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Stefan Altmeyer / Reinhold Boschki /

Joachim Theis / Jan Woppowa (Hg.)

Christliche Spiritualität
lehren, lernen und leben

Unserem Freund, Lehrer und Kollegen


Gottfried Bitter CSSp
zu seinem 70. Geburtstag
am 24. Oktober 2006

Mit neun Abbildungen

V&R unipress
Bonn University Press
Titelbild: Joachim Blauel – Bildnummer 591
Beckmann, Max (1884–1950): Große Gewitterlandschaft (Landschaft mit Holzfällern), 1932
München, Pinakothek der Moderne

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der


Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 10: 3-89971-342-7


ISBN 13: 978-3-89971-342-8

Veröffentlichungen der Bonn University Press erscheinen im Verlag V&R unipress GmbH.

© 2006, V&R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de

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Unterrichtszwecke. Printed in Germany.

Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Persönliches Exemplar für Dr. Bernhard Ott bernhard.ott@atticstudio.ch - 8315


Rolf Zerfass
Gott denken lernen
Theologiestudium als spirituelle Praxis

Es scheint absurd, sich dieses Ziel zu setzen, müssen wir doch, wenn das
Wort »Gott« einen Sinn machen soll, davon ausgehen, dass er alle unsere
Möglichkeiten ihn zu denken sprengt. Aber dazu bekennt sich ausdrücklich
auch die Theologie; sie weiß, dass sie nicht »über« Gott reden kann, sondern
allenfalls unter ihm stehend von ihm, gebunden an das Wort der Schrift, über
das sie nicht verfügt, das sie allenfalls neu zum Sprechen bringen kann. Dass
ihr dies bewusst ist, spiegelt sich in dem strengen Regelwerk authentischer
theologischer Interpretation der Schrift, zu dem alle Teildisziplinen beizutra-
gen suchen – für Außenstehende nicht leicht einsehbar und auch im Inneren,
besonders für Studienanfänger, nicht gerade zugänglich, eher verwirrend.
Deshalb lohnt es sich, gelegentlich auf elementare Entwürfe zurückzugreifen,
wie das Ausbildungskonzept des Pariser Regularkanonikers Hugo von Sankt
Viktor (1096–1141). Sein Didascalicon de studio legendi beschreibt die Ele-
mentarstruktur theologischen Lernens in faszinierender Einfachheit als Ab-
folge von fünf Schritten: lectio – meditatio – oratio – operatio – contemplatio
(vgl. Didasc V,9; PL 176, 797A–798A).1
Die vorliegenden historischen und systematisch-theologischen Interpreta-
tionen dieses Werkes (vgl. Ernst 1987, S. 93–109; zum Gesamtwerk und so-
zialen Umfeld Hugos vgl. Berndt 1999, Chenu 1974) gestatten dem Prakti-
schen Theologen, Hugos Entwurf eher frei, im Beziehungsfeld gegenwärtiger
theologischer Didaktik zu kommentieren, d. h. ihn unmittelbar in unsere
Kontexte hineinsprechen zu lassen. Er macht es uns leicht, denn seine Spra-
che ist plastisch, dicht und alltagsnah. Er bringt seine Hörer in Kontakt mit
ihren Erfahrungen. Er polemisiert nicht, sondern zeigt wie ein guter Bergfüh-
rer, wo es lang geht und hört eher einen Satz zu früh auf als zu spät. Er drückt
uns eine Landkarte in die Hand und macht uns Mut, einfach loszugehen. Je
weiter wir vorankommen, umso mehr Abstand gewinnen wir freilich auch zu
der Route, die wir bisher verfolgt haben. Welche heimlichen Voraussetzun-
gen und verdeckten Ansprüche dominieren unsere Weise, Theologie zu leh-
ren und zu erlernen? Welchen Preis zahlen wir für das, was wir in den letzten
tausend Jahren beibehalten, was wir dazugelernt und was wir aus den Augen
verloren haben?
Geistes- und theologiegeschichtlich steht Hugo an einer Umbruchstelle:
Die Theologie wechselt aus dem Windschatten der großen Abteien (wie

