Sie sind auf Seite 1von 303

Taschenbuch für den

Tunnelbau
2020
Kompendium der Tunnelbautechnologie
Planungshilfe für den Tunnelbau

Herausgegeben von der DGGT ·


Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V.
Unter Mitwirkung von Dr. rer. nat. K. Laackmann (Federführung)
Prof. Dr.-Ing. H. Balthaus
Dipl.-Ing. M. Breidenstein
Dr. S. Franz
Dipl.-Ing. W.-D. Friebel
Prof. Dr.-Ing. A. Hettler
Prof. Dr.-Ing. B. Maidl
Dipl.-Ing. M. Meissner
Dipl.-Ing. E. Scherer
Dipl.-Ing. S. Schwaiger
Prof. Dr.-Ing. M. Thewes
Dr.-Ing. G. Wehrmeyer
Dr.-Ing. B. Wittke-Schmitt
44. Jahrgang
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2020 Wilhelm Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische
­Wissenschaften GmbH & Co. KG, Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen,


­vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung
des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein
­anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, i­ nsbesondere
von ­Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder
­übersetzt werden.

All rights reserved (including those of translation into other languages).


No part of this book may be reproduced in any form – by photoprinting,
microfilm, or any other means – nor transmitted or translated into a machine
­language without written permission from the publisher.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen


­Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, daß diese von
­jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um
eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen
­handeln, wenn sie als solche nicht eigens markiert sind.

Herstellung: pp030 – Produktionsbüro Heike Praetor, Berlin


Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld
Druck und Bindung:

Printed in the Federal Republic of Germany.


Gedruckt auf säurefreiem Papier.

Print ISBN: 978-3-433-03278-7


ePDF ISBN: 978-3-433-61004-6
ePub ISBN: 978-3-433-61003-9
oBook ISBN: 978-3-433-61002-2
Content deleted for legal reasons
Content deleted for legal reasons
Vorwort zum vierundvierzigsten Jahrgang
In den aktuellen Klimadebatten erhofft man sich durch verstärkte
Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und der Ei-
senbahn anstelle von individuellem Autoverkehr und Kurzflügen er-
heblich geringere CO2-Emmissionen. Dazu müssen ÖPNV und Bahn
aber leistungsfähiger, zuverlässiger, komfortabler und sicherer werden
als sie heute sind. Die bestehenden Systeme arbeiten an ihren Kapa-
zitätsgrenzen; höhere Transportkapazitäten lassen sich nicht allein
durch Digitalisierung erreichen, sondern erfordern einen massiven
Ausbau der Infrastruktur. Aus Platz-, Umwelt- und Lärmschutz- so-
wie Akzeptanzgründen wird der Anteil der unterirdisch geführten
Strecken dabei zunehmen. Das führt den Tunnelbau jedoch nicht
automatisch in eine rosige Zukunft. Erstens müssen solche Großpro-
jekte finanzierbar sein und zweitens werden die Anforderungen an
die Tunnelbauer steigen. Es werden schnellere Planung und Ausfüh-
rungen bei möglichst reduziertem Ressourceneinsatz erwartet und
sicher auch belastbare Kostenprognosen gefordert. Zur Bewältigung
der zukünftigen Herausforderungen müssen daher die Optimierungs-
potenziale in allen Bereichen erkannt und genutzt werden.
Das Taschenbuch für den Tunnelbau greift seit vielen Jahren die ak-
tuellen Entwicklungen und Problemstellungen auf und dokumentiert
den erreichten Stand der Technik. In bewährter Weise haben Heraus-
geberbeirat und Verlag für die vorliegende Ausgabe einen interessan-
ten Themenmix zusammengestellt. Die diesjährige Ausgabe umfasst
Beiträge aus den Bereichen geotechnische Untersuchungen, konven-
tioneller bergmännischer Tunnelbau, Digitalisierung im Tunnelbau,
Maschinen und Geräte, Vertragswesen und betriebswirtschaftliche
Aspekte, Forschung und Entwicklung sowie Praxisbeispiele.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und freuen uns über
Rückmeldungen und Beitragsvorschläge für zukünftige Ausgaben.
Wenden Sie sich dazu bitte an den Verlag Ernst & Sohn.

Dr.-Ing. B. Wittke-Schmitt Dr. rer. nat. K. Laackmann

V
Inhalt
Vorwort
Autorenverzeichnis

Geotechnische Untersuchungen
I. Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften –
Umgang mit pyrithaltigen Erdmassen im Projekt Stuttgart–Ulm  .   1
Jörg-Rainer Müller, Thomas Mußotter, Katrin Schumacher
1 Die TVM-Tunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm  2
2 Herausforderung der Verwertung bzw. Beseitigung chemisch
veränderlicher Tunnelausbruchmassen  4
3 Sulfatentstehung und Freisetzung durch Pyritoxidation   6
4 Verwertungsmöglichkeiten des veränderlichen
Tunnelausbruchmaterials  8
5 Der Pyriterlass  8
6 Verwertung in Verwertungsstellen nach Pyriterlass  17
7 Verwertung direkt im Projektgebiet nach Pyriterlass   19
8 Verwertung in der keramischen Industrie  21
9 Vor dem Pyriterlass verwertetes pyrithaltiges
Tunnelausbruchmaterial  22
10 Zusammenfassung  22

Konventioneller bergmännischer ­Tunnelbau


I. Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der
Umgebung der Tunnelröhren für das Bahnprojekt
­Stuttgart – Ulm  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   25
Martin Wittke, Walter Wittke, Dieter Schmitt, Günter Osthoff
1 Aufgabenstellung  26
2 Unausgelaugter Gipskeuper  28
3 Planerische Vorgaben für die Injektionen im Anhydrit  36
4 Wahl des Injektionsmittels  40
5 Bauausführung und -überwachung  43

VI
Content deleted for legal reasons
Inhalt

6 Ergebnisse der Injektionen  46


7 Zusammenfassung  51

Digitalisierung im Tunnelbau
I. BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung  . . . . . .   57
Stefan Franz, Heinz Ehrbar, Thorsten Weiner, Markus Scheffer
1 Einleitung  57
2 Struktur der DAUB-Empfehlung  58
3 Anwendungsfälle im Detail  74
4 Fazit  76

Maschinen und Geräte


I. Schnecken- und Bandförderung beim
­maschinellen Tunnelvortrieb   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   77
Gerhard Wehrmeyer, Daniela Garroux G. de Oliveira
1 Einleitung  78
2 Allgemeine Entwurfskriterien  80
3 Hauptkomponenten von Förderschnecke und -band  89
4 Aushubkontrolle  99
5 Zusammenfassung  102

Forschung und Entwicklung


I. Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode – Pilotprojekt
erstmalig mit ­Oberleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   105
Dietmar Mähner, Bodo Tauch, Christine Schardt
1 Einsatz der Tunnel-im-Tunnel-Methode bei der Deutschen Bahn  106
2 Projektvorstellung Petersberg Tunnel  106
3 Bauphasen  109
4 Konzeption Tunnelaufweitungssystem (TAS)  114
5 Konzeption Schutzeinhausung  117
6 Vortriebsklassen  119
7 Tunnelinnenschale  121

VIII
Content deleted for legal reasons
Inhalt

II. Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton


zur Verbesserung des Brand- und Abplatzverhaltens von
­Straßentunnelschalen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   124
Marko Orgass, Frank Dehn, Mike Rammelt, Wolf-Dieter Friebel
1 Einleitung  125
2 Herstellung von PP-Faserbeton  126
3 Dauerhaftigkeitsaspekte von PP-Faserbeton  134
4 Alterungsverhalten von PP-Fasern im alkalischen Milieu des
Betons  145
5 Zusammenfassung  151

III. Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton – Neues


empirisches ­Modell für die Festigkeitsentwicklung und
­experimentelle Grundlagenuntersuchungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   155
Anna-Lena Hammer, Markus Thewes, Robert Galler
1 Einleitung  156
2 Ansätze zur Beschreibung des zeitabhängigen
Spritzbetonmaterialverhaltens  158
3 Entwicklung eines neuen empirischen Modells für die zeitabhängige
Festigkeitsentwicklung von Spritzbeton  163
4 Experimentelle Untersuchungen zum zeitabhängigen Materialverhalten
von Spritzbeton  168
5 Zusammenfassung und Ausblick  179

Vertragswesen und ­betriebswirtschaftliche Aspekte


I. Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung
der Herstellkosten von Tunnelbauwerken – Teil 2  . . . . . . . . . . . . . . .   183
Markus Thewes, Peter Hoffmann, Götz Vollmann, Wolf-Dieter Friebel,
Ingo Kaundinya, Anne Lehan, Andreas Wuttig, Werner Riepe
1 Einleitung  184
2 Entwicklung von Kostenstrukturen  185
3 Auswertung und Analyse der Praxisdaten  192
4 Weitere Hilfsmittel zur Kostenprognose einschließlich Validierung
der ­betriebstechnischen Ausstattung  195
5 Zusammenfassung  201

X
Content deleted for legal reasons
Inhalt

Praxisbeispiele
I. Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen
beim Vortrieb des ­Albvorlandtunnels  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   203
Jens Hallfeldt, Michael Frahm, Dieter Kirschke, Andreas Groten
1 Einführung  203
2 Geologische Formation Schwarzjura  206
3 Vortriebe in Spritzbetonbauweise  208
4 Vortriebe in maschineller Bauweise  216
5 Verwertung und Entsorgung des Tunnelausbruchmaterials  231

II. Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung eines


zweigeschossigen Überwerfungsbauwerks bei laufendem
­Bahnbetrieb  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   235
Dagmar Rombach, Reinhard Huber, Matthias Florax, Michael Eckl,
Niklas Hirche
1 Einleitung  236
2 Geologie   239
3 Statische Untersuchung für Bestand und Vortrieb  241
4 Vortriebsablauf und Bestandssicherung  243
5 Monitoring  253
6 Fazit  264

Tunnelbaubedarf  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   267

Inserentenverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   281

XII
Content deleted for legal reasons
Autorenverzeichnis
Prof. Dr.-Ing. Frank Dehn, Karlsruher Institut für Technologie (KIT),
Kaiserstr. 12, 76131 Karlsruhe
Dr.-Ing. Michael Eckl, EDR GmbH, Dillwächterstr. 5, 80686 München
Dipl.-Ing. Heinz Ehrbar,  DB Netz AG, Theodor-Heuss-Allee 7,
60486 Frankfurt am Main
Dipl.-Ing. Matthias Florax, PFA 1.5, DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH,
Schlegelstr. 6, 71229 Leonberg
Dipl.-Ing. Michael Frahm M. Eng, LL.M, DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH,
Räpplenstr. 17, 70191 Stuttgart
Dr.-Ing. Stefan Franz, DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und
-bau GmbH, Zimmerstr. 54, 10117 Berlin
Dipl.-Ing. Wolf-Dieter Friebel, Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur (BMVI), Robert-Schuman-Platz 1, 53175 Bonn
Dr.-Ing. Andreas Groten, Implenia Construction GmbH, Infrastructure
– Tunnelling & Civil Engineering D/Sk, Projekt Albvorlandtunnel –
Los 2, Nürtinger Str. 50, 73240 Wendlingen am Neckar
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Robert Galler, Lehrstuhl für Subsurface
Engineering, Montan Universität Leoben, Erzherzog-Johann-Str. 3/III,
A-8700 Leoben
Dr. Daniela Garroux G. de Oliveira, Herrenknecht AG, Schlehenweg 2,
77963 Schwanau
Dipl.-Ing. Jens Hallfeldt, DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH, Räpplenstr. 17,
70191 Stuttgart
Dr.-Ing. Anna-Lena Hammer, Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und
Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstr. 150,
44801 Bochum
Dipl.-Ing. Niklas Hirche, Alfred Kunz Untertagebau, Frankfurter Ring 213,
80807 München
M. Eng. Peter Hoffmann, Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und
Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstr. 150,
44801 Bochum
Dipl.-Ing. Reinhard Huber,  Müller + Hereth Ingenieurbüro für Tunnel- und
Felsbau GmbH, Laufener Str. 16, 83395 Freilassing

XIV
Autorenverzeichnis

Dipl.-Ing. Ingo Kaundinya, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt),


Brüderstraße 53, 51427 Bergisch Gladbach
Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke, Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke GmbH & Co. KG,
Gutenbergstr. 9, 76275 Ettlingen
Dipl. Wirt.- Ing. Anne Lehan, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt),
Brüderstraße 53, 51427 Bergisch Gladbach
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Mähner, Institut für unterirdisches Bauen (IuB),
Corrensstr. 25, 48149 Münster
Dipl. Ing. Jörg-Rainer Müller, DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH,
Räpplenstr. 17, 70191 Stuttgart
Dipl.- Ing. Thomas Mußotter  DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH,
Räpplenstr. 17, 70191 Stuttgart
Dipl.-Ing. Marko Orgass, MFPA Leipzig GmbH, Hans-Weigel-Str. 2B,
04319 Leipzig
Dipl.-Ing. Günter Osthoff, DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH, Räpplenstr. 17,
70191 Stuttgart
Dipl.-Ing. Mike Rammelt, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt),
Brüderstr. 53, 51427 Bergisch Gladbach
Dipl.-Ing. Werner Riepe, BUNG Ingenieure AG, Englerstraße 4,
69126 Heidelberg
Dipl.-Ing. Dagmar Rombach, Müller + Hereth Ingenieurbüro für Tunnel- und
Felsbau GmbH, Laufener Str. 16, 83395 Freilassing
Christine Schardt M.Eng., DB Netz AG, Hahnstr. 49, 60528 Frankfurt a. Main
M. Sc. Markus Scheffer, SD Ingenieure GmbH, Lise-Meitner-Allee 11,
44801 Bochum
Dipl.-Ing. Dieter Schmitt, WBI GmbH, Im Technologiepark 3, 69469
Weinheim
Dipl.- Ing. Katrin Schumacher, Prof. Czurda und Partner Ing. GmbH, ,
Auf der Breit 11, 76227 Karlsruhe
Dipl. Ing. (Univ.) Bodo Tauch, DB Netz AG, Hahnstr. 49, 60528 Frankfurt
a. Main
Prof. Dr.-Ing. Markus Thewes, Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau
und Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstr. 150,
44801 Bochum
Dr.-Ing. Götz Vollmann, Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und
Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstr. 150,
44801 Bochum

XV
Autorenverzeichnis

Dr. Gerhard Wehrmeyer, Herrenknecht AG, Schlehenweg 2, 77963 Schwanau


Dr.-Ing. Thorsten Weiner, PORR GmbH & Co. KGaA,
Franz-Rennefeld-Weg 2–4, 40472 Düsseldorf
Dr.-Ing. Martin Wittke, WBI GmbH, Im Technologiepark 3, 69469 Weinheim
Prof. Dr.-Ing. Walter Wittke, WBI GmbH, Im Technologiepark 3,
69469 Weinheim
Dipl.-Ing. Andreas Wuttig, Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,
Sankt-Franziskus-Straße 148, 40470 Düsseldorf

XVI
Geotechnische Untersuchungen
I. Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­
eigenschaften – Umgang mit pyrithaltigen
Erdmassen im Projekt Stuttgart–Ulm
Jörg-Rainer Müller, Thomas Mußotter, Katrin Schumacher
Die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm mit einer Streckenlänge von ca. 60 km
wird rund zur Hälfte in Tunneln geführt und zu einem Großteil mit der Tunnelvor-
triebsmaschine (TVM) aufgefahren. Während der Bauausführung wurde festge-
stellt, dass der Sulfatgehalt des Tunnelausbruchmaterials zwischen Ausbruch
und Ablagerung durch Pyrit-Oxidation zunimmt. Daher wurden mit den Behör-
den und allen anderen Beteiligten für die Entsorgung des Tunnelausbruchma-
terials verschiedene Lösungen wie die Verwertung im Projektgebiet sowie in der
keramischen Industrie entwickelt. Mit dem Ziel, trotz der zeitlichen Veränder-
lichkeit des Sulfatgehalts eine Ablagerung der Tunnelausbruchmassen auf Ver-
wertungsstellen gemäß Erstdeklaration zu ermöglichen, wurde zusätzlich vom
Umweltministerium von Baden-Württemberg am 7. April 2017 der sogenannte
Pyriterlass veröffentlicht. Damit wurde in Abstimmung mit dem Umweltminis-
terium Baden-Württemberg ein Weg für die fachlich und rechtlich sinnvolle und
sichere Bewertung von als Abfall eingestuftem Bodenmaterial mit veränderli-
chen Eigenschaften (Sulfat) geschaffen. Beim Bau des Boßlertunnels sowie des
Albvorlandtunnels konnten umfangreiche Erfahrungen bei der Umsetzung des
Pyriterlasses und der Ausweitung auf andere veränderliche Parameter sowie bei
der Verwertung im Projektgebiet gesammelt werden.
Tunnel spoil with changeable waste properties – dealing with earth
masses containing pyrite on the Stuttgart–Ulm project
About half of the new line from Wendlingen to Ulm with a length of about
60 km will run in tunnels, which are mostly being bored with tunnel boring
machines (TBM). During construction, it was discovered that the sulphate
content of the material excavated from the tunnel increases between excava-
tion and deposition due to pyrite oxidation. Therefore, various solutions were
developed with the authorities and all other involved parties for the disposal
Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

1
Geotechnische Untersuchungen

of the tunnel spoil like reuse in the project area and in the ceramics industry.
Furthermore, the so-called pyrite decree was published by the environment
ministry of Baden-Württemberg on 7 April 2017 with the objective of enabling
the deposition of tunnel spoil at reuse sites in accordance with an initial decla-
ration despite the temporal changeability of the sulphate content. Thus, a way
was found in agreement with the environment ministry of Baden-Württem-
berg for the proper and legally sensible and safe recycling of the soil material
classified as waste with changeable properties (sulphate content). For the con-
struction of the Boßler Tunnel and the Albvorland Tunnel, extensive experience
could be gained with the implementation of the pyrite decree and its extension
to other changeable parameters as well as reuse within the project area.

1 Die TVM-Tunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm


Das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm gliedert sich in zwei Teilprojekte:
–– Das Projekt Stuttgart 21 mit insgesamt acht Planfeststellungsab-
schnitten (PFA),
–– Die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm mit insgesamt fünf PFA [1].
Die Hälfte der 60 km langen Neubaustrecke führt durch neun Tunnel,
ansonsten folgt sie in enger Bündelung der parallelen Bundesauto-
bahn (BAB) A8.
An der Neckarbrücke bei Wendlingen beginnt der erste PFA der Neu-
baustrecke Wendlingen–Ulm, der PFA 2.1 a/b (Bild 1). Die beiden
eingleisigen Tunnelröhren des 8,2 km langen Albvorlandtunnels wer-
den von zwei parallel bohrenden Tunnelvortriebsmaschinen (TVM)
aufgefahren und unterqueren die BAB A8. Anschließend folgt der
5 km lange Planfeststellungsabschnitt PFA 2.1c.
Im darauffolgenden 15 km langen PFA 2.2 (Bild 2) erklimmt die Neu-
baustrecke die Schwäbische Alb. Zunächst erfolgt der Anstieg im
8,8 km langen Boßlertunnel, anschließend im 4,8 km langen Stein-
bühltunnel. Zwischen den beiden Tunneln quert die Strecke bei
Mühlhausen im Täle das Filstal. Der Boßlertunnel wurde mit einer
TVM aufgefahren, die beide Röhren nacheinander hergestellt hat.

2
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Bild 1.  Übersichtskarte PFA 2.1

Bild 2.  Übersichtskarte PFA 2.2

Die beiden TVM-Tunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm


durchfahren Schichten des Braunen, Schwarzen und des unteren
Weißen Juras und weisen dabei bindige Ton- und Mergelschichten
mit reduzierendem Milieu auf. Bei beiden Tunnelbaumaßnahmen
fallen ca. 10 Mio. t Tunnelausbruchmaterial an, das einer Beseitigung
bzw. Verwertung zugeführt werden muss.

3
Geotechnische Untersuchungen

2 Herausforderung der Verwertung bzw. Beseitigung


chemisch veränderlicher Tunnelausbruchmassen
Im Sommer 2016 nach rund 70 % Vortrieb in der Oströhre des Boß-
lertunnel und der damit verbundenen Verwertung von rund 1,5 Mio. t
Material erfolgte die Rückmeldung einer Verwertungsstelle, dass die
Sulfatgehalte des bereits eingelagerten Materials nicht mehr der ur-
sprünglichen Deklaration Z0 (Sulfat < 50 mg/l) entsprechen und das
Material höhere Sulfatgehalte aufweist als für diesen Standort zulässig.
Mit diesem Wissen erfolgten zunächst mehrere Nachkontrollen und
Überprüfungen der Laborergebnisse, die jedoch alle den Sachverhalt
des erhöhten Sulfatgehalts in dieser spezifischen Verwertungsstelle
bestätigten. Als erster Maßnahmenschritt wurde die Entsorgung von
der Baustelle eingestellt und der Vortrieb bis zur Klärung der Ursache
für zwei Wochen unterbrochen. Darüber hinaus wurden bei weiteren
Verwertungsstellen Laboruntersuchungen durchgeführt und alle bis-
her angefahrenen Standorte zur Fremdüberwachung aufgefordert. In
Summe war nach allen Untersuchungen vor Ort, Laboruntersuchun-
gen sowie mineralogischen Untersuchungen festzustellen, dass es sich
bei dem Sulfatgehalt im Ausbruch des Boßlertunnel um einen verän-
derlichen Parameter handelt und sich die Einstufung der Verwertung
im Laufe der Zeit verändern kann.
Das Material der Oströhre war in über 30 Standorten verteilt. Etwa
ein Drittel der Menge (0,5 Mio. t) wurde in Baden-Württemberg
und ca. zwei Drittel (1 Mio. t) in Bayern mit Entfernungen von 15
bis über 250 km vom Entstehungsort abgelagert. Ein Großteil dieser
Mengen hatte nach Überprüfung der Fremdüberwachung erhöhte
Sulfatgehalte gegenüber den Erstdeklarationen auf der Baustelle. Die
Ursache dafür war die sog. Pyritoxidation, und dieser Umstand war
zudem unabhängig von den verschiedenen geologischen Einheiten
im Boßlertunnel. Diese geologischen Einheiten enthalten Pyrit (Ei-
sensulfid, FeS2) in Zehntelmillimeter bis millimeterfeinen Konkreti-
onen (Bild 3), Aggregaten oder Überzügen von Mineralkörnern (z. B.
Quarz), das sich zu Sulfat umwandelt.
Mit diesem vertieften Wissen waren nunmehr zwei Hauptthemen
zu lösen.

4
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

–– Der technische und umwelt-/abfallrechtliche Umgang mit


dem Material in den bereits belieferten Verwertungsstellen bei
­Überschreitungen des zulässigen Sulfatgehalts.
–– Die Lösungsfindung für die Verwertung des noch auszubrechen­
den Materials der Oströhre und der kompletten Weströhre
mit rund 3 Mio. t Ausbruchmaterial sowie des Materials des
Albvorlandtunnels entsprechend der Gesetzeslage.
Als Grundlage dafür musste für das Ausbruchmaterial zunächst ein
Prozessverständnis für die veränderlichen Sulfatgehalte und den zu er-
wartenden Einfluss auf das Schutzgut Grundwasser geschaffen werden.

Bild 3.  Pyritknollen auf einzelnen Bruchstücken des


Tunnelausbruchmaterials des Albvorlandtunnels

5
Geotechnische Untersuchungen

3 Sulfatentstehung und Freisetzung durch Pyritoxidation


In den angetroffenen Formationen ist das sulfidische Mineral Pyrit
über geologische Zeiten stabil. Insoweit erbrachte die Bodenunter-
suchung zur Deklaration des Ausbruchmaterials im Hinblick auf den
Sulfatgehalt in der Planungsphase der Trasse keine Auffälligkeiten.
Durch den Abbau während des Tunnelvortriebs wird das Pyrit stark
mechanisch beansprucht, die feinkörnigen Pyritaggregate werden
weiter zerkleinert und die reaktiven Oberflächen vergrößert. Durch
diese mechanische Beanspruchung wird die Oxidation aktiviert, die
sich durch die Lagerung an der Luft, durch Niederschläge und ggf. un-
terstützt durch Aufheizung durch Sonneneinstrahlung fortsetzt. Aus
FeS2 entsteht durch die Reaktion mit Sauerstoff Sulfat [SO4]2–. Dieser
Prozess kann nach den bisher gemachten Erfahrungen nach mehreren
Tagen bis wenigen Wochen beginnen, sodass ihn die zeitnah durchzu-
führende Beprobung für die Erstdeklarationsanalyse noch nicht bzw.
noch nicht im vollen Umfang erfasst. Die Deklarationsergebnisse für
Sulfat waren i. d. R. auf der Baustelle Z0. Je nach Randbedingungen
kann sich das nach mehreren Tagen bis Wochen ändern, und bei
Kontrollanalysen wurden z. T. deutlich höhere Sulfatgehalte im Be-
reich von Z1.2 bis Z2 (≤ 150 mg/l), teils auch über Z2 (> 150 mg/l)
festgestellt.
Mineralogische Untersuchungen haben ergeben, dass z. B. der Im-
pressamergel des unteren Weißen Jura lediglich ca. 0,8 M.-% Pyrit
enthält, aus dem theoretisch ca. 1,2 M.-% Sulfat entstehen können,
d. h. je Tonne feuchten Bodens ca. 11 kg. Die vollständige Umwand-
lung des Pyrits in Sulfat im wieder eingebauten Zustand des Bodens
würde selbst in geologischen Zeiträumen einen nicht zu erwartenden
absoluten Worst Case darstellen. Offensichtlich ist nicht unbedingt
ein hoher Pyritgehalt im Bereich mehrerer Masseprozente für die
Höhe der Sulfatfreisetzung primär entscheidend, sondern eher eine
feine Verteilung und damit einhergehend große Oberflächen.
Nach der Feststellung der Pyritthematik wurden umfangreiche Unter-
suchungen durchgeführt (u. a. Probefelder), um den zeitliche Verlauf,
die Randbedingungen und die zu erwartenden Konzentrationen an
Sulfat einordnen zu können. Als Ergebnis von weit über hundert

6
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Sulfatanalysen in Zeiträumen von einigen Tagen nach Ausbruch bis


über ein Jahr zurückliegend bleibt festzuhalten, dass je nach Rand-
bedingungen eine relativ große Streuung zwischen Z0 und > Z2 fest-
zustellen war. Im Mittel war am Boßlertunnel mit Z2 bis 150 mg/l zu
rechnen, Einzelwerte lagen zwischen 200 und 300 mg/l.
Einflussfaktoren sind, neben dem Pyritgehalt, vor allem wie feinkör-
nig das Pyrit aufgeschlossen ist (Oberflächen), die Lagerungsdichte
(verdichtet oder locker eingebaut), die Exposition der Lagerung (flä-
chige Schicht oder Halde, oberflächennah oder in größerer Tiefe)
und als Folge ungehinderte oder behinderte Sauerstoff- und Nie-
derschlagswasserzutritte sowie der zeitliche Verlauf von Entnahme,
Zwischenlagerung und Einbau.
Insgesamt blieb die Interpretation der breit streuenden Sulfatgehalte
im Einzelfall schwierig. Es kristallisierte sich jedoch heraus, dass die-
se durch die Milieuänderung vom reduzierenden zum oxidierenden
Milieu stattfindende Oxidation von Pyrit, verbunden mit der Sul-
fatfreisetzung, am besten minimiert werden kann, wenn das bindige
Bodenmaterial möglichst kompakt und verdichtet eingebaut und von
weiteren möglichst bindigen Bodenschichten überdeckt wird. Durch
die sehr geringen Wasserdurchlässigkeitsbeiwerte werden aus dem
bindigen Bodenmaterial sehr geringe Frachten bereits gebildeten Sul-
fats ausgetragen und die Neuentstehung von Sulfat aus Pyrit durch
weitestgehenden Sauerstoffabschluss minimiert bzw. unterbunden.
Der Grenzwert für die Verwertung des Materials liegt für Sulfat bei
150 mg/l und entspricht damit der Klasse Z2 gemäß Verwaltungsver-
ordnung Boden Baden-Württemberg [2]. Sulfaten im Allgemeinen
werden sogar heilende Eigenschaften zugesprochen, z. B. die Förde-
rung der Funktion der Bauchspeicheldrüse und Gallenblase. Sulfat
gilt als geeignet zur Reduzierung von erhöhten Blutfettspiegeln. In
der Mineralwasserindustrie werden zudem Mineralwässer mit deut-
lich höheren Sulfatgehalten als hier angeboten, z. B. San Pellegri-
no mit 430 mg/l oder noch extremer bei Sportmineralwässern mit
1.535 mg/l (Enzinger). Im Bereich der deutschen Trinkwasserverord-
nung liegt der Grenzwert für Sulfat auch höher, nämlich bei 250 mg/l.
Die Grenzwertdefinition beruht hierbei einerseits auf der Thematik

7
Geotechnische Untersuchungen

des Schutzes der Leitungen und Armaturen vor Korrosion als auch
auf der Thematik der Geschmacksbeeinflussung.

4 Verwertungsmöglichkeiten des veränderlichen


Tunnelausbruchmaterials
Allein schon aufgrund der großen Menge an Tunnelausbruch, die
in sehr kurzer Zeit anfällt, wurden im Zuge der Planung und Plan-
feststellung der Baumaßnahme die Verwertungsmöglichkeiten für
den Tunnelausbruch untersucht und so weit wie möglich planerisch
umgesetzt. In den erstellten Abfallkonzepten für die Verwertung und
Beseitigung des Aushubmaterials für die Ausschreibung gab es An-
gaben zu den voraussichtlichen abfallrechtlichen Einstufungen des
Tunnelausbruchs. In den Gutachten wurde auch auf die geogenen
Belastungen durch Sulfat eingegangen, jedoch nicht auf die durch
die Baumaßnahme bedingte Veränderlichkeit der Sulfatgehalte. Die
darauf basierenden Abfallkonzepte waren nunmehr durch die Verän-
derlichkeit des Materials im Parameter Sulfat, neu zu erstellen und an
die aktuellen Rahmenbedingungen anzupassen.
Um hinsichtlich der Verwertung des pyrithaltigen Tunnelausbruchs
eine einheitliche Regelung zu finden, hat das Umweltministerium
Baden-Württemberg nach umfassender fachlicher Diskussion am 7.
April 2017 den sogenannten Pyriterlass [3] veröffentlicht. Dieser Py-
riterlass war die Basis für die Verwertung in Verwertungsstellen ent-
sprechend der Erstdeklaration (Abschnitt 6), die Verwertung direkt
im Projektgebiet (Abschnitt 7) und die Verwertung in der kerami-
schen Industrie (Abschnitt 8).

5 Der Pyriterlass
Grundlage für den Pyriterlass des Umweltministeriums Baden-Würt-
temberg war dabei ein von der ICP erstelltes Gutachten über die
Randbedingungen und Auswirkungen der Verwertung von pyrithal-
tigem Material aus dem Tunnelbau der Neubaustrecke Wendlingen–
Ulm [4]. Die wesentlichen Inhalte des Gutachtens werden im Folgen-
den zusammenfassend dargestellt.

8
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

5.1 Voraussetzungen

5.1.1 Grundannahmen und Analyseerkenntnisse


Die Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums Baden-Würt-
temberg für die Verwertung von als Abfall eingestuftem Bodenma-
terial vom 14. März 2007 (VwV Boden) gilt als maßgebliche und
anerkannte Konvention zum Ausgleich der Interessen von Abfallwirt-
schaft, Boden- und Grundwasserschutz. Mit dieser Konvention wird
hinreichender Schutz von Mensch und Umwelt garantiert. Jegliche
Verwertung von Bodenaushubmaterial in Baden-Württemberg hat
sich also an der VwV Boden als maßstabsbildende Anforderung zu
orientieren. Die VwV wird mittelfristig von der Neufassung der Bun-
desbodenschutz- und Altlastenverordnung abgelöst. In dieser Neu-
fassung ist dem Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums
zufolge Sulfat kein Grenzwert mehr, sondern ein Screening-Parame-
ter. Dies bedeutet, im Hinblick auf Sulfat werden künftig ohnedies
Einzelfallbetrachtungen anzustellen sein, in der Art, wie nachfolgend
beschrieben.
Bezüglich des hier relevanten Parameters Sulfat ist damit die freie
und unbedingte Verwertbarkeit von Bodenaushubmaterial bei einem
Eluatwert von 50 mg/l Sulfat (= Z0 nach VwV Bodenverwertung) als
Konvention anerkannt. Somit gilt es, bei Bodenmaterial, das die po-
tenzielle Sulfatquelle Pyrit enthält, gleichwertige Situationen dauer-
haft wie folgt herzustellen.
Durch zusätzliche technische und betriebliche Maßnahmen ist der
Sulfataustrag aus dem pyrithaltigen Bodenmaterial geringer oder
gleich demjenigen aus Bodenmaterial mit dem Laborergebnis 50 mg/l
Sulfat in Verwertungskonfigurationen ohne zusätzliche technische
und betriebliche Maßnahmen zu gewährleisten.
Aus zahlreichen Untersuchungen zu Tunnelausbruchmaterial aus
dem Boßlertunnel am Albaufstieg konnte nachgewiesen werden, dass
aufgrund des bindigen Charakters (hoher Fein- und Feinstkornanteil:
ca. 30 bis 100 M.-% Schluff, ca. 20 bis 50 M.-% Ton) das Material
insbesondere bei lagenweisem, verdichtetem Einbau sehr dicht (was-
serundurchlässig) ist.
9
Geotechnische Untersuchungen

5.1.2 Randbedingung kompakter und verdichteter Einbau


Aufbauend auf mehreren Gefährdungsabschätzungen zum Thema
Sulfatfreisetzung konnte herausgearbeitet werden, dass die pyrit-
haltigen bindigen Böden bereits bei schwach verdichtetem Einbau
(Verdichtungsgrad DPr ≈ 90 % der einfachen Proctordichte) Wasser-
durchlässigkeitsbeiwerte im Bereich von kf ≈ 1 · 10–9 m/s aufweisen
(sehr schwach durchlässig nach DIN 18130). Bei einem lagenweisen,
verdichteten Einbau (DPr ≥ 95 bzw. 97 %) werden Wasserdurchlässig-
keitsbeiwerte im Bereich kf ≈ 10–10 bis 10–11 m/s erreicht.
Überträgt man die in Laborversuchen ermittelte Kornverteilung (grau
hinterlegter Bereich) in das Diagramm der Korngrößenklassen und
Durchlässigkeiten der Lockergesteine nach Krapp, ergibt sich Bild 4.
Das Tunnelausbruchmaterial kann daher als Grundwasserhemmer
mit sehr geringer Durchlässigkeit eingestuft werden.
Bei kompaktem Einbau (nicht großflächig verteilt, sondern mit einem
optimalen Dicke-Fläche-Verhältnis) durchsickern Niederschlagswäs-
ser entsprechend dicht eingebaute und undurchlässige Schichten
kaum und infolgedessen bildet sich entsprechend wenig Sickerwasser.

Bild 4.  Korngrößenklassen und Durchlässigkeiten der Lockergesteine


(Krapp 1979)
10
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Hieraus wurden die organisatorischen und baulichen Randbedingun-


gen für den schadlosen Einbau von pyrithaltigem Bodenmaterial für
den Pyriterlass abgeleitet (Abschnitt 5.3).

5.2 Vergleichsbetrachtungen
Für eine Grundwasserbeeinträchtigung durch Eintrag eines Stoffs in
das Grundwasser ist in erster Linie die Menge der gelösten Stoffe
in dem in das Schutzgut Grundwasser übertretenden Wassers von
Bedeutung. Die Fracht (Menge pro Zeiteinheit) setzt sich aus dem
Produkt aus Wassermenge und Konzentration des Wasserinhalts-
stoffs zusammen. Eine vergleichende Frachtenberechnung bezüglich
des Sulfataustrags aus dem eingebauten Körper kann vereinfacht über
die Grundwasserneubildungsrate bzw. das Darcy´sche Gesetz durch-
geführt werden. Maßgebliche Faktoren sind dabei die Durchlässigkeit
und die Sulfatkonzentration (Bild 5).
Geringe Konzentrationen bedeuten auch geringe Frachten. Hingegen
bedeutet eine Durchlässigkeit von 10–5 m/s eine exponentiell höhere
Sulfatfracht gegenüber einer Durchlässigkeit von 10–10 m/s.
Legt man eine Verwertungsstelle mit zulässigen Sulfatkonzentrationen
von 50 mg/l (Z0) zugrunde, ergibt sich für eine durchschnittliche Durch-
lässigkeit kf ≈ 1 · 10–5 m/s und eine durchschnittliche Niederschlagsmen-
ge die im Folgenden exemplarisch ermittelte zulässige Sulfatfracht.

Bild 5.  Sulfatfracht in Abhängigkeit


von Durchlässigkeit und Sulfatkonzentration

11
Geotechnische Untersuchungen

5.2.1 Sulfatfracht pyritfreies Z0-Material


Ab einem Durchlässigkeitsbeiwert von größer ca. kf ≥ 1 · 10–7 m/s
kann zumindest im Jahresmittel mehr Wasser versickern als Nieder-
schlag fällt (Bild 6). Maßgeblich für die Betrachtung ist hier daher
nicht die Durchlässigkeit, sondern die Niederschlagsmenge.
Unter der realistischen Annahme eines durchaus üblichen Durchläs-
sigkeitsbeiwerts im eingebauten Zustand von kf = 1 · 10–5  m/s (z. B.
ein Feinsand, schluffig, leicht mittelsandig) bei einem Zuordnungs-
wert Z0 von 50 mg/l Sulfat im Eluat, würde innerhalb eines Quad-
ratmeters dieses Materials bei einem durchschnittlichen Jahresnie-
derschlag von 830 mm/a und einer Grundwasserneubildungsrate von
40 % ca. 330 l Sickerwasser mit einer Menge (Fracht) von ca. 16,5 g
Sulfat pro Jahr versickern.

5.2.2 Sulfatfracht pyrithaltiges Material


Ab einem Durchlässigkeitsbeiwert von ca. kf ≤ 1 · 10–8 m/s wirkt das
zu durchsickernde Material als Wasserstauer gegenüber dem Nieder-
schlag und begrenzt damit die Sickerwasserbildung bzw. die Grund-
wasserneubildung, d. h. die Durchlässigkeit wird zum limitierenden
Faktor.
Bei einem Wasserdurchlässigkeitsbeiwert von kf = 5 · 10–9 m/s, wie
er in der VwV unter Ziffer 5.4.5 für einen selbstabdichtenden Boden
angesetzt wurde, wären dies nach Darcy.
Q/a = kf ∙ i ∙ F [m³/s]
Q/a = 5 ∙ 10–9 m/s ∙ 1 ∙ 1 ∙ 3.600 s ∙ 24 h ∙ 365 d = 0,15768 m3/a =
157,68 l/a Wasser
mit
Q/a Sickerwassermenge pro Jahr [m³ bzw. l],
kf Wasserdurchlässigkeitsbeiwert [m/s],
i Hydraulischer Gradient [–], hier vereinfacht angenommen als 1,
F Fläche [m²].

12
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Bild 6.  Abhängigkeit der Sickerwassermenge von der Durchlässigkeit

Damit ergeben sich die in der Tabelle 1 zusammengestellten Sulfat-


frachten.
Die im ersten Beispiel mit kf = 1 · 10–5 m/s in das Grundwasser abge-
gebenen ca. 16,5 g Sulfat würden im zweiten Beispiel mit einem sehr

Tabelle 1.  Sulfatfrachten bei verschiedenen Konzentrationen


und Durchlässigkeiten

kf Q/a Sulfatfracht in g/a bei Sulfatkonzentrationen (in mg/l) von …

    50 mg/l 100 mg/l 200 mg/l 300 mg/l 500 mg/l 1.000 mg/l 1.500 mg/l

[m/s] [l/a] [g/a] [g/a] [g/a] [g/a] [g/a] [g/a] [g/a]

1E-05 330 16,5            

5E-09 157,7 7,9 15,8 32 47 79 158 237

1E-09 31,5 1,6 3,2 6,3 9,5 15,8  32  47

5E-10 15,8 0,8 1,6 3,2 4,7 7,9  15,8  24

4E-10 11,0 0,6 1,1 2,2 3,3 5,5  11,0  16,6

1E-10 3,2 0,2 0,3 0,6 0,9 1,6   3,2   4,7

13
Geotechnische Untersuchungen

viel geringeren Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 3,5 · 10–10 m/s auf-


grund der geringen Menge an Sickerwasser eine Konzentration von
ca. 1.500 mg/l erlauben (über das 90fache), um im Ergebnis die gleiche
Menge (Fracht) an Sulfat in das Grundwasser abzugeben (Bild 7).
Die bisher an weit über 100 Eluatanalysen nach Pyritoxidation gemes-
senen Sulfatkonzentrationen liegen beim Boßlertunnel im Mittel bei
ca. 150 mg/l. Die gemessenen Höchstwerte liegen im Bereich von ca.
300 mg/l. Für kf-Werte bis 1 · 10-9 m/s liegen die theoretisch zu erwar-
tenden Frachten selbst bei Ausgangskonzentrationen von 500 mg/l
noch unter der Referenzkonzentration von 16,5 mg/a. Diese Fracht ist
rein hypothetisch und entsteht aus der Worst-Case-Annahme, dass
nämlich das Material in einer sulfatlöslichen Form abgelagert wird.
Aber es ist gerade Zweck und Folge der im Pyriterlass vorgeschlage-
nen Maßnahmen, dass das Pyrit in der unlöslichen Form, weil von
Atmosphärilien abgeschirmt, verbleibt.

5.3 Einbaubedingungen nach Pyriterlass


Aufgrund der nachgewiesenen geringen Wasserdurchlässigkeit der
pyrithaltigen Tone und Mergel aus dem Boßler- und Albvorlandtun-
nel und der daraus resultierenden geringen Sulfatfrachten kann pyrit-
haltiges Material aus den Tunnelbaumaßnahmen eingebaut werden,
sofern es die Zuordnungswerte in der Deklarationsanalyse einhält und

Bild 7.  Sulfatfrachten in Abhängigkeit des kf-Werts


und der Ausgangskonzentration
14
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

die Tunnelherstellung bei der bisherigen maschinellen Vortriebstech-


nik bleibt. Das ausgebrochene Material ist dabei so abzulagern, dass
die ursprünglichen natürlichen geologischen Verhältnisse, soweit wie
technisch möglich, wiederhergestellt werden. Somit ist es erforder-
lich, beim Wiedereinbau des Materials ohne Zeitverzug vorzugehen
und besondere Sorgfalt walten zu lassen.
Im Pyriterlass [2] wurden die folgenden Randbedingungen zum Ein-
bau der pyrithaltigen Tunnelausbruchmaterialen festgelegt:
1. „Zeitnahes Einbauen unmittelbar nach Anfall, d. h. ohne Zwi-
schenlagerung. Die maximale Offenlagezeit im Bereich des Tun-
nelportals soll eine Woche nicht überschreiten; kann dieses nicht
sichergestellt werden, ist eine neue Beprobung und eine Überprü-
fung der Einbaudichte (siehe 3) durchzuführen,
2. Kompaktes Einbauen der gesamten Kubatur, d. h. keine großflächi-
ge Ausbreitung und Einbau in Monobereichen,
3. Lagenweiser, verdichteter Einbau nach den allgemein anerkannten
Regeln der Technik, um einen kf-Wert < 10–9 m/s sicherzustellen,
4. Ordnungsgemäßes und planvolles Ableiten von Niederschlags-
wasser durch erosionsstabile, arbeitstägliche Profilierung (mit
ausreichendem Gefälle),
5. Vor größeren Betriebspausen oder nach Abschluss der Verfüllung
Einbau einer pyritfreien bindigen Schicht mit gleicher oder größe-
rer Dichtigkeit wie der Schüttkörper sowie einer Mindestdicke von
80 cm in zwei Lagen,
6. Einbeziehen vorhandener Grundwassermessstellen in ein Grund-
wassermonitoring.
Des Weiteren können besondere hydrogeologische Verhältnisse wie die
Lage in einem Wasserschutzgebiet Zone III oder Zone IIIA bzw. die
Nähe zu Wasserfassungen über die Nummern 1 bis 6 hinausgehend
ergänzende Maßnahmen bzw. Auflagen erfordern. Es bleibt somit den
zuständigen Behörden unbenommen, weitere Auflagen zu erteilen oder
die Verfüllung mit pyrithaltigem Material gänzlich zu versagen.“

15
Geotechnische Untersuchungen

5.4 Qualitätssicherung nach Pyriterlass


Die Betrachtung über die Sulfatfracht ist im Wesentlichen an die Was-
serdurchlässigkeit des eingebauten Materials geknüpft. Zur Sicher-
stellung der geforderten Durchlässigkeit formuliert der Pyriterlass
daher eine umfassende Qualitätssicherung durch eine Eigen- und eine
Fremdüberwachung.

5.4.1 Fremdüberwachung und Charakterisierung


des ­Tunnelausbruchmaterials an der Anfallstelle
Nach dem Pyriterlass ist die unabhängige mit den Behörden abge-
stimmte und akkreditierte Fremdüberwachung verantwortlich für
die geochemische und -technische Charakterisierung des Tunnelaus-
bruchmaterials. Die Betreiber der Verfüllungen haben diese Charak-
terisierung ihrer Betriebsweise zugrunde zu legen. Davon ausgehend,
dass kontinuierlich sieben Tage/Woche Ausbruchmaterial entsteht,
umfasst die Charakterisierung des ausgebrochenen Materials Folgen-
des:
Zu Betriebsbeginn und bei signifikantem Materialwechsel umfasst
die Fremdüberwachung gemäß den einschlägigen DIN-Vorschriften
–– eine Materialidentifikation und Bewertung der Stückigkeit, der
Homogenität und der technischen Verdichtungsfähigkeit zum Er-
reichen des geforderten Einbauparameters Wasserdurchlässigkeit
mit einem kf-Wert ≤ 1 · 10–9 m/s,
–– die Ermittlung der Kornverteilung,
–– die Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit,
jeweils in einem Umfang, dass eine mit der Proctordichte/Einbau-
dichte korrelierende Wasserdurchlässigkeit mit einem kf-Wert
≤ 1 · 10–9 m/s festgestellt werden kann.
Im laufenden Betrieb umfasst die Fremdüberwachung
–– Feststellung der Kornverteilung: arbeitstäglich,
–– Feststellung der Proctordichte: an jedem zweiten Betriebstag,
–– Feststellung der damit korrelierenden Wasserdurchlässigkeit:
an jedem zehnten Betriebstag,
–– Untersuchung des Eluats (1 : 10) auf Sulfat: an jedem zweiten
Betriebstag.
16
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

5.4.2 Unabhängige Eigen- und Fremdüberwachung


der ­Verfüllung an der Verwertungsstelle
Der Pyriterlass regelt über die ggf. festgelegte behördliche Überwa-
chung der jeweiligen Verwertungsstellen hinaus, dass eine unabhän-
gige Eigenüberwachung des Betreibers die Einhaltung der genannten
Randbedingungen sowie ggf. weiterer von der zuständigen Behörde
im Einzelfall erlassener Auflagen zu überwachen hat.
Die unabhängige Eigenüberwachung hat alle 5.000 t Einbaumenge,
mindestens aber wöchentlich, die erzielte Einbaudichte zu prüfen.
Werden die vorausgesetzten Einbaudichten nicht erreicht, ist dies
umgehend der zuständigen Behörde und der Fremdüberwachung zu
melden.
Die Fremdüberwachung hat unangekündigte Überprüfungen der
Verfüllungen vorzunehmen. Dies sollte mindestens einmal in zwei
Wochen oder mindestens alle 10.000 t Einlagerungsmenge gesche-
hen. Dabei hat sie die Qualität der unabhängigen Eigenüberwachung
und die Einhaltung der genannten Randbedingungen sowie ggf. wei-
terer von der zuständigen Behörde im Einzelfall erlassener Auflagen
zu bewerten.

5.4.3 Dokumentation nach Pyriterlass


In Absprache mit der zuständigen Behörde ist die Fremdüberwa-
chung und die unabhängige Eigenüberwachung zu dokumentieren
und dieser vorzulegen. Hierfür wurden inzwischen Musterdokumen-
tationen erarbeitet.

6 Verwertung in Verwertungsstellen nach Pyriterlass


Im Projektabschnitt des Albvorlandtunnels PFA 2.1 wurde der über-
wiegende Teil des Tunnelausbruchs bisher über den Pyriterlass ver-
wertet. Dabei wurden in Abstimmung mit den jeweiligen Behörden
drei externe Verwertungsstellen in umliegenden Steinbrüchen nach
Pyriterlass genehmigt. Bis Ende 2018 und innerhalb von elf Monaten
wurden ca. 1,4 Mio. t qualitätsgesichert in diesen drei Verwertungs-
stellen eingebaut (Bild 8).
17
Geotechnische Untersuchungen

Bild 8.  Ansicht auf die Einbaufläche im Steinbruch Rösch im März 2018

Durch die Fremdüberwachung wurden fortlaufend Proben des Aus-


bruchmaterials am Abwurfplatz entnommen. Über Kornverteilun-
gen, Proctorkurven und kf-Versuche wurde das Ausbruchmaterial
fortlaufend geotechnisch charakterisiert. Auf der Grundlage dieser
Versuche wurde eine Materialidentifikation mit den zu erreichenden
Einbaudichten und Wassergehalten erstellt und bei Veränderungen
angepasst. Die Einhaltung der Vorgaben dieser Materialidentifikation
erfolgte dabei sowohl durch die Eigen- als auch die Fremdüberwa-
chung (Bild 9). Dabei zeigte sich, dass mit kleineren Anpassungen,
z. B. des Wassergehalts oder der Einbaubedingungen im Winter, die
Vorgaben gut eingehalten werden konnten. Die Bestimmungen der
Fremdüberwachung zum kf-Wert an vor Ort entnommen Stechzy-
lindern ergab fast durchgängig kf-Werte von >> 10–9 m/s. Auch alle
weiteren Vorgaben des Pyriterlasses konnten in den genehmigten
Verwertungsstellen gut umgesetzt werden.

18
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Bild 9.  Entnahme einer


Stechzylinderprobe am
Rand des Monokörpers
zur Prüfung der Fläche auf
ausreichende Verdichtung
(6. Februar 2018)

7 Verwertung direkt im Projektgebiet nach Pyriterlass


Es wurden ebenfalls lokale Lösungen zur Reduktion der Transport-
wege und Verringerung der Projektkosten angestrebt. Diese waren
einerseits die Wiederverfüllung des Zugangstunnels Umpfental des
Boßlertunnels und andererseits die Befüllung der zum PFA 2.2 zu-
gehörigen Seitenablagerung F8 im Bereich Portal Hohenstadt des
Steinbühltunnels und zweier weiterer Seitenablagerungen im Bereich
des PFA 2.1.
Der Zugangstunnel Umpfental wurde als Zwischenangriff für die Her-
stellung des Boßlertunnels errichtet, und im Zuge der Planfeststellung
war eine Wiederverfüllung verpflichtend vorgegeben. Somit war hier
ein Potenzial von 160.000 t zum Einbau von pyrithaltigem Material
vorhanden. Während der Abstimmungen mit der Behörde wurden auf
Basis des Pyriterlasses die Einbaubedingungen definiert und das Ma-
terial aus dem Vortrieb der TVM wieder eingebaut (Bilder 10 und 11).

19
Geotechnische Untersuchungen

Bild 10.  Längsschnitt der Verfüllung Zwischenangriff Umpfental

Bild 11  Einbau von pyrithaltigem Material im Zugangstunnel Umpfental

Eine weitere im Projektgebiet umgesetzte Verwertung war die Nut-


zung einer bestehenden Seitenablagerung im Bereich des Steinbühl-
tunnels durch den Einbau von 300.000 t pyrithaltigem Material. Hier-
bei wurde das Material nach den vorgeschriebenen Randbedingungen
des Pyriterlasses verdichtet eingebaut. Unterhalb des pyrithaltigen
Materials wurde ein Flächenfilter mit Filterkies, Geotextil und einer
bindigen Schutzschicht eingebaut und darüber hinaus mit pyritfreiem
Material (80 cm) mit gleicher oder größerer Dichtigkeit abgedeckt
(Bild 12). Die Verwertungen in den Seitenablagerungen im PFA 2.1
sind für Mitte 2019 gemäß Bild 13 geplant.
20
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Bild 12.  Schichtenaufbau in der Seitenablagerung F8

Bild 13.  Schichtenaufbau in der Seitenablagerung des Albvorlandtunnels

8 Verwertung in der keramischen Industrie


Die Ton- und Mergelgesteine der TVM-Tunnel sind aufgrund ihrer
Eigenschaften bestens geeignet, um in der Ziegelindustrie verwendet
zu werden.
Wesentlich für das Potenzial zur Nutzung des Materials in der Zie-
gelindustrie war die gute und gleichbleibende Qualität des Materials
und die konstante Belieferung der Ziegelwerke, um für einen langen
Zeitraum identische Rezepturen gewährleisten zu können.
Die Einbaurahmenbedingungen des Pyriterlasses mussten bei den
Genehmigungen der Verwertungsstellen für die keramische Verwer-
tung ebenfalls berücksichtigt werden. Das bedeutet, pro Tag mussten
21
Geotechnische Untersuchungen

10.000 bis 12.000 t Material aus dem Vortrieb abtransportiert werden


und anschließend entsprechend den Lieferungsbedingungen des Er-
lasses, z. B. Einbau in Monobereiche, Verdichtung und Profilierung,
zwischengelagert werden.
Die keramische Verwertung war insbesondere durch den Einsatz der
TVM in beiden Abschnitten möglich, da keine Verunreinigungen des
Materials durch Sprengschnüre oder Spritzbeton erfolgten. Insgesamt
wurden ca. 70 % des Materials vom Boßlertunnel und ca. 25 % des Ma-
terials des Albvorlandtunnels der keramischen Verwertung zugeführt
und werden über die nächsten Jahre zu Mauerziegeln verarbeitet.

9 Vor dem Pyriterlass verwertetes pyrithaltiges


Tunnelausbruchmaterial
Für alle Standorte, die pyrithaltiges Tunnelausbruchmaterial des Boß-
lertunnels vor den Erkenntnissen über die Veränderlichkeit nach dem
Ausbruch, verwerteten, wurde in Abstimmung mit den Behörden eine
Gefährdungsabschätzung für das Schutzgut Grundwasser erstellt. Für
das bereits eingelagerte Material konnte über eine Frachtenberech-
nung nachgewiesen werden, dass der Sulfataustrag bei einem ver-
dichteten Einbau des Materials vom Boßlertunnel auch bei höheren
Sulfatkonzentrationen im Eluat als 50 mg/l in Summe nicht größer ist
als bei einem Material mit einer Sulfatkonzentration < 50 mg/l.
Diese Frachtenberechnung hat es ermöglicht, über gutachterlichen
Nachweis alles eingelagerte Material in den Verwertungsstellen zu
belassen und zukünftig für eine rechtssichere Verwertung des Materi-
als zu sorgen. Es wurde aufgrund des veränderlichen Sulfatgehalts
kein Material aus Verwertungsstellen ausgebaut. Eine unerwünschte
Beeinträchtigung des Schutzguts Grundwasser wurde nicht festge-
stellt (Bild 14).

