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Die Einschätzung Luthers durch seine Zeitgenossen und deren Nachfolger in den
nächsten beiden Jahrhunderten ist aber an sich ein Beweis dafür, dass Luther seine
Rhetorik nach rhetorischen Lehren geschickt zu benutzen wusste............... 2Es
wäre eine schöne Untersuchung wert, welchen Einfluss die Bibelübersetzung
Luthers, sein Katechismus und seine Gesangbuchlieder auf jene Dichter und
Denker hatten, deren Erbe hier in Marbach wachgehalten und zugänglich gemacht
wird.......................
. Die Reformation war ein mediales Ereignis und Luther, zumindest in den ersten
Jahren –mitten darin. Aus der Sicht der evangelischen Kirchen ist die Wirkung
Luthers auf die deutsche Kultur Fluch und Segen zugleich. Sie ist ein Segen, weil
Menschen bis heute mit Luthers Bibelübersetzung einen Sprachraum betreten
können, in dem Sprache geschieht..................
Luthers Sprachkraft war freilich kein ästhetisches, sondern ein pädagogisches
Programm. Er wollte, dass Menschen in der Tiefe Gottes Wort verstehen. Deshalb
sind die Bibelübersetzung und der Katechismus der Kern eines groß angelegten
Bildungsprogramms................. Martin Luther schrieb Kirchenlieder, Fabeln,
Flugschriften. Er übersetzte die Bibel ins Deutsche. Sprache war sein Mittel – als
Schriftsteller wird Luther dennoch selten bezeichnet............... Der
Theologieprofessor Martin Luther wirkt als Übersetzer – zuallererst der Bibel – als
Dichter von Kirchenliedern, als Autor von Fabeln, von theologischen
Abhandlungen und politischen Pamphleten..............
Trotzdem sei Luther 500 Jahre später nur noch schwer zu lesen......... Aber eine
Schrift wie zum Beispiel ‚Von der Freiheit eines Christenmenschen‘ – vielleicht
die wichtigste einzelne Schrift von Luther, wenn man eine nennen sollte – die ist
heute noch so packend und geradezu ergreifend zu lesen, wie sie es im 16.
Jahrhundert gewesen sein muss.“........ „Die Art der Argumentation, des
dialektischen Denkens, des Mitdenkens mit dem Leser, die ist mitreißend, die ist
intellektuell mitreißend. Und die Fähigkeit, immer die richtigen plastischen
Ausrücke zu finden, die ist bei Luther schon sehr ausgeprägt.“......... Luther ist
berühmt für seine Wortschöpfungen: Feuereifer, Herzenslust, Lästermaul,
Lückenbüßer, Machtwort, Morgenland, Wissensdurst und und und. Luthers
Kreationen sind heute ein selbstverständlicher Teil unserer Sprache. Aber, sagt
Literaturwissenschaftler Heinrich Detering, Luther war nicht nur auf der
Wortebene innovativ, sondern auch bei den sprachlichen Strukturen:
„Luther arbeitet in einem hohen Grade mit den grammatischen und lexikalischen
Strukturen der deutschen Sprache und nutzt sie sozusagen als Schwungrad aus.
Das hat eine Form des Schreibens und Redens im Deutschen ermöglicht, die es so
vor ihm nicht gegeben hat.“................ Um die Bedeutung Luthers für die deutsche
Sprache herauszustreichen, verweist Heinrich Detering auf den Arzt und Lyriker
Gottfried Benn. Der hatte Luther als größtes deutsches „Sprachereignis“
bezeichnet.
„Ich finde, das Wort ‚Sprachereignis‘ ist ein sehr glücklicher Einfall Benns
gewesen. Er hätte Goethe sagen können, er hätte eine Reihe anderer Dichter
nennen können, die ihm Großes bedeuteten, aber die Beschaffenheit der deutschen
Sprache – die Verwendbarkeit der deutschen Sprache für Literatur, die ist von
Luther eigentlich erst geformt worden.“............... Zugleich setzte Luther sein
sprachliches Genie auch ein, um andere abzuwerten, gegen sie zu hetzen, gar zu
Gewalt aufzurufen. Luthers Worte zielten auf den Papst, auf die Juden oder die
aufständischen Bauern. Heinrich Detering sagt, Luther habe angefangen …
Hinsichtlich der Bildung der alten Sprachen folgte Luther den Bestrebungen der
humanistischen Bewegung, die bereits 1508 die ersten Collegia trilingua, eine
institutionelle Einrichtung, in der die Sprachen Griechisch, Latein und Hebräisch
gelehrt wurden, begründet hatten. Dieser Unterricht sollte neben dem klassischen
Universitätsunterricht stattfinden und den Studenten die alten Sprachen lehren und
ihre Kenntnisse erweitern (vgl. Augustijn 2003, 2:H68; H92). Luther selbst hatte
diese Schulen aktiv nie unterstützt, förderte aber durch seine Schriften ihr Ansehen
(vgl. Arndt 1962, 3:8).