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Cluny oder Citeaux) in das brodelnde Milieu der neuen Städte (etwa Bo-
logna, Paris, Oxford, Köln, Prag), aus den Händen der Mönchsorden (der Be-
nediktiner und Zisterzienser) in die der Kanoniker an den Domkirchen sowie
der neuen Stadtseelsorger: der Bettelorden. Hugos Hörer sind selbstverständ-
lich allesamt Kleriker oder Mönche; sie bringen schon eine gewisse geistliche
Bildung mit, aber kennen andererseits im Unterschied zu heute keinerlei
ernsthafte Alternativen zu ihrer christlich-abendländisch definierten Lebens-
welt.
Zugleich wirkt sein didaktisches Konzept (zum wissenschaftstheoreti-
schen und methodischen Konzept des Didascalicons vgl. Ernst 1987, S. 94,
Anm. 16) ausgesprochen modern: Neben dem Lehrstoff und seinem An-
spruch an die Dozenten erörtert er die Fragen und Einstellungen der Studie-
renden als wichtige Bedingungen fruchtbaren Lernens; so zählen für ihn zur
disciplina eines erfolgreichen Studiums »Bescheidenheit, eifriges Fragen, ru-
higes Umfeld, kritisches Prüfen, einfache Lebensführung und (man höre und
staune:) Auslandsaufenthalt« (Didasc III,13; PL 176, 773B; übernommen von
Bernhard von Chartres (+1130): Ernst 1987, S. 101, Anm. 76).
Zu den fünf Stichworten, mit denen Hugo seine Studenten anzuleiten
sucht, sei vorweg noch bemerkt, dass die beiden ersten und das letzte – also
lectio, meditatio, contemplatio – zu den Grundbegriffen schon der altkirchli-
chen spirituellen Praxis gehören und öfter in Hugos spirituellen Schriften
auftauchen (z. B. in: In Eccl Hom XIX; PL 175, 117A–118B; De Sacr IV; PL
176, 184C–185A), während die Fünferreihe, offenbar eine originelle Er-
weiterung der klassischen Trias durch Hugo, nur zweimal erscheint: am Ende
des Didascalicon und, sprachlich höchst prägnant, in der Kleinschrift De me-
ditatione.

1. Legere: aufsammeln, lesen, einheimsen


Vorweg gesagt: Lesen beginnt für Hugos Studenten nicht mit dem raschen
Griff ins eigene Bücherregal, sondern mit dem Weg durch lange, kühle
Klosterflure zur Bibliothek; es impliziert die Mühe des Entzifferns der Kürzel
in den lateinischen Handschriften und auch der Abschrift dessen, was man
sich erarbeiten will. »Lesen« verlangt noch die Mühe, die auch in den deut-
schen Worten »Weinlese, auslesen, auflesen« bewahrt ist: das Aufspüren des
Aussagegehalts, das Moment des Auswählens zwischen möglichen Sinn-
gehalten und das Verständnis der Zusammenhänge. An einen fremden Text
muss man anklopfen, bis er sich öffnet und Einblick gewährt in das, was er
bei sich trägt. Im Lesen drückt sich eine Erwartung aus und solcher »Lese-
hunger« ist für Hugo die Voraussetzung, Theologie zu treiben.
Lesen als erster Schritt, Gott denken zu lernen, ist ein Handwerk und eine
Kunst zugleich, der sich die Exegese bis heute mit immensem Einsatz wid-
met. Sie übt uns ein, die Bibel nicht als ein Buch wie andere zu begreifen,

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sondern als eine ganze Bibliothek. In ihr sind die Glaubenserfahrungen und
Lebensmuster vieler Generationen von Juden und Christen gespeichert, je-
doch nicht so, dass sie säuberlich nebeneinander stehen, sondern sie überla-
gern sich vielschichtig. Ihrer schriftlichen Fassung liegen vielfach mündliche
Tradierungen voraus, die immer wieder neuen Verhältnissen angepasst, d. h.
»umgeschrieben« werden mussten.
Die Visualisierung dieser Tiefenschichtung der Textstrukturen hilft zu
entdecken, was wir bei der Routine stillen Lesens biblischer Texte, besonders
wenn wir sie schon zu kennen meinen, leicht übersehen: die im Text ange-
legten Gegensätze und die dahinter steckenden strittigen Fragen, die er lösen,
bzw. die Praktiken, die er aufbrechen will.
Neben den Exegeten haben auch die Praktischen Theologen Wege entwi-
ckelt, vorschnelles Verstehen aufzuhalten, indem etwa im Predigtkurs der
Gruppe vorgeschlagen wird, den Perikopentext zunächst über das Gehör auf-
zunehmen (wie das ja auch im Gottesdienst geschieht) und sich in einem
ersten Gruppengespräch über die Höreindrücke auszutauschen. So wird das
Befremden über die unterschiedlichen Eindrücke der Teilnehmer zum Aus-
gangspunkt eines neuen, nun dringlich gewordenen Fragens nach der tat-
sächlichen Botschaft des Textes. Die biblischen Texte sind schließlich alle-
samt für das Vorlesen und Anhören durch die Gemeinde konzipiert; der Bi-
beltext ist nur eine Partitur, das Wort Gottes in der Gemeinde zu Gehör zu
bringen. Im Anhören sind wir entlastet vom Entziffern und Aufsammeln der
Buchstaben, die den Text festhalten; Ohr, Herz und Verstand werden in ande-
rer Weise gefordert als beim stillen Lesen, sich einen Reim zu machen auf
die Bilder, die er in unserm Innern weckt, aber auch auf die Irritationen, die
der Bibeltext auszulösen vermag, und die Lösungswege, die er andeutet (vgl.
Zerfass 1992, S. 79–97).
So oder so geht es darum, sich dessen bewusst zu werden, welch ein an-
spruchsvoller und riskanter Vorgang das Lesen darstellt, wie sehr wir beim
Lesen bereits »auslesen« und auch schon interpretieren, d. h. uns u. U. den
Weg zur Botschaft der Texte auch verstellen können (vgl. Zirker/Muth 1997).
Auf diesem Hintergrund wird plausibel, warum die mittelalterliche Herme-
neutik als zweiten Schritt einfordert:

