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DER SAUM

SEINES
GEWANDES
Die Lebensgeschichte von
VIRGINIA BRANDT BERG
INHALTSVERZEICHNIS Seite
In den ›Blue Ridge‹-Bergen Virginias 3
Der Weihnachtsmorgen 4
Erinnerungen 7
Ein fernes Land und Treber 10
Meine Zeit im College 11
Modernismus in Aktion 12
Eine ausrangierte Bibel 13
Eine Kirche, in die Jesus nie kam 15
Eine Liebesgeschichte 17
Dunkelheit und Verzweiflung 19
Das Ende des Pfades 20
Das Licht bricht herein 24
Die Bank des Himmels 25
Im Sanhedrin 29
Der festgesetzte Tag – und Enttäuschung 31
Die stille kleine Stimme 33
Über Nacht vom Sterbebett auf die Kanzel 40
Der Saum Seines Gewandes 41
Es ist für dich! 42
Geistige Grundlagen 44

© 1981 by The Family International


Alle Rechte vorbehalten!
5., überarbeitete deutsche Ausgabe 2009

(Diese Ausgabe ist leicht gekürzt, um Wiederholungen mit dem Folgeband, Ströme, die nie versie­
gen, zu vermeiden)
(The Hem of His Garment - German)
2 DER SAUM SEINES GEWANDES
In den ›Blue Ridge‹- man das be­kannte Buch »Wer ist wer in
Amerika?« In die Hand nimmt und mit dem
Bergen Virginias Finger lang­sam in den Seiten den Anfangs­
buchstaben »B« durchgeht, kommt man zu
Auf den Pfaden der ›Blue Ridge‹-Berge sei­nem Namen, dem Namen Brandt und
Virginias kam ein Wan­der­prediger und ver- dann zu den Vorna­men John Lincoln.*
kündigte das Evange­lium. Von Ronsevert,
in West-Virginia, über Valley Forge und Aber der Teil der Geschichte, der mit die-
Roanoke weiter bis zur Ost­küste, bei Old Point sem Buch zu tun hat, be­gann damals in jenen
Comfort, erzählte er die »alte Geschichte«. »Blue-Ridge-­Tagen«, als im Hause des jun­gen,
Er war jung und ehrgeizig und obwohl er herum­reisenden Pre­digers ein ganz kleines
die Hügel Virginias und das gast­freundliche Baby geboren wurde, und so winzig war es,
Volk dieses Lan­des liebte, träumte er doch dass es nur einige Pfund wog. Dieses Baby war
oft von einer großen Kirche, wo er zu den ich, geboren in Ronse­vert, West-Virginia, und
Mengen predigen und seine Vi­sionen erfüllt so wie ich damals solch ein winziges, kleines
sehen könnte. Eines Tages würde er auch ein Wesen war, genauso klein fühle ich mich nach
Autor sein, so hatte er es vor, und werde die meiner eigenen Einschätzung heute auch
Herzen der Menschen nicht nur durch die während ich über mein Leben schreibe. Ich
gesprochene, sondern auch die geschriebene würde jedoch diese Ge­schichte nie erzählen,
Bot­schaft er­reichen. Sein Name war John wenn es tatsächlich nur über mein eigenes
und wie der geliebte Jünger Jesu ver­lang­te es Leben wäre, aber es hat mit einem ande­ren
auch ihn am aller­meisten, seinem Meister zu Leben zu tun – das so schön, so wunderbar,
gefallen und sein Le­ben bis zum Äußersten so un­ver­gleich­lich ist, dass mein ganzes Herz
in Seinem Dienst erfüllt zu sehen. aufgeregt höher schlägt bei der Gelegenheit,
euch über die wunderbaren Dinge zu er­
Es gab viele Hindernisse – härteste zählen, die Er getan hat! Dieses andere Leben,
Prüfungen, äußerste Opfer, wirk­liche Armut; von dem ich spreche, ist das gött­li­che Leben
dies alles in jenen frühen Tagen, als eine des un­ver­­gleichlichen Christus, der sagt: »Ich
Klein­stadt- und Land­ge­meinde einem alt- bin ge­kom­men, dass sie das Leben haben und
herkömmlichen Wander­pre­di­ger nur gera­de reiche Fülle haben sollen!« (Johannes 10:10)
das Lebens­­notwendigste zu geben vermochte. Dieser Eine Wunderbare, der Christus der
Aber dieser junge Mann hatte einen unbe- Herr­lich­keit, der so viele Male an der Straße
zähmbaren Willen, einen unbesiegbaren Mut nach Jerusalem anhielt, um die ärmsten und
und eine verbissene Entschlossen­heit, was auf demü­tig­sten aller Men­schen zu trösten oder
einem alten Bau­ern­hof in Ohio durch harte zu berühren, hielt eines Tages an meiner Türe
Arbeit, äußerste Not und echte Ent­behrungen an und ließ sich herab, meinen zer­brochenen
im Her­zen des Jungen vom Lande geboren Körper zu berühren.
worden war. Und eben diese Qua­li­tä­ten,
verbunden mit seinem Glau­ben an Gott und Wunder über Wunder, dass Er sich um die
Gebet, brach­ten ihn von dem un­scheinbaren Geringsten sorgen soll­te! Und nie endendes
Bauernhof zur Erfüllung seiner Träu­me, wie Wunder, dass Christus für uns starb, wäh­
bei vielen Landjungen, welche die glei­chen rend wir noch Sünder waren. Er, der Hohe
Hinder­nisse zu über­winden hatten. Wenn und Heilige, dieser liebens­werte Mann aus
DER SAUM SEINES GEWANDES 3
der Herr­lichkeit, ließ sich eines Tages so weit noch sehr schwach,« sagte der Arzt, Sie haben
her­ab, mein zerbrochenes, vernichtetes Leben eine an­strengende Zeit gehabt. Sie müssen gut
und meinen leidenden, ster­benden Körper auf sich achten, wegen dieses kleinen Lebens,
zu berühren und beide für immer durch ein das jetzt auf Sie angewiesen ist.« »Aber dies ist
Wunder der Gnade zu verwandeln. Weih­nach­ten und es wird im Kranken­haus
nicht wie Weih­nach­­ten aussehen; ich werde
Wie man einen mächtiger Retter in seiner sehr vorsichtig sein, ich verspreche es, wenn
Aufopferung und Tapfer­keit lobt, ehrt und Sie mich heu­te Morgen gehen lassen.« Und so
liebt, während man die Geretteten nur mit gab der Arzt, nach langem Flehen und gegen
einem flüchti­gen Gedanken streift, so sollst sein besseres Wissen An­weisungen, mich zur
du, lieber Leser, an den mächtigen Retter und Entlassung bereit zu machen.
Seine wunderbare Liebe denken und dem
Namen und dem Leben der Geretteten bitte Mein Herz sprudelte einfach über bei
nur einen flüchtigen Gedanken zukommen dem Gedan­ken an Zu­hau­se, meinen Mann,
lassen. Alle Ehre gebühre Seinem Namen! Weihnachten: Ich war in das Tal des Schat­tens
hin­ab­gestiegen, in dem so viele Mütter gewe-
sen sind, und die­ses kleine Leben erhaschend,
war ich zurückgekommen mit einem Her­zen,
Der Weihnachtsmorgen das einfach vor Freude überfloss bei dem Ge­
(24 Jahre später) danken, dass Gott mir einen Sohn gegeben
hatte; dieses liebe, kleine, warme Bün­del,
Es war der Morgen des Weihnachtstages das dort dicht neben mir ruhte, war mein
und das Kranken­haus war voller Besucher eigenes, und ich konnte es mit nach Hause
und die Luft war angespannt vor Auf­regung nehmen. Zuhause würde von jetzt an anders
und Begeisterung. Einige gingen nach Hause, sein; es war sowieso solch ein wunderbarer
andere begrüßten voller Freude Freunde und Platz, denn mein Mann und ich waren sehr
Ver­wandte, die von weither gekommen waren, glücklich, aber jetzt mit einem Baby wür­de
um die Feiertage mit Leidenden zu verbrin­ es wie eine richtige Familie sein. Und die
gen. Auf meine Kissen gestützt, bettelte ich Nachbarn hatten das Weihnachtsessen für
den Arzt an, mich für die Weihnachts­tage uns vorbereitet; sie hatten gesagt, es wür­de zur
nach Hause gehen zu lassen. »Ich möchte Zeit meiner An­kunft fertig sein. Oh, es war
wirklich, dass Sie ein paar Tage warten, bis alles zu schön, um wahr zu sein, und es war
Sie nach Hause gehen, denn Sie sind immer solch schönes Weihnachten. Als sie mich zur

* ANMERKUNG: (Wiedergegeben aus »Wer ist wer in Amerika«, Ausgabe 1933)


BRANDT, JOHN LINCOLN:
Geistlicher, Lektor, ordinierter Geistlicher der Christen (Jünger)­Kirche. Pastorate: Denver, Terre Haute,
Toledo, Valpariso, St. Louis, Muskogee, Oklahoma, Cathe­dral Church of Christ, Mel­bourne, Australien.
Gegen­wärtig Pastor der Christen-Kirche in N. Vermont, Los Angeles, Dozent an Volkshochschulen;
aus­ge­dehnte Reisen. Freimaurer. Autor: Das Abend­mahl des Herrn, 1888; Wendepunkte im Leben,
1890: Ehe und Heim, 1892; Das Falsche und das Wahre, 1893; Seelen­rettende Predigten, 1895; Die
angel­sächsische Vorherrschaft, 1913; Große Fragen der Bibel, 1926; Christus finden, 1939; Captain
Jack, Artikel in Magazinen und religiö­sen Zeitschriften.

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Kran­ken­haus­pforte hinaus­trugen, um mich Schatten, so tief und so lang, dass er die
in das Auto zu setzen, (denn ich war immer kommenden Jahre überschattete und zu­
noch zu schwach, um zu gehen), schien es nichte machte.
mir, dass ich nie eine schönere Weihnacht
gesehen hatte. Da lag ein dichter Mantel Denn gerade in Sichtweite des kleinen
von Schnee auf der Erde, und ich gab bei Hauses – wir waren bei­nahe dort – geschah
der Betrach­tung der Bäume meiner Be­wun­ ein Unfall. Ich wurde hin­geschleudert und
derung Aus­druck, wie ihre schnee­be­la­de­nen mein Rücken schlug auf den Bordstein auf
Zweige sich weiß funkelnd im Sonnen­schein und wurde an zwei ver­schie­denen Stel­len
aus­streckten. Die Luft draußen war so frisch gebrochen. Für einen Moment sprachlos und
und kühl, dass ich mich stärker fühlte. Ich er­schro­cken, tru­gen sie mich hinein und
schaute mit neuer Hoffnung und Freu­de in legten mich aufs Bett. Es gab viel Erregung
die Welt. Es war wunderbar, einfach am Leben auf Seiten von Freunden, die eilig herein-
zu sein, aber die zu­sätzliche Freude, meinen kamen, die tiefe Besorg­nis eines liebenden
neuen Schatz zu haben, war bei­na­he mehr Ehemannes, beschwichti­gende Stim­men; und
als ich an Glücks­gefühl fassen konnte. Und dann nach Stunden den Befund des Arz­tes –
Weihnach­ten! Ich hatte Weihnachten immer er kam in einem ziemlich berufsmäßigen Ton,
schon mehr geliebt als irgend­einen anderen aber mit einer Spur von Trau­rig­keit, der mich
Tag. Und zu Hause! Wir waren jetzt beinahe in der Tiefe meines Herzens erstarren ließ und
dort – be­reits in Sicht­weite des Hauses – wie jedes Wort in mei­nem Gedächtnis mit eisiger
gut es aus­sah! Genauigkeit ein­zu­frieren schien:

Aber – wie seltsam Gott wirkt! »Seine Wege »Sie ist von der Hüfte an abwärts gelähmt;
sind nicht unsere We­ge, und Seine Gedanken ich kann dort über­haupt keine Reflexe fest-
sind nicht unsere Gedanken.« (Jesaja 55:8) stellen. Nach dieser oberflächlichen Unter­
»Gott wirkt­auf geheimnisvolle Weise, Seine suchung würde ich sa­gen, dass der Rücken ge-
Wunder entstehen zu las­sen; In Sturm und brochen ist, aber nur eine Röntgenaufnahme
Wetter fährt er einher, und das Gewölk ist kann wahr­heitsgetreu sagen, um welche
der Staub Seiner Füße.« (Nahum 1:3) »Denn Verletzung es sich handelt. Ich fühle tief
so viel der Himmel höher ist als die Erde, so mit Ihnen und werde alles in meiner Kraft
sind auch Seine Wege höher als unsere Wege Stehende tun, um zu helfen, aber ich denke, es
und Seine Gedanken als unsere Ge­danken.« gibt sehr wenig, was getan werden kann. Die
(Jesaja 55:9) Chance ist eins zu tausend und diese Chance
ist äußerst ge­fährlich, aber ich kann Ihnen
Wie geschwind, unerwartet kann Trau­ mehr darüber nach der Röntgenaufnahme
rig­keit daherkommen auf dem Pfad des sagen. Auf Wie­der­­sehen!« Die­Tür ging zu.
Lebens; denn einen Moment scheint hell Ich wurde allein in dem kleinen Zimmer
die Sonne – im nächsten ver­steckt sich die zurück­gelassen – allein mit einem gebroche-
Sonne hinter einer Sturm­wolke und die nen Kör­per, zer­stör­ter­Hoffnung, und einem
ganze Welt wird plötzlich düster und dun- gebroche­nen Herzen. Ich konnte schwach das
kel. Auf die wun­der­bare Freude in meinem Flüstern der Freunde hören, die im Ess­zimmer
Herzen und die Schönheit die­ser funkeln- be­küm­mert darüber redeten; ein weißgesich-
den Weihnachtsstimmung fiel plötzlich ein tiger Ehemann war mit schwe­rem Herzen
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gegangen, einige Besorgungen zu machen. send. Der operierende Arzt war Dr. Oliver Fay,
Eine freund­liche Kranken­schwester beugte ein bekannter und erfahrener Spezialist; andere
sich über mich. »Das Baby weint; soll ich es assistierten und einige schauten zu, da es eine
sehr ungewöhnliche Operation war. Sie schnitten
bringen?« Ich nickte nur, denn ich fühlte, den Rücken 30 cm weit auf und hackten vom
dass, wenn ich nur meine Lippen öffnen wür- Knochen, der das Rückenmark umhüllt, mit
de, um ein Wort zu sagen, der Strom meiner einem chirurgischen Hammer und Meißel etwa
Trau­rigkeit meinen schmer­zenden Körper in 20 cm weg und entfernten auf diese Weise die
Stücke zer­reißen würde. Sie brachte es herein obere Bedeckung und legten das Rückenmark für
diese Länge frei. Die folgenden Mo­nate hin­durch
und legte es neben mich – das gleiche, warme, musste sie völlig still liegen, bis Knorpelgewebe
kuschelige, kleine Bündel; aber die Freude war über das Rücken­mark gewachsen war. (Bis heute
jetzt von meinem Herzen gewichen. hat Frau Berg keinen Knochen über diesem Teil
des Marks – 20 cm – es ist einfach mit Knorpel­
Still und weiß und kalt wie der gewebe be­deckt.)
Schnee, der mich an diesem wun­­der­ba­ren
Die wunderbaren Fähigkeiten der Chirurgen
Weihnachtsmorgen begrüßt hat­te, lag ich und die hervorragende medi­zi­nische Für­sor­ge
da und starrte auf die Decke; be­nommen, brachten, als Ergebnis der Operationen, eine teil-
betäubt, hörte ich immer noch den Be­fund weise Wieder­her­stellung der Funktionen für den
des Arztes. Das Bündel rührte sich, dann ein unteren Teil von Frau Bergs Körper, der gelähmt
schwa­ches Wei­nen, das in meinem Herzen gewesen war, aber der Schock der Operation
war so groß, dass sie, wegen ihres geschwächten
Widerhall fand, und dann kam die ge­seg­nete Zustands, einen völli­gen Zu­sam­menbruch erlitt
Erleichterung der Tränen – ein Strom von und sich monatelang nicht von den Folgen der
Trä­nen, der wäh­rend den nächsten 5 Jahren Operation erholte. Darauf folgten 5 Jahre der
weiterfloss – die 5 Jahre, die folgten, voll Invalidität, wäh­rend der ich sie mit Hilfe anderer
schrecklichen Todeskampfes, von Leiden und pflegte. Sie bekam akute Angina pectoris, die von
einem ge­bro­chenen Herzen – Jahre unerträg­ den Ärzten als unheilbar angesehen wird und beim
Patienten äußerst starke Schmerzen verursacht.
licher Schmerzen, Iso­lation und Einsamkeit Sie hatte auch schon aortische und mitro­li­sche
– Jahre, die endlos schienen, voller Hoff­ Stenosis (ein Herzklappenfehler). Viele Male
nungs­lo­sig­keit und Ver­zweif­­lung. saß ich neben ihr, mit meinen Fingern auf ihren
Puls und es waren von fünf Herz­schlägen nur
AN DEN LESER: Für das Verständnis der zwei oder drei fühlbar und als sie zum Ende hin
Fortsetzung dieser Ge­schich­te ist es wichtig, die so schwach wurde, kam es öfter, als ich mich
nachfolgende An­mer­kung zu lesen. erinnern kann, vor, dass ich viele Sekunden lang
ihren Puls überhaupt nicht fühlen konnte. Ihr
ANMERKUNG: Magen war völlig verschleimt; der Darm war
»Ich möchte hiermit folgende Tatsachen be- teilweise gelähmt.
treffend Frau Bergs Zustand und Operation be-
zeugen: Während geraumer Zeit wurde sie über einen
Schlauch ernährt, da sie nicht in der Lage war
Die Röntgenaufnahmen hatten gezeigt, dass zu schlucken; ein ernster Lungenschaden hatte
der Rücken an zwei verschie­de­nen Stellen ge- sich entwickelt und der rechte Lungen­flügel war
brochen war und ein zerbrochener, verschobener beinahe völlig auf­gelöst. Am Hinterkopf, an der
Rücken­wirbel drückte auf das Rücken­mark. Ich Basis des Kleinhirns, war ein dicker Klumpen –
war im Operationssaal, während die Ärzte den eine Schwel­lung, die sich sehr störend auswirkte,
gebrochenen Rücken operierten; es waren neun wenn sie ihren Kopf drehte und sie manchmal
Ärzte und Chirurgen gleichzeitig im Saal anwe- bewusstlos werden ließ. Als sie schwächer wurde,

