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1. Allgemeiner Sprachgebrauch
zialität des Gehirns‘ (Fuchs 2008; Dunbar et al. 2010) befeuern die
philosophische und öffentliche Diskussion. Die Empathie findet
zunehmend Beachtung als verheißungsvolle Errungenschaft des Her-
dentiers Mensch, aus deren steinzeitlicher Vorgeschichte viel für die
gegenwärtige Gesellschaft zu lernen sei. Das Diktum vom ‚egoisti-
schen Gen‘ (Dawkins 1976) mitsamt seiner sozialdarwinistischen
Assoziationen scheint von der Idee eines altruistischen Gehirns und
einer evolutionär verankerten Prosozialität und Kooperativität des
Menschen abgelöst zu werden (z.B. de Waal 2008; Rifkin 2009).3
Der Wunsch nach einem Fundament neuer Gemeinschaftlichkeit ist
für manche auch ein Symptom der modernen Vereinzelung des Sub-
jekts. Empathietheorien begegnen der solipsistischen Bedrohung,
indem „sie noch vor die Unterscheidung zwischen den Individuen
eine kollektive Gemeinsamkeit oder zumindest Kollektivfähigkeit
stellen“ (Breger & Breithaupt 2010, 10f.). Empathie wird beschwo-
ren als einheitsstiftendes Vermögen mit zivilisatorischer Bindungs-
kraft.
Mit diesem Optimismus geht auch eine inflationäre Verwendung
des Begriffs ‚Empathie‘ einher, weshalb der vorliegende Band ver-
sucht, die Grenzen nicht nur des Phänomens Empathie, sondern
auch die Grenzen des breit gefächerten Empathiediskurses kritisch
auszuloten. Hierzu ist auf der Metaebene eine Sensibilität für den
Selbstverständigungscharakter der Kategorie ‚Empathie‘ im Rahmen
der Human- und Lebenswissenschaften erforderlich. Auf der Ebene
sachhaltiger Analyse bedarf es einer Eingrenzung des Empathiephä-
nomens anhand der Negativfälle und Ausnahmesituationen, in denen
Empathieversuche scheitern. Mit den ‚Grenzen der Empathie‘ stehen
die Unmöglichkeiten der Begegnung, der Affektion, des interpersona-
len Verstehens im Blickpunkt – das Konzept der Empathie soll eine
begriffliche Schärfung auch von der Negativität her erhalten.
rologe Ramachandran: „I predict that mirror neurons will do for psychology what
DNA did for biology: they will provide a unifying framework and help explain a
host of mental abilities that have hitherto remained mysterious and inaccessible to
experiments.“ (2000)
3
Der Primatologe de Waal betont: „Empathie ist Teil unserer Evolution und nicht
bloß ein jüngerer Teil, sondern eine uralte, angeborene Fähigkeit.“ (2009, 264)
Als „menschliche Universalie“ (ebd., 270) stellt sie einen Mechanismus bereit, der
Hirnareale nutzt, die mehr als hundert Millionen Jahre alt sind.“ (Ebd., 267) De
Waals Altruismusvision gemäß sind wir von Natur aus „darauf programmiert, an-
deren zu helfen.“ (Ebd., 63)
THIEMO BREYER 11
Das Problem der Empathie verwandelt sich, wenn man den Schritt
von der Wahrnehmung zur Anerkennung geht, von einem epistemo-
logischen in ein ethisches. Die Frage ist dann nicht mehr ‚Was kann
ich über den Anderen wissen?‘, sondern ‚Wie soll ich dem Anderen
begegnen?‘ Dabei ist die sozialpsychologische Entwicklung von be-
sonderer Relevanz (vgl. Davis 1996), da empathische Haltungen
Anderer im Lauf der Sozialisierung inkorporiert werden (vgl. Mead
1934). Man denke an die Mutter, die das Kind tröstet, wenn es sich
weh getan hat, und dabei immer ein ähnliches, standardisiertes Aus-
drucksverhalten (Mimik, Gestik, Berührung, Verbalisierung) zeigt.
Empathie ist eine soziale Praxis, die zur Entwicklung und Regulie-
rung von Affekten maßgeblich beiträgt. Als soziale Form des Um-
gangs unterliegt sie kulturellen Kodierungen, die von den Mitgliedern
einer Gemeinschaft in typischen Interaktionen habitualisiert werden.
