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Britta Dietz

PNF in
Lokomotion
Let’s sprint, let’s skate
2. Auflage
PNF in Lokomotion
Britta Dietz

PNF in Lokomotion
Let’s sprint, let’s skate
2., überarbeitete und aktualisierte Auflage

Mit 420 Abbildungen

Unter Mitarbeit
von Prof. Dr. Kim Tae-yoon, Dr. Lee Moon-kyu, Christiane Werlich,
Franziska Brandl und Fritz Basner

123
Britta Dietz
Forst, Germany

ISBN 978-3-642-27665-1 978-3-642-27666-8 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-642-27666-8

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V

Widmung

In dankbarer Erinnerung an Maggie Knott und Dr. Herman Kabat und deren geniale Erfindung des
PNF-Konzepts.

»Leben ist Bewegung«

Dieses Buch entstand auf Anregung meiner Freunde in Südkorea.

Prof. Dr. Bae, Sung-soo Prof. Dr. Kim, Tae-yoon Lim, Moon-kyu PT

Dieses Logo entwarf eine ehemalige Kursteilnehmerin, Sigrid Thomas,


für mich. Mit ihrer freundlichen Genehmigung steht dieses Zeichen für
Sprinten und Skaten im PNF Konzept.
VII

Vorwort: Was gibt es Neues seit 2009?

Dabei muss ich an Dr. Kabats Worte 1989 in Vallejo Anders gesagt, dies bedeutet unwillkürliche Moto-
denken: »So viel wurde seit der Erfindung von PNF, rik, die ererbt ist, da sie im Gang angewendet wird
das empirisch erfolgte, wissenschaftlich bestätigt«. und für den Patienten leicht wieder zu erkennen ist.

Heute vergeht kein Vierteljahr, ohne dass ich nicht In Korea wird mein Konzept jetzt Coordinative
in der Anwendung meines Konzeptes wissen- ­Locomotion Training and exercises (CLT) genannt
schaftlich unterstützt werde. Meine Fangemeinde und findet dort großen Zuspruch. Ich selbst ­möchte
besteht aus vielen, jungen Therapeuten, die gut gerne noch die Wurzeln im Namen beibehalten
­informiert sind, oft Bachelors, Masters, Doktoren (PNF in Lokomotion).
der Physiotherapie oder IPNFA-Instruktoren sind
und mir immer wieder neue Artikel aus Fach­ Im Training legen wir »hands on«, exercises »hands
zeitschriften zutragen, die mich in meiner Arbeit off«. Oder:
bestätigen.
Behandlung – Hausaufgabenprogramm – Sport-
Der Begriff Sprinten und Skaten war meine Erfin- training.
dung, und ich benannte die großen Synergien, die
in der Lokomotion (im Gang) vorkommen mit Exercises wird immer wichtiger, da viele Trainer aus
­diesen Bildern. Um diesen Aspekt hervorzuheben, den Sportbereichen und Sportwissenschaftler auf
haben wir einen neuen Titel für das Buch gewählt: mein Konzept aufmerksam geworden sind und an
PNF in Lokomotion. meinen Kursen teilnehmen. Diese Zusammenarbeit
ist sehr spannend, da dieser Personenkreis über an-
Der rote Faden besteht aus der Zusammenfassung dere Möglichkeiten verfügt, Bewegung darzustellen.
vieler einzelner genialer Muskelmuster (Patterns:
Maggie Knott in den frühen 50er-Jahren des letzten Vor kurzem begegnete ich Guido König, dem
Jahrhunderts) zu einem leicht sich vorstellbaren Gründer von Pro Trigger in Hagen.
Bild, das wir im aufrechten Gang wieder finden.
Für mich ist er ein König der Muskeln. Er ist
Für die Arbeit am Patienten eignen sich diese Bil- ­begeistert von meiner Arbeit in Muskelketten. Wir
der besonders, da sie alle Patientenprobleme ent- profitieren enorm voneinander, und unsere Zu-
halten, die man dann ganzheitlich und mit »timing sammenarbeit wird in Zukunft sehr eng sein.
for emphasis« (Betonung um ein bestimmtes
­Gelenk) behandeln kann. Für mich ist jeder Kurs immer wieder neu span-
nend. Die Kursteilnehmer sind stets hoch moti-
Den Begriff »Stadium der motorischen Kontrolle« viert, denken mit und bringen neue Ideen ein,
habe ich für die Patientenbehandlung durch den selbst oft sogar in der Prüfungssituation.
Begriff »Aktivitätsebene« aus ICF (»impairment
control of function«) ersetzt. Die verschiedenen Einige dieser Kursteilnehmer sind mit Beiträgen in
Ebenen sind jetzt in Sichern, Anhängen, Kontrol- der Neuauflage dieses Buches vertreten: Christiane
lieren und Integrieren eingeteilt und bilden den Werlich und Franziska Brandl schickten mir ihre
Leitfaden für jede Patienten Behandlung. Siehe Patientendokumentationen unabhängig vonein­
7 Abschn. 1.2. ander nach den beiden PNF-Kursen Teil 1 und 2 als
Teil der Prüfung, die im Teil 3 erfolgt.
»Je mehr wir uns auf diesen Lokomotionsbahnen
(Synergien) bewegen, desto weniger wird unser Nach 10 Tagen Unterricht im Sprinter-/Skater-
Großhirn belastet« (Dr. Jeffrey Kleim, Vallejo, Konzept bin ich sehr stolz auf die beiden und
auf dem Jahrestreffen 2015 des Internationalen möchte damit zeigen, wie dieses Konzept am Pa­
PNF-Verbandes IPNFA). tienten angewendet werden kann in den verschie-
denen Aktivitätsebenen laut ICF.
VIII Vorwort: Was gibt es Neues seit 2009?

Ganz gleich ob in der Orthopädie oder Neurologie Sprinten und Skaten birgt ein riesiges Potential,
(ich selbst stehe nicht hinter der Trennung dieser kreativ zu arbeiten, in verschiedenen Ausgangsstel-
beiden Begriffe!) und gleich welchen Alters, immer lungen, mit verschiedenen Techniken, ob Sprinten,
ist das Ziel der Behandlung der aufrechte Gang Skaten, Chopping oder Lifting, in den vier großen
und die exakt ausgeführte Bahnung in den großen Synergien.
Synergien Sprinten und Skaten.
In meinem PNF-Lied von Wolfgang Wehrmann
Fritz Basner absolvierte bei mir den Kurs PNF aus Bützow heißt es: »Wenn Du irgendwann be-
Teil 1–3 mit Prüfung und war so hoch motiviert, greifst, was das alles ist, Du das in Deinem Leben
dass er als Trainer einer Mädchenfußballmann- nie mehr vergisst.«
schaft in Bad Sassendorf sein Wissen gleich um-
setzte. Hier seine Studie und die Erfolge, die er mit Und dies wünsche ich jedem, der sich mit meinem
meinem Sprinter-/Skater-Konzept erzielte. Konzept befasst.

Seine Mannschaft stieg innerhalb kürzester Zeit Viel Schwung und Erfindungsgabe wünsche ich
um 3 Klassen weiter auf und konnte auf einem Ihnen dabei!
­internationalen Turnier in Spanien die neueste
Trainingsmethode vorführen. Britta Dietz

Auch seine Frau Andrea trainiert die Handball­


jugend nach diesem Konzept.

Ergänzt wird diese Neuauflage auch durch einen


Hintergrundartikel von Dr. Lee Moon-kyu. Er ist
seit 2006 mein Kronprinz in Korea. Seit dem
1. Kurs unterstützt er mich. Damals konnte er kein
Wort Englisch, startete auf Dr. Kim Tae-yoons
­Initiative, die Sprache zu erlernen und übersetzt
heute souverän in meinen Kursen. Er versichert
mir immer wieder, ich hätte ihn mit meinem
Konzept davon abgehalten, die Physiotherapie
­
an den Nagel zu hängen. Dies freut mich immer
­wieder, da er nicht nur ein sehr guter Therapeut,
sondern auch meine wissenschaftliche Stütze ist.

Viele meiner Präsentationen hat er auf hohes


­Niveau am PC gebracht. Jedes Jahr werde ich in
Korea zusätzlich zu meinen Kursen zu Vorträgen
eingeladen, die ich dann mit Dr. Lee und Dr. Kim
gemeinsam gestalte.
IX

Dankesworte

Den ersten Anstoß zu diesem Buch erhielt ich von meinen koreanischen Freunden. Moon-kyu setzte sich
an seinen PC und startete erstmal, mein Manuskript anschaulich und übersichtlich darzustellen. Sang-soo
ermunterte mich, alle Kapitel in meinem Unterricht zu vervollständigen. Dabei kam mir der Gedanke,
den Sprinter und Skater in den Gang zu integrieren samt aller Patientenprobleme. Hier in Deutschland
testete ich die einzelnen Kapitel im Unterricht und bekam sehr viel positives Feedback von meinen Assis­
tenten und Schülern. Viele meiner Schüler brachten extra Zeit auf, um die unzähligen Bilder zu erstellen;
ihnen möchte ich auf diesem Wege danken.

Ganz besonders möchte ich Eva Lange danken, die das ganze Manuskript sprachlich überarbeitete.

In diesem Buch steckt sehr viel Arbeit. Ich habe es als Herausforderung gesehen und freue mich sehr,
dass es nun endlich gelungen ist, alle meine therapeutischen Erfahrungen und meine Neuerungen im
PNF-Konzept übersichtlich darzustellen. Ich bin sicher, dass ich weiterhin neue Erkenntnisse mit diesem
Konzept sammeln werde. Gespannt bin ich auf Studien, die sich mit der Sprinter/Skater-Thematik be­
fassen und die zurzeit schon angelaufen sind, aber auf deren abschließende Ergebnisse ich aber nicht
warten will.

Britta Dietz
Die Autorin

441964 Abschluss der Ausbildung zur staatlich anerkannten Krankengymnastin


an der staatlichen Schule für Krankengymnastik München
441965 praktisches Anerkennungsjahr in Kiel/Wildbad
441965 Auswanderung nach Südafrika. Dreijährige Tätigkeit in Kapstadt
am Conradie Hospital in der Paraplegieabteilung unter der Leitung von
Pat Davies
441968 Tätigkeit in der Thoraxabteilung des Krankenhauses rechts der Isar,
München
441969–1971 Ausbildung in PNF unter Maggie Knott und einjährige Mitarbeit
am Kaiser Foundation Hospital in Vallejo, Kalifornien, USA
441971–1973 Tätigkeit in der Unfallklinik Murnau und in der Rehabilitations-
klinik für Querschnittgelähmte in Heidelberg
44PNF-Unterricht an der Heidelberger Schule für Physiotherapie
441981 Instruktoren-Lehrgang unter Sue Adler in Bad Ragaz
44Ab 1983 Leitung von PNF-Kursen in ganz Deutschland und ab 2003 auch
­einmal jährlich in Südkorea
44Neben Kurstätigkeit freiberufliche Tätigkeit als mobile Physiotherapeutin
44Seit 1998 Weiterentwicklung des PNF-Sprinter-/Skater-Konzepts
Hinweis
Kennzeichnung der auf den Fotos gezeigten Übungen und Techniken:

= Sprinter

= Skater

= Chopping/Lifting
Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in die Sprinter-/Skater-Koordination im PNF-Konzept . . . . . . . . . . . . . . 1


Britta Dietz
1.1 Integration von PNF-Rumpf-Patterns in den Sprinter und Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.1.1 Chopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.1.2 Lifting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Funktioneller Bezug von PNF-Techniken, Gang und den A ­ ktivitätsebenen aus ICF . . . . . . . . . 6
1.3 Vorteile für die Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4 Vorteile für die Kursteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.5 Internationale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Grundlagen der Behandlung mit dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept . . . . . 7


Kim Tae-yoon, Lee Moon-kyu, Britta Dietz
2.1 PNF-Training mit Sprinter- und Skater-Koordinationspatterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1.1 Hintergrund und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1.2 Anwendungen und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1.3 Überblick über das neue Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.2 Hintergrundwissen zu koordinativem L­ okomotionstraining (CLT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Franziska Brandl, Christiane Werlich, Fritz Basner
3.1 Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.1.1 Anamnese und Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.1.2 Verlaufsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.2 PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept . . . . . . . . . . 24
3.2.1 Anamnese und Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.2.2 Patientenperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2.3 Therapeutenperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2.4 Verlaufsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.3 Fußballtraining nach dem Sprinter-/Skater-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.3.1 Das Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.3.2 Verletzungshäufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4 PNF: Definition, Philosophie und Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51


Britta Dietz
4.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.2 PNF-Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.3 PNF-Grundprinzipien – spezifische Stimuli für das Rezeptorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3.1 Extero- und telerezeptive Stimuli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3.2 Propriozeptive Stimuli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

5 Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula-


und Becken-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Britta Dietz
5.1 Sprinter-/Skater-Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.1.1 Sprinter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.1.2 Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5.2 Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns . . . . . 57
5.2.1 PNF-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
XIII
Inhaltsverzeichnis

6 Arm- und Bein-Patterns als Thrust- und Withdrawl-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65


Britta Dietz
6.1 PNF-Arm- und Bein-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
6.1.1 PNF-Arm-Patterns im Sprinter und Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
6.1.2 PNF-Bein-Patterns im Sprinter und Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
6.2 Arm-Patterns: Thrust und Withdrawal als »Power«-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.2.1 Thrust-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

7 PNF-Kopf-Patterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Britta Dietz

8 Aktivitätsebenen für die Behandlung nach PNF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75


Britta Dietz

9 Techniken im PNF-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Britta Dietz
9.1 Stabilisierende Umkehr (stabilizing reversals) – »Rumpf« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
9.1.1 Illustrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
9.2 Rhythmische Stabilisation (rhythmic stabilization) – »Nahe am Problem, nahe am Schmerz« . . 88
9.3 Rhythmische Stabilisation im Wechsel zwischen Sprinter und Skater für Stützarm, Standbein,
Rumpf und Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
9.3.1 Illustrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
9.4 Replications (Ebenbilder, Kopien) – »Schulung der Wahrnehmung« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
9.5 Rhythmische Bewegungseinleitung (rhythmic initiation) – »Von passiv nach aktiv« . . . . . . . . . 93
9.6 Initial Stretch (»from beginning of range«) – »Bewegungsstart« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
9.7 Wiederholter Stretch auf dem B ­ ewegungsweg (repeated stretch through range) – »Power« . . . 94
9.8 Agonistische Umkehr (combination of isotonics) »Konzentrisch-exzentrisch« . . . . . . . . . . . . 94
9.9 Dynamische Umkehr (dynamic reversal) – »Koordination« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
9.9.1 Illustrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
9.10 Anspannen-Loslassen (contract relax) – »Entspannung« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
9.11 Halten – Loslassen (hold relax) – »Schmerz« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
9.12 Betonter Drehpunkt (timing for e ­ mphasis) – »Arbeitsplanung« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

10 Der aufrechte Gang – Gangphasen im Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99


Britta Dietz
10.1 Der aufrechte Gang gegen ­Widerstand in PNF (resisted gait) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
10.2 Gangphasen im Sprinter/Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

11 Ganganalyse in der PNF, g ­ esehen in der Sprinter-/Skater-Koordination


in der Fortbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Britta Dietz

12 Gangschule nach PNF gegen Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115


Britta Dietz
12.1 Gehen gegen Widerstand (»resisted gait«) in den Gangphasen im Sprinter . . . . . . . . . . . . . . 116
12.2 Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen im Sprinter –
(rechtes und linkes Bein im Wechsel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
12.3 Schrittfolge im Sprinter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

13 Chopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Britta Dietz
13.1 Einige Hintergrundinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
13.2 Bilaterale asymmetrische Armpatterns für Rumpfrotation mit Kopfflexion . . . . . . . . . . . . . . 126
13.3 Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
XIV Inhaltsverzeichnis

14 Lifting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Britta Dietz
14.1 Lifting – in den Gangphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
14.2 Lifting: Rumpfextension mit Rotation und Kopfextension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
14.3 Lifting: Aktivitätsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

15 Atmung im PNF-Konzept mit Sprinter und Skater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149


Britta Dietz
15.1 Illustrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

16 Fazilitation der Gesichtsmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157


Britta Dietz

17 PNF-Mattenprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
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17.1 PNF-Mattenprogramm im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
17.2 Drehen auf der Matte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
17.3 Kriechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
17.4 Schinkengehen (Scooting) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

18 Behandlungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Britta Dietz

19 Patientenprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Britta Dietz
19.1 Übersicht und Behandlung in Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
19.2 Behandlungsbeispiele in Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
19.2.1 Instabilität des Rumpfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
19.2.2 Mangelnde Rumpfrotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
19.2.3 Mangelnde Aufrichtung der BWS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
19.2.4 Seitliche Verkürzung des Rumpfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
19.2.5 Mangelnde Extension und Flexion in Hüfte und Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
19.2.6 Belastung des Standbeins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
19.2.7 Genu recurvatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
19.2.8 Instabiles Fußgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
19.2.9 Fußheberschwäche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
19.2.10 Hallux valgus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
19.2.11 Schulterbehandlung mit Timing for emphasis am Angulus inferior der Scapula im Sprinter und Skater 210
19.2.12 Ellbogen: mangelnde Flexion – mangelnde Extension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
19.2.13 Finger und Daumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
19.2.14 Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
19.2.15 Mandibulargelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

20 Hausaufgabenprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Britta Dietz

21 Brittas Morgengymnastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235


Britta Dietz
21.1 Let‘s sprint – let‘s skate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
21.2 Sprinten und Skaten auf dem Pezziball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
1 1

Einführung in die
Sprinter-/Skater-Koordination
im PNF-Konzept
Britta Dietz

1.1 Integration von PNF-Rumpf-Patterns in den Sprinter


und Skater  – 4
1.1.1 Chopping  – 4
1.1.2 Lifting  – 4

1.2 Funktioneller Bezug von PNF-Techniken, Gang und den


­Aktivitätsebenen aus ICF  – 6

1.3 Vorteile für die Patienten  – 6

1.4 Vorteile für die Kursteilnehmer  – 6

1.5 Internationale Zusammenarbeit  – 6

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


Britta Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_1
2 Kapitel 1 · Einführung in die Sprinter-/Skater-Koordination im PNF-Konzept

Im Rahmen meiner Ausbildung als PNF-Instructor hatte etwa 20 Jahren, PNF als Bahnungskonzept auf der Grund-
1 ich die Gelegenheit, Maggie Knott persönlich kennen­ lage der bestehenden Patterns und Techniken zu hinter­
zulernen, sie bei ihrer Arbeit mit den Patienten zu beob- fragen. Aufgrund der Forstschritte in der Physiotherapie
achten und von ihrer enormen Erfahrung zu profitieren. entwickelte sich ein erweiterter Therapieansatz.
Diese eineinhalb Jahre währende Zusammenarbeit war »Bahnung« (Fazilitation) bedeutet in erster Linie, un-
prägend für meinen weiteren beruflichen Werdegang. abhängig vom Alter des Patienten Bewegung unwillkürlich
Dieses Buch setzt voraus, dass der Leser mit dem PNF- zu erzeugen.
Konzept und dessen neurophysiologischer Grundlage be- Maggie Knott fazilitierte ihre Patienten über dreidimen-
reits vertraut ist. Ansonsten verweise ich auf die Literatur- sionale Patterns der Extremitäten unter Verwendung des
liste (7 Kap. 22). sogenannten »Stretch Reflex«. Scapula- und Becken-Patterns
Maggie Knott (1918–1978) und Dr. Herman Kabat wurden zweidimensional angewandt und auch so bezeichnet
(1913–1995) entwickelten das PNF-Konzept in den 1950er- (z. B. anteriore Elevation der Scapula). Durch den Einsatz
Jahren. gezielter Techniken und unterschiedlicher Ausgangsstellun-
Dr. Hermann Kabat war Neurophysiologe und Arzt gen erarbeitete sie ihr Behandlungsziel je nach Befund.
und arbeitete mit der Physiotherapeutin Maggie Knott Die Patterns für Scapula und Becken sehe ich dagegen
im Kaiser Rehabilitation Center in Vallejo/Kalifornien zu­ dreidimensional (Rotationsebene am Angulus inferior und
sammen. Magie Knott unterrichtete vor ihrer Ausbildung am Tuber ossis ischii) und setze diese in meiner Therapie
in der Armee zum Physiotherapeuten an öffentlichen so ein, dass ich damit Bewegungsabläufe im Sinne des
­Schulen Sport und Biologie. Das Bemerkenswerte war Gangzyklus bahnen kann. Je nachdem, welche Endstellun-
ihre Erfindung der PNF-Muster (Patterns), die sie in An­ gen der Patterns ich aktiviere, entstehen daraus vier Extre-
lehnung an den Sport, an die Anatomie der Muskelketten mitäten-Patterns nach PNF, die den Bewegungsabläufen
und in Zusammenarbeit mit Dr. Kabat entwickelte. Sie des Gangzyklus, dem dazugehörigen Armpendel und des
wandte die Muster mit verschiedenen PNF-Techniken, die Kopfes entsprechen und die ich als Sprinter- und Skater-
auf Forschungsarbeiten von Dr. Kabat begründet waren, am Koordination bezeichne (. Abb. 1.1 und . Abb. 1.2). Sie
Patienten erfolgreich an. Gleichzeitig behandelte sie ihre finden sich in ihrer Ausprägung in den beiden Sportarten
Patienten in der PNF-eigenen Philosophie (7 Abschn. 4.2). »Sprinten« und »Inline-Skating« wieder. Auch andere
In Vallejo bildete sie Physiotherapeuten aus aller Welt in Sportarten lassen die beiden Bewegungsabläufe (kombi-
der PNF-Methode aus. In den Jahren 1969–1971 nahm ich nierte Muster) erkennen.
an diesem Ausbildungsprogramm teil. Später lernte ich Schlüsselpunkte für die Koordination im Sprinter/
Dr. Kabat in Vallejo persönlich kennen. Skater sind der Angulus inferior der Scapula und der Tuber
Nachdem ich über Jahre hinweg auf dieser, von Maggie des Os ischii, die beide dreidimensionale Komponenten
Knott vermittelten, Basis behandelt hatte, begann ich vor aufweisen.
1 · E inführung in die Sprinter-/Skater-Koordination im PNF-Konzept
3 1

..Abb. 1.1  Sprinter-Koordination. Gangphasen: Mid stance – Mid ..Abb. 1.2  Skater-Koordination. Gangphasen: Early stance – Initial
swing swing