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wuchs auch diese Beschwerde­, bis sie am Ende gut wie ein Wunder, dass sie so lange am Leben
ihren Kopf überhaupt nicht mehr drehen konn- geblieben sei. Sie hatte über die Jahre hinweg die
te. Akute Pyorrhöe befiel ihr Zahn­fleisch, das allerbeste medizinische Fürsorge erhalten und die
entzündet und geschwollen war und beinahe Ärzte zögerten keinen Augenblick, mir zu sagen,
jeder Zahn war locker. Sie war, von sehr seltenen dass Frau Bergs Fall völlig über die Möglich­
Ausnahmen abgesehen, unfähig, irgend­welche keiten medi­zinischer Hilfe hinausging; keine
feste Nahrung zu sich zu nehmen und wurde nur MENSCH­LICHE Fertigkeit konnte ihr helfen.
durch verdünnte, flüssige Nahrung durch einen Wir danken jenen tüchtigen Männern; sie waren
Schlauch ernährt. sehr hilfreich und taten alles, was sie konnten,
aber als sie aufgaben und uns sagten, es gäbe
Während des letzten Jahres ihrer Invalidität war keine MENSCHLICHE Hilfe, brachten wir den
sie auf der rechten Seite schwer gelähmt und lag Fall vor eine höhere Macht und fan­den, dass »bei
völlig hilflos auf Gummikissen, während sie rasch Gott nichts unmöglich ist« und »des Menschen
er­blin­dete und nur durch stimu­lie­rende Mittel am Ausweglosigkeit ist Gottes Gelegenheit.« (Markus
Leben gehalten wurde. Mehr als 5 Jahre lang war 10:27)
sie eine hilflose, hoff­nungs­­lose Invalidin, lag auf
Gummi­kissen und wog nur 38 Kilo, ihr Körper Diese Tatsachen möchte ich hiermit bezeugen:
war ausgezehrt und ihr Gesicht mager; zum Ende Dass ich ein Augenzeuge der Operation gewesen
hin die meiste Zeit bewusstlos, stark leidend – bin und die Jahre der Invalidität hindurch ein
ein hoff­nungsloser Fall, von den Ärzten ganz dauernder Beobachter des Falles war und wahrhaf-
aufgegeben. Sie konnte nicht einmal im Laken tig, ohne den geringsten Zweifel zu haben, sagen
auf die Seite gedreht werden, um ihren Rücken kann, dass das, was mit Frau Berg geschehen ist
zu entlasten, denn wenn sie selbst einen oder zwei (und sie in ihrer Ge­schich­te erzählt), wirklich ein
Augenblicke auf die Seite gedreht wurde, fing ihr Wunder darstellt.
Herz an auszusetzen, lang­samer zu schlagen – und
einmal hörte es tatsächlich auf zu schlagen, als wir Möge Gott alle reich segnen, die dies lesen,
ein zu großes Risiko ein­gingen. ihren Glauben stärken und ihre Liebe für Ihn
vertiefen! »Über Nacht vom Sterbe­bett auf die
Ich trug sie auf einer Bahre ins Battle Creek Kanzel« war eine kleine Sache für Gottes Macht! Er
Sanatorium; auf gleiche Weise nach St. Louis, kann noch größere Dinge tun und sagt in Jeremia
Missouri, zu einem Herzspezialisten; dann bis 33:3: »Rufe Mich an, so will Ich dir antworten und
nach Corpus Christi, Texas, immer noch auf will dir große und gewaltige Dinge anzeigen, von
einer Bahre , und weiter nach San Francisco, denen du nichts weißt.« »Nach deinem Glauben
Kali­fornien, wo wir uns ent­schlos­sen, sie für ihre geschehe dir.« (Matthäus 9:29)
letzten Tage an einen ruhigen Ort zu bringen, als
es ihr ständig schlechter ging, und die Ärzteschaft Hjamer E. Berg
sich völlig einig war, dass es nicht die geringste (Virginia Brandts Ehemann)
Hoffnung gäbe, noch das Gering­ste, das sie tun
könnten, ganz gleich, wohin wir gingen.

Es war im Pfarrhaus der Ersten Christlichen


Kirche zu Ukiah, Kali­fornien, wo ich Pastor war,
Erinnerungen
dass wir das Ende abwarteten. Anfangs, als wir­in
Ukiah an­kamen, besserte sich Frau Bergs Zustand In den langen, ermüdenden Monaten,
so ­sehr, dass wir uns Hoffnungen mach­ten, sie die sich mühsam dahin­schleppten, lebte ich
würde ihre Gesundheit wieder­er­langen können, mit Erinnerungen. Wie wenig einige von
aber dann gab es einen plötzlichen Rückfall, und uns sich bewusst sind, dass der Tag kommen
ihr Zustand war danach schlimmer als je zuvor.
Die Ärzte be­haupteten, dass es nicht mehr lange mag, wenn unsere einzigen Ge­fährten und
dauern würde und stimmten überein, es wäre so unsere ein­zige Quelle des Trostes die Dinge

