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SS2003
Philosophisch-historische Fakultät
Historisches Institut
Proseminararbeit in Neuester Geschichte
Guido Kunz
Glockenstrasse 9
CH – 3018 Bern
031/992 89 54
guidokunz@students.unibe.ch
01-123-413
Eingereicht bei PD Dr. Christoph Merki
27. Mai 2005
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG ....................................................................................................... 3
7 SCHLUSSBETRACHTUNG .............................................................................. 21
8 BIBLIOGRAPHIE .............................................................................................. 22
Anhang A............................................................................................................................ 23
Anhang B ............................................................................................................................ 24
Auf die Person Dr. Wilhelm Becks war ich während den Vorbereitungen eines
Vortrags für das Proseminar „Liechtenstein nach 1806“ im Wintersemester 04/05 an
der Universität aufmerksam geworden. Das Thema des Vortrages beinhaltete die
Entwicklung des Liechtensteinischen Haushalts. Dabei bin ich auf Beck gestossen,
da dieser an der neuen Landesverfassung des Fürstentums Liechtenstein
massgeblich beteiligt war. Ich hatte versucht herauszufinden, wer gesetzlich für das
Budget bzw. für den Finanzhaushalt zuständig war. Als es darum ging ein Thema für
die bevorstehende Proseminararbeit zu finden und Herr Dr. Christoph Merki erklärte,
dass auch eine Biographie ein gutes Thema wäre wusste ich, dass ich eine
Biographie über Dr. Wilhelm Beck schreiben wollte.
Wie sich sehr bald herausstellte ist Beck in Liechtenstein eine umstrittene Figur
welche zwar viel für das Land erreicht hat, aber weil er mit Traditionen brach und die
Monarchie im Fürstentum schwächte bzw. dem Volk mehr Mitsprache in politischen
Fragen ermöglichte, wird seine Arbeit noch heute nicht überall gewürigt. Aufgrund
dieser Umstände war es zu Beginn schwer Sekundärliteratur zu seiner Person
ausfindig zu machen. Aufgrund dessen was ich gefunden habe, haben sich die
folgenden Schwerpunkte herausgebildet: Parteienbildung in Liechtenstein und die
Vorbereitungen für die Landesverfassung 1921. Dank der Mithilfe seiner Tochter
Gertrud Beck war es mir dann doch möglich auch über die anderen
Lebensabschnitte in Erfahrung zu bringen.
Ich hoffe nun mit vorliegender Arbeit einen guten Überblick über das Schaffen Dr.
Wilhelm Becks und über sein Leben geben zu können.
2.1 Ausbildung
Wilhelm Beck wurde am 26. März 1885 als Sohn von Wilhelm Beck und Karolina
Schädler in Triesenberg/FL geboren. Sein Vater arbeitete als Gipser und war
Gemeinderat von 1903-1906.1 Die Geschwister von Wilhelm Beck waren Philomena
(08.10.1875), Kilian (11.08.1880), Karolina (18.09.1883) und Andreas (15.11.1886).
Der Unterricht an der Primarschule Triesenberg wurde von den Klosterschwestern
aus Zams gehalten. Es scheint, dass er sich um 1897 herum in Oberschan als
Geisslerbub betätigte und sich im Selbststudium das Stenographieren beibrachte.2
Vor seinen Studien in Zürich besuchte er 1902/1903 die Handelsschule Feldkirch
und von 1903-1906 die Handelsakademie St. Gallen (heute Universität St. Gallen).
Sein Fleiss und seine Leistungen wurden mit gut bis sehr gut bewertet.
An der Universität Zürich immatrikulierte er sich am 15.10.1906 an der juristischen
Fakultät. Als der liechtensteinische Landesverweser von der Immatrikulation erfuhr,
erregte dies seinen Unmut. Denn Liechtenstein war bisher nach Österreich
ausgerichtet gewesen. Ausserdem waren Studien an Schweizerischen Universitäten
vermieden worden, da diese als nicht-katholische Hochschulen gewertet wurden.3
Während seiner Studienzeit wohnte er in Zürich in der Marmorgasse 10.4 Am
10.03.1909 promovierte er mit seiner Arbeit ‚Das Fundrecht nach dem schweiz. ZGB,
unter Berücksichtigung des kantonalen und ausländischen Rechts dargestellt’. Bis
zum 27.04.1911 vertiefte er seine Studien an den Universitäten Zürich und München.