2. Meditari: nachdenken, überdenken, reflektieren


Im heutigen Sprachgebrauch wird Meditation vielfach mit Kontemplation
gleichgesetzt, etwa wenn der Prospekt eines Bildungshauses das Einüben ei-
ner gelösten Körperhaltung, gesammelten Aufmerksamkeit und entspannten
Empfänglichkeit als die Ziele seiner Meditationskurse bezeichnet. Die mittel-
alterliche Geisteskultur dagegen versteht unter Meditation die vertiefte intel-
lektuelle Auseinandersetzung mit dem, was uns spontan »anspricht«. So geht
es auch Hugo um die Reflexion, die rationale Auseinandersetzung mit dem,

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was uns angeht, uns aber noch nicht einleuchtet, was also für unsere Situation
aufbereitet, d. h. unseren Möglichkeiten zu verstehen, angepasst werden
muss.2
Von der Akribie und methodischen Kompetenz moderner Sprachanalyse
und ihrer Verwendung in der Exegese wäre Hugo fraglos hell begeistert, in-
klusive der linguistischen Verfahren, z. B. zur Analyse der »Sprechakte« der
öffentlichen wie der Alltagssprache, insbesondere ihrer unbewussten, sug-
gestiven und mitunter manipulativen Anteile. Auf solche Unter- und Ober-
töne der biblischen Texte ist freilich auch schon der Spürsinn der antiken und
mittelalterlichen Hermeneutik gestoßen und hat deshalb eine mehrstimmige
Ambition des Bibeltextes unterstellt: Sie rechnete mit einem konkreten histo-
rischen Aussagegehalt (»sensus historicus«), aber darüber hinaus mit einem
Doppel- und Hintersinn, wie er auch in den Worten unserer Alltagssprache
mitschwingt (etwa in Worten wie »Nacht, Tod, Licht, Stern, Weg«), sodass
sie noch mehr und anderes sagen können, als man zunächst hört (»sensus
allegoricus«, von allegorein = etwas anderes sagen), insbesondere aber, dass
sie die geheimnisvolle Macht haben können, Wünsche zu wecken, Verhal-
tensänderungen nahe zu legen (»sensus tropologicus«, von trepein = wen-
den), sodass wir damit rechnen müssen, dass auch scheinbar reine Aussage-
sätze verdeckte Handlungsimpulse transportieren können. (Didasc V,1–4; PL
176, 789B–793B. Die Terminologie schwankt und kann noch breiter ausge-
faltet werden, wenn z. B. auch mit einem sensus mysticus gerechnet wird;
vgl. Walter 2000.)
Was also der Arbeitsschritt »Meditation« bei Hugo von St. Viktor anzielt,
gehört bis heute zum Kerngeschäft der Theologie: In der reflexiven Ausei-
nandersetzung mit dem Text der »Heiligen« Schrift sind nicht nur die origi-
nären Aussagegehalte zu erfassen, sondern auch ihre enorme Wirkungsge-
schichte und ihre tiefe Verwurzelung in der Kulturgeschichte der Mensch-
heitsfamilie zu entdecken und als Verstehensbrücke zu nutzen, um das Wort
der Schrift in die Gegenwart zu holen, in seinem Anspruch auch hier und
jetzt ernst zu nehmen.
Und was macht ihr, fragt Hugo von St. Viktor, wenn ihr verstanden habt,
was der Text sagen will, woran er euch »er-innert«? Was macht ihr mit dem,
was er euch »ein-fallen« ließ?
Der klassische Vorschlag der christlichen Tradition empfiehlt, die Medi-
tation mit einer Phase der Kontemplation ausklingen zu lassen, sich die Zeit
zu nehmen für ein ehrfürchtiges Verkosten dessen, was man entdeckt hat.
Auch Hugo kennt und würdigt diesen Dreischritt (In Eccl Hom XIX; PL 175,
117A–118B; De Sacr IV; PL 176, 184C–185A). Aber er kennt offenbar auch
andere Stimmungslagen am Ende einer ernsthaften Auseinandersetzung mit
dem Text, nämlich Erschöpfung, Ratlosigkeit, Enttäuschung, eine gewisse
Resignation. So schlägt er im Didascalicon noch zwei weitere Zwi-

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schenschritte vor. Sie laden auf eigentümliche Weise dazu ein, auf Abstand
zum Text zu gehen.

