen abschütteln. Und
wenn man wirklich lange genug läuft,
kann man sogar sehr kreativ werden. Ich
bin auch Journalistin. Wenn mir also keine
Überschrift einfällt, renne ich ein paar Mal
um den Block, dann taucht sie einfach in
meinem Kopf auf.
„Raus aus meinem Rennen!“ – Co-Rennchef Jock Semple (links) versucht Kathri-
ne Switzer beim Boston-Marathon 1967 die Startnummer zu entreißen. Switzers
damaliger Freund (2.v.r.) verhindert das mit einem Rempler.
zum Beispiel die Siegkonkurrenten schon
erschöpft wirken. Sauer sagt, jeder seiner
Ruderer stehe mit jedem im Boot in einer
bestimmten Beziehung, was man daran
merke, dass sich alles ändert, wenn nur ei-
ne einzige Stelle neu besetzt wird: „Dann
müssen sich nicht nur sieben andere auf
den neuen Ruderer umstellen, sondern
auch die alten untereinander.“
28 Beziehungen im Boot –
damit der Achter flüssig fährt,
muss jeder auf jeden achten
Rudert zum Beispiel der Neue im Mittel-
schiff etwas kräftiger, muss der Hinter-
mann mitziehen, wodurch wiederum des-
sen Hintermann im Bug plötzlich etwas
mehr als sonst ausgleichen muss, damit
das Boot nicht schwankt, wobei der aber
auch den Riemen sechs oder sieben Stel-
Was würden Sie Menschen raten, die gera-
de mit dem Laufen anfangen?
Einige Leute wollen laufen gehen, schie-
ben es aber auf. Mein größter Tipp ist des-
halb, die Laufschuhe vor die Tür zu stellen,
und wenn man sie dann anschaut, einfach
anzuziehen und raus zu gehen. Man kann
gut damit anfangen, zwei Minuten zu jog-
gen, ein bisschen zu gehen, und dann wie-
der zwei Minuten zu joggen. Zieht einfach
die Schuhe an, ihr werdet euch danach bes-
ser fühlen! Laufen gibt einem immer mehr
zurück, als man reinsteckt.
Ist es jemals zu spät, mit dem Laufen anzu-
fangen?
Niemals, das ist das Erstaunliche. Ich ken-
ne eine Frau, die mit 70 Jahren anfing zu
joggen, und mit 81 lief sie ihren ersten Ma-
rathon. Sie war schneller als viele jüngere
Teilnehmerinnen und ist am Abend noch
mit uns tanzen gegangen. Unglaublich.
Wann sind Sie das letzte Mal einen Mara-
thon gelaufen?
Das war 2018 in London. 2017 habe ich am
Marathon in New York und in Boston teil-
FOTO: GETTY
len davor im Auge behalten muss, wenn er
selber das Ruderblatt eintaucht. Umge-
kehrt müssen auch Schlagmann Hannes
Ocik, der im Heck den Takt bestimmt, und
der Zweite dahinter, der den Schlag weiter-
gibt, ein Gefühl für Stärken und Schwä-
chen der Kollegen in ihrem Rücken entwi-
ckeln, so wie alle anderen auch.
Acht Ruderer, 28 Beziehungen. Tausen-
de Kilometer gemeinsames Training. Etli-
che Diskussionen und Streits über Nuan-
cen in der Taktik. Und das Ziel: ein perfek-
tes Boot. Alles spielt sich ein, so lief es im-
mer, aber nun liegen unbekannte Gewäs-
ser vor dem Achter, und man sucht nach
dem richtigen Kurs.
Holtmeyer sagt, es werde noch dauern
bis ein genauer Plan für die kommenden
15 Monate gefunden ist. Diverse Ansätze
kommen in Betracht, alle haben ihre Nach-
teile. Man könnte etwa so tun, als sei 2020
ein Wettkampfjahr, gerungen wird intern
genommen. 50 Jahre zuvor war ich in Bos-
ton noch die einzige Frau mit einer Start-
nummer, 2017 waren die Hälfte der Teil-
nehmer Frauen. Das war der glücklichste
Tag in meinem Leben.
Der diesjährige Boston-Marathon war ur-
sprünglich für den 20. April angesetzt.
Nun soll das Rennen wohl erst im Septem-
ber stattfinden. Was bedeutet die Ver-
schiebung für die Laufszene?
Es ist definitiv ein sehr großer Traditions-
bruch, das Rennen in Boston ist ein histori-
sches Event. Aber wir alle verstehen, dass
die Welt gerade in einer Krise steckt. In
Boston gibt es den Ausdruck „Boston
strong“. Er bedeutet, dass die Stadt und
die Gemeinde mit der Welt zusammen-
kommen werden und wir so viele Schwie-
rigkeiten überwinden können. Die Lauf-
szene ist heute mehr denn je vielfältig, in-
klusiv und respektvoll. Laufen ist in vieler-
lei Hinsicht ein schönes Beispiel dafür, wie
Menschen auf der ganzen Welt ohne Vorur-
teile und Rassismus zusammenarbeiten
können, sich gegenseitig motivieren und
helfen. Die Verschiebung des Marathons
bedeutet nur, dass wir im September, oder
wann auch immer das Rennen stattfindet,
stärker zurückkommen werden.
Marathonrennen haben in Ihrem Leben
eine große Rolle gespielt. Sie haben mal
gesagt, der olympische Marathon für
Frauen sei das physische Äquivalent zum
Wahlrecht. Was meinen Sie damit?
Als Frauen 1972 endlich am Boston-Mara-
thon teilnehmen durften, begann ich mit
einer Kampagne für den olympischen
Frauenmarathon. Ich wusste, dass die Ge-
sellschaft Frauen nicht ernst nehmen wür-
de, wenn sie nicht bei Großveranstaltun-
gen mitmachen dürfen, und die größte
Sportveranstaltung sind eben die Olympi-
schen Spiele. Als Frauen 1984 beim olympi-
schen Marathon mitgelaufen sind, war
das für mich wie die erste Wahl mit Stim-
men von Frauen, weil es unsere körperli-
che Akzeptanz symbolisierte. Der Mara-
thon ist die härteste Disziplin bei Olympia,
und jetzt durften auch Frauen daran teil-
nehmen. Das hat unsere Gleichheit und Fä-
higkeiten anerkannt. Als das Rennen statt-
fand, haben nicht nur die 90 000 Men-
schen im Stadion gesehen, was Frauen leis-
ten können, sondern auch die 2,2 Milliar-
den Menschen vor den Fernsehern.
Wie schätzen Sie den aktuellen Stand der
Gleichberechtigung im Sport ein?
In vielen Ländern ist die Situation immer
noch sehr schwierig. Auf der ganzen Welt
SPORT 31
FOTO: IMAGO / SPORTFOTO
um die Plätze im Boot, im Oktober gibt es
eine Medaille bei der EM in Polen, dann
trifft man sich wie immer im Spätwinter.
Oder man entspannt im Corona-Jahr
2020, hakt es ab und konzentriert sich auf
2021. Realistischer jedoch dürfte eine Art
Streckmethode sein. „Man könnte den
Sommer als verlängerten Winter benut-
zen“, überlegt Holtmeyer. Danach würde
im Herbst der eigentliche Sommeraufbau
folgen, in der Hoffnung, dass die Ergebnis-
se über die Winterpause anhalten und die
Taktung des Teams 2021 vollendet wird, in
den Weltcups bis Olympia im August.
Den Sommer als Winter begreifen, den
Herbst als Sommer, den Winter als Herbst
– und im Frühjahr dann fit sein: Das hieße,
sich in eine Parallelzeit zu begeben, den
biologischen Rhythmus auszutricksen,
die Natur zu überlisten. In Zeiten, in denen
Medaillen 15 Monate reifen müssen, könn-
te dieser Kurs zu Gold führen.
gibt es Frauen, die nicht das Haus verlas-
sen dürfen, die keinen Zugang zu Bildung
haben, die nicht Auto fahren oder joggen
dürfen. In Afghanistan gehen viele Frauen
in ihren Burkas um vier Uhr morgens lau-
fen, wenn die Straßen leer sind und nie-
mand sie sehen kann. Diese Frauen sind
sehr mutig, haben es aber nicht einfach.
Aber langsam, sehr langsam, wird sich die
Welt verändern.
Kathrine Switzer, 73.
FOTO: HAGEN HOPKINS / OH
Haben Sie daher Ihre Stiftung gegründet?
In gewisser Weise schon. Nachdem der Ma-
rathon für Frauen eine olympische Diszi-
plin geworden war, dachte ich, dass wir es
geschafft haben. Aber nach ein paar Tagen
ist mir bewusst geworden, dass viele Frau-
en eben doch noch unterdrückt werden
und nicht die Möglichkeit haben, laufen zu
gehen. Also haben wir eine Organisation
ins Leben gerufen, die auf der ganzen Welt
Frauen vernetzt und sie zum Laufen ani-
miert, damit auch sie das Gefühl von Frei-
heit erfahren und ihr Selbstwertgefühl
steigern können. Denn wenn wir sie mit
diesen Gefühlen vertraut machen, können
auch diese Frauen ihr Leben verändern.
Dann können sie für sich selbst einstehen
und gegen die soziale Ungerechtigkeit
kämpfen. Das schafft man nicht, wenn
man sich nicht stark fühlt.
Welche Ziele wollen Sie in Zukunft noch
erreichen?
Jede Frau auf der Welt sollte sich frei und
furchtlos fühlen. Ich möchte, dass es keine
ängstlichen Frauen mehr auf der Welt
gibt. Ich werde für den Rest meines Le-
bens versuchen, möglichst vielen Frauen
dieses Gefühl zu geben, das ich als zwölf-
jähriges Mädchen hatte. Ich wünsche mir,
dass Laufen ihr Leben genauso verändert
wie meins. interview: lukas brems
32 MÜNCHEN · BAYERN
Erinnerung an den 29. April 1945, an dem US-amerikanische Soldaten mehr als 30 000 Menschen aus dem Konzentrationslager in Dachau befreiten.
Helfer in
Corona-Gefahr
3070 Ärzte und Pfleger in Bayern sind mit Sars-CoV-2 infiziert
München – In Lobreden werden Ärzte, ihr
medizinisches Personal sowie auch die
Pflegekräfte im ambulanten und stationä-
ren Bereich – und nicht zu vergessen, die
Mitarbeiter in Bayerns Behindertenein-
richtungen – derzeit oft für ihren Einsatz
gepriesen. Wie gefährlich deren Arbeit an-
gesichts der Corona-Pandemie tatsäch-
lich ist, zeigt diese Zahl, die das Landes-
amt für Gesundheit und Lebensmittelsi-
cherheit (LGL) bekannt gab: Demnach
sind dem Landesamt gut 3070 gemeldete
Fälle bekannt, in denen sich im medizini-
schen, im pflegerischen und im Behinder-
tenbereich tätige Personen mit dem Erre-
ger Sars-Cov-2 angesteckt haben.
Der eklatante Mangel
an Schutzausrüstung macht
sich deutlich bemerkbar
Wie das LGL dem Recherchenetz der
Süddeutschen Zeitung, des Norddeut-
schen Rundfunks und des Westdeutschen
Rundfunks auf Nachfrage andeutete, ist
gar von einer höheren Zahl auszugehen.
Zur Fragestellung lägen „keine vollständi-
gen, flächendeckenden Zahlen“ vor. Das
liege auch daran, dass das Landesamt „zu
lokalen Ausbruchsgeschehen in Pflegehei-
men und Krankenhäusern“ von den be-
troffenen Gesundheitsämtern nur „in Ein-
zelfällen“ Kenntnis erhalte – etwa bei „grö-
ßeren Ausbrüchen“.
Auch sei oft nicht angegeben, ob der
oder die Infizierte in einer medizinischen
Einrichtung tätig ist. Aus dem Gesund-
heitsministerium hieß es, es habe „derzeit
keine konkreten Daten vorliegen, denen
zufolge der Corona-Infektionsstand bei
Ärzten und medizinischem Personal in
Bayern besonders hoch ist“. Allerdings
gehe es hierbei um ein wichtiges Thema.
„Deshalb ist es unser Ziel, möglichst rasch
die notwendigen Informationen zu
bekommen“, erklärte ein Sprecher.
Nach Kenntnis der Bayerischen Landes-
ärztekammer kam es unter Bayerns Ärz-
ten und deren Mitarbeitern auch zu sehr
Die Versorgung von Covid-19-Patienten bedeutet für Ärzte wie Pflegepersonal ein ho-
hes Risiko.
DIZdigital: Alle
DIZdigital: Alle Rechte
Rechte vorbehalten
vorbehalten –- Süddeutsche
Süddeutsche Zeitung
Jegliche Veröffentlichung
Jegliche Veröffentlichungund
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Während sich die meisten Schüler wegen der Corona-Pandemie noch zu Hause mit dem Stoff herumschlagen
müssen, haben die Abschlussjahrgänge gerade Wiedersehen gefeiert – sehr verhalten und sehr rücksichtsvoll
schweren Krankheitsverläufen, wie der
Tod des renommierten Rehaklinikchefs von ramona dinauer
Hannes Schedel zeigt. Vor etwas mehr als und tom soyer
zwei Wochen war der 59-Jährige im Klini-
kum Passau an den Folgen einer Corona- München – Seit diesem Montag gehen in
Infektion gestorben. Die Schedel-Klinik Bayern alle Schülerinnen und Schüler wie-
gilt als eine der größten onkologischen Re- der in die Schulen, die ihren „Quali“, ihre
hakliniken im Freistaat. Mittlere Reife oder ihr Abitur machen.
Ärztekammer-Präsident Gerald Quitte- Nach Wochen der Ungewissheit, der digita-
rer überrascht es nicht, dass in Bayern vie- len Arbeitsaufträge und der fehlenden
le im medizinisch-pflegerischen Bereich Kontakte zu Mitschülern und Freunden,
Tätige an Covid-19 erkrankt sind. Dass läuft nun der Schulbetrieb wieder an.
aber ihre Zahl im Freistaat offenbar gleich Noch nicht wie früher, sondern mit viel,
so hoch sei, erstaune ihn schon. „Wir ha- viel Abstand und Vorsicht. Aber immer-
ben in Bayern eine gewaltige Infektwelle hin. Fünf Wiedereinsteiger berichten:
bewältigen müssen, noch dazu mit vielen
Hotspots“, sagte Quitterer am Mittwoch.
Zum hohen Infektionsrisiko habe aber
auch „gerade zu Beginn dieser Infektwelle
der Mangel an Schutzausrüstung“ beige-
tragen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bay-
erns (KVB) hatte schon zu Beginn der Coro-
na-Krise auf den Mangel an Schutzmas-
ken und Schutzkleidung in den Praxen
hingewiesen. Angesichts der hohen An-
zahl an Infizierten aus dem Kreis der Ärz-
te, Pflegekräfte und der medizinischen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagte
KVB-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Realschul-Direktorin
Krombholz: „Der eklatante Mangel an Regina Lotterschmid
Schutzausrüstung hat sich gerade in den
ersten Wochen der schnell steigenden
Neuinfektionen mit dem Coronavirus für
die Ärzte und die Teams in den Praxen Regina Lotterschmid leitet die Städti-
schmerzlich bemerkbar gemacht.“ Das ha- sche Artur-Kutscher-Realschule in Mün-
be sich auch in landesweit rund 160 Praxis- chen-Moosach. 716 Schülerinnen und
schließungen niedergeschlagen. Schüler in 24 Klassen – die vier zehnten
Diese hätten folglich „für die Regelver- Klassen dürfen sich seit Montag in den
sorgung ihrer Patienten nicht mehr zur vier modern gestalteten „Lernhäusern“
Verfügung“ gestanden. Letztlich sei es maximal locker auf die Klassenzimmer
dem Einsatz der KVB zu verdanken, „dass verteilen. Was der Architekt als Treff-
mittlerweile durch Eigenbeschaffungen punkt-Zonen dort angelegt hat, verführt
alle Arztpraxen mit direktem Patienten- nun leider zu wenig Distanz – weshalb
kontakt zumindest mit einer Basisausstat- überall Schilder herunterhängen: „Ab-
tung“ beliefert werden konnten. „Und stand halten!“ Die Stimmung am Montag
das, obwohl dies im Pandemiefall eigent- sei anfangs ziemlich verhalten gewesen,
lich den Bundesbehörden obliegt“, sagte berichtet Lotterschmid, am Dienstag sei-
Krombholz. dietrich mittler, en alle schon mehr aufgetaut. Sie lässt er-
reiko pinkert kennen, dass auch ihr das alles unnatür-
lich vorkommt. Schule sei nicht nur ein
Lernort, sondern ein sozialer Raum – die
Artur-Kutscher-Realschule sei normaler-
weise ein brummender Bienenstock, mit
aktivem Schülerparlament, viel Aus-
tausch und Miteinander. Das liege erst ein-
mal noch darnieder, zur Sicherheit. Den-
noch werde alles unternommen, damit
Schülerinnen und Schüler keine Nachteile
erlitten, bis hin zum gut funktionierenden
schuleigenen Server als digitale Lernplatt-
FOTOS: LHM RBS, CATHERINA HESS, FLORIAN PELJAK, ROBERT HAAS, STEPHAN RUMPF
form, der anders als die landesweite Me-
bis-Internetplattform störungsfrei laufe.
Auch über Bildungsgerechtigkeit macht
sich diese Realschule Gedanken und über-
legt bereits, wie die Belastung für die Fami-
lien reduziert werden könne, die vielen di-
gitalen Bildungsaufgaben auszudrucken
für die Schüler. Halte die Home-Schooling-
Phase für die anderen an, habe ein Sport-
lehrer schon angeboten, Ausgedrucktes
mit dem Lastenrad auszufahren. Die nun
zu echtem Unterricht zurückgekehrten
zehnten Klassen haben am 4. Mai einen
mündlichen Englisch-Test für den Ab-
schluss, am 1. Juli starten dann die schrift-
lichen Prüfungen für die Mittlere Reife.
Bis dahin werden wohl auch die 9. Klassen
zurück sein, und wenn dann noch weitere
FOTO: MARCEL KUSCH/DPA Klassen hinzukämen, werde das nur mit
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FOTO: SVEN HOPPE/DPA
Lehrer hinter Plexiglas
Schichtunterricht gehen. Regina Lotter-
schmid ist wichtig, dass alle vor den Som-
merferien zurückkommen können. We-
gen der sozialen Gemeinschaft – trotz al-
ler Distanzregeln.
Anna-Karima Parvanta, 17, steht am
Münchner Ludwigs-Gymnasium vor dem
Abitur und ist sehr froh und erleichtert,
die 54 Mädchen und Jungs ihres Abi-Jahr-
gangs endlich wiedersehen zu dürfen –
wenn auch nur im großen, weiten Kreis im
Schulinnenhof, beim Wiedersehens-
Ratsch auf Distanz. Der Unterricht aber
sei schon ein wenig skurril: Fast aus-
schließlich in den großen Physik- und Bio-
logie-Sälen, die gewohnten Lehrer nun
meist hinter Plexiglas am Vormittag, und
Risikogruppen-Lehrer weiterhin nachmit-
tags digital daheim am Bildschirm. Weil
die Abi-Prüfungen am 20. Mai mit
Deutsch nah bevorstehen, werde die Zeit
intensiv genutzt, alles sei sehr kompri-
miert. Teils sogar das Atmen, weil sich die
Schüler über ihre Whatsapp-Gruppe dar-
auf verständigt hatten, freiwillig dem Mas-
ken-Gebot zu folgen. Für zwei ihrer Mit-
schüler wäre eine Corona-Infektion sehr
riskant, also wird Rücksicht genommen.
Doch auch, wenn vieles schon gestrichen
Schülerin
Anna-Karima Parvanta
werden musste, die Abi-Reise mit Freun-
den in die Niederlande etwa und das frei-
willige soziale Jahr, das Anna-Karima in
Italien oder Spanien absolvieren wollte:
Ein bisschen mehr Leben ist dann doch
wieder in der Schule. Die ausgefallenen
Motto-Woche wird nachgeholt, nächste
Woche wird Anna-Karima an einem Tag
im Outfit von „Kindheitshelden“ in ihre
Schule gehen. Und hofft jetzt eben nach
dem Abi auf coole und spannende Prakti-
ka in München.
Michael Hotz hat als Direktor des Münch-
ner Wilhelms-Gymnasiums vor allem ei-
ne Botschaft: Es geht nichts über echten
Unterricht im Klassenzimmer! Er und
sein Lehrerkollegium hätten die Schüler
richtig vermisst, und umgekehrt wohl
ebenso. Unterstufenschüler haben mit
der Post mal einen Brief geschickt: „Lie-
bes WG, wir vermissen Dich!“ Und das, ob-
wohl digitaler Unterricht von Anfang an
gut funktioniert habe, weil sich alle im Kol-
legium gegenseitig unterstützt hätten. Da
seien die jungen Lehrer naturgemäß vor-
ne dran gewesen. Aber er habe nun auch
neue Digital-Junkies bei den älteren Se-
mestern. Hotz sieht Digitalunterricht den-
noch nur als Überbrückungshilfe und ist
froh, dass seine 50 Abiturienten nun wie-
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
„Symbol für das Grauen“
Gedenken an die Befreiung des KZ Dachau vor 75 Jahren
Dachau – Alles ist still in der Gedenkstät-
te des KZ Dachau. Nur gelegentlich kli-
cken Kameras. Der Regen peitscht. Doch
Ministerpräsident Markus Söder (CSU)
und Landtagspräsidentin Ilse Aigner
(CSU) trotzen dem Wetter. In gebühren-
dem Abstand voneinander verneigen sie
sich vor den etwa 80 Kränzen am internati-
onalen Mahnmal, bücken sich schließlich
und richten die Schleifen. Es ist ein symbo-
lischer Akt anlässlich des 75. Jahrestags
der Befreiung des Konzentrationslagers.
Der einzige, der dieses Jahr überhaupt am
Ort des Geschehens stattfinden wird.
Die großen Feierlichkeiten, die lange
vorbereitet und dezidiert geplant waren,
wurden wegen der Corona-Pandemie ab-
gesagt. 72 Überlebende wollten mit ihren
Familien kommen sowie 19 Befreier.
„Heute hätten wir am Flughafen gestan-
den, um sie abzuholen“, sagt Gabriele
Hammermann, die Leiterin der Gedenk-
stätte an diesem Mittwoch. Doch nun ist
alles anders: Gedenkfeiern, Führungen
und Andachten finden nur digital statt.
Die Gedenkstätte ist geschlossen.
Das stille Gedenken „ist ein wichtiges
Zeichen“, sagt Karl Freller, der Direktor
der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten.
Vor allem für die Überlebenden, in denen
in ihrer Corona-bedingten Isolation gera-
de am Befreiungstag die schmerzliche Er-
innerung wieder aufsteigt. „Viele sind erst
in letzter Minute gerettet worden“, sagt
Hammermann. Mehr als 210 000 Men-
Gymnasial-Direktor
Michael Hotz
der im Schulhaus sind. Natürlich nur in
den großen Sälen: Musiksaal, Aula (250
Plätze!), Physiksaal, jeder mit mindestens
zwei Metern Abstand zu Nachbarn, Lehrer
auch hier hinter Plexiglas-Spuckschutz.
Schüler, deren Eltern gerade zur Hochrisi-
kogruppe gehören, sitzen mit besonders
viel Abstand, deren Sitznachbarn tragen
alle freiwillig Masken. Überhaupt, die Mas-
ken! Da lacht Hotz – dankt, dass für alle
Schüler Einmal- und Stoffmasken zur Ver-
fügung gestellt wurden, hat aber auch für
die Chronik des ehrenwerten Instituts ei-
ne hübsche Anekdote gewonnen. Am ver-
gangenen Wochenende hätten auf den
letzten Drücker behördlich gestellte Mas-
ken vom Technischen Hilfswerk ans
Kreisverwaltungsreferat, von dort ans
Schulamt geliefert und daselbst dann von
den Schulleiterinnen und -leitern abge-
holt werden sollen. Irgendjemand habe
das noch so entbürokratisiert, dass die
Münchner Feuerwehr jene Masken im gro-
ßen Feuerwehrfahrzeug ausgeliefert hat-
te. Der Hausmeister des „Wilhelms“ stand
am Samstag mit großer Schubkarre bereit
– ein Feuerwehrmann überreichte ihm
dann höchst feierlich eine kleine, feuer-
wehrrote Plastiktüte mit 100 Einweg- und
50 Textilmasken. Die 50 Abiturienten hat-
ten dann am Montag lauter eigene Mas-
ken dabei.
Anne Leng, unterrichtet Deutsch und Eng-
lisch an der Mittelschule an der Impler-
straße. Sie ist richtig stolz, wie diszipli-
niert ihre Schüler mit ihren 15 und 16 Jah-
ren sich an die Vorgaben halten. Auch ihre
Kollegen berichten, dass die Schutzmaß-
nahmen an dieser Mittelschule gut funkti-
onieren. Mit dem Konzept eines rollieren-
den Systems begegnen sich die drei neun-
ten Klassen, die in sechs Gruppen einge-
teilt wurden und jeweils eigene Eingänge
zu definierten Zeiten benutzen, so wenig
wie möglich. Jede Gruppe hat einen Tier-
namen bekommen. In Deutsch unterrich-
tet Anne Leng die „Mantarochen“, sie kom-
Lehrerin
Anne Leng
schen waren im KZ Dachau zwischen 1933
und 1945 inhaftiert. 41 500 wurden ermor-
det, erschossen, zu Tode gefoltert, fielen
einer Krankheit oder medizinischen Expe-
rimenten zum Opfer. „Das KZ Dachau war
das erste, der Vorläufer, das Modell für
alle späteren Konzentrationslager“, beton-
te Ministerpräsident Söder an diesem his-
torischen Tag: „Es ist das Symbol für das
Grauen des Totalitarismus.“
Hass, Boshaftigkeit und Aggressivität
des NS-Regimes seien von vielen unter-
schätzt oder nicht wahrgenommen wor-
den, denn es seien viele kleine Schritte ge-
wesen, an die sich die Menschen peu à peu
gewöhnt hätten. Deshalb sei es wichtig,
seine Stimme zu erheben, wenn Antisemi-
tismus und Hass wachsen, mahnte Söder.
Wenn Alexander Gauland sage, die NS-
Zeit sei nur ein „Vogelschiss in der Ge-
schichte“, so zeige das, wie aktuell das The-
ma sei und dass dieser Tag der Erinne-
rung „stattfinden muss – trotz Corona“.
Der Wunsch der Überlebenden war es,
dass die Welt von der unvorstellbaren Rea-
lität hinter den Mauern des KZ erfährt,
dass der Ort bewahrt wird, ein Mahnmal
errichtet und ein Museum eröffnet wird,
sagte der Präsident des Comité Internatio-
nal de Dachau Jean-Michel Thomas in
einer Videobotschaft. „Der Weg war
schwierig“, aber nach 75 Jahren könne
man nun sagen: „Auftrag erfüllt“. „Heute
wollen wir das Versprechen erneuern“,
sagte Ilse Aigner. christiane bracht
men genau um 8.05 Uhr. Nach vier Stun-
den Unterricht verlassen sie das Gebäude
um 11.25 Uhr wieder durch denselben Ein-
gang. In den Gängen kleben Pfeile auf
dem Boden und geben vor, in welche Rich-
tung man gehen darf. Mit Klebeband sind
auch die Tische markiert, die mit fast zwei
Meter Abstand aufgestellt sind. Es sei ein
Glück, dass die Schule an der Implerstra-
ße dafür ausreichend Platz habe. Knapp
könnte es trotzdem werden, wenn hier wei-
tere Klassen unter den Vorgaben lernen
sollen. Etwas befremdlich sei die Situati-
on in den Klassenzimmern, wo das Tragen
von Masken freiwillig ist. Anne Leng habe
die ersten 20 Minuten mit Maske unter-
richtet – was fürs laute Sprechen fast
unmöglich sei. Sie setzt die Maske daher
nur noch auf, wenn sie Arbeitsblätter aus-
teilt.
Jasmin Dürheimer ist Schülerin einer
Fachoberschule in München. Bei der Rück-
kehr in ihre FOS am Montag sei sie ge-
schockt gewesen. Sie hatte erwartet, dass
man dank der Maßnahmen gut geschützt
sei. Dabei seien nur die Tische ein wenig
auseinandergerückt und Lehrer auf den
Gängen positioniert gewesen. Spätestens
beim Austeilen von Arbeitsblättern werde
der Mindestabstand wieder vergessen. Im-
merhin seien die Abschlussklassen ge-
teilt, so dass Jasmin Dürheimer nur mit
zehn Mitschülern im Klassenzimmer sit-
ze. Drei von ihnen behielten am Montag
Schülerin
Jasmin Dürheimer
die Maske im Unterricht auf. Einige an die-
ser Fachoberschule arbeiteten im Gesund-
heitsbereich und wollten niemanden an-
stecken – andere nähmen die Maßnah-
men kaum ernst. Vor der Schule umarm-
ten sich manche Schüler, auf die Vorgaben
geachtet werde nur in der Schule. Jasmin
Dürheimer fürchtet eine Corona-Infekti-
on weniger um ihrer selbst willen, son-
dern weil sie in einem Mehrgenerationen-
haus wohnt, wo sie etwa ihren Großeltern,
die zur Risikogruppe gehörten, kaum aus
dem Weg gehen könne. Ob sie ihren Opa,
den die Familie unter strengen Auflagen
im Krankenhaus besuchen dürfe, noch
einmal sehe, überlege sie sich unter die-
sen Umständen. Lieber wäre es ihr, wenn
sie sich zu Hause aufs Abitur vorbereiten
könnte. Weil aber Anwesenheitspflicht
gilt, muss sie sich dem Risiko wohl ausset-
zen. Dass ihre Schule ihr Bestes gegeben
habe, das glaube sie schon. Aber sie frage
sich auch, wie die Rückkehr der anderen
Jahrgänge und eine Abi-Prüfung auf Ab-
stand ohne eine fertiggestellte Turnhalle
gelingen sollen.
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
REISE
Mallorcas Natur profitiert gerade vom Stillstand. Wann die Touristen zurückkommen werden, kann niemand sagen.
von brigitte kramer
D
er Frühling ist auf Mallorca
kurz und heftig. Nach der
Mandelblüte im Februar sprie-
ßen leuchtend gelber Sauer-
klee, roter Klatschmohn und
buntes Allerlei an Feld- und Weges-
rändern, in Mandel-, Johannisbrotbaum-
oder Olivenplantagen. Das Gras schießt
in die Höhe, Schafe fressen sich unter den
Bäumen satt. Ende Mai beginnt dann
meist die Hitze, Gras und Blumen ver-
trocknen.
Dieses Jahr ist alles anders. Die Natur
geht ihren Gang, nur die Menschen fehlen.
Gut eine Million gibt es davon auf den Bale-
arischen Inseln. Sie können das große
Sprießen derzeit nur auf dem eigenen
Grundstück erleben oder während der
einen Stunde täglich, die Eltern erst seit
Kurzem mit ihren Kindern wieder drau-
ßen verbringen dürfen. Die Inselgruppe
hat im spanienweiten Vergleich relativ we-
nige mit dem Coronavirus Infizierte und
Todesfälle. Trotzdem gelten hier dieselben
strengen Regeln wie im ganzen Land: Das
Haus darf grundsätzlich nicht verlassen
werden. Knapp die Hälfte aller Balearenbe-
wohner lebt in Palma. Und für sie heißt die
Alternative zu Fernglas und Grundstück
oft Bildschirm. In sozialen Netzwerken zir-
kulieren derzeit viele Handyvideos, die Del-
fine in der Bucht von Palma, Ziegen im
Klosterhof von Lluc oder Enten auf Stadt-
boulevards zeigen. „Die Natur kehrt zu-
rück!“, jubeln die User.
Rubén Casas Oché ärgert das. „Die Na-
tur kehrt nicht zurück“, sagt er, „sie war
schon immer da. Wir haben nur nicht hin-
geschaut.“ Der Filmemacher hat vier Jahre
lang die Artenvielfalt auf den Balearen
beobachtet und dabei einen Kinofilm und
eine vierstündige TV-Serie produziert, die
noch nicht ausgestrahlt wurde. Casas lebt
auf dem Land, in der Inselmitte, und erlebt
den Frühling gerade live. Neulich hat er an
all die Städter gedacht und beschlossen,
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Der neue Frühling
Delfine vor der Küste, Enten auf dem Gehsteig, Ziegen ohne Scheu:
Nicht nur für den Umweltschutz ist das eine einmalige Chance
die erste Folge seiner Serie „Secretos salva-
jes de Baleares – Primavera“ (Wilde Ge-
heimnisse der Balearen – Frühling) online
zu stellen. „Sie können das, was sie gerade
verpassen, wenigstens auf dem Bild-
schirm sehen“, sagt er.
So wie Casas sie zeigt, haben die meis-
ten Balearenbewohner ihre Inseln wohl
noch nie erlebt. Zu atmosphärischer Musik
von Noel Nicolau und der rauen Sprecher-
stimme des Autors sind fantastische Auf-
nahmen aus der Luft oder unter Wasser zu
sehen, von den Bergen und der Küste, Nah-
aufnahmen von Feldern und Wäldern. Gei-
erküken wachsen in ihren Nestern an der
Steilküste heran, Igel und Schildkröten
kriechen aus ihrem Winterschlafversteck,
Rote Thunfische kommen vom Atlantik
her, um sich im Meer rund um die Balearen
fortzupflanzen. Menschen sind nicht zu
sehen. Man könnte glauben, die Aufnah-
men stammten von abgelegenen Inseln in
fernen Ozeanen. „Das war meine Absicht“,
sagt Rubén Casas, „die Balearen sind min-
destens so spektakulär wie der Orinoco
oder das Great Barrier Reef.“
Die Kreuzfahrtschiffe sind weg,
nur noch einige Frachter legen an.
Sie bringen Lebensmittel
Die Natur kehrt also nicht zurück, der
Mensch nimmt sie nur intensiver wahr.
Das sagen auch Experten des Meeresfor-
schungsinstituts Imedea, des Ozeanogra-
phischen Instituts und der Umweltstiftung
Marilles in Palma. Im Hafen gibt es immer
Delfine, sie schwimmen jetzt nur näher an
den Strand, weil der Schiffslärm abgenom-
men hat. Die Enten leben das ganze Jahr
im Kanal neben dem Stadtboulevard und
dehnen jetzt ihre Spaziergänge aus, weil
die Straßen menschenleer sind. Und
Ziegen gibt es im Tramuntana-Gebirge
massenweise, sie trauen sich jetzt eben aus
dem Wald heraus. Die Ausgangssperre hat
noch mehr verändert: Die Werte für Luft-
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verschmutzung sind über Mallorca um
61 Prozent gesunken. Und das Wasser im
Hafen von Palma ist stellenweise so klar
wie das am Naturstrand Es Trenc.
„Wenn das Wasser so sauber bliebe, wür-
den sich Algen bilden, die kleine Fische,
Krustentiere und Weichtiere anlockten“,
sagt Ana Pérez von der Marilles-Stiftung.
Sie vermutet, dass derzeit auch die Biomas-
se im Meer zunimmt, denn Berufsfischer
arbeiten mangels Nachfrage nur zur Hälf-
te. Und Hobbyfischer müssen zu Hause
bleiben. „Die Nahrungskette im Meer könn-
te sich ändern, weil keine großen Fische
gefangen werden“, spekuliert Pérez, „und
Küstenvögel brüten jetzt wahrscheinlich
da, wo sich sonst Menschen aufhalten.“
Auf der Insel ist Ruhe eingekehrt. Man
könnte sie jetzt wieder so nennen wie der
katalanische Jugendstilkünstler Santiago
Rusiñol, der Mallorca Ende des 19. Jahrhun-
derts bereist und gemalt hat. Sein Buch-
titel „Die Insel der Ruhe“ diente jahrzehnte-
lang als Werbeslogan. So lange, bis er nicht
mehr taugte, weil es zu voll und zu laut
wurde. Jetzt sind die Straßen so gut wie
leer, am Hafen und am Flughafen ist kaum
etwas los. Nur ein halbes Dutzend Fracht-
schiffe legt täglich im Hafen von Palma an,
sie versorgen die Inseln mit allem Lebens-
wichtigen. Personenverkehr ist verboten.
Am Flughafen ist der Verkehr fast zum
Erliegen gekommen; jeden Tag landen
und starten hier nur noch zwischen 20 und
50 Maschinen, vor allem für Frachtgüter.
Normalerweise gibt es um diese Jahreszeit
täglich tausend Flugbewegungen, wie eine
Sprecherin der Fluglotsengewerkschaft
dem Diario de Mallorca sagte: „Bei uns
herrscht Geisterstimmung.“
Erforschen oder messen kann das, was
auf der Insel gerade passiert, niemand.
Auch Meeresbiologen oder Umweltwissen-
schaftler stehen ja unter Hausarrest. „Die
Veränderungen sind nur vorübergehend“,
sagt Ana Pérez von der Marilles-Stiftung.
„Und für uns sind sie kein Grund zum
Feiern, denn Naturschutz kann nur im
Oh, Palomino
In einer Strandhütte in Kolumbien lässt
sich die Quarantäne gut aushalten
Die Natur kehrt zurück?
Nein, sie war schon immer da,
sagen Biologen – die
Menschen hätten sie nur nicht
richtig wahrgenommen.
Allerdings trauen
sich jetzt, während
Restaurants, Strände und
Straßen verwaist sind,
viele Arten aus der Deckung.
Etwa die Ziegen, die in
Eichenwäldern leben.
FOTOS: IMAGO (2), REUTERS, DPA
Einklang mit menschlicher Aktivität gelin-
gen, nicht als Folge einer gesundheitlichen
und wirtschaftlichen Katastrophe.“ Pérez
hofft dennoch, dass das Umweltbewusst-
sein der Insulaner nach der Corona-Krise
stärker ist. „Wir könnten die Balearen zu
einer weltweiten Referenz beim Meeres-
schutz machen, das bringt Wohlstand und
Fortschritt für alle“, sagt sie.
Werkzeug hat die Stiftung dazu gelie-
fert. Nur ein paar Tage vor Ausrufung des
landesweiten Alarmzustands hat sie einen
knapp 400 Seiten dicken Bericht im Parla-
ment der Balearenregierung vorgestellt,
zum Zustand des Meeres rund um die
Inseln. „Es ist eines der besterhaltenen im
ganzen Mittelmeer“, sagte Aniol Esteban,
Vorsitzender der Marilles-Stiftung bei der
Präsentation am 11. März, „und das,
obwohl der Druck durch den Menschen ste-
tig steigt.“ Die Balearen haben im Gegen-
satz zur spanischen Festlandküste zwar
keine Flüsse, die Abwasser ins Meer leiten
und auch keine Industrieanlagen, die das
ganze Jahr über die Umwelt belasten. Doch
auch die Tourismusindustrie ist bedroh-
lich, vor allem im Sommer. Dann fließt
schlecht geklärtes Abwasser ins Meer, weil
die Kläranlagen überfordert sind; Die See-
graswiesen, wichtige Akteure im Öko-
system Küste, sterben deswegen ab; Der
