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JOSEF ISENSEE
Inhalt
3. Zivilreligion
Bleibt die Menschenwürdeconfessio des Grundgesetzes an sich im Hori zont der
Säkularität, so stillt die Gesellschaft gleichwohl in ihr ihre trans säkularen
Bedürfnisse. Hier zeigt sich das Bild des Erhabenen, das sich ab hebt von der
Trivialität des Alltags. Wo alles zerbröselt, was herkömmlich der Gesellschaft
Zusammenhalt bot, christliche Religion und kulturelle Überlie ferung, bürgerliche
Lebensform und nationale Solidarität, findet die Gesell schaft zur Einheit im
Bekenntnis zur Menschenwürde und erlangt so etwas wie einen Zustand
moralischer Grundsicherheit, in dem ein jeder einem jeden ein Minimum an
Vertrauen entgegenbringen darf. Das Grundgesetz bezeugt die politische
Läuterung der Deutschen, die Abkehr von einer Phase ihrer Ge schichte, in der
von Staats wegen die Würde planmäßig mißachtet wurde. Doch erschöpft es
sich nicht in einer Negation der Negation der Menschen würde. Es richtet ein
positives Ethos auf, in dem die Deutschen ihr besseres Selbst wiederfinden
können. Das Ethos aber strahlt über das ethische Minimum hinaus. Die Grenze
zwischen Recht und Moral wird durchlässig. 18 Da mit entgleitet die Exegese der
Menschenwürde wenigstens teilweise den Hän den der Juristen und geht über auf
Philosophen, Theologen 19 und jedermann sonst, der sich berufen fühlt, in der
offenen Gesellschaft der Verfassungsin terpreten mitzureden.20 In ihrer Sicht
erhebt sich die Idee der Menschenwür de aus ihrer territorialen und personalen
Begrenztheit als staatliche Norm21 in ein kosmopolitisches Universum und
inspiriert einen menschenrechtlichen Missionarismus, der, unbekümmert um
politische, soziale und kulturelle Unterschiede, für sein genuin europäisches
Leitbild kämpft.22
In der Menschenwürde stößt die demokratische Gesellschaft auf ein Tabu. An
sich neigt sie dazu, alles überkommene zu hinterfragen und alles Selbst
verständliche zu zerreden. „Si nous ne sommes pas discutables, nous ne
sommes pas vrais." Doch die Wahrheit, die sich hier auftut, steht nicht zur
Diskussion. Niemand rührt an sie, jedermann akzeptiert sie fraglos. Das Tabu
stiftet auf seine Weise nationale Identität.23 Der Verfassungsartikel erweist sich
damit auch als Glaubensartikel einer Zivilreligion. Diese kann die Nach folge
Rousseaus nicht verleugnen, auch wenn sie nicht so weit geht wie die ser, der die
Abtrünnigen verbannen und der Todesstrafe überantworten woll te, weil sie falsch
geschworen hätten. Gleichwohl findet sich hier ein „rein bürgerliches
Glaubensbekenntnis zu allgemeinen Ansichten, ohne deren Be folgung man weder
ein guter Bürger noch ein treuer Untertan sein könne. "24 Auch das sprachliche
Erscheinungsbild der Menschenwürde-Sentenz erfüllt prima facie die
Anforderungen Rousseaus: die Dogmen der religion civile sollten „einfach, gering
an Zahl und bestimmt ausgedrückt sein und keiner Auslegungen und
Erklärungen bedürfen" .25 In dem „bürgerlichen Glaubensbe kenntnis" regt sich
der Drang nach dem Absoluten. Die demokratische Gesell schaft sucht dem Fluch
des Relativismus, der auf ihr liegt, zu entrinnen, ohne Zuflucht in der
Transzendenz erhoffen zu dürfen. In einer Welt, in der alles fließt, auch Werte,
Normen und deren Auslegung, soll die Menschenwürde festen Grund bieten, auf
dem sie das Gebäude der Freiheit errichtet.
