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Lewisch
Casebook Strafrecht
AT I
1.2.1 Allgemeines
ob Tb= Tatbild: Summe aller obj Tatmerkmale, die generell den Unwertgehalt des
Täterverhaltens betreffen
Erfolgsdelikt: best. Erfolg muss eintreten (zB Tod)
Kausalität bedarf beim Vorsatzdelikt keiner genauen Prüfung (5.)
1.2.2 Tatbestandsprobleme
§127: Die weggenommene Sache muss selbst unmittelbar Wertträger sein (keine Sparbücher,
Kreditkarte); Wegnahme= Gewahrsamsbruch
Analogieverbot §1: belastende Rechtsfindung im Strafrecht über den äußerst möglichen
Wortsinn hinaus ist auf Grund dieser Vorschrift methodisch ausgeschlossen (siehe Art 7
EMRK und rechtsstaatliches Bundesprinzip des Art 18 BVG) (9.)
1.2.3 Kausalitätsprobleme
Kausalitätsprüfung mit der Formel der conditio sine qua non = Eliminationsmethode = Eine
Täterhandlung war kausal für einen Erfolg, wenn man sich die Handlung wegdenkt und der
Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit Sicherheit entfallen wäre
Kausalität gehört zum obj Tb (11.)
man prüft nicht ob eine Ursache einen Erfolg bewirkt hat, sondern ob ohne diese Ursache der
Erfolg nicht ohnedies in gleicher Weise eingetreten wäre
Reserveursache= hypothetische Kausalität (15.)
Formel von der gesetzmäßigen Bedingung: ob eine Handlung bei obj ex post Betrachtung
den Erfolg bewirkt hätte (12.)
alternative= konkurrierende= kumulative Kausalität: zwei oder mehrere Ursachen führen
einen Erfolg gleichzeitig und unabhängig voneinander herbei, sodass der Erfolg in seiner
konkreten Gestalt jeweils auch ohne die andere Ursache eingetreten wäre (17.)
Doppelkausalität: Verursachung zweifelhaft (in dubio pro reo)
obj Bedingung der Strafbarkeit: zB §91 Raufhandel= abstraktes Gefährdungsdelikt: man
braucht Teilnahme am Raufhandel und zumindest schwere KV (19.)
1.3 Subjektiver Tb
1.3.1 Allgemeines
subj Tb: innere Tatseite: innere Beziehung des Täters zu seiner Tat
§7/1: Sofern ein Tb des BT nichts anderes bestimmt, ist nur vorsätzliches Handeln strafbar
§5: Vorsätzlich handelt, wer einen SV herbeiführen will, der einem gesetzlichen Tatbild
entspricht. Vorsatz ist das Wissen und das Wollen der Tatbildverwirklichung
Soweit in den Delikten des BT nichts anderes normiert ist, reicht der Eventualvorsatz (dolus
eventualis)= Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbilds ernstlich für möglich halten und
sich damit abfinden (20.)
Motivirrtum ändert am Vorsatz nichts
1.3.2 Vorsatzarten
Absichtlich handelt der Täter, wenn es ihm auf die Verwirklichung jenes
Tatbestandselements, für welches das Gesetz Absichtlichkeit fordert, gerade ankommt. (§5
Abs 2); (es reicht wenn er schwere KV für möglich hält) (24., 25.)
In einem absichtlichen Tötungsversuch ist auch die Absichtlichkeit in Hinblick auf schwere
KV inkludiert
§16 Rücktritt vom Versuch: freiwillige Erfolgsabwendung (26.)
Wissentlichkeit: Hätte- wissen- müssen egal; man braucht Kenntnis über seine Befugnis und
um die Unvertretbarkeit seiner eigenen Entscheidung (§5 Abs 3) (27.)
1.3.3 Vorsatzprobleme
error in objecto vel persona= auf Individualität des Opfers kommt es nicht an (28.)
Fehlgehen des Schusses= aberratio ictus (29.)