3. Orare: reden, verhandeln, bitten, beten


Das Lesen und Durchdenken der Schrift ist die eine Sache, ein erster
Schritt der Annäherung. Aber was ich nur durchdenke, ist mir deshalb noch
längst nicht zu eigen, ich werde ihm noch nicht wirklich gerecht. Ich glaube
zu verstehen, was er meint, aber ich fühle mich von ihm überfordert und in-
soweit auch im Stich gelassen. Oder er imponiert mir, aber ich kann mich
ihm noch nicht anvertrauen, ihn noch nicht wirklich für mein Leben gelten
lassen. Hugo ist diese Erfahrung offenbar nicht fremd, und so hat er noch ei-
nen Rat: Lass dir Zeit, aber lass sie nicht einfach verstreichen! Was du bisher
nur bedacht hast, kannst du dir erbitten, wenn es dich denn fasziniert!
Wann immer ein Text uns anspricht, etwa ein Gedicht, hat er, meist un-
bemerkt, längst unsere Lebensgeschichte, die Welt unserer Wünsche und
Hoffnungen, unserer Enttäuschungen und unsere heimliche Trauer berührt.
Hugo rechnet damit auch beim Lesen der Heiligen Schrift. Sie will uns ja
keine Sonderinformationen über eine Welt bieten, zu der wir nicht gehören,
sondern spricht von der Welt, die zu uns gehört wie wir zu ihr, in der wir zu-
hause sind und zugleich Fremde, deren Geschichte wir gestalten und erleiden,
ständig auf Orientierung, Ermutigung und Trost angewiesen. Der biblische
Text hat uns auf einer Wegstrecke eingeholt, die von den Menschen, von de-
nen die Schrift zu erzählen weiß, schon durchmessen worden ist, aber von
uns noch eingeholt sein will – unter unseren Bedingungen, mit unseren
Kräften und Grenzen. Der Schrifttext hat sie wachgerufen. Nun sollen sie
auch vor dem zu Wort kommen, der in der Schrift zu uns gesprochen hat, wie
zu Mose: »von Angesicht zu Angesicht, wie Menschen miteinander reden«
(Ex 33,11). Das Buch hat den Absprung geboten für Lob, Dank, Reue oder
Anbetung. Es rückt aus dem Blick.
Beten, Bitten ist etwas anderes als Lesen. Der Übergang von der einen in
die andere Haltung impliziert einen Wechsel der Blickrichtung: aus dem Text
auf mich selbst und meine Bedürftigkeit und von ihr her auf Gott, um von
ihm zu erbitten, was sein Wort uns doch verheißt: dass wir »das Leben haben
und zwar in Fülle« (Joh 10,10). Das Gebet, das uns von Jesus überliefert ist,
leiht uns dafür die Sprache. Es besteht ausschließlich aus Bitten, d. h. es leitet
uns an, den Blick nach vorn zu richten auf den, dessen Augen weiter reichen
als die unseren. Es schürt in uns die Ungeduld und macht uns Mut, Gott keine
Ruhe zu lassen, aufdringlich zu sein, wie der Nachbar im Gleichnis (Lk 11,5–13).
Damit könnte Hugo gut und gern seine Anleitung, Gott zu denken, aus-
klingen lassen. Aber er sieht noch eine weitere Stufe, einen weiteren Zwi-
schenschritt vor:

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4. Operari: arbeiten, in die Tat umsetzen, handeln


Hugo hat uns schon bei der Meditation aufgefordert, nicht nur zu prüfen,
was das meint, was wir lesen, sondern auch, wie man das »macht«3. Darum
fordert er uns nun auf, vom Gebet in den Alltag hinüber zu wechseln, in die
Normalität des Milieus, mit dem wir zu tun haben, wenn wir weder lesen
noch beten, sondern einfach unserer Arbeit nachgehen.
Dieser Übergang ist schwierig, weil wir damit zwei Felder zugleich berüh-
ren: die Ordnung der geltenden Verhältnisse und den Handlungsspielraum
der Anderen. Da tun sich die Chancen von Erfolg, Begegnung und Wachstum
auf, aber auch die Risiken von Widerstand, Streit und Vergeblichkeit. Auf
beiden Wegen kann sich jedoch auch erschließen, wo wir der Erlösung am
meisten bedürftig sind, was Gott uns in Aussicht stellt, was er uns zumutet
und offensichtlich auch zutraut. Wo und wann das sein wird, steht nicht in
unserer Regie. Es wird sich wieder und wieder ergeben. Darum kann Hugo
sagen:
»Die Lehre ist schön und gut, aber sie ist etwas für Anfänger. Du hast dir
vorgenommen, vollkommen zu werden; dir genügt es nicht, auf der
Stufe von Anfängern stehen zu bleiben. Du möchtest weiterkommen...
So bedenke, wo du gerade stehst und du wirst bald wissen, was du tun
solltest«4.
Hugos Vorschlag, vom Beten auf die Ebene des Handelns umzusteigen, führt
also nicht irgendwohin, sondern lädt mich zu einer Art Test der von der
Schrift angebotenen Verheißung ein, und zwar unter den harten Bedingungen
der Normalität. Formal ist dieser Vorgang durchaus dem Arbeitsgang der
»Operationalisierung« im modernen Wissenschaftsbetrieb benachbart, d. h.
dem Versuch, theoretische Einsichten oder Ziele, die uns »beflügeln«, auf die
Verhaltensebene herunter zu holen und auf ihren Nutzen und ihre Belastbar-
keit zu überprüfen. Denn der Gott, der aus der Schrift zu uns spricht, will un-
sern Alltag erlösen, nicht nur die Sonn- und Feiertage. Er hat noch Pläne mit
seiner Welt und will durch uns vollenden, was er mit ihr begonnen hat. Er
schickt uns nicht irgendwohin, wo er nicht wäre, sondern dahin, wo er schon
ist und wo er uns entgegenkommt. Unsere Versuche, ihn beim Wort zu neh-
men, stehen daher immer schon im Horizont seiner Verheißung: »Ich bin da«
(Ex 3,14).
Gemeinsam ist dem Vorgehen der Humanwissenschaften und dem Weg,
den Hugo vorschlägt, der Brückenschlag aus der gedachten in die reale Welt
und der darin erwartbare Zugewinn an Erkenntnis und Wachstum. Auch der
moderne philosophische Handlungsbegriff rechnet ja nicht nur mit dem Ri-
siko aufgrund einer unzureichenden Situationseinschätzung, sondern auch
mit dem Moment der Unverfügbarkeit, die der zwischenmenschlichen Be-
gegnung ihre eigentümliche Würde verleiht. So wird »Gott« denkbar – nicht
mehr nur als ferne mögliche Prämisse unserer Welt, sondern in und hinter