10 Zusammenfassung
Die neuen Verwertungslösungen nach Pyriterlass im Projektgebiet
bzw. in der keramischen Industrie konnten durch die kooperative
Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten (Auftragnehmer, Verwer-

22
I.  Tunnelausbruch mit veränderlichen Abfall­eigenschaften

Bild 14.  Beprobung des bereits eingebauten Tunnelausbruchs

tungsunternehmen, Behörden und Auftraggeber) ohne wesentliche


vortriebsbehindernden Einflüsse entwickelt werden. Mit dem Pyriter-
lass wurde durch das Umweltministerium Baden-Württemberg auf-
bauend auf den bestehenden Regelungen der VwV Boden eine in der
Praxis gut umsetzbare und für das Schutzgut Grundwasser sichere
Herangehensweise entwickelt. Basis hierfür stellt die Frachtenberech-
nung dar, die eine deutlich bessere Möglichkeit zur Beurteilung der
Auswirkung auf das Grundwasser darstellt als eine reine Betrachtung
der Grenzwerte nach VwV Boden.
Die Herangehensweise über eine Frachtenbetrachtung wurde inzwi-
schen auch für weitere geogene Parameter und die Bewertung der
Auswirkungen zugesetzter, bautechnisch notwendiger Hilfsstoffe und
Additive angewendet. Am Albvorlandtunnel wurde z. B. ein Weg zur
Bewertung der Abfalleigenschaften bzw. des Gefährdungspotenzials
für das Grundwasser für die teilweise bautechnisch notwendigen Ten-
side erarbeitet.
Aufgrund der über den Einbau nach Pyriterlass sichergestellten ge-
ringen Durchlässigkeiten von 10–9 m/s des verwerteten Tunnelaus-
bruchmaterials des Albvorlandtunnels und der daraus resultierenden
geringen Tensidfrachten, konnte unbeachtet der nachweislich statt-
findenden Abbauprozesse der Tenside oder den vorhandenen Un-
schärfen in der Ermittlung des Summenparameters Methylenblau-In-
dex (MBAS) festgehalten werden, dass bis zu einem MBAS-Wert von
2,1 mg/l, die MBAS-Fracht, der Fracht eines Bodens mit 0,2 mg/l und
23
Geotechnische Untersuchungen

einer durchschnittlichen Durchlässigkeit von 10–5 m/s entspricht. So-


mit war das angesetzte Kriterium der Trinkwasserverordnung bis zu
einem Eingangs-MBAS von 2,1 mg/l eingehalten.
Das Beispiel des Pyriterlasses und der anderen dargestellten Verwer-
tungswege zeigt hier, dass in guter Zusammenarbeit mit den betei-
ligten Behörden auch für unvorhergesehene Probleme in kurzer Zeit
eine fachlich sehr fundierte und praktikable Lösung gefunden werden
kann.

Literatur
[1] www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de
[2] Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums für die Verwertung von
als Abfall eingestuftem Bodenmaterial; http://gaa.baden-wuerttemberg.
de/servlet/is/16033/4_2_8.pdf [Zugriff 4.6.2019].
[3] Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württem-
berg (2017) Verwertung von pyrithaltigem Bodenaushubmassen in Verfül-
lungen und Abgrabungen – Pyriterlass. 7. April 2017.
[4] ICP Karlsruhe (2017) Gutachterliche Stellungnahme über Randbedingun-
gen und Auswirkungen der Verwertung von pyrithaltigem Material aus dem
Tunnelbau der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm. 22. März 2017.

24
Konventioneller bergmännischer
­Tunnelbau
I. Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels
in der Umgebung der Tunnelröhren für das
Bahnprojekt ­Stuttgart – Ulm
Martin Wittke, Walter Wittke, Dieter Schmitt, Günter Osthoff
Etwa 17 km der für das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm im Stadtgebiet von Stutt-
gart aufgefahrenen Tunnel liegen im Einflussbereich des anhydritführenden
Gebirges. Die Tunnel werden sowohl in Spritzbetonbauweise als auch mit ei-
ner Tunnelvortriebsmaschine (TVM) mit einem einschaligen Tübbingausbau
aufgefahren. Die Planung und Ausführung der Tunnelbauten werden von
der WBI GmbH durchgeführt. Ein wesentliches Element für den erfolgreichen
Bau der Tunnel bilden Abdichtungsinjektionen, mit denen die durch die Vor-
triebsarbeiten entstandene Auflockerungszone abgedichtet werden soll. Der
Beitrag beinhaltet eine kurze Baugrundbeschreibung sowie Erläuterungen zu
Planungsvorgaben und die Wahl des Injektionsguts für die Abdichtungsinjek-
tionen. Weiterhin wird über die Bauausführung, die Bauüberwachung und die
Ergebnisse der Injektionen berichtet. Mit der Maßnahme konnte das für die
Tunnel nach Ober- und Untertürkheim erforderliche Abdichtungsziel von 10–8
bis 10–9 m/s erreicht werden.
Grouting for sealing of jointed rocks in the vicinity of the tunnels of the
railway project Stuttgart–Ulm
Approx. 17 km of the tunnels for the large-scale railway project Stuttgart – Ulm
are located in the area of influence of anhydrite bearing rocks. The tunnels are
constructed by drill and blast as well as by a TBM with a segmental lining. De-
sign and construction of the tunnel sections in the swelling rocks are and have
been carried out on the basis of long-term research and development works
conducted by WBI. Of special importance for successful tunneling in swelling
rocks are grouting works in order to seal the loosened zone around the tunnels
resulting from heading works. In the given paper the project and the relevant
Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

25
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

ground conditions are outlined. On this basis the design of the grouting works
and the background for the selection of the adequate materials for grouting
are explained. Furthermore, the execution and supervision of the works as well
as the results of grouting are described. The grouting works have been success-
ful and the target value for the permeability of 10-8 to 10-9 m/s, relevant for the
tunnels to Ober- and Untertürkheim has been achieved.

1 Aufgabenstellung
Für das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm müssen 58,8 km Tunnel im Stadt-
gebiet von Stuttgart aufgefahren werden. Über eine Länge von etwa
17 km liegen diese Tunnel im Einflussbereich des anhydritführenden
Gipskeupers (Bild 1). Die Tunnel vom neuen Hauptbahnhof nach Feu-
erbach, Bad Cannstatt und nach Ober- und Untertürkheim werden in
Spritzbetonbauweise errichtet. Die Vortriebsarbeiten in den anhydrit-
führenden Bereichen sind in all diesen Tunneln erfolgreich abgeschlos-
sen. Derzeit erfolgt der Einbau der Innenschalen. Der Fildertunnel wird
sowohl konventionell in Spritzbetonbauweise als auch mit einer Tun-
nelvortriebsmaschine (TVM) mit einschaligem Tübbingausbau aufge-
fahren. Auch hier sind die konventionellen Vortriebe im Anhydrit been-
det und der Einbau der Innenschalen hat begonnen. Derzeit erfolgt die
vierte Schildfahrt, die im Jahr 2019 abgeschlossen werden wird [1–4].
Die Planung und Ausführung der Tunnelbauten im Anhydrit erfolgen
auf der Grundlage langjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit,
die von der WBI GmbH durchgeführt und in einschlägigen Veröffent-
lichungen publiziert wurde [3, 5–11].
Ein wesentliches Element für den erfolgreichen Bau der Tunnel bilden
Abdichtungsinjektionen, mit denen die durch die Vortriebsarbeiten
entstandene Auflockerungszone in der Umgebung der Tunnelröhren
abgedichtet werden soll, um Wasserzutritte in das anhydritführende
Gebirge langfristig zu unterbinden oder zumindest zu verringern.
Im vorliegenden Beitrag werden die aus der Planung resultierenden
Vorgaben für die Injektionen erläutert. Außerdem werden die Gründe
für die Wahl des Injektionsmittels vorgestellt und über die Bauaus-
führung, -überwachung und die Überprüfung des Injektionserfolgs
berichtet.
26
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 1.  Stuttgart 21, Tunnelabschnitte im anhydritführenden Gebirge

2 Unausgelaugter Gipskeuper
Ausführliche Informationen über die Eigenschaften der verschiede-
nen Schichtglieder im Stuttgarter Baugrund sind in [12–16] enthal-
ten. Im vorliegenden Beitrag werden nur im Hinblick auf die Injek-
tionen wesentliche Eigenschaften des unausgelaugten Gipskeupers
beschrieben.
Der Gipskeuper ist ein sulfatführendes Tongestein. Er tritt im Stutt-
garter Baugrund in drei Formen in Erscheinung [16]. Im Ausgangs-
zustand handelt es sich um Tonsteine, in die Anhydrit (CaSO4) in
Lagen, fein verteilt oder in Knollen eingelagert ist (Bild 2). Der Fels
ist im Stuttgarter Raum meist horizontal geschichtet und vertikal
geklüftet. Lediglich in der Nähe von Störzonen oder als Folge von
Auslaugungs- oder Quellerscheinungen sind auch geneigte Schicht-
flächen zu erwarten.
Aufgrund von Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass die
schichtparallelen Trennflächen, die eine gewisse Öffnungsweite auf-
weisen und somit für eine Sickerströmung durchgängig sind, einen
mittleren Abstand von ca. 10 cm besitzen. Die Klüfte setzen sich häu-
28
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

fig an den Schichtfugen ab. Über weite Strecken durchgängige Klüfte,


wie sie das Foto in Bild 2 zeigt, wurden während der Vortriebsarbeiten
für das Projekt Stuttgart 21 nur selten angetroffen. Der gegenseitige
Abstand der für eine Sickerströmung durchgängigen Klüfte wird mit
ca. 1 m angenommen (Bild 2).
Die Durchlässigkeit des unausgelaugten Gipskeupers in horizontaler
Richtung wurde im Zuge der Vorerkundungen durch Versuche in
vertikalen Bohrungen bestimmt. Die aus den einzelnen Versuchen re-
sultierenden Durchlässigkeitsbeiwerte streuen um Zehnerpotenzen.
Für die Grundgipsschichten, die Dunkelroten Mergel, den Mittleren
Gipshorizont und die Estherienschichten wurde in 197 Versuchen ein
geometrisches Mittel für die horizontale Durchlässigkeit des Felses
von 6,3 ∙ 10–9 m/s bestimmt (Bild 3). Unter Berücksichtigung der
­Gesetze der Spaltströmung nach [8] ergeben sich für den angenom-
menen Abstand der Schichtfugen von 10 cm für diese Durchlässigkeit
Öffnungsweiten der Schichtfugen von ca. 0,01 mm.
Die Leithorizonte Bochinger Horizont und Bleiglanzbank besitzen
eine etwas höhere Durchlässigkeit als die übrigen Schichtglieder des
Gipskeupers. Hier beträgt das geometrische Mittel für den horizonta-
len Durchlässigkeitsbeiwert aus 132 Versuchen 5,6 ∙ 10–8 m/s (Bild 3).
Geht man auch hier von einem mittleren Abstand der Schichtfugen
von 10 cm aus, ergibt sich eine mittlere Öffnungsweite der Schichtfu-
gen im Ausgangszustand von ca. 0,02 mm. Tatsächlich dürfte der Ab-
stand der Schichtflächen hier größer sein, sodass die Öffnungsweite
der schichtparallelen Trennflächen auch noch größer ist.
Zur Bestimmung der Durchlässigkeit des Gipskeupers in vertikaler
Richtung, d. h. entlang der Klüfte, liegen keine Ergebnisse von La-
bor- und Feldversuchen vor. Da sich die Klüfte jedoch meist deutlich
weniger weit erstrecken als die schichtparallelen Trennflächen und
da der gegenseitige Abstand der Klüfte deutlich größer ist als der der
schichtparallelen Trennflächen, kann man davon ausgehen, dass die
Durchlässigkeit des Gebirges in vertikaler Richtung im Mittel deutlich
kleiner ist als in horizontaler Richtung.

30
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 2.  Unausgelaugter Gipskeuper, Gefügemodell und Kennwerte


(Foto: Bauüberwachung Tunnel Obertürkheim)

Bild 3.  Unausgelaugter Gipskeuper: Durchlässigkeit in horizontaler Richtung,


Ergebnisse der Feldversuche aus den Baugrunderkundungen

32
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Geht man davon aus, dass die mittleren Öffnungsweiten der schicht-
parallelen Trennflächen und der vertikalen Klüfte gleich groß sind,
ergeben sich unter Annahme des größeren Trennflächenabstands
Durchlässigkeitsbeiwerte für eine vertikale Trennflächenschar von
–– kf,Kluft ≈ 6 ∙ 10–10 m/s für Grundgipsschichten, Dunkelroten
­Mergel, Mittleren Gipshorizont, Estherienschichten bzw.
–– kf,Kluft ≈ 5 ∙ 10–9 m/s für Bochinger Horizont und Bleiglanzbank.
Tatsächlich dürfte die Durchlässigkeit des Felses in vertikaler Richtung,
wie die nachstehende Betrachtung zeigt, zumindest für die Grundgips-
schichten, die Dunkelroten Mergel, den Mittleren Gipshorizont und die
Estherienschichten im Ausgangszustand noch geringer sein.
Mit den vier Tunnelröhren nach Ober- und Untertürkheim wurde der
Neckar unterfahren. Die Firste der beiden oben liegenden Tunnel der
Achsen 61 nach Obertürkheim und 713 nach Untertürkheim haben
in diesem Bereich einen Abstand vom Wasserspiegel des Neckars
von 12,5 m (Bild 4) [11]. Die Felsüberdeckung zwischen Tunnelfirste
und Lockergestein unterhalb des Neckarbetts beträgt ca. 6,5 m. Das
Gefälle für die Sickerströmung des dadurch dem Tunnel zusickernden
Wassers beträgt ca. i = 1. Eine einfache Berechnung zeigt, dass dem
Tunnel bei Annahme einer Wasserdurchlässigkeit des Felses von 10–8
bzw. 10–9 m/s Wassermengen von 1.500 bzw. 150 l am Tag hätten
zufließen müssen. Tatsächlich war der Tunnel aber beim Vortrieb
trocken. Mit der Annahme eines Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts von
kf,v = 10–10 m/s würden dem Tunnel etwa 15 l Wasser pro Tag zuflie-
ßen (Bild 4). Eine solche Menge könnte u. U. verdunstet sein und wür-
de den Tunnel trotzdem trocken aussehen lassen. Die Wasserdurch-
lässigkeit des ungestörten unausgelaugten Gipshorizonts in vertikaler
Richtung dürfte daher kf,v ≤ 10–10 m/s betragen.

34
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 4.  Unausgelaugter Gipskeuper: Abschätzung der vertikalen


Durchlässigkeit auf der Grundlage der Beobachtungen bei der
Neckarunterfahrung

3 Planerische Vorgaben für die Injektionen im Anhydrit


Wie in Abschnitt 2 erläutert, besitzt der unausgelaugte Gipskeuper im
ungestörten Zustand eine sehr geringe Wasserdurchlässigkeit. Infolge
des Tunnelbaus kommt es jedoch zu Spannungsumlagerungen im
Gebirge und somit zu einer Scher- bzw. Schubbeanspruchung auf den
Trennflächen [6, 8]. Diese führt zu dilatanten Verschiebungen und
somit zu einer Vergrößerung der Öffnungsweite der Trennflächen.
Da die Durchlässigkeit des Felses in der dritten Potenz von der Trenn-
flächenöffnungsweite abhängt, nimmt auch die Durchlässigkeit des
Felses infolgedessen überproportional zu [6, 8]. Örtlich kann dieser
Effekt auch durch Zugspannungen verstärkt werden.
Durch die so entstandene Auflockerungszone, die im Vergleich zum
umgebenden Gebirge eine erhöhte Durchlässigkeit besitzt, kann,
sofern eine Verbindung zum wasserführenden Gebirge vorhanden
ist, Wasser in die anhydritführenden Schichten eindringen und dort
Quellvorgänge auslösen (Bild 5) [6, 8].

36
Content deleted for legal reasons
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 5.  Phänomene beim Tunnelbau im anhydritführenden Gebirge

Die Ausdehnung der Auflockerungszone und das Maß, um das sich


die Trennflächenöffnungsweiten vergrößern, können mit dem
WBI-eigenen Programmsystem FEST03 numerisch ermittelt werden.
Sie hängen u. a. von der Überlagerungshöhe, den Bauwerksabmessun-
gen, der Abschlaglänge und der Sicherung des Tunnels sowie von der
Festigkeit und Rauigkeit der Trennflächen ab.
Beispielhaft ist in Bild 6a die für einen Abschnitt des Tunnels nach
Ober- und Untertürkheim infolge von Ausbruch und Sicherung errech-
nete Erhöhung der vertikalen Durchlässigkeit dargestellt. Es zeigt sich,

38
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

Bild 6.  Berechnungsergebnis der Erhöhung der Durchlässigkeit des Gebirges


in vertikaler Richtung infolge Ausbruch und Sicherung: a) Regelbereich;
b) Dammring

dass sich die Durchlässigkeit am Übergang von der Ulme zur Firste und
am Übergang von der Ulme zur Sohle deutlich vergrößert. Rechnerisch
ergeben sich Durchlässigkeitsbeiwerte von max. 10–3 m/s, die sieben
Zehnerpotenzen größer sind als der Ausgangswert. Die Zone, in der
sich die vertikale Durchlässigkeit im Vergleich zum Ausgangszustand
nennenswert erhöht, reicht ca. 2 bis 3 m in den Fels. Dieser Bereich
muss durch Injektionen abgedichtet werden, wenn er, wie im vorgestell-
ten Fall, eine Verbindung zu wasserführendem Gebirge besitzt.
Dementsprechend werden bei den Tunneln des Projekts Stuttgart
21 umfangreiche Injektionen durchgeführt (Bild 7). Die Länge und
die Verteilung der Injektionsbohrungen werden in Abhängigkeit von
den jeweiligen Randbedingungen gewählt. Für das hier dargestellte
Beispiel wurden 4 m lange Injektionsbohrungen in der oberen Quer-
schnittshälfte ausgeführt (s. Abschnitt 5).
An den Übergängen von den sogenannten wasserführenden Berei-
chen, in denen die Auflockerungszone in der Nähe von wasserfüh-
renden Schichten liegt, zu den trockenen Bereichen, in denen die
Tunnel einen ausreichend großen Abstand zu wasserführenden Ge-
birgsabschnitten besitzen, werden zusätzlich Dammringe angeordnet
(Bild 7). Dazu wird nach Abschluss der Vortriebsarbeiten jeweils ein
39
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

ca. 5 m langer und ca. 1 m tiefer Gebirgsring ausgefräst und durch
lagenweise aufgebrachten Stahlfaserspritzbeton ersetzt [12, 13]. Im
Anschluss erfolgen auch hier Abdichtungsinjektionen über radiale
Bohrungen.
Für die Tunnel nach Ober- und Untertürkheim sind insgesamt 28
Dammringe hergestellt worden (Bild 8). Wie Bild 6b zeigt, wird ein
großer Teil der Auflockerungszone durch den Stahlfaserspritzbeton
des Dammrings ersetzt. Außerdem wird durch den Dammring auch
die sprengbedingte Auflockerungszone, die erfahrungsgemäß nur we-
nige Dezimeter in das Gebirge reicht, durch Spritzbeton ausgetauscht.

4 Wahl des Injektionsmittels


Nach Möglichkeit sind mithilfe der Injektionen Durchlässigkeits-
beiwerte zu erzielen, die denen des ungestörten Gebirges entspre-
chen. Somit müssen Trennflächen mit Öffnungsweiten von ≤ 0,05
bis 0,01 mm abgedichtet werden. Der Abdichtungserfolg kann über
folgende Parameter gesteuert werden:
–– Einpressdruck p,
–– Abstand der Bohrlöcher d,
–– Einpressdauer t,
–– Viskosität η des Einpressguts.
Außerdem können Kapillarkräfte das Eindringverhalten des Injekti-
onsguts begünstigen.
Der Einpressdruck muss begrenzt werden, um ein unkontrolliertes
Aufreißen des Gebirges, das zu ungewollten zusätzlichen Fließwegen
führen kann, zu vermeiden. Für das Projekt Stuttgart 21 wurde der
maximale effektive Verpressdruck aus diesem Grund auf 5 bar be-
grenzt.
Aus Gründen der Bauzeit und der Kosten müssen die Einpressdauer
möglichst gering und der Abstand der Bohrlöcher möglichst groß
gewählt werden. Das gewählte Einpressgut sollte eine möglichst ge-
ringe Viskosität besitzen, um den erforderlichen Verpresserfolg zu
erreichen.

40
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

Bild 7.  Bautechnische Maßnahmen für den Ausbau der Tunnel im


quellfähigen Gebirge

Bild 8.  Lageplan des Tunnels nach Ober- und Untertürkheim:


Dammringe und Injektionen im Anhydrit

Auf dem Markt erhältliche Acrylatgele besitzen bei Temperaturen von


ca. 20 °C eine dynamische Viskosität von η ≈ 2 bis 3 mPa ∙ s, während
von den Herstellern für niedrigviskose Polyurethane eine Viskosität von
η ≥ 40 mPa ∙ s angegeben wird. Da die Viskosität des Verpressmittels der
maßgebende Parameter für das Eindringverhalten des Baustoffs während
einer Injektion ist, sind bei der Verpressung von PU-Harzen deutlich
41
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

längere Injektionszeiten und deutlich kleinere Bohrlochabstände erfor-


derlich als bei Verwendung der sehr niedrigviskosen Acrylatgele. Dieser
Effekt wurde auch mithilfe von Versuchen an einem Spaltmodell im
Labor der WBI bestätigt (Bild 9) [15]. In diesen Versuchen wurde die
Ausbreitung unterschiedlicher Injektionsmittel in einem Spalt mit einer
Dicke von 0,07 mm bei konstanter Druckhöhe von 50 cm untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass die für die Einpressarbeiten erforderliche
Zeit direkt proportional zur Viskosität des Injektionsguts ist (Bild 9) [15].
Die Kapillarität ist zumindest für die untersuchte Spaltweite und die ver-
wendeten Plexi­glasplatten für die Ausbreitung in technischer Sicht ohne
Bedeutung. Dieses Ergebnis bestätigt die Erwartungen, da die Oberflä-
chenspannungen von Polyurethanen und Acrylatgelen ähnlich groß sind.
Demzufolge sind Acrylatgele für die Abdichtung von Trennflächen
mit sehr geringen Öffnungsweiten deutlich besser geeignet als Poly­
urethane. Sie erfüllen die Mehrzahl der in [17] und [18] formulier-

Bild 9.  Laborversuche für die Wahl des Einpressguts


42
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

ten Anforderungen in technischer Hinsicht und auch im Hinblick


auf Bauzeit und Kosten. Müssen stärker durchlässigere Zonen bzw.
wasserführende Bereiche abgedichtet werden, können und werden
Polyurethane auch für Injektionen im Anhydrit erfolgreich eingesetzt.
Dabei werden hochviskose Polyurethane mit η ≈ 150 mPa ∙ s und auch
niedrigviskose mit η ≈ 40 mPa ∙ s eingesetzt.

5 Bauausführung und -überwachung


Injektionen im Anhydrit werden in den Tunneln nach Ober- und
Untertürkheim, im Fildertunnel, in den Tunneln nach Feuerbach und
in den Tunneln nach Bad Cannstatt durchgeführt. Insgesamt werden
voraussichtlich mehr als 600 km Injektionsbohrungen hergestellt und
mit insgesamt mehr als 5.000.000 l Acrylatgel und Polyurethan ver-
presst.
Die Arbeiten werden von drei Bauarbeitsgemeinschaften ausgeführt.
Im Mittel wurden in den letzten Monaten ca. 500 Injektionsstufen pro
Tag durchgeführt (Bild 10). Die Injektionsdaten werden von den Fir-
men per E-Mail oder über einen FTP-Zugang zur Verfügung gestellt
und in das WBIM-System übernommen [15]. Auf dieser Grundlage
erfolgt eine automatisierte Darstellung der Daten, die es ermöglicht,
die Ergebnisse unter Berücksichtigung der geologischen Randbedin-
gungen zu bewerten und Schlussfolgerungen für die weiteren Arbei-
ten und die Planung der Innenschale zu ziehen.
Die Arbeiten für die Injektionen im Anhydrit in den Tunneln nach
Bad Cannstatt sind im Mai 2019 abgeschlossen worden. Die Injekti-
onsarbeiten in den Tunneln nach Feuerbach werden voraussichtlich
noch im Jahr 2019 beendet werden, während die Injektionen in den
Tunneln nach Ober- und Untertürkheim und im Fildertunnel ggf.
noch bis in das Jahr 2020 andauern werden.
Nachstehend werden die Bauausführung und die Ergebnisse der In-
jektionen erläutert, die bislang in den Tunneln nach Ober- und Unter-
türkheim durchgeführt wurden. Injektionen im Anhydrit werden hier
in insgesamt elf Injektionsfeldern und 28 Dammringen durchgeführt
(vgl. Bild 8). Die Arbeiten in den Feldern 61-IV, 62-III, 62-IV, 62-VE

43
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 10.  WBIM-Anwendung für die Überwachung und Auswertung des


Injektionserfolgs

und 62-V sind abgeschlossen. Außerdem wurden die Injektionen für


27 der 28 Dammringe bereits durchgeführt.
Die 4 m langen Bohrungen im Bereich der Dammringe werden in
zwei Stufen verpresst (Bild 11). Für die erste Stufe wird ein entlüft-
barer Einfachpacker im stahlfaserbewehrten Spritzbeton des Damm-
rings ca. 15 cm vor der Fuge zwischen Dammring und Fels eingebaut.
Für die Einpressarbeiten dieser Stufe wird Acrylatgel verwendet. Für
den Bohrlochverschluss bzw. die Verpressung des Spritzbetons wird
im Anschluss ein Einfachpacker am Anfang des Bohrlochs verspannt,
über den Polyurethan verpresst wird.
Die Vorgehensweise bei den Injektionen in den Injektionsfeldern 61-
IV, 62-III, 62-IV, 62-VE und 62-V entspricht grundsätzlich der Vor-
gehensweise, die bei den Dammringen angewendet wird. Auch hier
werden 4 m lange Bohrungen verpresst. Allerdings wird der Packer
in der ersten Stufe hier im Fels verspannt (Bild 11). Wasserführende
Bohrungen und die ersten Bohrungen in den Feldern 61-IV, 62-III,
62-IV und 62-V werden in einer Stufe mit PU verpresst.

44
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

Bild 11.  Packerstellungen

Grundsätzlich erfolgen die Injektionen in allen Abschnitten nach dem


Pilgerschrittverfahren. Die Herstellreihenfolge für die Injektionsfelder
61-IV, 62-III, 62-IV, 62-VE und 62-V ist in Bild 12 zusammengestellt.
Injektionen erfolgen hier nur in der oberen Querschnittshälfte. Nach
Abschluss aller Phasen haben die Ansatzpunkte der Injektionsboh-
rungen in Umfangsrichtung einen Abstand von ca. 1 m. In Tunnel-
längsrichtung beträgt der Abstand bei den hier betrachteten Feldern
0,5 bzw. 0,75 m (Bild 12).
Die Injektionen im Bereich der Dammringe werden dagegen umlau-
fend ausgeführt. Die fünf Injektionsquerschnitte je Dammring besit-
zen in Längsrichtung einen Abstand von ca. 1 m. Die Ansatzpunkte
der 4 m langen Bohrungen haben nach Abschluss aller Injektionen in
Umfangsrichtung ebenfalls einen Abstand von 1 m.

45
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 12.  Reihenfolge der Injektionsarbeiten für die Injektionsfelder 62-V,


62-VE, 62-IV, 62-III und 61-IV

6 Ergebnisse der Injektionen


Insgesamt wurden in den Injektionsfeldern 61-IV, 62-III, 62-IV, 62-
VE und 62-V 32.356,9 m Bohrungen in 14.883 Stufen verpresst (vgl.
Bild 12). Im Mittel wurden über alle Bohrungen 4,6 l Acrylatgel und
Polyurethan als Einpressgut je Bohrmeter in den Fels bzw. in den
Spritzbeton eingebracht. Die Aufnahmemengen nehmen erwartungs-
gemäß von im Mittel 13,8 bzw. 10,2 l/m in der a- und b-Reihe (Tabel-
le 1) in den Querschnitten I/II/III auf 1,6 bzw. 1,0 l/m in der c-Reihe
der Querschnitte I/II/III bzw. IV ab. Die schrittweise Abnahme der
Aufnahmemenge im Zuge der Verdichtung des Bohr- und Injektions-
rasters zeigt den Abdichtungserfolg in allen Feldern.
Wie in Abschnitt 5 erläutert, besitzen die Injektionsquerschnitte in
den Feldern 62-V und 62-VE in Tunnellängsrichtung einen Abstand
von 0,75 m, während die Querschnitte in den anderen drei Feldern
einen Abstand von 0,5 m aufweisen. Um die Injektionsgutaufnahmen
46
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

der verschiedenen Felder miteinander vergleichen zu können, ist in


Tabelle 1 für alle Felder die mittlere Injektionsgutaufnahme je Bohr-
meter und Tunnelmeter q* angegeben. Sie schwankt für die Felder
61-IV, 62-III, 62-IV und 62-V zwischen q* = 6,8 und 9,6 l/m/m. Für
das Feld 62-VE ist mit q* = 11,1 l/m/m im Mittel die größte Verpress-
gutaufnahme zu verzeichnen.
Dieses Ergebnis ist darauf zurückzuführen, dass das Feld 62-VE, an-
ders als die anderen Felder, den Verschneidungsbereich zwischen ei-
nem Verbindungsbauwerk und der Streckenröhre umfasst (Bild 13).
Hier ist es oberhalb der Verschneidung zu einer größeren Auflocke-
rung des Gebirges gekommen, weshalb höhere Verpressgutaufnah-
men zu verzeichnen sind (Bild 14).

Tabelle 1.  Bereiche 62-V, 62-VE, 62-IV, 62-III und 61-IV, Ergebnisse der Injektionen
q* = q/d

Injektionsgutaufnahme q
(Fels und Spritzbeton) [l/m]
Querschnitte Reihe
Im
61-IV 62-III 62-IV 62-V 62-VE
Mittel

I/II/III a 13,2 8,7 9,5 25,2 22,7 13,8

I/II/III b 8,3 8,4 12,6 6,1 29,7 10,2

IV a 1,8 2,3 5,7 3,8 0,7 3,1

IV b 1,2 1,5 3,6 1,4 1,7 1,9

I/II/III c 1,9 1,5 1,9 0,9 1,9 1,6

IV c 0,9 1,3 1,1 0,6 1,7 1,0

Alle a, b c 4,1 3,4 4,8 5,6 8,3 4,6

d [m] 0,5 0,5 0,5 0,75 0,75 –

q* [l/m/m] 8,2 6,8 9,6 7,5 11,1 –

47
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Bild 13.  Feld 62-VE

Bild 14.  Feld 62-VE, Aufnahmemenge Fels je Bohrung [l], Abwicklung

48
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

Dagegen sind die mittleren Injektionsgutaufnahmen im Bereich der


Dammringe des Tunnels nach Ober- und Untertürkheim deutlich
geringer als in den an die Dammringe angrenzenden Feldern (Bild 15).
Insgesamt wurden in den Dammringen bisher 17.622,9 m Bohrungen
in 8.759 Injektionsstufen verpresst. Die mittlere Acrylatgelaufnahme
im Fels und im Bereich der Fuge zwischen Fels und Spritzbeton be-
trägt ca. 2,6 l/m pro Tunnelmeter. Vom Stahlfaserspritzbeton wurden
in der zweiten Stufe im Mittel ca. 2,9 l/m pro Tunnelmeter Polyuret-
han aufgenommen. Beide Werte sind deutlich kleiner als die mittlere
Injektionsgutaufnahme in den Feldern 61-IV, 62-III, 62-IV und 62-V
(6,8 bis 9,6 l/m/m).
Dieses Ergebnis bestätigt die Erwartung und die oben beschriebenen
Ergebnisse der FE-Berechnungen, nach denen die Auflockerung im
hohlraumnahen Bereich, d. h. in einem ca. 1 m breiten Ring um den
Tunnel herum, am größten ist.

Bild 15.  Herstellung Dammring


49
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

Wie erläutert, zeigt die Abnahme der Injektionsgutaufnahme wäh-


rend der Verdichtung des Bohr- und Injektionsrasters, dass das Ge-
birge erfolgreich abgedichtet worden ist. Auch der visuelle Vergleich
des Zustands der Spritzbetonschale vor und nach Durchführung der
Injektionen zeigt ihre Wirksamkeit (Bild 16).
Selbstverständlich wird der Erfolg der Injektionen auch über Durch-
lässigkeitsversuche überprüft. Aufgrund der geringen Durchlässig-
keiten muss für diese Versuche, die anstelle von Wasser mit einem
über einen längeren Zeitraum verarbeitbaren Acrylatgel durchgeführt
werden, eine besondere Messtechnik eingesetzt werden. Die Versuche
werden derzeit durchgeführt. Die bislang vorliegenden Ergebnisse
zeigen, dass das Gebirge durch die Acrylatgelinjektionen auf Durch-
lässigkeiten von deutlich weniger als 10–8 m/s abgedichtet werden
konnte. Über die durchgeführten Versuche und Ergebnisse wird in
[19] ausführlich berichtet werden.
Auch die für die Tunnel nach Bad Cannstatt und Feuerbach durchge-
führten Durchlässigkeitsversuche bestätigen den Erfolg der Abdich-
tungsmaßnahmen. Hier konnten in 147 Abpressversuchen mit weni-
gen Ausnahmen Durchlässigkeitsbeiwerte von 10–7 m/s und weniger
nachgewiesen werden (Bild 17). Der geometrische Mittelwert für den
Durchlässigkeitsbeiwert liegt hier derzeit bei ca. 5 ∙ 10–8 m/s.

Bild 16.  Tunnelachse 62, Feld V: a) vor b) nach den Injektionen

50
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

Bild 17.  Ergebnisse der Abpressversuche für die Tunnel nach Feuerbach und
Bad Cannstatt, Stand März 2019

7 Zusammenfassung
Für das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm werden ca. 17 km Tunnel im
anhydritführenden unausgelaugten Gipskeuper gebaut. Die Planung
und Ausführung der Tunnelbauten erfolgten auf der Grundlage
langjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die in der WBI
GmbH durchgeführt wurden. Wesentlich für den erfolgreichen Tun-
nelbau im quellfähigen Gebirge ist, Wasserzutritte in das anhydrit-
führende Gebirge möglichst zu verhindern bzw. zu minimieren. Aus
diesem Grund werden für das Projekt umfangreiche Injektionsarbei-
ten durchgeführt.
Insgesamt werden Acrylatgel und Polyurethan über mehr als 600 km
Bohrungen in den Fels und den Spritzbeton des Tunnels eingebracht.
Damit werden die durch den Tunnelbau bedingte Auflockerungszone,
die hier ca. 2 bis 3 m in das Gebirge reicht, die Kontaktzone zwischen
Spritzbeton und Fels sowie der Spritzbeton abgedichtet. Die Anord-
nung und Länge der Injektionsbohrungen und das Einpressmittel
werden von Fall zu Fall basierend auf den Erkenntnissen der Bau-

51
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

grunderkundung und dem Bau sowie den Ergebnissen der statischen


Berechnungen festgelegt.
Der Verpresserfolg wird mit Durchlässigkeitsversuchen überprüft. Die
Versuchsergebnisse zeigen, dass die Auflockerungszone in den injizier-
ten Bereichen der Tunnel nach Ober- und Untertürkheim nahezu auf
das Niveau der Durchlässigkeit, das vor dem Bau der Tunnel vorhanden
war, verringert werden kann. Es werden Durchlässigkeitsbeiwerte von
10–8 bis 10–10 m/s erreicht. Dieser Abdichtungserfolg wird bei der Be-
messung der Innenschale der Tunnel und den Verformungsprogno-
sen mit dem WBI-eigenen Programmsystem FEST03 berücksichtigt.
Auch bei den Injektionen im Anhydrit, die in den Tunneln nach
Feuerbach und Bad Cannstatt durchgeführt werden, wird das Ab-
dichtungsziel erreicht. Hier können Durchlässigkeitsbeiwerte von
≤ 10–7 m/s nachgewiesen werden.

Danksagung
Wir freuen uns, dass es durch den Einsatz moderner und innovativer
Planungs- und Baumethoden gelingt, die vortriebsbedingte Auflocke-
rungszone erfolgreich abzudichten und möchten uns bei den beteilig-
ten Bauarbeitsgemeinschaften und deren Subunternehmern für die
erfolgreiche und gute Zusammenarbeit bedanken.
–– Arge ATCOST 21 und DMI für die Tunnel nach Ober- und Unter-
türkheim und den Fildertunnel,
–– Arge ATC und BeMo für die Tunnel nach Bad Cannstatt,
–– Arge ATF und Renesco für die Tunnel nach Feuerbach.

Literatur
[1] Wittke, M., Breidenstein, M. (2015) Großprojekt Stuttgart–Ulm: Der Fil-
dertunnel – Erfahrungen und Ausblick mit der kombinierten Bauweise
mittels Spritzbeton und Tunnelvortriebsmaschine. STUVA-Tagung, For-
schung + Praxis 46.
[2] Wittke, W., Wittke, M., Osthoff, G., Lienhart, C. (2017) Stuttgart 21 – Mehr
als 15 km Tunnel im Anhydrit: Besondere Maßnahmen zur Beherrschung
der Quellproblematik und Erfahrungen aus der Umsetzung. STUVA-Ta-
gung, Forschung + Praxis 49.

52
I.  Injektionen zur Abdichtung von klüftigem Fels in der Umgebung der Tunnelröhren

[3] Wittke, W., Wittke, M., Erichsen, C., Wittke-Gattermann, P. (2017) Stoff-
gesetz, Berechnungsverfahren, felsmechanische Kennwerte und Ausfüh-
rungsstatik für Tunnel im anhydritführenden Gebirge. Vortrag anläss-
lich des 3. Felsmechanik- und Tunnelbautages 2017 im WBI-Center am
11.05.2017. WBI-PRINT 20, Weinheim.
[4] Wittke, M., Osthoff, G., Wittke-Gattermann, P. (2019) Fildertunnel und
Tunnel nach Ober-/Untertürkheim, Maßnahmen für erfolgreiches Bauen
im Anhydrit. Swiss Tunnel Congress Luzern.
[5] Wittke-Gattermann, P. (1998) Verfahren zur Berechnung von Tunnels in
quellfähigem Gebirge und Kalibrierung an einem Versuchsbauwerk. WBI-
PRINT 1, Verlag Glückauf, Essen.
[6] Wittke, M. (2003) Begrenzung der Quelldrücke durch Selbstabdichtung
beim Tunnelbau im anhydritführenden Gebirge. WBI-PRINT 13, Verlag
Glückauf, Essen.
[7] Wahlen, R. (2009) Validierung eines Berechnungsverfahrens für Tunnelbau-
werke in quellfähigem Gebirge. WBI-PRINT 17, Verlag Glückauf, Essen.
[8] Wittke, W. (2014) Rock Mechanics based on an Anisotropic Jointed Rock
Model (AJRM), Ernst & Sohn, Berlin.
[9] Wittke, W., Wittke, M., Wahlen, R. (2004) Zum Quellgesetz für den anhydrit-
führenden, unausgelaugten Gipskeuper. Geotechnik 27 (2), 112–117.
[10] Wittke, M. (2016) Knautschzone versus U-Profil im quellfähigen
Gipskeuper. Vortrag anlässlich des 2. Felsmechaniktages im WBI-Center
am 13.04.2016. WBI-PRINT 19, Weinheim.
[11] Wittke, W., Wittke-Gattermann, P., Boettcher, A. (2018) Bemessung und
Bewehrung der Stahlbetoninnenschalen im anhydritführenden Gebirge.
Vortrag anlässlich des 4. Felsmechanik- und Tunnelbautages im WBI-Cen-
ter am 07.06.2018. WBI-PRINT 21, Weinheim.
[12] WBI GmbH (2015) Felsmechanische Fragestellungen beim Bahnprojekt
Stuttgart–Ulm. Vorträge anlässlich des Felsmechaniktages im WBI-Center
am 16.04.2015. WBI-PRINT 18, Weinheim.
[13] WBI GmbH (2016) Felsmechanische Fragestellungen beim Bahnprojekt
Stuttgart–Ulm. Vorträge anlässlich des 2. Felsmechaniktages im WBI-Cen-
ter am 13.04.2016. WBI-PRINT 19, Weinheim.
[14] WBI GmbH (2017) Felsmechanische Fragestellungen beim Bahnprojekt
Stuttgart–Ulm und anderer Großprojekte im In- und Ausland. Vorträge
anlässlich des 3. Felsmechaniktages im WBI-Center am 11.05.2017. WBI-
PRINT 20, Weinheim.
[15] WBI GmbH (2018) Felsmechanische Fragestellungen beim Bahnprojekt
Stuttgart–Ulm und anderer Großprojekte im In- und Ausland. Vorträge
anlässlich des 4. Felsmechaniktages im WBI-Center am 07.06.2018. WBI-
PRINT 21, Weinheim.

53
Konventioneller bergmännischer Tunnelbau

[16] Wittke, W. (2015) Baugrundverhältnisse des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm.


Vortrag anlässlich des Felsmechaniktages im WBI-Center am 16.04.2015.
WBI-PRINT 18, Weinheim.
[17] Wittke, W., Wittke, M., Wittke-Gattermann, P. (2016) Tunnelvortrieb im
anhydritführenden Gebirge. Taschenbuch für den Tunnelbau 2016, Ernst
& Sohn, Berlin.
[18] Wittke, W., Wittke, M., Tintelnot, G. (2014) Kunstharzinjektionen zur
Abdichtung beim Tunnelbau im quellfähigen Gebirge. Taschenbuch für den
Tunnelbau 2014, Ernst & Sohn, Berlin.
[19] Wittke, M., Schmitt, D., Osthoff, G. (2019) Einpressungen von Acrylatgel
und Polyurethan zur Abdichtung des anhydritführenden Gipskeupers im
Bereich der Tunnel nach Ober- und Untertürkheim. Vortrag anlässlich
des 5. Felsmechanik- und Tunnelbautages im WBI-Center am 23.05.2019.
WBI-PRINT 22, Weinheim.

54
Content deleted for legal reasons
Content deleted for legal reasons
Digitalisierung im Tunnelbau
I. BIM im Untertagebau – Gedanken zur
DAUB-Empfehlung
Stefan Franz, Heinz Ehrbar, Thorsten Weiner, Markus Scheffer
Dieser Beitrag will Hintergrundinformationen zur Entstehung und zu den
Intentionen der DAUB-Empfehlung „Digitales Planen, Bauen und Betreiben
von Untertagebauten – BIM im Untertagebau“ liefern. Es wird ein Überblick
über Struktur und Inhalte gegeben, ohne den Anspruch einer Kurzfassung zu
verfolgen. Schwerpunkte werden bei Kernaussagen gesetzt, die aus Sicht der
Autoren Leitgedanken für die weitere Entwicklung sein sollten.
BIM in tunneling – Thoughts on the DAUB-Recommendation
This article aims to provide background information on the origin and inten-
tions of the DAUB-Recommendation “Digital Design, Building and Operation
of Underground Structures – BIM in Tunneling”. An overview of the structure
and the contents is given without pursuing the claim of a short version. The
focus is on core statements, which from the authors’ point of view should be
guiding principles for further development.

1 Einleitung
Schon der lange und geteilte Titel der DAUB-Empfehlung [1] deu-
tet an, dass der Umfang des behandelten Themas keineswegs leicht
in eine lesbare und übersichtliche Empfehlung zu fassen ist. Die
Entscheidung fiel in dem Spannungsfeld, einerseits die Spanne der
berührten Themenkreise über den gesamten Lebenszyklus unserer
langlebigen Bausubstanz anzudeuten und andererseits einen griffigen
Bezug zu dem hier in den Fokus genommenen Bausektor, dem Unter-
tagebau, zu bieten.
Der Begriff BIM (Building Information Modelling), der sich im
Sprachgebrauch etabliert hat, steht heute als Synonym für die Digi-
Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

57
Digitalisierung im Tunnelbau

talisierung und strukturierte Informationsverarbeitung im Bauwe-


sen insgesamt. In diesem Sinne zeigt die Empfehlung vorrangig auf,
welche Entwicklungen oder Entwicklungsansätze es parallel zu einer
reinen 3D-Modellierung gibt, welche Möglichkeiten der Zusammen-
führung von Informationen existieren, welche Chancen darin liegen
und dass gerade diese Vorgehensweise und Methode im Sinne der
Digitalisierung unserer Prozesse eigentlich hinter dem Begriff BIM
steht.

2 Struktur der DAUB-Empfehlung


Schon zu Beginn der Erarbeitung der Empfehlung wurde klar, dass
zum einen der Umfang der Themenfelder den üblichen Rahmen einer
DAUB-Empfehlung allein im Hinblick auf die Seitenzahl zu sprengen
drohte. Zum Zweiten sollten dennoch die Themenkreise nicht zu ei-
ner Stichpunktesammlung degenerieren, sondern vielmehr kompakt
beleuchtet und mit wegweisenden Hinweisen versehen werden. Denn
zum Dritten muss konstatiert werden, dass sich die Digitalisierung im
Bauwesen gegenwärtig so dynamisch entwickelt, dass ein Aufschrei-
ben des Wissenstands von heute schon morgen überholt sein dürfte.
Ein Phänomen, das für Bauingenieure durchaus ungewohnt ist.
Die Lösung suchte das Autorenteam in einer möglichst klaren
Gliederung, die sich durchaus an die organisatorische Struktur ei-
nes BIM-Projekts anlehnt. Dabei wurde darauf geachtet, dass kein
BIM-Lehrbuch niedergeschrieben wird, aber dennoch in Bezug auf
den Kontext Untertagebau wesentliche Grundbegriffe und Prinzipien
der Methode eingeführt werden. Der eigentlichen Empfehlung sind
daher neben einer Präambel einführende Abschnitte vorangestellt,
die grundsätzliche Überlegungen und die aktuell geltenden Rahmen-
bedingungen für eine Empfehlung zusammenfassen. Die Kernaussa-
gen der Präambel sind:
–– In allen Bereichen der Wirtschaft und unseres alltäglichen Lebens
schreitet die Digitalisierung mit großen Schritten voran. Es
existiert eine enorme Erwartungshaltung, daraus einen nachhal-
tigen Nutzen für alle Beteiligten und die Gesellschaft zu erzielen.
Im Bauwesen hat der Einzug der Digitalisierung allerdings später

58
Content deleted for legal reasons
Digitalisierung im Tunnelbau

begonnen als in anderen Branchen. Hier kann trotz der sehr


hohen Komplexität der Wertschöpfungskette von den bisherigen
Erkenntnissen anderer Industriezweige profitiert werden, um in
der Entwicklung aufzuschließen.
–– Die höchst dynamische Entwicklung der Digitalisierung lässt
jedoch nur bedingt zu, dass „über Jahre gewonnene Erfahrungen“
in einem Papier als Best Practice zusammengefasst werden. Es
werden vielmehr aktuelle Entwicklungen aufgezeigt, Möglichkei-
ten skizziert und Empfehlungen zu Weiterentwicklungen im Sinne
einer Richtungsweisung formuliert. Das wird dazu führen, dass
eine Fortschreibung der Empfehlung in absehbarer Zeit erforder-
lich wird.
–– Das Dokument soll als Impulsgeber auch dazu beitragen, die
bevorstehenden Entwicklungsschritte auszurichten und zu be-
schleunigen.

2.1 Generelle Randbedingungen


Im ersten Abschnitt der DAUB-Empfehlung werden übergreifende
Themenkreise in Bezug zu speziellen Fragestellungen im Untertage-
bau gesetzt. Dazu wird zunächst der Status quo umrissen und skiz-
ziert, welches Ziel die Empfehlung verfolgt. Hierbei werden allgemein
die Chancen der Digitalisierung und speziell der Anwendung von
BIM fokussiert.
Die Besonderheiten des Untertagebaus rechtfertigen, ein speziell hie-
rauf ausgerichtetes Dokument zu verfassen:
–– Überwiegend handelt es sich im Untertagebau um eine Kombi-
nation langer, linearer Bauwerke (Tunnel, Stollen, Schächte) mit
Bauabschnitten komplexer Geometrien (Kavernen, Aufweitungen,
Verzweigungen etc.).
–– Untertagebauten werden in und mit einem Baumaterial, dem Bau-
grund, gebaut, das trotz aller Vorausuntersuchungen hinsichtlich
seiner Festigkeits- und Verformungseigenschaften sowie seiner
Interaktion mit dem Bauverfahren und dem endgültigen Bauwerk
kaum je vollständig vorhersagbar ist.

60
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

–– Betrachtet man den aktuellen Bauwerksbestand, werden der


besonders lange Lebenszyklus und der volkswirtschaftliche Wert
von Untertagebauten ersichtlich. Der lange Lebenszyklus von
Untertagebauwerken stellt hierbei besondere Anforderungen an
die Datenhaltung, die auch unter noch nicht absehbaren Randbe-
dingungen, wie z. B. Weiterentwicklungen in der Software-Land-
schaft, durchgängig auswertbar zur Verfügung stehen müssen.
Dies soll z. B. durch Verwendung offener Datenformate erreicht
werden.
Als Zielgruppe der Empfehlung werden neben allen Projektbeteiligten
vornehmlich die Auftraggeberorganisationen identifiziert, die eine
Schlüsselfunktion bei der Etablierung der Methode und Gestaltung
einer effizienten Projektstruktur innehaben. Weiter sollen auch für
das internationale Umfeld Impulse und Anregungen, bspw. für Stan-
dardisierungsbemühungen, gegeben werden.
Anhand der spezifischen Besonderheiten von Projekten im Unterta-
gebau wird deutlich, dass durch die Anwendung der Methode und die
konsequente Digitalisierung viele Vorteile erwartet werden dürfen.
Ungewöhnlich komplexe Aufgabenstellungen, insbesondere in der
Nähe bestehender unterirdischer Bausubstanz, fordern den Projekt-
beteiligten mitunter eine erhebliche Vorstellungskraft ab, die anhand
einer räumlichen Modellierung unter den vielen im Planungsprozess
Beteiligten sehr viel leichter abgeglichen werden kann. Gleichzeitig
wächst das gegenseitige Verständnis für die individuellen Problem-
stellungen der Projektbeteiligten. Damit ebnet diese Methode implizit
den Weg zu einer partnerschaftlichen Projektabwicklung, in der der
Schlüsselfaktor ein fairer Interessenausgleich auf allen Ebenen ist.
Auf den ersten Blick überraschend ist dabei, dass vorerst an den
grundsätzlichen Vertrags- und Vergabekonzepten kein akuter Ände-
rungsbedarf besteht. Es geht nach wie vor darum, die bestellte Leis-
tung so konkret und umfassend zu beschreiben, dass es idealerweise
keinen Interpretationsspielraum bzw. keinen Raum für echte oder
provozierte Missverständnisse gibt. Für alle Beteiligten besteht aktuell
die Herausforderung darin, auch die notwendigerweise ergänzend
zu den Planungsinhalten zu beschreibenden Anforderungen an die

61
Digitalisierung im Tunnelbau

Modellierung (AIA – Auftraggeber-Informations-Anforderungen)


einheitlich, verständlich und erschöpfend zu formulieren.
Diese Leistungen können wie bisher angeboten, beauftragt, geprüft
und abgenommen werden. Derzeit unbefriedigend ist, dass flexiblere
Vertragskonzepte sowohl auf Seite der Auftraggeberorganisationen
als auch auf Seite der Bieter einen erheblichen Zusatzaufwand er-
fordern, um unanfechtbare Vergaben zu erreichen. Möglicherweise
entwickeln sich in Zukunft effizientere Vergabemodelle, die von vorn-
herein anhand definierter Regeln mehr auf eine gemeinsame Projekt-
gestaltung setzen. Hierfür kann die Etablierung der BIM-Methode
unterstützend wirken.

2.2 BIM-Grundlagen
Im zweiten Abschnitt der Empfehlung werden die für das weitere
Verständnis notwendigen Grundlagen zusammengetragen. Wesent-
lich ist dabei die Grundstruktur, nach der BIM-Projekte organisiert
werden sollten:
–– Definition der projektspezifischen BIM-Ziele
Was soll mit der Anwendung der Methode erreicht werden, wel-
chen Vorteil gibt es?
–– Ableitung der Anwendungsfälle
Wofür sollen die Bauwerksmodelle innerhalb des Projekts
verwendet werden? Anhand welcher konkreten Modellierungen
und Auswertungen soll den Projektbeteiligten ein umfassendes
Verständnis der Planungsaufgabe verschafft werden? Oder welche
Form der Ausführungsdokumentation ist für die Betriebsphase
die geeignetste?
–– Definition der Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA)
Die AIA stellen quasi die Leistungsbeschreibung oder das Lasten-
heft der BIM-Leistung dar, das WAS. Hier werden die Übergabe-
bedingungen für die auftragnehmerseitig zu erbringende Leistung
festgelegt. Sie nehmen eine Schlüsselfunktion für eine erfolgreiche
Projektabwicklung ein und sind Vertragsgegenstand.
–– Erstellung eines BIM-Abwicklungsplans (BAP)
Im BAP wird im Sinne eines Pflichtenhefts die Ausgestaltung der

62
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

BIM-Leistung festgehalten, das WIE. Auftragnehmer und Auftrag-


geber verständigen sich in diesem Dokument, das während der
Vertragsabwicklung kontinuierlich fortgeschrieben werden kann,
über die Art und Weise der Leistungserbringung, z. B. verwendete
Software, Vorgehensweise bei der Modellierung, Attribuierungs-
konzepte.
Abhängig von den Festlegungen in den AIA folgt dann eine mehrdi-
mensionale Planung/Modellierung unter Verwendung der Bauwerks-
und weiterer Fachmodelle. Aufbauend auf einer dreidimensionalen
geometrischen Planung können auch zeitliche Komponenten (Bau-
ablauf, wann entsteht welches Objekt) im Rahmen einer 4D-Planung
durch Kopplung mit Bauzeitplänen abgebildet werden. Da über die
objektbasierte Modellierung ein Zugriff auf die Mengen besteht, kön-
nen im Rahmen einer 5D-Planung auch Kopplungen an Leistungsver-
zeichnisse hergestellt oder gar eine Generierung von Leistungspositi-
onen realisiert werden.
Bild 1 erläutert, wie Modelle im Laufe der Planung bis zum Über-
gang in den Betrieb der Verkehrsanlage mit Informationen angerei-
chert werden können. Dabei müssen Modelle früher Phasen nicht
zwangsläufig über die gesamte Lebensdauer des Bauwerks mitgeführt
werden. Es kann zweckmäßiger sein, für den bevorstehenden Anwen-
dungszweck neue Modelle aus dem Datenbestand bestehender Mo-
delle zu erzeugen. Auch eine Konsolidierung vorhandener Informati-
onen, z. B. für die Übergabe der Modelle an die Betreiberorganisation,
kann zielführend sein. Wesentlich ist dabei, das Prinzip der SSOT
(Single Source of Truth –Einzige Quelle der Wahrheit) zu beachten
und immer auf die gleichen Datengrundlagen zuzugreifen. Dies gilt
insbesondere auch für die Erarbeitung von Fachmodellen.
Damit ist jedoch keineswegs das Ende der Entwicklung in eine digi-
tale Welt beschritten. In Bild 2 werden weitere Entwicklungsphasen
hin zu einer vollständig datenbasierten Projektabwicklung entworfen.

63
Digitalisierung im Tunnelbau

Bild 1.  Aufbau und Struktur der mehrdimensionalen Planung

Bild 2.  Entwicklungsphasen in die digitale Welt

2.3 Modellierung und Zusammenarbeit


Der zentrale Gedanke der Methode BIM ist, alle verfügbaren und
benötigten Informationen an einem Ort zusammenzutragen. Dieses
Modell wird Koordinationsmodell genannt, während die Erarbeitung
von Fachthemen in sogenannten Fachmodellen erfolgen kann. In re-
gelmäßigem Turnus werden die Fachmodelle mit ihrem gegenwärtig
validierten Stand zu einem aktuellen Koordinationsmodell zusam-
mengeführt, an dem dann gemeinsam Planungskonflikte und Lösun-
gen diskutiert werden können, die in individuellen Aufgabenstellun-
gen für die Fachplaner münden.
64
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

Bei besonders großen und räumlich ausgedehnten Projekten kann es


zweckmäßig sein, die Modelle in Teilmodelle zu untergliedern und
nur bei Bedarf zusammenzufügen. Ebenso können einzelne Teilauf-
gaben, wie z. B. statische Berechnungen, separat in der benötigten
Spezialsoftware abgehandelt werden. Auch hier ist unbedingt das
Prinzip der SSOT zu beachten, d. h., es werden Basisdaten wie Geo-
metrie und Werkstoff aus dem zentralen Modell bezogen und die für
den weiteren Projektverlauf relevanten Informationen, wie z. B. der
Bewehrungsgehalt eines Objekts, wieder zurückgespielt (Bild 3).
Hieraus leiten sich weitere organisatorische Fragestellungen ab, die
gegenwärtig einer besonders dynamischen Entwicklung unterliegen:
Um Fachmodelle zusammenfügen zu können, bedarf es weitgehend
einheitlicher Schnittstellen bzw. Übergabeformate. Langfristig sind
hier offene Dateiformate anzustreben, auch wenn aktuell die vollstän-
dige Informationsübertragung noch eine Herausforderung darstellt.
Für die organisatorische Abwicklung eignet sich eine zentrale und
webbasierte Projektplattform, eine sogenannte CDE (Common Data
Environment). Hierüber können sehr elegant und für alle Beteiligten
transparent die gesamten Abstimmungs-, Prüf- und Validierungspro-
zesse abgewickelt werden.
Sind vereinbarte Planungsziele bzw. -etappen erreicht, werden Mo-
dellstände in einem Data Drop festgehalten und z. B. erforderliche
Genehmigungsschritte eingeleitet.