1
Bucher, Familienchronik
2
Brief von Klaus Schädler an Gertrud Beck; Vaterländische Union, Schlossabmachungen, 109
3
Brunhart/Quaderer, Wilhelm Beck, 110
4
www.matrikel.unizh.ch (27.03.2005)
Dr. Wilhelm Beck machte nach seiner Rückkehr ins Fürstentum mit der
Veröffentlichung seiner Monographie ‚Das Recht des Fürstentums Liechtenstein’6 im
Frühjahr 1912 sehr schnell auf sich aufmerksam. Er kritisierte offen die bestehenden
Rechtsverhältnisse und sprach sich deutlich für eine Änderung aus. Spätestens jetzt
dürfte auch die Landesregierung auf ihn aufmerksam geworden sein, da die zur Zeit
einzige Landeszeitung, das Liechtensteiner Volksblatt, zwei kurze Berichte über die
Veröffentlichung brachte.7 Von nun an wurde Beck politisch stark aktiv. Am 21. April
1912 nahm er als geladener Gast an einer Aufklärungs- und Informations-
veranstaltung der Gewerbegenossenschaft teil und übte harte Kritik an der
Gewerbeordnung von 1910. Ausserdem war er im selben Jahr an einer Petition der
Bürger von Triesenberg beteiligt, deren Ziel die Gewährschaftsleistung beim
Viehhandel war. Der Petition war ein Gesetzesentwurf beigefügt. Fünf von elf
Gemeinden schlossen sich der Petition an. Die Ablehnung der Petition durch den
Landtag wertete Beck als Beweis, dass sich der Landtag über die Interessen und
Wünsche der liechtensteinischen Bürger hinwegsetze und dort keine wirklichen
Volksvertreter sässen.8
Beck erwarb schnell das Vertrauen seiner Mitbürger als Ratgeber in öffentlichen
Angelegenheite. Besonders in seinem Antwortschreiben an einige Balzner, die ihn
um rechtlichen Beistand in Sachen Gewerbeordnung gebeten hatten, erkennt man
seine Art des Vorgehens zur Mobilisierung der Opposition. Beck empfahl:
„Schliessen Sie sich zusammen zu einer Partei Gleichgesinnter, die im Rahmen der
gesetzlichen Ordnung eine Besserstellung zunächst der eigenen Lage, dann aber auch
anderer anzustreben suchen & hiezu werden Sie Mithülfe auch in anderen Gemeinden
5
www.hls.ch (27.03.2005)
6
Selbstverlag des Verfassers, Zürich 1912
7
Liechtensteiner Volksblatt (künftig: L.V.) 01.03.1912
8
Michalsky, Parteien, 228
Bereits bei dieser Gelegenheit bekundete Beck, dass er sich selbst in den Landtag
wählen lassen würde.
9
Brief Dr. Becks 31.03.1913
Am 24. April 1914 erschien die erste Ausgabe der „Oberrheinischen Nachrichten“,
um auf die Landtagswahlen 1914 Einfluss zu nehmen. Dadurch kehrte die Politik in
die liechtensteinische Presselandschaft zurück.11 Primäres Ziel dieser Zeitung war es
nicht, einer allgemeinen politischen Bildung zu dienen, sondern ein Sprachrohr für
die Opposition gegenüber den politischen Institutionen und auch gegenüber dem
bereits vorhandenen Presseorgan zu sein. Zwischen den beiden Zeitungen war ein
feindseliges Klima vorprogrammiert. Schon bald stand die alte Zeitung vor der Frage,
ob und wie sie auf die neue Konkurrenz reagieren sollte. Sie entschied sich im Laufe
der Zeit für eine politische Berichterstattung. Demgegenüber war die Linie der
„Oberrheinischen Nachrichten“ klar.12
Die Zeitung gab Wünsche und Kritik aus der Bevölkerung wieder, ohne selbst
Forderungen zu erheben, und scheute sich auch nicht, politisch heikle Themen, wie
das Landtagswahlrecht, anzusprechen. Nebst Informationen, wie das Wahlrecht
funktionierte, wurde Kritik nur in Form eines allgemeinen Wunsches nach Einführung
des direkten Wahlrechts angesprochen. Denn bisher wählte das Volk Wahlmänner,
welche dann die Mitglieder des Landtags wählten.