Wichtig Wichtig
Sprinter-Koordination: Skater-Koordination:
55Scapula/Becken 55Scapula/Becken
–– Anteriore Elevation. Scapula rechts und Becken –– Posteriore Elevation. Scapula rechts und Becken
links links
–– Posteriore Depression. Scapula links und Becken –– Anteriore Depression. Scapula links und Becken
rechts rechts
55Obere Extremitäten 55Obere Extremitäten
–– Flexion-Adduktion-Außenrotation –– Flexion-Abduktion-Außenrotation
–– Extension-Abduktion-Innenrotation –– Extension-Adduktion-Innenrotation
55HWS/Kopf 55HWS/Kopf
–– Zusammen mit dem Kopf: Flexion, Lateral­ –– Kopf: Extension, Lateralflexion und Rotation
flexion, Rotation zum Standbein zum Spielbein links
55Untere Extremitäten 55Untere Extremitäten
–– Standbein (Mid stance): Extension-Abduktion- –– Early stance: Extension-Abduktion-Innen­
Innenrotation rotation
–– Spielbein (Mid swing): Flexion-Adduktion- –– Spielbein: Flexion-Abduktion-Innenrotation
Außenrotation (. Abb. 1.1) (. Abb. 1.2)
4 Kapitel 1 · Einführung in die Sprinter-/Skater-Koordination im PNF-Konzept

jjBegründung: An welchem Problem auch immer ich mit dem Patien-


1 Indem ich die Muster »Sprinter« und »Skater« verwende, ten arbeite, der komplette Sprinter oder Skater wird einge-
greife ich in meiner Therapie auf die anatomisch-neuro­ setzt, d. h. ich behandle ganzheitlich mit Irradiation, die
logischen Grundlagen (»implicit patterns«) zurück, die auf genau definierten Bahnen abläuft.
sich im Laufe der Evolution in über 8 Millionen Jahren
entwickelt und manifestiert haben. Sie ermöglichen den
für die menschliche Fortbewegung charakteristischen auf- 1.1 Integration von PNF-Rumpf-Patterns
rechten Gang. in den Sprinter und Skater
Nur wenn diese Bewegungsbahnen fehlerlos in unse-
rem Gehirn gespeichert sind, ist ein koordinierter auf­ Im Folgenden werde ich die bestehenden PNF-Rumpf-
rechter Gang möglich. Daher ist ein Übungsprogramm, Patterns in die neuen Sprinter/Skater-Lokomotions-Syner-
das diese Bahnen schult, von großer Effektivität zum gien integrieren, immer vom physiologischen Gangbild
­Wiedererlangen der Gehfähigkeit und verlorener Bewe- des Menschen ausgehend.
gungsfähigkeiten unserer Patienten.
Wenn ich am Patienten die Koordinationsmuster
Sprinter/Skater aktiviere, kann ich anhand seiner Reak­ 1.1.1 Chopping
tionen definieren, worin sein Hauptproblem besteht, um
dann gezielt daran zu arbeiten. »Chopping« (Holzhacken) zeigt sich in der doppelten
Aus dieser Vorgehensweise wird ersichtlich, dass diese Stützphase als Kombinationspattern des Sprinter und Ska-
Art des therapeutischen Vorgehens konsequent auf den ter, d. h. Rumpfrotation auf stabilen Standbeinen. Fußkon-
aufrechten Gang ausgerichtet ist. Für den Patienten ist takt mit Wand bzw. Boden ist zwingend, die Beine sind in
demzufolge bei jeder Übung der Bezug zum aufrechten Schrittstellung, die Arme in Extensionspatterns, Kopf in
Gang nachvollziehbar. Flexion (. Abb. 1.3).
Wie im klassischen PNF-Konzept nutze auch ich das Das vordere Bein befindet sich in der Phase Initial
Prinzip der Irradiation mit dem Unterschied, dass die ­contact (Extension-Adduktion-Außenrotation), das hin­
Muskelaktionsfolgen im Sprinter und Skater exakt vor­ tere Bein in Terminal Stance (Ferse hoch) (Extension-Ab-
bestimmt sind. duktion-Innenrotation). Beide Arme haben die Funktion
Da ich die Bewegungsmuster Sprinter/Skater aus dem eines Stützarmes und drehen zu Initial contact.
aufrechten Gang des Menschen abgeleitet habe, ist es fol- Jeder Stützarm fazilitiert das gegenüberliegende Bein
gerichtig, die entsprechenden Patterns von Maggie Knott mittels Irradiation.
hinsichtlich ihres Bezugs zu den Bewegungsabläufen in Der Kopf ist in leichter Flexion und Rotation zum
den Gangphasen zu überprüfen. ­Initial-contact-Bein.
Während der Standbeinphase ist das Standbein in der Als klassische Chopping-Sportarten sind Skifahren,
Peripherie fixiert, sodass sich der Rumpf über das Stand- Snowboard fahren und Surfen zu nennen.
bein als Fixpunkt bewegt. Folglich sind Extensionspatterns
an den unteren Extremitäten ohne Fixpunkt in der Peri-
pherie, wie bislang durchgeführt, nicht am Gang ausge- 1.1.2 Lifting
richtet. Für die obere Extremität gilt für die Behandlung
das gleiche Prinzip. »Lifting« sehen wir in der Flugphase beim Laufen, wenn
Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass ich dem beide Füße ohne Bodenkontakt sind, d.h. beide Beine sind
Standbein und Stützarm Wand- oder Bodenkontakt gebe Spielbeine und befinden sich im Flexionsmuster. Auch die
und über diesen Fixpunkt den Sprinter/Skater aufbaue. Arme sind Spielarme (Flexionsmuster) und die Rotation
Massenextension oder -flexion ist kein Bestandteil des Rumpfes geht in die Extension (. Abb. 1.4).
­eines physiologischen Gangbildes, vielmehr ist der Bewe- Als klassische Lifting-Situationen im Sport kann man
gungsablauf des Gehens reziprok. z. B. die Flugphase des Fußballtorwarts beim Abfangen des
Daher gelange ich zu der Überzeugung, dass symmet- Balls nennen, oder die des Basketballspielers beim Korb-
rische Patterns keine geeignete Methode zur Bewegungs- sprungwurf. Auch die Flugphase des Weitsprungs gehört
bahnung im Hinblick auf den aufrechten Gang sind. in diese Kategorie.
Von ausschlaggebender Bedeutung für unsere Bewe-
gungsmuster ist die Stellung des Kopfes. Sie gibt die Be­
wegungsrichtung vor. Folglich wird der Kopf bei jeder
Bewegungsausführung mit einbezogen, oft sogar als Start
für die Bahnung genutzt.
1.1 · Integration von PNF-Rumpf-Patterns in den Sprinter und Skater
5 1

Wichtig
Ein besonders wichtiges Behandlungsprinzip:
55Grundvoraussetzung für jede weitere Aktivität ist
ein stabiler Rumpf des Patienten.
55Erst wenn diese Forderung erfüllt ist, kann darauf
aufbauend die Behandlung fortgeführt werden.
Aus diesem Grund wird das Timing prinzipiell von
proximal nach distal aufgebaut.
55Beispiel: Bevor ein Gewicht angehoben werden
kann, muss durch eine adäquate Rumpfspannung
Stabilität gewährleistet sein.

Aus diesem Grund wird im Sprinter und Skater mit dem


PNF-Prinzip »in the groove« (in der Diagonale) optimaler
Nutzung der Rotatoren, z. B. der kleinen Rotatoren der
Wirbelsäule, gearbeitet. Auf diese Weise kann schmerzfrei
behandelt werden. Zudem wird eine eventuell vorhandene
Tonuserhöhung erheblich reduziert.

..Abb. 1.3  Chopping: Gangphasen: Initial contact – Terminal


stance (Ferse hoch)

..Abb. 1.4  Lifting in der Flugphase


6 Kapitel 1 · Einführung in die Sprinter-/Skater-Koordination im PNF-Konzept

1.2 Funktioneller Bezug 1.3 Vorteile für die Patienten


1 von PNF-Techniken, Gang und den
­Aktivitätsebenen aus ICF Ich behandle in jeder Ausgangsstellung immer im Hinblick
auf das höchste Ziel, den aufrechten Gang des Menschen.
Was die klassischen Techniken der PNF betrifft, so wur- Dabei initiiere ich das geeignete Bewegungsmuster zunächst
den diese hier auf ihre Funktionalität in Bezug auf den am Rumpf, um die notwendige proximale Stabilität zu er­
Gang angepasst. arbeiten. Die entsprechenden Kontrollpunkte (Angulus
44Dynamische Umkehr sehe ich nicht mehr in einer ­inferior der Scapula und Tuber des Os ischii) geben Aus-
klassischen Patternbahn, d. h. konzentrisch in Flexion kunft darüber, ob ich »in the groove« bin. Meine Impulse
bzw. Extension, sondern zwischen Initial swing und sind dann korrekt, wenn alle Kontrollpunkte entsprechend
Mid swing oder beiden Spielarmen mit dem Ziel, das den Anforderungen des Sprinter-/Skater-Musters reagieren.
Standbein oder den Stützarm zu verstärken (Beispiel Die Patienten zeigen sich in der Therapie hoch moti-
in Bauchlage: Stützarm auf dem Hocker neben der viert, da sie in jeder »Übung« den Bezug zum mensch­lichen
Bank: Über Spielbeinaktivität auf der gleichen Seite Gang herstellen können. Zudem treten schon innerhalb
wird der Stütz des Armes fazilitiert). einer Behandlungseinheit für den Patienten nachvollzieh-
44Stabilisierende Umkehr und Rhythmische Stabilisa­ bare Verbesserungen seiner individuellen Problematik ein.
tion zeigen ihre beste Wirkung im Wechsel zwischen Dieses Sprinter-/Skater-Konzept ist unabhängig vom
Sprinter- und Skatermustern. Alter des Patienten durchführbar. Kann der Bewegungsauf-
44Timing for Emphasis kann ich in neuen Bereichen trag kognitiv nicht verarbeitet werden, sind korrekte und
einsetzen, beispielsweise bei Problemen am Mandi­ eindeutige Informationen über den manuellen Kontakt die
bulargelenk. Es wird im kompletten Sprinter (Mund einzige Möglichkeit, die erwünschten Muskel­ aktionen
schließen) mit dem kompletten Skater (Mund öffnen) beim Patienten hervorzurufen. In diesem Fall geschieht
behandelt. Dadurch verfügt der Patient über eine Bahnung ausschließlich nach ihrer Definition: »Bahnung«
­stabile Basis, um diesen minimalen Bewegungsablauf bedeutet, Bewegung unwillkürlich zu erzeugen.
achsengerecht durchführen zu können.
44Alle anderen Techniken sind agonistische Patterns
und werden entweder im kompletten Sprinter oder 1.4 Vorteile für die Kursteilnehmer
Skater ausgeführt.
Aus dem großen Angebot der vielen Einzelpatterns der
Meine Erfahrungen in der Therapie mit dieser Weiterent- PNF ist ein nachvollziehbares System geworden, das situa-
wicklung der PNF entsprechen denen der Hirnforschung, tionsgerecht auf den Patienten übertragbar ist.
dass nämlich das menschliche Gehirn in ganzheitlichen Die Extremitätenmuster mit den langen Hebeln und
Bewegungssystemen wie dem Sprinter bzw. dem Skater der dazu erforderliche Kraftaufwand für den Therapeuten
arbeitet. Neurophysiologische Studien dazu stehen zurzeit entfallen.
noch aus.

jjAktivitätsebenen 1.5 Internationale Zusammenarbeit


In jeder Gangphase lassen sich die Aktivitätsebenen exakt
beschreiben (7 Kap. 8). Dies soll am Beispiel der Gang­ 2003 weitete ich meine Unterrichttätigkeit als PNF-In­
phase Mid stance und Mid swing im Sprinter deutlich structor nach Südkorea aus. Dabei lernte ich Prof. Dr. Kim
­gemacht werden. Tae-yoon kennen, dessen Hauptinteresse und Forschungs-
44Sichern: Rumpf und Mid stance richtung dem Motor Controlling und Motor Learning
44Anhängen: Mid swing und Spielarm gilt. Dr. Lee Moon-Kyu unterstützt mich seitdem wissen-
44Kontrollieren: Mid stance im geschlossenen System schaftlich. Beide stammen aus Gwangju im Südwesten von
(z. B. Treppensteigen) Korea. Mein Dank gilt ihren unzähligen Anregungen und
44Integrieren: Der aufrechte Gang, alle Stadien sind die Hilfe mit den digitalen Medien.
­darin enthalten.

Die entwickelten Muster des »Sprinter« und »Skater« sind


aus den bereits bestehenden Komponenten der PNF ähn-
lich einem Puzzle zusammengesetzt und repräsentieren
die Bewegungsbahnen des menschlichen Gangbildes.
7 2

Grundlagen der Behandlung


mit dem Sprinter-/
Skater-Koordinationskonzept
Kim Tae-yoon, Lee Moon-kyu, Britta Dietz

2.1 PNF–Training mit Sprinter- und Skater-Koordinationspatterns  – 8


2.1.1 Hintergrund und Ziele  – 8
2.1.2 Anwendungen und Ergebnisse  – 8
2.1.3 Überblick über das neue Konzept  – 8
2.1.4 Zusammenfassung  – 10

2.2 Hintergrundwissen zu koordinativem ­Lokomotionstraining


(CLT)  – 10

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


Britta Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_2
8 Kapitel 2 · Grundlagen der Behandlung mit dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept

2.1 PNF-Training mit Sprinter- gen in der Haltung und dem Gleichgewicht festgehalten.
und Skater-Koordinationspatterns Im Ergebnis zeigten alle Spieler vermehrten Muskelaufbau,
verbes­serten ihr Gleichgewicht in der anterior-posterioren
2 Kim Tae-yoon (Übersetzung: Britta Dietz) und Links-rechts-Ebene, sowie ihre Haltung. Die Verlet-
zungen gingen extrem zurück.
In den letzten 20 Jahren beschäftigte sich Prof. Dr. Kim Zudem wurde eine weibliche Patientin, 26 Jahre alt, mit
Tae-yoon im Unterricht an den Universitäten von Seoul ­Hemiplegie nach einem Hirnschaden durch Autounfall
und Gwangju mit der Frage, welche Trainingsmethode an- behandelt. Die Patientin wurde in regelmäßigen Abstän-
zuwenden sei, um in kürzester Zeit bestmögliche Ergeb­ den im Sprinter und Skater getestet und das Ergebnis auf
nisse beim motorischen Lernen zu erzielen. Im Jahre 2003 Video festgehalten. Dabei konnte zeitlich die Rehabilita­
traf er Britta Dietz, PNF-Instruktorin (Propriozeptive tion in ihrer Qualität gezeigt werden. Heute werden alle
Neuromuskuläre Fazilitation), die drei dimen­sionalen Patienten von Dr. Kim in seiner Praxis per Video erfasst
­Scapula- und Pelvis-Patterns (Muster) benutzt und so eine und im Sprinter und Skater behandelt. Die E ­ rgebnisse
Kombination anbahnt, die sie Sprinter und Skater nennt. ­sollen bald zusammengefasst werden.
Diese Kombinationen sind im Sport deutlich beim Laufen
und Skaten als optimale Koordination zu sehen. Schlüssel-
punkte für den Sprinter/Skater sind dabei der Angulus 2.1.3 Überblick über das neue Konzept
inferior der Scapula und der Tuber des Ossis ischii. Diesen
neuen PNF-Ansatz, Pa­tienten ganzheitlich im Sprinter und Mit einfachen koordinativen Strukturen ist
Skater zu behandeln, untersucht Prof. Dr. Kim Tae-yoon das Übungsprogramm im Sprinter und Skater
und stellt hier seine Forschungs­ergebnisse vor. eine exzellente Methode, um Bewegung zu
erlernen und sich an Bewegung zu erinnern.
Sprinter und Skater haben ihren Ursprung im Sport. Jede
2.1.1 Hintergrund und Ziele Sportart verlangt motorische Geschicklichkeit als Antwort
auf Ver­änderungen in der Umgebung und nötige Zielori-
In der Physiotherapie betrachtet man Übungen gleich­ entierung. Um dies zu erreichen, sucht der Mensch sich die
zeitig als motorisches Lernen (»motor learning«) und die effektivsten Bewegungen. In kürzester Zeit wird Stabilität
klinische Betonung liegt auf der Anleitung zur Übung. mit höchster Energie­zufuhr vereint.
­Motorische Fähigkeiten werden geübt und deren Umset- Sprinter- und Skater-Patterns nutzen höchst effiziente
zung zum Hausaufgaben-Programm. Den Patienten wird und funktionelle Bewegungen. Ebenfalls erklären diese
geraten, ihren Lebensstil zu ändern, um gesundheitliche Patterns sehr komplizierte Interaktionen zwischen Extre-
Probleme fernzuhalten. Wenige Therapeuten stellen die mitäten, Rumpf und Kopf in vereinfachter koordinativer
Frage, wie man die Trainingsmethode effektiver gestalten Form.
kann. Es gibt kaum Artikel in der Fachliteratur, die sich Die Sprinter-/Skater-Übungen stehen im Einklang mit
mit dem Verbessern der Lernmethode beschäftigen. Auch den Erklärungen von Turvey et al. (1982) über Muskel­
effektive Übungsanleitungen oder Techniken liegen nicht ketten und Koordination in der Theorie der motorischen
vor. Die Artikel von Sumway-Cook und Wollacott (1995), Kontrolle. Ebenfalls sind sie äußerst einfache Formen der
Thelen und Smith (1994) und Ketelaar et al. (2001) be­ freien Bewegung. Sie geben Antwort, wie Muskeln funk­
fassen sich mit dieser Problematik. PNF ist ein altbewähr- tionell aneinander gekettet sind, und sie sind eine einfache
tes Konzept. Dennoch sollten die Resultate und Vorteile Erklärung für komplizierte Abläufe in der motorischen
diskutiert werden, die die Sprinter-/Skater-Koordination Kontrolle. Vom Aspekt des motorischen Lernens sind her
in der aktiven Übungsauswahl bieten. Sprinter-/Skater-Übungen für den Lernenden einfach ins
Gedächtnis zurückzurufen, da menschliche Bewegungen
im Gedächtnis als abstrakte Form gespeichert werden und
2.1.2 Anwendungen und Ergebnisse nicht als einzelne Bewegung (Schmidt 1987).

Die Sprinter-/Skater-Koordinationsübungen wurden mit Die Sprinter-/Skater-Patterns geben Antwort


14 High­school-Baseballspielern geübt. Das Übungspro- ­darauf, wie man Irradiation funktionell nutzen
gramm wurde in drei Einheiten, je nach Schwere der kann.
­Übungen dreimal pro Woche während drei Monaten ange- Irradiation wird in PNF für indirekte Behandlungen ein-
wandt. Die Spieler wurden vor und nach dieser Zeit nach gesetzt, um eine Muskelantwort am Patienten zu erreichen.
»Inbody 3.0« (USA) evaluiert und auf Muskelzuwachs ge- Jedoch sind die Antworten in Richtung und Ausmaß je
testet. Zudem wurden nach Chattagona (USA) Änderun- nach Therapeut sehr verschieden. Es gibt verschiedene
2.1 · PNF-Training mit Sprinter- und Skater-Koordinationspatterns
9 2
PNF-Patterns, deren Muskelaktivitäten auf einer bestimm- Dazu bietet das entwickelte Sprinter-/Skater-Übungs-
ten Ebene immer dasselbe Bild zeigen. Andere Patterns und Gymnastikprogramm die entsprechenden Übungs­
zeigen je nach Situation (Ausgangsstellung) verschiedene teile in unterschiedlichen Ausgangsstellungen an.
Antworten. Die Sprinter-/Skater-Patterns betreffen den Es ermöglicht so, auf das individuelle Leistungsniveau
ganzen Körper und die Antwort der Irradiation verläuft des Patienten/Sportlers einzugehen und bietet ihm dafür
auf vorbestimmten Bahnen. die entsprechenden Aufgaben.
Ein Beispiel: Sprinter/Skater, ein Bein befindet sich in Prof. Dr. Kim misst Veränderungen in Zeit, sowie Aus-
der geschlossenen Kette als Standbein. Der Therapeut maß der Bewegung anhand von Parametern und macht
kann über die übrigen Extremitäten gezielt Irradiation in sie somit für Patienten/Sportler sichtbar. Dies erhöht die
diesem Standbein erzeugen, das heißt, welche Abduktoren Motivation der Lernenden und beeinflusst dadurch den
bzw. Adduktoren oder welche Rotation er beabsichtigt. Prozess des motorischen Lernens positiv.

Die Sprinter-/Skater-Patterns liefern klare Die Sprinter-/Skater-Patterns aktivieren


Aus­sagen über den Erfolg des motorischen ­geschwächte Muskeln mit Hilfe der kräftigen
Lern­prozesses. Sie dienen der Evaluierung unter der Voraussetzung immer währender
durch den Patienten/Therapeuten. Rumpf­stabilität. Damit erfüllen sie die gefor-
Motorisches Lernen ist ein intrinsischer Prozess. Die Leis- derten PNF-Kriterien.
tung wird gemessen an der Verbesserung der Aktivität und Ammons (1956) stellte fest, dass die motorische Aktivität
an der Änderung des Bewegungsverhaltens. von einer Extremität auf der einen Körperseite zur anderen
Ein weiteres Ergebnis des motorischen Lernens ist die Seite überspringt. Dies betrifft auch Hand- und Fußaktivi-
selbstständige Organisation des Gehirns, d. h. es entwirft täten.
eine neue Bewegungsstruktur und passt sich an die Um­ Hellebrandt und Waterland (1962) gelangten zu der
gebung an. Erkenntnis, dass Training mit großen Gewichten die moto­
Das Erlernen motorischer Geschicklichkeit ist der Pro- rische Geschicklichkeit auf der Gegenseite erhöht und dass
zess, eine Bewegung zu entwerfen, die das Ergebnis einer viele Wiederholungen die Aktivitäten verbessern.
harmonischen Koordination aller Körperteile in diesem Für Therapeuten stellt sich die Frage, wie wir die
Bewegungs­ablauf ist. Diese Bewegung sollte höchst effi­ ­schwachen Muskeln über die stärkeren aktivieren können.
zient sein. Mit dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept wenden
Die Sprinter-/Skater-Koordinationspatterns repräsen- wir wie bei PNF Widerstand an den gesunden/kräftigen
tieren einen bestimmten Bewegungsablauf in unterschied- Körperteilen an, während sich ein geschädigter/schwäche-
lichen Ausgangsstellungen. Wendet man diese adäquat rer Körperteil in der geschlossenen K ­ ette befindet. Damit
bei Patienten an, zeigen sie exakt Quantität und Qualität erreichen wir Verstärkung (»reinforcement«) für die schwa-
der Bewegungsausführung an. Dies ermöglicht uns, das che Muskulatur.
Ausmaß der Behinderung/Störung des Patienten/Sportlers Mit Hilfe von Sprinter und Skater wird der gesamte
bei der Durchführung eines Bewegungsablaufs zu er­ Rumpf aktiviert. Somit ist die Forderung von PNF, den
kennen. Rumpf komplett mit einzubeziehen, erfüllt.
Im Verlauf einer Therapie verhelfen uns Sprinter und Sprinter-/Skater-Patterns berücksichtigen neben den
Skater, anhand der Veränderung des Bewegungsablaufes Extremitäten immer den Kopf als Möglichkeit, Bewegung
das motorische Lernen zu kontrollieren. zu steuern.
So wird sichergestellt, dass der Rumpf stabil bleibt und
Sprinter-/Skater-Koordinationspatterns lassen die schrägen Bauchmuskeln zur Sicherung aktiviert sind.
uns exakte Ziele definieren, entsprechende
Aufgaben je nach Schwierigkeitsgrad erstellen, Sprinter und Skater lassen sich im aufrechten
um dadurch die Effektivität des motorischen Gang darstellen. Arme, Beine, Kopf und Rumpf
Lernens zu verbessern. ­befinden sich dabei exakt in den definierten
Locke und Latham (1985) stellen fest, dass sich der Ler­ ­Stellungen. D­ amit bieten diese beiden Muster
nende bei genau definierten und herausfordernden Auf­ die Möglichkeit, den aufrechten Gang in
gaben besser konzentriert und härter arbeitet, als bei ein­ ­seinen einzelnen Phasen oder als Gesamt­
facher und leichter Aufgabenstellung. Durch genau defi- bewegungsablauf zu trainieren.
nierte und herausfordernde Aufgaben wird dem Lernenden Im Gang werden verschiedene Körperteile (Arme, Beine
ein Standard vorgegeben, an dem er seine Leistung messen und Kopf) koordiniert und rhythmisch in der Stand- und
kann. Unterschiedliche Ausgangstellungen variieren den Spiel­beinphase bewegt. Shepherd und Carr (2005) führen
Schwierigkeitsgrad beim motorischen Lernprozess. aus, dass Gangübungen isoliert an einzelnen Körperteilen
10 Kapitel 2 · Grundlagen der Behandlung mit dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept