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unserem Tun und Lassen, also inmitten unserer Alltagsarbeit – als ein begeg-
nender, uns ansprechender »Vater«, der sich von unseren Pannen und Fehl-
starts nicht irritieren lässt, sondern uns immer neu einlädt, an dem mitzuwir-
ken, was er vor und für uns in Gang gebracht hat und uns jetzt zuspielt.
Das Vertrauen auf dieses unbeirrbare Entgegenkommen Gottes inmitten
unserer Alltagsmühe und »Bedrängnis« ist auch für die Bibel nicht selbstver-
ständlich, sondern erwacht erst spät, in der tiefsten Krise Israels. Im definiti-
ven Zusammenbruch seiner Königsdynastie, im Desaster des Babylonischen
Exils vernimmt Israel erstmals die Frohe Botschaft: »Gott ist dein König! ...
Sanft wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, sein Volk in die Freiheit«
(Jes 40,9ff; vgl. Zerfass 1999; 1994).
Dieses befreiende »Entgegenkommen« Gottes – ungeachtet unserer
Schuldgeschichte – rückt Jesus in die Mitte seiner Frohbotschaft. Unermüd-
lich umschreibt er in seinen Gleichnissen, wie sich »Gottes Herrschaft und
Reich« unter unseren Alltagsbedingungen manifestiert, aber auch, wie sich in
seinem eigenen Leben und Sterben zeigt, dass dieser Vorgang an die Bereit-
schaft zum Gewaltverzicht gebunden ist. Seine Jünger sollen, wie er, auf die
Menschen zugehen: »ohne Brot, ohne Vorratstasche, ohne Geld im Gurt,
ohne zweites Hemd« (Mk 6,8). Dann erfahren sie, was Paulus bekennt: »Das
Schwache an Gott ist stärker als die Menschen« (1 Kor 1,25) und »Wenn ich
schwach bin, dann bin ich stark« (2 Kor 12,10).
Erst als unsere Kirche die verführerische Einladung des Römischen Kai-
sers, den christlichen Glauben zur Staatsreligion zu erheben, annahm und
sich von ihm mit allen Privilegien und Machtsymbolen der staatlichen Be-
amten ausstaffieren ließ (den Steuereinnahmen, den Statussymbolen und
Herrschaftsansprüchen), kam sie und die in diesem Ungeist christianisierte
Welt immer neu ins Schleudern (vgl. Moltmann 1995, S. 150–217) – bis in
den Erschütterungen des 20. Jahrhunderts das »Ende der konstantinischen
Epoche« anbrach (vgl. Chenu 1964). Erst wenn wir in unserem Handeln als
einzelne wie als Volk Gottes, von der sog. Hierarchie bis in die Gemeinden
herunter, zum Verzicht auf jede, auch die sog. »sanfte« Gewalt – die mieseste
Form von Machtmissbrauch – zu verzichten lernen, werden wir fähig, das
»Entgegenkommen Gottes« wahrzunehmen, die Eigenart seiner »Herrschaft«
und seines »Reiches« zu erfassen und uns ihr anzuvertrauen
In diesem vierten Schritt geht es also um weit mehr als um das Testen der
Praxisrelevanz dessen, was wir in der Bibel gerade gelesen haben und um
dessen »erfolgreiche« Anwendung auf unsere Verhältnisse. »Erfolg ist keiner
der Namen Gottes« (M. Buber). Wohin der Schritt vom Lesen zum Tun führt,
ist nicht kalkulierbar, kann nicht vorweg abgeschätzt werden. Er verträgt
auch keinerlei Bedingungen oder Vorbehalte. »Der Nächste ist nicht der, den
ich mag, es ist jener, der mir nahe kommt – ohne Ausnahme« (E. Stein). In
ihm kommt mir Gott entgegen. Dadurch gewinnt nicht nur unser Handeln an