Vorsatz muss man auf alle Elemente des obj Tb haben, aber nicht auf konkreten
Kausalverlauf (30.)
dolus posterior/ dolus antecedens non nocet (31.)
Simultanitätsprinzip= Gleichzeitigkeitsprinzip von Tathandlung und Vorsatz: der Vorsatz
muss im Zeitpunkt der Tathandlung- und auf diese bezogen- vorliegen (32.)
kein Mordversuch, wenn noch im Versuchsstadium
1.3.4 Begleitwissen
Durch das Erfahrungswissen fließt die Vorstellung über die Tatobjekte notwendig in den Akt
der Wahrnehmung selbst ein= Mitbewusstsein (aktuelle Zuwendung nicht notwendig); hat
Täter Erfahrungswissen nicht: kein Vorsatz (34.)
Vorsatz: Täter wird sich der Gefahr der Tatbildverwirklichung bewusst und nimmt dieses
Risiko in Kauf
Täter muss den Erfolg nicht positiv billigen (36.)
2 Meinungen
o bei emotionalen Gegenakt kann das Sich- Abfinden ausgeschlossen werden Æ
vorsatzlos
o ab einem gewissen – normativ zu bestimmenden – Risiko soll sich Täter nicht darauf
berufen können, dass er die Gefahr nicht in Kauf genommen hat (gesetzestreuer
Bürger hätte Handlung unterlassen (37.)
1.3.6 Vorsatzmangel
2.1 Notwehr §3
2.1.1 Allgemeines
objektiv muss eine Notwehrsituation vorliegen und die Notwehrhandlung muss den
gesetzlichen Anforderungen genügen (weiters erforderlich: subjektives
Rechtfertigungselement= Kenntnis der Notwehrlage)
Æ gegenwärtiger oder unmittelbar drohender, rechtswidriger Angriff gegen ein
notwehrfähiges Rechtsgut
Verteidigung muss zur Abwehr notwendig sein (nicht angemessen) und muss so den Angriff
verlässlich abwehren (Angegriffene muss kein Risiko eingehen)
Nothilfe ist Notwehr zugunsten eines Dritten (selbe Kriterien) (66.)
übersteigt die Notwehr das zulässige Maß Æ Notwehrexzess Æ keine Rechtfertigung
§3 Abs 2 enthält privilegierende Spezialregelungen: Notwehrexzess auf Grund asthenischer
Affekte (Furcht) Æ ‚nur’ Bestrafung nach dem Fahrlässigkeitsdelikt (67.)
es muss ein enges zeitliches und örtliches Naheverhältnis zum drohenden Angriff bestehen
Präventivnotwehr ist unzulässig (74.)
auf die formelle Deliktsvollendung kommt es nicht an
Notwendig ist die Abwehr, wenn sie im Zeitpunkt der Handlungsvornahme (ex ante) nach
einem obj Urteil zur verlässlichen endgültigen Abwehr des Angriffs durch den Verteidiger
erforderlich ist
es ist das gelindeste Mittel zu wählen, Verteidiger muss aber kein Risiko eingehen
Art 2 EMRK: schließt Einsatz tödlicher Gewalt zur bloßen Erhaltung von Sachwerten aus
Notwehr rechtfertigt nur Beeinträchtigung des Angreifers selbst, nicht aber solche an Dritte
§3 Abs 1 Satz 2: Angegriffenen droht nur ein geringer Nachteil Æ
„Angemessenheitsprüfung“ Æ Abwehr ist unangemessen, wenn sie zu einem erheblichen
Missverhältnis zu Lasten des Angreifers führt
gem §86 StPO: erlaubt angemessene Anhaltung von Personen, die einer Straftat verdächtig
sind (Person hat Straftat ausgeführt oder es versucht, oder es wird nach ihr gefahndet); es
müssen hinreichend Gründe vorliegen, das Festhalten muss angemessen sein und es muss
unverzüglich ein Sicherheitsorgan verständigt werden (96.)
angemessenes Festhalten: schwere KV soll nicht wahrscheinlich sein (97.)
werden zeitliche Grenzen des Anhalterechts überschritten, ist es nicht mehr gerechtfertigt
(99.)