Dabei sind ‚Empathisierter‘ und ‚Empathisierender‘ soziale Rollen,
die mit spezifischen Erwartungen und Wertvorstellungen verknüpft
sind. So will in der konkreten Begegnung häufig der Empathisierende
nicht nur etwas über den Zustand des Empathisierten erfahren, son-
dern er will ihm als derjenige, der sich auf ihn einlässt, mit ihm mit-
fühlt, auch ‚gefallen‘. Wie man auf den Anderen wirkt, wenn man
7
Interessant ist hierbei, dass der Entzug von Anerkennung, also die Unsichtbarma-
chung des Anderen auf der sozialen Ebene, eine Anerkennung seiner Sichtbarkeit
auf der physischen Ebene voraussetzt. Um den Anderen ignorieren zu können,
muss man ihn zunächst einmal gesehen haben. Erst dann kann der Blick durch ihn
hindurch oder an ihm vorbei gelenkt werden. Das Demütigende des Nicht-
Beachtens liegt wohl gerade in der Reduktion des Anderen auf ein bloßes Ding,
das selbst als solches noch ignoriert wird.
THIEMO BREYER 19
9
Goldie (2011) nennt den egozentrischen Modus „in-his-shoes perspective-shifting“
und den allozentrischen „empathetic perspective-shifting“. Bei Smith (2011) heißt
der allozentrische Modus „other-focused personal imagining“. Auch Coplan macht
den allozentrischen Aspekt stark, wenn sie Empathie bestimmt als „a complex
imaginative process in which an observer simulates another person’s situated psy-
chological states while maintaining clear self-other differentiation“ (2011, 5). Eine
emotionale Variante dessen scheint Hoffman im Auge zu haben, wenn er Empa-
thie als „an affective response more appropriate to another’s situation than one’s
own“ (2000, 4) definiert.
10
Gewiss ist die Ausdruckswahrnehmung in sich betrachtet ein äußerst komplexer
Vorgang. Je nach dem Grad an individueller Vertrautheit mit der Situation, der
Art von Erfahrung und der Person des Anderen kann auch in seinem leibkörperli-
chen Ausdruck viel mehr miterlebt werden als eine bloße Typisierung nach Freu-
de, Trauer oder Schmerz hergibt. Der Ansatz der direkten sozialen Wahrnehmung
THIEMO BREYER 23
ben unthematisch fungiert. Selbst wenn man all diese Faktoren expli-
zit machen und in die eigene Simulation einspeisen könnte, so würde
man ihnen dadurch gerade den Charakter des impliziten Fungierens
nehmen. Der Anderen wird auf der expliziten Stufe der Empathie
notgedrungen objektiviert, wodurch sein Horizont an Operativität
und seine Erfahrung an Performativität einbüßen.
Wie kann man dieser Verzerrung aber entgehen? Sartre (1983; vgl.
RÖMER, in diesem Band) geht davon aus, dass dies nur möglich ist,
wenn man den gleichen oder einen sehr ähnlichen Horizont wie der
Andere teilt, also beispielsweise unter den gleichen Lebensbedingun-
gen aufgewachsen ist und bestimmte Dispositionen ausgebildet hat.
Entscheidend ist dann nicht der punktuelle intentionale Gehalt eines
fremdpsychischen Zustands, sondern die Geschichtlichkeit des Sub-
jekts und seiner Konstitution, die den Hintergrund bildet, vor dem
jeder einzelne Zustand (über Goldies ‚basale Fälle‘ hinaus) zu beurtei-
len ist. Doch letztlich ist auch das Kriterium der Erfahrungsanalogie
an ein Ideal gebunden, das faktisch nie erreicht wird. Da sich die
Erfahrungsstrukturen zweier Subjekte nie decken, sondern nur annä-
hern können, bildet die Horizontalität der Erfahrung eine inhärente
Grenze der Empathie.