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Rolf Zerfass

Volumen, sondern auch unser Vermögen, Gott zu denken: »Wer die Wahr-
heit tut, kommt ans Licht« (Joh 3,21).
Hugo weiß, wovon er da redet und was seine Hörer oder Leser an dieser
Stelle zurückschrecken lässt. Darum sagt er kurz und bündig, worauf es jetzt
ankommt:
»Der Weg zum Leben ist das Tun des Guten. Wer ihn betritt, findet das
Leben. Habe Courage und sei ein Mann! Denn der Weg lohnt. Sooft wir,
von Anstrengung erschöpft, angeleuchtet werden vom Wohlwollen Got-
tes, können wir schmecken und sehen, dass der Herr gut ist (Ps 34,9)«5.
Deshalb ist die Schrift kein Lesebuch, sondern »ein Buch des Lebens«. Sie
erschließt uns den Alltag und seine Arbeit als Ort der Gotteserfahrung.
Darum kann Hugo sagen: »Operatio componit (veritatem)« (vgl. Ernst
1987, 103.286), d. h. unser Tun bündelt den Wahrheitsgehalt dessen, was wir
gelesen haben, richtet ihn zu und bringt so zusammen, was himmelweit aus-
einander zu liegen scheint: unsere Alltagsarbeit und das Offenbarwerden der
»Herrschaft Gottes«. Diese beglückende Erfahrung, mit Gott zu »kooperie-
ren«, betrachtet Hugo deshalb nicht nur als Geschenk, sondern auch als meri-
tum, d. h. als etwas, das zwar von Gott ermöglicht, aber zugleich von uns
Menschen gewirkt wird und deshalb auch als unser Werk und »Verdienst«
gelten darf. Denn es verdankt sich auch unserem Mut, mit dem, was wir als
Gottes Weisung in uns aufgenommen haben, in unserem konkreten Umfeld
zu experimentieren. Nur weil wir das Buch aus der Hand gelegt und uns dem
Alltag zu stellen bereit waren, konnten wir neue Erfahrungen des Entgegen-
kommens Gottes »machen« (vgl. ebd., S. 108, Anm. 117), um so »zusammen
mit allen Heiligen die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und
die Liebe Christi zu verstehen, die alles Erkennen übersteigt« (Eph 3,18).

5. Contemplari: beglückt verweilen, anschauen, bewundern


Was diese letzte Stufe meint und was sie von den vorhergehenden unter-
scheidet, vergleicht Hugo plastisch damit, wie sich Feuer in einem Reisighau-
fen entwickelt: Zunächst produziert es eine Menge Qualm, denn die Äste sind
noch feucht. Aber spätestens wenn ein Windstoß in das Geäst fährt, flackert
aus dem Rauch das Feuer auf und zehrt alles auf, was es vorfindet. Dann
kommt der Augenblick, an dem das Prasseln und Knacken ein Ende hat; der
Lärm beruhigt sich. Das Feuer hat alles in sich aufgenommen; es findet
nichts mehr, was ihm entgegensteht. Nun nimmt es sich zurück. Es leuchtet
nur noch in sich – friedvoll und schweigsam (vgl. In Eccl hom XIX; PL 175,
117B–118C).
Solange wir uns – auf den Stufen der Lektüre und der Meditation – plagen
müssen, sind Feuer und Rauch (Zuversicht und Unsicherheit) noch ver-
mischt. Wenn die Wahrheit aber beim Gebet und in der Alltagmühe zum
Tragen kommen konnte, gibt es nichts mehr zu suchen als das, was schon da

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Gott denken lernen

ist: Gott – »Alles und in Allem« (1 Kor 12,6). Daher jetzt die große Stille der
Sabbatruhe: reine Freude und reines Glück: contemplatio exultat. Was ich
gelesen habe, hat sich in meiner Existenz als wahr erwiesen. Was das »Ent-
gegenkommen Gottes«, sein »Reich« und seine »Herrschaft« vermag, hat
sich mir »gezeigt«. Darum ist diese Erfahrung tiefer Stimmigkeit auch schon
ein Vorgriff auf die eigene Zukunft, die »Vollendung« des Glaubens (Ernst
1987, S. 103.286; weitere Charakterisierungen des Unterschieds zwischen
Meditation und Kontemplation in: Didasc V,10; PL 176, 798A–D).
Man kann, was Hugo von St. Viktor seinen Studenten zu sagen hat, nicht
knapper zusammenfassen, als er selber dies tut:
»Dazu, dass wir die Wahrheit erfassen, liefert das Lesen den Stoff, die
Meditation arbeitet ihn auf, das Gebet hebt die Wahrheit Gott entgegen,
das Handeln bündelt sie, die Kontemplation geht beglückt in ihr auf«6.
Gewiss würde Hugo auch andere Querverbindungen und Abkürzungen für
möglich halten – etwa den Schritt aus der Lektüre unmittelbar ins Gebet, oder
aus dem Gebet in die Kontemplation. Gott hat mehr Wege, uns zu erreichen,
als uns Routen einfallen, ihn zu suchen. Hugo gibt eine Anleitung für Anfän-
ger und ist bemüht, die Schwellen niedrig zu halten. Er zeigt ihnen einen
Weg, der sich bewährt hat.
Originell und reizvoll ist seine Wegskizze vor allem wegen des lebhaften
Wechsels der Perspektiven und der Gangart, die er anschlägt. Es wird bei ihm
nie langweilig. Er appelliert nirgends an unser Gewissen, er »predigt« nicht. Er
lockt, und man spürt: Er spricht aus eigener Erfahrung, weiß, wo es lang geht.
Was wäre ihm zu dem Studienkonzept eingefallen, das in den siebziger
Jahren mit der Unterscheidung von vier theologischen Fächergruppen und
ihrer spezifischen Methodologie (und zwar in Forschung und Lehre) für den
Diplomstudiengang entwickelt wurde? Seine beiden ersten Stufen hätte er
darin gewiss wiedererkannt. Aber dass wir uns damit zufrieden geben konn-
ten und – um der »Sauberkeit« der Wissenschaft willen – bereit waren, Hu-
gos übrige Schritte kurzerhand an die Priesterseminare und Hochschulge-
meinden, an Exerzitienhäuser und Selbsterfahrungsgruppen abzutreten, hätte
er nicht akzeptiert.
Diese faktische Abkoppelung der Spiritualität, d. h. des Ranges geistlicher
Erfahrung aus dem Projekt, Gott denken zu lernen, ist uns denn auch nicht
gut bekommen – weder den Studenten noch ihren Lehrern. Es hat die Res-
sentiments der »Frommen« geschürt und ihre heimliche Abwanderung aus
dem theologischen Diskurs in konservative Rückzugsinseln befördert, aber es
hat auch eine konstruktive Kritik des blinden Flecks im Auge der theologi-
schen Avantgarde geschwächt.
Der Wind hat sich inzwischen gedreht. Eine neue Bereitschaft ist gewach-
sen, die Bedeutung der Spiritualität für die Reflexionsfähigkeit der Theologie
anzuerkennen und auch zur Geltung zu bringen. Dennoch müssen wir ein-
räumen, einen Kairos verpasst zu haben. Die Streichung von Lehrstühlen an-