Selbsthilferecht
o Bestehen eines zivilrechtlichen Anspruchs
o Zu-spät-kommen staatlicher Hilfe
o Verhältnismäßigkeit der Abwehr
o Æ keine Bindung an zeitliches Näheverhältnis
o Æ zugänglich sind bloße Misshandlungen (100.)
2.5 Einwilligung
wenn Einwilligung oder Fehlen der Einwilligung Tatbestandsmerkmal ist, lässt sie den
Tatbestand entfallen (115.)
Einwilligung des Verletzten gem §90: bei
o Einwilligungserklärung
o konkreter Einwilligungsfähigkeit
o Freiheit von Gewalt und Drohung
o rechtsgutbezogene Irrtumsfreiheit (118.)
Rechtsgutbezogenheit der Sittenwidrigkeitsprüfung wird hervorgehoben
Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit ist nur beschränkt disponibel:
Sittenwidrigkeitskorrektiv beachten (je schwerer die KV desto weniger wirksam ist die
Einwilligung)
Einwilligung in schwere KV nur ausnahmsweise bei positiven Zwecken (Organspende)
(120.)
sittenwidrig = im Widerspruch zur Empfindung aller recht und billig Denkenden
Einwilligung immer nur im Hinblick auf Rechtsgüter möglich, hinsichtlich derer der
Einwilligende dispositionsbefugt ist (in die eigene Tötung kann man nicht einwilligen)
Organtransplantation: umstritten ist Gegenstand der Einwilligung Æ Einwilligung in
schweren Verletzungserfolg ODER Æ Einwilligung in Handlung (Organentnahme)?
4. Schuld
man tadelt den Täter persönlich für die Fehlerhaftigkeit seiner Willensbildung zur
rechtswidrigen Tat
Elemente, die man auf Schuldebene prüft, betreffen Voraussetzungen, um gegen einen
Menschen sinnvoll einen Tadel für best. Verhalten erheben zu dürfen
Mensch soll nur dann getadelt werden, wenn er sich wertkonform hätte verhalten können
traditionelles Schuldverhältnis: Schuldvorwurf, weil sich Täter zu rechtsuntreuem Verhalten
hat hinreißen lassen
man prüft, ob jmd anders (Vergleichsperson aus Verkehrskreis des Täters) die Tat
vermeiden hätte können
geltendes StGB: Schuld Æ Mangel an Wertverbundenheit (reduzierter Schuldbegriff) (137.)
4.1 Schuldfähigkeit
unter 14 Jahren strafunmündig (§ 4 Abs 1 JGG), auch wenn er schuldeinsichtig ist (an der
Schuld mangelt es auch bei verzögerter Reife, wenn Unrecht nicht eingesehen werden kann (§
4/2/1 JGG) (138.)
§11 Zurechnungsunfähigkeit: Beurteilung nach der gemischten (biologisch- psychologischen)
Methode: Sie liegt vor, wenn Täter
o auf Grund eines im Gesetz aufgezählten Defekts
o nicht in der Lage ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder aber auch nur nach
dieser Einsicht zu handeln (dh mangelnde Einsichtsfähigkeit oder mangelnde
Steuerungsfähigkeit)
Geisteskrankheiten: geistig- seelische Funktionen des Gehirns sind beeinträchtigt
Schwachsinn: prozesshaftes Krankheitsbild fehlt (zB Idiotie)
tiefgreifende Bewusstseinsstörung: partielle Ausschaltung des Selbst- und
Außenweltbewusstseins
Blutrausch fällt unter andere schwere gleichwertige seelische Störung
Alkohol- und Drogenrausch: tiefe Bewusstseinsstörung
o gilt ab 3 Promille (ab 2,5 kommt es auf subj Eigenschaften des Täters an, zB wie
trinkfest er ist)
o zurechnungsunfähig Æ §287 (Strafbarkeit erst ab der Rauschtat) (141.)
actio libera in causa: causa ist Berauschung selbst; „Doppelvorsatz“ wird verlangt (auf
Berauschung und auf Delikt); Täter war im Zeitpunkt des Entschlusses zurechnungsfähig und
hat sich im Zeitpunkt der Tathandlung absichtlich in den Zustand der
Zurechnungsunfähigkeit versetzt (haftet dann für ‚richtiges’ vollendetes Delikt zB §75) (142.)