nicht effektiv sind. Sprinter- und Skater-Patterns berück- 2.2 Hintergrundwissen zu koordinativem
sichtigen diesen ­Aspekt, indem sie Arme, Beine und den ­Lokomotionstraining (CLT)
Kopf in die Schwung- und Standphasen des Ganges inte­
2 grieren. Lee Moon-kyu (Übersetzung: Britta Dietz)
Diese beiden Übungsformen werden dynamisch und
rhythmisch mit Widerstand in allen Ausgangsstellungen jjEinleitung
eingesetzt. Damit werden die koordinativen Bewegungen Bewegung befasst sich nicht mit einem einzelnen Gelenk,
der Extremitäten im Sinne des Gangbildes geschult. Muskel oder einer Muskelgruppe, sondern ist immer das
Ergebnis des Zusammenspiels vieler Körpersegmente. Je-
Sprinter und Skater sind bilaterale reziproke des Segment spielt eine besondere Rolle und ist miteinan-
Übungen, mit deren Hilfe sich asymmetrische der verzahnt, wie z. B. bei einem Uhrwerk. Dieses ganze
­Haltungsfehler korrigieren lassen. System unseres Körpers reagiert auf eine einzelne lokale
Im Sinne von motorischem Lernen können einseitige Veränderung in der Funktion oder der Struktur. Ändert
­Bewegungen zu Asymmetrie und daraus resultierenden man die Funktion eines einzelnen Segments, koordiniert
Haltungsfehlern führen. Grund dafür ist die große An- sich das ganze System neu. Auf diese Weise können wir
strengung des Lernenden, seine Defizite auszugleichen, die Körperhaltung beeinflussen, indem wir eine Fuß-
indem er Kompensationsmechanismen entwickelt, die oder Handfunktion ändern. Ein Fuß ist funktionell mit
die physiologischen Bewegungsbahnen verlassen. Auch einer Hand, oder ein Fuß ist mit der Zunge und dem Dia-
ein Therapeutenfehler ist denkbar in Form von zu starkem phragma verbunden.
Widerstand, einer ungünstigen Wahl der Ausgangsstellung Eine Zungenbewegung und Atmungsmuster, die man
oder gar der Ausführung in die falsche Bewegungs­ im Sportbereich beobachten kann, sind ein gutes Beispiel
richtung. dafür, wie sich einzelne Körperteile miteinander koordinie-
Als bilaterale reziproke Übungsformen beanspruchen ren. Das Aktivieren einer orofazialen Bewegung – ob es sich
Sprinter und Skater die Extremitäten der rechten und linken um die Bewegung der Augen, der Zunge oder der Kiefer-
Körperseite gleichmäßig. Durch dieses reziproke Training muskulatur handelt – ist genau eingebunden in die gesamte
werden Asymmetrien ausgeglichen und damit die Körper- Bewegung des Körpers. Sogar das Diaphragma ist nicht nur
haltung verbessert. ein Atmungsmuskel, sondern spielt eine besondere Rolle in
der Stabilisation für eine Bewegung (­Kolar, 2012). Nehmen
Eigene Erfahrungen Sie an, Sie heben ein schweres Gewicht: Sie können es nicht
Eigene Erfahrungen zeigen, dass Sprinter- und Skater- anheben, ohne Ihren Atem anzuhalten. Zu dieser Zeit über-
Patterns gleichermaßen gut an Therapeuten und Patien- nimmt das Diaphragma die Rolle einer Aufrichtefunktion.
ten/Sportler zu vermitteln sind. Beide Gruppen sind in Wir können sagen, dass das Dia­phragma ein Teil der Hebe-
der Lage, die Anweisungen in kurzer Zeit zielgerecht und funktion ist und wichtig für diese Aufgabe ist.
adäquat umzusetzen. Wenn wir Bewegung als Therapeuten analysieren,
schauen wir auf bestimmte Bewegungsmuster und sehen,
dass alle Körperfunktionen wie bei einem Uhrwerk auf­
2.1.4 Zusammenfassung einander abgestimmt sind. Ist ein kleines Rädchen defekt,
ist das ganze System betroffen. Deshalb, wenn jemand ein
Die Ergebnisse von Dr. Kims Untersuchung zeigen, dass einzelnes funktionelles Problem hat, sollte man dies ganz-
sich das Arbeiten mit Widerstand im Sprinter/Skater vor- heitlich sehen. Therapeuten stürzen sich oft auf bestimmte
teilhaft auf die Koordination, Symmetrie sowie die moto- Muskeln und vergessen, den ganzen Bewegungsapparat
rische Lernfähigkeit auswirkt. anzuschauen.
Das neue Konzept berücksichtigt alle PNF-Grundprin- Schon Aristoteles sagte: Das Ganze zu sehen ist besser
zipien und bezieht neueste Erkenntnisse aus der Forschung als die Summe aller Teile, unser Körper ist nicht einfach
im Bereich des motorischen Lernens ein. nur aus vielen Muskeln zusammengesetzt. Menschliche
Vorteil des Arbeitens mit diesem Konzept ist das Bewegung ist sehr koordinativ und kann sich selbst re­
­Therapieren/Üben im kompletten physiologischen Bewe- organisieren. Das Bewegungssystem versucht immer, aus
gungsmuster, d. h. unter Einbeziehung des ganzen Körpers. vielen Variationen die bestmögliche Aufgabe koordinativ
Prof. Dr. Kim Tae-yoon unterrichtet an der Universität zu finden. Wenn man Bewegung verändern oder verbes-
in Iksun, sein Spezialgebiet ist Motor learning, und er ist sern will, muss man diesen Mechanismus berücksichtigen.
ein großer Anhänger meines Konzeptes. Wir haben schon Wir denken, dass wir noch mehr einzelne Puzzleteile
viele gemein­same Vorträge in Korea und in Tokio (2006) der ­koordinierten Bewegung erkennen müssen, um das
gehalten. Konzept CLT (Coordinative locomotion training) erklären
2.2 · Hintergrundwissen zu koordinativem ­Lokomotionstraining (CLT)
11 2
zu können. In diesem Artikel möchten wir dem Leser noch Schulter, einer am Ellbogen und radioulnaren Gelenk, und
mehr allgemeine Informationen über die koordinativen 2 am Handgelenk. Wenn wir weiter gehen und die Muskeln
Strukturen aus dem Bereich von motorischer Kontrolle und berücksichtigen, kontrollieren wir 26 DoFs, 10 Muskeln
motorischem Lernen geben. Wir werden das Konzept der am Schultergelenk, 6 am Ellbogen, 4 am radioulnaren Ge-
Grade der Bewegungsfreiheit (degrees of freedom), koordi- lenk und 6 am Handgelenk. Würde man die motorischen
native Strukturen und die Phasen des Lernens entdecken. Einheiten dazu nehmen, würde sich die Zahl erheblich
erhöhen (Rose und Christina 2006).
jjEinzelne Bewegungen vs. komplexe Bewegungen Für andere Bewegungen, wie z. B. Hüftextension, sind
Meistens werden Studien über menschliche Bewegung im noch mehr Muskeln zuständig, die die Zahl der DoFs
klinischen Bereich in einzelne Bewegungen zerlegt. Zum enorm erhöht und eine sehr große Anzahl an Möglichkei-
Beispiel in einzelne Extremitäten, deren Kraft, Beweglich- ten nach sich zieht. Es ist unmöglich, jede der einzelnen
keit, Ausdauer und Koordination getestet wird. Dieser Idee Möglichkeiten zu analysieren und miteinander zu ver­
liegt zu Grunde, dass jede oben genannte Qualität einzeln gleichen, das würde zu lange dauern und das Gehirn über-
begutachtet und isoliert korrigiert werden kann. Obwohl laden und ermüden.
Patienten davon durchaus profi­tieren können, ist es nicht Deshalb muss es einen Mechanismus in der moto­
sicher, ob die einzelne Bewegung in den gesamten Bewe- rischen Kontrolle geben, der die Auswahl zu einer effek­
gungsablauf des Körpers integriert werden und in eine tiven Bewegung trifft. Nach Bernstein ist die wesentliche
Funktion übertragen werden kann. Eigenschaft der moto­rischen Kontrolle das automatische
Eliminieren der unwesent­lichen Bewegungen oder DoFs.
jjKontrolle über die Freiheitsgrade Der sich bewegende Körper versucht die DoFs zu limitieren
(Degrees of freedom; DoF) um die Bewegung unter Kontrolle zu halten (Bosch 2015).
Es wird geschätzt, dass wir 7 DoF kontrollieren müssen, um Wir brauchen die kleinste Einheit an DoFs, um eine
­unseren Arm zu bewegen. DoF wurde oft von Nicoli Bern- gestellte Aufgabe effizient zu erledigen. Theoretiker sehen
stein (1967) benutzt, um Bewegung zu analysieren. Bern- das Aktivieren von einzelnen Muskeln als nutzlos, da diese
stein sieht das Lernen einer motorischen Geschicklichkeit alle eng mit einander verbunden sind und sie betonen,
als Lösung eines Problems, nämlich wie man die vielen dass die Aktivierung einzelner Nerven nicht immer eine
DoFs im menschlichen Bewegungssystem (. Abb. 2.1) Bewegung auslöst (Turvey 1977).
nutzbar machen kann.
Man kann Bewegung spezifisch beschreiben in Bezug jjKoordinative Strukturen/Muskelantwort
zur Anzahl der sich bewegenden Gelenke, Muskeln oder als Synergien.
aktivierten Motoneuronen. Zurück zum obigen Beispiel: Auf Grund dieser Theorien können wir das Problem mit
7 DoFs sind nötig, um den Arm zu bewegen, 3 DoFs an der den DoFs lösen, indem wir Muskeln und Gelenke zwingen

..Abb. 2.1  Degrees of freedom of movements


(DoFs) – Freiheitsgrade der Bewegung
12 Kapitel 2 · Grundlagen der Behandlung mit dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept

DoFs * Befreiung

2
externer Kräfte

Loslassen

Einfrieren

Neuling Fortgeschrittener Profi

..Abb. 2.2  Baby dreht sich ..Abb. 2.3  Die Beziehungen zwischen den DoFs und der Reifung
motorischer Fähigkeiten

in einer gewünschten Bewegung zu funktionieren (Rose Koordinative Strukturen sind Muskelketten, die ent-
und Christian 2006). Diese Bewegungsmuster werden oft wicklungsgeschichtlich (oder neurologisch) und anato-
Koordinative Strukturen oder Synergien benannt. Einige misch entstanden sind, um als eine funktionelle Einheit
koordinative Strukturen sind schon bei der Geburt vor- zusammen zu arbeiten (Frank et al. 2013).
handen, wie Greifen und allge­meine Lokomotion. Die Es ist einfacher für unser Nervensystem, auf ein kleine
meisten Synergien werden im Laufe des Lebens entwickelt Anzahl von generellen Bewegungsmustern zurückzu­
­
auch kulturell bedingt (Turvey 1977) wie z. B. Inlineskaten greifen, die zusammengesetzt werden können, um kom-
oder Skifahren und viele andere Sportarten. plexere Bewegungen zu bilden. Die Muskelsynergien, die
Diese Synergien, besonders die Lokomotion, sind im dabei mitwirken, um diese Muster zu aktivieren, schrän-
menschlichen Bewegungssystem vererbt. Jedoch sind diese ken die DoFs und die Bewegungsmöglichkeiten dergestalt
­Synergien manchmal für den Zweck, eine bestimmte ein, dass Bewegung einfacher zu organisieren ist.
motorische Bewegung zu vereinfachen, stark einge-
­
schränkt. Die Größe des Bewegungsausschlages bestimmt jjPhasen, die die DoFs beim motorischen Lernen
die Anzahl der Muskelantworten innerhalb der Synergie. ­kontrollieren
Bewegungen, die in einem Gelenk aktiviert wurden, be- Eine neue Sichtweise des Lernprozesses beruft sich auf
treffen andere Glieder, weil alle Gliedsegmente mitein­ Bernstein(1967), wo er beschreibt, dass der Lernprozess
ander verbunden sind. Eine Vorwärtsbewegung in der stattfindet, indem man überflüssige DoFs zu kontrollieren
Hüfte beeinflusst analoge Bewegungen in Knie und Fuß­ lernt.
gelenk. Vereijken (1992) schlägt ein dreigeteiltes Model des
In der kindlichen Entwicklung durchlaufen Babys eine Lernens vor. Dieses beschreibt, wie der Lernende versucht,
Reihe von fundamentalen Mustern, die die Basis für kom- die Dynamik der Bewegung als Problemlösung an zu
plexere Bewegung bilden (Frank et al. 2013). Ein Beispiel: ­gehen, im Sinne von Bernstein (. Abb. 2.3). Im Anfangs-
Liegt ein Kind auf dem Boden oder sitzt es in verschie­ stadium vereinfacht der Pa­tient das Bewegungsproblem,
denen Ausgangsstellungen, lernt es, den Kopf zu stabilisie- indem er alle möglichen DoFs einfriert. Zuerst lässt er den
ren, um seine Umgebung zu beobachten (. Abb. 2.2). Seine Patienten die Gelenkstellung für eine gewünschte Bewe-
Kopfstabilität ist wichtig für die posturale Kontrolle im gung fixieren und viele weitere Gelenke auch, fast wie bei
Stehen und Gehen. Während es nach interessanten Objek- einer Synergie.
ten greift, lernt es Arm/Rumpf Koordinations­muster, die
es auch braucht, um zu krabbeln und zu gehen, und even-
tuell später zu werfen und zu klettern. Beim Drehen von
Rückenlage in die Seitlage stabilisiert sich das Baby über
ein Bein, während das andere frei bewegt wird; eine Fertig-
keit, die die B
­ asis für Lokomotion ist.
13 3

Fallbeispiele
Franziska Brandl, Christiane Werlich, Fritz Basner

3.1 Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur  – 14


3.1.1 Anamnese und Befund  – 14
3.1.2 Verlaufsprotokoll  – 15

3.2 PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/


Skater-Koordinationskonzept  – 24
3.2.1 Anamnese und Befund  – 24
3.2.2 Patientenperspektive  – 25
3.2.3 Therapeutenperspektive  – 25
3.2.4 Verlaufsprotokoll  – 26

3.3 Fußballtraining nach dem Sprinter-/Skater-Prinzip  – 45


3.3.1 Das Training  – 46
3.3.2 Verletzungshäufigkeit  – 47

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


Britta Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_3
14 Kapitel 3 · Fallbeispiele

3.1 Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur Aktivitäten des täglichen Lebens:  Die Patientin arbeitet an
einem Gemüsestand. In ihrer Freizeit macht sie Yoga, geht
Franziska Brandl Fahrrad fahren, schwimmen und klettern.

3.1.1 Anamnese und Befund Partizipationsebene:  Durch die Schmerzen kann die Pa­
tientin ihren Hobbies Yoga und Klettern nicht mehr nach­
3 Name:  Frau Sch. gehen, da sie der Schmerz dabei stark limitiert. Außerdem
kann sie nur noch unter Schmerzmedikation arbeiten ge­
Alter:  28 Jahre. hen, sonst müsste sie die Arbeit abbrechen.

Beruf:  Studentin im letzten Semester des Studiengangs Umweltfaktoren:  Die Patientin lebt in einer Wohngemein­
»Umweltwissenschaften«. Nebenberuflich arbeitet sie an schaft in der Innenstadt von Landau. Diese befindet sich
einem Gemüsestand auf dem Markt. im 2. OG eines Wohnhauses, in dem es keinen Aufzug gibt.
Sie hat 3 Treppenstufen zur Eingangstür und 20 Stufen, bis
Hobbys:  Fahrradfahren, Yoga, Schwimmen und Klettern. sie ihre Wohnung erreicht hat. Den Weg zur Arbeit im
Nachbardorf fährt sie mit dem Auto. Zum Sport nimmt sie
Diagnose:  Z. n. Kreuzbandruptur links 2010 – konservativ das Fahrrad.
versorgt.
Patientenperspektive:  Die Patientin ist sehr motiviert für
Medikation:  Ibu 400 bei Bedarf. die Therapie. Sie erhofft sich durch die Therapie eine
schnelle Besserung der Symptomatik und ist sehr opti­
Therapieumfang:  2× wöchentlich je 25 min seit dem 23. 5. mistisch.
2016.
Ziel der Patientin:
Kurze Krankheitsgeschichte:  2010 erlitt die Patientin wäh­ 44Wieder ihrem Sport schmerzfrei nachgehen
rend eines Fußballspiels eine Ruptur des linken Kreuz­ zu können
bandes. Dieses wurde konservativ versorgt und machte 44Schmerzlinderung / Schmerzfreiheit
der Patientin keine Beschwerden. Im April 2016 hat die 44Kräftigung der KG Muskulatur
Patientin das erste Mal beim Yoga einen stechenden 44Übungen zur Kräftigung der KG-Muskulatur, sowie
Schmerz im Kniegelenk links verspürt. Zunächst war der Stabilisation der KG-Muskulatur erlernen
Schmerz wieder verschwunden, doch nach kurzer Zeit ist
der Schmerz nicht nur beim Yoga, sondern auch nach Ziel der Therapeutin:
­langem Stehen und Gehen sowie bei der Arbeit aufge­ 44Steigerung der intramuskulären Koordination
treten. Es wurde ein MRT veranlasst, jedoch ohne Befund. 44Kräftigung der KG-Muskulatur links
44Stabilität des Kniegelenks links
Problem aus Sicht des Patienten:  Stechende Schmerzen im 44Schmerzreduktion im KG links
linken Kniegelenk. 44Mobilisation des KG links

Befund
44FLEX/EXT KG links aktiv: ab 75°/0°/0° schmerzhaft,
bis 125°/0°/0° Flexion möglich; KG rechts aktiv: o. B.
44FLEX/EXT KG links passiv: ohne Schmerzen
130°/0°/0°; KG rechts passiv: o. B.
44Instabilität des linken Kniegelenks; rechts o. B.
44Mangelnde Kraft des linken Kniegelenks; rechts o. B.
3.1 · Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur
15 3
3.1.2 Verlaufsprotokoll

Erste Behandlung am 1.6.2016


Test zu Beginn der Behandlung:  Kniehocke: Ab welchem
Winkelgrad treten Schmerzen im Kniegelenk links auf?
(. Abb. 3.1)

Bewertung des Tests  Ab 75° Flexion im linken Kniegelenk


beginnt der Schmerz der Patientin. Stabiler Stand links
nicht möglich. Die Patientin verlässt bei der Durchführung
der Kniehocke die physiologische Beinachse. Rechts keine
Auffälligkeiten und keine Schmerzen.

Ausgangsstellung
1. Sitz
2. Halbkantensitz mit Theraband

..Abb. 3.1  Test zu Beginn der ersten Behandlung. Die Patientin


geht in die Kniehocke. Ab 75° Flexion Schmerzbeginn im linken
Kniegelenk. Instabilität des linken Kniegelenks sichtbar. Die Patien­
tin verlässt die physiologische Beinachse bei der Durchführung
16 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Pattern Skater (. Abb. 3.2b)


1. Scapula Spielarm: posteriore Elevation
Sprinter (. Abb. 3.2a) Scapula Stützarm: anteriore Depression
Scapula Spielarm: anteriore Elevation Pelvis Spielbein: posteriore Elevation
Scapula Stützarm: posteriore Depression Pelvis Standbein: anteriore Depression
Pelvis Spielbein: anteriore Elevation Kopf: Extension, Lateralflexion und Rotation
3 Pelvis Standbein: posteriore Depression zum Spielbein
Kopf: Flexion, Lateralflexion und Rotation zum Standbein

a b

..Abb. 3.2a,b  Erste Behandlung: Ausgangsstellung Sitz a Stabilisierende Umkehr Sprinter. b Stabilisierende Umkehr Skater
3.1 · Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur
17 3
2. Technik
Sprinter: Extension-Abduktion-Innenrotation (Standbein 1. Stabilisierende Umkehr (Sichern)
links); Widerstand für Abduktion und Innenrotation 2. Rhythmische Stabilisation – Patient wechselt
(. Abb. 3.3a). ­zwischen Sprinter und Skater (Sichern)
Skater: Extension-Abduktion-Außenrotation ( Standbein
links); Widerstand für Abduktion und Außenrotation Ziel
(. Abb. 3.3b) 1. Erlernen einer neuen Ausgangsstellung, Bahnen,
­Haltungskontrolle
Stadium der motorischen Kontrolle 2. Schmerzlinderung, Stabilität des Kniegelenks, intra­
1. Stabilität muskuläre Koordination, Kontrolle in der optimalen
2. Stabilität Gelenkachse, Erweiterung des Bewegungsausmaßes

a b

..Abb. 3.3a,b  Erste Behandlung: Ausgangsstellung Halbkantensitz. a Rhythmische Stabilisation im Sprinter mit Theraband für das linke
Kniegelenk (Standbein). Widerstand für Abduktion und Innenrotation. b Rhythmische Stabilisation im Skater mit Theraband für das Kniege­
lenk links (Standbein). Widerstand für Adduktion und Außenrotation
18 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Hausaufgabe:  Am Türrahmen mit dem Theraband in den und in den Skater für Adduktion und Außenrotation
Sprinter für Abduktion und Innenrotation (. Abb. 3.4a) (. Abb. 3.4b).

a b

..Abb. 3.4a,b Hausaufgabe. a Am Türrahmen im Sprinter für Abduktion und Innenrotation; b am Türrahmen im Skater für Adduktion und
Außenrotation
3.1 · Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur
19 3
Abschlusstest:  Kniehocke: Die Schmerzen treten nach der Zweite Behandlung am 18. 6. 2016
Behandlung erst ab 90° Flexion auf (. Abb. 3.5). Test zu Beginn der Behandlung:  Kniebeugen: Wie viele
Kniebeugen schafft die Patientin ohne Schmerzen zu be­
kommen? (. Abb. 3.6)

..Abb. 3.5  Abschlusstest: Kniehocke nach der Behandlung. Die Pa­ ..Abb. 3.6  Test zu Beginn der zweiten Behandlung – Kniebeugen.
tientin kommt jetzt 90° in die Flexion, ohne dass der Schmerz auftritt Die Patientin schafft 15 Kniebeugen ohne Schmerzen
20 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Bewertung des Tests:  Die Patientin schafft 15 Wieder­ Technik:  Anhängen – Agonistische Umkehr.
holungen ohne Schmerzen im linken Kniegelenk. Auffällig
ist eine unsichere Ausführung ab der 10. Wiederholung. Ziel:  Funktionelles Training, Kräftigung des Kniegelenks,
Verbesserung der intramuskulären Koordination.
Ausgangsstellung:  Halbkantensitz mit Theraband.
Hausaufgabe:  Am Türrahmen mit dem Theraband in den
3 Pattern:  Sprinter: Extension-Abduktion-Innenrotation Sprinter gehen und kontrolliert das Kniegelenk konzen­
(Standbein links) (. Abb. 3.7). trisch in die Extension bewegen und dann exzentrisch in
die Flexion (. Abb. 3.8).
Stadium der motorischen Kontrolle:  Mobilität auf Stabilität.

..Abb. 3.7  Zweite Behandlung: Ausgangsstellung Halbkantensitz ..Abb. 3.8  Hausaufgabe: agonistische Umkehr für das Kniegelenk
mit Theraband im Sprinter. Technik: agonistische Umkehr zur Kräfti­ am Türrahmen im Sprinter; konzentrisch in die KG-Extension und
gung und Verbesserung der Kniekontrolle. Start konzentrisch in ­exzentrisch in die KG-Flexion
die KG-Extension, dann exzentrisch in die KG-Flexion
3.1 · Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur
21 3
Abschlusstest:  Die Patientin schafft nach der Behandlung 25 Wiederholungen ohne Schmerzen. Die Ausführung ist
deutlich sicherer. (. Abb. 3.9).

..Abb. 3.9  Abschlusstest: Kniebeugen. Die


­Patientin schafft 25 Kniebeugen, ohne Schmer­
zen zu bekommen. Außerdem führt sie die
Kniebeugen geführter und sicherer aus
22 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Dritte Behandlung am 28. 6. 2016 Pattern:


Test zu Beginn der Behandlung:  Einbeinstand im Sprinter 44Sprinter: (. Abb. 3.11)
auf Zeit (. Abb. 3.10). 44Standbein Tuber: posteriore Depression
44Stützarm Scapula: posteriore Depression
Bewertung des Tests:  Einbeinstand rechts ohne Auffäl­
ligkeiten und ohne Schmerz, im Einbeinstand links treten Stadium der motorischen Kontrolle:  Kontrollierte Mobilität.
3 Schmerzen ab 1:53 min auf.
Technik:  Agonistische Umkehr (kontrollieren).
Ausgangsstellung:  Einbeinstand links.
Ziel:  Verbesserung der Kniekontrolle, Stabilität im Knie­
gelenk links.

..Abb. 3.10  Test zu Beginn der dritten Behandlung: Einbeinstand ..Abb. 3.11  Dritte Behandlung: kontrollierte Mobilität. Technik: ago­
im Sprinter auf Zeit. Ab 1:53 min treten Schmerzen im linken Knie­ nistische Umkehr. Konzentrisch nach oben, exzentrisch nach unten
gelenk auf. Einbeinstand rechts ohne Auffälligkeiten
3.1 · Behandlungsbeispiel Kreuzbandruptur
23 3
Hausaufgabe:  Auf dem Pezziball im Sprinter Kontrollierte Mobilität (. Abb. 3.12).

..Abb. 3.12  Hausaufgabe: kontrollierte Mobili­


tät auf dem Pezziball im Sprinter

Abschlusstest  Einbeinstand auf Zeit: Nach der Behand­


lung kann die Patientin 3:15 min auf dem linken Bein
­stehen, bevor sie Schmerzen spürt (. Abb. 3.13).

..Abb. 3.13  Abschlusstest: Einbeinstand im Sprinter. Die Patientin


schafft nach der Behandlung den Einbeinstand auf dem linken Bein
3:15 min ohne Schmerzen. Rechtes Bein weiterhin ohne Auffällig­
keiten oder Schmerzen
24 Kapitel 3 · Fallbeispiele

3.2 PNF-Kurzbefund: Becken-Beinstabilität, Armkraft und Feinkoordination,


Behandlung nach dem Sprinter-/ allgemeine Koordinationskontrolle (Rumpf/Extremitäten),
Skater-Koordinationskonzept kognitive Konzentrationsfähigkeiten und Verständnis.

