Entdecken Sie eBooks
Kategorien
Entdecken Sie Hörbücher
Kategorien
Entdecken Sie Zeitschriften
Kategorien
Entdecken Sie Dokumente
Kategorien
KAPITEL I. MASSENMEDIEN
Inhalt:
1. Massenmedien: Allgemeines
2. Funktionen der Massenmedien
3. Pressefreiheit
4. Manipulation in den Massenmedien
a. Nachrichtenauswahl
b. Bilder in den Medien
c. Datengrafiken in den Massenmedien
1. Massenmedien: Allgemeines
Aufgabe 1. Was verbinden Sie mit dem Wort „Massemedien“? Erstellen Sie in Paaren
eine Schlagwortwolke dazu! Hier ist ein Beispiel für eine Wortwolke:
1
Aufgabe 3. Erstellen Sie ein Mindmap zum Thema „Funktionen der Massenmedien“.
Ihre Mindmaps werden im Studienraum ausgehängt und verglichen. Seien Sie bereit, Ihre
Meinung zu kommentieren und zu begründen.
Aufgabe 4. Lesen Sie den Text über die Funktionen der Massenmedien. Erfüllen Sie
danach die Aufgaben dazu.
2
Dienstleistungstest über Tipps zur Freizeitgestaltung bis hin zur Erörterung kritischer
Lebenssituationen.
Noch stärker gewachsen ist das Angebot an Beiträgen, die vor allem oder ausschließlich
der Unterhaltung dienen wie beispielsweise „Lifestyle“-Angebote über das Leben von
Prominenten. Auch solche Beiträge genießen das Privileg der Pressefreiheit, soweit sie die
Rechte der behandelten Personen, zum Beispiel auf Wahrung ihrer Privatsphäre, nicht
verletzen.
Im Bereich Kultur und Soziales dienen die Medien der Orientierung und Lebenshilfe.
Sie können Werte und Normen vermitteln, zur Integration von bestimmten Gruppen in die
Gesellschaft sowie zu Bildung und kultureller Entfaltung beitragen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Medien und die in ihnen tätigen Personen
nicht automatisch neutral und ohne eigene Interessen agieren. Die Bürger/innen sollten sich
daher gegenüber den Medien und deren Berichterstattung eine kritische Haltung bewahren
und bereit sein, nach Möglichkeit verschiedene Darstellungen zu vergleichen.
Quelle: https://www.bpb.de/
Aufgabe 5. Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln aus dem Text in Ihre Muttersprache und
lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort bzw. jeder Wortverbindung einen kurzen Kontext
aus dem Text an.
1) reichen von etw. über etw. Akk. bis hin zu etw.
2) Zeitgeschehen, das
3) ausweichen auf etw. Akk.
4) Eingriff, der
5) Wahrnehmung, die → etw. Akk. (seine Aufgaben) wahrnehmen
6) Informationen beschaffen/ beziehen/ aufbereiten
7) zurechtzufinden, sich in etw. Dat.
8) sich Dat. eine Meinung zu etw. bilden
9) eine Funktion ausüben
10) Prominente, die/ der
11) Wahrung, die → (die Privatsphäre) wahren
12) Werte vermitteln
13) Berichterstattung, die
14) etw. Dat. gegenüber eine kritische Haltung bewahren
Aufgabe 6.
1) Nennen Sie die Funktionen der Massenmedien auf Grund des gelesenen Textes und
erläutern Sie die.
2) Welche Unterschiede gibt es zwischen Ihren Mindmaps (Aufgabe 3) und den
Informationen des Textes?
Aufgabe 7. Beschreiben Sie das Schaubild „Funktionen der Medien für die Gesellschaft“.
Welche zusätzlichen Informationen können Sie dem Schaubild entnehmen?
3
Aufgabe 8. Lesen Sie einen weiteren Text über die Funktonen der Massenmedien.
4
verstärkten externen Einflussnahme von Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) auf die
Berichterstattung. Hierdurch wird die journalistische Unabhängigkeit gefährdet.
Als Folge der Ökonomisierung sind zudem eine verstärkte Orientierung am Publikum
und dessen Wünschen zu konstatieren. Information und Unterhaltung sowie Öffentliches und
Privates etwa von Politikern werden in der Berichterstattung vermischt, um diese
interessanter zu machen. Die Medienkritik fokussiert hier unter den Stichworten
„Personalisierung“ und „Infotainment1“ zum einen auf die Boulevardpresse und zum anderen
auf den Privatrundfunk. Beiden wird Populismus und mangelnde Unabhängigkeit
vorgeworfen.
Analysen der Medienberichterstattung erkennen und kritisieren insbesondere einen
Wandel der sog. Medien-Logik, d. h. der Art und Weise, wie Medien Ereignisse und Themen
selektiv auswählen und darüber berichten: Der Journalismus würde immer mehr Ereignisse
als Media-Events selber inszenieren und fokussierte immer stärker auf Skandalisierung und
Moralisierung einerseits sowie Personalisierung, Emotionalisierung und Intimisierung
andererseits. Dabei würde bewusst das Bedürfnis des Medienpublikums nach Neugier und
Voyeurismus bedient und bewirtschaftet im Sinne der Steigerung von Auflagen und
Reichweiten.
Aufgabe 9. Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln/ Wortverbindungen aus dem Text
in Ihre Muttersprache und lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort bzw. jeder
Wortverbindung einen kurzen Kontext aus dem Text an.
Aufgabe 10. Fassen Sie kurz alle Kritikpunkte zusammen, die im Text enthalten sind.
Aufgabe 11. Betrachten Sie nun das Schaubild unten und berichten Sie, welchen
Kriterien die Massenmedien entsprechen sollten. Erläutern Sie jedes Kriterium.
1
Infotainment / Personalisierung
Die Vermischung von informierenden und unterhaltenden Formaten des Fernsehens wird als
Infotainment bezeichnet. Der erste Teil des Wortes stammt von „Information“, der zweite Teil leitet sich aus
dem angloamerikanischen Begriff „Entertainment“ (= Unterhaltung) ab. In der Regel wird damit die
Tendenz beschrieben, z. B. in Nachrichtensendungen immer mehr „weiche“ Themen wie Meldungen über
Prominente aufzunehmen. Infotainment bezeichnet auch die zunehmende Emotionalisierung und
Personalisierung von Nachrichten, wobei letzteres die Ausrichtung auf eine bestimmte Person (Moderator,
„Anchorman“) bedeutet.
5
Das magische Vieleck der Medienqualität
Quelle: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/
Aufgabe 12. Bereiten Sie einen informierenden Vortrag über die Funktionen der
Massenmedien vor. Studieren Sie dafür Anhang 1. Kurzvortrag (die methodische Anleitung
und den Mustervortrag) und erfüllen Sie die Aufgaben dort. Wiederholen Sie auch die
Kohärenzmittel (Anhang 2). Berücksichtigen Sie die Informationen in den beiden Anhängen
bei der Vorbereitung.
3. Pressefreiheit
6
Mit Pressekonzentration (bzw. Medienkonzentration) wird die Anzahl voneinander
unabhängiger Zeitungen oder Medienprodukte bezeichnet. Hohe Pressekonzentration heißt,
dass es wenige voneinander unabhängige Zeitungen gibt. Je stärker die Pressekonzentration
ist, desto weniger Meinungsvielfalt (Meinungspluralismus) gibt es. wird.
Reporter ohne Grenzen ist eine Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der
Pressefreiheit.
Aufgabe 2. Schauen Sie sich das Bild an. Wie verstehen Sie es?
Aufgabe 3. Beschreiben Sie das Bild. Nutzen Sie dabei die folgenden Redemittel.
8
9
Aufgabe 5. Sehen Sie sich das Video über die Pressefreiheit an und erfüllen Sie die
Aufgaben dazu (Anhang 3, Test 1).
Aufgabe 6. Bereiten Sie einen informierenden Vortrag über die Pressefreiheit vor.
Beziehen Sie dabei die Informationen des Videos ein. Recherchieren Sie auch zusätzliche
Informationen im Internet.
Aufgabe 1.
a) Diskutieren Sie in Paaren und fassen Sie danach zusammen, was Sie unter
Manipulation verstehen.
b) Verbinden Sie den Begriff Nachrichtenauswahl mit der Manipulation? Wenn ja,
dann wie?
c) Lesen Sie den Text „Nachrichtenauswahl“. Stimmen Ihre Vermutungen mit
dem Text überein?
a. Nachrichtenauswahl
Medien müssen aus einer Vielzahl von Informationen und Bildern auswählen. Jeden
Tag passieren auf der Welt unendlich viele Dinge. In keiner Zeitung oder
10
Nachrichtensendung kann über alles berichtet werden. Selbst wenn das technisch möglich
wäre, so wäre niemand in der Lage, so viel zur Kenntnis zu nehmen. So besteht die Welt der
Nachrichten aus dem, was die Medien als Nachricht bewerten. Alle anderen Informationen
fallen unter den Tisch und bleiben unbekannt. Medien tragen mit der Auswahl und
Aufbereitung der Themen Verantwortung und verfügen daher über Macht im politischen
Prozess. Nach welchen Kriterien wird ausgewählt?
Grundsätze der Nachrichtenauswahl
Journalisten sortieren Informationen nach so genannten Nachrichtenfaktoren. Das
Grundprinzip der Auswahl ist die Frage: Was interessiert die Leser, Hörer oder Zuschauer?
Interessant ist immer das, was die Leser, Hörer oder Zuschauer unmittelbar betrifft. Ein
gängiges Auswahlschema ist das so genannte GUN-Prinzip:
G = Gesprächswert: Gesprächswert hat ein Ereignis, über das man spricht, diskutiert,
sich ärgert oder sich freut. Beispiele für einen hohen Nachrichtenwert sind:
– Außergewöhnlichkeit: Hund beißt Mann ist keine Nachricht, Mann beißt Hund ist
eine Nachricht!
– Personenbezug: Über bekannte Personen wird häufiger berichtet. Wenn Joschka
Fischer mit dem Jogging anfängt oder aufhört, ist das eine Nachricht; wenn der nur wenigen
bekannte Nachbar das Gleiche tut, interessiert das kaum jemand, ist also keine Nachricht.
– Negativität: Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Je schlimmer ein Ereignis
ist, desto eher wird darüber berichtet. Unfälle sind alltäglich und nur dann eine Nachricht,
wenn es besonders viele, besonders junge Opfer oder im Ausland deutsche Opfer gegeben
hat.
– Nähe, vor allem geographische Nähe: Was in der eigenen Stadt passiert, interessiert
die meisten mehr als ein Ereignis in Usbekistan.
U = Unterhaltung: Ein Ereignis, das in Verbindung mit der eigenen Lebenswelt steht,
das verblüfft oder amüsiert, hat ebenfalls einen hohen Nachrichtenwert. Ausschlaggebend ist
die Nähe zur eigenen Lebenssituation, den eigenen Wünschen und Sehnsüchten. So genannte
Boulevardthemen, wie Sex and crime, verkaufen sich besonders gut und sind deshalb für
Zeitungen wichtig, die in erster Linie am Kiosk verkauft werden.
N = Neuigkeit (oder Überraschung): Je unerwarteter ein Ereignis eintritt, desto eher
wird es zur Nachricht. Der Rücktritt der Gesundheitsministerin hat einen höheren
Nachrichtenwert als die wöchentliche Pressekonferenz des Verteidigungsministers.
Weitere Kriterien sind:
– Nutzwert: Nachrichten, die den Menschen helfen, sich in der Welt zu orientieren,
also einen praktischen Nutzen haben (zum Beispiel der Wetterbericht).
– Ereignisentwicklung: Kürzere und abgeschlossene Ereignisse werden leichter zu
einer Nachricht als langfristige Entwicklungen. Beispiel: Über die Verabschiedung der
Rentenreform im Bundestag wird eher berichtet als über die vielen Ausschuss-Sitzungen, die
diesem Beschluss vorausgingen.
– Eindeutigkeit: Über Ereignisse, die klar und einfach strukturiert sind, wird eher
berichtet als über komplizierte Dinge. BSE-Erreger in Schweineleberwurst entdeckt ist eher
eine Meldung als ein Bericht über den Forschungsstreit, ob und wie BSE durch
Separatorenfleisch übertragen werden kann.
– Themenkarriere: Ist ein Ereignis erst einmal zur Nachricht geworden, wird darüber
gerne kontinuierlich berichtet, beispielsweise über die Trennung von Boris und Barbara
11
Becker oder die Fortsetzungsgeschichte über die Auswahl von Kanzlerkandidaten vor
Bundestagswahlen.
Aufgabe 2. Beschreiben Sie jeden Grundsatz/ jedes Prinzip. Arbeiten Sie in Paaren.
Aufgabe 3*. Nehmen Sie eine Zeitung zur Hand und analysieren Sie die
Zeitungsartikel nach all diesen Kriterien!
Aufgabe 4** (auf Wunsch, höherer Schwierigkeitsgrad). Entwerfen Sie eine eigene
Zeitungsseite! Meldungen, welche verschiedene Nachrichtenagenturen im Laufe eines Tages
anbieten, lassen sich leicht im Internet abrufen. Arbeiten Sie in Paaren.
Schritte:
1. Ordnen Sie die Meldungen nach Wichtigkeit und überlegen Sie, welche Meldung Ihr
Aufmacher für die Zeitung am nächsten Tag ist.
2. Neben dem Aufmacher wollen Sie noch zwei weitere größere Artikel auf die erste
Seite platzieren. Für welche Meldungen entscheiden Sie sich?
3. Vergleichen Sie Ihre Themenauswahl und -platzierung miteinander.
4. Erläutern Sie die unterschiedliche Themenplatzierung in den Nachrichtensendungen
im Laufe des Tages.
Aufgabe 5.
a) Haben Bilder Ihrer Meinung nach in den Massenmedien etwas mit
Manipulation zu tun? Begründen Sie Ihre Meinung!
b) Hören Sie sich den Vortrag „Achtung, Bilder!“ an. Erfüllen Sie die Aufgaben
dazu und fassen Sie die wichtigsten Informationen kurz zusammen (Anhang 3).
c) Lesen Sie einen Text über die Macht der Bilder.
„Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“. „Wer die Bilder beherrscht, beherrscht
auch die Köpfe“ (Bill Gates). Diese Äußerungen enthalten die Erkenntnis, dass
Menschen gegenüber allen anderen Wahrnehmungskanälen vor allem visuell geprägt sind.
Wir schenken dem, was wir mit eigenen Augen sehen, den größten Glauben.
Bilder prägen unser Weltbild: Wie real sind Bilder?
Viele Stadtkinder malen, gibt man ihnen die Aufgabe Kühe auf einer Wiese
darzustellen, lilafarbene Kühe mit weißen Flecken. Dies zeigt, dass sie Bilder, die
beispielsweise über die Werbung vermittelt werden, als Wirklichkeit begreifen und in ihr
eigenes Weltbild übernehmen.
Die Macht der Bilder in Politik und Medien
Zu allen Zeiten waren sich Politiker über die Macht des Bildes bewusst und nutzten
diese. Früher und heute mach(t)en sich vor allem totalitäre Regime mit Hilfe der Medien die
Macht der Bilder zunutze. Aber auch in demokratischen Gesellschaften lassen sich
regelmäßig Beispiele für Bild- und Medienmanipulationen finden. Die Medienmacher stehen
unter immensem Druck, denn Bilder müssen sich möglichst ohne Text erschließen und die
Aufmerksamkeit auf sich lenken.
12
Fotos wirken unstrittiger, unmittelbarer, stärker als jeder Text. Ein Bild scheint keine
Abwägung zuzulassen, so wenig wie ein Blick durchs Schlüsselloch.
Dabei ist jedes Foto das Endprodukt subjektiver Entscheidungen. Ein Fotograf hält,
irgendwo auf der Welt, eine Hundertfünfundzwanzigstelsekunde im Strom der Zeit fest –
von einem Standort seiner Wahl, mit einem Fotoapparat seiner Wahl, mit einem
Bildausschnitt seiner Wahl. Früher war das Resultat ein Negativ. Heute ist es eine Datei aus
Millionen Bildpunkten, genannt RAW-Datei. Nie war es einfacher, sie zu fälschen. Was
bedeutet das für unseren Blick auf die Wirklichkeit?
Am Ende schickt der Fotograf seine Bilder an die Redaktion, die aus 20 Motiven oft nur
ein einziges auswählt, das Foto eventuell noch einmal beschneidet und es womöglich in
einem Kontext präsentiert, den der Fotograf gar nicht im Kopf hatte, als er auf den Auslöser
drückte.
Aufgabe 5. Beschreiben Sie das folgende Bild. Wie verstehen Sie es?
Kommentieren Sie es und nehmen Sie Stellung dazu.
13
3) Schauen Sie sich noch einmal die Datengrafik „Pressefreiheit“ an. Was gefällt
Ihnen daran? Ruft etwas vielleicht Zweifel/ Besorgnis hervor? Begründen Sie!
Aufgabe 2. Lesen Sie den Text über die Datengrafiken und beantworten Sie danach
die Fragen.
„Fakten, Fakten, Fakten?“
„Fakten, Fakten, Fakten!“ Mit diesem eingängigen Slogan ist es dem Burda-Verlag
1993 gelungen, mit dem Magazin Focus das Monopol des Konkurrenten Spiegel zu
durchbrechen und ein zweites Nachrichtenmagazin auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt zu
etablieren. Zuvor waren bereits weit über fünfzig andere Versuche gescheitert, dem Spiegel
dauerhaft Konkurrenz zu machen. Eine absolute Novität des Focus war seine neuartige
Aufmachung, die es bis dahin in dieser Form noch nicht gegeben hatte. Es wurde großer
Wert auf ein gefälliges Layout, auf kurze Beiträge sowie auf die ausgiebige Verwendung
farbiger Diagramme sowie Karten- und Schaubilder gelegt. Dadurch sollte es den
Leserinnen und Lesern erleichtert werden, sich rasch über komplizierte Sachverhalte zu
informieren. Dieser Ansatz war höchst erfolgreich und hatte zur Folge, dass auch andere
Magazine inklusive des Spiegels selbst ihm folgten.
Der Trend zur grafischen Aufbereitung von Informationen findet sich inzwischen nicht
nur in Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen; auch in der Verwaltung, der Wirtschaft
und der Werbung werden sie immer häufiger eingesetzt. Dort spricht man oft von so
genannten „entscheidungsunterstützenden Grafiken“. Die schnelle Aufbereitung und
grafische Darstellung von Daten soll Entscheidungsprozesse beschleunigen und vor
„Informationsstress“ schützen.
Möglich wird die schnelle Umsetzung von Informationen in Schaubilder durch den
Computer, der auf der anderen Seite aber auch wesentlich zum Ansteigen der Datenflut
beigetragen hat. Datengrafiken dienen in erster Linie der Veranschaulichung quantitativer
Zusammenhänge. In Datengrafiken werden häufig Zahlen in „Bilder“ umgesetzt. Die daraus
resultierenden Diagramme veranschaulichen nicht nur quantitative Zusammenhänge. Sie
interpretieren diese auch durch die Art der gewählten Darstellung und „entlasten“ damit von
14
Interpretationsarbeit. Diagramme und Schaubilder sind somit äußerst verbreitete und beliebte
Informationsinstrumente geworden.
Ein wichtiger Grund ist sicherlich, dass Infografiken und Diagramme im Vergleich zur
rein sprachlichen Darstellung eine vermeintlich größere Anschaulichkeit besitzen. Die
Kombination von sprachlichen und nichtsprachlichen Elementen fördert scheinbar eine
bessere Verarbeitung von Informationen. Darüber hinaus sind Menschen für Bildbotschaften
sehr empfänglich, zumal diese oft eine Wirkung entfalten, deren sich der Adressat nicht
immer oder zumindest nicht sofort bewusst wird.
Trotz dieses scheinbar unaufhaltsamen Trends ist die Mischung aus kurzen Texten und
aufwändigen Infografiken nicht unumstritten. So war zum Beispiel zeitweise in den
einschlägigen Internet-Foren auch scherzhaft vom „FocusComputervirus“ die Rede. Dieses
Virus sollte angeblich die Festplatte von PCs nach Textdokumenten durchsuchen, die länger
als zwei Seiten sind, und den überschüssigen Text durch bunte Grafiken ersetzen. Obwohl
dieser Computervirus natürlich in der Realität nie existierte, machte diese Anekdote doch
auf ein Problem aufmerksam: Vermeintlich subjektiv geprägte Texte sollen durch
„objektives“ Datenmaterial ersetzt werden, wobei die Gefahr besteht, dass komplexe
Sachverhalte unzulässig simplifiziert werden.
Die optische Wirkung einer Grafik kann den Betrachter hinters Licht führen. Anstatt
unübersichtliche Zahlenkolonnen zu lesen, die in einer logischen Beziehung zueinander
stehen, sehen wir z. B. auf- oder absteigende Kurven. Der erste schnelle Überblick scheint
uns schon so viele eindeutige Informationen zu liefern, dass wir glauben, die wesentlichen
Informationen aufgenommen zu haben. Der Vorteil, unübersichtliches Zahlenmaterial oder
lange Texte in einer optisch aufbereiteten Übersicht dargestellt zu bekommen, ist zugleich
eine Falle, in die man rasch gehen kann. Zudem ist mit jeder Darstellung eine Absicht bzw.
ein Interesse verbunden. Und das ist ein Nährboden für die Manipulation des Betrachters.
Der kritische und reflektierte Umgang mit Datengrafiken und verschiedenen Formen
der Informationspräsentation ist daher wichtig. Dabei kann es nicht darum gehen, diese
modernen Formen der Informationsaufbereitung einfach zu „verteufeln“, denn schließlich
bieten sie bei aller berechtigten Kritik eine Reihe von großen Vorzügen. Man sollte nur die
Fähigkeit entwickeln, Manipulationen zu durchschauen.
Aufgabe 3. Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln aus dem Text in Ihre Muttersprache
und lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort bzw. jeder Wortverbindung einen kurzen
Kontext aus dem Text an.
1) Aufmachung, die
2) gefälliges Layout
3) ausgiebig
4) Sachverhalt, der
5) grafische Aufbereitung
6) beschleunigen
7) Veranschaulichung, die
8) sich Dat. etw. Gen. bewusst werden
9) aufwändig
10) etw. unzulässig simplifizieren
15
11) jmdn. hinters Licht führen
12) Manipulationen durchschauen
Aufgabe 6. Studieren Sie Anhang 4 „Beschreibung einer Grafik“. Seien Sie bereit, im
Unterricht Datengrafiken und Schaubilder zu beschreiben.
FAKENEWS
Quelle: https://www.ard.de/image/3969564/16x9/4788931524187301356/704
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/
16
Die ARD gründete im Frühjahr 2017 das Onlineportal faktenfinder zur Aufklärung
und Eindämmung von Fake News. Das Onlineportal soll dazu dienen, Phänomene wie
politische Propaganda, Gerüchte, Lügen, Fake News, Verschwörungstheorien und auch
Hass im Internet zu sammeln und richtigzustellen.
Durch das Internet kursierten zahlreiche Gerüchte und Legenden. Sie könnten
durch ständige Wiederholung zu "alternativen Fakten" mutieren. Hier wolle das
Verifikationsteam für mehr Klarheit sorgen. Dazu werde das Team nicht nur gesicherte
Informationen recherchieren und darstellen, sondern auch anhand von konkreten
Beispielen darlegen, wie gefälschte oder andere unseriöse Meldungen zu erkennen sind.
Dabei spielt vor allem die regionale Kompetenz der ARD eine überragende Rolle, denn
viele Gerüchte und Falschnachrichten verbreiten sich zunächst lokal. Durch die
regionale Präsenz der ARD können solche Gerüchte schnell identifiziert und geprüft
werden. Der "Faktenfinder" versteht sich als ein Knotenpunkt im ARD-Netzwerk, um
solche Phänomene aufzuspüren und – nach Prüfung der Relevanz – gegebenenfalls zu
entkräften. Dies soll in Zusammenarbeit mit Fachredaktionen in der ARD,
Korrespondenten oder regional betroffenen Studios geschehen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit veröffentlicht die ARD auf der
Seite faktenfinder.tagesschau.de. Zugleich können Landesrundfunkanstalten und ARD-
Studios die Recherchen für ihre Berichterstattung verwenden. Die Ergebnisse werden
außerdem für die Sozialen Netzwerke aufbereitet, um sie dort auszuspielen, wo falsche
Nachrichten und Gerüchte verbreitet werden.
17
KAPITEL 2. PRINTMEDIEN
Inhalt:
1. Zeitung
2. Online-Zeitungen und -Zeitschriften
3. Textsorten in den Massenmedien
a. Informationsbetonte Textsorten
b. Meinungsbetonte Textsorten
Printmedien ist ein Sammelbegriff für alle auf Papier gedruckten Medien: Zeitungen,
Zeitschriften, Bücher und sonstige Druckerzeugnisse (wie z.B. Beilagen, Kataloge,
Prospekte und Anzeigenblätter).
1. Zeitung
Eine Zeitung zeichnet sich durch vier Merkmale aus: Publizität, Zugänglichkeit für
jeden, Öffentlichkeit; Aktualität – Orientierung an der Gegenwart, indem das Geschehen des
Tages oder der Woche behandelt wird; Periodizität – Erscheinen in regelmäßigen Abständen,
täglich oder wöchentlich; Universalität – Offenheit gegenüber allen Themen, thematische
Vielfalt.
Für eine demokratische Gesellschaft ist Meinungsvielfalt unerlässlich. Die große Palette
der Zeitungen unterschiedlichster Ausrichtung steht dafür. Es gibt folgende Arten der
Zeitungen: Lokalzeitungen, Regionalzeitungen, überregionale Zeitungen, Tageszeitungen,
Abendzeitungen, Wochenzeitungen, Sonntagszeitungen, allgemeine Zeitungen,
Boulevardzeitungen, Anzeigenblätter, Abonnementzeitungen, Verkaufszeitungen, kostenlose
Zeitungen.
Eine Tageszeitung erscheint täglich außer sonntags. Sonntagszeitungen sind
Zeitungen, die ausschließlich am Sonntag erscheinen. Sie sind im Abonnement oder am
Kiosk erhältlich, z. B. „Welt am Sonntag“, „Bild am Sonntag“ oder „Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung“ (FAS).
In Anzeigenblättern steht vor allem Werbung. Sie sehen so ähnlich aus wie Zeitungen,
kosten aber nichts und werden einfach so verteilt. Auch haben sie viel weniger Text als eine
18
normale Zeitung. In einem Anzeigenblatt ist etwa dreimal so viel Werbung wie in einer
Zeitung. Anzeigen werden vom Absender bezahlt und gestaltet. Darum ist für sie nicht die
Redaktion, sondern die Anzeigenabteilung zuständig. Anzeigen machen auf Produkte oder
Veranstaltungen aufmerksam. Ein Lebensmittelladen möchte zum Beispiel auf seine
Sonderangebote hinweisen oder ein Zirkus kündigt seine Auftritte in der Stadt an.
Abonnementzeitungen. Wenn man eine Zeitung abonniert, kommt sie regelmäßig
morgens per Post oder Bote bzw. Botin direkt nach Hause in den Briefkasten. Wenn man
jeden Tag Zeitung lesen möchte, ist ein Abo billiger, als sich jeden Tag die Zeitung am
Kiosk zu kaufen.