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gesichts der Staatsschulden, der dramatische Rückgang der Studenten, die


Schließung von Fakultäten und nun auch noch der Zwang, die Theologie in
das Korsett der Modularisierung zu pressen, weil schließlich auch das Den-
ken Gottes mit der Zeituhr messbar sein muss, wenn denn Theologie noch
bezahlbar bleiben soll – das alles ist sehr beklemmend.
Es gibt Grenzen des Zumutbaren. Sie ergeben sich nicht aus der Eitelkeit
der Theologen und auch nicht aus dem Wortlaut der staatskirchlichen Ver-
träge, sondern aus dem, wozu die Theologie da ist: den Zugang zu Gott, den
Weg, auf dem er uns entgegenkommt, zu erschließen. Also müssen wir uns
wieder auf unser Kerngeschäft besinnen. Die Basis unseres Lehrens ist das
Zeugnis des Glaubens, von dem wir leben, als Gläubige und als Lehrer des
Glaubens. Was können wir tun, damit dies auch am Ort akademischen For-
schens und Lehrens hinreichend deutlich wird?
Wir können die Fachsprachen unserer Disziplinen nicht aufgeben, wohl
aber den Eindruck, den sie leicht hervorrufen, sie könnten besser sagen als
die Schrift, was gemeint ist. Gewiss ist wahr, was Bert Brecht zu Bedenken
gibt: »Im Falle eines Hindernisses ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei
Punkten die Krumme«. Aber wenn die Krumme (d. h. unsere wissenschaftli-
che Fachsprache) meint, sie sei die Gerade, wird es höchste Zeit, auch sie zu
relativieren.
Das spezifische Potenzial der Sprache von Schrift und Überlieferung, die
Erfahrungen unserer spirituellen Väter und Mütter durch viele Jahrhunderte
in Mystik und Politik, die davon inspirierte lateinische wie muttersprachliche
Gebets- und Liedkultur, die Gruppenstile und Gemeinschaftsformen unserer
Kirchen sind als generative Milieus des Glaubens wie der Theologie neu zu
würdigen und ausdrücklich in den theologischen Diskurs einzubeziehen (vgl.
Bitter 2004). Auch was Supervisoren und Exerzitienmeister oder Verant-
wortliche im Fortbildungsbereich an Erfahrungen sammeln – bei der Aufar-
beitung von Enttäuschungen, heimlichen und offenen Konflikten in den Ge-
meinden, im Umgang mit den Herausforderungen der Gesellschaft – darf aus
einer Theologie nicht ausgeblendet werden, die die »Zeichen der Zeit«
(Lk 12,54ff) ernst zu nehmen beansprucht. Seelsorger und Caritasleute, ge-
meindliche Gesprächskreise und ökumenische Initiativen dürfen nicht nur als
Transformatoren der »hohen Theologie« betrachtet, sondern müssen in ihrer
eigenen spirituellen Kompetenz als Gesprächspartner auch zur Mitwirkung
bei der theologischen Grundausbildung eingeladen werden. Sie können uns
Fachtheologen aufgrund ihrer Erfahrung als Praxisbegleiter die Augen öffnen
für das, was Hugo von St. Viktor einem seiner exegetischen Kollegen klar-
zumachen sucht:
»Du beschaffst mir das Wort (der Schrift). Aber was taugt ein Wort,
wenn es nicht verstanden wird? Verständnis erschließt sich zwar durch
Worte. Aber im Herzen kann Verständnis nur wecken, wer es von innen
her aufzuhellen vermag – nicht der, der draußen vor bleibt und nur laut

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Gott denken lernen

redet. Du redest draußen, aber lässt mich innen kalt (wörtlich: ›salbst
mich nicht‹). Deshalb weiß ich das wissenschaftliche Niveau deiner
Theologie zu schätzen. Aber weitaus kostbarer wird sie mir, wenn ich sie
in die Kontemplation hineinnehme. Denn auch das, was an deiner hohen
theologischen Bildung wertvoll ist, kommt nur zutage, wenn man sie in
die Kontemplation hineingenommen hat«7.