Christiane Werlich Personenbezogene Angaben (Personal):  Der Patient ist


verheiratet und hat eine Tochter. Er wohnt mit seiner Ehe­
3 3.2.1 Anamnese und Befund frau in einer Mietwohnung in der 1. Etage mit Fahrstuhl,
dafür muss er allerdings nach Benutzung des Fahrstuhls
Name:  Herr E. eine Treppe nach unten laufen. Herr E. braucht keinen Be­
treuer und ist selbstständig.
Alter:  68 Jahre.
Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL):  Er gibt ein tages­
Beruf:  gelernter Klempner, Rentner seit 3 Jahren, davor abhängiges Schwindelgefühl im Stand an, welches zu einer
Hausmeister im Altersheim (Wäscherei). erhöhten Sturzgefahr führt. Das Treppensteigen ist bis zur
3. Etage durch die bisherige Therapie konditionell gut
Gesundheitsproblem/offizielle Diagnose möglich, dabei bleibt manchmal die linke Fußspitze nach
44Katarakt-OP bds. 2014 längerer Belastung an der Treppenstufe hängen.
44Arterielle Hypertonie
44Varikosis Beine bds. Umweltfaktoren (Environment):  Herr E. legt kurze Stre­
4410. 12. 2015: ischämischer Hirninfarkt im Mediastrom­ cken bis 1 km mit seinem Auto zurück. z. B. der Weg zur
gebiet rechts bei hochgradiger kurzstreckiger proxi­ Therapie. Bei längeren Strecken wird er von seinem Nach­
maler Stenose im M1 Segment mit distal- und arm­ bar gefahren, z. B. zu Lebensmitteleinkauf, Arztbesuchen.
betonter Hemiparese links Das Kochen übernimmt wie auch vor dem Schlaganfall
44Stand-Gangataxie seine Frau.
4402. 06. 2016: PTA einer symptomatischen M1-Ste­
nose der rechten MCA bei zerebraler transistorischer Teilhabe (Participation):  Der Patient nimmt an öffent­
Ischämie am 30. 05. 2016 lichen Veranstaltungen nicht teil, da er sich dies nicht zu­
traut. Er darf nur noch selten Ausflüge mit seinem Enkel
Medikamente:  Medikamente gegen hohen RR Aspirin, unternehmen, da ihm dies seine Tochter aufgrund seiner
Plavix, Simvastatin, Pantoprazol, Exforge, Bisohexal. Unsicherheiten seit dem Schlaganfall verbietet. Dieses Ver­
bot belastet ihn nach eigener Aussage sehr.
Kurze Krankengeschichte  Herr E. wurde am 11. 12. 2015
direkt von der Notaufnahme in das Uniklinikum Jena Hobbys:  In seiner Freizeit führt er gern einfache Heim­
­stationär aufgenommen wegen akut eingetretener Hemi­ werkertätigkeiten durch.
symptomatik links mit Gang- und Standunsicherheit sowie
Neglect links und Fallneigung nach links. Dies bemerkte Körperfunktionen (Body):
er am Vortag durch Schwäche der gesamten linken Körper­ 44Kognitiv und psychologisch:
hälfte mit Sensibilitätsstörung, die im Tagesverlauf anhielt Er hat Probleme mit seiner Konzentrationsausdauer
und zu mehreren Stürzen führte. Darüber hinaus fiel eine und dem Verständnis/Reflexion gestellter Aufgaben,
verwaschene Sprache auf, die nach einer Stunde rückläufig besonders seit dem 2. Schlaganfall. Zusätzlich kommt
war. Daraufhin wurde er im Rahmen eines Stroke-Kom­ er schneller an seine kognitiven Belastungsgrenzen,
plexprogrammes vom 11. 12. bis 23. 12. 2015 mit Physio- wodurch er während der Behandlung gereizter und
und Ergotherapie im Uniklinikum behandelt. Danach weniger motiviert ist.
­wurde er vom 23. 12. 2015 bis 03. 02. 2016 in die neuro­ 44Körperliche Belastbarkeit:
logische Rehabilitationsklinik »Moritzklinik Bad Kloster­ Die momentane Gehausdauer liegt bei rund 500 m
lausnitz« überwiesen. Nach Entlassung blieb eine leichte Gehstrecke. Durch das Ausdauertraining in der
distal- und armbetonte Hemiparese links mit Unsicher­ ­Therapie ist momentan eine Belastung auf dem Ergo­
heit im Stand und Gang zurück. Seitdem geht er ambulant meter oder dem Laufband von 8 min ohne Pause
auf Rezept 2× wöchentlich zur Physiotherapie (KG-ZNS) möglich.
und Ergotherapie (Feinmotoriktraining li. Arm und Arm-/ 44Schmerzen:
Handkraftraining) in die Gräflichen Kliniken Jena. Anfang Bei der Abduktion und Außenrotation des linken
Juni 2016 erlitt der Patient zu Hause einen zweiten klei­ Schultergelenkes treten Schmerzen (Schmerzskala 5)
neren Schlaganfall, dies führte zur Verschlechterung der beim Patienten auf.
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
25 3
44Muskelkraft: 3.2.3 Therapeutenperspektive
Die Kraft wurde anhand der Muskelfunktionsprüfung
nach Janda mit Hilfe von Muskelfunktionsnoten im Zentrales Problem des Patienten:  Dysfunktionen:
Bereich von 0 bis 5 bewertet, dabei ist 0 keine Muskel­ 44Leichte Fußheberschwäche links (fehlende Außen­
funktion und 5 die Funktion gegen den maximalen kantenhebung)
Widerstand. 44Verminderte Becken- und Beinachsenkontrolle im
55Schulterabduktion und -adduktion: KG 4 links Gang nur auf der linken Seite
55Faustschluss KG 4+ links 44Gangunsicherheit/Gleichgewichtskoordinations­
55Hüftstreckung KG 4 links probleme (Standbein links)
55Fußhebung KG 4 links 44Restparese links Muskelschwäche Schulter-Arm-
55Fersenstand links erschwert Hand
44Extremitäten und Rumpf: 44Feinkoordinationsstörung Arm/Hand links
Herr E. hat eine leichte Instabilität im Rumpf und der 44Leichte Einschränkung der Schulterbeweglichkeit
linken unteren Extremität. links
44Koordination: 55Abduktion: aktiv bis 130°
Der Finger-Nase-Versuch (FNV) ist links dysmetrisch 55Außenrotation: aktiv bis 40°
und leicht ataktisch. Der Gang ist leicht unsicher 55Flexion: aktiv bis 150°
und wird mit einer recht steifen Körperhaltung vom
Patienten durchgeführt. Therapieziel:  Das Ziel der Therapie ist die Verbesserung
des Gangbildes, insbesondere die Stabilisierung des linken
Körperstrukturen (Structures): Standbeines (STB). Ein weiteres Ziel ist der Ausbau der
44Knochen: Gehstrecke ohne Hilfsmittel für mehr Selbstständigkeit im
Hammerzehen (Großezehe bds.) Alltag.
44Haut/Gefäße:
Varizen am rechten Unterschenkel sowie linken
­Unter- und Oberschenkel
55Besenreißervarizen am Knöchel bds.
44Stimme:
manchmal leicht verwaschene Stimme

3.2.2 Patientenperspektive

Probleme aus Sicht des Patienten


44Unsicheres Gangbild, Standsicherheit, Gehausdauer
44Leichte Kraftschwäche des linken Armes mit einer
Störung der Feinmotorik

Ziele aus Sicht des Patienten:  Herr E. möchte sicher laufen


und den Alltag wieder wie vor dem Schlaganfall bewäl­
tigen können. Die Erweiterung der sicheren Gehstrecke ist
ihm dabei besonders wichtig.
26 Kapitel 3 · Fallbeispiele

3.2.4 Verlaufsprotokoll Fazit:  Das Standbein auf der linken Seite erweist sich
als deutlich unsicherer als auf der rechten Seite (siehe
Erste Behandlung vom 07. Juli 2016 . Abb. 3.14). Auf der linken Seite sind deutliche Ausweich­
Ganganalyse:  Der Test dient der Ermittlung und Be­ bewegungen festzustellen.
wertung der einzelnen Gangphasen beim Patienten
(. Abb. 3.14). In der . Abb. 3.14b sind auffällige Gang­
3 sequenzen dargestellt.

a b

..Abb. 3.14a,b Ganganalyse
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
27 3
Bohannon-Test Fazit:  Die Testabschnitte 1 und 2 wurden vom Patient pro­
1. Stehen mit beiden Beinen auseinander blemlos bewältigt.
2. Zuerst mit geöffneten und anschließend mit geschlos­ 1. Abwechselnder Einbeinstand
senen Augen (siehe . Abb. 3.15a) 2. Mit dem Standbein auf der linken Seite und anschlie­
3. Stehen mit geschlossenen Beinen ßend auf der rechten Seite, jeweils mit geöff­neten und
4. Zuerst mit geöffneten und anschließend mit geschlos­ geschlossenen Augen.
senen Augen (siehe . Abb. 3.15b) 44Standbein links (Augen offen): 4 s
44Standbein rechts (Augen offen): 8 s

a b

..Abb. 3.15a,b Bohannon-Test
28 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Die . Abb. 3.16 zeigt den Test vom Einbeinstand mit ge­ Tandemstand  Der Patient stellt auf einer Linie einen Fuß
schlossenen Augen, bei dem sich der Patient festhalten vor den anderen, und es wird die Zeit gemessen, wie lange
musste. die Stellung gehalten werden kann (. Abb. 3.17).
44rechter Fuß vor dem linken: 7 s
Fazit:  Den dritten Testabschnitt konnte der Patient nur 44linker Fuß vor dem rechten: 10 s
mit geöffneten Augen durchführen.
3

..Abb. 3.16  Abwechselnder Einbeinstand ..Abb. 3.17 Tandemstand


3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
29 3
Fazit:  Dieser Test war für den Patienten sehr schwierig, da Die . Abb. 3.19a und . Abb. 3.19b zeigen beim Patien­
er Probleme mit dem Gleichgewicht hatte. ten eine schlechte Körperhaltung während des zuvor er­
Nachdem die Eingangstests abgeschlossen waren, wur­ lernten Übungsmusters im Sprinter und Skater. Die Beach­
de die Behandlung anhand der folgenden . Tab. 3.1 durch­ tung der geraden Körperhaltung und korrekte Ausführung
geführt. der Übungen wurde dem Patienten als kleine Hausaufgabe
zur nächsten Behandlung gegeben.

..Tab. 3.1 Fazit

Ausgangsstellung Pattern Aktivitätsebene Technik Begründung

Sitz Wechsel Sprinter/Skater Sichern: Stabilisierende - Stabilisation der AGST


(erst rechts, Sprinter: Isometrisch, ­Umkehr - Bahnung der Standbein­
dann links), - Scapula Spielarm: ant. Elev. ­statische Muskel­ (kein Bewegungs­ phase (besonders links)
siehe . Abb. 3.18 - Scapula Stützarm: post. Dep. aktivität ausschlag) sowie Gewichtsverlage­
- Pelvis Spielbein: ant. Elev. rung auf das Standbein
- Pelvis Standbein: post. Dep.
Skater:
- Scapula Spielarm: post. Elev.
- Scapula Stützarm: ant. Dep.
- Pelvis Spielbein: post. Elev.
- Pelvis Standbein: ant. Dep.

Sitz Nur im Sprinter Anhängen Agonistische Umkehr - Verbesserung inter­


(erst rechts dann 1. Standbein rechts (­Beginn mit Konzen­ muskulärer Koordina­
linkes Standbein) Scapula Spielarm rechts: ant. Elev. trik darauf Exzentrik) tion und Kräftigung
Pelvis Spielbein links: ant. Elev. - konzentrisch - Rumpfstabilisation
2. Standbein links Spielarm/-bein in 1. - D osierte Bewegungs­
Scapula Spielarm links: ant. Elev. Flex., Add., AR. kontrolle, besonders
Pelvis Spielbein rechts: ant. Elev. - exzentrisch nach­ linker Arm
lassen 2. - S tabilisation Stand­
bein

Sitz, siehe - Positionierung des Patienten Anhängen Replication - Wahrnehmungs­


. Abb. 3.19 aktiv in den oben erlernten Sitz (Kopie, Ebenbild) schulung
(Sprinter/Skater-Pattern) - Stabilisation der Position
- Pat. muss gegen dosierten - E rhöhung des Lern­
Widerstand die Position halten effektes durch aktives
- selbständige Neupositionierung Wiederholen der zuvor
des Patienten in der oben einge­ erlernten Position/
nommene Position nach kurzer Bewegung
Entspannungsphase

Seitlage Sprinter Sichern Stabilisierende - Stabilisation


(erst Standbein - Scapula Spielarm: ant. Elev. ­Umkehr AGST
rechts dann links), - Scapula Stutzarm: post. Dep. - Tuberkontrolle
siehe . Abb. 3.20 - Pelvis Spielbein: ant. Elev. - Rumpfstabilisation
- Pelvis Stützbein: post. Dep. - Standbeintraining,
Skater ­besonders links
- Scapula Spielarm: post. Elev. - Außenkantenbetonung
- Scapula Stützarm: ant. Dep. - s. oben, fiel dem
- Pelvis Spielbein: post. Elev. ­Patienten sehr schwer
- Pelvis Stützbein: ant. Dep.

Seitlage Standbein links oben Sichern Rhythmische - Tuberkontrolle!!!


(Standbein links), Wechsel Sprinter/Skater ­Stabilisation - Standbeinphase links
siehe . Abb. 3.21 (Arme/Scapulae aktiv) - Bahnung der Stand­
Sprinter beinphase/Stabilisation
Standbein Tuber: post. Dep. Standbein
Skater
Standbein Tuber: ant. Dep.
30 Kapitel 3 · Fallbeispiele

..Abb. 3.18  Sitz stabilisierende Umkehr im Sprinter – STB links


ohne Schuhe

a b

..Abb. 3.19a,b  Aktiver Sitz mit Technik Replication im Sprinter STB rechts (a) und Skater STB links (b)
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
31 3
..Abb. 3.20  Seitlage stabilisierende Umkehr
im Skater STB rechts mit Armkontrolle

..Abb. 3.21  Seitlage rhythmische Stabilisation


Wechsel zwischen Skater (Pelvis ant. Dep.) und
Sprinter (Pelvis post. Dep.) STB rechts
32 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Hausaufgabe:  Die Aufgabe war die Drehung von der jjAuswertung der ersten Behandlung
­ ückenlage in die Seitlage und zurück mit dem Schwer­
R Im Verlauf der ersten Behandlung zeigten sich Schwierig­
punkt Beckenkontrolle bzw. mitführen des Beckens (siehe keiten beim Skater-Muster. Der Patient gab Schmerzen in
. Abb. 3.22). der linken Schulter an. Diese traten bei der geforderten
Abduktion und Außenrotation im Skater auf. Aus diesem
jjAbschlusstest der ersten Behandlung Grund soll in den folgenden Behandlungen die Anwen­
3 Bohannon-Test: dung des Skater-Musters reduziert werden.
44Standbein links (Augen offen): 6 s Das Sprinter-Muster lag dem Patienten gut, dies zeigte
44Standbein rechts (Augen offen): 10 s sich in einer deutlich besseren Umsetzung der einzelnen
Übungen. Durch die Verbesserungen beim Abschlusstest
Beim Bohannon-Test verbesserten sich die Standzeiten am konnte dem Patienten ein positives Ergebnis der Behand­
Ende der Behandlung um jeweils zwei Sekunden. Aus zeit­ lung vermittelt werden.
lichen Gründen wurde am Ende der Behandlung nur einer
der Eingangstests durchgeführt.

..Abb. 3.22  Hausaufgabe der ersten


­Behandlung. Drehen über ein Standbein
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
33 3
Zweite Behandlung vom 12. Juli 2016
Bohannon-Test  Zusätzlich zum Einbeinstand (EBST) in
. Abb. 3.23 wurde die Übung nochmal in der Sprinter­
haltung zur besseren Rumpfstabilisation vom Patienten
durchgeführt, dies ergab eine messbare Verbesserung
der Standzeit. Der EBST wurde nur mit geöffneten
Augen durchgeführt und protokoliert, da der Patient die
Vortests problemlos bewältigt hat (Standzeit über 30 s).
Deshalb werden die Vortests an dieser Stelle nicht auf­
geführt.
44Standbein links ohne Sprinterhaltung
(Augen offen): 6 s
44Standbein rechts ohne Sprinterhaltung
(Augen offen): 10 s
44Standbein links mit Sprinterhaltung
(Augen offen): 8 s
44Standbein rechts mit Sprinterhaltung
(Augen offen): 11 s

Der aktive Sitz im Sprinter und Skater wurde in der zweiten


Behandlung als Test durchgeführt, um die Resultate der
ersten Behandlung zu überprüfen.
In . Abb. 3.24 ist deutlich die verbesserte Körperhal­
tung im Vergleich zur ersten Behandlung zu sehen. ..Abb. 3.23  Bohannon-Test mit dem STB links

a b

..Abb. 3.24a,b  Sitz aktiv im Sprinter STB links (a) und im Skater STB links (b)
34 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Hausaufgabenkontrolle  Die Hausaufgabe aus der ersten führte der Patient die Übung gut aus, da die Arm- und
Behandlung war die »Drehung von der Rücken- in die Seit­ Fußhaltung korrigiert werden musste.
lage und zurück« (siehe . Abb. 3.25). Die Kontrolle vom Nach den Eingangstests und der Kontrolle der Haus­
Therapeuten wurde »hands on« durchgeführt, um kleinere aufgabe wurde die zweite Behandlung anhand der folgen­
Verbesserungen der Hausaufgabe zu erreichen. Insgesamt den . Tab. 3.2 durchgeführt.

3
..Abb. 3.25  Hausaufgabenkontrolle: Drehung
von der Rücken- in die Seitlage und zurück
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
35 3

..Tab. 3.2 Fazit

Ausgangsstellung Pattern Aktivitätsebene Technik Begründung

Drehen über ein Sprinter: Anhängen Agonistische Umkehr - Beckenkontrolle/


Standbein (erste von RL zu SL konzentrisch, Stabilisation
rechts dann links) - Scapula: ant. Dep. Initial stretch -A  ktivierung der schrägen
RL-SL-RL, Konzentrisch Agonistische Umkehr Bauchmuskeln
siehe . Abb. 3.26 - Pelvis: Spielbein ant. Elev. exzentrisch, - Rumpftraining
­konzentrisch Initial stretch
Von SL zu RL:
- Scapula: ant. Dep. exzentrisch
- Pelvis: ant. Elev. exzentrisch

Halbkantensitz Wechsel zwischen Sprinter und Sichern Stabilisierende - Stabilisation der


(erst STB rechts, Skater ­Umkehr Ausgangs­stellung
dann links), Sprinter: - Standbeintraining/
siehe . Abb. 3.27 - Scapula Spielarm: ant. Elev. -stabilisation besonders
- Scapula Stützarm: post. Dep. links
- Pelvis Spielbein: ant. Elev. - Tuberkontrolle im ent­
- Pelvis Standbein: post. Dep. sprechenden Pattern
Skater: - Rumpfstabilisation
- Scapula Spielarm: post. Elev.
- Scapula Stützarm: ant. Dep.
- Pelvis Spielbein: post. Elev.
- Pelvis Standbein: ant. Dep.

Halbkantensitz Wechsel zwischen Sprinter- und Sichern Rhythmische - Kniekontrolle


(erst STB rechts, Skaterarmhaltung wird aktiv vom ­Stabilisation - Standbeinkontrolle/
dann links), Patienten mit Widerstand gegen Knie­stabilisation
siehe . Abb. 3.28 das Theraband und mit Spielbein­
und . Abb. 3.29 spannung im entsprechenden
Muster ausgeführt
Standbeinknie im Sprinter:
­Widerstand für Innenrotation
und Abduktion
Standbeinknie im Skater:
Widerstand in Außenrotation
und Adduktion

..Abb. 3.26  Drehung agonistische Umkehr


über das linke STB
36 Kapitel 3 · Fallbeispiele

..Abb. 3.27a,b  Halbkantensitz stabilisierende


Umkehr im Sprinter STB links (a) und Skater STB
links (b)

b
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
37 3
..Abb. 3.28  Halbkantensitz rhythmische
­Stabilisation im Sprinter STB links

..Abb. 3.29  Halbkantensitz rhythmische


­Stabilisation im Skater STB links
38 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Hausaufgabe:  Die Aufgabe war das Bauchmuskeltrai­ jjAuswertung der zweiten Behandlung
ning  zur Rumpfstabilisation im Chopping-Muster (siehe Der Patient hatte eine schlechte Tagesform; dadurch fielen
. Abb. 3.30). Der Schwerpunkt lag bei einer möglichst ge­ ihm die gestellten Aufgaben schwer. Im Verlauf der zweiten
ringen Hüftbeugung mit anschließender Rumpfrotation Behandlung zeigten sich verstärkte Schwierigkeiten beim
und exzentrischer Bewegung zurück. Skater-Muster.
Verglichen mit dem Skater-Muster fielen dem Patien­
3 jjAbschlusstest der zweiten Behandlung ten auch bei dieser Behandlung die Übungen im Sprinter-
Bohannon-Test: Muster leichter und wurden besser ausgeführt. Trotz der
44Standbein links mit Sprinterhaltung schlechteren Tagesform des Patienten kam es beim Ab­
(Augen offen): 7 s schlusstest zu keinen Verschlechterungen und dem Pa­
44Standbein rechts mit Sprinterhaltung tienten konnte gezeigt werden, dass er mit dem Sprinter-
(Augen offen): 10 s Muster im EBST eine bessere Stabilität erreichen kann.
44Beim Bohannon-Test mit Sprinterhaltung am Ende
der zweiten Behandlung veränderte sich die Standzeit
verglichen zum Anfangstest nicht.

..Abb. 3.30  Hausaufgabe der zweiten


­Behandlung
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
39 3
Dritte Behandlung vom 15. Juli 2016 Hausaufgabenkontrolle:  Die Hausaufgabe aus der zweiten
Bei dieser Behandlung werden die Tests (Bohannon- und Behandlung war das Bauchmuskeltraining zur Rumpf­
Tandem-Test) erst am Ende der Behandlung durchgeführt, stabilisation im Chopping-Muster.
um das Resultat der drei PNF-Therapien beurteilen zur Dem Patienten wurde der Übungsauftrag gestellt die
können. Am Anfang wurde wieder der aktive Sitz als Test Hausaufgabe so auszuführen, wie er sie sich von der vor­
kontrolliert (siehe . Abb. 3.31). herigen Behandlung gemerkt und zu Hause geübt hat. Der
Patient hatte keine Probleme die Übungen exakt auszu­
Fazit:  Die beiden Muster können deutlich sauberer mit führen (siehe . Abb. 3.30).
aufrechter Haltung durchgeführt werden.

a b

..Abb. 3.31a,b  Test des aktiven Sitzes im Sprinter mit STB links (a) und im Skater mit STB links (b)
40 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Nach dem oben durchgeführten Test und der Haus­aufgabenkontrolle wurde die dritte Behandlung anhand der fol­
genden . Tab. 3.3 durchgeführt.

..Tab. 3.3 Fazit

3 Ausgangsstellung Pattern Aktivitätsebene Technik Begründung

Einbeinstand Nur im Sprintermuster Sichern Stabilisierende - Stabilisation der


(EBST) erst rechts Standbein rechts: ­Umkehr Ausgangs­stellung
dann links, - Scapula Spielarm rechts: ant. Elev. - Rumpfstabilisation
siehe . Abb. 3.32 - Scapula Stützarm links: post. Dep. - Standbeintraining/-
- Pelvis Standbein rechts: post. Dep. stabilisation besonders
- Pelvis Spielbein links: ant. Elev. links
Standbein links: - Training des sicheren
- Scapula Spielarm links: ant. Elev. EBST
-capula Stützarm rechts: post. Dep.
- Pelvis Standbein links: post. Dep.
- Pelvis Spielbein rechts: ant. Elev.

EBST Nur im Sprintermuster Anhängen Agonistische Umkehr - Verbesserung intermus­


erst rechts dann 1. Standbein rechts (Beginn mit Konzen­ kulärer Koordination
links Scapula Spielarm rechts: ant. Elev. trik darauf Exzentrik) und Kräftigung
Pelvis Spielbein links: ant. Elev. - Konzentrisch: - Rumpfstabilisation
2. Standbein links ­Spielarm/-bein 1.
Scapula Spielarm links: ant. Elev. in Flex., Add., AR. - Dosierte Bewegungs­
Pelvis Spielbein rechts: ant. Elev. - Exzentrisch nach­ kontrolle besonders
lassen linker Arm
2.
- Stabilisation Standbein

Stand im Tür­ - Positionierung des Patienten Anhängen Replication - Wahrnehmungs­


rahmen, aktiv in dem oben erlernten Stand Sichern (Kopie, Ebenbild) schulung
siehe . Abb. 3.33 (Sprinter/Skater-Pattern) - Stabilisation der
- Pat. muss gegen dosierten Wider­ ­Position
stand die Position halten - Erhöhung des Lern­
- Selbständige Neupositionierung effektes durch aktives
des Patienten in die oben ein­ Wiederholen der zuvor
genommene Position nach kurzer erlernten Position/
Entspannungsphase Bewegung

..Abb. 3.32  EBST stabilisierende Umkehr


im Sprinter STB links
3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
41 3

a b

..Abb. 3.33a,b  Aktiver Stand mit Technik-Replication im Sprinter STB rechts (a) sowie im Skater STB links (b) mit Unterstützung des Tür­
rahmens
42 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen im


Sprinter:  Ziel der letzten Übung ist es, dass zuvor erlernte
Sprinter-Muster unter Einhaltung aller Kontrollpunkte,
die zuvor in den einzelnen Übungseinheiten erarbeitet
wurden (Tuber-, Beckenkontrolle, Kniestabilisation), in
den aktiven Gang zu übertragen. Besondere Aufmerk­
3 samkeit wurde hierbei dem linken STB gewidmet (siehe
. Abb. 3.34). Der Patient stützt sich mit den Armen hierbei
als Erleichterung auf meinen Schultern, damit er sich voll
auf die Kontrollpunkte konzentrieren kann.