Johannes Claius nachfolgende Gelehrte, wie Stephan Ritter, Johannes Girbert und
Justus Schottelius, bildeten ihre Grammatiken eng an seine Sprachlehren
angelehnt, übernahmen diese aber nicht gänzlich, sondern passten sie der ihnen
bekannten Sprachform an. Auch deren Werke wurden für den schulischen
Unterricht verwendet. Ebenso wirkten wiederum deren Grammatiken als Vorbilder
für neue Lehrwerke (vgl. Jellinek 1968, 80–82). Obwohl immer etwas
abgewandelt, wurde dennoch der grundlegende Inhalt der bereits veralteten
Grammatik des Claius wiederverwendet, wodurch sie einen beständigen Einfluss
auf die deutsche Sprachlehre ausübte. So hielt sie sich noch über längere Zeit im
deutschen Sprachraum und galt, aufgrund ihrer ständigen Wiederverwertung, als
kennzeichnend für die deutsche Grammatik. Da diese Grammatik von der Sprache
Luthers ausging, hielten sich sprachliche Komponenten von Luthers Schreibweise
über lange Zeit in der deutschen Sprache und wurden in vielen Teilen des Landes
unterrichtet.
Des Weiteren inspirierte Luther durch seine Kirchenlieder viele weitere Autoren,
selbst deutsche Lieder zu schreiben. Während die Begeisterung des Volkes zur
Religion stieg, verlor Latein seine vorherrschende Wirkung als theologische
Fachsprache und wurde so allmählich aus dem Bereich der Religion im
deutschsprachigen Territorium verdrängt (vgl. Wolf 1980, 23-25).
Auch wenn Luther die deutsche Sprache nicht komplett zu einer Sprachform
vereinheitlichte, so ermöglichte er doch eine Annäherung an eine solche. Nachdem
nämlich fast jeder deutsche Bürger durch den Gottesdienst, die Schule, oder in
sonstiger Hinsicht mit seinen Schriften in Kontakt gekommen war, nahmen viele
einen Teil seines Sprachstiles auf und verwendeten ihn selbst in der gesprochenen
Sprache weiter. Dieser Umstand ermöglichte ihnen, mit Menschen aus anderen
Regionen zu kommunizieren, die ebenso in Kontakt mit Luthers Sprachgut
gekommen waren und von diesem beeinflusst worden waren. Da Luthers
Sprachform der sächsischen ähnelte, gewann die ostmitteldeutsche Sprache an
Einfluss im deutschsprachigen Raum. So näherten sich auch die ober- und die
niederdeutsche Sprachform an die ostmitteldeutsche an. Obwohl es noch lange
dauerte, bis eine tatsächlich einheitliche Sprachform existierte, legte Luther
trotzdem einen Grundstein für die Entstehung einer Einheitssprache (vgl. Wolf
1980, 70-71)....................
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Er wollte als Schreibender jederzeit ein Sprechender sein, der seine Leser
anredet.Luthers literarische Gattungswelt, Sprache und Stil sind mehrschichtig.
Man hat früher den Abstand der Luthersprache vom Deutsch seiner Zeit
überschätzt. Luther war nicht der Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache,
denn er steht mit den lexikalischen , lautlich-flexivischen und syntaktischen
Wesenszügen seiner Sprache nicht am Anfang, sondern bereits mitten in der zur
Gemeinsprache drängenden Bewegung. Diese Erkenntnis ändert nichts an der
Tatsache, dass er ein entscheidender Faktor der vor ihm geborenen und nach ihm
weiter ausgebildeten deutschen Hochsprache gewesen sein......................
Frühneuhochdeutsch
Die frühneuhochdeutsche Sprachstufe erstreckt sich über die Zeit von etwa 1350
bis 1650. Die politische und kulturelle Situation ist durch eine Reihe gerade auch
für die Sprachentwicklung bedeutsamer Faktoren geprägt. Dazu zählt die
Erfindung des Buchdrucks oder die Entwicklung einer einheitlichen Volkssprache,
im Besonderen durch die von MARTIN LUTHER vorgenommene
Bibelübersetzung.
