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YouTuber Drachenlord

Der Drache, den das Internet heimsuchte


Rainer Winkler lädt im Internet Videos unter dem Namen Drachenlord hoch.
Damit zieht er Hater an, die ihn sogar in seinem Dorf heimsuchen. Ein
Ortsbesuch

Eine Reportage von Jakob von Lindern, Altschauerberg


5. September 2018, 13:40 Uhr / 418 Kommentare /

Rainer Winkler, auf YouTube besser bekannt als der Drachenlord, vor
seinem Haus in Altschauerberg © Jakob von Lindern für ZEIT ONLINE

Sie sind gekommen, um ein Spiel zu spielen. Junge Männer fahren nach
Altschauerberg und laufen den Hügel vom Ortseingang hoch zu ihrem Ziel: einem
baufälligen, eierschalenfarbenen Haus, das von einem in blaue Planen gehüllten
Zaun umgeben ist. Vor diesem Haus hängen die Männer herum, machen Fotos
davon, inspizieren die Graffitis und Schmierereien auf der Wand, unterhalten sich
über ein zerbrochenes Fenster oder das schiefe Dach, es wird viel gelacht, manche
trinken Bier. Dann gehen sie wieder. Das ist das Spiel. Es heißt: Drachengame. Das
erklärte Ziel: "Dem Drachen das Fürchten lehren!"

Der Drache, das ist der Bewohner des baufälligen Hauses, das unter den Beteiligten
den Spitznamen Drachenschanze trägt. Im echten Leben heißt der Drache Rainer
Winkler. Das Spiel, in dessen Mittelpunkt er steht, hat im Grunde nur ein Ziel: ihn
zu quälen. Am 20. August erreichte das Game ein neues Level: Zwischen 600 und
800 Menschen kamen in das 40-Seelen-Nest in Mittelfranken und feierten eine
Art Party: saufen, durch den Wald zu dem Haus pilgern, grölen. Der Name der
Veranstaltung: Schanzenfest. Trotz Versammlungsverbots rückten die Teilnehmer
an, warfen Böller, Eier und Steine, Fenster zerbrachen, eine Wiese brannte, ein
Großaufgebot der Polizei sprach 300 Platzverweise aus.

Das Drachengame ist kein schönes Spiel. Es läuft schon seit Jahren, das
Schanzenfest ist nur der vorläufige Höhepunkt. Und es ist alles andere als einfach
zu durchschauen. Es ist ein wirrer Filz aus Langeweile, Anonymität,
Geltungsdrang, Bösartigkeit, Wut und Geld. Aber es lohnt sich, hinzuschauen.
Denn das Drachengame ist ein kleiner Einblick in Paralleluniversen, die im
Internet immer wieder entstehen, kaum bemerkt werden und dennoch fatale
Auswirkungen haben können.

Drachenlord, Lügenlord, Lustlord, Ragelord


Dafür muss man wissen, dass das Drachengame nur zum Teil hier in
Altschauerberg spielt. Hauptsächlich spielt es im Internet. Doch es ist nicht im
Netz geblieben, es ist in die reale Welt hinübergeschwappt. Ein Spiel ist es
spätestens nicht mehr, seit die Leute den Drachen besuchen, oder genauer:
heimsuchen.   

Der Ausgangspunkt ist nahezu unspektakulär. Rainer Winkler lebt alleine in dem
Haus, das er von seinem Vater geerbt hat. Er nimmt Videos von sich selbst auf und
stellt sie ins Netz, häufig streamt er sogar live. Das macht der 29-Jährige seit
vielen Jahren, lange hauptsächlich auf YouTube und unter dem Namen
Drachenlord, mittlerweile ist auch die Livestream-Plattform YouNow wichtig für
ihn. Angefangen hat er mit Videos, in denen er zu Metal-Songs headbangt, er
nimmt sogenannte Let's-Play-Videos auf, also Filme, die ihn beim
Computerspielen zeigen. In vielen Videos erzählt Winkler aber auch einfach aus
seinem Alltag oder antwortet auf Fragen seiner Zuschauer. Er ist oder war
außerdem auch auf anderen Kanälen aktiv, in einem eigenen Forum und einem
Kanal im Audiochatprogramm Teamspeak. So ist über die Jahre ein kaum zu
überblickendes Sammelsurium an Videos und anderen Inhalten entstanden.