DER SAUM SEINES GEWANDES 7


sein werden, die wir vom Regal unserer Er­ bereits angeeignet hätte, worauf ich erst viel
innerungen herunternehmen. Oftmals wurde später kam! Aber mein Leben war ein boden-
ich stundenlang allein ge­las­sen, mit kei­nem loser Ab­grund von schmer­zlichem Nichts;
anderen Gefährten als meinen Gedanken. meine Seele eine leere Schale, mit nichts als
Meine Seh­kraft reichte nicht zum Lesen aus, unersättlichem Verlangen ge­füllt, denn ich
ich war zu schwach, um zu reden und lebte hatte nicht nur einen gebrochenen Körper,
so nahe an der Schwelle zum To­d, dass ich sondern auch einen gebrochenen Glauben –
sehr wenig mit den Le­ben­den ge­meinsam keine Hoffnung, keinen Gott.
hatte; buchstäblich eingeschlossen mit mei-
nen Gedan­ken. Komm mit mir mit durch einige dieser
Erinnerungen und du wirst besser verstehen,
Während meiner Jugendzeit hatte mein warum Gott mit mir so gehandelt hat – wie
Vater darauf bestan­den, dass wir jede Woche Er es tat. Ich glaube wahr­haftig sagen zu
etwas auswendig lernten. Er glaubte von können, dass die einzige Religion, die ich
ganzem Herzen an ein »gut gespei­chertes« hatte, »ererbte Religion« war; ich hatte sie
Gedächtnis und tat alles, was er konnte, um geerbt, genau wie ich einige der Charak­ter­
unseren jungen Verstand zu einer wahren eigen­schaften meiner Eltern ge­erbt hatte,
Vor­ratskam­mer zu machen. Einige Leute die ich bis zu diesem Tage habe; genau wie
haben die Vorstellung, dass etwas, weil es in jemand ein Fa­milienerbstück erben könnte
der Vergangenheit liegt, nicht länger existiert und während er es be­wahrt und schätzt, es
– es ist nur eine Erinne­rung. Aber ich fand doch nie zu irgendeinem praktischen Zweck
in jenen Tagen heraus, dass Erinnerungen le- benutzt.
bendig sind und dass ich mit ihnen jahrelang,
Tag für Tag leben musste. Wie anders wäre Ich war im Schoß der Kirche geboren wor-
mein Leben ge­wesen, wenn ich es nur gewusst den. Ich war die Toch­­ter eines Predigers; ich
hätte – nur innegehal­ten hätte, um daran zu kannte nichts anderes als die Kirche – ihre
denken, dass ich eines Tages mit ihnen als Gottes­dienste, ihre Leute, ihre Lehren. Als
Weggenossen werde leben müssen! ich ungefähr 6 Jahre alt war, fragte mich
jemand, wo ich geboren wurde, und ich ant-
Durch die Beharrlichkeit meiner Eltern wortete prompt: »In der Kirche natürlich!«
hatte ich eine große Zahl an Schriftstellen Warum sollte ich das nicht ant­worten? Ich
in meinem Gedächtnis gespeichert – welche wurde während einer Erwe­ckungs­­bewegung
ein wunderbarer Se­gen sein sollten, ein Wen­ geboren und hatte mein junges Leben damit
depunkt in meinem späteren Leben – aber verbracht, zur Kirche zu gehen und von ihr
zu dieser Zeit bedeutete es mir nichts, wegen kommen. Mein Vater, von Beruf Prediger,
eines großen Schat­tens der Un­gläubigkeit, und meine liebenswerte Mutter hatten im-
der mein Leben verdun­kelt hatte: Was für mer Familienan­dachten. So weit ich mich
eine Tra­gö­die, dass ich in jenen furchtsamen zurückerinnern kann, war eine Bibel im
Tagen nicht den Trost von Gottes Wort, den Haus so vertraut wie ein Stuhl. Als ich dann
Glauben an Seine Verheißungen und die 9 Jahre alt war, ging ich selbst­ver­ständlich
Erkennt­nis Seiner Gegenwart hatte, die ich den Mittelgang der Kirche hinunter, als die
später haben sollte. Wie anders wären jene Einladung an alle aus­gesprochen wurde, die
Tage gewesen, wenn ich es gekannt und mir den Wunsch hatten, Jesus Chri­stus als ihren
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Retter an­zunehmen. Und als ich meine Hand Chri­stus Jesus«, noch war »das Alte vergan-
in die meines Vaters leg­te, antwortete ich auf gen«. (2. Korinther 5:17) Als ich der Kirche
die Fragen, die mir ge­stellt wurden und wurde bei­trat, hatte ich nicht im Sinn gehabt, mein
ein Mitglied der Kirche. Leben mit Jesus Christus zu ver­einen – ich
hatte mich einfach mit einer konfessio­nellen
Von dem Tag an arbeitete ich in Organi­sa­tion vereint. Ich hatte nie eine Ver­
Kirchenkreisen – Sonntags­schule, Christian änderung des Herzens; als ich bei der Taufe
Endeavor, eine Mission am Ufer des ins Wasser tauchte, ging ich als trockener
Mississippi-Flusses. Als ich ein junges Sünder hin­unter und kam als nasser wieder
Mädchen wurde und dann eine junge Frau, herauf! Die Schrift spricht von denen, »die
betete, bezeugte und zeigte ich auf sonstige den Schein eines gottes­fürchtigen Wesens
Weise, dass ich ein gläubiger Christ war – ein haben, aber Seine Kraft verleug­nen sie«. (2.
akti­ves Mitglied der Kirche – in der Tat eine Ti­mo­theus 3:5)
ganz reli­giöse Person. Ich war religiös – aber
ebenso sind es einige der Heiden der Welt; Als ich älter wurde, war meine Religion in
ich war ein aktives Kirchen­­mit­glied – aber ihrer äuße­ren Form vollkom­men, aber innen
ebenso sind es einige der gottlosesten Leute, drin war sie völlig ohne Kraft. Jesus sagte zu
die ich je­mals gekannt habe, und sicher betete den Phari­sä­ern: »Ihr haltet die Becher und
ich – ich hatte immer gebetet, so wie ich Schüsseln aus­wen­dig rein, in­wendig aber sind
damals Gebet verstand – aber ich erwartete sie voll Raub und Gier!« (Mat­thä­us 23:25).
nie Antworten auf Gebet und hatte keine Äußer­lich gesehen – das heißt, Kirchgang,
persönliche Be­ziehung mit Jesus Chri­stus. Ich Teilnahme an Gebets­tref­fen, öffentliches
musste VON Ihm, aber ich KANNTE IHN Zeugnisgeben, Singen und Spenden geben
nicht; ich hatte kei­nen persön­lichen Umgang – war mein religiöses Leben beispielhaft;
mit Ihm; Er war ein weit entferntes Wesen – innerlich, wie die Schüsseln, von denen Jesus
stumm, eher streng und gänzlich unbe­sorgt, sprach, war es unverändert. Selbst als Kind
außer wenn ich etwas Falsches tat, und dann beobachtete ich die Leute sehr genau und die
war Er sehr ärgerlich (was, wie ich es wahr­ Vorstellung, die ich von eini­gen Kirchen­mit­
haftig empfand, die meiste Zeit der Fall war). gliedern über ein christliches Leben bekam,
In der Tat, wenn ich es genau so ausdrücken war alles andere als hilf­reich. Die Situation,
soll, wie ich es empfand, so war Er ein großer in der ich mich befand, brachte mich in en-
Richter, ärgerlich auf mich wegen meinen gen Kon­takt mit einigen Christen, die es
Sünden, und darum hatte Er Sein Gesicht nur dem Namen nach waren, so dass ich,
ab­gewandt und wollte nicht mehr viel mit un­glück­li­cherweise ei­ne nur zu gute Chance
mir zu tun haben. Diese Schlussfolgerung hatte, nicht nur Dr. Jekyll, sondern auch Mr.
hatte nichts mit den Lehren meines Vaters Hyde zu beobachten. Tat­sächlich war es nach
oder der Erziehung meiner Mut­ter zu tun, einem geschäft­li­chen Treffen von Christian
denn ich war sehr eigensinnig und unab­ Endeavor­im Hause eines Mitarbei­ters, wo ich
hängig, und ich wollte nur meinen eigenen ohne Wissen meiner Eltern erstmals Tanzen
Weg und nicht Gottes oder den von irgend lernte; es war auch eine be­kennende Christin
jemand anders gehen. Ganz sicher war ich (und eine, deren Beruf gut bekannt war), die
nicht wiedergeboren und war da­rum nicht, zu­erst einen Stapel Spielkarten in meine Hand
wie die Schrift sagt: »Eine neue Kreatur in legte und mir dann ihre Namen beibrachte.
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Ich könnte mehr Begebenheiten dieser Art
er­wähnen, aber ich lasse es hiermit genügen
Ein fernes Land und
zu sagen, dass ich zu viel von denen sah, die Treber
»Namens-Christen« genannt wer­den. Webster
sagt, »Namens-« bedeutet, »nur dem Namen Kurz nach dem Tod meiner Mutter ver-
nach.« Gottes Wort sagt: »Ich weiß deine ließ ich mein Zuhause und reiste umher
Werke, dass du den Namen hast, du lebst, und machte Besuche im Süden des Landes.
und bist (doch) tot.« (Of­fen­barung 3:1). Kein Wäh­rend ich einen welt­li­chen Freund in San
Wunder, dass ich eines Tages meiner Mutter Antonio, Texas, besuchte, warf ich mich in
sagte, dass ich zu der Schlussfolgerung gekom- einen Strudel von Weltlichkeit und ver­suchte
men sei, dass sie nicht Recht habe, wenn sie mein leeres Herz mit dem zu füllen, was die
sagte, es gäbe einige Dinge, die Christen nicht Masse »Spaß haben« nennt. Während nichts
tun sollten, denn ich hätte eine Reihe von Unmorali­sches an dem war, was wir taten,
Kirchenmitgliedern gesehen, die ich am mei­ war es trotzdem wirklich »Prassen«; es war
sten bewun­derte, wie sie genau diese Dinge wie bei dem ver­lo­renen Sohn, der in ein »fer-
taten. Aber un­glück­li­cher­weise kannte ich nes Land« gegangen war, und es endete wie
nicht den Unterschied zwi­schen Christen­ sein Erlebnis mit Trebern (Schoten – Lukas
tum und »Kirchen­tum«; zwischen einem 15:16). Tatsäch­lich kam ich am Ende zu dem
»Namens-Chri­sten« und einem wirklichen; Punkt, wo mich solch ein Leben nicht länger
zwi­schen einem »Bezeugenden« und einem interessierte. Ich war über­sättigt. Ich konnte
»Be­sit­zen­den«; zwischen dem historischen wahrhaftig mit den Worten von Ella Wheeler
Christus und einem leben­di­gen, persön­li­chen Wilcox’s kleinem Gedicht sagen:
Erretter. Und auf diese Weise ist die Kirche
heute gespalten – jene, die VON Ihm wissen, »Den Weg zum Glück hab ich verloren –
und je­ne, die IHN wirklich KENNEN! Kein Betet jemand, hat ihn jemand kennen ge­
Wunder, dass Jesus sagte: »Ich weiß deine lernt?
Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ich ließ mich nieder, wo der Morgen viel
Ach, dass du kalt oder warm wärst! Weil du ver­heißend war,
aber lauwarm bist und weder warm noch Aber irgendwie hab ich mich vom Weg ent­
kalt, werde ich dich ausspeien aus Meinem fernt.
Mun­de.« (Of­fenbarung 3:15,16). Ist es dann
ein Wunder, dass Bitterkeit in meine Seele Seltenheiten von Schätzen sah ich an Plätzen,
kam, als meine Mutter starb, und zeitweise wo man sich vergnügt, Ich eilte,
hasste ich Gott darum beinahe, weil Er sie um dem ganzen nachzugehen, doch schau:
weggenommen hatte und unser Zu­hause Über den Weg zum Glück hab ich nicht mehr
auseinandergerissen hatte. Ich sprach nie mit verfügt, Und wo ich hinging, musste ich nicht
irgendje­man­den über diese Dinge, sondern mehr genau.«
hielt sie in meinem Her­zen ver­steckt und dort
nagten sie umso tiefer, weil ich nicht darüber Tanzen langweilte mich; Theater ermü-
redete. dete mich; mir wurde es leid, mit einer
Menge von Leuten Karten zu spielen, die
über Nichtigkeiten schwatz­ten. Und so, mit
Bitterkeit gegen Gott im Herzen und unbe-
10 DER SAUM SEINES GEWANDES
friedigt mit dem Leben, das ich führte, sehnte­ an die Arbeit. Ich musste nicht erst überredet
ich mich nach einer Veränderung – irgend- werden, mich auf die Sache zu konzentrieren,
etwas, einfach so, dass einige Befriedigung sondern vergrub mich buch­stäblich mit je-
bringen würde. Ich konnte nicht ewig von dem Gedanken und freien Moment in meine
Tre­bern überleben. Oh, wenn ich nur damals Studien. Anders als mein Vater, war ich nicht
gemerkt hätte, dass nur Gott jemals die Seele von Natur aus sehr intelligent oder intellek-
des Menschen befriedigen kann; dass – wäh- tuell, aber ich liebte Bücher, und es war für
rend der Kör­per, der von dieser Erde gemacht mich einfach zu studie­ren. Eines, glaube ich
ist, von der Erde genährt wer­den kann – die sagen zu können, war zu meinem Vorteil:
Seele, die geradewegs vom Atem Gottes kam, ich hatte sehr hohe Ideale – das Ergebnis
nur Gott selbst befrie­digen kann. strengen Trainings in frühen Jahren und ei-
nes wunderbaren elter­lichen Ein­flusses. Ich
Dieses Gefühl der Abscheu vor meinem hatte auch ein tiefes, selbstloses Verlangen,
Leben gip­felte eines Abends in einer be- für andere von Nutzen zu sein. Ich musste
merkenswerten Ent­scheidung. Es würde ein nicht wie oder wo, aber ich hatte fest vor,
ganzes Buch füllen, von dem Anlass und den mein Leben für eine gute Sache zu geben;
Umständen zu erzäh­len, die zu dieser endgül- nicht unbedingt im Dienst für Christus oder
tigen Entscheidung führten, Tatsache ist aber, zu Seiner Ehre, sondern einfach, um das
dass jenes Ereignis mich dazu brachte, dass Leiden anderer zu mildern. Für dieses Ziel
ich endgültig beschloss, anstatt mein Leben arbei­tete ich, lernte ich, bereitete ich mich
wegzuwerfen, wie ich es getan hatte, mein vor und opferte ich. Ich hatte viel, was mich
Le­ben wegzugeben. Ich war es leid, solch eine ermutigte, damit anzufangen, denn ich hatte
langweilige, sinn­­lose Existenz zu führen; die viele Vorteile – Vorteile des Heim­unter­richts
ganze Eintönigkeit davon langweilte mich; die und Studierens zu­hause, denn mein Va­ter
schreck­li­che Leere ekelte mich an. Bevor ich besaß eine enorme Bibliothek mit Hun­der­
also jemals den Christus kannte, den ganz und ten über Hunderten von Büchern. Bevor ich
gar befriedigen­den Retter, wurde ich eines fünfzehn Jahre alt war, hatte ich eine ziemlich
leeren Lebens müde – den Trebern. Anstatt gu­te Aus­bildung erhalten. Durch die Vorzüge
also mein Leben wegzuwerfen, ent­schloss des Reisens – be­vor ich 18 war, hatte ich
ich mich, dass ich es für einen wohl­tätigen nicht nur diesen Konti­nent mehrere Male
Zweck geben würde, ein philanthropisches durchquert, sondern war durch ganz Europa
Werk; ich hatte viel von Sozialarbeit gehört gereist. Vorteile durch Bekanntschaften – ich
und es gefiel mir, (ich entschloss mich, sofort hatte nicht nur das Privileg gehabt, einige
nachzuforschen und herauszufinden, wo und sehr große und noble Leute an Ur­laubs­­orten,
wie genau ich am besten für einen solchen in Über­see oder im Hause meines Vaters zu
Dienst lernen konnte.) treffen, sondern sie sogar persönlich näher
kennen zu lernen. Einige unter ihnen hatte
ich in der Zeit getroffen, als ich mit meinem
Vater für die Chautauqua-Arbeit herum­gereist
Meine Zeit im College war. Ich erwähne dies, weil diese Persönlich­
keiten kennen zu lernen viel damit zu tun
Ich schrieb mich an einem bekannten hatte, die Ideale und Absichten in meinen
College ein und ging mit Ent­schlos­senheit späteren Jahre zu formen.
DER SAUM SEINES GEWANDES 11
Die Tage auf dem College vergingen Man sieht, ich besuchte parallel zu meinen
schnell. Ich studierte an zwei ver­schiedenen anderen Stu­dien Vorlesungen der theolo-
Universi­täten, aber meine Geschichte handelt gischen Ab­teilung der Universität. Dieser
nur in einer von diesen. Pro­fessor lehrte, wie man mir sagte, nur die
Bibel; er war ausdrücklich ein Bibel­lehrer.
Tag für Tag saß ich in seinem Unter­richt und
bemerkte am An­fang nicht einmal, dass das
Modernismus in Aktion kleine bisschen Glaube, das ich hatte, unter­
graben wurde. Geschichten und Schrift­stellen,
Auf dem College fing ich an, sehr viel die man mir immer als absolute Wahrheiten
Interesse an einem Stu­dienkurs von einem beigebracht hatte, Begebenheiten, die tat­
Professor zu ent­wickeln, der ein Modernist sächlich geschehen waren, wurden als bloße
war. Was ist Modernis­mus? Jemand hat geant- Gleichnisse gelehrt. Ein Kapitel nach dem
wortet: »Es ist Un­treue, aufge­putzt in neuer anderen von Gottes Wort, die mir im­mer
Klei­dung; es ist einfach Unglaube mit einer als Tatsachen gelehrt worden waren, wurden
Rasur und einem Haarschnitt.« Ich kann von diesem Pro­fes­sor als Mythen dargestellt;
keine bessere De­finition, Be­schrei­bung oder andere waren einfach Legen­den. Viele der
Bloßstellung des Moder­nismus finden als heraus­ragenden Verheißungen waren über-
jene, die in dem wun­der­baren kleinen Buch haupt nicht für heute, und er meinte, die
von Dr. A.P. Gou­they steht – »Jesus Christus: Wunder, die Chri­stus wirkte, könnten von
War Er Mensch oder ist Er Gott?«. Ich zitiere jedem Menschen vollbracht werden, der ge-
sie hier: »Modernis­mus verkleidet sich als nügend fortgeschritten war in den Gesetzen­,
das Ergebnis einer neuen Geistig­keit, aber nach denen sie funktionierten.
in Wahr­heit ist es nur ein Aufwärmen muf­
fi­ger Argumente, die seit langem – seit den Flugs und sicherlich entschlüpfte mir mein
Ta­gen der Apostel bis zur Gegenwart – beant­ kleiner Glaube in die Wahr­haftigkeit der
wortet und besiegt wurden von Verteidigern Schrift, die göttliche Inspiration der Schrei­
des christlichen Glaubens. Es wird ›Höhere ber und die Gött­lichkeit von Christus und
Kritik‹ genannt, ist aber in der end­gültigen Seiner Wunder. Ich machte in der Klasse die
Analyse eine sehr NIEDRIGE ORDNUNG Bekanntschaft mit einem Stu­denten, der in
DER KRITIK, da sie größ­tenteils ohne jegli- dieser Richtung des »modernen Denkens«
che Prämissen argu­men­­tiert, philoso­phi­sche weit fortgeschritten war. Viele Male erklärte
Spekulation im Namen der Wissenschaft prä- er mir diese neue Theologie – einfach was
sentiert, sich ohne einen erlösenden Christus er glaubte. Er war unverhohlener als der
zum Chri­sten­tum bekennt und vorgibt auf­ Professor, der seinen Moder­nismus unter
zuzeigen, dass die Bibel überholt sei, ohne diesem Deck­mantel verhüllte: »Nun, mei-
auch nur den kleinsten Beweis zu erbringen, ne Stu­den­ten, habe ich euch beide Seiten
der dem Test der Logik oder Wissenschaft der Fragestellung gezeigt. DIES ist die alte
standhalten würde – und darüber hinaus das Theologie und DIES ist die neue. Dies ist die
angesam­mel­te Beweis­material von nahezu alte Denk­weise und dies die moderne. Es ist
zwei­tau­send Jahren christlicher Erfah­rung am Besten, sie euch beide im Seminar­raum
völlig außer Acht lässt.« darzulegen.« Aber es war einfach heraus­zu­
12 DER SAUM SEINES GEWANDES
fin­den, was er glaubte, denn er war nicht Dies ist eine sehr kurze Zusammenfassung
ein­fach ein »höherer« Kri­tiker; er war auf der neuen Theo­lo­gie, dem Modernismus, wie
stille, heimliche Wei­se ein zerstöre­rischer er mir präsentiert wurde.
Kritiker.