4.2 Verbotsirrtum
o Kernbereich des StGB: Unrecht der Tat ist vorwerfbar, wenn es für jedermann leicht
erkennbar war, dh für ein gewisses Maß an laienhafter Rechtskenntnis hat jeder
strafmündige Inländer einzustehen
o Nebenstrafrecht: Täter hätte sich mit Vorschriften bekannt machen müssen (144.)
Täter muss laienhaft erkennen, dass er ein sanktionsbewehrtes Verhalten setzt Æ dann
handelt er mit Unrechtsbewusstsein
Hätte man als wertverbundener Mensch zu diesem Unrechtsbewusstsein gelangen können
(potentielles Unrechtsbewusstsein) Æ vorwerfbarer Mangel an Unrechtsbewusstsein Æ
keine Straflosigkeit (aber Milderungsgrund) (145.)
14jähriger: hM zielt auf einen gemischt obj- subj Maßstab an und beachtet auch subj
Verhältnisse des Täters (Alter, Schulbildung) (150.)
Falschauskunft ändert prinzipiell nichts an der Vorwerfbarkeit (151.), im Nebenstrafrecht
wird der Täter aber durch von kompetenter Stelle unrichtig erteilte Auskunft entschuldigt
(152.)
4.4 Notwehrexzess
§3/2
beruht Notwehrüberschreitung nicht ausschließlich auf einem taxativ aufgezählten
asthenischen Affekt, sondern auf Zorn Æ volle Haftung aus dem Vorsatzdelikt
hat er Notwehr innerhalb dieser Affekte überschritten Æ straflos, wenn nicht fahrlässig,
ansonsten Fahrlässigkeitsdelikt (Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Beherrschung des Affekts
zumutbar gewesen wäre Æ prüfen, ob von dem Täter eine andere Konfliktverarbeitung zu
erwarten gewesen wäre) (162.)
angenommene Notwehrlage = Putativnotwehr; Überschreitung = Putativnotwehrexzess
(163.)
5. Das Fahrlässigkeitsdelikt
5.1.1 Allgemeines
§6 Fahrlässigkeit
o Täter muss Sorgfalt außer Acht lassen, zu der er nach den Umständen verpflichtet
gewesen wäre (= obj Sorgfaltswidrigkeit)
o + Fehler im Bezug auf die individuellen Befähigungen des Täters im Tatzeitpunkt
(= subj Sorgfaltswidrigkeit)
ist im BT fahrlässig angeführt, so muss der Täter obj sorgfaltswidrig = pflichtwidrig = sozial
inadäquat gefährlich handeln (Gefahrenurteil fällen)
Beurteilung nach dreierlei Hinsicht:
o Widerspruch zu Rechtsnorm
5.2.1 Adäquanz
ist zu verneinen, wenn entweder der Erfolg oder der konkret zu ihm führende Kausalverlauf
außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt (191.)
abwegige Kausalverläufe werden ausgeschieden
o Tod durch seltene Krankheit- nicht adäquat
o Lungenentzündungen sind adäquat
o „Schwäche des Opfers“ (Bluter) = abnorme Konstitution: nicht adäquat (192.)
man prüft, ob der eingetretene Erfolg als Verwirklichung gerade jenes Risiko erscheint,
welchem die übertretene Sorgfaltsnorm gezielt entgegenwirken wollte
fällt Erfolg nicht in den Schutzzweck der Norm Æ nicht obj zurechenbar
Geschwindigkeitsbeschränkungen bei Baustellen sollen speziellen Gefahren der Baustelle
entgegenwirken (nicht etwa Spaziergänger) (197.)