Anmerkungen
1 Auf diesen Text hat mich erstmals P. Willigis Jäger aufmerksam gemacht;
Hilfestellung bei der Verifizierung leisteten meine Würzburger Kollegen Stephan
Ernst und Wolfgang Weiß. Allen habe ich zu danken.
2 Lectio ad cognoscendam veritatem materiam ministrat, meditatio coaptat (De
Med; PL 176, 993C). Sie greift breiter aus als die Kontemplation (vgl. ebd. 994B–
997A); vgl. auch: In Eccl Hom XIX (PL 175, 117AB); vgl. Ernst 1987, S. 108,
Anm. 117.
3 Quomodo sint quae sciuntur quia sunt, et quomodo facienda sunt (De Med; PL
176, 994B).
4 Doctrina bona est, sed incipientium est. Tu vero te perfectum fore promiseras, et
ideo tibi non suffucit, si incipientibus coaequaris … Considera ergo ubi sis, et quid
agere debeas facile agnosces (Didasc V,8; PL 176, 796D).
5 Via est operatio bona, qua itur ad vitam. Qui viam hanc currit, vitam quaerit. Con-
fortare et viriliter age. Habet haec vita praemium suum, quoties eius laboribus fati-
gati superne respectus gratia illustramur, gustantes et videntes quoniam suavis est
Dominus (Didasc V,9; PL 176, 797C).
6 Primo lectio ad cognoscendam veritatem materiam ministrat, meditatio coaptat,
oratio sublevat, operatio componit, contemplatio in ipsa exsultat (De Med; PL 176,
993C).
7 Tu mihi das verbum. Quid autem est verbum sine intelligentia? Per verbum qui-
dem intelligentia venit. Sed ille intelligentiam in corde ponit, qui intus illuminat,
non qui foris sonat. Unctio eius docet nos de omnibus. Tu foris loqueris; sed intus
non ungis. Propterea amabilis mihi quidem est tua eruditio. Sed magis amabilis est
eius contemplatio; quia et hoc, quod in tua eruditione amabile est, nonnisi ex eius
contemplatione est (In Hier IX; PL 175, 1130B; vgl. Ernst 1987, S. 108, Anm.
118).

Schriften von Hugo von St. Viktor


De Med = De meditatione seu meditandi artificio opusculum aureum (PL 176, 993B–
998A).
De Sacr = De sacramentis christiane fidei (PL 176, 173–618B).
Didasc = Eruditionis didascalicae libri septem (PL 176, 739–838B).
In Eccl Hom XIX = In salomonis ecclesiasten homiliae XIX (PL 175, 113–256C).
In Hier = Commentariorium in hierarchiam coelestem S. Dionysii Areopagitae
secundum interpretationem Joannis Scoti ad Ludovicum regem francorum,

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Rolf Zerfass

filium Ludovici Grossi, Qui aedem D. Victoris Parisiensis aedificandum


curavit. Libri X (PL 175, 923–1154C).

Literatur
BERNDT, Rainer: Sankt Viktor, in: TRE 30 (1999), S. 42–46.
BITTER, Gottfried: Chancen und Grenzen einer Spiritualitätsdidaktik, in: Schreijäck,
Thomas (Hg.): Werkstatt Zukunft. Bildung und Theologie im Horizont
eschatologisch bestimmter Wirklichkeit (FS Siller), Freiburg/Basel/Wien
2004, S. 158–184.
CHENU, M. Dominique: Civilisation urbaine et théologie de Huge de Saint Victor au
XII. siècle, in: Annales 29 (1974), S. 1253–1263.
DERS.: La fin de l’ère constantinienne, in: Ders.: L’évangile dans les temps. Parole de
dieu II, Paris 1964, S. 639–645.
ERNST, Stefan: Gewissheit des Glaubens. Der Glaubenstraktat Hugos von St. Viktor
als Zugang zu seiner theologischen Systematik, Münster 1987.
MOLTMANN, Jürgen: Das Kommen Gottes, München 1995.
3
WALTER, Peter: Schriftsinne, in: LThK 9 (2000), Sp. 268f.
ZERFASS, Rolf: Volk Gottes unterwegs: in der Fremde, unter den Völkern, in: Haslin-
ger, Herbert u. a. (Hg.): Handbuch Praktische Theologie, Bd. 1, Mainz 1999,
S. 177–187.
DERS.: Im Horizont der Gottesherrschaft, in: Konferenz Bayerischer Pastoral-
theologen (Hg.): Das Handeln der Kirche in der Welt von heute, München
1994, S. 32–50.
DERS.: Grundkurs Predigt 2, Düsseldorf 1992.
3
ZIRKER, Hans/MUTH, Ludwig: Lesen/Lesekultur, in: LThK 6 (1997), Sp. 850f.

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