Doch ist der Grund tragfähig? Wie kann die staatliche Rechtsordnung ihren
Grund in sich selber finden? Ein rechtspolitisches Münchhausenstück: daß die
Freiheit sich am selbstgeflochtenen Zopf ihrer Würde aus dem Sumpf der
Unsicherheit soll ziehen können! Läßt sich mit den Mitteln des Rechts das
Absolute handhabbar erfassen und in Wirksamkeit überführen?
1. Kleine Münze
Die Schwierigkeit, zu bestimmen, was Menschenwürde ist, quält eine kri tische
Hermeneutik. Doch der naive Leser, der nicht von des Methodenge dankens
Blässe angekränkelt ist, bemerkt von ihr überhaupt nichts. Die Schwierigkeit
liegt in der Einfachheit der Aussage. In ihrer Einfachheit leuch tet sie dem
Unbefangenen ein, der nicht den Ehrgeiz hat, sie mit den Mitteln der
wissenschaftlichen Exegese zu reproduzieren. Die Einfachheit gibt der „nicht
interpretierten These" eigentümliches Charisma. Als Dogma einer bürgerlichen
Religion bedarf sie nach Rousseau ohnehin keiner Auslegung und Erläuterung,
jedenfalls keiner durch rechtsgelehrte und amtlich ausge wiesene Mittler, durch
die Priesterkaste der Demokratie. Jedermann ist sein eigener Interpret der
Menschenwürde und sagt, was sie kraft seiner Intuition in der jeweiligen Lage
erheischt oder verwehrt, welche Zumutungen ihr ver träglich und welche es
nicht sind. Was den rechtsgelehrten Skrupulanten schreckt, lockt den
unbedenklichen Vertreter der Popularjurisprudenz. Da sich die Menschenwürde
schwer juristisch fassen läßt, kann hier jedermann um so leichter zugreifen. Er
sieht sich angesichts der Evidenz der Formel der exegetischen Anstrengung
enthoben. Ohne weitere Begründung sucht er über Art. 1 GG eine
Letztbegründung, die seine Position kritikresistent und ver fassungsrevisionsfest
macht.75 So versuchen Betroffene, Advokaten und Ver bandsgutachter, ihre
Interessen aus der Menschenwürde abzuleiten und so am Tabu der Verfassung
zu partizipieren. Die Menschenwürde soll dem ille gal eingeschleusten Ausländer
das Bleiberecht geben und das Asylrecht ver absolutieren, 76 den genetischen
Fingerabdruck verhindern, das hergebrachte Streikverbot für Beamte
aufbrechen,77 die lebenslange Freiheitsstrafe beseiti gen,78 eine
Verfassungspflicht zum Tierschutz begründen. 79 An der Men schenwürde
entzünden sich auch der Profilierungsdrang der Verfassungs juristen und ihr
Überbietungswettbewerb darin, die Verfassungsgarantie zu optimieren und
auszudehnen.
Das Bundesverfassungsgericht setzt sich geduldig und sorgfältig mit schwer- und
leichtgewichtigen, nah- und weithergeholten Rügen des Würde verstoßes
auseinander, auch wenn es sie zumeist als im konkreten Fall unbe gründet
zurückweist, so als Einwand wider lebenslange Freiheitsstrafe 80 und
Sicherungsverwahrung, 81 Zwang zur Selbstbezichtigung, 82 Wohnraumüber
wachung, 83 Verwertung von tagebuchähnlichen Aufzeichnungen im Straf
verfahren, 84 Kontaktsperre. 85 Die Wiederverheirateten klagten das Recht ein, daß
der durch frühere Ehe erworbene Name der Ehefrau als Ehenamen der neuen
Ehe geführt werden darf.86 Der Transsexuelle erwirkt, daß sein emp fundenes
und operativ erworbenes Geschlecht im Geburtenbuch eingetragen wird.87
Dagegen verletze die Ladung zum Verkehrsunterricht nicht die Wür de des
Geladenen, selbst dann nicht, wenn er den Unterricht nicht nötig ge habt hätte.88
Auch die mangelnde Einklagbarkeit des Ehemäklerlohnes diffa miere nicht den
Berufsstand der Heiratsvermittler und beeinträchtige nicht ihre Menschenwürde.