es gibt kein haftungseinschänkendes Mitverschulden, jeder haftet für sein eigenen
Verschulden (198.)
wertungsmäßige Entscheidung über Zurechnung jener nachtäglichen Erfolge (für die das
sorgfaltswidrige Handeln kausal war) Æ Primärverursacher zurechnen?
o vorsätzliches Handeln des Dritten: Dritter haftet
o grob fahrlässiges Handeln eines Dritten: Dritter haftet
o leicht fahrlässiges Handeln eines Dritten: Erstverursacher haftet
Zurechnungsfrage des nachträglichen Fehlverhaltens bezieht sich allein auf den erweiterten
Risikozusammenhang, egal ob die Vortat vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde (203.)
Durchbrechung des Risikozusammenhang nur dann, wenn Erfolg ohne die Zweitursache
wahrscheinliche entfallen wäre (204.)
begeht Täter zweites Fehlverhalten vorsätzlich, dann haftet er (Todeserfolg wird nicht der
ersten Verletzungshandlung zugerechnet)
hL
o 2. Fehlverhalten des Täters ist erlebnismäßig so eng mit dem ersten Fehlverhalten
verknüpft, dass es noch als seine Realisierung erscheint und das zweite Fehlverhalten
ist somit nicht gesondert anzulasten
o hat zweites Fehlverhalten wesentliches eigenes erlebnismäßiges Gewicht, dann
entfällt die Zurechnung zum ersten Sorgfaltsverstoß (206.)
man vergleicht den realen Geschehnisablauf mit einem solchen bei hypothetischer
Annahme normgetreuen Verhaltens und frägt, ob sich aus der Einhaltung der Norm eine
reale Chance der Erfolgsvermeidung ergeben hätte (ex post Analyse- meist
Sachverständigengutachten)
man prüft also, ob das Risiko des Erfolgseintrittes durch die Sorgfaltswidrigkeit ggü einem
vorgestellten rechtmäßigen Verhalten zweifelsfrei erhöht wurde (222.)
auch bei 50:50 Chance Risikoerhöhung bejahen
Ausnahme: wirken mehrere Verhaltensweisen zu einem Erfolg, dann soll dem Täter die
Berufung auf mangelnde Risikoerhöhung verwehrt sein, wenn sein Fehlverhalten den Erfolg
auch bei sorgfaltsgemäßen Verhalten aller anderen Beteiligten herbeigeführt hätte –
umstritten (226.)
5.3 Fahrlässigkeitsschuld
Gesetz knüpft oft höhere Strafen an schwere Tatfolgen, die vom Täter nicht umfasst sein
müssen (Grunddelikt muss vorsätzlich begangen worden sein, für die Qualifikation reicht
Fahrlässigkeit = Vorsatz- Fahrlässigkeits- Kombination) §7/2
obj und subj Sorgfaltswidrigkeit sind bereits durch die vorsätzliche Verletzungshandlung
indiziert (235.)
die nach §§ 84ff eingetretenen Erfolge sind schon dann vom Täter zu verantworten, wenn der
von ihm vorsätzlich verwirklichte Teil nur eine vorsätzliche Misshandlung war (§7/2)
obj Zurechenbarkeit des Erfolges zum vorsätzlich verwirklichten Teil muss unverkürzt
geprüft werden (236.)
bei atypischer Ungefährlichkeit der Misshandlung ist zu prüfen, ob die konkrete
Misshandlung sozial inadäquat nicht nur für den schweren Verletzungserfolg war, sondern
auch für einen überschweren Erfolg (iSd §85/3)
Die Gefährlichkeit entfällt, wenn ein solcher Eintritt außerhalb jeder Lebenserwartung liegt
und die Gefahr für einen überschweren Erfolg unwahrscheinlich war
7. Unterlassungsdelikte
7.1 Allgemeines
Unterlassen heißt nicht, nichts zu tun, sondern das gebotene Tun zu unterlassen, also nicht zu
setzen (241.)