Bereits der erste Wahlkampf für den Landtag 1914 war für die Opposition von Erfolg
gekrönt. Sie stellten mit Dr. Wilhelm Beck, dem Architekten Josef Brunhart (nach
seinem Tod im Dezember 1914 dem Landwirt Wendelin Kindle), dem Landwirt Albert
Wolfinger und dem Schmied Josef Sprenger vier von fünfzehn Abgeordneten des
neuen Landtages. Mit Ausnahme von Beck hatten bereits alle öffentliche Ämter inne.
An diese Abgeordneten knüpften sich Erwartungen, die auf die Einlösung eines
Wahlversprechens zielten. Dieses umfasste:
10
Brief Dr. Becks an die Herren Aug., Alois Frick & Jos. Kaufmann vom 07.12.1913
11
Die ‚Liechtensteiner Landeszeitung’, die erste liechtensteinische Zeitung (1863-1868), wollte auch
politische Bildung vermitteln. Vgl. Geiger, Geschichte, 310f.
12
Michalsky, Parteien, 234
Dies war zwar noch kein Programm im Sinne einer Partei, hatte aber doch
programmatischen Charakter, was das Verhalten anging. Was auffällt ist, dass es im
Kern oppositionell war, da es sich gegen viele Routinen richtete.
Die vier oppositionellen Abgeordneten sahen sich als die ersten richtigen
Volksvertreter und erreichten, dass die Landtagsarbeit nicht mehr in der
eingefahrenen Tradition verhaften blieb. Zwischen 1914 und 1918 wurden die
Möglichkeiten, die die Verfassung von 1862 bot, voll ausgeschöpft. Mit Hilfe der
ausführlichen Berichterstattung über die Landtagssitzungen in den beiden
Presseorganen wurde das politische Bewusstsein der Bevölkerung geweckt.
Während Beck in den Oberrheinischen Nachrichten nach eigenem Stenogramm
berichtete, druckte das Volksblatt die sogenannten genehmigten Protokolle ab.14
Die ausgiebige Nutzung des Rederechts durch Beck veränderte den Charakter der
Verhandlungen. Dadurch ergab sich ein Streitpunkt: In welchem Umfang sollten die
Parlamentsdebatten formuliert werden? Nach dem Votum des Landtagspräsidenten,
Dr. Albert Schädler, blieb es bei der zusammenfassenden Berichterstattung. Seiner
Meinung nach waren stenographierte Protokolle etwas für grössere Parlamente,
nicht für den Landtag, der mit einem Gemeinderat vergleichbar sei. Diese Auffassung
ist kennzeichnend für die konservative Landtagstradition, die sich einem
parlamentarischen Stil widersetzte.
13
Ebd., 238f
14
Michalsky, Parteien, 240
Am 7. Januar 1918 ging mit der letzten Sitzung des Landtages die Wahlperiode
1914-1917 zu Ende. Am 11.03.1918 fanden die Wahlen für die nächste Wahlperiode
nach der neuen Landtagswahlordnung statt. Diese waren allgemein, geheim und
direkt.