Regionale Zeitungen
Die föderalistische Struktur der Bundesrepublik spiegelt sich in ihrer Presse wider. In
den Bundesländern haben sich sowohl in den Landeshauptstädten als auch in anderen
Großstädten mehr als 60 Tageszeitungen entwickelt. Die Berichterstattung beschäftigt sich
schwerpunktmäßig mit der Region, z.B.:
Eine überregionale Zeitung erscheint nicht nur in einer bestimmten Region, sondern
im ganzen Land. Sie berichtet mehr über Politik, Wirtschaft und Kultur als die
Regionalzeitungen. Es gibt nur wenige überregionale Tageszeitungen in Deutschland:
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Frankfurter Rundschau (FR), Süddeutsche Zeitung
19
(SZ), tageszeitung (taz), Welt, Welt Kompakt, Bild, Neues Deutschland, Financial Times
und Handelsblatt.
Wichtige überregionale Zeitungen
20
(TAZ) gilt als links-alternativ. Erschien
erstmals 1979 und ist in Berlin ansässig. Sie hat
Lokalteile für Hamburg und Bremen. Ihre
Themenschwerpunkte entsprechen vielfach den
Politikfeldern der Bündnisgrünen.
Straßenverkaufspresse
Eine Boulevardzeitung ist ein periodisch in hoher Auflage erscheinendes
Druckerzeugnis, dem nur eingeschränkte Seriosität zugeschrieben wird. Die ersten Vertreter
der Gattung waren nur auf der Straße (Boulevard) käuflich zu erhalten, nicht im Abonnement.
Von den rund 25 Mio. Tageszeitungen, die täglich verkauft werden, entfallen fast 6 Mio.
Exemplare auf die Boulevardpresse. Das sind jene Blätter, die ausschließlich am Kiosk zu
erwerben sind. Sie spielen aber wegen ihrer populären Themen und wegen ihres Urteils über
Politiker in der politischen Meinungsbildung eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Kennzeichnend für diesen Zeitungstyp sind auffällige Aufmachung, reißerische
Überschriften, großformatige Fotos, Sex- und Grusel-, Prominenten- und
Skandalgeschichten.
Wochenzeitungen
Durch die wöchentliche Erscheinungsweise bieten sie die Möglichkeit, Themen –
abseits der Hektik tagesaktueller Berichterstattung – ausführlicher zu behandeln, als dies
zum Beispiel bei Tageszeitungen üblich ist. Es werden die gleichen Themengebiete
behandelt und eine Wochenzeitung hat auch denselben Aufbau wie eine Tageszeitung. Leser
können sich hier umfassender über Themen und Ereignisse informieren, hier werden Details
und Hintergründe ebenso wie die großen Zusammenhänge dargestellt. Auch Themen und
Probleme der Vergangenheit werden hier immer wieder aufgegriffen und behandelt.
21
Zusätzlich werden vermehrt wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Themen
angesprochen.
Oft werden auch verschiedene Meinungen zu einem politischen Thema in einer
Publikation veröffentlicht, ein Pro- und ein Contra-Artikel. Wochenzeitungen orientieren
sich stärker an einer längerfristigen Meinungsentwicklung und weisen in der Regel ein
umfassenderes Meinungsspektrum auf als Tageszeitungen, ohne dadurch ihr Meinungsprofil
zu verlieren. Typische Textformen sind hier der Kommentar, die Analyse, die Reportage, die
Glosse und Rezensionen im kulturellen Teil.
Bekannte Wochenzeitungen sind:
Aufgabe 2. Stellen Sie sich vor: Sie wollen Ihren Schülern die gesamte
Zeitungslandschaft in einem Schema/ Schaubild präsentieren, um die ziemlich komplexen
Informationen vereinfacht darzubieten und so die Aufnahme davon zu erleichtern. Entwerfen
Sie dieses Schema bzw. Schaubild! Nutzen es dann als Stütze und berichten Sie über die
Zeitungen in Deutschland.
Aufgabe 4. Nehmen Sie Sie eine deutsche Zeitung zur Hand und analysieren Sie die.
Finden Sie folgende Teile:
Zeitungskopf
Ressorts (verschiedene thematische Bereiche, in die die Zeitung gegliedert ist.
Einzelne Ressorts sind z. B.: Politik, Wirtschaft, Lokales, Sport, Kultur.)
Buch
Unterzeile (die Zeile unter der Überschrift oder einem Bild)
Zwischentitel / Zwischenzeile = Zwischenüberschriften, um einen langen
Zeitungsartikel aufzulockern. Sie machen Artikel besser verständlich und regen die
Leser/innen zum Weiterlesen an. Wenn man die Überschrift und Zwischenzeilen gelesen hat,
sollte man grob wissen, worum es in dem Artikel geht.
Anzeige
22
Aufmacher: der wichtigste, auf der Titelseite einer Zeitung hervorgehoben
präsentierte Artikel. Er ist komplett oder mindestens mit der in großen Lettern gesetzten
Schlagzeile auf der oberen Blatthälfte platziert und oft mit einem Bild kombiniert. Beides
soll die Aufmerksamkeit des Betrachters erregen. Im redaktionellen Jargon kann mit
Aufmacher auch nur das Bild gemeint sein.
In Boulevardzeitungen ist der Aufmacher in der Regel mit einer im Verhältnis zum Text
übergroßen, sensationsheischenden und marktschreierischen Schlagzeile versehen. Sein Ziel
ist es, das Interesse des potenziellen Kunden zu wecken, der auf die weiteren Informationen
neugierig gemacht und zum Kauf des Produkts angeregt werden soll. Beispielhaft für
typische Aufmacher dieser Art stehen die von der Bild-Zeitung halbseitig mit großen,
augenfälligen Buchstaben angekündigten, oft mit grellen Fotos unterlegten Tagesmeldungen
auf der Frontseite.
Bei Abonnementzeitungen ist die Überschrift des Aufmachers in der Regel sachlicher
formuliert. Jedoch ist der Aufmacher als solcher auch hier durch Platzierung und
Letterngröße der Schlagzeile eindeutig markiert.
Der tragende Artikel einer Zeitungsseite wird Seitenaufmacher genannt.
Anreißer
Vorspann/ Lead: leitet einen Artikel ein. Er ist meist fett oder in einer anderen
Schriftgröße als der eigentliche Artikel gedruckt und fasst kurz die wichtigsten
Informationen zusammen
Einzelverkaufspreis
Ausgabennummer, Jahrgang
Aufgabe 5.
a) Recherchieren Sie die belarussische Zeitungslandschaft und präsentieren Sie sie im
Unterricht. Welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede im Vergleich zu Deutschland
lassen sich feststellen?
b) Analysieren Sie in Paaren die Struktur und das Layout einer belarussischen Zeitung.
Welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede im Vergleich zu entsprechenden deutschen
Zeitungen lassen sich feststellen? Präsentieren Sie die Ergebnisse im Plenum.
Aufgabe 6.
24
a) Viele Zeitungen sind in den letzten Jahren wirtschaftlich unter Druck geraten,
manche mussten sogar ihr Erscheinen einstellen. Sie werden von zwei Seiten in die Zange
genommen: Zum einen sinkt die Auflage kontinuierlich, denn besonders junge Leute
verzichten auf das gedruckte Papier und informieren sich in den elektronischen Medien wie
Fernsehen und Radio, aber vor allem auch im Internet, das vieles kostenlos bietet. Und auf
der anderen Seite sinken die Erlöse aus dem Anzeigenverkauf: Viele Unternehmen nutzen
lieber das Internet als Werbeplattform, und ein großer Teil der sogenannten Rubrikenmärkte
wie Immobilien- und Stellenanzeigen ist ins „Netz“ abgewandert. Deshalb erscheinen
gedruckte Zeitungen und Zeitschriften in der letzten Zeit auch online.
b) Sammeln Sie bitte Ideen zur Frage: Was unterscheidet Printausgaben der
Zeitungen/ Zeitschriften und Online-Zeitungen/ Zeitschriften? Tauschen Sie Ihre Ideen aus.
c) Lesen Sie jetzt die folgenden Informationen zu diesem Thema und vergleichen
Sie die mit Ihren Ideen.
Seit Mitte der 90-er Jahre sind die meisten deutschsprachigen Zeitungen im WWW mit
einem Angebot zu finden. Sie werden auch rege genutzt. Die meisten Online-Zeitungen
bieten Dienste an, die die Printversion nicht bietet bzw. nicht bieten kann:
25
1. Archive und Suchfunktionen:
3. Interaktive Infografiken:
26
4. Interaktive Dienste wie z.B. Diskussionsforen
Ob in einer Online-Ausgabe einer Zeitung alle Texte des gedruckten Pendants zu finden
sind, unterscheidet sich vom Titel zu Titel. So sind bei der Online-Ausgabe der „FAZ“,
FAZ.net, Texte aus der Printversion zu finden, sie sind unten auf der entsprechenden Seite
markiert mit der Angabe „Quelle: F.A.Z.“. Texte, die für die Online-Version verfasst
wurden, sind markiert mit „Quelle: FAZ.NET“, oder mit anderen Quellenangaben („Quelle:
DPA“).
Während es in den Anfängen der Online-Zeitungen üblich war, nur die Anfänge von
Artikeln auf der Webseite zugänglich zu machen, sind heute Artikel in den meisten
Angeboten vollständig. Und sie werden in der Regel kostenlos angeboten. Einige Angebote
sind nur begrenzt kostenlos. Kostenpflichtig sind alle E-Paper-Ausgaben, also die
elektronischen Versionen der Printausgaben.
27
Online-Zeitungen sind Hypertexte auf dem WWW, sie sind multimodal, nonlinear,
interaktiv und virtuell. Sie bestehen nicht nur aus schriftlichem Text, sondern auch aus
auditiven, filmischen, fotografischen und grafischen Elementen, sie sind also Hörfunk,
Fernsehen, Video, Zeitung, Bildband und Computeranimation in einem. Online-Zeitungen
machen nicht von allen Modalitäten denselben Gebrauch. Während die einen mit ganz wenig
Bildern auskommen, spielen Photos z.B. in der FAZ eine prominente Rolle. Auf der
Homepage der FAZ wird beinahe jeder „Meldungsanreißer“ mit einem Photo illustriert.
Auch oberhalb der Navigationsleiste fungiert ein Photo als Blickfang und gleichzeitig
als Link:
28
Schauen Sie sich diese Photostrecke an:
http://www.wiwo.de/erfolg/coach/glueck/world-happiness-report-skandinavier-
sind-die-gluecklichsten-menschen/8773062.html
Insgesamt zeigt sich als Trend, dass Text-Bild-Konglomerate wichtiger werden. Viele
Online-Zeitungen bieten bereits auf der Homepage einen Video-Link oder einen
Multimedia-Link:
Online-Zeitungen sind interaktiv. Sie führen z.B. Umfragen zu aktuellen Themen durch,
sie führen Listen mit Texten an, die am meisten gelesen, kommentiert oder empfohlen
werden:
29
Außerdem besteht die Möglichkeit, Beiträge über Facebook, Twitter oder Google+
weiterzuleiten oder sie direkt auf der Webseite zu empfehlen.
Online-Zeitungen sind nicht an die Zeit gebunden. Sie können in kürzesten Intervallen
aktualisiert werden:
30
Online-Zeitungen sind auch nicht an Seitenzahlen oder Seitengrößen eingeschränkt,
zudem können auf einer Webseite unzählig viele Seiten angeboten werden – etwa in
Archiven.
Während Printprodukte zweidimensional sind, kann man Online-Zeitungen als
dreidimensional bezeichnen: Hinter den Informationsangeboten auf einer Seite sind weitere
Angebote zu finden, die über Links zugänglich werden. Aber: bei Printausgaben kann man
sich schnell einen Überblick über die angebotenen Informationen verschaffen, bei Online-
Ausgaben ist das schwieriger oder sogar unmöglich. Zudem ist auf den meisten Webseiten
heutiger Online-Zeitungen auf dem Bildschirm nur ein Ausschnitt der ganzen Seite zu sehen.
Auch das erschwert es dem Besucher, sich einen Überblick zu verschaffen.
Was die Interaktivität angeht, so konzentriert sich das Angebot heute auf die
Kommentarfunktion und die Diskussionsforen. Leserbriefe werden als E-Mails über ein
elektronisches Formular an die Redaktion versendet. Der Link auf das Formular befindet
sich in der Fußzeile, zu welcher man sich ziemlich mühsam vorscrollen muss, und ist in
kleiner Schrift gehalten. Zum Formular gelangt man, indem man den Link
„Kontakt“ anklickt:
31
Schauen Sie sich das Formular hier an:
http://verlag.faz.net/unternehmen/kontakt/schreiben-sie-uns-11127932.html
Auf solche Weise wird das Verfassen von E-Mails an die Redaktion tendenziell
erschwert (vor einigen Jahren waren „Kontakt“-Links an viel prominenteren Orten zu
finden). Allerdings gehört es heute standardmäßig zu Online-Zeitungen, dass zu einzelnen
Texten Kommentare online verfasst und gepostet werden können. Dabei kann in der Regel
der entsprechenden Autorin direkt eine E-Mail geschickt werden:
Die Beiträge werden auch redaktionell überwacht, z.B. wird etwas gelöscht, was nicht
der „Netiquette“ entspricht.
Aufgabe 7. Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln bzw. Verbindungen aus dem Text
in Ihre Muttersprache und lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort bzw. jeder
Wortverbindung einen kurzen Kontext aus dem Text an.
32
1. zugänglich
2. kostenpflichtig
3. E-Paper-Ausgabe, die
4. Printausgabe, die
5. multimodal
6. nonlinear
7. von etw. Dat. Gebrauch machen
8. auskommen mit / ohne etw.
9. etw. Akk. an jmdn. Akk. weiterleiten
10.zwei-/ dreidimensional
11.sich Dat. einen Überblick über etw. Akk. verschaffen
12.Fußzeile, die
13.sich zu etw. vorscrollen
14.in kleiner Schrift gehalten sein
15.etw. Akk. anklicken
16.ein Kommentar zu etw. verfassen/ posten/ veröffentlichen
17.einsehbar sein
18.Beiträge überwachen / löschen
Aufgabe 8. Fassen die kurz die Informationen des Textes zusammen und tragen Sie die in
die Tabelle ein.
33
Medium Vorteile Nachteile
- -
Gedruckte Zeitungen/ - -
Zeitschriften - -
… …
- -
Online-Versionen der - -
Zeitungen/ Zeitschriften - -
… …
c)
34
d)
35
e)
f)
36
g)
Aufgabe 10. Schauen Sie sich die Grafik an. Was erfahren Sie über die
Zeitungswebseiten in Deutschland? Berichten Sie. Nutzen Sie dabei die Redemittel im
Anhang 3.
37
Aufgabe 11. Sie sind zu einer Diskussion zum Thema „Hat die gedruckte Zeitung eine
Zukunft?“ eingeladen. Entscheiden Sie sich für die Position „Ja“ oder „Nein“ und sammeln
Sie Argumente.
Pro Contra
- -
- -
- -
- -
Diskutieren Sie mit Ihren Kommilitonen. Beachten Sie bitte dabei Folgendes:
Halten Sie sich bitte an die Regeln einer Diskussion (Anhang 5. Diskussion);
Nutzen Sie die entsprechenden Redemittel (Anhang 5. Diskussion);
Vertreten Sie Ihre Meinung, begründen Sie die und geben Sie Beispiele;
Gehen Sie auf die Argumente Ihrer Gesprächspartner ein;
Versuchen Sie, Ihre Gesprächspartnerin von Ihren Argumenten zu überzeugen.
Aufgabe 12. Bereiten Sie einen Argumentationsvortrag zum Thema „Stirbt die
gedruckte Zeitung aus?“ vor.
Aufgabe 1. Welche Textsorten sind Ihnen bekannt? Was ist für sie kennzeichnend?
38
Definition. Textsorten (journalistische Genres) sind Sprachhandlungsschemata, die
nach bestimmten Mustern und Strategien spezifische Vermittlungsaufgaben (Funktionen)
erfüllen.
Die journalistischen Textsorten sind meist sehr schwierig voneinander zu unterscheiden.
Das liegt darin begründet, dass sie sich in zahlreichen Merkmalen ähneln.
Einteilung der Textsorten
I. Informationsbetonte Textsorten:
1. Meldung: die elementarteste Textsorte, einfache Sachverhaltsdarstellung, ein
Ereignis hat stattgefunden, keine oder minimale thematische Entfaltung, u.U. nur ein
einziger Satz. Im TV mit Bildern begleitet.
Funktion: Informieren
Sprachliche Realisierung: Einfachsätze, Nominalisierung, syntaktische
Komprimiertheit: Beim Zusammenstoß zweier Straßenbahnen fünf Menschen getötet…
Beispiel:
Boatpeople in Italien
Lampedusa. – Nach dem Tod 28 illegaler afrikanischer Einwanderer im Mittelmeer ist
am Mittwoch erneut ein Flüchtlingsboot mit etwa 100 Menschen in Süditalien angekommen.
Im Kampf gegen die Migration verlangt Italien Hilfe von der EU. Die Regierung erwägt
auch die Einrichtung von Flüchtlingscamps in Afrika.
Eine Kurzmeldung ist die Weitergabe einer kurzen bzw. knapp gehaltenen Information
oder einer Nachricht. Im Zeitungsjournalismus wird darunter meist eine einspaltige Meldung
mit 10-12 Zeilen (zwei bis drei Sätze) verstanden. Ähnlich werden im Fernsehen die
Nachrichtenblöcke in den sonst themenbezogenen Nachrichtensendungen ausschließlich mit
Kurzmeldungen gestaltet. Die stündlichen oder halbstündlichen Nachrichtenblöcke in
musikorientierten Hörfunkprogrammen werden überwiegend oder ausschließlich mit
Kurzmeldungen gestaltet, deren Gesamtumfang bei etwa zwei bis drei Minuten liegt.
Viele Nachrichtenmeldungen werden, solange die Recherche noch andauert, vorab als
Eilmeldung (englisch breaking news) herausgegeben, um das Bedürfnis nach besonders
schnellen und aktuellen Meldungen zu befriedigen und sind bis zum Erscheinen der
ausführlichen Meldung ebenfalls als Kurzmeldung verfügbar. Sie werden teilweise als
Laufschrift im Fernsehprogramm eingeblendet.
39
4. Wann geschah das Ereignis?
5. Wie ist es abgelaufen?
6. Warum geschah es?
7. Welche Quellen gibt es?
Harte Nachricht (hard news): Urzelle der Zeitung. Funktion: den Leser/Hörer aktuell,
sachlich, d.h. ohne Beigabe von Kommentierung, und prägnant zu informieren. Vermittlung
von Informationen in möglichst knapper, unparteilicher Weise. Themen: Angelegenheiten
von großer politischer, wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung.
Textaufbau: festes Prinzip – inverted pyramid, umgekehrte Pyramide: Titel (die
wichtigste Information, das Neue); Vorspann (Lead); Haupttext (Body) nach dem Prinzip der
abnehmenden Wichtigkeit.
Das Prinzip der umgekehrten Pyramide im Journalismus besagt, dass Nachrichten mit
den wichtigsten Informationen beginnen und dann immer unbedeutendere Angaben folgen.
Bezogen auf einzelne Nachrichtenmeldungen bedeutet dies, dass am Anfang eine
Überschrift und ein knapp formulierter Einstiegssatz (Leadsatz, Vorspann) mit den
Kerninformationen über das jeweilige Ereignis stehen. Zu diesen Kerninformationen
gehören Antworten auf „W-Fragen“. Im zweiten Satz der Meldung folgen dann meist die
Quelle der Informationen (7. W-Frage) und weitere wichtige Angaben. Daran schließen sich
in weiteren Sätzen nähere Einzelheiten an, am Schluss der Meldung stehen Hintergründe,
Ursachen, Wirkungen und Zusammenhänge.
Bezogen auf ganze Nachrichtenseiten oder -sendungen bedeutet das Prinzip der
umgekehrten Pyramide, dass auf der Titelseite beziehungsweise am Sendungsbeginn die
Hauptmeldungen („Aufmacher“) stehen und dann immer unbedeutendere folgen - bis zu
„human interest“-Meldungen, Sport und Wetter. Hintergründe können meist nur auf hinteren
Seiten beziehungsweise in nachfolgenden Sendungen dargestellt werden.
Der Grund für den Nachrichtenaufbau ist technischer Natur: Als Zeitungen noch mit
Setzkästen gedruckt wurden, konnte eine Nachricht nur schnell der Aktualität folgend
gekürzt werden, wenn sie nach dem Trichterprinzip formuliert war. Man strich sie einfach
von unten her und hatte so wieder mehr Platz auf der Seite. Dieses Prinzip behielt man auch
40
in späteren Jahren bei und übernahm es auch für Rundfunk und Fernsehen – auch weil es
dem Leser oder Zuschauer erlaubt, geistig auszusteigen und dennoch das Wichtigste erfahren
zu haben.
Beispiel: In der Tagesschau besitzen alle Beiträge „Sollbruchstellen“, damit sie alle
30 Sekunden gekürzt werden können. Deshalb ist die Tagesschau jeden Tag 14 Minuten lang.
Der große Vorteil des Prinzips der umgekehrten Pyramide im Journalismus besteht
darin, dass sich einzelne Meldungen beziehungsweise ganze Seiten und Sendungen so
aufbauen lassen, dass sie je nach Platz oder Sendezeit beliebig von hinten gekürzt werden
können, ohne dass die Kerninformationen oder Hauptmeldungen verloren gehen. Nach
diesem Prinzip geschriebene Nachrichtenmeldungen sind erstmals in den 1860er Jahren in
den USA nachweisbar. Während des amerikanischen Bürgerkrieges und später waren
Korrespondenten darauf angewiesen, bei der störanfälligen Übermittlung ihrer Berichte
durch Telegrafen, die wichtigsten Informationen an den Anfang zu stellen. Wenn die
Verbindung zusammenbrach, waren zumindest die Kerninformationen bereits übermittelt.
Trotz dieser Vorteile dauerte es noch bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts, bis sich das
Prinzip der umgekehrten Pyramide weltweit im Nachrichtenjournalismus durchsetzte.
Ein Nachteil des Prinzips der umgekehrten Pyramide im Journalismus ist, dass
Informationen über die Hintergründe, Ursachen, Wirkungen und Zusammenhänge von
Ereignissen als erstes weggekürzt werden. Doch auch wenn Hintergrundinformationen in
einer Meldung enthalten sind, stehen sie sehr weit entfernt von den Kerninformationen.
Wenn also der Leser oder Hörer die ersten Sätze nicht versteht, kann er sie erst später
einordnen – Neuigkeit geht also häufig zu Lasten der Verständlichkeit. Das Prinzip der
umgekehrten Pyramide widerspricht dem normalen menschlichen Erzählverhalten, wonach
über ein Ereignis eher chronologisch berichtet wird.
41
Rede, indirekte Wiedergabe. Allerdings ist das kein Muss und viele Zeitungen zitieren
wortwörtlich.
Aufbau des Berichts:
Der Bericht besteht im Großen und Ganzen aus drei Einheiten: der Einleitung, dem
Hauptteil und dem Schluss. Jeder Teil beantwortet verschiedene W-Fragen.
˗ Einleitung: Die Einleitung präsentiert knapp die Antworten auf die Fragen Wo? Wer?
Wann? Was?, sodass sich der Leser einen Überblick verschaffen kann. In Zeitungen nennt
man diesen Abschnitt Lead/ Vorspann. Häufig ist dieser fett gedruckt.
˗ Hauptteil: Der Hauptteil des Berichts gibt Aufschluss darüber, was tatsächlich
vorgefallen ist. Wichtig ist hierbei, dass die zeitliche Abfolge der Geschehnisse eingehalten
wird. Wir finden hier also Angaben über das Was, Wie und Warum.
˗ Schluss: Der Schluss des Berichts gibt Antworten darauf, welche Folgen das Ereignis
hatte oder auch darauf, wie das Problem letzten Endes gelöst wurde. Die Sprache bleibt aber
dennoch knapp, sachlich und ohne Deutungsebene des Autors.
Im Fernsehen und Hörfunk ist der Live-Bericht die häufigste Form des Berichts. Dabei
wird von einem Ereignis ohne Zeitverzögerung berichtet, während es geschieht. Verwandt ist
der Live-Bericht mit dem Newsticker oder auch Live-Ticker im Online-Journalismus, auch
wenn bei diesem eine zumindest minimale Zeitspanne zwischen Ereignis und Bericht
vergeht. Dieser berichtet in sehr kurzen, meistens nur einen Satz umfassenden Meldungen
von einem wichtigen Ereignis und wird am häufigsten im Sportjournalismus verwendet.
Aufgabe. Lesen Sie den folgenden Artikel. Überlegen Sie sich, wofür die Farben
stehen können. Was veranschaulichen Sie? Bestimmen Sie danach die Textsorte und
begründen Sie Ihre Entscheidung.
Deponie-Mangel : Kein Platz mehr für den Müll
01.07.2018
In Deutschland gibt es immer weniger Mülldeponien. Gleichzeitig wächst die Abfallmenge. Das
geht nicht mehr lange gut.
Deutschland droht ein Mangel an Mülldeponien. In den kommenden Jahren werden nach Daten des
Statistischen Bundesamts mehrere hundert Deponien das Ende ihrer Betriebsdauer erreichen. Die
Auswirkungen treffen in Form steigender Kosten für die Entsorgung vor allem Häuslebauer und die
Baubranche – Bauabfälle machen über die Hälfte des gesamten deutschen Mülls aus. Bau- und
Recyclingbranche sind besorgt.
Die Zahlen zeigen, dass 2016 noch 1108 Deponien in Deutschland in Betrieb waren, fast 900 weniger
als zehn Jahre zuvor. Und im Zeitraum von 2015 bis 2025 erreichen demnach noch einmal über 500
Deponien das Ende ihrer vorgesehenen Betriebsdauer. Zwar sind bei mehreren hundert Deponien auch
Baumaßnahmen geplant, aber dennoch schrumpft die Zahl kontinuierlich.
Gleichzeitig steigt das Abfallaufkommen. 2016 waren es schon 417 Millionen Tonnen, 25 Millionen
mehr als zu Beginn des Jahrzehnts. Hauptursache ist der Bauboom. Denn Bauabfälle machen mehr als die
Hälfte des gesamten deutschen Abfalls aus: 2016 waren es 223 Millionen Tonnen, 23 Millionen Tonnen
mehr als 2011. Die Folgen: Entsorgungstourismus und hohe Kosten. Wie die F.A.Z. im Februar berichtet hat,
kostet allein der Bodenaushub für ein durchschnittliches Einfamilienhaus rund 30.000 Euro.
Das Bundesumweltministerium teilt die Bedenken der Bauindustrie nicht, wie ein Sprecher erklärt.