Die Entwicklung vom Mittelhochdeutschen zum Frühneuhochdeutschen vollzog
sich mit phonologischen, morphologischen, syntaktischen, lexikalischen und
semantischen Veränderungen.........
Von ausschlaggebender Bedeutung für die Formierung der deutschen Sprache war
das religiöse Schrifttum. Besonders die von Martin Luther vorgenommene
Bibelübersetzung mit einer Ausgleichssprache von ostmitteldeutschen und
ostoberdeutschen Elementen hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des
Neuhochdeutschen als Volkssprache. Luther hatte weitgehend die sächsische
Kanzleisprache übernommen……………
Mit der Übersetzung der Bibel auf der Grundlage der ostmitteldeutschen
Kanzleisprache nahm LUTHER entscheidenden Einfluss auf die Herausbildung
des Hochdeutschen als Volkssprache.
Seine Übersetzungsprinzipien waren vor allem:
MARTIN LUTHER trug zudem zur Erweiterung der deutschen Sprache bei,
sowohl durch neue Wortschöpfungen wie auch dadurch, dass er Wörtern neue
Inhalte gab. Das betrifft solche Wörter wie
Was die Schreibung betrifft, so war Luthers aktive Beteiligung an der relativen
Vereinheitlichung der Orthographie gering. Nicht er selbst, sondern Lektoren,
Korrektoren und die jeweiligen Drucker haben vereinheitlichend auf diese
eingewirkt. Er selbst schrieb nach den Regeln der Zeit, nicht mehr und nicht
weniger. Luthers tatsächliche Wirkung bestand eher darin, dass er mit seinem
Sprachgebrauch zum Vorbild wurde. Dies hatte vor allem inhaltliche Gründe – er
vermittelte seiner Zeit ja eine neue Theologie. Diese stellte den Menschen als
Einzelnen in das unmittelbare Gegenüber zu Gott; sie authentisierte diese Haltung
durch ihr Beharren auf der Heiligen Schrift (Stichwort: sola scriptura).
Luther vermittelte diesen Umbruch je nach Inhalt, Intention und Adressat in einer
jeweils pragmatisch verwendeten Syntax, einem Wortschatz aus allen sozialen
Höhen und Tiefen des Deutschen und einer Rhetorik, die sich aller vorhandenen
Gestaltungsmittel bediente. Indem er dabei und im Laufe seines Lebens immer
mehr auf das Deutsche zurückgriff, entsprach er auch kommunikativ einer
Theologie, die vom Priestertum aller Gläubigen ausgeht. Luther hat das Deutsche
zudem bewusst und öffentlichkeitswirksam als Abgrenzung gegenüber römisch-
lateinischen Theologen verstanden. "Ich danck Gott, das ich yn deutscher zungen
meynen gott alßo hoͤre und finde, als ich und sie mit myr alher nit funden haben,
Widder (weder) in lateynischer, krichscher noch hebreischer zungen".
Als Luther starb, verfügte fast jeder zweite Haushalt über eine Bibel
Der zweite Mythos lautet, Luther habe Deutschland "im Lauf der Zeit zur
sprachlichen Einheit" verholfen. Auch diese Aussage ist bereits in ihren Ansätzen
fragwürdig. Was heißt schon Einheitssprache? Denn die haben wir – Gott sei Dank
– auch heute nicht. In der Sprachwissenschaft ging man lange davon aus, dass
Luther deshalb sprachlich so erfolgreich gewesen sei, weil er mit seinem Schreiben
an die ostmitteldeutsche Ausgleichssprache mit einer geographischen Mittellage
zwischen dem Niederdeutschen und dem Oberdeutschen habe anknüpfen können.
"Ein Luther in Kiel oder Konstanz hätte sich sprachlich schwer getan, wäre
wahrscheinlich gescheitert", so der Sprachwissenschaftler Werner Besch. Doch
erstens fanden solche Ausgleichsprozesse auch in anderen Regionen statt, und
zweitens ist die unterstellte Prämisse fraglich. Zur Zeit Luthers konnte man sich im
hochdeutschen Raum nämlich durchaus überregional verstehen. Die mündliche
Sprachnormalität war zwar der Dialekt, doch wurde dieser in einer Sprachwelt
ohne überdachende Leitvarietät gänzlich anders akzeptiert als sein späterer
Nachfahre im Neuhochdeutschen.