Grundwasserspiegel sinkt wegen Raub-
34 Wie im Paradies
Ein Paar versucht, die Pandemie bei
Bauern im Himalaja auszusitzen
baus in der Hochsaison, das Wasser ver-
salzt und ist in Gegenden mit viel Landwirt-
schaft schadstoffbelastet. Die Datensamm-
lung soll eine Grundlage sein für eine Poli-
tikwende, die die Natur zumindest weni-
ger zerstört. Die verbaute Fläche an der
Küste hat laut Bericht seit dem Jahr 2000
um 38 Prozent zugenommen. Ein Drittel
aller Strände ist überfüllt, das heißt: Jeder
Badegast dort hat weniger als fünf Quadrat-
meter Platz. 140 Tonnen Müll werden vor
den Küsten jedes Jahr eingesammelt, die
Hälfte davon ist Plastik. Seit 2014 hat die
Zahl der Frachter, Kreuzfahrtschiffe und
Fähren drastisch zugenommen.
Zu Hochzeiten legen vor den Balearen
monatlich 80 Kreuzfahrtschiffe an. Und
die Besucherzahl hat sich seit dem Jahr
2000 verdoppelt, 2012 waren es zwölf Milli-
onen. „Bei mehr als zwölf Millionen Touris-
ten im Jahr geht die Wertschöpfung gegen
null oder ins Negative“, zitierte Aniol Este-
ban das Ergebnis einer Studie. Negative
Wertschöpfung heißt: Der Tourist hat kei-
nen schönen Urlaub, das Ökosystem der In-
sel leidet, und die Einwohner sind genervt.
Hunderte arbeitslose Kellner
und Rezeptionisten arbeiten
jetzt auf den Feldern
Die Balearen sind am Anschlag. Sie
waren am Anschlag. Denn niemand weiß,
wann Mallorca, Menorca, Ibiza und For-
mentera wieder Touristen empfangen
können. Und wie sich die Inseln als Reise-
ziel neu etablieren werden. Den Sommerur-
laub solle man jetzt noch nicht buchen, riet
kürzlich EU-Kommissionspräsidentin Ur-
sula von der Leyen. Der Arbeits- und Tou-
rismusminister der Balearen, Iago Negue-
ruela, hofft aber, dass im August wieder
die ersten Touristen landen. Vorerst wer-
den es wohl vor allem Spanier sein. Insula-
ner sollen auf den Nachbarinseln Urlaub
machen, und Festlandspanier sollen in sub-
ventionierten Flügen kommen. Die Preise
33
35
der Flugtickets vom Festland auf die Balea-
ren sollen zu 75 Prozent vom spanischen
Staat subventioniert werden. Die Balearen
brauchen die Urlauber dringend: Das Brut-
tosozialprodukt der Region werde um
mehr als 30 Prozent sinken, verkündete
Negueruela, ein Drittel der Arbeitsplätze
werde verloren gehen, also mehr als
147 000 Stellen.
Noch kann sich auf den Balearen nie-
mand den Sommer 2020 vorstellen. Festi-
vals, Konzerte und Open-Air-Veranstaltun-
gen jeder Art sind bis 2021 gestrichen.
Auch am Strand muss der Sicherheits-
abstand gewahrt werden, hat Spaniens
Tourismusministerin Reyes Maroto dieser
Tage gewarnt. Mallorcas Problemlage hat
sich verändert, von überfüllten zu men-
schenleeren Stränden. Viele deuten den
radikalen Einschnitt als einmalige Chance:
so Margalida Ramis von der Umweltschutz-
bewegung Gob. „Wir starten bei null und
können jetzt die Entwicklung steuern“,
sagt sie, „mit neuen, sozialen und ökologi-
schen Kriterien.“ Ramis regt auch an, end-
lich andere Wirtschaftszweige zu stärken,
um die extreme Abhängigkeit vom Touris-
mus zu überwinden.
Eine Veränderung hat sich bereits von
selbst eingestellt. Hunderte arbeitslose
Kellner und Rezeptionisten fangen kom-
mende Woche bei den Bauern als Feldarbei-
ter an. Deren Geschäft boomt, weil sich die
Insulaner mehr regionales Obst und Gemü-
se nach Hause liefern lassen. Die Bauern-
verbände haben die Haushalte dazu aufge-
rufen, das zu konsumieren, was sonst an
Hotels und Restaurants geliefert wird. Das
Bewusstsein für die Abhängigkeit von
außen hat sich während der Corona-Krise
verschärft. Dazu kommt die Jahreszeit:
Frühling ist Pflanzzeit, und wegen des Rei-
severbots konnten die Landwirte keine Sai-
sonarbeiter aus Kolumbien bekommen.
Viele Kellner verrichten jetzt die Arbeit, die
ihre Väter und Großväter vor Jahrzehnten
aufgegeben haben, um im Tourismus ihr
Geld zu verdienen.
34 REISE
Die letzten Gestrandeten Noch immer sitzen Urlauber fest
von julian ignatowitsch
A
n manchen Tagen fühle ich
mich wie ein Eindringling. Als
ich heute Morgen ins Freie trat,
rannte ein tellergroßer Käfer
vor mir weg, und ein Frosch
sprang erschrocken zur Seite. Und später
am Nachmittag, beim täglichen Strand-
spaziergang, schlugen die Wellen höher als
sonst und schäumten bis an die naheliegen-
den Hütten und Häuser heran. Auch ich
wohne momentan in so einer Hütte am
Strand – und habe Sand zwischen den Ze-
hen. Ich bin gestrandet. Im kleinen kolum-
bianischen Dorf Palomino, das man beden-
kenlos als Urlaubsparadies bezeichnen
kann. Jetzt sowieso. Die meisten Touristen
sind abgereist.
Zusammen mit meiner kolumbiani-
schen Freundin war ich auf einer Rund-
reise an der karibischen Nordküste, als das
Coronavirus auch Südamerika erreichte.
Die kolumbianische Regierung verordnete
eine Ausgangssperre. Also brachen wir un-
sere Reise ab und zogen in die nächstbeste
freie Hütte ein, weil wir nicht das Risiko
einer Rückreise in die Hauptstadt in Kauf
nehmen wollten. Da die sogenannte bun-
desweite Quarantäne immer wieder verlän-
gert wird, sind wir jetzt bereits fast einen
Monat hier.
„Palomino ist ein magischer Ort“, sagt
unsere Gastgeberin Martha und spricht
von der einzigartigen Lage zwischen zwei
Flüssen, dem höchsten Küstengebirge der
Die größte deutsche Luftbrücke
Mehr als 240 000 Menschen wurden zurückgeholt. Hunderte warten noch
Der vorerst letzte Flug der Rückholaktion
für die im Ausland gestrandeten Deut-
schen kam aus Kapstadt. 157 Passagiere
waren an Bord, man darf wohl davon aus-
gehen, dass sie erleichtert waren, endlich
heimzukommen. Dass sie mal an ihrem
Urlaubsort fünf, sechs Wochen festsitzen
würden, damit hatte beim Abflug sicher
niemand gerechnet. Insgesamt wurden
der Behörde zufolge mehr als 240 000
Menschen nach Deutschland zurück-
gebracht.
Südafrika gehört zu jenen Ländern, bei
denen die Rückholaktion des Auswärtigen
Amts der Behörde zufolge logistisch beson-
ders aufwendig war: Das Land ist groß, vie-
le Reisende waren individuell mit Mietwa-
gen unterwegs und mussten trotz strikter
Die Crew des vorerst letzten Rückkehrerflugs nach der Landung in Frankfurt. Der
Airbus wurde vom Auswärtigen Amt gechartert.
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Oh, Palomino
Welt und dem Karibischen Meer. „Ein
kleines Paradies unterschiedlicher Öko-
systeme.“ Sie hat hier vor 15 Jahren günstig
Land gekauft, als sich Kolumbien noch im
Bürgerkrieg befand und die Paramilitärs
das Gebiet kontrollierten. Heute ist alles
friedlich, der Quadratmeter ist das Zehn-
fache wert. Das Klima ist tropisch, die Tem-
peratur liegt bei 30 Grad. Auch der Touris-
mus ist mittlerweile ein wichtiger Wirt-
schaftsfaktor. Martha vermietet kleine
Cabañas, also Hütten wie sie die indigenen
Völker bauen, die in den umliegenden Nati-
onalparks leben. Wie viele Menschen in
dieser Region, teilt auch Martha deren Spi-
ritualität und Naturverbundenheit: „Sie ha-
ben ein uraltes Wissen und leben in Harmo-
nie mit Mutter Erde“, erklärt sie. Das Anwe-
sen, auf dem Martha auch selbst wohnt,
Kleines Ökodorf: Der Strom
kommt aus Solarkraft, Gemüse
wird selbst angebaut
gleicht einer grünalternativen Gemein-
schaft: Der Strom kommt aus Solarkraft,
der Abfall wird wiederverwertbar recycelt,
und Kräuter, Gemüse und Früchte werden
im eigenen Garten angebaut. Alle helfen
mit. Momentan ist nur die Hälfte der Hüt-
ten belegt. Martha, ihr Mann und ihr Sohn
sowie zwei Amerikaner, denen es ähnlich
geht wie uns, sind unsere Quarantäne-Fa-
milie. Abends schickt Martha eine Voice-
mail: „Bitte gießt euer Bad.“ Komische
Ausgangssperren zu den Flughäfen ge-
bracht werden. Auch in Neuseeland gestal-
tete sich die Ausreise zunächst schwierig.
Mehr als 10 000 Deutsche saßen fest, weil
die Regierung vorübergehend sogar Rück-
holflüge gestrichen hatte.
Noch immer gibt es Länder, in denen
deutsche Staatsbürger nicht die Heimrei-
se antreten können. „Mehrere Hundert“
deutsche Reisende konnten nach Anga-
ben von Maas wegen Ausgangsbeschrän-
kungen und geschlossener Grenzen noch
nicht heimkehren. Sie würden von den
deutschen Botschaften betreut, aber „wir
werden vielleicht nicht für jeden Fall
gleich eine Lösung parat haben“. Die
Botschaften allerdings engagieren sich
Berichten von Betroffenen zufolge mal
FOTO: DPA
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In einer Strandhütte an der
kolumbianischen Karibikküste lässt sich
die Quarantäne gut aushalten
Sätze, die zum Alltag werden. Auch dieser:
„Zuletzt hat es kaum geregnet, obwohl ei-
gentlich Regenzeit ist.“ Unsere Hütte, aus
Bambus und Lehm gebaut und mit Palmen-
blättern bedeckt, ist teilweise offen. Das
Bad liegt sogar im Freien, wie ein kleiner
Vorgarten. Es ist bereits stockdunkel – wir
sind ja in Äquatornähe –, als ich um sieben
Uhr unter leuchtendem Sternenhimmel in
der Dusche stehe und mit einem Eimer die
Pflanzen neben der Komposttoilette gieße.
Das Verhältnis zur Natur ändert sich in so
einer Umgebung fast zwangsläufig. Als
Stadtkind und Warmduscher bin ich jahre-
lang schreiend vor Spinnen weggelaufen.
Jetzt liege ich ruhig im Bett, während Ka-
kerlaken über den Nachttisch rennen und
Fledermäuse im Dachstuhl rascheln. Man
gewöhnt sich schnell an solche Sachen.
Vom Rucksacktouristen bis zum um-
weltbewussten Wellness-Urlauber reicht
das Klientel in Palomino normalerweise.
Hippies, Veganer und Sinnsuchende an
einem Ort. Übernachtungsmöglichkeiten
kosten zwischen 40 000 und 400 000 Pe-
sos, also zehn Euro (in der Hängematte) bis
100 Euro (in der Eco-Suite). „Wir leben öko-
freundlich und haben hier sofort etwas
ganz Spezielles gefühlt“, sagt Owen, der
mit seinem Bruder Ian und kulinarischen
Geschäftsplänen aus den USA nach Palomi-
no gekommen ist und ebenfalls in der Ge-
meinschaft hier wohnt. „Hier herrscht ein
ganz besonderer Vibe: Dein Kopf wird frei,
du verbindest dich mit der Erde und
merkst, was wirklich wichtig ist im Leben.“
mehr, mal weniger. Aus dem Auswärtigen
Amt heißt es, man wisse von Fällen, in de-
nen sich Deutsche noch in Ländern befin-
den, für die derzeit keine weiteren Flüge
möglich seien. Zu diesen Ländern zählt
auch Marokko, wo derzeit Flüge oder auch
Fährverbindungen nach Europa nur in
sehr seltenen Ausnahmefällen und unter
strengsten Auflagen möglich sind. Man
suche hier nach pragmatischen Lösungen
und bemühe sich derzeit, einen kommerzi-
ellen Flug für deutsche Staatsangehörige
zu organisieren.
Besonders schwierig war die Rückhol-
aktion offenbar in einer Reihe von weite-
ren Ländern, für die Landegenehmigun-
gen nur sehr restriktiv erteilt wurden oder
strenge Bewegungsbeschränkungen gal-
ten, um die Ausbreitung des Virus einzu-
dämmen, dazu zählen Indien, Kamerun
und die Philippinen. Bei Peru kam
erschwerend hinzu, dass die örtlichen
Behörden für eine Gruppe von deutschen
Staatsangehörigen aufgrund eines Infekti-
onsverdachts strenge Quarantänemaß-
nahmen verhängt hatten.
Mehr als 2000 Mitarbeiter des Auswär-
tigen Amts – ein Drittel der Belegschaft –
hatten sich in den vergangenen fünf
Wochen um die Organisation der Rück-
kehrflüge gekümmert. Die Regierung hat-
te 50 Millionen Euro für die Rückhol-
aktion bereitgestellt. Die Rückkehrer müs-
sen sich an den Flugkosten beteiligen, in
welcher Höhe, ist noch unklar. Vermutlich
wird ein Rückholflug ungefähr so viel
kosten wie ein Flug in der Economy-Klas-
se. monika maier-albang
Das sei aber schon vor der Quarantäne so
gewesen.
„Die meisten Touristen kommen aus Eu-
ropa“, klärt Martha auf. Viele US-Amerika-
ner würden sich in Kolumbien immer noch
nicht sicher fühlen, aber es werden mehr.
Auch die großen Hotelketten oder Strand-
komplexe gibt es noch nicht. Dafür kann
man überall ökologische Seife, Hanföl (le-
gal) oder Marihuana (nicht legal) kaufen.
Nach der Yogastunde geht es zur Reikither-
apie und dann an den Strand tanzen mit
Margaritas.
Derzeit natürlich nicht. Jeder muss für
sich meditieren (oder feiern). Das Corona-
virus hat auch hier das öffentliche Leben
zum Erliegen gebracht, obwohl es in der Re-
gion um Palomino erst zwei offizielle Infi-
zierte gibt. „Alles total ausgestorben“, sagt
Marthas Sohn Samuel, der eigentlich in
Bogotá Musik studiert, die Quarantäne
aber mit seiner Familie verbringt.
Palomino ist ein seltsamer Zwitter: Das
ehemalige Fischerdorf ist zwar heute wirt-
schaftlich größtenteils vom Tourismus ab-
hängig, trotzdem hat es sich eine gewisse
Provinzialität bewahrt. Einen Bankomat
sucht man hier lange, über die verlässlich
wiederkehrenden Stromausfälle sollte
man sich nicht wundern. Auch im sozialen
Bereich geht die Schere auseinander: Im
Dorf ist das Trinkwasser knapp, und eini-
gen Menschen fehlen die (Über-)Lebens-
mittel. Insofern hat der Lockdown und das
Ausbleiben der Touristen schwerwiegende
Folgen. Dennoch steht Prävention in
„Wieso wurde ich bis
jetzt vom Amt nicht
kontaktiert?
Wieso bin ich keiner
der angeblich 6000
Gestrandeten,
die aus Marokko
zurückgeholt
wurden?“
Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH
Julian Ignatowitsch
erkundete gerade mit
seiner kolumbianischen
Freundin das Land,
als die Ausgangssperre
in Kraft trat.
Sie beschlossen, nicht
nach Bogotá
zurückzukehren, sondern
sich eine Hütte im
Touristendorf Palomino
zu mieten. Dort warten
sie jetzt seit einem
Monat ab.
FOTOS: VIVIANA DUQUE
Kolumbien an erster Stelle. Die Quarantä-
ne wird mindestens noch bis Mitte Mai an-
dauern. Denn ein flächendeckender Aus-
bruch des Virus könnte noch wesentlich
schwerwiegendere Folgen haben. Das ko-
lumbianische Gesundheitssystem hat die
erwartbaren Schwächen, noch dazu sind
viele Menschen nicht krankenversichert.
So schön die Strandidylle ist,
inmitten der Pandemie
hat sie auch etwas Surreales
Der Großteil der Dorfbewohner hält sich
an die Vorgaben, trägt Mundschutz und
geht nur für das Nötigste raus. Auch wir
kaufen nur einmal pro Woche ein oder
lassen uns die Einkäufe von den Mototaxis
bringen, die sonst flächendeckend den
Staub auf den Sandstraßen aufwirbeln. In
den kleinen Läden wird die Rechnung noch
im Kopf zusammengezählt. Eine Staude
Bananen kostet 25 Cent. Klopapier? Das ist
hier kein Thema. Wenn man den Leuten
von Hamsterkäufen in Deutschland er-
zählt, schauen sie einen verständnislos an.
Die Grundversorgung ist gewährleistet.
Wenn es mal keine Eier gibt, dann weil die
Hühner eben keine gelegt haben. Die Men-
schen sind gelassen und demütig. „Das ist
die Karibik“, sagt ein Ladenbesitzer. „Das
ist das Dorfleben“, sagt meine Freundin.
Sie kommt aus Bogotá und telefoniert
regelmäßig mit ihrer Familie. In der Acht-
Millionen-Metropole ist die Situation
„Nur Vertröstungen“
In Marokko droht ohne Maske Haft
Redouane Amali sitzt bei seinen Eltern
fest, bei strenger Ausgangssperre
„Ich bin eigentlich nur für zehn Tage
nach Marokko geflogen, um meinen kran-
ken Vater zu besuchen. Nun sind daraus
sechs Wochen geworden. So wie Hunder-
te andere Deutsche oder Deutsch-Marok-
kaner sitze ich noch immer fest. Viele ha-
ben zu Hause Frau und Kinder, die jetzt
auf sich gestellt sind. Andere erzählen,
dass ihr Medikamentenvorrat zu Ende
geht oder dass sie Angst haben, ihren Job
zu verlieren. Die Leute verzweifeln!
Meine Eltern wohnen in Mohamme-
dia, 25 Kilometer von Casablanca ent-
fernt, zum Glück bin ich bei ihnen zu
Gast. Dieses Privileg hat nicht jeder. Die
Redouane Amali wollte kurz zu seinem
Vater. Das war vor sechs Wochen. FOTO: OH
anders. Rund die Hälfte der fast 4400 Co-
vid-19-Fälle in Kolumbien werden in der
Hauptstadt verzeichnet, insgesamt 206 To-
te – aber wer kennt schon die genauen Zah-
len? Bogotá ist momentan abgeriegelt:
Keiner kommt raus, keiner rein. Wer wann
überhaupt aus dem Haus darf, darüber
entscheidet einerseits das Geschlecht (an
einem Tag die Männer, am anderen die
Frauen) oder die letzte Ziffer der Ausweis-
nummer (eins/zwei am Montag, drei/vier
am Dienstag und so weiter). Wer sich nicht
daran hält, riskiert eine Geldstrafe von gut
300 Euro, was teilweise das Monats-
einkommen einer Familie übersteigt.
Während die Eltern meiner Freundin
also zusammen mit zwei ihrer jüngeren Ge-
schwister auf rund 50 Quadratmetern woh-
nen und kaum an die frische Luft gehen
können, leben wir in einer grünen Oase,
mit Palmen, Mangos, Pelikanen und Koli-
bris und können nachts beim Baden das
Meeresleuchten beobachten.
So wunderschön die Strandidylle ist:
Inmitten der weltweiten Pandemie hat sie
natürlich auch etwas Surreales. Gerade ist
ein Pferd durch den Garten gerannt. Ge-
fühlt bin ich ewig weit weg von Covid-19,
die Nachrichten verfolge ich auch nur spo-
radisch. Wahrscheinlich macht diese Um-
gebung automatisch eskapistisch. Oder
sie lenkt den Blick – gerade umgekehrt –
auf die Dinge, die mehr Aufmerksamkeit
in unserem Leben bekommen sollten: auf
den Flug der Vögel, den Sturz der Wellen,
den Lauf der Riesenkäfer.
Ausgangssperre ist sehr streng, man
braucht eine schriftliche Genehmigung
der Gemeinde für Einkäufe, medizini-
sche Versorgung. Die Polizei kontrolliert
an jeder Ecke stichprobenartig, ob man
die Genehmigung dabei hat und eine Mas-
ke trägt. Falls nicht, kann man verhaftet
werden. Auch Reisen zwischen Städten
sind verboten. Merkwürdig ist, dass viele
Länder wie Schweden, Belgien und Frank-
reich es im Lauf der letzten Wochen ge-
schafft haben, mit den marokkanischen
Behörden auszuhandeln, dass sie ihre
Landsleute ausfliegen dürfen. Wir aber
werden von der Deutschen Botschaft mit
oft wiederholten Texten vertröstet. In der
letzten Mitteilung vom 21. April hieß es,
dass die marokkanischen Behörden ir-
gendwelche Einschränkung für die Dop-
pelstaater vorschreiben. Am 23. April hat
der marokkanische Außenminister vor
dem Parlament gesagt, dass das so nicht
stimme. Er erklärte, dass es keine Ein-
schränkung dieser Art gebe. Für uns ist es
unmöglich rauszufinden, woran es nun
tatsächlich liegt, dass wir noch in Marok-
ko festsitzen.
Ich hatte mich überall, wie gefordert,
registriert: bei Elefand, beim Auswärti-
gen Amt und Condor – und habe dies
mehrmals wiederholt und aktualisiert.
Ich wurde bis jetzt kein einziges Mal per-
sönlich kontaktiert. Mein Arbeitgeber
zeigt sich tolerant, aber wie lange noch?
Und, was mich wirklich schmerzt: Am
24. April hatte mein einziger Sohn seinen
18. Geburtstag. Und ich konnte nicht
dabei sein.“
DEFGH Nr. 100, Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020
– mal mehr, mal weniger verzweifelt
Dort, wo
Michael Moritz
und Anna Baranowski
während der
nepalesischen
Regenzeit gelandet sind,
gibt es Ziegen,
Bienen, Feldarbeit
und auch eine
großartige Aussicht.
„Für uns“, schreibt
Moritz, „fühlt
sich das Leben hier an
wie im Paradies.“
FOTOS: PRIVAT
Nutzloser Traumstrand
Puerto Rico hat eine strenge Ausgangssperre
Klaus und Irene Goergen, zur Zeit San
José, Quebradillas, Puerto Rico
„Meine Frau und ich sind seit 7. März auf
Puerto Rico. Wir wollten meinen Bruder
und seine Frau besuchen, die hier leben.
Jetzt sitzen wir in einer kleinen Ferienwoh-
nung fest und müssen diesen Irrsinn miter-
leben. Täglich landen hier rund 20 Flüge
aus New York, Florida, Chicago und ande-
ren stark betroffenen Gebieten der USA.
Viele Fluggäste sind infiziert, aber die Leu-
te werden nur mit der Auflage, zu Hause zu
bleiben, entlassen. Oft sind es Exil-Puerto-
ricaner oder US-Amerikaner mit Feriendo-
mizil in Puerto Rico. Die Krankheit hier ist
eine importierte, wie fast überall, aber hier
wird der Import konsequent fortgesetzt.
70. Geburtstag in Quarantäne: Klaus
Goergen mit seiner Frau Irene. FOTO: OH
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Zuflucht im Himalaja
Ein Paar versucht, die Pandemie bei Bauern in Nepal auszusitzen
Michael Moritz ist eigentlich auf Welt-
reise, nun sitzt er fest, zum Glück mit
seiner Freundin Anna Baranowski
„Es ist schon verrückt, wie das gesell-
schaftliche Leben auf der ganzen Welt
innerhalb einiger Wochen komplett auf
den Kopf gestellt wurde. Seit über einem
Jahr bin ich nun auf einer Weltreise.
Ohne auch nur einmal den Flieger zu
nehmen, bin ich so bis nach Nepal gekom-
men. Für mich und meine Freundin Anna
Baranowski, die eigentlich nur für ein
paar Wochen zu Besuch kommen wollte,
kamen die Ausgangssperren und Reise-
stopps ganz überraschend. Wir waren
gerade noch auf einer Trekkingtour im
Himalaja, als uns auf einmal Wanderer
entgegenkamen, die sich so schnell wie
möglich auf den Weg zum Flughafen
machten. Nur wenige Tage später waren
bereits Lebensmittelläden zu, Restau-
rants geschlossen und die Straßen men-
schenleer. Die geplante Route sah eigent-
lich eine Weiterreise nach Indien und Pa-
kistan vor. Doch die bereits bewilligten
Visadokumente sind nun für ungültig
erklärt und die Grenzen dichtgemacht
worden. Nun sitzen wir die größte globa-
le Krise der Nachkriegszeit im höchsten
Gebirge der Welt aus. Auch gegen die
Der Inselstaat, der als sogenanntes
Außengebiet zu den USA gehört, hat kaum
Möglichkeiten, seine Bewohner zu testen.
Verzweifelt hat die Regierung versucht,
Tests zu kaufen, auch in Deutschland.
Dann hat die Trump-Regierung das verbo-
ten, die Tests mussten in den USA gekauft
werden, für deutlich mehr Geld. Die Hälfte
der Tests muss zudem an die US-Regie-
rung zurückgegeben werden. So agieren
Kolonialherren in ihren Kolonien.
Natürlich haben wir uns für das Rück-
holprogramm beim Auswärtigen Amt re-
gistriert. Von dort kam aber nur die Bestäti-
gung dieser Registrierung, sonst nichts. Al-
so leben wir jetzt hier seit dem 15. März mit
einer Ausgangssperre, nur zum Einkaufen
von Lebensmitteln und Medikamenten –
ich brauche Blutdrucksenker – dürfen wir
die Wohnung verlassen. Keine Spaziergän-
ge, kein Strandbesuch. Ab 19 Uhr ist dann
totales Ausgangsverbot.
Unser Rückflug war für den 4. April ge-
bucht. Dieser Flug wurde von Condor abge-
sagt, ebenso drei Folgeflüge. Der nächste
Flug sollte am 16. Mai sein, allerdings er-
fahre ich gerade, dass wohl auch er abge-
sagt wird. Jetzt würde ein Direktflug in die
Heimat erst am 27. Juni gehen. Wir werden
also wohl einen Flug über die USA finden
müssen – was sehr schwer sein wird, da
fast alle Flüge nur angekündigt sind, aber
dann nicht wirklich gehen. Und über New
York zu fliegen, mit Übernachtung in der
Stadt, das hielte ich doch für aberwitzig:
Sieben Wochen Ausgangssperre, um dann
dort zu sein, wo das Virus an jeder Ecke lau-
ert. Das ist uns alten Leuten zu riskant.“
Zeitung GmbH,
GmbH, München
München
exklusivüber
überwww.sz-content.de
www.sz-content.de
Rückholaktionen der Bundesregierung
haben wir uns bewusst entschieden.
Mein Glück im Unglück ist, dass Annas
Rückflug storniert wurde, die anstehen-
den Jobs in Deutschland verschoben sind
und sie daher die Ausgangssperre im
Bergparadies der Quarantäne in den städ-
tischen vier Wänden vorzieht. So haben
wir jetzt endlich Zeit, an unserem gemein-
samen Filmprojekt zu arbeiten, einem
Reisedokumentarfilm für Kinder. Mo-
mentan leben wir mit einer nepalesi-
Quarantäne in Kuba
Der letzte Flug ist längst weg
Matthias und Zulma Jehnichen,
gestrandet auf Kuba
„Meine Frau und ich leben in Kottmar
in Sachsen, meine Frau stammt aus Ku-
ba. Wir sind am 4. März dorthin geflo-
gen, um ihre Familie zu besuchen. Am
5. April wäre unser Rückflug nach Dres-
den gewesen, aber der wurde storniert.
Jetzt sitzen wir immer noch fest! Dabei
Matthias und Zulma Jehnichen, in der
Vor-Corona-Urlaubszeit. FOTO: PRIVAT
schen Familie auf ihrem kleinen Bio-Bau-
ernhof. Den Menschen auf dem Land, die
sich mit ihrer eigenen Ernte versorgen
können, geht es hier viel besser als denen
in der Stadt. Wir packen auf dem Acker
mit an, schauen zu, wie die Honigbienen
gepflegt werden und helfen beim Bau
eines Stalls für den neuen Ochsen, der ab
jetzt den Pflug ziehen wird. Auch nach Co-
rona wird dieses einfache und glückliche
Leben in Nepal sicherlich seine Spuren
bei uns hinterlassen.“
haben wir uns gleich registrieren las-
sen für die Rückholaktion von Condor.
Dort wurde mir gesagt, ich solle mich
auf die Liste des Auswärtigen Amts
setzen lassen, habe ich auch getan. Ich
hatte mehrere Mails und Telefonate
mit dem Amt, weil noch Dokumente
fehlten. Die haben wir auch alle nachge-
reicht. Aber es kam keine Benachrichti-
gung für einen Flug.
Am 2. April habe ich dann zufällig im
Internet gelesen, dass der letzte Flug
der Rückholaktion tags drauf stattfin-
den soll. Keine Notiz vom Amt, nichts.
Ich habe sofort bei der Botschaft ange-
rufen. Dort wurde mir gesagt, wir soll-
ten bis morgen 13.30 Uhr am Flugha-
fen sein. Dafür hätten wir uns ein staat-
liches Taxi suchen und für 450 Euro bis
Havanna fahren müssen. Eine Garan-
tie, dass wir einen Platz in der Maschi-
ne bekommen, gab es nicht. Deshalb
haben wir das nicht gemacht. Einmal
haben wir ein Angebot bekommen für
einen Flug nach Mailand. Aber wie
wären wir denn von Italien aus nach
Hause gekommen, wo doch die Gren-
zen dicht sind?
Wir stehen jetzt auf der Liste der
Übriggebliebenen. Wir sind hier in Qua-
rantäne, aber es fehlt uns an nichts.
Wir hoffen halt, dass sich die Reise-
bestimmungen wieder normalisieren.
Wahnsinn. So langsam sind wir mit un-
serem Glauben an den deutschen Staat
am Ende. Die fliegen lieber Erntehelfer
durch Europa.“
protokolle: monika maier-albang
REISE 35
REISEBUCH
Mit Mut und
Lebenslust
Alexandra Endres reist neugierig durch Mexiko
Auch in Mexiko haben sich Menschen mit Außenseiterin wird. Als Journalistin und
dem Coronavirus infiziert, etwa 16 000 an vergleichsweise reiche Deutsche stehen
der Zahl. Rund 1500 Menschen sind an ihr manche Menschen skeptisch gegen-
den Folgen bislang gestorben. Auch dort über, wollen sich nicht ausfragen lassen.
ist die Lage also ernst. Doch Mexiko hat, Die Zapatisten in Chiapas etwa kommuni-
so bitter das klingen mag, gravierendere zieren im Grunde nur noch über ihre eige-
Probleme. Allein im März sind doppelt so nen Medien. Aber auch Mexikaner ohne
viele Menschen in dem Land ermordet politische Agenda sind vorsichtig gegen-
worden, wie bislang insgesamt in Mexiko über Fremden. Das müssen nicht einmal
an Covid-19 gestorben sind. Ausländer sein. Sich mit den falschen Leu-
Die Gewalt, angefacht von der Drogen- ten einzulassen oder am falschen Ort zu
mafia, hat in Mexiko seit einigen Jahren sein, kann einen leicht das Leben kosten.
ein unfassbares, ein erschreckendes Aus- Umso bemerkenswerter sind Endres’
maß. In dieses Land ist die Journalistin Begegnungen mit Menschen, die das
Alexandra Endres vor zwei Jah- nicht hinnehmen, die mutig
ren gereist, um mit eigenen sind und für ihre Sache einste-
Augen zu sehen, wie Mexiko hen. Da ist Yazmín Novelo aus
sich verändert hat seit ihrem Yucatán, eine Kulturwissen-
ersten Aufenthalt 2004 und schaftlerin, Radiosprecherin
2005. Kurz darauf ist der und Sängerin, die bei ihren Auf-
Drogenkrieg eskaliert. tritten selbstbewusst für ihre
Zwei Monate ist Endres Viele Maya-Identität kämpft. Da ist
geblieben, mit dem Ziel, „nach Indigene Alejandro Hernández Yañez,
den schönen Geschichten zu der in Chiapas Wälder vor der
suchen“. Und dabei, schränkt sind stolz Abholzung schützt, weil er er-
sie ein, die anderen, negativen auf ihre kennt, wie wichtig sie für die
nicht zu übersehen. Man müss- Identität – Wasserversorgung des Landes
te ohnehin furchtbar naiv sein, sind. Und da sind die verzwei-
wenn man die Armut, die Kon- und felten Frauen in Sinaloa, die
flikte und die Bedrohung bei kämpfen sich zusammengeschlossen ha-
einer Reise durch dieses Land ben, um ihre verschwundenen
nicht wahrnimmt. Doch Alex-
dafür Verwandten zu suchen. Weil es
andra Endres steuert bewusst die korrupte Polizei nicht tut.
und entschieden auf etliche Zu diesen Frauen gehört auch
der Probleme zu und trifft die Radiojournalistin Dulcina
dabei eine ganze Reihe Men- Parra, die sagt, dass „ver-
schen, die sich diesen immen- schwinden“ in Lateinamerika
sen Herausforderungen stel- nichts sei, was man tue, son-
len, die nach Lösungen suchen oder dern das widerfahre einem. Sie alle erzie-
wenigstens nach einem Ausweg. len Fortschritte, ihr Self Empowerment
Endres’ Reise, von der sie in ihrem stärkt ihr Selbstwertgefühl.
Buch „Niemand liebt das Leben mehr als Normalität ist in Mexiko etwas Prekä-
wir“ erzählt, beginnt im Süden. In der res, das erlebt Alexandra Endres immer
ärmsten Region eines armen Landes. wieder. Das führt tatsächlich, wie von ihr
Dort leben auch die meisten derer, die erhofft, zu etlichen „schönen Geschich-
sich als Indigene begreifen. Ihre jeweilige ten“. Weil jeder kleine Erfolg kostbar ist,
Kultur, ihre Sprache und Geschichte wer- weil es weniger Oberflächlichkeit gibt in
den an den Rand gedrängt. Sie spielen im den Begegnungen, weil viele Angelegen-
nationalen Bewusstsein keine Rolle und heiten von großer Dringlichkeit sind.
dementsprechend auch nicht im Schul-
unterricht.
Mexiko ist reich an Kultur und Traditio-
nen, reich also an Geschichten. Und weil
Es sind diese Außenseiter und ihre wirt- Alexandra Endres die in Beziehung setzt
schaftlich instabilen Gemeinschaften, die zum Alltag der Menschen, blickt sie hin-
als erste mit den noch weniger privilegier- ter der Kulisse aus Gewalt und Armut auf
ten Flüchtlingen aus Mittel- und Südame- Lebensmut. Ihr eigenes Fazit am Ende
rika konfrontiert werden. Die Vereinten der Reise: „Meine Neugier ist noch größer
Nationen schätzen, dass jedes Jahr eine geworden.“ stefan fischer
halbe Million Menschen versucht, Mexi-
ko zu durchqueren, um in die USA zu ge-
langen. Der Großteil strandet unterwegs Alexandra Endres: Niemand liebt das Leben mehr
und verschärft die sozialen Probleme. als wir. Mexiko – Unterwegs in einem Land voller
Immer wieder stellt die Autorin aber Hoffnung. Dumont Reiseverlag, Ostfildern 2020,
auch fest, dass sie es ist, die hier zur 326 Seiten, 16,95 Euro.
ENDE DER REISE
Nur die Braven kommen ans Meer
„Er muss auch einmal ein bissl brav sein.“ Land ein Jahr lang abriegeln will für Aus-
Mit diesen Worten verabschiedete der länder, stellt man sich das so vor: Die
Kaiser, alias Robert Palfrader, in der ORF- Tschechen sollen in einer Art Cordon sani-
Fernsehsendung „Wir sind Kaiser!“ stets taire durch die Nachbarländer bis an die
seine Gäste. Wer sich derzeit mit den Ein- kroatischen Strände fahren dürfen. Das
lassungen des realen – von Volkes Gna- erinnert jetzt weniger an die Kaiserzeit,
den – österreichischen Regenten zum als mehr an den Kommunismus, wo Urlau-
Sommerurlaub 2020 befasst, der muss ber so planwirtschaftlich verschoben wur-
unweigerlich an diesen gutsherrenhaften den wie Kartoffelernten.
Satz denken.
Sebastian Kurz sagte, er könne sich Die Österreicher dürfen wohl
durchaus Urlaub von Ausländern in sei-
nem Land vorstellen: „Wir sind hier insbe-
ans türkise Wasser von Cres,
sondere in Kontakt mit Deutschland und die Bayern nur an die Ostsee
Tschechien.“ Denn diese Länder seien
„ähnlich erfolgreich wie wir“. Klar, die Bra- Gute Idee! Jetzt muss nur noch die EU-
ven, die ihre Corona-Hausaufgaben feh-
lerfrei erledigt haben, dürfen dann wie-
der an den Wörthersee und ins Zillertal.
Kommissionspräsidentin einen Fünf-Mo-
nats-Plan erarbeiten lassen, wer wann
wohin darf: Die wenig infizierten Österrei-
Und weil Urlaub im Ausland derzeit noch cher dürfen höchstwahrscheinlich ans
höher gehandelt wird als Gold, dürfen türkisfarbene Wasser von Cres und Krk,
andere brave Nationen, die zufällig auch während die stärker infizierten Nationen
ziemlich vom Tourismus abhängig sind, leider an den Wörthersee oder gar nach
jetzt natürlich nicht hintanstehen, wenn Ischgl (im Sommer!) müssen. Die Bayern
es um die generöse Offerte eines Urlaubs mit ihren hohen Fallzahlen werden zu Ur-
in ihrem Land geht. laub an der deutschen Ostsee verdonnert,
So tat sich auch der kroatische Minis- während die Mecklenburger eventuell
terpräsident Andrej Plenković mit Äuße- sogar an die kroatische Adria dürfen. Eine
rungen hervor, er habe mit anderen Regie- Art touristischer Länderausgleich, bei
rungschefs gesprochen, darunter Tsche- dem jeder bekommt, was er verdient,
chien, Österreich und Deutschland, um aber immerhin nicht zu Hause bleiben
ein Modell für den Sommerurlaub 2020 muss. Aber nur, solange er auch ein bissl
zu finden. In Tschechien, das sein eigenes brav bleibt. hans gasser
Wenn schon nicht Karibik, dann wenigstens Cres in Kroatien! Die Frage ist: Wer
darf in diesem Sommer dort Urlaub machen? FOTO: IMAGO / WESTEND61
36 . Donnerstag/Freitag, 30. April/1. Mai 2020, Nr. 100 DEFGH