Bild 3.  Fach- und Teilmodelle

65
Digitalisierung im Tunnelbau

Abhängig vom Informationsbedürfnis in der jeweiligen Projektpha-


se ist es zweckmäßig, in den AIA die Detaillierungstiefe sowohl in
geometrischer (LoG – Level of Geometrie) als auch semantischer
Hinsicht (LoI – Level of Information) festzulegen. Darüber wird ei-
nerseits ein geforderter Leistungsinhalt definiert, andererseits aber
auch begrenzt. Es ist nämlich nicht zweckmäßig, z. B. in der Phase
einer Linienbestimmung, unvollkommene Details zu Entwässerung,
Kabelführung, Markierung oder Gleisbefestigungspunkten etc. dar-
zustellen, da allzu leicht die Zweckbestimmung dieses Modells (Vor-
zugslinie festlegen) aus dem Auge verloren werden kann.
Erstmals im Tunnelbau wird in der DAUB-Empfehlung ein Vorschlag
für eine Abstufung der LoG und LoI für den konventionellen und
maschinellen Tunnelbau vorgelegt (Bild 4 und Bild 5).

66
Content deleted for legal reasons
Digitalisierung im Tunnelbau

68
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

Bild 4.  LoG bei konventionellem Vortrieb

69
Digitalisierung im Tunnelbau

70
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

Bild 5.  LoG bei maschinellem Vortrieb

71
Digitalisierung im Tunnelbau

Die Art und Weise, wie aus Fachmodellen ein Koordinationsmodell


zusammengeführt wird, korrespondiert methodenimmanent mit der
Art der Zusammenarbeit der Projektbeteiligten (Bild 6). Die bisher
üblichen bilateralen Beziehungen werden durch eine kollaborierende
Zusammenarbeit ersetzt, die in bisher unüblicher Weise für jeden
Beteiligten die Planungen und Problemstellungen der jeweils ande-
ren sichtbar und deren Bedeutung und Verzahnung mit dem Ge-
samtprojekt verständlich werden lässt. Das steigert den Respekt und
die Akzeptanz der Projektbeteiligten untereinander und fördert das
gemeinsame Interesse an der Projektaufgabe. Allein darin liegt ein
unschätzbarer Gewinn dieser Methode.
Ganz konkret eröffnet die Methode somit auch das Potenzial, we-
sentlich früher Risiken für den weiteren Projektablauf zu erkennen.
Insbesondere lassen sich Informationsverluste an bisher üblichen
Planungsschnittstellen minimieren. Durch die deutlich verbesserte
Chance, alle Projektbelange anschaulich „im Blick“ zu haben, sinkt das
Risiko, Abhängigkeiten zu übersehen.

Bild 6.  BIM-Rollen und Zusammenarbeit

72
Content deleted for legal reasons
Digitalisierung im Tunnelbau

2.4 Modellierungsregeln und Anwendungsfälle


Der zweite Abschnitt der Empfehlung schließt ab mit konkreten
BIM-spezifischen Hinweisen und Modellierungsempfehlungen bei
Untertagebauten. Eingangs wurde bereits hervorgehoben, dass für
diese spezifische Planungs- und Bauaufgabe Besonderheiten beste-
hen, denen mit speziellen Lösungsansätzen begegnet werden muss.
Hierzu gehören außergewöhnliche geometrische Verhältnisse, die
Modellierung des Baugrunds als die wesentliche Randbedingung für
die Herstellung, aber auch die Abbildung der im Tunnelbau üblichen
Vertragsmodelle, die auf der Spezifikation von Vortriebsklassen ba-
sieren.
In einer tabellarischen Übersicht (Tabelle 1) werden abschließend
Anwendungsfälle angegeben, die beispielhaft die grundsätzliche Glie-
derung der vom BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur) empfohlenen zwanzig Anwendungsfälle aufgreift und
in für den Untertagebau zutreffende übersetzt. Aufgrund der bereits
angesprochenen Besonderheiten der Baugrund-Bauwerks-Interakti-
on von Untertagebauwerken wurde diese Liste jedoch um den An-
wendungsfall „3D-Baugrundmodellierung“ erweitert. Dieser Anwen-
dungsfall stellt die Grundlage aller weiteren Anwendungsfälle dar und
bedarf einer besonderen Beachtung. Selbstredend ist diese Tabelle
weder vollständig noch verbindlich. Es ist vielmehr gerade anfangs in
jedem Projekt erforderlich, eine sinnvolle und einen Mehrwert ver-
sprechende Auswahl zu treffen und die Anwendungsfälle projektspe-
zifisch auszuformulieren und anzupassen.
Die Liste der Anwendungsfälle orientiert sich entsprechend dem Le-
benszyklus an den Projektphasen von der Entwicklung über die Her-
stellung bis zur Nutzung und ggf. dem Rückbau bzw. der Erneuerung.

3 Anwendungsfälle im Detail
Die folgenden vier Abschnitte der Empfehlung widmen sich der Aus-
gestaltung von Anwendungsfällen im Untertagebau in den verschie-
denen Projektphasen. Erste Erfahrungen aus pilothaften Modellierun-
gen bzw. Forschungsvorhaben werden vorgestellt und Erkenntnisse
in Form von Hinweisen und Empfehlungen mitgeteilt. Hier wird der
74
I.  BIM im Untertagebau – Gedanken zur DAUB-Empfehlung

Tabelle 1.  Beispielhafte Anwendungsfälle

Kapitel Projektphase/Anwendungsfälle
3. Planungsvorbereitung
3.1 Bestandserfassung
3.2 3D-Baugrundmodellierung
4. Planung
4.1 Planungsvariantenuntersuchung
4.2 Visualisierungen (Öffentlichkeitsarbeit)
4.3 Bemessung/Nachweisführung
4.4 Koordination der Fachgewerke
4.5 Fortschrittskontrolle der Planung
4.6 Erstellung von Entwurfs- und Genehmigungsplänen
4.7 Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz
4.8 Planungsfreigabe
4.9 Kostenschätzung und Kostenberechnung

5. Ausführungsvorbereitung

5.1 Leistungsverzeichnis, Ausschreibung, Vergabe


6. Ausführung
6.1 Terminplanung der Ausführung
6.2 Logistikplanung
6.3 Erstellung von Ausführungsplänen
6.4 Baufortschrittskontrolle
6.5 Änderungsmanagement
6.6 Abrechnung von Bauleistungen
6.7 Mängelmanagement
6.8 Bauwerksdokumentation
7. Betrieb
7.1 Nutzung für Betrieb und Erhaltung

75
Digitalisierung im Tunnelbau

besondere Charakter des gesamten Dokuments besonders deutlich:


erste erfolgreiche Ansätze werden kommuniziert, organisatorische
Hinweise werden als Empfehlung gegeben, alles ist höchst dynamisch
in Entwicklung, der scheinbar zusätzliche Aufwand relativiert sich im
Angesicht der gewonnenen Übersicht und der vermiedenen Fehler.
Da es müßig erscheint, über die in der Empfehlung dargestellten
Anwendungsfälle im Rahmen dieses Beitrags nochmals detailliert
zu berichten, sei hier mit der erwähnten tabellarischen Übersicht
ein Abschluss gefunden und hoffentlich Appetit auf die Lektüre der
DAUB-Empfehlung „Digitales Planen, Bauen und Betreiben von Un-
tertagebauten – BIM im Untertagebau“ gemacht.

4 Fazit
Entgegen den üblichen Best Practice-Empfehlungen des DAUB ist
„BIM im Untertagebau“ als Beschreibung der aktuell möglichen und
bereits in Projekten umsetzbaren digitalen Methoden zu verstehen. Es
werden vielfach Hinweise auf bei der Anwendung zu beachtende As-
pekte gegeben, die es dem Leser erleichtern sollen, in der neuen Me-
thodik nicht nur Änderungen, sondern auch Chancen zu erkennen.
Für weiterführende Informationen werden Literaturvorschläge im
Anhang der Empfehlung gegeben.

Literatur
[1] DAUB-Empfehlung (2019) Digitales Planen, Bauen und Betreiben von Un-
tertagebauten – BIM im Untertagebau. Deutscher Ausschuss für unterir-
disches Bauen e. V. (Hrsg.), Mai 2019.

76
Maschinen und Geräte
I. Schnecken- und Bandförderung beim
­maschinellen Tunnelvortrieb
Gerhard Wehrmeyer, Daniela Garroux G. de Oliveira
Erddruckschilde (EPB-Schilde) sind der am häufigsten verwendete Schildtyp
zum Auffahren von Tunneln im maschinellen Tunnelbau. Sie ermöglichen den
Vortrieb von instabilem Boden auch unter dem Grundwasserspiegel, indem
der Stützdruck mit dem Aushubmaterial erzeugt wird. Oft werden diesem
Aushubmaterial Additive beigemischt, um die idealen Stütz- und Förderbe-
dingungen zu erreichen. Bei diesem Abbauprozess spielt der Fluss des Aushub-
materials entlang der Förderschnecke und der Transport mit dem Förderband
eine wichtige Rolle. Da die Aushubmaterialien von Natur aus heterogen sind,
kann das Erreichen einer idealen Aushublogistik bezüglich der Stützdruckre-
gulierung mit dem Schneckenförderer und dem Materialtransport eine große
Herausforderung darstellen. In diesem Beitrag werden die beiden Komponen-
ten Schneckenförderer und Förderband unter Berücksichtigung des Entwurfs-
konzepts und der Betriebslogistik beschrieben.
Screw and belt conveying in mechanized tunnelling
Earth pressure balance (EPB) shields are the most frequently used shield type
to excavate tunnels in mechanized tunnelling. It allows the excavation of un-
stable ground even under the groundwater table by means of holding the face
pressure with the own excavated material. Often, additives are mixed with
this excavated material in order to achieve the ideal support/transportation
­conditions. In this tunnelling process, the flow of the support material along
the screw conveyor, in addition to the transport through the conveyor belt
play key role in the tunnel manufacturing logistics. As the excavated ma-
terials are intrinsically heterogeneous, the achievement of ideal excavation
logistics, both by holding the pressure ahead of the shield and the material
transport can be rather challenging. Having their importance in mind, this
article describes and discusses these both components, screw conveyor and

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

77
Maschinen und Geräte

conveyor belt, considering main aspects such as the design concept and op-
eration logistics.

1 Einleitung
Erddruckschilde (EPB-Schilde) verwenden den abgebauten Boden zur
Stützung der Ortsbrust. Mit dem Vorschub des Schilds fällt das Aus-
hubmaterial in die Abbaukammer, von wo aus das Material in die För-
derschnecke gelangt. Die Förderschnecke steuert nach Art eines Aus-
lassventils den Materialfluss und sorgt für den erforderlichen Druck
in der Abbaukammer. Die Reibung entlang der Förderschnecke ist für
das Druckgefälle zwischen der Abbaukammer und dem Schnecken-
abwurf verantwortlich [1]. Idealerweise entsteht ein sogenannter Bo-
denstopfen, der zur Aufrechterhaltung des Stützdrucks notwendig ist.
In einem weiteren Schritt wird das Aushubmaterial über ein Förder-
band aus dem Tunnel transportiert. Danach kann das Material, je
nach Beschaffenheit, entsorgt oder recycelt und wiederverwendet
werden.
Um den Stützdruck vor der Maschine aufrechterhalten und das Ma-
terial effizient transportieren zu können, muss es bestimmte Eigen-
schaften aufweisen. Fehlen diese Eigenschaften, wird das ursprüng-
liche Material mit Additiven wie Wasser, Feinstoffen, Schaum und
Polymeren gemischt, wobei stets eine optimale Konsistenz des Aus-
hubs, d. h. des abgebauten Materials plus Additive, angestrebt wird.
Die Eigenschaften des Aushubs haben einen direkten Einfluss auf
die Effizienz des Abtransports durch die Förderschnecke und das
Förderband.
Die Vorgehensweise beim Lösen des Bodens an der Ortsbrust, beim
Abfördern durch die Förderschnecke unter Aufrechterhaltung des
Stützdrucks und beim späteren Bandtransport ist ein Schlüsselele-
ment beim maschinellen Vortrieb. Verzögerungen können auftreten,
wenn das Fördersystem nicht ebenso effizient arbeitet wie das Ab-
bausystem. Wird dann der Transport des Aushubs nicht optimiert, ist
der Produktionsfortschritt beeinträchtigt.

78
Content deleted for legal reasons
Maschinen und Geräte

Die neuesten Entwicklungen von EPB-Schilden mit größeren Durch-


messern, höheren Stützdrücken und längeren Tunnelstrecken ma-
chen es notwendig, auch die Konstruktion und Ausführung der För-
derschnecke und des Förderbands genau zu betrachten. Innovative
Lösungen für diese Fördereinheiten, die sich diesen Herausforderun-
gen anpassen, sind für die Verbesserung des maschinellen Tunnel-
baus unverzichtbar. Dieser Beitrag präsentiert den aktuellen Stand
der Technik bei Schnecken- und Bandförderung einschließlich der zu
bewältigenden Herausforderungen.

2 Allgemeine Entwurfskriterien

2.1 Auslegung und Dimensionierung von Schneckenförderern


Ein wichtiger Aspekt, der bei der Konstruktion von Förderschnecken
und -bändern berücksichtigt werden muss, ist das Materialvolumen,
das im Verlauf des Tunnelvortriebs gefördert werden muss. Die the-
oretische Berechnung des Aushubs als Volumenstrom QM kann mit-
hilfe von Gl. (1) erfolgen:

(1)

mit
DOrtsbrust Tunneldurchmesser [m],
υVortrieb Vortriebsgeschwindigkeit [mm/min],
Θ Auflockerungsfaktor (1,2 – 1,4 – 1,8).
Der Volumenstrom des Aushubmaterials wird durch die Eigenschaf-
ten des Materials beeinflusst, das mit zugegebenem Konditionie-
rungsmittel gemischt wird. Diese Eigenschaften wirken sich nicht nur
auf das Druckgefälle entlang der Förderschnecke und somit direkt
auf die Stützung der Ortsbrust aus, sondern auch auf den Transport
mit einem Förderband. Es könnte sich bspw. ein zu flüssiges Material
entgegen der Förderrichtung bewegen, insbesondere bei einer steilen
negativen Bandneigung. Ein zu steifes Material könnte andererseits

80
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

als kugelförmiger Brocken aus der Schnecke austreten, entgegen der


Förderrichtung zurückrollen und sich dann unter dem Abwurfbe-
reich des Schneckenförderers ansammeln. Beide Situationen würden
entsprechende Reinigungsmaßnahmen notwendig machen und den
Tunnelvortrieb verzögern.
Tunnel werden entlang der vorgesehenen Gradiente mit den anste-
henden Böden aufgefahren. Die dabei zu durchfahrenden Boden-
schichten weisen unterschiedliche Eigenschaften auf, die sich mit dem
Vortrieb des Tunnels immer wieder ändern können. Die verschie-
denen Böden, ergänzt um unterschiedliche Additive, ergeben viele
mögliche Materialkombinationen. Wie eine optimale Konsistenz zu
erreichen ist, kann deshalb nicht für alle Gegebenheiten vorhergesagt
werden und bedarf weiterer Untersuchungen während des Vortriebs.
Bild 1 zeigt die Hauptelemente eines Schneckenförderers (s. a. Ab-
schnitt 3.1). Der Schneckenförderer dient zum Materialtransport, zur
Abdichtung der Maschine gegen Grundwasserdruck und zur Unter-
stützung der Druckregelung durch kontrollierten Abtransport des
Aushubs. Bei der Auslegung des Schneckenförderers spielt der zu er-
wartende Druck eine entscheidende Rolle. Typische EPB-Drücke lie-
gen bei 1 bis 3 bar. Mit den Markttendenzen hin zu größeren Schild-
durchmessern und Vortrieben unter höheren Drücken ist dieser Wert
jedoch angestiegen und erreicht etwa 4 bar.

Bild 1.  Hauptkomponenten des Schneckenförderers

Die Auslegung des Schneckenförderers basiert auf der Berechnung


des maximalen Volumenstroms QS nach Gl. (2):

81
Maschinen und Geräte

(2)

mit
DSchnecke Durchmesser der Förderschnecke [mm],
n Anzahl der Umdrehungen [min–1],
s Steigung der Schnecke [mm],
ϕ Erzielbarer Füllfaktor.
Der Füllfaktor [-] hängt davon ab, ob die Abbaukammer vollgefüllt ist
oder nicht. Üblicherweise verwendete Füllfaktoren sind:
1 Geschlossener Modus,
0,6 Halboffener Modus,
0,4 Offener Modus.
Der Durchmesser der Förderschnecke DSchnecke wird nach Gl. (3) be-
rechnet:

(3)

Die Wahl von Durchmesser und Länge der Förderschnecke richtet


sich nach dem erforderlichen Durchflussvolumen, der Größe der Ma-
schine und den Materialeigenschaften. Die Länge der Förderschnecke
muss ausreichen, um einen Druckabbau von der Abbaukammer zum
Schneckenabwurf zu ermöglichen, wo der Abraum möglichst sanft
auf das Förderband fallen und nicht durch einen noch anstehenden
Restdruck herausgeschleudert werden sollte. Gerade für höhere Drü-
cke ist die Steuerung des Druckgefälles entlang der Schnecke wichtig,
um den Stützdruck an der Ortsbrust zu halten. Der Druckabfall kann
über Drucksensoren überprüft werden, die entlang des Schnecken-
rohrs installiert sind. Er sollte zwischen 0,1 und 0,5 bar/m Schnecken-
länge betragen. Umgekehrt erlaubt der Faktor die grobe Abschätzung
der Schneckenlänge und würde so den Einsatz bei EPB-Maschinen

82
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

limitieren, deren längste Förderschnecke bisher mit einer Länge von


28 m einen Druckabbau von bis zu 7 bar ermöglichte. Für höhere
Drücke sind zwei in Reihe geschaltete Schnecken oder alternative
Maßnahmen erforderlich.
Mit größeren Maschinendurchmessern und Aushubvolumina sowie
höheren Drücken steigen auch die Leistungsanforderungen an die
Schneckenförderer. Bild 2 zeigt den Zusammenhang zwischen Schild-
und Förderschneckendurchmesser an ausgeführten Tunnelbaupro-
jekten.
So sollte bei Maschinen mit einem Durchmesser > 10 m der Mindest-
durchmesser für die Förderschnecke aufgrund der Volumenstrom­
anforderungen etwa 1.250 mm betragen. Ein Tunnelbauprojekt im
schwedischen Malmö, bei dem hauptsächlich Kalkstein abgebaut
wurde, wurde mit einem Schilddurchmesser von 9 m und einer
Schnecke von 900 mm ausgeführt. Für den Schild in Barcelona mit ei-
nem Schneidraddurchmesser von 12 m, der hauptsächlich Sand- und
Tonsedimente zu durchfahren hatte, wurde eine Schnecke mit einem
Durchmesser von 1.250 mm verwendet. Der EPB-Schild zum Abbau
von Molassevorkommen beim Tunnelbauprojekt Biel in der Schweiz

Bild 2.  Förderschnecken- und Schilddurchmesser für verschiedene


ausgewählte Tunnelbauprojekte

83
Maschinen und Geräte

hatte eine Förderschnecke von 1.400 mm bei einem Schneidrad von


12,5 m. Beim Boßlertunnel in Deutschland, der sandigen Ton und
Mergel mit einem Schneidraddurchmesser von 11,34 m durchquerte,
betrug die Förderschnecke 1.400 mm.
Bild 3 zeigt den Antrieb einer Förderschnecke. Die zu installierende
Leistungscharakteristik dieses Antriebs ist abhängig von der Betriebs-
art. Maschinen, die im offenen Modus betrieben werden, benötigen
eine hohe Antriebsleistung bei höheren Drehzahlen, insbesondere,
wenn zusätzlicher Verschleiß durch große Mengen an Gesteinschips
zu erwarten sind. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei Tun-
neln mit einem Durchmesser von > 10 m die Leistungsanforderun-
gen nicht nur durch entsprechend installierte Antriebsleistung erfüllt
werden, sondern auch durch eine entsprechende Konditionierung des
Aushubs erheblich beeinflusst werden. So kann bei einem Vortrieb
im offenen Modus die Leistung allein nicht ausreichen, wenn das
sich einstellende Drehmoment und der zu erwartende Verschleiß
beim Auffahren von Festgesteinsabschnitten nicht durch Zugabe von
Schaum verringert werden. Dies wurde in verschiedenen Tunnelbau-
projekten verifiziert, bei denen sukzessive die Leistung der Förder-
schnecke erhöht wurde. Allerdings stellte sich die alleinige Leistungs-
erhöhung oftmals weniger erfolgreich gegenüber einer Verbesserung
der Bodenkonditionierung heraus.

Bild 3.  Hydraulikmotor der Förderschnecke

84
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Bild 4.  Leistung des Schneckenförderers und Schilddurchmesser für


verschiedene ausgewählte Tunnelbauprojekte

Bild 4 zeigt installierte Leistungen der Förderschnecke und den Schild-


durchmesser für verschiedene durchgeführte Tunnelbauprojekte.
Hier ist die Korrelation nicht ganz so eindeutig wie beim Durchmes-
ser der Förderschnecke (vgl. Bild 2), da nicht nur die Größe eine Rolle
spielt, sondern auch die Eigenschaften des zu fördernden Bodens.
In gemischtem Untergrund mit beträchtlichen Gesteinsabschnitten
sollen diese mit der dafür erforderlichen höheren Leistung gefördert
werden und erfordern insbesondere für die im offenen Modus gefah-
renen Abschnitte eine entsprechende Bodenkonditionierung.

2.2 Auslegung und Dimensionierung des Förderbands


Ein Förderbandsystem besteht aus einem Antrieb, einem auf einer
Bandtragstruktur liegenden Fördergurt und den Übergabepunkten,
die den Wechsel von einem Band zum nächsten ermöglichen. Längs-
träger, kombiniert mit Ober- und Untergurtrollenböcken und den
zugehörigen Tragrollen, umfassen die Tragstruktur. Neben weite-
ren Komponenten gibt es außerdem Umlenkrollen, mit denen die
Bandrichtung geändert wird (s. Abschnitt 3.2).

85
Maschinen und Geräte

Einflussfaktoren für die Auslegung des Bandsystems sind Volumen


und Eigenschaften des aufgefahrenen und konditionierten Aushubs.
Weist das Material adhäsives Verhalten auf, kann dem mit einem
Abstreifer oder Bandreinigungssystem entgegengewirkt werden, um
zu vermeiden, dass das Material am Fördergurt oder in angrenzenden
Bereichen hängen bleibt. Ist das Material zu flüssig, läuft es vom Band
und sammelt sich in angrenzenden Bereichen an, anstatt sein endgül-
tiges Transportziel zu erreichen.
Typische Geschwindigkeiten für Förderbänder liegen bei 2,5 m/s für
kürzere und bei 3,5 m/s für längere Tunnel [2]. Die Förderbandkapa-
zität sollte nur bis zu 75 % des nutzbaren Füllquerschnitts dimensi-
oniert werden. Die theoretische Förderleistung ergibt sich aus der
Querschnittsfläche der möglichen Bandbeladung multipliziert mit
der Bandgeschwindigkeit. Den erwarteten Volumenstrom auf dem
Förderband in m³/h unter Berücksichtigung von QM berechnet Gl. (4).
Ein typischer Wert für die Schüttdichte ρM des Bodens ist 1,67 t/m3.
mM[t/h] = ρMQM(4)
Bild 5 zeigt Förderbandbreiten und Schilddurchmesser von ausge-
führten Tunnelbauprojekten und gibt eine allgemeine Richtung vor,
die auf früheren positiven Projekterfahrungen bei der Auslegung und
Dimensionierung von Tunnelbandfördersystemen basiert.
Zu berücksichtigen ist die Neigung des Bands am Aufgabepunkt, d. h.
dem Bereich, an dem das Material von der Schnecke auf das Band
fällt. Idealerweise sollten Förderbänder im oberen Ulmenbereich des
Tunnels platziert werden, um für den Transport der Tübbinge ein
ausreichendes Lichtraumprofil zu gewährleisten. Daher kann ab dem
anfänglichen Bandaufgabepunkt ein mitunter steiler Anstieg mit seit-
licher Verschwenkung bis in den Ulmenbereich nötig sein (Bild 6).
Der Winkel α gibt die anfängliche Neigung an.
Die Bandneigung am Aufgabepunkt ist ein Schlüsselfaktor bei der
Auslegung des Systems, bei der die Beschaffenheit des abgebauten
und konditionierten Materials berücksichtigt werden muss. Ist das
Material zu flüssig oder zu steif, kann es sich entgegen der Förderrich-
tung zur Aufgabestelle zurückbewegen, sich dort ansammeln oder so-
gar den gesamten Bereich unter der Förderschnecke verstopfen. Das
86
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Bild 5.  Förderbandbreiten und Schilddurchmesser für ausgeführte


Tunnelbauprojekte

Bild 6.  Bandneigungswinkel α unterhalb der Bandaufgabestelle des


Förderschneckenabwurfs

Förderverhalten des Abraums muss über die gesamte Vortriebsstre-


cke betrachtet werden, auch unter Berücksichtigung möglicher Kon-
ditionierungsmittel. Je nach Boden muss der Abraum möglicherweise
mit mehr Wasser konditioniert werden, wodurch dann wiederum viel
Flüssigkeit auf dem Band beherrscht werden muss. Typischerweise

87
Maschinen und Geräte

werden Bandneigungswerte bis 18° für Felsvortriebe und 10 bis 12° für
EPB-Vortriebe mit flüssigerem Aushubmaterial gewählt.
Bild 7 zeigt als weiteres Gestaltungselement die Muldung des Gurts
und den möglichen Schüttwinkel. Die Neigung des Schüttwinkels
hängt ebenfalls vom Fließverhalten des konditionierten Materials
ab. Vor allem gilt es zu vermeiden, dass Material seitlich über die
Gurtmuldung tritt und sich auf dem Transportweg anhäuft und fest-
setzt. Flüssiges Aushubmaterial erzeugt eine geringere Neigung als
Gesteins­chips eines Festgesteinsvortriebs. Die Querschnittsform, in
der sich das Material auf dem Förderband anhäuft, liefert außerdem
wertvolle Informationen zum aktuellen Konditionierungszustand des
Abraums. Ein flüssiges Material neigt dazu, sich vollständig ohne Aus-
bildung eines Schüttwinkels flach auf dem Förderband zu verteilen,
während ein steifes oder trockenes Material in einzelnen Klumpen
transportiert wird, da es seine Kohäsionseigenschaften beibehält.
In Bezug auf die Konstruktion des Förderbandsystems kann, je nach
Konfiguration des Startbereichs, eine Ausführung gewählt werden,
das Förderband im Startschacht zur Oberfläche hin ansteigen zu las-
sen (Bild 8a). Eine solche Lösung hat erhebliche wirtschaftliche Vor-
teile, da ein zusätzliches System, wie der Kübelumschlag per Kran
oder ein Vertikalförderer, für den Vertikaltransport des Abraums
(Bild 8b) vermieden wird. Generell können durch den Bandtransport
bis zur Oberfläche mit der Entkopplung des Aushubtransports von
der übrigen Tunnelversorgungslogistik, gerade bei größeren Längen,
hohe Vortriebsgeschwindigkeiten erreicht werden.
Weitere Elemente der Konstruktion eines Fördersystems sind die
Übergabestellen, an denen das Material von einem Band auf ein an-
deres übergeben und die Bandrichtung über eine Umlenkrolle umge-

Bild 7.  Neigung des Förderbandquerschnitts


88
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

kehrt wird. Hier müssen Materialansammlungen vermieden werden,


insbesondere, wenn stark kohäsiver Aushub mit Verklebungsneigung
transportiert wird, da nicht entfernte Ablagerungen am Gurt im
Bereich der Tragrollen hängen bleiben und den Reinigungsprozess
erschweren können. Die Lösung besteht hier darin, neben der Sicher-
stellung des Eingreifschutzes sowohl eine effektive Gurtreinigung mit
Abstreifern als auch den Zugang für eine sachgerechte Reinigung vor-
zusehen. Zu sehr geschlossene Ausführungen können dazu führen,
dass das Material an den Metallteilen eingeklemmt wird.

3 Hauptkomponenten von Förderschnecke und -band


Dieser Abschnitt stellt technische Details von Förderschnecke und
-band vor. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Innovationen, die die
Flexibilität der Tunnellösungen erhöhen und sich an die neuen Her-
ausforderungen, wie z. B. größere Durchmesser, höhere Drücke und
größere Tunnellängen, anpassen.

3.1 Schneckenförderer
Ein typischer Schneckenförderer eines EPB-Schilds besteht aus einer
mittigen Seele und einer Wendel mit Schneckenblättern, die von ei-
nem Schneckenrohr mit einer Länge zwischen 5 und 25 m umschlos-
sen ist und bis zu 150 t Gewicht erreicht. Es existieren auch Ausfüh-

Bild 8.  Vertikaltransport Startschacht: a) ein durchgehendes System, bei dem


das Tunnelband zur Oberfläche geführt wird; b) Verladekübel zur vertikalen
Materialförderung mittels Portalkran
89
Maschinen und Geräte

rungen ohne Seele, die einzelne größere Korngrößen passieren lassen


sollen, jedoch nicht für Böden mit geringer Steifheit geeignet sind.
Der Durchmesser der Schneckenwendel variiert zwischen 400 und
1.600 mm. Ein Schneckenrohr umgibt die Förderschnecke und ent-
hält Wartungsdeckel, um den Zustand der Förderschnecke visuell
beurteilen zu können. Injektionspunkte entlang des Gehäuses ermög-
lichen das Einbringen von Bodenkonditionierungsmitteln wie Wasser,
Schaum oder Polymeren. Druck- und Temperatursensoren sind eben-
falls vorhanden. Das sogenannte Teleskop ermöglicht ein Zurückzie-
hen oder Nach-vorne-Schieben der Schneckenwendel. Bild 9 zeigt
dieses spezielle Element des Schneckenförderers, das die Druckregu-
lierung und das Einzugsverhalten der Schnecke beeinflusst.
Diese beiden unterschiedlichen Modi nach Bild 9a und 9b ermögli-
chen es, die Förderschnecke in Richtung der Abbaukammer zu verlän-
gern, um einen guten Materialfluss zu gewährleisten oder den Druck
durch Zurückziehen der Schnecke zu erhöhen. Zusammen mit dem

Bild 9.  Förderschnecke mit den zwei Betriebsstellungen: a) vorgeschoben;


b) zurückgezogen
90
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Teleskop, das die Schneckenwendel längs verschiebt, ermöglichen die


Inspektionsöffnungen eine schnelle visuelle Überprüfung des Ver-
schleißzustands von Schneckenrohr und Wendel (Bild 10a und 10b).
Während der Inspektion sind alle Verschleißelemente an der Schne-
ckenwendel und am Rohr zugänglich, indem die Wartungsdeckel ge-
öffnet und die Schnecke im Tippbetrieb gedreht und zusätzlich teles-
kopiert wird. Dies ermöglicht Verschleißmessungen und bei Bedarf
Reparaturen vor Ort.
Der Verschleiß einer Förderschnecke wird maßgeblich von der Qua-
lität des Aushubs und dessen Konditionierung oder Nicht-Kondi-
tionierung beeinflusst. Insbesondere bei einer Gradientenwahl im

Bild 10.  Wartungsdeckel am Schneckenrohr: a) geschlossen; b) offen;


Verschleißelemente an der Schneckenwendel: c) geschraubte
Ausführung; d) geschweißte Ausführung
91
Maschinen und Geräte

Übergangsbereich zwischen Lockergestein und einem Felshorizont


müssen EPB-Maschinen häufig Abschnitte mit gemischten Boden-/
Gesteinszonen auffahren, deren Ausbildung als gemischte Ortsbrust
nicht immer durch Voruntersuchungen zu erkennen ist, z. B. gemisch-
ter Übergangsgrund [3, 4]. Gesteinsblöcke mit groben Korngrößen,
eingebettet in konditioniertes Lockergestein, verursachen einen hö-
heren Verschleiß an Teilen der Fördereinrichtungen, wobei die För-
derschnecke einer der am stärksten betroffenen Bereiche ist.
Die Verschleißmechanismen sind noch nicht vollständig analysiert,
insbesondere wegen des Zusammenhangs des natürlichen Aushub-
materials mit den in der Abbaukammer oder am Schneckenförderer
zugesetzten Konditionierungsmitteln. Der am häufigsten auftretende
Schadensfall ist die Abnutzung der Verschleißelemente von Schne-
ckenwendel und -rohr. Bei Erreichen eines kritischen Verschleiß-
niveaus muss eine entsprechende Sanierung durchgeführt werden.
Da die Reparatur/Sanierung dieses Bauteils sehr zeitintensiv ist und
Wochen in Anspruch nehmen kann, sollte die Abnutzung dieses Ele-
ments durch Verschleißschutzkonzepte und eine ordnungsgemäße
Bodenverbesserung reduziert werden.
Für die Schneckenwendel wurden deshalb Verschleißkonzepte entwi-
ckelt, die die Standzeit erhöhen. Wolframkarbid-Verschleißelemente
oder andere hochabriebfeste Werkstoffe, die entlang des Wendelum-
fangs (Bild 10c und 10d) angeordnet werden, verringern den Ver-
schleiß des Elements erheblich und verlängern die Lebensdauer für
Projekte mit stark abrasiven Böden. Der vordere Teil der Schnecke
unterliegt einer höheren Abnutzung als die verbleibende Länge. Die
Verschleißschutzoptimierungen sollten sich deshalb auf die ersten
Meter der Schneckenlänge konzentrieren. Bild 11a zeigt typische Ver-
schleißschutzelemente, die am Anfang einer Förderschnecke imple-
mentiert sind. Das Aufschweißen von Hartauftrag sollte dabei auf die
Spitze der Schneckenseele begrenzt werden. Die Verschleißfestigkeit
des Schneckenrohrs wird durch eingeschweißte Verschleißleisten er-
höht.

92
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Bild 11.  a) Verschleißschutz für die Förderschnecke und Schneckenrohre;


b) Schneckenverschluss

Während der Inspektion und Sanierung kann die Schneckenöffnung


durch Verschlüsse geschlossen werden (Bild 11b). Die in die Abbau-
kammer hineinragende Schneckenwendel kann für Wartungs- und
Reparaturarbeiten zurückgezogen und die Schneckenöffnung in der
Druckwand durch diese Verschlussklappen verschlossen werden.
Dies muss jedoch unter Berücksichtigung der Durchlässigkeit des
Bodens sowie des Verdichtungsgrads des abgebauten und konditio-
nierten Materials, das sich am Boden der Abbaukammer sammelt,
sorgfältig geplant werden. Ist das Material zu durchlässig, reicht das
Schließen der Butterfly-Klappen möglicherweise nicht aus, um den
Durchfluss zum Schneckenförderer zu stoppen. Wenn andererseits
das angesammelte Material zu stark verdichtet ist, kann es das Schlie-
ßen der Klappen erschweren oder völlig verhindern. Ein Vortriebs-
stopp im Bereich einer standfesten undurchlässigen Ortsbrust oder
das geeignete Konditionieren des Bodens vergrößert die Chancen
eines erfolgreichen Eingriffs.
Am Ende der Förderschnecke wird der ausgetragene Abraum auf ein
Förderband übergeben. Dies ist heutzutage das am häufigsten einge-
setzte System. Es sind jedoch auch Lösungen mit Abraumwagen oder
einem Dickstoffpumpensystem möglich. Vortriebe mit Abraumwa-
gen erzielen im Vergleich zur Materialförderung mit Förderbändern

93
Maschinen und Geräte

eine geringere Vortriebsgeschwindigkeit. Die Schutterung mit Ab-


raumwagen nimmt außerdem den Raum in der Tunnelsohle ein, der
sonst alleinig für den Transport der Tübbinge verwendet wird. Das
Abpumpen des Abraums empfiehlt sich vor allem in solchen Fällen,
in denen das Material entweder in einem flüssigeren Zustand trans-
portiert werden muss, z. B. beim Aushub von klebrigen Tonen oder
mittels Pumpförderung zur Bewältigung verbleibender Druckhöhen
aus dem Vortrieb.
Die Übergabe von der Förderschnecke zum nächsten Transportele-
ment, üblicherweise dem Förderband, erfolgt über den Abwurfschie-
ber, mit dem die Entnahme des Aushubs gesteuert werden kann. In
Bild 12a ist der Schneckenauslass dargestellt. Der Schneckenabwurf-
schieber (Bild 12b) kann bei Bedarf geschlossen und geöffnet werden,
um einerseits einen druckdichten Verschluss sicherzustellen und an-
dererseits den Materialstrom zu beeinflussen. Wird der Druck nicht
vollständig entlang der Schneckenlänge abgebaut, drückt der verblie-
bene Druck den Abraum aus der Abwurföffnung heraus. Gummi-
schürzen tragen dazu bei, das Ausbreiten von Material außerhalb des
Übergabepunkts zu vermeiden. Mit einem zusätzlichen sekundären
Auslassschieber kann besonderen Sicherheitsanforderungen Rech-
nung getragen werden, bspw., wenn hoher Druck erwartet wird, der
entlang der Förderschnecke abgebaut werden muss.
Für den Fall, dass sehr flüssiges Material transportiert und der ver-
bleibende Druckabbau über die weitere Förderung ausgeführt werden

Bild 12.  a) Schneckenauslass mit Abwurfschieber;


b) Materialaustritt im Vortrieb
94
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

muss oder sich das Material aufgrund seiner Zusammensetzung und


der späteren Deponierungsmöglichkeiten für eine Dickstoffförderung
eignet, übernehmen zusätzliche Pumpen entweder als Dickstoffpum-
pen oder als Kreiselpumpen im entsprechenden Förderkreislauf nach
der Übergabestelle den Transport. Auch bei Vortrieben mit erwarte-
ten Gasvorkommen kann als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme ein
abgedichtetes System zwischen dem Schneckenabwurf und entlang
der ersten Strecke des Förderbands eingesetzt werden.
Durch die Länge der Förderschnecke und die Anforderungen an den
Druckabbau wird der maximale Druck begrenzt, dem eine EPB-Ma-
schine standhalten kann. Eine Abhilfe besteht darin, eine sekundäre
Förderschnecke vorzusehen, was eine zwar komplexe, aber umsetzba-
re Lösung ist. Eine der größten Herausforderungen bei dieser Ausfüh-
rung ist der Verbindungsbereich zwischen zwei Förderschnecken, in
denen sich kein Schneckenelement befindet. Sobald das Material die-
sen Verbindungsbereich erreicht, kann es nur durch das nachrücken-
de Material selbst in die nachfolgende Schnecke gedrückt werden. Das
Material wird so zunächst verdichtet, bevor es tatsächlich zu fließen
beginnt. Damit wird vorübergehend eine höhere Konsistenz erreicht,
die in der zweiten Förderschnecke schlechter zu transportieren ist.
Dies kann zu Blockaden in den entsprechenden Bereichen führen
und dort den Druck erhöhen. Eine angemessene Konditionierung
reduziert Blockaden und Druckanstiege.

3.2 Bandförderung
Förderbandsysteme werden in Tunnelvortrieben seit mehr als 20 Jah-
ren eingesetzt und kontinuierlich verbessert. An die neuen Heraus-
forderungen der Branche, wie längere Tunnel, größere Maschinen-
durchmesser und damit größere Fördermengen sowie an komplexere
Tunnelausrichtungen mit engen Kurven oder größeren Steigungen,
sind sie mittlerweile angepasst. Förderbänder werden außerdem in
vielen anderen Bereichen vom Bergbau bis zur Lebensmittelindustrie
eingesetzt, was den Technologietransfer zum Tunnelbau erleichtert.
Dabei müssen jedoch die Besonderheiten einer Tunnelbaustelle im
Vergleich zur üblichen Förderbandanwendung berücksichtigt wer-
den. Einer der Hauptunterschiede ist, dass der Tunnelvortrieb voran-
95
Maschinen und Geräte

schreitet, weshalb das Förderband einschließlich Tragstruktur konti-


nuierlich verlängert werden muss, was in anderen Branchen, in denen
ähnliche Systeme verwendet werden, üblicherweise nicht der Fall ist.
Wie bereits in Abschnitt 2.2 erwähnt, spielt die Art des transportier-
ten Materials eine wichtige Rolle für die Gestaltung und Spezifikation
des Förderbands. Die optimale Positionierung im Tunnel sowie das
ausgewählte System zur Verlängerung des Förderbands sind ebenfalls
wichtige Aspekte für eine effiziente Tunnellogistik. Das Material muss
so schnell wie möglich transportiert werden, ohne dabei Verluste zu
erleiden. Dabei muss der verfügbare Raum so genutzt werden, dass
der Transport anderer Elemente, z. B. Tübbinge, nicht beeinträchtigt
wird. Das Band muss verlängert werden, ohne dass es zu Unterbre-
chungen kommt.
Der Antrieb des Förderbands ist das Herzstück des Systems und
muss so ausgelegt sein, dass die erforderliche Leistung für den Trans-
port des geförderten Materials gegeben ist. Der Hauptantrieb befin-
det sich am Tunnelportal, wo sich auch ein Übergabepunkt befindet
(Bild 13a). Zusätzliche Zwischenantriebe können die Förderleistung
entlang des Tunnels erhöhen und müssen im Tunnelvortrieb suk-
zessive hinzugefügt werden (Bild 13b). Insbesondere in regnerischen
Regionen sind diejenigen Strecken des Förderbands, die außerhalb
des Tunnels verlaufen, sachgerecht abzudecken, um direkten Regen
abzuhalten. Andernfalls könnte dies zu einem Wasserüberschuss im
transportierten Material führen, dessen Entsorgungsvolumen sich
vergrößert und möglicherweise aufgrund seines flüssigen Zustands
vom Band läuft.

Bild 13.  a) Bandabwurf; b) Antriebsstation


96
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Mit Voranschreiten des Tunnelvortriebs muss das Fördersystem mit


gleicher Geschwindigkeit folgen. Zu diesem Zweck muss das System
für eine schnelle Verlängerung des Förderbands vorbereitet sein, was
einen effizienten Bandspeicher mit entsprechenden Seilrollen und
eine einfach zu installierende Bandtragstruktur erfordert (Bild 14a
und 14b). Der Bandspeicher wird in der Nähe der Antriebsstation
platziert und hat eine Kapazität von bis zu 500 m Bandlänge. Das
ermöglicht entsprechende Vortriebslängen ohne Bandverlängerung.
Die Bandtragstruktur mit Tragrollen kann ebenfalls verlängert wer-
den, ohne dass das System angehalten werden muss. Dazu ist ein
modularer Aufbau sinnvoll, der in das Gesamtsystem eingefügt wird
(Bild 14c und 14d). Ein komplettes Tragstrukturmodul kann zusam-
mengefügt und ebenfalls in die bestehende Anlage integriert werden,
ohne das Förderband anzuhalten. Dies ermöglicht einen kontinuierli-
chen Tunnelbauprozess.

Bild 14.  a), b) Bandspeicher; c) Montage einer kompletten Tragstruktur;


d) Einbau der neuen Tragstruktur ohne Stopp der Bandförderung
97
Maschinen und Geräte

Die Übergabepunkte sind strategische Bereiche, deren Auslegung


eine entsprechend hohe Sorgfalt erfordert. Hier wird durch die
Schwerkraft beim Übergang des Materials von einem Band auf ein
anderes der Fördergurt stärker belastet als an anderen Stellen. Um
den Aufprall des herabfallenden Materials auf das nächste Förderband
zu verringern, werden z. B. Polsterwalzen und Prallschienen einge-
baut (Bild 15). In der Regel werden Prallschienen in die Übergabe
integriert, um die Prallenergie des herabfallenden Materials auf den
Fördergurt zu verringern und um zu verhindern, dass das abgebaute
Material an den Seiten der Übergabestelle herabfällt.
Im Übergabebereich kann sich leicht kohäsives und anderes Material
ansammeln. Neben einer leicht offenen Formgebung, kommen hier
Abstreifer zum Einsatz. Sammelt sich Material an, ist zusätzlicher Rei-
nigungsaufwand erforderlich. Zu Verklebungen neigendes Material
kann auch über die Rollen laufen und die Lager beschädigen, was zu
weiteren Schäden oder sogar zum Reißen des Bands führen kann [2].
Ein weiterer Aspekt, der bei der Installation des Fördersystems be-
rücksichtigt werden muss, ist die Befestigung der Tragstruktur an
der Tunnellaibung. Da das Fördersystem nicht mit dem Transport­
raum der Tübbingversorgung konkurrieren sollte, liegt die bevorzugte
räumliche Anordnung im First-/Ulmenbereich des Tunnels. In Bild 16
sind verschiedene Optionen für die Fixierung dargestellt, entweder
mittels Ketten (Bild 16a) oder direkt an den Tübbingen mit Trägern

Bild 15.  Bandübergabe mit Umkehre und Aufgabestelle


98
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Bild 16.  Befestigung der Förderbandtragstruktur an den Tübbingen


im Tunnel: a) über Ketten; b) mit Trägern; c) über Ketten und mit
Trägern; d) für Horizontalkurven

(Bild 16b). Aufgrund des Tunneldurchmessers, den Maschinenabmes-


sungen und der Menge des Aushubs je Vorschub sind oft Kombinatio-
nen beider Varianten erforderlich (Bild 16c). Bei entsprechender Aus-
führung kann so engen Horizontalkurven gefolgt werden (Bild 16d).
Weitere wichtige Elemente, aus denen das Fördersystem besteht, sind
die in Bild 17 dargestellten Steuer- und Sicherheitsvorrichtungen.
Das komplette Förderbandsystem eines Tunnels wird direkt von der
Steuerkabine der Tunnelvortriebsmaschine (TVM) aus bedient und
überwacht, sodass der Fahrer den Betrieb des Bandsystems jederzeit
an den Fortschritt der TVM anpassen kann.

4 Aushubkontrolle
Maschinelle Tunnelvortriebe müssen das Volumen des Aushubs kon-
trollieren. Eine fehlende ordnungsgemäße Kontrolle des Volumens

99
Maschinen und Geräte

kann zu einem Volumenverlust führen, wenn mehr als die zulässige


Menge an Material abgebaut wird. In einem EPB-System bedeutet
dies, dass die Kontrolle über den Materialfluss, der durch die För-
derschnecke fließt, verloren geht. Dies kann zu einem übermäßigen
Aushub an der Ortsbrust führen, was Setzungen oder Hohlräume zur
Folge haben kann.

Bild 17.  Sicherheitseinrichtungen: a) Kameras an den Bandübergaben


und Abwurf; b) Überfüllwächter Förderband; c) Visualisierung der
Bandanlagensteuerung

100
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Bild 18.  Aushub-Monitoring bei EPB-/TVM-Vortrieben [5]

Bild 19.  Aushub-Monitoring bei EPB-Schilden: a) Visualisierung Steuerstand;


b) Geöffnetes Detailfenster der Visulisierung

Um die abgebaute Masse zu ermitteln, stehen bei EPB-Schilden zwei


Methoden zur Verfügung (Bild 18):
–– Direkte Wägung mittels Bandwaagen im Förderband noch auf
dem Nachläufer der Vortriebsmaschine.
–– Wägung des Abtransports in der weiteren Transportkette.

101
Maschinen und Geräte

Bild 19 visualisiert den Steuerstand eines EPB-Vortriebs. Bild 19a stellt


die Parameter der Ortsbruststützung, Stützdrücke in der Abbaukam-
mer und Drücke entlang der Schnecke, und die aufsummierten Werte
der Bandwaagen mit dem theoretischen Vergleichswert für den Ma-
terialtransport dar. In Bild 19b ist das Detailfenster zum Vergleich der
­laufenden Aushubmasse mit den Werten der letzten zehn Vortriebe so-
wie dem Durchschnittswert der Aushubmasse für die letzten zehn Ringe
geöffnet.

5 Zusammenfassung
Es wurden die zwei Hauptelemente Förderschnecke und Förderband
eines EPB-Vortriebs vorgestellt. Sie sind für den effizienten und kon-
trollierten Transport des Aushubmaterials von der Abbaukammer an
die Oberfläche des Tunnelvortriebs verantwortlich.
Förderschnecke und -band müssen im Kontext des Gesamtsystems
EPB-Vortrieb betrachtet werden. Beide agieren mit vor- und nach-
gelagerten Prozessen. Die Eigenschaften des vom Schneidrad abge-
bauten Bodens und dessen Konditionierung beeinflussen bspw., wie
leistungsfähig die Förderschnecke arbeiten kann oder wie sehr sie
Verschleiß ausgesetzt ist. Wie gut die Auslegung der Förderschnecke
an die Gegebenheiten eines Tunnelbauprojekts angepasst wurde, kann
entscheidend für die Vortriebsleistungen insgesamt sein. Insbesondere
die gegenseitige Abstimmung von Förderschnecke und -band kann sich
positiv oder negativ auf weitere Baustellenabläufe auswirken.
Trotz der hohen Leistungsfähigkeit der aktuellen Systeme und Kom-
ponenten zur Abförderung des abgebauten Bodens bleibt Raum für
Optimierungen und Innovationen. Diese müssen sich an den allge-
mein gestiegenen Anforderungen des maschinellen Tunnelvortriebs,
wie immer größeren Bauwerksquerschnitten, höheren Drücken,
wechselnden geologischen Bedingungen sowie längeren Vortrieben
orientieren.

102
I.  Schnecken- und Bandförderung beim ­maschinellen Tunnelvortrieb

Literatur
[1] Maidl, B., Herrenknecht, M., Maidl, U., Wehrmeyer, G. (2012) Mechanised
shield tunneling. Ernst & Sohn Verlag, Berlin.
[2] Enneking, G., Sonnenschein, M. (2009) Einsatz von Förderbandanlagen
bei EPB-Vortrieben. Schildvortrieb mit Tübbingausbau – Eine umweltscho-
nende, sichere Baumethode. Wissenschaftsstiftung Deutsch-Tschechisches
Institut (WSDTI) (Hrsg.), 106–109.
[3] Oliveira, D. G. G., Diederichs, M. S. (2016) TBM interaction with soil-rock
transitional ground. TAC 2016 Annual Conference, Ottawa.
[4] Oliveira, D. G. G., Diederichs, M. S., Thewes, M., Freimann, S., Aguiar, G.
(2017) EPB conditioning of mixed transitional ground: investigating preli-
minary aspects. ITA-WTC, Bergen.
[5] Wehrmeyer, G. (2000) Zur Kontrolle der geförderten Aushubmassen beim
Tunnelvortrieb mit Flüssigkeitsschilden. Dissertation, Ruhr-Universität Bo-
chum.

103
Content deleted for legal reasons
Forschung und Entwicklung
I. Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode –
Pilotprojekt erstmalig mit ­Oberleitung
Dietmar Mähner, Bodo Tauch, Christine Schardt
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Erneuerung des Petersberg Tun-
nels. Dabei wurde im Rahmen eines Pilotprojekts erstmalig die Tunnel-im-Tun-
nel-Methode auf einer elektrifizierten Strecke der Bahn angewendet. Das
Tunnelprofil wurde im Rahmen des Vortriebs aufgeweitet. Diese Arbeiten
wurden mithilfe eines Tunnelaufweitungssystems (TAS) durchgeführt. Dabei
musste die bestehende Oberleitung für die Elektrifizierung der Strecke in den
Tunnelvortrieb integriert werden. Nach Ende der Vortriebsarbeiten wurde die
Tunnelinnenschale aus Stahlbeton hergestellt. Mit diesem Projekt wurde das
Spektrum der Tunnelerneuerung erheblich erweitert und kann somit auch bei
anderen Projekten im elektrifizierten Streckennetz eingesetzt werden.
Petersberg Tunnel: Tunnel-in-tunnel-method – Pilot project including
overhead line for the first time
This article deals with the renewal of the Petersberg Tunnel. Within the frame-
work of a pilot project, the tunnel-in-tunnel method was applied for the first
time on an electrified railway line of the Deutsche Bahn. The tunnel profile
was widened in the course of the excavation. This work was carried out with
the help of a tunnel widening system (TAS). The existing overhead line for the
electrification of the line had to be integrated into the tunnel excavation pro-
cedure. After completion of the tunnelling work, the inner lining of the tunnel
was constructed with reinforced concrete. With this project, the range of tunnel
renewal methods was significantly extended and can therefore also be used
for other projects in the electrified railway network.

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

105
Forschung und Entwicklung

1 Einsatz der Tunnel-im-Tunnel-Methode


bei der Deutschen Bahn
Die Tunnel-im-Tunnel-Methode [1] wurde bereits auf mehreren Stre-
cken im Regionalverkehr erfolgreich erprobt und weiterentwickelt.
Die Erprobung erfolgte dabei ausschließlich auf nicht elektrifizier-
ten Strecken. Bei dieser Methode wird der Tunnelquerschnitt unter
Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs, d. h. bei laufendem Betrieb, im
Sprengvortrieb oder mit Meißeln aufgeweitet und gemäß den gültigen
Anforderungen des Regelwerks mit einer neuen Stahlbetoninnen-
schale ausgebaut. Dazu wird zu Beginn der Bauarbeiten grundsätzlich
das Fahrgleis in Tunnelmitte verlegt und während der Baumaßnahme
im bauzeitlichen Gleiswechselbetrieb befahren. Nach Beendigung der
Baumaßnahme wird der Tunnel wieder mit zwei befahrbaren Gleisen
versehen. Die Einrichtung der Eingleisigkeit am Anfang sowie die
Herstellung der Zweigleisigkeit am Ende der Tunnelaufweitung erfol-
gen zwar während einer geplanten Totalsperrpause, allerdings kann
während der gesamten Baudurchführung die Bahnstrecke für den
Bahnbetrieb aufrechterhalten bleiben. Umleitverkehre werden da-
durch nur teilweise notwendig bzw. sogar ganz eliminiert. Bei der Er-
neuerung des Petersberg Tunnels kommt die Tunnel-im-Tunnel-Me-
thode nun erstmalig bei einer elektrifizierten Strecke zum Einsatz [2].

2 Projektvorstellung Petersberg Tunnel


Der Petersberg Tunnel liegt bei Bullay auf der zweigleisigen Bahnstre-
cke von Koblenz nach Perl. Diese Strecke ist dem Fern- und Ballungs-
netz zugeordnet.
Nicht nur für den Personenverkehr mit der Anbindung an Koblenz
und Trier ist diese Strecke von großer Bedeutung. Sie dient insbeson-
dere auch für den Güterverkehr als wichtigste Hauptabfuhrstrecke in
Richtung Luxemburg und genießt damit einen sehr hohen Stellenwert
im Streckennetz der Deutschen Bahn (DB). Ziel der DB Netz AG
ist es, die Bahnstrecke Koblenz–Perl langfristig als Bestandteil des
Transeuropäischen Netzes (TEN) zu erhalten. Sowohl die Erhöhung
des Sicherheitsniveaus als auch die Erhaltung der Bahnstrecke für

106
Content deleted for legal reasons
Forschung und Entwicklung

Güter- und Personenverkehr sind von hohem öffentlichem Interesse.