Da der erste offene Landtagswahlkampf vorwiegend über die zwei Zeitungen
stattfand, hatte sich das Volksblatt nach einem Redaktionswechsel für die
bevorstehenden Auseinandersetzungen besser gerüstet. Die Auseinandersetzung
begann bereits bei der Würdigung der Arbeiten des alten Landtages. Während das
Volksblatt keine höhere Bewertung vornahm16, würdigten die Oberrheinischen
Nachrichten vor allem die Arbeit ‚ihrer’ Abgeordneten.17
Im Kommissionsbericht zur Änderung der Landtagswahlordnung vertrat Beck die
Position, dass es Parteien gebe, ob man es wolle oder nicht. Die Opposition
unterstützte die Einstellung, dass die Parteienbildung eine notwendige
gesellschaftliche Entwicklung ist. Das Volksblatt postulierte dagegen die Freiheit des
einzelnen Abgeordneten.18 In einem Artikel ist zu lesen:
15
Oberrheinische Nachrichten (künftig O.N.) 12.05. & 25.08.1917
16
L.V. 25.01.1918
17
O.N. 12.01. & 09.02.1918
18
L.V. 22.02.1918
Sein Engagement bewirkte, dass dies nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum
Parteiensystem war, denn im folgenden Wahlkampf traten die Gegner wie Parteien
auf.
Das Liechtensteinische Volksblatt führte nun neu die Volksblatt-Liste ein. Die erste
Wahlliste überhaupt wurde am 22.02.1918 veröffentlicht und enthielt die Namen der
Kandidaten des Oberlandes. Darunter auch Dr. Wilhelm Beck. Die Bildung einer
Wahlliste geschah aufgrund der Meinung, man dürfe die Wahl nicht der
Einflussnahme der oppositionellen Kräfte überlassen.
Folgt man den Überlegungen Becks, so befand sich Europa in einer Zeit des
Umbruchs. Liechtenstein sah er durchaus im Vergleich mit anderen Völkern die sich
ihre Rechte erkämpften. Die Opposition wollte ausdrücklich eine Partei des
Fortschritts sein. Die Regierungen mussten auf jeden Fall demokratischer werden.
19
Ebd.
20
O.N. 16.02.1918
Bis zum Ende des ersten Weltkrieges war das Fürstentum Liechtenstein stark von
österreichischer Seite geprägt worden. Der erste einer Reihe von Verträgen war der
Zollvertrag vom 5. Juni 1852. Damit wurde Liechtenstein ins österreichische System
einbezogen. Das bedeutet, dass Österreich in Liechtenstein die Verwaltung der
indirekten Steuern nach österreichischen Gesetzen übernahm und dafür eine vom
Ertrag abhängige jährliche Rente bezahlte. Hinzu kam die Einführung des Gewichts-,
Mass- und Münzsystem welches Österreich in Vorarlberg eingeführt hatte. Zwar war
Liechtenstein vor dem 1. Weltkrieg in der Lage, 50-80% seiner Gesamtausgaben zu
decken, jedoch spürte die Landwirtschaft die Schattenseiten des Zollvertrages, denn
wegen den billigeren Preisen in Österreich konnte sie nicht mehr erfolgreich in
21
O.N. 06.03.1918
22
Michalsky, 1990, 248
23
Quaderer, Wege und Umwege, 53
24
L.V. 52/1918
Im November 1918 bewegten Dr. Wilhelm Beck, Dr. Martin Ritter und
Landtagsvizepräsident den Landesverweser Imhof zum Rücktritt da sie eine
„Beschleunigung“ der geschichtlichen Entwicklung anzustreben. Als Folge dieses
Ereignisses wurde Beck in die Übergangsregierung gewählt. Dort vertrat er die
Meinung, Liechtenstein sei nicht mehr an Ausfuhreinschränkungen seitens
Österreichs gebunden. An der Landtagssitzung vom 21. Januar 1919 bemerkte
Beck: „Wir werden nicht den Mittelmächten helfen müssen, die Schulden zu zahlen.
Sollen wir arm werden, obwohl wir ein neutrales, kleines Land sind?“ Als geäussert
wurde, man solle mit einer Veränderung des Zollvertrages zuwarten, bis sich die
politische Situation beruhigt habe, verlangte er ernergisch, das Zollverhältnis mit
Österreich müsse sofort aufgelöst werden.