Wann Menschen begonnen haben, ihn systematisch im Netz zu verspotten, lässt


sich nicht mehr genau sagen. Vermutlich waren von Anfang an Zuschauerinnen
und Zuschauer dabei, die sich vor allem über ihn lustig machen wollten. Rainer
Winkler ist übergewichtig, spricht breites Fränkisch und in den endlosen Stunden
der Videos, die es von ihm gibt, finden sich eine ganze Reihe reichlich schräger
Auftritte und Äußerungen. Er fabuliert ausführlich über Sexualpraktiken,
verwickelt sich in Widersprüche über sein Leben; einmal hat er auf die
Nutzerfrage, was er vom Holocaust halte, gesagt: "'Ne nice Sache."
Das finden einige Menschen offenbar so lustig, dass es eine Gemeinschaft gibt, die
seine Videos verbreitet, kommentiert, parodiert, ihn in Blogs verspottet und eine
Art Fantasiewelt um den Drachenlord herum aufgebaut hat. Sie nennen ihn
Lustlord, Lügenlord und, weil er zuweilen selbst auf harmlose Anfragen
aufbrausend reagiert, Ragelord. Dass es Menschen gibt, die sich mit erstaunlicher
Energie daran machen, andere im Internet zu verspotten, und Spaß daran haben,
anonym Zwietracht zu säen, Verwirrung zu stiften, zu beschimpfen und heftige
Drohungen auszusprechen, ist nicht ungewöhnlich: Trolle und Hater gibt es nicht
nur im Drachengame. Auch Politiker, Journalisten und andere öffentliche oder
zufällig ausgewählte Personen trifft der Hass im Netz
[https://www.zeit.de/digital/internet/2018-07/hate-speech-internet-soziale-
medien-hasskommentare-studie]. Weil Winkler aber auch immer wieder auf die
Angriffe reagiert, entsteht eine Spirale. Die Haider (Hater fränkisch
ausgesprochen), wie er sie in seinen Videos nennt und sie sich deshalb
mittlerweile auch selbst, haben Spaß daran, ihn zu piesacken und zu sehen, wie er
darauf als Nächstes reagieren wird.  

Das meiste, was sie dabei ins Netz stellen, ist pubertärer Blödsinn, etwa
ausführliche, kommentierte Zusammenfassungen seiner Videos. Aber dabei bleibt
es nicht. Manche der Hater spielen ihm grausame Streiche, wie die Userin
Erdbeerchen1510, die er im Internet kennenlernte, und die ihn dazu brachte, ihr
einen Antrag zu machen, um ihn dann vor laufender Kamera auszulachen und zu
beschimpfen. Jemand schickte Winkler 2015 mit einem Fake-Notruf die
Feuerwehr ins Haus, während der livestreamte – der Anrufer, Alexander S., wurde
auch wegen anderer Vergehen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe
[https://motherboard.vice.com/de/article/9aqy9y/erstes-deutsches-swatting-hohe-
freiheitsstrafe-fuer-drachenlord-hater] verurteilt. Doch es gibt auch heftige verbale
Angriffe. Manche raten ihm online, "ins Gas zu gehen". Und einmal drohte jemand
seiner Schwester telefonisch.

"Ich prügel die Scheiße aus euch raus!"


Als Reaktion darauf stellte Winkler einen mittlerweile berühmt gewordenen Clip
ins Netz: Mit aufgerissenen Augen kommt er immer näher an die Kamera, brüllt,
jeder, der sich mit ihm anlegen wolle, könne ja kommen. "Ich prügel die Scheiße
aus euch raus!" Dann nennt er seine Adresse. Straße, Hausnummer, Postleitzahl.

Und so fand das Drachengame seinen Weg aus dem Internet schließlich ins echte
Leben, nach Altschauerberg. Ein Ort, der nur eine Straße ist, an der ein paar
Häuser stehen. Gepflegte Vorgärten, geschnittene Hecken, ein altes Bauernhaus
mit Scheunentor und Fachwerk. In den Häusern leben Menschen, die von
YouTube-Phänomenen weiter nicht entfernt sein könnten. Auch sie sind nun Teil
des Games, mindestens als Zuschauerinnen und Zuschauer, aber auch sie werden
gefilmt, hören die nächtlichen Rufe, sehen die Bierflaschen.

Der Drache wagt sich aus der Schanze


Auf der Straße ist an diesem Vormittag eines normalen Werktages niemand, ein
alter Mann sitzt auf einer Bank in seinem Hof, will aber nicht sprechen, man solle
abhauen, genau wie "die alle". Ein Rentnerpaar öffnet die Tür. Auf den Drachenlord
angesprochen seufzt die weißhaarige Frau "ach na ja, der Rainer". Sie seien
genervt, sicher, aber er täte ihnen auch leid.