Der Tunnel hat eine Länge von 368 m und wurde 1879 fertiggestellt.
Das vorhandene Mauerwerk aus Schiefer und Kalkbruchstein weist
Mächtigkeiten von ca. 0,85 m auf, im Portal reduziert sich die Di-
cke auf ca. 0,70 m. Die Mauerwerkskonstruktion des Tunnels ist ein
Maulprofil ohne Sohle. Der Tunnel wird derzeit dräniert. Der Tunnel
befindet sich im Bereich der Moselmulde des Rheinischen Schiefer-
gebirges. Diese wird aus einer mächtigen Schichtenfolge von Sand-,
Schluff- und Tonsteinen aufgebaut. Durch die intensive tektonische
Beanspruchung sind die Gesteine stellenweise intensiv geklüftet und
weisen zahlreiche Störungen auf. Die maximale Überdeckungshöhe
liegt etwa in Tunnnelmitte und beträgt ca. 95 m.
Die vorhandene Mauerwerkskonstruktion am Petersberg Tunnel wur-
de im Laufe der letzten Jahrzehnte vielfach saniert und ausgebessert. Im
Rahmen vergangener Instandsetzungsmaßnahmen wurde das Mauer-
werk großflächig mit einer dünnen Spritzbetonschale ertüchtigt. Vor
der Sanierung wurden u. a. Mauerwerksausbrüche, lose Fugen, Ablö-
sungen und Risse im Spritzbeton sowie diverse Feuchtstellen doku-
mentiert. Im Rahmen von regelmäßigen Begutachtungen wurde eine
stetige Verschlechterung der Bauwerksqualität festgestellt, sodass eine
wirtschaftliche Instandsetzung nicht mehr gegeben ist.
Die Umsetzung der Regelquerschnitte der DB erfordert im Zusam-
menhang mit der Maßnahme auch die Erweiterung des Gleisabstands
von 3,50 auf 4,00 m und den Einbau von durchgehenden Fluchtwegen.
Die Aufgabenstellung zur Erneuerung des Petersberg Tunnels sah vor,
den Bahnverkehr auch bei Aufweitung des Tunnelprofils und Einbau
einer neuen Tunnelinnenschale weitestgehend aufrechtzuerhalten.
Lediglich für das Sprengen während der Aufweitung und für das Aus-
und Einheben von Bauteilen über der Oberleitung waren kleinere
Sperrpausen zugelassen.
Aus diesem Grund wurde die Aufweitung des Tunnels mithilfe der
Tunnel-im-Tunnel-Methode vorgesehen. Mit den Bauarbeiten wur-
de im Jahr 2017 begonnen (Bild 1). Der eigentliche Tunnelvortrieb
startete im Januar 2018 und wurde im Oktober 2018 abgeschlossen.

108
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Bild 1.  Baustelle am Südportal

3 Bauphasen
Vor Beginn der Baumaßnahme wurde die Strecke im Bereich des
Petersberg Tunnels zweigleisig befahren. Im Rahmen einer vierwöchi-
gen Sperrung der Strecke im Mai 2017 wurden zuerst die Oberleitung,
die Schienen und der Oberbau im Tunnel demontiert. Daran schloss
sich der Einbau der Hilfsfundamente für das Tunnelaufweitungssys-
tem (TAS) sowie der Aufbau der Schutzeinhausung an. Danach wurde
die Schutzeinhausung mit einem speziellen Fahrzeug in den Tunnel in
einzelnen Elementen eingefahren. An diese Schutzeinhausung wurde
für die Bauzeit eine Deckenstromschiene installiert. Weiterhin wurde
das Gleisbett mit einem mittig verlegten Gleis hergestellt, sodass der
Schienenverkehr im Bereich des Tunnels während der gesamten Bau-
phase eingleisig (im Gleiswechselbetrieb) durch den Tunnel geführt
werden kann. Das Einheben des TAS von der Baustelleneinrichtungs-
fläche neben dem Tunnelportal auf die Hilfsfundamente erfolgte im
August 2017 in einer zusätzlichen nächtlichen Sperrpause.
Im Februar 2018 wurde mit den Vortriebsarbeiten vom Südportal aus
begonnen. Dazu wurde im Schutz des TAS der Tunnel im First- und

109
Forschung und Entwicklung

Ulmenbereich um ca. 2,5 und im Widerlagerbereich und ca. 3 m auf-


geweitet und anschließend mit Spritzbeton (Dicke: 20–30 cm), An-
kern, Ausbaubögen und Matten gesichert. Die Abschlagslängen va-
riierten dabei zwischen 0,75 und 1,75 m. Der Vortrieb (Länge 330 m)
für den Tunnel endete im Oktober 2018.
Nach der Rückfahrt des TAS wurden die Sohlen für die Widerlager
vorbereitet. Anschließend erfolgte die Herstellung des Widerlagers
ab Januar 2019. Nach dem Aufbau und Einheben des Bewehrungs-
wagens, des Schalwagens sowie drei Nachbehandlungswagen wurde
ab März 2019 mit der Herstellung der Gewölbeblöcke von Nord nach
Süd begonnen.
Im November 2019 erfolgte im Rahmen einer vierwöchigen Total-
sperrpause u. a. der Ausbau der Schutzeinhausung, der Rückbau der
Hilfsfundamente sowie die Herstellung des Gleisschotters mit zwei
Gleisen. Auch die betriebstechnische Ausstattung, der Einbau der
Entwässerungsleitungen und die Installation der Oberleitung erfolg-
ten in diesem Zeitraum. Als Letztes wurde die Leit- und Sicherungs-
technik für den Endzustand angeschlossen. Am Ende der Sperrpause
ist der Tunnel dann wieder für den zweigleisigen Betrieb fertiggestellt.
Bild 2 zeigt die beschriebenen Bauphasen.

110
Content deleted for legal reasons
Forschung und Entwicklung

112
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Bild 2.  Einzelne Bauphasen bei der Anwendung der Tunnel-im-Tunnel-Methode

113
Forschung und Entwicklung

4 Konzeption Tunnelaufweitungssystem (TAS)


Um während der Bauarbeiten einen gesicherten elektrifizierten Fahr-
betrieb aufrechtzuerhalten und dabei gleichzeitig den Bahnbetrieb
von den Bauarbeiten einwandfrei zu trennen, wurde das befahrene
Gleis durchgängig mit einer zusätzlichen fest installierten Schutzein-
hausung versehen. Innerhalb dieser Schutzeinhausung war im First-
bereich eine Stromschiene zur Führung der Oberleitung installiert.
Im Zwischenraum von Schutzeinhausung und neuer Tunnelaußen-
schale kam das TAS, das sich in einer Führungsschiene auf einem
Streifenfundament autark fortbewegte, zum Einsatz. Es bestand aus
drei Abschnitten (Bild 3).
–– Der erste Abschnitt war mit einem hydraulisch ­hochfahrbaren
Gewölbeschutz bestückt, der sich während des Vortriebs
­zwischen Schutzeinhausung und alter Tunnelinnenschale drückte
und so mögliche Auflockerungen am Mauerwerk, hervorgerufen
durch Einflüsse aus Sprengen, Meißeln, Baggern sowie möglichen
Lastumlagerungen auffangen konnte.
–– Auf dem zweiten Abschnitt, dem mittleren Teil, waren die
­Arbeitsgeräte wie Bohrhammer und Ankerbohrgerät angebracht.
–– Auf dem dritten Abschnitt waren die Aggregate zur Energie­
versorgung untergebracht.

Bild 3.  Längsschnitt des TAS

114
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Bei anderen Projekten wurde im Vorfeld der Bestandstunnel durch


Einbau einer Systemankerung gesichert. Dies stellt jedoch einen
nicht unerheblichen Arbeitsaufwand dar, der beim Petersberg Tunnel
durch den hochfahrbaren Gewölbeschutz vermieden wird.
Das TAS musste so konzipiert werden, dass über einen Bohrham-
mer an der Firste der Ausbruch getätigt werden konnte (Bild 4). Im
seitlichen Ulmenbereich wurde über zwei Teilschnittmaschinen, die
sich auf der Fahrsohle in Höhe der Widerlager bewegten, der Tun-
nelausbruch getätigt. Über verfahrbare und umklappbare Arbeits-
bühnen konnten die Ausbaubögen und Matten eingebaut werden.
Der Auftrag des Spritzbetons, die Herstellung der Bohrlöcher für die
Systemankerung und der Spieße erfolgte durch jeweils zwei im seit-
lichen Bereich des TAS angebrachte Spritzbetonmanipulatoren und
Bohrgeräte. Hierbei ist anzumerken, dass im Zuge der Konzeption
der Ankerbohrgeräte hinsichtlich der Leistungsfähigkeit auch mög-
liche Ankerungen mit größerem Ankerdurchmesser entsprechend in
der Ausschreibungsphase berücksichtigt werden mussten. Der Ab-
transport des Ausbruchmaterials erfolgte durch spezielle Mulden-
fahrzeuge hinter den Teilschnittmaschinen, die unter sehr beengten
Randbedingungen agierten.

Bild 4.  TAS (beweglich) mit Einhausung (fest stationiert)

115
Forschung und Entwicklung

Die Schutzeinhausung sowie das TAS wurden auf Streifenfundamen-


ten gegründet, die in Tunnellängsrichtung verliefen. Diese Streifen-
fundamente mussten das Eigengewicht des TAS (ca. 225 t) und der
Einhausung sicher in den Baugrund ableiten. Aufgrund der örtli-
chen Gegebenheiten wurden für den Ausbruch ein Bagger- und auch
Sprengvortrieb vorgesehen. Dies bedeutet auch, dass das TAS alle
Einwirkungen aus dem Sprengvortrieb aufnehmen musste (Bild 5 und
6). Dafür waren die Hilfsfundamente entsprechend zu dimensionie-
ren.
Aufgrund der hohen horizontalen Lasten (Sprengdruck auf TAS)
mussten die Fundamente mit vorgespannten GEWI-Stäben rück-
verankert werden. Die hierfür notwendigen Arbeiten bedürfen eines
nicht unerheblichen Zeitaufwands und führen zu Beeinträchtigungen
des Bauablaufs. Alternative Konzeptionen zur Aufnahme dieser Ho-
rizontalbeanspruchung sollten daher bereits im Vorfeld detailliert
untersucht und abgestimmt werden.

Bild 5.  Sprengvortrieb

116
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Bild 6.  Vortrieb mittels Bohrhammer

5 Konzeption Schutzeinhausung
Da es sich bei der Erneuerung des Petersberg Tunnels um ein Pilot-
projekt handelt, bei dem erstmals die Tunnel-im-Tunnel-Methode
auf elektrifizierter Strecke angewendet wurde, hat man sich dazu ent-
schieden, eine durchgehende Schutzeinhausung für die Bauzeit einzu-
bauen. Dabei wurde mit Bezug auf den Arbeitsschutz eine räumliche
und technische Trennung des Bahnbetriebs zum Baubetrieb erzielt.
Außerhalb des Tunnels wurde eine Stahlschutzeinhausung aus 12 m
langen Elementen eingebaut. Diese schützen die Strecke vor den Ar-
beiten im Voreinschnittsbereich, besonders vor den Arbeiten beim
Versetzen der angrenzenden Stützmauer.
Innerhalb des Tunnels wurde eine Schutzeinhausung aus 12 m langen
Elementen eingebaut, die mit Öffnungen versehen waren, um ein
Ausbreiten der aus dem Sprengvortrieb resultierenden Druckwellen
im Tunnel zu ermöglichen.
An dieser durchgehenden Schutzeinhausung, die insgesamt 466 m
lang war, wurde die bauzeitliche Deckenstromschiene befestigt. Ur-
sprünglich war eine Lösung ohne den Einsatz der Schutzeinhausung

117
Forschung und Entwicklung

geplant, bei der die Oberleitungsanlage mit Masten und Fahrdraht re-
alisiert worden wäre. Dieser Aufbau hätte das Doppelte an Platz benö-
tigt. Durch den Einsatz der Deckenstromschiene konnte der Platzbe-
darf also halbiert und eine zusätzliche Einhausung eingebaut werden.
Das TAS wurde während des Vortriebs über der Schutzeinhausung
eingesetzt (Bild 7).
Insgesamt hat sich der Einsatz der Schutzeinhausung bewährt, da der
Baubetrieb zu jeder Zeit vom Bahnbetrieb getrennt werden konnte,
wodurch keine Einschränkungen für den Bahnbetrieb entstanden und
so täglich rund 140 Züge durch den Tunnel fahren konnten. Auch
für die Vorgänge im Tunnel rentierte sich der Einsatz der Schutzein-
hausung, da ungehindert der vorhandenden Hochspannungsanlage
Arbeiten an der Tunnelschale durchgeführt werden konnten.

Bild 7.  TAS über der Schutzeinhausung

118
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

6 Vortriebsklassen
Die Aufweitung des Tunnels erfolgte mit einer Sicherung nach den
Prinzipien der Spritzbetonbauweise. Für den Petersberg Tunnel wur-
den in der Planung insgesamt sechs Vortriebsklassen (VKL) entwor-
fen. Der Einbau der Sicherungsmittel wurde immer vom TAS aus
durchgeführt. Dies bedeutete, dass vom TAS im gesamten Vortriebs-
bereich der Einbau von Spritzbeton, das Bohren von Ankern und
Spießen sowie der Einbau von Matten und Ausbaubögen sicherge-
stellt werden musste. Dabei variierte die Abschlagslänge zwischen
1,75 (VKL 4A1) und 1,00 m (VKL 6A4). Die Dicke der Spritzbeton-
schale wurde in Abhängigkeit der einwirkenden Gebirgsbelastungen
mit 20 bis 30 cm ausgeführt. Die Bewehrung der Spritzbetonschale
wurde immer berg- und luftseitig eingebaut. Als Bewehrung wurden
Matten Q188 und Q257 verwendet. Beim Vortrieb wurden stellenwei-
se als vorauseilende Sicherung Spieße eingebaut. Diese weisen eine
Länge von 3 bis 5 m, einen Durchmesser von 32 mm auf und wurden
mit einem Abstand zueinander von ≤ 25 cm gesetzt.
Die Ortsbrust wurde zur Sicherung stellenweise mit Spritzbeton-
schicht von 3 bis 5 cm versiegelt. In ausgeprägten Störzonen wurden
auch Ortsbrustanker eingebaut. Die Ankerung der Spritzbetonscha-
le erfolgte durch SN- oder Injektionsbohranker (Ankerlänge 4–5 m,
Tragkraft ≥ 245 kN, Ankerraster: 1 Anker auf 2 bzw. 3 m²). Im Falle
von Nachankerungen zur Verminderung von Verformungszuwächsen
waren Injektionsbohranker mit bis zu 10 m Länge vorgesehen. Die
Ausbaubögen wurden als Drei-Gurt-Gitterträger konzipiert.
Das Konzept der Vortriebsarbeiten sah zunächst einen Vorlauf des
Gewölbes (Ausbruchhöhe bis ca. 8,56 m) vor. Mit einem ausreichen-
den Abstand (> 10 m) wurde anschließend das Widerlager (Ausbruch-
höhe ca. 1,00 m) nachgeholt. Die Abschlagslänge der Widerlager be-
trug das Doppelte der Abschlagslänge im Gewölbe. Nachdem erste
Erfahrungswerte mit dieser Art des Vortriebs gesammelt worden wa-
ren, wurde das Verfahren dahingehend optimiert, dass das Gewölbe
zusammen mit dem Widerlager gleichzeitig und ohne räumlichen
Versatz ausgebrochen wurde. Hierbei wurden dann zur Erzielung
einer sofortigen Lastabtragung der Gebirgslasten, die Ausbaubögen
bis zur Widerlagersohle verlängert (Bilder 8 und 9).
119
Forschung und Entwicklung

Bild 8.  VKL 4A1 (gleichzeitiger Ausbruch Gewölbe und Widerlager)

Bild 9.  VKL 6A4 (versetzter Ausbruch Gewölbe und Widerlager)

Die Vortriebsarbeiten wurden messtechnisch überwacht. Im unmit-


telbaren Ortsbrustbereich erfolgte eine tägliche Messung an bis zu
fünf Messpunkten pro Messquerschnitt. Bedingt durch die geringe
Vortriebsgeschwindigkeit wurde ab 30 m hinter der Ortsbrust das
Messintervall vergrößert. Die maximalen Abstände der Messquer-
schnitte an den Portalbereichen wurden auf jeweils 5 m begrenzt, im
Tunnel lag dieser Abstand bei ≤ 10 m.

120
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Die Außenschale wurde nach der Methode der Finiten Elemente


(FEM) berechnet und dimensioniert. Die hierbei ermittelten Verfor-
mungen der Spritzbetonschale wurden als zulässige Verschiebungs-
werte für die einzelnen Ausbruchklassen vorgegeben. Dabei wurde
auch ein Warnwert (2/3 vom zulässigen Wert) definiert. Im Falle des
Erreichens dieses Warnwerts war vereinbart, dass alle Beteiligten au-
tomatisch alarmiert werden, um eine gemeinsame Evaluierung der Si-
tuation vorzunehmen und die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Es ist festzustellen, dass die in der FEM-Berechnung ermittelten Ver-
formungen der Spritzbetonschale beim Vortrieb nie erreicht wurden.
Hier ist anzumerken, dass für die Berechnung ein Vorentspannungs-
faktor der Ortsbrust, d. h. eine Reduktion des E-Moduls, angesetzt
wurde. Der Wert dieser Vorentspannung wurde mit 0,6 angesetzt.
Hauptsächlich sind für die Reduzierung zwei wesentliche Gründe zu
nennen.
–– Zum einen wurde der Tunnel bis 1879 gebaut. Als Tragkonstruktion
diente damals eine massive Mauerwerksschale mit einer Hinter-
packung im First- und Ulmenbereich. Man kann davon ausgehen,
dass bei der Herstellung des Tunnels schon eine Umlagerung des
Gebirges in Verbindung mit der Bildung einer Schutzzone um den
Tunnelquerschnitt eingesetzt hat. Die Aufweitung des Tunnels
um bis zu 3 m hat wahrscheinlich diesen im Gebirge eingeprägten
Spannungszustand nicht erheblich verändert.
–– Zum anderen sind die geotechnischen Kennwerte für das Gebirge,
auf der sicheren Seite liegend, wahrscheinlich so konservativ
angesetzt worden, dass auch die ermittelten Verformungen ent-
sprechend beeinflusst wurden.

7 Tunnelinnenschale
Nach Abschluss der Vortriebsarbeiten erfolgte vom Nordportal aus
die Herstellung der Tunnelwiderlager aus Stahlbeton. Anschließend
erfolgte die Betonage der Tunnelinnenschale ebenfalls aus Stahlbe-
ton. Die Innenschale weist eine Dicke von 40 cm auf und wurde
aus wasserundurchlässigem Beton hergestellt. Die Blockfuge besteht
aus innen liegenden Fugenbändern FMS 350 mit Mittelschlauch und
121
Forschung und Entwicklung

Stahllaschen. Die Blocklänge liegt jeweils bei ≤ 10 m. Zwischen der


Innen- und Außenschale aus Spritzbeton wurde eine Gleitschicht ein-
gebaut. Der Tunnel ist mit einer seitlichen Ulmendränage und einer
Längsentwässerung unterhalb der Sohle hergestellt worden.
Aus logistischen Gründen musste das TAS vor der Herstellung der
Tunnelinnenschale aus dem Petersberg Tunnel entfernt werden. Im
Februar 2019 wurde hierzu im Bereich der südlichen Baustellenein-
richtungsfläche ein Raupenfahrzeug (600 t) mit einem Gittermastaus-
leger (57 m) aufgebaut. In nächtlichen Sperrpausen wurden die ein-
zelnen Segmente vom TAS von den Hilfsfundamenten angehoben
(Bild 10) und aus dem Baustellenbereich entfernt. Weiterhin wurden
die bereits aufgebauten Nachbehandlungs-, der Bewehrungs- und der
Schalwagen einzeln eingehoben und durch den Tunnel zum Nordpor-
tal gebracht. Hierfür waren die Widerlagerblöcke bereits betoniert.
Nach Fertigstellung der Tunnelinnenschale erfolgte die Ausrüstung
des Tunnels. Die Strecke musste für vier Wochen vollständig gesperrt
werden, um die Schutzeinhausung inkl. Oberleitung zu entfernen, die
Hilfsfundamente zurückzubauen, das mittige Betriebsgleis zu entfer-
nen und um im Anschluss die Oberleitung und die Gleise inkl. Schot-
ter für den zweigleisigen Bahnbetrieb wieder einzubauen.

Bild 10.  Ausbau
TAS in nächtlicher
  Sperrpause

122
I.  Petersberg Tunnel: Tunnel-im-Tunnel-­Methode

Literatur
[1] STUVA-Arbeitskreis „Tunnelsanierung“ (2011) Sachstandsbericht 2011.
Bauverlag BV GmbH.
[2] West, T. (2015) Erneuerung elektrifizierter Bahntunnel „über“ Eisenbahn-
betrieb. Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure e. V. (Hrsg.), EI-Eisen-
bahningenieur.

123
II. Qualitätssicherung für den Einsatz von
­PP-Faserbeton zur Verbesserung des
Brand- und Abplatzverhaltens von
­Straßentunnelschalen
Marko Orgass, Frank Dehn, Mike Rammelt, Wolf-Dieter Friebel
Im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale In-
frastruktur (BMVI) sowie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veran-
lassten Forschungsvorhabens erfolgte die Beurteilung der Einflussgrößen zur
qualitätsgerechten Sicherstellung von PP-Faserbetoneigenschaften zur Ver-
besserung des Brand- und Abplatzverhaltens für die Anwendung in Straßen-
tunneln. Der Beitrag fasst u. a. Aspekte zur Herstellung und Überprüfung der
Frischbetoneigenschaften von PP-Faserbeton zusammen und gibt Hinweise
zur Verifizierung mechanischer und dauerhaftigkeitsrelevanter Kennwerte
bis hin zur Erforschung der Langzeitbeständigkeit der PP-Fasern im Beton. Er
erläutert eingehend die Anforderungen, die für die Bereitstellung gleichmä-
ßiger Eigenschaften von PP-Faserbeton zur Herstellung von Straßentunneln
erforderlich sind.
Quality control for the use of PP-fibre concrete for enhancing the fire and
spalling behaviour of road tunnel linings
In the frame of a research project, which was induced by the Federal Ministry
of Transport and Digital Infrastructure (BMVI) and the Federal Highway Rese-
arch Institute (BASt), the evaluation of influencing parameters for a quality
controlled assurance of PP-fibre concrete properties was made when an en-
hancement of the fire and spalling behaviour of road tunnel linings is inten-
ded. The contribution summarizes aspects of PP-fibre concrete production as
well as of the control of fresh PP-fibre concrete properties, gives advice on the
verification of mechanical and durability-related characteristics – including
research about the long-term resistance of PP-fibres in concrete – and intensi-
vely illustrates the requirements necessary for the supply of uniform properties
of PP-fibre concrete for the production of road tunnels.

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

124
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

1 Einleitung
Zur Erhöhung der Permeabilität des Betons im Brandfall werden dem
Innenschalenbeton bei neu zu errichtenden Straßentunnelbauwerken
Polypropylen-Fasern (PP-Fasern) zugegeben. Die Wirkungsweise von
PP-Fasern im Brandfall ist weitestgehend erforscht [1, 2] und experi-
mentell nachgewiesen [3].
Unklarheiten gibt es derzeit bei der zielsicheren Bereitstellung der
Eigenschaften zur Erhöhung des Brandwiderstands. Erfahrungen
zeigen, dass experimentell nachgewiesene, hohe Brandwiderstände
mit PP-Fasergehalten < 2,0 kg/m³ mit teilweise geringfügig anderen
Betonzusammensetzungen nicht reproduzierbar sind. Die Ursachen
hierfür sind vielschichtig. So liegen kaum Erkenntnisse vor, wie durch
die Herstell- und Einbautechnologie die äußere Beschaffenheit der
PP-Fasern, die PP-Faserausrichtung und die homogene Verteilung
im Beton beeinflusst und somit der Brandwiderstand von Beton be-
stimmt wird. Auch gibt es wenige Erkenntnisse zum Alterungsverhal-
ten der PP-Fasern im Beton und der ggf. damit verbundenen Verän-
derung des Brandwiderstands während der mindestens 100-jährigen
Nutzungsdauer von Tunnelbauwerken. Weiterhin sind derzeit nur
wenige Erfahrungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit von PP-Faser-
betonen publiziert. Wie die Zugabe von PP-Fasern zum Beton und
damit eine Veränderung von dessen Mikrostruktur den Widerstand
gegenüber Umwelteinflüssen, wie z. B. den Frost-Tausalz-Widerstand,
verändert, ist derzeit für ZTV-ING-konforme PP-Faserbetone wei-
testgehend unerforscht. Insofern werden diese Aspekte anhand von
experimentellen Versuchen, die im Rahmen eines durch das Bundes-
ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die
Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veranlassten Forschungsvor-
habens durchgeführt wurden, hier vorgestellt.
Das Forschungsvorhaben beinhaltete u. a. die Beurteilung der Ein-
flussgrößen auf die qualitätssichere Herstellung des PP-Faserbetons.
Begonnen wurde mit der Betrachtung der Herstellung und Überprü-
fung des Frischbetons von PP-Faserbeton, der Verifizierung mecha-
nischer und dauerhaftigkeitsrelevanter Kennwerte, bis hin zur Erfor-
schung von Einflüssen zur Beständigkeit der PP-Fasern im Beton und

125
Forschung und Entwicklung

damit der Bereitstellung gleichmäßiger Eigenschaften im Brandfall


und anderen äußeren Einwirkungen.

2 Herstellung von PP-Faserbeton


Voraussetzung für die Wirksamkeit von PP-Faserbeton ist, dass die
durch den Faserzusatz erzeugten Eigenschaften auf Dauer erhalten
bleiben. Dies setzt eine gleichmäßige Verteilung und Unversehrtheit
von PP-Fasern im Beton voraus. Inwieweit die Herstelltechnologie die
äußere Beschaffenheit und homogene Verteilung von PP-Fasern im
Beton beeinflusst, wird in diesem Abschnitt gezeigt. Unter Verwen-
dung eines Labormischers (s. Bild 1) wurden die Zugabe von PP-Fa-
sern auf das Trockengemisch und die Zugabe von PP-Fasern in den
Frischbeton während der Nassmischphase sowie fünf verschiedene
PP-Fasern untersucht (Tabelle 1). Im Anschluss wurden die Frisch-
betoneigenschaften geprüft und die PP-Fasern aus dem Frischbeton
ausgewaschen und einer mikroskopischen Analyse unterzogen.
Tabelle 1.  PP-Fasern

Bezeichnung Länge [mm] Durchmesser [µm]

A18/6B1) 6 20

B18/12B 12 20

C32/6B 6 32

D18/3B 3 20

E18/6D1) 6 18

1) ZTV-ING-konforme PP-Fasern [4]

2.1 Betonzusammensetzung
Um den Einfluss der Herstelltechnologie auf die Beschaffenheit von
PP-Fasern festzustellen, wurden fünf handelsübliche und CE-zerti-
fizierte PP-Fasern mit unterschiedlichen Längen und Durchmessern
untersucht. Die fünf verschiedenen PP-Fasern wurden mit einer Be-

126
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

tonzusammensetzung nach den Vorgaben von [4] und [5] für die
Expositionsklassen XF2 und XD2 nach Tabelle 2 konzipiert.

2.1.1 Mischprinzip
Die Frischbetonherstellung erfolgte mithilfe eines Zyklos-Be-
tonzwangmischers, bei dem durch eine exzentrische Anordnung der
Wirbel und eine sich mitdrehende Mischtrommel das Prinzip eines
Planetenmischers erzeugt wird (Bild 1).

2.1.2 Mischregime
Um den Einfluss des Zugabe- bzw. Dosierzeitpunkts von PP-Fasern
festzustellen, wurden zwei Varianten untersucht. Die PP-Faserzugabe
der Versuche 1 bis 10 erfolgte in das Nassgemisch („nass“), bei den

Tabelle 2.  Betonzusammensetzung für die Qualitätssicherung

Ausgangsstoff Stoffmenge
Zement: CEM I 42,5 R 390 kg/m³
Zusatzstoff: Kalksteinmehl 80 kg/m³
Zusatzmittel: PCE-Betonverflüssiger 0,8 bis 1,3 M.-%
Gesamtwassergehalt 195 kg/m³
w/z-Wert 0,50
0/2 Sand 45 Vol.-%
2/8 Kies oder Splitt 10 Vol.-%
8/16 Kies oder Splitt 45 Vol.-%
PP-Fasergehalt 2,0 kg/m³

127
Forschung und Entwicklung

  Bild 1.  Betonmischer

Versuchen 11 bis 20 wurden die PP-Fasern zusammen mit der Ge-


steinskörnung zugegeben („trocken“).
Das Mischregime für die Nasszugabe ist in Tabelle 3 und für die Tro-
ckenzugabe in Tabelle 4 wiedergegeben.

Tabelle 3.  Mischregime – PP-Faserzugabe „nass“

Nr. Mischschritt Dauer [s]


Zugabe Gesteinskörnung + Zement + Kalksteinmehl und
1 –
Start Mischen
2 Wasser- und 2/3 Fließmittelzugabe 15
3 Mischen 105
4 Stopp Mischvorgang und PP-Faserzugabe 30
6 Nassmischphase, inkl. 1/3 Fließmittelzugabe 175
Summe: 330

128
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Tabelle 4.  Mischregime – PP-Faserzugabe „trocken“

Nr. Mischschritt Dauer [s]

Zugabe Gesteinskörnung + Zement + Kalksteinmehl + PP-


1 –
Fasern und Start Mischen

2 Wasser- und 2/3 Fließmittelzugabe 15

3 1. Nassmischphase 105

4 Mischpause 30

5 2. Nassmischphase, inkl. 1/3 Fließmittelzugabe 175

Summe: 330

2.2 Frischbetoneigenschaften
Nach Mischende wurden die Frischbetone visuell bewertet, das Aus-
breitmaß und der Luftgehalt im Frischbeton bestimmt sowie die
PP-Fasern aus dem Frischbeton gewonnen. Die Versuchsergebnisse
der Frischbetoneigenschaften können Tabelle 5 entnommen werden.

2.2.1 PP-Fasergehalt am Frischbeton


Nach der Betonherstellung erfolgte jeweils ein PP-Faserauswaschver-
such zur Einzelwertbestimmung nach [4] und [6]. Gemäß [4] darf der
mittels Faserauswaschversuch bestimmte PP-Fasergehalt gegenüber
dem Sollwert nur wie folgt abweichen:
–– Kleinster Einzelwert: –10 %,
–– Kleinster Mittelwert: –5 %.
Demzufolge darf bei einem Sollwert von 2,0 kg/m³ der Einzelwert
1,8 kg/m³ und der Mittelwert 1,9 kg/m³ nicht unterschritten wer-
den. Die Ergebnisse der PP-Faserauswaschversuche können Tabel-
le 5 entnommen werden. Bei den ZTV-ING-konformen PP-Fasern
A18/6B und E18/6D sowie bei den 12 mm langen PP-Fasern wur-
den diese Grenzwerte durchgehend eingehalten. Bei den PP-Fa-
sern mit größerem Durchmesser (C32/6B) und bei der 3 mm
129
Forschung und Entwicklung

Tabelle 5.  Versuchsergebnisse

Versuchs­
Prüfergebnisse
bezeichnung
Versuchs-Nr.

Würfeldruck­fes­

dungs­rate2) [%]
tigkeit [N/mm]
frisch [kg/m³]
bezeichnung

Ausbreitmaß
parameter 1)

Fasergehalt

Wiederfin­
LP-Gehalt
Versuchs­-
PP-Faser­

[Vol.-%]
[cm]

28 d
1 A18/6B 1,9 50,0 2,0 44,7 73
2 B18/12B 1,9 49,0 4,2 41,6 68
RK
3 C32/6B 2,0 59,0 2,9 44,2 73
N
4 D18/3B 1,8 51,0 7,6 38,0 71
5 E18/6D 2,0 52,5 3,0 44,9 76
6 A18/6B 1,9 44,5 4,1 47,3 77
7 B18/12B 1,9 42,5 3,7 42,0 –
GK
8 C32/6B 1,8 51,5 4,9 46,6 –
N
9 D18/3B 1,8 47,5 7,8 26,6 –
10 E18/6D 1,9 50,0 1,5 39,1 –
11 A18/6B 1,8 48,5 4,0 41,5 75
12 B18/12B 1,9 46,5 3,9 44,8 –
RK
13 C32/6B 1,8 55,0 4,5 39,9 –
T
14 D18/3B 1,9 52,5 7,0 37,8 –
15 E18/6D 1,9 53,0 5,0 42,0 –
16 A18/6B 1,8 47,5 4,2 44,1 69
17 B18/12B 1,9 44,0 4,6 47,4 –
GK
18 C32/6B 1,7 59,0 4,3 46,4 –
T
19 D18/3B 1,7 56,0 6,1 38,4 –
20 E18/6D 1,9 53,0 8,0 31,7 –
1) RK  Runde Gesteinskörnung
GK Gebrochene Gesteinskörnung
N PP-Faserdosierung „nass“
T PP-Faserdosierung „trocken“
2) –  Keine Prüfung durchgeführt
130
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

kurzen PP-Faser (D18/3B) wurde das Grenzwertkriterium von


–10 % jeweils einmal knapp unterschritten. Obwohl eine schwan-
kungsarme Einwaage und Dosierung der PP-Fasern per Hand erfolg-
te, zeigte sich, dass es trotzdem häufig einen geringen prüftechni-
schen Verlust von PP-Fasern infolge der Auswaschversuche gibt. Ist
bei der Einwaage und Dosierung von PP-Fasern mit einer größeren
Schwankung, z. B. durch Toleranzen bei einer automatischen Dosie-
rung, zu rechnen, empfiehlt sich, eine PP-Fasermenge vorzuhalten.

2.2.2 Frischbetonkonsistenz
Planmäßig sollte die Frischbetonkonsistenz im Bereich von F3 (weich)
bis F5 (fließfähig) mithilfe eines Fließmittels auf Polycarboxyla-
tether-Basis eingestellt werden. Die Prüfung der Konsistenz erfolgte
mit dem Ausbreittisch gemäß [7]. Wie erwartet, ist die Frischbeton-
konsistenz maßgebend von der PP-Fasergeometrie abhängig. Bei der
Verwendung von kürzeren (D18/3) und dickeren PP-Fasern (C32/6B)
konnte im Allgemeinen der Fließmittelgehalt reduziert und trotzdem
eine fließfähigere Konsistenz erzielt werden. Die ungünstigsten Fließ-
eigenschaften wurden mit der längsten PP-Faser (B18/12B) erzielt.

2.2.3 Frischbetonluftgehalt
Die Bestimmung des Luftgehalts am Frischbeton erfolgte nach [8].
Wie Tabelle 5 zeigt, weisen im Vergleich zu Normalbeton ohne PP-Fa-
sern alle Ergebnisse tendenziell höhere Werte auf. Besonders für Be-
tone mit der kurzen PP-Faser (D18/3B), aber auch vereinzelt mit der
ZTV-ING-konformen PP-Faser E18/6D, wurden Frischbetonluftge-
halte von bis zu 8 % ermittelt. Hieraus resultierte eine niedrigere
Frischbetonrohdichte.

2.2.4 Mikroskopische Analyse


Die mikroskopische Analyse der PP-Fasergeometrie erfolgte unter
Verwendung eines Lichtmikroskops mit einer bis zu 140-fachen Ver-
größerung an den PP-Faserproben, die vor bzw. nach dem Misch-
vorgang entnommenen wurden. Für jeden der 20 Betone/Versuche

131
Forschung und Entwicklung

wurden 30 PP-Fasern, die nach dem Zufallsprinzip entnommen wur-


den, mikroskopisch vermessen. Die Messergebnisse zeigen, dass der
Herstellungsprozess, die Fasergeometrie und der Zugabezeitpunkt
der PP-Fasern in den Frischbeton einen nachweisbaren Einfluss auf
die Beschaffenheit der PP-Fasern im Frischbeton haben. Tendenziell
wurden bei der Trockenzugabe häufiger Quetschungen des Faser-
querschnitts, Faserbrüche bzw. -einschnitte in den PP-Fasern festge-
stellt (Bild 2).
Dies zeigt sich auch beim Vergleich der gemessenen Faserlängen vor
und nach dem Mischvorgang. Bei der Zugabe von PP-Fasern auf das
Trockengemisch wurden im Vergleich zu PP-Fasern derselben Charge
im Mittel 15 % kürzere Faserlängen nach dem Mischen im Frischbe-
ton gemessen und bei Zumischung in den Frischbeton von im Mittel
6 % (s. Tabelle 6). Die Verkürzung ist ein Ergebnis von PP-Faserbrü-
chen während des Mischvorgangs.

2.3 Festbetoneigenschaften
2.3.1 Faserrückgewinnungsgrad am Festbeton
Die Rückgewinnung von PP-Fasern aus dem Festbeton erfolgte ent-
sprechend [4] und [6].
Bei diesen Versuchen müssen im Einzelwert ≥ 58 % und im Mittelwert
≥ 65 % vom Sollwert des zugegebenen PP-Fasergehalts bestimmt wer-
den.

Bild 2.  Faserquetschung und -einschnitt: a) Faser A18/6B; b) Faser C32/6B


132
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Tabelle 6.  Versuchsergebnisse Mikroskopie

Verlust der mittleren PP-Faserlänge [%]

Gesteinskorn rund gebrochen rund gebrochen

Faserdosierung nass nass trocken trocken

Versuchs-Nr. (s. Tabelle 5)

PP-Fasertyp 1/2/3/4/5 6/7/8/9/10 11/12/13/14/15 16/17/18/19/20

A18/6B 9 9 16 12

B18/12B 6 6 8 5

C32/6B 3 5 18 31

D18/3B 0 0 22 1

E18/6D 11 15 10 27

  6 15

Die Ergebnisse der PP-Faserrückgewinnung am Festbeton können


Tabelle 5 entnommen werden. Die Rückgewinnungsversuche erfolg-
ten stichprobenartig, mindestens einmal für jeden PP-Fasertyp. Bei
jeder Prüfung konnte der Grenzwert von 58 % im Einzelwert sicher
erfüllt werden. Einen signifikanten Unterschied der Wiederfindungs-
rate in Abhängigkeit von der Fasergeometrie kann nicht festgestellt
werden. Der Einfluss der verwendeten Gesteinskörnungsart bzw. des
Zugabezeitpunkts der PP-Fasern beim Mischen ist ebenfalls gering.
Dies kann durch den Prozess bei der PP-Faserrückgewinnung aus
dem Festbeton erklärt werden. Infolge der Probenaufbereitung durch
Brechen und Zermahlen der Festbetonproben werden die PP-Fa-
sern so weit zerkleinert, dass die Unterschiede in Fasergeometrie
und Herstellungsprozess nur schwerlich abgebildet werden können.
Schlussfolgernd dient dieses Verfahren lediglich dem Nachweis der
zugegebenen Fasermenge und nicht der Qualität der PP-Fasern im
Festbeton.
133
Forschung und Entwicklung

2.3.2 Druckfestigkeit
Die Prüfung der Druckfestigkeit erfolgte gemäß [9]. Einen prägenden
Einfluss auf die Druckfestigkeit durch die verwendete Gesteinskör-
nung bzw. durch den Zugabezeitpunkt der PP-Fasern beim Mischen
ist nicht vorhanden (vgl. Tabelle 5, ausgewiesene Werte als Mittelwert
aus drei Einzelwerten). Allerdings fallen die Druckfestigkeitswerte
durch die erhöhten Luftgehalte im Frischbeton bei den Betonarten
mit kurzer PP-Faser (D18/3B), aber auch beim Fasertyp E18/6D ab.

3 Dauerhaftigkeitsaspekte von PP-Faserbeton


Bei der Betrachtung von PP-Faserbeton mit Mikrofasern steht immer
die Erhöhung des Brandwiderstands im Vordergrund. Dabei wird
vorausgesetzt, dass die dauerhaftigkeitsrelevanten Eigenschaften ver-
gleichbar mit denen eines faserlosen Betons gleicher Zusammenset-
zung sind. In diesem Abschnitt werden zur Bestätigung dieser These
Untersuchungen an 18 verschiedenen PP-Faserbetonrezepturen und
einer faserlosen Referenzrezeptur dargestellt und bewertet. Dabei
werden vier verschiedene Zementarten und zwei unterschiedliche
Betonzusatzstoffe betrachtet. Folgende Merkmale werden untersucht:
–– Ermittlung der Gesamtporosität mittels Roh- und Reindichte in
Anlehnung an [10],
–– Wassereindringtiefe unter Druck gemäß [11],
–– Chlorideindringwiderstand gemäß [12],
–– Frost-Tausalz-Widerstand von Beton nach dem modifizierten
CDF-Verfahren in [13].
Die PP-Faserbetone sind gemäß Tabelle 7 zusammengestellt.

134
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Tabelle 7.  Betonzusammensetzung – Dauerhaftigkeit

Ausgangsstoff Stoffmenge

Zementgehalt bei Betonen mit FA1) 340 kg/m³

Zementgehalt bei Betonen mit KSM2) 380 kg/m³

Zusatzstoffgehalt Flugasche (FA) 1) 120 kg/m³

Zusatzstoffgehalt Kalksteinmehl (KSM) 2) 603)/804) kg/m³

Fließmittel auf PCE-Basis 0,8 bis 2,9 M.-%

(w/z)eq-Wert bzw. w/z-Wert 0,50

0/1 Sand 10 Vol.-%

0/2 Sand 32 Vol.-%

2/8 Kies 25 Vol.-%

8/16 Kies 33 Vol.-%

PP-Fasergehalt [kg/m³] 0/1,0/1,5/2,0

1) Versuche 1 bis 16 und 19,


2) Versuche 17 und 18,
3) nur bei Versuch 17,
4) nur bei Versuch 18.

135
Forschung und Entwicklung

In Tabelle 8 sind die untersuchten Ausgangsstoffe, zugeordnet nach


Betonnummern, aufgelistet.

Tabelle 8.  Verwendete Ausgangsstoffe – Dauerhaftigkeit

Beton-Nr. PP-Faser Fasergehalt w/z Zementart


[kg/m³] (w/z)eq
1 A18/6B 2,0 0,501) CEM I 42,5 R

2 B18/12B 2,0 0,501) CEM I 42,5 R

3 C32/6B 2,0 1) CEM I 42,5 R


0,50

4 D18/3B 2,0 0,501) CEM I 42,5 R

5 E18/6D 2,0 1) CEM I 42,5 R


0,50

6 A18/6B 1,5 0,501) CEM I 42,5 R

7 A18/6B 1,0 0,501) CEM I 42,5 R

8 E18/6D 1,5 1) CEM I 42,5 R


0,50

9 E18/6D 1,0 0,501) CEM I 42,5 R

10 A18/6B 2,0 1) CEM I 42,5 R


0,48

11 A18/6B 2,0 0,461) CEM I 42,5 R

12 E18/6D 2,0 1) CEM I 42,5 R


0,48

13 E18/6D 2,0 0,461) CEM I 42,5 R

14 A18/6B 2,0 0,501) CEM II/A-LL 42,5 N

15 A18/6B 2,0 1) CEM II/B-S 42,5 N


0,50

16 A18/6B 2,0 0,501) CEM III/A 42,5 N-NA

17 A18/6B 2,0 2) CEM III/A 42,5 N-NA


0,50

18 A18/6B 2,0 0,502) CEM III/A 42,5 N-NA

19 ohne – 1) CEM I 42,5 R


0,50
1) Beton mit Flugasche,
2) Beton mit Kalksteinmehl.

136
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

3.1 Frischbetoneigenschaften
Nach Mischende wurden bei den Betonarten nach Tabelle 8 zunächst
das Ausbreitmaß und der Luftgehalt im Frischbeton bestimmt. In Ab-
hängigkeit des Gehalts an Fließmittel sowie der PP-Faserart und -ge-
halt ergaben sich Betone in den Konsistenzklassen F3 bis F5 (Bild 3).
Beim Luftgehalt im Frischbeton zeigen tendenziell die Betone mit
Kalksteinmehl einen höheren Luftgehalt, genauso wie die Betone mit
dem PP-Fasertyp E18/6D (Bild 4).
Zur intensiveren Bewertung der Frischbetoneigenschaften wurde an
acht PP-Faserbetonen exemplarisch die Filtratwassermenge gemäß
[14] ermittelt. Bis auf Versuch 18 unterschreiten alle Betone den
60-min-Grenzwert von 40 l/m³ und können demnach in die beste
Stabilitätsklasse FW 20 eingeordnet werden (Bild 5). Der Versuch mit
der Betonfilterpresse ergibt beim Beton Nr. 19 ohne PP-Fasern einen
Wert im oberen Bereich der untersuchten Betone.

Bild 3.  Ausbreitmaß für die Versuche 1 bis 19

137
Forschung und Entwicklung

Bild 4.  Luftgehalt im Frischbeton für die Versuche 1 bis 19

Bild 5.  Ergebnisse infolge Versuche mit der Betonfilterpresse

3.2 Mechanische Kennwerte


Für die Einstufung der Betone in eine Druckfestigkeitsklasse erfolgt
die Prüfung der Druckfestigkeit gemäß [9] an Würfeln mit einer Kan-
138
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

tenlänge von 150 mm. Die Probekörper lagerten bis zu einem Beto-


nalter von 28 Tagen unter Wasser. Die Druckfestigkeit der Betone
liegt zwischen 49 und 62 N/mm². Ein markanter Einfluss der PP-Fa-
sern auf die Druckfestigkeit konnte nicht festgestellt werden (Bild 6).
Alle Betone können der Druckfestigkeitsklasse C35/45 zugeordnet
werden.
Zur Überprüfung des Einflusses zugemischter PP-Fasern auf die Zug-
festigkeit des Betons wurde die Prüfung der Spaltzugfestigkeit gemäß
[15] an Zylindern mit einer Höhe von 300 mm und einem Durch-
messer von 150 mm durchgeführt. Die Probekörper lagerten bis zur
Prüfung unter Wasser. Die Werte der Spaltzugfestigkeit schwanken
im Bereich von 2,7 bis 4,9 N/mm². Ein signifikanter Einfluss der
PP-Fasern auf die Spaltzugfestigkeit konnte nicht festgestellt werden
(Bild 7).

Bild 6.  Druckfestigkeiten der Betone

139
Forschung und Entwicklung

Bild 7.  Spaltzugfestigkeiten der Betone

3.3 Dauerhaftigkeitsrelevante Kennwerte


Im Folgenden werden die Ergebnisse der Prüfungen zur Dauerhaftig-
keit vorgestellt. Mithilfe dieser Ergebnisse soll die Gleichwertigkeit zu
Beton ohne PP-Fasern hergestellt werden.

3.3.1 Gesamtporosität
Die Bestimmung der Gesamtporosität erfolgte in Anlehnung an [10].
Bild 8 zeigt die ermittelte Porosität der PP-Faserbetone mit 2,0 kg/
m³ PP-Fasergehalt in Abhängigkeit von der PP-Fasergeometrie. Ten-
denziell haben die Betone mit PP-Fasern eine etwas höhere Porosität.

140
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Bild 8.  Porosität der Betone mit unterschiedlichen PP-Fasertypen,


Referenzbeton Nr. 19 ohne PP-Fasern

3.3.2 Wassereindringwiderstand
Die Prüfung der Wassereindringtiefe unter Druck erfolgte gemäß
[11] an Würfeln mit einer Kantenlänge von 15 cm. Die Prüfergebnisse
können Bild 9 entnommen werden. Hierbei konnte kein signifikan-
ter Einfluss der PP-Fasergeometrie oder des -Fasergehalts auf die
Wassereindringtiefe ermittelt werden. Einflüsse wie w/z-Wert und
Zementart liegen im üblichen Erwartungsbereich.

3.3.3 Chlorideindringwiderstand
Die Bestimmung des Chloridmigrationskoeffizienten erfolgte nach
[12]. Durch die sich bei einer Ausgangsspannung von 30 V einstel-
lende Stromstärke ergab sich eine maximale Versuchsdauer von 48 h.
Die Prüfdauer wurde bei allen Proben beibehalten. Bild 10 zeigt die
berechneten Chloridmigrationskoeffizienten aller untersuchten Be-
tone. Die Migrationskoeffizienten der Betone bewegen sich in ei-
nem Bereich von 2,6 ∙ 10–12 bis 6,9 ∙ 10–12 m²/s. Proben, die 2,0 kg/m³
PP-Fasern enthalten, können dabei sowohl Migrationskoeffizienten
am oberen als auch am unteren Ende des Messbereichs aufweisen.
Genauso lässt die Verwendung geringerer PP-Fasergehalte von 1,5
141
Forschung und Entwicklung

und 1,0 kg/m³ keinen eindeutigen Rückschluss auf die Chloridmigra-


tionskoeffizienten der hergestellten Betone zu.

Bild 9.  Maximale Wassereindringtiefe für die Versuche 1 bis 19

Bild 10.  Chloridmigrationskoeffizienten, Versuche 1 bis 19


142
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Einen eindeutigeren Zusammenhang zeigen die Ergebnisse der Un-


tersuchungen von Antoni et al. in [16]. Antoni et al. haben unter Va-
riation von Fasergehalt, -länge und -typ Faserbetone untersucht. Das
Ergebnis dieser Untersuchungen war u. a., dass der PP-Faserbeton
einen höheren Chloridmigrationswiderstand besitzt als Beton ohne
PP-Fasern. Weiterhin wurde gezeigt, dass ein größeres PP-Faservolu-
men im Beton zu keiner nennenswerten Reduktion des Chloridmigra-
tionswiderstands führt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Larbi und Polder in [17]. Es
wurde nachgewiesen, dass die Steigerung des PP-Faseranteils von 0
auf 3 kg/m³ keinen signifikanten Einfluss auf den Chloridmigrations-
koeffizienten hat. Es wurde lediglich eine Erhöhung von 6,5 ∙ 10–12 auf
7,9 ∙ 10–12 m²/s beobachtet.
Am stärksten wirkt sich die verwendete Zementart auf den Chlorid-
migrationskoeffizienten aus. Erwartungsgemäß weisen die Betone mit
hüttensandhaltigen Zementen die kleinsten Werte auf. Dieser Zu-
sammenhang ist in Bild 11 dargestellt. Demnach weisen die Betone,
bei denen ein Zement CEM I verwendet wurde, einen leicht höheren
Chloridmigrationskoeffizienten auf als solche, bei denen hüttensand-
haltige Zemente CEM II/B-S oder CEM III/A verwendet wurden.

3.3.4 Frost-Tausalz-Widerstand
Die Prüfung des Frost-Tausalz-Widerstands für Betone der Expositi-
onsklasse XF2 erfolgt nach dem modifizierten CDF-Test gemäß [13].
Bei den durchgeführten Versuchen wurden durchweg relativ geringe
Abwitterungsmengen festgestellt (Bild 12). Alle Versuche erfüllen die
Anforderung nach [13]. Es konnte kein charakteristischer Einfluss
der PP-Fasergeometrie oder des -gehalts auf den Frost-Tausalz-Wi-
derstand ermittelt werden. Die größte messbare Abwitterungsmenge
wurde am Beton Nr. 19 ohne Fasern ermittelt.

143
Forschung und Entwicklung

Bild 11.  Chloridmigrationskoeffizienten bei PP-Faserbetonen mit 2,0 kg/m³


Fasergehalt bei verschiedenen Zementarten

Bild 12.  Maximale Abwitterungsmenge für die Versuche 1 bis 19

Dieses Phänomen lässt sich mit dem unterschiedlichen Abwitterungs-


verhalten zwischen PP-Faserbeton und faserlosem Beton erklären.
Durch die PP-Fasern im Beton lösen sich nicht alle losen Bestandteile
vom Probekörper, sondern es bleiben kleine schollenartige Bereiche

144
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

an der Betonoberfläche haften, die auch nicht durch die dreiminütige


Ultraschallreinigung im Ultraschallbad abfallen. Zur aussagekräfti-
geren Bewertung des Frost-Tausalz-Widerstands von PP-Faserbeton
empfiehlt es sich deshalb, ergänzend die Messung der inneren Schä-
digung des Betons durch die Bestimmung der Abnahme des relati-
ven dynamischen E-Moduls mittels Messung der Ultraschalllaufzeit
durchzuführen.
Bei dieser Prüfung konnte bei keinem der PP-Faserbetone eine kri-
tische Abnahme des dynamischen E-Moduls bestimmt werden, was
auf einen hohen Frost-Tausalz-Widerstand im Bereich der Expositi-
onsklasse XF2 schließen lässt (Bild 13).

Bild 13.  Oberflächenbeschaffenheit nach der Frostprüfung: a) Prüfkörper


ohne Fasern nach 14-FTW (Versuch 19); b) Prüfkörper mit Fasern nach 14-FTW
(Versuch 14)

4 Alterungsverhalten von PP-Fasern im alkalischen Milieu


des Betons

4.1 Allgemeines
Polypropylen (PP) zeichnet sich während des Gebrauchs durch eine
hohe chemische Beständigkeit aus. Dennoch sind Materialien und
Zusatzmittel aus Kunststoffen immer Alterungsprozessen unterwor-
fen, die auf unterschiedliche Umwelteinflüsse zurückführbar sind [18,
19]. Bei der Verwendung von PP-Fasern in zementgebundenen Baus-
toffen wie Beton, sind die wesentlichen Einflussfaktoren, die zur Alte-

145
Forschung und Entwicklung

rung, also der Zersetzung des Kunststoffs beitragen können, die Tem-
peratur, die Feuchtigkeit, die Sauerstoffeinwirkung sowie der stark
alkalische pH-Wert des Betons. Im Einzelnen beschleunigt vor allem
die Temperatur chemische Abbaureaktionen. Der Sauerstoff führt
zum oxidativen Abbau der Polymerketten, aus denen Kunststoffe auf-
gebaut sind. Der alkalische pH-Wert des Betons (freie Hydroxidionen)
führt zu Verseifungsreaktionen mit funktionellen Gruppen, und die
Feuchtigkeit kann zum Quellen und damit zu inneren Spannungen
führen.
Industriell verarbeitete Kunststoffe erfahren im Verarbeitungspro-
zess durch Aufschmelzen und Formgebung ohne Schutzgas bereits
eine Vorschädigung infolge der Verarbeitungstemperaturen, mecha-
nischer Beanspruchung sowie beschleunigter Reaktion mit Sauerstoff
bis zum Erkalten der Schmelzen. Recyclingmaterialien werden mit
jedem erneuten Verarbeitungsprozess stärker geschädigt und sind so-
mit gegenüber neuen Kunststoffen weniger beständig [19]. Finden zu-
sätzliche Modifizierungen wie Bestrahlung oder chemische Oxidation
der Polymere statt, um gezielt die Eigenschaften des Endprodukts,
wie geringerer Schmelzpunkt und Reduzierung der Viskosität der
Schmelze, zu regulieren, werden infolge des dabei gezielten Abbaus
der Polymerketten Fehlstellen und reaktive Zentren, sog. funktionelle
Gruppen, in den Kunststoff eingebracht. Von Fehlstellen und funk-
tionellen Gruppen ausgehend, können Abbaureaktionen und damit
Alterungsprozesse starten.
Ein häufig beobachteter Alterungsprozess ist der Abbau der Polymer-
ketten unter Radikalbildung, die im Wesentlichen drei Reaktions-
schritte umfasst. Zunächst erfolgt die Initiierungsreaktion, an die sich
der Abbau durch Kettenfortpflanzung anschließt. Die Zersetzungs-
reaktion endet erst, wenn eine Abbruchreaktion erfolgt, d. h. mit der
Kombination der letzten freien Radikale. Hierdurch ist es möglich,
dass geschädigtes und nicht geschädigtes Material direkt nebenein-
ander vorliegt.

146
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

4.2 Versuchsprogramm
Um die Alterung von PP-Fasern im Beton zu untersuchen, wurden
drei verschiedene PP-Fasertypen in den Beton eingemischt und Wür-
fel mit einer Kantenlänge von 150 mm hergestellt. Im Normklima er-
folgte die Lagerung der Proben bis zu einem Betonalter von 90 Tagen,
dem üblichen Betonalter bei der Prüfung der Brandbeständigkeit.
Anschließend wurde je Rezeptur jeweils eine Probe für 28 Tage für die
Alterungsversuche herangezogen, um die einzelnen Umwelteinflüsse
auf die PP-Fasern zu untersuchen. Folgende Versuche erfolgten:
–– Lagerung im Normklima unter Sauerstoffatmosphäre, bei
(23 ± 2) °C und 55 % relativer Luftfeuchte,
–– Lagerung wassergesättigter Proben bei (23 ± 2) und (90 ± 5) °C
zur Untersuchung des Feuchteeinflusses,
–– Lagerung der Proben bei (90 ± 5) °C im Trockenschrank zur Be-
schleunigung des Alterungsprozesses unter Sauerstoffatmosphäre.
Als Referenzproben dienen 90 Tage alte Betonproben ohne weitere
Alterungsversuche (Lagerung bei (20 ± 2) °C und 65 % rLF).
Nach der Alterung wurden Rückgewinnungsversuche durchgeführt.
Zudem wurde die thermische Beständigkeit der PP-Fasern durch
DSC-Messungen bestimmt sowie die Oxidationsinduktionstempera-
tur bzw. -zeit ermittelt.