Wir kommen zum dritten Mythos. Dieser wertet Luthers Bibelübersetzung, die
nach den rund 18 bekannten Vorgängerübersetzungen durch ihre Zielsprachen- und
Kommunikationsorientiertheit heraussticht, als Vehikel einer großen
deutschsprachigen Einigungsbewegung. Es ist unbestritten, dass der Autoritätstext
Bibel identitäts-, gruppen- und sinnstiftend von außerordentlicher Tragweite war,
vor allem für Protestanten. Als Luther starb, verfügte immerhin fast jeder zweite
Haushalt über ein Exemplar. Die Bibelsprache kann dennoch kein Vorbild für die
neuhochdeutsche Schriftsprache oder gar Vehikel einer Einigungsbewegung sein,
da sie stilistisch wie textlinguistisch durch eine bislang unübertroffene
Sakralsprache (im Sinne von Birgit Stolt) gekennzeichnet ist. Um dies
nachvollziehen zu können, braucht man lediglich zehn Zeilen eines Leitartikels
einer größeren Zeitung als Beispiel für moderne Standardsprache mit dem Psalter
zu vergleichen, der Genesiserzählung oder dem Buch der Könige.
Dazu nutzte er meisterhaft alle damals zur Verfügung stehenden Register der
Sprache. Berühmt ist er wegen seiner Wortbildungen, seiner Metaphern, seiner
Sprichwörter und Redensarten, vor allem aber wegen seiner reformatorischen
Semantiken um Glaube, Buße, Gnade, Freiheit, vielleicht sogar auch ein wenig um
seiner Grobheiten willen. Doch diese waren übliche Polemik und in ihrer
öffentlichkeitswirksamen Schlagkraft durchaus gewollt. Ihre vermeintlich
grobianische Art entsprach den humanistischen Gepflogenheiten und war deshalb
nicht nur Luther zu eigen.
Luthers Sprachform war das Ostmitteldeutsche seiner Heimat, in dem nord- und
süddeutsche Dialekte schon teilweise verschmolzen waren, was eine große
Verbreitung seiner Schriften ermöglichte. Luthers Sprache ist nach Werner Besch
(2014) außerdem eingebunden in die maßgebliche kursächsische Schreibtradition
Wittenbergs.[16] Erst durch Luthers theologische Autorität gab seine
Bibelübersetzung dem obersächsisch-meißnischen Dialekt den Impuls zum
allgemeinsprachlichen Frühneuhochdeutsch in ganz Deutschland, vor allem im
niederdeutschen Raum, später auch im Oberdeutschen. „Das Deutsch seiner Bibel
ist wohl der wichtigste Steuerungsfaktor in der jüngeren Sprachgeschichte“, so das
Fazit von Besch.[16]
Ulrich von Hutten ist, wie Reuchlin auf seine Weise auch, ein Kämpfer, aggressiv
und ritterlich. Beide stehen – und ebenso Philipp Melanchthon – an der Seite
Martin Luthers, zu dessen großen kulturgeschichtlichen Leistungen neben der
Bibelübersetzung vor allem der Sendbrief vom Dolmetschen als programmatische
und theoretische Schrift, ferner die Kirchenlieder und schließlich seine
Reformationsschriften zählen, unter denen Von der Freiheit eines
Christenmenschen, Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche und An den
christlichen Adel deutscher Nation (alle 1520) von besonderer Bedeutung
sind.........
Die Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation war eine singuläre
Kampfschrift mit klarer Zielsetzung, in deutlicher Sprache gehalten und radikal
begründet, die sich an die weltlichen Stände und damit an alle politisch
Verantwortlichen im Lande wandte. Dass das Papsttum, zu Unrecht auf die Bibel
sich berufend, Ansprüche erhebt und in der Welt durchzusetzen versucht, die ihm
nicht zukommen – diese Einsicht hat die Parteigänger der Fürsten für Luther
eingenommen. Das Buch wurde zu einem großen Erfolg: 4000 Exemplare waren
nach einer Woche vergriffen, 13 Auflagen erlebte das Werk noch im
Erscheinungsjahr 1520, ein Bestseller in einer weitgehend noch illiteraten
Gesellschaft, der alles bis dahin Gesehene in den Schatten stellte........
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