So wichtig nun ganz allgemein betrachtet die Zweistufenmodelle
sind, um Reduktionen der Empathie auf entweder eine behavioristi-
sche oder eine kognitivistische Ebene zu vermeiden, so unbefriedi-
gend wirkt zugleich ihre Aufteilung in zwei Klassen von Empathie-
formen, da sie klassische Dualismen – wie etwa zwischen Körper und
Geist oder zwischen Sinnlichkeit und Verstand – in modifizierter
Form weiter transportiert. So scheinen affektive Resonanzfähigkeit
auf der einen Seite und intentionale Vorstellungskraft auf der anderen
als zwei Vermögen angesehen zu werden, die irreduzibel sind und
sich mehr oder weniger unabhängig voneinander entwickeln?11 Sofern
demgegenüber keine quasi-transzendentale Parallelität, sondern ein
genetisch-epistemologischer Fundierungszusammenhang postuliert
wird, müsste anhand empirischer Studien genauer geklärt werden,
11
Goldmann (2011) geht beispielsweise davon aus, dass die höherstufige „reenactive
empathy“ nicht auf die Aktivität von Spiegelneuronen zurückgeführt werden
kann, die die neuronale Grundlage der niedrigstufigen „mirror empathy“ darstellt.
Iacoboni (2011) argumentiert dagegen, dass unterschiedliche Arten von Spiegel-
neuronen gefunden wurden, die in ihrem Zusammenspiel durchaus für komplexe-
re Formen des imaginativen Perspektivenwechsels sowie des kognitiv-
empathischen Verstehens verantwortlich sein könnten.
THIEMO BREYER 25
wie sich die höhere Ebene aus der niedrigeren entwickelt, ob diese
Entwicklung eine graduelle ist oder ob man tatsächlich von Stufen-
wechseln sprechen kann.
Des Weiteren ist zweifelhaft, ob sich jede Form des intersubjekti-
ven Miterlebens und Verstehens problemlos unter entweder die eine
oder die andere Kategorie subsumieren lässt. Was die höhere Empa-
thieebene betrifft, so sind hier unterschiedliche intentionale Vermö-
gen und Prozesse in Anschlag zu bringen, die in ihrem Wechselspiel
die Funktionalität der Empathie garantieren. Ickes (1997) sensibili-
siert für die Multidimensionalität der Empathie auf dieser Ebene und
definiert sie als komplexen Denkprozess, in den gleichermaßen Beob-
achtung, Gedächtnis, Wissen und rationales Abwägen eingehen. Im
Hinblick auf die untere Empathieebene ist ebenfalls eine weit höhere
Komplexität und ein Ineinandergreifen unterschiedlicher affektiver
und emotionaler Faktoren zu konstatieren, als es der Schematismus
von high-level und low-level empathy suggeriert.
Aus psychologischer Sicht schlägt Hoffman (2000) daher ein diffe-
renzierteres Modell vor, das auch den Anspruch hat, eine ontogeneti-
sche Stufenfolge zu beschreiben: (1) globale Empathie entspricht ei-
nem umfassenden Eingenommensein durch den Zustand des
Anderen, so etwa bei der Gefühlsansteckung, die sich schon im Mit-
Schreien der Neugeborenen äußert; (2) in der egozentrischen Empathie
ist sodann bereits ein primäres Differenzbewusstsein, eine Unter-
scheidung zwischen Selbst und Anderem vorhanden, aber noch keine
Einschätzung des Anderen nach Maßgabe seines eigenen Befindens
(z.B. glauben Kinder in dieser Phase, dass dasjenige, was sie selbst
tröstet, auch den Anderen trösten müsse); (3) die Empathie für den
Anderen (unserer Terminologie gemäß würde dies der allozentrischen
Empathie entsprechen) impliziert weiterhin ein sekundäres Diffe-
renzbewusstsein, ein Verständnis und eine Anerkennung der Tatsa-
che, dass der Andere psychische Zustände hat, die von den eigenen
abweichen können; (4) symbolisch vermittelte Empathie entspricht
einer bericht- und urteilsbasierte Empathie (z.B. wenn man von der
Notsituation eines Anderen im Gespräch oder in den Medien er-
fährt); (5) Empathie mit Gruppen fußt schließlich auf der Möglichkeit
einer Medialisierung und Kollektivierung der symbolisch vermittelten
Empathie.