89 Die "wichtigste Wertentscheidung" des Grundgesetzes wird bemüht für
Telefonsex und Zwergenweitwurf. 90 Die Menschenwür de verwandelt sich -
Dürigs Warnungen zum Trotz - in kleine Münze. Man mag darüber streiten, ob
hier ein höchster Wert vergeudet oder ob er lebens nah in den Rechtsalltag
implantiert wird.
Höchste Gerichte deduzieren aus der Menschenwürde konkrete Bedingungen für die
Ausgestaltung des Strafvollzugs bis hin zur Ausmessung der Gemein schaftszelle
nach Quadratmetern, deren Möblierung und der Trennwand zu Waschbecken und
Toilette.91 Als in der Kulturrevolution sich die männliche Lö wenmähne zum
Fortschrittlichkeitsausweis und Protestsymbol erhoben hatte und der Bundesminister
der Verteidigung kraft seiner Befehls- und Kommandogewalt Länge und Tragweise
des Haupthaares von Soldaten regulieren mußte ("Haar Erlaß"), schützte das
Bundesverwaltungsgericht ihn vor dem Vorwurf, die Men schenwürde des Soldaten
werde dadurch verletzt, daß ihm im Interesse seiner eigenen Sicherheit und zur
Erhaltung seiner vollen Funktionsfähigkeit unter Be rücksichtigung der
Hygieneerfordernisse befohlen werde, das Haupthaar nur bis zu der regulierten Länge
zu tragen: "Er wird damit weder zum Objekt noch zum bloßen Mittel herabgewürdigt
oder erniedrigt. Weder wird seine ureigenste In timsphäre mißachtet noch seine Ehre
in demütigender Weise verletzt. Das käme in Betracht bei einem Zwang zum Kürzen
der Haare, durch das der Soldat ge ächtet oder gebrandmarkt erschiene oder durch
das er gröblich entstellt und so der Lächerlichkeit preisgegeben würde. Hiervon kann
bei der Regelung ... keine Rede sein."92
Den Höhepunkt der Würde-Sensibilisierung, gleichsam ihr Ö-Tüpfelchen, bil dete die
Rüge eines grundrechtsbewußten Telefonkunden, dessen Name den Um laut ö enthielt,
die Post verletze ihn in seiner Menschenwürde, weil sie in den durch EDV-Anlagen
gefertigten Fernsprechrechnungen seinen Namen nicht mit ö, sondern mit oe schreibe.
Das Bundesverwaltungsgericht, das 1969 als dritte Instanz entschied, räumt ein, daß
der Name Bestandteil eines in Art. 1 GG an erkannten Persönlichkeitsrechts sei und
daß die Menschenwürde sicher verletzt werde, wenn die Veränderung der
Schreibweise des Namens den Betreffenden verunglimpfe und der Lächerlichkeit
preisgebe. Doch hält das Gericht der Post zu gute, daß ihre Anlagen in der Frühzeit
elektronischer Datenverarbeitung Umlau te nicht verarbeiten könnten, die
vorhandenen Zeichen alle benötigt würden und auch aus Gründen internationaler
Vereinheitlichung keines der knappen Zeichen einem Umlaut weichen könne. Das
Gericht bringt noch einen weiteren Grund da für, daß hier keine Diskriminierung,
Abwertung oder "unwürdige Unterordnung des Menschen unter eine Maschine"
vorliege. Die Schreibweise oe für ö entspre che den Regeln, die sich für den Fall
gebildet hätten, daß die Type ö im Tastenfeld einer Schreibmaschine fehle. „Die
,Regeln für Maschinenschreiben', DIN 5008e, November 1963, sehen unter 1.1 diese
Schreibweise ausdrücklich vor." 93 Men schenwürde also nach Maßgabe der Regeln
für Maschinenschreiben. Was der alten Schreibmaschine recht war, ist dem
Computer billig. Also Gleichheit im Unrecht? Dem unabweislich richtigen Ergebnis
wird eine fehlerhafte Begründung nachgereicht, die Menschenwürde als kleine
Münze in juristisches Falschgeld gewechselt, das Erhabene ins Lächerliche gezogen,
nur weil der Mut fehlt, eine abstruse Rüge zu ignorieren.