Andere sind wütend auf ihn. Ein Mann, ebenfalls im Rentenalter, werkelt gerade in
der Garage, während seine Frau die Armaturen im Auto wischt. "Man muss sagen,
er ist eine arme Sau", sagt er auf Fränkisch, er zieht den Satz so, dass es mehr wie
"Erissa arme Sau" klingt. Aber er sagt auch: "Wenn sich jemand nicht in die
Gesellschaft einfügen kann, dann muss er aus der Gesellschaft entfernt werden,
auch wenn das hart klingt."

Später, am Nachmittag, wird ein anderer Anwohner, bärtig, vielleicht um die 40,
sein Auto kurz bei einer Gruppe junger Besucher stoppen. Aus dem Fahrzeug ruft
er ihnen zu, dass sie bitte nur vor einem bestimmten Haus "Scheiße bauen" sollen.
"Das könnt ihr von mir aus abfackeln." 

Missverstandener Sarkasmus
Noch aber ist es ruhig vor der Drachenschanze. Es ist mittags, vor dem Haus sieht
es aus wie nach einer Party. Die Wände eines Anbaus und der Zaun sind
beschmiert, davor liegt ein Schild mit der Aufschrift "Lügenlord", und Müll, den
Haider hinterlassen haben, Scherben, Kippen und die Verpackung einer
Stinkbombe. Die blaue Plane verdeckt die Sicht auf den Hof. Nur mit gerecktem
Kopf ist die Eingangstür zum Haus zu sehen. Und dort, plötzlich, steht der Drache.
Rainer Winkler läuft die Dorfstraße hoch zu seinem Haus. © Jakob von
Lindern für ZEIT ONLINE

Rainer Winkler spricht eigentlich nicht mit Journalisten, jedenfalls hat er schon
viele weggeschickt. Erst vor wenigen Tagen hat er verschiedene Medienberichte
über sich in einem Video kommentiert und Journalisten vorgeworfen, Lügen zu
verbreiten und nicht ordentlich zu recherchieren. Umso überraschender ist es, als
er nach einigen Minuten und einem kurzen über den Zaun gerufenen Wortwechsel
das Gatter zu seinem Hof aufsperrt und davor tritt. Ein verwaschenes T-Shirt mit
dem Schriftzug der Metalband Amon Amarth und einem muskelbepackten
Axtkrieger spannt sich über seinem Bauch. Das Haar hängt über ein Stirnband, die
Füße stecken in ausgetretenen Turnschuhen. Er will reden. Vielleicht ist ihm
einfach danach, vielleicht sieht er die Chance, ein paar Dinge geradezurücken.

Also: Welche Lügen werden über Sie verbreitet, Herr Winkler?

"Dass ich ein Nazi bin oder ein Rassist und Sexist", sagt er in dem breiten
fränkischen Dialekt, den man aus seinen Videos schon kennt. "Und das bin ich
nicht."

Angesprochen auf seine Holocaustäußerung sagt er, dass er missverstanden


worden sei.

"Das war sarkastisch gemeint. Vielleicht hat es nicht sarkastisch genug geklungen,
aber so war es gemeint." Er sei von der wiederholten Frage genervt gewesen und
habe ausdrücken wollen: "Jetzt haltet doch mit dem Thema mal die Goschn." Dass
er gegen Nazis sei, wisse jeder, der sich mit ihm beschäftige.  

In mehreren Videos distanziert er sich tatsächlich von rechtem Gedankengut, und


auch wenn einige seiner Äußerungen unüberlegt und wenig reflektiert sein
mögen, der Eindruck einer politischen Agenda entsteht in seinen Clips nicht. 

"Quälen nicht"
Die Polizei kontrolliert eine Gruppe junger Männer in Altschauerberg.
© Jakob von Lindern für ZEIT ONLINE

Während Winkler vor seinem Haus steht und spricht, geht der Drachenlordalltag
in Altschauerberg langsam los. Das heißt, die Hater kommen. Die ersten Autos mit
Schaulustigen fahren vorbei, eine Gruppe junger Männer stromert durchs Dorf.
Bevor sie das Haus erreicht hat, ist eine offenbar von den Nachbarn gerufenen
Polizeistreife da, nimmt Personalien auf und fragt bei der Gelegenheit bei Winkler
nach, ob alles in Ordnung sei.

"Bisher ruhig."