Aus philosophischer Sicht bemüht sich Thompson (2007) im
Rahmen seiner Verkörperungstheorie des Lebens und des Bewusst-
seins um einen umfassenderen Empathiebegriff. Allgemein vertritt
26 EMPATHIE UND IHRE GRENZEN
Transzendentalität
In der Phänomenologie wird seit Husserl als Bedingung der Mög-
lichkeit von Empathie immer wieder eine der konkreten Begegnung
vorausliegende Ebene, eine transzendentale Dimension der Intersub-
THIEMO BREYER 27
(Inter-)Affektivität
Die Ebene der (Inter-)Affektivität umfasst vornehmlich leibliche
Phänomene, die keinen intersubjektiven Objektbezug haben, also
nicht intentional auf den Anderen oder auf einen seiner Zustände
gerichtet sind. Beispiele hierfür sind die Gefühlsansteckung, die zwi-
schenleibliche Resonanz (im Vergleich zur oben genannten Struktur
der Intersubjektivität jetzt als konkreter Vollzug gedacht), die unmit-
telbare Reaktion auf Gefühle, Stimmungen und Atmosphären, sofern
diese dabei nicht zum Gegenstand eines intentionalen Bezugs wer-
den.13
Interaffektivität ist geprägt durch ein unthematisches Wechselspiel
von Ausdruck und Eindruck. Der Gefühlsausdruck eines Subjekts
wird in der leiblichen Resonanz eines anderen in Eindruck übersetzt.
Dieser Eindruck äußert sich aber wiederum in einem Ausdruck beim
Empathisierenden, der vom Empathisierten wahrgenommen wird. In
einer reziprok-zirkulären Bewegung der Responsivität (vgl. Waldenfels
1994) vollzieht sich die konkrete Begegnung zwischen sozialen Ak-
teuren. Empathie wird weder ‚im‘ Einen durch Simulation des Ande-
12
Eine Theorie der narrativen Empathie im Bezug auf den Roman entwickelt Keen
(2007). Zur Rolle der Narrativität im nicht-fiktionalen personalen Verstehen vgl.
Hutto (2007).
13
Zum Verhältnis von Intentionalität und Affektivität vgl. Slaby et al. (2011).
Gewiss ist die Skepsis gegenüber der Unterscheidung von nicht-intentionalen (af-
fektiven) und intentionalen Zuständen, sofern sie auf einen Empfindungs-
Auffassungs-Schematismus hinausläuft, berechtigt. Husserl selbst hat bekanntlich
seine frühe Konzeption, in der sich ein solcher Dualismus wiederfindet, später re-
vidiert. Hiervon unabhängig ergibt es dennoch einen guten Sinn, im Bezug auf die
Empathie Erlebnisse, in denen der Andere (oder einer seiner Zustände) zum inten-
tionalen Gegenstand der Bezugnahme werden, von solchen Erlebnissen zu unter-
scheiden, in denen diese Ausrichtung fehlt. Dass man in einem interaffektiven Zu-
stand (etwa der Gefühlsansteckung) den Anderen durchaus anschaut und er in
diesem Sinne der intentionale Gegenstand der eigenen visuellen Wahrnehmung
ist, ist unbestritten. Doch meint Intentionalität im Sinne der Unterscheidung von
Empathieformen mehr als das bloße Wahrnehmen des Anderen in seiner Körper-
erscheinung. Intentionalität der Empathie meint, dass man auf den Anderen als
Anderen (oder einen seiner Zustände als der seinen) gerichtet ist. Dies ist in der
primären Interaffektivität nicht der Fall. Hier ist das Erleben ein synthetisches, bei
dem der Andere passiv mitgegeben ist, aber nicht aktiv als Objekt meiner explizie-
renden Bezugnahme herausgehoben wird.
THIEMO BREYER 29
14
Vgl. zum allgemeinen Thema der Empathie in der Psychopathologie Farrow &
Woodruff (2007) sowie unter besonderer Berücksichtigung der Leiblichkeit Fuchs
et al. (2010).
30 EMPATHIE UND IHRE GRENZEN
Intentionalität
Zur Intentionalität der Empathie gehören Fühlen, Wahrnehmen,
Vorstellen und Denken gleichermaßen, Prozesse also, die in unter-
schiedlicher Weise auf Objekte gerichtet sind. Ein besonderer Stel-
lenwert kommt dem Vergleich der Empathie mit anderen Bewusst-
seinsmodalitäten zu. Dabei sind auch Virtualität und Fiktionalität (s.