Nr.

29

Höchste Zeit, welche zu erfinden. Wir machen

Witzduell

Dieses Leben jetzt sorgt für neue Gefühle,

da mal Vorschläge – jeden Tag einen.

Alles zu,

für die es noch nicht mal Worte gibt.

Tages-Lexikon
Der kleine Tim reckt
sich nach dem Klingelknopf.
Er stellt sich auf die
Zehenspitzen – aber er kommt Zeitung auf
einfach nicht ran. Das sieht
Eine ganze Seite für Kinder
ein freundlicher Mann. Er bleibt
stehen und klingelt für ihn. und Familien, damit das
Die kleine Zufriedenheit, wenn man beim Blick aus
„Danke!“, sagt Tim. „Jetzt aber Daheimbleiben ein
dem Fenster feststellt, dass das Wetter so mies ist, dass man
nichts wie weg hier!“ bisschen leichter fällt. ohnehin nicht raus will – selbst wenn man dürfte.
oder Und wofür fehlt dir ein Wort? Schreib an kinder-sz@sz.de

Zwei Vierjährige unterhalten

sich: „Gestern habe ich auf
unserer Terrasse ein Kondom
gefunden“, meint der eine.
Der andere: „Kannst du mir bitte
erklären, was eine Terrasse ist?“
Welcher war besser? Bitte ankreuzen:○ ○
oder
oder auf Instagram abstimmen @szfamilie.
Gestern hat mit 70 Prozent der Uhrentaschendieb
gegen den porschelosen Porschefahrer gewonnen.

Die neuen
Heimkinder

Samuel, 8: „Ich spiele seit einem

halben Jahr Klavier. Ich kann schon
‚Happy Birthday‘ und ‚Hejo, spann
den Wagen an‘. Meine Lehrerin ruft
über Video an, dann spiel’ ich die Sa-
chen vor; und sie sagt, ob das gut
war. Funktioniert ganz gut. Trotz-
dem finde ich Unterricht am Handy
ein bisschen blöder als in echt. Man
muss die Kamera richtig einstellen
und hört die Töne nicht so gut. Ein-
mal hab ich die Hälfte des Liedes
nicht richtig gehört und musste
dann irgendwas spielen.“

Geburtstagsgruß
ht
W ie s ie
e S e it e h e u te
d e in
aus?