Mit ihrer Ausdehnung verflacht die Verfassungsgarantie. 94 Mit ihrer Ver
alltäglichung wird sie banalisiert und verfängt sich im Gestrüpp des Kon kreten. Nun
wird sie ein Grundrecht wie jedes andere. Die unvermeidliche Folge ist, daß sie
ihren absoluten Charakter einbüßt, durch Grundrechte anderer und durch öffentliche
Belange relativiert wird und der grundrechts üblichen Abwägungsaleatorik
anheimfällt.
Aufschlußreich ist die Ächtung der Folter. Sie wird durch nationales wie
internationales Recht sanktioniert; im allgemeinen Rechtsbewußtsein ist sie tief
verankert. Das Tabu der Folter verbindet sich mit dem Tabu der Men
schenwürde.95 Die Menschenwürde begründe ein absolutes Verbot - diese
rigide Rechtsauffassung herrschte unangefochten, solange allein das von der Folter
bedrohte Individuum als Inhaber der Menschenwürde im juristischen Blickfeld
stand, wie es dem Recht der Strafverfolgung angemessen ist. Doch die duale
Beziehung Beschuldigter -Staat wird im Recht der Gefahrenabwehr ersetzt durch
die Dreier-Beziehung Staat - Störer - Opfer. Nun stehen dem Staat zwei
Grundrechtsträger gegenüber, der Störer, dessen Würde zu achten, und das Opfer,
dessen Würde zu schützen ist. Ein Dilemma reißt auf, wenn ein Geiselnehmer im
Gewahrsam der Polizei das Versteck, in dem die Geisel zu verschmachten droht,
nicht nennt und Drohung wie Anwendung physischen körperlichen Zwangs, der
Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, die ein zige Chance eröffnen, das Leben
der Geisel zu retten.96 Falls die Polizei aus Achtung vor der Würde des Täters die
rettende Maßnahme unterließe, gäbe sie die Menschenwürde des Opfers auf, zu
deren Schutz sie verpflichtet ist. Die Schutzpflicht aber wird nicht erfüllt durch
Bemühung, sondern durch Erfolg, also die Rettung. Auf die richtige Lösung des
Grenzfalles kommt es hier nicht an.97 Entscheidend ist die Erkenntnis, daß die
Menschenwürde des einen, als Individualgrundrecht verstanden, notwendig
relativiert wird durch die Menschenwürde des anderen. Kein subjektives
Grundrecht kann absolu te Geltung beanspruchen. Die Menschenwürde ist kein
Grundrecht neben anderen Grundrechten. Sie begründet auch nicht kollidierende
Grundrechts positionen verschiedener Individuen. Wäre das der Fall, müßte es eine
objek tivrechtliche Norm geben, die, im Rang höher als die Menschenwürde, den
Grundrechtskonflikt löste. Doch diese Konfliktlösungs- und Grundrechts
anwendungsregel ist eben das Prinzip der Menschenwürde. 98 Es bildet die
Grundlage aller Grundrechte und steuert so deren Anwendbarkeit und Aus
legung. Deshalb ist es aber selber kein Grundrecht.99
Ein analoges Problem warf das Luftsicherheitsgesetz auf, das die Streit kräfte
ermächtigte, als ultima ratio ein Luftfahrzeug abzuschießen, das gegen das Leben
von Menschen eingesetzt werden sollte.100 Das Bundesverfas sungsgericht
erklärte die Norm für nichtig, unvereinbar mit Grundrechten, soweit von der
Maßnahme Tatunbeteiligte (Mannschaft wie Passagiere) be troffen würden. 101
Das grundrechtliche Verdikt stützt sich nicht allein auf das Lebensrecht, sondern
auch, und zwar „in Verbindung" mit diesem, auf die Menschenwürdegarantie.