Was ist diese neue Theologie; Modernismus,


wie wir sie nennen? Eine ausrangierte Bibel
Anstatt dass die Bibel eine Offenbarung
Gottes ist, unfehl­bar ein­ge­geben, ist sie Es gibt eine Geschichte von einem einge-
überhaupt keine Offenbarung; einfach nur segneten, betagten Ge­mein­de­ältesten, der,
eine An­samm­lung von Legenden, Mythen, als sein Pastor sein Amt abgab, ihm zur Ab­
menschlichen Lehren und Erfindungen. schiedsfeier ein hübsch verpacktes Päckchen
Anstatt der geschichtlichen Interpretation gab und sagte: »Dies wird zweifellos ein we-
des Menschen – eine Kreatur zum Ebenbilde nig anders sein als die an­deren Abschieds­
Gottes geschaf­fen, welche eine von Gott ein­ ge­schenke, die Sie bekommen haben.« Der
gehauchte Seele in sich hat – ist er einfach Pastor war natürlich neu­gierig und ohne zu
ein unvollkommenes Tier. war­ten, öffnete er sofort das Paket, aber ent­
Anstatt dass Jesus Christus göttlich ist und deck­te nur den abgenutzten, verschlissenen
die biblische Auf­zeich­­nung der unbefleckten Einband einer Bibel und der ganze Innenteil
Empfängnis wahr ist, ist Er nur gött­lich in war herausgenommen. Ziemlich verdutzt
dem Sinn wie jeder Mann oder jede Frau gött- forschte er nach: »Liegt hier ein Irrtum vor?
lich ist, denn auch Er war unvollkommen. Ist dies das Geschenk, oder habe ich vielleicht
Auf die Fleischwerdung wird verzichtet das verkehrte Päckchen?« »Nein«, erwiderte
und die Theorie wird vor Augen geführt, dass der Älteste, »das ist alles, was Sie mir von der
wenn Jesus Christus persönlich heute leben Bibel gelassen haben, und ich dach­te, dann
würde, Er Seine Ansichten ändern würde. könnten Sie auch genauso gut den Einband
Die biblischen Prophezeiungen wurden haben. Sehen Sie, wann immer Sie uns sag-
nicht von Menschen ge­schrieben, die vom ten, dass etwas nicht für heute sei, riss ich
Heiligen Geist inspi­riert waren, sondern sind es sofort heraus und andere Passagen von
nur apokalyptische Phantasien. denen Sie sagten, dass sie Mythen wären
Sünde ist keine Rebellion, sondern einfach und Gleichnisse, Fehl­interpreta­tio­nen usw.,
eine unbedeutende Sache – vielleicht sogar habe ich auch entfernt, zusammen mit den
ein Erwachen. Schrift­stel­len, die damit in Ver­bindung ste-
Alles ist Vermutung; nichts ist sicher, denn hen. Dies ist das Ergebnis. Der Ein­­band war
die Wahrheit ist letzt­lich nicht mit Sicherheit alles was ich übrig hatte; Sie haben alles übrige
feststellbar. ge­nommen, also dachte ich mir, Sie könnten
Darum sind wir als Tiere zurückgelassen, ihn genauso gut auch haben.«
die in der Dunkelheit umher­tappen. Keine
von Gott gegebene Ahnenschaft, auf die Nun, das ist genau, wie ich über meine
man zurückschauen kann und keine sichere Bibel dachte, als ich meine Aus­bildung an
Hoffnung für die Zukunft; keine beruhigende der Uni­versität beendet hatte. Ich kann mich
Sicher­heit für die Gegenwart. an mein klei­nes Zimmer im Studentenheim
erinnern, als wäre es ge­stern, wo meine Sachen
DER SAUM SEINES GEWANDES 13
zum Packen ausgebreitet lagen. Die Schule würde mir eine gute Mahlzeit aus frischen
war aus, und ich war bereit zu gehen. Ich hatte Lebensmitteln leisten – ­frisches Gemüse und
eine Reihe von Sachen aus­rangiert, die ich frisches Fleisch. Ich habe die­se Bohnen und
nicht mitnehmen konnte, und der Gedanke Sardinen aus der Dose so satt, dass ich kaum
kam in mein Herz: »Du könntest dich ge- noch eine Bohne oder Sardine anschauen
nauso gut von dieser Bibel trennen, denn kann.« Nun, der Tag kam, da Jim auf eine
du hast ja gar keinen Glauben mehr daran, Goldader stieß und mit seinen Taschen vol-
dass sie göttlich inspiriert ist; sie beinhaltet ler Geld in San Francisco ankam und sich
nicht mehr län­ger das ›Wort Gottes‹ für dich, auf den Weg zu einem wohl­bekannten Café
denn wie bei jenem Gemeindeälte­sten ist der machte. Der Kellner brachte ihm die Karte
Einband alles, was du noch hast.« Ich warf und lächelnd schaute Jim ihn an und sagte:
die Bibel nicht wirklich weg, aber in meinem »Ich hätte gern etwas von diesem Truthahn
Herzen hatte ich sie beiseite gelegt. Ich glaubte mit Preiselbeer-Sauce, mit allem Drum und
jedoch immer noch, dass es das beste System Dran.« Der Kellner räusperte sich und ant­
der Ethik war, das der Welt gegeben wurde wor­tete: »Es tut mir leid, aber Truthahn mit
und das Jesus Christus der größte aller Lehrer Preiselbeer-­Sauce ist nicht mehr erhältlich.
war, den die Mensch­heit jemals gekannt hatte. Es waren sehr viel mehr Leute hier, als wir
Ich hatte die Lehren Platons, Aristoteles’, er­wartet hatten. Könnte es vielleicht etwas
Sokrates’, Dioge­nes’, Buddhas und Konfuzius’ anderes sein?« Jim überflog die Karte und
studiert, aber es gab keinen Zweifel, dass die antwortete: »Nun, bringen Sie mir ein­fach
Leh­ren von Jesus Christus diesen weit über- von diesem ›Huhn mit Klößen‹; hört sich für
legen waren. Wäh­rend mir also jede Spur des mich nach Zuhause an. Damit wäre ich zufrie-
Glaubens an die Unfehlbarkeit der Schrift den.« Wieder räus­perte sich der Kellner und
ent­rissen worden war, studierte ich immer ent­gegnete: »Es tut mir sehr leid, mein Herr,
noch gewissen­haft ihre Sei­ten und strebte aber sehen Sie, es sind einige Delegationen
danach, gemäß ihren großen Prinzipien zu le- auf dem Weg zur Fähre hereinge­kommen
ben und be­nutz­te­sie als meinen Moralkodex. und sie haben all das Huhn mit den Klößen
Ich war nichts anderes als ein Ungläubiger; auf­gegessen. Vielleicht möchten Sie etwas
Religion war eine äußere Form und Ge­bet nur anderes haben?« Jim schaute plötzlich sehr
eine fromme Ehrfurchtshandlung, die einen ernst drein und mit einem Stirnrunzeln sagte
unter­be­wussten Ein­fluss auf den Betenden er: »Sicher, ich ver­stehe. Nun, dann bringen
ausübte. Sie mir einfach ein gutes, safti­ges Steak mit
viel Zwiebeln obendrauf. Das wäre auch noch
Ich war dem Goldgräber sehr ähnlich, von gut.« Diesmal ziemlich in Verlegenheit ge-
dem ich gehört hatte, (und einige von euch bracht, sagte der Kellner: »Es ist zu schade,
haben die Geschichte wahrscheinlich schon mein Freund, aber sehen Sie den großge­
ein­mal gehört), der eines Abends bei seinem wach­se­nen, kor­pu­lenten Reisen­den dort
Lagerfeuer in Alaska saß, als seine Begleiter drüben – nun, er hat gerade das letzte Steak
ihn plötzlich fragten: »Jim, wenn du jemals geges­sen, das wir hatten. Es tut mir wirklich
auf eine Goldader treffen solltest, was würdest leid.« »Nun, was kön­nen Sie mir anbieten?«
du als erstes tun, wenn du in die Ver­einigten fragte Jim ziemlich sauer. »Oh, wir können
Staaten zurück­kehren würdest?« »Lass mich ver­schieden­ste Dosen für Sie aufmachen«,
über­legen,« sagte Jim. »Nun, ich glaube, ich antwortete der Kellner. »Nein, für MICH
14 DER SAUM SEINES GEWANDES
machen Sie keine Dosen auf!« ant­wor­te­te der völlig ver­wan­deln wür­den. Kein Wunder, dass
schnell davoneilende Jim, während er Stock einige von uns irgendwel­cher Dosennah­rung
und Hut ergriff und sich zur Tür aufmachte, nicht mehr ins Gesicht sehen können. Es hat
um dahin zu gehen, wo sie etwas anderes als die Seelen so vergiftet und uns abgestoßen­,
Essen aus der Dose hatten. dass wir nichts mehr damit zu tun haben
wollen; nur wirkliche Nahrung wird uns
Ich stimme vollkommen mit Jim überein, zufrieden­stellen. Ganz egal, wie attraktiv das
und wie die ­Ges­chich­te von vielen Predigern Etikett auf der Dose ­ist, uns graut davor: nur
benutzt wurde, entspricht sie so genau mei- das Echte wird unsere Seele befrie­digen.
ner eige­nen Erfahrung, dass es fast aussieht,
als wäre die Illu­stra­tion speziell für mich
geschrieben worden. Die­ser Lehrer hatte mei-
nem hungrigen Herzen erzählt, dass es keinen Eine Kirche, in die
»Truthahn mit Preiselbeer-Sauce« mehr gab, Jesus nie kam
soweit es die Neugeburt betraf. Ein wirk-
liches, ech­tes Erlebnis der Wiedergeburt? Es schien, als hätte sich in jener Zeit alles
Nein, das wurde vor langer Zeit auf­ge­­gessen. gegen mich gewendet, und die Lektionen, die
Und die Taufe des Heiligen Geistes – eine ich zu lernen hatte, musste ich bis zum Limit
wirkliche Be­gna­dung mit Kraft von oben? durchstehen. Ich besuchte eine Kirche im
Das ist vor langer Zeit von den Jün­gern auf- Seen-Distrikt, von der viele meiner Freunde
gegessen worden und es gab kein »Huhn seit Jahren Mitglieder waren. Zu sagen, dass
mit Klößen« mehr von dieser Art, um meine sie kalt und förmlich war, würde nicht einmal
bedürftige Seele zu be­frie­digen. Und Christi be­ginnen, die Atmos­phäre dieser großartigen
Macht zu heilen? – Na ja, das war nur, um Institu­tion zu beschreiben. Alles wurde in
Christi Amt ein­zuleiten, das war ein saftiges voll­kommener Sittsamkeit und Ordnung ge-
Steak, von dem die frü­hen Jünger jedes klei­ tan, aber man wusste dort von keiner Wärme
ne Überbleibsel aufge­ges­sen hatten, und es oder Kraft Gottes; ihre Atmosphäre war geläu-
war nicht einmal etwas von der Bratensoße tert, aber nicht geistig, belehrend, aber nicht
übrigge­blieben. Und Chri­stus selbst? – Nun, inspirierend oder erbauend für die Seele. Der
es galt zweifellos als ver­einbart, dass Er heute Prediger war ein mächtiger Red­ner, be­redt
nicht derselbe ist, denn sie sagten, Er sei nicht und brillant, aber man fühlte sich wie die
mehr der wunderbare Christus und alles, was alte Dame, die nicht verstand, worüber der
von dem großzügigen Festmahl übrig war, das Prediger sprach, der sich in seinen intellek­
Er in jenen Tagen gegeben hatte, ist ein­fach tu­ellen Höhenflügen so weit über die Leute
bloß ein wenig Dosennahrung – Kon­ser­ erhob, dass sie schließlich ausrief: »Bitte,
ven, welche die Etiketten des Ratio­na­lis­mus, Herr Prediger, bringen Sie Ihre süßen Sachen
Formalismus, Moder­nis­­mus usw. tragen; aber ganz unten aufs Regal, wo ich sie erreichen
die Regale von Gottes Speisekammer sind kann!« Ich hörte mir ständig diese intellek­tu­
leer, was irgend­welche wirkliche Kraft und ellen Aus­führungen an, die nichts von wah-
das Feuer des Heiligen Geistes anbe­trifft, rer, altherkömmlicher Religion oder eines
irgendwelche wun­der­baren Manifestationen lebendi­gen Christus in sich hatten. Ich denke,
des wunder­vollen Christus, irgend­welche die Kirche war ganz ähnlich der, in die Sam,
übernatür­lichen Erfahrungen, die das Leben
DER SAUM SEINES GEWANDES 15
der alte Schwarze,­ seit mehreren Monaten lich eingefroren in Formalismus, Rationalis­
ver­suchte aufge­nommen zu werden, aber der mus und Moder­nis­mus. Ich wür­de gerne
Prediger, der seinen Beitritt nicht wollte, ihn eines Tages zurückkehren und sehen, wie der
aber auch nicht ver­letzen wollte, hatte ihn so Grund­satz einer bestimmten alten Frau sich
oft vertröstet, dass Sam schließlich misstrau- bei jener Kirche auswirken würde. Ihr Name
isch wur­de. Es dämmerte ihm, dass er nicht war Martha, und sie mach­­te die allerbeste
er­wünscht war. Der Pastor hatte ihm das letzte Eiscreme in der ganzen Gemeinde. Jedesmal,
Mal, als er ihn sah, gesagt, dass er über die wenn sie ein geselliges Bei­samensein der
Angelegenheit beten sollte. So rief er eines Kirche, einen Basar oder sonst eine wichtige
Tages den Prediger an und sagte: »Ist schon Angelegenheit hatten, musste Tante Martha
in Ordnung, Herr Prediger, was den Bei­tritt ihre Eiscreme machen, denn niemand konnte
zu Ihrer Kirche anbelangt. Sie brauchen sich sie so machen wie sie. Eines Nach­mittags
nicht mehr darum zu sorgen.« »Du hast also wurde ihr altes Herz hocherfreut über den
darüber gebetet, Sam?« fragte der Prediger. Besuch einiger der wirk­lichen Aristokraten
»Ja, Prediger, ich habe darüber gebetet,« sagte der Nachbarschaft. Sie schau­kelte hin und
der alte Mann, »und der Herr hat mir gesagt: her auf ihrer Veranda und unterhielt sich mit
›Sam, mach dir nichts draus, dass sie dich ihnen und lächel­te glücklich in ihrer Freude
nicht in ihre Kirche rein las­sen; Ich möchte über ihren unerwar­te­ten Besuch, als sich ihre
selbst auch schon seit 20 Jahren dort hin­ein Freude plötzlich in Argwohn verwandelte. Sie
und habe es noch nie ge­schafft.‹« entdeckte den wahren Grund für ihren Besuch
– sie waren ganz und gar nicht ge­kommen,
Wir lächeln über diese Geschichte, wenn um sie zu sehen – sie wollten wissen, wie sie
wir sie als einfache Illustration benutzen­, ihre Eiscreme machte. »Martha,« sagte die
aber ach, was für eine herz­zerreißende Tra­ Spre­cherin der Grup­pe, »wir werden von
gödie liegt in der Tat­sache, dass jemand in der Kirche aus ein geselli­ges Beisammensein
einigen Kirchen jahre­lang jeden Sonntag haben und wir wollten her­aus­finden. wie du
erscheinen kann und niemals wirk­lich Jesus bloß deine Eis­creme machst; denn es gibt
Christus be­gegnet. Ist es dann ein Wunder, niemanden in der Stadt, der sie so machen
dass eine Frau mit einem hung­rigen Herzen kann wie du.« »Nun,« antwortete die treue
diesen kleinen Vers der Heiligen Schrift auf Seele, »isch werd euch sajen, wie jenau isch
dem Schreib­tisch eines »modernen« Pastors de Eis­krem machen tu’. Isch nähm de Eier
liegenließ: »Sie haben meinen Herrn weg­ un’n Sugger un’ Sahne un’ Va­nilje-Extrakt un’
ge­nommen, und ich weiß nicht, wohin Sie denn tu’ isch de’ Deggel d’ruff uf de Kühl­box,
Ihn gelegt haben«? Dieser Pastor verteilte un’ wenn et Abend wird, denn tu’ isch de
seine »eingemachten Waren« auf die denkbar Box uf mene Schulter un’ trajes rübber un’
eleganteste­­­ Art und Weise. Man fühlte sich ställ’s jejen eures Kirsch-Haus da un’ wenn
so in­tel­lek­tuell erhoben, nachdem man eine sich denn z’rückkomm annet annern Morjen,
jener mächtigen Aus­füh­rungen gehört hatte, isses so schön jefroren, wie’s nur jeht«. Nun,
aber das Herz war hungriger und leerer als in dieser Ge­schichte be­schrieb Tantchen ge-
vorher. nau die Re­aktion, die jene beson­de­re kalte,
formale Kirche in meinem armen Herzen
Unter diesem Einfluss wurde mein armes, hervorrief. Wie wahr ist doch der Vers: »Du
verletztes Herz kälter als je zuvor – buchstäb- lebst nur dem Namen nach, in Wirklichkeit
16 DER SAUM SEINES GEWANDES
bist du tot.« (Offenbarung 3:1b) Lehrer in Menge verschaffen­ werden, um
sich die Ohren kitzeln zu lassen. Und ihr
Es ist wahr, es gab Kirchen zu jener Zeit, Mund redet hoch­fahrende Worte, während sie
welche die Wärme und Kraft hatten, das doch ihres Vorteils wegen Personen achten.«
wahre Feuer des Heiligen Geistes; du wirst (2.Timo­theus 4:3; Judas 16)
sie in jeder Kon­fession finden, wo Christus
erhöht wird, die Her­zen der Menschen ge-
segnet sind und Leben verwandelt wer­den.
Hätte ich solch eine Kirche zu jener Zeit Eine Liebesgeschichte
gefunden, wäre diese Geschichte vielleicht
nie geschrieben worden. Während ich in der Arbeit tätig war, von
der ich sprach, war ich eine Weile in Reno,
Ich schäme mich, euch zu erzählen, dass Nevada, und dort traf ich Hjalmer Ema­nuel
ich in diesem Zustande meines Herzens und Berg, meinen späteren Ehemann, der eine so
meiner Seele hinausging als Sekretärin für die große Rolle in dem wun­der­barsten Er­lebnis
nationale Arbeit einer der größten missiona- spielen sollte, das jemals in meinem Leben
rischen Organisa­ti­o­nen, die damals von der geschah. Als meine Arbeit in Reno beendet
Regie­rung der Vereinigten Staaten unter­stützt war, ging ich nach Ogden, Utah, um dort
wurden. Ich reiste von einem Bundes­staat eine unbeendete Arbeit zu Ende zu führen.
zum andern, organisierte Kommissionen, Hjamer beeilte sich, nach Ogden zu kom-
sprach auf Massen­kundgebungen und sprach men, da ich bald weit weg Richtung­ Osten
fast jeden Sonn­tag in einer der Kirchen beim abreisen würde, und dort wurden wir in einer
morgendlichen Gottes­dienst. Zu solchen kleinen Methodistenkirche, am Schluss eines
Gelegenheiten benutzte ich immer die Mitt­woch-Abend-Gottes­dienstes, getraut.
Bibel, mein ethi­sches Lehrgebäude, aber ich Hjamer war ein sehr wohl­klingender Sänger,
glaubte nicht mehr an ihre grundsätz­lichen und bald darauf lud uns mein Vater ein, mit
Wahrhei­ten als irgendein Ungläubiger heute ihm auf eine evangeli­stische Rundreise zu
an sie glaubt. Ich hatte nicht teil an ihren gehen, bei der Hjamer für die Musik zu-
Verheißungen, noch glaubte ich, dass sie wahr ständig sein sollte. Es war während dieser
seien und man sie anwen­den konnte, kein Erweckungszeit, durch das Pre­digen mei-
bisschen mehr als irgendein Mo­dernist heute nes Vaters, dass Hjamer sich freiwillig zum
an sie glaubt. Ein Zweif­ler in der Kanzel? Aber Predigeramt melde­te. Er hatte seit seiner
ist das heut­zutage so ungewöhnlich? Es gab Kindheit einen ernst­haften Glauben an das
eine Zeit, als Leute außerhalb der Kirche stan- Wort Gottes gehabt und hatte, aus einer stark
den und die Bibel in den Dreck zogen; heute christlichen Um­­ge­bung kommend, einen
haben wir viele zerstö­re­rische Kritiker, die auf festen Glauben an Jesus Christus als Erretter
der Kanzel stehen und die heiligsten Lehren, be­wahrt. Mein Ehe­mann kannte meine religi-
die grund­sätz­li­chsten Aussagen des göttlichen ösen Überzeugung nicht, als er mich heiratete
Wortes in den Dreck ziehen. Sicher leben und ahnte nichts von dem Un­glau­ben, der in
wir in jenen Tagen, von denen Gottes Wort meinem Herzen war. Tatsächlich erzählte ich