4.2.1 PP-Faserrückgewinnung
Nach dem Erreichen des vorgesehenen Probenalters bzw. nach dem
Ende der 28-tägigen Lagerungsdauer erfolgt die PP-Faserrückgewin-
nung entsprechend [4] und [6].
In Bild 14 sind die PP-Fasergehalte als Wiederfindungsrate in M.-%,
bezogen auf den Sollwert von 2,0 kg/m³, zusammengestellt. Anhand
der Gehalte an rückgewonnenen PP-Fasern ist deutlich zu erkennen,
dass die Temperatur den größten Effekt auf die Alterung hat. Die
Lagerung der Proben bei 90 °C bedeutet eine Temperaturbelastung,
die deutlich unter dem Schmelzpunkt der PP-Fasern von ≈ 165 °C
liegt und auch eine geringere Temperatur als die übliche Dauerge-
brauchstemperatur von PP mit ≈ 100 °C darstellt. Bei den frei im Tro-
147
Forschung und Entwicklung

Bild 14.  Wiederfindungsrate der PP-Fasern nach der Alterung

ckenschrank gelagerten Proben wurden die PP-Fasern dennoch of-


fensichtlich so stark zerstört, dass für die PP-Fasern des Typs A18/6B
nur noch ca. 21 M.-% wiedergefunden wurden. Bei den beiden ande-
ren Typen konnten keine PP-Fasern mehr zurückgewonnen werden.
Erfolgt die Lagerung der Proben dagegen bei 90 °C in Wasser, also
ohne freien Zutritt von Sauerstoff in die Proben, liegt die Wiederfin-
dungsrate bei allen drei PP-Fasertypen noch bei 61 M.-%. Damit liegt
der PP-Fasergehalt im Mittel etwa 10 % unter den Gehalten, die aus
den Referenzproben noch zurückgewonnen werden können. Dieses
Ergebnis spricht für den bei Polypropylen häufig zu beobachtenden
Mechanismus der thermisch-oxidativen Alterung [18].

4.2.2 Thermische Beständigkeit, Oxidationsinduktionszeit


Als Oxidationsinduktionszeit (OIT) wird die exotherme Oxidations-
reaktion von Kunststoffen in Gegenwart von Sauerstoff verstanden.
Beim statischen Verfahren wird die Probe unter inerten Bedingungen
auf eine Temperatur oberhalb des Schmelzpunkts aufgeheizt und bis
zum vollständigen Aufschmelzen des Kunststoffs bei einer konstanten

148
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

Temperatur durchwärmt. Anschließend wird statt der Stickstoffatmo-


sphäre eine oxidative Atmosphäre (Sauerstoff, Spülgas) zugeschaltet
und die Zeit vom Beginn der Sauerstoffeinleitung bis zur Zersetzung
der Probe erfasst. Diese Zeitspanne ist als OIT definiert und wird als
Maß für die Alterungsbeständigkeit des Kunststoffs verwendet.
An den zurückgewonnen PP-Faserproben wurde die OIT mittels
thermischer Analyse (DSC) entsprechend [20] ermittelt. Bis zur
Prüftemperatur von 200 °C beträgt die Aufheizgeschwindigkeit 5 K/
min, in der die anschließende Prüfung in der oxidativen Sauerstoffat-
mosphäre isotherm erfolgen konnte. In Tabelle 9 sind die ermittelten
OIT zusammengefasst.
Signifikant ist die Abnahme der OIT infolge der Warmlagerung bei
90 °C. Hierdurch halbieren sich die Zeiten bis zur Zersetzung der
PP-Fasern und werden teilweise noch weiter herabgesetzt. Dies weist
auf eine Schädigung der Polymermatrix hin, die an der PP-Faserlänge
zwar makroskopisch nicht eindeutig erkennbar ist, jedoch die innere
Struktur der PP-Fasern schwächt. Hierdurch wird u. a. die mechani-
sche Schädigung der PP-Fasern bei der Rückgewinnung begünstigt.
Besonders groß ist die Abnahme der OIT bei den Proben, die an der
Luft gelagert wurden, während die PP-Fasern aus den wassergesättig-
ten Proben eine geringere Abnahme der OIT aufweisen.
Unterschiede zwischen den einzelnen Fasertypen sind ebenfalls er-
kennbar. Die Fasern des Typs A18/6B zeigten bereits bei den Refe-
renzproben eine vergleichsweise geringe OIT. Diese reduziert sich
infolge der Alterungsversuche jedoch nur wenig. Dagegen zeigten die
Fasern des Typs C32/6B und E18/6D zwar eine höhere OIT für die
Referenzproben, jedoch auch eine deutliche Abnahme der gemesse-
nen Zeit nach Durchführung der Alterungsversuche. Die Betonprobe
mit PP-Fasern des Typs A18/6B ist die einzige Probe, aus der nach
einer Lagerung von 28 d bei 90 °C in Luftatmosphäre noch PP-Fasern
zurückgewonnen werden können.

149
Forschung und Entwicklung

Tabelle 9.  Oxidationsinduktionszeit (OIT) der aus dem Festbeton


zurückgewonnenen PP-Fasern

PP-Fasertyp
A18/6B C32/6B E18/6D
Alterungsbedingungen OIT [min]
28 d 4 12 16
(23 ± 2) °C, 55 % rLF

28 d 6 13 10
(23 ± 2) °C, Wasser

14 d 2 5 4
(90 ± 5) °C, O2, frei

28 d 2 – –
(90 ± 5) °C, O2, frei

28 d 4 3 2
(90 ± 5) °C, Wasser

Referenz 90 d 6 12 10
(20 ± 2) °C, 65 % rLF

Aus dem Absolutwert der OIT kann also nicht direkt auf die Alte-
rungsbeständigkeit der PP-Fasern geschlossen werden. Dafür ist die
Abnahme der OIT infolge verschiedener Lagerungsbedingungen ein
deutliches Indiz für den Abbau des Polypropylens unter den gewähl-
ten Versuchsbedingungen, d. h., die Veränderung der OIT korreliert
mit der Beständigkeit der PP-Fasern und damit der beobachteten
Verkürzung der Faserlängen.
Werden die PP-Fasern dabei so weit gekürzt, dass diese bei den Rück-
gewinnungsversuchen nicht mehr ordentlich aufschwimmen und mit
einem Sieb aufgefangen werden können, führt dies zu einem deutli-
chen Fehler bei der PP-Faserrückgewinnung aus Festbetonen.

150
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

5 Zusammenfassung
Es wurden Untersuchungen zum Einfluss des Herstellungsprozesses
auf die Beschaffenheit der PP-Fasern im Festbeton vorgenommen.
Gleichzeitig wurde eine Parameterstudie zu Frisch- und Festbetonei-
genschaften von PP-Faserbeton für den Tunnelbau durchgeführt und
zusammengefasst:
–– Der Herstellungsprozess und die Betonzusammensetzung haben
einen Einfluss auf die Beschaffenheit der PP-Fasern im späteren
Festbeton. Bei einer Kombination ungünstiger Einflussfaktoren
wurde eine mittlere Verkürzung der PP-Faserlänge im Frischbeton
von bis zu 31 % festgestellt.
–– Die Frischbetonkonsistenz von PP-Faserbeton ist maßgebend von
der PP-Fasergeometrie abhängig.
–– Alle PP-Faserbetone weisen im Vergleich zum faserlosen Beton
tendenziell etwas höhere Frischbetonluftgehalte auf.
–– Im Ergebnis der Untersuchungen mit der Betonfilterpresse zeigt
sich, dass die Versuche zur Beurteilung der Frischbetonstabili-
tät ein geeignetes Prüfgerät darstellen. Einflüsse verschiedener
Zementarten werden abgebildet. Die Prüfung des faserlosen
Betons ergab vergleichbar einen hohen Wert beim Filtratwasser.
Allerdings werden teilweise die langen Verarbeitungszeiten von
PP-Faserbetonen unter Baustellenbedingungen, bedingt durch
erhöhte PCE-Fließmitteldosierungen, nicht vollständig abgedeckt.
Hier sollte z. B. das Eimerverfahren nach [21] unterstützend
angewendet werden.
–– Bei ZTV-ING-konformen PP-Fasertypen konnte das Einzelwert-
kriterium gemäß [4] für den PP-Fasergehalt bei der Rückgewin-
nung aus dem Frischbeton stets eingehalten werden. Es zeigte
sich, obwohl eine schwankungsarme händische Einwaage und
Dosierung der PP-Fasern bei den Versuchen erfolgte, trotzdem
ein geringer prüftechnischer Verlust von PP-Fasern infolge der
Auswaschversuche beim Frischbeton. Ist bei der Einwaage und
Dosierung von PP-Fasern mit einer größeren Schwankung zu
rechnen, z. B. durch Toleranzen bei einer automatischen Dosie-
rung, empfiehlt sich daher, eine PP-Fasermenge vorzuhalten.

151
Forschung und Entwicklung

–– Bei den Prüfwerten zur Rückgewinnung der PP-Fasern aus dem


Festbeton wurde der Grenzwert von 58 % gemäß [4] durchgehend
bestätigt. Der kleinste Einzelwert bei der Wiederfindungsrate
betrug 68 %. Hier scheinen die formulierten Grenzwerte in [4]
konservativ zu sein.
–– Eine Beeinflussung der Druckfestigkeit durch die PP-Fasern
­konnte nicht festgestellt werden.
–– Erwartungsgemäß konnte kein signifikanter Einfluss der
­PP-Fasern auf die Spaltzugfestigkeit ermittelt werden.
–– Tendenziell haben die Betone mit PP-Fasern eine etwas höhere
Gesamtporosität.
–– Ein signifikanter Einfluss der PP-Fasergeometrie oder des PP-­
Fasergehalts auf die Wassereindringtiefe wurde nicht ermittelt.
–– Bei den Versuchen zur Frost-Tausalz-Beständigkeit wurde ein
hoher Frost-Tausalz-Widerstand im Bereich der Expositionsklasse
XF2 ermittelt.
–– Die Menge der zugesetzten PP-Fasern scheint keinen wesentli-
chen Einfluss auf den Chloridmigrationskoeffizienten zu haben.
Weiterhin wurden Untersuchungen zum Alterungsverhalten von
PP-Fasern im Beton durchgeführt. Durch die hier vorgestellten Un-
tersuchungen können folgende Erkenntnisse zusammengefasst wer-
den:
–– Signifikant ist die Abnahme der OIT für die PP-Fasern i­ nfolge
der Warmlagerung bei 90 °C. Hierdurch halbieren sich die ­Zeiten
bis zur Zersetzung der PP-Fasern und werden teilweise noch
­weiter herabgesetzt. Unterschiede zwischen den einzelnen
­PP-Fasertypen sind erkennbar.
–– Aus dem Absolutwert der OIT kann nicht direkt auf die Alte-
rungsbeständigkeit der PP-Fasern geschlossen werden. Dafür ist
die Abnahme der OIT infolge verschiedener Lagerungsbedingun-
gen ein deutliches Indiz für den Abbau des Polypropylens unter
den gewählten Versuchsbedingungen.
–– Anhand der Untersuchungen kann bestätigt werden, dass die Al-
terung von PP-Fasern während der üblichen Nutzungsdauer von
Straßentunnelbauwerken von ca. 100 Jahren zu keiner signifikan-

152
II.  Qualitätssicherung für den Einsatz von ­PP-Faserbeton

ten Verringerung der Wirksamkeit gegenüber einem Brandereig-


nis führen sollte.
Abschließend kann konstatiert werden, dass ZTV-ING-konformer
PP-Faserbeton im Wesentlichen vergleichbare mechanische und dau-
erhaftigkeitsrelevante Festbetoneigenschaften wie faserloser Beton
gleicher Zusammensetzung aufweist. Aufgrund der Zumischung von
PP-Fasern ist aber eine eingehendere betontechnische Entwicklung
durchzuführen, um stabile Frischbetoneigenschaften zu erreichen
und eine wirksame und nicht geschädigte bzw. homogene Fasergeo-
metrie im Beton zu erhalten.

Literatur
[1] Dehn, F.; Nause, P.; Juknat, M.; Orgass, M.; König, A. (2010) Brand- und
Abplatzverhalten von Faserbeton in Straßentunneln. Bundesanstalt für
Straßenwesen, Bericht zum FE-Projekt 15.448/2007/ERB im Auftrag des
BMVBS/der BASt, Unterreihe „Brücken- und Ingenieurbau“, B 73, Wirt-
schaftsverlag NW, Bremerhaven.
[2] Dehn, F.; Sint, C.; Orgass, M. (2003) Brandschutzverhalten von selbstver-
dichtendem Beton (SVB) im Straßentunnelbau. Bundesanstalt für Straßen-
wesen (BASt), Forschungsbericht FE-Nr. 15.0391/2003/ERB.
[3] Dehn, F. et. al. (2009) Grundsätzliche Überlegungen zur Brandprüfung von
Tunnelbauteilen. Beton- und Stahlbetonbau 12, 869–875.
[4] ZTV-ING (2018) Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtli-
nien für Ingenieurbauten. Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) 10, 2018.
[5] DIN-Fachbericht 100 (2010) Beton – Zusammenstellung von DIN EN 206-
1 Beton – Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität
und DIN 1045-2 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton – Teil
2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität; Anwen-
dungsregeln zu DIN EN 206-1. Berlin: Beuth Verlag.
[6] Österreichische Vereinigung für Beton- und Bautechnik – ÖVBB (2015)
Merkblatt „Erhöhter baulicher Brandschutz für unterirdische Verkehrsbau-
werke mit Beton“ 4, 2015.
[7] DIN  EN  12350-5 (2009) Prüfung von Frischbeton – Teil 5: Ausbreitmaß.
Berlin: Beuth Verlag.
[8] DIN EN 12350-7 (2009) Prüfung von Frischbeton – Teil 7: Luftgehalt Druck-
verfahren. Berlin: Beuth Verlag.
[9] DIN EN 12390-3 (2009) Prüfung von Festbeton – Teil 3: Druckfestigkeit von
Probekörpern. Berlin: Beuth Verlag.

153
Forschung und Entwicklung

[10] DIN EN 772-4 (1998) Prüfverfahren für Mauersteine – Teil 4: Bestimmung


der Dichte und der Rohdichte sowie der Gesamtporosität und der offenen
Porosität von Mauersteinen aus Naturstein. Berlin: Beuth Verlag.
[11] DIN EN 12390-8 (2009) Prüfung von Festbeton – Teil 8: Wassereindringtiefe
unter Druck. Berlin: Beuth Verlag.
[12] BAW-Merkblätter, -Empfehlungen und -Richtlinien (2012) BAW-Merk-
blatt Chlorideindringwiderstand von Beton (MCL). Bundesanstalt für Was-
serbau (Hrsg.), Karlsruhe.
[13] Bundesanstalt für Straßenwesen – BASt (2011) Prüfung des Frost-Tau-
salz-Widerstandes von Beton mit dem modifizierten CDF-Verfahren (XF2).
Bericht B 84.
[14] Österreichische Vereinigung für Beton- und Bautechnik – ÖVBB (2009)
Merkblatt „Weiche Betone“ 12.
[15] DIN EN 12390-6 (2009) Prüfung von Festbeton – Teil 6: Spaltzugfestigkeit
von Probekörpern. Berlin: Beuth Verlag.
[16] Antoni, T. Horiguchi and N. Saeki (2004) Performance of Fiber Reinforced
Concrete against Chloride Penetration under Loading.
[17] Larbi, J. A.; Polder, R. B. (2007) Effects of polypropylene fibres in concrete:
Microstructure after fire testing and chloride migration. HERON 52 (4),
289.
[18] Ehrenstein, G. W. (2007) Beständigkeit von Kunststoffen. Band 1, Carl Han-
ser Verlag, München.
[19] Pongratz, S. (2000) Alterung von Kunststoffen während der Verarbeitung
und im Gebrauch. Dissertation, Uni Erlangen-Nürnberg.
[20] DIN EN ISO 11357-6 (2013) Kunststoffe – Dynamische Differenz-Thermo-
analyse (DSC) – Teil 6: Bestimmung der Oxidations-Induktionszeit (iso-
thermische OIT) und Oxidations-Induktionstemperatur (dynamische OIT).
Berlin: Beuth Verlag.
[21] DBV-Merkblatt (2007) Besondere Verfahren zur Prüfung von Frischbeton.
Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e. V. (Hrsg.), 6.

154
III. Zeitabhängiges Materialverhalten von
­Spritzbeton – Neues empirisches ­Modell
für die Festigkeitsentwicklung und
­experimentelle Grundlagenuntersuchungen
Anna-Lena Hammer, Markus Thewes, Robert Galler
Im konventionellen Tunnelbau wird der Spritzbetonausbau bereits zu Beginn
belastet, daher ist die Zeitabhängigkeit von Materialeigenschaften während
der Bauausführung elementar zu berücksichtigen. Die mechanischen Eigen-
schaften des Spritzbetons ändern sich kontinuierlich während des Hydratati-
onsprozesses. Die Festigkeitsentwicklung des Spritzbetons ist für Gebirgsver-
formungen entscheidend, da der Gebirgsdruck und der Ausbauwiderstand
beeinflusst werden. Das mechanische Materialverhalten wird in mathemati-
schen Modellen beschrieben, die mit Daten von Trockenspritzbetonen oder äl-
teren Spritzbetonrezepturen validiert wurden. Kontinuierliche Weiterentwick-
lungen in der Zusatzmitteltechnologie haben die Spritzbetonleistung in den
letzten Jahren deutlich verbessert. Deshalb werden in diesem Beitrag Festig-
keitsentwicklungen aus aktuellen Versuchsreihen sowie aus Daten von Praxis-
projekten ausgewertet und ein Spritzbetonversuch zur Bestimmung der zeit-
abhängigen Materialeigenschaften mit einer Referenzmischung vorgestellt.
Aufbauend auf den Festigkeitsverläufen wird ein empirisches Prognosemodell
entwickelt, das zur qualitativen Abschätzung von Spritzbetonentwicklungen
dienen soll. Basierend auf diesen experimentellen Untersuchungen wird eine
erste Grundlage für vertiefende Untersuchungen des zeitabhängigen Materi-
alverhaltens von Spritzbeton geschaffen.
Time-dependent material behaviour of shotcrete – New empirical model
for the strength development and experimental basic investigations
In conventional tunnelling, the shotcrete lining is loaded at an early stage,
so the consideration of the time dependency of material properties during
construction is vital. An important property of shotcrete in regard to rock
deformation is its early strength, which can influence the development of rock
pressure and support resistance. The mechanical properties of the shotcre-
te change continuously during the hydration process. Mathematical models
exist to describe the mechanical behaviour, but these were mostly validated
with dry shotcrete or older shotcrete mix designs. Continual improvements in
Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

155
Forschung und Entwicklung

admixture technology have improved the performance of shotcrete though.


Therefore, strength developments of a test series and practical projects are
evaluated and a shotcrete test to determine the time-dependent material pro-
perties is carried out with a reference mix design. An empirical prediction mo-
del, which serves as a qualitative estimation of shotcrete strength processes, is
designed based on the results of the evaluated strength developments. Based
on the experimental investigations, a first basis for in-depth investigations of
the time-dependent material behaviour of shotcrete is created.

1 Einleitung
Spritzbeton ist ein Hauptbestandteil des konventionellen Tunnelaus-
baukonzepts. Dabei schützt der Spritzbeton den ausgebrochenen
Querschnitt durch die Ausbildung einer biegeweichen Sicherung,
die eine Spannungsumlagerung im Gebirge und die Bildung eines
natürlichen Gebirgstragrings ermöglicht. Spritzbeton nimmt sofort
Spannungen auf und verformt sich während des Hydratationsprozes-
ses, weshalb die Materialeigenschaften Festigkeitsentwicklung und
Kriecheffekte von entscheidender Bedeutung sind [1].
Die Frühfestigkeitsentwicklung von wenigen Minuten bis zu 24 h be-
stimmt die Arbeitsleistung bei der Applikation. Entscheidend dabei
sind die Klebkraft des Materials und die Auftragsstärke in Abhängig-
keit der Klebkraft sowie die Zug- und Resttragfähigkeit des Spritzbe-
tons. Die Frühfestigkeit ist für Gebirgsverformungen maßgebend, da
sie den zeitlichen Aufbau der Gebirgsdruckbildung und den Ausbau-
widerstand beeinflusst. Deshalb werden junge Spritzbetone hinsicht-
lich ihrer Festigkeitsentwicklung in die drei Klassen J1, J2 und J3 ein-
geteilt (Bild 1). Der Spritzbeton der Klasse J2, in Bild 1 grau hinterlegt,
wird standardgemäß im Tunnelbau eingesetzt. [2] und [3] sehen die
Anforderung J2 als gegeben bei „rasch auftretenden Einwirkungen aus
Gebirgsdruck, Erddruck oder nachdrängenden Lasten“.
Die Steifigkeit und Festigkeit von Spritzbeton nimmt in den ersten
Stunden nach dem Einbau deutlich zu, während die Duktilität und die
Kriecheffekte in der Schale abnehmen. Überschreitet die Belastung
bzw. Dehnung die maximale Steifigkeit, zeigt der Spritzbeton plasti-
sches Verhalten und entfestigt sich. Bei einem Auslastungsgrad von

156
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

≤ 40 % ist ein lineares Kriechverhalten zu erwarten, bei >  80 % kann
mit einem stark progressiven Kriechverhalten mit Gefügestörungen
gerechnet werden [4, 5].
Die mechanischen Eigenschaften des Spritzbetons ändern sich wäh-
rend des Hydratationsprozesses kontinuierlich. Zu Beginn ist die
zeitabhängige Veränderung infolge der beschleunigten Reaktion
sehr groß, nimmt mit der Zeit aber wieder ab. Die Spritzbetonscha-
le wird während des Erhärtungsprozesses und nach dem Aushärten
einer kontinuierlichen Druckbelastung ausgesetzt, wodurch sich der
Spritzbeton wie ein nichtlineares elastisch-plastisches Material ver-
hält. Dieses Verhalten sollte bei der Implementierung in den Berech-
nungen berücksichtigt werden [6].
Modelle für das zeitabhängige Materialverhalten von Spritzbetonen
sind in der Literatur verfügbar; sie wurden mithilfe von Datenrei-
hen älterer Spritzbetonrezepturen validiert. Jedoch weicht das Ma-
terialverhalten aktueller Spritzbetone durch die kontinuierliche Ver-
besserung und Weiterentwicklung der Einzelkomponenten, wie der
chemischen Zusätze, zunehmend von älteren Spritzbetonen ab. Um

Bild 1.  Frühfestigkeitsklassen J1, J2 und J3 von jungem Spritzbeton nach [3]

157
Forschung und Entwicklung

das Materialverhalten der aktuellen Spritzbetonmischungen zu ver-


stehen, muss es analysiert und experimentell untersucht werden. Die
Klassifizierung der Festigkeit basiert auf den Frühfestigkeitsklassen.
Die bisherigen Modelle zur Vorhersage der zeitabhängigen Festig-
keitsentwicklung führen zu jeweils einem Festigkeitswert über die
Zeit. Eine Prognose, die keine genauen Werte, sondern statistische
Bandbreiten vorhersagt, würde besser zur Klassifikationsidee passen.
Aus diesem Grund stellt dieser Beitrag ein neues Vorhersagemodell
zur Bestimmung der zeitabhängigen Festigkeitsentwicklung und Un-
tersuchungen des zeitabhängigen Materialverhaltens von Spritzbeton
vor. Die Ergebnisse sind Grundlage der Dissertation in [7].

2 Ansätze zur Beschreibung des zeitabhängigen


Spritzbetonmaterialverhaltens
Die zeitabhängige Zunahme der Steifigkeit und Festigkeit des Spritz-
betons kann mit einem linear-elastischen Material durch eine allmäh-
liche Erhöhung der Steifigkeit und Festigkeit veranschaulicht werden.
Dies führt jedoch zu größeren Schnittgrößen, da die Duktilität dabei
vernachlässigt wird. Beispiele für höherwertige Materialmodelle, die
die zeitabhängige Änderung der Materialeigenschaften berücksichti-
gen, werden nachfolgend vorgestellt. Ein detaillierter Überblick über
aktuelle Materialmodelle wird in [6] und [8] gegeben.

2.1 Fließratenmethode
Das Verformungsverhalten von Spritzbeton wird in der erweiterten
Fließratenmethode unter Berücksichtigung eines vorhandenen Span-
nungszustands und einem von der Zeit und dem Auslastungsgrad
abhängigen Verformungsmoduls beschrieben [9]. Der Spritzbeton
verformt sich dabei durch folgende Einflüsse:
–– Elastische Sofortdehnung: Unmittelbar auftretende, umkehrbare
Verformung, die mit zunehmendem Betonalter sinkt.
–– Verzögerte elastische Dehnung: Umkehrbare Kriechverformung,
die sich gleichartig und unabhängig von der Be- oder Entlastung
des Spritzbetons entwickelt.

158
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

–– Fließdehnung: Bleibende, spannungsabhängige Kriechverformung


des Spritzbetons.
–– Schwind- und Temperaturverformungen.
Die zeitabhängige Druckfestigkeit des Spritzbetons wird durch Gl. (1)
ausgedrückt.

(1)

mit
fc(t) Zeitabhängige Druckfestigkeit des Spritzbetons [MPa],
fc,28 Druckfestigkeit des Spritzbetons nach 28 Tagen [MPa],
t Spriztbetonalter [h].
Die Fließratenmethode wurde von Müller in [10] auf der Grundlage
von weiteren Labor- und In-situ-Experimenten angepasst. Gl. (2) be-
schreibt die zeitabhängige Druckfestigkeit.

(2)

2.2 Viskoplastisches Spritzbetonmodell


Das Modell von Meschke et al. [11] berücksichtigt die zeitliche Ent-
wicklung der Steifigkeit und einaxialen Druckfestigkeit auf Grundlage
einer Kombination der Empfehlungen des CEB-FIP Model Codes
[12] und der österreichischen Richtlinie Spritzbeton [2] sowie des
Vorschlags von Oluokun et al. in [13] nach Gl. (3–6).

159
Forschung und Entwicklung

(3)

mit

(4)

 (5)

mit

(6)

mit
fc,1 Druckfestigkeit nach einem Tag [MPa].

2.3 Elastoplastisches Spritzbetonmodell


Schädlich und Schweiger [14] beziehen die zeitliche Entwicklung der
einaxialen Druckfestigkeit und der Steifigkeit in den Gl. (7) und (8) auf
Grundlage des CEB-FIP Model Codes [12] ein.

(7)

mit

(8)

160
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

2.4 SCDP-Modell
Das SCDP-Modell nach Neuner et al. [8] basiert auf dem Scha-
densplastizitätsmodell nach Grassl und Jirásek [15], um das Erhär-
tungs- und Entfestigungsmaterialverhalten zu beschreiben. Um das
frühzeitige Verhalten des Spritzbetons einzubeziehen, wird eine Mo-
difikation der Verfestigungstheorie genutzt. Zeitabhängige Material-
eigenschaften werden durch Stoffgesetze für Materialfestigkeit und
Duktilität dargestellt. Die zeitabhängige Entwicklung der Druckfes-
tigkeit zeigen Gl. (9) und (10).

(9)

mit

(10)

mit
tf = 0,25 d,
 = 0,18 d.

2.5 Internationale Normen und Regelwerke


Die internationalen Normen und Regelwerke Eurocode 2 [16], ACI
209R92 Model Code [17] und JSCE Model Code [18] enthalten nur
Modellberechnungen des zeitabhängigen Materialverhaltens für kon-
ventionellen, nicht jedoch für Spritzbeton. Allerdings lassen sich die
Modelle auf Spritzbetonapplikationen anwenden. So kann der sich im
Spitzbeton befindende, schnell hydratisierende Zement durch ver-
schiedene Parameter angepasst werden.
161
Forschung und Entwicklung

Die Berechnung der zeitabhängigen Druckfestigkeit nach Eurocode 2


[16] folgt in Gl. (11), nach ACI 209R-92 [17] in Gl. (12) und nach JSCE
Model Code [18] in Gl. (13).
–– Eurocode 2 [16]:

(11)

mit
s Beiwert für Zement (für Spritzbeton i. d. R. 0,2).
Gl. (11) für die zeitabhängige Druckfestigkeit ist nur für t ≥ 3 gültig.
Genauere Werte für die Betondruckfestigkeit für t ≤ 3 sollten auf der
Basis von Versuchen bestimmt werden. Für die Interpretation der
Daten wird Gl. (11) von t = 0 Tagen verwendet, was bei der Analyse
berücksichtigt werden muss.
–– ACI 209R-92 [17]:

(12)

mit
α Konstante, abhängig von Zementtyp und Nachbehandlung
(hier α = 4,0),
β Konstante, abhängig von Zementtyp und Nachbehandlung
(hier β = 0,85).
–– JSCE Model Code [18]:

(13)

mit
a Konstante, abhängig von Zementtyp (hier a = 4,50),
b Konstante, abhängig von Zementtyp (hier b = 0,95),
c Konstante, abhängig von Zementtyp (hier c = 1,11),
fc,91 Festigkeit nach 91 Tagen.
162
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

2.6 Thermo-chemo-mechanisches Modell


Darüber hinaus existiert das thermo-chemo-mechanische Material-
modell für Spritzbeton nach Lackner und Mang [19], das anhand der
Thermodynamik von chemisch reaktiven porösen Medien formuliert
ist. Nachteilig an diesem Modell ist, dass die Anzahl an benötigten
Material- bzw. Zustandsparametern größer ist als bei den anderen
Modellen. Zudem sind die Parameter nicht die standardisierten Grö-
ßen, die in der Praxis gemessen werden, sodass die Validierung des
Modells mit gesammelten Versuchs- und Praxisdaten und die Gegen-
überstellung mit anderen Modellen vergleichsweise schwierig sind.

3 Entwicklung eines neuen empirischen Modells für die


zeitabhängige Festigkeitsentwicklung von Spritzbeton
Um die Festigkeitsentwicklung auf der Grundlage von Beobachtungs-
daten validieren zu können, muss eine ausreichend statistisch reprä-
sentative Menge an Datensätzen zur Verfügung stehen. Die verwen-
dete Datenbasis besteht aus Versuchsergebnissen und ist um Daten
zur zeitabhängigen Entwicklung der Druckfestigkeit von Spritzbeton
aus externen Versuchen und Praxisprojekten erweitert worden. Eine
detaillierte Übersicht ist in [7] zu finden.
Zur Auswertung der Datensätze wurden die aufgezeichneten Fes-
tigkeiten mit der charakteristischen Druckfestigkeit normiert, was
Gl. (14) zeigt.

(14)

mit
nc Normierte Spritzbetonfestigkeit [–],
fc Spritzbetondruckfestigkeit [MPa],
fck Charakteristische Zylinderdruckfestigkeit [MPa].
Durch die Normierung können Festigkeitsentwicklungen von Spritz-
betonen unterschiedlicher Festigkeitsklassen miteinander verglichen

163
Forschung und Entwicklung

werden, da dadurch eine ausreichend statistisch repräsentative Men-


ge an Datensätzen zur Verfügung steht.
Bild 2 zeigt die normierten Spritzbetondruckfestigkeiten nc zu den
Untersuchungszeitpunkten in einem Box-Plot-Diagramm. Der Box-
Plot enthält Informationen zum Median, zum 25-%- und 75-%-Quan-
til sowie zum Minimal- und Maximalwert. Die Quantile sind Lagema-
ße in der Statistik und beschreiben den Wert, den ein bestimmter Teil
der Daten unterschreitet. So liegen bspw. 25 % der Daten unterhalb
des 25-%-Quantils. In Bild 2 werden die Boxen zur genauen Ver-
anschaulichung der Verteilung der Daten zusätzlich um die Werte
des 10- und 90-%-Quantils und des 5- und 95-%-Quantils erweitert.
Die Minimal- und Maximalwerte der Datenpopulation werden durch
Whisker angezeigt. So kann der Box-Plot einen Eindruck darüber
vermitteln, in welchem Bereich die Daten liegen und wie sie sich über
diesen verteilen [20]. Die Höhe der Boxen gibt Aufschluss über die
Streubreite der Daten. Kleine Boxen weisen eine geringere Streuung
auf als hohe, wobei zu beachten ist, dass die horizontale Achse hier
logarithmisch dargestellt ist.

Bild 2.  Darstellung der normierten Spritzbetonfestigkeiten nc über erweiterte


Box-Plots mit Stichprobenumfang n

164
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

3.1 Entwicklung eines neuen Prognosemodells mithilfe von


Box-Plots
Aus der zuvor beschriebenen Datenbasis wird ein empirisches Pro-
gnosemodell für Spritzbetonfestigkeiten mit folgenden Randbedin-
gungen entwickelt:
–– Spritzbetone im Nassspritzverfahren,
–– Festigkeitsentwicklungen vor allem im Bereich der Klasse J2,
–– Anwendungsgebiet Europa, vorzugsweise alpiner Raum.
Das Prognosemodell zur Bestimmung der normierten Druckfestigkeit
ist in Bild 3 dargestellt. Mithilfe einer Kurvenanpassung wird eine
Modellfunktion für die bestmöglichen Datenpunkte ermittelt. Für
den Median und die Konfidenzintervalle von 5 bis 95, 10 bis 90 und
25 bis 75 % wurden für die äußeren Datenpunkte Kurven erstellt. Die
Kurven beschreiben die jeweiligen Quantile der ausgewerteten Daten
für die Entwicklung der normierten Spritzbetonfestigkeit nc(t).
Die Bestimmung des zeitabhängigen Verlaufs der normierten Spritz-
betonfestigkeit kann für alle Quantilwerte mit Gl. (15) abgebildet
werden.

(15)

Der Parameter e beschreibt die Euler-Zahl. Die Qualität der Anpas-


sung wurde mit dem Bestimmtheitsmaß R² bewertet, das für jede
Kurve > 0,99 beträgt [7].
Der Vorteil des auf einer empirischen Analyse basierenden Prognose-
modells für Spritzbetonfestigkeiten besteht darin, dass sich die Vor-
hersage der Festigkeitsentwicklungen nicht nur auf einen Mittelwert
beschränkt. Außerdem bietet das Prognosemodell die Möglichkeit
einer risikobasierten Entscheidungsfindung. Innerhalb einer konser-
vativen Annahme können die Verläufe in den Konfidenzintervallen
< 50 % gewählt werden. Wenn die Spritzbetonrezeptur so ausgelegt
165
Forschung und Entwicklung

Bild 3.  Empirisches Prognosemodell für Spritzbetonfestigkeiten

ist, dass mit einem schnellen und hohen Festigkeitsanstieg zu rechnen


ist, können die Kurven verwendet werden, die im Bereich der oberen
50 % liegen.

3.2 Vergleich des neuen empirischen Modells mit


bestehenden Ansätzen
Für einen Vergleich der mathematischen Modelle mit dem empiri-
schen Prognosemodell werden die berechneten Datenpunkte in das
Prognosemodell in Bild 4 eingefügt. Die Ergebnisse zeigen, dass kein
Modell die gesamte Festigkeitskurve erfolgreich abbildet.
Anhand der Datenauswertung wird deutlich, dass kein Modell die
Festigkeitsentwicklung des Spritzbetons abbilden kann. Zu Beginn
vernachlässigen die meisten Modelle die Frühfestigkeit. Zwar berück-
sichtigen Meschke et al. [11] diese, überschätzen sie aber etwas. Im
weiteren Verlauf nähern sich die Modelle den Daten an, wobei die
amerikanische [17] und japanische Norm [18] sowie das SCDP-Mo-
dell [8] unterhalb des 10-%-Quantils verlaufen. Die generelle Unter-

166
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

schätzung der Endfestigkeit durch die Modelle erklärt sich durch die
Berücksichtigung des charakteristischen Designwerts für die Beton-
druckfestigkeit fck.
Die Modelle nach Meschke et al. [11], Schädlich und Schweiger [14]
sowie Neuner et al. [8] erfordern eine Aussage über das Verhältnis der
Druckfestigkeit des Spritzbetons nach einem und nach 28 Tagen
(k = fc,1/fc,28). Das Verhältnis k sollte vorzugsweise durch Vorversuche
bestimmt werden. Ist dies nicht möglich, enthält die Literatur unter-
schiedliche Werte von k ≥ 0,16 [8] bis k = 0,489 [6]. Da der Verhältnis-
wert einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der Festigkeit ha-
ben kann, werden in [7] empirische Analysen durchgeführt und
Empfehlungen zur Berücksichtigung des Verhältnisses gegeben. Ge-
rade der Verlauf des SCDP-Modells nach Neuner et al. in [8] nähert
sich mit einem angepassten Verhältniswert den Festigkeitsverläufen
des empirischen Prognosemodells an [7].

Bild 4.  Normierte Spritzbetonfestigkeiten der Modelle nach [8–11, 14, 16–18],


integriert in ein empirisches Prognosemodell
167
Forschung und Entwicklung

3.3 Diskussion der Ergebnisse im Hinblick auf ihre praktische


Anwendbarkeit
Keines der bestehenden Modelle konnte den statistisch ermittelten Ver-
lauf der zeitabhängigen Festigkeitsentwicklung genau abbilden. Einige
der Modelle passen sehr gut zu bestimmten Zeitintervallen, können
aber nicht den gesamten Bereich der Festigkeitsentwicklung ausrei-
chend darstellen. Mit der Anpassung des Verhältniswerts k auf Grund-
lage der Datenauswertung kann das SCDP-Modell [8] die Festigkeits-
entwicklung zufriedenstellend abbilden, ohne sie zu überschätzen [7].
Das empirische Prognosemodell zur Bestimmung zeitabhängiger
Spritzbetonfestigkeitsverläufe ist ein erster Ansatz, um das zeitab-
hängige Festigkeitsverhalten von Spritzbeton statistisch abzubilden.
Der Vorteil dieses Modells besteht in der Klassifizierung der Verläu-
fe durch die Angabe zusätzlicher Kurven für Quantilwerte je nach
Spritzbetonart. Weiterhin können dem Modell jederzeit Daten hinzu-
gefügt und die daraus resultierenden Funktionen angepasst werden.

4 Experimentelle Untersuchungen zum zeitabhängigen


Materialverhalten von Spritzbeton
Die Literatur enthält kaum valide Daten über die zeitabhängige Mate-
rialentwicklung von jungem Spritzbeton bis zu einem Alter von 28
Tagen. Neuere Untersuchungen wurden von Galobardes [21], Bryne
[22] und Neuner et al. [23] durchgeführt. Um weitere Materialeigen-
schaften für die Analyse zu generieren, wurde ein Spritzbetonversuch
an einer Referenzmischung zur Bestimmung der zeitabhängigen Ma-
terialeigenschaften durchgeführt. Eine umfangreichere Beschreibung
der Versuchsrandbedingungen und -durchführung gibt [7].

4.1 Versuchskonzept
Die Herstellung der Spritzbetonschale wird von vielen Faktoren be-
einflusst. Einerseits ist das Materialverhalten des Spritzbetons durch
Inhomogenität und Nichtlinearität gekennzeichnet, andererseits
spielt die Bauverfahrenstechnik eine entscheidende Rolle für die er-
folgreiche Applikation des Spritzbetons. Dosier-, Misch-, Förder- und
Düsensysteme können die Qualität des Spritzbetons erheblich be-
168
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

einflussen. Der Probekörper sollte so ausgelegt sein, dass Rückprall-


beeinträchtigungen der homogenen Betonstruktur ausgeschlossen
sind [24]. Diese Randbedingungen werden berücksichtigt, indem die
Herstellung des Probekörpers in einem großmaßstäblichen Versuchs-
stand durchgeführt wird. Durch die definierten und konstanten Rand-
bedingungen können negative verfahrenstechnische Faktoren für die
Qualität des Spritzbetons minimiert werden.
Bild 5 zeigt die Versuchsmatrix mit den Untersuchungen des Spritz-
betons (SpB Ia bis SpB IV) und dem jeweiligen Prüfalter. ­Außerdem

Bild 5.  Übersicht Versuchsmatrix: Prüfalter, Normen und Randbedingungen


der Untersuchungen zur Druckfestigkeit von jungem Spritzbeton, zum
E-Modul, zur Spaltzugfestigkeit und zur Kriechverformung
169
Forschung und Entwicklung

gibt die Matrix einen Überblick über die Randbedingungen der durch­
geführten experimentellen Untersuchungen.
Die Spritzbetonversuche wurden im Spritzbetonversuchsstand der
Ruhr-Universität Bochum durchgeführt. In dem Großversuchsstand
wurde in den letzten Jahren zu unterschiedlichen Fragestellungen
zum Thema Spritzbeton z. B. von [25] und [26] geforscht. Eine sche-
matische Übersicht des Versuchsstands ist in Bild 6 dargestellt.
In dieser Versuchsreihe wurde die Anlage mit einer Betonmischung
gespeist, die nach den Vorgaben des Betonwerks hergestellt wurde.
Dieses Gemisch wurde mit der Betonpumpe (7) gefördert. Auf der
Spritzbetonpumpe ist ein Dosiersystem zur Beschleunigerzugabe ins-
talliert, das einen kontinuierlichen Förderstrom von Spritzbeton und
Beschleuniger ermöglicht. Die robotergesteuerte (12), automatisierte
Spritzdüse (13) bringt eine homogene Spritzbetonprobe auf die Palet-
te (14) auf. Aufgrund der Randbedingungen in der großmaßstäblichen
Versuchseinrichtung kann eine Reproduzierbarkeit der Ergebnisse als
gegeben angesehen werden. Die Spritzbetonpumpe fördert den Beton
unter fest einstellbaren Randbedingungen, da der Roboter die Düse
mit gleicher Geschwindigkeit und identischem Bewegungsmuster
steuert. Das Versuchs-Setup besteht aus Schläuchen und Düse und
bleibt über jede Versuchsreihe hinweg konstant. Hierdurch können
verfahrenstechnische Einflüsse minimiert werden.

Bild 6.  Schema des Spritzbetonversuchsstands (Lehrstuhl für Tunnelbau,


Leitungsbau und Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum)

170
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

Innerhalb eines Tages wurden drei Paletten mit dem gleichen Bereit-
stellungsgemisch nacheinander hergestellt. Am nächsten Tag wurde
die erste Palette an die Montanuniversität Leoben in Österreich trans-
portiert und das Kriechverhalten untersucht. Die beiden anderen Pa-
letten kamen zur Untersuchung an die Ruhr-Universität Bochum.
Der Beton wurde nach den zuvor beschriebenen Anforderungen von
einem Transportbetonwerk hergestellt und per Fahrmischer zur Ver-
suchsanlage der Ruhr-Universität Bochum transportiert. Nach der
Durchführung der Konsistenzprüfung wurde der Spritzbeton in die
Pumpe gefüllt und von der Betonpumpe im Dichtstromverfahren zur
Mischeinheit gefördert. Unter Zugabe von Druckluft und Beschleuniger
wurde der Beton zur Spritzdüse gefördert und aus einem Abstand von
ca. 1,5 m in kreisförmigen Bewegungen im 90°-Winkel auf die Sprühpa-
lette aufgebracht. Daraus entstand ein großformatiger Prüfkörper mit
einer Schichtdicke zwischen 25 und 30 cm, einer effektiven Länge von
2,20 m und einer effektiven Breite von 1,10 m. Durch den Einsatz des
großformatigen Prüfkörpers konnten homogene Bereiche hergestellt
werden, in denen eine Störung des Gefüges durch Rückprall keinen
Einfluss hatte. Bild 7 zeigt die Platte vor und nach der Applikation.
Nach Abschluss der Spritzbetonapplikation wurden die Frühfestig-
keitsprüfungen an den Probekörpern durchgeführt. Die Palette wurde
ca. 10 min nach Beendigung des Spritzvorgangs in eine waagerechte
Position gebracht und nach DIN EN 14487-2 [27] nachbehandelt. Es
wurde ein Austrocknen des Betons verhindert, indem eine dauerhaft
feuchte Umgebung gewährleistet wurde. Ferner konnte der Tempe-
ratureinfluss auf die Hydratation durch Lagerung in der Prüfhalle
bei konstanter Temperatur von ca. 20 °C eliminiert werden. Im Vor-

Bild 7.  a) Spritzbetonpalette vor dem Versuch; b) gespritzte Palette


171
Forschung und Entwicklung

dergrund steht dabei die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse unter


identischen und standardisierten Randbedingungen.

4.2 Ergebnisdarstellung und Analyse der Daten


Die Ergebnisse der Untersuchungen zum zeitabhängigen Materialver-
halten von Spritzbeton werden im Folgenden erläutert.

4.2.1 Frühfestigkeit
Die Ergebnisse der Frühfestigkeitsuntersuchungen werden in einem
doppellogarithmischen Diagramm dargestellt (Bild 8). In den ersten
30 min liegt die Frühfestigkeitsentwicklung im unteren Bereich der
Klasse J2, im weiteren Verlauf im mittleren Bereich. Damit entspricht
der Spritzbeton den Anforderungen der ÖVBB-Richtlinie Spritzbeton
[2] und kann bei rasch auftretenden Einwirkungen aus Gebirgsdruck
oder nachdrängenden Lasten eingesetzt werden.

Bild 8.  Doppellogarithmische Darstellung der zeitabhängigen


Frühfestigkeitsentwicklung des untersuchten Spritzbetons und Einteilung
in die J-Klassen nach [3]
172
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

4.2.2 Druckfestigkeit
Bild 9 zeigt ein Diagramm für die Entwicklung der Druckfestigkeit
über einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen, wobei die Frühfestigkeit mit
Quadraten und die an den Probekörpern geprüfte Druckfestigkeit mit
Kreisen aufgetragen sind. Die Whisker markieren die Standardabwei-
chung der drei geprüften Bohrkerne, die mit einem Maximalwert von
s28d = 1,46 N/mm² nach 28 Tagen generell sehr gering sind. Bis zum
Messwert am Tag 7 steigt die Festigkeit kontinuierlich an; nach 14
Tagen ist nur noch eine geringe Festigkeitszunahme zu verzeichnen.
Zur Beurteilung des Festigkeitsverlaufs der Versuchsreihe werden die
Druckfestigkeiten über die charakteristische Zylinderdruckfestigkeit
fck = 20 N/mm² normiert und in das entwickelte Prognosemodell ein-
gefügt (Bild 10). Der normierte Festigkeitsverlauf liegt hauptsächlich
zwischen dem 25- und dem 75-%-Quantil. Der Frühfestigkeitsverlauf
liegt über dem Median; ab einem Alter von 20 h bis etwa drei Tagen
fällt der Verlauf leicht unter das 25-%-Quantil. Die anderen normier-

Bild 9.  Zeitabhängige Entwicklung der Spritzbetondruckfestigkeit fc;


Quadrate: Frühfestigkeitsentwicklung, Kreise: Mittelwert der Druckfestigkeit
gemessen an drei Proben sowie Standardabweichung
173
Forschung und Entwicklung

Bild 10.  Normierter Festigkeitsverlauf der Versuchsreihe mit Nennfestigkeit


fck = 20 N/mm², vergleichend eingeordnet in den Verlauf des empirischen
Prognosemodells für Spritzbetondruckfestigkeiten

ten Werte der gemessenen Druckfestigkeit liegen dann wieder unter


dem Median und über dem 25-%-Quantil. Der Verlauf der Druckfes-
tigkeit der Versuchsrezeptur spiegelt somit einen durchschnittlichen
Festigkeitsverlauf eines aktuellen Spritzbetons wider.

4.2.3 E-Modul
Bisher gibt es keine Datenbank über das zeitabhängige Steifigkeitsver-
halten von Spritzbetonen, wie es das entwickelte Prognosemodell für
die Druckfestigkeit bietet. Ein Vergleich der Versuchsergebnisse kann
daher nur qualitativ mit anderen veröffentlichten Ergebnissen durch-
geführt werden, um den Verlauf der zeitabhängigen Entwicklung der
Steifigkeit zu beurteilen (Bild 11). Galobardes [21] hat Nassspritz-
betonrezepturen mit unterschiedlichen Beschleunigerdosierungen
untersucht. Die Versuche von Neuner et al. in [23] wurden mit einer
aktuellen Nassspritzbetonrezeptur durchgeführt. Die Tests basieren
nicht auf den gleichen Ausgangsbedingungen und können deshalb
nicht mit den absoluten Werten verglichen werden.
174
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

Bild 11.  Versuchsergebnisse der zeitabhängigen Entwicklung des E-Moduls


im Vergleich zu Versuchsdaten von [8] und [23]

Neuner et al. [23] schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Ent-
wicklung der Steifigkeit bereits nach sieben Tagen abgeschlossen ist.
Die Experimente und Untersuchungen von Galobardes in [21] zeigen
jedoch im Allgemeinen die gleiche Tendenz: Zwischen einem und
sieben Tagen steigt der E-Modul stärker an und zwischen sieben
und 28 Tagen nur noch geringfügig. Neuner et al. [23] führten nach
ein bis drei Tagen zusätzlich Prüfungen durch; diese zeigen deutlich
die exponentielle Zunahme der Steifigkeitsentwicklung innerhalb der
ersten Tage.
Die Auswertung der zeitlichen Entwicklung des E-Moduls zeigt, dass
der Verlauf innerhalb der ersten sieben Tage exponentiell zunimmt,
gefolgt von einem deutlich langsameren Anstieg bis zum Alter von
28 Tagen. Die Untersuchungen in [23] machen deutlich, dass die Un-
tersuchungszeitpunkte in den ersten Tagen enger beieinander liegen
sollten, da hier ein exponentieller Anstieg zu erkennen ist. Dies muss
bei zukünftigen Versuchsreihen zum Materialverhalten berücksich-
tigt werden.

175
Forschung und Entwicklung

4.2.4 Zugfestigkeit
Der zeitabhängige Verlauf der gemittelten Spaltzugfestigkeit ist in
Bild 12 mit Dreiecken, die Standardabweichung aus den drei Prü-
fungen je Prüftag als Whisker dargestellt. Die aus den Mittelwerten
berechneten Daten für die zentrische Zugfestigkeit sind mit Kreuzen
abgebildet [28]. Im Gegensatz zu den zeitlichen Entwicklungen der
Spritzbetondruckfestigkeit und des E-Moduls nimmt die Zugfestig-
keit über den Beobachtungszeitraum von 28 Tagen kontinuierlich zu.

4.2.5 Kriechen
Bild 13 zeigt die absoluten Dehnungen in ‰, die an den Proben SpB
IV-1 bis SpB IV-5 auf der vertikalen Achse gemessen wurden. Die
absoluten Dehnungen bestehen aus der elastischen Dehnung durch
die Belastung, der Dehnung aus dem autogenen Schwindprozess, der
thermischen Dehnung durch die Hydratation des Spritzbetons und

Bild 12.  Zeitabhängiger Verlauf der Zugfestigkeit; Dreiecke: geprüfter Wert


der Spaltzugfestigkeit mit Standardabweichung; Kreuze: berechneter Wert der
zentrischen Zugfestigkeit nach [28]
176
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

der eigentlichen Kriechdehnung [29]. Die horizontale Achse zeigt das


Alter des Spritzbetons vom Beginn der Belastung (48 h) bis zum Ende
der Belastung (672 h). Die zeitliche Entwicklung der Dehnungen der
Probekörper SpB IV-1, SpB IV-3 und SpB IV-5 beginnt mit einer initi-
alen Verformung zu Beginn der Belastung von ca. 1,5 ‰, im weiteren
Verlauf nehmen die Dehnungen in Abhängigkeit von der Belastung
zu. Bei Probekörper SpB IV-2 weicht die Initialverformung von der
Initialverformung der anderen drei Verläufe ab. Eine ähnliche Initi-
alverformung wurde am Probekörper SpB IV-4 gemessen. Es konnte
anschließend jedoch im Gegensatz zu den anderen Probekörpern kein
Anstieg der Verformung gemessen werden. Dies ist auf ein messtech-
nisches Problem zurückzuführen, da der Wegaufnehmer die axiale
Verformung vermutlich nicht korrekt messen konnte. Daher wird der
Probekörper SpB IV-4 bei der weiteren Analyse nicht berücksichtigt.
Aus den Messdaten der Kriechversuche kann die Nachgiebigkeits-
funktion berechnet werden, die als lastinduzierte Dehnung pro Ein-

Bild 13.  Entwicklung der absoluten Dehnung der fünf Spritzbetonproben SpB


IV-1 bis SpB IV-5 im Untersuchungszeitraum zwischen zwei und 28 Tagen unter
kontinuierlicher Belastung von 30 bis 50 % fc,2d (6,6 bis 10,9 N/mm²)
177
Forschung und Entwicklung

zelspannung definiert ist [23]. Theoretisch müssten die Dehnungen


aus dem autogenen Schwindprozess vorher abgezogen werden. Da
diese jedoch nicht untersucht wurden, bleiben sie unberücksichtigt.
Bild 14 zeigt die berechneten Nachgiebigkeitsfunktionen der vier Ver-
suche. Sie weisen nach der Belastung eine ähnliche Steigung auf, dies
gilt auch für den SpB-IV-2-Versuch. Einzig die Steigung aus dem SpB-
IV-5-Versuch mit einer geringen Belastung von 30 % fc,2d ist etwas
größer.

4.3 Diskussion der Ergebnisse und Konsequenzen für die


weitere Versuchsdurchführung
Die Auswertung der Festigkeitsentwicklung des Referenzspritzbetons
zeigt die Ergebnisse eines durchschnittlichen Spritzbetons. Die Ver-
suchsergebnisse können in analytische und numerische Rechenmo-
delle integriert werden, da aufgrund der durchschnittlichen Festig-
keitsentwicklung das Verhalten auf die anderen Entwicklungen der
Materialeigenschaften übertragen wird [30–32].

Bild 14.  Nachgiebigkeitsfunktionen der Probekörper SpB IV-1 bis SpB IV-3 und
SpB IV-5 im Untersuchungszeitraum zwischen zwei und 28 Tagen
178
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

Insgesamt stellen die Versuchsergebnisse einen Ansatz für weitere


Forschungsarbeiten dar. Die vorgestellten Versuche sind als Refe-
renzversuche für die erweiterte Untersuchung des zeitabhängigen
Materialverhaltens von Nassspritzbeton anzusehen. Die festgestellten
Schwachstellen müssen in weiteren Versuchsreihen behoben wer-
den. Abgesehen von den veröffentlichten Versuchsergebnissen gibt es
kaum Publikationen zu ganzheitlichen Spritzbetonuntersuchungen
an aktuellen Nassspritzbetonen, mit denen die Konstitutivgesetze va-
lidiert werden könnten. Da jedoch das nichtlineare Materialverhalten
des Spritzbetons einen wesentlichen Einfluss auf die Spannungsent-
wicklung in der Spritzbetonschale hat, müssen weitere und vor allem
vergleichbare Untersuchungen durchgeführt werden.

5 Zusammenfassung und Ausblick


Mit der Entwicklung des empirischen Prognosemodells für Spritzbe-
tonfestigkeiten ist es gelungen, den zeitabhängigen Festigkeitsanstieg
realistisch abzubilden. Um die Genauigkeit des Prognosemodells zu
verbessern, wird eine kontinuierliche Erweiterung der Datenbasis und
Anpassung der Funktionen vorgeschlagen. Da der entscheidende De-
signparameter für analytische und numerische Rechenmodelle der
E-Modul ist, sollte ein ähnliches Modell entwickelt werden, um die
zeitabhängige Erhöhung des E-Moduls von Spritzbeton basierend auf
Versuchs- und Projektdaten zur Integration in die Rechenmodelle zu
beschreiben. Dazu sind Daten aus der Tunnelbaupraxis und weitere
Untersuchungen zum zeitabhängigen Materialverhalten von Spritz-
beton erforderlich.
Die vorgestellten Untersuchungen bilden eine erste notwendige Da-
tenbasis für die Validierung und Weiterentwicklung von Material-
modellen. Auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem vorgestellten
Versuchsprogramm ist ein detaillierteres und erweitertes Versuchs­
programm zu erstellen. Ein wichtiger Faktor zur Beschreibung des
Nutzungsgrads der Spritzbetonschale ist das Verformungsverhalten
des Spritzbetons unter Last. Zur Beschreibung des Dehnungspoten-
zials werden weitere Kriechversuche in Kombination mit Schwind-
versuchen empfohlen. In den hier durchgeführten Versuchen konnte

179
Forschung und Entwicklung

keine Auswirkung des nichtlinearen Kriechverhaltens festgestellt wer-


den. Daher sollte die Belastung in weiteren Versuchen erhöht werden.