ARNOLD und FUCHS, in diesem Band) intentionale Bezugssysteme,
die das Subjekt auf eigentümliche Weise mit Fremdpsychischem
verbinden. Intentionalanalytisch werden nun stets die beiden Mo-
mente der intentionalen Korrelation unterschieden, nämlich Akt und
Gegenstand, d.h. die Bezogenheit (passiv) bzw. Bezugnahme (aktiv)
auf etwas einerseits und dieses Etwas selbst andererseits. Wenn sich
die Empathie paradigmatisch auf den Anderen richtet, so ist zu fra-
gen, in welchen Bezugsmodi dies geschehen (Noetik) und in welchen
Formen von Andersheit der Andere erscheinen kann (Noematik).
Die noetische Fragerichtung betrifft – im Anschluss an die weg-
weisenden Analysen von Husserl und Edith Stein15 – den Vergleich
der Empathie mit Wahrnehmung, Erinnerung, Phantasie oder auch
Bildbewusstsein (vgl. FLATSCHER, in diesem Band). Die noematische
Fragerichtung thematisiert die unterschiedlichen Formen von Alteri-
tät. Mit wem oder was kann man überhaupt empathisch sein? Um-
fasst der ‚Anwendungsbereich‘ dieser Fähigkeit nur Menschen oder
auch Tiere, Pflanzen und unbelebte Natur?
Fühlen: Sofern das Mitfühlen ein intentionales Gefühl ist, das auf
das Gefühl (oder auch einen anderen Zustand) des Anderen gerichtet
ist, kann man von emotionaler Empathie sprechen. Einen phänome-
nologischen Einsatzpunkt für eine detaillierte Sicht der emotionalen
Empathie bietet Scheler (1913/16), der zwischen sinnlichen, vitalen,
seelischen und geistigen Gefühlen unterscheidet und entsprechende
Formen der Teilnahme identifiziert: Einsfühlung durch Gefühlsan-
steckung, Nachfühlen, Mitfühlen sowie Liebe und Hass.16 In der
psychologischen Forschung wird Empathie ebenfalls häufig als emo-
tionales Phänomen bestimmt.17 Was hierbei allerdings unterbelichtet
15
Vgl. zu Steins Konzeption der Einfühlung im Verhältnis zur aktuellen Empathie-
debatte Dullstein (2013).
16
Vgl. Schloßberger 2005.
17
So wird Empathie beispielsweise als Gefühl definiert, das der Empathisierende
empfindet und mit dem er das Gefühl des Empathisierten erfasst (Engelen &
Röttger-Rössler 2012). Eine andere Konzeption geht weniger von der Richtung
THIEMO BREYER 31
des Gefühls des Empathisierenden auf das Gefühl des Empathisierten aus, sondern
vom Teilen des gleichen Gefühls (Bischof-Köhler 2012). Empathie wäre dann „an
emotion that corresponds to the sharing of feelings with others. It is the emotion
of sharing ‚par excellence‘“ (Rochat 2009, 169) bzw. die „Erfahrung, unmittelbar
der Gefühlslage oder auch der Intention eines Anderen teilhaftig zu werden und
sie dadurch zu verstehen. Trotz dieser Teilhabe bleiben Gefühl bzw. Intention
aber anschaulich dem Anderen zugehörig.“ (Bischof-Köhler 2011, 261) Eine
Funktion der Emotion für das Zusammenleben wird dort postuliert, wo Empathie
verstanden wird als „the natural capacity to share, understand, and respond with
care to the affective states of others“ (Decety 2012, vii).
18
Vgl. als neuere Synthese und Weiterentwicklung dieser Ansätze Overgaard (2006).
32 EMPATHIE UND IHRE GRENZEN
Literatur
Waal, F. de, Putting the altruism back into altruism: the evolution of em-
pathy, Annual Review of Psychology 59, 2008, 279-300.
– Das Prinzip Empathie. Was wir von der Natur für eine bessere Gesellschaft
lernen können, München 2009.
Waldenfels, B., Antwortregister, Frankfurt a.M. 1994.
– Das leibliche Selbst, Frankfurt a.M. 2000.
Wimmer, H. & Perner, J., Beliefs about beliefs: Representation and con-
straining function of wrong beliefs in young children’s understanding of
deception, Cognition 13, 1983, 103-128.
Wittgenstein, L., Bemerkungen über die Philosophie der Psychologie II. Werk-
ausgabe VII, Frankfurt a.M. 1984.
Zahavi, D., Empathy and direct social perception: A phenomenological
proposal, Review of Philosophy and Psychology 2(3), 2011, 541-558.