spricht: »Denn es wird eine Zeit kommen, nie von ir­gend­einem Zwei­fel, die geradezu
da sie die ge­sunde Lehre nicht leiden wer­den; ein Teil meiner Existenz geworden waren und
son­dern sich nach ihren eignen Begierden meine gesamten Ansichten über das Leben
DER SAUM SEINES GEWANDES 17
verändert hatten. im Dienste anderer getan hatte, hatte ich
nicht im Geiste Christi oder zu Seiner Ehre
Ich bin so froh, dass ich meinem Unglauben getan, son­dern oft mit einem selbst­süch­tigen
nicht Luft machte. Nicht ein Hauch davon Motiv und per­sön­lichen Zielen. Darum lag
verdarb jemals ein einziges Leben, und der keine wirkliche Freude darin oder irgend­
Dank dafür gebührt meinem Vater, den ich welche bleibende Be­frie­digung; so wurde der
oft sagen hörte (ob­wohl ich mich nicht an Geschmack dessen bitter in meinem Munde.
den genauen Wortlaut erinnern kann): »Wenn Darum würde ich in Zukunft für mich selber
du Zweifel hast, behalte sie für dich selbst; leben, für den Rest meines Lebens allein
sei kein Stolper­stein für je­mand anderen. Es (außer meiner Fa­milie natürlich), still und in
ist schlimm genug, in die Hölle zu kommen, der Ver­borgenheit. Aber Gott hatte es anders
ohne jemand anderem im Weg zu liegen und angeordnet; Er hatte Seine Hand auf meinem
sie dazu zu bringen, dass sie über dich in die Leben. Mein ganzes Leben war auf den Dienst
Zerstörung stolpern.« Es war mir bewusst, hin ausgerichtet, vor­bereitet und dafür aus­
dass ich im Leben etwas verloren hatte, so dass gebildet worden; nicht nur in meinen frühen
die ganze Welt anders aussah; eine zuverlässige Tagen unter meinem ungewöhnlichen Vater,
Kraft und einen zu­rückhaltenden Einfluss, sondern auch durch meine Schul­bildung
dessen Platz nichts jemals einnehmen konnte. und dann durch die prak­tische Erfahrung in
Und obwohl ich es nie in Worten ausdrückte, der missiona­rischen Arbeit, von der ich ge­
war dieser Gedanke dort in meinem Herzen: sprochen habe. Und der Herr hatte nicht die
»Ich werde nie irgend jemandem diesen Absicht, einen Solda­ten aus Seinen Reihen zu
Glauben wegnehmen, denn ich habe nichts, ver­lieren, sondern wollte das Material, das Er
was ich ihm stattdessen geben könnte.« zur Hand hatte, nehmen und einen besseren
Soldaten dar­aus machen: Die Bibel sagt: »und
Hjamer entschloss sich, zur Darke-Uni­ver­ das Gefäß missriet unter den Hän­den des
sität in Des Moines, Iowa, zu gehen, um für Töpfers. Und Er machte wieder ein anderes
das Pastorenamt zu studieren. Und dort, in daraus.« (Jeremia 18:4) So brach Gott mein
einem glücklichen, kleinen Heim, erlebte ich Leben, auf dass Er es neu machen konnte.
wieder die Freuden des häuslichen Lebens. Wie der Urvater Jakob, muss Gott einige
Ich hatte so sehr im Glanz des öffentlichen zum Krüppel machen, um sie zu krönen; sie
Lebens gestanden, dass ich genug davon hatte; zer­mal­men, um sie von neuem zu erschaffen.
es war so erholsam, an einem stillen Fleck­chen (Siehe 1. Mose 32:24-30.)
verborgen zu sein; nachmittags allein, um zu
lesen und auszuruhen; stille Abende zu Hause Ich ließ mir kaum an jenen stillen Abenden
im behag­li­chen Sessel neben der Lampe, zu träu­men, als ich im Lichte der Lampe saß
nähen, zu lesen, mit meinem Gefährten zu und nähte, dass Gott sicher, unaufhaltsam
reden und manchmal ein wenig Musik zu hinter den Kulissen wirkte und die Bühne
hören. Ich hoffte, es würde immer so wei- meines Lebens für einen neuen Abschnitt
tergehen. Niemals wollte ich eine Büh­ne, und für Ver­änderungen vorbereitete, die ich
eine Kanzel, das Ram­pen­licht, den Glanz, mir nicht hätte vorstellen können. Selbst­
die Bekanntma­chungen oder den Werbe­ süchtig plante ich den kom­men­den Tag und
rummel wiedersehen. Das alles lag in der die kom­menden Jahre – was ich erwählte,
Vergangenheit. Ihr seht, die Arbeit, die ich was ich wollte; nicht was Gott wählte, nicht
18 DER SAUM SEINES GEWANDES
was Er wollte. Ich war völlig zufrieden – auf Zukunft verhüllt! Sein Wort sagt: »Wohlan
eine welt­liche Art glücklich, aber allezeit war nun, die ihr sagt: ›Heute oder morgen wollen
tief unten in den Tiefen meines Daseins jene wir in die oder die Stadt gehen und wollen
schmerzende Leere, der bodenlose Abgrund ein Jahr dort zubringen und Handel trei­ben
des unersättlichen Verlangens, das immer und Gewinn ma­chen.‹... die ihr nicht wisst,
in einem Herzen ist, das nicht Christus hat, was morgen sein wird. Denn was ist euer
um es zu füllen. Aber für die Gegenwart Leben? Ein Dampf seid ihr, der eine kleine
war jede Leere überdeckt mit einem neu ge- Zeit währt, danach aber verschwindet er.«
fundenen Glück, denn eine große Freude (Jakobus 4:13,14)
war in mein Leben gekommen; eine süße
Erwartung. Bald würden kleine Füßchen im (Das, was auf diese Tage der Erwartung folg­
Hause umherrennen und kindliches Plappern te, habe ich euch schon in den ersten Kapiteln
würde mir durch die Zimmer fol­gen. Ich dieser Geschichte erzählt: von jenem wun­der­­
konnte kaum noch war­ten. Ich machte jedes schönen Weih­nachtsmorgen und dem Unfall,
einzelne, kleine Kleidungs­stück mit meinen der dann ge­schah.)
eigenen Fingern; nicht einmal eine Maschine
sollte damit in Berührung kommen. Das
Baby­körb­chen stand in einer Ecke bei der
Treppe; wie ein Thron sah es aus, wie es da Dunkelheit und Ver­
oben auf einem Tische stand, außer dass es zweif­lung
ganz flau­schig und weiß und mit babyrosa
Bändern durchwebt war. Schließ­­lich waren Dies waren also die Erinnerungen, die
alle Vorbereitungen getroffen. Anstatt an das Ge­dächtnis zurück­brach­te und vor mir
jenen letzten Aben­den beim Licht der Lampe abspulte, wäh­rend ich völlig hilflos und still
zu nähen, las ich mit klop­fen­dem Her­zen, lag und die Tage sich mühsam dahin schlepp-
wie man für das neugeborene Leben sorgt ten und sich der langen Prozession der ver-
und von den wunder­baren Gele­genheiten gangenen Tage anschlossen, die sich bald in
und der Verantwortung der Mutterschaft. Ich Jahre ausdehnten – Jahre solcher Seelen­angst,
kann mich so gut erinnern, wie ich darum dass Worte sie nicht beschreiben kön­nen.
kämpfte, über jeden Gedanken zu wachen Manchmal gab es Schmer­zens­stiche, die den
und versuchte, an das Edelste, Höchste und geschwächten Körper zerrissen und quälten;
Reinste zu denken; damit ich in keiner Weise dann dumpfer Dauer­schmerz, während die
das kleine Leben verletzen würde, das uns Nerven bebten und brannten wie Feuer­flam­
bald gehören sollte. Alles war fertig; sogar das men; dann, nach Atem ringend, erstickend,
Haus war in Ordnung gebracht. So still, so würgend, während eine große Hand das schon
friedlich waren jene Tage des Wartens! Wenig wunde, schwache Herz zu packen und zu
ließ ich mir träumen, dass mir eine schwe­re zer­quetschen schien, bis jeder Schlag unvoll­
Tra­gö­die auf den Fersen war; dass gerade um ständig und zögernd kam; dann Krämpfe,
die Ecke unsag­bares Leiden, Enttäuschung, während sich Arme und Glieder zusammen-
Seelen­angst war – ums Tausend­fa­che gewach- zogen und sich ver­krampften, bis der zer-
sen. Wie selt­sam sind Gottes Wege, aber wie brechliche Körper den Todes­kampf nicht län-
wun­der­bar! Wie barm­herzig, dass wir den ger ertragen konnte und das fie­bern­de Gehirn
Vorhang nicht beiseite ziehen können, der die
DER SAUM SEINES GEWANDES 19
er­schöpft in will­kommene Bewusstlosigkeit schrie ich: »Nein, nein; ich kann nicht ster-
sank; Bewusstlosigkeit, bis die zer­schlagenen ben – ich habe Angst zu sterben,« und eine
Kräfte wieder ein wenig Stärke gesammelt schreck­liche Todes­furcht kam über mich,
hatten und sich zu neuen Schlachten des wie schon Hunderte Male zuvor. Angst zu
Todeskampfes schleppten. Injektions­na­deln sterben? Schreck­liche Angst – und dem Tode
waren stets da: Betäubungsmittel, Aufputsch­ nahe! Ein Sprung ins Unge­wisse? Ja ­und allein!
mit­tel – bis schließlich die winzige Flamme Kann die menschliche Sprache die Tiefen
des Lebens so schwach brann­te, dass sie menschlichen Leidens aus­drücken? Meine
auf keines von ihnen mehr ansprach und vermag es nicht. Kann jemand, der Tod,
es schien, dass ein bloßer Atemzug sie aus- Hölle und gespensti­sche Angst geschmeckt
blasen könnte. Aber Gott wachte über diese hat, zurückkom­men und mit bloßen Worten
winzige Flamme, beschirmte sie mit Seiner ausdrücken, wodurch er hindurch­ge­gan­gen
Hand – und bereitete Seine eigenen Ab­sichten ist? Ich kann es nicht, Gott allein weiß es;
vor, und es war nicht Sein Wille, dass ihr mögest du es NIE WISSEN!
Flackern aufhören sollte. Ein Krankenhaus
nach dem anderen; Sanatorien; lange Reisen
auf Bahren, wäh­rend sich die Hoff­nung an
einen neuen Strohhalm klammerte; ein Arzt Das Ende des Pfades
nach dem andern, (Wie freundlich sie waren,
wie aufopferungsvoll, wie sehr sie ver­such­ten In einem althergebrachten Pfarrhaus in
– Gott segne sie!), aber jeder gab die gleiche Nord-Kali­fornien kam ich zum Ende meines
Ant­wort: »Dieser Fall geht über die Möglich­ Pfades, dem Ende des Hilfesuchens, dem
keiten menschlicher Hilfe hinaus«; »Es tut Ende der Hilfs­mittel, dem Ende jeglicher
mir leid – es gibt nichts mehr, was ich tun Hilfe. Während jener letzten paar Monaten
kann, außer es ihr angenehm zu machen, bis war ich dem Tode näher als dem Leben, mehr
das Ende kommt.« »An­genehm?«, das war das bewusstlos als bei Bewusstsein – es war das
Eine, das anscheinend niemand mir zu geben Ende. Ich hatte die Grenze des Er­träg­­li­chen
vermochte. Nun, selbst die Gum­mi­kissen, erreicht, als Hjamer eines Tages eilig in mein
auf denen mein armer, zerbrochener Rücken Zim­mer trat und, an mein Bett kniend, mit
ruhte, schienen zeitenweise wie Felsen zu sein. einer selt­samen, glücklichen Stimme sagte:
Wie ermüdend die Tage waren – aber ach, wie »Ich habe gerade eine wun­der­bare Entdeckung
lang die Nächte! Sicher war die Schriftstelle in ge­macht.« »Ja?« flü­ster­­te ich; zu schwach, um
meinem Fall wahr geworden: »Des Morgens sehr interessiert zu sein. »Ich habe entdeckt«,
wirst du sagen: Ach, dass es Abend wäre! Des sagte er, »dass Jesus Christus derselbe ist –
Abends wirst du sagen: Ach, dass es Morgen gestern, heute und in Ewigkeit! Es war nicht,
wäre!« (5. Mose 28:67) Die langen Nächte was er sagte, das mich interes­sierte, sondern
hindurch konnte ich nur das sanfte Trip-Trap seine aufgeregte, ernst­hafte Art. Er schien tief
der Füße der Krankenschwester in den langen bewegt zu sein, und ich hörte mir neugierig
Gängen hören und während mich Einsamkeit an, was er mir sagte. »Erinnerst du dich an
und Verzweiflung befielen, senkte sich eine ein kleines Buch, dass ich vor einiger Zeit
Dunkelheit auf mein Herz, schwär­zer als die der Kranken­schwester gab, damit sie es dir
Nacht, und mich verlangte zu sterben; aber vorlese? Ein kleines Buch über Ant­worten auf
kaum hatte ich diesen Gedanken ge­dacht, Gebet? (Es war ein Buch von A.B. Simpson,
20 DER SAUM SEINES GEWANDES
einem Pres­byter-­Priester und es er­zählte da- hatte auf wunderbare Weise neues Licht in
von, wie wunderbar Gott bei ihm ge­wirkt sein Herz gebracht, seinen Verstand geöffnet
hatte, als er ernstlich krank war und wie er auf und ihm Sein Wort erhellt; aber bei mir war
übernatürliche Weise geheilt wurde. Siehe An­ das nicht der Fall. In der Bibel wird es so
mer­kung am Ende dieses Kapi­tels.) Erinnerst beschrieben: »Ihr Verstand ist verfinstert und
du dich, wie du der Kranken­schwe­ster nach sie sind entfremdet von dem Leben, das aus
den ersten Kapi­teln verboten hast, noch mehr Gott ist.« (Epheser 4:18) Diese Schriftstelle
davon zu lesen, denn du sagtest, es wäre ›der hät­te wahr­­­haftig für mich ge­schrieben sein
äußerste Fanatismus und dass jeder ein Narr können, denn ich hatte über­haupt keinen
sei, der solches Zeug glau­be?‹ Nun, ich glaube Glauben in das, was er sagte; tatsächlich
es, jedes Wort davon – und ich habe all die fürchtete ich fast, dass er in eine Art Fanatis­
Schrift­stellen nachgeschlagen, auf die er sich mus hineinschlitterte. Aber Hjamer war nicht
bezieht, die Ver­heißun­gen, die er in Anspruch so leicht zu entmutigen; es war solch ein
nahm, als er seine wunderbaren Antworten lebendiger, kraft­vol­ler Glaube in sein Herz
auf Gebet erhielt, und ich bin endgültig zu gekommen, dass er unbedingt auf meiner
der Schlussfolgerung ge­kommen, dass jene Seite eine völlige Veränderung des Herzens
Ver­heißun­gen für uns heute gelten; sie sind und volle Genesung mei­nes geschundenen
real, und Gott meint genau das, was Er sagte Körpers sehen wollte.
und wenn wir Ihm wirklich glauben, wird
Er Sein Wort halten und uns die Wünsche Ich kann wahrhaftig sagen, dass er Tag und
unse­res Herzens geben. Ich habe ein paar Nacht betete – Stun­de um Stunde aufs Mal.
Tage damit verbracht, die Ver­heißungen in Ich kann ihn jetzt noch sehen, wie er betend
meiner Bibel anzustreichen und alles darüber neben meinem Bett kniete und dann einige
zu studieren, und ich kann nichts finden, wo der alten Glau­benshym­nen sang. Er pflegte
irgendeine von ihnen wider­rufen worden ist; eine gewisse Zeit zu beten und sang dann eine
sie gelten für uns heute genauso wie für jene Weile, dann zitierte er mir die Ver­heißungen
Menschen damals, in bibli­schen Zeiten – und der Schrift. Tag und Nacht bemühte er sich,
noch besser: Christus hat sich nie geändert: meinem Herzen den gleichen Glau­ben, das
Er ist genau der­selbe, wie Er damals war; glei­che Licht und die gleiche Gewissheit zu
die gleiche Liebe, das gleiche Erbarmen, die bringen; alles was in seines hinein­­­geflutet war.
gleiche Kraft: ›Jesus Christus, HEUTE und Ich kann mich so gut daran erinnern, wie
derselbe auch IN EWIGKEIT,‹ sagt die Bi­ ich über seine Ernsthaftigkeit staunte – die
bel. Oh, es ist wunderbar, und ich kann nicht Intensi­tät, mit der er ausharrte und betete.
verste­hen, warum ich es nicht alles vorher Sicherlich war hier solch ein Fall, wovon die
gesehen habe.« Schrift spricht, nämlich von rauen Männern
Ich staunte über seine Ernsthaftigkeit, denn des Glaubens, die »das Himmelreich mit
er war tief bewegt. Sein Gesicht glühte, seine Gewalt an sich reißen.« (Matthäus 11:12)
Augen leuchteten, und sein Benehmen war Wenn ich jetzt zurückschaue, kann ich
das von einem Menschen, der zutiefst ent- nicht verstehen, wie sein Körper jemals die
zückt ist über eine wun­derbare Entdeckung. Anstrengung ertrug. Viele Male, als ich in
Aber ich war kaum an dem in­teressiert, was den frühen Morgen­stunden erwachte, als die
er sagte. In der Tat schien es für mich, dass ersten Sonnen­strah­len gerade über die Gipfel
er viel Aufhebens um nichts machte. Gott jener kali­fornischen Anhöhen krochen, sah
DER SAUM SEINES GEWANDES 21
ich ihn dort, immer noch auf seinen Knien, seid.
manchmal mit him­­mel­wärts gestreckten
Händen, dann wieder mit dem Kopf aufs So Ich dir gebiete, durch tiefe Wasser musst
Bett gebeugt. Es tat meinem Herzen weh, du gehen,
denn es war alles so hoff­nungs­los für mich, Sollst du vor überflutenden Leidensströmen
und ich fürchtete die Ent­täuschung und Ent­ niemals stehen
mu­tigung, die, wie ich dachte, eines Tages Um die Pfade von dir zu segnen, werd’ stets
für ihn kommen würde. Für mich waren die Ich dich begleiten
Himmel ehern und die Stunden des Kniens Aus äußerster Not von dir werd’ Heil Ich
und Nächte verlore­nen Schlafes schienen so dir bereiten.
nutzlos. Aber wie wahr ist jener wunderba­re
Vers: »Des Gerechten Gebet ver­mag viel, Die Seele, die zu erholen sich an Jesus hat
wenn es ernstlich ist.« (Jakobus 5:16) Und gelehnet,
bald rührte sich dort in mei­nem Herzen eine Werd ich nicht, nein niemals seinen Feinden
win­zige Flamme der Hoffnung – so klein, überlassen.
dass es kaum der Rede wert war, aber ich Diese Seele, obgleich die Hölle möchte nach
hörte seinem Beten, Lesen und Überreden ihrer Erschütterung streben.
mit mehr Interesse und Offenheit meines Werd’ ich nicht, nein nimmer und niemals
Herzens zu. Er strich in einer alten Bibel je aufgeben.
von mir die besten der Verheißungen an und
nannte sie »Sprungbretter des Glaubens«. Genauso ist’s mit dem süßen Lied: »Ich stehe
Diese brachte er mir geduldig bei; da ich nicht auf den Ver­heißungen Christi, meines Königs.«
lesen konnte, las er sie mir immer wieder vor In jenen Tagen, als der Kampf hart wurde für
und bestand darauf, dass ich sie aus­wendig diesen kost­baren Mann Gottes, der diese Schlacht
lernen müsse. Das gleiche war mit einigen des Glaubens kämpfte, ging er umher und sang
der alten Glaubenshymnen; er selbst hatte – und wie er es nur singen konnte! – »Ich stehe
sie auswendig gelernt, und er sang Vers um auf den Verheißungen.«
Vers aus­wendig, während er neben meinem
Bett kniete. Ich sagte ihm einmal, dass ich Auf die Verheißungen Christi, meines Königs,
dachte, er könne »Welch fester Grund« rück- stell’ ich mich
wärts singen. Welch kostbare alther­ge­brachte Lasst Lob und Preis für Ihn erklingen immer
Hymne! Sie ist mir heute so sehr ans Herz und ewiglich.
gewach­sen, wegen der damit ver­bun­denen Herrlichkeit dem Höchsten, so jauchze und
Erinnerungen. Je­desmal wenn ich sie höre, singe ich,
fällt mir jene Szene wieder ein. Ich stehe auf den Verheißungen von Gott.