Literatur
[1] Macht, J. (2002) Hybrid analysis of Shotcrete tunnel linings: Assessment
and online monitoring of the level of loading. Ph. D. Thesis University of
Technology, Vienna, Austria.
[2] ÖVBB-Richtlinie – Österreichische Vereinigung für Beton- und Bautech-
nik (2004) Richtlinie Spritzbeton.
[3] DIN EN 14487-1 (2006) Spritzbeton – Teil 1: Begriffe, Festlegungen und
Konformität. Beuth, Berlin.
[4] Rokahr, R. B., Lux, K. H. (1987) Einfluss des rheologischen Verhaltens des
Spritzbetons auf den Ausbauwiderstand. Felsbau 5 (1), 11–18.
[5] Saurer, E., Marcher, T., Schädlich, B., Schweiger, H. (2014) Validation of a
novel constitutive model for shotcrete using data from an executed tunnel/
Validierung eines neuen Stoffgesetzes für Spritzbeton mittelsErgebnissen
eines ausgeführten Tunnelprojekts. Geomechanics and Tunnelling 7 (4),
353–361.
[6] Thomas, A. (2009) Sprayed Concrete Lined Tunnels. Taylor & Francis, New.
York.
[7] Hammer, A.-L. (2018) Untersuchungen zum Einsatz von Stauchelementen
in einer nachgiebigen Spritzbetonschale bei druckhaften Gebirgsverhältnis-
sen. Dissertation Ruhr University Bochum.
[8] Neuner, M., Gamnitzer, P., Hofstetter, G. (2017) An Extended Damage
Plasticity Model for Shotcrete: Formulation and Comparison with Other
Shotcrete Models. Materials 10 (82).
[9] Aldrian, W. (1991) Beitrag zum Materialverhalten von früh belastetem
Spritzbeton. Dissertation Montanuniversität Leoben, Österreich.
[10] Müller, M. (2001) Kriechversuche an jungen Spritzbetonen zur Ermittlung
der Parameter für Materialgesetze. Diplomarbeit Montanuniversität, Lo-
eben, Österreich.
[11] Meschke, G., Kropik, C., Mang, H. A. (1996) Numerical analyses of tunnel
linings by means of a viscoplastic material model for shotcrete. Internatio-
nal Journal for Numerical Methods in Engineering 39, 3145–3162.
[12] CEB Bulletin (1993) CEB-FIP Model Code 1990: Design Code (eds: Comité
Euro-International du Béton).
[13] Oluokun, F. A., Burdette, E. G., Deatherage, J. H. (1991) Splitting Tensile
Strength and Compressive Strength Relationships at Early Ages. ACI Ma-
terials Journal 88 (2), 115–121.
180
III.  Zeitabhängiges Materialverhalten von ­Spritzbeton

[14] Schädlich, B., Schweiger, H. F. (2014) A new constitutive model for shotcrete.
Proceedings of the 8th European Conference on Numerical Methods in
Geotechnical Engineering. Delf, The Netherlands. Taylor & Francis, Lon-
don, pp. 103–108.
[15] Grassl, P., Jirásek, M. (2006) Damage-plastic model for concrete failure.
International Journal of Solids and Structures 43 (22–23), 7166–7196.
[16] DIN EN 1992-1-1 (2011) Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von
Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungs-
regeln und Regeln für den Hochbau. Beuth, Berlin.
[17] ACI Committee 209R-92 (1997) Prediction of Creep, Shrinkage, and Tem-
perature Effects in Concrete Structures (eds: American Concrete Institute),
Detroit.
[18] Japan Society of Civil Engineers (JSCE) (1999) Japan Concrete Specificati-
on.
[19] Lackner, R., Mang, H. A. (2003) Cracking in shotcrete tunnel shells. En-
gineering Fracture Mechanics 70, 1047–1068.
[20] Kronthaler, F. (2016) Statistik angewandt. Datenanalyse ist (k)eine Kunst
mit dem R Commander. Springer-Verlag, Berlin.
[21] Galobardes Reyes, I. (2013) Characterization and control of wet-mix spray-
ed concrete with accelerators. Ph. D. Thesis Universitat Politècnica de Cata-
lunya, Spain.
[22] Bryne, L. E. (2014) Time dependent material properties of shotcrete for hard
rock tunnelling. Ph. D. Thesis Stockholm, Sweden.
[23] Neuner, M., Cordes, T., Drexel, M., Hofstetter, G. (2017) Time-Dependent
Material Properties of Shotcrete. Experimental and Numerical Study. Ma-
terials 10 (9).
[24] Galler, R., Pittino, G., Bonin, K., Bezler, J. (2009) Modifizierter Spritzbeton
– Grossmassstäbliche Versuche und Anwendungen, in Spritzbeton-Tagung
2009 (Hrsg.: W. Kusterle), S. 1–16.
[25] Thewes, M., Vollmann, G. (2007) Applications of a shotcrete robot for cre-
ating an immediate comparability of mix design. Proceedings of the 33rd
ITA World Tunnel Congress, Underground Space – the 4th Dimension
of Metropolises. Prague, Czech Republic. Taylor & Francis, London, pp.
1377–1382.
[26] Nakashima, M., Hammer, A.-L., Thewes, M., Elshafie, M., Soga, K. (2015)
Mechanical behaviour of a sprayed concrete lining isolated by a sprayed
waterproofing membrane. Tunnelling and Underground Space Technology
47, 143–152.
[27] DIN EN 14487-2 (2007) Spritzbeton – Teil 2: Ausführung. Beuth, Berlin.

181
Forschung und Entwicklung

[28] Malárics, V. (2011) Ermittlung der Betonzugfestigkeit aus dem Spaltzugver-


such an zylindrischen Betonproben. Dissertation Karlsruher Reihe Massiv-
bau, Baustofftechnologie, Materialprüfung, H. 69, KIT Scientific Publis-
hing, Karlsruhe.
[29] Gawin, D., Pesavento, F., Schrefler, B. A. (2006) Hygro-thermo-chemo-me-
chanical modelling of concrete at early ages and beyond. Part I. Hydration
and hygro-thermal phenomena. International Journal for Numerical Me-
thods in Engineering 67 (3), 299–331.
[30] Hammer, A.-L., Thewes, M. (2018) Integration of yielding elements in va-
rious computational methods for calculations in different planning and
construction phases. ITA-AITES World Tunnel Congress. Dubai, United
Arab Emirates.
[31] Hasanpour, R., Hammer, A.-L., Thewes, M. (2018) Analysis of multilateral
interaction between shotcrete, yielding support and squeezing ground by
means of two different numerical methods. ITA-AITES World Tunnel Con-
gress. Dubai, United Arab Emirates.
[32] Hammer, A.-L., Hasanpour, R., Hoffmann, C., Thewes, M. (2018) Nu-
merical analysis of interaction behavior of yielding supports in squeezing
ground, in Numerical Methods in Geotechnical Engineering IX (eds: A. S.
Cardoso, J. L. Borges, P. A. Costa, A. T. Gomes, J. C Marques, C. S. Vieira).
Proceedings of the 9th European Conference on Numerical Methods in
Geotechnical Engineering, Porto, Portugal, pp. 1319–1327.

182
Vertragswesen und
­betriebswirtschaftliche Aspekte
I. Entwicklung eines Kostenmodells zur
­exakteren Abschätzung der Herstellkosten
von Tunnelbauwerken – Teil 2
Markus Thewes, Peter Hoffmann, Götz Vollmann, Wolf-Dieter Friebel,
Ingo Kaundinya, Anne Lehan, Andreas Wuttig, Werner Riepe
In Teil 1 dieses Beitrags in der Ausgabe 2019 des Taschenbuchs für den Tunnel-
bau wurde die Entwicklung eines Kostenmodells zur exakteren Abschätzung
der Herstellkosten eines Tunnelbauwerks für die geschlossene Bauweise darge-
stellt [1]. Entsprechende Analysen, wie die Entwicklung von Basisvarianten und
Kostenstrukturen, der Vergleich der Kosten in den Bauphasen, die Berücksichti-
gung von Preisschwankungen und Unsicherheiten sowie die Überprüfung der
Genauigkeit der Entwicklungen anhand einer Validierung, wurden erläutert.
In Ergänzung hierzu zeigt Teil 2 ausgewählte Ergebnisse für die offene Bauwei-
se und die betriebstechnische Ausstattung von Straßentunneln. Der Lehrstuhl
für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb der Ruhr-Universität Bochum,
unterstützt durch die Ingenieurbüros Schüssler-Plan und BUNG, beauftragt
durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
und die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), analysierten dazu Daten von
Tunnelbauprojekten der jüngeren Zeit und entwickelten nach entsprechenden
Analysen im Anschluss dynamische, softwaregestützte Rechenmodelle.
Developing a cost-model to better estimate cost of construction of tunnel
structures – Part 2
Part 1 of this publication in the 2019 edition of the Taschenbuch für den Tun-
nelbau presented the development of a cost model for a more exact estimation
of the construction costs of tunnels built with the conventional method [1].
The corresponding analyses such as the development of basic variants and
cost structures, the comparison of costs in the construction phases, the con-

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

183
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

sideration of price variations and uncertainties as well as the verification of


the accuracy of the developments on the basis of a validation were explained.
In addition, Part 2 shows selected results for the cut and cover method and
the operational equipment of road tunnels. The Institute for Tunnelling and
Construction Management of the Ruhr-University Bochum, supported by the
engineering consultants Schüssler-Plan and BUNG, commissioned by the BMVI
and the BASt, analysed data from recent tunnel construction projects and
developed dynamic, software-supported calculation models following corre-
sponding analyses.

1 Einleitung
In Teil 1 dieser Veröffentlichung wurde im Taschenbuch für den Tun-
nelbau 2019 ein Modell zur Kostenschätzung am Beispiel der ge-
schlossenen Bauweise von Straßentunneln vorgestellt, das anhand
einer Analyse der Daten aus der Planungs- und Vergabephase bis
hin zur Schlussrechnung einschließlich der Nachträge von insgesamt
17 Tunnelbauprojekten der jüngeren Zeit entwickelt wurde. Das so
entstandene Modell reduziert die zwischen der Planungs- und Ver-
gabephase entstehende mögliche Kostensteigerung bzw. eliminiert
diese weitestgehend. Im Rahmen der Untersuchungen wurde diese
Differenz festgestellt und als Δ1 definiert. Zudem konnte mittels Ana-
lyse der Ursachen für die Kostensteigerung in der Ausführungsphase
ein Δ2 zwischen dem Kostenanschlag und der Schlussrechnung erar-
beitet werden.
Die für das Modell erforderlichen Arbeiten, u. a. die Strukturentwick-
lung für das Kostenmodell sowie Bandbreiten- und Differenzanaly-
sen, bis hin zur Überführung in ein auf stochastischen Methoden der
Datenverarbeitung basierendes dynamisches Kosten-Tool, werden in
den nachfolgenden Abschnitten beschrieben. Dabei werden die zu
Teil 1 dieser Veröffentlichung [1] ergänzenden Entwicklungen für die
offene Bauweise und die betriebstechnische Ausstattung dargestellt.
Für das Verständnis dieses Beitrags ist die Kenntnis des ersten Teils
im Taschenbuch für den Tunnelbau 2019 zu empfehlen, da in Teil 2
aus Platzgründen auf die Darstellung grundlegender theoretischer
Überlegungen verzichtet wurde.

184
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

2 Entwicklung von Kostenstrukturen


Die hier definierten Basisvarianten repräsentieren den aktuellen Be-
stand an Straßentunneln in Deutschland und werden zur Strukturie-
rung der Daten verwendet. Die Entwicklung der Kostenstrukturen
erfolgte anhand einer selektierten Analyse der vorliegenden Projekt-
daten und Diskussionen in Expertenrunden. Wie bereits in Teil 1 [1]
erläutert, ist eine einheitliche Kostenstruktur erforderlich, um die Da-
ten der unterschiedlichen Projekte vergleichen, analysieren und in ein
gemeinsames, handhabbares Prognosemodell überführen zu können.

2.1 Variantenbildung und Randbedingungen


Die Basisvarianten der offenen Bauweise von Straßentunneln wer-
den in Tabelle 1 aufgezeigt. Der einröhrige Gegenverkehrstunnel wird
dabei nicht als Variante klassifiziert, da zukünftig im Bereich von
Bundesfernstraßen häufiger zweiröhrige Querschnitte vorgesehen
werden. Dennoch wurde dieser Regelquerschnitt im Rahmen der Un-
tersuchungen berücksichtigt, da für diesen die größte Datenmenge
zur Verfügung stand und einige Positionen, u. a. die Sicherung der
Baugrubenumschließung, auf die anderen Regelquerschnitte über-
tragbar sind.
Als erste Randbedingung für die offene Bauweise wurden die Bau-
werksabmessungen, unterteilt in die Untertypen Rechteckquerschnitt
mit offener Sohle (1.1) und Rechteckquerschnitt mit geschlossener
Sohle (1.2) festgelegt. Entwickelt wurden die Varianten in Anleh-
nung an die ZTV-ING., Teil 5 [4] und die Entwicklungen der STUVA
von 1996 [5] i. V. m. denen des BMVI aus dem Jahr 2000 [6]. Die
zweite Randbedingung ist der Baugrund, der anhand der Homogen-
bereiche gemäß der neuen DIN 18300 [7] unter Berücksichtigung
der DIN 4020 [8] i. V. m. DIN 1054 [9] in die Bereiche I.A und I.B
eingeteilt wird. Dabei entspricht der Homogenbereich I.A weitestge-
hend den früheren Bodenklassen 3 bis 4 i. V. m. der geotechnischen
Kategorie 2 und der Homogenbereich I.B der Bodenklasse 5 i. V. m.
der geotechnischen Kategorie 3. Tabelle 2 stellt die definierten Rand-
bedingungen für den Baugrund dar.

185
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

Tabelle 1.  Basisvarianten für die offene Bauweise von Straßentunneln

Querschnitt
Breite
nach Unter-
zwischen Typ Inhalt
RABT 2006 typ
Borden
[2] (2016 [3])

Rechteckquerschnitt mit
1.1 offener Sohle und ohne
RQ 26t Lüftungszwischendecke
  7,50 m O1
(RQ 31t) Rechteckquerschnitt mit
1.2 geschlossener Sohle und ohne
Lüftungszwischendecke

Rechteckquerschnitt mit
1.1 offener Sohle und ohne
RQ 26T Lüftungszwischendecke
10,00 m O2
(RQ 31T) Rechteckquerschnitt mit
1.2 geschlossener Sohle und ohne
Lüftungszwischendecke

Rechteckquerschnitt mit
1.1 offener Sohle und ohne
RQ 33t Lüftungszwischendecke
11,00 m O3
(RQ 36t) Rechteckquerschnitt mit
1.2 geschlossener Sohle und ohne
Lüftungszwischendecke

Die betriebstechnische Ausstattung von Straßentunneln lässt sich ge-


mäß den RABT [2, 3] in verschiedenste Varianten gliedern. Es handelt
sich dabei um Kombinationen stets identischer Grundeinheiten, z. B.
Belüftung, Beleuchtung und sicherheitstechnische Einrichtungen.
Diese werden in Abhängigkeit von der Länge und des Regelquer-
schnitts des Tunnels unter Berücksichtigung der Verkehrsqualität
klassifiziert. Vereinfachend wurden für die betriebstechnische Aus-
stattung von Straßentunneln entsprechend der Klassifizierung der
Bauweisen, der Regelquerschnitt und die Tunnellänge als Randbedin-
gungen festgelegt.

186
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

Tabelle 2.  Randbedingungen für den Baugrund nach [7–9]

Homogenbereich I.A Homogenbereich I.B

Mittlerer Schwierigkeitsgrad Hoher Schwierigkeitsgrad

Keine bis leichte Geländeneigung Keine bis mittlere Geländeneigung

Tragfähiger und weniger tragfähiger


Tragfähiger Baugrund (Klasse 3–4)
unregelmäßiger Baugrund (Klasse 5)

Drückendes Grundwasser
Nichtdrückendes Grundwasser
(ca. 5 m Wassersäule)

Geotechnisches Monitoring ist Geotechnisches Monitoring ist


vorzusehen einzurichten

Unterwasserbetonsohle: Grundsätzliche Randbedingungen für den


Homogenbereich I.B

2.2 Entwickelte Kostenstrukturen


Im Rahmen der Untersuchungen der vorliegenden Daten wurde deut-
lich, dass die Strukturen der Leistungsverzeichnisse der einzelnen
Projekte große Unterschiede hinsichtlich ihrer Systematik und Zu-
sammensetzung aufweisen, bis hin zu unterschiedlichen Bezeichnun-
gen in den einzelnen Positionen. Daher wurde vor der eigentlichen
Auswertung eine einheitliche Strukturierung erforderlich. Es wird
ohnehin als sinnvoll angesehen, deutschlandweit und für alle Leis-
tungsphasen einheitliche Strukturen und Bezeichnungen zu verwen-
den. Insbesondere hinsichtlich der zunehmenden Digitalisierung und
dem damit einhergehenden maschinellen Lesen von Daten hat eine
einheitliche Strukturierung eine aus Autorensicht hohe Bedeutung.
Tabelle 3 zeigt die entwickelte Kostenstruktur der offenen Bauweise.
Für die betriebstechnische Ausstattung von Straßentunneln wurde
ebenfalls eine Kostenstruktur entwickelt, die hier nicht dargestellt
wird.

187
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

Tabelle 3.  Entwickelte Kostenstruktur der offenen Bauweise

LV-
Bereich Positionen Einheit
Nr.

101 Baustelleneinrichtung lfdm

102 Zeitgebundene Kosten lfdm

Vorarbeiten 103 Technische Bearbeitung lfdm

104 Baugelände Freimachen lfdm

105 Sonstige Leistungen lfdm

106 Gesicherte Böschung* m2

107 Trägerbohlwand* m2
Sicherung der
Baugruben­ 108 Spundwand** m2
umschließung
Sicherung mit Ankern
109 L = 10–14 m St.
(LV-Nr. 106–108)

Sicherung mit Ankern


110 L = 14–18 m St.
(LV-Nr. 106–108)

Aufgelöste Bohrpfahlwand
111 m2
d = 80–100 cm*

Überschnittene/tangierende
112 m2
Bohrpfahlwand d = 80 cm**

Überschnittene/tangierende
113 m2
Bohrpfahlwand d = 120 cm**

188
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

LV-
Bereich Positionen Einheit
Nr.

Überschnittene/tangierende
114 m2
Bohrpfahlwand d = 150 cm**

Sicherung mit Ankern


115 St.
L = 14–18 m (LV-Nr. 111–114)

Sicherung mit Ankern


116 St.
L = 18–22 m (LV-Nr. 111– 114)

117 Schlitzwand d = 80 cm** m2

118 Schlitzwand d = 100 cm** m2

Sicherung mit Ankern


119 St.
L = 20–25 m (LV-Nr. 117)

Sicherung mit Ankern


120 St.
L = 20–30 m (LV-Nr. 118)

Unterwasserbetonsohle
121 m3
d = 100 cm**

Sicherung der Unterwasserbetonsohle


122 m3
Baugrubensohle d = 400 cm**

Verankerung mit Mikropfählen


123 St.
L = 12–14 m**

Baugrube bis in die


erforderliche Tiefe lösen
Erdarbeiten 124 und ausheben einschl. m3
Zwischenlagern im
Baustellenbereich

Sonstige Leistungen 125 Bauhilfsmaßnahmen Zulage lfdm

189
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

LV-
Bereich Positionen Einheit
Nr.

126 Sauberkeitsschicht d = 10 cm m2

127 Ausgleichs- und Schutzschicht m2

128 Bodenplatte aus Ortbeton*** m3

Fundament, Pfahlkopfbalken
129 m3
aus Ortbeton***

Betonstahl liefern und einbauen


130 t
ca. 0,10 t/m3 (LV-Nr. 128, 129)
Beton, Stahlbeton
Massivbauwerk 131 Rahmenwände aus Ortbeton*** m3

132 Deckenplatte aus Ortbeton*** m3

Betonstahl liefern und einbauen


133 t
ca. 0,13 t/m3 (LV-Nr. 131, 132)

Pfahlgründung aus Ortbeton


134 St.
d = 120 cm, L = 6–12 m

Betonstahl liefern und einbauen


135 t
ca. 0,12 t/m3 (LV-Nr. 134)

Traggerüst für Deckenplatte,


Traggerüst 136 St.
Rahmenwände

137 Betriebsgebäude St.

Fluchtwege- und
Sonstige Leistungen 138 St.
Treppenhäuser
Massivbauwerk
Sonstige Leistungen
139 lfdm
Massivbauwerk Zuschlag

190
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

LV-
Bereich Positionen Einheit
Nr.

Längsentwässerungsleitung
140 m
≥ DN 300

141 Dränageleitung ≥ DN 150 m

142 Schlitzrinne m

Revisionsschächte
Entwässerung 143 St.
(klein bis groß)

144 Löschwasserleitungen ≥ DN 150 m

Hydranten-, Spül- oder


145 St.
Elektronischen

146 Rückhaltebecken St.

Bauwerksfuge (Raumfuge)
147 m
einschl. Fugeneinlage

Innenliegendes Fugenband/
Abdichtung 148 m
Fugenblech

Dichtungsschicht erdberührte
149 m2
Bauteile

Wasserhaltung 150 Bauzeitliche Wasserhaltung lfdm

Sonstige Leistungen
Sonstige Leistungen
Entwässerung,
151 Entwässerung, Abdichtung und lfdm
Abdichtung und
Wasserhaltung Zuschlag
Wasserhaltung

191
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

LV-
Bereich Positionen Einheit
Nr.

152 Frostschutzschicht m3

Asphaltfahrbahn einschl.
153 m2
Fahrbahn Tragschicht und Fugen

Betonfahrbahn einschl.
154 m2
Tragschicht und Fugen

Sonstige Leistungen Tunnel


Sonstige Leistungen 155 lfdm
Zuschlag

* im Homogenbereich I.A,
** im Homogenbereich I.B,
*** einschl. Schalung

Die Entwicklung der Strukturen und die Validierung der Übertragbar-


keit wurde entsprechend der in Teil 1 dieses Beitrags [1] dargestellten
Analysen durchgeführt. Dabei wurde auch für die hier dargestellte
Variante eine gleichmäßige Verteilung der Kosten auf die Hauptgrup-
pen angestrebt. Dies konnte mit der jeweils neu entwickelten Struktur
erreicht werden.

3 Auswertung und Analyse der Praxisdaten


Ergänzend zu den Analysen der Praxisdaten aus Teil 1 [1] werden die
entsprechenden Ergebnisse für die offene Bauweise und die betriebs-
technische Ausstattung dargelegt. Dabei handelt es sich im Einzelnen
um Differenz-, Bandbreiten- und Kostensteigerungsanalysen.

3.1 Analyse von Differenzen und Bandbreiten der Bieterpreise


Die Analyse von Differenzen und Bandbreiten der Bieterpreise bildet
die Basis für das Modell zur Kostenschätzung. Zum einen werden
die Differenzen zwischen den einzelnen Bieterpreisen innerhalb ei-
nes Projekts analysiert und ausgewertet und zum anderen die pro-
jektübergreifenden Bandbreiten der Bieterpreise im Zusammenhang
aller vorliegenden Projektdaten untersucht.
192
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

Das Ergebnis der Analyse der Bieterpreisdifferenzen eines Projekts


stellt sich bei der offenen Bauweise und der betriebstechnischen Aus-
stattung analog dem Ergebnis der Analyse der geschlossenen Bauwei-
se dar. Zwischen den Bieterpreisen für eine spezifische Position beste-
hen auch hier große Differenzen, die ohne Weiteres nicht begründbar
sind. Das Erfordernis einer dynamischen Berechnung der Kosten über
alle Bieterpreise hinweg mit einer möglichst großen Grundgesamtheit
an Daten wird somit auch hier deutlich.
Die Analysen der Bandbreiten der Bieterpreise wurden entsprechend
der Vorgehensweise bei der geschlossenen Bauweise durchgeführt.
Bei dem Ergebnis handelt es sich jeweils um die Differenz zwischen
dem Mittelwert der Bieterpreise und dem günstigsten Bieterpreis
Δmin sowie dem teuersten Bieterpreis Δmax, ermittelt anhand der
reinen, auf das Tunnelbauwerk bezogenen Kosten. Die Ergebnisse
der Bandbreitenanalyse der offenen Bauweise und der betriebstech-
nischen Ausstattung sind in Bild 1 dargestellt. Δmin wird zur Berech-
nung des wirtschaftlichsten Angebotspreises im Rahmen des Kos-
tenprognosemodells in Form einer Häufigkeitsverteilung verwendet.

3.2 Kostensteigerungsanalysen über den Projektverlauf


Tabelle 4 stellt den jeweiligen Mittelwert der erfassten Kostensteige-
rungen Δ1 und Δ2 für die geschlossene und die offene Bauweise sowie
die betriebstechnische Ausstattung im Vergleich dar. Eine Gesamt-
darstellung aller Werte wurde bereits in Teil 1 für die geschlossene
Bauweise dargelegt.

Bild 1.  Bieterpreisbandbreiten der offenen Bauweise und der


betriebstechnischen Ausstattung

193
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

Tabelle 4.  Vergleich der Kosten in den Projektphasen im Variantenvergleich

Abweichungen der Mittelwerte


Erste vorl.
Kostenanschlag mit
Kostenberechnung mit
Kostenfeststellung (Δ2)
Kostenanschlag (Δ1)

Geschlossene
(bergmännische) 21,20 % 17,17 %
Bauweise
Variante

Offene Bauweise 17,30 % 21,93 %

Betriebstechnische
26,23 % 11,37 %
Ausstattung

Da bei den meisten Projekten einige Jahre zwischen der ersten Kos-
tenschätzung und dem Kostenanschlag liegen, ist Δ1 durch den ent-
sprechenden Baupreisindex (BPI) bereinigt. Mit dem entwickelten
Kostenmodell kann diese Differenz zukünftig weiter reduziert wer-
den, was in Teil 1 [1] im Rahmen der Validierung aufgezeigt werden
konnte. Δ2 entsteht durch eventuell auftretende Mehrkosten in der
Ausführungsphase eines Projekts und bezeichnet die Differenz zwi-
schen Kostenberechnung im Bauwerksentwurf und Kostenfeststel-
lung, entwickelt anhand der Differenz zwischen Kostenanschlag und
-feststellung. Diese Differenz bzw. die hinterlegten Werte werden
im Rahmen des entwickelten Kostenmodells als erste Möglichkeit
der Berücksichtigung eines Risikozuschlags als Häufigkeitsverteilung
hinterlegt.
Der dargelegte Vergleich zeigt, dass die Kostensteigerungen bei der
geschlossenen Bauweise eher in der Planungsphase entstehen, wo-
hingegen es bei der offenen Bauweise tendenziell eher in der Ausfüh-
rungsphase zu Kostensteigerungen kommt. Aufgrund der geringen
Datenbasis (zwölf Projekte geschlossene und fünf Projekte offene
Bauweise) sind diese Ergebnisse allerdings als erste Momentaufnah-
me zu verstehen und sollten anhand weiterer Analysen zukünftiger
Projekte verfeinert werden. Die Auswertung der Kostensteigerung
der betriebstechnischen Ausstattung zeigt deutlichere Differenzen
zwischen der Planungs- und Ausführungsphase. In vielen der ana-
194
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

lysierten Projekte ergaben sich sehr große Abweichungen zwischen


Kostenschätzung und Kostenanschlag. Somit wäre die Reduktion
von Δ1 für eine exaktere Kostenprognose sinnvoll. Dieses Ziel wurde
durch das entwickelte Kostenmodell erreicht.

4 Weitere Hilfsmittel zur Kostenprognose einschließlich


Validierung der ­betriebstechnischen Ausstattung
Nachfolgend werden ergänzende Ergebnisse dargestellt, die anhand
einer Validierung der erarbeiteten Hilfsmittel zur Kostenprognose
der betriebstechnischen Ausstattung aus Teil 1 ermittelt wurden. Ab-
schließend werden verschiedene Möglichkeiten der Ergebnisauswer-
tung und -verwendung aufgezeigt. Das Straßentunnelprojekt, das zur
Validierung zur Verfügung gestellt wurde, weist die folgenden, zur
Anwendung der Hilfsmittel notwendigen Randbedingungen auf:
–– Tunnellänge: < 900 m,
–– Regelquerschnitt: 10,5T (11t) (Gegenverkehrstunnel),
–– Zul. Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h,
–– Ausstattung mit Tunnelleuchten (100–400 W) und Axiallüftern,
–– Ein Betriebsgebäude einschließlich technischer Gebäude­
ausrüstung (TGA).
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der BPI zwischen der Submission
des Projekts und dem Zeitpunkt der Validierung um ca. 5 % gestiegen
ist und somit durch einen entsprechenden Faktor (hier 1,05) anzu-
passen ist.

4.1 Kostendiagramme
Die entwickelten Kostendiagramme können zur Bestimmung eines
groben Kostenrahmens zur Verwendung vor bzw. in der ersten Leis-
tungsphase nach HOAI [10] verwendet werden.
Die Diagramme für die offene Bauweise wurden jeweils für die dar-
gestellten Basisvarianten entwickelt. Dies erfolgte entsprechend der
Entwicklung der Diagramme für die geschlossene Bauweise. In Bild 2
ist das Diagramm für einen Regelquerschnitt 10,5T (11t) dargestellt.

195
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

Bild 2.  Kostendiagramm RQ 10,5T (11t), offene Bauweise

Im Gegensatz zur geschlossenen Bauweise wurde im Zuge der Ana-


lysen festgestellt, dass eine hohe Abhängigkeit der Kosten zur jewei-

196
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

ligen Lage des Bauwerks besteht. Daher wurde eine Aufteilung in die
beiden Bereiche Innenstadt und Überland festgelegt.
Die Diagramme für die betriebstechnische Ausstattung wurden so-
wohl für Gegenverkehrs- als auch für Richtungsverkehrstunnel ent-
wickelt. Im Rahmen der Analysen wurde festgestellt, dass eine Auf-
teilung in diese beiden Kategorien aufgrund der Datenbasis sinnvoll
ist. Bei den Kosten für die Betriebstechnik wurden anhand der vorlie-
genden Datenbasis keine wesentlichen Änderungen des Einheitsprei-
ses in Abhängigkeit der Tunnellänge festgestellt. Aus diesem Grund
entstand eine konstante Kurve für die Diagramme. Bei zukünftigen
Erweiterungen der Datenbasis könnte sich auch ein eher linearer
Verlauf einstellen. Je nachdem, welcher Ausstattungsgrad oder welche
sonstigen Randbedingungen preisbeeinflussend sein könnten, kann
der Anwender zwischen dem minimalen und dem maximalen Wert
schwanken.
Bild 3 zeigt exemplarisch das Kostendiagramm für die betriebstech-
nische Ausstattung eines einröhrigen Gegenverkehrstunnels mit ein-
gezeichneter Validierung. Hierbei wurde die mittlere Linie gewählt,
da der Tunnel einen mittleren Ausstattungsgrad (Grundausstattung)
und ansonsten keine weiteren Besonderheiten aufweist. Somit er-
gibt sich ein Nettogesamtpreis je Tunnelmeter und schlussendlich

Bild 3.  Kostendiagramm Gegenverkehrstunnel, betriebstechnische


Ausstattung mit Validierungsprojekt
197
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

durch Multiplikation mit der entsprechenden Tunnellänge ein Netto-


gesamtpreis. Die Abweichung dieses Preises zum tatsächlichen wirt-
schaftlichsten Angebot aus der Submission des Validierungsprojekts
beträgt ca. 6 %.
Für einen Richtungsverkehrstunnel kann näherungsweise der doppel-
te Preis je Meter angesetzt werden.

4.2 Kostenberechnungs-Tool
Für die offene Bauweise und die betriebstechnische Ausstattung
wurde analog zur geschlossenen Bauweise jeweils ein Kostenberech-
nungs-Tool entwickelt. Die jeweilige Struktur entspricht der darge-
stellten Kostenstruktur.
Bei dem Berechnungs-Tool für die betriebstechnische Ausstattung
kommt als Erleichterung für den Anwender hinzu, dass eine Höchstge-
schwindigkeit für den zu planenden Tunnel gewählt werden kann, um
einen Vorschlag für eine Tunnelausstattungsklasse zu erhalten. In Bild 4
ist ein Auszug der Eingabemaske des Kostenberechnungs-Tools für die
betriebstechnische Ausstattung mit den für das Validierungsprojekt er-
forderlichen Angaben dargestellt. Die Berücksichtigung des BPI erfolgt
durch die Eingabe eines Faktors (hier 1,05) als pauschaler Zuschlag.
Für das Validierungsprojekt wurde die in Bild 5 dargestellte Häufig-
keitsverteilung des prognostizierten Gesamtpreises für die betriebs-
technische Ausstattung berechnet. Diese Darstellung ermöglicht die
Berücksichtigung von Unsicherheiten. Es kann angenommen werden,
dass die Gesamtkosten (netto) der betriebstechnischen Ausstattung

Bild 4.  Eingabemaske Kostenberechnungs-Tool betriebstechnische


Ausstattung

198
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

Bild 5.  Häufigkeitsverteilung der Gesamtsumme der betriebstechnischen


Ausstattung des Validierungsprojekts

des Validierungsprojekts mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % zwi-


schen 5,01 und 5,756 Mio. Euro liegen.
In einem nächsten Schritt kann eine Prognose des wirtschaftlichsten
Preises erfolgen. Dazu wird die Abweichung Δmin vom Mittelwert
abgezogen. Für eine erste grobe Einschätzung eines Gesamtpreises,
einschließlich möglicher Kostensteigerungen, ist die Kostensteige-
rung Δ2 als Häufigkeitsverteilung im Tool hinterlegt.
Die Abweichung zwischen dem tatsächlichen wirtschaftlichsten An-
gebotspreis aus der Submission des Validierungsprojekts und dem
mittels Kostenberechnungs-Tool geschätzten wirtschaftlichsten Prei-
ses beträgt 1,1 %.
Eine weitere Möglichkeit bei der Anwendung des Tools ist die Darstel-
lung der Positionen, für die der größte Einfluss auf die Gesamtkosten
prognostiziert werden kann. Diese Identifizierung erfolgt durch ihren
jeweiligen Beitrag zur Varianz (Sensitivitätsanalyse). Im vorliegenden
Validierungsprojekt in Bild 6 ist bspw. die Belüftung die Position,
die den größten Einfluss auf den Gesamtpreis aufweist. Im rechten
Bereich der Grafik ist darüber hinaus der Gesamtanteil der 16 identi-
fizierten Positionen an den Gesamtkosten des Projekts dargestellt, die
in Summe 82,93 % der Gesamtkosten ausmachen. Somit wird mithilfe
199
200
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

Bild 6.  Ergebnis der Sensitivitätsanalyse (16 Positionen) als prozentualer Beitrag zur Varianz für das Validierungsprojekt
einschließlich Anteil an der Gesamtsumme des Projekts
I.  Entwicklung eines Kostenmodells zur ­exakteren Abschätzung der Herstellkosten

dieser Sensitivitätsanalyse schon in einer sehr frühen Projektphase


ermöglicht, die für das individuelle Projekt wichtigsten Positionen
zu identifizieren. Folglich sollte diesen Positionen z. B. im Rahmen
eines begleitenden Risikomanagements besondere Aufmerksamkeit
gewidmet werden.

5 Zusammenfassung
Ziel der Untersuchungen war die Entwicklung eines anwendbaren
Kostenmodells zur genaueren Abschätzung der Herstellkosten von
Tunnelbauwerken. Die Ergebnisse für die geschlossene Bauweise
wurden bereits in Teil 1 dieses Beitrags in Ausgabe 2019 des Ta-
schenbuchs für den Tunnelbau aufgezeigt [1]. Einschließlich der hier
vorgestellten Ergänzung um die Kosten für die offene Bauweise und
die betriebstechnische Ausstattung wird aufgezeigt, dass eine exakte-
re Abschätzung der Kosten möglich ist, da die vorgestellten dynami-
schen Modelle Unsicherheiten berücksichtigen können.
Der abschließende direkte Vergleich der Validierung der geschlos-
senen Bauweise aus Teil 1 und der Validierung aus diesem Teil 2 der
betriebstechnischen Ausstattung in Tabelle 5 zeigt außerdem, dass bei
zwei unabhängigen Validierungen jeweils ein sehr exaktes Ergebnis
erzielt werden konnte.
Um auch weiterhin annähernd genaue Kostenprognosen treffen zu
können, ist eine regelmäßige Aktualisierung der Modelle einschließ-

Tabelle 5.  Vergleich der Berechnungsergebnisse mit dem jeweiligen


Submissionsergebnis

Geschlossene Betriebstechnische
Bauweise (Teil 1) Ausstattung (Teil 2)

Ergebnisvergleich
Kostendiagramm mit +43 % +6 %
Submissionsergebnis

Ergebnisvergleich
Kostenber­echnungstool mit +3 % +1,1 %
Submissionsergebnis

201
Vertragswesen und betriebswirtschaftliche Aspekte

lich weiterer Validierungen bei gleichzeitiger Vergrößerung der Da-


tengrundlage von hoher Relevanz. Auch gilt es, zukünftig Risiken und
deren monetäre Auswirkungen besser abbilden und damit in einer
frühen Phase der Planung berücksichtigen zu können. Diese sind na-
turgemäß mit einer nicht unerheblichen Unsicherheit und Unschärfe
versehen. Deshalb ist hierzu die umfassende Analyse vergangener
und die Begleitung laufender und zukünftiger Projekte anzustreben.
Entsprechende Aktivitäten wurden bereits angestoßen und befinden
sich derzeit in Bearbeitung.

Literatur
[1] Thewes, M. et al. (2019) Entwicklung eines Kostenmodells zur exakteren
Abschätzung der Herstellkosten von Tunnelbauwerken – Teil 1. Taschen-
buch für den Tunnelbau 2019. Ernst & Sohn, Berlin.
[2] RABT 2006 (2006) Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von
Straßentunneln. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen
(FGSV), Köln.
[3] E-RABT 2016 (Entwurf 2016) Empfehlungen für die Ausstattung und den
Betrieb von Straßentunneln. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Ver-
kehrswesen (FGSV), Köln (noch nicht veröffentlicht).
[4] ZTV-ING Teil 5 (2018) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und
Richtlinien für Ingenieurbauten. Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).
[5] STUVA  – Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e. V.
(1996) Straßenquerschnitte in Tunneln, Ermittlung der Tunnelbaukosten.
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesministeriums für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen, FE-Nummer: 02.178/1997/FR.
[6] BMVBW – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
(2000) Straßenquerschnitte in Tunneln. Forschung Straßenbau und Stra-
ßenverkehrstechnik 785, Bonn.
[7] DIN 18300 (2016) VOB – Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistun-
gen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen
(ATV) – Erdarbeiten. Beuth, Berlin.
[8] DIN 4020 (2010) Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwe-
cke – Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-2. Beuth, Berlin.
[9] DIN 1054 (2010) Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grund-
bau – Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1. Beuth, Berlin.
[10] HOAI (2013) Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingeni-
eurleistungen – Band 2. Beuth, Berlin.

202
Praxisbeispiele
I. Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere
Herausforderungen beim Vortrieb des
­Albvorlandtunnels
Jens Hallfeldt, Michael Frahm, Dieter Kirschke, Andreas Groten
Nachstehender Beitrag gibt einen Einblick in die herausfordernden Spritzbe-
ton- als auch maschinellen Vortriebe am Albvorlandtunnel. Es wird sowohl
auf den Baubetrieb als auch auf das Ausbruch- und Verformungsverhalten
der Vortriebe eingegangen. Konditionierung und Verklebung, Unterfahrung
der Bundesautobahn (BAB) A8, Tunnelvortriebsmaschinen-Logistik als auch
die Herstellung der Verbindungsbauwerke werden beim maschinellen Vortrieb
besonders beleuchtet. Auch der komplizierten Entsorgung des pyrithaltigen
Ausbruchmaterials ist ein Abschnitt gewidmet.
Tunnelling the Black Jura – Special challenges in heading the
­Albvorlandtunnel
The following article gives a deep insight into the challenging shotcrete and
mechanical tunnelling of the Albvorlandtunnel. It deals with the construction
operation as well as the excavation and deformation behaviour of the tunnel-
ling. Conditioning and adhesion, heading of the federal motorway A8, TVM lo-
gistics, as well as the construction of the cross cuts are particularly highlighted
during mechanical tunnelling. A chapter is also dedicated to the complicated
disposal of the excavated material containing pyrite.

1 Einführung
Die Neubaustrecke (NBS) Wendlingen–Ulm ist Teil des Bahnpro-
jekts Stuttgart–Ulm. Die rund 60 km lange NBS verläuft zwischen
Neckar und Donau etwa zur Hälfte in Tunneln. Um den Flächenver-
brauch so gering wie möglich zu halten, wird die Schnellfahrstrecke
weitestgehend in paralleler Lage zur Autobahn A8 gebaut [1]. Der

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

203
Praxisbeispiele

Albvorlandtunnel (8.176 m) ist nach dem Boßlertunnel (8.806 m) der


zweitlängste Tunnel der NBS und insgesamt einer der längsten im
Bau befindlichen Eisenbahntunnel Deutschlands. Er verläuft in zwei
Röhren zwischen den Städten Wendlingen am Neckar und Kirchheim
unter Teck vollständig in der geologischen Formation des Schwarz-
juras. Der Tunnel wird vom Westportal aus in Spritzbetonbauweise
und vom Ostportal in maschineller Bauweise mit zwei Tunnelvor-
triebsmaschinen (TVM) vorgetrieben.
Im Bereich der Gemarkung Dettingen bei Kirchheim unter Teck
befindet sich die Baustelleneinrichtung (BE) Ost neben der Auto-
bahn direkt am Ostportal. Von hier aus erfolgen die zwei Vortriebe
gleichzeitig mit zwei TVM in Richtung Stuttgart. Die Installationen
auf der BE-Fläche Ost sind für die Versorgung der beiden Vortriebe
eingerichtet. Außerdem erfolgt hier der Umschlag der Ausbruch-
massen zum Abtransport und die Lagerung der Tübbinge aus dem
Tübbing-Produktionswerk, das sich auf der gegenüberliegenden Au-
tobahnseite befindet.
Im Bereich Wendlingen befindet sich die BE West. Von hier erfolgen
die Spritzbetonvortriebe der beiden Röhren des Albvorlandtunnels,
des aus der Nordröhre des Albvorlandtunnels abzweigenden Tun-
nels der Güterzuganbindung (GZA-Tunnel), des die Bundesautobahn
(BAB) unterquerenden Tunnels (GZA-BAB-Tunnel), des Tunnels der
Kleinen Wendlinger Kurve (KWK-Tunnel) und des Tunnels der Gro-
ßen Wendlinger Kurve (GWK-Tunnel).
Sowohl die GZA als auch die Wendlinger Kurve dienen der Anbin-
dung der bestehenden Bahnstrecke Neckartalbahn, die von Stuttgart
über Plochingen nach Tübingen und Reutlingen führt, an die NBS.
Die Vortriebsarbeiten des nur 175 m langen GZA-BAB-Tunnels un-
ter der Autobahn und des KWK-Tunnels mit 494 m Länge haben
im Frühjahr 2019 begonnen. Die Herstellung des GWK-Tunnels mit
755 m Länge ist für die Jahre 2021/2022 vorgesehen. Da für diese drei
Tunnel nur wenig oder noch keine Erfahrungen aus der Ausführung
vorliegen, sind sie kein Gegenstand des vorliegenden Beitrags.

204
Content deleted for legal reasons
Praxisbeispiele

Über den aktuellen Stand der Arbeiten der Vortriebe am Albvorland-


und am GZA-Tunnel sowie über die besonderen Herausforderungen
bei der Herstellung des Albvorlandtunnels und über die bei der Um-
setzung gewonnenen Erfahrungen wird nachstehend berichtet.
Neben den logistischen Herausforderungen für dieses Mammut-
projekt sowie den Erfahrungen beim Vortrieb im Schwarzjura mit
maschinellem Tunnelvortrieb und Spritzbetonbauweise wird insbe-
sondere auf den Umgang mit dem Tunnelausbruchmaterial aufgrund
der geogenen Vorbelastungen des Schwarzjuras und der nicht aus-
reichenden Entsorgungsmöglichkeiten in Baden-Württemberg sowie
auf die unerwartet guten Erfahrungen mit dem Verklebungsverhalten
eingegangen.

2 Geologische Formation Schwarzjura


Als Schwarzer Jura (200–178 Millionen Jahre v. Chr.) wird in der
Erdgeschichte die unterste der drei lithostratigrafischen Gruppen
des Süddeutschen Jura (Weißer Jura, Brauner Jura, Schwarzer Jura)
bezeichnet. Er ist erdgeschichtlich dem Mesozoikum bzw. dem Erd-
mittelalter zuzuordnen. Im Schwarzen Jura sind besonders das sul-
fidische Mineral Pyrit (Verbindung aus Eisen und Schwefel, FeS2,
umgangssprachlich: Narrengold, Katzengold) und die international
bekannten Funde von gut erhaltenen Fisch- und Paddelechsen, Am-
moniten und Seelilien zu finden, die im Naturkundemuseum in Holz-
maden oder in Stuttgart begutachtet werden können. Die Benennung
erfolgte aufgrund der dunklen Verwitterungsfarben der Gesteine des
Schwarzen Juras infolge des biologischen Abbaus (sauerstofffreie To-
deszone) am Meeresboden des Jura-Meeres, durch Fäulnisbildung
am Boden und Bildung von Schwefelwasserstoff. Der Schwarze Jura
besteht überwiegend aus dunklen Sandsteinen, Tonen, Mergeln und
Kalken.

206
Content deleted for legal reasons
Praxisbeispiele

3 Vortriebe in Spritzbetonbauweise
Der Vortrieb der Nordröhre des Albvorlandtunnels und des
GZA-Tunnels (Güterzuganbindung an den Albvorlandtunnel) erfolg-
te in vier Phasen (Bild 1):
–– Phase 1 (134 m): Kalottenvortrieb der Nordröhre vom Portal bis
zum Anbindungsbauwerk, anschließend Nachziehen der Strosse/
Sohle,
–– Phase 2 (173 m): Kalottenvortrieb im Ulmenstollen im Anbin-
dungsbauwerk bis zur späteren Durchschlagswand des TVM-Vor-
triebs aus dem Ostportal, anschließend Nachziehen der Strosse/
Sohle,
–– Phase 3 (121 m): Aufweitung des Anbindungsbauwerks als Kalot-
tenvortrieb in entgegengesetzter Richtung, also Richtung Portal
West, und Nachziehen der Strosse/Sohle,
–– Phase 4 (196 m): Kalottenvortrieb des GZA-Tunnels vom Portal
bis zum Anbindungsbauwerk, anschließend Nachziehen der
Strosse/Sohle.
Alle Vortriebe wurden mit einer geteilten Ortsbrust (vorlaufende Ka-
lotte und anschließende Strosse/Sohle) hergestellt. Je nach Zustand
der Ortsbrust wurde die Kalotte nochmals in Teilflächen ausgebro-
chen und gesichert.

Bild 1.  Die Vortriebsphasen für das Anbindungsbauwerk (DB PSU)

208
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

3.1 Baustelleneinrichtung BE West


Die Baustellenzufahrt des Baufelds BE West erfolgt sowohl über eine
Zufahrt aus Richtung der Stadt Wendlingen als auch über eine bau-
zeitliche Autobahnausfahrt der BAB A8 aus der Fahrtrichtung Ulm
nach Stuttgart fahrend (Bild 2 und 3). Für die Zufahrtskontrolle wur-
den Schranken mit einem Pförtnerdienst errichtet, um Unbefugten
den Zutritt zum Baufeld zu verwehren. Die in Baden-Württemberg
bei Tunnelarbeiten mittlerweile zwingend vorzuhaltende Rettungs-
wehr hat an der westlichen Baustellenzufahrt ihre Leitstelle und über-
nimmt gleichzeitig den Pförtnerdienst. Eine bauzeitliche Auffahrt
vom Baufeld auf die Autobahn in Fahrtrichtung Ulm ist ebenfalls mit
einer Schranke, die mit einer Kontaktschleife versehen ist und somit
ohne Pförtnerdienst auskommt, gesichert. Um vom Baufeld ausgetra-
gene Verschmutzungen auf öffentlichen Straßen zu minimieren, wur-
de eine Reifenwaschanlage vor der Baustellenausfahrt installiert. Auf
dem Baufeld befinden sich neben den Büroeinrichtungen des Auftrag-
gebers und Auftragnehmers auch das Wohnlager der gewerblichen
Mitarbeiter sowie ausreichende Parkmöglichkeiten. Alle Container-
anlagen sind mit Brandmeldeanlagen ausgestattet, die sowohl mit der
Leitstelle der Rettungswehr als auch direkt mit der Feuerwehr verbun-
den sind. Als Anlaufstelle für Rettungskräfte im Ereignisfall ist auf der
BE West der Lotsenpunkt 800 eingerichtet, beschildert und mit den
Rettungskräften abgestimmt. Im Falle einer Alarmierung empfängt
ein Lotse der Rettungswehr die Einsatzkräfte am Lotsenpunkt und
führt sie zur Stelle des Ereignisses. Ein Rettungsplatz schließt sich an
die Baubüros an. Diese Fläche ist ausreichend groß bemessen, um eine
Rettung per Helikopter zu ermöglichen.
Zur Wartung und Instandsetzung von Maschinen ist eine Werkstatt
auf dem Baufeld eingerichtet. Neben Reparaturarbeiten findet dort
die Materialvorhaltung statt. Größere Baumaterialien werden auf der
dafür vorgesehenen Lagerfläche vorgehalten. Vorbereitungen für ein
Sprengstofflager auf der Baustelle wurden getroffen. Die Herstellung
des Spritz- und Ortbetons erfolgt direkt auf der Baustelle. Hierzu
wurde eigens eine Mischanlage mit Zementsilos aufgestellt und La-
germöglichkeiten für die Zuschlagstoffe geschaffen. Der im Zuge der
Baumaßnahmen bereits abgetragene Oberboden und der sog. kultur-

209
Praxisbeispiele

fähige Unterboden wird in Mieten mit Höhen von 2 bzw. 5 m auf und
in unmittelbarer Nähe des Baufelds für die spätere Wiederverwen-
dung gelagert. Das Volumen der Bodenmieten beträgt insgesamt ca.
39.000 m3 und bedeckt die Größe von sechs Fußballfeldern. Weiteres
Aushubmaterial mit einem Gesamtvolumen von ca. 12.000 m3, das zu
einem späteren Zeitpunkt für die Verfüllarbeiten wiederverwendet
wird, wird ebenfalls zwischengelagert. Das für den Abtransport vor-
gesehene Tunnelausbruchmaterial wird auf der Bereitstellungsfläche
bis zum Abtransport mit Lkw zwischengelagert und ggf. aufbereitet.
Um die Sicherheit im Bereich der Tunnel zu gewährleisten, wurde ein
Personenerfassungssystem installiert. Damit kann jederzeit nachvoll-
zogen werden, wie viele Personen sich im Tunnel befinden. Die Regis-
trierung der Personen erfolgt an den jeweiligen Tunnelportalen über
ein elektronisches Meldemedium und Abgleich mittels Videoüberwa-
chung. Für die obertägige Kommunikation ist die Baustelle mit Tele-

Bild 2.  Baustelleneinrichtungsplan des Baufelds BE West (Implenia AG)


210
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

fonanlagen an das öffentliche Netz angeschlossen. Untertägig erfolgt


die Kommunikation über Funk. Aufgrund der geringen Tunnellängen
kann die Funkkommunikation auf der BE West über Richtfunkanten-
nen erfolgen. Die Tunnelröhren sind mit Alarmsystemen ausgestattet,
die bei Alarmierung sowohl optische als auch akustische Signale sen
den.
Die Frischwasserversorgung der Baustelle erfolgt über das öffentliche
Versorgungsnetz. Sowohl die Trinkwasserentnahmen in den Büros,
Tagesunterkünften und im Wohnlager als auch die Speisung von Puf-
ferbecken mit der Brauchwasserversorgung für den Tunnel und die
BE erfolgen über diese Leitung. Die Abwasserreinigung des Baufelds
West läuft über eine eigens dafür eingerichtete Gewässerschutzanlage
(GSA). Die Oberflächenwässer werden in kleineren lokalen Absetz-
becken gesammelt und über ein Ölfangbecken in das kombinierte
Regenrückhalte- und Absetzbecken mit einem Volumen von 950 m3
eingeleitet. Von dort erfolgt bei Einhaltung der Grenzwerte für die
Einleitparameter die Einleitung in die Vorflut (Neckar). Ansonsten
wird das Wasser in die drei nacheinander geschalteten Absetzbe-
cken der GSA mit Ölfang und Neutralisation geleitet, um von dort

Bild 3.  Baufeld BE West aus der Luft (BSU Multimedia)

211
Praxisbeispiele

bei Einhaltung der Grenzwerte in die Vorflut eingeleitet zu werden.


Das gesammelte Oberflächenwasser und das Wasser aus den Tun-
nelvortrieben werden in zwei dafür vorgesehene Erdabsetzbecken
eingeleitet, bevor es über die GSA in die Vorflut oder Kanalisation
eingeleitet wird.