Am 2. August 1919 löste sich Liechtenstein aus dem Zollbund mit Österreich und ab
dem 1. September war Liechtenstein Zollausland für Österreich. Somit musste
Liechtenstein eine eigene Zollverwaltung und Grenzwache aufbauen, was aus
25
Hilti, Loslösung, 117
5.1 Ausgangslage
26
Hilti, Loslösung, 118
27
Quaderer, Schlossabmachungen, 77
28
Quaderer, Schlossabmachungen, 79
29
O.N. 09.05.1920
30
Quaderer, Schlossabmachungen, 85
Wilhelm Beck hatte mit dem Abschluss der Verhandlungen zur neuen Verfassung ein
grosses Ziel erreicht: Die Erhöhung der politischen Teilnahme des Volkes und mehr
Mitbestimmung des Volkes in der Regierung. In den Landtagswahlen 1922 erzielte
die Volkspartei eine Zweidrittelsmehrheit. Landtagspräsident wurde Beck,
Regierungschef Gustav Schädler. In den folgenden Jahren wurden weitere Reformen
eingeleitet und unter der Federführung Becks wurden grundlegende Gesetzeswerke
geschaffen, wie z.B. Steuergesetz, Volksrechtegesetz, Gründung des
Lawenawerkes, Schaffung eines Kranken-, Alters- und Invalidenfonds,
Zollanschlussvertrag mit der Schweiz (1923), Einführung des Schweizer Frankens
(1924), Personen- und Gesellschaftsrecht, Staatsgerichtshofgesetz (1925) und 1927
das Gesetz über Treuunternehmen. Ein Zeitgenosse stellte fest: „Es darf heute
gesagt sein, dass durch die gezielte Schaffenskraft von Dr. Wilhelm Beck der Staat
zu sicheren Einnahmen kam, das ausländische Kapital gewann Vertrauen zur
Gesetzgebung des Landes, dadurch konnte das Land selbst wirtschaftlich
aufbauen.“31
1928 wendete sich das Blatt. Für den 8. Juni 1928 war der Landtag zu einer Sitzung
einberufen worden. Sie wurde jedoch erst am folgenden Tag durchgeführt. Von der
vorgesehenen Tagesordnung war keine Rede mehr, denn es ging um die Existenz
des Landes. Was war geschehen?
Die Spar- und Leihkasse (Liechtensteinische Landesbank) hatte einen Verlust von
CHF 1.75 Mio eingefahren. Das Land bürgte unbeschränkt und musste für den
ganzen Betrag aufkommen. Diese Verluste waren die Folge der Betrügereien des
Sparkassenverwalters Franz Thöny, Nico Becks, Bruder des Gesandten Emil Beck,
Rudolf Carbones und des Landtagsabgeordneten Anton Walser. Eine wesentliche
Rolle beim Skandal spielte Anton Walser. Nach dem unrühmlichen Ende der
Klassenlotterie, an der Walser beteiligt gewesen war, ging er nach Rumänien, wo er
31
Brunhart/Quaderer, Wilhelm Beck, 114
„Es ist ein unabsehbares Unglück, wenn die Sache in unglücklicher Form von
der Aussenwelt aufgegriffen und verarbeitet wird. Es wäre ärger als das
Rheinunglück. (...)
Am 23. Juni werden 392,000 Frs fällig werden. Die Dinge sind also sehr
heiss. (...)