„Auf die gesamte Bundesrepublik bezogen ist ausreichend Deponieraum vorhanden.“ Ansonsten wäscht der
Bund die Hände in Unschuld: Denn das Abfallrecht ist Ländersache. „Die Länder treffen bei der
Deponieplanung ihre eigene Entscheidung“, heißt es in der Stellungnahme des Umweltministeriums. „Der
Bund hat hier weder Aufsichtspflichten noch Weisungsrecht.“
42
Eigentlich müssten also dringend neue Deponien geplant werden - aber das ist ein sehr langwieriger
Prozess. „Weil die Planung einer neuen Deponie mindestens sieben Jahre in Anspruch nimmt und bis zur
Inbetriebnahme insgesamt neun bis zehn Jahre vergehen können, steuert Bayern auf einen Kollaps zu“, sagt
Pocha. „Gleichzeitig haben wir Landräte und Oberbürgermeister, die die Verwendung von Recycling-
Baustoffen im Straßenbau und für den Straßenunterbau ablehnen“, sagt Pocha. „Dieselben Landräte und
Oberbürgermeister wehren sich dann, wenn in ihrem Amtsbereich eine neue Deponie geplant wird, weil so
etwas dann auch wieder niemand „vor der Tür“ haben will.“
Quelle: bern. / dpa
1. Kommentar: Der Begriff leitet sich aus dem Lateinischen ab (commentarius) und
lässt sich in etwa mit Notizen, Tagebuch oder auch Denkschrift übersetzen. Es geht also um
das Notieren eigener Gedanken zu einem beliebigen Thema. Demzufolge meinte das Wort
bei den Römern ursprünglich ein Notizbuch oder Schreibheft, das als Gedächtnisstütze
diente.
Der Begriff Kommentar hat grundsätzlich drei Bedeutungen: 1) eine journalistische
Textsorte, 2) eine persönliche Bemerkung zu einem beliebigen Thema und 3) ein Zusatzwerk
zu einem anderen Text.
Ein Kommentar im Journalismus ist ein Meinungsbeitrag zu einem Thema, der den
Autor namentlich nennt. Bei Printmedien wird der Verfasser oft abgebildet, in Hörfunk und
Fernsehen spricht der Autor den Kommentar meistens selbst. Besondere Formen des
Kommentars sind Leitartikel, Glosse und Kolumne.
Meinungsbeiträge in den Medien sind durch Artikel 5 des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland geschützt. Die Trennung von Meinungen und Informationen
soll Transparenz für den Leser herstellen. Vor allem im Boulevardjournalismus werden
nachrichtliche (Bericht) und meinungsorientierte Darstellungsweise (Kommentar) jedoch
auch innerhalb eines Beitrages vermischt.
Der Kommentar nimmt im Regelfall zu einer aktuellen Nachricht Stellung. Er erläutert
die Wichtigkeit des Themas, interpretiert die Bedeutung, macht mit Zusammenhängen
vertraut, stellt Kombinationen an, wägt unterschiedliche Auffassungen ab, setzt sich mit
anderen Standpunkten auseinander und verhilft dem Leser dazu, sich ein abgerundetes Bild
über das Ereignis zu machen. In einem guten Kommentar sollte der Hintergrund analysiert
und erklärt, außerdem die Meinung des Schreibers argumentativ belegt werden. Er soll die
Leser dazu anregen, sich eine eigene Meinung zum Thema zu bilden.
Intention: Bewerten, Evaluieren.
Ausgangspunkt: Problematisierung eines Sachverhalts.
Ziel: beim Adressaten bestimmte Einstellungen zu fördern oder zu verändern, zu
überzeugen.
Argumentationsmodell: These – Argumente. Sprachstilistische Realisierung:
bewertende Prädikate, Expressivität: Metaphorik und Idiomatik, syntaktische Abweichungen,
Kausalsätze, Anspielungen, rhetorische Fragen usw.
Aufgabe. Lesen Sie den folgenden Kommentar. Finden Sie alle Merkmale und
strukturellen Teile des Kommentars, über die Sie gelesen haben.
2. Glosse: Das Wort lässt sich aus dem Altgriechischen ableiten und in etwa mit Zunge
oder Sprache übersetzen. Diese Übersetzung verweist auf die wichtigsten Merkmale der
Glosse, die eine Textsorte ist, die sich durch ein hohes Maß an sprachlicher Fertigkeit und
eleganten Formulierungen auszeichnet und dabei sarkastisch und außerdem sehr ironisch ist.
Der Aufbau einer Glosse ist offen und weniger streng. Einerseits hat sie das aktuelle
Geschehen zum Gegenstand, ist dabei ironisch und sarkastisch und kann in jedem Fall eine
Meinung transportieren. Hier werden grundsätzliche Aspekte des gesellschaftlichen,
kulturellen und politischen Lebens thematisiert, bewertet und beurteilt. Sie ist andererseits
stilistisch hochwertig und zeichnet sich weiterhin durch ein hohes Fachwissen in Bezug auf
den glossierten Gegenstand aus.
Merkmale der Glosse:
1) kritisiert (meist aktuelle) Themen und verpackt diese originell, witzig und
komisch, soll zum Nachdenken anregen;
2) erscheint nur in Textform;
3) zeichnet sich durch ihre Kürze aus und nimmt oftmals nur wenige Zeilen oder
Abschnitte ein;
4) unterscheidet sich vom Kommentar durch ein hohes Maß an Sprachfertigkeit
und Sachkenntnis des Autors;
5) wirkt zwar wie ein einfacher Text, der leicht zu lesen ist, aber wird durch
zahlreiche Stilmittel bestimmt; die gängigsten Stilmittel sind Ironie, Sarkasmus, Hyperbel
und eine hohe sprachliche Eleganz;
6) ist satirisch, bärbeißig, ironisch, lustig, zynisch, klar sowie verständlich; greift
in der Regel ein Thema auf, überspitzt es und nimmt es in der Folge journalistisch aufs Korn;
7) gilt als eine der schwierigsten journalistischen Textformen, da es sehr
kompliziert sein kann, die Gratwanderung zwischen Sarkasmus und Einfachheit zu
bewältigen, ohne ins Lächerliche abzurutschen.
Hinweis: Die meisten Zeitungen haben ein eigenes Autorenteam, das die Glossen
anfertigt.
Aufgabe. Lesen die die folgende Glosse. Finden Sie alle Merkmale der Glosse, über die
Sie gelesen haben.
45
Schlecht Parken ist keine Straftat, behindert jedoch in vielen Fällen unsere Umwelt und
Mitmenschen. Außerdem kann die Geschichte ziemlich teuer enden, wenn man abgeschleppt werden
muss.
Оb sie jemanden zugeparkt habe, fragt die Dame mit Unschuldsmine, einen Laib Brot in der Hand
über die Straße trottend. Ach, woher denn, ihr Mini steht nur quer hinter dem fremden Wagen, dazu noch
mitten auf dem Fahrradweg, die Spur verengt sie auch, weshalb der Durchgangsverkehr behindert wird, aber:
Mein – im Mini sitzender – Sohn hat einen kaputten Fuß, bringt sie zur Entschuldigung vor. Und sie musste
nur mal rasch zum Rewe, eine Kleinigkeit einkaufen. Es war halt kein Parkplatz frei.
Vor allem aber: Sie hat den Warnblinker eingeschaltet. Der entschuldigt alles. Er entschuldigt
Paketdienste, die nur mal rasch was abgeben müssen, er entschuldigt Getränkelieferanten, die nur mal flink
ein paar Kisten ins Haus tragen müssen, er entschuldigt Umzugswagen und Pizzadienste und Rohrreiniger
und Taxis. Und weil es sowieso alle machen, macht es inzwischen wirklich fast jeder. Für die gewerblichen
Anliegen mag man noch gewisses Verständnis aufbringen, aber warum darf sich mittlerweile Hinz und
Kunz ungestraft in die zweite Reihe stellen? Nonchalant auf den Radweg und damit die armen Radler zu
bisweilen halsbrecherischen Manövern hinein in den fließenden Verkehr zwingen?
Einfach auf den Bürgersteig, sollen die Fußgänger sich halt an der Stoßstange vorbeiquetschen, da ist
doch noch genug Platz. Soweit bekannt, werden Halten oder Parken in der zweiten Reihe eigentlich bestraft,
mit 10 bis 30 Euro, womöglich kommt Nötigung hinzu. Aber wen juckt es? Und der Warnblinker soll doch
wohl warnen vor Gefahren. Vielleicht müsste das erst höchstrichterlich entschieden oder von einer
Expertenkommission untersucht werden, aber auf den ersten Blick gehören weder Mütter, die mal eben in
den Rewe müssen, noch Kerle, die kurz an den Kiosk wollen, zu jenen Gefahren, die der warnblinkende
Gesetzgeber gemeint hat. Der in der zweiten Reihe abgestellte Egoismus verdient die Rote Karte.
https://www.faz.net/aktuell/technik-motor/motor/glosse-geisterparker-15657475.html
46
Der Leitartikel spiegelt allerdings immer die Meinung eines Redakteurs, meist des
Chefredakteurs, wider und ist eben keine aktuelle Nachricht, sondern gewissermaßen
Ansichtssache. Alles, was einen Nachrichtenwert hat, kann Inhalt eines solchen Kommentars
sein. Wichtig ist aber, dass das Thema eine Meinungsäußerung provoziert und öffentliches
Interesse am Thema besteht, wobei der Kommentar den Blickwinkel ändern soll.
Funktion des Leitartikels. Da der Leitartikel in den meisten Medien, die eine solche
Darstellungsform pflegen, länger als die Kommentare ist, gibt es ausreichend Platz für solche
Pro- und Contra-Darstellung. Wie in anderen meinungsorientierten Darstellungsformen muss
jedoch für den Leser stets erkennbar sein, dass es sich um eine journalistische
Meinungsäußerung und nicht um eine Nachricht oder einen Bericht handelt. Hier wird die
Meinung, vor allem die politische Meinung des jeweiligen Redakteurs beziehungsweise der
jeweiligen Redaktion, nach außen dargestellt. Wird der Verfasser des jeweiligen Leitartikels
nicht genannt, so wird der Artikel als Kommentar der gesamten Redaktion dargestellt.
In politischen Krisenzeiten zeichnet sich der Leitartikel vor allem durch seine
kämpferischen spannungsgeladenen Worte, Standpunkte und Themen aus. Heute wird von
Fachleuten und Medienkritikern bemängelt, dass der Leitartikel oft nur noch eine Erklärung
oder Erläuterung von Sachverhalten ist. Insgesamt ist der Leitartikel ein
„Aushängeschild“ der Redaktion, hier wird die politische Richtung der Zeitung
widergespiegelt.
Thema des Leitartikels sind wichtige politische oder wirtschaftliche Ereignisse.
Aufgabe:
1) Zählen Sie die Merkmale auf, die einen Leitartikel von einem Kommentar
unterscheiden.
2) Finden Sie im folgenden Leitartikel die Merkmale aus dem Punkt 1).
5. Die Kolumne ist ein kurzer Meinungsbeitrag. Der Autor einer regelmäßig
erscheinenden Kolumne wird auch Kolumnist genannt. Die Kolumne ist gewissermaßen eine
Sonderform des Kommentars. Sie wird oftmals von einem Redakteur oder wechselndem
Gastpublizisten verfasst und erscheint immer regelmäßig an der gleichen Stelle. Sie ist ein
Meinungsbeitrag und spiegelt somit die Ansichten des Autors zu einem Sachverhalt wider.
Hier erzählt der Autor eine Geschichte, die häufig in der Ich-Form verfasst ist. Die Kolumne
ist ein Meinungsbeitrag, muss sich aber nicht auf eine Nachricht beziehen.
Merkmale (es ist am schwierigsten, Kolumnen von Nachrichten, Kommentaren und
der Glosse abzugrenzen):
1) erscheinen meist in einem Printmedium und wird von einem einzelnen
(bekannten) Autor oder von renommierten Gastautoren verfasst;
2) erscheinen regelmäßig, wobei das jeweilige Medium den Rhythmus selbst
festlegt, oftmals tages- oder wochenweise; finden sich immer an der gleichen Stelle und sind
farblich, durch Überschriften oder Bilder vom Rest abgegrenzt;
3) Gründe für die Abgrenzung: Kolumnen werden in der Regel nicht redigiert, vor
der Veröffentlichung nicht bearbeitet und somit unverändert gedruckt; so wird klar, dass
sich die Zeitung nicht unbedingt mit der vertretenen Meinung identifiziert;
4) ist grundsätzlich eine Art der Meinungsäußerung und deshalb auf kein
bestimmtes Thema festgelegt, dennoch werden oft aktuelle Nachrichten und bekannte
Bereiche behandelt;
5) die Autoren bedienen sich oft ganz alltäglicher Geschichten, die in der Ichform
geschrieben sind und enden mit einer Pointe, wobei zahlreiche Kolumnen auch einen
polemischen Charakter aufweisen. Die letzten zwei Merkmale sind allerdings nicht in jedem
Text zu finden.
Aufgabe. Lesen Sie eine Kolumne und finden Sie alle Merkmale der Kolumne, über die
Sie gelesen haben.
Der Ostdeutsche hasst alles Fremde. Ständig fühlt er sich benachteiligt und hintergangen.
Wahrscheinlich schlägt er auch öfter seine Kinder. Warum ist das Ostler-Bashing im Westen so
beliebt?
48
Ein Glück, dass es den Ostler gibt. Was hätten wir sonst zu lachen? Über Ausländer darf man sich ja
nicht mehr lustig machen, das gilt als ungehörig. Harald Schmidt war der letzte, der sich getraut hat, Polen-
Witze zu reißen und damit durchkam. Auch der Herrenwitz ist tot. Wer einen erzählt, bekommt es mit
Manuela Schwesig zu tun. "Familienministerin fordert Engagement gegen Altherrenwitze", war neulich zu
lesen.
Die einzige Volksgruppe, über die man ungestraft herziehen darf, sind die Ostdeutschen. Der Ostler ist
die Minusvariante des Bundesdeutschen, ein Herrenwitz auf zwei Beinen sozusagen. Wenn es ihn nicht gäbe,
müsste man ihn erfinden.
Der Ostler hasst alle Fremden, was ihn schon mal ins Abseits stellt. Er kennt keine Fremden, weil es
dort, wo er lebt, kaum welche gibt. Trotzdem findet er, dass sie nur Probleme machen. Wenn er nichts
Besseres zu tun hat, was oft der Fall ist, setzt er sich in sein Auto und fährt in die nächstgelegene Stadt, um
Plakate hochzuhalten, auf denen steht, dass die Demokratie ein Betrug ist. Er hat überhaupt ziemlich schnell
das Gefühl, zu kurz zu kommen, weshalb er auch immer schrecklich verkniffen wirkt.
Warum er so anders ist? Man muss nur etwas zurückgehen, dann hat man den Grund. Ostler wurden
nicht gestillt, weil die Mütter immer arbeiten mussten. Außerdem hat man sie in der Krippe zu festen Zeiten
aufs Töpfchen gesetzt, was bei den heute Über-30-Jährigen bleibende seelische Schäden verursacht hat, wie
der berühmte Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz schon vor Jahren diagnostizierte. Wahrscheinlich
schlagen sie im Osten auch ihre Kinder öfter.
Kulturelle Gewohnheiten wachsen sich nur langsam aus
Was für den Ostler spricht, ist der Sex. Weil es in der DDR ansonsten kein Vergnügen gab, wurde halt
mehr geschnackselt. Kulturelle Gewohnheiten wachsen sich nur langsam aus, da braucht es Generationen.
Ich bin sicher, wenn man das in einer Talkshow vertreten würde, nähme niemand daran Anstoß, außer den
Ostlern natürlich, aber die zählen ja nicht.
Die Statistik spricht gegen die Menschen in Ostdeutschland, so viel ist wahr. Bei den rechtsextremen
Straftaten führt der Osten gegenüber dem Westen vier zu eins, aber darum geht es nicht. Das Ostler-Bashing
kommt ohne Statistik und damit Objektivierung aus.
Wenn es um Zahlen ginge, müsste man dazu sagen, dass auf jeden Ausländerfeind mindestens
genauso viele brave Menschen kommen, die nichts gegen Flüchtlinge haben. Aber von denen ist nie die
Rede. Der Witz liegt gerade in der Generalisierung. Wer im Westen vom Ostler spricht, sieht den Pegidisten,
nicht den Fraktionschef der CDU, der vier Flüchtlingskinder aus Afghanistan bei sich zuhause
aufgenommen hat.
Jeder Anlass ist recht, um das Feindbild zu bestätigen. Wenn vor dem Bahnhof in Köln Frauen so
bedrängt werden, dass anschließend die Verschärfung des Asylrechts als angezeigt gilt, ist das ein
bedauerliches, aber erklärbares Polizeiversagen. Wenn in Leipzig die Justizbeamten einen
Terrorverdächtigen nicht am Selbstmord hindern, wird eine ganze Region samt ihrer Repräsentanten in
Haftung genommen. Wie erbärmlich, das Versagen auch noch verteidigen zu wollen, heißt es dann: So
typisch für das ostdeutsche Politpersonal.
Ich will ja hier nicht aufrechnen. Aber wenn ich mich richtig erinnere, hat es nach den Vorgängen in
Köln fünf Tage gebraucht, bis sich Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine dürre Erklärung abrang. Der
verantwortliche Innenminister ist bis heute im Amt. Dennoch war nirgendwo zu lesen, dass der Nordrhein-
Westfale an sich ein Problem darstelle.
Auf die Generalisierung folgt in der Regel die Abwertung
Das Feindbild hat eine lange Tradition. Vor der Wende waren die Ostdeutschen die armen Verwandten,
die man im Westen wegen ihrer knatternden Spielzeugautos und der komischen Jeans belächelte, die so viel
mit einer Levis zu tun hatten wie Karo mit Kaffee. Nach dem Fall der Mauer sorgte ihr Verlangen nach
Anschluss an die D-Mark für Belustigung.
Wenn es ein Bild gibt, das die Vorbehalte auf den Punkt brachte, dann das berühmte "Titanic"-Cover
der "Zonen-Gaby", die glückselig eine geschälte Gurke in der Hand hatte, die sie für ihre "erste Banane"
hielt. Der Auftritt der "Zonen-Gaby" feiert diesen Herbst sein 27-jähriges Jubiläum, aber die Herablassung,
die das "Titanic"-Bild transportierte, ist bis heute abrufbar.
Gibt es Unterschiede zwischen Volksgruppen? Sicher gibt es die. Landstriche, Sprache, die Religion
(oder die Abwesenheit derselben): all das bildet kulturelle Besonderheiten aus. Der Hamburger ist anders als
der Bayer, der Bayer anders als der Sachse. Auch über Landesgrenzen hinweg lassen sich Unterschiede
49
feststellen, wie jeder weiß, der seinen Urlaub nicht ausschließlich auf dem Balkon verbringt. Dass es so
etwas wie einen Volkscharakter gibt, ist eine ebenso oft bestrittene wie durch die Anschauung bewiesene
Tatsache des Lebens. Ich bediene mich in meinen Kolumnen regelmäßig nationaler Stereotypen.
Der Chauvinismus beginnt da, wo man meint, aus den Unterschieden ein Überlegenheitsgefühl
ableiten zu können. Wenn vom Ostler die Rede ist, bleibt es ja nicht bei der Feststellung, dass er anders ist.
Auf die Generalisierung folgt in der Regel die Abwertung. Der Ostdeutsche ist weniger weltgewandt, geistig
ein wenig unbeweglich und ökonomisch zurückgeblieben, weshalb aus dem Osten ja auch die guten Frauen
weglaufen.
Kurz, er ist im Vergleich mit seinem westdeutschen Nachbarn das, was der Südstaatler im Vergleich
mit seinem reichen Verwandten im Norden ist: ein Hillbilly, dem man am besten das Wahlrecht entzieht,
wenn am Ende nicht so etwas wie Donald Trump oder die AfD herauskommen soll.
Das Ressentiment sei der Ausdruck einer "imaginären Rache" für ein Gefühl der Machtlosigkeit, hat
Nietzsche einmal gesagt. Vielleicht sind sich Ost und West ähnlicher als sie denken: Wer es nötig hat, sich
auf Kosten anderer Luft zu verschaffen, bei dem stimmt im Psychohaushalt etwas nicht. Was das sein
könnte, vertiefen wir in einer der nächsten Kolumnen.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/kolumne-jan-fleischhauer-der-ostdeutsche-das-feindbild-a-
1116975.html
Aufgabe: Der Essay ist verwandt mit journalistischen Darstellungsformen wie Glosse,
Kolumne, Kommentar und Leitartikel. Lesen Sie den Essay unten und stellen Sie fest, was
ihn von diesen Textsorten unterscheidet.
Stuttgart - Kürzlich in einer Kunstausstellung: Vor der Wand mit einer Videoinstallation stehen zwei
Sitzbänke. Auf einer sitze ich – und nur ich. Ein Pärchen schlendert heran und stellt sich zielgenau vor mich.
Ich sehe nichts mehr.
Muss das sein? Die Szene steht für mehr als nur ein kleines Ärgernis, ist sie doch eines von vielen
Erlebnissen dieser Art, die man – so zumindest ein gefühlter Eindruck – im Alltag immer häufiger erleben
muss. Im Supermarkt zum Beispiel, wenn sich am Kühlregal kommentarlos ein fremder Arm an der eigenen
Nase vorbei reckt, weil sein Besitzer jetzt und sofort jenen Joghurt haben will und nicht warten kann. Oder
50
wenn die Frau mit der Schnupfnase ihre Bazillen just über dem Regal mit den Salatköpfen ins Taschentuch
schnäuzt. In der überfüllten Straßenbahn versperrt derweil ein breitbeinig sitzender Mann den Zugang zu
einem freien Platz am Fenster. Im anfahrenden Zug mault er auf die Bitte, zu rutschen: „Steigen Sie halt
drüber!“
Weshalb ist der Ton so rau geworden?
Unfreundlichkeit, Ruppigkeit, Pöbelei und Rücksichtslosigkeit: Weshalb ist der Ton in der
Öffentlichkeit so rau geworden? Weshalb gehen wir so gedankenlos und respektlos miteinander um? Von
den unerbittlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten oder den Hasskommentaren in sozialen Netzwerken über die
lebensgefährliche Missachtung der Regeln im Straßenverkehr bis hin zu den Handgreiflichkeiten gegen
Ärzte, Sachbearbeiter und Polizeibeamte – jeder Bereich unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens
scheint davon betroffen zu sein. Ist der Wunsch nach Höflichkeit hoffnungslos spießig und nicht mehr
zeitgemäß in einer scheinbar so freizügigen Gesellschaft, die den legeren Umgang pflegt und sich von allen
Konventionen verabschiedet hat?
Es geht hier nicht um den Dress Code für bestimmte Anlässe, nicht um komplizierte Regeln, wer wem
in welcher Situation zuerst die Hand reicht. Obwohl der Wortursprung tatsächlich mit dem Verhalten am
Hofe zu tun hat, definiert der Duden Höflichkeit heute als gesittetes Benehmen, als Zuvorkommenheit. Der
Philosoph Immanuel Kant sah sie im Bund mit Toleranz, Mitleid, Rücksicht und Großzügigkeit: als eine
Haltung. Goethe verstieg sich gar dazu, sie als „in ihren Maximen und Reflexionen der Liebe verwandt“ zu
charakterisieren.
Eines steht jedenfalls fest: Ein höflicher Umgangston macht das Leben sehr viel angenehmer. Wer
nach einem Langstreckenflug völlig übernächtigt am Flughafen die Dame am Infoschalter nach den
Intercityanschlüssen fragt, wäre zwar nicht schlauer, wenn diese sagen würde: „Tut mir leid, da sind sie bei
mir falsch“, statt zu raunen: „Hier ist nur Airline!“ – aber der Reisende wäre ein klein wenig glücklicher.
Der in Deutschland lebende äthiopische Prinz Asfa-Wossen Asserate schrieb in seinem Buch
„Manieren“: „Die Aufmerksamkeit ist ein derart wichtiger Bestandteil der Manieren, dass man gelegentlich
die Begriffe dafür austauscht und einen höflichen Menschen aufmerksam nennt“, schreibt Asserate. Die
vielen Regeln, wer vor wem aufstehen muss, zählen wenig für den Aufmerksamen: „Er steht immer auf“,
fordert Asserate. Ähnlich sah das bereits der Vater des guten Benehmens, Adolph Freiherr Knigge, in
seinem Werk „Über den Umgang mit Menschen“ (1796): „Interessiere Dich für andere, wenn Du willst,
dass andere sich für dich interessieren.“
Tatsächlich geht es beim Umgang miteinander um weit mehr als um ein gutes oder ungutes Gefühl. Es
geht um die Art unseres Zusammenlebens, um Achtung und Respekt, um Hilfsbereitschaft und Empathie.
Der Sozialphilosoph Oskar Negt schreibt: „Werden Konkurrenz, Wettbewerbslust und Rücksichtslosigkeit
im Umgang mit Menschen untereinander zu Tugenden deklariert, dann verändert sich zusehends das
vorherrschende Menschenbild einer Gesellschaft.“ Deshalb leben wir offenbar heute mehr gegen- als
miteinander. Die Maxime lautet „Mach Dein Ding“- egal, ob dabei jemand auf der Strecke bleibt. Anstand,
Skrupel und Rücksichtnahme zahlen sich nicht mehr aus – Egoismus und Ignoranz dagegen lohnen sich.
Ist der Mensch von Natur aus ein Rüpel?
Der Journalist Jörg Schindler hat sich in seinem Buch „Die Rüpel-Republik“ eingehend mit der
Verwahrlosung der Umgangsformen auseinandergesetzt. Seine Beobachtungen reichen dabei von der Politik
bis auf den Fußballplatz. Schindler zitiert Umfragewerte über den Wohlfühlfaktor hierzulande: 1999 fanden
42 Prozent der Befragten, dass das Klima immer eisiger werde. 2003 waren es schon 52 Prozent, vier Jahre
später 58 Prozent. „Deutschland hat die besten Jobs und die unfreundlichste Bevölkerung“, lautet das
Ergebnis einer groß angelegten Studie mit 14 000 so genannten Expatriates, also hochqualifizierten
Menschen, die aus beruflichen Gründen auf Zeit hier leben und arbeiten. Deutschland belegt dabei unter 67
Ländern Platz 17. „Zum kühlen Wetter kommt der frostige Empfang“, lautet der nüchterne
Erklärungsversuch der Autoren.
Ist der Mensch von Natur aus ein rücksichtsloser Rüpel und Egoist – oder ist er von Grund auf gut? An
den beiden Menschenbildern, wie sie die Philosophen Thomas Hobbes und Jean-Jacques Rousseau einst
diametral unterschiedlich beschrieben haben, scheiden sich die Geister. Hätten die Menschen nicht gelernt,
respektvoll und vernünftig miteinander umzugehen, hätten sie wohl bis heute das Rad nicht erfunden,
argumentieren die Anhänger der Rousseauschen Lehre.
51
Der Anthropologe und Verhaltensforscher Michael Tomasello zeigt anhand einer Reihe von
Videoclips mit Kleinkindern, die am Max-Planck-Institut in Leipzig gedreht wurden, dass die
Hilfsbereitschaft vielleicht doch angeboren ist. Ein Baby robbt herbei, um einer Frau einen
heruntergefallenen Stift zu reichen. Ein Kleinkind hilft beim Öffnen eines Schrankes, weil der voll beladene
Mann es alleine nicht schafft. Das alles geschieht unaufgefordert. Dreijährige assistieren sich gegenseitig,
wenn sie konkurrierend eine Aufgabe lösen sollen. Der Sündenfall in Tomasellos Versuchsaufbauten trat ein,
als er begann, Gratifikationen zu verteilen. Jene Kinder, die keinerlei Belohnung für ihre Hilfsbereitschaft
bekamen, behielten diese Eigenschaft uneingeschränkt bei. Die anderen Kinder jedoch, die für jede
Gefälligkeit ein Spielzeug erhalten hatten, halfen nur noch dann, wenn ihnen zuvor eine Belohnung in
Aussicht gestellt wurde. Soziales Verhalten ist ansteckend. Was wir schon immer ahnten, haben Forscher
von der Universität Florida nun auch wissenschaftlich bewiesen. Sie gingen in einer Studie der Frage nach,
ob sich Unhöflichkeit im Berufsalltag überträgt. Dafür wurden unter anderem 90 Doktoranden beobachtet,
wie sie mit Kommilitonen verhandelten. Wer seinen Verhandlungspartner im Anschluss an die Übung als
unhöflich bewertete, wurde von nachfolgenden Partnern häufiger selbst als unhöflich bewertet. Schon die
Begegnung mit einem einzigen unhöflichen Menschen zeigt also eine negative Wirkung – und zwar nicht
nur dem Unhöflichen, sondern auch allen anderen gegenüber.