3.2 Vortrieb der Nordröhre des Albvorlandtunnels –


Ausbruch- und Verformungsverhalten
Aufgrund der geringen Gesteinsfestigkeit, insbesondere in der Ein-
gangsstrecke und im Bereich geringer Überdeckung, kam als Löseme-
thode für den konventionellen Vortrieb alternativlos nur der Abbau
mit einem Tunnelbagger in Betracht (Bild 4). Der Einsatz einer Teil-
schnittmaschine wäre nicht nur gerätemäßig teurer, sondern auch
wegen der Neigung des Mergelsteins zum Verkleben sehr störanfällig
gewesen. Ein Sprengvortrieb wäre wegen der geringen Abschlagslän-
ge unwirtschaftlich und wegen der Erschütterungen außerdem ge-
fährlich für die Standsicherheit des Hohlraums gewesen. Der einge-
setzte Tunnelbagger der 44-t-Klasse war hinsichtlich seiner Reißkraft
und Abbauleistung, vor allem aber auch mit seiner Fähigkeit zum
profilgenauen Ausbruch der Kontur für diesen Vortrieb bestens geeig-
net. Bei der Schaufel wurde je nach Einsatzstelle zwischen einer
schmalen Schaufel mit nur zwei Reißzähnen und einer breiteren mit
fünf Zähnen gewechselt.
Der Vortrieb wurde mit dem Öffnen der die Baugrube begrenzen-
den Bohrpfahlwand in mehreren Teilquerschnitten begonnen. An-
gesichts der hier geringen Festigkeit des oberflächennahen Lockerge-
steins und des darunter anstehenden stark verwitterten Gesteins des
Schwarzjuras musste jeder Teilausbruch gesondert gesichert werden.
Zunächst beschränkte sich der Vortrieb auf die Tunnelkalotte, der in
der Eingangsstrecke im Schutze eines vorab von der Baugrube aus
hergestellten Rohrschirms durchgeführt wurde (vgl. Bild 1, Phase 1).
Bis zum Ende des ersten Rohrschirms konnte die Unterteilung in viele
Teilquerschnitte auf drei Teilausbrüche reduziert werden. Als Schutz
vor dem Nachbrechen des noch immer in die Kalotte reichenden Lo-
ckergesteins und später des weiterhin stark verwitterten Mergelsteins
wurden über weitere 100 m Rohrschirme eingebaut. Dies erforderte
212
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Bild 4.  Tunnelbagger bei Vortriebsarbeiten im Albvorlandtunnel


(Prof. Kirschke)

jeweils eine Aufweitung des Ausbruchquerschnitts. Erst bei Tunnel-


meter (TM) 109 konnte auf eine leichtere voreilende Sicherung in
Form von 4 m langen, in Bohrlöcher eingetriebene Rohrspieße über-
gegangen werden. Die Sicherung gegen Nachbruch wurde bis zum
Vortriebsende bei TM 307 beibehalten, mit zunehmender Gebirgs-
güte aber auf den firstnahen Bereich reduziert. Die Abschlagslänge in
der Kalotte lag durchgehend bei 1,20 m.
Bei TM 25 wurde auf das bis dahin eingebaute Kalottensohlgewölbe
verzichtet, weil sich die Gebirgsgüte in Höhe der Kalottenfüße mit
zunehmendem Abstand zur Felsoberfläche deutlich verbessert hatte.
Das Gestein hatte nicht mehr die für starke Verwitterung typische
gelbliche Färbung, sondern war grau. Diese Entscheidung, die einen
schnelleren Vortrieb ermöglichte, war insofern nicht falsch, als es an
keiner Stelle zu einem grundbruchartigen Nachgeben des Gebirges
unter den verbreiterten Kalottenfüßen gekommen ist. Allerdings ha-
ben die Verformungen im Tunnel ab dem Entfall des Sohlgewölbes
deutlich zugenommen und überschritten häufig die aufgrund stati-
scher Nachweise vorgegebenen Aufmerksamkeits- und Alarmwerte.
Die größeren Verformungen hatten offensichtlich zwei Ursachen:

213
Praxisbeispiele

–– Die Senkung der Kalottenfüße beruhte auf einem Aufweichen des


nach wie vor wasserempfindlichen Gesteins unter der Aufstands-
fläche.
–– Die starke Querverschiebung nach innen (horizontale Konver-
genz) war die Folge der entfallenen Aussteifung in Verbindung
mit einem höheren Seitendruck als angenommen. Die statischen
Nachweise hatten sogar eine Bewegung nach außen (Divergenz)
ergeben, deren Größe naturgemäß nicht von der Aussteifung
durch eine Kalottensohle abhing.
Die Verformungen im Tunnel und die Oberflächensenkungen infolge
des Kalottenvortriebs lagen überwiegend in folgenden Bandbreiten:
Firstsenkung:
–– Mit Kalottensohlgewölbe 7 bis 13 mm,
–– Ohne Kalottensohlgewölbe 7 bis 28 mm.
Senkung Kalottenfüße:
–– Mit Kalottensohlgewölbe 6 bis 14 mm,
–– Ohne Kalottensohlgewölbe 5 bis 21 mm.
Querverformung Kalottenfüße (nach innen):
–– Mit Kalottensohlgewölbe 0 bis 9 mm,
–– Ohne Kalottensohlgewölbe 5 bis 15 mm.
Oberflächensenkungen:
–– Von 25 mm hinter der Anschlagwand allmählich abnehmend auf
5 mm nach 50 m, bis TM 150 gleichbleibend.
–– Nach TM 150 wurden die vortriebsbedingten Verformungen nur
noch an Messquerschnitten im Tunnel beobachtet.
Nach dem Erreichen der Station TM 125 wurde der Kalottenvortrieb
für das rückschreitende Nachnehmen der Strosse und Sohle unter-
brochen. Hierbei wurde einheitlich eine Abschlagslänge von 2,40 m
ausgeführt. Durch diese relativ geringe Abschlagslänge konnten die
zusätzlichen Verformungen sowohl vertikal als auch horizontal in der
Größenordnung weniger Millimeter gehalten werden. Auch die Stre-
cke, in der beim Kalottenvortrieb größere Verformungen aufgetreten

214
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

waren, konnte so ohne weitere Grenzwertüberschreitungen sicher


unterfangen werden.

3.3 Vortrieb des Anbindungsbauwerks – Ausbruch- und


Verformungsverhalten
Ab TM 145 wechselt der Tunnelquerschnitt der Nordröhre von der
Kreisform sprungartig in einen doppelt so breiten, unsymmetrischen
Korbbogen (Bild 5). An dieser Stelle liegen im Endzustand zwei Tun-
nelröhren direkt nebeneinander: Das Gleis Ulm–Stuttgart der NBS
(Nordröhre des Albvorlandtunnels) und die GZA in Richtung Wend-
lingen. Der große Tunnelquerschnitt wird nach Osten über ca. 120 m
immer kleiner, bis er wieder in den Regelquerschnitt der NBS über-
geht. Dieser wird noch 40 m in der Spritzbetonbauweise fortgesetzt,
wo der Durchschlag und die Demontage der vom Osten kommenden
TVM stattfinden sollen.
Die als Anbindungsbauwerk bezeichnete, sich trompetenförmig ver-
jüngende Tunnelstrecke erfordert eine mehrfache Querschnittsunter-
teilung. Bei TM 145 wurde auf einen Seitenstollen auf der Südseite der
Nordröhre gewechselt, der schmaler als der bisherige Ausbruchquer-
schnitt ist. Zunächst wurde die Kalotte des Seitenstollens bis zum
Wechsel in den breiten Regelquerschnitt und weiter bis zur künftigen

Bild 5.  Anbindungs­
bauwerk
  (Prof. Kirschke)
215
Praxisbeispiele

Durchschlagsstelle aufgefahren. Als nächster Schritt folgte die Besei-


tigung der beim Querschnittswechsel entstandenen Abschrägungen
am Ende und am Anfang des Anbindungsbauwerks. Danach wurde
die Strosse/Sohle nachgenommen. Anschließend wurde mit umge-
kehrter Vortriebsrichtung die Aufweitung des Ulmenstollens auf den
endgültigen Querschnitt des Anbindungsbauwerks durchgeführt, be-
ginnend mit der Kalotte. Dabei nahm der Ausbruchquerschnitt von
Abschlag zu Abschlag zu, bis er schließlich an der Stirnwand der Ab-
zweigungsstelle endete. Den Abschluss des konventionellen Vortriebs
in der Nordröhre bildeten Ausbruch und Sicherung von Strosse und
Sohle der Aufweitung, ebenfalls von Ost nach West.
Der Vortrieb des Anbindungsbauwerks wurde begünstigt durch die
deutliche Verbesserung der Gebirgsverhältnisse. Der Mergelstein
zeigte sich überwiegend unverwittert und wenig zerlegt. Zur plan-
mäßig vorgesehenen, voreilenden Sicherung mit Rohrspießen ist eine
zunächst nicht geplante Ortsbrustankerung hinzugekommen, nach-
dem sich zu Beginn des Seitenstollenvortriebs zwei größere Nach-
brüche aus der Ortsbrust ereignet hatten. Die hierfür maßgebenden,
in den Hohlraum einfallenden Klüfte blieben zwar eine Ausnahme,
doch sollte angesichts der folgenden Aufweitung jede Vorschädigung
des Gebirges durch Nachbrüche verhindert werden. Die anfängliche
Zahl von zehn jeweils 12 m langen Injektionsbohrankern wurde aber
schrittweise bis auf drei Stück reduziert.
Die Verformungen beim Vortrieb des Anbindungsbauwerks lagen in
folgenden Bandbreiten:
Kalotte Ulmenstollen:
–– Firstsenkung 9 bis 26 mm,
–– Senkung Kalottenfüße 2 bis 27 mm,
–– Querverformung Kalottenfüße (nach innen) 1 bis 10 mm.

4 Vortriebe in maschineller Bauweise


Die beiden maschinellen Vortriebe mit EPB-Schildmaschinen erfol-
gen von der BE Ost. Die beiden eingesetzten TVM wurden vor ih-
rem Einsatz auf die Namen Wanda und Sybille getauft (Bild 6). Die

216
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Bild 6.  Die TVM Wanda


  (Herrenknecht AG)

Südröhre wird mit Wanda (Wendlingen am Neckar durchs Albvor-


land, 7.978 Vortriebsmeter) und die Nordröhre mit Sybille (7.641 Vor-
triebsmeter) aufgefahren. Sibylle erhielt ihren Namen aufgrund der
lokalen Sage von der Sibylle von der Teck. Beide Namen wurden im
Rahmen von Wettbewerben mit den ansässigen Zeitungen, Schulen
und Bürgern ausgelobt. Wanda startete ihren Vortrieb am 27.10.2017,
Sybille am 04.12.2017.

4.1 Baustelleneinrichtung BE Ost


Das Baufeld Ost (Bild 7 und 8) verfügt über drei mit Schranken und
Zufahrtskontrollen versehene Zugänge, wovon zwei der Zugänge
über bauzeitliche Baustellenabfahrten direkt von der BAB A8 erreicht
werden können. Die dritte Zufahrt erfolgt über die in unmittelbarer
Nähe liegende Bundesstraße B 465. Durch diese Anschlüsse ist das
Baufeld Ost für alle vier Fahrtbeziehungen an die Autobahn ange-
schlossen. Die Schranken der Baustellenausfahrten sind mit Kontakt-
schleifen versehen. Um Verschmutzungen außerhalb des Baufelds zu
reduzieren, sind auf der BE Ost zwei Reifenwaschanlagen außerhalb
der Bereitstellungsfläche für das Tunnelausbruchmaterial angesiedelt.

217
Praxisbeispiele

Auf dem Baufeld befinden sich Büroeinrichtungen des Auftraggebers


und Auftragnehmers sowie Tagesunterkünfte. Alle Containeranlagen
sind mit Brandmeldeanlagen ausgestattet, die mit der Leitstelle im
Westen und direkt mit der Feuerwehr verbunden sind. Für die obertä-
gige Kommunikation ist die Baustelle mit Telefonanlagen an das öf-
fentliche Netz angeschlossen. Untertägig erfolgt die Kommunikation
über Funk oder DECT-Telefone. Als Anlaufstelle für Rettungskräfte
im Ereignisfall ist auf der BE Ost ebenfalls ein Lotsenpunkt eingerich-
tet, beschildert und mit den Rettungskräften abgestimmt. Für Repara-
turarbeiten der Maschinen und Materialvorhaltung wurden eine

Bild 7.  Baustelleneinrichtungsplan des Baufelds BE Ost


(Implenia Construction GmbH)

Bild 8.  Baufeld BE Ost aus der Luft (BSU Multimedia)


218
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Werkstatt und ein separates Magazin eingerichtet. Größere Materia-


lien werden auf den dafür ausgewiesenen Lagerflächen vorgehalten.
Die Energieversorgung der Baustelle erfolgt über einen Anschluss an
eine 110-kV-Mittelspannungsfreileitung. Baustellenseitig besteht die
Anlage aus einer Übergabestation und der erforderlichen Anzahl an
Transformatoren. Zusätzlich wird ein Notstromgenerator vorgehal-
ten.
Das am Tunnelportal installierte Personenerfassungssystem funktio-
niert wie bereits bei BE West beschrieben.
Die Frischwasserversorgung des Baufelds Ost erfolgt über das öffent-
liche Versorgungsnetz. Das Wasser wird von zwei Entnahmepunk-
ten zum Baufeld geführt. Der temporäre Spitzenbedarf bei hohen
Vortriebsleistungen bzw. hohem Konditionierungsbedarf wird über
zusätzliche Tankfahrzeuge sichergestellt.
Die Entwässerung auf dem Baufeld Ost ist als offene Wasserhaltung
ausgelegt. Es kommen insgesamt drei Wasseraufbereitungsanlagen
zum Einsatz. Die Oberflächenwässer der BE Ost werden einer der
GSA zugeführt. Die Wässer der Bereitstellungsfläche für das Tunnel­
ausbruchmaterial werden in Regenrückhaltebecken gepuffert und
nachlaufend in einer weiteren GSA aufbereitet. Die dritte GSA erhält
primär die Wässer aus dem Tunnel sowie von der Tübbing-Lager-
fläche. Im Wesentlichen besteht jede der drei GSA aus Erdbecken,
Flockungsanlage, Schrägklärer, weiteren Absetzbecken, Kiesfilter und
Neutralisationsanlage. Die in den GSA zurückbleibenden Schlamm-
mengen werden mittels Kammerfilterpresse entwässert, sodass der
eingedickte Schlamm getrennt vom Filtratwasser entsorgt werden
kann.
Das Tunnelausbruchmaterial wird auf der Bereitstellungsfläche
zwischengelagert und bei Erfordernis für den Transport mit Kalk
aufbereitet. Das Material gelangt von den beiden TVMs über zwei
Förderbänder zur Bereitstellungsfläche. Am Ende der beiden Förder-
bandanlagen sind Abwurftürme installiert, die das Material großflä-
chig verteilen. Die Bereitstellungsfläche bietet Platz für ca. 45.000 m3
lose gelagertes Ausbruchmaterial. Zur Reduzierung der Staubemissi-
on wurde im eine automatische Sprinkleranlage eingerichtet.
219
Praxisbeispiele

Die Tübbing-Lagerfläche im Anschluss an das ursprünglich zur


Verfügung gestellte Baufeld bietet Platz für ca. 9.000 Segmente. Die
Ein- und Auslagerung der Tübbinge erfolgt über drei automatische
Portalkrane. Um die Versorgung der TVMs mit Ringspaltmörtel rund
um die Uhr sicherzustellen, befinden sich auf dem Baufeld Ost zwei
Mischanlagen.

4.2 Maschinelle Vortriebe – Ausbruch- und


­Verformungsverhalten
Der Tunnelanschlag und der Vortrieb in der Eingangsstrecke fanden
in stark verwittertem Gebirge mit minimaler Festigkeit und hoher
Verformbarkeit statt. Der Start mit gefüllter Abbaukammer nach dem
Durchfahren der Anschlagswand war ebenso vorgeschrieben wie der
anschließende Vortrieb in der Vortriebsklasse 4 (VK4) mit gefüllter
Abbaukammer, da sich der erste Teil der Vortriebsstrecke unter der
Autobahn befand. Allerdings gestaltete sich der Gesamtvorgang des
Vortriebsbeginns mit den verschiedenen Zwischenstadien und Um-
baumaßnahmen schwieriger als erwartet. Eine vollständige, kraft-
schlüssige Verfüllung des Ringspalts, die in dieser Phase schlecht zu
kontrollieren ist, ist offenbar zunächst nicht gelungen. Dementspre-
chend kam es zu größeren Oberflächensenkungen von bis zu 35 mm.
Da dies zu keinen Schäden führte, ist nur die Größe der Senkung als
Indikator für die fehlende Eigentragfähigkeit des Bodens bemerkens-
wert. Darüber hinaus führten die anfänglichen Vermörtelungspro-
bleme dazu, dass diesem Aspekt danach und auf Dauer besondere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Bei gefüllter Abbaukammer ist naturgemäß keine geologische An-
sprache der Ortsbrust und Feststellung der Profilgenauigkeit des
Ausbruchquerschnitts möglich. Begehungen können nur nach vorhe-
riger Absenkung der Erdbreifüllung unter Druckluft stattfinden, üb-
licherweise nur bei Bedarf nach Werkzeuginspektion bzw. -wechsel.
Bei diesen Gelegenheiten wurden bisweilen größere Überprofile der
Kontur und Ausbrüche an der Ortsbrust festgestellt. Mit fortschrei-
tendem Vortrieb und Abtauchen des Tunnels wurde der Ausbruch
aber profilgenauer und die Ortsbrust standfester. Die Oberflächen-
senkungen gingen rasch auf Werte unter 10 mm zurück.
220
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Ein probeweise durchgeführter Vortrieb in der VK2 ohne gefüllte Ab-


baukammer, aber mit Druckluft, ermöglichte eine häufigere Inspek-
tion der Ortsbrust. Auch in diesem Betriebszustand erwies sich die
Ortsbrust als weitgehend standfest und profilhaltig. Allerdings waren
die Randbedingungen für die Mörtelverfüllung des Ringspalts bei
nicht gefüllter Abbaukammer anders als zuvor. Dies dürfte der Grund
für langanhaltende Oberflächensenkungen bis 20 m hinter der TVM
gewesen sein. Die maximale Senkung betrug 30 mm. Entweder fehlte
der Mörtel, oder er hatte nicht abgebunden und konnte die Senkung
der Überdeckung nicht verhindern. Mit der Umstellung zurück zur
VK4 verlief der Vortrieb wieder regulär, mit Oberflächensenkungen
von ca. 5 mm. Dieser Modus wurde für die gesamte, ca. 1.200 m (Süd)
bzw. ca. 1.600 m (Nord) lange Strecke unter der Autobahn beibe-
halten. Mit dem Verlassen der Autobahntrasse endete die spezielle,
auf die Sicherheit des Straßenverkehrs ausgelegte Beobachtung der
Oberflächensenkungen im engen Raster. Angesichts der inzwischen
erreichten Tiefenlage mit einer Überdeckung von mehr als 20 m und
dem Tunnelquerschnitt im unverwitterten Gebirge lagen die nur noch
an wenigen Stellen gemessenen Senkungen bei weniger als 3 mm. In
dieser Größenordnung bedeuteten sie keine schädliche Einwirkung
auf die zunächst noch zu unterfahrenden Bauwerke. Der anschließen-
de Vortrieb verlief unter freiem Feld, wo Senkungen ohnehin keine
Rolle mehr spielen. Nach einer Lernphase mit der Beseitigung logis-
tischer Probleme konnte die Vortriebsleistung von anfangs 5 auf 15
und schließlich 30 m/Tag gesteigert werden. Ein Einfluss der hohen
Vortriebsleistung auf die Größe der Verformungen war nicht festzu-
stellen. Im Gegensatz zur Versuchsstrecke gelingt die Ringspaltverfül-
lung in der VK2 mittlerweile vollständig und hinreichend schnell aus-
steifend. Die Umstellung auf einen Mörtel mit einem Zementgehalt
von 100 bis 150 statt zuvor 50 bzw. 70 kg/m3 hat sich offenbar günstig
ausgewirkt und deckt auch die Erfordernisse einer hohen Vortriebs-
geschwindigkeit ab. Weitere Optimierungsschritte führten schließ-
lich zu einem Mörtelkonzept, bei dem nur bei jedem fünften Ring
ein besonders hoher Zementgehalt zur Anwendung kam. Dies sollte
insbesondere das Aufschwimmrisiko bei hoher Vortriebsgeschwin-
digkeit in Verbindung mit einem verspäteten Ansteifen des Mörtels

221
Praxisbeispiele

verringern. Dazwischen wurde der weniger störanfällige Mörtel mit


geringem Zementgehalt eingesetzt.

4.3 Konditionierung und Verklebungsverhalten


Ein TVM-Vortrieb im Erddruckmodus (VK4) erfordert die Umwand-
lung des abgebauten Baugrunds in einen Erdbrei. Dieser muss ei-
nerseits einen Stützdruck auf die Ortsbrust ausüben, andererseits
eine hinreichende Fließfähigkeit besitzen, um von der Förderschnecke
abgezogen werden zu können. Eine zu flüssige Konsistenz ist dabei
jedoch wegen der Anforderung des Förderbandbetriebs unerwünscht.
Ein zu hoher Wassergehalt beeinträchtigt die Deponierbarkeit und
muss durch Austrocknung oder Kalkung erst wieder beseitigt bzw.
kompensiert werden.
Implenia hat sich für eine Wasserzugabe von ca. 60 m3 je 2 m Vortrieb
entschieden, ergänzt durch eine Schaumkonditionierung unter Ver-
wendung von 300 bis 500 l Tensid. Mangels ausreichend großer La-
gerflächen auf der Baustelle kam eine Reduzierung des Wassergehalts
durch natürliche Austrocknung nicht in Betracht. Stattdessen wurde
eine Kalkung vorgenommen, die nach anfänglichen Versuchen der
Vermischung auf dem Boden durch Erdbaugeräte schließlich mittels
spezieller Separatoren direkt am Austrag der Förderbänder vorge-
nommen wurde (Bild 9).
Mit dem Verlassen der setzungskritischen Strecke direkt unter der
Autobahn konnte der Vortrieb im Erddruckmodus, d. h. mit voll-
ständig gefüllter Abbaukammer, beendet werden. Planmäßig sollte
der Vortrieb ab da überwiegend in der VK1 mit teilgefüllter Abbau-
kammer unter atmosphärischen Bedingungen laufen. Wäre es da-
bei zu Verklebungen am Schneidrad oder auf den Transportwegen
in der Maschine gekommen, sollte ein schädlicher Wasserzustrom
durch eine Beaufschlagung der Arbeitskammer mit Druckluft (VK2)
verhindert werden. Tatsächlich wurde zur Verbesserung der Steu-
erbarkeit der TVM durchgehend ein Druckluftvortrieb ausgeführt,
verbunden mit der Zugabe von Wasser in die Förderschnecke. Da der
bei Wartungsarbeiten und Inspektionen herrschende Zustand ohne
Druckluft keinen nennenswerten Wasserandrang gezeigt hat, wären

222
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Bild 9.  Eingehaustes Förderband mit Kalkung (Prof. Kirschke)

bei Verzicht auf Druckluft die Vortriebsbedingungen hinsichtlich des


Verklebungsverhaltens etwa dieselben gewesen. Zu ernsthaften, den
Vortrieb beeinträchtigenden Verklebungen ist es niemals gekommen.
Gezielte Maßnahmen gegen Verklebung unter Zugabe spezieller che-
mischer Stoffe waren nicht erforderlich und wurden nicht ergriffen.
Die für den Fall der Notwendigkeit solcher Maßnahmen vorgesehene
VK3 musste nicht herangezogen werden.

4.4 Unterfahrung der Bundesautobahn A8 –


Überwachungskonzepte
Für die ca. 1.200 m (Süd) bzw. ca. 1.600 m (Nord) langen Unterfah-
rung der BAB A8 in einem schleifenden Schnitt mit einer minimalen
Überdeckung von nur 8 m musste ein detailliertes Monitoring-Sys-
tem ausgearbeitet und mit dem Straßenbaulastträger, dem Regie-
rungspräsidium Stuttgart, abgestimmt und verabschiedet werden.
Das Monitoring wurde sowohl zur Überwachung der Fahrbahn der
BAB A8 mit einem Abschnitt Überwachungsbereich Fahrbahn als
auch zur Überwachung weiterer zu unterquerender Bauwerke und
Infrastrukturbauten wie Brücken, Bachdüker, Gasleitungen, Straßen
223
Praxisbeispiele

und einer Bahnlinie in einen Abschnitt Überwachungsbereich Bau-


werke konzeptioniert [2].
Für alle baulichen Strukturen wurden Verformungsberechnungen
durchgeführt. In Abstimmung mit den zuständigen Behörden wurden
auf Grundlage dieser Verformungsprognosen, der technischen Pla-
nung sowie der Maßgabe der Aufrechterhaltung von Sicherheit und
Leichtigkeit des Verkehrs Schwellenwerte festgelegt. Neben einem
Aufmerksamkeitswert wurden Alarmwerte und Grenzwerte definiert
und jeweils mit Handlungsketten (Alarmketten) unterlegt. Nachste-
hend werden die Schwellenwerte beispielhaft für den Überwachungs-
bereich Fahrbahn wiedergegeben.
Setzungsdifferenz benachbarter Punkte:
–– Aufmerksamkeitswert: 6 bzw. 8 mm
(für reflektorlose Messungen),
–– Alarmwert: 10 mm,
–– Grenzwert: 20 mm.
Absolute Setzungen:
–– Aufmerksamkeitswert: 15 mm,
–– Alarmwert: 20 mm,
–– Grenzwert: 30 mm.
Dem Erreichen eines Schwellenwerts folgt ein in der jeweiligen
Alarmkette festgelegter Ablauf, wie z. B. intensivere Beobachtung,
Festlegung von Maßnahmen unter Aufrechterhaltung des Vortriebs,
Vortriebsstillstand und Treffpunkt auf der Baustelle bzw. an der Auto-
bahn mit Autobahnmeisterei und -polizei zur Festlegung von Siche-
rungsmaßnahmen der Fahrbahn als auch des Vortriebs.
Die Messungen erfolgten im Längsabstand von 100 m mittels Mess-
stationen mit Tachymetern zur Erfassung der Fahrbahnränder als
auch der Fahrbahn (Bild 10). Alle 25 m wurden in Längsrichtung
Verformungsmessquerschnitte mit je drei Messpunkten gemessen.
Verdichtet wurden diese Messungen im Bereich der direkten Unter-
fahrung der Fahrbahn durch Messpunkte, die alle 5 m entlang der
Tunnelachse gesetzt wurden. Der Fahrbahnrand (innen und außen)
wurde mittels reflektorlosen Messungen im Längsintervall von 50 m
224
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Bild 10.  Messsystem zur Autobahnunterfahrung (DB PSU)

mit Reflexstreifen gemessen. Die Verarbeitung und Weitergabe der


absoluten Verformungen erfolgte in Echtzeit. Zu Beginn der Mes-
sungen kam es wiederholt zu großen Messwertschwankungen, die
z. B. durch vorbeifahrenden Verkehr verursacht wurden. Dies führte
teilweise zu Fehlalarmen mit der Folge, dass sich alle Beteiligten un-
erwartet an der Autobahn wiedersahen. Glücklicherweise ist es wäh-
rend der gesamten Unterfahrung der Autobahn nie zu einem echten
Alarm gekommen.
50 m vor dem Schneidrad erfolgte die Nullmessung. Die automati-
schen Messungen wurden bis 200 m hinter dem Schneidrad oder bis
zum Abklingen auftretender Setzungen durchgeführt. Die Auswer-
tung der relativen Verformungen mittels Längs- und Quermulden
dauerte aufgrund der Referenzierung ca. 25 min je Zyklus. Insgesamt
wurden ca. 300 obertätige Messpunkte entlang des Unterfahrungs-
bereichs mittels des Wander-Monitorings gemessen. Eine besonde-
re Herausforderung stellte das reflektorlose Messen der Fahrbahn
bei Verkehr und Witterung dar. Besonders zu berücksichtigen waren
hierbei entsprechende Schutzmaßnahmen (Schutzplanken, Über-
fahrbarkeit) der Vermessungseinrichtungen in Autobahnnähe.
Die Daten wurden in das verwendete Prozesskontrollsystem TPC
eingespielt und waren jederzeit für die Beteiligten einsehbar.

225
Praxisbeispiele

4.5 Herstellung der Verbindungsbauwerke


Insgesamt werden 16 Verbindungsbauwerke zwischen der Süd- und
Nordröhre hergestellt. Die Herstellung der Verbindungsbauwerke er-
folgt während der Hauptvortriebe für die beiden Tunnelröhren. Die
Verbindungsbauwerke werden in einem Abstand von max. 500 m
aufgefahren, um die maximale zulässige Fluchtlänge einzuhalten. Die
Herstellung der Verbindungsbauwerke erfolgt in Spritzbetonbauwei-
se mit Baggervortrieb ausgehend von der Südröhre. Die Vortriebs-
richtung ist von der Süd- zur Nordröhre. Aufgefahren werden die
Verbindungsbauwerke als geschlossener Korbbogenquerschnitt in
zweischaliger Bauweise. Dabei wird zunächst die Kalotte auf der ge-
samten Länge ausgebrochen und nachfolgend die Sohle (Bild 11).
Die Länge der Verbindungsbauwerke variiert zwischen 23 und 30 m,
gemessen von der Achse der Süd- zur Achse der Nordröhre. Die
Abdichtungssysteme bestehen aus einer Kombination von Schutz-
schicht, Kunststoffdichtungsbahn (KDB), Fugenbändern und einer
wasserundurchlässigen Betonkonstruktion (WUBK).
Um die Verbindungsbauwerke auffahren zu können, müssen die be-
reits eingebauten Tübbinge der beiden Hauptröhren abgebrochen
werden. Dazu werden die Tübbinge in diesem Bereich mit Dübeln,
sogenannten Bicones, verstärkt. Zusätzlich verbleibt die Verschrau-
bung der Tübbinge bis zur Herstellung der Innenschale. Die Tübbin-
göffnungen werden mit überschnittenen Kernbohrungen und Beton-
sägen hergestellt. In der Umgebung der Querschläge werden bereits
Tübbinge mit speziellem Bewehrungstyp eingebaut.
Die Herstellung des Vortriebs und der Sicherung der Verbindungs-
bauwerke wird nachfolgend kurz geschildert. In der Startphase wer-
den Lanzen zur Bergwasserentspannung von der Südröhre aus in
die Vortriebsrichtung des Verbindungsbauwerks gebohrt und gesetzt.
Zur Kontrolle des aktuellen Wasserandrangs werden Spionbohrungen
gesetzt. Wenn der Baugrund keine geeignete Kurzzeitstandfestigkeit
zum Vortrieb der Verbindungsbauwerke besitzt, werden in Abstim-
mung mit dem Tunnelbautechnischen Sachverständigen Manschet-
tenrohrinjektionen durchgeführt.

226
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Je nach Erfordernis werden Spieße unmittelbar von der Südröhre


durch Bohrlöcher in den Tübbingen eingebaut. Anschließend erfolgt
das Aussägen und Ausbauen der Tübbinge sowie der Ausbau des
Verpressmörtels zwischen Tübbing und anstehendem Gestein. Die
Öffnung des Profils erfolgt in Teilflächen für den Einbau eines Hilfs-
bogens. Werden nicht unmittelbar vor dem Ausbau der Tübbinge
Spieße eingebaut, sind sie nach Stellen des temporären Hilfsbogens
herzustellen, auf den sie aufgelagert werden. In beiden Fällen ist die
Ausbruchleibung zu sichern. Die Kalotte des ersten Abschlags wird
voll ausgebrochen und gesichert. Nach Ausbrechen des zweiten Ab-
schlags wird die Leibung mit Spritzbeton gesichert, die bergseitige
Bewehrung eingebaut, der Ausbaubogen gestellt und eingespritzt.
Anschließend erfolgen der Einbau und das Einspritzen der luftseiti-
gen Bewehrung. Der dritte Abschlag, der wie der ihm vorausgehende
Abschlag eine Aufweitung umfasst, wird neben den bereits aufge-
führten Sicherungsmitteln zusätzlich mit Systemankerung und ge-
mäß VK-Planung evtl. mit SB-Spießen als vorauseilende Sicherungs-
maßnahme versehen. Ab dem vierten Abschlag findet Regelvortrieb
gemäß VK bis zum Erreichen der Nordröhre statt, wobei die letzten
beiden Abschläge bereits für den Anschluss an die Nordröhre aufge-
weitet hergestellt werden.

Bild 11.  Herstellung der


Verbindungsbauwerke
  (Implenia Construction GmbH)
227
Praxisbeispiele

Nach vollständiger Auffahrung des Kalottenvortriebs wird der schon


mit einem kleineren Querschnitt ausgebrochene Übergangs- und An-
schlussbereich zur Südröhre aufgeweitet und anschließend gesichert.
Dazu werden die bereits eingebaute temporäre Spritzbetonschale und
Hilfsbögen ausgebaut und die Spieße abgebrochen.
In einer letzten Phase des Vortriebs und der Sicherung der Verbin-
dungsbauwerke wird die Sohle in Vortriebsrichtung (Start Süd-, Ende
Nordröhre) gemäß VK nachgeholt. Ausgehend von der Nordröhre
erfolgen schließlich das Freischneiden und der Ausbau der Tübbinge
der Nordröhre. Damit ist die Verbindung der beiden Tunnelröhren
durchgängig. In die vollständig aufgefahrenen Verbindungsbauwerke
werden für den Bauzustand Rauchschotts eingebaut, die im Brandfall
in einer der beiden Tunnelröhren sicherstellen, dass der Rauch nicht
in die benachbarte, als sicher geltende Tunnelröhre gelangt. Für den
Transport des Ausbruchmaterials wird ein großes pneubereiftes Mul-
ti Service Vehicle (MSV), ausgestattet mit vier Schutterkübeln, ver-
wendet. Die Versorgung der Querschlagvortriebe mit Baumaterialien
und Geräten erfolgt über die Südröhre mittels zweier kleinerer MSV.
Für den Endzustand sind sowohl Sohle als auch Gewölbe der min-
destens 40 cm dicken Innenschale als wasserundurchlässige Beton-
konstruktion herzustellen. Weiter werden für den Endzustand noch
Bankette mit Besenstrich sowie 20 bzw. 30 cm dicke Trennwände für
die Betriebsräume und Schleusen aus Beton hergestellt.

4.6 Logistische Versorgung der beiden TVM


Der Albvorlandtunnel ist der einzige Tunnel im Großprojekt Stutt-
gart–Ulm, der mit zwei TVM gleichzeitig hergestellt wird. Die An-
forderungen an die Logistik einer großen Tunnelbaustelle im All-
gemeinen und zur Ver- und Entsorgung bei Einsatz von zwei TVM
gleichzeitig im Speziellen ist gewaltig. Es sind ca. 4 Mio. t Tunnelaus-
bruchmaterial während des Vortriebs zu verbringen. Parallel dazu
sind 55.000 Tübbing-Segmente und 100.000 m3 Ringspaltmörtel ein-
zubauen, um einige Schlüsselgrößen zu nennen. Die Verwertung des
Ausbruchmaterials erfolgt aus der TVM bis zum Abwurfplatz mittels
Förderbändern und ab dort per Lkw in regionale und überregionale
Verwertungsstellen (s. Abschnitt 5).
228
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Die TVM werden über ein Mittelspannungskabel mit 20 kV versorgt.


Alle ca. 300 m Vortrieb muss das von außen in den Tunnel geführte
Mittelspannungskabel verlängert werden. Während der Verlängerung
ist die Vortriebsanlage strom- und spannungslos geschaltet, d. h., in
dieser Zeit kann kein Vortrieb stattfinden. Die Wasserversorgung
der TVM erfolgt über das Leitungsnetz der Stadt Kirchheim unter
Teck. Der Wasserbedarf an Frischwasser des Baufelds Ost beläuft
sich auf rund 1.200 m3 pro Tag, wobei dieser im Wesentlichen aus
der Notwendigkeit der Wasserzugabe beim TVM-Vortrieb bei der
VK4 zur Konditionierung des Bodenmaterials für eine erddruckge-
stützte Ortsbrust resultiert. Zur Abdeckung des Wasserbedarfs in
Spitzenzeiten werden zusätzlich Tankwagen eingesetzt. Die von der
BE-Fläche in den Tunnel verlegten Leitungsrohre müssen mit fort-
schreitendem Vortrieb regelmäßig nachgezogen werden.
Die Versorgung der maschinellen Vortriebe erfolgt mit pneubereiften
MSV (Bild 12). Es handelt sich bei den MSV entweder um Hybridfahr-
zeuge oder dieselbetriebene Fahrzeuge mit Rußpartikelfiltern. Neben
Tunnelmaterialien können auch Personentransporte mit den MSV
durchgeführt werden. Die MSV verfügen über Führerstände an bei-
den Enden, dadurch ist eine Fahrt in beide Richtungen ohne Wenden
möglich. Für den Personentransport werden am Albvorlandtunnel
spezielle Personenfahrzeuge, ebenfalls mit zwei Führerständen, ein-
gesetzt. Der Personentransport erfolgt zu Spitzenzeiten der Produkti-
on mit fünf MSV gleichzeitig.

Bild 12.  Multi Service Vehicle (MSV) (Implenia Construction GmbH)

229
Praxisbeispiele

Eine eigene Mischanlage auf dem Baufeld gewährleistet die Versor-


gung der maschinellen Vortriebe mit Ringspaltmörtel rund um die
Uhr. Nach dem Mischvorgang wird der Ringspaltmörtel in Mörtelbe-
hälter eingefüllt, die sich auf den MSV befinden. Neben dem Trans-
port des Ringspaltmörtels erfolgt auch der Transport von Verbrauchs-
stoffen, wie z. B. Fetten und Ölen und sonstigen Baumaterialien, mit
den MSV.
Die für den einschaligen Tübbingausbau erforderlichen Tübbinge, die
im nördlich des Baufelds Ost gelegenen eigenen Tübbingwerk herge-
stellt werden, werden mittels Unimog und Traktor über eine Brücke
über die BAB A8 zum Tübbinglager gebracht. Der Transport erfolgt
auf Plattformwagen mit jeweils zwei Steinen, dies entspricht ca. 20 t
Transportgewicht.
Auf der Tübbing-Lagerfläche werden die Tübbinge mit drei Portal-
kranen, ausgestattet mit der entsprechenden Lagersoftware, automa-
tisch ein- und ausgelagert. Auf Bestellung des maschinellen Vortriebs
werden die angeforderten Ringe mittels moderner Lagersoftware und
Portalkran zusammengestellt und auf die MSV geladen. Die großen
MSV sind so bemessen, dass die Steine eines kompletten Rings, der
für die Ringspaltverpressung benötigte Mörtel und sonstiges Bauma-
terial, z. B. Rohre, Konditionierungsmittel, Förderband zur Verlänge-
rung, mit einer Fahrt transportiert werden können. Mit den ebenfalls
eingesetzten kleineren Ersatzfahrzeugen werden für den Transport
der Tübbinge für einen Ring und des anderen Materials mindestens
zwei Fahrten benötigt. Die Entladung der Tübbinge von den MSV
erfolgt im Nachläuferbereich der TVM. Die Tübbinge werden mit
einem Kran vom MSV gehoben und auf eine Fördereinrichtung im
Unterdeck geladen. Die Fördereinrichtung transportiert die Tübbinge
in den vorderen Bereich der TVM, wo sie mittels Hebeeinrichtung
um 90° gedreht werden, bevor sie vom Erektor für den Ringbau auf-
gegriffen werden.
Zu Spitzenzeiten sind am Albvorlandtunnel je TVM drei MSV mit
einer Kapazität für einen gesamten Ring, inklusive Mörteltank, im
Einsatz. Um Stillstände bei Ausfall eines MSV zu vermeiden, werden
zusätzliche MSV vorgehalten. Eine schienengebundene Versorgung
der TVMs wurde hauptsächlich wegen der zu überwindenden Stei-
230
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

gung zwischen Tunnelportal und Tübbinglager ausgeschlossen. Zu-


dem gestaltet sich der Transport mittels bereifter Fahrzeuge flexibler
als ein schienengebundener Transport.

5 Verwertung und Entsorgung des Tunnelausbruchmaterials


Das Bodenverwertungs- und Entsorgungskonzept des Albvorland-
tunnels sah die Entsorgung des Tunnelausbruchmaterials entspre-
chend der für Baden-Württemberg gültigen VwV Boden [3] vor. Diese
maßgebende Verwaltungsvorschrift ordnet das Bodenmaterial in Ab-
hängigkeit von Analyseergebnissen und Vergleich mit den vorgegebe-
nen Grenzwerten für eine Reihe von Parametern in sog. Zuordnungs-
werte ein. Je nach Zuordnung kann das Material dann in dafür
zugelassene Verwertungsstellen (i. d. R. Steinbrüche) eingebaut wer-
den.
Nachdem bei einer Nachbeprobung von Ausbruchmaterial des Boß-
lertunnels zeitlich veränderliche Sulfatgehalte festgestellt wurden,
wurden entsprechende Untersuchungen auch für das Ausbruchma-
terial des Albvorlandtunnels durchgeführt (Bild 13). Dabei stellte sich
heraus, dass es im geogenen vorhandenen Pyrit des Schwarzen Juras
nach Kontakt mit Sauerstoff zu Oxidationsvorgängen kommt, die zu
einer Veränderung des Sulfatgehalts führen. Das Ende dieser Oxida-
tionsvorgänge und auch die quantitative Bestimmung der sich entwi-

Bild 13.  Entwicklung des Sulfatgehalts im Ausbruchmaterial bei niedrigen


Temperaturen (DB PSU)
231
Praxisbeispiele

ckelnden Sulfatgehalte können derzeit nicht verlässlich vorhergesagt


werden. Die Entwicklung ist z. B. stark abhängig von der spezifischen
Oberfläche, also der Korngrößen des Pyrits, die im vorliegenden Fall
stark streut. Eine abfalltechnische Zuordnung nach [3] ist damit nicht
möglich und eine Entsorgung in Verwertungsstellen in Baden-Würt-
temberg mit definierten Grenzwerten für Sulfat damit auch.
Beim Vortrieb des Albvorlandtunnels fallen insgesamt fast 4 Mio. t
Ausbruchmaterial an. Es können 20.000 bis 30.000 t täglich zum Ab-
transport anfallen. Die ortsnahen, ursprünglich vorgesehenen Stein-
brüche fielen aufgrund der möglichen Überschreitung der Grenzwerte
für Sulfat zunächst aus. Es wurde daher unter Einbeziehung der obe-
ren und unteren Umweltbehörden mit dem Umweltministerium Ba-
den-Württemberg ein sog. Pyrit-Erlass [4] erarbeitet. Dieser erging am
7. April 2017 und regelt den Einbau des pyrithaltigen Materials in üb-
lichen Verwertungsstellen (Steinbrüchen) unter folgenden Maßgaben:
–– Zeitnahes Einbauen unmittelbar nach dem Ausbau, ohne
­Zwischenlagerung, innerhalb einer Woche,
–– Kompaktes Einbauen in Monobereichen, d. h. ohne Vermischung
mit anderem Material, das an der gleichen Verwertungsstelle
angeliefert wird,
–– Kompaktes Einbauen (eher hoch als breit),
–– Lagenweiser verdichteter Einbau mit Nachweis der Wasserdurch-
lässigkeit von kf < 10–9 m/s,
–– Ableitung des Niederschlags auf der Oberfläche durch tägliche,
erosionsstabile Profilierung mit ausreichendem Gefälle,
–– Abdeckung des Einbaukörpers vor größeren Betriebspausen oder
nach Abschluss der Verfüllung durch eine 80 cm dicke, pyritfreie
bindige Schicht in zwei Lagen (kf < 10–9 m/s),
–– Einbeziehung vorhandener Grundwassermessstellen in ein
Grundwasser-Monitoring,
–– Weitere ergänzende Maßnahmen bei Verwertungsstellen in
Wasserschutzgebieten der Zonen III, IIIA oder in der Nähe zu
Wasserfassungen,
–– Umfangreiche Eigen- und Fremdüberwachung der Einbau­
situation.

232
I.  Tunnelbau im Schwarzjura – ­Besondere Herausforderungen

Der grundlegende Gedanke hinter dem Erlass ist der, dass aufgrund
der geringen Durchlässigkeit, selbst bei einem sehr hohen Sulfatge-
halt, der absolut mögliche Austrag ins Grundwasser nie höher sein
kann als bei Material, das normale Durchlässigkeiten aufweist und die
Grenzwerte für Sulfat nicht übersteigt. Mithilfe des Erlasses war es
nun möglich, in einigen der vorgesehenen Steinbrüche das Tunnel­
ausbruchmaterial einzubauen (Bild 14).
Im weiteren Verlauf der Vortriebsarbeiten kamen vereinzelte leichte
Grenzwertüberschreitung für den Parameter Arsen zur Pyrit-Thema-
tik hinzu. Beide Parameter, Sulfat und Arsen, liegen zwar als geogene
Belastung vor, führen aber dazu, dass die Entsorgung in Baden-Würt-
temberg praktisch ausgeschlossen ist. Verwertungsstandorte, die
die täglich anfallenden Mengen an Bodenmaterial bei gleichzeitig
auftretenden Grenzwertüberschreitungen von Sulfat und Arsen auf-
nehmen können, konnten nicht mehr gefunden werden. Daher wur-
de das Material mit Lkw in das benachbarte Bayern transportiert
und dort der Verwertung in der Ziegelindustrie zugeführt. Ein bis
zwei Bahntransporte wurden täglich nach Thüringen verbracht und
dort aufgrund der geringen Wasserdurchlässigkeit des Tonsteins als
Basisabdichtungsmaterial im Deponiebau verwendet. Aufgrund der

Bild 14.  Einbau des Tunnelausbruchmaterials gemäß


Pyrit-Erlass in einem Steinbruch (DB PSU)
233
Praxisbeispiele

strikteren Umweltgesetzgebung in Baden-Württemberg sind dadurch


täglich durchschnittlich 80.000 Lkw-km zusätzlich angefallen, was
ungefähr einer Strecke zweimal um die Erde entspricht! Das Projekt
wurde aufgrund der fehlenden Verwertungsmöglichkeiten mit einem
dreistelligen Millionenbetrag zusätzlich belastet.

Literatur
[1] www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, Webseite des Bahnprojekts Stuttgart–
Ulm [Zugriff am 04.04.2019].
[2] Monitoringkonzept BAB A8, Implenia, 2018.
[3] Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums Baden-Württemberg für
die Verwertung von als Abfall eingestuftem Bodenmaterial vom 14. März
2007 (aktuell gültig bis zum Inkrafttreten der Änderung zur Bodenschutz-
verordnung, längstens bis 31.12.2019).
[4] Verwertung von pyrithaltigem Bodenaushubmaterial in Verfüllungen und
Abgrabungen. Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energie-
wirtschaft Baden-Württemberg, 07.04.2017.

234
II. Tunnel Feuerbach – Bergmännische
­Teilunterfahrung eines zweigeschossigen
Überwerfungsbauwerks bei laufendem
­Bahnbetrieb
Dagmar Rombach, Reinhard Huber, Matthias Florax, Michael Eckl,
Niklas Hirche
Die Zuführung zum Stuttgarter Hauptbahnhof wird in Zukunft durch den Tun-
nel Feuerbach erfolgen. Kurz vor dem Haltepunkt Feuerbach vereinen sich
die zwei Streckenröhren zu einem Verzweigungsbauwerk mit großem Quer-
schnitt. Dieses Bauwerk nähert sich bei geringer Überlagerung schleifend dem
Überwerfungsbauwerk des bestehenden Pragtunnels an, bis es schließlich in
die Fundamente der Seitenwand des Bauwerks eingreift. Das Überwerfungs-
bauwerk dient dabei den DB-Gleisen als Einhausung, während auf seinem
Deckel zusätzlich zwei Gleise der Stuttgarter Stadtbahn verlaufen. Ein Tun-
nelvortrieb mit minimalen Senkungen war zur Aufrechterhaltung des Bahn-
betriebs erforderlich, obwohl wenig tragfähige Schichten des ausgelaugten
Gipskeupers anstehen. Intensive statische Berechnungen, vorausschauende
Planung, ein Hebungskonzept für den Deckel des Bestandsbauwerks und ein
Monitoring-Konzept sicherten den Erfolg der Maßnahme.
Tunnel Feuerbach – Conventional tunneling underneath a two-stage
­fly-over junction structure while ongoing railway operations
In future, Stuttgart main station will be supplied through the tunnel Feuer-
bach. Shortly before the breakpoint Feuerbach, the two mining railway tubes
unite to form a branch structure with a large cross-section. This structure
approaches the fly-over junction of the existing Pragtunnel with a slight over-
burden until it finally even intervenes into the foundations of the side wall
of the building. The fly-over junction serves the DB tracks as an enclosure
structure, with two tracks of the Stuttgart Stadtbahn running on its cover.
Tunneling with minimal deformation at grade was required to maintain rail
operation, although poorly stable layers of the leached Gipskeuper are pre-
sent. Intensive static calculations, anticipatory planning, a lifting concept for
the cover of the existing building and a monitoring concept ensured the suc-
cess of the measure.

Tunnelbau 2020, Herausgegeben von der DGGT, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V.
© 2020 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2020 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

235
Praxisbeispiele

1 Einleitung
Die DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH realisiert im Auftrag der
DB Netz AG den Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.5 Los 2 Fern-
bahnzuführung Feuerbach. Dies ist ein Los der Gesamtmaßnahme
S21 und liegt im Stuttgarter Talkessel. Der Tunnel Feuerbach (Bild 1)
beginnt am Hauptbahnhof und führt über die Verzweigungsbauwerke
Kriegsberg in einen ca. 2.630 m langen bergmännischen Abschnitt
mit zwei eingleisigen Röhren Richtung Feuerbach. Die eingleisigen
Tunnelröhren gehen über das ca. 140 m lange Verzweigungsbauwerk
in eine Doppelröhre Richtung Feuerbach über. Im Anschluss an die
bergmännische Bauweise verläuft der Tunnel in Deckelbauweise un-
ter einem Bestandstunnel und später über das Trogbauwerk bis zum
Haltepunkt Feuerbach. Die Lage und Höhe der Trasse nähert sich

Bild 1.  Übersicht PFA 1.5, Los 2, Tunnel Feuerbach und Überwerfungsbauwerk


(DB PSU)

236
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

stark schleifend der Bestandsstrecke an. Der Tunnel Feuerbach wird


von der Bundesstraße B 295 (Tunnelstraße) überquert (Bild 2).
Die Bestandsbauwerke setzen sich aus dem Überwerfungsbauwerk
und dem anschließenden, bergmännisch hergestellten Pragtunnel der
Fern- und S-Bahn zusammen. Das Überwerfungsbauwerk besteht aus
einer trapezförmigen, fugenlosen Deckenplatte und überspannt drei
Felder. Sie ist auf zwei Winkelstützmauern mit großen Spornen an den
Endlagern und Stützwänden in Feldmitte gelagert. Die Winkelstütz-
mauer im Unterfahrungsbereich besteht aus fünf Einzelblöcken, die
durch Bewegungsfugen getrennt sind.
Der betrachtete Streckenabschnitt beschreibt die Annäherung des
bergmännisch aufgefahrenen Verzweigungsbauwerks aus Richtung
Hauptbahnhof an den Übergang zur offenen Bauweise auf einer Länge
von ca. 250 m.
Die besondere Herausforderung zur Herstellung dieses Bereichs ist
der große Ausbruchquerschnitt mit 175 bis 225 m² und die gleich-
zeitige Nähe zu den Bestandsbauwerken der Verkehrsbetriebe unter
Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs.

Bild 2.  Ansicht Überwerfungsbauwerk, Blickrichtung


Hauptbahnhof entgegen Vortriebsrichtung

237
Praxisbeispiele

Im Endbereich des Verzweigungsbauwerks ragte ein Teil des Funda-


ments der Winkelstützmauer des Überwerfungsbauwerks in den Aus-
bruchquerschnitt des bergmännischen Tunnels. Deshalb wurden un-
tertägige Abbrucharbeiten während der Vortriebsarbeiten erforderlich.
Die Abbrucharbeiten am Fundament betrugen 12 m in der Länge bis zu
einer Abbruchtiefe von 2,0 m (Bilder 3 und 8).
Da die Infrastruktur Stuttgarts mit der Fernbahnzuführung und
S-Bahn-Strecke 4800/4801 zum Hauptbahnhof, der Stadtbahn und
Tunnelstraße als eine der Hauptverkehrsadern durch die Vortriebsar-
beiten nicht beeinträchtigt sein durfte, waren umfangreiche setzungs-
minimierende Maßnahmen erforderlich. Die Arbeiten wurden durch
ein Messprogramm und Maßnahmen zum Ausgleich nicht auszu-
schließender Verformungen flankiert. Ziel der Planung und Ausfüh-
rung war ein nahezu setzungsfreier Vortrieb unter Tage bei Aufrecht-
erhaltung des übertägigen Bahnbetriebs und der Infrastruktur.

Bild 3.  Querschnitt am Vortriebsende des Übergangs zur bergmännisch-


offenen Bauweise (Blickrichtung nach Feuerbach in Vortriebsrichtung)

238
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

2 Geologie
Bild 4 zeigt den geo- und tunnelbautechnischen Längsschnitt und das
zugehörige Gefügemodell des ausgelaugten Gipskeupers. Im Folgen-
den wird sinngemäß aus dem Gutachten zitiert [1].
Der ausgelaugte Gipskeuper liegt oberhalb der Auslaugungsfront,
dem sog. Gipsspiegel. Der ehemals vorhandene, unausgelaugte
Gipskeuper wurde durch den Einfluss des Grundwassers vollständig
verändert. Die Sulfatanteile des Gesteins gingen in Lösung und wur-
den mit dem Grundwasser abgeführt, während die Tongesteine durch
die Auslaugung weitgehend entfestigt wurden.

Bild 4.  Geo- und tunnelbautechnischer Längsschnitt mit zugehörigem


Gefügemodell des ausgelaugten Gipskeupers [1]

239
Praxisbeispiele

Das Gebirge besteht aus einer Wechsellagerung von reinen Auslau-


gungsschluffen, mürben Schluffsteinen und gesteinsartigen Schluff-
steinlagen. Das Gestein kann hinsichtlich Auslaugungsgrad und Fes-
tigkeit in vier Klassen (I bis IV) (Bild 4) eingeteilt werden.
Tabelle 1 zeigt die Gebirgskennwerte für die Klasse I und Klassen II
bis IV. Der Bereich des Überwerfungsbauwerks liegt vorrangig im
ausgelaugten Gipskeuper der Klassen II bis IV.

Tabelle 1.  Gebirgskennwerte für den ausgelaugten Gipskeuper

Ausgelaugter Gipskeuper
Kennwerte
Klasse I Klasse II–IV
Feuchtwichte g [kN/m3] 23 (22–24) 22 (21–23)

500
E-Modul E [MPa] 150 (80–200)
(300–1.000)

Querdehnungszahl n [–] 0,30 0,35

Gesteinsfestigkeit sD [MPa] 1 (0,3–5) –

f‘ [°] K: 30, S: 25 25 (25–30)

Scherparameter K: 0,05
c‘ [MN/m2] (0,02 – 0,1) 0,02 (0–0,04)
S: 0 (0–0,05)

Durchlässigkeitsbeiwert kf [m/s] 10–4–10–8 10–4–10–8

sq0 (w = 1,0) – –
[MN/m2]
Quellparameter
Kq [–] – –

SD [–] – –

240
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

3 Statische Untersuchung für Bestand und Vortrieb


Aufgrund der komplexen Gesamtsituation im Übergangsbereich
der bergmännischen und offenen Bauweise wurden umfangreiche
statische Untersuchungen am vorzutreibenden Tunnel und den an-
grenzenden Bestandsbauwerken durchgeführt. Neben den Standsi-
cherheitsnachweisen für den Tunnel mussten Setzungsprognosen für
die angrenzenden Bestandsbauwerke vorgenommen und der Einfluss
des Tunnelbaus auf deren Standsicherheit beurteilt werden. Wegen
der Ergebnisse der statischen Berechnungen wurden Änderungen am
Bauablauf des aufzufahrenden zweigleisigen Tunnelquerschnitts und
zusätzliche präventive Maßnahmen am Überwerfungsbauwerk aus-
geführt. Von besonderer Bedeutung war der unmittelbare Übergangs-
bereich der bergmännischen zur offenen Bauweise. Auf den letzten
Metern des bergmännischen Tunnelvortriebs musste der Sporn der
schräg darüber liegenden Winkelstützmauer des Überwerfungsbau-
werks abgebrochen werden. Dieser Abbruch stellte für die Planung
und Bauausführung des Vortriebs eine Herausforderung dar.
Um den Einfluss des Tunnelvortriebs auf das angrenzende Überwer-
fungsbauwerk zu überprüfen, wurden in drei 2D-FE-Modellen die
Querschnitte am Anfang, am Ende und in der Mitte des Überwer-
fungsbauwerks gewählt (Bild 5).