Der Staat, der das Flugzeug abschieße und damit alle Insassen töte, behandle die
gekidnappten Geiseln als bloße Objekte sei ner Rettungsaktion zum Schutze
anderer und spreche ihnen den Wert ab, der dem Menschen um seiner selbst willen
zukomme. Statt das Leben der Geiseln zu schützen, vernichte er es. Daher sei der
Abschuß des Flugzeugs kein ver fassungsrechtlich zulässiges Mittel für den Staat,
um seiner grundrechtlichen Schutzpflicht gegenüber den Personen zu genügen, auf
die sich der Flugzeug angriff richtete. 102 Im Ergebnis darf der Staat also nicht
intervenieren. Er muß untätig zusehen, wie der terroristische Angriff zum
angestrebten Erfolg ge langt und auf diese Weise nicht nur die Flugzeuginsassen
sterben, die er in der gegebenen Situation aus tatsächlichen Gründen nicht hätte
retten können, sondern auch die Opfer des Flugzeugangriffs, die er zwar hätte
retten kön nen, doch nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts aus
grundrecht lichen Gründen, aus Achtung vor der Menschenwürde der
Flugzeuginsassen, nicht retten durfte. Auf den ersten Blick ein Triumph der
Absolutheit der Menschenwürde. Bei näherem Hinsehen deren Kapitulation.
Denn das Bun desverfassungsgericht sieht allein auf die Menschenwürde der
Flugzeuginsas sen, indes es die der externen Opfer ignoriert. Damit der
Würdeschutz für jene absolut sei, wird er für diese von vornherein ausgeschaltet.
Das Dilem ma, daß in dem Gefahrentatbestand Leben gegen Leben und
Menschenwür de gegen Menschenwürde steht, wird einseitig aufgelöst, und zwar
auf die Weise, daß am Ende niemand gerettet werden kann und alle untergehen,
die Insassen des Flugzeugs wie die Opfer des Aufpralls. Die Grundrechtsfürsorge
für die ohnehin dem Tod geweihten ersten Opfer des Terrors führt dazu, daß dem
Staat verwehrt wird, wenigstens die weiteren Destinatare des Terrors zu retten. 103
Das Bundesverfassungsgericht sichert den Geiselnehmern gleich sam freies
Geleit und zwingt den Staat, dessen primärer Daseinszweck die Sicherheit seiner
Bürger ist, im Ernstfall untätig zu bleiben; aber es gestattet ihm, im Wasser
grundrechtlicher Unschuld seine Pilatushände zu waschen.
Das Argument der Menschenwürde löst hier eine Denkblockade aus und bestä tigt
Schopenhauers Vorwurf gegen das "Schiboleth aller rat- und gedankenlosen
Moralisten" .104 Geradezu einfältig handhabt das Gericht die Objektformel, unbe
eindruckt von der Warnung des Philosophen vor der Maxime Kants, die ihr zu
grunde liegt: daß diese für jeden Fall ihrer Anwendung erst besonderer Erklärung,
Bestimmung und Modifikation bedürfe. 105 Der Staat, so das Gericht, mache die
(tatunbeteiligten) Flugzeuginsassen zu reinen Objekten seines Handelns, wenn er das
zur Angriffswaffe umfunktionierte Flugzeug abschieße, und mißachte deren
Subjektstellung in einer mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise.106
Doch es ist nicht der Staat, der sie zu bloßen Objekten degradiert, sondern es sind die
Geiselnehmer. Das Gericht insinuiert, daß diese Lage dem Staat zuzurechnen sei und
dieser sie ausnutze, und wirft ihm vor, daß er, statt, wie es seine Pflicht sei, das Leben
der Geiseln zu schützen, es vernichte. 107 Eben das trifft nicht zu. Zwar