ist ein Verhalten mehrdeutig dann gilt: Primat des strafbarkeitsausschöpfenden Tuns:
Strafbarkeit knüpft an das Tun des Täters an, wenn dieses den strafwürdigen
Gesamtunwertgehalt der Tat ausschöpft
ungesicherte Verwahrung von gefährlichen Mitteln ist schon obj sorgfaltswidrig und schöpft
somit den Unwertgehalt der Tat aus (243.)
wer durch ein Tun eine Gefahr für ein Rechtsgut schafft, dem ist das nachträgliche
Unterlassen der Abwendung dieser Gefahr nicht gesondert zurechenbar (245.)
Verletzt A den X bei einem Autounfall und hilft ihm dann nicht, so zählt man dies als zwei
einzelne Delikte, die man gesondert betrachten muss (§88, §2 iVm 75) (246.)
7.3 Garantenstellung
zB Bademeister ist Garant kraft Vertrags, hat sich zur Überwachung verpflichtet (252.)
auf die zivilrechtliche Gültigkeit des Vertrags kommt es nicht an
Kindermädchen: Garant (schon bei Zusage zur Übernahme, Eltern darauf vertraut)
Garantenpflicht umfasst nur Risiken, die spezifisch den Aufgabenbereich des Pflichtigen
betreffen (teleologische Begrenzung) (254.)
7.4 Handlungsmöglichkeit
Quasikausalität: man fragt, ob der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen wäre, hätte A die gebotene Handlung gesetzt (271.)
hätte man den Erfolg sowieso nicht abwenden können Æ Quasikausalität und obj
Zurechnung verneinen (Erfolgseintritt war auch bei gebotener Handlung unvermeidlich) Æ
trotzdem bleibt es bei der Strafbarkeit aus dem versuchten Unterlassungsdelikt (272.)
oberes gilt auch, wenn Erfolg nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfällt
o Gegenmeinung (Fuchs, wer sonst): Kausalitätsprüfung in abweichender Form: man
fragt, ob Erfolg Ausfluss der Nichtvornahme der Risikoverringerung ist; man prüft,
ob das gebotene Tun die Gefahr für das Rechtsgut ex ante eindeutig vermindert hätte
und ob der eingetretene Erfolg Ergebnis dieses erhöhten Risikos ist (273.)
Echtes Unterlassungsdelikt des §95: Tatbild ist verwirklicht, wenn man in Notsituation
untätig bleibt, es bedarf keines Erfolgseintritts (= schlichtes Unterlassungsdelikt)
o Todesqualifikation – allg. Zurechnungsregeln:
könnte man den Verletzten retten Æ Quasikausalität, für Tod muss man
einstehen
könnte man den Verletzten nicht retten Æ keine Quasikausalität, da man
Erfolgsqualifikation nicht versuchen kann Æ Strafbarkeit nach Grunddelikt
(276.)
8. Versuchsstrafbarkeit
8.1 Allgemeines
Versuch: der obj Tb ist in einer dem Täter zurechenbaren Weisen nicht voll erfüllt § 15
zB kommt es bei versuchtem Mord zur KV wird diese im Konkurrenzweg verdrängt (281.)
8.2.2 Problemfälle
bei Delikten mit gesetzlicher Handlungsumschreibung (zB § 146 „Täuschen“), kommt es auf
eine Abgrenzung zur straflosen Vorbereitung gar nicht mehr an, da jedes Täuschen bereits
Ausführungshandlung ist
§ 15/3: Versuch ist absolut untauglich und somit straflos, wenn mangels persönlicher
Eigenschaften, die das Gesetz beim Täter voraussetzt, die Vollendung unter keinen
Umständen möglich war (308.)
werden Tathandlungen gesetzlich umschrieben (zB § 288), will ein Teil der Lehre (Fuchs)
absolute Untauglichkeit annehmen, wenn diese Tätigkeitsumschreibung obj nicht erfüllt ist
Fuchs: kommt bei seiner Prüfung darauf an, ob das Objekt zufällig abwesend (strafbar, da
relativ untauglicher Versuch) ist oder nicht (nicht strafbar, da absolut untaugl. Versuch) (321.)