Bild 5.  Statische Abbildung der Annäherung des Vortriebs an das


Überwerfungsbauwerk: a) Ende beim Übergang zur bergmännisch-offenen
Bauweise; b) Anfang beim Übergang zum Pragtunnel in bergmännischer
Deckelbauweise

241
Praxisbeispiele

Der größte Einfluss des Tunnelvortriebs zeigte sich am Ende beim


Übergang zur offenen Bauweise. Während der Vortriebsplanung und
der zugehörigen statischen Untersuchungen wurden verschiedene
Vortriebsvarianten untersucht und auf das Setzungsverhalten des Be-
standsbauwerks hin ausgewertet. Daraufhin wurde das Vortriebskon-
zept umgestellt und optimiert (s. Abschnitt 4). Anhand der Ergebnisse
der statischen Untersuchungen wurden am maßgebenden Querschnitt
Setzungen am Bauwerk in vertikaler Richtung von ca. 3 mm und in
horizontaler Richtung von ca. 4 mm prognostiziert. Diese Werte lagen
innerhalb der durch den Anlagenbetreiber als zulässig eingestuften
Verformungen für das Überwerfungsbauwerk (6°mm horizontal und
vertikal). Dennoch belasten die aus dem bergmännischen Tunnelvor-
trieb auftretenden Setzungen das bestehende Überwerfungsbauwerk
zusätzlich, da Lagerverformungen auftreten. Diese Verformungen
stellen sich jedoch nicht gleichzeitig ein, sondern werden wellenartig
über die Auflagerbank der Winkelstützwand in die Decke übertragen,
weshalb sich eine Verwindung der Deckenplatte des Überwerfungs-
bauwerks (Bild 6) ergibt, woraufhin Untersuchungen am Bestandsbau-
werk, u. a. der Deckenkonstruktion, durchgeführt wurden.
Mithilfe der Bestandspläne (Schal- und Bewehrungsplanung) wurde
die Deckenkonstruktion in einem Plattenmodell nachgebildet, aus
dem die maximal zulässigen Setzungen des Bestandsbauwerks zu-
rückgerechnet wurden. Die Berechnungen an der Deckenkonstrukti-
on ergaben, dass die eingebaute Bewehrung eine Differenzsenkung
eines Lagers von < 4 mm im Querträger der Decke abdeckt. Die er-
rechnete, zulässige vertikale Verformung von 4 mm liegt damit über
der prognostizierten vertikalen Setzung von 3 mm. Zusätzliche Maß-
nahmen waren demnach nicht erforderlich.
Für den theoretischen Fall, dass die Winkelstützmauer unvorherseh-
bare und unzulässige Setzungen erleiden würde, könnte es zu Schäden
wie Rissbildung am Überbau des Bauwerks kommen. Im schlimmsten
Fall würde dies zur Einstellung der Vortriebsarbeiten führen. Um
dies zu vermeiden, wurden präventiv Hubzylinder zur Lagesicherung
zwischen Widerlagerbank und Überbau installiert, die evtl. Setzungen
kompensieren können. Die Hubpressen werden bei einer gemessenen

242
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Bild 6.  Untersicht der Deckenplatte des Überwerfungsbauwerks


entlang des Unterfahrungsbereichs

Setzung von 4 mm aktiviert. Der Querträger der Deckenkonstruktion


des Überwerfungsbauwerks kann dadurch wieder in seine ursprüng-
liche Lage angehoben werden.
Die Zustandsfeststellung zeigte, dass die Elastomerlager des Bauwerks
in einem guten Zustand sind. Es wurden nur geringfügige Abnut-
zungserscheinungen festgestellt.
Nach Abschluss des Einbaus der Innenschale werden die Bestands-
lager hinsichtlich ihrer Verschiebung Soll-Ist-Lage abschließend be-
urteilt. Wenn erforderlich, müssten Lager nachgesetzt bzw. ausge-
tauscht werden.

4 Vortriebsablauf und Bestandssicherung

4.1 Bauablauf unter Tage und setzungsreduzierende


Maßnahmen
Die bergmännische Annäherung an das Überwerfungsbauwerk er-
folgte aus einem zweihüftigen Ulmenstollenvortrieb mit nachlaufen-
dem Ausbruch des Kernbereichs im Schutz einer Rohrschirm- und
Ortsbrustsicherung. Aus baubetrieblichen Gründen lief der aus Rich-

243
Praxisbeispiele

tung Hauptbahnhof kommende rechte Ulmenstollen bis zum Beginn


des Fundaments der Winkelstützmauer des Überwerfungsbauwerks
voraus. Der linke Ulmenstollen und der Kern liefen jeweils mit Ver-
satz nach. Für den letzten Abschnitt im direkten Einflussbereich des
Überwerfungsbauwerks wurde der Vortrieb auf die planerischen und
baubetrieblichen Belange hin optimiert, um möglichst geringe Set-
zungen zu erhalten. Der Vortrieb im Einflussbereich unterteilt sich
in drei Bauphasen bis zum Übergang zur offenen Bauweise (Bild 7).

Bild 7.  Bauphasen unter Tage

244
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

4.1.1 Bauphase 1
Der linke Ulmenstollenvortrieb soll den rechten überholen und bis
zum Übergang der offenen Bauweise geführt werden. Diese Umstel-
lung bewirkt eine vorauseilende Aussteifung auf der abgewandten
Seite des Einflussbereichs des Überwerfungsbauwerks und reduziert
dadurch die Setzungen. Außerdem mussten zwei Kernbereiche nach-
gezogen werden (Bauphase 1a). Zusätzlich konnten über den voraus­
eilenden Ulmenstollen die linksseitig zufließenden Schichtenwässer
gefasst und der kritische Anschlussbereich zum Überwerfungsbau-
werk somit vorentwässert werden (vgl. Bild 7). Gleichzeitig konnten
erste geologische Erkenntnisse gesammelt werden, um die kritische,
gegenüberliegende Situation besser beurteilen zu können.

4.1.2 Bauphase 2
Der rechte Ulmenstollenvortrieb folgt im Schutz eines verstärkten
Spießschirms auf der Seite des Überwerfungsbauwerks bis zum
Ende von Bauphase 2. Am Ende des letzten Rohrschirmabschnitts
ist bereits ein Teilabbruch des Fundaments der Stützmauer wäh-
rend der Vortriebsarbeiten erforderlich. Danach wird der Kernbereich
im Schutz eines Rohrschirmdachs nachgezogen (Bauphase 2a) (vgl.
Bild 7).

4.1.3 Bauphase 3
Der letzte Bauabschnitt (Bild 8) bis zum Übergang zur offenen Bau-
weise und im Anschluss an den Bestandstunnel erfordert aus geo-
metrischen Gründen eine Umstellung des Bauablaufs. Der Abbruch
des Fundaments der Winkelstützmauer wäre wegen der beengten
Platzverhältnisse des Ulmenstollenvortriebs und aufgrund der Lage
im Firstzwickel des Ulmenstollens baubetrieblich nahezu unmöglich
ausführbar gewesen. Deshalb wurde der letzte Abschnitt umgestellt
und durch einen einzigen Restquerschnitt aufgefahren, der sich aus
Ulme rechts und Kern zusammensetzt. In diesem letzten Vortriebs-
abschnitt konnte im Schutz eines massiven Spießschirms und einer
verstärkten Ortsbrustsicherung der Fundamentabbruch vortriebsbe-
gleitend ausgeführt werden.
245
Praxisbeispiele

Bild 8.  Bauphase 3: Hybridvortrieb, einhüftiger Ulmenstollenvortrieb,


Abbrucharbeiten am Bestandsfundament der Winkelstützmauer des
Überwerfungsbauwerks

Zusätzlich wurden folgende baubetriebliche und planerische Maß-


nahmen unter Tage zur Setzungsminimierung auf die Winkelstütz-
mauer des Überwerfungsbauwerks vorgesehen (Bilder 9 und 10):
–– Verstärkte Ortsbrustsicherung in beiden Ulmenstollen, im Kern
und am unmittelbaren Übergang von bergmännischer zu offener
Bauweise, Erhöhung der Anzahl und Überlappungslänge der
­Ortsbrustankerung, Erhöhung der Spritzbetonstärke,
–– Verstärkte vorauseilende Sicherung im Ulmenbereich Ulme rechts
zum Bestandsbauwerk, Zusatzankerung unter Bestandsfunda-
ment,
–– Optionale vorauseilende Abdeckinjektionen mit PU-Harz-In-
jektionen/Zementinjektionen unter dem Bestandsfundament
Winkelstützwand zur Vermeidung des Ausfließens der Frost-
schutzschicht.

246
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Bild 9.  Querschnitt aus Vortriebsklasse 7A-U-3 Restvortrieb, Bauphase 3


(Ulme rechts + Kern)

Bild 10.  Längsschnitt aus Vortriebsklasse 7A-U-3 Restvortrieb, Bauphase 3


(Ulme rechts + Kern)
247
Praxisbeispiele

4.2 Maßnahmen am Bestand


Unter Berücksichtigung der durchgeführten Maßnahmen wurden
Setzungen mit max. 3 mm an der Unterkante des Fundaments der
Winkelstützwand ermittelt. Am Lager des Überwerfungsbauwerks
wurden Lagersenkungen mit max. 4 bis 5 mm im sensibelsten Bereich
der Unterfahrung prognostiziert.
Aufgrund der äußerst geringen zulässigen Setzungen der Decken-
platte des Überwerfungsbauwerks und der annähernd gleich groß
prognostizierten Setzungen wurde ein Lagesicherungssystem mit-
tels hydraulisch gesteuerter Hubpressen zwischen Deckenplatte und
Winkelstützmauer auf der Widerlagerbank installiert, um Handlungs-
möglichkeiten während der Vortriebsarbeiten zu schaffen. Zusätzlich
erfolgte eine messtechnische Überwachung des Bauwerks und der
Gleislagen (s. Abschnitt 5).

4.3 Beweissicherung und Monitoring von Bestandsanlagen


Die Betroffenheiten ergeben sich aus dem Einflussbereich der Set-
zungen aus den Vortriebsarbeiten. In einem ersten Schritt wurden
die durch die Arbeiten beeinflussten Bauwerke und Anlagen ermittelt
und Setzungen prognostiziert. Für Anlagen im Einflussbereich muss-
ten individuelle Beurteilungen zu den jeweils erforderlichen Maß-
nahmen bei eintretenden Setzungen erfolgen, wobei die betroffenen
Anlagenbetreiber zur weiteren Abstimmung hinzugezogen wurden.
Die grundsätzlichen Forderungen der Anlagenbetreiber waren die
Aufrechterhaltung des Schienen- und Straßenverkehrs und die Ver-
meidung jedweder Schäden an den betroffenen Anlagen unter Ein-
haltung zulässiger Setzungen zu jedem Zeitpunkt der Arbeiten. Gleis-
und Straßensperrungen während der Vortriebarbeiten wurden nicht
genehmigt.
In Tabelle 2 sind die betroffenen Anlagen aufgeführt (vgl. a. Bilder 2
und 3).

248
Content deleted for legal reasons
Tabelle 2.  Beweissicherung und Monitoring von Bestandsanlagen

250
Bau- Bestandsanlage Eigentümer Im Einfluss- Zustandsfeststel- Monitoring
teil-Nr. bereich lung
Praxisbeispiele

1 Überwerfungsbauwerk SSB Ja Bauwerksgutach- Bauwerks-Monitoring


(Winkelstützmauer, ten inkl. Beweis­
Deckenplatte) sicherung

2 Lager Überwerfungsbauwerk SSB Ja Bauwerksgutach- Lagesicherungssystem,


(Widerlagerbank zwischen ten inkl. Beweis­ Hubpressen mit Fissu-
Winkelstützmauer und sicherung rometermessungen,
Deckenplatte) Temperaturmessun-
gen zur Kalibrierung

3 Pragtunnel DB Netz Nein Beweissicherung Bauwerks-Monitoring

4 Gleise Fernbahnzuführung, DB Netz Ja Gleislagekontrolle Gleis-Monitoring


SBahn unter dem Ist
Überwerfungsbauwerk und
Pragtunnel

5 Gleise und Masten Stadtbahn SSB Ja Gleislagekontrolle Gleis-Monitoring,


auf der Deckenplatte des Ist, Kontrolle zur Monitoring der Maste
Überwerfungsbauwerks Lage der Maste Ist

6 Tunnelstraße (B295) LHS Ja Beweissicherung Übertägige


Messpunkte
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

4.4 Festlegung der Warn-, Alarm- und Grenzwerte


Unter den vorbeschriebenen Rahmenbedingungen wurde für jede
Anlage der Umfang für das Monitoring festgelegt (Tabellen 3 bis 9).
Die Verformungszustände keine Setzungen, zulässige Setzungen und
unzulässige Setzungen der Anlagen während den Vortriebsarbeiten
wurden als Warn-, Alarm- und Grenzwerte mit den Anlagenbetrei-
bern abgestimmt. Für das automatisierte Monitoring wurden konser-
vativ angesetzte Ersatzwerte für die vermarkten Schwellen festgelegt.

Tabelle 3.  Bauwerk SSB-Überwerfungsbauwerk (offene Bauweise)

Für den Kreuzungsbereich gilt: Warnwert Alarmwert Grenzwert


ab [mm] ab [mm] ab [mm]

Richtung (Horizontalverformung) 6 8 10

Setzung (Vertikalverformung) 6 8 10

Veränderung gegenseitige Höhenlage 5 6 7

Tabelle 4.  Lagesicherung Deckenplatte des Überwerfungsbauwerks (offene


Bauweise)

Vertikalverformungen

Setzungen 0–4 mm Druckerhöhung an den Hubpressen auf


Vorspannkraft (Totlast)

Setzungen > 4 mm Druckerhöhung an den Hubpressen auf max.


zulässigen, bauwerksverträglichen Pressendruck
einschließlich Hubvorgang zur Lagesicherung der
Deckenplatte

Horizontalverformungen

Horizontalverformungen Ohne Maßnahmen zulässig


0–2 mm

Horizontalverformungen Sofortmaßnahmen einleiten (Vortriebsstillstand,


> 2 mm Lagerbegutachtung, Festlegung weitere Vorge-
hensweise mit allen Beteiligten)

251
Praxisbeispiele

Tabelle 5.  Bauwerk Pragtunnel (bergmännische Bauweise)

Warnwert Alarmwert Grenzwert


ab [mm] ab [mm] ab [mm]

Verschiebung Richtung 6 8 10

Veränderung Längshöhe 6 8 10

Veränderung gegenseitige Höhenlage 5 6 7

Tabelle 6.  Gleise Fernbahnzuführung, S-Bahn unter Überwerfungsbauwerk und


durch Pragtunnel

Warn- Alarmwert Grenzwert


wert ab ab ab

Gegenseitige Höhenlage (GH) 8 mm 11 mm 15 mm


(SR100)

Verwindung, Messbasis 5,5 m (VW) 2 ‰ 3 ‰ 5,5 ‰

Pfeilhöhe vertikal, Längshöhe (PFV) 10 mm 13 mm 17 mm


(SR100) (Srlim)

Pfeilhöhe horizontal, Richtung (PfH) 10 mm 13 mm 17 mm


(SR100) (Srlim)

Absoluthöhe vertikal (dZ) 10 mm 15 mm 20 mm

Absoluthöhe horizontal (dQ) 10 mm 15 mm 20 mm

Tabelle 7.  Gleise Stadtbahn auf Überwerfungsbauwerk

Warnwert Alarmwert Grenzwert


ab (mm) ab (mm) ab (mm)

Richtung (Horizontalverformung) 12 18 20

Setzung (Vertikalverformung) 12 18 20

Veränderung gegenseitige Höhenlage 10 12 14

252
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Tabelle 8.  Masten Stadtbahn auf Überwerfungsbauwerk

Warnwert ab 10 mm

Alarmwert ab 20 mm

Grenzwert ab 30 mm

Tabelle 9.  Vortrieb

Verformungen vertikal bzw. horizontal Warnwert ab Alarmwert ab


[mm] [mm]

Firstsetzungen 11 15

Ulmenverschiebungen 2 bis 3 3 bis 5

4.5 Messquerschnitte über Tage


Für den Tunnel Feuerbach wurden über der Tunneltrasse obertägige
Messquerschnitte installiert. Die Messungen werden dokumentiert
und bei der Verformungsbetrachtung mit interpretiert. Eine geson-
derte Betrachtung der Messpunkte im Bereich der Tunnelstraße wur-
de daher nicht mehr verfolgt, da diese durch das Monitoring der
Gleise der Stadtbahn abgedeckt werden. Ein Erreichen von Warn-,
Alarm- und Grenzwerte für die Anlage Tunnelstraße konnte daher
ausgeschlossen werden.

5 Monitoring

5.1 Monitoring während der Durchführung


Basierend aus den in Abschnitt 4.4 abgestimmten zulässigen Setzun-
gen ist ein umfangreiches Bauwerks-, Gleis- und Lagesicherungs-Mo-
nitoring aufgesetzt worden.

253
Praxisbeispiele

5.1.1 Vermarkung Bauwerke


Die Vermarkungen am Deckel des Überwerfungsbauwerks erfolgten
entlang der Unterzüge und der Unterkante im Übergang zu den La-
gern (Bild 11). Die seitlichen Winkelstützwände des Überwerfungs-
bauwerks wurden jeweils an den Blockfugen unter dem Überbau und
oberhalb des Gleisschotters vermarkt. Das Gewölbe des bergmänni-
schen Pragtunnels wurde ab dem Portal über eine Länge von 70 m mit
Reflektoren ausgestattet. Die Abstände der Messpunkte wurden so
gewählt, dass repräsentative Messergebnisse ermittelt werden konn-
ten.

5.1.2 Vermarkung Gleisanlagen/Fahrdrahtmaste


Die Gleisschwellen wurden an den Schwellenenden und zwischen
den Gleisen vermarkt (Bild 11). Die Abstände in Längsrichtung erga-
ben sich aus den zulässigen Setzungen bzw. aus den prognostizierten
Verformungen. Fahrdrahtmaste wurden in 3 m Höhe vermarkt, um
geringfüge Schiefstellungen erfassen zu können.

5.1.3 Art der Vermarkung


Es kamen verschiedene Reflektortypen für die Messpunkte an den
Bauwerken, Gleisschwellen und Fahrdrahtmasten zum Einsatz. An
den Bauwerken wurden Miniprismen mit einem Durchmesser von
25 mm auf Kipphaltern installiert, damit eine Zentriergenauigkeit
von wenigen Zehntelmillimetern erreicht werden konnte. Bei manuell
durchgeführten Messungen und im beschädigungsanfälligen Gleisbe-
reich wurden Reflex-Zielzeichen auf Kipphaltern montiert.

5.1.4 Automatisierte Messungen im Bereich Überwerfungs­


bauwerk unter Deckel, bergmännischer Pragtunnel, Gleis-
anlagen unter Überwerfungsbauwerk und im Pragtunnel
Es wurde ein Tachymeter für automatisiertes Messen installiert
(Bild 11). Die Datenübertragung erfolgte mittels COM-Modem über
das GPRS/LTE-Netz. Der Standort des Tachymeters musste außer-
halb des Lichtraumprofils und der Flucht- und Arbeitswege liegen.
254
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Eine Blendung der Triebfahrzeugführer musste ausgeschlossen wer-


den.
Das Messintervall lag bei 1 h. Ein Messzyklus dauerte inkl. der Selbst-
stationierung des Messgeräts ca. 25 min. Bei Fehlermeldungen wur-
de das Gesamtsystem vor Ort überprüft. Während des Messzyklus
konnte es durch den dichten Zugverkehr zur Verdeckung der Reflek-
toren kommen. Das Messgerät versuchte bis zu dreimal den Punkt
zu messen, bevor dieser übersprungen bzw. als nicht erkannt regist-
riert wurde. Die ermittelten Daten wurden mit einer automatischen
Vorsichtung auf Warn-, Alarm- und Grenzwerte an den Vermesser
übermittelt.

5.1.5 Manuelle Messungen Bereich Überwerfungsbauwerk


auf dem Deckel
Da Setzungen auf dem Deckel als Folgesetzungen aus Bauwerksset-
zungen des Überwerfungsbauwerks resultieren, war es ausreichend,
die Messungen täglich manuell durchzuführen. Die Messergebnisse
wurden auf Warn-, Alarm- und Grenzwertüberschreitungen gesich-
tet.

5.1.6 Lagesicherung und Hubpressen am Überbau


Aufgrund der Ausführung des Überbaus als Mehrfeldträger können
durch Setzungen am Fundament lokale Spannungen am Überbau
durch daraus geänderte Lagerlasten eintreten. Um diese Spannungs-
umlagerung zu vermeiden, wurden statische, der Bestandssituation
gleichwertige, hydraulisch gesteuerte Hubpressen neben jedem Be-
standslager eingebaut (Bilder 11 und 12). Dadurch konnte die ständi-
ge, zwingend einzuhaltende Lagesicherung des Überbaus gewährleis-
tet werden. Die Pressen wurden vor Beginn der untertägigen Arbeiten
auf 33 % der Lagerlast aus Eigengewicht als Vorspannung (Totlast)
beaufschlagt.
Durch die geringen zulässigen Setzungen und der daraus resultieren-
den Messgenauigkeit wurden an jedem Lager Fissurometer (Bild 12)
mit einer automatisierten Datenerfassung installiert. Die Kalibrierung

255
Praxisbeispiele

der Werte erfolgte unter Berücksichtigung von automatisierten Tem-


peraturmessungen vor Ort am Portal des Überwerfungsbauwerks.
Das reguläre Messintervall der Fissurometer ist stündlich. Nach
Überschreiten eines Warnwerts von 2 mm vertikal bzw. 1 mm ho-
rizontal reduziert sich das Messintervall auf halbstündlich und nach
Überschreiten eines Alarmwerts von 4 mm vertikal bzw. 2 mm hori-
zontal auf alle 10 min.
Die Hubpressen wurden täglich händisch vor Ort auf Druckverän-
derung an den Druckmessdosen kontrolliert und ggf. sofort wieder
auf den Druck der Vorspannlast gebracht. Waren Vertikalsetzungen
aus dem Bauwerks-Monitoring am Lager von > 4 mm festzustellen,
wurden über Druckerhöhungen an den Pressen die Setzungen bis
zum maximal zulässigen bauwerksverträglichen Pressendruck aus-
geglichen.

Bild 11.  Ansicht Überwerfungsbauwerk mit Deckenplatte und


Winkelstützmauer mit Hubpressen und Fissurometermessstellen (Nr. 1–9),
Portal bergmännischer Pragtunnel, Gleise DB Netz, Bauwerks- und Gleis-
Monitoring, Tachymeter am Portal rechts

256
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Bild 12.  Ansicht Hubpresse und


Fissurometer am Bestandslager mit
Koordinatensystem

5.2 Interpretation der Messergebnisse


Die für das Überwerfungsbauwerk verträglichen Setzungen wurden
basierend auf der Zustandsfeststellung und der Bestandsplanung
statisch ermittelt. Die Gleisanlagen wurden über Soll-Ist-Lagen mit
den zulässigen Setzungen und Verdrehungen zur Gewährleistung der
Betriebssicherheit abgeglichen. Diesen lokalen Messungen stehen die
aus den Vortriebsarbeiten prognostizierten Setzungen gegenüber. Um
zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Auswirkungen aus dem Vor-
trieb auf Bauwerke und Anlagen abschätzen zu können, wurde zur
täglichen Sichtung der Messergebnisse eine Verformungsbetrachtung
durchgeführt.
Ausgehend von den Nullmessungen nach der Installation der Messein-
richtungen wurden die darauf aufbauenden, automatisch und händisch
ermittelten Daten gesichtet, auf Plausibilität überprüft bzw. interpre-
tiert. Das Ergebnis der manuellen Interpretation über setzungsrelevan-
te Arbeiten wurde als täglicher Statusbericht an alle Beteiligten, d. h.
Auftraggeber, Anlagenbetreiber und -verantwortliche, Prüfingenieure,
Sachverständige und Bauüberwachung, versandt. Außerdem wurden

257
Praxisbeispiele

alle automatisch ermittelten Daten mit den zugehörigen Warn-, Alarm-


oder Grenzwerten direkt nach der Messung automatisiert abgeglichen.
Bei einer Überschreitung der Werte wurde ein Alarm bei der Baulei-
tung und Vermessung ausgelöst. Daraufhin wurden die Messungen vor
Ort nochmals durchgeführt, um Fehlmessungen durch Beschädigun-
gen, Verschmutzungen oder Sichtstörungen auszuschließen.
Aufgrund der geringen zulässigen Setzungen sind bei manueller In-
terpretation die Messgenauigkeiten des Messgeräts, der Vermarkun-
gen und der Dehnungsmessgeber berücksichtigt worden, wenn die
Warn-, Alarm- und Grenzwerte erreicht wurden:
–– Tachymeter 1“/0,3 mgon,
–– Prismen ±0,5 mm,
–– Spiegel ±1,0 mm,
–– Dehnungsmessgeber in x-Richtung ca. 0,15–0,20 mm/°C,
in y-Richtung ca. 0,18–0,22 mm/°C, in z-Richtung ca. 0,02–
0,04 mm/°C (vgl. Bild 12).
Die Ist-Lage der Gleise nach Nullmessung (Soll-Lage in Bezug auf
die Bauarbeiten) oder deren Veränderungen werden hinsichtlich der
Gleislageparameter Längshöhe (LH), gegenseitige Höhenlage (GH),
Richtung (Ri) und Verwindung (VW) dokumentiert und bilden die
Basis für die Interpretation der Messergebnisse Gleise. Hierfür wur-
den die ermittelten 3D-Koordinaten der Messpunkte auf den Schwel-
len auf die entsprechende Gleisachse umgeformt, sodass Aussagen
über Horizontal- und Vertikalverformung, Verwindung sowie Än-
derung der gegenseitigen Höhenlage (Überhöhung) der Gleise zur
Verfügung stehen (Bild 13). Den automatisiert und händisch ermittel-
ten Messergebnissen werden während der Durchführung die Warn-,
Alarm- und Grenzwerten für Gleise gegenübergestellt.
Wegen der hohen Messgenauigkeit erfolgte die Auswertung anhand
der Fissurometermessungen an den Lagern. In den Bildern 14 und
15 sind die relevanten Messergebnisse der Fissurometer dargestellt.
Es wurden die Messgeber in den Blöcken 2 bis 5, die sich im unmit-
telbaren Nahbereich des Tunnelvortriebs befinden, ausgewählt. Der
abgebildete Zeitraum entspricht dem letzten Vortriebsabschnitt der
genannten Blöcke.

258
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Bild 13.  Lageplan mit Monitoring der Bauwerke und Anlagen

Durch die Installation der Hubpressen kam es zu einer längeren


Vortriebsunterbrechung. In dieser Zeit konnten die Messungen der
Fissurometer schon vorab ohne Vortriebsbeeinflussung ausgewertet
werden. Dabei wurde der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die
Messung festgestellt.
Die Längsausdehnung (X-Geber) aufgrund von jahreszeitlicher Er-
wärmung der ca. 42 m langen, monolithischen Deckenplatte konnte
mithilfe der genauen Messung der Fissurometer nachgewiesen und
bei der Interpretation der Messergebnisse berücksichtigt werden.
Ansonsten konnte in Längsrichtung keine Beeinflussung der Decken-
platte aus dem Vortrieb festgestellt werden.
In Bild 14 sind die gemessenen Setzungen (Z-Geber) dargestellt. Die
wellenartigen Messergebnisse stellen die tageszeitliche Erwärmung
der metallischen Geber-Halterungen dar.

259
Praxisbeispiele

Bild 14.  Fissurometermessung: Auswertung Setzungen (Z-Geber)

Im Zuge des Hybridvortriebs vom 9. bis 22. Oktober 2018 kam es zu


einer Setzungszunahme von ca. 0,2 mm, die nur durch die hohe Ge-
nauigkeit der Dehnungsmessgeber auswertbar war. Diese Setzungen
sind für das Bauwerk unschädlich. Es wurden keine Setzungsaus-
gleichsmaßnahmen mittels Hubsystem erforderlich.
In Bild 15 sind die horizontalen Querverschiebungen der Deckenplatte
(Y-Geber) des Überwerfungsbauwerks dargestellt. Die Querverschie-
bungen stellten betragsmäßig mit Werten von > 2 mm die größten ge-
messenen Verformungen dar. Dadurch wurde der Warnwert von 1 mm
und nach Abschluss der Vortriebsarbeiten auch noch der Alarmwert
von 2 mm erreicht. Eine genaue Auswertung dieser Messergebnisse
konnte zeigen, dass neben den vortriebsbedingten Verschiebungen gro-
ße Anteile der Messwerte auf die saisonale Temperaturabkühlung im
Herbst nach dem Jahrhundertsommer zurückzuführen sind.
Bei Ortsbegehungen konnten keine Auswirkungen an den Bauwerken
festgestellt werden. Weitere Maßnahmen konnten unterbleiben. Eine
detaillierte Beweissicherung und Bauwerksabnahme finden zurzeit
noch statt.

260
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

5.3 Meldekette und Handlungsplan


Bei Erreichen der Warn-, Alarm- und Grenzwerte wurden die Melde-
kette und der Handlungsplan ausgelöst. Diese wurden vorab mit den
Anlagenverantwortlichen und Betriebsführungen der SSB AG und
DB Netz AG für die jeweiligen Warn-, Alarm- und Grenzwerte abge-
stimmt, um schnelle Eingriffszeiten für Sofortmaßnahmen und einen
lückenlosen Informationsfluss an die Verantwortlichen zur ständigen
Gewährleistung der Betriebssicherheit zu ermöglichen. Der Hand-
lungsplan reicht bis zu einer sofortigen Sperrung der Betriebsstrecken
und dem Rückzug des Vortriebspersonals und der Geräte.
Ein Probealarm der jeweiligen Meldekette wurde mit den Betreibern
vor Beginn der Arbeiten durchgeführt, um die Funktionsfähigkeit für
den Ereignisfall sicherzustellen.
In den Bildern 16 und 17 sind die für das Projekt vorliegenden Mel-
deketten und Handlungspläne in Abhängigkeit der jeweiligen Warn-,
Alarm- und Grenzwertüberschreitung dargestellt.

Bild 15.  Fissurometermessung: Auswertung Querverschiebung (Y-Geber)

261
Praxisbeispiele

Bild 16.  Handlungsplan und Meldekette für Gleise und Überwerfungsbauwerk


der SSB AG
262
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Bild 17.  Handlungsplan und Meldekette für Gleise und Überwerfungsbauwerk


der DB Netz AG

263
Praxisbeispiele

6 Fazit
Basierend auf einer genauen Zustandserfassung der Bauwerke und
Anlagen und einer realitätsnahen statischen Abbildung, dem Fest-
legen der für den Bahnbetrieb zulässigen Setzungen und den daraus
resultierenden, baubetrieblichen und -technischen Maßnahmen, ei-
nem engmaschigen Monitoring sowie der lückenlosen Vorbereitung
jeglicher Handlungsszenarien wurden Voraussetzungen für eine mög-
lichst störungsfreie Ausführung geschaffen.
Gegen Ende der Durchführung wurden lokale Warn- und Alarmwer-
te an den Fissurometern überschritten und festgelegte Grenzwer-
te fast erreicht. Durch praktizierte Handlungsabläufe und tägliche
Monitoring-Berichte konnten alle Beteiligten die Situation besonnen
bewerten. Letztlich handelte es sich bei den Überschreitungen vor-
wiegend um temperaturbedingte Verformungen des Bauwerks und
der Messsensorik.
Am 16. November 2018 wurden mit dem Abschluss der untertägigen
Arbeiten die Hubpressen vollständig entlastet. Nach Auswertung der
Endmessungen konnte festgehalten werden, dass sich die Senkungen
des Überbaus während der Vortriebsarbeiten auf das bauwerksver-
trägliche Maß von 0,22 mm an den Lagern beschränkten. Das Hub-
pressensystem zur Lagesicherung der Deckenplatte musste zu keinem
Zeitpunkt über die aufgebrachte Vorspannung hinaus in Anspruch
genommen werden.
Nach Betrachtung aller Messungen konnten keine signifikanten Ver-
formungen für die betroffenen Anlagen und Bauwerke nachgewiesen
werden. Erste Begehungen zeigten keine relevanten Auswirkungen
am Überwerfungsbauwerk, die auf die Unterfahrung zurückzuführen
wären.
Für die Übergabe der Anlagen an Betreiber und Eigentümer werden
nach Einbau der Innenschale noch abschließende Beweissicherungen
und Zustandsfeststellungen von Bauwerk und Lagern durchgeführt.
Durch die enge, stets lösungsorientierte Zusammenarbeit aller am Bau
Beteiligten und die vorausschauende Planung konnte die bergmänni-
sche Unterfahrung sicher und erfolgreich abgeschlossen werden.

264
II.  Tunnel Feuerbach – Bergmännische ­Teilunterfahrung

Danksagung
Abschließend möchten die Autoren den Anlagenverantwortlichen
der SSB AG und der DB Netz AG (Produktionsstandort Stuttgart)
und den jeweils zuständigen Betriebsführungen ihren Dank für die
konstruktive Mitarbeit und das entgegengebrachte Vertrauen bei der
Umsetzung dieser Maßnahmen in einem äußerst sensiblen Umfeld
aussprechen.

Literatur
[1] Wittke, W. (12/2011) Tunnelbautechnisches Gutachten für den bergmänni-
schen Tunnel, S21, PFA1.5 Los 2, WBI.

265
Content deleted for legal reasons
Tunnelbaubedarf
1 Erd- und Gesteinsarbeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   269
1.1 Herstellung von Tunnelbauten  269
1.2 Untersuchungen des Untergrundes  269
1.3 Messungen/Monitoring  269
1.4 Bohrmaschinen, Bohrausrüstungen, Sprengtechnik  270
1.5 Vortriebs- und Lademaschinen (geschlossene Bauweise)  270
1.6 Baumaschinen (offene Bauweise)  270
1.7 Brunnenbau  271

2 Transporteinrichtungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   271
2.1 Gleislose Fahrzeuge  271
2.2 Schienenfahrzeuge und Zubehör  271
2.3 Förderbänder und Zubehör  271

3. Tunnelausbau  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   272
3.1 Injektionen und Gebirgsanker  272
3.3 Betonausbau  272
3.4 Stahlausbau, Tübbingausbau  273
3.5 Tübbingzubehör  273
3.6 Tunnelabdichtungen  273

4 Belüftung beim Vortrieb  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   274


4.1 Sonderbelüftung  274

6 Entwässerung beim Vortrieb  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   275


6.1 Pumpen  275

9 Arbeitsschutz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   275
9.1 Entstaubungsanlagen  275

10 Tunnelbetrieb  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   275
10.1 Energieversorgung  275
10.2 Belüftung  276
10.5 Sicherheitseinrichtungen  276
10.8 Bauwerksüberwachung/Monitoring  276

11 Tunnelbautechnische Beratung für Planung, Bau und


­Sanierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   277

267
Tunnelbaubedarf

12 Befestigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   279

14 Mess- und Prüfgeräte/-einrichtungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   279

15 Digitalisierung von Bauprozessen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   279

268
Tunnelbaubedarf

1 Erd- und Gesteinsarbeiten

1.1 Herstellung von Tunnelbauten


Innovative Produktlösungen & kompetenter Service in
den Bereichen Navigationstechnologie, Produktions- und
Logistikmanagement, Deformations- und Prozessmoni-
toring sowie Datenmanagement
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

1.2 Untersuchungen des Untergrundes


Explorations-Bohrgeräte
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

1.3 Messungen/Monitoring
Durchführung von Messungen, In-Situ-Versuchen, me-
chanischen Bohrlochversuchen, Bohrlochfernsehen
➤➤ GIF Geotechnisches Ingenieurbüro Prof. Fecker & Partner
GmbH,
76275 Ettlingen
www.gif-ettlingen.eu

Monitoringsysteme für den optimalen Ringbau, zur Echt-


zeit-Ortung von Personen und mobiler Ausrüstung sowie
für das Deformationsmonitoring über- und unterirdi-
scher Anlagen und Bauwerke
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

269
Tunnelbaubedarf

Vermessungszubehör für Deformationsmessungen


➤➤ GOECKE GmbH & Co. KG,
58332 Schwelm
www.goecke.de

1.4 Bohrmaschinen, Bohrausrüstungen, Sprengtechnik


Bohrwagen und Bohrwerkzeuge/ Vielzweckbohrgeräte/
Seilkernrohre
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

1.5 Vortriebs- und Lademaschinen (geschlossene Bauweise)

➤➤ Epiroc Deutschland GmbH


45143 Essen
www.epiroc.com

Entstaubung von Voll- und Teilschnittmaschinen


➤➤ CFT GmbH Compact Filter Technic,
45964 Gladbeck
www.cft-gmbh.de

Hochentwickelte Navigationssysteme für jede Art von


Vortriebsmaschine und jede Tunnelbaumethode
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

1.6 Baumaschinen (offene Bauweise)

➤➤ Atlas Copco Power Technique GmbH


45141 Essen
www.atlascopco.com

270
Tunnelbaubedarf

➤➤ Epiroc Deutschland GmbH


45143 Essen
www.epiroc.com

1.7 Brunnenbau
Brunnenbohrgeräte
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

2 Transporteinrichtungen

2.1 Gleislose Fahrzeuge


Gleislosfahrzeuge
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

2.2 Schienenfahrzeuge und Zubehör


Gleisgebundene Transportmittel
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

2.3 Förderbänder und Zubehör


Entstaubung von Förderanlagen (Nass- und Trockenent-
stauber)
➤➤ CFT GmbH Compact Filter Technic,
45964 Gladbeck
www.cft-gmbh.de

271
Tunnelbaubedarf

Transportbänder
➤➤ ContiTech Transportbandsysteme GmbH,
37154 Northeim
www.contitech.de/cbg-de

3. Tunnelausbau

3.1 Injektionen und Gebirgsanker


Gebirgsanker/Ankerbohr- und -setzgeräte/ Injektions-
ausrüstungen
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

Injektionsmaterialien
➤➤ BASF Performance Products GmbH
A-8670 Krieglach
www.master-builders-solutions.basf.at

3.3 Betonausbau
Bekaert Maccaferri
➤➤ Underground Soulutions BVBA
B-9320-Aalst-Erembodegem
www.bm-underground.com

Spritzbetonausbau
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

➤➤ BASF Performance Products GmbH


A-8670 Krieglach
www.master-builders-solutions.basf.at

272
Tunnelbaubedarf

3.4 Stahlausbau, Tübbingausbau


Bekaert Maccaferri
➤➤ Underground Soulutions BVBA
B-9320-Aalst-Erembodegem
www.bm-underground.com

Modulares Produktions- und Logistik-Management-


system für den Tübbingausbau, 3D Vermessung von
Schalungen und Tübbingen mit modernster Lasertra-
cker-Technologie
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

3.5 Tübbingzubehör
Lastverteilungsplatten
➤➤ mago-pack GmbH,
26135 Oldenburg
TU@mago-pack.de

3.6 Tunnelabdichtungen

➤➤ BASF Performance Products GmbH


A-8670 Krieglach
www.master-builders-solutions.basf.at

Abdichtungsberatung
➤➤ Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke GmbH & Co. KG,
76275 Ettlingen
www.prof-kirschke.de

Abdichtungsberatung Injektionstechnik
➤➤ Desoi GmbH,
36148 Kalbach/Rhön
www.desoi.de
273
Tunnelbaubedarf

Abdichtungssysteme
➤➤ NAUE GmbH & Co. KG
32339 Espelkamp
www.naue.com

➤➤ NAUE Sealing GmbH & Co. KG


31675 Bückeburg
www.nauesealing.com

4 Belüftung beim Vortrieb

4.1 Sonderbelüftung
Bewetterungssysteme für den Berg- und Tunnelbau
➤➤ Epiroc Deutschland GmbH
45143 Essen
www.epiroc.com

Luttenventilatoren Elektro-Antrieb, Kombi-Antrieb Elek-


tro/Druckluft, Druckluft-Antrieb
➤➤ Korfmann Lufttechnik GmbH,
58454 Witten
info@korfmann.com

Luttenvorbauspeicher
➤➤ Korfmann Lufttechnik GmbH,
58454 Witten
info@korfmann.com

Schalldämpfer
➤➤ Korfmann Lufttechnik GmbH,
58454 Witten
info@korfmann.com

274
Tunnelbaubedarf

Wetterlutten + Zubehör
➤➤ Schauenburg Tunnel-Ventilation GmbH,
45478 Mülheim an der Ruhr
www.tunnel-ventilation.de

6 Entwässerung beim Vortrieb

6.1 Pumpen
Elektrische Tauchpumpen
➤➤ Atlas Copco Power Technique GmbH
45141 Essen
www.atlascopco.com

9 Arbeitsschutz

9.1 Entstaubungsanlagen

➤➤ CFT GmbH Compact Filter Technic,


45964 Gladbeck
www.cft-gmbh.de

10 Tunnelbetrieb

10.1 Energieversorgung
Generatoren
➤➤ Atlas Copco Power Technique GmbH
45141 Essen
www.atlascopco.com

275
Tunnelbaubedarf

10.2 Belüftung
Axialventilatoren
➤➤ Korfmann Lufttechnik GmbH,
58454 Witten
info@korfmann.com

10.5 Sicherheitseinrichtungen
Türen und Tore
➤➤ BUCHELE GmbH,
73061 Ebersbach/Fils
www.buchele.de

Türen, Tore und Nischen


➤➤ HODAPP GmbH & Co. KG,
77855 Achern-Großweier
www.hodapp.de

Netzwerkschränke und Niederspannungsverteiler in


Stahlblech und Edelstahl
➤➤ Rittal GmbH & Co. KG,
35745 Herborn
www.rittal.de

10.8 Bauwerksüberwachung/Monitoring
Vermessungszubehör für Deformationsmessungen
➤➤ GOECKE GmbH & Co. KG,
58332 Schwelm
www.goecke.de

276
Tunnelbaubedarf

11 Tunnelbautechnische Beratung für Planung, Bau und


­Sanierung
Beraten – Planen - Überwachen
➤➤ EDR GmbH – seit 2019 ein Unternehmen der Ingérop Fir-
mengruppe
Firmenzentrale
80686 München
www.edr.de

➤➤ PSP Tunnelling Engineers GmbH,


80686 München
www.psp-tunnel.de

➤➤ Vössing Ingenieurgesellschaft mbH,


Niederlassung Tunnelbau
40223 Düsseldorf
www.voessing.de

Engineering für den Berg- und Tunnelbau


➤➤ CFT GmbH Compact Filter Technic,
45964 Gladbeck
www.cft-gmbh.de

➤➤ Korfmann Lufttechnik GmbH,


58454 Witten
info@korfmann.com

Innovative Produktlösungen & kompetenter Service in


den Bereichen Navigationstechnologie, Produktions- und
Logistikmanagement, Deformations- und Prozessmoni-
toring sowie Datenmanagement
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

277
Tunnelbaubedarf

Planer für Lüftung, Aerodynamik und Sicherheit


➤➤ HBI Haerter GmbH / AG
89522 Heidenheim (Deutschland) / 8052 Zürich (Schweiz)
➤➤ www.hbi.eu

Tunnelbautechnische Beratung für Entwurf und Ausfüh-


rung – Konventionell und TBM
➤➤ HOCHTIEF Infrastructure GmbH,
45128 Essen
www.hochtief-infrastructure.de

➤➤ Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke GmbH & Co. KG,


76275 Ettlingen
www.prof-kirschke.de

Tunnelbautechnische Beratung und Planung, geotechni-


sche Erkundung, Bauüberwachung
➤➤ Baugrundinstitut Franke-Meißner und Partner GmbH,
65205 Wiesbaden-Delkenheim
www.bfm-wi.de

Untersuchung, Beratung, Planung, Überwachung, Be-


rechnung im Bereich Tunnelbau/Geotechnik, Geologie,
Umwelt, Bauwesen und verwandte Gebiete
➤➤ gbm Gesellschaft für Baugeologie und -meßtechnik mbH
Baugrundinstitut,
76275 Ettlingen
www.gbm-baugrundinstitut.de

278
Tunnelbaubedarf

12 Befestigung
Tunnelausbaubefestigungen & Schwerlastsonderkonst-
ruktionen aus Edelstahl Rostfrei bis Korrosionsschutz-
klasse V
➤➤ Wilhelm Modersohn GmbH & Co. KG,
32139 Spenge
www.modersohn.eu

14 Mess- und Prüfgeräte/-einrichtungen


Vermessungszubehör für Deformationsmessungen
➤➤ GOECKE GmbH & Co. KG,
58332 Schwelm
www.goecke.de

15 Digitalisierung von Bauprozessen


Prozessdaten-Managementsysteme im maschinellen Tun-
nelbau zur optimalen Steuerung und kontinuierlichen
Verbesserung von Bauprozessen, Kosten- und Risikomi-
nimierung sowie Qualitätssicherung von Tunnelbauten
➤➤ VMT GmbH,
76646 Bruchsal
www.vmt-gmbh.de

279
Inserentenverzeichnis

A
ALFRED KUNZ Untertagebau München,
Niederlassung der August Reiners Bauunternehmung GmbH, Bremen
Frankfurter Ring 213, D-80807 München, Telefon (0 89) 3 23 61-4,
Telefax (0 89) 3 23 61-510, info@alfredkunz.de, www.alfredkunz.de
(s. Anzeige Seite 29)

Atlas Copco Power Technique GmbH,


Langemarckstraße 32, D-45141 Essen,
Telefon (02 01) 21 77-370, Telefax (02 01) 21 77-348, www.atlascopco.com

B
Baresel Tunnelbau GmbH,
Ulmer Straße 2, D-70771 Leinfelden-Echterdingen,
Telefon (07 11) 25 84 - 400, Telefax (07 11) 25 84 - 402,
Tunnelbau@baresel.de, www.baresel.de (s. Anzeige Seite 27)

BASF Performance Products GmbH


Roseggerstraße 101, A-8670 Krieglach,
Telefon +43 (0) 3855 23 71 - 0, office.austria@basf.com,
www.master-builders-solutions.basf.at

Baugrundinstitut Franke-Meißner und Partner GmbH,


Max-Planck-Ring 47, D-65205 Wiesbaden-Delkenheim,
Telefon (0 61 22) 95 62 - 0, Telefax (0 61 22) 5 25 91, info@bfm-wi.de,
www.bfm-wi.de

Bekaert Maccaferri Underground Solutions BVBA


SkylinE40 – Korte Keppestraat 23/02, B-9320 Aalst-Erembodegem,
Telefon +32 53 43 10 10
www.bm-underground.com

281
Inserentenverzeichnis

Dipl.-Ing. Bernd Gebauer Ingenieure GmbH,


Elsenheimerstraße 49, 80687 München,
Telefon (0 89) 12 66 68 0, Telefax (0 89) 12 66 68 55,
bgm@bgebauer.de, www.bgebauer.de
(s. Anzeige Seite 56)

BPA GmbH,
Behringstraße 12, D-71083 Herrenberg-Gültstein,
Telefon (0 70 32) 8 93 99 - 0, Telefax (0 70 32) 8 93 99 - 29,
info@bpa-waterproofing.com, www.bpa-waterproofing.com
(s. Anzeige Seite 33)

BUCHELE GmbH,
Industriestraße 3, D-73061 Ebersbach/Fils,
Telefon (0 71 63) 10 01 - 0, Telefax (0 71 63) 10 01 - 44,
info@buchele.de, www.buchele.de

BUNG Baumanagement GmbH,


Max-Planck-Straße 29, 50858 Köln
Telefon (02234) 68800-121, Telefax (02234) 68800-150,
info@bung-bm.de, www.bung-gruppe.de (s. Anzeige Seite III)

C
CDM Smith Consult GmbH,
Am Umweltpark 3-5, D-44793 Bochum,
Telefon (02 34) 68 775 - 0, Telefax (02 34) 68 775 - 10, info@cdmsmith.com,
www.cdmsmith.com (s. Anzeige Seite 31)

CFT GmbH Compact Filter Technic,


Beisenstraße 39-41, D-45964 Gladbeck,
Telefon (0 20 43) 48 11 - 0, Telefax (0 20 43) 48 11 - 900, mail@cft-gmbh.de,
www.cft-gmbh.de

ContiTech Transportbandsysteme GmbH,


Breslauer Straße 14, D-37154 Northeim,
Telefon (0 55 51) 7 02 - 0, Telefax (0 55 51) 7 02 - 5 04,
transportbandsysteme@cbg.contitech.de, www.contitech.de/cbg-de
(s. Anzeige Seite 79)

282
Inserentenverzeichnis

D
Desoi GmbH,
Gewerbestraße 16, D-36148 Kalbach/Rhön,
Telefon (0 66 55) 96 36 0, Telefax (0 66 55) 96 36 66 66, info@desoi.de,
www.desoi.de (s. Anzeige Seite 37)

DMI Injektionstechnik GmbH,


Warmensteinacher Straße 60, D-12349 Berlin,
Telefon (030) 4 17 44 23 - 40, Telefax (030) 4 17 44 23 - 44,
info@d-m-i.net, www.d-m-i.net (s. Anzeige Seite 35)

E
EDR GmbH – seit 2019 ein Unternehmen der Ingérop Firmengruppe,
Firmenzentrale
Dillwächterstraße 5, D-80686 München,
Telefon (0 89) 54 71 12 - 0, Telefax (0 89) 54 71 12 - 50,
info@edr.de, www.edr.de

Epiroc Deutschland GmbH


Helenenstr. 149, D-45143 Essen,
kontakt@epiroc.com, www.epiroc.com

G
gbm Gesellschaft für Baugeologie und –meßtechnik mbH
Baugrundinstitut, Pforzheimer Straße 126 a, D-76275 Ettlingen,
Telefon (0 72 43) 76 32 - 0, Telefax (0 72 43) 76 32 - 50,
www.gbm-baugrundinstitut.de

GIF Geotechnisches Ingenieurbüro


Prof. Fecker & Partner GmbH,
Am Reutgraben 9, D-76275 Ettlingen,
Telefon (0 72 43) 5 98 37, Telefax (0 72 43) 59 83 97, www.gif-ettlingen.eu

GOECKE GmbH & Co. KG,


Ruhrstraße 38, D-58332 Schwelm,
Telefon (0 23 36) 47 90 - 0, Telefax (0 23 36) 47 90 - 10, info@goecke.de,
www.goecke.de (s. Anzeige gegenüber Haupttitelseite)

283
Inserentenverzeichnis

H
Hailo-Werk Rudolf Loh GmbH & Co. KG,
Daimlerstraße 2, 35708 Haiger,
Telefon (0 27 73) 82 – 0, Telefax: (0 27 73) 82 – 12 18, professional@hailo.de,
www.hailo-professional.de (s. Anzeige Seite 107)

HBI Haerter GmbH / AG,


Friedrich-Ebert-Str. 25, D-89522 Heidenheim, Telefon (0049 73 21) 98 23 10,
info.hdh@hbi.eu, www.hbi.eu
Bahnhaldenstr. 7, CH-8052 Zürich, Telefon (00 41 44) 2 89 39 00,
info.zh@hbi.ch, www.hbi.eu

Herrenknecht AG,
Schlehenweg 2, D- 77963 Schwanau,
Telefon (0 78 24) 3 02 - 0, Telefax (0 78 24) 34 03,
info@herrenknecht.de, www.herrenknecht.de
(s. Anzeige auf U2 und gegenüber U2)

HOCHTIEF Infrastructure GmbH,


Opernplatz 2, D- 45128 Essen,
Telefon (02 01) 824-0, www.hochtief-infrastructure.de
(s. Anzeige Seite 59)

HODAPP GmbH & Co. KG,


Großweierer Straße 77, D-77855 Achern-Großweier,
Telefon (0 78 41) 60 06 - 0, Telefax (0 78 41) 60 06 - 10, info@hodapp.de,
www.hodapp.de

I
iC consulenten Ziviltechniker GesmbH,
Schönbrunner Straße 297, A-1120 Wien,
Telefon (00 43 1) 5 21 69 - 0, office@ic-group.org,
Zollhausweg 1, A-5101 Salzburg/Bergheim,
Telefon (00 43 662) 45 07 73, officesalzburg@ic-group.org, www.ic-group.org
Dunajska cesta 21, SI-1000 Ljubljana/Slowenien
Telefon +386 1 474 10 00, info@elea.si
(s. Anzeige Seite 73)

284
Inserentenverzeichnis

IMM Maidl & Maidl, Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG,
Universitätsstraße 142, D-44799 Bochum,
Telefon (02 34) 9 70 77 - 0, Telefax (02 34) 9 70 77 - 88, info@imm-bochum.de,
www.imm-bochum.de (s. Anzeige Seite XIII)

Implenia Schweiz AG,


Husacherstraße 3, CH-8304 Wallisellen,
Telefon (00 41 58) 4 74 76 00, Telefax (00 41 58) 4 74 76 01, www.implenia.com
(s. Anzeige Seite IV)

K
Prof. Dr.-Ing. Dieter Kirschke GmbH & Co. KG,
Gutenbergstraße 9, 76275 Ettlingen,
Telefon (0 72 43) 7 90 71, Telefax (0 72 43) 3 14 18, prof.kirschke@t-online.de,
www.prof-kirschke.de

Korfmann Lufttechnik GmbH,


Hörder Straße 286, 58454 Witten,
Telefon (0 23 02) 17 02-0, Telefax (0 23 02) 17 02-153, info@korfmann.com
(s. Anzeige Seite 266)

M
mago-pack GmbH,
Rudolf-Diesel-Straße 43-45, D-26135 Oldenburg,
Telefon (04 41) 219 855 0, Telefax (04 41) 219 855 29, TU@mago-pack.de
(s. Anzeige Seite 207)

MAPEI Austria GmbH,


Fräuleinmühle 2, A-3134 Nußdorf ob der Traisen,
Telefon +43 2783 8891, Telefax +43 2783 8891 125, office@mapei.at,
www.mapei.com (s. Anzeige auf U3)

Messe Berlin GmbH,


Messedamm 22, 14055 Berlin,
Telefon (0 30) 30 38 0, Telefax (0 30) 30 38 23 25, central@messe-berlin.de,
www.messe-berlin.de (s. Lesezeichen)

285
Inserentenverzeichnis

N
NAUE GmbH & Co. KG
Gewerbestraße 2, D-32339 Espelkamp,
Telefon (0 57 43) 41-0, Telefax (0 57 43) 41-240, www.naue.com

O
ÖSTU-STETTIN Hoch- und Tiefbau GmbH,
Münzenbergstraße 38, A-8700 Leoben,
Telefon (00 43 38 42) 4 25 23, Telefax (00 43 38 42) 4 25 23 - 142,
schalungsbau@oestu-stettin.at, www.oestu-stettin.at (s. Anzeige Seite 55)

P
PORR GmbH & Co. KGaA,
Franz-Rennefeld-Weg 4, D-40472 Düsseldorf,
Telefon (02 11) 15 92 23-400, Telefax (02 11) 15 92 23-405,
tunnel@porr.de, www.porr-tunnelbau.at (s. Anzeige Seite 205)

PSP Tunnelling Engineers GmbH,


Heinrich-Heine-Straße 1, D-80686 München,
Telefon (0 89) 57 83 96-0, Telefax (0 89) 57 83 96-40, info@psp-tunnel.de,
www.psp-tunnel.de

R
Rittal GmbH & Co. KG,
Auf dem Stützelberg, D-35745 Herborn,
Telefon (0 27 72) 5 05 - 0, Telefax (0 27 72) 5 05 - 23 19, info@rittal.de,
www.rittal.de

S
Schauenburg Tunnel-Ventilation GmbH,
Weseler Straße 42 a, D-45478 Mülheim an der Ruhr,
Telefon (02 08) 8 82 76 10, Telefax (02 08) 8 82 76 15,
info@tunnel-ventilation.de, www.tunnel-ventilation.de

286
Inserentenverzeichnis

T
TPH Bausysteme GmbH,
Nordportbogen 8, D-22848 Norderstedt,
Telefon (0 40) 50 11 66, Telefax (0 40) 50 29 56, gt@tph-hamburg.com,
www.tph-hamburg.com (s. Anzeige Seite IX)

Trox GmbH,
Heinrich-Trox-Platz, D-47504 Neukirchen-Vluyn,
Telefon (0 28 45) 202-0, Telefax (0 28 45) 202-265, trox@trox.de, www.trox.de
(s. Anzeige Seite 249)

U
Unternehmensgruppe BUNG
Englerstraße 4, 69126 Heidelberg,
Telefon (06221) 306-0, Telefax (06221) 306-172
info@bung-ag.de, www.bung-gruppe.de (s. Anzeige Seite III)

V
VMT GmbH,
Gesellschaft für Vermessungstechnik, Stegwiesenstraße 24,
D-76646 Bruchsal, Telefon (0 72 51) 96 99 - 0, Telefax (0 72 51) 96 99 - 22,
www.vmt-gmbh.de

Vössing Ingenieurgesellschaft mbH


Brunnenstraße 29-31, D-40223 Düsseldorf,
Telefon (02 11) 90 54 – 5, Telefax (02 11) 90 54 – 6 19, info@voessing.de,
www.voessing.de (s. Anzeige Seite XI)

W
WBI GmbH
Im Technologiepark 3, D-69469 Weinheim,
Telefon (0 62 01) 25 99 0, Telefax (0 62 01) 25 99 110, wbi@wbionline.de,
www.wbionline.de (s. Lesezeichen)

287
Inserentenverzeichnis

Wilhelm Modersohn GmbH & Co. KG,


Industriestr. 23, D-32139 Spenge,
Telefon (0 52 25) 87 99-0, Telefax (0 52 25) 87 99 – 97, info@modersohn.de,
www.modersohn.eu

Z
ZETCON Ingenieure GmbH,
Firmenzentrale, Lennershofstr. 162, D-44801 Bochum,
Telefon (02 34) 9 25 67 - 0, Telefax (02 34) 9 25 67 - 10 00, info@zetcon.de,
www.zetcon.de (s. Anzeige Seite VII)

288

Das könnte Ihnen auch gefallen