Ihr Heiligen des Herrn, welch’ gar fester und (Refrain:)


stetiger Grund Ich stehe, ich stehe, ich steh’ auf den
Ist bereitet eurem Glauben durch treffliche Verheißungen von Gott, meinem Retter,
Worte von Seinem Mund Ich stehe, ich stehe, ich steh’ auf den Ver­
Was kann Er noch sagen, als was Er sagte in heißungen von Gott.
vergangener Zeit
Euch, die ihr zum Schutze zu Jesus geflohen Als ich manchmal dieser Welt zu entgleiten
22 DER SAUM SEINES GEWANDES
schien und es aus­sah, als ob seine Gebete und beide Naturen einschließt, und sowohl die
Be­mühungen alle umsonst gewesen seien, Wiederherstellung des körper­lichen wie auch
trug er einen Kampf aus, so real wie irgend- die Erneuerung des geistigen Lebens vorsieht!
ein Soldat ihn jemals auf dem Schlachtfeld Der Erlöser erscheint unter den Menschen mit
gekämpft hatte, während er über mir stand dar­gereichter, helfender Hand­, unser Elend
und Verheißungen zitierte, und sie auf die und unsere Not zu lindern, und bietet sowohl
gleiche Weise und mit der gleichen Ernst­ Er­ret­tung als auch Heilung. Er bietet sich
haftigkeit benutzte, mit der ein Soldat ein uns selbst an – als Retter bis zum Äußersten:
Schwert schwingen würde, um den Feind Sein inne­woh­nen­der Geist das Leben für
zurück­zuschlgen. Für meinen armen, dump- unseren Geist; Sein Auferstehungs­körper das
fen Verstand schien es manch­mal, dass er Leben für unser sterbliches Fleisch. Er beginnt
eine furcht­bare Schlacht gegen unsicht­bare Seinen Dienst, indem Er alle heilt, die der
Legionen focht. Und in der Tat, es war wahr, Heilung bedürfen; Er beschließt ihn, indem
denn ich kann jetzt verstehen, dass die Mäch­te Er am Kreuz eine völlige Wie­der­gutmachung
der Dun­kel­heit auch um mein Leben kämpf- unserer Sünden vollbringt, und dann, auf der
ten. Als ich in Bewusstlosigkeit versank, hör- anderen Seite des offenen Grabes, geht Er
te ich ihn sagen: »Es ist Dein Wort, Herr, in den Himmel ein und hinter­lässt uns den
und es kann nicht versa­gen; dies sind Deine doppelten Auftrag für »alle Welt« und »alle
Verheißungen und ich halte mich an sie und Tage bis and das Ende der Welt«: »Geht hin
ich erwarte, dass Du Dein Wort hältst.« Die in alle Welt und predigt das Evangelium aller
Heilige Schrift spricht von dem »Kampf des Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der
Glaubens«. Darin heißt es: »Kämpfe den wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der
guten Kampf des Glaubens« (1. Timotheus wird verdammt werden. Die Zeichen aber,
6:12), das kleine Schlaf­zimmer in jenem alten die da folgen werden, denen, die da glau­ben,
Pfarrhaus in Kalifornien war unbe­streit­bar ein sind diese: In Meinem Namen werden sie böse
wirk­­liches Schlachtfeld und der Mann, der Geister austreiben – auf Kranke werden sie
den Kampf bestritt, hatte nicht die Absicht die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen
aufzugeben. werden.«