Eltern sollen Werte vermitteln
Erwachsene sind Vorbilder, die wichtigste Erziehungsinstanz ist die Familie. Aber wenn Eltern selbst
Toleranz, Achtsamkeit, Respekt, Manieren und Rücksichtnahme nicht gelernt haben, können sie diese Werte
nicht weiter vermitteln. Werden Kinder also automatisch zu kleinen Egoisten? Schlechtes Benehmen ist
salonfähig geworden. Ein Eindruck, den bestimmte Fernsehshows bestärken, bei denen Mobbing unter dem
Gejohle des Publikums belohnt wird. Und wer verbietet den Erwachsenen beim Essen auf dem Smartphone
herumzuspielen – oder andere durch lautstarkes Telefonieren in der Öffentlichkeit zu Zeugen ihrer
Familienstreitigkeiten zu machen? Knigge postulierte einst: „Eine der wichtigsten Tugenden im
gesellschaftlichen Leben ist die Verschwiegenheit.“ Und weiter: „Niemand sollte in der Öffentlichkeit bloß
gestellt werden.“ Daran sollten sich manche in ihrem hektischen Alltag öfter einmal erinnern.
Es ist erstaunlich, dass heute zugleich das Erlernen von Benehmen bei Tisch aber beispielsweise sehr
angesagt ist. Ein ganzer Geschäftszweig ist entstanden. Es gibt etliche Apps mit Titeln wie „Etikette für
Businessleute“, „Etikette für Kinder“ oder das Pocket-Quiz „Knigge zum Üben“. Lehrer für gute Manieren
sind gefragt. Inge Wolf, die Benimm-Päpstin und Vorsitzende des Bielefelder Arbeitskreises
„Umgangsformen International“ sagt aber, worauf es ankomme, sei in erster Linie Empathie. Jeder Mensch
habe dieselbe Wertschätzung verdient. Und: „Ein Mensch kann die perfektesten Tischmanieren haben und
zugleich, mit Verlaub, das größte Schwein sein.“
Vielleicht ist es also doch nicht ganz so verwunderlich, dass manche Leute Manieren in einem Kurs
lernen wollen – wie Vokabeln, die man auswendig lernen muss. Wer von sich aus kein Mitgefühl und keine
Empathie empfindet, dem ist das Prinzip der Rücksichtnahme sicher fremd. Er kommt nicht von selbst
darauf, wie höfliches Benehmen aussehen könnte.
Der Verfall der Umgangsformen – das prominenteste Beispiel ist der US-Präsident Donald Trump –
verursacht einen allgemeinen Vertrauensverlust. Das Sicherheitsgewerbe, professionelle Streitschlichter und
die Ratgeberliteratur lebt davon. Der Soziologe Emile Durkheim beschrieb 1893 einen gesellschaftlichen
Zustand, in dem gemeinschaftliche Normen verschwinden, die Gruppenmoral ins Wanken gerät und soziale
Kontrolle kaum noch vorhanden ist. Als Folge davon skizzierte er die Grundzüge einer Gesellschaft mit
steigender Selbstmordrate, mehr Scheidungen, Kirchenaustritten, Bindungslosigkeit, zunehmenden
psychischen Erkrankungen, Vereinzelung und der Zunahme von Gewalt. Die Folgen seien andauernde
Unzufriedenheit und Angst, so Durkheim. Ein Schilderung, die auch die Gegenwart meinen könnte.
Anstatt jedoch dem Kern dieser gesellschaftlichen Phänomene eingehender nachzuspüren, versucht die
Wissenschaft, das Vertrauen auf andere Weise wiederherzustellen. In Tierversuchen mit Mäusen haben
Forscher herausgefunden, dass der Botenstoff Oxytocin Stress abbaut und prosoziales Verhalten fördert.
Eine Firma in Florida hat daraufhin sogleich „Liquid Trust“ – flüssiges Vertrauen – als Spray auf den Markt
gebracht. Verkehrte Welt.
https://www.stuttgarter-zeitung.de
52
5. Reportage, die: Spezielle Form der Informationspräsentation. Das ist ein
tatsachenbezogener, jedoch persönlicher Erlebnisbericht, stark persönlich gefärbte
Geschehens- bzw. Situationsdarstellung. Nicht nur auf den Gegenstand bezogen, sondern
durch die Perspektive und das Temperament des Reporters mitbestimmt. Strenge Bindung an
Fakten, aktuelle Ereignisse und Vorgänge einerseits, persönliches Engagement andererseits.
Dem Reporter ist es – im Gegensatz zum Verfasser von Nachrichten oder Berichten –
erlaubt, Fakten durch eigene Eindrücke zu ergänzen, die er oder sie – oft bei Anwesenheit
am Ort des Geschehens – gesammelt hat. Er beschränkt sich auf eine narrative Funktion,
spricht überwiegend im Präsens und bewirkt dadurch, dass sich der Rezipient (Leser/in,
Zuhörer/in oder Fernsehzuschauer/in) gut in die Situation hineinversetzen kann.
Beispiel: „In einem Haus hat es gebrannt.“ In den Nachrichten heißt es dazu:„Der
Brand war in einem Nebengebäude der Brauerei ausgebrochen. Glücklicherweise gab es aber
keine Verletzten.“ Die Reportage würde dieses Geschehen für den Leser bildlicher
aufbereiten und ihn so direkt ins Geschehen holen. So könnte es beispielsweise heißen, wenn
viele Adjektive gebraucht und die Sinne angesprochen werden:
„Der Geruch von Feuer und kaltem Rauch liegt in der schweren Luft, als wir das Haus
betreten. Der Brand war in der Nacht im Nebengebäude ausgebrochen, ist aber schon nach
kurzer Zeit auf das Haupthaus der Familie übergegangen. Überall frisst sich der Ruß ins
poröse Mauerwerk und zeichnet grau-schwarze Flecken in die einstige Familienidylle.
Inmitten des Eingangsbereichs klafft ein riesiges Loch in der Decke: noch vor wenigen
Stunden führte hier eine Treppe ins Obergeschoss des Hause, von der nur ein gräulicher
Aschehaufen zeugt. Familie Meyer steht vor den Trümmern ihrer Existenz, auch wenn
glücklicherweise niemand verletzt wurde.“
Die Reportage beschreibt detailliert, wie es darin aussieht, und versucht, beim
Rezipienten oder bei der Rezipientin „Kino im Kopf“ ablaufen zu lassen. Sie schildert die
„versengten, schwarzen Treppengeländer, denen man nur schwer ansieht, dass sie aus Holz
sind“.
Die Reportage lebt von Anschaulichkeit, dem Gebrauch der Sinne, kräftigen Bildern
und Zitaten und versucht, beim Rezipienten oder bei der Rezipientin „Kino im
Kopf“ ablaufen zu lassen. Der Leser gewinnt den Eindruck, er sei beim Geschehen dabei
gewesen. Die Reportage wird subjektiv durch die Auswahl der Tatsachen.
Das naheliegende Gliederungsprinzip ist die Chronologie. Der erste Satz ist besonders
wichtig, weil er den Leser auf den „Ton“ der Reportage einstimmt.
Ziel/ Funktion: Ansprechen, Aufrütteln und Fesseln des breiten Empfängerkreises.
Sprachliche Mittel: Syntax einfach und überschaubar, Präteritum u. aktualisierendes
Präsens, Temporaldeiktika und Adverbialbestimmungen, Ortsangaben, konkrete Realien und
Details, Zitate, indirekte Rede, umgangssprachliche Lexik.
Verfahren: schildern, beschreiben, berichten.
Typen von Reportagen: mündlich und schriftlich; Sportreportage, Kriegsreportage,
wichtige politische und gesellschaftliche Ereignisse, Reisebericht. Die wichtigste A Vor-Ort-
Reportage, Hintergrundreportage (Dokumentationsebene), Personenebene.
53
Aufgabe 1) Lesen Sie die folgenden Texte. Erstellen Sie danach nach dem Muster der
anderen Textsorten die Liste der Merkmale der Textsorte Blog.
Wer es sich mit Eltern so richtig verscherzen möchte, der sollte mal en passant fallenlassen, wie schön
und erfüllt ja ein Leben ohne Kinder sei. Beim Geburtstagsbrunch vielleicht. Oder beim Kaffeetrinken. Nur
als Testballon. Viel Spaß! Das sorgt für Stimmung und Heiterkeit, und man erfährt nebenbei, wie sehr an
sich unspektakuläre Aussagen zur ideologisch aufgeladenen Debatte taugen. Dazu kann jeder was sagen:
Wir Eltern waren ja auch mal kinderlos und haben dazu eine Meinung. Und die Kinderlosen kennen Kinder-
Beispiele aus der eigenen Familie, die vielleicht abstoßend sein mögen. Wie auch immer: Die Debatte erfüllt
alle Kriterien einer Schwarz-Weiß-Betrachtung, und am Ende heißt es nur noch: Bist du für oder gegen
Kinder?
Die Frage, ob wir Kinder wollen, stellen wir uns alle irgendwann im Leben. Teenager haben dazu
häufig eine Meinung („ja, später bestimmt!“), bei Studierenden zwischen 20 und 30 hat man eher den
Eindruck, dass sie das Thema scheuen; zumindest scheint es manchmal meilenweit weg von der
Lebensrealität junger Erwachsener vor allem in den akademischen Großstadtmilieus zu sein. Dem
Vernehmen nach sind Kinder in den Berlin-Neuköllner Kneipen und vorm „Späti“ in Kreuzberg nur ein
Randthema, aber durchaus ein Thema, das noch mit einigem Abstand durchdiskutiert wird. Spätestens mit
30 gibt es dann kein Entrinnen mehr, wenn die ersten Gleichaltrigen Familien gründen – und man selbst in
Gesprächen mehr oder minder deutlich aufgefordert wird, Farbe zu bekennen. „Wollt Ihr eigentlich
Kinder?“ ist eine häufig gestellte Frage, auf die man sich besser eine gute Antwort überlegt, sonst findet
man sich in allerlei gestammelten Rechtfertigungsschleifen wieder.
Etwa zur gleichen Zeit trennen sich die Freundeskreise ein bisschen in Spreu und Weizen – in die, die
bei den Partys bis in die Puppen bleiben, und die, die früher ins Bett gehen, weil das Kind am nächsten
Morgen um sieben auf der Matte steht. Für jene, die länger bei der Party bleiben, ist der Fall klar: Kinder
zerstören das Privatleben. Doch ist das wirklich so? Auch in dem Alter, da man gerade mehr oder minder
dem Studentenleben entwachsen ist, kann man differenzierter sein: Kinder „zerstören“ (besser:
beeinträchtigen) zwar einen Teil des früheren Privatlebens, aber sie schaffen auch ein neues. Sie helfen, sich
weiterzuentwickeln. Ob Kinder glücklich machen, ist hingegen umstritten: Studien zeigen, dass sie das nicht
zwangsläufig tun. Andere argumentieren, dass Eltern ab 40 wieder glücklicher werden, wahrscheinlich
deshalb, da bei den meisten Paaren die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind.
Je nachdem, ob Sie zur Partei der überzeugten Kinderlosen oder der Familienfans gehören, werden Sie
den ein oder anderen Aspekt stärker gewichten und akzentuieren. Der einzig sinnvolle Lebensentwurf ist
jedoch keine der beiden Möglichkeiten. So wie sich manche den Islam oder den Katholizismus zur einzig
54
wahren Religion zurechtinterpretieren, so scheinen die Vertreter dieser beiden Zivilreligionen – Eltern-
Fanatiker und Kinder-Ablehner – ihre Messen nicht weniger entschlossen zu zelebrieren. Dabei bringen
Kinder Vor- und Nachteile, über die man sich im Klaren sein sollte. Genau wie Kinderlosigkeit. Mehr aber
auch nicht: Letztlich muss das Bauchgefühl stimmen, wenn man sich für Kinder entscheidet. Ein paar
Überlegungen können helfen:
Was für Kinder spricht
Kinder schaffen viele schöne Momente im Familienleben, erfreuen Eltern, Großeltern, Tanten und
Onkel, sorgen für eine schöne Atmosphäre.
Kinder lassen einen auch mal wieder Dinge sehen, die man als Erwachsener völlig vergessen hat.
Wie schön es zum Beispiel sein kann, den Flug eines Schmetterlings nachzuvollziehen, ohne gleich über
das Artensterben nachzudenken.
Kinder bewahren das eigene Erbe, und hier vor allem die gemeinsamen Erlebnisse, die Geschichte
der Familie, vielleicht die Namen.
Durch Kinder lassen sich neue Kontakte knüpfen, mit anderen Eltern und Familien.
Kinder bringen Kindergeld – und die Möglichkeit, Elternzeit zu nehmen.
Was gegen Kinder spricht
Kinder kosten Geld. Dazu gibt es eine Reihe von Rechnungen: Nimmt man die laufenden
Konsumausgaben, dann belaufen sich die Kosten bis zum 18. Lebensjahr auf rund 130.000 Euro. Danach
geht es aber munter weiter: Wohnung, Studium, Geldgeschenke.
Kinder kosten Nerven. Sie sind anstrengend, verlangen ihren eigenen Zeittakt, sorgen für
mangelnden Schlaf.
Kinder können Berufsaussichten behindern. Teilzeit gilt noch immer als Karrierekiller, Elternzeit ist
allen Beteuerungen zum Trotz auch nicht immer und überall beförderungsförderlich.
Kinder erschweren die Sozialkontakte mit Leuten ohne Kindern.
Die Debatte ist natürlich nur was für Menschen, die den Luxus der Entscheidung haben. Wer
ungewollt kinderlos bleibt, wird Kinder entweder durch die rosarote Brille sehen oder sie gleich verdammen.
Wer hingegen ungewollt Mutter oder Vater wird, mag sich die Freiheit der Kinderlosigkeit zurückwünschen.
Aber nehmen wir die Fälle freier Entscheidungen, dann haben beide Wege etwas für sich – und sind
vielleicht sogar gesellschaftlich wünschenswert, vor allem da sie Verständnis füreinander voraussetzen, also
Empathie, und im besten Falle erzeugen. Das kann nur Gutes bewirken. Dazu ein paar Überlegungen:
Wer kinderlos bleiben möchte, kann Tatkraft und Geld in andere Projekte stecken. Das muss nicht
zwangsläufig egoistisch sein, wie Eltern Kinderlosen gerne unterstellen (Partys und Rucksackreisen),
sondern kann auch ein Ehrenamt oder die Pflege der Eltern sein. Muss aber nicht. Wer weit
herumgekommen ist und seine Zeit nicht im Hüpfburgenparadies verbracht hat, ist für eine Gesellschaft
genauso wertvoll.
Wer Kinder hat, braucht das Verständnis kinderloser Freunde. Es ist eben nicht so, dass das
Kleinkind morgens länger schläft, wenn man es abends später ins Bett bringt. Wer mit Kind am nächsten
Tag verreist, braucht mehr Zeit zum Packen – und hat vielleicht auch keinen Nerv mehr fürs Bierchen am
Abend vorher. „Spießig“ (der Generalvorwurf mancher Kinderloser in Richtung Eltern) ist man deswegen
lange nicht.
Auch Eltern finden Eltern nervig, die sich nur noch über ihre Kinder definieren. Wer bei Whatsapp
oder Facebook dauerhaft nur seine Kinder als Profilbild präsentiert oder sich selbst nur noch als
„Mama“ bezeichnet, könnte zu wenig an Eigenem haben. Küchenpsychologie? Vielleicht. Und Erfahrung!
Andersherum gilt auch: Wer auf Geburtstagseinladungen schreibt, die Kinder seien zuhause zu
lassen und nicht erwünscht, nimmt die Spaltung der eigenen Bekanntschaft und des Freundeskreises in Kauf.
Ich würde da jedenfalls nicht mehr hingehen wollen. Nicht, weil ich partout das Kind auf eine verrauchte
Party schleppen möchte, aber ich habe keine Lust auf Leute, die solche Regeln erlassen – wie auch nicht auf
solche, die gegen Kinderspielplätze in der Nachbarschaft prozessieren oder nur noch in kinderfreie Hotels
fahren. Die sind mir einfach unsympathisch.
Vielleicht wäre es hilfreich, von den Funktionszuschreibungen wegzukommen: Kinder sind nicht für
irgendwas da; sie müssen ihren Eltern weder Sinn verschaffen, noch ihr Erbe weitertragen, noch ihnen die
Angst vor dem Tod nehmen (sie tun das alles auch, aber es ist nicht ihr Sinn!). Kinder machen einen auch
55
nicht zum besseren Menschen, der durchs Kinderkriegen etwas Besonderes für die Gesellschaft leistet. Das
muss man Eltern sagen, wenn sie behaupten, Kinderlose könnten das, was mit Familie zusammenhängt,
nicht beurteilen. Der Satz „da spricht ein Blinder über Farbe“ ist die erste Stufe der Verirrung, danach
kommen manche auf die absurde Idee, eine kinderlose Person könne keine Familienministerin werden.
Grotesk – oder muss ein Arbeits- und Sozialminister zuvor Hartz IV bezogen haben, um zu wissen, worüber
er spricht? Es ist gerade gut, wenn jemand (auf den ersten Blick) Fachfremdes für gelegentlichen
Perspektivwechsel sorgt. Insofern erübrigt sich auch der ideologische Blick aufs Kinderkriegen: Der
Geburtstagsbrunch ist gerettet, wenn alle begreifen, wie bereichernd die Perspektiven kinderreicher und
kinderloser Menschen sind.
32 Lesermeinungen
Schreibe eine Lesermeinung →
56
springen lässt. Man muss nicht kinderlos sein, um das zu hassen, denn es gibt auch heute noch Eltern, die
sich die Erziehung zur Aufgabe machen. Deren Kinder sind überal.
http://blogs.faz.net/schlaflos/2018/08/07/kein-kind-macht-gluecklich-258/
Aufgabe 2)
1) Vergleichen Sie in Paaren Ihre Listen. Einigen Sie sich auf eine gemeinsame Liste
der charakteristischen Merkmale der Textsorte Blog.
2) Lesen/ Führen Sie selbst Blogs? Warum? Berichten Sie im Plenum!
8. Textsorte „Leserbrief“
Leser der Zeitungen und Zeitschriften, denen das Geschehen im Heimatland und in der
Welt nicht gleichgültig ist, reagieren oft auf Beiträge in diesen Massenmedien, indem sie
ihre Meinung/ Stellungnahme in Leserbriefen zum Ausdruck bringen.
Zur Übung sollte man mit der argumentierenden Stellungnahme beginnen, das heißt,
dass ein einzelner Aspekt des ursprünglichen Beitrags herausgegriffen und argumentativ
kritisiert wird. Hierbei reicht die einfache Meinungsäußerung nicht mehr aus.
Allgemeine Regeln für das Verfassen eines Leserbriefes:
1. Stellen Sie deutlich klar, auf welchen Teil des jeweiligen Artikels Sie sich
beziehen und benennen Sie korrekt, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt Sie das
Ganze gefunden haben.
2. Verweisen Sie außerdem darauf, welche Rolle Sie selbst einnehmen. Sind Sie
ein Experte auf dem jeweiligen Gebiet oder sind Sie unter Umständen selbst von der
Thematik betroffen?
3. Achten Sie grundsätzlich darauf, die eigenen Argumente logisch und sachlich zu
formulieren. Dies erhöht die Chance, dass das Ganze abgedruckt wird und wirkt auch für
andere nachvollziehbarer.
4. Machen Sie ihre Argumente an eindeutigen Beispielen fest und greifen Sie
außerdem neue Aspekte der Thematik auf, die mitunter im ursprünglichen Beitrag nicht
beleuchtet wurden.
57
Hinweis: Grundsätzlich können auch noch mehr Argumente in den Leserbrief
einfließen. Allerdings sollten Sie beachten, dass die Textform eher als kurze
Meinungsäußerung zu verstehen ist. Lange Ausführungen sind hierbei also eher hinderlich
und eine knackige Argumentation ist zu bevorzugen.
Aufgabe.
a) Ein digitalskeptischer Deutschlehrer hatte in einem Zeitungsartikel vor der Nutzung von
Tablets im Unterricht gewarnt. Lesen Sie den Anfang des Artikels (Der Volltext ist nur gegen
Bezahlung einzusehen).
Welchen Beitrag elektronische Geräte zur Verbesserung des Schreibens leisten sollen, ist
schleierhaft. Als Deutschlehrer kann man vor dem unbedingten Willen der Politik zur Digitalisierung
der Schulen nur warnen. Ein Gastbeitrag
Der einfältige Werbeslogan „Digital first. Bedenken second.“ aus dem vergangenen
Bundestagswahlkampf diente als Schlachtruf gegen die ‚Bedenkenträger‘ – so die abwertende Bezeichnung
für kritische Köpfe – und zeichnet den Weg aus der vermeintlich analogen Rückständigkeit in die gepriesene
digitale Zukunft vor. In dieser Richtung liegen die bildungspolitischen Bestrebungen, die Klassenzimmer
flächendeckend zu digitalisieren: „Einmaleins und ABC nur noch mit PC“ – so lautete im Jahr 2016 die
Maxime der „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“.
Diesen unbedingten und unkritischen Willen zur Digitalisierung der Schulen sehe ich als Lehrer mit
Sorge. Er widerstreitet dem Grundsatz, Methoden und Medien zweckorientiert einzusetzen…
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/einwand-eines-lehrers-tablets-lenken-nur-ab
b) Lesen Sie den Leserbrief einer achten Schulklasse als Reaktion auf diesen Artikel.
c) Finden Sie alle Merkmale und strukturellen Teile eines Leserbriefs, über die Sie
gelesen haben.
d) Vergleichen Sie in Paaren die Ergebnisse.
e) Verfassen Sie selbst Leserbriefe zu einem Zeitungsbeitrag. Tauschen Sie die aus und
bewerten Sie die anhand der Checkliste (Anhang 6). Geben Sie einander danach ein
ausführliches Feedback.
ZEITSCHRIFTEN
59
Zum selbständigen Studium (Anhang ????=
KAPITEL 3. FERNSEHEN
Inhalt:
1. Nützliche Links
2. Ein Ausflug in die Fernsehgeschichte in Deutschland
3. Aufstieg des Fernsehens zum Leitmedium
4. Im Wettbewerb mit dem Internet
5. Deutsches Fernsehen heute: Klassifikation der Fernsehprogramme
6. Technik- und Programmvielfalt
7. Werbung (selbständig)
8. Formate
a. Nonfiktive Formate
- Bilder im Fernsehen
b. Fiktive Formate
1. Nützliche Links
http://www.deutschesender.de/
http://programm.ard.de/tv
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/884724#/hauptnavigation/
startseite
http://www.rtl.de/sendungen/a-z.html
http://www.sat1.de/tv
http://www.prosieben.de/tv
Aufgabe 2. Lesen Sie den Text „Ein Ausflug in die Fernsehgeschichte in Deutschland“.
Erfüllen Sie danach die Aufgaben dazu.
60
sind, entstehen in Berlin erste öffentliche
Drei Dutzend Berliner scharen sich um 18x22 Zentimeter Flackern. Sie können nicht
viel erkennen, das Bild ist kontrastarm, wenig ansehnlich. Aber das, was sie sehen, ist
Fernsehen, live, vom Funkturm übertragen in die Fernsehstube. Ein Gemeinschaftserlebnis
im Kleinformat.
Im März 1935 hatte in Berlin der erste regelmäßig ausstrahlende Fernsehsender seinen
Betrieb begonnen. Jeden Abend gab es eineinhalb Stunden Programm Deutschland war
ganz vorn, sogar sieben Monate vor der BBC. Doch nur Rundfunk-Funktionäre und NS-
Bonzen konnten sich überhaupt einen Fernseher leisten. Mehrere Tausend Reichsmark
kostete der klobige Empfänger. Gesendet wurde für eine exklusive Zuschauerschaft. Nicht
einmal 50 Fernseher sollen es gewesen sein. Die Lösung? Fernsehstuben.
Eine erste dieser Stuben eröffnete am 9. April 1935 im Berliner Reichspostmuseum.
Zwei Bildschirme, Platz für 40 Personen, Eintritt kostenfrei. Das Bild war anfangs so
schlecht, dass man auf den Kommentar eines Sprechers angewiesen war. Später kamen
Stuben mit Platz für knapp 300 Menschen und größeren Bildschirmen dazu.
Alles mit dem einen Ziel: Die NS-Propaganda betrieb die TV-Revolution im Hinblick
auf die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin. Man rühmte sich seiner Vorreiterrolle.
Am 22.03.1935 eröffnete Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky den regelmäßigen
Programmdienst des Senders mit den Worten:“… in dieser Stunde wird der Rundfunk
berufen, die größte und heiligste Mission zu erfüllen: nun das Bild des Führers
unverlöschlich in alle deutsche Herzen zu pflanzen …“
Gesendet wurde anfangs an drei Tagen in der Woche, vom Mai 1935 an täglich, jeweils
von 20:30 bis 22:00 Uhr. Damit war dieses Programm weltweit der erste reguläre
Fernsehsender.
Die erste Ansagerin des „Deutschen Fernseh-Rundfunks“ war Ursula Patzschke-Beutel.
Sie meldete sich mit den Worten „Achtung, Achtung! Fernsehsender Paul Nipkow. Wir
begrüßen alle Volksgenossen und Volksgenossinnen in den Fernsehstuben Großberlins mit
dem deutschen Gruß: Heil Hitler!“ und verabschiedete sich mit: „Hiermit beendet der
Fernsehprogrammbetrieb der Reichssendeleitung sein heutiges Bildprogramm. Waren Sie
zufrieden? Wenn ja, sagen Sie es bitte allen Ihren Bekannten weiter. Gefiel es Ihnen nicht,
sagen Sie es bitte uns. Schreiben Sie an den Fernsehbetrieb der Reichssendeleitung, Berlin,
61
Haus des Rundfunks. Zum Ausklang des Abends: Marschmusik. Auf Wiedersehen bei der
nächsten Sendung. Heil Hitler!“
Seine wahre Stärke spielte das Fernsehen im Sommer 1936, als die Olympischen
Sommerspiele übertragen wurden, aus wie von den Propagandisten geplant: Athleten aus
aller Welt kämpften im Berliner Olympiastadion um Medaillen, die „Fernsehkanonen“ des
Senders übertrugen die Rekordläufe von Jesse Owens in die Stuben. Das Publikum drängelte
sich vor den Apparaten. Die Schnelligkeit, das Live-Gefühl, das gemeinschaftliche Erleben.