9. Versuchsrücktritt
9.1.1 Überblick
§ 16/1: Strafaufhebungsgrund
o beim unbeendeten Versuch: Ausführung aufgeben
o beim beendeten Versuch: Erfolg abwenden
o Freiwilligkeit
ist Deliktsverwirklichung unmöglich geworden und erkennt dies der Täter =
fehlgeschlagener Versuch (Täter kann nicht zurücktreten, da Unmöglichkeit vorliegt) Æ
Strafbarkeit
Rücktritt Æ Rückkehr in Legalität
sind die Umstände erzwungen Æ Rücktritt unfreiwillig (wenn Täter im Vergleich zum
Tatplan deutlich ungünstigere Umstände hat- dh Chancen zur Deliktsverwirklichung haben
sich aus Täterperspektive verschlechtert) (329.)
Frank’sche Formel
o Ich will, aber kann nicht (mehr)
o Ich kann, aber will nicht (mehr)
Jud
o Freiwilligkeit, wenn das Weiterhandeln im Rahmes des Tatplans möglich wäre
Roxin’sche Formel
o handelt der Täter durch die Tataufgabe nur der Verbrechervernunft gemäß Æ
unfreiwillig (333.)
man kann auch danach beurteilen, ob Rücktritt aus autonomen Gründen, also
situationsgebunden, ist oder ob der Anlass für den Rücktritt von außen kommt
Verwirklichung des Delikts in einer Qualifikation ist immer noch eine mögliche Fortsetzung
des Delikts (notwendig gewordener Modalitätenwechsel begründet keine Unmöglichkeit)
verzichtet man auf eine intensivere Deliktsverwirklichung, weil der Widerstand unerwartet
stark ist, dann tut man im Hinblick auf den unternommenen Deliktsversuch nichts
verdienstliches, wenn man zurücktritt, sondern fügt sich nur den Verhältnissen (335.)
verschlechtert sich eine Situation nicht für den Täter, sondern erhöhen sich die
Opportunitätskosten (Kosten der entgangenen Gelegenheit), ist es das einzig sinnvolle, die
vorherige Handlung aufzugeben und eine neue zu beginnen (= verbrecherrational;
Roxin’sche Formel) Æ keine verdienstliche Rückkehr in die Legalität, Täter bleibt für
vorheriges Delikt für den Versuch strafbar (336.)
tritt man aus inneren Motiven zurück Æ Freiwilligkeit (gesinnungsgemäße Läuterung oder
edle Motive sind nicht erforderlich) (327.)
tritt man freiwillig von einem bereits unternommenen Raubversuch zurück, haftet man für
mögliche KV oder Nötigung (338.)
tritt man von einem beendeten Mordversuch zurück, bleibt Strafbarkeit für KV bestehen (339.)
auch Rücktritt aus Angst oder wegen Skrupel ist verdienstvoll (340.)
9.1.4 Endgültigkeit
Täter wird straffrei, wenn er aus Versuchssituation heraustritt und „zumindest jetzt nicht“ die
tat ausführt (auch wenn er sich Plan für späteren Zeitpunkt vorbehält) (342.)
9.1.5 Sonderprobleme
9.3 Putativrücktritt
10.1 Überblick
10. 2 Bestimmungstäterschaft
wer anders als durch Erwecken des Tatentschlusses die Ausführung einer bestimmten
strafbaren Handlung vorsätzlich fördert Æ Täter des § 12 3. Fall
Tat muss obj gefördert werden (physisch oder psychisch)
auf das Gewicht des Beitrages kommt es nicht an
Beitrag muss zur Förderung der Tat geeignet sein und sich in der Tat des unmittelbaren
Täters tatsächlich auswirken (374.)
reine Mitwisserschaft ist keine Beteiligungshandlung, ist Mitwisser kein Garant für die
Rechtsgüter des Gefährdeten Æ straflos (376.)