Meisterlabyrinth
Abend :
F o to a n
u n s in
e
S c h ic k s z @ s z .d e
Welche Kugel rollt durch welchen Torbogen? k in d e r-

Illustration: Caroline Stern

e ig e n
swahl z
Und welche bleibt stecken? E in e A u s ta g ra m
u f In
w ir a il e
@ s z fa m

Das Leben ist momentan ziemlich irre. Da kann man

Verrückt
Dreierlei
werden

Jule wird 11, Mama und Papa wünschen:

ruhig mitmachen. Dieses Mal:
„Bleib gesund, bis der Henry wiegt
50 Pfund!“ Siri, Paavo, Nadja und Thomas
T I P P S G EG E N Q UA R A N TÄ N E M I G R Ä N E
dass ich Schule mal so krass vermiss!

grüßen Urs zum 50. Geburtstag: „Auf dass

wir bald gemeinsam ‚siedlern‘ können. Wir Finde fiese Monster AUS DER HOME-OFFICE-REDAKTION
lassen dich gewinnen.“ Oma und Opa aus beim Blick aus deinem Fenster
Das eine, das ist jetzt gewiss:

Feldafing schicken „tausend Bussis an Vin-

zenz in Berlin.“ Großmutter Netti gratuliert Verändert
Schlimm, wenn man jemand Lie-
hätt’ nie gedacht,

Amara, Omi und Opi wünschen Leni alles Gu-

te zum 13ten. „Wir feiern euch heute so rich- bem begegnet, sich irre freut und
dann … „Halt! Stop! Nicht!“ … umar-
Reimerei

tig“, schreiben Mama und Papa an Ida und

Jurek. Magdalena grüßt Simon, 13: „Mit Lo- men darf. Lustig, wenn beide aber
go, Trampolin und Harry Potter kriegen wir die Arme ausbreiten, Kussgeräu-
die Zeit schon rum.“ Stella, Theo, Christiane sche machen, auf zwei Meter Ab-
und Christian aus Partenkirchen drücken stand bleiben. Luftumarmungen
Klara. Viola wird 10, ihre Familie aus Heidel- sind der neue Check. Ist so.
berg, Lübeck und Berlin will sie ganz bald
umarmen. Tante B. schickt Titia „viele Bi- Verbessert
sous von Hamburg nach Paris.“ Lucia wird Bei der letzten Eintragerunde ist es
15: „You are our star! Love Mama, Papa, Lisa irgendwo gestrandet. Und nun? Bes-
und Robin.“ Omi und Lu schicken Julian gute te Gelegenheit, ein neues Freunde-
Wünsche. Ihre Familie gratuliert Antonia buch zu starten, vogelwild und des-
zum 10ten. „Moinzn, liebe Romy“, schreibt halb wunderschön. Ohne bocklose
Simon, „lass uns weiter taschern, lecker ko- Fragen (Lieblingsfarbe, Superheld,
chen und rumömmeln.“ Juri wird 8, Mama, „das wünsche ich dir“), sondern mit-
Papa und Moritz schreiben: „Wir haben dich eigenen Ideen: Das will ich später
sehr lieb.“ Jonathan wünscht Mama Henriet- auf keinen Fall werden // Wenn ich
te, „dass nach Corona wieder mehr Leute in heute Geburtstag hätte, würde ich Verkehrt
(Geburtstagsgruß). Die Reimerei macht
Illustrationen von Elisabeth Mossbauer
Gestern hatte ihn der Lagerist beim ins
Auf den Daheimbleibseiten verstecken

Sabine Magnet, ums Verrücktwerden

... // Diese Form würde ich gern aus Mit dieser Akrobatikübung kommt
Regal gelegt. Und wo ist er diesmal?

deine Praxis kommen!“ Grüße an Nori aus

Sargteil, Glastier, Lagerist, Tragseil,

kümmert sich Georg Cadeggianini.

wir jeden Tag einen Hausschlüssel.

Starnberg, heute 12, von CEMF. Papa und Seifenblasen machen // In meiner ihr dem Die-Welt-auf-den-Kopf-
glasiert. Zusatzwort: Galerist

(Lexikon) und Adam Higton

Mama gratulieren Friederike, 6: „Du bist un- Familie ist neulich ... gestorben und Stellen gewaltig nahe. Beuge dich
Buchstabendrilling:

ser allergrößtes Hochzeitstagsgeschenk!“ ich hätte ihm/ihr gern noch ge- nach vorne und hak dich in die Arme
AUFLÖSUNG:

Patentante Eva sendet „ein Corona-freies sagt… // Der größte Fisch, den ich je deines Bruders ein. Dann Kopf an
Fern-Bussi“ an Charlotte, heute 13: „Bleib le- gesehen habe, war wie groß? // Und Hintern und Rücken an Rücken ge-
sehungrig und eine echte Künstlerin.“ Und jetzt in echt? // Das weiß sonst nie- drückt und ab in die Luft mit den Bei-
Mama und Papa wünschen Anna „immer ei- mand… Andere gute Fragen? Und nen. Bitte erst mal Kissen unterle-
ne Handbreit Wasser unterm Kiel.“ dann gleich ab damit, zwei Straßen gen, vorsichtshalber. Mit Papa als
Für eigene Grüße ein paar Tage zuvor einen weiter, zur Freundin, zum Freund – Haltetier kommt man mit den Fü-
netten Satz an allesgute@sz.de schreiben. Regentropfenkulleraugen, Greifarme, Monstermünder? Schick dein Foto an: kinder-sz@sz.de natürlich in den Briefkasten! ßen vielleicht sogar an die Decke!
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 Nummer 18 | 30. April 2020

Im Namen des Vaters

Als unsere Autorin alte Postkarten entdeckt, sieht sie den
Suizid ihres Vaters plötzlich mit anderen Augen – und beginnt zu forschen.
Wurde er als Kind von einem Priester missbraucht?

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 Doppelte Freuden!

SZ-SHOP.DE/
MEMOSPIELE

Memospiele:
s Für kleine und große Wortverdreher
Jede Woche bietet das SZ-Magazin Wortverdrehern und Sprüchekünstlerinnen eine
Bühne – das »Gemischte Doppel«. Jetzt wird Ihr Küchentisch oder der Kinder-
zimmerboden zur Bühne für Memospiele mit eben diesen Wortverdrehungen. Mit 36
Bierdeckel-Spielkarten in der Variante für Kinder. Oder in der klassischen Version mit
72 Karten in der hochwertigen Leinenbox. Finden Sie zum Beispiel die Verbindung
zwischen tauchenden Russen und rauchenden Tussen. Schummeln ist nicht er-
laubt – soll aber auf einer der Karten vorkommen … Die neueste Version »Gemisch-
Vom Klassiker,
l ik ddem Memospieli l „Gemischtes
G i h D
Doppel“,
l“ gibt es vier
tes Doppel 4« ist dank gleicher Kartenrückseiten problemlos mit allen bisher Editionen. Jede in einem Leinenkarton. Die Kinder-Edition kommt
erschienenen Memospielen dieser Reihe kombinierbar. in einer runden Metallbox.

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 I N H A LT NR. 18 30. APRIL 2020

10 Der britische Komiker Ricky Gervais erklärt im Interview,

warum traurige und lustige Geschichten im Grunde das Gleiche sind.
Dusch-WC
16 Nachdem sie alte Postkarten fand, beschleicht unsere Autorin eine SensoWash® Starck f.
dunkle Ahnung. Wurde ihr Vater als Kind von einem Priester Ikonisches Design.
missbraucht? Und hat er sich deswegen das Leben genommen?
Maximaler Komfort.
4 Michael Krüger aus der Quarantäne  6 Sagen Sie jetzt nichts  8 Gute Frage,
Gefühlte Wahrheit, Gemischtes Doppel, Die drei großen Lügen  28 Kosmos 
30 Das Kochquartett  31 Getränkemarkt  32 Hotel Europa, Gewinnen, Impressum 
33 Das Kreuz mit den Worten  34 Das Beste aus aller Welt

A U F S Z- M A G A Z I N . D E

#Coronatagebuch
Seit Beginn der Pandemie begleitet das SZ-Magazin Menschen in ihrem Alltag:
darunter eine Seelsorgerin, eine Bestatterin, eine Sexarbeiterin, einen Boxwelt­
meister und einen Forscher in der Antarktis. Was treibt sie um, was ändert sich in
ihrem Beruf – und was macht ihnen Mut? sz-magazin.de/coronatagebuch
Titelfoto (Postkarte): A. Schweyer, Reutlingen; Foto Inhalt: Paula Winkler; Illustrationen: Dirk Schmidt, QuickHoney

Gute-Ideen-
Podcast
Wie kann man das Leben zwischen
Elternschaft und Beruf und zwischen
Karrierewunsch und Lebenssinn besser
organisieren? Die Autorin Teresa
Bücker im Gespräch über radikale
Ideen für eine gerechtere
Gesellschaft und nachhal­
tiges Glück. Jede Woche
gibt es kostenlos eine neue
30-minütige Folge:
sz-magazin.de/podcast
Mit SensoWash® Starck f präsentieren
Duravit und Philippe Starck eine neue
Dusch-WC-Generation für moderne,
natürliche Toilettenhygiene.
Technische Finessen wie Fernbedienung,
Benutzerkennung, Näherungssensor,
Duschstrahl, Warmluftföhn und Sitz-
heizung garantieren höchsten Komfort.
Dank kompromisslos puristischer Optik
perfekt kombinierbar mit allen Duravit
Designserien. www.duravit.de

Z E I C H E N D E R Z E I T • Emojis für Erwachsene (136)

Morgen wieder … Nudeln?

Titelfoto: Sima Dehgani

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 Im Wald, im Holzhaus – Michael Krüger
aus der Quarantäne (4)
Alles, was ich durch mein Fenster sehen kann:
Eine Sonntagsidylle unter blauem Himmel,
Kinder im Schafspelz geben den Pferden Zucker,
was früher streng verboten war.
Ferien auf dem Ponyhof,
der Tod reitet mit ohne Sattel und Zaumzeug.

Ich muss leise sprechen, damit die Fliegen

mich hören. Sie werfen einen weißen Schatten,
der ängstlich über mein Fenster flattert.
Jetzt fallen die ersten Schmetterlinge aus dem Nichts
auf mein schräges Fenster, die Vögel folgen.
Die Sonne bleicht die Bücher auf dem Fensterbrett.

Viele der größten Dummheiten haben sich

über kurz oder lang als klug erwiesen,
hat ein Weiser gesagt. Aber wer ist es gewesen?
Meine Erinnerung ist ein Scherbenhaufen,
der sich nicht mehr in Form bringen lässt.
Ich picke einige Stücke heraus, halte sie
gegen das Fenster, ins Licht, und staune
über den Reichtum, den Glanz, die Pracht.
Aber es gibt keinen Anschluss, keine Fortsetzung,
kein »Bild«: die Arglosigkeit, mit der unser Weltbild
aufgebaut war und jetzt einzuknicken beginnt.
Ich stehe unter Quarantäne,
mein Immunsystem hat seine guten Tage
hinter sich. Man muss täglich neue Wörter lernen,
heute: Herdenimmunität. Mal sehen, wie lange
es sich hält. Firmament sagt auch keiner mehr.

Raus aus der Einfältigkeit, der unergründlichen Trauer!

Ich muss den Zaun flicken, bevor ich sterbe.
Da, wo der Efeu ihn nicht zusammenhält,
ist das Röhricht gebrochen. Die knallblauen Krokusse
auf der Wiese sehen aus wie ein Ekzem.
Mit großer Mühe werde ich wieder zum Anfänger
und preise das Unkraut, die nützlichen Idioten,
die das Leben im Garten am Laufen halten.
Das mit der Dummheit hat meine Großmutter gesagt,
Wittgenstein muss es von ihr geliehen haben,
dagegen ist nichts zu sagen.

MICHAEL KRÜGER

Als die Viren-Katastrophe über uns kam, begann Michael Krüger
gerade eine Therapie gegen seine Leukämie. Und weil seine Immun­
abwehr auf null steht und ihn ein ferner Huster aus den Schuhen kippen
würde, muss er sich von Menschen fernhalten. Er lebt mit seiner Frau
in einem Holzhaus am Rand eines Dorfes in der Nähe des Starnberger
Sees. Die Post (und die Zeitung) liegt zwei Tage im Freien, bevor sie
im Backofen bei hundert Grad von allen Infektionen gereinigt wird,
die Lebensmittel werden geliefert, eine Freundin aus dem Dorf geht
zur Apotheke, um die Massen von Pillen einzukaufen. Krüger war
viele Jahre lang literarischer Leiter und Geschäftsführer des Hanser-
Verlages in München, danach Präsident der Bayerischen Akademie
der Schönen Künste. Er schreibt Essays, Romane und Gedichte.

4 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 SAG E N S I E J E T Z T N I C H TS

Hubertus Heil

GE B O R E N 3. November 1972 in Hildesheim B E RU F Politiker  AUS B I L DU N G Studium Politologie

und Soziologie  STATUS Der Scholle verbunden

Fotos: Alfred Steffen

Fällt Ihnen jemand ein, der unser Land besser durch diese Zeiten führen könnte als Angela Merkel?

6 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 Seine Heimat ist Peine, Niedersachsen, das macht Hubertus
Heil in Interviews unmissverständlich klar, und das hört
man auch: Etwa wenn er von Braunschweig redet, so wie
neulich in einer Videoansprache anlässlich von Covid-19, die
er für eine Zeitung in seiner Heimat hielt. Er sagt dann
Braunschweich, mit ch am Ende. Vielleicht ist es dieser
Klang von Bodenständigkeit, der den SPD-Politiker Heil
irgendwie glaubwürdig macht. Wahrscheinlich sind es auch
seine emotionalen Auftritte in Talkshows, wie vor Kurzem
in Hart aber fair, als er sich über Adidas aufregte wegen der
Mietminderungen, die der Konzern plante: »Ich bin stink-
sauer.« Oder diese Aktion im vergangenen Jahr, da hatte er
der Reinigungskraft Susanne Holtkotte das Angebot ge-
macht, sie könne einen Tag lang seinen Job mitmachen, er
würde einen Tag lang ihren miterledigen. Und so bezog und
reinigte er mit ihr zusammen die Betten im Klinikum Berg-
mannsheil in Bochum. »Die SPD muss sich für die Men-
schen einsetzen, die den Laden am Laufen halten«, ist sein
Credo. Sein großes Thema: die Grundrente. Als Bundes­
minister für Arbeit und Soziales ist Hubertus Heil derzeit
ziemlich gefragt, er ist für die Abfederung der wirtschaft­
lichen Folgen von Corona zuständig.

Ist es vielleicht auch ganz schön, in Wie leicht kommt Ihnen das Wort Zwischen Homeoffice und Regierungs-
­solchen Zeiten Politiker zu sein? ­»Herdenimmunität« über die Lippen? arbeit: Wie bespaßen Sie Ihre Kinder?

Welchen Knochenjob haben Sie Wie war das so früher für einen Jungen Sie fordern mehr Geld für Pflegekräfte.
mal ­gemacht? mit dem Namen Hubertus Heil? Warum eigentlich erst jetzt?

Weitere Fragen und Bilder finden Sie in unserer App und ab 3. Mai auf sz.de/magazin/ssjn

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 G E F Ü H LT E WA H R H E I T G U T E F R AG E

WAS ES IN DER KÜCHE GIBT

»Im Sommer werde ich 85. Da ich seit fünf Jahren Witwer
bin, werden Kinder, Schwiegerkinder, deren Eltern und
Absolut überall
zwei Enkel sich verpflichtet fühlen (so Corona es bis dahin
hoffentlich wieder erlaubt), mich zu besuchen. Wie kann
ich der Verwandtschaft verklickern, dass mich das über-
Häufig
fordert? Ich müsste Übernachtungsmöglichkeiten schaf-
fen, Einkäufe tätigen, meinen Tagesrhythmus ver­ändern,
Gelegentlich
dürfte während der Zeit weder rauchen noch A ­ lkohol
Selten
trinken. Einerseits finde ich es rührend, wie sich alle küm-
mern wollen, andererseits graust es mir vor ­diesem Tag.«
edle Keramikmesser

exotische Gewürze
 R A I N E R R ., H I L D ES H E I M

Kaffeemaschine

diese eine Schublade mit alten

Ladegeräten, vergilbten Kassenzetteln
und nutzlosen Schlüsseln

DIE DREI GROSSEN LÜGEN

ZUM SELBST GENÄHTEN

MUNDSCHUTZ

1. »War eigentlich ganz einfach.«

W
2. »Doch, doch, sieht professionell aus.« ann haben eigentlich ältere
Menschen das Recht verloren,
3. »Ist ja nicht für lang.«
alt zu sein? Es muss irgendwann
in den Neunzigern passiert sein. In den
Achtzigern galt Joan Collins im Denver-
85 den Herbergsvater geben. Sind Sie si-
cher, dass die wissen, wie alt Sie sind? Am
Ende springen Sie immer herum, Zigaret-
te zwischen den Fingern, Glas Chardon-
nay in der Hand, und wirken versehent-

Clan noch als alt, und damals war sie noch
nicht einmal fünfzig. Es gibt ja auch keine
GEMISCHTES DOPPEL Greise mehr. Nicht dass ich Sie als einen
von
solchen bezeichnen wollte, mir fiel nur
HARTMUT GOSSEL
irgendwann auf, dass sich das Wort
klammheimlich aus dem allgemeinen
Sprachwortschatz gestohlen hat. Selbst
90-Jährige werden heute eher als ältere
Herrschaften bezeichnet denn als Greise.
Ich wüsste gar nicht, wie alt man sein
muss, um doch noch als Greis durchzu­
gehen. Hundertzwölf? Drunter ist jeden-
falls nichts zu machen. Was den Verdacht
nahelegt, dass auf das hohe Alter ein
Schatten gefallen ist. Niemand darf mehr
Softairwaffe Softwareaffe alt sein. Frechheit. Sie sind alt. Jedenfalls
alt genug, um Ihren Geburtstag so zu ge-
stalten, wie es Ihnen gefällt.
Ich kann mir auch gar nicht vorstellen,
Weitere Gemischte Doppel finden Sie
auf sz-magazin.de; um eigene Vorschläge
dass Ihre Familie das nicht verstehen wür-
einzureichen, schreiben Sie an de. Das wären ja seltsame Verwandte,
gemischtesdoppel@sz-magazin.de wenn die von Ihnen erwarten, dass Sie mit
Fotos: shutterstock, mauritius images; Illustration: Serge Bloch; alle Autoren-Illustrationen: Grafilu
lich total jung?
Wünschen Sie sich von Ihren Verwandten
einen Geburtstag nach Ihrer Façon. Wün-
schen Sie sich, dass die Sie ausschlafen
lassen, dann mit Frühstück vorbeikom-
men und/oder mit Alkoholika und Rauch-
waren Ihrer Wahl. Wünschen Sie sich, dass
niemand bei Ihnen übernachtet und sich
in Ihren Tagesrhythmus einmischt. Sie
müssen gar nichts. Sie sind nicht 85 Jahre
alt geworden, um sich immer noch nach
den Vorstellungen anderer Menschen zu
richten. Denken Sie an sich: Wenn die
­Devise Wenn-nicht-jetzt-wann-Dann? jetzt
nicht gilt, wann dann? Passen Sie gut auf
sich auf.
JOHANNA ADORJÁN
Welches Problem treibt Sie um? Schreiben Sie an
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 Interview Foto

MAX FELLMANN DAVID VINTINER

»Lachen
ist
überlebenswichtig«
Der Komiker Ricky Gervais kann irre lustig sein –
er weiß aber auch, warum uns traurige Geschichten
im Leben helfen. Ein Gespräch über fiese
Witze, Hollywood-Eitelkeiten und den Tod

10 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 Gervais ist berüchtigt
dafür, Szenen durch
endlose Lachanfälle
zu versauen. Dabei ist
er jenseits der Arbeit
ein eher nachdenk-
licher Typ.

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 SZ-MAGAZIN Mr. Gervais, Sie haben mal
gesagt: Wer es schafft, Widrigkeiten
ins Gesicht zu lachen, ist kugelsicher.
Was bringt Sie in diesen Zeiten zum
Lachen?
RICKY GERVAIS Ich kann gut über mich
selbst lachen. Wenn mich zum Beispiel eine
Spinne erschreckt. Ich sehe die irgendwo
im Wohnzimmer krabbeln, mache einen
albernen Hopser und quieke aufgeregt. Nur
weil da so ein winziges Tier rumkrabbelt.
Zum Totlachen!
Was noch?
Hunde.
Hunde?
Ja! Diese unmittelbare, ungefilterte Emoti-
on! Wir erwarten immer, dass in allem etwas
Komplizierteres steckt, ein Geheimnis, eine
tiefere Ebene. Aber wenn Sie einem Hund
»Comedy und
Drama sind im Grunde das Gleiche.
Man weint, weil man mitfühlt.
Und wenn man etwas Lustiges sieht,
lacht man, weil man das Gesehene mit dem
eigenen Leben abgleicht«
gegenüberstehen, ist das so eine wunderbar
eindeutige Sache. Er denkt: Ich liebe dich.
Hechel, hechel. Da gibt es nichts zu rätseln.
Trotzdem personifizieren Sie das Tier unwei-
gerlich. Dagegen können Sie nichts tun. Sie
fragen sich, was denkt der gerade? Und genau
so funktioniert ja auch Comedy.
Wie meinen Sie das?
Humor basiert fast immer auf Empathie. Es
gibt Anthropologen, die sagen, der erste Witz
der Menschheitsgeschichte war ein Höhlen-
mensch, der sich den Kopf anhaut. Darüber
musste der andere Höhlenmensch lachen.
Warum? Weil er wusste, dass der erste sich
den Kopf nicht anhauen wollte. Er versetzt
12 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
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sich in ihn hinein. Und denkt: Das hätte
auch mir passieren können.
Das heißt, wir lachen, weil wir verglei-
chen?
Ja. Ich glaube, der lustigste Mensch, den man
kennt, ist nie irgendein Komiker, sondern
immer der eine Kumpel oder der Großvater.
Weil wir über Menschen, die uns nahe-
stehen, so viele Informationen haben. Wenn
Sie mit Ihrem besten Freund oder Ihrem
Großvater in der Kneipe sitzen, es kommt
jemand mit einer völlig bescheuerten Frisur
rein, und Ihr Großvater schaut den an, dann
müssen Sie schon loslachen, weil Sie genau
wissen, was Ihrem Großvater durch den
Kopf geht.
Glauben Sie, dass man sich so
genau überlegt, was der Freund oder
Großvater gerade denkt?
So genau muss es gar nicht sein! Das passiert
auf einem unterschwelligen Level. Wenn ein
Witz funktioniert, dann ja nicht, weil wir
ihn analysieren, sondern weil unser Reflex
schneller ist als unsere Analyse.
Dieser Tage startet die zweite Staffel
Ihrer Serie After Life. Die Serie ist
lustig, aber zugleich deprimierend:
Ein Mann namens Tony, dessen Frau
gestorben ist, kommt schwer mit
dem Alltag und seinen Mitmenschen
zurecht, er hat jeden Lebensmut
verloren. Würden Sie den Menschen
da draußen jetzt empfehlen, sich
After Life anzusehen?
In After Life steckt tatsächlich viel Traurig-
keit, viel Wut und Hoffnungslosigkeit. Für
eine Sitcom ungewöhnlich. Das habe ich
schon beim Schreiben gemerkt. Aber als die
Serie dann lief, stellte sich heraus, dass gerade
Menschen sie mögen, die etwas Ähnliches
erleben. Während der ersten Staffel habe ich
Hunderte von Dankesbriefen bekommen. So
was ist mir noch nie passiert! Auf der Straße
kamen Menschen auf mich zu und sagten,
hey, mein Bruder ist vor Kurzem gestorben,
es hat mir wirklich gutgetan, After Life zu
sehen.
Das heißt, die Serie funktioniert auch
als eine Art Lebenshilfe?
Ich glaube, Comedy und Drama sind im
Grunde das Gleiche. Zweige desselben
Baumes. Wir erschaffen Helden und Böse-
wichter als Rollenbilder für uns selbst. Man
weint, wenn einen eine traurige Geschichte
berührt, weil man mitfühlt, weil man in-
stinktiv empfindet, wie es einem in dieser
Situation selbst ginge. Und wenn man etwas
Lustiges sieht, lacht man, weil man das
Gesehene mit dem eigenen Leben, mit der
eigenen Situation abgleicht. In beiden Fällen
tut sich niemand wirklich weh. Es ist nur
Fiktion, wie ein Besuch im Fitnessstudio –
einem Fitnessstudio für die Seele. Das kann
anstrengend sein, fürchterlich sogar, aber
man kommt ein bisschen stärker wieder
Fotos Seite 13: ddp images (2), dpa / Picture-Alliance (2), Getty Images (2), imago images, all4prices, Netflix (1), Shutterstock (1)
heraus.
Sie sind berühmt geworden mit Figuren
wie dem The Office-Blödmann David
Brent oder dem unglücklichen Schau-
spieler Andy Millman. Absurde, lustige
Charaktere. Wie kamen Sie dann auf
die Idee, eine Serie über einen verwit-
weten Mann zu machen?
Das war 2017, auf dem, wie ich finde, Höhe-
punkt der allgemeinen Political Correctness.
Alle haben versucht, einander vorzuschrei-
ben, was sie zu sagen und zu denken haben.
Eine Phase der totalen Beschränkung. Ich
dachte, wie wäre es mit einer Serienfigur, der
alle sozialen Gepflogenheiten einfach egal
sind? Einem Typen, der sich um nichts schert,
der immer sagt, was er will? Dann habe ich
mich gefragt: Was könnte einen Menschen
dazu bringen, so zu werden? Vielleicht muss
es jemand sein, der vorhat, sich umzubrin-
gen. Er kann machen, was er will, weil er
weiß, es hat keine Konsequenzen. Alles, was
uns so Sorgen macht, wäre für ihn irrelevant.
Im Grunde eine Superkraft! Wenn wir über-
fallen werden, geben wir sofort unser Geld
her, weil wir nicht verletzt werden wollen –
aber wenn einem das völlig gleich ist, dann
ist auch der Überfall egal.
 GERVAIS
Gervais ist seit mehr als dreißig
Jahren mit der Autorin
und Fernsehproduzentin

JANE FALLON
zusammen. Die beiden ha-
ben sich bewusst gegen Ehe
und Kinder entschieden.