Für die propagandistische Inszenierung der Spiele war damals auf die modernste
Medientechnik zurückgegriffen worden. So wurden erstmals die Olympischen Spiele live in
Radio und Fernsehen übertragen. Durch Live-Berichterstattungen sollten möglichst viele
Menschen direkt an den Ereignissen teilhaben. Die Nationalsozialisten haben die
Olympischen Sommerspiele drei Jahre nach der Machtübernahme dazu benutzt, um der Welt
Deutschlands „neue Größe“ und seinen scheinbar weltoffenen Charakter zu zeigen. Die
Spiele wurden am 1. August 1936 eröffnet. Auf dem Bild unten ist die Kamera mit riesigem
Objektiv für die Übertragung von Leichtathletikwettkämpfen und Nahaufnahmen zu sehen
die sogenannte Olympiakanone.
Vor dem Dom, der
Siegessäule oder auf der Berliner
Schlossbrücke standen
Pilzlautsprecher zur Beschallung
öffentlicher Plätze. 3.000 Live-
Berichte wurden an die deutschen
und 41 ausländischen Radiosender
übertragen und zeitgleich auch
über öffentliche
Lautsprecheranlagen ausgestrahlt.
Auch wenn sich das Fernsehen zu
Schon die Nationalsozialisten veranstalteten „Public Viewing“ den Sommerspielen „noch im
Versuchsstadium“ befand mit
der ersten öffentlichen TV-
Ausstrahlung im Jahr 1935 gelang dem NS-Regime ein Propaganda-Coup: Vor Briten und
Amerikanern startete Deutschland nach einem technologischen Kopf-an-Kopf-Rennen als
erstes Land ein reguläres Programm. Gesendet wurde zunächst zwei Stunden täglich zu
den olympischen Spielen 1936 waren es bereits täglich acht Stunden. Die Sommerspiele
1936 wurden von den Nationalsozialisten
in vielen Facetten als
Propagandaspektakel missbraucht. Sie
präsentierten sich der Weltöffentlichkeit
dabei als gemäßigter Staat:
Antisemitische Parolen wurden aus der
Öffentlichkeit verbannt, für die Dauer der
Spiele verzichteten die Medien auf
Hetzparolen. Die deutschen Sportler
zeigten gleichzeitig bei Siegerehrungen
den rechten Arm zum „Hitlergruß“ und
62
Adolf Hitler weigerte sich, den schwarzen US-Athleten Jesse Owens zu seinen Siegen zu
beglückwünschen. Gleichzeitig führten die Nationalsozialsten Deutschland als neue Macht
vor unter anderem mit dem neuerrichteten Olympiastadion für 100.000 Zuschauer in
Berlin.
Programm des „Deutschen Fernseh-Rundfunks“ vom 3. bis 8. Januar 1938:
Montag Donnerstag
20.00 Ein netter alter Herr (Hörszene) 20.00 Hinein, hinein! (Ulksendung)
20.05 Ufa-Tonwoche 20.05 Ufa-Tonwoche
20.18 Musik aus unseren vier Wänden (L. Hainisch) 20.18 Schneeflocken (Spukfilm; A. Bronnen)
21.00 Das gestohlene Herz (Scherenschnittfilm) 21.18 Kater Lampe (Tobis-Film; Veit Harlan)
21.12 Liebe zur Harmonika (Ufa-Kulturfilm) 21.51 Abenteuer im Zoo (Trickfilm)
21.25 Bauernmusiken 21.57 Sendeschluss
21.40 Die Geige lockt (Ufa-Film)
21.50 Sendeschluss
Dienstag Freitag
20.00 Die Speisekarte (Fernsehspiel) 20.00 Vor der Haltestelle (Kurzinterview)
20.05 Ufa-Tonwoche 20.05 Ufa-Tonwoche
20.18 Buntes Allerlei (L. Hainisch) 20.18 Fünf Personen suchen Anschluss (Ufa-Film)
21.00 Knigge und wir (Tobis-Film) 20.30 Das Patentkunstschloss (Ufa-Film)
21.17 Fahrt durchs Kinderland 20.47 Eulenspiegelei (Theo Lingen)
21.28 Die Sänger von dar Waterkant 21.05 Ufa-Tonwoche
21.48 Eine tolle Fuchsjagd (Trickfilm) 21.18 Fünf Personen suchen Anschluss
21.56 Sendeschluss (Wiederholung)
21.30 Das Patentkunstschloss (Wiederholung)
21.47 Eulenspiegelei (Wiederholung)
22.00 Sendeschluss
Mittwoch Samstag
20.00 Ufa-Tonwoche 20.00 Ufa-Tonwoche
20.18 Tante Inges Garten (NSDAP-Film) 20.18 Filmbericht aus einem NS-Kinderheim
20.30 Achtung: Rotes Licht (Verkehrserziehung) 20.23 Fernsehkabarett (L. Hainisch)
21.14 Alkohol am Steuerrad (Ufa-Film) 21.30 Truxa (Tobis-Film)
21.28 Die Lokomotivenbraut (Ufa-Film) 21.51 Sendeschluss
21.42 Letzte Grüße von Marie (Ufa-Film, 1931)
21.57 Sendeschluss
Für die Nazi-Propaganda hatten die Fernsehstuben kurz vor Beginn des Zweiten
Weltkriegs ihren Zweck erfüllt. Der Sender sollte im August 1939 geschlossen werden.
Befürwortern gelang es jedoch, den Sender als „kriegswichtig“ einzustufen. Bis Oktober
1944 sendete man weiter, vor allem um die Stimmung in der Truppe zu verbessern. Wo die
Zuschauer nicht kommen konnten, machten sich die Geräte auf den Weg: Bildschirme aus
Fernsehstuben wurden in Berliner Lazarette geschafft, um Verwundete zu unterhalten.
Am 19.10.1944 erfolgte dann die letzte Sendung, da durch den Kriegseinsatz das
Personal nicht mehr ausreichte, wurden diese eingestellt.
Nach dem Krieg wird die Arbeit am Fernsehbetrieb wiederaufgenommen, allerdings
unter anderen Voraussetzungen. Rundfunk im Dienst einer politischen Partei soll es nicht
mehr geben. 1950 einigen sich die Rundfunkanstalten darauf, die «Arbeitsgemeinschaft der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland» zu gründen, kurz
ard. Man verpflichtet sich, alle Menschen mit ihren jeweils unterschiedlichen Interessen
63
gleichermaßen mit Informationen zu versorgen, also eine möglichst große Programmvielfalt
zu gewährleisten. Dieser Standard nennt sich Grundversorgung. Das Fernsehen soll im
Dienste der Öffentlichkeit stehen, das heißt, es gehört weder dem Staat noch einer Person,
sondern allen Menschen.
Ein weiterer Grundsatz beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist: Es soll keine einzelne
Person oder eine politische Gruppe von Menschen geben, die sich das Recht, über das
Fernsehen zu bestimmen, erkaufen kann. Darum finanzieren die Bürger ihr Fernsehen durch
die Rundfunkgebühren weitestgehend selbst. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass
Fernsehen nicht für politische Propaganda oder die Durchsetzung von Privatinteressen
missbraucht wird. Dieses Finanzierungsmodell hat auch Auswirkungen auf den Einsatz von
Fernsehwerbung und die Verwendung der Gebühren: Während alle dritten
Fernsehprogramme komplett werbefrei sind, zeigten Das Erste und das zdf werktags
lediglich 20 Minuten Werbung.
Viele grundsätzliche Entscheidungen eines öffentlich-rechtlichen Senders trifft der
Rundfunkrat. Er besteht aus frei gewählten Mitgliedern vieler unterschiedlicher
gesellschaftlicher Gruppen, zum Beispiel Vertretern der Kirche, der Kulturverbände oder der
Gewerkschaften. Der Rundfunkrat wählt die Mitglieder des Verwaltungsrats, die Direktoren
sowie die Intendantin oder den Intendanten. Der Verwaltungsrat kontrolliert, wie die
Gebühren der Zuschauer genutzt werden.
Aufgabe 1. Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln aus dem Text in Ihre Muttersprache
und lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort einen kurzen Kontext aus dem Text an.
1) ausgereift sein
2) spärlich
3) scharen, sich um etw. Akk.
4) ansehnlich
5) ausstrahlen/ senden/ übertragen
6) Vorreiterrolle, die
7) Befürworter, der
8) einstufen etw. Akk. als ewt. Akk.
9) einstellen
10) aufnehmen
11) einigen, sich auf etw. Akk.
12) gewährleisten
13) sicherstellen
14) Eisatz, der ← einsetzen
Aufgabe 2. Ergänzen Sie die Tabelle mit den Informationen aus dem Text.
Aufgabe 4. Stellen Sie sich vor: In einer Landeskundestunde wollen Sie Ihre Schüler
der 10. Klasse über die Geschichte des deutschen Fernsehens informieren. Bereiten Sie dafür
einen Vortrag vor und präsentieren Sie ihn.
Aufgabe 1. Lesen Sie den folgenden Text über die weitere Entwicklung des Fernsehens.
Zum Jahresende 1952 wird erstmalig in beiden Teilen Deutschlands der regelmäßige
Sendebetrieb aufgenommen. Allerdings können sich in der Nachkriegszeit nur wenige
Haushalte einen eigenen Apparat leisten. Häufig kommen darum Familien, Nachbarn,
Freunde und Bekannte zusammen, um einen Film oder Nachrichten gemeinsam anzusehen.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung steigt die Zahl der Fernsehkäufer und -konsumenten
jedoch stark an: Bereits Mitte der 1960er-Jahre verfügen 10 Millionen Haushalte über einen
65
Fernseher. Man spricht nun vom Fernsehen als einem Massenmedium. Die Geräte werden
technisch und in ihrer Ausstattung ständig verbessert. Ab dem Jahr 1967 gibt es
Farbfernseher – ein Meilenstein in der Fernsehgeschichte – und seit circa 1975 kann man
umschalten, ohne aufzustehen: Die Fernbedienung ist auf dem Markt. Da es Anfang der
1960er-Jahre nur ein Programm gibt, entwickeln sich besonders beliebte Filme zu
sogenannten Straßenfegern. Tatsächlich saß fast die gesamte Bevölkerung vor dem
Fernseher, als Anfang der 1960er-Jahre der Kriminalfilm „Das Halstuch“ von Francis
Durbridge gesendet wurde. 1963 nimmt das Zweite Deutsche Fernsehen (zdf) als zweite
öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft ihren Sendebetrieb auf. In der Folge entstehen die
regionalen Programme der ard, die sogenannten dritten Programme. 1997 gründen ard und
zdf den werbefreien „Kinderkanal“ den KI.KA, mit Sitz in Erfurt.
Aufgabe 3. Schauen Sie sich die Grafik an. Was ist die Botschaft, die wichtigste Idee
davon? Beschreiben Sie bitte die Grafik und kommentieren Sie sie.
66
Aufgabe 4. Machen Sie sich mit den Informationen über die weitere Entwicklung des
Fernsehens bekannt.
Die Durchsetzung des Fernsehens hatte zur Folge, dass sich die Mediennutzung
insgesamt veränderte und die herkömmlichen Massenmedien an Boden verloren. Das
Kinosterben und die Einstellung zahlreicher Publikumszeitschriften2 in den 60er Jahren sind
deutliche Indizien dafür.
Aber die herkömmlichen Medien konnten sich dann behaupten, wenn sie sich an die
veränderten Bedingungen anpassten und ihr Profil veränderten:
Das Radio vollzog den Wandel vom Einschalt- zum Begleitmedium.
Die Tageszeitungen legten den Schwerpunkt auf lokale Informationen und auf
Hintergrundinformationen.
Der Film kooperierte mit dem Fernsehen.
Die Publikumszeitschriften differenzierten sich aus und orientierten sich an sehr
schmal geschnittenen Zielgruppen mit engen Interessenprofilen. Oder sie erfüllten gleich
eine Servicefunktion für das Fernsehen wie die Programmzeitschriften.
Ein Teil der herkömmlichen Medien wurde also durch das Fernsehen ersetzt und hatte
sich zunehmend einzuschränken. Ein anderer Teil wurde zur Komplementarität (durch
ergänzende Umorientierung) gezwungen und musste sich ein verändertes Profil aufbauen.
Schaut man aber genauer hin, so deuten einige Indikatoren auf eine Erosion der
Vormachtstellung des Fernsehens.
2
Eine Gattung unter den Zeitschriften, die auf ein breites Publikum gerichtet ist. Unterhaltung und Information ohne fachliche
Prägung stehen daher im Mittelpunkt [Begriffe aus Werbung und Medien
https://www.crossvertise.com/informieren/hilfe/glossar/#c693]
67
Das Fernsehen hat für die jüngeren Jahrgänge nicht die Bedeutung, die es früher einmal
in den jeweiligen Altersgruppen hatte. Die Prioritäten haben sich verschoben.
Aufgabe 5: Beschreiben Sie die Entwicklung des Fernsehens auf der Grundlage der
Grafik unten.
68
Dies ist ein langfristiger Trend. Die Jugendlichen wenden sich vom Fernsehen ab, und
sie wenden sich vor allem anderen Medien zu. Ihre Aufmerksamkeit wird von anderen
Angeboten gefesselt, insbesondere von den Sozialen Netzwerken. Diese Verschiebungen
sind nicht so zu erklären, dass sich die Rezipienten erst dem Fernsehen zugewandt und dann
wieder abgewandt hätten. Vielmehr sind diese Gruppen in einer Medienwelt groß geworden,
in der die Stellung des Fernsehens bereits relativiert war: Für die „Digital Natives“3 stehen
Online-Medien selbstverständlich an erster Stelle und dabei wird es bleiben.
3
Als digital native (deutsch: „digitaler Ureinwohner“) wird eine Person der gesellschaftlichen Generation bezeichnet, die in der
digitalen Welt aufgewachsen ist. Als Antonym existiert der Begriff des digital immigrant (deutsch: „digitaler Einwanderer“ oder
„digitaler Immigrant“) für jemanden, der diese Welt erst im Erwachsenenalter kennengelernt hat.
69
4) das Einschaltmedium
5) das Begleitmedium
6) schmal geschnittene Zielgruppen
7) sich ein verändertes Profil aufbauen
8) Vormachtstellung des Fernsehens
9) sich von etw. Dat. abwenden
10) sich etw. Dat. zuwenden
11) jmds. Aufmerksamkeit fesseln
12) etw. Akk. relativieren
Aufgabe 9. Stellen Sie sich vor: Mit dem Vortrag über die Geschichte des deutschen
Fernsehens haben Sie das Interesse Ihrer Schüler geweckt, so dass sie Sie bitten, über die
weitere Entwicklung des Fernsehens zu erzählen. Bereiten Sie einen informierenden Vortrag
über den Aufstieg des Fernsehens zum Leitmedium und den Verlust der Vormachtstellung
vor und präsentieren Sie ihn.
Aufgabe 1. Was stellen Sie sich unter dem Titel „Das Fernsehen im Wettbewerb mit
dem Internet“ vor? Erklären Sie bitte!
70
Aufgabe 2. Lesen Sie bitte den folgenden Text und erfüllen Sie die Aufgaben dazu.
Durch die steigende Bedeutung des Internet verliert das Fernsehen seine Funktion als
Leitmedium. Das liegt daran, dass die Menschen in ihren Berufen verstärkt an Computern
mit Internetzugang arbeiten. Insbesondere Jugendliche nutzen das Internet umfangreich in
ihrer Freizeit. Der Zugang zu den Nachrichtenportalen des Internets steht jederzeit und
jedem zur Verfügung. Dem suchen diese Portale durch permanente Auffrischung ihrer
Titelzeilen gerecht zu werden. Informationen „in Echtzeit“, wie aktuelle Aktienkurse oder
Verläufe von Sportereignissen, erhöhen die Attraktivität. Das traditionell durch Antenne,
Kabel oder Satellit zum Zuschauer gebrachte Fernsehen hinkt dem hinterher.
Diesem strukturellen Nachteil suchen die Sender dadurch zu entkommen, dass sie selbst
umfangreiche Portale im Netz aufbauen, die beispielsweise aktuelle Nachrichtensendungen
und andere Sendungen auf Abruf bereithalten oder Hintergrundinformationen zu Themen
bieten, auf die in den Sendungen hingewiesen wird. Gelegentlich wurden auf diesen Portalen
bereits aktuell laufende Serien mit einzelnen Folgen vorab präsentiert.
Doch die umfangreichen Online-Auftritte gerade der öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten sind in der Mediendiskussion umstritten. Vor allem die kommerziellen
Fernsehanbieter kämpfen seit 2007 heftig dagegen, weil sie darin einen Übergriff der
öffentlich-rechtlichen Anstalten auf den Pressebereich (“elektronische Zeitung“) sehen. Sie
drängten darauf, dass der Rundfunkstaatsvertrag die Online-Auftritte einschränkt und den
öffentlich-rechtlichen Anstalten nur noch programmbegleitende Onlinepräsentationen
gestattet. Auch das öffentliche Zugänglichmachen von Sendungen, die auf Datenbanken
gespeichert sind und in der Form einer Mediathek im Netz (wie z. B. beim ZDF) individuell
durch den Nutzer aufgerufen werden können, stört die kommerzielle Konkurrenz, die
ihrerseits durch Mediatheken zusätzliche Einnahmen generiert: RTL z. B. bietet auf
rtlnow.de Sendungen, die dort “on demand“ angeschaut werden können – zum Teil kostenlos,
zum Teil aber eben kostenpflichtig.
Mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag traten am 1. Juni 2009 verschiedene
Einschränkungen für die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender in Kraft. So
dürfen die Internetangebote nur programmbegleitend und in der Regel nicht länger als sieben
Tage im Netz sein.
Schrumpfen und Lernen
Nach wie vor ist das Fernsehen ein Medium von großem Einfluss. Aber das Fernsehen
trägt nicht mehr wie selbstverständlich die Krone der Medienwelt. In Gestalt der Online-
Medien ist ihm auf dem Rezipienten-, dem Werbe- und dem Inhaltemarkt eine mächtige
Konkurrenz erwachsen. Zwar sind die einzelnen Online-Angebote nicht in der Lage, das
Fernsehen zu ersetzen. Aber in der Gesamtheit beginnen sie, das Fernsehen aus der Rolle des
Leitmediums zu drängen.
Sicherlich wird das Fernsehen nicht verschwinden; die über Jahrzehnte gewachsene
Größe und die eingeschliffenen Gewohnheiten garantieren den Fortbestand. Einmal
eingeführte Medien bestehen auch unter veränderten Bedingungen weiter. Aber sie müssen
sich den veränderten Bedingungen anpassen sowie Form und Funktion ändern. So ist selbst
der Steintafel ein „Überleben“ als Grabstein und als Denkmal vergönnt. Auch Zeitungen und
71
Radio sind nicht verschwunden, obgleich das Fernsehen eine übermächtige Konkurrenz
darstellte. Sie haben überlebt, weil sie sich gewandelt, sich mit dem Verlust der
Vormachtstellung arrangiert, ihre Funktionsnische gefunden und ihre Formen gewandelt
haben.
Auch das Fernsehen wird sich damit abfinden müssen, seinen bisher erfolgreichen Weg
nicht mehr einfach nur fortsetzen zu können. Fernsehen wird eingebettet in
Medienrepertoires und bestimmt nicht mehr dieses Repertoire. Es wird sich in die veränderte
Medienlandschaft ein- und an eine von Online-Medien dominierte Welt anpassen. Es wird
unter den veränderten Bedingungen schrumpfen und lernen müssen: Selbst wenn sich das
Fernsehangebot gerade durch die Digitalisierung weiter ausdehnt, wird die Bedeutung des
Fernsehens sinken. Und Fernsehen wird sich verändern müssen, wie sich auch das Radio
verändert hat.
Fernsehen sollte sich also der veränderten Medienlogik anpassen: Es muss flexibler,
pluraler, schneller, emotionaler werden. Es wird neue Mischformen mit Online-Medien
geben, wie z. B. Web-TV, Videoplattformen, Internet-TV (IPTV), Video on Demand,
Mediatheken, Online-Ableger der Fernsehanbieter, durch die Fernsehanbieter gewünschte
und gesteuerte Bildung von virtuellen Gemeinschaften rund um Sender und Formate,
Übernahme von Online-Ästhetik in das Fernsehen. Es wird eine stärkere Integration von
Sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook ins Fernsehprogramm geben (Social TV),
und umgekehrt wird Fernsehen stärker eingebettet in Online-Angebote. Die Parallelnutzung
wird zunehmen. In dem Maße, in dem einzelne Fernsehanbieter oder Teile von
Fernsehanbietern lernen, werden sie weniger schrumpfen müssen, als andere Teile, die nicht
bereit sind, sich im erforderlichen Maße zu wandeln.
Aufgabe 3: Übersetzen Sie die folgenden Vokabeln bzw. Wortverbindungen aus dem
Text in Ihre Muttersprache und lernen Sie sie. Führen Sie zu jedem Wort bzw. jeder
Wortverbindung einen kurzen Kontext aus dem Text an.
1) das Nachrichtenportal
2) Auffrischung der Titelzeilen
3) etw. Dat. gerecht werden
4) etw. Dat. hinterherhinken
5) suchen etw. Dat. durch etw. Akk. zu entkommen
6) etw. Akk. auf Abruf bereithalten
7) der Online-Auftritt
8) umstritten sein
9) der Übergriff der öffentlich-rechtlichen Anstalten auf etw. Akk.
10) auf etw. Akk. drängen
11) programmbegleitende Onlinepräsentationen
12) etw. Akk. zugänglich machen
13) zusätzliche Einnahmen generieren
14) “on demand“ anschauen
15) jmdm. ist eine mächtige Konkurrenz erwachsen
16) das Fernsehen aus der Rolle des Leitmediums drängen
17) sich mit dem Verlust der Vormachtstellung arrangieren
72
18) sich mit etw. abfinden
19) etw. Akk. in etw. Akk. einbetten/ eingebettet sein
20) Online-Ableger der Fernsehanbieter
Aufgabe 5: Bereiten Sie einen Kurzvortrag über die Konkurrenz zwischen Fernsehen
und Internet. Entscheiden Sie selbst über die Art – informierender oder
Argumentationsvortrag.
Aufgabe 1. Was wissen Sie über das moderne deutsche Fernsehen: Programme, Sender
usw.? Haben Sie Erfahrungen damit?
Aufgabe 2. Lesen Sie die folgenden Informationen über das moderne Fernsehen und
erfüllen Sie danach die Aufgaben.
73
Rundfunkgebühren. Darüber hinaus dürfen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in
ihren Hauptprogrammen ARD und ZDF an Werktagen bis 20.00 Uhr im Schnitt maximal 20
Minuten Werbung ausstrahlen. Außerhalb dieser Zeit ist mit Ausnahme der Übertragung von
Großereignissen kein Sponsoring zulässig.
Werbung – selbständiges Studium (Anhang )
Formate
Das Vollprogramm ist ein Begriff, der bis 1984 in Deutschland das typische
Programmangebot eines Hörfunksenders beschrieb, der „im Laufe des Tages die
unterschiedlichsten Zielgruppen mit allen möglichen Themen und Formen bediente“. Der
Gegensatz zum Vollprogramm ist das Spartenprogramm. Das Fernsehen hat den Begriff
„Vollprogramm“ vom Radio übernommen. Ein Vollprogramm ist „ein Rundfunkprogramm
mit vielfältigen Inhalten, in welchem Informationen, Bildung, Beratung und Unterhaltung
einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.
Derzeit gibt es in Deutschland unter anderem folgende bundesweit empfangbare
Fernseh-Vollprogramme:
1. öffentlich-rechtlich:
a) Grundversorgung: Das Erste („Erstes Deutsches Fernsehen“ oder ARD), ZDF
(Das Zweite Deutsche Fernsehen), die Dritten Fernsehprogramme (umgangssprachlich die
Dritten, die regionalen Programme der ARD. Der Begriff rührt daher, dass es in den 1960er
Jahren mit dem Ersten und dem Zweiten Deutschen Fernsehen zunächst nur zwei nationale
Fernsehprogramme gab. Die regional orientierten und daher auch nur regional ausgestrahlten
Fernsehprogramme waren somit in ihrem Verbreitungsgebiet jeweils die dritten Programme.
b) Gemeinschaftsprogramme von ARD und ZDF: 3sat ist ein werbefreies
deutschsprachiges öffentlich-rechtliches Fernsehprogramm mit kulturellem Schwerpunkt;
ARTE (Abkürzung für französisch: Association Relative à la Télévision Européenne) ist ein
öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter mit Hauptsitz im französischen Straßburg. Der
Sender ist als Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) organisiert und
wird in deutsch-französischer Kooperation betrieben.
2. bundesweite private Programme: Mediengruppe RTL Deutschland (RTL 2,
RTL Television, VOX); ProSiebenSat.1 Media (kabel eins, ProSieben, Sat.1); ServusTV.
Als Spartenprogramm (auch Spartensender oder Zielgruppenprogramm) wird ein
Hörfunk- oder Fernsehprogramm bezeichnet, das sich auf spezielle Themen und
Sendeformate spezialisiert. Typische Spartenprogramme bieten beispielsweise im
Fernsehbereich die Musiksender und Nachrichtenkanäle.
Spartenprogramme haben ihren Ursprung in den USA. Die dortigen
Privatrundfunksender begannen zunächst mit der Ausstrahlung von Vollprogrammen, bevor
die ersten im Jahre 1951 damit begannen, ausschließlich die aktuelle Hitparade auszustrahlen.
Diese Idee verbreitete sich landesweit und wurde Top40-Radio genannt, weil sich die
Stationen darauf konzentrierten, die oberen 40 Ränge der Hitparade zu senden. Das
Fernsehen entdeckte diese Spezialisierung auch für sich und entwickelte reine
Nachrichtenkanäle (CNN International im Juni 1980), Wettersender (The Weather Channel;
Juli 1980) oder Musikkanäle wie MTV (August 1981)4.
Seit der Zulassung des privaten Rundfunks in Deutschland im Januar 1984 gibt es auch hier diese als
4
„Formatradio“ bezeichneten Spartensender. Formatradio zeichnet sich heute durch „ausgeklügelte, perfekt
74
Unter den deutschen Hörfunk- und Fernsehsendern gibt es überwiegend
Spartenprogramme. Man unterscheidet bei Spartenprogrammen zwischen folgenden
Kategorien: Information/Dokumentation, Kinder, Musik, Nachrichten, Sport, Unterhaltung
und Sonstiges. Durch die digitalen Verbreitungswege stieg das Angebot an
Spartenprogrammen insbesondere im Bezahlfernsehen in den letzten Jahren deutlich an.
Weitere Spartenbildungen sind denkbar. In Frankreich und Spanien bestehen z. B.
eigenständige Fernsehprogramme für Jäger und Angler. Und "Fashion-TV" befriedigt die
Bedürfnisse all derjenigen, die über Mode und die neueste Entwicklung der Pariser Haute
Couture auf dem Laufenden sein wollen. Fernsehenthusiasten sprechen von mehr als tausend
möglichen Programmen auf den Satellitenkanälen. Weitere Spezialisierungen sind deshalb
zu erwarten. Voraussetzung ist jedoch – und dadurch begrenzt sich die Zahl der Programme
wieder stark – dass sie ein größeres, für die Werbung interessantes Publikum finden und sich
auf diese Weise finanzieren lassen.