Dies war »der Glaube, der ein für allemal


ANMERKUNG: Es folgen einige Zitate von den Heiligen übergeben ist.«
A.B. Simpso, dessen Buch der Herr so sehr zu Was ist daraus geworden? Warum wird
unserem Segen benutzt hat. Sein Glaubensleben
ist Tausenden zur Inspi­ra­tion ge­worden. er nicht mehr weltweit gelehrt und da­nach
ge­han­delt? Verschwand er mit der Zeit der
»Der Mensch hat eine zwiefältige Natur. Apostel? Wurde er auf­ge­hoben als Petrus,
Er ist sowohl ein körperliches, als auch ein Paulus und Johannes weggenommen wurden?
gei­stiges Wesen. Und beide Naturen sind glei- Auf keinen Fall! Er blieb in der Kirche über
cherweise durch den Sün­den­fall beein­trächtigt Jahr­hunderte hinweg und verschwand erst, als
worden: Sein Körper ist der Krankheit ausge- sie immer mehr in Welt­lich­keit, Korruption,
setzt, seine Seele ist verdorben durch Sünde. Formalismus und Unglauben hineinwuchs.
Wie segensreich ist es demnach herauszu­fin­
den, dass der vollständige Plan der Erlösung Mit einem wiederbelebten Glauben, mit
einem vertieften, geistigen Leben, mit einem
DER SAUM SEINES GEWANDES 23
genaueren und schriftgemäßeren Anerkennen
des Heiligen Geistes und des lebenden (Aus: »Das Evangelium von der Heilung.« von
Christus und mit dem Näherkommen zur Dr. A. B. Simpson, Gründer der »Christ­lichen und
Wiederkunft des Meisters selbst, fängt diese Missionarischen Allianz.«)
gesegnete, gute Botschaft der körperlichen
Erlösung an, wieder auf ihren angestammten
Platz zurückgebracht zu werden; die Kirche Das Licht bricht herein
ist langsam dabei zu lernen, wieder zu ge­
winnen, was sie nie hätte verlieren sollen. Aber Als ich eines Abends allein gelassen
gleichzeitig damit sieht man auch solch einen wurde, denn Hjamer war weg, um einige
Geist konservativen Unglau­bens und kalten, Krankenbesuche zu machen und die Kranken­
traditionellen, theologischen Rationa­lismus schwester hatte in der Küche zu tun, kam
offenbart, dass wir notwendigerweise ernsthaft plötzlich ein tiefes Verlangen in mein Herz
»für den Glauben kämpfen« müssen, »der ein – ich fühlte mich getrieben, laut zu einer
für allemal den Heiligen übergeben ist«. unsicht­baren Kraft um Hilfe zu rufen: ich
konnte meine Stimme nicht über ein Flüstern
Die Ursachen von Krankheit und Leiden hinaus erheben, also flehte ich in ernst­haf­tem
können deutlich auf den Sündenfall und Flüster­ton: »Wenn es MÖGLICH ist, dass
sündigen Zustand des Menschen zurück- es dort draußen irgend­wo einen Gott gibt,
verfolgt werden. Falls Krankheit Teil der dann offenbare Dich mir selbst! Falls Du dort
natür­lichen Veranlagung der Dinge wäre, bist, dann hast Du gehört, was mein Mann
könnten wir ihr ganz entgegentre­ten und sagt und wie er betet und Du kannst Dich
das mit natürlichen Mitteln. Aber wenn sie mir selbst offen­baren.« Ich schien von einer
ein Teil des Fluches der Sünde ist, muss sie Macht außerhalb meiner Selbst ge­trieben
ihr wahres Heilmittel in der Erlösung haben. zu sein, zu rufen und immer wieder zu ru-
Dass Krankheit das Ergebnis des Sündenfalles fen, und so wieder­holte ich immer wie­der:
und eine der Früchte der Sünde ist, kann nie- »Wenn Du da bist, bitte, oh, bitte, um der
mand ernsthaft in Frage stellen. Der Tod, wird Barmherzigkeit willen, offenbare Dich mir.«
uns gesagt, ist zu allen gekommen, »denn alle Wie eine Antwort auf mein Flehen, kam ein
haben gesündigt«, und das Größere schließt tiefes Schuld­­gefühl der Sünde über mein
das Ge­ringere mit ein. Herz: ich fühlte mich, als ob ich der schlech-
teste aller Sünder sei. Dies war ungewöhnlich,
Wenn Krankheit das Ergebnis eines geisti- aus dem einfachen Grund, dass ich immer
gen Verursachers ist, ist es vollkommen klar, ziemlich selbstgerecht gewe­sen war; ich hatte
dass ihr mit einer höheren, geistigen Macht ein sehr moralisches Leben ge­führt und war
begegnet und widerstanden wer­den muss und sehr stolz darauf – sehr selbst­zu­frie­den. Wann
nicht mit bloßer natürlicher Behandlung. Und immer ich auf mein ver­gange­nes Leben zu­
wiederum – in der grundlegenden Annahme, rück­schaute und mich an die Missionsarbeit
dass Krankheit eine göttliche Erziehung und erinnerte, die ich getan hatte, war ich mit mir
Züch­ti­gung ist – ist es umso einleuchtender, selbst sehr zu­frieden, denn hatte ich nicht
dass ihre Beseitigung nicht durch mecha­ni­ oft mein Leben in einer Art von rettendem
sche oder phy­sische Mittel, sondern durch Dienst riskiert? Sogar als ich bis dicht an die
geistige Kanäle kommen muss.«
24 DER SAUM SEINES GEWANDES
Tore des Todes ge­kommen war und eine große Ich war nicht länger allein, denn ich fühlte
Angst über mein Herz kam, rief ich jene Jahre Seine Gegenwart in jenem Zimmer so wirk-
aufopferungs­vol­len Dienstes zurück und fand lichkeitsnah, als ob ein Mitglied der Familie
große Befriedigung in dem Ge­dan­ken daran: bei meinem Krankenbett gestanden hätte, und
aber JETZT sahen sie für mich wie »schmut­ ich sprach zu Ihm so na­türlich, wie ein kleines
zi­ge Kleider« (Jesaja 64:6) aus. Es war, als Kind zu den Eltern spricht. Ich er­zählte Ihm
ob meine Augen plötz­lich geöffnet worden alles darüber und ich wusste, Er hörte und
waren, und ich sah mich zum erstenmal in verstand, denn ein süßer, un­aussprechlicher,
meinem Leben in meinem wah­ren Zustand über jedes Verstehen hinausgehender Friede
– meine ver­gan­genen Werke erschie­nen wie und eine kühle Ruhe waren über meinen
nichts. Mein Dienst war nicht für Ihn gewe- geplagten Geist gekommen. Ich hatte keine
sen, noch mein Motiv, dass Er verherrlicht Vision gesehen, keine Stimme gehört und
würde. Die Last meiner Sünde und meines auch auf keine andere Wei­se irgendetwas
Selbst wuchs, bis sie größer schien, als ich es mit den natürlichen Sinnen vernom­men,
ertragen konnte und schließ­lich fing ich an sondern hatte eine »stille, sanfte Stimme«
zu weinen. (1. Könige 19:12) in meinem Herzen gehört
und war in solch einen wirk­lichkeitsnahen,
Ich wünschte, ich könnte genau erzählen, persön­li­chen Kontakt mit Ihm gekommen,
was damals in mei­nem Herzen vorging, aber dass ich wahrhaftig sagen konnte: »Ich weiß,
es ist völlig unmöglich. Die Neugeburt ist ein an wen ich glaube, und bin mir gewiss, Er
ge­heimnisvolles, übernatürliches Werk, das kann mir be­wahren, was ich Ihm anvertraut
vom Herrn selbst getan wird, und ich kann habe.« All mein Unglaube war geflohen –
nie­man­dem erzäh­len, wie Er es tat, aber Er Gott war real, tat­sächlich, und ich war »eine
ver­änderte mein Herz völlig! An jenem Abend, neue Kreatur in Christus Jesus« – »Das Licht
als ich dort allein auf meinem Bett lag, wurde war hereingebrochen!«
ich wieder­geboren, als End­er­gebnis treuen,
gläubigen Gebetes. Es hört sich so einfach
an, so banal, einfach zu sagen: »Ich wurde Die Bank des Himmels
verändert. Ich wurde wiederge­boren«, doch
ich würde das Wunder von Gottes Wirken, Dank Gott für einen Menschen, der ge-
und die wun­der­­bare Ver­wand­lung, die an willt war, im Gebet aus­zu­harren, bis Gott die
jenem Abend statt­fand, schmä­lern, wenn ich Antwort schick­te! Selbst mit diesem wun­der­
den Versuch unternehmen würde, es bis ins baren Sieg war mein Mann nicht zufrieden; er
Kleinste zu beschrei­ben. Ich kann nur sagen, wollte nicht nur meine Seele gerettet sehen,
wie der blinde Mann sich aus­drückte, den sondern auch mein Leben. Ich brauchte ihm
Jesus heilte: »Eines aber weiß ich: dass ich nicht von der Veränderung er­zählen, die ein-
blind war und nun bin ich sehend.« (Johannes getreten war, denn es war leicht für ihn, sie
9:25) Jesus sagte zu Niko­de­mus: »Der Wind zu se­hen, aber nachdem wir darüber gere­det
bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen hat­ten, sagte er zuver­sicht­lich: »Jetzt wird der
wohl; ABER DU WEISST NICHT, woher er Herr auch deine Gesundheit wieder herstellen
kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, und dich von diesem Bett aufrich­ten.« »Du
der aus dem Geist ge­boren ist.« (Johannes meinst, Er wird mich heilen?« fragte ich, denn
3:8)
DER SAUM SEINES GEWANDES 25
obwohl Chri­stus für mich so real geworden in meinem Bewusstsein däm­merte, dass es
war, ging die Idee, dass Er heute irgendwelche Realität, eine TATSA­CHE ist, dass die Ver­
Wunder tun könnte, doch über meine Vor­ hei­ßungen der Bibel anwendbar sind; dass sie
stellungs­kraft hinaus; ich sah wirk­lich nicht, tatsächlich für meine täglichen Bedürfnisse
wie so etwas möglich sein konn­te. Sicherlich ange­wandt werden konnten. Dies war eine
waren die Wunder von Christus nur gewe­ Offenbarung für mich. Ich verstand jetzt,
sen, um die Dispensation des Evangeliums was Hjamer meinte und warum er an jenem
einzuführen – es war einfach unmöglich, dass Tage so glück­lich ausge­sehen hatte, als er in
solche Dinge heute geschehen könn­ten; es war mein Zimmer kam und sagte: »Ich habe ge-
für mich beinahe unbegreif­lich. Ich dachte rade eine große Entdeckung gemacht.« Jetzt
zurück und ver­such­te, mich zu erinnern, ob konnte ich es verstehen, denn ich hatte selbst
ich jemals irgendje­manden ge­troffen hatte, jene Ent­de­ckung gemacht. Ich wusste jetzt,
der behauptet hatte, dass Gott mit Sicherheit dass Gott genau das meinte, was Er in den
so etwas für ihn getan hatte; so weit ich über- zahl­reichen Verheißungen versprochen hatte,
haupt zurückdenken konnte, konnte ich mich die in Seinem Wort wiedergegeben waren
an nichts Derartiges erinnern. Natürlich hatte und dass Er jede einzelne von ihnen buch-
ich etwas über die neuen Heilungs-Kulte stabengetreu erfüllen würde, wenn die Hand
erfahren­, aber einfach eine Verheißung von des Glaubens sich danach ausstreckte und
Gottes Wort zu nehmen und völlig auf Ihn zu sie mit Bestimmtheit für sich in Anspruch
vertrauen, dass Er sie erfüllte, war etwas, was nehmen würde.
mir völlig fremd war. Ja, ich hatte durch die
Gebete meines Mannes für mich eine echte Gottes Wort sagt: »Durch sie sind uns
Demon­stra­tion der Inan­spruchnahme von die teuren und aller­größ­ten Ver­hei­ßungen
Gottes Verhei­ßun­gen gesehen – und das in geschenkt, auf dass ihr dadurch teilhaftig
meinem eigenen Zimmer – deren Ergebnis werdet der gött­li­chen Natur, die ihr entron-
die Ver­än­de­rung meines eigenen Herzens nen seid der verderblichen Lust in der Welt.«
gewesen war. Sicher, er hatte die Verheißun­ (2. Petrus 1:4)
gen Gottes in Anspruch genommen und Gott
hatte ge­hört und geantwortet, aber konnte Im Grunde ist es also eine sehr ernste Sache,
es sein, dass jene Ver­heißungen in JEDEM die Verheißungen Gottes zu übersehen oder
Fall genauso wirklich und auf ALLE Dinge sie nicht wichtig zu nehmen, denn durch jene
anwend­bar waren? Brauchte ich bloß meinen werden wir »teilhaftig der göttlichen Natur«.
Namen unter eine Verheißung zu setzen und Ich hätte mich nie getraut, eine Verheißung
sie in der Bank des Himmels einzulösen? War zu nehmen und mich damit auf die Äste hin­
es wirklich möglich, dass sogar die Gesund­ aus­zu­­wa­gen, in der Erwartung, dass Gott mir
heit wiederhergestellt werden konnte, indem wirklich entgegen­kom­men würde, denn in
man eine jener Verheißungen für sich in meiner begrenzten Glaubenserfahrung waren
Anspruch nahm und auf sich anwandte? Es sie nur schöne Schriftsprache und niemals
schien unmöglich, dass der Herr uns solch ein dafür vorgesehen, dass man sie ernst nahm
Vorrecht gegeben haben könnte, uns solche oder sie in der Praxis anwandte. Ich fürchte,
Macht anver­traut hatte. dass ich wie die Frau war, die man einst fragte:
»Nun, wozu glauben sie, gab Gott all diese
Ich werde jenen Tag nie vergessen, als es Verheißungen in Seinem Wort? Wofür sind
26 DER SAUM SEINES GEWANDES
sie?« »Nun, nur um die Seiten auszufüllen, antwortete sie, »einige zeigen den Kopf eines
nehme ich an.« Mannes, einige einen Mann, der auf einem
Pferd sitzt, und eine Reihe von ihnen ha-
Ich glaube aber, wenn ich in früheren Tagen ben das Bild des Königs darauf. Sehen Sie,
über­haupt darüber nach­ge­dacht hätte, so wäre dieses hier zeigt den König von England –
ich mir wohl mehr wie die sehr ungebil­dete, lang lebe der König!« »Lang lebe Ihr Sohn!«
schottische Frau vorgekommen, welche die entgegnete der verwundene Pastor, »Nun,
meiste Zeit ihres Lebens abgeschieden im meine liebe Freundin, wissen Sie, dass Sie
Hochland Schottlands verbracht hatte, und eine reiche Frau sind? Dies sind Banknoten;
die so arm war, dass sie ihre Miete nicht dies ist Geld, Sie haben Reich­tum hier; und
selbst bezahlen konn­te, so dass ihre Kirche wenn man bedenkt, wie Sie gelitten haben
dafür aufkommen musste. Eines Tages, als und ohne es aus­kom­men mussten, während
ihr Pastor, ein sehr herzensguter Mensch, Sie eben hier in ihrem Haus die ganze Zeit
ihr die Miete brachte, sagte er: »Frau Mc Reichtum hatten und dachten, dass es einfach
Kintrick, sie werden mir verzei­hen, wenn ich nur schöne Bilder seien.«
sehr offen mit Ihnen über etwas rede, und
ich bin sicher, Sie werden es ver­stehen. Ihre Dies war auch meine Schwierigkeit in
Freunde, die Ihnen mit der Miete aushel- Bezug auf die Ver­hei­ßun­gen in Gottes Wort:
fen, kön­nen nicht verstehen, wie es kommt, Ich hielt sie nur für schöne Bilder, einfach
dass Ihr Sohn Sie nicht unter­stützt. Meines nur schöne Sprache. Zum Beispiel der 23.
Wissens hat er eine sehr gute Stellung in Psalm: »Der Herr ist mein Hirte, mir wird
Australien und ist ein guter Junge, der sie nichts mangeln. Er weidet mich auf einer
sehr liebt. Ist dies nicht der Fall?« »Oh ja,« grünen Aue und führt mich zum frischen
sagte die Mutter, »und er vergisst mich nie, Wasser...« Für mich war dies ein­fach Poesie,
denn jede Wo­che schreibt er mir die allerherz- eine Bilderge­schichte. Nie ließ ich mir einen
lichsten Briefe. Oh, ich möchte gern, dass Sie Moment lang träu­men, dass es dafür eine
einen seiner Briefe sehen.« Neugierig, mehr buchstäbliche Anwen­dung gab; dass Jesus
über solch einen Sohn zu erfahren, der eine für uns ein Hirte sein und in unse­ren Er­
Mutter so lieben konnte und sie trotzdem fah­rungen jeden Vers dieses Psalms erfüllen
ohne Un­terstützung ließ, deutete der Pastor würde, wenn wir Ihm wirklich vertrau­ten.
so­gleich an, dass er gerne einige der Briefe Wie scha­de, dass so viele Menschen heutzu-
sehen würde. Bald kehrte die Frau mit zwei tage in gleicher Weise auf die hundert­fachen
Päckchen zurück, eines davon gab sie dem Verheißungen in Gottes Wort schau­en, wie
Pastor in die Hand und sagte: »Dies sind seine ich es tat.
Briefe.« Der Pastor öffnete gera­de das Band,
womit sie zusammenge­bunden waren, als sie Aber jetzt war das alles anders. Es schien
sagte: »Mit jedem Brief schickt er mir immer mir seltsam, dass ich Gottes Wort vorher nie
ein hübsches Bild. Sie sind nicht sehr groß buchstäb­lich genommen hatte. Nun, Er mein-
und passen gerade schön in den Brief, aber te genau, was Er sagte! Wie konnte ich jemals
es zeigt, dass er an mich denkt.« Der Pastor, etwas anderes gedacht haben? Wie blind war
sofort interes­siert, blickte auf. »Ein Bild in ich gewesen! Wie blind waren wir alle gewe-
jedem Brief?« Er war neugieriger als je zuvor. sen! Hier hatte Gott uns unbe­grenzte Quel­
»Darf ich die auch sehen?« »Oh, sicherlich«, len zur Ver­fü­gung gestellt, und wir nahmen
DER SAUM SEINES GEWANDES 27
nicht eine von ihnen in An­spruch, sondern Namen in irgendeiner Weise ver­herr­lichen, in
handelten genauso, als ob diese Verheißungen irgen­deiner Art Ihm dienen könnte. Wie froh
einfach viele Worte ohne Bedeutung wären. würde ich sein, wenn ich nur das Geringste
Wie jemand gesagt hat: »Einfach hüb­sche für Ihn zu tun vermochte! Er hatte so viel für
Bilder in schöne Sprache eingebettet.« mich getan, und ich liebte Ihn so sehr, dass
mein Herz bei dem Gedan­ken einfach vor
Es gab ein sehr ernstes Hindernis auf dem Auf­regung in Entzückung ge­riet.
Weg zu meiner Ge­ne­sung und das war die
Tatsache, dass ich zu jener Zeit kein wirk­liches In jener Nacht, als mir eine Haushaltshelferin
Verlangen danach hatte zu leben. Seit meiner laut vorlas, (sie hatte die Bibel willkürlich
»Veränderung des Her­zens war alle Furcht geöff­net) las sie neben anderen Stellen die
vor dem Tod von mir genom­men worden, folgende: »Diese Krankheit ist nicht zum
und ich hatte buchstäblich Heim­weh nach Tode, sondern dass Gott dadurch ver­herr­
dem Himmel. Ich hatte so viel gelitten, dass licht werde.« (Johannes 11:4) Jener Vers traf
das Leben seine Attraktivität verloren hatte; mein Herz, als ob Gott selbst zu mir gespro-
während durch meine neue Erfahrung der chen hätte. Stundenlang klang es in mei-
Himmel anziehender ge­worden war. Ich, nem Herzen nach, bis ich schließlich betete:
die ich früher einmal den Himmel als eine »0 Herr, ich habe ge­sagt, dass ich gern für
solch unwirkliche, eingebildete Sache an­ Dich sterben würde, aber stattdessen werde
gesehen hatte, glaubte jetzt, dass er so real war ich gern für Dich leben – gib mir jetzt den
wie die Welt, in der ich mein Dasein hatte, Glauben für das Leben – den Glau­ben, Deine
und mich verlangte brennend nach seiner Verheißungen in An­spruch zu nehmen und
Ruhe und seinen Seg­nungen. Der Herr selbst richte mich von diesem Sterbebett auf!« Als
war mir so kostbar ge­worden und der bloße Hjamer in jener Nacht in das Zimmer kam,
Gedanke, Ihn von Angesicht zu Angesicht sagte ich zu ihm: »Ich werde für den Herrn
zu sehen, war so wunderbar, dass ich mich leben, aber du wirst für mich beten müssen,
fühlte, als ob ich es kaum abwarten konnte. dass Er mir den Glau­ben geben wird, denn
Was für wun­derbare Veränderungen Gebet es ist wirklich außerhalb meines Vorstel­lungs­­
bewirken kann! – Einen Tag Todesangst, bis vermögens, wie Er je­manden aufrichten kann,
ich in kalten Schweiß ausbrach; am nächsten der in meinem Zustand ist; der so unwert ist
war alle Furcht ge­wichen und an seiner Stelle und dessen Glaube so klein ist.« Oh, Jesus war
ein Verlangen, die Todes­grenze zu überschrei- tat­säch­lich real und kostbar für mich, aber
ten, hinüber zu einem besseren Land. Ich daran zu den­ken, dass Er solch ein Wunder
hatte Heim­weh nach dem Himmel, aber wie jenes heutzutage tun würde, war ein wirk­
Hjamer sagte zu mir: »Hast du nie daran licher Sprung im Glauben jenseits allem, was
gedacht, dass der Herr dein Leben viel­leicht ich fassen konnte.
be­nutzen möchte – dass du zu Seiner Ehre
leben könntest? Wenn Er dich von diesem Aber schließlich wurde das Datum für das
Sterbebett aufrichten würde, denke daran, Gebet festgesetzt; der Tag, an dem wir den
wie der Glauben vieler Leute gestärkt werden Herrn bitten würden, mich aufzurichten.
würde! Möchtest du Ihn nicht ver­herr­li­chen?« Mein Mann glaubte daran, sehr bestimmt
Das war so wunder­bar, dass mein Herz vor damit zu sein. Er hatte oft gesagt: »Gott ist
Freude klopfte – der Gedanke, dass ich Seinen sehr bestimmt mit uns gewesen und hat uns
28 DER SAUM SEINES GEWANDES
präzise Ver­hei­ßun­gen gegeben, auf die wir uns um 3 Uhr im Wohnzimmer ihres Hauses und