EXTRA-GUT
BERÜHMT wurde Gervais mit der war die Serie Extras (2005): Da spielte Gervais
Pseudo-Dokumentation The Office, in der er einen etwas kläglichen Schauspieler, der es mit Stars
einen sagenhaft eitlen Chef spielte (2001–2003). Deutsche Fernseh- wie David Bowie, Orlando Bloom und Kate Winslet
macher klauten zu tun bekommt.
das Konzept für
die Serie Strom-
berg, später einigte
Ein richtiger Holly-
man sich gütlich.
wood-Star ist Ger-
vais bis heute
nicht, gerühmt
und gefürchtet
wurde er aber
für seine
provokante
Moderation der
Golden Globes
(fünfmal zwischen
2010 und 2020).
HIER WIE
DORT
Als skurrilen Briten lieben die
Amerikaner ihn, allein in die Talkshow

26 MAL
von David Letterman kam er
Gervais hat zwei Wohnsitze. In

STAND-UP New York gehört ihm ein

Apartment im berühmten Haus
Mit seinen One-Man-Shows ist Gervais weltweit Barbizon 63 (links) – das war jahr-
auch auf der Bühne erfolgreich. Für dieses zehntelang ein reines Frauen-
Jahr sind eigentlich Auftritte mit Wohnhaus, Lauren Bacall und
seinem neuen Programm Joan Didion lebten dort.
SuperNature geplant. Gervais ist der erste prominente
männliche Bewohner.
Unten: »Das schönste Haus
in der schönsten Gegend von
London«, sagt Gervais über
seine Villa in Hampstead.

Derzeit läuft
die zweite Staffel
seiner Serie
After Life auf
Netflix.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 13

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 Wenn Sie es so beschreiben, klingt es
fürchterlich nihilistisch. Aber so ist die
Serie ja gar nicht geworden.
Weil hinter dieser Superkraft-Idee natür-

» Ich habe jede bescheuerte

lich eine ganz andere Frage steckt, die Frage,
mit der sich die ganze Serie befasst: Wenn

Phobie, die man haben kann.

man das Wichtigste im Leben verliert, wie
kann man dann lernen, das Leben trotz-
dem noch zu lieben? Wie kann man wieder
ein Interesse an anderen Menschen ge-
winnen?
Wenn ich auf meiner Haut
After Life handelt also im Grunde von
der Wiederentdeckung der Empathie. einen Punkt entdecke, bin ich mir auf der
Stelle sicher, dass ich sterben
Genau.
Sie sind seit mehr als dreißig Jahren

muss. Meine Freundin sagt, das ist

mit Ihrer Lebensgefährtin zusammen.
Haben Sie je einen Menschen
verloren, so wie Ihre Hauptfigur?
Meine Eltern. Aber das ist nicht vergleichbar
mit Tonys Situation.
Der österreichische Schriftsteller
Thomas Bernhard meinte: »Es ist alles
lächerlich, wenn man an den Tod
denkt.« Was kann der Mensch tun, um
sich nicht einfach aufzugeben?
Absolut richtig, der Satz. Aber er muss ja
nicht zur Resignation führen. Ganz im Ge-
genteil. Sehen wir es doch so: Es ist ein ver-
dammtes Wunder, dass es uns überhaupt
gibt. Und es gibt uns für eine begrenzte Zeit
auf diesem Planeten, warum verschwenden
wir also Zeit damit, uns über Dinge aufzu-
regen, die ganz und gar egal sind? Lächerlich
würde dann bedeuten: Alles halb so wild.
Der Tod kann uns Demut lehren. Anderer-
seits ist es auch gut, dass wir uns aufregen,
dass wir uns ärgern.
Warum?
Wissen Sie, wie man einen Menschen nennt,
der sich von rein gar nichts berühren lässt?
Psychopath. Nur Psychopathen blenden al-
les aus. Für uns langweilig-normale Men-
schen gilt: Gerade die Banalitäten des All-
tags machen uns aus. All die Dinge, die wir
als trivial empfinden, sind eben doch wich-
tig. Das ist das andere Thema, das sich durch
After Life zieht. Tony versucht im Grunde,
ein waschechter Psychopath zu werden. Was
nicht funktioniert, weil er eben ein Herz hat,
Mitgefühl. Und gerade die Kleinigkeiten,
Nudeln kochen, sich mit Menschen arran-
gieren … all das rettet ihm in Wirklichkeit
das Leben. Er muss den Hund füttern. Er
muss arbeiten, um das Geld zu verdienen,
mit dem er sich den Wein für seine ein-
samen Abende kaufen kann. All die kleinen
Dinge, die wir tun müssen, sind weit weni-
ger trivial, als wir uns einbilden. Sie sind
lebensrettend.
ein Pickel, du Trottel «
Waren Sie in Ihrem Leben je an dem
Punkt, dass Sie dachten, nein, es geht
nicht, so kann ich nicht weitermachen?
Jeden Tag.
Ehrlich? Das ist ja schrecklich.
Nein, nicht in dem Sinn, dass ich mich um-
bringen will. Ich meine, ich kenne Erschöp-
fung und Ratlosigkeit. Damit kann ich um-
gehen. Eine ernsthafte Depression hatte ich
nie. Aber ich verstehe depressive Menschen.
Es kann alles passen, die Menschen um dich
herum sind nett, die Sonne scheint, aber
wenn es in dir drin dunkel ist, hilft das
nichts. Alles, was existiert, existiert ja nur in
unserem Kopf. Es hilft einem Depressiven
nichts, wenn man ihm sagt, schau doch, wie
schön da draußen alles ist!
Es gab Phasen, da hätten Sie durchaus
trübsinnig werden können. Sie sind
in ärmlichen Verhältnissen aufgewach-
sen und hatten zwanzig Jahre lang
nicht den geringsten Erfolg, Ihre
Karriere ging erst jenseits der vierzig
richtig los.
Das mag jetzt doof klingen, aber: Ich war als
armer Mann zufrieden – und ich bin als
reicher Mann genauso zufrieden. Der einzige
Unterschied ist das Geld, aber das ist völlig
egal. Alles, was mir etwas bedeutete, war
kostenlos.
Zum Beispiel?
Die Natur. Ich war immer glücklich, wenn
ich durchs Grüne spazieren konnte. Kostet
nichts. Dann: Lernen, neue Dinge erfahren.
Hat mich immer begeistert. Kostet nichts.
Freunde treffen. Herrlich! Kostet nichts.
Höchstens das Bier in der Kneipe.
Der Wohlstand hat daran nichts
verändert?
Nein. Ich habe bis heute kein Auto, nicht
mal den Führerschein. Ich trage keinen
Schmuck. Wie könnte man noch Geld ver-
schwenden … Glücksspiel, Drogen, nein, in-
teressiert mich auch nicht. Okay, ich lebe im
schönsten Haus, das ich mir in der schönsten
Gegend von London leisten kann, das ist
mein einziger Luxus. Ansonsten mache ich
genau das Gleiche wie vor zwanzig Jahren.
Obwohl, es gibt natürlich etwas, was mich
grundlegend verändert hat.
Und das wäre?
Prominenz. Bekannt zu sein. Dieses ständige
Gefühl, beobachtet zu werden. Auf Leute zu
treffen, die mich anschauen und glauben,
sie würden mich ganz genau kennen, weil
sie mich im Fernsehen gesehen haben. Als
The Office in England zu so einem Riesen-
ding wurde, dachte ich zeitweise, verdammt,
das war jetzt der Pakt mit dem Teufel. Plötz-
lich haben Klatschreporter meinen Müll
durchwühlt. Damit umzugehen muss man
erst mal lernen.

14 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 Sie beschreiben sich als gut gelaunten
Mann. Haben Sie auch Ängste?
Massenhaft!
Welche?
Haha, ich habe so ziemlich jede bescheuerte
Phobie, die man nur haben kann. Wenn ich
morgens auf meiner Haut einen Punkt ent-
decke, bin ich mir auf der Stelle sicher, dass
ich jetzt sterben muss. Ich sage zu meiner
Freundin, schau, ein Melanom, jetzt ist es so
weit, oder? Und sie sagt, das ist ein Pickel, du
Trottel. Dann gehe ich kleinlaut aus dem
Zimmer und schäme mich.
Der klassische Hypochonder?
Nicht nur das. Ich habe Angst vor allem und
jedem. Spinnen. Schnelle Autos. Große
Straßen. Flugzeuge. Sie sollten mal mit mir
fliegen! Wenn das Flugzeug in der Luft ei-
nen winzigen Hopser macht, bin ich sofort
überzeugt, dass wir abstürzen. Es ist ein ein-
ziger Kampf, Tag für Tag. Der Kampf zwi-
schen irrationalen Wahrnehmungen und
Verstand.
Der Humor, mit dem Sie berühmt ge-
worden sind, lebt sehr von der Pein-
lichkeit. Sie bewegen Ihre Figuren in
Situationen, die man als Zuschauer
kaum erträgt, in Deutschland haben
wir dafür das Wort »fremdschämen«.
Sehr schön!
Warum funktioniert das so gut?
Was genau ist lustig daran, anderen
beim Stolpern, Stottern, Scheitern
zuzusehen?
Wir lachen darüber aus zwei Gründen. Als
ich in The Office diesen sehr doofen David
Brent gespielt habe, kamen oft Leute auf
mich zu und sagten, hey, ich kenne einen,
der ist genau wie Brent, so ein Idiot, boah,
bin ich froh, dass ich nicht so bin! Und dann
gab es die, die mir sagten, oh mein Gott, ich
bin wie David Brent, ich komme mir vor, als
hätten Sie mich heimlich studiert! Und ich
glaube, in unserem tiefsten Inneren machen
wir das alle, wir sehen zu und vergleichen,
vielleicht auch nur unbewusst. Das ist, was
Comedy im besten Fall leisten kann, sie sagt:
Wir sind alle ratlose Idioten, also macht euch
keine Sorgen, ihr seid nicht allein.
Sie haben fünfmal die Golden Globes
moderiert und dabei die Hollywood-
Prominenz mit heftigen Witzen
schockiert. Hatten Sie nie Angst vor
den Reaktionen?
Absolut nicht. Weil ich an jeder einzelnen
Pointe präzise gearbeitet habe. Weil jeder
Satz fair war. Ich habe schon oft gesagt: Es
gibt kein Thema, über das man keine Witze
machen darf, es kommt immer auf den Witz
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an. Man kann einen Witz über Hautfarben
machen, ohne auch nur im Geringsten rassis-
tisch zu sein. Es ist ein schmaler Grat. Aber
das ist eben die Aufgabe des Komikers: auf
diesem schmalen Grat sehr sorgfältig zu ar-
beiten. Und ich lege einen Witz ja nicht nur
so an, dass er für den einen Abend funktio-
niert, ich bin mir bewusst, dass das Internet
alles aufhebt, dass ein Witz über Jahre in den
sozialen Medien Schleifen drehen kann. Ich
überlege mir also bei jeder Pointe: Wird die
auch in zehn Jahren noch okay sein?
Wo ziehen Sie eine Grenze?
Ich stürze mich grundsätzlich nicht auf
Dinge, die Menschen nicht freiwillig tun.
Wie jemand von Geburt an aussieht, da-
für kann er nichts. Ich mache meine Witze
über menschliches Verhalten. Und da kön-
nen die ganzen Hollywood-Leute bitte ein
bisschen was aushalten. Ich bin doch nur
der Hofnarr.
Gibt es jemanden, bei dem Sie sich
trotzdem noch entschuldigen wollen?
Nein. Wenn jemand eine Entschuldigung
von mir fordert, würde ich eher versuchen,
ihm zu erklären, warum ich glaube, dass der
Witz in Ordnung war.
Sie erwarten also, dass die anderen sich
Ihren Vorstellungen anpassen.
Weil ich wirklich und wahrhaftig glaube,
dass ich meine Witze sorgfältig genug ausge-
arbeitet habe! Ein Beispiel: Bei den Golden
Globes habe ich mal gesagt, die Auszeich-
nung sollte an das Special-Effects-Team
gehen, das das Filmplakat für Sex And The
City 2 geairbrusht hat. Ich habe gesagt: Wir
wissen doch alle, wie alt ihr seid, Mädels,
eine von euch haben wir schon in einer
Bonanza-Folge gesehen! Daraufhin hat ein
Kritiker geschrieben, der Witz habe sich ge-
gen Ältere gerichtet. Dabei ist das Gegenteil
der Fall! Die Haltung des Witzes war: Wa-
rum bearbeitet ihr ein Foto so, dass die
Frauen aussehen, als wären sie 25? Was
spricht dagegen, sie zu akzeptieren? Es ist
doch völlig okay, dass sie über fünfzig sind!
Altersfeindlich ist es, die Menschen auf
dem Plakat in ein absurdes Schönheitsideal
zu pressen.
Die Zeiten, in denen solche Witze auf
Bühnen gemacht wurden, scheinen ewig
weit weg, die Welt ist gerade sehr be-
klemmend. Verändert das die Aufgabe
des Komikers?
Ich glaube, gerade jetzt werden wir ge-
braucht. Lachen ist überlebenswichtig. Es
rettet nicht im wörtlichen Sinn Leben, na-
türlich nicht, aber es kann einen aus der
Schwere des Moments holen, es kann dem
seelischen Gleichgewicht dienen. Ich meine
es gar nicht so heroisch, aber die Rolle des
Unterhalters in schweren Zeiten ist nicht zu
unterschätzen.
Haben Sie selbst Angst? Denken Sie viel
darüber nach, wie alles weitergehen
wird?
Im Augenblick starren alle wie versteinert
auf die eine große Bedrohung. Aber es wird
ein Leben nach Corona geben. Und ich glau-
be, man kann einen historischen Moment
nicht aus dem Moment heraus bewerten.
Das ist immer erst im Rückblick möglich.
Logisch, oder? Erst dann kann man ja sehen,
wie es weiterging, welche Konsequenzen al-
les hatte, was wir daraus gelernt haben.
Welchen Rat hat der Hofnarr jetzt für
die Menschen?
Ich sage: Das Leben ist so unglaublich, so
faszinierend. Dass jeder einzelne Mensch ge-
nau so existiert, wie er ist – unfassbar! Die
Chance, dass genau dieses eine Spermium
genau in dieser Eizelle landet, steht 400 Bil-
lionen zu eins. Wir sitzen auf einem von
hundert Millionen Brocken, die sich um ir-
gendeine Sonne drehen. Das ist doch alles
völlig unglaublich!
Aber was nützt uns dieser Gedanke?
Sehen Sie es so: Unser Leben ist im Grunde
ein Urlaub. Milliarden Jahre lang existieren
wir nicht, dann gibt es uns plötzlich achtzig
Jahre lang, vielleicht ein bisschen länger,
wenn wir Glück haben. Und dann sind wir
wieder weg, existieren nie mehr. Also ma-
chen wir das Beste draus! Ihr österreichischer
Autor hat völlig Recht. Wenn wir daran den-
ken, wie endlich unsere Existenz ist, dann
wird alle Sorge und alle Wut ganz schön re-
lativ.
MAX FELLMANN
hätte Ricky Gervais sehr gern persönlich getroffen,
aber das war wegen der aktuellen Reisebeschrän­
kungen nicht möglich. Also sprachen die beiden am
Telefon: Gervais’ Handy war verbunden mit dem sei­
ner Assistentin, die von London aus auf dem Münch­
ner Redak­tionstelefon anrief, das weitergeschaltet
war an Fellmanns Handy im Homeoffice. Während
des extrem verrauschten Gesprächs brach die Ver­
bindung viermal ab. Wer es schafft, Widrigkeiten ins
Gesicht zu lachen, ist kugelsicher.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 15
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 Zwei alte Postkarten, ein merkwürdiger Absender,
ein plötzlicher Gedanke: Wurde mein
Vater früher von einem Priester missbraucht?
Unsere Autorin stößt bei ihren
Recherchen auf vielsagende Erkenntnisse – und
auf etliche Widerstände

Unterm Kreuz
Text

NINA SCHICK
Auf der Rückseite seiner Collage hat
der Vater unserer Autorin einen
Fotos
lateinischen Gedichtanfang notiert:
»Nulla quies animo tristi, recreatio EV E LY N D R AGA N
nulla est« – es gibt keine Ruhe für den
traurigen Geist, keine Erholung. S I M A D E H GA N I

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 17

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 D
Die Postkarten, die mein Leben auf den
Kopf stellen, muss ich vor vielen Jahren
selbst an ihren Platz gebracht haben. Fast
fünfzehn Jahre lagen sie in einer Schublade
in meinem Elternhaus, jederzeit zugänglich
für mich. Vielleicht gibt es im Leben für alle
wichtigen Dinge einen Kairos, den richtigen
Zeitpunkt? Wenn das so ist, dann war der
richtige Zeitpunkt, das leere Notizbuch mit
den packpapierartigen Seiten aufzuschla-
gen, am Vorabend von Allerheiligen 2017.
Von den sieben Postkarten, die zwischen
Buchdeckel und erster Seite stecken, stechen
mir zwei sofort ins Auge. Sie sind in hell-
blauer Tinte und einer mir unbekannten
Handschrift geschrieben. Der Text ist nicht
ganz leicht zu entziffern.
»Liebe Frau Baumann. Recht frohe Grüsse von
unserer ersten Station. Bis jetzt hat sich Ihr
­Michael ganz gut bewährt. Er hätte Ihnen sehr
gerne geschrieben, aber ich habe es ihm für
die nächsten 5 Wochen verboten. Werde Ihnen
­wöchentlich Bescheid zukommen lassen. Jetzige
Adresse bitte wenn nötig nur an mich: Leon
Montabaur Westerwald über Limburg. Post­
lagernd«
Die Postkarte ist an meine Großmutter
adressiert und am 3. August 1954 in Monta-
baur abgestempelt worden. Die zweite Karte
wurde am 23. August 1954 in Rangen-
dingen abgestempelt, das liegt in Schwaben.
Auf ihr heißt es ohne Anrede:
»Es geht uns allen sehr gut. Auch Michael ist
wohl auf, wie üblich bin ich mit ihm sehr zufrie­
den, hoffe, dass sich die Fahrt wieder positiv auf
ihn auswirkt. Froh. Gruss [unleserliche Unter-
schrift] Post: Leon z. Z. Heiligen-Zimmern bei
Heigerloch bis 30. des Monats. Kath. Pfarrst.«
Michael, das ist mein Vater. Frau Baumann
ist seine Mutter, meine Großmutter. Leon:
Das ist ein Unbekannter.
Mein Vater wurde am 20. August 1954
vierzehn Jahre alt. Warum hat ein gewisser
18 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
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Leon im Namen der katholischen Kirche Im konkreten Moment natürlich schon,
meinen dreizehn, vierzehn Jahre alten Vater aber ich lebte lange mit seinen Suiziddro-
mehr als fünf Wochen lang an verschie- hungen, wusste um seine Verzweiflung, sei-
denen Stationen in seiner Obhut? Warum ne Angst, seine jahrelangen Depressionen.
erteilt er ihm über die gesamte Dauer, auch Ich habe keinen gesunden Vater gekannt.
über seinen Geburtstag hinweg, Kontakt­ Die Krankheit kam nicht in unser Leben
verbot zur Mutter, und dies offenbar mit und veränderte es, sie war immer da. Mein
deren Billigung? Warum ist er »wie üblich« Vater war eins mit der Depression. Als ich
mit ihm »sehr zufrieden«? Und wie soll sich klein war, hieß die Krankheit »Kopfschmer-
die Fahrt »wieder positiv« auf ihn auswir- zen«, und meine Mutter versuchte, mit mir
ken? heile Welt zu spielen. Doch die Ehe über-
stand die Depression
nicht. Meine Eltern
trennten sich, als ich
acht Jahre alt war. Mein
Vater blieb allein in un-
serem gro­ßen Einfami-
lienhaus wohnen, ich
verbrachte jedes zweite
Wochen­ ende bei ihm.
Dort beschäftigte ich
mich oft stunden-
lang allein, weil mein
Vater sich ins ­ dunkle
Schlafzimmer verkro-
chen hatte.
Je älter ich wurde, des-
to stärker bezog mich
mein Vater in seine De-
pression ein. Er sprach
von seiner Schlaflosig-
keit, seiner Angst, seiner
Einsamkeit. Er erzählte,
wie er nachts um vier
durch das Haus tigerte,
wie ihn die Schmerzen
von zwei Bandscheiben-
vorfällen peinigten, wie
ihn die Angst quälte.
»Angst wovor?«, fragte
ich einmal. Er erklärte
mir, dass seine Angst
Als sich mein Vater im Die Autorin heute, 26 Jahre nach dem kein »Wovor« brauchte.
Sommer 1994 erhängte, Suizid ihres Vaters. Dass sie ein Zustand war,
war ich achtzehn. Ich der Körper und Geist
fand ihn in meinem ehemaligen Kinderzim- vollständig im Griff hatte. Ihm den Mund
mer. Der Anblick seiner schlaffen Gestalt austrocknete, den Schweiß auf die Stirn
mit dem zur Seite gekippten Kopf blieb mir trieb, seine Hände zittern ließ. Ich wollte
erspart: Mein Vater hatte sorgsam die Tür verstehen, seine Vertraute sein und ihm
verschlossen, den Schlüssel im Schloss quer- helfen. Zugleich war ich überfordert und
gestellt und die Rollläden heruntergelassen. litt immer mehr unter der Last seiner Ver-
Beim Versuch, die Tür von außen mit einem zweiflung und Bitterkeit. Ich hatte das
anderen Schlüssel zu öffnen, sah ich durch Gefühl, ich wüsste alles über ihn: mehr, als
die frei gebliebene Hälfte des Schlüssellochs ich wissen wollte, und mehr, als ich tragen
seine Hand – viel zu weit oben im Raum, konnte.
ohne jede Muskelspannung. Bei diesem An- Heute weiß ich: Ich wusste viel zu wenig.
blick traf mich die Gewissheit, dass mein
Vater tot war, mit einem Schlag im ganzen Zwei Postkarten, ein Rätsel. Die Selbstherr-
Körper. Sein Tod kam nicht überraschend. lichkeit des Schreibers, das Einverständnis
 der Mutter und die Ohnmacht des Jungen
machen mich fassungslos. Ich arbeite noch
daran, das aufsteigende Bild zu deuten, da
spricht meine Mutter aus, was sie seit Jahren
mit sich herumträgt: »Weißt du«, sagt sie
nachdenklich, »ich habe dir ja nie davon
erzählt. Aber schon damals, als zum ersten
Mal die ganzen Missbrauchsgeschichten
aufkamen, habe ich mir gedacht: Ich könnte
mir vorstellen, dass dem Papi auch so etwas
passiert ist.«
Es ist, als ob alle Erinnerungen an meinen
Vater in einem großen Sack stecken, den je-
mand wild durchschüttelt und vor meinen
Füßen auskippt. Ich sehe lauter Puzzleteile,
die ich schon immer kannte und die nun
Teile eines neuen Bildes werden.
Da ist der Hass meines Vaters auf die
­katholische Kirche. Einmal fragte ich ihn
nach dem Grund. Er erzählte mir von
der Angst, die ihm die Geistlichen in sei-
ner Kindheit vor Hölle und Fegefeuer ge-
macht hätten. Bis ins Innerste habe sie
ihn er­ schüttert und gequält. Ich ver-
stand und verstand doch nicht. Ich konnte
nachvoll­ ziehen, wie ihn die Furcht vor
schlimmsten Strafen und ewiger Verdamm-
nis gepeinigt hatte und dass ihn das als
Erwachsenen wütend machte. Aber sein
­
Hass ging über das hinaus, was ich mir
­erklären konnte.
Auch andere Puzzleteile fügen sich plötz-
lich ins Bild. Die unergründliche, unheil-
bare Verzweiflung, das verkrampfte Ver­
hältnis zu Sexualität, von dem mir meine
Mutter erzählt, seine hübsche Erscheinung
und seine Verletzlichkeit. Mein Vater war
schlank, blond, blauäugig, hatte ein fein ge-
schnittenes Gesicht mit einer geraden Nase.
Er war groß gewachsen und sportlich, hatte
aber auch etwas Zartes an sich. Wenn je-
mand auf hübsche Jun-
gen stand, musste ihm Montabaur liegt rund 200 Kilometer In seinen letzten beiden Im Zentrum der Collage steht ein Porträt­
mein Vater gefallen. Er nördlich von Karlsruhe. Die Teilnehmer Jahren – 1993, ’94, vor foto von ihm aus den Sechzigerjahren. Da-
der Ferienfreizeiten schliefen in Zwei-
wuchs ohne Vater und dem Computerzeitalter rüber strebt das Bild ins Jenseits: Himmel
Mann-Zelten der amerikanischen Armee.
mit einer kaltherzigen – fertigte mein Vater Bil- und Hölle, Gott und Tod sind die bestim-
Mutter auf, prädesti- der, indem er mit Foto- menden Motive. Sein im Krieg gefallener
niert für Menschenfänger: sensibel, ver- kopieren, Folien und speziellen Papieren Vater besetzt wie geköpft, geblendet und
wundbar, bedürftig nach Zuwendung und Fotos und andere Bilder verfremdete und unerreichbar die oberen Ecken. Unterhalb
Postkarte: Bildvertrieb W. Hoffmann, Bremen

ohne einen Vertrauten, dem er von schlim-
men Erlebnissen hätte erzählen können.
Bis mir das letzte Puzzlestück ins Be-
wusstsein kommt, braucht es ein paar Tage
und wieder den Anstoß meiner Mutter. Als
sie mich darauf anspricht, stockt mir der
Atem. Wieder einmal lag längst alles offen
vor mir, diesmal nicht unbemerkt, son-
dern unerkannt. Ich habe alles gesehen und
war blind.
montierte. Er nannte es »Copy Art«. Meistens
ging es um ein einzelnes Motiv, viele Bilder
zeigten ihn oder mich. Ein Bild aber war grö-
ßer als alle anderen und setzte sich aus vielen
Elemen­ten zusammen. Als er daran arbeitete,
sagte er sinngemäß zu mir, dies sei sein Opus
­magnum, da stecke sein ganzes Leben drin.
Es war für mich ein finsteres, rätselhaftes Do-
kument seiner mir nicht mehr zugänglichen
Geisteswelt und Todessehnsucht.
des Porträts scheint es um seine Vergangen-
heit zu gehen. Ganz unten, die Basis von
allem: der gekreuzigte Jesus des Isenheimer
Altars, flankiert von zwei Kreuzen, die aus
erigierten Penissen gebildet sind. Links und
rechts in den Ecken, wie eine aufmerksame
Beobachterin von beiden Seiten, ein Porträt
meiner Großmutter.
In der gigantischen Unordnung im Haus
meines Vaters stieß ich irgendwann auf ein