Unsere erste Aufgabe wird sein, dass wir den Kopf nicht hängen verlieren
[sic], und auf die Bevölkerung beruhigend einwirken.“33
Auf Emil Batliners Frage, ob man in der Sparkassakommission wirklich keine Ahnung
gehabt hatte, antwortete Beck, dass die Kommission keine Ahnung gehabt habe, da
nichts verbucht war. Büchel forderte die Aufhebung der Immunität aller
Abgeordneten. Diesem Antrag stimmte der Landtagspräsident zu, sah aber die
32
Korfmacher, Der Landtag, 129
33
Landtagsprotokoll 09.06.1928, S. 3f
Nach der Sparkassaaffäre hatte sich Wilhelm Beck zunächst aus der Politik
verabschiedet. Da sein Name zum Synonym der sechsjährigen Volksparteiregierung
mit ihren Skandalen und ihrem Scheitern geworden war, war fraglich, ob sich im
Oberland eine Mehrheit für seine Rückkehr ins Parlament gefunden hätte. Er
widmete sich wieder seiner Anwaltskanzlei. Diese war Anlaufstelle für seine
Parteifreunde, von wo aus er die Politik seiner Partei gesteuert haben dürfte.36
Seine Gegner sannen auf Rache und zogen ihn wegen seines Verhaltens als
Präsident des Verwaltungsrates der Sparkassa zur Verantwortung. Die Bürgerpartei
nutzte sein Versagen in dieser Funktion, um ihn endgültig zu ruinieren. Die
34
Landtagsprotokoll 09.06.1928, S. 2
35
Landtagsprotokoll 15.06.1928, S. 4
36
Korfmacher, Der Landtag, S. 216
37
Landtagsprotokoll 03.02.1932, S.1
38
Landtagsprotokoll 22.12.1932, S. 25
39
Korfmacher, Der Landtag, S. 218
40
Brunhart/Quaderer, Wilhelm Beck, S. 115f
„Soeben haben wir einen der ersten und besten Männer unseres Landes auf dem
letzten Gang zu seiner Ruhestätte begleitet. Einen Mann, der soviel zum Wohle des
Landes und der Gemeinde Triesenberg geleistet hat, dass er es verdient, dass wir
ihm einen bescheidenen Nachruf widmen, ihm einige Worte des Dankes und der
Anerkennung an seinem Grabe zollen.“ (...)41
Schon die Einleitung dieser Rede zeigt, welch starken Eindruck Dr. Wilhelm Beck bei
seinen Anhängern hinterliess. Diese hatten erkannt, wie viel Beck für das Land getan
hatte durch die Brechung alter Traditionen und der damit verbundenen Öffnung des
Landes.
Seit seiner Rückkehr war Beck zum Kristallisationspunkt oppositioneller Kräfte
geworden. Er verstand es, Unzufriedenheiten mit dem veralteten politischen System
dank seiner juristischen Kenntnisse zu seinen Gunsten zu nutzen. Wobei die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem ersten Weltkrieg ihm dabei halfen. Dank
seinem Ehrgeiz und seiner Zielstrebigkeit schaffte er den Sprung in den Landtag und
arbeitete dort an vorderster Front um das Land zu demokratisieren und ins 20.
Jahrhundert zu führen.
Leider wurden seine Leistungen bei seinen Gegnern lange Zeit nicht anerkannt. Wie
mir seine Tochter, Frau Gertrud Beck, berichtet hatte, wurde er oft als Freimaurer
oder Republikaner beschimpft. Ausserdem war die Volkspartei, später
Vaterländische Union, bis in die 70er Jahren an Wahlen mit dem Sparkassaskandal
in Verbindung gebracht worden.
Seine Anerkennung hat meines Erachtens damit begonnen, dass ihm in der
Schriftensammlung „Die Schlossabmachungen“ ein eigenes Kapitel gewidmet ist.