Öffentlich-rechtlich Privatrechtlich
Information/Dokumentation: Information/Dokumentation: Nachrichten:
ARD-alpha Discovery Channel n-tv
ZDFinfo DW-TV (Deutsche Welle) N24
Phoenix National Geographic Channel
Welt der Wunder
Kinder: Sport:
Disney XD Eurosport 1
Nickelodeon Sport1
RiC Sky Sport
Kinder: Musik: Unterhaltung:
KiKA Deluxe Music Disney Channel
Jukebox RTL Nitro
MTV Brand New sixx
Tele 5
VIVA
Nachrichten: Sonstiges:
tagesschau24 Bibel TV
RTL Living
Unterhaltung:
One
ZDFneo
Sonstiges:
EinsPlus
ZDFkultur
durchgetestete und in ihrer Wirkung absolut austauschbare“ Musikprogramme aus, die nur durch die –
spätestens im Viertelstundentakt – wiederholten Jingles mit der Stationskennung unterscheidbar sind. Es ist
ein „Begleitmedium, das zu allen Sendezeiten seinen Grundaufbau und Grundcharakter beibehält“
75
Liste deutschsprachiger Fernsehsender:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_deutschsprachiger_Fernsehsender
Aufgabe 4. Stellen Sie sich vor: Sie behandeln den in Aufgabe 2 gelesenen Text mit
Ihren SchülerInnen in der 10. Klasse.
- Formulieren Sie 8 Fragen zum Text, die Ihre SchülerInnen beantworten sollen.
- Lassen Sie Ihre Kommilitonen diese Fragen beantworten.
- Spielen Sie dabei die Rolle der Lehrerin/ des Lehrers: Bewerten Sie, kommentieren
Sie, ergänzen Sie, verbessern Sie usw.
Aufgabe 5. Lesen Sie das Schaubild unten. Was erfahren Sie über den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk in Deutschland? Sie wollen Ihre SchülerInnen darüber informieren.
Berichten Sie!
77
Aufgabe 6. Beschreiben Sie die Grafik „Die beliebtesten TV-Sender“. Was finden Sie
auffällig? Kommentieren Sie bitte die Informationen der Grafik!
78
Aufgabe 7. Berichten Sie über das Fernsehen und die Fernsehsender: a) in Deutschland; b)
in Belarus (Recherchieren Sie im Internet!).
6. TECHNIK- UND PROGRAMMVIELFALT
Aufgabe 1. Betrachten Sie bitte das Schaubild unten. Was ist das Thema davon?
Welche Informationen können sie dem Schaubild entnehmen? Beschreiben Sie es!
Das Fernsehen bestand um 1980 aus drei bis sechs vom Zuschauer empfangbaren
Programmen, die terrestrisch verbreitet wurden. 2008 hat es sich in eine unübersichtliche
Zahl von Programmen ausdifferenziert. Sie kommen über sehr unterschiedliche Wege
(terrestrisch, Kabel, Satellit, Internet via Telefonkabel, Mobil-TV via UMTS, DMB, DVB-H
oder DVB-T) und in unterschiedlicher Qualität (HDTV vs. klassisches PAL-Bild,
Schreibtischmonitor versus LCD-, Plasma- oder Projektionsgroßbild, Surroundsound gegen
Mono-Ton) zum Zuschauer. Dieser kann die Sendungen individuell auf Festplatte oder DVD
speichern.
Neue Angebote und Verbreitungswege
Die digitale Technik eröffnet der Fernsehbranche zahlreiche neue Möglichkeiten. So
entstehen zusätzliche Übertragungskapazitäten, aber auch Multimedia-Angebote, wie sie
bislang vor allem aus dem Internet bekannt sind. Galt die Mediennutzung beim analogen
Fernsehen bislang vor allem als eine Einbahnstraße vom Sender zum Nutzer, so erlaubt die
Digitalisierung der Kabelnetze nun auch einen sogenannten Rückkanal vom Nutzer zum
Sender. Diese Interaktivität ermöglicht es, dass TV-Zuschauer auch aktiv in TV-Programme
einbezogen werden können. So sind zum Beispiel elektronische Abstimmungen per
Fernbedienung möglich oder die Ergänzung von TV-Programmen um Internet-Inhalte.
Voraussetzung für den Empfang digitaler TV-Angebote ist ein entsprechender Decoder (Set-
Top-Box), der gegen Entgelt auch verschlüsselte Pay-TV-Programme frei schalten kann.
79
Und so wird das Spektrum vom Fernsehen breiter – zugleich wird es durch die
Ausdehnung der Grauzone konturloser. Im Zuge der „Konvergenz“ verschiedener Dienste
und Geräte, wie z. B. die Entwicklung von Fernseher, Computer, DVD- und Blu-ray-Spieler
sowie Spielkonsole zu multifunktionalen Entertainment- und Informationssystemen, verliert
das Fernsehen den Status des Leitmediums: Stattdessen wird Fernsehen der massenmediale
Teil von neuen „Hybridmedien“.
Tabelle 1 – Multimedia-Angebote
Multimedia- Beschreibung
Angebote
1. Web-TV Web-TV ist eine Form des Internetfernsehens. Ursprünglich wurde als
Web-TV nur die Nutzung von Videos über Computer bezeichnet,
inzwischen kann aber auch die Nutzung über Smartphones oder Hybrid-
TV-Geräte als Web-TV bezeichnet werden. Beim Web-TV können
beliebige Videos bzw. Fernsehprogramme, die frei im Netz verfügbar
sind, von jedermann angeschaut werden. Im Unterschied zum IPTV, für
das i. d. R. ein Abonnement abgeschlossen werden muss, bezieht sich die
Bezeichnung Web-TV auf frei zugängliche Bezugskanäle, z. B.
Videoplattformen.
Hybrid-TV-Geräte vereinen im Fernsehgerät unterschiedliche
Empfangswege und Zusatzfunktionen (z. B. für Digitalfotos). Fernseher
mit integriertem Internetanschluss werden seit dem Jahr 2009 verkauft
und haben inzwischen einen Marktanteil von mindestens 1/3 bei den neu
verkauften Fernsehern. Damit ist neben dem digitalen Kabel-, Satelliten-
oder Antennenempfang auch der Zugang zum Internet möglich. Und das
nicht nur für Abonnenten, wie beim IPTV, sondern für alle, die solch
einen internetfähigen Fernsehapparat besitzen.
2. Videoplatt- Webangebote, auf denen Nutzer/innen selbst gemachte Videos
formen bereitstellen können, gehören weltweit zu den meist besuchten
Internetseiten. Videoplattformen wie YouTube, MyVideo oder Clipfish
integrieren manchmal auch professionelle Inhalte (insbes.
Fernsehsendungen), so dass Videoplattformen ein abwechslungsreiches
Angebot bereitstellen. Mit diesen Inhalten, auf die jederzeit und nahezu
überall zugegriffen werden kann, stellen sie eine ernsthafte Konkurrenz
für das an lineare Programmschema gebundene Fernsehen dar.
3. Internet-TV Das Internet könnte eine lang beschworene Vision Wirklichkeit werden
(IPTV) lassen: Der Fernseher wird zum Multimedia-Kiosk. Fernsehen und
Computer verschmelzen zu einer Plattform. All das soll die
Zauberformel IPTV bewirken. Die vier Buchstaben stehen für das
Verschicken der TV-Signale über das Internet-Protokoll (IP). Die neuen
IP-Fernsehangebote haben – wie das Internet – den Vorteil eines
Rückkanals. Der TV-Zuschauer kann deshalb interaktiv an
Gewinnspielen und Umfragen teilnehmen, in virtuellen Warenhäusern
einkaufen oder Inhalte unabhängig von vorgegebenen Programmfolgen
80
abrufen. Anbieter von IPTV-Formaten wittern den Vorteil, dass
Zuschauer und Nutzer im Internet Spuren hinterlassen. Wird die Online-
Nutzung präzise analysiert, lassen sich Programm und Werbung (bis hin
zum Direktmarketing) speziell auf die Nutzer abstimmen.
Internet Protocol Television ist die digitale Übertragung von Filmen oder
Fernsehprogrammen über ein geschlossenes, eigenständiges (Breitband-)
Datennetz. Dies geschieht meistens in Fernsehqualität oder besser. Für
die Nutzung solcher Angebote muss oftmals ein Abonnement mit einem
Anbieter abgeschlossen werden. Der Fernseher wird dann über ein
Zusatzgerät bedient, eine Set-Top-Box, die die digitalen Signale
empfängt und gleichzeitig einen Rückkanal herstellt. Dadurch kann der
Zuschauer direkt auf Programm- oder Werbeangebote reagieren.
4. Video on Der Ausdruck Video-on-Demand (Abrufvideo) bezeichnet einen Dienst,
Demand der mit Hilfe digitaler Technologie im Internet professionelle
(VoD) audiovisuelle Medieninhalte zur Verfügung stellt, also Spielfilme,
Serienepisoden, Dokumentationen, Magazine etc.
Filme werden auf Abruf zu der Zeit, zu der der Zuschauer es sich
wünscht, bereitgehalten. Die Sendung wird aus einem großen Archiv
abgerufen. Ein solches Programmprinzip wird per Kabel oder über
Telefonleitungen verwirklicht. Video-on-Demand-Dienste sind
Videoplattformen, die häufig als Alternative bzw. Ergänzung zum
traditionellen Fernsehen gehandelt werden, da sie eine individualisierte
und zeitversetzte Mediennutzung ermöglichen (z. B. Mediatheken der
Fernsehsender im Internet). In den letzten Jahren haben sich digitale
Abrufdienste etabliert, die Videos entweder kostenfrei ins Netz stellen
(oft werbefinanziert) oder Nutzungsgebühren verlangen.
5. Soziales Soziale Netzwerke sind Gemeinschaften von Internet-Nutzern, die der
Netzwerk/ Unterhaltung, dem Informationsaustausch oder der Pflege von alten und
Social neuen (beruflichen) Kontakten dienen. Die Nutzer/innen erstellen i. d. R.
Network ein Profil, in dem sie ihre Person möglichst ausführlich selbst
darstellen – wirklichkeitsgetreu oder aber auch abweichend von der
Realität. Themen sind z. B. Hobbys, Urlaub, Familie, aber auch die
Schule bzw. Arbeit. Das bekannteste Netzwerk ist Facebook, fast alle
anderen Netzwerke wie Ask.fm, Google+, Jappy, StudiVZ / MeinVZ /
SchülerVZ (inzwischen offline), Twitter, wer-kennt-wen oder Xing
haben wesentlich weniger Nutzer/innen. Der einfachen Möglichkeit der
Kontaktpflege steht die ebenso einfache und stark kritisierte Möglichkeit
des Datensammelns durch die Anbieter z. B. zu Werbezwecken
gegenüber.
6. Social TV Die gleichzeitige Nutzung von linearen Fernsehangeboten und sozialen
Netzwerken wie Twitter und Facebook: Immer mehr Menschen tauschen
sich in sozialen Netzwerken parallel zur Fernsehnutzung auch über die
Fernsehinhalte aus (Second Screen).
7. Second Die Internetnutzung, die parallel und oft ergänzend zum Fernsehen auf
Screen einem zweiten Bildschirmgerät stattfindet. Über das Angebot von
81
Zusatzinformationen und -funktionen zum laufenden Programm wird
diese parallele Nutzung inzwischen auch gezielt angeregt (z. B.
Experten-Chat, Twitter-Kommentare, Kauf-Optionen). Laut ARD/ZDF-
Onlinestudie beschäftigen sich jedoch ca. 20 % der Fernsehzuschauer,
die parallel zur Fernsehsendung im Internet surfen, häufig mit etwas
anderem als dem aktuellen Programm.
Quelle: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/medienpolitik/171586/glossar?p=0#inhalt-H
1. Übersetzen Sie und lernen Sie bitte die rot markierten Wörter und Wendungen. Und
wenn Sie in der Technik nicht besonders beschlagen sind – man muss heute imstande
sein, darüber zu sprechen . Dazu gehört die Kenntnis der Fachwörter!
2. Recherchieren Sie die volle Form für die Kürzel im Text wie z.B. UMTS.
3. Nennen Sie bitte a) die Wege, auf denen Programme zum Zuschauer kommen, und b)
deren unterschiedliche Qualität.
4. Vergleichen Sie bitte das analoge und das digitale Fernsehen! Welche Vorteile hat das
digitale Fernsehen?
5. Welche negativen Folgen ergeben sich aus dieser Entwicklung?
6. Beschreiben (charakterisieren) Sie bitte jedes Multimedia-Angebot (Tabelle 1)!
7. Schildern Sie bitte die Auswirkungen der Konvergenz von Internet und Fernsehen!
82
8. FORMATE
Aufgabe 1. Lesen Sie die allgemeinen Informationen über die Formate im deutschen
Fernsehen.
Die unterschiedlichen Arten von Fernsehbeiträgen und Sendungen nennt man Formate.
Jedem Format liegt eine ganz bestimmte Form und Erzählstrategie zugrunde. Grundsätzlich
unterscheidet man fiktive und nonfiktive Formate. Bei den fiktiven Formaten werden
Geschichten erzählt, die von Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren geschrieben werden.
Sie können der Wirklichkeit ähneln, aber auch ganz und gar fantastisch sein. Zu nonfiktiven
Formaten zählen hingegen Nachrichten, Wissenssendungen, Reportagen und
Dokumentarfilme, in denen es um die Vermittlung von Tatsachen geht.
Im Folgenden finden Sie die Beschreibung der Formate. Sie können/ sollten sich die
auch ansehen. Sollten Sie Interesse daran bekommen, schauen Sie sich die entsprechenden
Sendungen an. Machen Sie sich Notizen dazu.
a) Nonfiktive Formate
http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/reportage/index.html
Eine Dokumentation berichtet anhand von Quellen und Fakten über einen Sachverhalt.
Sie möchte den Zuschauern ein möglichst objektives und authentisches Bild der
geschilderten Situation ermöglichen.
Doku-Soaps
Als Doku-Soap (Dokumentar-Seifenoper) bezeichnet man eine Form des Reality-TV
(deutsch: Wirklichkeits-Fernsehen), in der die gezeigten („dokumentierten“) Personen in
dramatisch inszenierter, unterhaltender Weise dargestellt werden. Im strengen Sinne handelt
es sich um eine Art Dokumentarfilm, die Familien in außergewöhnlichen Situationen
begleitet wie einem Umzug ins Ausland, oder jede Folge unterschiedliche Personen zeigt bei
einem gleichbleibenden Grundthema wie Erziehung, finanzielle Schieflage oder
Renovierung. Die Fernsehsender bezeichnen allerdings auch so genannte „Scripted
Reality“ („Realität nach Drehbuch“) als „Doku-Soap“, die große Ähnlichkeit zu klassischen
Doku-Soaps aufweist, jedoch einem frei erfundenen Drehbuch folgt und von
Laiendarstellern oder professionellen Schauspielerin inszeniert wird, die sich von den
Inhalten der Handlung distanzieren.
Doku-Soaps vermischen Unterhaltung mit Information und sollen daher Vertreter des
Infotainment (informierende Unterhaltung) oder Edutainment (bildende Unterhaltung) sein.
Wie bei den namensgebenden Seifenopern oder täglichen Talkshows stehen aber in der
Regel Emotionen im Vordergrund, Probleme und Konflikte, die oft künstlich herausgehoben
werden. Bei den meisten Vertretern des Formats ist dadurch ein informativer, lehrender
Effekt oft nicht vorhanden.
Doku-Soaps erscheinen grundsätzlich in Fortsetzungen.
Die Doku-Soaps, die sich im deutschen Fernsehen im ersten Jahrzehnt nach 2000
etablieren, lassen sich senderspezifisch unterschiedlichen Konzepten zuordnen. Die ARD
benutzt die Form der Doku-Soap, z. B. um die Zuschauer in vergangene Epochen zu
versetzen und Menschen ihre Alltagsprobleme in historischen Umgebungen mit all ihren
Beschwernissen und sozialen Einengungen bewältigen zu lassen.
Das ZDF hat sich dem Konzept der Doku-Soap erst später zugewendet und setzte
dagegen mehr auf gegenwartsnahe Lebenskontexte: “Babystation“, 21 Folgen, 2007 (über
84
das Perinatalzentrum der Asklepios Klinik in Hamburg Altona) und seit 2006 diverse Zoo-
Sendungen, z. B. “Dresdner Schnauzen“, 31 Folgen, 2007 (über den Zoo Dresden).
Doku-Soaps im Privatfernsehen
Bei den in den kommerziellen Programmen nach 2000 gesendeten Doku-Soaps werden
die seriellen Formen der erzählend-unterhaltenden Darstellung von Menschen des Alltags,
wie sie ihre Probleme lösen und häufiger nicht lösen können, vielfach mit der
Programmgattung der Ratgebersendung verbunden. Bei vielen Doku-Soaps ist der Übergang
zu Scripted Reality für die Zuschauer nicht oder nur schwer erkennbar, da eine einheitliche
Kennzeichnung der Sendungen fehlt.
85
Hier können Sie sich eines der Programme ansehen: http://www.tvnow.de/superrtl/raus-
aus-den-schulden-superrtl/list/aktuell
“Bauer sucht Frau“ (RTL, seit 2005), nach dem britischen Vorbild “Farmer wants a
Wife“ (seit 2001), thematisierte den Frauenmangel auf dem Lande, wo junge Bauern und
Hofbesitzer keine Frauen fanden, die aufs Land ziehen wollten und für die nun die Doku-
Soap warb. 2009 brachte RTL außerdem das umstrittene Baby-Experiment “Erwachsen auf
Probe“ ins Programm.
RTL II listet im Jahr 2012 in der Rubrik “Doku-Soaps“ über 30 Sendungen auf, z. B.
“Teenie-Mütter“ (früher ähnlich: “Schnulleralarm! – Wir bekommen ein Baby“),
“Wunschkinder“, “Das Messie-Team“, “Der Trödeltrupp“, “Die Geissens – eine schrecklich
glamouröse Familie“ und “Frauentausch“.
“Frauentausch“
“Frauentausch“ (RTL II, seit 2003), nach der britischen Serie “Wife Swap“, bringt in
jeder Sendung zwei Frauen für jeweils 10 Tage in einen anderen Lebenszusammenhang, so
dass sich beispielsweise eine Großstadtfrau auf dem Lande bewähren muss und eine
86
Landfrau in der Stadt. Die Tauschmütter müssen sich in den neuen Haushalten rasch
einleben und vor allem auch mit den fremden Kindern zurechtkommen, wobei die jeweiligen
Tauschmütter sich nur kurz über ihre Familien informieren können. Die eigene Familie
einmal anders zu sehen, in einer anderen Familie neue Erfahrungen zu machen, kann der
Grund für diese Art von Familien- bzw. Mütterwechsel sein. Am Ende jeder Sendung gibt es
auch “Manöverkritik“ am jeweils eigenen Verhalten. Es kam aber auch schon nach Ende
einer Produktion zu Handgreiflichkeiten zwischen zwei Müttern wegen unterschiedlicher
Ansichten über die Kindererziehung.
Scripted Reality
Scripted Reality/ Skript-Doku/ Pseudo-Doku ist ein Genre des Reality-TV, in dem die
Dokumentation realer Ereignisse vorgetäuscht wird. Die Szenen werden dabei von
Schauspielern (meist Laiendarstellern) nach Regieanweisung (Skript) gespielt. Die
Fernsehsender bezeichnen viele dieser Serien irreführend als Doku-Soaps.
Thema sind zumeist alltägliche, zwischenmenschliche Situationen, die mittels
planmäßiger dramaturgischer Inszenierung (Drehbuch/Skript) den Anschein einer
Dokumentation oder einer Reportage erwecken sollen. Diese Methodik erlaubt es dem
Regisseur, die Sendung relativ real wirken zu lassen.
Wesentliche Merkmale sind:
87
dokumentarischer Stil (Vortäuschung von Authentizität);
alle handelnden Personen agieren nach einem Drehbuch;
handelnde Personen werden meist von gecasteten Laiendarstellern gespielt;
eine gewisse Neigung zu Voyeurismus und Vulgarität;
die frei erfundenen Geschichten bedienen häufig bestehende Vorurteile;
in Deutschland oftmals Hinweis im Abspann: „Alle handelnden Personen sind
frei erfunden.“
Hier wird der Wortlaut nicht genau festgeschrieben, die Darsteller sprechen den Text
nicht wortwörtlich, sondern geben ihn lediglich sinngemäß wieder. Daraus resultierende
Versprecher, Sprechpausen und ein generelles Durcheinanderreden verschiedener Personen
lassen die Darsteller authentischer wirken, auch die meist echte Nervosität trägt dazu bei. Oft
stellen die Darsteller eine gewisse Begriffsstutzigkeit zur Schau. Es soll also der Schein des
Dokumentarischen erzeugt werden.
Das aber ist auch das Prinzip des Reality-TV: Dokumentarisches und Fiktionales
werden vermischt und zu einer neuen Attraktion für den Zuschauer (Vermeintliche
Realitätsnähe).
Doku-Soaps als “Coaching TV“. Das Gemeinsame vieler dieser Formen von
Realitätsfernsehen ist “das Versprechen: Wir können Dein Leben ändern“ – und damit ist
das Leben der Zuschauer gemeint. Indem gezeigt wird, wie die Probleme von
Alltagsmenschen in den einzelnen Folgen dieser Serien durch Experten in die Hand
genommen und gelöst werden, soll der Zuschauer den Eindruck gewinnen, auch sein Leben
könnte sich ändern (z. B. “Die Super Nanny“, “Raus aus den Schulden“). Stand zu Beginn
der 1990er Jahre im Zentrum des Reality-TV, dem Zuschauer einen “hautnahen“ Eindruck
von den Katastrophen und Schicksalen der Welt zu vermitteln, mit der Botschaft, es gehe
ihm ja letztlich noch gut, – so will Reality-TV fast zwanzig Jahre später, dass der Zuschauer
sein Leben aktiv angeht, es effektiver gestaltet und sich damit den veränderten Bedingungen
der Welt anpasst. Dazu benötigt er Hilfe von Experten.
“Coaching TV“ ist deshalb auch eine häufiger benutzte Bezeichnung, wonach es hier
darum geht, dem Zuschauer einen medialen 'Coach' an die Seite zu stellen, der ihn
individuell berät und ihm weiterhilft. Auch Coaching TV dient deshalb – bei allem
Realitätsanspruch, den die Probleme wie die Schuldnerberatung sichtbar machen – immer
vor allem der Unterhaltung. Erst in zweiter Linie geht es darum, dass der Zuschauer sein
Verhalten wirklich ändert.
Prominentestes Beispiel dieser Kombination von Ratgebersendung und erzählender
Darstellung wurde die RTL-Reihe „Die Super Nanny“ (ab Herbst 2004 bis Ende 2011). Es
ging darum, gestressten Eltern, die mit ihren Kindern und deren Erziehung Probleme hatten,
beizubringen, wie Verhaltensregeln, Sauberkeit und Ordnung durchgesetzt werden, wie
Leistungsbereitschaft, das Einhalten vorgegebener Regeln, Disziplin und
Durchhaltevermögen erzeugt werden.
Die Kritik an diesen und ähnlichen Sendereihen richtete sich auf den angeblichen
pädagogischen Erfolg und konstatierte, dass das hier empfohlene Verhalten den Menschen in
der gegenwärtigen komplexen Welt wenig helfen werde. Dennoch gehörte das Format zu
den erfolgreichsten Produktionen dieser Art und erfreute sich großer Beliebtheit bei den
Zuschauern.
Reality-TV als “Möglichkeitsfernsehen“
88
Man kann diese neuen Formate und Sendungsarten auch aus einer anderen Perspektive
betrachten. Fernsehen kann nämlich nicht nur über etwas informieren oder etwas
präsentieren, um einen wichtigen Aspekt der Welt darzustellen, sondern auch dazu dienen,
die Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft zu erhalten und zu verbessern. So kann auch
danach gefragt werden, ob nicht einige neue Formate des 'Realitätsfernsehens' einen Beitrag
leisten können, Menschen anzuregen und ihnen Beispiele zu liefern, damit sie ihr Leben
besser meistern können. In diesem Sinne ziel(t)en Sendereihen wie „Bauer sucht Frau“ oder
„Super Nanny“ darauf, Probleme, die sie darstellen, zu lösen, also aktiv an der Veränderung
der Welt mitzuwirken.
1. Sitcom A … ist ein Film, der über ein tatsächliches Geschehen berichtet. Er
folgt keinem Drehbuch, dem eine ausgedachte Geschichte zugrunde
liegt, sondern zeigt einen Teil der Wirklichkeit.
2. Seifenoper B … will den Eindruck erwecken, dass die gezeigten
Situationen dem richtigen Leben entnommen
sind. Der Zuschauer soll sich fühlen, als wäre er unmittelbar «dabei».
3. Reality-TV C … ist eine über viele Folgen erzählte Geschichte,
in der es vor allem um Herz-Schmerz-Themen
geht.
4. Castingshow D … ist eine Sendung mit einem Moderator.
Es gibt unterschiedliche Filmbeiträge zu
einem oder mehreren Themen.
5. Dokumentation E … ist eine Unterhaltungsserie, deren Witz aus
den verrückten Situationen erwächst, in die die
immer gleichen Darsteller Folge für Folge geraten.
6. Magazin F … ist eine Sendung, in der die Zuschauer und
eine Jury bestimmen, wer als Darsteller dabei
sein darf und wer nicht.
Die phoenix Runde ist eine politische Talkshow des deutschen TV-Senders Phoenix.
Sie wird derzeit jeweils dienstags bis donnerstags
ausgestrahlt.
Regelmäßig diskutieren kompetente Gäste Fragen
zum politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben in
Deutschland. Darüber hinaus widmet sich die Sendung
aktuellen Ereignissen aus dem Ausland. Das
Themenspektrum reicht von der sozialen Lage der
Familien in Deutschland über die Entwicklung der politischen Parteien bis zur
89
Auseinandersetzung mit dem internationalen Terrorismus. Die Sendung wird im Wechsel
von Anke Plättner und Alexander Kähler moderiert.
Wissenssendungen sind meistens Magazin-Formate. Ein Magazin ist auf ein Thema
oder mehrere Themen ausgerichtet. Es besteht aus unterschiedlichen Beiträgen. Oft spricht
eine Moderatorin oder ein Moderator mit Gästen.
Magazinsendungen sind Sendungen, die aus mehreren Beiträgen zusammengesetzt sind.
Sie sind meist von einem Moderator oder einer Moderatorin durch Überleitungen
miteinander verbunden. Magazine sind in der Regel thematisch spezialisiert.
90
http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/index.html
91
Hier können Sie sich Videos von allen Magazinen ansehen:
http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/politikmagazine/index.html
Das Magazin wird vom Norddeutschen Rundfunk produziert und alle drei Wochen im
Wechsel mit Monitor und Kontraste donnerstags um 21:45 Uhr auf Das Erste ausgestrahlt. In
der Bundesrepublik etablierte sich die Magazinform für politische Themen mit Filmbericht,
Interview, Kommentar und Moderation nach einigen Vorläufern ab 1961. Vorbild war ein
BBC-Magazin. Die Idee wurde von kritischen Journalisten getragen, Ziel war die Schaffung
einer kritisch-liberalen Öffentlichkeit. Das Magazin verstand sich als eine Form medialer
Opposition zur damaligen Bundesregierung unter Konrad Adenauer. Es informierte über die
anti-kolonialen Befreiungskämpfe in Algerien und im Kongo, berichtete über
bundesdeutsche Skandale und zog in den ersten Jahren heftige Proteste der Bundesregierung
auf sich, die versuchte, Verantwortliche unter Druck zu setzen.