Was treibt diese Menschen dazu, ihn zu besuchen, warum ausgerechnet ihn?
Winkler hat darauf keine klare Antwort. "Ich kann das gar nicht richtig begreifen",
sagt er. "Ich wurde schon mit Stöcken und Waffen attackiert." Er erzählt dann
auch, wie er sich verteidigt, wie er ein Wurfgeschoss abgewehrt hat, mit seiner
Physis Angreifer verschreckt. Es sind wohl auch diese Reaktionen, die Ziel der
Attacken sind.

"Die versuchen halt, mich aus der Fassung zu bringen, um die Videos davon dann
hochzuladen und dafür Aufmerksamkeit zu bekommen."

Für "die" ist es einfach Teil des Spiels. Manche von ihnen sind auf der Durchreise,
manche wollen abends zur Kirchweih, andere kommen von der Arbeit oder haben
einfach Langeweile in den großen Ferien.

"Unfreiwillig komisch"
"Wir wollten uns das nur mal anschauen", sagt einer mit langen blonden Haaren
und einem kleinen Bierbauch unter dem Bandshirt, der am Nachmittag zur
Drachenschanze kommt. 

"Wir sind gerade sowieso in der Nähe gewesen", sein Begleiter.

Die beiden sind vielleicht Mitte 20, kennen das Phänomen schon länger und
schauen sich gern die Videos von und um den Lord an. 

Aber was ist so lustig daran, hierher zu pilgern?

"Na ja, er ist eben unfreiwillig komisch. Was er macht und wie er immer reagiert,
es ist einfach unterhaltsam, wie Fernsehen."

Oder wie "der Dorfdepp, nur halt im Internet", wie ein anderer sagt, der schon
häufiger hier war und den Ort nun zwei Freunden zeigen will.

Und über den darf man hemmungslos lachen, sein Haus fotografieren oder ihn
quälen?
"Quälen nicht."

Vom Schanzenfest, von Eierwürfen und von Morddrohungen distanzieren sich alle
wortreich.

"Aber ihn hier mal zu besuchen, ist doch o. k."

Eine Realitysoap, interaktiver als im Nachmi agsprogramm


Der Reiz des Drachengames ergibt sich aus einer Mischung aus Voyeurismus und
Nervenkitzel. Es ist eben eine spannende, aber doch recht ungefährliche
Grenzüberschreitung, hierher zu fahren, mal zu schauen. Die Realitysoap um den
Drachenlord ist interaktiver als die im Nachmittagsprogramm. Typisch für solche
Internetphänomene ist auch, dass sich viele der Hater darin gefallen, einer Gruppe
anzugehören, die für die Außenwelt rätselhaft ist. Sie lachen über Medien, die
ihren Fakes und Parodien auf den Leim gehen, und über Politiker, die nicht
verstehen, was irgendwelche YouTuber in der fränkischen Provinz wollen. Das
alles paart sich mit Langeweile und ein bisschen Sadismus, geschützt ist man
durch Anonymität. Zack, fertig: Drachengame.

Wobei es durchaus Abstufungen gibt: Die Männer, die am Nachmittag ein Bier vor
Winklers Haus trinken, wollen ihn nicht ernsthaft quälen oder sein Haus kaputt
machen. Obwohl sie sich Hater nennen, hassen sie ihn nicht – das gilt vermutlich
für die meisten Teilnehmer des Spiels. Dass das, was sie tun, trotzdem ein Problem
sein könnte, quittieren viele mit einem Schulterzucken.

Einige haben eine Art Rechtfertigung, warum es schon in Ordnung geht, ihn ein
bisschen zu ärgern. Von seinem angeblichen Rassismus bis hin zur Tatsache, dass
er bei YouNow streamt, einer Plattform, die immer wieder von Jugendschützern
dafür kritisiert wird, dass sie nicht genug dagegen tut, dass sich Minderjährige in
ihren Streams freizügig zeigen. Vor allem aber scheinen viele der Meinung zu sein,
Rainer Winkler spiele das Drachengame fröhlich mit, provoziere bewusst und sei
geradezu auf der Suche nach der Aufmerksamkeit seiner Haider – nur
Außenstehende würden dieses Spiel als Mobbing missverstehen.

Nur nicht aufgeben


"Für mich war das nie ein Spiel", sagt Winkler. "Mit dem Leben eines anderen
Menschen zu spielen, ist für mich nicht lustig. Viele kommen hierher mit dem Ziel,
mich so weit fertig zu machen, dass ich mich irgendwann umbringe. Oder
zumindest kommt es oft so rüber."