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 19

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 z­ erschnittenes Polaroid. Ich erkannte Haut
und Füße. Dann begriff ich: Mein Vater
­hatte ein Bild von seinem erigierten Penis
gemacht und diesen ausgeschnitten. Mir
wurde klar, wie weit er für seine Collage ge­
gangen war. Diese Intimität sollte bei mir
gut aufgehoben sein. Ich ließ das Polaroid
verschwinden und beschloss, niemals ir­
gendjemandem davon zu erzählen. Nicht
einmal mit meiner Mutter sprach ich darü­
ber. Daran hielt ich mich 24 Jahre lang.
Doch nach beinahe einem Vierteljahr­
hundert fügt sich die Collage mit den Post­
karten, dem Verdacht und dem Leid meines
Vaters zu einem neuen Bild. Ich möchte mit
den Fäusten gegen die Wand trommeln und
»Ihr Schweine!« schreien. Dann zwinge ich
mich wieder zur Vernunft: Ich habe keine
Beweise. Nur zwei Postkarten. Leon.
Who the fuck is Leon?
Im November 2017, wenige Wochen nach
dem Fund der Postkarten, beschließe ich zu
Hause in München, mich auf die Suche zu
machen. Mein Vater wäre Ende siebzig,
­Altersgenossen können noch leben. Leon
schätze ich aufgrund der Handschrift und
des Tonfalls als deutlich älter ein. Ich rechne
nicht damit, ihn lebend zu finden. Ich hoffe
darauf, überhaupt zu erfahren, wer Leon
war, und Personen zu finden, die mir etwas
über ihn erzählen können.
Zunächst stochere ich nur herum. Mit
ein bisschen Googeln stoße ich darauf, dass
gerade in Mannheim, Heidelberg und Gie­
ßen an einer Studie gearbeitet wird, die das
Ausmaß des Missbrauchs in der katho­
lischen Kirche seit dem Zweiten Weltkrieg
klären soll. Ich wähle die in Mannheim an­
gegebene Nummer und habe Professor
Harald Dreßing am Telefon. Er ist der Leiter
der Studie und erklärt mir, dass es in der
Untersuchung nicht um Einzelfälle gehen
werde. Wenn mein Anliegen einen kon­
kreten Fall betreffe, solle ich mich an den
Missbrauchsbeauftragten der entsprechen­
den Diözese wenden. Ergebnisse seiner Stu­
die lägen voraussichtlich im Herbst 2018 vor.
An Missbrauchsbeauftragte will ich mich
nicht wenden. Denn ich bin misstrauisch.
Außerdem: Was habe ich schon in der
Hand? Ich bin keine unmittelbar Betroffene,
mein Vater ist tot. Ich habe zwei Postkarten
von einem Unbekannten und einen Ver­
dacht. Ich will zunächst versuchen, meinem
Vater und seinem damaligen Umfeld in
Karlsruhe näherzukommen.
Drei Ansatzpunkte fallen mir ein. Da
ist zunächst mein Onkel, der Halbbruder
20 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
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meines Vaters, vier Jahre älter als dieser. Die ging und einmal eine mehrtägige Radtour
beiden hatten immer ein seltsam entfrem­ unternahm. Ohne Warnung rufe ich an und
detes Verhältnis. Aber mein Onkel ist der habe einen hellwachen, aufmerksamen und
einzige Weggefährte meines Vaters aus jener aufgeschlossenen älteren Herrn am anderen
Zeit, den ich kenne. Das Problem: Ich hatte Ende der Leitung. Beim Namen Michael
schon immer wenig bis nichts mit ihm zu Baumann ist er sofort bei der Sache. Er habe
tun, vor einigen Jahren hat er den Kontakt sich oft gefragt, was aus meinem Vater ge­
zu mir vollständig abgebrochen. Der zweite worden ist, und versucht, ihn für Klassen­
Ansatz ist meine Mutter, die sich noch an treffen ausfindig zu machen. Ich erzähle
zwei Namen von Schulfreunden meines Va­ ihm vom Tod meines Vaters. Er ist betroffen.
ters erinnert. Als Drittes will ich versuchen, Zugleich freut er sich über meinen Anruf.
bei Karlsruher Pfarreien Er erinnert sich an die
etwas über deren Zelt­ gemeinsame verregnete
lager in den Fünfziger­ Radtour 1958. Später
jahren zu erfahren. schickt er mir Bilder
An meinen Onkel Beim Namen von meinem Vater aus
traue ich mich nicht der Schulzeit.
direkt heran. Ich mache Michael Baumann Die Recherche in Sa­
meinen Cousin ausfin­ ist der ältere Herr chen Leon bringt der
dig. Der reagiert aufge­ Kontakt nicht voran.
schlossen, meldet sich am Telefon sofort Der Freund weiß nichts
dann aber nicht mehr. bei der Sache. über Zeltlager, weder
Die Schulfreunde mei- aus Erzählungen meines
nes Vaters google ich Er habe sich oft Vaters noch aus eigener
und suche ihre Namen gefragt, was Erfahrung. Er stammt
in Telefonbüchern. Doch selbst aus einem evange­
der eine Name ist zu aus meinem Vater lischen Umfeld. Weitere
­beliebig, beim anderen geworden ist Freunde kann er mir
finde ich nichts (weil nicht nennen. Über
ich den Namen falsch meinen Vater sagt er:
schreibe, wie sich später »Man kam eigentlich
herausstellt). Ich telefo­ nicht so richtig an ihn
niere mit den Sekretariaten von diversen heran. Er war immer sehr verschlossen, ein
Pfarreien in Karlsruhe. Zeltlager in den bisschen ein Einzelgänger.«
Fünfzigerjahren? Nein, dazu gebe es kein Ich bin trotzdem euphorisch. Ein gerade
Archivmaterial. noch wildfremder Mensch hat mir neue Er­
Ein Vierteljahr später stehe ich frustriert innerungen an meinen Vater geschenkt. In­
vor dem Nichts. Ich frage mich, ob die gan­ dem wir gemeinsam an ihn zurückdachten,
ze Unternehmung nicht hoffnungslos ist. war mein Vater in unserem Gespräch leben­
Zwei Postkarten eines Unbekannten, fast 64 dig. Für solche Begegnungen lohnt sich die
Jahre alt, kein Zeitzeuge greifbar. Bin ich Recherche, egal wie wenig ich dabei über
eigentlich noch bei Sinnen? Mit einem Job, Leon und die Postkarten herausfinde.
drei kleinen Kindern und Haushalt ist mei­ Ähnliches passiert mir bei meinem
ne Zeit auch ohne dieses Projekt gut gefüllt. ­Onkel. Auf einem Heimatbesuch kurze Zeit
Ich rufe einen Freund und Mentor zu Hilfe. später, im April 2018, wage ich mich zu ihm.
Er macht mir Mut und aus meinem Schla­ Mit Herzklopfen fahre ich unangemeldet
massel einen Drei-Punkte-Plan. Erstens hin und klingle. Er und seine Frau bitten
­Onkel: Einfach mal hingehen – jemanden, mich freundlich herein. Das Schweigen ist
der vor der Tür steht, muss man erst mal gebrochen, wir sind alle erleichtert. Wie wir
wegschicken. Zweitens Schulfreund mit auf­ so beieinandersitzen, wird mir bewusst,
fälligem Nachnamen und hochrangigem was uns verbindet: Sohn, Schwiegertochter,
Arzt als Vater: Wird sich über die Kliniken ­Enkelin – alle drei sind wir, genau wie mein
ausfindig machen lassen. Drittens Pfarreien: Vater, Opfer meiner Großmutter.
Nicht mehr mit Sekretariaten telefonieren, Meine Großmutter war eine grauenvolle
Termin beim Pfarrer geben lassen. Person, das war auch ohne den Postkarten-
Nun hat die Sache Struktur. Einige Wo­ Fund klar. Sie war gefühlskalt, herrisch, ego­
chen später telefoniere ich mit einem Schul­ zentrisch, manipulativ. Ihre beiden Söhne
freund, mit dem mein Vater über die ge­ schlug sie wohl regelmäßig. Schon als Kind
samte Gymnasialzeit hinweg in eine Klasse fühlte ich mich in ihrer Gegenwart unwohl.
 Als Erwachsene ertrug ich sie höchstens
zwei Stunden lang. Mein Vater hatte sein
ganzes Leben unter ihr gelitten und über sie
geklagt, aber in Phasen der Schwäche auch
immer wieder ihre Nähe gesucht. Am Ende
hatte er den Kontakt abgebrochen und ih-
retwegen die Schlösser austauschen lassen.
Seit Jahrzehnten habe er nach einer Bezeich-
nung für sie gesucht, sagte er mir kurze Zeit
vor seinem Tod. Nun habe er endlich die
treffende gefunden: Sie sei eine trivenefica,
eine dreimal verfluchte giftmischende Hexe.
Auch mein Onkel wurde von der alten
Giftmischerin fürs Leben gezeichnet. Für
ihn war mein Vater immer der Lieblings-
sohn, er wurde von der Mutter abgelehnt
und geschlagen. Jetzt, nach Jahrzehnten, er-
kenne ich das System. Mir wird klar, wie die
gehässige Frau Missgunst und Misstrauen
säte und verhinderte, dass sich ihre Opfer
verbündeten. Beide Söhne litten unter der
Mutter und blieben einander fremd. Beide
Schwiegertöchter litten unter ihrer Schwie-
germutter und hatten fast keinen Kontakt
zueinander.
Mein Onkel kann mir nicht weiterhel-
fen mit Wissen über Zeltlager, über Erzäh-
lungen meines Vaters oder darüber, ob mein
Vater sich in dieser Zeit veränderte. Der
Name Leon sagt ihm nichts. Stattdessen
berichtet er von der körperlichen Gewalt,
der er selbst vier Jahre lang bei den Regens-
burger Domspatzen ausgesetzt gewesen sei.
Zweimal sei ihm nach Schlägen das Trom-
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melfell gerissen. Kontaktverbote seien ihm
aus dieser Zeit auch vertraut: »Damit die
misshandelten Kinder nicht berichten
konnten, was ihnen angetan wurde.«
Als meine Großmutter in den Fünfziger-
jahren eine Wohnung fand, sodass sie bei
ihrer Mutter ausziehen konnte, blieb mein
Onkel lieber dort wohnen. Mein Vater lebte
ab dann – und auch zur Zeit der Leon-Post-
karten – allein mit seiner Mutter. Die Brü-
der hatten nur spärlich Kontakt. »Ich dachte,
ihm geht’s gut bei ihr«, sagt mein Onkel.
Im Schülerausweis und im Rettungs-
schwimmerausweis meines Vaters kleben
zwei Passbilder, die etwa von 1955 stammen
müssen. Er trägt darauf ein kariertes Hemd
und die Haare zeit­typisch an den Seiten
raspelkurz, oben akku- Grundschein der Wasserwacht des
rat nach hinten ge- Bayerischen Roten Kreuzes vom
31. August 1955. Der Schein entspricht
kämmt. Sein Blick ist
heute dem Rettungsschwimmabzeichen
leicht nach unten ge-
richtet, auf dem einen
Bild hat er den Unterkiefer etwas nach vorn
geschoben und die Augenbrauen zusam-
mengezogen. Er wirkt konzentriert, aber auf
etwas, was nicht in der Außenwelt zu liegen
scheint.
Nein, so sieht kein Jugendlicher aus, dem
es gut geht. Ernst und verloren wirkt dieser
junge Mensch, angespannt, einsam, in sich
gekehrt. Ein Vierteljahrhundert nach seinem
Tod wünsche ich mir nichts sehnlicher, als
meinen Vater fragen zu können, was ihn
­damals beschäftigte und was er fühlte.
Nun bleibt mir nur noch der Karlsruher
Pfarrer. Ich brauche Wochen und Monate,
bis ich einen Termin bei Achim Zerrer, lei-
tender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Karls-
ruhe Allerheiligen, ergattert habe. Eine Wo-
che nach dem 24. Todestag meines Vaters,
am 30. Juni 2018, treffe ich ihn in Karlsruhe.
Die abendliche Zugfahrt quer durchs
Land, die oberrheinische Hitze und die bis
in die Nacht hinein belebten Straßen verset-
zen mich in eine besondere Stimmung. Für
24 Stunden habe ich keine der üblichen
Verpflichtungen. Ein unwirkliches Gefühl
von Freiheit erfüllt mich. Zugleich verbinde
ich die Erinnerungen an den Tod meines
Vaters mit den langen Sommertagen und
dieser bleiernen Hitze des Oberrheins. Ich
fühle mich zum Bersten lebendig und dem
Tod ganz nah.
Achim Zerrer empfängt mich im Pfarr-
haus St. Stephan in kurzer Outdoor-Klei-
dung und Trekkingsandalen. In einem bie-
deren kleinen Besprechungszimmer erzähle
ich ihm von Leben, Krankheit und Tod
meines Vaters. Schließlich komme ich zu
den Postkarten. Diesen Punkt des Gesprächs
habe ich gefürchtet: Was passiert, wenn ich
den Verdacht, mein Vater könnte sexuell
missbraucht worden sein, ausspreche?
Macht Zerrer dicht? Doch seine wachen Au-
gen bleiben freundlich, sein jungenhaftes
Gesicht offen. »Ja, klar stellt ma sich da die
Frage, ob’s da zu Missbrauch gekomme
isch«, sagt er.
Unmittelbar weiterhelfen kann Zerrer
mir nicht. Er hat keine Ahnung, wer Leon
gewesen sein könnte. Doch ich habe ihn
für Nachforschungen gewonnen. Spontan
fallen ihm zwei Personen ein, die er fragen
will. Er verspricht, zu recherchieren und
sich zu melden.
Zwei Wochen nach
unserem Gespräch ruft
Zerrer an. Er hat einen
alten Mann ausfindig
Bronze.
gemacht, der Antworten
hat. Dieser Mann, der
nicht mit seinem Namen in diesem Artikel
stehen möchte, erinnert sich an meinen
Vater und sogar an dessen Mutter. Er war
sechs Jahre älter als mein Vater und hatte
deswegen nicht viel mit ihm zu tun. Umso
mehr aber mit dem Postkartenschreiber.
Leon: Das könne nur Hermann Leon gewe-
sen sein, der »große Zampano« der Jugend-
arbeit in der Karlsruher Weststadt in den
Fünfzigerjahren. Der Mann erzählt, dass
Leon in mehreren Sommern mit einer
Gruppe Jugendlicher auf »Dramafahrt«
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 21
 ­ egangen sei: Die Gruppe sei mit Fahrrä-
g
dern von Ort zu Ort gezogen und habe ein
von Leon geschriebenes Theaterstück in
verschiedenen Gemeinden aufgeführt.
Der alte Mann ist immer noch in der Ge-
meinde aktiv und gut vernetzt. Zerrer bittet
ihn, sich unter seinen Kontakten umzu-
hören. Mich bittet er, noch ein wenig abzu-
warten: »Ich würd sage, jetzt lasse mer den
Herrn mal schaffe.«
Per Internetsuche erfahre ich schon mal:
Hermann Leon war Jahrgang 1926, im Jahr
1954 also 28 Jahre alt. 1955 wurde er in
Mainz zum Priester geweiht. Von 1962 bis
1972 war er Pfarrer in Rheinhessen, danach
bis zum Ruhestand 1996 in Wald-Michel-
bach im Odenwald. Der Jugendarbeit blieb
er immer verbunden und empfing bis zu
seinem Tod 2010 Jugendgruppen in »seiner
Mühle« im Nordschwarzwald, wo er im
­Ruhestand auch wohnte. Eine Pfadfinder-
gruppe aus Rheinhessen hat einen Bericht
von einem solchen Besuch ins Netz gestellt,
auf den Fotos ist auch der 83 Jahre alte Leon
zu sehen. Nun hat das Phantom eine Iden-
tität, eine Biografie, ein Gesicht – und ein
Grab, aber das frustriert mich nicht. Der
erste große Schritt ist geschafft: Leon ist
identi­fiziert.
Drei Wochen später berichtet mir Zerrer
in einem Telefonat, was der alte Mann ge-
schafft hat. Er hat mit Männern, die in der-
selben Jugendgruppe wie mein Vater waren,
und eigenen Bekannten gesprochen. Alle
erzählen übereinstimmend vom harten Re-
giment, das Leon auf seinen Freizeiten ge-
führt habe. Er sei beliebt, aber auch gefürch-
tet gewesen, bekannt als »harter Hund«. Bei
Vergehen seien typische Strafen gewesen,
barfuß über ein Stoppelfeld oder über spitze
Steine im kalten Flussbett gehen zu müssen.
Zwei der Gesprächs-
partner berichten von Zwischen dieser und der vorherigen wältigt, die Sache schien nicht vor Gericht. Ich brauche nicht den
einer weiteren üblichen Postkarte liegen drei Wochen und 300 so plausibel. Und doch einen Zeugen, der versichert, in einer be-
Kilometer – warum, hat unsere Autorin
Strafe: Der Delinquent habe ich mich stets ge- stimmten Augustnacht 1954 zu einer be-
trotz aller Mühe nicht herausgefunden.
musste demnach in der zwungen, in der Mög- stimmten Uhrzeit habe Leon meinen Vater
Nacht zu Hermann lichkeitsform zu blei- zu sich ins Zelt geholt. Das Bild ist auch so
Leon ins Zelt gehen und dort schlafen. Leon ben. Ich fühle mich, als ob ich ein Dreivier- vollständig: die Postkarten, die Collage, die
habe auch Lieblinge gehabt – für diese gab teljahr lang den Atem angehalten hätte. Aussagen. Von nun an sage ich, wenn ich
es die Nacht im Zelt als »Belohnung«. Die Nun lasse ich los. über meinen Vater spreche: Ich gehe davon
Zeitzeugen erklären, selbst nie von Leon Wut, Mitleid, Schmerz, Erleichterung, aus, dass mein Vater als Jugendlicher sexuell
übergriffig angegangen worden zu sein. Bei- Stolz, Dankbarkeit – ich empfinde jetzt viel missbraucht wurde.
Postkarte: A. Schweyer, Reutlingen

de hätten aber auf ihren Fahrten mit Leon
erlebt, dass dieser andere Jungen über Nacht
zu sich ins Zelt holte.
Neun Monate lang habe ich meine Gefühle
im Schwebezustand gehalten. Vom ersten
Moment an hatte mich der Verdacht über-
zu viel auf einmal, um jedes Gefühl in sei-
nem ganzen Ausmaß spüren zu können. Ich
weiß: Jedes Gefühl wird kommen und seine
Zeit beanspruchen. Ich werde mich durch-
arbeiten müssen.
Den gerichtsfesten Beweis gibt es nicht,
es wird ihn wohl nie geben. Doch ich bin
Pfarrer Zerrer formuliert eine Anzeige
für die Missbrauchsstelle der Erzdiözese
Freiburg. Bis hierhin war die Recherche
nach Leon meine Privatsache. Und es bleibt
mein privates Problem, wie ich mit den neu-
en Erkenntnissen über meinen Vater weiter-
lebe. Aber: Mein Vater war nicht als Ein-

22 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 ziger mit Leon auf Freizeiten. Wie erging es Punkten kann ich gedanklich einen Haken
anderen Jungen, die mit Leon zu tun hatten? setzen: Ängste. Depressionen. Misstrauen.
Was hat Leon in seinen Jahren als Kaplan, Sexuelle Probleme. Kontaktschwierigkeiten.
als Pfarrer, als Religionslehrer angerichtet? Schlafstörungen. Suizidgedanken. Suizid-
In Freiburg ist Hermann Leon nicht versuche. Unruhe. Einen Punkt kann ich
akten­kundig. Als Mainzer Priesteramtsstu- sicher ausklammern, das ist Alkoholmiss-
dent arbeitete er in Karlsruhe ehrenamtlich, brauch. Dafür trifft Medikamentenmiss-
und über Ehrenamtliche gab es zu jener brauch zu. Jahrelang betäubte mein Vater
Zeit keine systematischen Aufzeichnungen. seinen Körper mit Schmerzmitteln. Über-
Das Interesse hält sich in Grenzen. Auf haupt sein Körper: Als Jugendlicher war
Wunsch von Zerrer schickt die Missbrauchs- mein Vater sportlich. Er war Rettungs-
beauftragte noch eine Nachfrage an das schwimmer, ging auf Skitouren, unternahm
Bistum Mainz, in dem Leon sein gesamtes tagelange Radreisen und ruderte. In der
Berufsleben verbrachte. Über Zerrer er- Tanzstunde 1958 war meine Mutter hinge-
reicht mich die Auskunft, dass Leon in rissen von diesem braun gebrannten jungen
Mainz durch Gewalt, nicht aber durch Mann, der gerade aus den Skiferien kam.
sexuelle Übergriffe aufgefallen sei. Es wird Schon an der Universität trieb mein Vater
sich später herausstellen, dass man bei dann kaum noch Sport, angeblich, um sich
genauerem Hinsehen doch ein paar Hin- ganz auf sein Studium zu konzentrieren, in
weise darauf findet. das er sich wie ein Besessener stürzte.
Nur eine gute Woche später wird mein Ich erlebte ihn in ­seinem späteren
privates Thema allge- ­Er­wachsen­enleben als
genwärtig. Am 25. Sep- bleich und wie stillge-
tember 2018 stellt die legt, ohne jede Freude
katholische Kirche die an sportlicher Betäti-
unter der Leitung von Plötzlich kommt gung. Er bewegte sich
Professor Dreßing erar-
mir eine Eigenart eckig und langsam. Jahr-
beitete MHG-Studie vor, zehntelang reichten die
ein knappes Jahr nach meines Vaters Depressionen als Be-
meinem Anruf in Mann­
in den Sinn, die ich gründung. Antriebslo-
heim. In Deutschland sigkeit ist ein typisches
sind demzufolge 3677 vergessen hatte: Symptom. Nun liefert
Kinder und Jugendliche
Er war in einem der Missbrauchsver-
Opfer von s­ exuellen dacht eine zusätzliche
Übergriffen durch 1670 Maße schreckhaft, Erklärung dafür, wie ein
Geistliche geworden –
das mich immer eigentlich sportlicher
und das ist nur die Mensch dermaßen das
­Spitze des Eisbergs. Die wieder staunen ließ Verhältnis zu seinem
Forscher nennen ihre Körper verlieren kann.
Zahlen eine »untere In der Liste begegnet
Schätz­größe«. Sie gehen mir ein weiteres Merk-
davon aus, dass es deut- mal, das mich inne-
lich mehr Taten, Opfer und Täter gibt. halten lässt. »Schreckhaftigkeit« steht dort,
Ich scrolle durch 366 Seiten Studie und und plötzlich kommt mir eine Eigenart
male mir aus, was meinem Vater passiert meines Vaters in den Sinn, die ich vergessen
sein könnte. In der Liste typischer Miss- hatte. Mein Vater war in einem Maße
brauchstaten stehen: Berührung primärer schreckhaft, das mich immer wieder stau-
Geschlechtsteile unter der Kleidung, Küsse nen ließ. Es konnte passieren, dass ich ihm
auf den Mund, genitale Penetration, Mastur- gegenübersaß, in die Augen blickte und ihm
bation an, von und mit Betroffenen, Entklei- beim Erzählen die Hand auf den Arm legte
dung Betroffener, Oralverkehr, Fingerpene- – und er zusammenzuckte, als hätte ihn je-
tration. Erschütternd genug, allerdings auch mand von hinten angesprungen.
nur nüchterne Fachbegriffe, die einen fast Immer wieder lese ich die Postkarten.
vergessen lassen: So handelt ein Erwachse- »Wie üblich bin ich mit ihm sehr zufrieden,
ner an einem Kind. Was fühlt ein Kind, dem hoffe, dass sich die Fahrt wieder positiv auf
so etwas widerfährt? ihn auswirkt.« Was war da üblich? Was wie-
Die Studie enthält auch eine Liste mit derholt sich da? Und was waren die Auswir-
gesundheitlichen Folgen, die bei Betrof- kungen, die Leon und/oder meine Groß-
fenen häufig auftreten. Bei den meisten mutter als »positiv« bewerteten? Wie ver-
brachte mein Vater die Ferien 1952, 1953
– Jahre, aus denen ich keine Postkarten
habe? Immer wieder betrachte ich die alten
Passbilder und stelle mir meinen Vater als
dreizehn, vierzehn Jahre alten Jungen vor.
Wem hätte er sich anvertrauen können? Er
muss so einsam gewesen sein.
Ich muss aushalten, dass ich nichts mehr
tun kann. Meinen Vater nicht mehr ­fra-
gen, nicht mehr mit ihm reden, niemanden
anklagen, nichts ungeschehen machen,
nichts heilen kann. Ich fühle mich so hilf-
los.
Mit meinem Fall hat die Studie der ka-
tholischen Kirche unmittelbar nichts zu tun.
Doch sie ändert einiges. Das Thema ist nun
hochaktuell, die Kirche steht unter Druck.
Was trägt sie zur Aufklärung bei? Die Sensi-
bilität auch für historische Fälle steigt. Und
ich fasse Mut. Wenn ich schon nicht mehr
herausfinden kann, was meinem Vater in
der Obhut von Hermann Leon widerfahren
ist, stelle ich nun die Frage: Wie hat sich
Leon später verhalten, als Kaplan, Pfarrer
und Religionslehrer? Auch das wird mir
­etwas darüber sagen, was mit meinem Vater
passiert sein könnte. Und ich habe eine
­Aufgabe, die mich von meiner Ohnmacht
ablenkt.
Ich wende mich selbst an die Miss-
brauchsbeauftragte des Bistums Freiburg,
die Rechtsanwältin Angelika Musella. Es
reicht mir nicht mehr, dass mir Pfarrer Zer-
rer erzählt hat, was ihm Frau Musella erzählt
hat, was sie aus Mainz gehört hat. Ich bitte
Musella darum, mir die Unterlagen zu
meinem Fall zukommen zu lassen. Das
möchte sie auch tun, allerdings untersagt
ihr das Bistum Mainz, die E-Mail mit der
Auskunft über Leon weiterzugeben, »aus
Datenschutzgründen«. Man sehe mein Inte-
resse, Klarheit über den Suizid meines Va-
ters zu erlangen, werte hier aber »das post-
mortale Persönlichkeitsrecht des betrof-
fenen Pfarrers als gewichtiger«. Ich lese den
Satz mehrmals durch, um sicherzugehen,
dass ich ihn richtig verstanden habe.
Pech für Mainz: In Freiburg teilt man
diese Ansicht nicht so ganz. Zwar erhalte ich
die Mail weder auf Papier noch elektro-
nisch, doch ich bekomme sie am Telefon
vorgelesen. So langsam ich möchte.
Der Name Hermann Leon sei im Bistum
Mainz »in einschlägigem Zusammenhang
schon bekannt«, heißt es dort. Dabei muss
Leon sich im alltäglichen Berufsleben eher
unauffällig verhalten haben. Über Jahr-
zehnte hinweg veranstaltete er jedoch Ferien-
lager in seiner Mühle im Nordschwarzwald.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 23