..Abb. 3.34  Gang gegen Widerstand im Sprinter-Muster


jjAbschlusstests dritte Behandlung
Ganganalyse (. Abb. 3.35)

a b

..Abb. 3.35a,b  Ganganalyse der dritten Behandlung


3.2 · PNF-Kurzbefund: Behandlung nach dem Sprinter-/Skater-Koordinationskonzept
43 3
Bohannon-Test (. Abb. 3.36)
44Standbein links mit Sprinterhaltung
(Augen offen): 10 s
44Standbein rechts mit Sprinterhaltung
(Augen offen): 12 s
44Standbein links mit Sprinterhaltung
(Augen geschlossen): 4 s
44Standbein rechts mit Sprinterhaltung
(Augen geschlossen): 7 s

Tandemstand (. Abb. 3.37)


44rechter Fuß vor dem linken: 17 s
44linker Fuß vor dem rechten: 25 s

..Abb. 3.36  Bohannon-Test in Sprinterhaltung mit STB links

a b

..Abb. 3.37a,b Tandemstand
44 Kapitel 3 · Fallbeispiele

jjAuswertung der dritten Behandlung Abschlussprotokoll der drei Behandlungen


Der Patient zeigte bei der letzten Behandlung wieder eine Herr E. hat die drei Behandlungen kurz nach seinem zwei­
gute Tagesform und war motivierter als bei der zweiten ten Schlaganfall absolviert. Er ist immer bemüht, konti­
Behandlung. In der letzten Behandlung wurde auf die nuierlich zu trainieren. Bereits der kurze Klinikaufenthalt
­Anwendung des Skater-Musters nahezu verzichtet, da der nach dem zweiten Schlaganfall hat ihm Angst gemacht,
Patient in den vorangegangenen Therapien bei diesem alles zuvor Erlernte und Erarbeitete zu verlieren. Beson­
3 Muster stärkere Probleme in der Ausführung sowie ders das viele Liegen in der Klinik verstärkte bei ihm diese
Schmerzen hatte. Angst. Deshalb wollte er so schnell wie möglich die Thera­
Das Sprinter-Muster wurde in dieser Behandlung wei­ pie fortsetzen. In den drei Behandlungen zeigte sich eine
ter gefestigt und gesteigert, wodurch es in den Bereichen kontinuierliche Verbesserung der Stand- und Gleichge­
Stabilität, Standfestigkeiten und Gleichgewicht zu Ver­ wichtsfähigkeit besonders auf dem linken Bein, welches
besserungen kam. Dies zeigte sich in wesentlich längeren sich nach dem zweiten Schlaganfall verschlechtert hat. Das
Standzeiten bei den oben durchgeführten Tests. Beim konsequente PNF-Training an der Becken- und Rumpf­
­Bohannon-Test hat sich die Standzeit auf der linken Seite stabilität zu Beginn der Therapie wurde mit Übungen für
von 4 auf 10 s erhöht und auf der rechten Seite von 8 auf die Bein- und Kniestabilität sowie Gleichgewichts- und
12 s erhöht. Zusätzlich zu dieser zeitlichen Verbesserung Wahrnehmungsförderung fortgeführt. Dieses Training
konnte der Test in der letzten Behandlung auch mit ge­ ließ ihn bereits nach kurzer Zeit Sicherheit und Vertrauen
schlossenen Augen durchgeführt werden. Dadurch ist die in seiner Stand- und Gangfähigkeit zurückgewinnen. Das
Verbesserung des Gleichgewichts erkennbar. Die Standzeit Skater-Muster fiel ihm aufgrund von Schulterschmerzen
im Tandemstand hat sich beim Stand mit dem rechten vor besonders schwer. Im Gegensatz dazu fällt ihm das Sprin­
dem linken Fuß von 7 auf 17 s und dem linken Fuß vor ter-Muster deutlich leichter. In weiteren Therapien werden
dem rechten Fuß von 10 auf 25 s gesteigert. Desweitern wir an seinem großen Ziel, selbständig Strecken im Bereich
wirkt das Gangbild in . Abb. 3.35 wesentlich sicherer und von 1 bis 2 km laufen zu können, arbeiten, denn dies traut
stabiler als bei der Ganganalyse der ersten Behandlung. er sich im Moment noch nicht allein zu. Er würde auch
gern statt mit dem Auto zu Fuß zur Therapie kommen
(ca. 1 km), dies werden wir in nächster Zeit angehen.
Im Fernziel werden wir auch die Stabilisierung der
­Rotatorenmanschette im linken Schulterbereich sowie die
Zentrierung des Humeruskopfes mit einbeziehen, damit
sich das schmerzfreie Bewegungsausmaß in der Schulter
erweitert.
3.3 · Fußballtraining nach dem Sprinter-/Skater-Prinzip
45 3
3.3 Fußballtraining nach dem Sprinter-/ Punktspiele/Wettkampfsituationen (Turniere):  1× wöchent­
Skater-Prinzip lich, ca. 80 min
Anfang 2008 wurde ich vom Trainer der U17-Mäd­
Fritz Basner chenfußballmannschaft gebeten, den Spielbetrieb der Mäd­
chen zu Wettkampfbedingungen unter physiotherapeuti­
Mit meinem Erfahrungsbericht möchte ich am Beispiel schen Gesichtspunkte zu beobachten.
­einer Fußballmädchenmannschaft zeigen, dass durch ein Der Anlass des Trainers war die auffällig hohe Verlet­
ergänzendes spezielles Koordinationstraining (PNF-Sprin­ zungsanfälligkeit der Spielerinnen im Vergleich zu den
ter-/Skater-Methode) folgende Punkte verbessert wurden: gegne­rischen Mannschaften insgesamt. Mein Fokus rich­
1. Verletzungsanfälligkeiten tete sich auf die Ökonomie der Bewegungen der Spiele­
2. Beweglichkeit rinnen im Einzelnen.
3. Zusammenspiel/Koordination in der Gruppe als
­Resultat der verbesserten Koordination des Einzelnen Das Training:  Die Umstellung bzw. die Ergänzung des
4. Beinachsenstellungen (siehe Drop Jump) Trainings, unter anderem nach der Skater-/Sprinter-
Methode, waren nicht nur für die Sportlerinnen etwas
Unterstützt wurden die subjektiv erhobenen Werte durch Neues, sondern für den Verein insgesamt.
biomechanische Messungen, sowie isokinetische Kraft­ Schon die ersten Übungseinheiten, die ohne Fußball­
messungen. schuhe durchgeführt wurden, zeigten ganz klar, wo die
Ferner wurden Daten über Verletzungen (2008–2010) Probleme lagen.
der Spielerinnen mittels Fragebogen erhoben. Auf einem Bein stehen, bei entsprechender Rumpf­
Die Grundidee dieser Fallstudie ergab sich aus der spannung und Bewegungen im Sprinter/Skater durchzu­
­Tatsache, dass Frauen im Verhältnis zu Männern um ein führen, waren richtige Herausforderungen, und die Mäd­
Vielfaches häufiger kreuzbandrissgefährdet sind! chen kamen schnell an ihre Grenzen, was ich nicht erwar­
Um zu demonstrieren, dass durch ein präventives Trai­ tet hätte! Die Frage, die daraus resultiert: Wie kann jemand
ning im Kontext vorderer Kreuzbandverletzungen positiv Fußball spielen, wenn doch schon im Einbeinstand erheb­
Einfluss genommen werden kann, zeigt die U17-Fußball­ liche Schwierigkeiten bestehen? Die Antwort ist in dem
mädchenmannschaft Bad Sassendorf. zähen Bewegungsverhalten und der mangelnden Koordi­
Es wurde auch deutlich, dass nicht nur bandrissgefähr­ nation zu suchen! Aus meinen Beobachtungen heraus
dete Spielerinnen von diesem Training profitierten, son­ konnte ich erkennen, dass diese Mädchen koordinative
dern auch u. a. motorische Grundfähigkeiten wie Beweg­ Fähigkeiten, sowie mangelnde Haltung, mit einem hohen
lichkeit, Kraft, Ausdauer, Koordination sowie Verletzungen Kraftaufwand kompensierten! Diese Situation zeigte sich
verringert wurden! vor allem in Form von Verletzungen.
Das verbesserte Leistungsniveau des Einzelnen
­führte auch zu einer erheblichen Leistungssteigerung des Fazit:  Ich führte das Training seit 2008 nach der Skater-/
­Kollektivs. Sprinter-Methode mit der U17-Fußballmädchenmann­
Zu beobachten war eine deutliche kontrollierte Dyna­ schaft durch, und mittlerweile gehören diese Übungen
mik, deren Effektivität sich im Abschluss mit geschossenen zum Trainingsalltag.
Toren zeigte. Prävention ist ein ganz wichtiger Aspekt, der auch
Das gesetzte Ziel der Spielerinnen und der Betreuer in jeder Sportart berücksichtigt werden sollte. Ganz be­
zum Saisonauftakt war die Sicherung des Klassenerhalts, sonders im Kinder- und Jugendbereich haben Trainer und
d. h. dem Leistungsanspruch Bezirksliga zu entsprechen. Übungsleiter eine große Verantwortung. Sport soll der
Dieses Ziel wurde erreicht und sogar übertroffen. ­Gesundheit und der Freude dienen, deshalb sollten auch
Übungsleiter und Trainer so geschult werden, dass sie auch
Training: bedingt Haltungsschwächen und auffällige Bewegungsver­
442× wöchentlich, à 120 min fußballspezifisch halten erkennen und in der Lage sind, mit speziellen
441× wöchentlich, ca. 60 min nach PNF-Sprinter-/ Übungen gegenzusteuern!
Skater-Methode Hier bietet sich, ergänzend zum sportspezifischen
Training, die Skater-/Sprinter-Methode idealerweise an.
Sie macht den Sportlern Spaß und ist überall mit wenig
Aufwand anwendbar.
46 Kapitel 3 · Fallbeispiele

3.3.1 Das Training (. Abb. 3.38, . Abb. 3.39, . Abb. 3.40, . Abb. 3.41,
. Abb. 3.42. . Abb. 3.43)

..Abb. 3.38  Skater: Seitstütz: unteres Knie beugen für kontrollierte ..Abb. 3.39  Chopping: Ellenbogen nach links schieben,
Mobilität in der Schulter unten (Adduktion und ant. Depression) Zehen ­dagegen nach rechts

..Abb. 3.40  Skater auf dem Pezziball ..Abb. 3.41  Skater auf dem Pezziball, Brücke

..Abb. 3.42  Sprinten auf dem Pezziball ..Abb. 3.43  Training mit Theraband: Skaten, für Rumpfaktivität,
­Initial swing, konzentrisch und exzentrisch
3.3 · Fußballtraining nach dem Sprinter-/Skater-Prinzip
47 3
3.3.2 Verletzungshäufigkeit (. Abb. 3.44, . Abb. 3.45, . Abb. 3.46, . Abb. 3.47,
. Abb. 3.48, . Abb. 3.49, . Abb. 3.50, . Abb. 3.51)

Ober-/Unterschenkelzerrung

2010

2009

2008

0 5 10 15 20 25
Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.44 Ober-/Unterschenkelzerrung

VKB Verletzung

2010

2009

2008

0 0,5 1 1,5 2 2,5


Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.45 VKB-Verletzung

OSG/USG Bandüberdehnungen

2010

2009

2008

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.46  OSG/USG-Band­überdehnungen


48 Kapitel 3 · Fallbeispiele

Lumbago (LWS)

2010

3
2009

2008

0 0,5 1 1,5 2 2,5


Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.47  Lumargo (LWS)

Kniebandüberdehnungen

2010

2009

2008

0 2 4 6 8 10 12
Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.48  Kniebandüber­dehnungen

Fußfrakturen

2010

2009

2008

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5


Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.49 Fußfrakturen
3.3 · Fußballtraining nach dem Sprinter-/Skater-Prinzip
49 3

Zerrungen von Rumpf- und WS Muskulatur

2010

2009

2008

0 1 2 3 4 5 6 7 10
Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.50  Zerrungen von Rumpf- und WS-Muskulatur

Meniscusläsionen

2010

2009

2008

0 0,5 1 1,5 2 2,5


Anzahl der Verletzten

..Abb. 3.51 Meniskusläsionen
51 4

PNF: Definition, Philosophie


und Grundprinzipien
Britta Dietz

4.1 Definition  – 52

4.2 PNF-Philosophie  – 52

4.3 PNF-Grundprinzipien – spezifische Stimuli


für das Rezeptorsystem  – 53
4.3.1 Extero- und telerezeptive Stimuli  – 53
4.3.2 Propriozeptive Stimuli  – 53

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Britta Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_4
52 Kapitel 4 · PNF: Definition, Philosophie und Grundprinzipien

4.1 Definition 44Mit dem »positive approach« (positiver Einstieg)


wird die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusam­
44P Propriozeptive menarbeit Patient/Therapeut geschaffen. Maggie
44N Neuromuskuläre Knott hat dazu folgenden Leitsatz geprägt: »Give
44F Fazilitation your patient the best chance he has» (Gib Deinem
­Patienten die beste Chance zu arbeiten).
PNF ist ein Bahnungskonzept. Fazilitation ist gleichzu­
setzen mit Bahnung.
4 Bahnung erfolgt unter Ausschluss der Willkürmotorik,
Wichtig
Die Fähigkeit des aufrechten Gehens ist das
d. h. automatisch in genau definierten dreidimensionalen
höchste Therapieziel und wird daher von Beginn an
Mustern. Bahnung beeinflusst den ganzen Menschen.
angestrebt
Sie findet auf der Ebene der Aufrichtung, der Haltungs­
bewahrung, des Gleichgewichts und der Lokomotion statt.
Maggie Knott machte sich für die Bahnung den Stretch- Um das optimale Therapieziel zu realisieren, ist es uner­
Reflex unter Anwendung der Grundprinzipien der PNF lässlich, die vorhandenen Reserven des Patienten zu erken­
zu nutze. nen und zu mobilisieren.
Ich verwende dreidimensionale Scapula- und Pelvis-Patterns und fazili­ Die Bahnung im Sprinter und Skater wird gezielt mit der Technik der
tiere das physiologische, gekreuzte Gangprogramm, das ich »Sprinter« Irradiation kombiniert und wirkt somit effektiver.
und »Skater« nenne.
44Das Training ist funktionell und erfolgt gegen
Bewegung wird mit Hilfe von efferenten und afferenten ­Widerstand.
Stimuli (Dr. Kabat 1950) fazilitiert, d. h. durch das Benut­ 44Einfache, funktionelle Bewegungen erleichtern
zen der extero-, tele-, und propriozeptiven Reize des neu­ das Bewegungslernen für den Patienten.
romuskulären Systems (7 Abschn. 4.3). 44Durch häufige Wiederholungen werden die
Die Behandlung der Patienten (. Abb. 4.1) erfolgt ent­ ­Bewegungsabläufe automatisiert.
sprechend der PNF-Philosophie unter Anwendung der 44Ein intensives Übungsprogramm unterstützt
PNF-Patterns (Muster) und PNF-Techniken. den Lernprozess und erhöht die Motivation des
­Patienten.
44Durch einen Wechsel der Ausgangsstellung
4.2 PNF-Philosophie kann der Anforderungsgrad an den Patienten variiert
werden.
Die PNF basiert auf folgenden Grundsätzen 44Die Summation der Reize verstärkt den Lerneffekt.
(basic principles)
44Der Mensch wird in seiner Gesamtheit gesehen und
therapiert.

..Abb. 4.1  Logo des Kaiser Rehabilitation


­Center in Vallejo
4.3 · PNF-Grundprinzipien – spezifische Stimuli für das Rezeptorsystem
53 4
4.3 PNF-Grundprinzipien – spezifische Zug (Traction)
Stimuli für das Rezeptorsystem 44Stimulation der Gelenkrezeptoren durch Zug.
Ziel: Bewegung
44Entgegen der Schwerkraft
Wichtig 44Einsatz zur Schmerzreduktion
»Input is the driving force of running the motor c­ ortex«.
Druck (Approximation)
44Stimulation der Gelenkrezeptoren durch Druck.
Ziel: Stabilität rund um das Gelenk.
4.3.1 Extero- und telerezeptive Stimuli 44Durchführung als schnelle Approximation bewirkt
Reflexauslösung, anhaltende Approximation zur
Manueller Kontakt mit Hilfe ­Behandlung.
des lumbrikalen Griffs 44Der größte Erfolg wird beim Arbeiten über mehrere
Er bewirkt: Gelenke in der Achse der Approximation erzielt.
44einen direkten sensorischen Input auf der Haut,
44die Kontrolle über die Rotation, Patterns und Spur-Gangspezifisch
44schmerzfreie Bewegung (kein »Adlergriff«, 44Festgelegte Bewegungen in drei Dimensionen
d. h. keine Fingerflexoren), 44Benennung der Patterns nach der Endstellung
44die Sicherung der Schulter des Therapeuten und 55Flexion/Extension
44Herstellen des Kontaktes zur Umwelt (Lagerung). 55Abduktion/Adduktion
55Außenrotation–Innenrotation
Die Bahnung des Bewegungsablaufes am Patienten löst beim Thera-
peuten ebenfalls eine Bahnung in die aufrechte Haltung aus.
Dehnreiz (Stretch)
44Motorische Reaktion, ausgelöst über dreidimensio­
Verbaler Stimulus nale Verlängerung des Muskels
44Kurze Kommandos (auf, ab, rein, raus u. a.) 44Initial Stretch aus der Dehnstellung des Muskels
44Genaues Timing von Bewegungsimpuls mit dem 44Wiederholter Stretch auf der Bewegungsbahn
Kommando
Bewegungsfolge (Timing)
Visueller Stimulus Das Timing richtet sich nach der physiologischen Entwicklung der
Physiotherapeut Motorik des Kindes. Sie verläuft von proximal (Rumpf ) nach distal
44in Richtung Patient. ­(Extremitäten). Folglich erarbeiten/bahnen wir Bewegung ebenfalls
von proximal nach distal.

Patient
44zu seinem eigenen Körper und seiner Umgebung, Arbeitshaltung des Therapeuten und »Spur«
44Augenkontakt mit Therapeuten; (body mechanic und groove)
44Ziel der Bewegung im Auge behalten. Der Therapeut steht und bewegt sich in Verlängerung der
Bewegungsdiagonale.

4.3.2 Propriozeptive Stimuli Irradiation im Sprinter oder Skater


Weiterlaufen einer Bewegung in Muskelketten, auch über
Widerstand die Körpermitte hinweg in die gegenseitige Extremität
(Sprinter und Skater Koordination).
Wichtig
Summation der Stimuli
Der Widerstand richtet sich nach der korrekten Position
der Schlüsselpunkte des Sprinters und Skaters. Je mehr Stimuli wir aktivieren, desto mehr Rezeptoren
können wir rekrutieren und umso größer ist der Behand­
lungserfolg.
44Beachten der Rotation
44Entscheidung für folgende Muskelaktivitäten
55Isometrisch-statisch
55Konzentrisch-dynamisch
55Exzentrisch-dynamisch
55 5

Sprinter-/Skater-Koordination:
Bahnung über dreidimensionale
Scapula- und Becken-Patterns
Britta Dietz

5.1 Sprinter-/Skater-Koordination  – 56
5.1.1 Sprinter  – 56
5.1.2 Skater  – 57

5.2 Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula-


und Becken-Patterns  – 57
5.2.1 PNF-Patterns  – 58

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B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_5
56 Kapitel 5 · Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns

Im einführenden Kapitel wurde die Entwicklung der nach Bewegungsrichtung auf den Sprinter oder Skater,
Sprinter- und Skater-Koordination aus dem PNF-Konzept ­unabhängig von der Ausgangsstellung. Um das zu errei-
heraus dargelegt. In den folgenden Zeichnungen, Tabellen chen, wird die Möglichkeit der Widerlagerung über das
und Abbildungsserien werden die dreidimensionalen jeweilige Standbein oder Stützarm, je nach Ausgangs­
Scapula- und Becken-Patterns für die Sprinter-und
­ stellung für die Sprinter-und Skater-Aktivität genutzt.
Skater-Koordination in der Praxis vorgestellt (. Abb. 5.1, Über die Stimulation der Rumpf-Patterns (Scapula und
. Abb. 5.2, . Abb. 5.3, . Abb. 5.4 und die Tabellen in Becken) kann der Therapeut die resultierenden Bewe-
den . Abb. 5.5 und . Abb. 5.6). Es soll erkennbar werden, gungsabläufe besser beobachten, korrigieren und mit Hilfe
dass sich die jeweils angewandten Bewegungsmuster der entsprechenden PNF-Techniken in die gewünschte
gleichzeitig immer auch auf den Gang beziehen, bzw. je Richtung verstärken (vgl. die Fotos in 7 Abschn. 5.2).
5
5.1 Sprinter-/Skater-Koordination

5.1.1 Sprinter Sprinter-Koordination

Kopf:
Flexion, Lateralflexion
Rotation zu Mid Stance

Arm: Arm:
Flexion, Adduktion, Extension, Abduktion,
Außenrotation Innenrotation
Scapula: Scapula:
anteriore Elevation posteriore
Angulus inferior: Depression
vorne, oben, Angulus inferior:
außen hinten, unten, innen
ant.
security
»No love handles« line »No love handles«
Bein: keine
Extension, Lateralflexion
Abduktion,
Innenrotation Bein:
Flexion, Adduktion,
Becken: Außenrotation
posteriore Becken:
Depression anteriore Elevation
Tuber: Tuber:
hinten, vorne, oben, innen
unten, außen
MID STANCE MID SWING

..Abb. 5.2  Sprinter-Koordination als Grafik

..Abb. 5.1  Sprinter-Koordination (Britta)


5.2 · Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns
57 5
5.1.2 Skater Skater-Koordination

Kopf:
Extension, Lateralflexion
Rotation zu Initial Swing

Arm:
Flexion, Abduktion,
Außenrotation Arm:
Scapula: Extension, Adduktion,
posteriore Elevation Innenrotation
Angulus inferior: Scapula:
hinten, oben, außen anteriore
Depression
Angulus inferior:
vorne, unten, innen
»No love handles« ant.
security »No love handles«
keine line
Lateralflexion
Bein:
Extension, Adduktion, Bein:
Außenenrotation Flexion, Abduktion,
Becken: Innenrotation
anteriore Depression Becken:
Tuber: posteriore Elevation
vorne, unten, innen Tuber:
hinten, oben, außen

EARLY STANCE INITIAL SWING

..Abb. 5.3  Skater-Koordination (Britta und Tabea) ..Abb. 5.4  Skater-Koordination als Grafik

5.2 Bahnung des Sprinter und Skater über Es ist unbestritten, dass die Basis der Arm- und Bein-Patterns
dreidimensionale Scapula- in den Scapula- und Becken-Patterns liegt. Betrachtet man
und Becken-Patterns ihre Bewegung weiterlaufend, so führt dies zur Definition der
Scapula- bzw. Becken-Patterns als dreidimensionale Bewe-
Im klassischen PNF wurden die Scapula- und Becken-­ gungsmuster (siehe folgende ­Tabellen und Fotos).
Patterns zweidimensional gelehrt. Beispielsweise wurden Ich habe Schlüsselpunkte (Orientierungspunkte) für diese
sie als anteriore Elevation, posteriore Depression etc. be- Patterns festgelegt, mithilfe derer sich die drei Bewegungs-
zeichnet. Arm- und Bein-Patterns hatten drei Bewegungs- komponenten definieren lassen.
komponenten, die Rumpf-Patterns dagegen nur zwei. Dies Für die Scapula ist dies der Angulus inferior. Er bewegt sich
führte häufig zu Diskussionen über die Rumpf-Patterns. sichtbar in drei Bewegungsebenen (anterior-posterior, cau-
Manche vertraten die Ansicht, die Becken-Patterns wären dal-cranial, medial-lateral):
nicht auf den Gang übertragbar, andere wiederum bezeich- Für das Becken ist der Schlüsselpunkt (Orientierungspunkt)
neten die posteriore Elevation und die anteriore Depression die Tuberositas ossis ischii, kurz Tuber genannt. Seine Bewe-
als spastische Bewegungsmuster. Bei den Scapula-Patterns gung wurde im Ganglabor für beide Standbeinphasen, Early
bestand die Schwierigkeit, die entsprechende Diagonale zu stance und Mid stance, sichtbar gemacht. Er liegt auf den
definieren. ­Bewegungsebenen des Beckens und bewegt sich (über die
Durch die Definition der Rumpf-Patterns im Sprinter Gelenke der Wirbelsäule) in folgenden ­Bewegungsebenen:
und Skater werden diese Probleme ausgeräumt. anterior-posterior, caudal-cranial, medial-lateral. Die Bah-
nung der Rump-Patterns erfolgt demnach in der-Sprinter-/
Skater-Koordination in dreidimensionalen Bewegungsmus-
tern, entsprechend den Extremitäten-Patterns.
Die korrekte Stellung der Rumpf-Patterns in Bezug zur auf-
rechten Körperhaltung stabilisiert den Rumpf und leitet die
weiterführenden Bewegungen der Extremitäten ein.
58 Kapitel 5 · Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns

5.2.1 PNF-Patterns

PNF-Scapula-Patterns

..Abb. 5.5 Scapula-Patterns

PNF-Becken-Patterns

..Abb. 5.6 Becken-Patterns
5.2 · Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns
59 5
Dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns (. Abb. 5.7, . Abb. 5.8, . Abb. 5.9,
. Abb. 5.10, . Abb. 5.11 und . Abb. 5.12)
..Abb. 5.7  Griffe für die Sprinter-Koordination:
Sprinter in Seitlage: Standbein oben

..Abb. 5.8  Griffe für die Sprinter-Koordination:


Sprinter in Seitlage: Spielbein oben
60 Kapitel 5 · Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns

..Abb. 5.9  Griffe für die Sprinter-Koordination:


Scapula: anteriore Elevation

..Abb. 5.10  Griffe für die Sprinter-Koordina­


tion: Pelvis: anteriore Elevation. PT: Widerstand
gegen vorne, oben, innen
5.2 · Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns
61 5
..Abb. 5.11  Griffe für die Sprinter-Koordina­
tion: Pelvis: posteriore Depression. PT: Wider-
stand gegen hinten, unten, außen

..Abb. 5.12  Griffe für die Sprinter-Koordina­


tion: Scapula: posteriore Depression. PT: Wider-
stand gegen hinten, unten, innen
62 Kapitel 5 · Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns

Dreidimensionale Scapula-und Becken-Patterns (. Abb. 5.13, . Abb. 5.14, . Abb. 5.15,


. Abb. 5.16, . Abb. 5.17, . Abb. 5.18)
..Abb. 5.13  Griffe für die Skater-Koordination:
Skater in Seitlage: Standbein oben

..Abb. 5.14  Griffe für die Skater-Koordination:


Skater in Seitlage: Spielbein oben
5.2 · Bahnung des Sprinter und Skater über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns
63 5
..Abb. 5.15  Griffe für die Skater-Koordination:
Becken: anteriore Depression. Patient fühlt
­seinen Tuber, dann setzt PT Widerstand gegen
vorne, unten, innen

..Abb. 5.16  Griffe für die Skater-Koordination:


Scapula: anteriore Depression. PT: Widerstand
gegen vorne, unten, innen
64 Kapitel 5 · Sprinter-/Skater-Koordination: Bahnung über dreidimensionale Scapula- und Becken-Patterns

..Abb. 5.17  Griffe für die Skater-Koordination:


Scapula: posteriore Elevation. PT: Widerstand
gegen hinten damit Claviculargelenke frei wer-
den, dann nach oben außen

..Abb. 5.18  Griffe für die Skater-Koordination:


Becken: posteriore Elevation. PT: Widerstand
gegen hinten, oben, außen
65 6

Arm- und Bein-Patterns als


Thrust- und Withdrawl-Patterns
Britta Dietz

6.1 PNF-Arm- und Bein-Patterns  – 66


6.1.1 PNF-Arm-Patterns im Sprinter und Skater  – 67
6.1.2 PNF-Bein-Patterns im Sprinter und Skater  – 68

6.2 Arm-Patterns: Thrust und Withdrawal als »Power«-Patterns  – 69


6.2.1 Thrust-Patterns  – 70

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B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_6
66 Kapitel 6 · Arm- und Bein-Patterns als Thrust- und Withdrawl-Patterns

6.1 PNF-Arm- und Bein-Patterns Unabhängig von der Ausgangsstellung


55 werden Flexions-Patterns analog zum physiologischen
Die ursprünglichen Arm- und Bein-Patterns bleiben in Gang dem Spielarm und Spielbein zugeordnet;
ihren drei Bewegungskomponenten erhalten. In der Be- 55 bekommen Extensions-Patterns die Funktion des Stütz-
handlung werden sie prinzipiell in der Sprinter – oder arms und Standbeins.
Skater-Koordination angewandt, d. h. nicht mehr, wie bis- Dies hat entscheidende Bedeutung für die Behandlung:
her, isoliert. Die Stabilität des Rumpfes muss dabei durch- 55 Die Fixation erfolgt in der Peripherie über das Standbein
gehend aufrecht erhalten bleiben. Sie darf auch bei Durch- bzw. den Stützarm.
führung von Extremitäten-Patterns nie verloren gehen 55 Demzufolge werden Standbein und Stützarm zum Punc-
(siehe 7 Abschn. 6.1.1 und 7 Abschn. 6.1.2). tum fixum in der Peripherie und der Rumpf zum Punk-
tum mobile.

Beachte: Es werden keine Extensions-Patterns in der offenen


6 Kette durchgeführt!
Beide Bewegungskoordinationen (Sprinter und Skater) verlei-
hen dem Rumpf Stabilität über das Standbein, den Stützarm
und den Kopf.
Symmetrische Arm- und Bein-Patterns dienen nicht dem
physiolo­gischen Gang. Ihre Anwendung ruft vielmehr ­Flexion
und Extension im Rumpf hervor. Da die dreidimensionale
Aufrichtung im Gang das höchstes Ziel der Behandlung ist
(siehe 7 Abschn. 6.1.1 und 7 Abschn. 6.1.2), lasse ich daher
die meist mit großem Kraftaufwand für den Therapeuten ver-
bundenen symmetrischen Patterns weg­fallen.
So entsteht der Slogan: »Less power, but genauer«.
Auf die Behandlung übertragen heißt das, dass wir Therapeu­
ten mit weniger Kraftaufwand arbeiten können, der Patient
jedoch trotzdem funktionell in ganzheitlicher Körperspan-
nung arbeitet.
6.1 · PNF-Arm- und Bein-Patterns
67 6
6.1.1 PNF-Arm-Patterns im Sprinter und Skater (. Abb. 6.1)

PNF ARM PATTERNS im Sprinter und Skater


Flexion Flexion
Adduktion Abduktion
Außenrotation Außenrotation
Skapula Skapula
anteriore Elevation posteriore Elevation

SPRINTER SKATER

Extension Extension
Adduktion Abduktion
Innenrotation Innenrotation
Scapula Scapula
anteriore Depression posteriore Depression
..Abb. 6.1  Arm-Patterns im Sprinter und Skater
68 Kapitel 6 · Arm- und Bein-Patterns als Thrust- und Withdrawl-Patterns

6.1.2 PNF-Bein-Patterns im Sprinter und Skater (. Abb. 6.2)

PNF BEIN PATTERNS im Sprinter und Skater


Flexion Flexion
Adduktion Abduktion
Außenrotation Innenrotation
Pelvis Pelvis
anteriore Elvation posteriore Elvation
Fuß Fuß
6 Dorsalflexion + Supination Dorsalflexion + Pronation
Zehen in Bezug zur Zehen in Bezug zur
Körpermitte Körpermitte
Adduktion Abduktion

Mid Swing Initial Swing

SPRINTER SKATER

Extension Extension
Adduktion Abduktion
Außenrotation Innenrotation
Pelvis Pelvis
anteriore Depression posteriore Depression

Fuß Fuß
Plantarflexion + Supination Plantarflexion + Pronation

Zehen in Bezug zur Zehen in Bezug zur


Körpermitte Körpermitte
Adduktion Abduktion

Early Stance Mid Stance


..Abb. 6.2  Bein-Patterns im Sprinter und Skater
6.2 · Arm-Patterns: Thrust und Withdrawal als »Power«-Patterns
69 6
6.2 Arm-Patterns: Thrust und Withdrawal Gebe ich Widerstand an der Hand zum ulnaren Thrust
als »Power«-Patterns (Sprinter) und für den Arm in die Flexion-Adduktion-Außen-
rotation zum gestreckten Ellbogen, kann ich diese Bewe-
Diese Patterns bezeichne ich als sogenannte Power-Patterns. gung für extreme Hüftextension und für die Abrollphase im
Sie wurden von Maggie Knott zur stärkeren Kraftentwick- Terminal stance auf derselben Körperseite einsetzen.
lung genutzt. Dies wird erreicht, indem man in Ellbogen- Den radialen Thrust ordne ich dem Skater zu. Die Extension-
und Handgelenkstellung entgegen den klassischen Arm- Adduk­tion-Innenrotation des Schultergelenks wird zum »Gu-
Patterns arbeitet. ten-Tag-Pattern« mit Extension des Handgelenks und ge-
Power-Patterns finden sich hauptsächlich in den Sport- streckten Fingern.
arten wieder. Betrachtet man einen Sprinter beim Lauf, Dieses Patterns setze ich in Chopping ein, um am gegenüber-
so wird man als Folge der Flexion-Adduktion-Außenrota- liegenden Bein in der Phase des Initial contact die Fußheber
tion des Schultergelenks geöffnete Hände sehen. In der zu verstärken. Auch einzelne Fingerbewegungen lassen sich
Therapie entsteht dieses Öffnen, indem ich dem Patienten mit diesem Pattern gut trainieren. So kann ich innerhalb des
für die anteriore Elevation der Scapula und am medialen Skaters in Extension-Adduktion-Innenrotation des Schulter-
Epicondylus seines Armes für die Adduktionskomponente gelenks die Opposition des Daumens üben und im radialen
Widerstand gebe. Thrust die Reposition des Daumens bei gleicher Stellung im
Die Withdrawal-Patterns sehe ich in der Funktion im Schultergelenk. Genauer ist dies im Abschnitt »Patientenpro-
Sprinter als »Bogenschießen« und im Skater als »Wein­ bleme: Finger und Daumen« (7 Abschn. 19.5) beschrieben.
flasche öffnen«. Gegenüber den Thrust-Patterns setze ich Bei der Koordination des Skaters werden die Thrust- and
sie eher selten ein. Withdrawal-Patterns besonders deutlich:
55 Withdrawal-Pattern: Die Bewegung des Arms geht in die
Flexion-Abduktion-Außenrotation; dabei wird der Ellbo-
gen gestreckt und dreht mit leicht gebeugten Fingern
nach ulnar.
55 Thrust Pattern: Die Bewegung des Arms geht in die Ex-
tension-Adduktion-Innenrotation; dabei wird der Ellbo-
gen gebeugt und dreht mit Streckung im Handgelenk
und Fingern nach radial. Dies löst einen starken »Power-
Impuls« zum Skaten aus.
70 Kapitel 6 · Arm- und Bein-Patterns als Thrust- und Withdrawl-Patterns

6.2.1 Thrust-Patterns (. Abb. 6.3, . Abb. 6.4, . Abb. 6.5, . Abb. 6.6)

..Abb. 6.3 Thrust-Pattern: radialer Thrust


im Chopping

..Abb. 6.4 Thrust-Pattern: radialer Thrust


für Fußheber, Initial contact, Supination.
Add der großen Zehe (zur Körpermitte)
6.2 · Arm-Patterns: Thrust und Withdrawal als »Power«-Patterns
71 6
..Abb. 6.5 Thrust-Pattern: ulnarer Thrust:
­Seitenlage, Terminal stance, Ferse hebt ab,
­konzentrisch und exzentrisch für Tonuskontrolle
in dieser Phase

..Abb. 6.6  Thrust-Pattern: Stand über Eck: Chopping, radialer


­Thrust für Verstärkung der Fußheber, Initial contact
73 7

PNF-Kopf-Patterns
Britta Dietz

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B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_7
74 Kapitel 7 · PNF-Kopf-Patterns

Maggie Knott hat schon sehr früh die Bedeutung der Kopf­ 55 Im Sprinter und Skater werden die Kopf-Patterns über die
stellung für die Qualität eines Bewegungsablaufs erkannt. Gesamtkoordination initiiert und bleiben so im physio­
Daher begann sie häufig, die Bewegungsbahnung zunächst logischen Bewegungsausmaß. Durch Widerstände am
über den Kopf einzuleiten. So war ich nicht verwundert, Occiput, bzw. an der lateralen Stirnseite lässt sich dabei
als ich bei meinem Aufenthalt in Vallejo eine Notiz von jede gewünschte Bewegungsrichtung verstärken.
Maggie vorfand: »Mr. B. hat sich eine Knöchelfraktur zu­ 55 Bei der Behandlung im Sprinter und Skater ist die physio-
gezogen. Beginne die Behandlung mit dem Kopf.« logische Kopfstellung vorgegeben und muss in jede
Als ich den Sichtbefund von Mr. B. erstellte, war deut­ Übung einbezogen werden.
lich zu erkennen, dass sich durch die wochenlange Schon­ 55 Mittels der Techniken Stabilisierende Umkehr und Rhyth-
haltung infolge der Fraktur die Kopfachse gegenüber der mische Stabilisation wird die Kopfkontrolle und Kopfsta-
Körperachse verschoben hatte – der Kopf war aus dem Lot bilität erarbeitet. Ist dieses Ziel erreicht, erfolgt der Über-
geraten. gang zur Mobilität, z. B. im Drehen oder durch Chopping.
Der physiologischen Kopfhaltung kommt eine moto­
rische Steuerungsfunktion zu, sodass es gravierende Aus­
wirkungen auf Haltung und Bewegung hat, wenn sie außer­
7 halb der Körperachse ist.

PNF-Kopf-Patterns mit Bezug zum Sprinter und Skater


(. Abb. 7.1)
Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Mid stance. Das Pat-
tern entspricht dem Sprinter.
Extension-Lateralflexion und Rotation zu Initial swing. Das
Pattern entspricht dem Skater.

Der Bewegungsausschlag der Kopf-Patterns umfasst den


gesamten Bewegungsbereich der Halswirbelsäule und
ist daher sehr groß. Da derartige Extrembewegungen des
Kopfes in physiologischen Bewegungsabläufen nicht vor­
kommen, ist es wichtig, die Bewegung über das von M
­ aggie
Knott geprägte Kommando »chin in« im physiologischen
Sinne zu begrenzen. Das heißt: Will man eine Bewegung
über den Kopf einleiten, wird dieser zunächst im ersten
und zweiten Kopfgelenk über das Kommando »chin in«
(»Kinn Richtung Brust«: Aktivierung der kurzen Nacken­
beuger bei verriegelten Kopfgelenken) positioniert. Da­
nach erfolgt der Auftrag zur Flexion oder Extension, ver­
bunden mit der entsprechenden Rotation. Dies aktiviert ..Abb. 7.1  PNF-Kopf-Patterns als Grafik
die kurzen Nackenbeuger und die langen Nackenstrecker.
Die richtige Rotation ergibt sich aus der Rotation der
­Beckenebene gegenüber der Schulterebene.
75 8

Aktivitätsebenen
für die Behandlung nach PNF
Britta Dietz

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B. Dietz, PNF in Lokomotion
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76 Kapitel 8 · Aktivitätsebenen für die Behandlung nach PNF

In den einzelnen Ebenen sind die Bewegungsrichtungen ting). In diesem Stadium wird im offenen System gearbei-
in Bezug zu einem Punctum fixum und einem Punctum tet. Punctum fixum ist der Rumpf oder für die doppelte
mobile definiert. Stützphase und Laufphase beide Beine.
Als drittes Stadium folgt die kontrollierte Mobilität
Die Reihenfolge der verschieden Aktivitätsebenen sind der im geschlossenen System am Standbein, Stützarm im Ein-
Behandlungssituation in PNF angepasst. Das bedeutet: Bevor beinstand oder in der doppelten Stützphase im Chopping:
Mobilität an den Extremitäten angewandt wird, muss ge- an beiden Stützarmen und Standbeinen. Das Punctum
währleistet sein, dass der Rumpf stabil gehalten werden ­fixum liegt in der Peripherie, der Rumpf bewegt sich zur
kann. Deshalb starte ich immer mit der Aktivitätsebene Peripherie.
­Sichern. Das vierte Stadium ist die Geschicklichkeit und um-
fasst alle vorherigen Stadien. Diese Fertigkeiten werden im
Das zweite Stadium ist die Mobilität an den Extremitäten Hausaufgabenprogramm ohne Hilfe des Therapeuten ge-
oder am Rumpf (Fixpunkt sind zwei stabile Beine in der übt (»hands off!«).
doppelten Stützphase: Chopping oder der Laufphase: Lif- Das veranschaulicht die . Tab. 8.1.

8
8 · Aktivitätsebenen für die Behandlung nach PNF
77 8

..Tab. 8.1  Aktivitätsebenen in der Behandlung nach PNF

① Sichern
Punctum fixum Punctum fixum

Rumpf Extremitäten

Extremitäten sind in der Peripherie fixiert

Statisch Muskelaktivität Statisch

② Anhängen (offene Kette)


Punctum fixum Punctum mobile

Rumpf (stabil) Extremitäten (bewegen sich)

Extremitäten bewegen sich

Statisch Muskelaktivität Konzentrisch, exzentrisch

③ Kontrollieren (geschlossene Kette)


Punctum fixum Punctum mobile

Extremitäten Rumpf

Extremitäten in der Peripherie fixiert

Statisch Muskelaktivität Konzentrisch, exzentrisch

④ Integrieren (»ich kann laufen«) – die ersten drei Stadien werden beherrscht
Punctum fixum Punctum mobile

Standbein, Rumpf Schwungbein, Arme, Rumpf

Extremitäten wechseln zwischen Fixation in der Peripherie und freier Bewegung

Statisch, konzentrisch Muskelaktivität Konzentrisch, exzentrisch


79 9

Techniken im PNF-Konzept
Britta Dietz

9.1 Stabilisierende Umkehr (stabilizing reversals) – »Rumpf«  – 82


9.1.1 Illustrationen  – 83

9.2 Rhythmische Stabilisation (rhythmic stabilization) –


»Nahe am Problem, nahe am Schmerz«  – 88

9.3 Rhythmische Stabilisation im Wechsel zwischen Sprinter


und Skater für Stützarm, Standbein, Rumpf und Kopf  – 88
9.3.1 Illustrationen  – 89

9.4 Replications (Ebenbilder, Kopien) –


»Schulung der Wahrnehmung«  – 93

9.5 Rhythmische Bewegungseinleitung (rhythmic initiation) –


»Von passiv nach aktiv«  – 93

9.6 Initial Stretch (»from beginning of range«) –


»Bewegungsstart«  – 93

9.7 Wiederholter Stretch auf dem B


­ ewegungsweg
(repeated stretch through range) – »Power«  – 94

9.8 Agonistische Umkehr (combination of isotonics)


»Konzentrisch-exzentrisch«  – 94

9.9 Dynamische Umkehr (dynamic reversal) – »Koordination«  – 94


9.9.1 Illustrationen  – 95

9.10 Anspannen-Loslassen (contract relax) – »Entspannung«  – 97

9.11 Halten – Loslassen (hold relax) – »Schmerz«  – 97

9.12 Betonter Drehpunkt (timing for ­emphasis) –


»Arbeitsplanung«  – 97

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_9
80 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

Alle Techniken, mit denen wir in der PNF arbeiten, habe ich Beide Techniken folgen einem festen Plan, z. B. Standbein
den Aktivitätsebenen zugeordnet (. Tab. 9.1 und 7 Kap. 8). rechts, und alle anderen Muster ordnen sich diesem Plan
Für jede Technik habe ich jeweils ein Schlagwort ausgesucht. ­unter (Schwungbein links, Stützarm links, Spielarm rechts
z. B. bei stabilisierender Umkehr das Schlagwort »Rumpf«. und Kopf ). Der Vorteil für den Therapeuten liegt darin, dass
er sich im Spiegelbild zum Patienten selber in die aufrechte
Alle agonistischen Techniken, welche in der Ausführung Haltung bahnt.
in einer Muskelkette bleiben, werden entweder im Sprinter Die dynamische Umkehr, die früher in einer Diagonale in die
oder im Skater angewandt und sind in den Aktivitäts­ Flexion und Extension ohne Rücksicht auf die Einwirkung der
ebenen Schwerkraft konzentrisch angewandt wurde, wende ich jetzt
44Anhängen und am Spielarm oder Spielbein an. Die Wechsel erfolgen zwi-
44kontrollieren schen Sprinter und Skater konzentrisch für mehr Stabilität
(über die längeren Hebel) am Rumpf, Stützarm oder Stand-
zu finden (. Tab. 9.1). bein. Auch bei dieser Technik kann der Therapeut eine auf-
rechte Haltung bewahren.
Die beiden Techniken stabilisierende Umkehr und rhythmi- Die beiden Entspannungstechniken, die früher im offenen
sche Stabilisation haben Stabilität zum Ziel. Deshalb wird System angewandt wurden (z. B. bei Patienten mit Poliomye-
das gesamte Muster des Sprinters im Wechsel mit dem ge- litis) habe ich ­insoweit verändert, dass ich die Bewegung in
samten Muster des Skaters angewandt. Diese Wechsel sind der Peripherie stoppe. Damit habe ich eine bessere Kontrolle
nicht mehr rein antagonistisch, und werden als Techniken, über die Gelenkstellung und berücksichtige komplizierte
die in 2 Richtungen (Sprinter/Skater) spannen, benannt. Der Operationen, wie sie heute an Gelenken (Hüfte, Knie, Schul-
9 Vorteil zur bisherigen Anwendung dieser Techniken liegt ter und Ellbogen) ausgeführt werden. Gleichzeitig gebe ich
jetzt darin, dass der Patient schon im Stadium der Stabilität meinen Patienten dadurch eine gewisse Sicherheit und Kon-
für den Gang vorbereitet wird und zwar in den gangspezifi- trolle über etwaigen Schmerz.
schen Musterkombinationen.
9 · T echniken im PNF-Konzept
81 9

..Tab. 9.1  Zuordnung der PNF-Techniken zu den verschiedenen Aktivitätsebenen

Vorbereitende Maßnahmen: Anspannen – Loslassen, Halten – Loslassen, Eistherapie, Atmen, Positiver Einstieg

Aktivitätsebenen Techniken Sprinter/Skater Beachte

① Sichern Stabilisierende Umkehr Hände wechseln,


kein Spannungsverlust

Rhythmische Stabilisation Hände bleiben nahe am


↯ Problem

② Anhängen Replications (Kopien am Funktionsende) Passiv – aktiv


Ziel: Stellung halten

Rhythmische Bewegungseinleitung Passiv – aktiv


Ziel: Bewegung

Initial Stretch Passiv – aktiv


Ziel: Start

Wiederholter Stretch Power

Agonistische Umkehr Funktion:


konzentrisch, exzentrisch

Dynamische Umkehr Koordination: konzentrisch

Anspannen – Loslassen Muskuläre Entspannung.


Halten – Loslassen Bewegung in der Peripherie
↯ gestoppt.

③ Kontrollieren Agonistische Umkehr Fixpunkt in der Peripherie

④ Integrieren Geschicklichkeit

(1., 2., 3., 4. Stadium)

⑤ Betonter Drehpunkt mit einer


Technik (Timing for Emphasis)

↯steht für Schmerz


82 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

9.1 Stabilisierende Umkehr jjDurchführung


(stabilizing reversals) – »Rumpf« Die Wechsel erfolgen ohne Spannungsverlust.
44Tempo und Widerstand passen sich an das Patienten­
jjDefinition problem an
Bei dieser Technik wird in zwei Richtungen gespannt: 44Kein Bewegungsausschlag
Es erfolgt der Wechsel zwischen Sprinter und Skater
rumpfnah (Scapula- und Becken-Patterns, anterior und jjBeachte
posterior im Zusammenspiel für die dreidimensionale 44Sauberer Griffwechsel, damit kein Spannungsverlust
Aufrichtung). Ein Bewegungsausschlag ist nicht erkennbar entsteht
(7 Abschn. 9.1.1) 44Rotation der Griffe!
44Die Hände wechseln nacheinander
jjZiel 44Die reziproken Widerstände ermöglichen die drei­
Die Stabilität des Rumpfes im Sprinter oder Skater ist ver­ dimensionale Aufrichtung für den Patienten und den
bunden mit Therapeuten
44intramuskulärer Koordination,
44Tonusregulierung,
44Erlernen einer neuen Ausgangsstellung,
44Haltungskontrolle.