Auch sein verstorbener Vater werde regelmäßig verspottet. "Die haben nicht
einmal Respekt vor den Toten, darauf haben sie immer wieder eingedroschen."
Dass er unter den Hatern leidet, sagt er auch in seinen Videos. Aber konsistent ist
er darin nicht: Bei anderen Gelegenheiten geht er zum Gegenangriff über,
beschimpft und droht zurück.

"Dass ich mich sehr ungeschickt in manchen Situationen anstelle, das ist mir klar,
durchaus", sagt er. "Aber das ändert ja nichts daran, wie krank manche Leute sind
und wie viel Mobbing man dann mitkriegt."

Reste einer Stinkbombe vor der Drachenschanze © Jakob von Lindern für
ZEIT ONLINE

Die Frage, die sich aufdrängt: Warum hört er nicht einfach auf, wäre dann nicht
alles vorbei?

"Es würde wohl noch ein bisschen weitergehen. Ich müsste wegziehen. Aber auf
der Straße würde ich ja immer noch erkannt."

Er überlege auch tatsächlich, wegzuziehen, wolle aber nicht in eine Wohnung,


sondern auf jeden Fall wieder in ein Haus ziehen. Es sind auch Ankündigungen
wie diese, die ihm die Hater als realitätsfern auslegen und ihn dafür verspotten.

Im Netz wird weitergezockt


Gleichzeitig sieht sich Winkler auch als ein Mensch mit einer Mission. "Es ist mal
jemand auf mich zugekommen, wollte ein Foto machen und dann sagte er: 'Dass
ich noch lebe, habe ich dir zu verdanken.' Der hat mitbekommen, wie viel Hass ich
ertragen muss, und das hat ihm neuen Mut gegeben." Eine Art Mahnmal gegen
Mobbing möchte er deshalb sein. "Gegen Mobbing muss etwas getan werden", sagt
er. "Ich rate jedem, nie aufzugeben."

Vielleicht kann Winkler selbst irgendwie auch nicht aufgeben. Vielleicht fällt es
ihm schwer, die Provokationen zu ignorieren, vielleicht ist das Streaming zur
Gewohnheit geworden. Vielleicht ist auch ein wichtiger Grund, dass die Videos
und Streams sein einziges Einkommen sind. Nach eigenen Angaben verdient er
damit zwischen 1.500 bis 2.000 Euro im Monat. Sonst macht er nichts.

Wenn er es nicht beendet, dann muss es eben jemand anderes beenden – das
jedenfalls wünschen sich die meisten seiner Nachbarn. Viele sehen zwar die
Schuld für das Ganze bei Winkler, fühlen sich aber auch von der Politik
alleingelassen. Der Bürgermeister vom Emskirchen, Harald Kempe, will sich nicht
äußern, die Gemeinde verweist ans Landratsamt. Dort ist man seit den
Geschehnissen des 20. August damit beschäftigt, einen Plan zu entwerfen, sagt ein
Sprecher. Es gab eine Versammlung mit der Polizei, Vertreterinnen und Vertretern
der Gemeinde und des Landkreises sowie den Anwohnerinnen und Anwohnern.
Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat sich mittlerweile
eingeschaltet: "Wir werden alles dafür tun, um die Ruhe in diesem Dorf
wiederherzustellen", sagte er dem Bayerischen Rundfunk
[https://www.youtube.com/watch?v=7JQ1zCaJdts].

Die Hater wollen wiederkommen


"Die Behörden werden an der Vorgehensweise festhalten und weiterhin
konsequent gegen vermeintliche Störer, aber auch gegenüber Gaffern vorgehen.
Darüber hinaus werden alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft, die zu einer
Befriedigung der Gesamtsituation mittel- bis langfristig beitragen können",
schreibt das Landratsamt in einer Mitteilung. Welche Mittel das sind, konkretisiert
es nicht.

Ob sie aber wirken, wird sich bald zeigen. Denn es sieht nicht so aus, als wäre das
Drachengame schon im letzten Level. In Altschauerberg läuft es dieser Tage zwar
eher im Stand-by-Modus, im Netz aber wird fröhlich weitergezockt.
Medienberichte werden kommentiert, neue Beschimpfungen in Blogs geschrieben,
Aufnahmen vom Schanzenfest herumgereicht. Und es kursieren bereits die ersten
Ankündigungen für eine neue Belagerung. Im Herbst wollen sie zurückkommen,
all die Hater. Und ihr Spiel weiterspielen.   

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