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 Zu diesen habe das Bistum Mainz »Be­ Meine Versuche, in Mainz einen relevanten dass man aus demselben Grund keine
schwerdebriefe von Eltern wegen der dort Gesprächspartner zum Thema Hermann Akteneinsicht gewähren könne.
praktizierten fragwürdigen Erziehungs­ Leon und Aufklärung zu erreichen, prallen Beide versichern mir, dass Leons Perso­
methoden« erhalten. Außerdem habe es im wochenlang an einer Mauer des Schweigens nalakte noch einmal gründlich geprüft wor­
Jahr 2010 zwei Anträge auf Anerkennung ab. Das ändert sich erst, als ein Journalist den sei und es keine Vorwürfe außer den
des Leids – das standardisierte Verfahren der erstes Interesse an dem Fall zeigt. Plötzlich mir bekannten gebe. Bentz nennt Leons
Kirche für Missbrauchsvorwürfe – gegeben, meldet sich der Justiziar per Telefon und Gestaltung der Mühlenfreizeiten »paramili­
die sich auf die Sechzigerjahre bezogen. Mail bei mir und lädt mich zu einem Ge­ tärisch« und vermutlich sogar »von brau­
In einem der Anträge seien Leon »Grenz- spräch nach Mainz ein – mit ihm selbst und nem Gedankengut geprägt«. Es sei jedoch
verletzungen und körperliche Züchtigun- dem Generalvikar. nie ein sexueller Übergriff Leons aktenkun­
gen, die einen sexuellen Unterton gehabt Im März 2019 fahre ich nach Mainz. Die dig geworden.
haben könnten«, vorgeworfen worden. Diese ungleiche Konstellation macht mich nervös. Ergebnis des Gesprächs sind drei Zu­
seien jedoch von der Bischofskonferenz Ich hätte auch gern Begleitung, aber nie­ sagen: Ich soll den offiziellen Nachruf des
nicht als sexueller Missbrauch eingestuft mand wollte so recht passen. Also trete ich ­Bistums auf Leon, Todesanzeige genannt,
worden. den zwei hohen Kirchenherren allein gegen­ erhalten. Bentz und van der Broeck verspre­
Der andere Antrag hatte eine Vergewal- über. Ich trage die Geschichte meines Vaters chen, meine Kontaktdaten an die zwei in
tigung in der Mühle zum Gegenstand. Die
Vergewaltigung habe ein Priester be­
gangen, allerdings: »Die Identität des Tä­
ters war nicht zu ermitteln. Es war jedoch
eindeutig nicht Pfarrer Leon selbst.« Dem
Betroffenen wurde eine Anerkennungs­
leistung gezahlt.
Zu der von Pfarrer Zerrer vorgebrach­
ten Schilderung und dem von ihm geäu­
ßerten Verdacht, mein Vater könnte von
Leon sexuell missbraucht worden sein,
lautet die Einschätzung: »Was Pfarrer Zer­
rer schreibt, fügt sich zu einem stimmigen
Bild mit den uns vorliegenden Informa-
tionen zusammen.« Weiter heißt es aus
Mainz: »Pfarrer Leon selbst konnten wir
bislang einen eindeutigen sexuellen Miss­
brauch nicht nachweisen. Dass es im
Zusammenhang der Ferienlager in der
Mühle weitere Opfer gibt, wenn nicht
von sexuellem Missbrauch, so zumindest
von körperlichen Übergriffen im Rah­
men der rigiden Erziehungsmethoden, ist
sehr wahrscheinlich.«
Außerdem erfahre Michael Baumann mit seiner Mutter, vor, berichte vom Post­ der E-Mail erwähnten Beschwerdeführer zu
ich aus der E-Mail: Das fotografiert vermutlich 1965. kartenfund, der Collage, übermitteln, mitsamt meiner Bitte, Kontakt
Bistum erstattete 2010 meinem Verdacht und herzustellen. Zuletzt sichern mir Bentz und
selbst Strafanzeige gegen Leon, wegen des meinen bisherigen Erkenntnissen. Ich van der B
­ roeck zu, noch einmal alles zu hin­
Verdachts auf vorsätzliche Körperverletzung, möchte alles wissen, was gegen Leon vor­ terfragen und sich um größtmögliche Auf­
Misshandlung Schutzbefohlener und sexuel­ liegt, weil es mir Hinweise darauf geben klärung zu bemühen.
len Missbrauch Minderjähriger. Die Sache kann, wie es meinem Vater in der Obhut Der Vertreter des Bischofs von Mainz hat
erledigte sich sowohl wegen Verjährung als von Leon erging. sich zweieinhalb Stunden Zeit für mich ge­
auch durch Leons Tod im Juni 2010. Der Generalvikar Udo Bentz und der Jus­ nommen – eines Bistums, in dem meinem
Das Bistum selbst hat Leon bei der Staats­ tiziar Andreas van der Broeck teilen sich die Vater nichts widerfahren ist. Ich sehe darin
anwaltschaft angezeigt und rechnet mit Aufgaben. Bentz führt das Gespräch und ein ernsthaftes Engagement und weiß es
weiteren Opfern. Wessen Rechte wollte man zeigt sich auf professionelle Weise zuge­ zu schätzen. Andererseits fühle ich mich
Foto: Nikolaus Müller, Karlsruhe

mit der Weigerung, die E-Mail an mich
­weiterzugeben, schützen? Tatsächlich das
»postmortale Persönlichkeitsrecht des be­
troffenen Pfarrers«? Oder doch eher das
höchst lebendige Interesse des Bistums am
Schutz des eigenen Ansehens? Mein Kampf­
geist ist geweckt.
wandt, er hört aufmerksam zu und hat eine
warme Ausstrahlung. Van der Broeck hält
sich zurück und schreibt mit, er steht für
die unangenehmen Aussagen bereit. Bentz
überlässt es seinem Justiziar zu bekräftigen,
dass man die E-Mail »aus Datenschutzgrün­
den« nicht habe weitergeben können und
eingelullt von Bentz’ freundlicher Art, den
Zusagen und Beteuerungen. Ich mache
mir Vorwürfe: Hätte ich nicht viel hart-
näckiger nachhaken müssen? Gibt es einen
ernsthaften Willen zur Aufklärung? Ich
bezweifle, dass wirklich etwas passieren
wird.

24 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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 Ich verfolge meine eigenen Spuren und ma-
che den neuen Eigentümer der Mühle aus-
findig. Dieser ist ebenfalls Pfarrer. Ich bitte
ihn um einen Termin und das Vertrauen,
mein Anliegen erst im persönlichen Ge-
spräch preisgeben zu müssen. Es funktio-
niert. Angespannt mache ich mich auf zu
dem Treffen, das wenige Kilometer von der
Mühle entfernt stattfindet. Als Erbe der
Mühle könnte er der erste eingefleischte
Leon-Jünger sein, auf den ich treffe. Wie
wird er reagieren, wenn ich einen Verdacht
gegen Leon äußere?
Meine Angst erweist sich als unbegrün-
det. Der Pfarrer zeigt sich offen und nimmt
sich viel Zeit für mich. Das ändert sich, als
ich Monate später darum bitte, seine Infor-
mationen für meinen Artikel verwenden zu
dürfen. Was er mir als Privatperson erzählt
hat, soll nun, da ich ihm als Journalistin ge-
genübertrete, keine Geltung mehr haben.
Über die Monate hinweg telefoniere ich mit
einigen Männern, die Leon kannten. Da-
runter sind welche, die ihn als Jugendliche
in Karlsruhe erlebten, spätere Weggefähr-
ten, die seine Mühlenfreizeiten mitmachten,
oder auch Pfarrer, die Leons Gemeinden
kennenlernten. Auch Pfarrer Zerrer forscht
weiter nach Zeitzeugen und trägt Informa-
tionen zusammen. Die meisten meiner Ge-
sprächspartner haben eines gemeinsam: Sie
wollen ihren Namen nicht in der Zeitung
lesen – zum Teil aus guten Gründen. Denn
auch sie haben Dinge im Vertrauen erfahren
und möchten ihre Informanten schützen.
Außerdem scheint es immer noch eine
große Furcht vor den Leon-Anhängern zu
geben, die dieser im Laufe der Jahrzehnte
um sich geschart hat.
Einige Informationen begegnen mir im-
mer wieder. Schon in den ersten Gesprä-
chen über Hermann Leon habe ich erfah-
ren: Zeit seines Lebens strebte er danach,
junge Männer für den Priesterberuf zu ge-
winnen. Schon für seine Karlsruher Theater-
fahrten wählte er vorzugsweise Gymnasi-
asten, da nur diese für ein späteres Studium
in Betracht kamen. Auch an seine Pfarrstelle
in Wald-Michelbach zog es ihn wohl wegen
des Gymnasiums, an dem er viel Religions-
unterricht gab. Er brüstete sich mit den
Dutzenden Priesterzöglingen, die er heran-
gezogen habe.
Wieder fällt ein Schlaglicht auf die Erin-
nerungen an meinen Vater, wieder ist es
unmöglich, heute noch Klarheit zu erlangen.
War Leon dabei, auch aus meinem Vater ei-
nen Priester zu machen? Als meine Mutter
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sich in der Tanzstunde 1958 in meinen Vater Hemmschwelle der Kinder und Eltern erhö-
verliebte, sagte ihr eine Bekannte: Schlag dir hen, sich über die Freizeit zu beschweren?
den aus dem Kopf, der wird eh Priester. Selbst nach seiner Emeritierung empfing
Auch von einem Besuch meines Vaters am Leon noch Gruppen in der Mühle. Er wollte
Priesterseminar in Mainz weiß meine Mut- die Mühle auch nach seinem Tod als Ort für
ter. Doch mein Vater erklärte ihr den Aus- Jugendfreizeiten bestehen lassen. Doch nie-
flug als Besuch bei einem Freund, und vom mand unterstützte seinen Plan, und die
Berufsziel Priester war keine Rede mehr. Gruppen kamen immer seltener. Leon muss
Karlsruher Zeitzeugen schildern mir entgangen sein, wie er selbst und seine Müh-
Leons strenges Regiment und seine harten le, in der die Kinder in Schlafsälen auf Turn-
Strafen wie Läufe über das Stoppelfeld und matten schliefen, aus der Zeit fielen.
stundenlanges Rosenkranz-Beten – und sind Über seinen Tod hinaus dachte Leon
bereit, dies achselzuckend als typisch für die auch bei seiner Beerdigung: Er schrieb den
Nachkriegszeit hinzunehmen. Doch die Nachruf auf sich selbst und nahm diesen auf
Zeiten änderten sich, Leon offenbar nicht. Tonband auf. Nach seinem Tod fand zu-
Auch meine Gesprächspartner aus späterer nächst eine Trauerfeier bei der Mühle statt,
Zeit berichten von Leons harter Hand. wo Leon eine kleine Gemeinde um sich ge-
­Jeder, mit dem ich über Leons Mühlen­ schart hatte. Dort lief das Tonband mit der
freizeiten spreche, lässt das Wort »para­ Trauerrede. Bei der offiziellen Trauerfeier in
militärisch« fallen, sogar von einer »faschis- Wald-Michelbach wurde dies vom Bistum
tischen Art« ist die Rede. Unternommen jedoch untersagt.
hat anscheinend nie
jemand etwas. Selbst Langsam gewinne ich
einer, der viele Frei- ein Bild von der Person
zeiten als erwachsene Hermann Leon. Ein
­Be­gleitperson erlebte, Langsam gewinne Mensch, der die Rede
beschränkt sich ­darauf ich ein Bild vom für seine Beerdigung
festzustellen, dass er mit selbst schreibt, auf-
den päda­gogischen Me- Pfarrer Hermann nimmt und abspielen
thoden nicht einver­ Leon. Ein lässt. Ein Mann, der in
standen gewesen sei – seiner Mühle weiter-
von der Teilnahme an herrischer Mensch, leben möchte, aber die
den Fahrten hielt ihn der erwartet, Zeichen der Zeit nicht
das offenbar nicht ab. erkennt und auf man-
Bemerkenswert ist dass seine Um- gelnde Unterstützung
auch, dass die Teilneh- gebung nach seiner verbittert reagiert. Ein
Pfeife tanzt
mer für die Freizeiten Priester, der mitreißen
über Jahrzehnte hinweg kann und glühende Ver-
fast nichts zahlen muss- ehrer sowie erbitterte
ten. Auf den Theater- Gegner hat. Ein her-
fahrten organisierte rischer Mensch, der er-
Leon, dass die Jungen wartet, dass seine Umge-
ihre Zelte auf dem Gelände der Pfarreien bung nach seiner Pfeife tanzt.
aufschlagen durften und Essen bei Gastfa- Schon als Theologiestudent, ohne Amt in
milien erhielten. In der Nachkriegszeit war der Karlsruher Gemeinde, nahm er es sich
dies für viele Jugendliche sicher die einzige heraus, die Eltern seiner Jugendgruppen-
Möglichkeit, an solchen Unternehmungen Kinder aufs Deutlichste zurechtzuweisen. In
teilzunehmen. Auch meine Großmutter hät- einem Brief aus jener Zeit – ein Karlsruher
te als Kriegerwitwe mit zwei Kindern keine Zeitzeuge gab ihn mir – empört er sich über
kostspieligen Fahrten bezahlen können. spärlichen Besuch beim Schülergottesdienst
Doch auch später, als Leon die Kinder in und schreibt: »Unsere Führer, die jede freie
seiner Mühle beherbergte und verpflegte, Minute und ihre ganzen Ferien für die Jun-
blieben die Kosten eher symbolisch: Von gens opfern, dürfen erwarten, dass auch Sie
zehn, höchstens zwanzig Mark für zwei Wo- nicht davor zurück­schrecken, einmal in der
chen berichten meine Gesprächspartner. Woche eine halbe Stunde früher aufzuste-
Stemmte Leon die Kosten aus seinem Privat- hen, um Ihren Buben zu ermöglichen recht-
vermögen? Welche Kontrolle übte das Bis- zeitig zur hl. Messe zu erscheinen. An diesen
tum Mainz über die Freizeiten aus? Und kleinen Opfern wächst Ihr Junge und er-
sollte der Fast-umsonst-Preis vielleicht die starkt die ganze ­Kirche.«
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 25
 Leon machte sein eigenes, ganz besonderes
Ding und scharte exklusive Gruppen um
sich – ein Vorgehen, das heute als bewusste
Täterstrategie betrachtet wird. Statt normale
Zeltlager zu veranstalten, ging er mit aus-
gewählten Jugendlichen auf Theaterfahrt.
Statt Freizeiten in Einrichtungen des eige-
nen Bistums zu organisieren, lud er die
Gruppen in seine private Mühle auf dem
Gebiet des benachbarten Bistums. Statt sich
im Ruhestand zurückzuziehen, hielt er in
der Mühle Gottesdienste ab und emp-
fing Jugendgruppen. Doch wie sieht es mit
konkreten Hinweisen auf Übergriffe von
Hermann Leon aus?
Schon Pfarrer Zerrer erfuhr in seinen ers­
ten Gesprächen vom »Krankenzimmer«, das
es in der Mühle gegeben habe und das Leon
einem Gesprächspartner gegenüber »mit
einem Augenzwinkern« erwähnt habe. Die-
ses Krankenzimmer begegnet mir mehrmals
wieder. Beispielsweise in einem Gespräch
mit einem Kirchenmitarbeiter, der Wald-
Michelbach gut kennt. Als ich ihn anrufe
und den Namen Hermann Leon und »Ver-
dacht auf Missbrauch« erwähne, legt er
schneller los, als ich schreiben kann. Er hat
keinen Zweifel daran, dass Leon sexuell
26 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
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übergriffig war. Leon sei »süchtig nach Kin- auch in Mainz bekannt war. »Hermann
dern« gewesen und habe sich immer mit Leon wurde in meinen Augen durch das
Pubertierenden umgeben. In der Mühle Schweigen der bischöflichen Autoritäten
habe er Krankenbehandlungen selbst vorge- geschützt«, sagt er. »Dinge sind nach Mainz
nommen und dabei »Aufpasser« gehabt, die gegangen und verschwunden.« Er wünsche
ihm den Rücken freigehalten hätten. Viele sich, dass das alles einmal aufgeklärt werde.
Kinder hätten Angst vor der Behandlung Aber wann und von wem? Aus Mainz
gehabt, bei der sie allein mit Leon im Raum höre ich wochenlang nichts mehr. Meine
gewesen seien. »Geradezu Standard« sei ge- Telefonate führen mich zu einem weiteren
wesen, dass er den Pubertierenden Zäpf- Kirchenmitarbeiter. Dieser lernte eine ande-
chen ein­geführt habe. Auch in der Mühle re Gemeinde Leons kennen. Er spricht nach-
denklich über Leon. Im
Laufe der vergangenen
Jahre sei ihm die Frage
gekommen, was früher
wohl alles unter Leon
passiert sei. Er erinnert
sich an die Reaktionen
in der Gemeinde auf
eine Einladung zum
Zeltlager: Sie seien zu
seiner Verwunderung
verhalten gewesen. Erst
nach und nach sei er da-
hintergekommen, dass
die Vorstellungen von
den Freizeiten von Her-
mann Leon geprägt ge-
wesen seien: Die Kinder
hätten sich gefürchtet.
Als er mit den Men-
schen in der Pfarrei ver-
trauter geworden sei,
hätten diese begonnen
zu erzählen. »Ich habe
nie danach gebohrt«,
sagt er. Es schwingt die
unausgesprochene Fra-
ge mit, was wohl alles
ans Licht gekommen
wäre, wenn jemand »ge-
bohrt« hätte.
sei es vor­ gekommen, Diese Fotos nahm Michael Baumann Aus den Erzählungen
dass Kinder zur Strafe wohl etwa 1993 per Selbstauslöser in habe er erfahren, dass
seinem Wohnzimmer auf.
über Nacht zu ihm ins Leon in der Mühle die
Zimmer mussten. »Ich Kinder darauf kontrol-
kann Ihnen nur meinen Abscheu mittei- liert hätte, ob sie sich richtig gewaschen hat-
len«, sagt er. ten – sie hätten dazu in Unterwäsche vor
Und doch: Es fehlt an konkreten Fällen, ihm antreten müssen. So habe sich aus den
an Menschen, die Leon offen etwas vor­ Berichten für ihn nach und nach ein Bild
werfen. Auch in der Schule habe man sich zusammengesetzt – das Bild eines Men-
haarsträubende Dinge über Leon erzählt, schen, so formuliert es mein Gesprächs-
be­richtet mein Gesprächspartner, doch nie partner, der offensichtlich »Gefallen daran
habe jemand etwas unternommen. In Wald-­ hatte, Kinder zu quälen und Kinder nackt zu
Michelbach habe eine Omertà geherrscht, sehen«.
ein Gesetz des Schweigens. Leon habe syste-
Fotos: privat
matisch Leute unter Druck gesetzt und ein- Ich finde einen weiteren Insider aus einer
geschüchtert. Mein Gesprächspartner ist Gemeinde Leons. Er schätzte Leon sehr und
davon überzeugt, dass Leons Übergriffigkeit war mehrmals mit ihm als Begleitperson in
 der Mühle. Ich spreche ihn in unserem burg und trage Weber meine gesammelten
Telefonat direkt auf den Verdacht an,
­ Erkenntnisse vor.
­Hermann Leon könne Kinder sexuell miss- Zum ersten Mal habe ich das Gefühl,
braucht haben. Er kenne das Gerücht, sagt dass jemand außer mir und Pfarrer Zerrer
er. Doch er habe nie etwas bemerkt. Zwar den Willen hat, alles, was möglich ist, über
habe auch er zumindest einmal mitbekom- Hermann Leon ans Licht zu bringen. Zum
men, dass Leon einem dreizehnjährigen ersten Mal gelingt es mir deshalb, nach
Mädchen ein Zäpfchen eingeführt habe. einem derartigen Gespräch loszulassen. Ich
Dies sei jedoch der einzige Fall eines unsitt- habe mein Material in gute Hände gegeben
lichen Übergriffs gewesen, von dem er wisse. und warte auf die Ergebnisse von Webers
Von anderen Fällen habe er gehört, aber nie Arbeit, die 2021 vorliegen könnten.
etwas Konkretes. An-
sonsten: nichts bemerkt. Im Film Gelobt sei Gott
»Ich kann nichts dazu
Welche von François Ozon sagt
sagen, weil ich nichts Kardinal Philippe Bar-
davon weiß«, sagt er. Mög­lichkeiten barin, die Taten seien
Vielleicht sei schon
hätte es gegeben, »Gott sei Dank« schon
­etwas seltsam gewesen, alle verjährt. Zu Recht
dass Leon gewisse »Bil- die Depressionen beklagen Missbrauchs-
der in seinem Schrank«
meines Vaters opfer die Verjährungs-
gehabt habe. Auf Nach- fristen, die dazu führen,
frage präzisiert er, es zu be­handeln, dass viele lange ver-
seien Bilder von Jungen
wenn man einen drängte, unentdeckt ge-
aus der Gemeinde gewe- bliebene Verbrechen
sen. Die habe er gese- Missbrauch als nicht gesühnt werden.
hen und sich gewun-
mögliche Selbst die vor wenigen
dert, aber Leon nie da- Jahren verlängerten Ver-
nach gefragt. Es sei ihm Ursache erkannt jährungsfristen reichen
auch aufgefallen, dass
hätte? nicht, um den Fällen ge-
Leon »Freundschaften recht zu werden, in de-
mit Buben« pflegte. nen Menschen jahr-
Aber genauer wollte er zehntelang nicht über
auch das offenbar nie wissen. Weiteren Erlittenes sprechen konnten. Die Wirkungen
Nachfragen weicht er aus. der ­Taten reichen weit über das Justiziable
Ich melde alle meine Gesprächspartner hinaus. Nicht einmal nach sechseinhalb Jahr-
und Informationen nach Mainz, von wo ich zehnten, nicht einmal wenn alle Beteiligten
immer noch wenig höre. Nach vielen Wo- gestorben sind, ist das Geschehene hinfällig.
chen hat man mir endlich einmal den Nach- Die Krankheit und der Tod meines Vaters
ruf zukommen lassen und mich ansonsten haben mein gesamtes Leben geprägt. Über
vertröstet. Der Nachruf erwähnt vieles, nur die Jahre hatten sie ihren Platz darin be-
nicht die Jugendarbeit, über die sich Her- kommen, waren nach unten gesickert und
mann Leon zeit seines Berufslebens defi- bildeten den Bodensatz. Die herzlose Mut-
nierte. Welchen Grund hatte dies? Was war ter, der fehlende Vater und die raue Nach-
in Mainz wirklich über Leon bekannt? Wes- kriegszeit schienen jahrzehntelang Grund
halb bekam er nur eine »Beerdigung zweiter genug für die schweren Depressionen
Klasse«, wie einer meiner Informanten es meines Vaters zu sein. Am Ende war der
formuliert? Suizid als einziger Ausweg erschienen, wie
Die zweite Zusage aus dem Gespräch, – so bitter es klingt – eine Erlösung. Ich hat-
nämlich meine Kontaktdaten den früheren te meinen Frieden damit gemacht, seine
Beschwerdeführern aus der Akte Leon zu- Botschaft, wie Jean Améry sagt, als »die aus-
kommen zu lassen und meinen Kontakt- gestreckte Hand der Versöhnung« gesehen.
wunsch zu übermitteln, ignorieren die Bis- Es blieb das Mysterium, warum er so unheil-
tumsvertreter beharrlich. Im Juli informiert bar verzweifelt war, so grundsätzlich fehl am
man mich immerhin darüber, dass der Re- Platz in diesem Leben erschien. Die beiden
gensburger Anwalt Ulrich Weber mit einem Postkarten wirbelten diesen Bodensatz auf.
Aufklärungsprojekt beauftragt wurde. We- Auf einmal schmerzt mich der Gedanke,
ber hat 2015 bis 2017 die Vorkommnisse bei dass ich seinen Suizid als einzigen Ausweg
den Regensburger Domspatzen untersucht. hingenommen hatte, zutiefst. Welche Mög-
Wenige Tage später fahre ich nach Regens- lichkeiten hätte es gegeben, die Depressi-
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onen zu behandeln, wenn man einen Miss-
brauch als mögliche Ursache erkannt hätte?
Hätte ich die richtigen Fragen finden kön-
nen? Ich hätte so gern noch einmal die
Chance, ihm Fragen zu stellen. Was erlebte
er im Sommer 1954 in fünf Wochen unter
Hermann Leon mit Kontaktverbot nach
Hause? Was geschah in den Jahren 1952,
1953? Weshalb erzählte man sich, dass er
Priester werden würde? Ich muss damit le-
ben, keine Gewissheit erlangen zu können.
In Berichten von Betroffenen begegnet
mir eine Erkenntnis immer wieder: Es ist
der zweite Missbrauch am Geschädigten,
ihn für den Rest seines Lebens auf diesen
Missbrauch zu reduzieren. Die Entdeckung
des mutmaßlichen Missbrauchs war das feh-
lende Puzzlestück im Leben meines Vaters.
Monatelang habe ich dieses Stück unter die
Lupe gehalten, gedreht und gewendet. Nun
ist es Zeit, das Teil an seinen Platz zu legen
und auf das ganze Bild zu schauen. Mein
Vater war so viel mehr. Er war unglaublich
intelligent, belesen und gebildet. Er war
geistreich und feinsinnig, konnte schlagfer-
tig und witzig sein. Eine alte Freundin be-
schrieb ihn mit dem wunderbaren Adjektiv
»verschmitzt«. Er war hilfsbereit und hatte
ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden,
war unkonventionell und unbestechlich.
Vor allem aber war er ein liebevoller Vater.
Vielleicht liegt darin seine größte Leistung:
Trotz all seines Leids, trotz seiner grausamen
Mutter erzog er mich frei von jeder Gewalt,
liebevoll, liberal und fortschrittlich. Nie for-
derte er blinden Gehorsam ein. Schon als
ich ein kleines Kind war, nahm er mich
ernst wie eine Erwachsene.
Ich wusste immer, dass er mich über alles
liebte. Auch sein Suizid änderte daran
nichts. Diese Liebe ist sein Vermächtnis. Sie
ist größer als seine Krankheit, stärker als
­seine Bitterkeit.
Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie sich
selbst suizidgefährdet fühlen, kontaktieren
Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge
(www.telefonseelsorge.de). Unter der Hotline
0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten
Sie Hilfe.
NINA SCHICK
möchte dem pensionierten SZ-Redakteur Hans Holz-
haider danken – er ist der »Freund und Mentor«, von
dem im Text die Rede ist. Ohne Holzhaiders Er-
mutigungen hätte es weder diese Recherche noch
diesen Artikel gegeben.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 27
 KO S M O S Boarding School: Limitierte

Glänzend
Retro-Skateboards in
fünf Farben, zum Selbst-
Zusammenschrauben.
banzaiskate.com

Verschlungen: Diese Hält dicht: Die

Kette aus Zuchtperlen Umhängetasche
und Silber ist ein aus der »Frekvens«-
Reflektiert: Der Spiegel »Eye of Gemeinschaftswerk von Kollektion lässt
the Tiger« bricht das Licht Comme des Garçons und sich mit Zugband
wie ein Prisma. reflections- Mikimoto. cdg.mikimoto.com schließen. ikea.com
copenhagen.com