Beteiligung durch Unterlassen möglich (378.)
die Grenze strafbarer Beteiligung wird mit der formellen Deliktsvollendung gezogen (danach
geleistete Beiträge können sich ja nicht mehr auf die Tat fördernd auswirken) (382.)
sieht man A als verdeckten unmittelbaren Täter hat er, indem er das Gift in die Suppe leert,
schon alles Notwendige zur Deliktsverwirklichung getan Æ beendeter Versuch Æ Haftung
für Vollendung
o Einheitstätermodell: Versuch wird nach naturalistischem Handlungswillen des
unmittelbaren Täters beurteilt, in Fall 407: Strafbarkeit des A, wenn P das Bett der X
erreicht= Versuch; Strafbarkeit des A sobald X isst, wenn man X als unmittelbaren
Täter sieht (407.)
hM schränkt Strafbarkeit ein: erst wenn Kausalfaktoren wirken, tritt man ins
Versuchsstadium ein (409.)
10.7.3 Mittäterschaft
hat man keine Kontrolle über das faktisch- rechtliche Geschehen, ist man kein Mittäter
(420.)
Das Anwerben von Gehilfen ist kein Fall von Bestimmungstäterschaft, sondern (versuchte)
„Bestimmung“ zur Deliktsbegehung durch sonstigen Tatbeitrag Æ straflos, da der
unmittelbare Täter selbst noch nicht ins Versuchsstadium eingetreten ist
„Bestimmungsversuch“ des Mittäters zur gemeinsamen Tatbegehung ist kein Fall der
Bestimmungstäterschaft, sondern der Versuch der Verabredung zu gemeinsamer
Tatbegehung Æ Strafbarkeit erst beim Ansetzen zur Tatverwirklichung (422.)
für die Strafbarkeit des unmittelbaren Täters reicht es, wenn er mit Gesamtvorsatz auch
nur eine der einschlägigen Tathandlungen verwirklicht
bei Sonderdelikten kann nicht jeder unmittelbarer Täter sein, sondern nur Machthaber selbst
nach § 14/1 werden unrechtsrelevante Tatqualifikationen auch auf die Beteiligten, bei
denen sie gerade in eigener Person nicht vorliegen, erstreckt (425.)
auch wenn A und B arbeitsteilig werden, kann nur der Qualifizierte unmittelbarer Täter
eines Sonderdelikts sein (426.)
unechte Unterlassungsdelikte sind Sonderdelikte, die Garantenstellung prägt das Unrecht
der Tat (428.)
§ 313 und § 39 sind Strafzumessungsregeln, § 14 unterliegt diesen nicht (429.)
§ 211 ist ein eigenhändiges Delikt: Unrecht wird nur hergestellt, wenn die Qualifizierten in
der vom Gesetz vorgeschriebenen Weise mitwirken (430.)
§ 76 und § 79 sind schuldrelevante Sonderdelikte: Die schuldrelevante Täterqualifikation
kommt nach § 14/2 dem Beteiligten nicht zugute Æ Haftung aus dem allg. Delikt (431.)
jeder tatbeteiligte Täter des betreffenden Delikts muss mit dem vom Gesetz geforderten
Vorsatz handeln; bei Untreue muss man wissentlich handeln, also auch der Tatbeteiligte Æ
strittig ob Beteiligter bezüglich des Vorsatzes des unmittelbaren Täters eine besondere
Vorstellung haben muss Æ es reicht dolus eventualis hinsichtlich der besonderen
Vorsatzerfordernisse des unmittelbaren Täters (432.)
es kann auch sein, dass mehrere unmittelbare Täter des Sonderdelikts sind (435.)
beachte § 166/2 (436.)
Kreis der unmittelbaren Täter von juristischen Personen beurteilt man gem § 161 iVm § 309
(437.)