Nachrichtensendungen
92
Die “Tagesschau“ ist die älteste Nachrichtensendung im bundesdeutschen Fernsehen,
die noch heute ausgestrahlt wird. Am 26.12.1952, einen Tag nach dem offiziellen Beginn
des bundesdeutschen Fernsehens, lief die erste “Tagesschau“ – mit einem Bericht über die
Rückkehr des künftigen US-Präsidenten Eisenhower von seiner dreitägigen Koreareise
(Zeitpunkt des Ereignisses: Anfang Dezember). In der Folgezeit erschien die
Nachrichtensendung dreimal in der Woche mit einer neuen Ausgabe um 20.00 Uhr. An den
Tagen dazwischen wurde die Vortagssendung am Ende des Programms gegen 22.00 Uhr
wiederholt. Sonntags gab es anfangs keine Sendung.
Politik spielte zunächst nur eine geringe Rolle. Es dominierte ein Mix aus Katastrophen,
Sport und “bunten Nachrichten“. Als Zusammenfassung der “Tagesschau“ wurde sonntags
der “Wochenspiegel“ ausgestrahlt, dessen erste Sendung am Sonntag, den 4.1.1953, lief. Die
Sendezeit betrug 15 Minuten.
Die “Tagesschau“ wird heute vom NDR in Hamburg produziert. Sie sendet bis zu 23
verschiedene Ausgaben am Tag. Die Hauptausgabe um 20.00 Uhr erreicht bis zu zehn
Millionen Zuschauer.
Als Ersatz für die Spätausgabe der “Tagesschau“ (seit 1965) kam am 2.1.1978 die erste
Sendung der “Tagesthemen“ ins Programm. Die “Tagesschau“ präsentierte weiterhin
aktuelle politische Ereignisse, ohne dabei größere Zusammenhänge herzustellen oder
Sachverhalte zu kommentieren. Das wurde im 30 Minuten dauernden Hintergrund-Magazin
möglich. Im Gegensatz zur Tagesschau, die nur einen Nachrichtenüberblick geben soll,
sollen die Tagesthemen den Zuschauern ergänzende Informationen, übergeordnete
Zusammenhänge und Hintergrundinformationen bieten. Die Tagesthemen zählen zu den
großen meinungsbildenden journalistischen Formaten in Deutschland.
b. FIKTIVE FORMATE
Zum Format der Fernsehfilme zählen unterschiedliche Genres wie Krimis, Komödien,
Gesellschaftsdramen oder Kinderfilme. Sie zeichnen sich durch eine abgeschlossene
Handlung aus und dauern in der Regel länger als 60 Minuten. Zu den Fernsehserien
gehören zum Beispiel Schloss Einstein, Lindenstraße oder Rennschwein Rudi Rüssel, die
einen fortlaufenden Handlungsstrang besitzen und kürzer als Fernsehfilme sind. Bei jüngeren
Kindern sind zudem Zeichentrickserien sehr beliebt (zum Beispiel Biene Maja, Wicki und
die starken Männer und viele andere), die auch von wiederkehrenden Figuren leben.
Soap Operas
Eine Seifenoper ist ein serielles Unterhaltungsformat im Fernsehen, das in Form einer
Endlosserie ausgestrahlt wird. Charakteristisch für Soaps ist, dass mehrere Handlungen
93
parallel gezeigt werden („Handlungsstränge“/ „Storylines“); sie werden in einer Folge jedoch
nicht abgeschlossen, sondern in späteren Folgen zwecks Spannungserhöhung fortgesetzt. Es
werden pro Folge mehrere dieser Handlungsstränge nacheinander gezeigt, so dass sich ein
Geflecht an nicht abgeschlossenen Handlungen ergibt („Zopfdramaturgie“). Einzelne Folgen
enden in der Regel nicht mit einem Happy End, sondern im Gegenteil mit einer Zuspitzung
entstandener Konflikte, um das Interesse des Zuschauers zu wecken, auch die nächste Folge
anzuschauen.
In Deutschland galt dieses Genre zunächst als minderwertig. Erst im dualen
Fernsehsystem besannen sich die Sender auf diese rentable Serienform, die wegen den
geringen Produktionskosten, der guten Eignung als
Werbeumfeld und wegen des hohen
Bindungspotenzials dem kommerziellen Fernsehen
entgegenkam. 1992 ging „Gute Zeiten, schlechte
Zeiten“ oder „GZSZ“ (RTL) erstmals auf Sendung.
Das ist die erfolgreichste Daily Soap für Jugendliche.
Nach wie vor hat das Programm hohe
Einschaltquoten in seiner Zielgruppe.
Diese erste Vorabend-Daily formulierte – wie
http://www.rtl.de/cms/sendungen/gzsz. später die ARD-Pendants, die problemorientierte
html Serie „Marienhof“ (1992–2011) und die Romantik-
Soap „Verbotene Liebe“ (ARD, ab 1995) – Wünsche,
Probleme und Stimmungen der jugendlichen Zielgruppe. Die Figuren waren und sind
stereotyp gezeichnet und entsprechen einem Schema, in dem die Figuren eindeutig entweder
korrekt oder korrupt, gut oder böse sind. Lifestyle-Themen wie Mode, Musik und
Geschmack und die Nähe zu den großen Gefühlen und kleinen Dramen der jugendlichen
Zuschauer schafften und schaffen Identifikation.
„Lindenstraße“ (ARD)
„Lindenstraße“ war die erste
deutsche Serie, die wöchentlich
gesendet wurde (ein sogenanntes
Weekly). „Lindenstraße“ ist die erste
und langlebigste „Seifenoper“ im
deutschen Fernsehprogramm. Die
Lindenstraße ist bekannt dafür, dass sie immer wieder aktuelle soziale und politische
Themen aufgreift. „Lindenstraße“ wurde zum sonntäglichen Ritual für Millionen
Bundesbürger.
Hier können Sie sich diese Seifenoper ansehen oder mehr darüber erfahren:
http://www1.wdr.de/daserste/lindenstrasse/
Telenovelas
Die Telenovela (spanisch telenovela ‚Fernsehroman‘) ist eine spezielle Form der
Fernsehserie, die aus Lateinamerika stammt.
94
Mockumentary
Der Begriff ist ein Kofferwort (englisch to mock ‚vortäuschen‘, ‚verspotten‘ +
documentary ‚Dokumentarfilm‘). Mockumentary ist ein Filmgenre und die Bezeichnung für
einen fiktionalen Dokumentarfilm, der einen echten Dokumentarfilm oder das ganze Genre
parodiert. Es ist ein geläufiges filmisches Genremittel für Parodie und Satire und setzt sich
somit oft dafür ein, ein stärkeres medienkritisches Bewusstsein beim Publikum zu schaffen.
Ein Mockumentary gibt vor, ein Dokumentarfilm zu sein, ist es jedoch nicht, weil er auf
einem Drehbuch beruht und eine ausgedachte Geschichte erzählt.
„Stromberg“ (ProSieben)
95
„Dittsche – Das wirklich wahre Leben“ (WDR/Das Erste) zeigt einen Hamburger
Imbiss (“Eppendorfer Grillstation“), in dem sich der Arbeitslose Dittsche Bier holt und mit
dem Imbiss-Wirt Ingo und dem Stammgast Schildkröte in einer Art Wochenrückblick über
die Welt räsoniert. Dittsche schlurft im blau-braun-weiß gestreiften Bademantel herein, wirkt
ungepflegt und immer etwas verwirrt. Er gibt seine Sicht auf die Dinge der Welt zum Besten;
die Bild-Zeitung und das Fernsehen dienen ihm dabei als wichtige Quellen für seine
Theorien und Problemlösungsansätze. „Dittsche“ wird live gesendet, ohne Drehbuch und mit
zuvor festgelegten Kameraeinstellungen.
Unterhaltungsshows im Ersten
96
Talkshows beim Ersten
Hier finden Sie die Liste der Sendungen im Ersten nach Rubriken und können sich alles
ansehen: http://www.daserste.de/sendungen-a-z/live-az-100~category.html
97
Link zum Anschauen: http://www.daserste.de/sendungen-a-z/live-az-100~category.html
Unterhaltung im Privatfernsehen
Tägliche Gameshows
Zehn Monate zuvor war als andere 'Daily Gameshow' die Sendereihe "Ruckzuck" (RTL
II u. a.) gestartet, die bis 2005 ebenfalls auf verschiedenen Kanälen lief und 2.330 Folgen
erlebte. Ab 1992 lief ebenfalls auf Sat.1 die Gameshow "Geh aufs Ganze", die nach ihrer
Absetzung bei Sat.1 im Jahre 1997 noch bis 2003 auf anderen kommerziellen Kanälen
beheimatet war. Hier mussten Zuschauer ein Tor auswählen, hinter dem sich ein Gewinn
verbarg. Sie konnten dabei jedoch vom Moderator in die Irre geleitet werden.
98
Mischformen und Neuauflagen
Durch die Ausweitung von Anzahl und
Umfang der Programme bot das Fernsehen mit
Beginn des neuen Jahrtausends vielfältige
Unterhaltungssendungen, darunter etliche
Mischformen und Neuauflagen altbekannter
Ideen.
„Wer wird Millionär?“ ist seit Beginn die
beliebteste Quizshow im deutschen Fernsehen
mit dem Moderator Günther Jauch, in der die Kandidaten durch das Beantworten von Fragen
Millionär werden oder zumindest größere Geldsummen erspielen können. Ihnen stehen dabei
verschiedene Joker zur Verfügung.
Deutsche Telenovelas
Die Telenovela (spanisch telenovela ‘Fernsehroman‘) ist eine spezielle Form der
Fernsehserie, die aus Lateinamerika stammt. Klassisch erzählt die Telenovela aus der
Perspektive der meist weiblichen Hauptfigur. Allerdings werden auch Telenovelas mit
99
männlichen oder jugendlichen Hauptfiguren und Themen, die das gesamte Publikum
ansprechen, produziert.
Bei Telenovelas wird normalerweise – ähnlich den US-amerikanischen Seifenopern –
täglich ein Kapitel ausgestrahlt. Auch wird stets das Konzept des Cliffhangers verwendet:
Ein Kapitel endet mit einem dramatischen Ereignis, der Ausgang bleibt zunächst offen. Das
soll motivieren, am folgenden Tag wieder einzuschalten. Anders als Seifenopern haben
Telenovelas einen klar definierten Anfang und ein vorher festgelegtes Ende. Normalerweise
dauern sie mindestens vier Monate bis maximal ein Jahr (80–250 Kapitel).
Als südamerikanischer Export („Die Sklavin Isaura“, ARD, 1986/87) fand das zunächst
belächelte Genre Eingang ins deutsche Fernsehen. Das ZDF übertrug die melodramatischen
Geschichten und den Regelkanon des Genres auf deutsche Verhältnisse.
Erfolgreiche Telenovelas
1. „Verliebt in Berlin“ (Sat.1, 2005–2007)
Wegen der großen Popularität wurde die Serie von den üblichen 200 Folgen auf 645
aufgestockt. „Verliebt in Berlin“ mit Alexandra Neldel war die junge Variante der
Telenovela, eine typische Aschenputtel-Story mit etwas Sozialtouch, Humor, einem
zielgruppengerechten „Look“ und einer Heldin zum Gernhaben.
100
http://www.daserste.de/unterhaltung/soaps-telenovelas/rote-rosen/videos/index.html
101
INTERNET
Inhalt:
1. Entstehung des Internets
2. Soziale Netzwerke
a. Cyber-Mobbing
b. Shitstorm
c. Internet-Trolle
d. Fake News
e. Cookies
f. Filterblasen
3. Online-shopping
4. Digitale Risiken für Kinder
5. Sicherheit im Internet
Aufgabe 1. a) Betrachten Sie die Grafik. Welche Informationen liefert sie? Fassen Sie
sie zusammen.
b) Was wissen Sie über die Entwicklung des Internets? Wie hat alles angefangen?
102
Aufgabe 2. Machen Sie sich mit der Geschichte des Internets bekannt. Erfüllen Sie
danach die Aufgaben zum Text.
Es war so angelegt, dass die einzelnen Teile unabhängig voneinander agieren konnten.
Der Nachrichtenaustausch zwischen den einzelnen Netzknoten sollte durch Datenpakete
erfolgen, die ihre eigenen Wege durch das Netz gingen. Wäre ein Leitungsweg zerstört,
würde ein anderer eingeschlagen.
Von einer Abteilung des US-Verteidigungsministeriums, der ARPA (Advanced
Research Project Agency), wurde das erste Netzwerk in der Praxis entwickelt und betreut.
Zunächst durften nur Militärs und Forscher im militärischen Bereich die nach damaligen
Verhältnissen superschnellen High Tech-Computer-Anlagen nutzen. Bald wurde diese
Beschränkung jedoch aufgehoben und die Zahl der Knoten erhöhte sich. Das Hauptinteresse
der Netzbenutzer galt dem elektronischen Austausch von Nachrichten, der sog. E-Mail. Die
einzelnen Benutzer hatten ihre eigenen E-Mail-Adressen, konnten also von Person zu Person
kommunizieren. Forscher konnten Informationen über ihre Arbeiten austauschen und
bequem in Projekten zusammenarbeiten.
Das Internet weitete sich weltweit aus. Denn der Reiz des Internet liegt zum einen in
seiner freiheitlichen, anarchischen Struktur. Es gibt keine Internetzentrale, keine Aktionäre,
keine Vorsitzenden und keine Zensur. Zum anderen wurden die Möglichkeiten und
103
Dienstleistungen des Internets immer benutzerfreundlicher und für den Normalbürger
interessanter.
Das WWW (World Wide Web)
In den 90er Jahren begann die kommerzielle Nutzung des bis dahin rein akademischen
Netzes. Viele Firmen benutzen das Internet zur Verbreitung von Kundeninformation und
Software oder als Feedback-Instrument. Elektronische Dienstleister, Online-Shops,
Versicherungen und Banken drängen ins Internet.
Mit Ausbau des Business-to-Business Geschäfts „B2B“, entdeckten auch die
Marktführer der traditionellen „Old Economy“ das Netz, um über virtuelle Marktplätze und
Plattformen ihre Waren zu verkaufen und zu ordern und damit konkurrenzfähig zu bleiben.
Mit der wirtschaftlichen Nutzung entstand auch das Problem der Datensicherheit und
Computerkriminalität. Ausgefeilte Verschlüsselungssysteme sollen die Privatsphäre und das
Geld des Benutzers vor unberechtigtem Zugriff schützen.
Mit der Einführung des World Wide Web (WWW) konnte das Internet auch in der
breiten Masse an Beliebtheit gewinnen. Denn das Internet stellt eine reichhaltige
Schatzkammer für kostenlose Software, Informationsdateien, Forschungsdaten, Grafiken,
Bilder, Sounddateien, Datenbanken, Archive und vieles andere dar. Über das Web sind diese
Ressourcen bequem zu erschließen.
Das WWW basiert auf Hypertext und nutzt ausgiebig die Möglichkeiten grafischer
Benutzeroberflächen moderner Computersysteme. Hypertext bedeutet, dass der Text
implizite Verweise auf andere Quellen, Personen usw. enthält.
Die Entwicklung des WWW geht ständig weiter. So wird die Interaktion mit dem
Nutzer immer dynamischer und virtuelle Realitäten entstehen.
Aufgabe 1. Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen nach ihrer
Bedeutung im Text und lernen Sie die bitte.
1) gefordert sein
2) das Befehls- und Kontrollnetzwerk
3) ein Netzwerk ohne zentrale Steuerung
4) erfolgen
5) einen Leitungsweg einschlagen
6) etw. (eine Beschränkung) aufheben
7) das Interesse gilt etw. Dat.
8) der Reiz von etw. liegt in etw.
9) benutzerfreundlich
10) ins Internet drängen
11) Datensicherheit, die
12) Verschlüsselung, die
13) unberechtigter Zugriff auf/ zu etw.
14) schützen vor/ gegen etw.
15) an Beliebtheit gewinnen ↔ an Beliebtheit verlieren
16) Datei, die
17) etw. (eine Ressource) erschließen
104
18) Benutzeroberfläche, die
19) der Verweis auf etw. Akk.
Aufgabe 2. Beantworten Sie die Fragen zum Text. Verwenden Sie dabei die Wörter
und Wendungen aus Aufgabe 1.
4. Welche Probleme ergaben sich mit der wirtschaftlichen Nutzung des Internets?
5. Welche Vorteile brachte es dennoch mit sich?
6. Worauf basiert das WWW?
105
Aufgabe 4. Das Internet ist heute im Berufs- genauso wie im privaten Leben
unentbehrlich, ein fester Bestandteil des Alltags. Was machen Sie alles im Internet? Erstellen
Sie ein Mindmap dazu. Vergleichen Sie danach in der Gruppe.
E-Mails
schreiben
Internet
ssoosoz
Aufgabe 5. Betrachten Sie und analysieren Sie die nachstehende Grafik. Welche
Informationen über die Nutzung des Internets in Deutschland können Sie ihr
entnehmen? Fassen Sie zusammen! Was überrascht Sie?
106
Aufgabe 6. Bereiten Sie einen Kurzvortrag zum Thema „Entstehung und Entwicklung
des Internets“ vor. Um welche Art des Kurzvortrags handelt es sich in diesem Fall Ihrer
Meinung nach: informierenden oder Argumentationsvortrag?
107
2. SOZIALE NETZWERKE
Aufgabe 1. Welche sozialen Medien bzw. Netzwerke kennen Sie? In welchen sind Sie
aktiv? Warum/Warum nicht? Tauschen Sie sich aus.
Aufgabe 2. Wo werden soziale Netzwerke genutzt? Was erfahren Sie aus der
nachstehenden Grafik? Fassen Sie zusammen und äußern Sie Ihre Meinung dazu.
Aufgabe 3. Beschreiben Sie das nachfolgende Schaubild. Finden Sie etwas auffällig?
Hat sich vielleicht etwas in den letzten Jahren verändert?
108
Aufgabe 4. Recherchieren Sie im Internet und sammeln Sie Informationen über eines
der sozialen Netzwerke (entscheiden Sie in der Gruppe, wer welches soziale Netz
übernimmt). Berichten Sie im nächsten Unterricht darüber (ca. 5 Min.). Über die Form der
Präsentation können Sie selbst frei entscheiden.
Aufgabe 5. Lesen Sie den folgenden Text. Erfüllen Sie danach die Aufgaben zum Text.
Soziale Netzwerke hat es immer schon gegeben
„Netzwerken“ ist in. Seit Facebook, Xing und Twitter von immer mehr „fans“,
„Freunden“ und „Kontakten“ genutzt werden, wird es immer schwerer, sich den Sozialen
Netzwerken zu entziehen, ohne als a-sozial zu gelten. Genauer betrachtet ist der Begriff
„Social Networks“ allerdings redundant. Denn Netzwerken ist immer ein gesellschaftliches
und damit soziales Phänomen gewesen. Dass es heute vor allem online auf eigens zu
diesem Zweck eröffneten Plattformen stattfindet, ändert nichts daran, dass es sich beim
„Netzwerken“ um ein tief in der Geschichte verwurzeltes, menschliches Verhalten handelt.
Allianzen schmieden, Kontakte knüpfen, Informationen oder Referenzen in
Tauschgeschäften einlösen, Empfehlungen aussprechen sowie Wissen und Erfahrungen
(mit)teilen das sind wahrlich keine Erfindungen des Web 2.0. Anders als die klassischen
Netzwerke der Offline-Welt sind die digitalen Communities auf Masse und Wachstum
ausgelegt.
109
Früher traf man sich in einer Kneipe, um seine Freunde zu sehen, im Schwimmbad oder
beim Fußball. Dabei wurden Neuigkeiten ausgetauscht, Partytermine bekannt gegeben,
Urlaube geplant, da wurde gelacht und gehänselt. Früher heißt hier vor wenigen Jahren, als
das Internet noch nicht das Alltagsleben durchdrang. Heute trifft man sich noch immer in der
Kneipe und beim Sport, aber für das soziale Netzwerk spielen die sogenannten Online-
Communities zunehmend eine Rolle. Viele Bekannt- und Freundschaften aber auch
Geschäftsbeziehungen entstehen über das Internet oder werden darüber gepflegt.
Ein Streifzug durch Online-Communities
Der Student Mark Zuckerberg entwickelte 2004 für seine
Kommilitonen der Harvard University eine Internet-Plattform. Hier sollten
kostenlos Neuigkeiten rund um den Campus ausgetauscht werden. Die Idee
kam bei den jungen Menschen an, und schnell nutzten auch andere Studenten
in Amerika die Plattform unter der Internetadresse facebook.com. Was bietet Facebook? Das
persönliche Profil kann man mit Bildern und Videos anreichern. Es gibt u.a. Chats,
Benachrichtigungen, Anstupser (so etwas wie ein Gruß), Pinnwände, Notizen, die
Möglichkeit Gruppen zu bilden, Freunde zu suchen und Freundschaften zu bestätigen.
Mit dem Erfolg kamen auch gleich die Nachahmer. Der Bekannteste
ist StudiVZ (= Studentenverzeichnis). Die in Berlin lebenden
Studenten Ehssan Dariani und Dennis Bemmann gründeten das
Online-Netzwerk im Herbst 2005. Ihnen wurde häufig vorgeworfen,
Facebook eins zu eins kopiert zu haben. Um die Plattform haben sich
auch schuelerVZ.net und meinVZ.net (für Nutzer, die ihr Studium
absolviert haben) gebildet.
Geschäftsleute können sich bereits seit 2003 im Open
Business Club (Open BC) treffen. Im Jahre 2007 wurde das
Berufstätigen-Portal in XING umbenannt, das bedeutet im
Chinesischen can do oder es ist möglich. Auch hier tragen angemeldete Nutzer ihr Profil ein,
laden ihr Bild hoch und schauen sich nach Bekannten und Kontakten um. Es gibt eine
kostenlose Mitgliedschaft mit beschränkten Funktionen und eine Premium-Mitgliedschaft,
die knapp sechs Euro im Monat kostet.
Seit Mitte 2011 ist es am Start: das soziale Netzwerk Google+ vom
Suchmaschinen-Riesen Google Inc. Von Anfang an bekam Google+
großen Zuspruch für die neuartige Einteilung in so genannte „Kreise“, in
die die virtuellen Freunde bzw. Follower eingeteilt werden können. Zum
Beispiel: Familie, Arbeitskollegen und Musikverein. Dies macht es für den Nutzer leicht, in
kurzer Zeit zu entscheiden, wer seine Beiträge lesen darf und wer nicht. Doch welche
Möglichkeiten bietet Google+ noch? Und wie geht der Kampf Google+ vs. Facebook aus?
Google+ ist ein soziales Netzwerk für Nutzer ab 13 Jahren. Nach eigenen Angaben
von Google Inc. sind weltweit zurzeit rund 100 Millionen Mitglieder aktiv. Zwar können die
Nutzer – ähnlich wie bei Facebook – Beiträge, Fotos, Videos und Links liken, teilen und
empfehlen. Das ist allerdings eine der wenigen Gemeinsamkeiten der beiden Social-
Network-Plattformen. Doch mit welchen Leistungen kann der Suchmaschinen-Ableger
punkten beim Wettstreit Google+ vs. Facebook? Google+ wartet mit einem für bis zu zehn
Personen nutzbaren Chat mit Videofunktion auf. Außerdem werden hochgeladene Fotos
direkt mit dem Google Programm Picasa vernetzt und können dort auch direkt bearbeitet
110
werden. Facebook vernetzt Menschen miteinander, die sich auch privat gut oder flüchtig
kennen. Nur die wenigsten Nutzer adden Menschen, denen sie noch nie über den Weg
gelaufen sind. Die so genannten Kreise bei Google+ geben den Nutzern die Möglichkeit,
schnell zu entscheiden, mit wem die eigenen Beiträge geteilt werden. Bei Facebook ist dies
auch möglich, aber mit einem höheren Aufwand verbunden. Google+ versteht sich hingegen
eher als soziales Informationsnetzwerk, in dem sich User miteinander vernetzen, die sich
privat zwar nicht kennen, aber gemeinsame Interessen haben und deshalb voneinander
profitieren.
Hashtag-Gezwitscher. Twitter ist ein Mikroblogging-Dienst, bei dem sogenannte
Tweets mit maximal 140 Zeichen veröffentlicht werden können. Twitter lebt
von der Aktualität. Das Echtzeitmedium arbeitet dabei mit sogenannten
Hashtags (#), also verlinkten Schlagwörtern. Diese bündeln Themen, die sich
über das soziale Netzwerk schnell verbreiten können.
Twittern bedeutet nichts anderes als das Versenden von
Kurznachrichten über das Internet, wobei die Nachrichten für alle öffentlich sichtbar sind.
Ausgetauscht werden News und alles was so am Tag passiert. Was als Dienst für
Privatnutzer begann, entwickelte sich sehr schnell zu einem Dienst, der auch von
professionellen Medien und Unternehmen genutzt wurde. Daher wird das Tool zum Beispiel
auch für Werbung und Angebote genutzt. Besonders viele Nutzer interessieren sich für die
Tweets von großen Nachrichtenportalen wie beispielsweise CNN. Promis haben die
Werbewirkung ebenfalls erkannt und nutzen Twitter teilweise sehr intensiv zur
Eigenwerbung bzw. zur Information für ihre Fans.
Twitter: So funktioniert die Nutzung des Online-Dienstes
Jeder, der sich bei Twitter anmeldet, kann Nachrichten veröffentlichen, die maximal
140 Zeichen lang sind. Diese sind im Online- und Mobile-Browser abrufbar. Wer sich für
die Beiträge einer bestimmten Person interessiert und diese täglich verfolgen möchte, kann
zum „Follower“ werden. Sobald Sie sich dann bei Twitter anmelden, erhalten Sie alle
Nachrichten von den Personen angezeigt, deren Follower Sie sind. So entsteht eine digitale
Vernetzung, die es so vorher noch nie gab. Der Dienst wurde deshalb so erfolgreich, weil die
Nachrichten hier viel schneller die Runde machen, als es über TV- und Zeitung möglich
wäre. Auch die internationale Vernetzung ist ein Faktor für den großen Erfolg von Twitter.
Während Twitter im privaten Umfeld noch hinter Facebook und Co. eine
untergeordnete Rolle spielt, ist der Dienst inzwischen in der großen Medienwelt
unverzichtbar. Donald Trump, Angela Merkel, der Papst – kaum eine Person der
Öffentlichkeit kommt inzwischen ohne Tweets aus.
Die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Co. erleben seit Jahren einen
ungebremsten Zulauf. Vor allem Jugendliche nutzen gerne diese unkomplizierte Möglichkeit
der Kontaktpflege. Über ein persönliches Profil können andere Nutzer der sozialen
Netzwerke kontaktiert werden. Die regelmäßige Pflege des eigenen Profils lässt Freunde und
Bekannte an Neuigkeiten teilhaben. Auch Interessensgemeinschaften und Clubs bilden sich
über die sozialen Netzwerke.
111
Aufgabe 1. Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in Ihre
Muttersprache. Führen Sie damit Sätze (auf ein Minimum verkürzt) aus dem Text an.