9
9.1 · Stabilisierende Umkehr (stabilizing reversals) – »Rumpf«
83 9
9.1.1 Illustrationen (. Abb. 9.1, . Abb. 9.2, . Abb. 9.3, . Abb. 9.4, . Abb. 9.5, . Abb. 9.6,
. Abb. 9.7, . Abb. 9.8, . Abb. 9.9, . Abb. 9.10, . Abb. 9.11, . Abb. 9.12)

..Abb. 9.1  Stabilisierende Umkehr im Sprinter


und Skater. Sprinter: Standbein oben

..Abb. 9.2  Stabilisierende Umkehr im Sprinter


und Skater. Wechsel zu Skater: Standbein oben,
ohne Spannungsverlust
84 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

..Abb. 9.3  Stabilisierende Umkehr im Sprinter


und Skater. Sprinter: Spielbein oben

9 ..Abb. 9.4  Stabilisierende Umkehr im Sprinter


und Skater. Wechsel zu Skater: Spielbein oben,
ohne Spannungsverlust
9.1 · Stabilisierende Umkehr (stabilizing reversals) – »Rumpf«
85 9
..Abb. 9.5  Stabilisierende Umkehr im Sprinter
und Skater. Sprinter: Widerstand an den Sca­
pulae, dem Spielbein und dem Kopf im Wechsel
ohne Spannungsverlust

..Abb. 9.6  Stabilisierende Umkehr im Sprinter


und Skater. Skater: Widerstand an den Scapulae,
dem Spielbein und dem Kopf im Wechsel ohne
Spannungsverlust
86 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

..Abb. 9.7  Stabilisierende Umkehr im Sprinter und Skater. ..Abb. 9.8  Stabilisierende Umkehr im Sprinter und Skater. Sprinter
Sprinter

..Abb. 9.9  Stabilisierende Umkehr im Sprinter und Skater. Skater


9.1 · Stabilisierende Umkehr (stabilizing reversals) – »Rumpf«
87 9
..Abb. 9.10  Stabilisierende Umkehr im
­Sprinter

..Abb. 9.11  Stabilisierende Umkehr im


­Sprinter

..Abb. 9.12  Stabilisierende Umkehr im ­Skater


88 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

9.2 Rhythmische Stabilisation 9.3 Rhythmische Stabilisation im Wechsel


(rhythmic stabilization) – »Nahe am zwischen Sprinter und Skater für
Problem, nahe am Schmerz« Stützarm, Standbein, Rumpf und Kopf

jjDefinition Eigene Erfahrung


Bei dieser Technik wird in 2 Richtungen gespannt ohne »Eine Geschichte aus dem Leben«: Beim Aussteigen aus ei-
Bewegungsausschlag (Schmerztechnik!). Dabei kann der nem Ruderkahn legte ich mir eine schlimme Torsion im lin-
Wechsel zwischen Sprinter und Skater z. B. am Rumpf, ken Knie zu. Am nächsten Morgen konnte ich es nicht mehr
Stützarm (Scapula), Standbein (Becken, Knie, Fußgelenk) bewegen und es schmerzte höllisch. Natürlich griff ich auf
oder am Kopf erfolgen. Es wird in alle 3 Bewegungskom­ PNF zurück. Also humpelte ich ins Bad, hielt mich am Wasch-
ponenten des jeweiligen Patterns gespannt. tisch fest und stellte das Sprinter-Standbein links korrekt ein,
danach das Skater-Standbein (Wechsel zwischen Mid stance
jjZiel und Early stance). Nach einigen Minuten, ich konnte es zuerst
44Stabilität in der optimalen Gelenkachse, verbunden selbst kaum glauben, aber – mein Knie ließ sich wieder so-
mit intermuskulärer Koordination, weit bewegen, dass ich die Treppe hinunter gehen konnte.
44Tonusregulierung, Das nächste Problem waren die 400 m zum See. Jetzt half die
44optimale Durchblutung um das Gelenk, Rotation vom Chopping, also betont zu Initial contact bei
44dadurch bedingte Schmerzlinderung und darauf ­jedem Schritt drehen. Noch nie hatte ich einen Patienten so
­folgende Bewegungserweiterung. frisch nach einer Verletzung behandelt. Im Wasser bewegte
ich weiter. Tagsüber kühlte ich das Knie oft im See. Nach 14
9 jjDurchführung Tagen konnte ich schon wieder eine 200 km weite Radtour
44Beide Hände bleiben an Ort und Stelle und kon­ übers Wochenende mit meinem Sohn machen. Enzyme und
trollieren abwechselnd die Bewegungskomponenten. ­Arnika unterstützten die Therapie. Seitdem »verkaufe« ich
44Kein Bewegungsausschlag. die Rhythmische Stabilisation aus vollster Überzeugung
44Die Wechsel erfolgen ohne Spannungsverlust. (7 Abschn. 9.3.1).
44Tempo und Widerstand werden an das Patienten­
problem angepasst.

jjBeachte
44Die eigene Bodymechanik soll dem Patienten Sicher­
heit geben.
44Kein Spannungsverlust darf entstehen (Schmerz!).
44Die optimale Gelenkachse beachten!
9.3 · Rhythmische Stabilisation im Wechsel zwischen Sprinter und Skater für Stützarm, Standbein, Rumpf und Kopf
89 9
9.3.1 Illustrationen (. Abb. 9.13, . Abb. 9.14, . Abb. 9.15, . Abb. 9.16,
. Abb. 9.17, . Abb. 9.18, . Abb. 9.19, . Abb. 9.20, . Abb. 9.21, . Abb. 9.22,
. Abb. 9.23, . Abb. 9.24, . Abb. 9.25, . Abb. 9.26, . Abb. 9.27))

..Abb. 9.13  Rhythmische Stabilisation. Sprinter ..Abb. 9.14  Rhythmische Stabilisation. Patient spannt
in Extension-Abduktion-Innenrotation

..Abb. 9.15  Rhythmische Stabilisation. Wechsel ..Abb. 9.16  Rhythmische Stabilisation. Patient spannt
zu Skater in Extension-Adduktion-Außenrotation
90 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

..Abb. 9.18  Rhythmische Stabilisation. Halbkantensitz für Standbein,


­Sprinter: Extension-Abduktion-Innenrotation

..Abb. 9.17  Rhythmische Stabilisation. Sprinter

..Abb. 9.19  Rhythmische Stabilisation. Wechsel zu Skater: Extension-


Adduktion-Außenrotation
9.3 · Rhythmische Stabilisation im Wechsel zwischen Sprinter und Skater für Stützarm, Standbein, Rumpf und Kopf
91 9

..Abb. 9.20  Rhythmische Stabilisation. Halbkantensitz für ..Abb. 9.21  Rhythmische Stabilisation. Wechsel zu Skater:
Becken, Sprinter: posteriore Depression anteriore Depression.

..Abb. 9.22  Rhythmische Stabilisation. Sprinter: posteriore ..Abb. 9.23  Rhythmische Stabilisation. Wechsel zu Skater:
Depression für Scapula im Sitz anteriore Depression im Sitz
92 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

..Abb. 9.24  Rhythmische Stabilisation. Sprinter: posteriore ..Abb. 9.25  Rhythmische Stabilisation. Wechsel zu Skater:
Depression anteriore Depression

..Abb. 9.26  Rhythmische Stabilisation. Sprinter: Hausauf- ..Abb. 9.27  Rhythmische Stabilisation. Umdrehen und
gabe mit Theraband Skater: Hausaufgabe mit Theraband. Kopf: siehe Patienten-
probleme Halswirbelsäule
9.6 · Initial Stretch (»from beginning of range«) – »Bewegungsstart«
93 9
9.4 Replications (Ebenbilder, Kopien) – jjDurchführung, auf die Definition bezogen
»Schulung der Wahrnehmung« Der Therapeut gibt einen Bewegungsrhythmus vor, der
durch alle Phasen beibehalten wird.
jjDefinition 1. Passiv: Führen des Patienten durch den gesamten
Agonistische Technik, bei der das Wiederfinden einer ­verfügbaren Bewegungsweg.
­zuvor wahrgenommenen Gelenkstellung oder Position er­ 2. Assistiv: »Hilf mir ein bisschen«.
folgen soll. Passiv eine Position einstellen und dann über 3. Resistiv: Der Therapeut gibt zunehmend Widerstand.
die Bahnung diese Stellung halten lassen. 4. Selbständig: Der Patient führt die Bewegung alleine aus.

jjZiel jjBeachte
Selbständiges Wiederfinden und Halten einer Position. 44Diese Technik erfolgt nur in einer Richtung
(­agonistisch).
jjDurchführung 44Griffe wechseln beim Übergang von der passiven
44Aktives oder passives Positionieren des Patienten ­Bewegung zur aktiven.
in der gewünschten Stellung. 44Nicht zu schnell!
44Halten dieser Position gegen Widerstand.
44Mit Hilfe der Bahnung indirekt.
44Nach der Entspannung wird der Patient aus dieser 9.6 Initial Stretch (»from beginning
Stellung herausgeführt und soll diese dann selb­ of range«) – »Bewegungsstart«
ständig wiederfinden. Nach jeder Wiederholung kann
der passive Rückweg vergrößert werden. jjDefinition
Agonistische Technik, bei der wiederholt Dehnreize auf
jjBeachte vorgedehnte Muskulatur am Anfang der Bewegungsbahn
Den Widerstand gut anpassen, sodass die Bahnung erfol­ gegeben werden.
gen kann.
jjZiel
44Fazilitation des Bewegungsstartes
9.5 Rhythmische Bewegungseinleitung 44Rekrutierung motorischer Einheiten am Anfang der
(rhythmic initiation) – Bewegung
»Von passiv nach aktiv«
jjDurchführung
jjDefinition 44Passive Vordehnung aller Bewegungskomponenten.
Agonistische Technik, in der eine rhythmische Bewegung 44Danach folgt ein zusätzlicher kurzer Dehnreiz mit
durch den gesamten verfügbaren Bewegungsweg in vier Bewegungsauftrag.
Phasen durchgeführt wird: 44Der Reizantwort folgt sofort adäquater Widerstand
1. passiv, mit entsprechender Bewegung, solange die muskuläre
2. assistiv, Reaktion spürbar ist.
3. resistiv, 44Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt.
4. selbständig.
jjBeachte
jjZiel 44Nicht zu schnell arbeiten.
44Erlernen und Automatisieren einer Bewegung 44Der muskulären Antwort sofort Widerstand geben,
44Tonusregulierung damit kein »Loch« entsteht.
44Verbesserung der intermuskulären Koordination
44Regulierung des Bewegungstempos
44Bewegungserweiterung
94 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

9.7 Wiederholter Stretch auf dem jjDurchführung


­Bewegungsweg (repeated stretch 44Alle drei muskulären Kontraktionsarten werden
through range) – »Power« ohne zwischenzeitlichen Spannungsverlust beliebig
kombiniert.
jjDefinition 44Die Technik kann in allen Abschnitten der Bewe­
Agonistische Technik, bei der wiederholt kurze Dehnreize gungsbahn erfolgen.
auf sich kontrahierende Muskulatur während des Bewe­ 44Der Wechsel der Kontraktionsformen erfolgt ohne
gungsweges gegeben wird. Griffwechsel.

jjZiel jjBeachte
44Rekrutierung möglichst vieler motorischer Einheiten 44Start mit der Konzentrik.
auf dem gesamten Bewegungsweg 44Bei zu viel Exzentrik entsteht Sauerstoffmangel in der
44Fazilitation des Bewegungsweges Muskulatur (Muskelkater).
44Ermüdung der Muskulatur umgehen

jjDurchführung 9.9 Dynamische Umkehr


44Aktives Bewegen in dem gewünschten Pattern, (dynamic reversal) – »Koordination«
ggf. beginnend mit Initial Stretch.
44Bei spürbarem Nachlassen der Kontraktionsfähigkeit jjDefinition
wird ein Restretch für alle Bewegungskomponenten Bei dieser Technik wird in zwei Richtungen gespannt.
9 auf der Bewegungsbahn des Patterns gegeben. Gleich­ ­Dabei erfolgt der Wechsel zwischen den beiden Spiel­
zeitig erfolgt der Bewegungsauftrag. armen (Sprinter: Flexion-Adduktion-Außenrotation und
44Der Reizantwort folgt sofort adäquater Widerstand. Skater: Flexion-Abduktion-Außenrotation) oder den bei­
44Dieser Vorgang wird wiederholt, solange eine den Spielbeinen (Mid swing: Flexion-Adduktion-
­Zunahme der Kontraktionsfähigkeit spürbar ist Außenrota­tion und Initial swing: Flexion-Abduktion-
Innenrotation) für Stabilität am Rumpf, Stützarm, Stand­
jjBeachte bein oder Kopf. Der Bewegungsausschlag ist deutlich zu
44Der Dehnreiz darf nicht die Kontinuität der ziel­ sehen (7 Abschn. 9.9.1).
gerichteten Aktivität unterbrechen.
44Die Intention des Patienten bleibt eine konzentrische jjZiel
Bewegung. 44Koordination
44Es darf kein »Loch« entstehen. 44Stabilität, verbunden mit intermuskulärer Stabilisation
am Rumpf, Stützarm, Standbein, Kopf
44Tonusregulierung
9.8 Agonistische Umkehr (combination of
isotonics) »Konzentrisch-exzentrisch« jjDurchführung
44Die Wechsel erfolgen ohne Spannungsverlust konzen­
jjDefinition trisch.
Agonistische Technik, bei der die Muskelkontraktions­ 44Tempo und Widerstand lassen sich an das Patienten­
arten der dynamisch-konzentrischen und statischen An­ problem anpassen.
spannungsformen kombiniert werden. 44Der Bewegungsausschlag ist deutlich zu sehen.

jjZiel jjBeachte
44Funktionelles Training 44Sauberer Griffwechsel, damit kein Spannungsverlust
44Kräftigung entsteht.
44Verbesserung der intramuskulären Koordination 44Vorsicht vor zu langen Hebeln!
9.9 · Dynamische Umkehr (dynamic reversal) – »Koordination«
95 9
9.9.1 Illustrationen (. Abb. 9.28, . Abb. 9.29, . Abb. 9.30, . Abb. 9.31,
. Abb. 9.32, . Abb. 9.33)

..Abb. 9.28  Dynamische Umkehr. Sprinter ..Abb. 9.29  Dynamische Umkehr. Sprinter

..Abb. 9.30  Dynamische Umkehr. Wechsel zu Skater ..Abb. 9.31  Dynamische Umkehr. Skater
ohne Spannungsverlust im Rumpf
96 Kapitel 9 · Techniken im PNF-Konzept

..Abb. 9.32  Dynamische Umkehr. ­Sprinter

..Abb. 9.33  Dynamische Umkehr. Wechsel zu


Skater
9
9.12 · Betonter Drehpunkt (timing for ­emphasis) – »Arbeitsplanung«
97 9
9.10 Anspannen-Loslassen (contract relax) jjDurchführung
– »Entspannung« 44Endstellung aktiv oder passiv erreichen.
44Langsam eine isometrische Kontraktion aufbauen
jjDefinition (Schmerz) in die verkürzte Muskulatur (5 s).
44Agonistische Technik. 44Danach entspannen und weiter an die neue Bewe­
44Isotonische Muskelkontraktion der verkürzten gungsgrenze aktiv oder passiv gehen.
­Muskulatur mit anschließender, bewusster Entspan­
nungsphase. jjBeachte
44Dreidimensional im Pattern, besonders auf Rotation 44Diese Technik wird bei Schmerzzuständen ange­
achten. wandt, deshalb der langsam an- und abschwellende
44Bewegung in der Peripherie stoppen, um dem Widerstand.
­Patienten Sicherheit zu geben. 44Mit dieser Technik werden die Antagonisten
­besonders geschult.
jjZiel 44Ebenfalls wie bei Anspannen – Loslassen empfiehlt
Vergrößerung des Bewegungsausschlages einer muskulär es sich, die Bewegung in der Peripherie zu stoppen.
bedingten Kontraktur

jjDurchführung 9.12 Betonter Drehpunkt (timing for


44Endstellung aktiv oder passiv erreichen. ­emphasis) – »Arbeitsplanung«
44Anspannen in die verkürzte Muskulatur, mindestens
5 s. jjDefinition
44Danach entspannen und weiter an die neue 44Betonte Muskelaktivität um einen bestimmten
­Bewegungsgrenze aktiv oder passiv ziehen lassen. ­Drehpunkt.
44Es bewährt sich, die Bewegung in der Peripherie 44Benutze Sprinter und Skater und arbeite am betrof­
zu stoppen. fenen Drehpunkt mit einer PNF-Technik.

jjZiel
9.11 Halten – Loslassen (hold relax) – Kräftigung und Mobilisation einer bestimmen Teilbewe­
»Schmerz« gung innerhalb des Sprinter oder Skater.

jjDefinition jjDurchführung
44Agonistische Technik. Innerhalb eines ausgewählten Bewegungsmusters (Sprinter
44Isometrische Muskelkontraktion (langsam an- und oder Skater) wird die Aktivität um einen zu kräftigenden
abschwellender Widerstand) der verkürzten Musku­ Drehpunkt unter Beibehaltung der Muskelspannung
latur mit anschließender Entspannungsphase. ­gestoppt und mit wiederholten Kontraktionen hervor­
44Dreidimensional im Pattern, besonders die Rotation gehoben, z. B. Dorsalflexion am Fuß.
beachten.
44Bewegung in der Peripherie stoppen. jjBeachte
Diese Technik ist mit der Arbeitsplanung (s. 7 Kap. 18) ver­
jjZiel gleichbar und verlangt nach einer 2. Technik zur Ausfüh­
Vergrößerung des Bewegungsausschlages einer muskulär rung des gesamten Patterns (z. B. Agonistische Umkehr).
bedingten, schmerzhaften Kontraktur.
99 10

Der aufrechte Gang –


Gangphasen im Bild
Britta Dietz

10.1 Der aufrechte Gang gegen ­Widerstand in PNF


(resisted gait)  – 100

10.2 Gangphasen im Sprinter/Skater  – 101

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_10
100 Kapitel 10 · Der aufrechte Gang – Gangphasen im Bild

10.1 Der aufrechte Gang gegen Das Sprinter-/Skaterkonzept analysiert jede einzelne Gang-
­Widerstand in PNF (resisted gait) phase und bezieht sich auf »links« und »rechts« als eine
Gangeinheit (7 Abschn. 10.2). Somit gibt es 3 konzentrische
Die Gangschulung am Patienten gegen Widerstand am »Beschleunigen«- und 2 exzentrische »Bremsen«-Gangein-
­Becken oder Schultergürtel ausführen zu lassen, spielte heiten, die sich in der Konzentrik und Exzentrik abwechseln.
in Vallejo eine sehr große Rolle. Diese Therapieeinheit Auf diese Weise wird die gleichbleibende Geschwindigkeit
­dauerte 30 min und fand für jeden Patienten täglich min- des Ganges sichergestellt.
destens einmal statt. Um dem Patienten mehr Sicherheit Heute benutze ich nur für einzelne Schrittphasen ein Gelän-
zu verleihen, wurde hauptsächlich im Barren geübt, das der, aber sobald mehr Schritte aufeinander folgen, lasse ich
freie Gehen sollte der Patient im Anschluß an die Therapie beide Arme des ­Patienten auf meine Schultern legen. Der
alleine ausführen. Im Barren zog sich der Patient über Stützarm auf der Spielbeinseite stützt auf meine Schulter, der
die Arme (symmetrisch), der Therapeut gab am Becken Spielarm auf der Standbeinseite drückt gegen meine Schul-
Widerstand. Da nur konzentrisch geübt wurde, war diese ter. Dies lässt sich sehr gut kontrollieren. Meine Hände sind
Übung mit sehr viel Kraftaufwand des Therapeuten ver- frei, um am Standbein Approximation zu geben und am Spiel-
bunden. Es wurde damals Approximation am Standbein bein anteriore Elevation zu initieren. Der große Unterschied
gegeben. Das Schwungbein bekam keine deutliche Infor- zu damals liegt heute im Wechsel zwischen der konzentri-
mation für anteriore Elevation. Am Becken und wurde oft schen Phase (Mid stance und Mid swing) und der exzentri-
mit Lateralflexion nach vorne durchgezogen. Trotzdem schen Phase, des Terminal stance und Terminal swing.
war diese Information, über das Becken den Gang einzu- Man kann diese Gangfolge nur im Sprinter gehen oder später
leiten, schon sehr fortschrittlich und brachte deutlich eine für den Patienten Teile aus dem Skater oder der doppelten
Verbesserung des jeweiligen Gangbildes. Stützphase dazu nehmen.
Jede Gangphase sehe ich als Paar (siehe Ganganalyse, 7 Kap.
10 11) und übe diese immer mit allen Mustern (an Rumpf, Arm,
Bein und Kopf ), die entweder im Sprinter oder Skater allein
oder im Chopping, der doppelten Stützphase oder Lifting,
der Laufphase, dazu gehören.
In den aufrechten Gang können alle Patientenprobleme ein-
geordnet werden und so ganz gezielt in jeder Gangeinheit
beübt und korrigiert werden (7 Kap. 19).
10.2 · Gangphasen im Sprinter/Skater
101 10
10.2 Gangphasen im Sprinter/Skater (. Abb. 10.1, . Abb. 10.2, . Abb. 10.3,
. Abb. 10.4, . Abb. 10.5, . Abb. 10.6)

..Abb. 10.1  Gangphasen im Sprinter/Skater. Mid swing: ..Abb. 10.2  Gangphasen im Sprinter/Skater. Terminal
Beschleunigen, Mid stance: Beschleunigen ­swing: Bremsen, Terminal stance: Bremsen

..Abb. 10.3  Gangphasen im Sprinter/Skater. Initial contact: ..Abb. 10.4  Gangphasen im Sprinter/Skater. Loading
Beschleunigen, Terminal stance (Ferse ab): Beschleunigen ­response: Bremsen, Preswing: Bremsen
102 Kapitel 10 · Der aufrechte Gang – Gangphasen im Bild

10
..Abb. 10.5  Gangphasen im Sprinter/Skater. Early stance: ..Abb. 10.6  Gangphasen im Sprinter/Skater. Mid stance:
Beschleunigen, Initial swing: Beschleunigen Beschleunigen, Mid swing: Beschleunigen
103 11

Ganganalyse in der PNF,


­gesehen in der Sprinter-/
Skater-Koordination
in der Fortbewegung
Britta Dietz

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_11
104 Kapitel 11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung

Bezugnehmend auf die Gangphasen in 7 Kap. 10 folgt hier der detaillierte Ablauf jeder einzelnen Gangphase.

Mid stance/Sprinter (. Abb. 11.1)

11
..Abb. 11.1a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-
a
den PNF-Patterns. a Mid stance; b Mid swing

PNF-Patterns zu Mid stance

Bein Extension-Abduktion-Innenrotation
Becken Posteriore Depression
Tuber Unten-hinten-außen
Gleiche Seite Arm Flexion-Adduktion-Außenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Anteriore Elevation, nach außen-oben-vorn
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Mid stance

Aktivitätsebene 1. Kontrollieren 2. Stopp: Sichern


Muskelaktivität 1. Beschleunigen-konzentrisch, 2. Statisch
Techniken, Grundprinzipien 1. Agonistische Umkehr (konzentrisch)
2. Stabilisierende Umkehr (Rumpf)
Rhythmische Stabilisation (nahe am Problem)
Approximation
Patientenprobleme 44Posteriore Depression des Beckens
44Lateralflexion der LWS
44Genu recurvatum, Knieextension
44Instabiles Fußgelenk
44Pronation des Fußes (Großer Zehenkontakt)
11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung
105 11
Mid swing/Sprinter (. Abb. 11.2)

..Abb. 11.2a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


a
den PNF-Patterns. a Mid swing; b Mid stance

PNF-Patterns zu Mid swing

Bein Flexion-Adduktion-Außenrotation
Becken Anteriore Elevation
Tuber Vorne-oben-innen
Gleiche Seite Arm Extension-Abduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Posteriore Depression nach unten-hinten-innen
Gleiche Seite Kopf Flexion, Lateralflexion und Rotation zu Mid stance

Aktivitätsebene Anhängen
Muskelaktivität Beschleunigen
Techniken 44Rhythmische Bewegungseinleitung (Bewegung)
44Initial Stretch (Bewegungsstart)
44Wiederholter Stretch (Power)
44Replications (Wahrnehmung)
44Agonistische Umkehr (konzentrisch)
44Dynamische Umkehr (für Sichern des Standbeins)
Patientenprobleme 44Bauchspannung! Schräge Bauchmuskeln!
44Lateralflexion der LWS
44Lordose der LWS
44Hüftflexion
44Circumduction
44Posteriore Depression auf gleicher Seite Scapula
44Fußheber und Supination
106 Kapitel 11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung

Terminal stance (Ferse unten) Sprinter (. Abb. 11.3)

..Abb. 11.3a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


11 a
den PNF-Patterns. a Terminal stance; b Terminal swing

PNF-Patterns zu Terminal stance

Bein Extension-Abduktion-Innenrotation
Becken Posteriore Depression
Tuber Unten-hinten-außen
Gleiche Seite Arm Flexion-Adduktion-Außenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Anteriore Elevation nach außen-oben-vorn
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Terminal stance

Aktivitätsebene Kontrollieren
Muskelaktivität Bremsen
Techniken Agonistische Umkehr (exzentrisch)
Patientenprobleme 44Exzentrik der Rumpfmuskeln (schräge)
44Hüft-, Knie- und Sprunggelenkskontrolle
(große Schritte, Treppe)
11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung
107 11
Terminal swing/Sprinter (. Abb. 11.4)

..Abb. 11.4a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


a
den PNF-Patterns. a Terminal swing; b Terminal stance

PNF-Patterns zu Terminal swing

Bein Flexion-Adduktion-Außenrotation
Becken Anteriore Elevation
Tuber Vorne-oben-innen
Gleiche Seite Arm Extension-Abduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Posteriore Depression nach unten-hinten-innen
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Mid stance

Aktivitätsebene Anhängen
Muskelaktivität Bremsen
Techniken Agonistische Umkehr (exzentrisch)
Patientenprobleme Exzentrik der Rumpfmuskulatur (schräge)
108 Kapitel 11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung

Terminal stance (Ferse abgehoben) Sprinter chopping (. Abb. 11.5)