41
Abdankungsrede gehalten von Altkassier Johann Beck
Geiger, Peter, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein von 1848 bis 1866, in: JBL
70 (1970), 5-418
Hilti, Roland, Die Loslösung Liechtensteins von Österreich und der Zollvertrag mit der
Schweiz 1923, in: Eidgenossen, helft Eurern Brüdern in der Not!, hg. vom
Arbeitskreis für originale Geschichte, Feldkirch 1990
www.matrikel.unizh.ch
www.hls.ch
Zeittafel
26.03.1885 Geburt Wilhelm Becks
evtl. 1891-1901 Besuch der Primarschule Triesenberg und der Landesschule in
Vaduz
1902/1903 Besuch der Handelsschule Feldkirch
1903-1906 Besuch der Handelsakademie St. Gallen
1906-1909 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich
1909-1911 Vertiefung der Studien an den Universitäten Zürich und
München
25.04.1914 Erstausgabe der Oberrheinischen Nachrichten
30.09.1914 Wahl zum Landtagsabgeordneten; bis 1928
23.02.1918 Gründung der Christlich-sozialen Volkspartei
27.12.1918 Wahl zum Regierungsrat
September 1920 Schlossabmachungen, welche dann zur Landesverfassung vom
05.10.1921 führen
02.06.1921 Heirat mit Maria Anna Bürke (08.09.1887-02.08.1968)
26.02.1922 Geburt der Tochter Anna Wilhelmina
02.03.1922 Wahl zum Landtagspräsidenten
01.01.1924 Der Zollvertrag mit der Schweiz tritt in Kraft
04.10.1924 Geburt des Sohnes Emil Wilhelm († 14.03.1927)
31.03.1926 Geburt des Sohnes Ivo Maria († 1991)
31.12.1927 Geburt der Tochter Gertrud
09.06.1928 Beginn des Sparkassaskandals
06.03.1932 Wahl zum Landtagsabgeordneten, konnte aufgrund seiner
Krankheit nur an einer Sitzung teilnehmen
28.12.1934 Der Landtag billigt Becks Mandatsniederlegung
30.04.1935 Beck wird bezüglich Sparkassaskandal vom Gericht für
schuldig befunden
20.01.1936 Stirbt nach vierzehntägigem Aufenthalt im Spital Walenstadt an
den Folgen der „Bang’schen Krankheit“
22.01.1936 Beisetzung in seiner Heimatgemeinde Triesenberg
Alterspräsident: Alterspräsident:
Albert Wolfinger Albert Wolfinger
Präsident: Präsident:
Dr. Wilhelm Beck Dr. Wilhelm Beck
Vizepräsident: Vizepräsident:
Peter Büchel Josef Marxer
Schriftführer: Schriftführer:
Felix Gubelmann Felix Gubelmann
Stefan Wachter Baptist Quaderer
Finanzkommission: Finanzkommission:
Dr. Wilhelm Beck Dr. Wilhelm Beck
Johann Büchel Emil Bargetze
Stefan Wachter Alois Frick
Anton Walser Karl Kaiser
Geschäftsprüfungskommission: Rudolf Matt
Anton Walser Geschäftsprüfungskommission:
Augustin Marogg Baptist Quaderer
Josef Marxer Alois Frick
Landesausschuss: Josef Marxer
Dr. Wilhelm Beck Landesausschuss:
Alois Frick Dr. Wilhelm Beck
Augustin Marogg Emil Bargetze
Josef Marxer Alois Frick
Rudolf Matt Karl Kaiser
Rudolf Matt
2. Session 15.02.1923-31.12.1923
4. Session 14.03.1925-30.12.1925
Alterspräsident:
Albert Wolfinger Alterspräsident:
Präsident: Albert Wolfinger
Dr. Wilhelm Beck Präsident
Vizepräsident: Dr. Wilhelm Beck
Johann Büchel Vizepräsident:
Schriftführer: Josef Marxer
Josef Marxer Schriftführer:
Baptist Quaderer Peter Büchel
Finanzkommission: Alois Frick
Dr. Wilhelm Beck Finanzkommission:
Augustin Marogg Dr. Wilhelm Beck
Josef Marxer Johann Büchel
Rudolf Matt Alois Frick
Baptist Quaderer Karl Kaiser
Geschäftsprüfungskommission: Stefan Wachter
- Geschäftsprüfungskommission:
Landesausschuss: Baptist Quaderer
Dr. Wilhelm Beck Alois Frick
Peter Büchel Josef Marxer
Josef Gassner Landesausschuss:
Josef Marxer Dr. Wilhelm Beck
2. Session 05.03.1927-29.12.1927
Alterspräsident:
Johann Jakob Feger
Proseminararbeit Neueste Geschichte Seite 25