112
43) jmdn. Akk. kontaktieren
44) das eigene Profil pflegen
Aufgabe 3. Welche Wörter und Wendungen aus Aufgabe 1 sind mit den folgenden
Definitionen gemeint:
1) Programm von geringem Umfang, das zusätzliche Aufgaben für ein bestimmtes
Betriebssystem oder Anwendungsprogramm übernimmt = …
2) jmdn. als Freund zum eigenen Profil im Internet hinzufügen = …
3) regelmäßiger Empfänger einer Nachricht beim Twittern = …
4) sich mit jmdn. im Internet verbinden = …
5) überflüssig, überreichlich = …
6) Anklang/Widerhall/Zustimmung finden = …
7) [in einem sozialen Netzwerk] im Internet eine Schaltfläche anklicken, um eine
positive Bewertung abzugeben = …
8) etw. anbieten, zu bieten haben = …
9) jmdm. begegnen = …
10) Anstrengung, Einsatz, Kosten = …
11) ärgern, auslachen, foppen = …
Aufgabe 4. Antworten Sie auf die Fragen zum Text. Verwenden Sie dabei die Wörter
und Wortverbindungen aus Aufgabe 1.
1. Wie verstehen Sie den Titel des Textes? Wie wird er im Text erläutert?
Stimmen Sie dem zu?
2. Formulieren Sie bitte genauer den Unterschied zwischen früher und heute, wie
er im Text dargestellt ist!
3. Was haben Sie aus dem Text über die folgenden sozialen Netzwerke erfahren?
Berichten Sie darüber einander abwechselnd. Arbeiten Sie in Paaren.
1. 2. 3. 4. 5.
113
Aufgabe 5*. Hören Sie sich ein Interview über soziale Medien „Instagram top,
Facebook flop: Was läuft bei Social Media?“ an
(https://blogs.faz.net/digitec/2018/12/07/instagram-top-facebook-flop-was-laeuft-bei-social-
media-folge-27-198/#Drucken). Fassen Sie die Informationen zusammen.
Hier ist ein Abstract davon: Instagram ist ein Alltagsmedium geworden, Facebook inzwischen nur
noch etwas für die älteren Semester. Twitter muss in Deutschland kämpfen, Google schaltet sein Netzwerk
Google+ wieder ab. In der Social-Media-Welt tobt ein harter Konkurrenzkampf, Favoriten wechseln schnell.
Aber wenn die Nutzerinnen und Nutzer im angesagtesten Netzwerk ein Thema bewegt, dann gibt es kein
Halten mehr. Was aber tun, wenn man als Unternehmen Teil einer Welle lauter Kritik wird? Und wie schafft
man es, sein Handeln in möglichst positivem Licht erscheinen zu lassen? Nicht nur darüber reden wir mit
Stefanie Michels, der Social-Media-Chefin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in unserem neuen Digitec-
Podcast.
Aufgabe 6. a) Lesen Sie die Überschrift und den Vorspann von einem Interview mit der
Kulturwissenschaftlerin Sherry Turkle im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Worum
könnte es in dem Interview gehen?
Verloren unter 100 Freunden
Früher haben die Menschen miteinander gesprochen. Heute tippen, chatten
und mailen sie. Smartphones, Computer und das Internet sind nicht schlecht. Es geht
um den Platz, den wir ihnen in unserem Leben einräumen.
b) Lesen Sie nun das Interview und erfüllen Sie danach die Aufgaben dazu.
Vergleichen Sie auch die Infos aus dem Interview mit Ihren Vermutungen in Aufgabe 2a).
Süddeutschen Zeitung (SZ): Mrs Turkle, Sie galten lange als großer Freund jeder
neuen Technologie – mittlerweile kritisieren Sie die Vereinsamung, die permanentes Starren
auf das Smartphone mit sich bringt.
Sh. Turkle: Jugendliche geraten in Panik, wenn sie es nicht dabeihaben. Sie sagen
Sachen wie: „Ich habe mein iPhone verloren, es fühlt sich an, wie wenn jemand gestorben
wäre, ich meinen Kopf verloren hätte.“ Oder: „Auch wenn ich es nicht bei mir habe, spüre
ich es vibrieren. Ich denke daran, wenn es im Schließfach ist.“ Die Technik ist bereits ein
Teil von ihnen selbst geworden.
SZ: Wie schafft so ein Ding das?
Sh. Turkle: Smartphones befriedigen drei Fantasien: dass wir uns immer sofort an
jemanden wenden können, dass wir immer angehört werden und dass wir nie allein sind. Die
Möglichkeit, nie allein sein zu müssen, verändert unsere Psyche. In dem Augenblick, in dem
man allein ist, beginnt man sich zu ängstigen und greift nach dem Handy. Alleinsein ist zu
einem Problem geworden, das behoben werden muss.
SZ: Waren Sie oft allein als Kind?
Sh. Turkle: Ja, und es war großartig. Was wir Langeweile nennen, ist wichtig für
unsere Entwicklung. Es ist die Zeit der Imagination, in der man an nichts Bestimmtes denkt,
seine Vorstellung wandern lässt.
SZ: Ohne 3.000 SMS pro Monat zu verschicken wie der durchschnittliche Teenager
heute. Erwachsene sind aber auch nicht faul.
114
Sh. Turkle: Ja. Sie simsen in Geschäftssitzungen, während des Unterrichts und in
Vorträgen eigentlich ständig – selbst bei Begräbnisfeierlichkeiten. Ich habe das bei der
Beerdigung eines engen Freundes erlebt. Mehrere taten das, während der Musik, der
Gedenkreden. Eine ältere Frau sagte mir danach, sie habe es nicht ausgehalten, ihr Handy so
lange nicht zu benutzen.
Viele Kinder, die ich interviewt habe, klagen darüber, dass das Smartphone der Eltern
zum Konkurrenten geworden ist. Mütter und Väter, die „Harry Potter" vorlesen und
gleichzeitig unter der Bettdecke SMS schreiben. Nicht von ihrem Smartphone aufblicken,
wenn ihre Sprösslinge aus der Schule kommen.
SZ: Die Jungen sind doch nicht besser. Sie vermeiden sogar das Telefonieren –
weshalb eigentlich?
Sh. Turkle: Sie bevorzugen SMS, weil es weniger riskant ist. Sie sagen: „Ich kann die
Info rausschicken, bin nicht involviert in den ganzen Rest.“ Sie brauchen dem anderen nicht
gegenüberzutreten. Wer telefoniert, riskiert ein Gespräch. Es geht um Kontrolle und um den
Auftritt. Einen Text kann ich nach meinem Belieben formulieren, den Facebook- Status nach
meinem Gutdünken aktualisieren. Diese Generation ist daran gewöhnt, sich zu präsentieren.
SMS, E-Mails, Posts – man kann sich so zeigen, wie man sein und gesehen werden möchte.
Man kann redigieren, retuschieren, nicht nur die Messages, sondern auch sein Gesicht,
seinen Körper.
SZ: Das ist doch gut. Warum soll man sich mit Minderwertigkeitsgefühlen quälen?
Sh. Turkle: Was Freundschaft und Intimität von einem fordern, ist kompliziert.
Beziehungen sind schwierig, chaotisch und verlangen einem etwas ab, gerade in der
Adoleszenz. Die Technologie wird genutzt, das zu umgehen, um sich nicht mit den
Problemen auseinandersetzen zu müssen. Die Jungen schätzen ein Kommunikationsmedium,
in dem man Verlegenheit und Unbeholfenheit ausblenden kann. Man zieht sich zurück,
bevor man abgelehnt wird.
SZ: Aber sie haben doch auch reale Beziehungen, lieben einander...
Sh. Turkle: Natürlich ist es nicht so, dass niemand mehr Freunde hat, man einander
nicht mehr persönlich sieht. Die vielen Schüler und Studenten, die ich interviewt habe,
treffen sich gern, suchen die körperliche Nähe. Aber sie reden nicht mehr so viel miteinander.
Sie spielen Videospiele, simsen, kaufen online ein.
SZ: Verbringen Ihre besten Studenten auch so viel Zeit mit SMS, mit Facebook?
Sh. Turkle: Ja. Auch sie können sich kaum auf eine Sache konzentrieren. Sie schreiben
schlechter als früher, und es fällt ihnen schwer, eine komplexe Idee bis zum Ende
durchzudenken. Sie machen immer Multitasking. Die neuen Studien zeigen eindeutig, dass
sich beim Multitasking alles ein bisschen verschlechtert. Fatal ist, dass der Multitasker
glaubt, er sei besser, weil er immer mehr auf einmal tut. Das Gegenteil ist der Fall.
Wir haben unseren Kindern Facebook gegeben und gesagt: Habt Spaß damit. Und jetzt
ist es, wie wenn wir ihnen eine Art Mini-Stasi gegeben hätten. Wo alles, was sie denken und
tun, auf alle Ewigkeit im Besitz von Facebook ist und für welche Zwecke auch immer von
Facebook genutzt werden kann. Google, eine Suchmaschine? Nein, eigentlich nicht, es
verleibt sich alles ein, was je geschrieben wurde, und speichert die Spuren meiner Suche.
Das ist nicht illegal – dass ich die Vereinbarung nicht gelesen habe, mein Fehler.
SZ: Was raten Sie uns, als Fazit Ihrer Untersuchungen?
Sh. Turkle: Darüber zu reden, wohin dies alles führt. Wir ängstigen uns wie junge
115
Liebende, dass zu viel reden die Romantik verdirbt. Wir denken, das Internet sei erwachsen,
bloß weil wir damit aufgewachsen sind. Aber es ist nicht erwachsen, es ist erst in seinen
Anfängen; Wir haben eine Menge Zeit uns zu überlegen, wie wir es nutzen, modifizieren und
ausbauen.
Aufgabe 6 a). Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in Ihre
Muttersprache. Führen Sie damit die Sätze aus dem Interview (gekürzt) an.
1) die Vereinsamung
2) auf etw. Akk. starren
3) ein Problem beheben
4) simsen = SMS schreiben
5) von dem Smartphone aufblicken
6) jmdm. Dat. gegenübertreten
7) etw. nach seinem Belieben/ nach seinem Gutdünken tun
8) etw. Akk. redigieren
9) sich mit Minderwertigkeitsgefühlen quälen
10) jmdm. Dat. etwas Akk. abverlangen
11) die Adoleszenz
12) Verlegenheit und Unbeholfenheit ausblenden
13) sich zurückziehen
14) Multitasking machen
15) der Multitasker
16) sich Dat. etw. Akk. einverleiben
17) die Spuren der Suche speichern
18) mit etwas aufwachsen
Aufgabe 6 c). Stellen Sie Vermutungen an: Welche weiteren Probleme könnte es bei
der Nutzung der sozialen Netzwerke geben? Arbeiten Sie in Paaren. Vergleichen Sie danach
im Plenum Ihre Vermutungen.
116
Aufgabe 6 d). Lesen Sie die folgenden Kurztexte. Vergleichen Sie Ihre Vermutungen
mit den Informationen in den Texten. Was haben Sie nicht vermutet?
Text A. das Engagement in sozialen Netzwerken hat nicht nur positive Aspekte. Da
sich mit der Zeit eine Vielzahl an Kontakten ansammelt, bleibt die Kommunikation über
Seiten wie Facebook meist eher oberflächlich. Diese Form der „Kontaktpflege light“ kann
den persönlichen Kontakt kaum ersetzen. Die Faszination, die davon dennoch ungebrochen
ausgeht, ist der Schnelllebigkeit und dem Zeitmangel in der modernen Zeit geschuldet. Die
Anonymität des Internets öffnet zudem kriminellen Aktivitäten wie Cybermobbing Tür und
Tor. Wer die Vorteile der sozialen Netzwerke nutzen möchte, sollte deshalb vor allem auf
die Wahrung der eigenen Privatsphäre achten und keine zu persönlichen Details oder gar
private Photos im Internet veröffentlichen. Seriöse Anbieter informieren immer wieder
mithilfe von Aufklärungskampagnen über die Risiken, die soziale Netzwerke mit sich
bringen können und rufen zu einem bewussten Schutz der Privatsphäre im Internet auf. Die
europäische Initiative für mehr Sicherheit im Netz (klicksafe.de) richtet sich vor allem an
Kinder und Jugendliche, die sich im Internet bewegen, und vermittelt wichtiges
Hintergrundwissen und Strategien für einen verantwortungsbewussten Umgang mit
sensiblen Daten im Netz.
Vokabeln zum Text: Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in
Ihre Muttersprache. Führen Sie damit die Sätze (auf ein Minimum verkürzt) aus dem Text an.
117
Abstinenzlern ein dreifach erhöhtes Risiko, an Schlafstörungen zu erkranken. „Die
Untersuchung ist einer der ersten Hinweise, dass die Social-Media-Nutzung den Schlaf
beeinträchtigen kann“, sagt Jessica C. Levenson, Autorin der Studie.
Sie geht davon aus, dass nicht unbedingt die Dauer des täglichen Aufenthalts mit den
Schlafstörungen zusammenhängt, sondern das ständige Einloggen auf diversen Plattformen –
also das Checken neuer Meldungen. Die Forscher sind sich zwar sicher, dass soziale Medien
den Schlaf verdrängen. Allerdings könne es verschiedene Gründe dafür geben: Die
Plattformen könnten die Nutzer emotional so aufregen, dass sie nachts wach liegen. Oder
aber Nutzer bewegten sich nachts in sozialen Netzwerken, weil sie nicht schlafen können.
Das führe wiederum dazu, dass die Schlafprobleme von Nacht zu Nacht zunähmen.
Auch das helle Licht des Displays könne den Tagesrhythmus durcheinander bringen,
vermuten die Forscher. Das Licht von mobilen Endgeräten wie das eines E-Book-Readers
oder Tablet-PCs habe oft einen hohen Blau-Anteil. Das kurzwellige Licht wirke wie ein
Alarmsignal auf den Menschen. Die Folge: Im Körper wird später und weniger Schlaf-
Hormon freigesetzt.
Apple hat dieses Problem erkannt – und bei iOS 9.3 eine Night-Shift-Funktion
integriert. Der Nachtmodus verringert in den Abendstunden den Blaulichtanteil des Displays,
so dass iPhone-Nutzer besser in den Schlaf finden. Nutzer können den Modus manuell
aktivieren oder zeitgesteuert einsetzen.
Vokabeln zum Text: Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in
Ihre Muttersprache. Führen Sie damit die Sätze (auf ein Minimum verkürzt) aus dem Text an.
118
verbringen, fühlen sich doppelt so häufig sozial isoliert wie jene, die weniger als eine halbe
Stunde in sozialen Netzwerken sind. Die Forscher berücksichtigten neben der Zeit auch die
Häufigkeit, mit der Menschen soziale Medien nutzen. Jene Menschen, die sich besonders
häufig in der Woche (mehr als 58 Besuche) in den sozialen Medien „herumtreiben“, besitzen
ebenfalls eine erhöhte Anfälligkeit, sich ausgeschlossen zu fühlen. Bei ihnen ist diese im
Vergleich zu Nutzern, die nur bis zu acht Mal pro Woche die entsprechenden Seiten aufrufen,
um das Dreifache erhöht.
Warum soziale Medien das Gefühl von Einsamkeit fördern
Die Forscher stellen unterschiedliche Thesen dazu auf, warum sich Menschen, die viel
Zeit in sozialen Netzwerken verbringen, einsamer fühlen. Zum einen könnte der Grund darin
liegen, dass sie tatsächlich durch die Zeit in sozialen Netzwerken keine Zeit mehr für
Offline-Beziehungen haben. Zum anderen sehen Nutzer in diesen Plattformen oft Fotos von
Menschen, die ein sehr reges Sozialleben und viele Kontakte zu haben scheinen. Dadurch
können Gefühle von Neid und Ausgeschlossenheit hervorgerufen werden.
Eine andere Erklärung der Forscher ist, dass die Nutzung der Plattformen nicht die
Ursache, sondern das Ergebnis für die gefühlte Einsamkeit ist. Menschen, die sich sowieso
schon sozial isoliert fühlen, könnten dazu neigen, bei Facebook und Co Anschluss zu suchen.
Die Online-Netzwerke würden dann als eine Art Ersatz für mangelnde Beziehungen im
realen Leben fungieren.
Aufgabe zum Text. Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in
Ihre Muttersprache. Führen Sie damit die Sätze (auf ein Minimum verkürzt) aus dem Text an.
119
Wiking erforschen, woran das liegt. Die Forscher wollten wissen, inwiefern die Nutzung
sozialer Medien die Lebensqualität beeinflusst.
Die Frage an sich ist nicht neu, je nach Herangehensweise kommen unterschiedliche
Ergebnisse ans Tageslicht. So belegte beispielsweise eine Studie aus dem Jahr 2012, dass
Facebook unzufrieden macht, wenn sich Nutzer ständig mit den Photoshop-Leben ihrer
Kontakte vergleichen. Gegen das omnipräsente „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ kann
das eigene Kinderzimmer nebst klapprigem Fahrrad eben nur verlieren.
Die Forscher stellten damals fest: Je länger ihre Probanden Facebook nutzten und je
mehr Zeit sie dort verbrachten, desto stärker gingen sie davon aus, dass andere Menschen
glücklicher waren und ein besseres Leben führten als sie. „Social Media ist ein
Nachrichtenkanal, auf dem es ununterbrochen gute Nachrichten gibt: Ein konstanter Strom
aus editierten Leben verzerrt unsere Wahrnehmung der Realität“, so das Fazit der dänischen
Glücksforscher. Schließlich neigt die Mehrheit der Nutzer sozialer Medien zu
weichgezeichneten Beschönigungen.
Für ihr eigenes Facebook-Experiment haben die Dänen 1095 User gebeten, ihre
allgemeine Zufriedenheit und ihr Stresslevel auf der Skala von ein bis zehn einzuschätzen.
Dann teilten sie die Probanden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen auf. Eine Gruppe
verzichtete eine Woche lang auf das soziale Netzwerk, die andere nutzte es wie gewohnt.
Nach sieben Tagen mussten sich beide Gruppen erneut einschätzen.
Das Ergebnis: Die Facebook-Gruppe freute sich deutlich weniger über das, was sie
selbst hatte. Fünf von zehn Facebook-Nutzern gaben zu, neidisch auf tolle Erlebnisse zu sein,
die andere posten. Und einer von dreien gab an, allgemein auf das glückliche Leben anderer
Facebook-User neidisch zu sein.
Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kamen Forscher der Technischen Universität
Darmstadt und der Humboldt-Universität zu Berlin im Jahr 2013. Über ein Drittel der von
ihnen befragten Facebook-User fühle sich während und nach der Nutzung schlecht.
Facebook-Nutzer seien einsam, müde, traurig oder frustriert, konstatierten die
Wissenschaftler. Als wesentlichen Grund sehen sie den Neid auf positive Nachrichten der
Facebook-Freunde. Die Forscher sprechen von einer „Neidspirale“. Das führe dazu, dass die
Nutzer ihr Leben positiver darstellten, als es tatsächlich sei.
Prinzipiell kann Neid ein Ansporn sein, selbst mehr zu leisten. Wer im sozialen
Vergleich aber dauerhaft unterliegt, gerät unter Druck.
Wie bei allen Studien aus der Glücksforschung trifft das sicher nicht für Jeden zu. Aber
es kann sicher nicht schaden, ab und zu etwas mit echten Freunden im realen Leben zu
unternehmen, anstatt virtuelle Kontakte zu beneiden. Das meiste, was man dort sieht, ist
ohnehin nicht echt.
Aufgabe zum Text. Übersetzen Sie die folgenden Wörter und Wortverbindungen in
Ihre Muttersprache. Führen Sie damit die Sätze (auf ein Minimum verkürzt) aus dem Text an.
1) Kontakt, der
2) etw. Akk. verzerren
3) etw. Dat. unterliegen
4) zutreffen für jmdn. Akk.
5) neidisch sein auf etw./ jmdn. Akk.
120
6) jmdn. Akk. um etw. Akk. beneiden
Aufgabe 7.
1. Nennen Sie alle Probleme der Nutzung von sozialen Medien, die in den Texten
behandelt wurden.
2. Kennen Sie weitere Probleme bzw. Gefahren der Nutzung von sozialen Medien,
die in den Texten nicht erwähnt wurden? Welche sind das?
3. Beschreiben Sie und kommentieren Sie die Fotos unten.
Foto 2
Foto 1
Aufgabe 8. a) Kennen Sie den Neologismus „instagrammable“? Was könnte es
bedeuten?
b) Lesen Sie den folgenden Artikel. Erklären Sie danach, was der Begriff
„instagrammable“ bedeutet. Wie ist die Einstellung der Autorin dazu? Was halten Sie von
diesem Phänomen?
Social-Media-Stress: Instagrammable
Aufgabe 9. Schreiben Sie einen Kommentar zu diesem Artikel. Studieren Sie davor die
methodische Anleitung (Anhang 7).
Aufgabe 10. a) Bereiten Sie sich auf die Diskussion zum Thema „Soziale Netzwerke:
Fluch oder Segen?“ vor. Sammeln Sie Argumente dafür und dagegen.
b) Bereiten Sie einen Argumentationsvortrag zum Thema „Soziale Netzwerke: Fluch
oder Segen?“ vor.
Aufgabe 11. Lesen Sie weitere Artikel über die Gefahren der sozialen Medien.
Cyber-Mobbing
122
Soziale Netzwerke machen die Hetze auf Andere gefährlich einfach. Nacktbilder,
Gerüchte, Lügen und peinliche Videos: Wenn Schüler im Internet anderen Kindern
und Jugendlichen das Leben zur Hölle machen, dann sprechen Experten von Cyber-
Mobbing oder Cyber-Bulling.
123
die Angriffe im Internet sie traurig oder wütend gemacht haben, einige berichten von Kopf-
oder Bauschmerzen. Auch depressive oder suizidale Gedanken kommen bei Opfern von
Cyber-Mobbing häufiger vor als bei anderen Jugendlichen.“ Schlechtere Noten könnten
ebenfalls die Folge sein. „Insgesamt hängen die Auswirkungen auch damit zusammen, wie
intensiv und wie lange ein Kind im Internet beleidigt wird.“
Wer kann helfen?
„Cyber-Mobbing findet außerhalb der Schule statt, deshalb fühlen sich nicht alle
Schulen zuständig für das Thema“, erläutert die Psychologin. „Dennoch rückt Cyber-
Mobbing immer stärker in Bewusstsein von Lehrern. Viele Schulen haben Regeln gegen
Cyber-Mobbing aufgestellt und bieten Präventionen an.“ Doch nicht nur die Schulen, auch
Eltern seien in der Pflicht. „Das Internet ist für Kinder meist ein Eltern freier Raum. Viele
Erwachsene kennen sich in sozialen Netzwerken kaum aus. Kinder werden da teilweise
alleine gelassen.“ Auch Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Schüler VZ
seien gefordert. Einige haben bereits Möglichkeiten zur Beschwerde geschaffen.
Wie sollten Opfer reagieren?
Betroffene sollten jemandem von dem Mobbing erzählen, rät die Expertin. „Sie sollten
sich emotionale Unterstützung suchen. Sie sollten auch nicht alles löschen, sondern E-Mails
ausdrucken, Screenshots von den Gemeinheiten machen und wenn möglich sofort melden,
damit der Betreiber die Sachen schnell löschen kann.“ Schüler sollten sich aber auch an
Erwachsene wenden. „Eltern, Lehrer oder schulpsychologische Beratungsstellen wissen
meist, was man tun kann oder können geeignete Hilfe organisieren. Es gibt zwar kein Gesetz
gegen Cyber-Mobbing, aber viele bestehende Rechte können angewendet werden.“ Zum
Beispiel griffen das Anti-Stalking-Gesetz oder das Recht am eigenen Bild, schildert die
Psychologin. Auf dieser Grundlage könne man Anzeige erstatten. Auch im Internet finden
sich einige Portale, die informieren und den Betroffenen helfen:
www.klicksafe.de
www.saferinternet.at
www.jugendschutz.net
www.mobbing-schluss-damit.de
www.time4teen.de
124
10) den Link an jmdn. Akk. weiterschicken
11) Schmähung, die → schmähen
12) etw. Akk. entfernen
13) jmdn. Akk. bloßstellen
14) jmdm. Gewalt androhen
15) etw. ins Internet stellen
16) sich als jmd./ etw. ausgeben
17) jmdm. etw. Akk. in die Schuhe schieben
18) etw. Akk. anrichten
19) Mobber, der → mobben
20) die/ der Betroffene
21) Regeln aufstellen
22) die Prävention
23) in der Pflicht sein
24) der Betreiber
25) gefordert sein
26) etw. Akk. löschen
27) Stalking, das (alles über das Wort: https://www.owid.de/artikel/316503)
28) Anzeige erstatten
Aufgabe 2. Antworten Sie auf die Fragen zum Text. Verwenden Sie dabei die Wörter
und Wortverbindungen aus Aufgabe 1.
Aufgabe 3. Sehen Sie sich die Nachricht aus der Tagesschau zu diesem Thema „Gesetz
gegen Hetze im Internet“ an. Was haben Sie erfahren? Fassen Sie die Informationen der
Nachricht zusammen. Video
Shitstorm
Shitstorm, der: unkontrollierter virtueller Sturm der Entrüstung als Reaktion auf die
Äußerung einer bekannten Person in Form von massenweise versendeten beleidigenden und
bedrohlichen E-Mails oder Facebook-Nachrichten, der von den Medien aufgegriffen wird
125
Erfahren Sie mehr über das Wort unter: https://www.owid.de/artikel/402347. Berichten Sie darüber,
was Sie erfahren haben.
Shitstorm wörtlich übersetzt bedeutet „Sturm aus Scheiße“. Der Begriff ist bewusst so
vulgär gewählt. 2011 wurde Shitstorm zum Anglizismus des Jahres gewählt – ziemlich
komisch, denn im Englischen gibt es das Wort überhaupt nicht. Wir haben es hier mit einem
sogenannten „False Friend“ zu tun, also einem Wort, das zwar englisch klingt, aber im
Englischen gänzlich unbekannt ist – so wie Handy, Wellness oder Barkeeper. Doch auch
wenn das Wort anderswo unbekannt ist – das Phänomen des Shitstorms gibt es global.
Wer im Duden unter Shitstorm nachliest, findet diese Definition: Sturm der Entrüstung
in einem Kommunikationsmedium des Internets.
Mit Kommunikationsmedien können zum Beispiel Blogs gemeint sein oder Facebook,
Twitter oder YouTube, aber auch Messenger-Nachrichten oder E-Mails. Häufig entsteht ein
Shitstorm in einem sozialen Medium und greift dann nach und nach auf andere
Kommunikationskanäle über. Ganz heftige Shitstorms finden schließlich sogar Erwähnung
in Offline-Medien wie Zeitungen und Fernsehen.
Unterschied zwischen Kritik und Shitstorm
Nicht jede online geäußerte Entrüstung ist allerdings gleich ein Shitstorm, auch dann
nicht, wenn sich sehr viele Nutzer empören. Manchmal handelt es sich nämlich schlicht und
ergreifend um vollkommen berechtigte (oder auch unberechtigte) Kritik, die allerdings mehr
oder weniger überfallartig über den Kritisierten hereinbricht.
Um zwischen Kritik und Shitstorm differenzieren zu können, muss ein weiteres
Merkmal hinzukommen, und auch das nennt der Duden. Der Shitstorm geht „zum Teil mit
beleidigenden Äußerungen“ einher. Prägend für einen Shitstorm ist also, dass es nicht zum
Austausch sachlicher Argumente kommt. Sondern es hagelt mit negativen Emotionen
aufgeladene Beiträge und Kommentare auf persönlicher Ebene. Von der einfachen Stichelei
über strafbare Beleidigungen bis hin zu schlimmsten Mordphantasien kann dann alles dabei