..Abb. 11.5a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


11 a
den PNF-Patterns. a Terminal stance; b Initial contact

PNF-Patterns zu Terminal stance

Bein Extension-Abduktion-Innenrotation
Becken Posteriore Depression
Tuber Unten-hinten-außen
Gleiche Seite Arm Extension-Adduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Anteriore Depression nach unten-innen-vorne
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Initial contact
Aktivitätsebene 1. Bein: Sichern
2. Rumpf: Anhängen
3. Fuß: Kontrollieren
4. Kopf: Anhängen
Muskelaktivität Beschleunigen
Techniken 1. Bein: Stabilisierende Umkehr (Rumpf)
Rhythmische Stabilisation (Rumpf, Schultern)
2. Rumpf Initial Stretch (Bewegungsstart)
Wiederholter Stretch (Power)
Agonistische Umkehr
3. Fuß: Agonistische Umkehr
4. Kopf: Agonistische Umkehr
Patientenprobleme 1. Bein:
Hüftextension
Knieextension
2. Rumpf:
Rumpfrotation
3. Fuß:
Instabiles Sprunggelenk, Abrollen über den großen Zeh
4. Kopf:
Kurze Nackenbeuger
11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung
109 11
Initial contact/Skater chopping (. Abb. 11.6)

..Abb. 11.6a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


a
den PNF-Patterns. a Initial contact; b Terminal stance

PNF-Patterns zu Initial contact

Bein Extension-Adduktion-Außenrotation
Becken Anteriore Depression
Tuber Vorne-unten-innen
Gleiche Seite Arm Extension-Abduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Posteriore Depression nach unten-hinten-innen
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Initial contact

Aktivitätsebene 1. Bein: Sichern


2. Rumpf: Anhängen
3 Fuß: Anhängen
4. Kopf: Anhängen
Muskelaktivität Beschleunigen
Techniken 1. Bein: Stabilisierende Umkehr (Beckenstabilität)
Rhythmische Stabilisation (Rumpf)
2. Rumpf:
Initial stretch (Bewegungsstart)
Wiederholter Stretch (Power)
Agonistische Umkehr
3. Fuß: Agonistische Umkehr
4. Kopf: Agonistische Umkehr
Patientenprobleme 1. Bein: Tuberkontrolle, Genu recurvatum
2. Rumpf: Rumpfrotation
3. Fuß: Fußheber in Supination
4. Kopf: Kurze Nackenbeuger
110 Kapitel 11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung

Pre-swing/Sprinter chopping (. Abb. 11.7)

..Abb. 11.7a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


11 a
den PNF-Patterns. a Pre-swing; b Loading response

PNF-Patterns zu Pre-swing

Bein Extension-Abduktion-Innenrotation
Becken Posteriore Depression
Tuber Unten-hinten-außen
Gleiche Seite Arm Extension-Adduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Anteriore Depression nach unten-innen-vorne
Gleiche Seite Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Loading response

Aktivitätsebene 1. Bein: Kontrollieren


2. Rumpf: Anhängen
3. Fuß: Kontrollieren
4. Kopf: Anhängen
Muskelaktivität Bremsen
Techniken Agonistische Umkehr
Patientenprobleme Exzentrik
11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung
111 11
Loading response (Dämpfung) Skater chopping (. Abb. 11.8)

..Abb. 11.8a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


a
den PNF-Patterns. a Loading response; b Pre-swing

PNF-Patterns zu Loading response

Bein Extension-Adduktion-Außenrotation
Becken Anteriore Depression
Tuber Unten-innen-vorne
Gleiche Seite Arm Extension-Abduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Angulus inferior Posteriore Depression nach unten-hinten-innen
Kopf Flexion-Lateralflexion und Rotation zu Loading response

Aktivitätsebene 44Kontrollieren: Knie (geschlossene Kette)


44Anhängen: Fußgelenk (offene Kette)
Muskelaktivität Bremsen
Techniken Agonistische Umkehr
Patientenprobleme Exzentrik im Knie und Fußgelenk
Kontrollieren: Schulter und Ellbogen im Vierfüßlerstand
112 Kapitel 11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung

Initial swing/Skater (. Abb. 11.9)

..Abb. 11.9a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


11 a
den PNF-Patterns. a Initial swing; b Early stance

PNF-Patterns zu Abbildung Initial swing

Bein Flexion-Abduktion-Innenrotation
Becken Posteriore Elevation
Tuber Oben-außen-hinten
Gleiche Seite Arm Extension-Adduktion-Innenrotation
Gleiche Seite Scapula, Anteriore Depression,
Angulus inferior nach unten-vorne-innen
Gleiche Seite Kopf Extension-Lateralflexion und Rotation zu Initial swing

Aktivitätsebene Anhängen
Muskelaktivität Beschleunigen
Techniken 44Rhythmische Bewegungseinleitung (Bewegung)
44Initial stretch (Bewegungsstart)
44Wiederholter Stretch (Power)
44Dynamische Umkehr (für Stabilität im Standbein)
44Agonistische Umkehr (konzentrisch vorwärts, e­ xzentrisch
rückwärts)
44Anspannen-Halten-Loslassen (Quadratus lumborum)
Patientenprobleme 44Quadratus lumborum: Arbeit ohne Lateralflexion in der LWS
44Stabilität von Early stance auf der Gegenseite
44Fußheber mit Pronation
11 · Ganganalyse in der PNF, ­gesehen in der Sprinter-/Skater-Koordination in der Fortbewegung
113 11
Early stance/Skater (. Abb. 11.10)

..Abb. 11.10a,b  Gegenüberstellung von Gangphasen mit korrespondieren-


a
den PNF-Patterns. a Early stance; b Initial swing

PNF-Patterns zu Early stance

Bein Extension-Adduktion-Außenrotation
Becken Anteriore Depression
Tuber Unten-innen-vorne
Gleiche Seite Arm Flexion-Abduktion-Außenrotation
Gleiche Seite Scapula, Posteriore Elevation,
Angulus inferior oben-außen-hinten
Gleiche Seite Kopf Extension, Lateralflexion und Rotation zu Initial swing

Aktivitätsebene Kontrollieren, Sichern


Muskelaktivität Beschleunigen
Techniken 44Stabilisierende Umkehr (Rumpf)
44Rhythmische Stabilisation (nahe am Problem)
Patientenprobleme 44Anteriore Depression: des Beckens
44Adduktion im Bein und Außenrotation
44Außenkante des Fußes wird nicht belastet
44Adduktion des großen Zehs zur Körpermitte
115 12

Gangschule nach PNF


gegen Widerstand
Britta Dietz

12.1 Gehen gegen Widerstand (»resisted gait«) in den Gangphasen


im Sprinter  – 116

12.2 Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen


im Sprinter – (rechtes und linkes Bein im Wechsel)  – 117

12.3 Schrittfolge im Sprinter  – 121

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_12
116 Kapitel 12 · Gangschule nach PNF gegen Widerstand

Maggie Knott: »We learn better when there is a demand Der Patient arbeitete nur konzentrisch und zog sich mit
placed on us« (Wir lernen besser, wenn wir eine Aufgabe den Armen nach vorne. Ich kann mich noch gut an ein
gestellt bekommen). Deshalb wurde dem Patienten wäh- Video erinnern, bei dem der Patient danach außerhalb des
rend des Gehens Widerstand gegeben. Da der Gangablauf Barrens im Passgang lief. Auch unser Widerstand am
aber relativ instabil ist, wurde in Vallejo die Gangschule ­Becken war ungenau, und teilweise ließen wir unsere
hauptsächlich im Barren ausgeübt. Der Patient hielt sich ­Hände am Beckenkamm liegen (das war die Stellung für
am Barren fest, bekam damit Sicherheit und konnte mehr die Approximation für das Standbein) und provozierten
Muskelkraft entwickeln. Für uns Therapeuten war das oft damit Lateralflexion in der LWS.
ein harter Kampf. Wir gaben Widerstand am Becken Heute benütze ich die reinen Sprinter-Gangphasen
(­Philosophie: Ein stabiler Rumpf kontrolliert den Gang!). (. Abb. 12.1, . Abb. 12.2, . Abb. 12.3):

12.1 Gehen gegen Widerstand (»resisted gait«) in den Gangphasen im Sprinter

PNF
Gang gegen Widerstand (resisted gait) im Sprinter

Mid stance Approximation (auf Beckenkamm) Mid stance

Mid stance Mid swing


konzentrisch. konzentrisch
Hand auf Beckenkamm Hand auf ant.
Approximation Elevation

12 Technik: initial stretch


Agonistische Umkehr (konz)

Terminal stance Terminal swing

Beide Hände vorne wie bei ant. Elev.


exzentrisch Bewegung nach vorne exzentrisch

Technik: Agonistische Umkehr (exz)

Mid stance
Konzentrisch
Approximation

Mid swing
Konzentrisch
Hand auf ant. Elevation
Technik : initial stretch

..Abb. 12.1  Gehen gegen Widerstand in den Gangphasen im Sinne des Sprinter
12.2 · Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen im Sprinter – (rechtes und linkes Bein im Wechsel)
117 12
12.2 Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen im Sprinter –
(rechtes und linkes Bein im Wechsel)

a b

..Abb. 12.2a  rechts: Mid stance Arm des Patienten in Flex, Add AR ..Abb. 12.2b  links: Vorbereitung für Mid swing (Vordehnen der
am Therapeuten Approximation auf Mid stance; schrägen Bauchmuskeln) linker Arm des Patienten auf Schulter des
Therapeuten in Ext, Abd, IR;
118 Kapitel 12 · Gangschule nach PNF gegen Widerstand

12 c d

..Abb. 12.2c  rechts: Mid stance-Approximation auf den Becken- ..Abb. 12.2d  links: Mid swing Becken ant. Elevation, Technik Initial
kamm Richtung Ferse, Beschleunigen, links: rechter Arm des Patien­ Stretch, Beschleunigen, rechts: linker Arm des Patienten in Ext, Abd, IR;
ten in Flex, Add, AR;
12.2 · Gehen gegen Widerstand nach PNF in den Gangphasen im Sprinter – (rechtes und linkes Bein im Wechsel)
119 12

e f

..Abb. 12.2e  Terminal stance beide Hände des Therapeuten auf ant. ..Abb. 12.2f  links Terminal swing; Exzentrik, Bremsen;
Elevation am Becken Exzentrik; Bremsen, »Bleib an meinen Händen«,
»Komm kontrolliert nach vorne«;
120 Kapitel 12 · Gangschule nach PNF gegen Widerstand

12 g h

..Abb. 12.2g  rechts: Vorbereitung für Mid swing; ..Abb. 12.2h  links Mid stance, Approximation Hände des Patienten
wechseln
12.3 · Schrittfolge im Sprinter
121 12
12.3 Schrittfolge im Sprinter

Die Hände des Patienten liegen auf der Schulter des The-
rapeuten abwechselnd im Stütz (Extension-Abduktion-
Innenrotation für gleichseitigen Mid swing oder Flexion-
Adduktion-Außenrotation für gleichseitigen Mid stance)

a
..Abb. 12.3a Approximation;

b c

..Abb. 12.3b  Mid swing rechts, Mid stance links; ..Abb. 12.3c  Mid swing rechts, ­Approximation links;
122 Kapitel 12 · Gangschule nach PNF gegen Widerstand

d f

..Abb. 12.3d  Beschleunigend Terminal stance, Terminal ..Abb. 12.3f  Mid swing links
swing: beide Hände des Therapeuten vorne. Patient: exzen-
trisch nach vorne. Bremsen;
12 d f

..Abb. 12.3e  Mid stance rechts;


123 13

Chopping
Britta Dietz

13.1 Einige Hintergrundinformation  – 124

13.2 Bilaterale asymmetrische Armpatterns für Rumpfrotation


mit Kopfflexion  – 126

13.3 Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen  – 127

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018


B. Dietz, PNF in Lokomotion
DOI 10.1007/978-3-642-27666-8_13
124 Kapitel 13 · Chopping

13.1 Einige Hintergrundinformation niken (siehe folgende Tabelle) kombinieren. Sehr viele Pa­
tientenprobleme lassen sich mit Chopping behandeln, da
Maggie Knott stellte Chopping (wörtlich übersetzt: »Holz Chopping zentral den Rumpf mit einbezieht. Kopf, Schultern,
hacken«) in ihrem ersten Film (Anfang der 1950er-Jahre) Ellbogen, Hüfte, Knie- und Fußgelenk können mit Timing
als bilaterales asymmetrisches Armpattern mit Flexion des for Emphasis ganzheitlich behandelt werden. Im Unterricht
Kopfes für Aktivität im Rumpf vor. Widerstand wurde am nehme ich mir einen ganzen Tag Zeit, Chopping in seiner
Kopf und an der Hand des Extension-Abduktion-Innen­ Vielfalt zu unterrichten. Auf die korrekte Haltung des Kopfes
rotations-Armes gegeben, der andere Arm hielt sich an lege ich großen Wert (immer »chin in«!), aber ich gebe nie
diesem fest. mehr am Kopf Widerstand. Die Eigenschwere des Kopfes ist
Sie liebte Chopping und aktivierte dabei ihren Lieblings- genug ­Widerstand für den Patienten, ­besonders wenn er den
muskel, den Quadratus lumborum. Für sie bestand seine Kopf gegen die Schwerkraft abheben soll.
Funktion in der Rumpfrotation zusammen mit der Lateral- Das Kleinkind steht zuerst auf beiden Beinen, bevor es den
flexion des Rumpfes. Chopping wurde in vielen Ausgang- Einbeinstand probiert. Daher ist Chopping für mich ein sehr
stellungen dem Patienten angeboten. Die Beine wurden zentrales Thema in meinen Behandlungen geworden.
damals nicht beachtet und hoben meistens vom Boden ab,
was zu einer Massenflexion führte. Als Übergang von der
Chopping
Rückenlage zum Sitz wurde Chopping viel eingesetzt. Im
Sitz ließ man Chopping mit der Schwerkraft ausführen, ganz
schön anstrengend für den Therapeuten. Später wurden die
Beine bewusst in bilaterale asymme­trische Flexionsmuster
zur Gegenseite gespannt. Man wollte die Rumpfrotation be-
tonen, blieb aber wiederum in der Massenflexion.

Chopping (. Abb. 13.1 und . Abb. 13.2) ist inzwischen mei­


anteriore
ne Lieblingskoordination geworden. Chopping heißt Holz­ Depression posteriore
hacken, und warum wir jahrelang mit gebeugten Beinen Depression
»Holz gehackt« haben, ist auch mir ein Rätsel. Jetzt sehe ich
keine
Chopping in der zentralen doppelten Stützphase im Gang,
Lateralflexion
als Rumpfrotation mit leichter Flexion über den beiden stabi­ security line

13 len Standbeinen: Initial contact und Terminal stance (Ferse


ab). Beide Arme befinden sich in Extension und drehen zu posteriore
Initial contact. Der Kopf schaut zu Initial contact und ist mit Depression stabil
»chin in« leicht gebeugt. Im Anschluss an diese konzentri­ Terminal Stance
Ferse ab anteriore Depression
sche Phase im Gang folgt Loading response und Pre-swing
Initial contakt
als die exzentrische Phase des Chopping. Chopping lässt sich
in allen Aktivitätsebenen ausführen und mit vielen PNF-Tech­ ..Abb. 13.1 Chopping
13.1 · Einige Hintergrundinformation
125 13

Chopping

anteriore
Depression posteriore
Depression
keine
security line Lateralflexion

posteriore
Depression stabil
Terminal Stance
Ferse ab anteriore Depression
Initial Kontakt

..Abb. 13.2  Chopping mit Scapula- und Beckenmustern


126 Kapitel 13 · Chopping

13.2 Bilaterale asymmetrische Armpatterns für Rumpfrotation mit Kopfflexion

Doppelte Stützphase mit Rumpfrotation (. Abb. 13.3)

Bein hinten: Extension-Abduktion-Innenrotation Sprinter Terminal stance (Ferse ab) Konzentrisch


(. Abb. 13.3a) Pre-swing Exzentrisch
Bein vorne: Extension-Adduktion-Außenrotation Skater Initial contact Konzentrisch
(. Abb. 13.3b) Loading response Exzentrisch

a b

..Abb. 13.3a,b  Doppelte Stützphase mit Rumpfrotation. a Selbständig ausgeführt, b gegen Widerstand des Therapeuten

Funktioneller Wert
Wichtig 44In allen 4 Phasen der Aktivitätsebenen durchführbar.
Wenig Rumpfflexion: 44Ausgangsstellung: Bauchlage, Seitenlage, Rückenlage,
55Extension-Adduktion-Außenrotation des oberen Brücke.
13 Beins. Tuber nach innen ziehen. 44Vierfüßlerstand: Sitz, Bärenstand, Stand an Eckbank,
55Extension-Abduktion-Innenrotation des unteren Gang.
Beines. Tuber nach außen ziehen.
55Betonung der Rumpfrotation. Techniken
55Kopf: »chin in!«, kurze Nackenflexoren. 44Stabilisierende Umkehr
55Keine Lateralflexion zulassen!!! 44Rhythmische Stabilisation
44Agonistische Umkehr
44Initial Stretch
44Wiederholter Stretch
44Anspannen-Loslassen für vordere und rückwärtige
Kette
13.3 · Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen
127 13
13.3 Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen

Doppelte Stützphase im Gang

Aktivitätsebene Ausgangsstellung Techniken Beachte

1. Sichern 44U-Armstütz Stabilisierende Umkehr Dosierter Widerstand


(. Abb. 13.4, . Abb. 13.5, 44Vierfüßlerstand Rhythmische Stabilisation Beide Arme und Beine sind
. Abb. 13.6, . Abb. 13.7, 44Bärenstand ­belastet
. Abb. 13.8, . Abb. 13.9) 44Brücke »Alles« (alle Patterns) ist in
­Depression«

2. Anhängen 44Seitlage: mit der Agonistische Umkehr Tuberkontrolle


(. Abb. 13.10, . Abb. 13.11, Schwerkraft Keine Lateralflexion!!!
. Abb. 13.12, . Abb. 13.13,
. Abb. 13.14, . Abb. 13.15, 44Rückenlage: gegen Initial stretch Wenig Hüftbeuger
. Abb. 13.16) die Schwerkraft Wiederholter Stretch Fünf Punkte kontrollieren;
Agonistische Umkehr beide Tuber: Depression
Beide Scapulae: Depression
Kopf: Flexion

44Seitlage: gegen Initial stretch Posteriore Depression der oben


die Schwerkraft Agonistische Umkehr liegenden Scapula betonen.

44Stand über Eck Agonistische Umkehr Fußheber: Initial contact


Hüftextension: Terminal stance
(Ferse ab)

3. Kontrollieren 44Vom Sitz in den Stand Agonistische Umkehr Stützarm Schulter: vom Stand
(. Abb. 13.17, . Abb. 13.18, und zurück in den Sitz in den Sitz (Bewegungserwei­
. Abb. 13.19, . Abb. 13.20) 44Vierfüßlerstand terung)
44Bärenstand Ellbogenbeugung: Gewicht
nach vorne verlagern im Stand
und Vierfüßlerstand
Vom Stand in den Sitz: Tuber
(Sprinter) nach außen führen.
Stand: Gewichtsverlagerung
Terminal stance: Abrollphase
im Fußgelenk und Großzehen-
gelenk

4. Integrieren, 44Von Rückenlage Agonistische Umkehr »Chin in« (kurze Nacken­beuger)


Geschicklichkeit in den Seitstütz und unteren Stützarm betonen
(. Abb. 13.21, . Abb. 13.22, 44Gehen mit Chopping (posteriore ­Depression)
. Abb. 13.23, . Abb. 13.24, Betonung, evtl. mit
. Abb. 13.25) ­Stöcken
128 Kapitel 13 · Chopping

Chopping – Sichern (Doppelte Stützphase im Gang)


(. Abb. 13.4, . Abb. 13.5, . Abb. 13.6, . Abb. 13.7, . Abb. 13.8, . Abb. 13.9)

Ausgangsstellung: 44Unterarmstütz
44Vierfüßlerstand
44Bärenstand
44Brücke
Techniken: 44Stabilisierende Umkehr
44Rhythmische Stabilisation
Beachte: 44Dosierter Widerstand.
44Beide Beine und Arme sind belastet (in der Peripherie fixiert).
44»Alles (alle Patterns) ist in Depression!«

..Abb. 13.4  Erarbeiten der Stabilität. Bauch­


lage: Unterarmstütz – Knie; beide Ellbogen
spannen nach links, beide Knie nach rechts

13
..Abb. 13.5  Erarbeiten der Stabilität. Bauch­
lage: Unterarmstütz – Zehen, ebenfalls Ganzkör­
perspannung. Kontrollieren: Ellbogen Gewicht
nach vorne, Knie: beugen und strecken
13.3 · Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen
129 13

..Abb. 13.6  Erarbeiten der Stabilität. Vierfüßlerstand ..Abb. 13.7  Erarbeiten der Stabilität. Rhythmische Stabilisation am
Pelvis anteriore und posteriore Depression im Wechsel
130 Kapitel 13 · Chopping

..Abb. 13.8  Erarbeiten der Stabilität. Brücke:


Linkes Bein Initial contact, rechtes Bein Terminal
stance (Ferse hoch), Arme beide in Depression
auf der Unterlage. Rhythmische Stabilisation

..Abb. 13.9  Erarbeiten der Stabilität. Bären­


stand, rhythmische Stabilisation am Pelvis

13
13.3 · Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen
131 13
Chopping – Anhängen (. Abb. 13.10, . Abb. 13.11, . Abb. 13.12, . Abb. 13.13, . Abb. 13.14, . Abb. 13.15, . Abb. 13.16)

Ausgangsstellung: 1. Seitlage mit der Schwerkraft


2. Rückenlage gegen die Schwerkraft
3. Seitlage gegen die Schwerkraft
4. Stand über Eck: Fußheber
5. Stand über Eck: Hüftextension und Fuß: Abrollphase
Techniken 44Agonistische Umkehr
44Initial stretch
44Wiederholter Stretch
Beachte 1. Tuberkontrolle posteriore Depression
(auf die Ausgangsstellungen 2. Wenig Hüftbeuger, beide Tuber, Scapula und Kopf kontrollieren
bezogen) 3. Angulus inferior der Scapula: posteriore Depression betonen
4. Fußheber: Initial contact
5. Hüftextension und Fuß: Terminal stance (Ferse ab)

..Abb. 13.10  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Anhängen. Seitlage mit der Schwerkraft. Beto­
nung der Adduktion am Skaterbein unten und
Tuber nach hinten, unten, außen am oberen
Bein

..Abb. 13.11  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Anhängen. Rückenlage gegen die Schwerkraft
132 Kapitel 13 · Chopping

..Abb. 13.12  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Anhängen. Seitlage gegen die Schwerkraft

..Abb. 13.13  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Anhängen. Posteriore Depression

13

..Abb. 13.14  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Anhängen. Terminal stance: Hüftextension
13.3 · Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen
133 13

..Abb. 13.15  Erarbeiten der Aktivitätsebene Anhängen. Therapeut ..Abb. 13.16  Erarbeiten der Aktivitätsebene Anhängen. Stand
kontrolliert beide Tuber und Terminal stance: Fußabrollphase über Eck: Thrust: rechter Arm radialer Thrust, linker Arm gegen Bank
mit Extension-Abduktion-Innenrotation linker Tuber gegen Bankeck
drücken. Timing for Emphasis: Fußheber in Supination
134 Kapitel 13 · Chopping

Chopping – Kontrollieren (. Abb. 13.17, . Abb. 13.18, . Abb. 13.19, . Abb. 13.20)

Ausgangsstellung: 44Vom Sitz zum Stand und zurück zum Sitz


44Vierfüßlerstand
44Bärenstand
Techniken: 44Agonistische Umkehr: Gewichtsverlagerung nach hinten
Beachte: 44Bewegungserweiterung in der Schulter: Gewichtsverlagerung nach vorne:
Bewegungserweiterung im Ellbogen.
44Vom Stand zum Sitz: Tuberkontrolle für posteriore Depression
44Stand: Gewichtsverlagerung

..Abb. 13.17  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Kontrollieren. Bärenstand: Bewegungserweite­
rung Schulter

13 ..Abb. 13.18  Erarbeiten der Aktivitätsebene


Kontrollieren. Vierfüßlerstand: kontrollieren Ell­
bogen und Knie
13.3 · Chopping – bezogen auf die Aktivitätsebenen
135 13

..Abb. 13.19  Erarbeiten der Aktivitätsebene Kontrollieren. Stand ..Abb. 13.20  Erarbeiten der Aktivitätsebene Kontrollieren. Stand:
zum Sitz: Tuberkontrolle posteriore Depression Gewichtsverlagerung
136 Kapitel 13 · Chopping

Chopping – Integrieren, Geschicklichkeit (. Abb. 13.21, . Abb. 13.22, . Abb. 13.23, . Abb. 13.24, . Abb. 13.25)
Ausgangsstellung: 44Rückenlage – Seitstütz
44Gehen mit Chopping, Betonung mit Stöcken
Techniken: Agonistische Umkehr
Beachte: »Chin in«, beide Schultern in Depression, Rotation

..Abb. 13.21  Erarbeiten der Geschicklichkeit.


Von Rückenlage in den Seitsitz

13