Erleuchtung lässt
sich manchmal
schon mit einigen
technischen Kniffen Moderne Zeiten:
erreichen. Runderneuerter
Graffito: Der Drehbleistift Klassiker »Master
»Brass Pencil Twyst« ist Control Calendar«
aus Messing, die Minen mit Datums­anzeige
sind nachfüllbar. lgndr.de und Mondphase.
jaeger-lecoultre.com

Großes Versprechen:
Der Ring »Everloving«
ist aus Weißgold und mit
34 Brillanten verziert.
wempe.com

Fotos: Li Hui (1); Mitarbeit: Julia Christian

Smiley: Obstteller »Pols Potten Plate Fruit« mit
drei glasierten Früchten, alles aus Porzellan. baerck.net

»Gold ist eine Konstante. Um den Finger gewickelt:

Wie der Polarstern« Geflochtener Herren-Ring
»Michel« aus Sterlingsilber.
STEVE FORBES, US-amerikanischer Verleger olelynggaard.com

In Bein gemeißelt:
Licht ins Dunkel: Handge­ Glänzende Samtstrümpfe
arbeitete LED-Leuchte aus der Stuttgarter
wiederverwendetem Kupfer. Raum für Notizen: Designerin Simone Wild.
lumierebricoleur.com Das aufklappbare simonewild.com
Medaillon »White Mother
of Pearl« mit Silberkette
bietet Platz für Liebes-
briefchen oder Foto.
Schneckentempo: Die
tomwoodproject.com
»Slowlex« sieht aus wie eine
Armbanduhr, hat aber keine
Zeiger. sarahillenberger.com

Zeitlos: Die Herrenuhr »Oyster

Perpetual Datejust 36« aus Edelstahl
und Weißgold ist ein Klassiker, der
immer mal wieder modernisiert
28 S Ü D D EU T S C H E Z E ITU N G M AGA Z I N wird. rolex.com

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 KO S M O S

Indoor-Spielplatz
Spiele für zu Hause haben derzeit Konjunktur. Dabei sollte
man aber beachten, dass sich nicht jeder Zeitvertreib wirk-
lich zum Einsatz in den heimischen Wänden eignet, zumin-
dest wenn man nicht in völliger Alleinlage wohnt. Ein
Kicker­tisch etwa mag fröhliche Stunden bereiten, treibt mit
seinem Geklacker und Gekoller den Nachbarn von unten
aber in den Hörsturz. Ein Dartspiel ist dem eigenen Aggres-
sionsabbau förderlich, bewirkt in der Wohnung hinter der
Zielscheibe aber eher das Gegenteil. Für Gummihupf,
Basket­ ball und Riesen-Jenga im Wohnzimmer gilt das
­Gleiche. Und weil es kurzzeitig Mode geworden ist, ganze
Marathonläufe und Triathlons zu Hause stattfinden zu las-
sen – bitte vorher an die Trittschalldämmung denken, damit
man nicht bei Kilometer 28 von der Polizei angehalten wird.
Eher unverfänglich und nervenschonend sind hingegen
­Karten- und Brettspiele, der gesellige Verzehr von Weich­käse
sowie das Aufhängen von schicken Handtaschen zum
­Zwecke der ausgiebigen Betrachtung. MAX SCHARNIGG

Trifft sich gut: Handtasche »Pont Neuf« von Louis Vuitton. Foto: Sophie Green S Ü D D EU T S C H E Z E ITU N G M AGA Z I N 29

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 KO C H Q U A R T E T T

Rigatoni Dolci
Zutaten für 4 Portionen

1 l Milch, 30 g Butter, 1 Vanilleschote, 1 Prise Salz, 50 g Zucker, 300 g kurze Rigatoni, 1 Bio-Limette,
1 EL Vanillepuddingpulver, 1 Charentais-Melone (geschält, ohne Kerne, in 2  cm große Stücke
geschnitten), Mark von 4 frischen Passionsfrüchten, 1 Sträußchen Zitronenmelisse

Zubereitungszeit: 35 Minuten

C H R I ST I A N JÜ RGE NS kocht
im Restaurant »Überfahrt« in
Rottach-Egern am Tegernsee und
schreibt neben Elisabeth
­Grabmer, Maria Luisa Scolastra
und Tohru Nakamura für unser
Kochquartett.
Milch und Butter in einem hohen Topf aufkochen. Vanilleschote aufschneiden und mit
Salz und Zucker in die kochende Milch geben. Anschließend die Hitze reduzieren und
Rigatoni hinzugeben. Al dente garen, dabei ständig rühren, um ein Überkochen zu
verhindern.
Limette heiß abwaschen und die Schale mit einer feinen Reibe abreiben. Das Pudding-
pulver in kaltem Wasser anrühren. Kurz aufkochen und binden lassen, dann zum An-
dicken des Fonds langsam in den Nudeltopf einrühren.
Rigatoni in tiefen Tellern anrichten. Die Melonenstücke gleichmäßig darauf verteilen,

»Meine Großmutter
das Ganze mit dem Limettenabrieb bestreuen und das frische Passionsfruchtmark
darübergeben. Zum Schluss mit der Zitronenmelisse garnieren.

Josepha servierte
uns ab und zu eine
Milchsuppe mit
einer altbackenen
Semmel, die sie mit
Zucker bestreute.
Rocco, der Chef-
koch eines meiner
Lieblingslokale,
›La Locanda‹ in
München-Giesing,

Foto: Reinhard Hunger; Styling: Christoph Himmel; Porträt: Frank Bauer

serviert im Sommer
Spaghetti mit
Melone. Ich habe
beides kombiniert –
streichelt die Seele.«
Nächste Woche: Pão de queijo
von T O H RU NA K A M U R A.

30 S Ü D D EU T S C H E Z E ITU N G M AGA Z I N Alle Rezepte finden Sie unter dasreze.pt

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 GETRÄNKEMARKT
Vietnamesischer Kaffee
Es ist so schön, wenn man fremde Getränke kennen und lieben lernt.
Noch mehr gilt das für fremde Menschen
W
enn ich die Familie meiner Freundin besuche,
wird kein Porzellangeschirr aus dem Schrank und
kein edler Tropfen aus dem Keller geholt, ehrlich
gesagt gibt es gar keinen Keller. Es werden keine Fragen
gestellt, für deren Antworten man sich nicht interessiert,
niemand sagt »Oh, wie interessant« oder »Ach, wie un-
geschickt«, und nie, wirklich niemals könnte eine pein-
liche Gesprächspause entstehen. Stattdessen verhalten sich
alle, als wäre ich nicht da, oder besser: als gehörte ich schon
immer dazu.
Es ist immer heiß, schwül und laut, weil Saigon (nie wür-
de meine Freundin von Ho-Chi-Minh-Stadt sprechen) nun
mal so ist. Und für alle, die nie in Vietnam waren: Leise und
achtsam sind die Menschen in Japan, in Vietnam wird
geschrien. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Häuser zur
Straße hin offen sind und man einfach lauter sein muss als
Foto: Maurizio Di Iorio
die tausend Roller, die pro Minute vorbeiknattern. Wenn
wir ankommen, setze ich mich meistens auf einen grünen
Plastikhocker und lasse den Dingen ihren Lauf.
Es ist ein bisschen wie im Kino, ein experimenteller Film
ohne Untertitel: Onkel Khoa, ein Juwelier, steht im FC-
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Bayern-Trikot hinter seiner Auslage und schaut lustige Handy-
Videos. Ich habe nie gesehen, dass er einen Ring oder eine
Kette verkauft hätte, trotzdem hat er immer ein Bündel
Geldscheine in der Hose, das er mit einem Gummi zusam-
menhält. Hinter ihm kniet sein vierjähriger Enkel Dong
Quan – klarer Fall von ADHS, nur nennt das hier niemand
so – vor einem Computer aus den Neunzigerjahren und
spielt Kung Fu, neben sich mindestens zwei Nachbarjungen,
alle machen sie »Tschaktaschak!« oder »Bumbumbum!«
Hinter ihnen schläft Oma Thinh, 93, ihrem Tod entgegen.
Seitdem sie sich nicht mal mehr mit ihrem eigenen Spiegel-
bild unterhalten kann, liegt sie apathisch auf einer Bast-
matte, wird gefüttert, gewaschen und gewickelt, manchmal
steckt ihr Arm in einer Schlinge, damit sie sich die Beine
nicht wundkratzt. Neben ihr döst meistens eine Tante, die
gerade nichts Besseres zu tun hat, im Eck versucht die jüngste
Cousine meiner Freundin – sie nennt sie die »kleine Mi« –
für das Abitur zu lernen, während ihre Schwester, die »große
Mi«, mit ihrer ersten Liebe telefoniert. Irgendwo dazwischen
kniet ihre Mutter Huong auf dem Boden und zerschneidet
mit einer riesigen Schere Schweinefleisch. Alle paar Minu-
ten läuft der kleine Bao durchs Bild und schießt mit einer
Plastikpistole auf die Katze, die meistens auf die Bastmatte
von Oma Thinh flüchtet, was die aber nicht merkt. Und
wenn Thao, die Lieblingscousine meiner Freundin, nicht
gerade gefälschte Gucci-Taschen shoppt, singt sie im hell-
blauen Seiden-Negligé Karaoke, während sie ihre neu-
ge­borene Tochter in den Schlaf wiegt.
Und dann, nach ein, zwei Stunden, fragt meistens je-
mand, ob man nicht einen Kaffee trinken wolle, läuft über
die Straße und holt mehrere Becher eisgekühlten ca phe
sua da. Und dann sitzen wir da und trinken und lächeln uns
an, während um uns herum die Lichter der Garküchen an-
gehen. Anfangs hat er mir nicht geschmeckt: zu schokoladig,
zu süß, zu dickflüssig, was an der gezuckerten Kondensmilch
liegt, ich sage Kommunistenmilch dazu. Aber je öfter ich in
Vietnam bin, desto lieber mag ich ihn – morgens auch heiß
(wie auf dem Bild). Ich glaube, dass es gar nicht am Kaffee
liegt. Ich glaube, es liegt daran, dass mir diese Menschen,
die so anders sind als die Menschen zu Hause, ans Herz ge-
wachsen sind. Dass mir diese Chaoten am anderen Ende der
Welt jedes Mal wieder zeigen, wie einfach es wäre, zufrieden
zu sein.
TOBIAS HABERL
schreibt hier im Wechsel mit Simone Buchholz, Lara Fritzsche und
Verena Mayer über Getränke, die es verdient haben.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN 31
 H O T E L E U R O PA IMPRESSUM
»NEST 13«

Schaalsee
Chefredakteure
Michael Ebert und Timm Klotzek
Stellvertretende Chefredakteurin
Lara ­Fritzsche
Artdirector
Thomas Kartsolis
M E C K L E N B U RG -VO R P O M M E R N Chef/in vom Dienst
Dirk Schönlebe, Julia Wagner
Textchef
Marc Schürmann
Redaktion
Bei Ankunft stehen bereit: ganz viel Stille, Susanne Schneider (Autorin);
einige Paar Pantoffeln, ein Haushund ­Thomas Bärnthaler, Caroline
­Bucholtz, Max ­Fellmann, Samira
und Gummistiefel für alle. Im »Nest 13« fühlt Fricke (Modeleitung), Kerstin ­Greiner
man sich sofort heimisch. (Stil leben), Gabriela Herpell,
Dr. Till ­Krause, Kira März, Mareike
Nieberding, Lars Reichardt,
Rainer Stadler, Johannes Waechter,
Lorenz Wagner.
Mitarbeit: Patrick ­Bauer, Christoph
­Cadenbach, ­Tobias ­Haberl
Digitales SZ-Magazin
Wolfgang Luef (Leitung);
Marc Baumann, Annabel Dillig,
Daniela Gassmann, Sara Peschke,
Dorothea Wagner; Mitarbeit:
Katarina Lukač (Das Rezept)
Autorinnen und Autoren
Johanna Adorján, CUS, Elisabeth
Grabmer, Axel ­Hacke, ­Christian
­Jürgens, ­Tobias Kniebe, Michael
Krüger, ­Tohru Nakamura, Roland
Schulz, Maria Luisa ­Scolastra
Schlussredaktion
Dr. Daniela Ptok, Angelika Rauch
Grafik
Birthe ­Steinbeck (stellv. Art­
directorin), David Henne,
Jonas Natterer, Michaela Rogalli,
Anna Sullivan
Bildredaktion
Jakob Feigl, Ralf Zimmermann
Nest 13, Hütter Dorfstraße 13, Assistenz
Regina Burkhard (Chefredaktion),
19246 Zarrentin am Schaalsee, Nuri Almak
Tel. 0172/450 89 63,
DZ inkl. Frühstück ab 135 Euro, nest-13.de
Geschäftsführer Stefan Hilscher
Verlag Magazin Verlags­gesellschaft
­Süddeutsche Zeitung mbH,
­Hultschiner Straße 8,
81677 München, Tel. 089/21 83 95 40,
Fax 089/21 83 95 70, E-Mail:
szmagazin@sz-magazin.de
Anzeigen Jürgen ­Maukner
(Gesamt­­anzeigen­leitung), verant­
wortlich für den Inhalt der
Anzeigen; Tel. 089/21 83 9553, Preis­
liste Nr. 20 – gültig ab 1. 10. 2019
Kaufmännischer Bereich
Marianne Igl
Repro Compumedia GmbH,
Elsenheimer­straße 59,
80687 München
Herstellung
Hermann Weixler (Leitung)
Druck Burda Druck GmbH,
Hauptstraße 130, 77652 Offenburg
Verantwortlich für den redak­tio-
n­ellen Inhalt Michael Ebert und
Timm ­Klotzek, Anschrift wie Verlag
Der Verlag übernimmt für unverlangt
ein­gesandte Unterlagen keine Haf­
tung. Das ­Papier des Süddeutsche
Zeitung ­Magazins wird aus chlorfrei
gebleichtem Zellstoff ­her­gestellt.
Bei Nichterscheinen durch höhere
Gewalt oder Streik kein Ent­schädi­
gungs­anspruch. Eine Verwertung
der urheberrechtlich ­geschützten
Zeitschrift und aller in ihr ent­
haltenen ­Beiträge und Ab­bildungen,
­ins­besondere durch Vervielfältigung
oder Ver­breitung, ist ohne vorherige
schriftliche Zustimmung des Verlages
unzu­lässig und strafbar, ­soweit sich
aus dem Urheberrechts­gesetz nichts
anderes ergibt. Ins­beson­dere ist eine
Ein­speiche­rung oder Ver­ar­beitung
der auch in elektronischer Form
vertriebenen ­Zeitschrift in Daten­
systemen ohne Zustimmung des
­Verlages unzulässig.

S Z- M A G A Z I N . D E
GEWINNEN

Wegen des Coronavirus sind Reisen derzeit schwierig bis unmöglich. Wir setzen die
Rubrik »Hotel Europa« trotzdem fort – damit Sie wissen, wohin Sie fahren möchten,
wenn die kritischen Zeiten vorbei sind. Und das werden sie irgendwann sein.

D
as »Nest 13« kann sich seine
Gäste aussuchen: Nur drei
Zimmer hat die familienge-
führte Pension mit riesigem Garten am
östlichen Ufer des Schaalsees im Wes-
ten Mecklenburg-Vorpommerns. Hin
rollen wir über holprige Straßen, vorbei
an nebelbedeckten Feldern und durch
alte Baumalleen. Verwunschene Land-
schaften auf halber Strecke zwischen
Hamburg und Schwerin. Als wir unser
Ziel in der Abenddämmerung errei-
chen, dampfen in der hell erleuchteten
Küche des Feldsteinbaus schon die Töp-
fe. Gastgeberin und Köchin Katharina
men mit Wildfremden, Übernach-
tungsgästen und anderen, an der langen
Tafel, der Kamin flackert, es gibt Ge-
müse aus dem Garten, Fisch aus dem
See, Wild vom benachbarten Jäger, viel
Wein und Hochprozentiges. Im Ideal-
fall wird Katharinas köstliches Fest-
mahl zum verbindenden Element und
die Wildfremden wachsen im Laufe des Mit der Zeit ist es seltsam: Für die einen zieht sie
Abends zu einer eingeschworenen Trup- sich wie Kaugummi, für die anderen rast sie dahin
pe zusammen. – und während der Corona-Pandemie scheint
Nur eine kurze Treppe trennt einen sie noch einmal ihre ganz eigenen Gesetze zu ha-
dann noch von seinem Boxspringbett. ben. Damit Sie trotzdem immer genau wissen, wie
Am nächsten Morgen weckt einen das früh oder spät es tatsächlich ist, verlosen wir auf
Brodeln der Espressomaschine, unten sz-magazin.de/gewinnen diese Woche eine G-Shock-
Fotos: mauritius images (1)

Floder kümmert sich um das Fünf-Gän-
ge-Menü für die Tafelrunde, ein wieder-
kehrendes Ritual, das mal auf Wunsch
der Gäste, mal aus Lust der Gastgeber
hier regelmäßig an den Wochenenden
zelebriert wird. Man sitzt dann zusam-
wird die Tafel vom vorabendlichen
Gelage befreit. Hellhörig ist’s im »Nest
13« schon, aber das ist okay, weil drau-
ßen, vor den bodentiefen Fenstern, die
absolute Stille auf einen wartet.
 KERSTIN BOGNÁR
Smartwatch von Casio. Sie ist wasserdicht, lässt sich
einfach mit Ihrem Smartphone koppeln und spei-
chert überschüssige Solarenergie in einem Akku.
Teilnahmeschluss ist der 7. Mai 2020, 17 Uhr. Mitarbeiter der
beteiligten Firmen dürfen nicht mitmachen. Der Rechtsweg
sowie eine Barauszahlung des Gewinns sind ausgeschlossen.

32 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN

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1 2
12
15
18
25
35
40
44
48
RÜBER 1 Klöppeln in der Nacht
statt Pfingstrosen 12 Adieu
Weinfass? Urbaner Verhau
14 Sauer selten, doch damit
eine Unverfrorenheit 15 Ver-
schafft Ehren Holzhammer
16 Großglockners Lage wie
eine Autobahn 17 Macht’s Italia
nicht zur schönsten Sprache
der Welt? 18 Jeff Bezos sein
Zeug vor die Füße kippen
21 Nat(urwissenschaftler)
22 Die Frage nach dem Wie
23 Drin, wer rückwärts zum
Reinbeißen fand 25 Rio wenn
Messi mal sehen will, dann
am besten den 27 (Kuckucks-
unter)Schiebung 30 Papa ist da
Staatsmann (und Mama nicht)
32 Willkommen im Robinson-
Club! 35 Sense: Nieder­ge-
drückt 37 Petete wie Opernball
38 WomAnzeige 40 Aus der
Frau wäre zu machen, ­was
nächtens netzt 41 Grund im
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DA S K R E UZ M I T D E N WO RT E N
VON CUS
3 4 5 6
13
16
21 22
26 27
30 31 32 33
36 37
41 42
45
Papa ist da Staatsmann
Überfluss 42 Die man flüchtig
kennt 43 Verschieden schon im
Tunnel? 44 Niemand hieß hier
so vor 2000 Jahren 4­ 5 Was soll-
te Frau auch mit ­Boxer anfan-
gen? 47 Anfänglich jugendlich
48 Setzt dich aus Mitleid auf
die Straße, damit du nicht die
ganze Zeit sitzen musst
RUNTER 1 Saft für Abnehmer
2 Sonntagsschmaus am besten
in Rheinform 3 Rote Karte für
ausgelatschte Schuhe! 4 Hap-
pens, da Homo nur mitunter
sapiens 5 Lässt hier auf altrömi-
schem Boden knien, droben in
Germanien eher nicht 6 Zum
Insichhineinschmunzeln
7 Poemadige Weise an die Sys-
tem­relevanten! 8 Der uns
nächste Zwergplanet war in 30
Miss Agro 9 Tucky wird damit
zum Brathendl? 10 Genügt
mancher als ein Wort oder als
7 8 9 10 11
14
17
19 20
23 24
28 29
34
38 39
43
46 47
zwei 11 Big Ben’s most beats
13 Ihre Maße in reziproker Re-
lation zum IQ des agrarischen
Produzenten 19 Mont-Saint-
Michel occasionnel 20 Mein
Problem, Ihr Problem! 24 Arin
wird damit zum ersten Allein-
alleinreisenden (wenn das
mann keiner ist!) 26 Lamantra
27 Großer Wurf und graue
Leute 28 Gänseweibchen oder
Romy Schneider, wenn’s nach
Kaiser Franz Joseph gangen
wär 29 Hört man von Selbstzu-
erstnennern 31 Der bekanntes-
te Laden der Welt hat Trump
Tower links liegen lassen
33 Klappen und ein Klappstuhl
34 Hält sich für Vertretung des
Volkes, das Che Guevaras
Behauptung nennt 36 Yin &
Yang, da entlang! 39 Mit a
noch besser: Muss man Ihnen
wirklich lassen! 43 Was ist der
Beginn einer wunderbaren
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
Freundschaft? 46 Ischgl hat
jetzt wirklich genug davon
Die Auflösung dieses Rätsels finden Sie
im nächsten Heft – oder Sie lösen es
gleich digital in den Apps der SZ.
AUFLÖSUNG RÄTSEL 17
Rüber 1 Trottellumme 10 ra-
benschwarz 14 Atemgeräte
15 Gen 16 Pole 17 Steak 19 Es
20 Lebemann 24 Li
25 Pirouetten 28 AI 29 einen
31 April 33 Segen 34 Ros
35 Sole 37 Clermont 40 Aldi
43 Hantel 45 Nelken 46 erden
47 man 48 mare
Runter 1 Tragetasche 2 Rate-
spiel 3 obenliegend 4 tempe-
riert 5 Esel 6 Lhasa 7 Uwe
8 Mate 9 Ezekiel 11 NGO
12 Creme 13 real 18 TNT
21 Bonn 22 euer 23 Nero
26 tasten 27 Nil 30 nonna
32 Psalm 36 eine 38 men
39 Olm 41 LKA 42 der 44 Ar
33

Das Beste aus aller Welt
Wer schaut denn da zum Fenster rein?
Unser Kolumnist bekommt unerwarteten Besuch in der Isolation
N
eulich träumte ich, die Quarantäne
würde nicht erleichtert, nein, sie
würde strenger. Wir dürften nicht
mehr vor die Tür, lange Zeit gar nicht mehr.
Und die Zoologischen Gärten blieben ge-
schlossen, das träumte ich auch. Ich dachte
in diesem Traum an die Mail, die mir Leserin
M., die Zootierpflegerin ist, am Tag zuvor
geschrieben hatte. Ich hatte mich bei ihr er-
kundigt, ob wir Menschen den Tieren im
Zoo fehlen würden. Sie hatte geantwortet:
»Den Orang-Utans und Schimpansen fehlt
das ›Fernsehen‹ (Besucher), dafür werden wir
Tierpfleger jetzt umso mehr beobachtet.«
Ich träumte, ich säße am Küchentisch vor
dem Laptop.
Plötzlich erschien am Fenster der Kopf einer
Giraffe, die mich mit großen Augen neugie-
rig betrachtete. Ich stand auf, da wandte sich
die Giraffe scheu ab und entfernte sich an-
mutigen Schrittes. Ich blickte auf die Straße
hinunter. Einige Elefanten trotteten langsam
dahin. Am Regenrohr kletterten zwei Schim-
pansen empor und setzten sich vor mir aufs
Fensterbrett. Einer klopfte an die Scheibe
direkt vor meiner Nase. Ich starrte ihn an.
34 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN
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A X E L H AC K E
Der Schimpanse glotzte zurück, dann drehte
er den Kopf zum Nebenmann und sagte:
»Ich hatte mir diese Leute interessanter vor-
gestellt.« Der andere antwortete: »Wir haben
halt einen langweiligen erwischt, lass uns
woanders gucken.« Dann zückte er eine Ba-
nane und hielt sie ans Ohr wie ein Telefon,
ja, genau wie der Affe auf dem berühmten
Werbeplakat des Tierparks Hellabrunn, über
dem steht: Kommst du?
Ich wollte nicht, dass die beiden gingen, ich
spürte, ich müsste etwas tun, um sie bei Lau-
ne zu halten und für mich zu interessieren,
also hechtete ich zur großen Küchenlampe,
die bei uns im Altbau von der Decke hängt,
und schwang mich an ihr wie an einer Liane
zum Kühlschrank, dem ich eine Gurke ent-
nahm. Ich hielt sie auch wie einen Telefon-
hörer ans Ohr und rief: »Was machen Sie vor
meinem Fenster, wo kommen Sie her?«
Die beiden bleckten die Zähne, dann schlug
der eine Schimpanse dem anderen auf die
Schulter und sagte: »Das ist mir zu blöd hier,
lass uns mal bei dem Theaterschauspieler
gegenüber gucken, vielleicht ist der interes-
santer.«
Ich ging ins Wohnzimmer und blickte auf
den Spielplatz in der Grünanlage gegenüber.
Auf der Schaukel saß ein Pinguin, Ziegen
gruben im Sand. Ein Zebra aß ein Eis. Mit-
tendrin: zwei Leute vom Ordnungsamt in
Uniformen. Ein Tiger hatte dem einen die
Mütze abgenommen und strich ihm sanft
mit der Tatze über den Kopf. Wie gelähmt
ließ es der Mann über sich ergehen; sein Be-
gleiter schaukelte den Kopf hin und her und
her und hin. Im Gebüsch knutschten zwei
Pandas.
Plötzlich ging hinter mir die Wohnungstür
auf.
Zwei Eisbären traten in den Flur. Sie hatten
graue Uniformmützen auf dem Kopf und
trugen Einkaufstüten, aus denen sie Nudeln,
Konservendosen und Toilettenpapier in den
Vorratsschrank packten. Dann verschlossen
sie den Schrank mit einem Vorhängeschloss.
»Chef hat gesagt, wir sollen den Schlüssel
verstecken«, sagte der eine zum anderen. »Er
soll nicht so einfach an die Sachen kommen.
Wenn er den Schlüssel suchen muss, hat er
Beschäftigung. Sonst verstumpft der in der
Quarantäne. Wäre schade, ist ja eigentlich
ein Lieber.«
»Ich mag die Kolumnisten«, sagte der andere.
»Sie sind so – possierlich. Wüsste gerne, was
in den Köpfen vorgeht.«
»Überschätz ihn nicht«, sagte der andere.
»Viel los ist da nicht. Der Orang-Utan hat
neulich in einem Aufsatz auf Primaten.de
geschrieben, sie seien wie Pfauenmännchen
auf der Balz: viele Federn, nichts dahinter.«
Sie verschwanden im Schlafzimmer. Irgend-
wo klapperte und raschelte es. Dann gingen
sie.
Ich wachte auf, machte mir einen Kaffee und
las, noch im Bett, die Zeitung. Die Zoos er-
öffnen wieder, stand da. »Zeit wird’s«, dachte
ich.
Illustration: Dirk Schmidt
AXEL HACKE
installierte nach dem Telefonat mit den beiden
Schimpansen die neuesten Corona-Apps auf seiner
Gurke. Sie laden noch.
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