be­rufen können, und hat sie in sehr ge­nauen ich dachte, da Ihr Zimmer hier gerade an das
Begriffen fest­gelegt und wir werden genau Wohnzimmer grenzt, dass wir viel­leicht die
mit Ihm sein. Wir wer­den unsere Herzen Tür offenlassen könnten und Sie können die
vorbereiten, mit Bestimmt­heit eine Reihe Dis­kussion hören. Ich weiß, Sie müssen sehr
von Verheißungen in Anspruch nehmen und einsam sein und die Zeit vergeht langsam,
dann, an einem be­stim­mten Datum, werden und ich glaube, Sie werden Gefallen daran
wir den Handel abschließen und es für alle finden, wenig­stens einen Teil des Treffens zu
Zeit als er­ledigt ansehen.« hören. Nun würde es uns sehr freuen, über
ein Buch Ihrer Wahl zu diskutieren, und ich
Während jener Tage des Wartens lernte ich dachte, ich könnte schnell herüber­kommen
vor dem Ein­schla­fen Ver­heißungen auswendig und Sie fragen, so dass wir uns schon darauf
und als ich aufwachte, wiederholte ich sie. Ich vorberei­ten könnten. Welches Buch soll es
wollte so sehr den Glauben haben, die richtige denn sein?« »Nun, Bruder Catch­pole,« ant-
Art von Glau­ben, einer, der so groß war, wie wortete ich, »das ist wirklich aufmerksam
ich dachte, dass er sein musste, um solch etwas von Ihnen, denn mein Mann hat mir ein
Wunderbares vom Herrn zu bekommen. Ich Buch vor­gelesen, von dem ich gerne möchte,
wollte meinen Teil tun. Wenn ich nur damals dass die Prediger-Vereini­gung es diskutiert.«
ge­wusst hätte, dass der Glaube, der Dinge Das Buch war A.B. Simpsons Zeug­nis von
von Gott bekommt, nicht irgend­eine »große, seinem Leben, seiner wunderbaren Heilung
riesige Sa­che« ist, sondern einfach GOTT und anderen wunder­vol­len Ant­worten auf
BEIM WORT NIMMT! Gebet. Am folgenden Montag kamen die
Pastoren der verschiedenen Gemeinden zum
Pfarrhaus und, wie geplant, diskutierten sie
das Buch, das wir ihnen ge­­geben hatten.
Im Sanhedrin Ich war an jenem Tag sehr krank, in der Tat
ziem­lich schwach, so dass ich nicht in der
Ich möchte die Zeit nehmen, in dieser Lage war, irgendetwas der ersten Hälfte des
Geschichte von einem eher unge­wöhnlichen Treffens mitzubekommen – das Lesen des
und interessanten Ereignis zu erzählen, das zu Buches und den Anfang der Diskussion.
je­nem kritischen Zeit­punkt geschah. Von Zeit Aber gegen das Ende des Treffens, als die
zu Zeit hatte mich in mei­nem Krankenzimmer Diskus­sion hitziger wurde und die Stimmen
ein Prediger des Evangeliums namens David er­regter, schnappte ich Folgendes auf – und
Catch­pole be­sucht, ein sehr hin­gegebener die Einzel­heiten wurden mir hinterher von
Mann Gottes. Er war der Pastor der Baptisten- meinem Mann und Pastor Catchpole erzählt,
Kirche, einer der größten und mächtigsten die zusammengefasst wie folgt waren:
Kirchen in unserer Stadt. Das Beste an Bruder
Catchpole war, er glaubte an das Wort Gottes; Reverend Phineas T. Lynn, Pastor der
er war kein Mo­dernist. Methodisten-Kirche jener Stadt und ei-
ner der größten Heiligen Gottes, die ich je
Eines Tages kam er zu Besuch und sagte kannte, war an der Reihe und sagte dem
mir: »Frau Berg, die Ver­eini­gung der Prediger Sinn nach etwa Folgendes: »Ganz be­stimmt
trifft sich am nächsten Montag­Nach­mit­tag glaube ich, dass Gott genau meint, was Er in
DER SAUM SEINES GEWANDES 29
Seinem Wort sagt und ich glaube, dass Jesus nen. Er war sehr auf­geregt, als er sprach
Christus sich nie geändert hat. Wir sind die, und schien sehr empört): »Nun, von dem,
die sich geändert haben. Wir haben keinen was ich mitbekommen habe, glau­ben eini-
Glauben mehr, und anstatt unseren Mangel ge von euch Predigern, dass Christus heute
an Glauben einzu­gestehen, geben wir dem immer noch Wunder tut und ihr nehmt diese
Wort Gottes Schuld und sagen, es gelte nicht Verheißungen ganz wörtlich. Na schön, ich
für uns heutzutage. Stattdessen sollten wir habe einen Vorschlag zu machen, in dem
unseren Glauben auf die Ebene von Gottes so etwas wie eine Heraus­forde­rung liegt.
Wort bringen.« Dort drinnen in dem Krankenzimmer liegt
Frau Berg, eine der bejammernswertesten
Hjamer fügte bei: »Bruder Lynn hat ge- Invaliden, die ich je gesehen habe; ich traf
nau meine Ansichten aus­gedrückt. Weil die ihren Arzt auf dem Weg hier herüber und ich
Kirche in ihrem Glauben ver­sagt hat, hat sie hielt ihn an, um her­auszufinden, wie es ihr
versucht, Gottes Wort auf die niedrige Ebene ginge. Er antwor­tete: ›Es erstaunt mich, wie
ihres Glaubens her­un­ter­zubringen; indem jene Frau weiterlebt, in dem Zustand, in dem
man sagt, dass diese Verheißungen nur für sie kaum in der Lage ist, Nahrung zu sich zu
apostolische Zeiten galten, und nicht für nehmen. Jedes­mal, wenn ich in letzter Zeit
heute; und die Wunder von Christus seien das Telefon läuten hör­te, habe ich gedacht:
nur passiert, um Sein Amt ein­zu­leiten. Dies ›Nun, das ist das Ende und Frau Berg ist
hat die Kirche getan, anstatt ihren Glauben ge­storben.‹ Sehen Sie, das Leben jener Frau
auf die Ebene von Gottes Wort anzu­heben. hängt nicht an einem Faden – sondern an
Einfach weil wir den Glauben für etwas nicht einem bloßen Haar.‹ Nun, Brüder, ich glau-
haben, sagen wir: ›Es gilt für uns heutzutage be, was ihr Arzt sagt. IHR glaubt all diesen
nicht.‹« Blödsinn. Lasst es uns auf die Probe stellen.
Was mich anbelangt, möchte ich klar machen,
Bruder Lynn: »Nun, für meinen Teil, dass ich mit einigen von euch nicht über­
Bruder, möchte ich be­ken­nen, dass wir die- einstimme. Nun, jeder Narr weiß, dass die
jenigen sind, die versagt haben. Ich glau- Tage der Wunder vorbei sind. Na gut: Dort
be einfach, was die Bibel sagt: ›Bei Gott ist drinnen liegt Frau Berg – ein hoffnungsloser
kein Ding unmöglich‹, und Jesus Christus Fall, wir alle stimmen darin überein. Also,
ist genauso bereit, Gebet zu beantworten wenn ihr den Kram glaubt, probiert es an
und Glau­ben zu belohnen, wie Er es in apo- ihr aus.« Und damit ging er zur Tür, öffnete
stolischen Tagen war. Es ist unser Man­gel sie und schlug sie mit lautem Knall zu, als er
an Glauben, nicht Sein Mangel an Gnade, das Treffen verließ.
dass nicht größere Dinge in Seinem Namen
getan werden.« Aber bevor er sie zuknallte, hatte Bruder
Catchpole Zeit, ihm ent­gegen­zuhalten: »Das
Bruder Catchpole: »Ich glaube einfach, ist genau, was wir vorhaben!«
was die Bibel sagt, ›Jesus Christus gestern und
heute und derselbe auch in Ewigkeit!‹« Ich möchte an diesem Punkt sagen, be-
vor ich meine Geschichte beende, dass sie
Ein zweifelnder Bruder: (Ich vermeide »es an mir probierten« und am nächsten
es, den Namen dieses Pa­stors zu erwäh- Montag­nachmittag um 3 Uhr war ich beim
30 DER SAUM SEINES GEWANDES
Prediger-Treffen, »jedes bisschen gesund«, wird, so dass sie, indem sie es von frag­wür­di­gen
und so glücklich und hoffnungsvoll wie nur Quellen annehmen, sich in der Ver­leugnung eini-
irgend­ein stäm­mi­ger Mann dort! ger grund­sätz­licher Wahrheiten des Christentums
verstricken könnten. Arme, getäuschte Herzen,
sie beachten nicht, dass der Feind unserer Seelen
ANMERKUNG: Ich möchte meine Leser oft Wahrhei­ten aus dem Worte Gottes benutzt
wissen lassen, dass ich mehr Sym­pathie als Tadel und sie mit Irrtümern mischt, auf diese Weise
für den Mann habe, der den Raum verließ und danach trachtend, eine nachgeahmte Religion
jene, die ähnliche Ansichten haben, denn ich weiß, zu machen! Tausende nehmen die Nach­ahmung
dass es heutzutage schon so viele falsche Leh­ren an, weil Schriftstellen darin sind. Aber viele gro-
in dieser Richtung gegeben hat; so viele »Kulte« ße Kirchen haben dieses mächtige Prinzip des
und »Ismen« und »Wissenschaf­ten«, die so viel Glaubens vernachlässigt und als Folge davon
(Un)Wesen um Heilung gemacht haben, dass verlassen Tausende unsere Kirchen und schlie-
man es den Leuten kaum noch übelnehmen kann, ßen sich neuen Religionen an. Jemand hat sehr
wenn sie vor diesem Wort zurückscheuen. Ihr weise gesagt. »Ein krankes Schaf folgt allem und
werdet feststellen, dass ich versucht habe, es beim jedem.« Warum beten wir nicht für unsere ei-
Erzählen meiner wunderbaren Erleb­nisse nicht genen Kranken? Unsere Kirchen würden sich
zu erwähnen, den ich möchte in keiner Weise ver­größern, unser eigener Glaube gestärkt und
mit diesen Hei­lungs­­kulten oder philo­sophischen im Namen des Herrn wunderbare Dinge getan
Gruppen in Verbindung gebracht werden. Wir werden, wenn wir diesen lieben Kranken den
haben nie irgend­eine Verbindung gehabt, noch Weg des Glaubens lehren würden. Lasst uns für
wollen wir sie haben, als mit dem unverfälschten unsere eigenen Kranken beten!
Wort Gottes, mit einfachem, althergebrachtem­­­
Glauben und den Verheißungen Gottes, einfach
so, wie sie in Seinem Wort stehen.
Wie auch immer, nur weil diese »philoso-
phischen Ge­sell­schaften«, »moder­nen Phi­lo­so­ Der festgesetzte Tag –
phen« und »Wissenschaften« einige wunderbare
Schriftstellen und einige Prinzipien des Glau­bens und Enttäuschung
aus Gottes Wort genommen haben und darum
herum un­schriftgemäße Lehren aufgebaut und Schließlich kam der festgesetzte Tag und
sie der Welt als neue Lehren präs­entiert ha­ben, mit ihm die Freunde, die für mich beten
sollte uns nicht davon abhalten, Gottes kost- wollten. Bruder Catchpole, seine Frau und
bare Verheißungen zu benutzen­­ oder eben jene
mein Mann standen neben meinem Bett
Glaubens­prinzipien anzuwenden, die sie für sich
in Anspruch genommen haben. und redeten mit mir einige Augen­blicke vor
dem Gebet. Mein Mann sagte: »Macht es
Sicherlich gibt es kraft- und saftlose Religionen, dir etwas aus, uns zu erzählen, welche Ver­
die einen Teil des wunder­baren Ganzen nehmen heißungen du aus­gewählt hast, worauf du
und so sehr verdrehen, dass man es nicht mehr dich berufen willst?« »Oh, ich habe nicht nur
wieder­erkennen kann. Tausende und Abertausende
von Menschen haben unsere Kirchen ver­las­sen eine ge­wählt, sondern eine gan­ze Reihe, denn
und geistige und physische Erleichterung in mo- ich dachte, wenn eine Ver­heißung gut ist,
dernen Religionen gesucht, einfach weil dieses würden eine ganze Reihe sicher besser sein.«
kleine Körn­chen Wahrheit, das heißt das Prinzip Daraufhin bemerkte jemand im Zimmer
grundsätzlichen Glau­bens, dargelegt und ihnen lachend: »So ist sie auch mit ihrer Medizin
zum ersten Mal erklärt wurde. Wie sterbende
gewesen; sie dachte immer, wenn eine Pille
Menschen, die sich an einen Strohhalm klammen,
sehen sie Hoffnung, wo Verzweiflung gewesen war. gut ist, sollten drei besser sein und wenn ein
Sie sehen jedoch nicht, dass mit diesem Körn­ Löffel voll Medizin hilf­reich sei, würden vier
chen Wahrheit oft auch viel Falsches gemischt es ganz be­stimmt bewerkstelligen­.« »Aber,«
DER SAUM SEINES GEWANDES 31
sagte ich, »diese Verheißungen sind alle ganz Him­mel­fahrt geschrieben worden war, so
verschieden, wie ihr verstehen werdet.« Ich dass man nicht sagen konnte, dass es nur für
hatte 2. Mose 15:26 gewählt: »Denn Ich Christi Tage geschrie­ben worden wäre, son­
bin der Herr, dein Arzt,« Psalm 103:3: »Der dern dass es für eine wohl­or­ganisierte Kirche
dir alle deine Über­tre­tungen vergibt und geschrieben wurde, nachdem Christus diese
alle deine Gebre­chen heilt,« Matthäus 9:23: Erde verlassen hatte – es war eine Regel für
»Jesus aber sprach zu ihm: ›Wie sprichst du: jede Kirche heutzutage.
›Kannst du das?‹ Alle Dinge sind möglich
dem, der da glaubt‹«, und Jakobus 5:14,15: »Ich bin jetzt bereit,« sagte ich und zitierte
»Ist jemand krank unter euch, der rufe die die gerade er­wähn­ten Ver­heißungen. Bruder
Ältesten der Gemeinde zu sich, dass sie über und Schwester Catchpole streckten ihre Hän­
ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit de aus und legten sie auf mich, während er
Öl salben. Und das Ge­bet des Glaubens wird einige Schriftstel­len zitierte. Der Raum wurde
dem Kranken helfen und der Herr wird ihn ganz still, denn jeder schien die Feierlichkeit
aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, zu spüren und die Verantwortung, die auf
wird ihm vergeben werden.« sie traf. Dann salbte Bruder Catchpole mich
auf der Stirn und zitierte auf meine Bitte hin
Nun, es war ziemlich seltsam, dass ich diese Jako­bus 5:14,15. Dann betete Hjamer »das
letz­te Verheißung gewählt hatte, denn ich Gebet des Glaubens«, und wahrhaftig, es
hatte nie gesehen, dass jemand gesalbt wurde, WAR ein Gebet des Glaubens. Ich glaube,
in meiner eigenen Kirche es war nie Sit­te dass es nur wenige Gelegenheiten im Leben
gewesen, und ich hatte nie irgendjemanden gibt, wo wir je solch ein Ge­bet hören. Es war
getroffen, der dies praktizierte. Aber ich setzte nicht eine hoch­tra­bende, formale Affäre, das
ganz großen Glauben in diese Schriftstelle: kann ich euch versichern, sondern er sprach
»Wenn jemand unter euch krank ist, der einfach zum Herrn und sagte Ihm, dass Er es
rufe zu sich die Älte­sten der Ge­meinde, dass nicht wagen könne, Sein Wort zu brechen.
sie über ihn beten und mit Öl salben.« Ich Immer wieder zitierte er den Vers: »Bestä­
dachte, dass ich genau musste, wie man vor- tige mir Dein Wort, oh Gott.« Es war das
gehen musste, ich dachte auch, dass ich alle Gebet verzwei­felten Glaubens als Ergebnis
die Voraussetzungen für diesen »Rezep­tur­­ in Verzweiflung ver­brachter Tage. Er übergab
vers« hatte. Erstens sagt der Vers: »Ist jemand die ganze Verantwortung dem Herrn und
krank unter euch,« und ich war sicherlich sagte Ihm, dass wir unser Alles auf den Altar
krank. Zweitens ordnet er an: »der rufe zu ge­legt hätten und nur nach Seinem Willen
sich die Ältesten der Gemeinde,« und hier trachteten, und jetzt gäbe es nichts mehr, was
waren zwei der Ältesten; zwei Prediger des wir tun könn­ten, außer uns völlig auf Ihn
Evangeliums. Drittens heißt es: »dass sie ihn zu verlassen und zu er­war­ten, dass Er Sein
salben mit Öl«; ich hatte auch das Öl be­reit. Wort halten würde. Es gab eine Endgültigkeit
Und die vierte Zutat? »Das Gebet des Glau­ bei diesem Gebet, eine Bestimmtheit und
bens«; und ich dachte ganz bestimmt, wenn völlige Übergabe, welche die Sache einfach
irgend­jemand beten konnte, dass Hjamer es abschloss und scheinbar den Herrn in solch
konnte. In Be­zug auf diese Stelle im 5. Kapitel einer Position zurück­ließ, dass Er nichts ande-
von Jako­bus – ­ich wusste als Bibel­student, res würde tun können. In der Tat er­schreckte
dass das Buch Jakobus lange nach Christi mich das Gebet ein wenig. Es hatte einen
32 DER SAUM SEINES GEWANDES
sehr bestimmten, fast befehlenden Ton. Ich ich schaute nach un­ten, auf meinen Glauben,
hatte den Herrn angefleht und angebettelt und nicht nach oben, auf die Verheißungen
und jemanden scheinbar gerade­wegs zum Gottes. Ich erwartete etwas von mei­nem ar-
Himmelstor herantreten und sagen hören: men Selbst und meine Er­wartung war nicht
»Du hast gesagt, Du hättest ein Päckchen ganz auf Ihn ge­richtet.
für mich, und ich bin deswegen gekom­men,«
und es setzte mich eher in Erstaunen. Aber es Der festgesetzte Tag war gekommen und
war solch eine liebenswürdige Ernsthaftigkeit vergangen; das er­warte­te Gebet war vorge-
und kind­li­cher Glaube bei alledem, dass ich bracht worden; ich hatte der Schrift ge­horcht,
sicher war, dass der Herr es ver­stehen wür- aber nichts war gesche­hen. Anstatt dass es
de. (Ich habe es seitdem sel­ber vollkommen mit mir besser wurde, ging es mir, wenn
verstan­den.) Ich strengte mich an, das Gesicht überhaupt etwas, noch schlechter. Tatsächlich
meines Mannes zu sehen, während er betete, schien es ein paar Stunden später, als ob ich
aber wie ich euch schon sagte, ich war auf über die Schwelle gleiten würde. In diesen
dem Wege, stockblind zu werden und konnte Tagen der Vorbereitung, von Gesprächen,
nur einen schwachen Umriss sehen. Aber das Besuchern usw., war mein Zustand ganz si-
Gebet, das ich hörte, berührte mich in der cher unverändert geblieben. Ich war ge­nauso
Tiefe meines Herzens, und ich sah nicht, hilf­los, ja eher noch hilfloser. Ich konnte nur
wie Gott etwas anderes tun könnte, als es zu sehr leise flüstern; tatsächlich waren mei-
beant­worten. Ich verließ mich wirklich auf ne Augen, Lippen und mein rechter Arm
den Glauben von Hjamer. die einzigen Körper­teile, die ich völlig frei
bewegen konnte. Während ich an meinen
Ich war total ermüdet von der extra schreckli­chen Zustand dachte und sah, dass
Anstrengung, Gäste in mei­nem Zimmer zu es mir nicht besser ging, fingen die Hoffnun­
haben, dass man mich eine Weile allein ließ, gen an zu sterben, tiefste Ent­täu­schung und
um aus­zuruhen. Tatsächlich war ich völlig größter Kummer ergriffen mein Herz, und
erschöpft von dem Versuch, einen riesig gro- ich weinte bitter­lich.
ßen Glauben zu erarbeiten, (um dem Anlass
gerecht zu werden). Ich hatte immer noch die
Idee, dass Glauben irgend­eine große Sache
sei, die dem Herrn auf genau die richtige Die stille kleine Stimme
Weise ent­ge­gen­ge­bracht werden musste –
wie ein Bündel, voll­kommen ein­ge­packt, Hjamer hatte das Haus verlassen und war
zusammengebunden und genau zum richti­ für ein paar Stunden unter­wegs. Die gelernte
gen Zeitpunkt ab­zugeben. Wie ich bereits Krankenschwe­ster, die für alle Fälle da war,
sagte, als es alles vorüber war, ließ mich die hatte vor einigen Tagen unerwartet aufge-
Anstren­gung völlig erschöpft zurück. Eine hört und gesagt, dass es völlig lächerlich sei
echte Angst zog in mein Herz ein, denn ich zu erwarten, dass der Herr in diesen Tagen
fühlte irgendwie, dass mein Glaube nicht groß ein Wunder wirken sollte und dass sie mit
genug gewesen war, dass er nicht ganz zu der solchem Unsinn nichts zu tun haben wollte.
Höhe aufge­baut worden war, die notwendig Es gibt einige Leute, die ganz entschlos­sen
war, um dem An­spruch zu genügen. Ihr seht, sein können, dich zu begraben, aber nicht
ge­willt sind, Gott eine Chance zu geben,
DER SAUM SEINES GEWANDES 33
dich am Leben zu erhalten. Eine hilfreiche für mich gebetet wurde und Du weißt auch
Frau aus Hawaii, die jetzt sowohl Kranken­ von dem Predi­ger-Treffen; und hier sind diese
schwester als auch Haushälterin sein musste, anderen Prediger, die für mich gebetet haben
kam oft an meine Tür, um in liebenswerter – oh, Herr, es wird Deiner Sache schaden; die
Weise nach­­zu­fragen, ob ich etwas brauchen Leute werden den Glauben verlie­ren. Bitte
würde, aber die meiste Zeit war ich allein mit sprich zu mir, wie Du es zuvor getan hast und
dem Herrn. Eine Klingel war so aufgehängt ich werde so sehr versuchen, es zu verste­hen.
worden, dass ich nur meine Hand heben Amen.« (Es ist eigenartig, wie besorgt wir um
musste, und ich konnte sie läuten lassen, um Gottes Ruf werden. Ich habe seit­dem jedoch
Hilfe herbeizu­rufen. Ich war froh, al­leine zu heraus­gefunden, dass Er voll­kom­men in der
sein – ich wollte über alles nachdenken. Ich Lage ist, sich um Seinen Ruf selbst zu küm-
würde keine Zufriedenheit finden können, mern. Ich übergab die Sache ein für allemal
bis ich erfahren würde, warum der Herr das dem Herrn und fühlte in mei­nem Her­zen,
Gebet von Hjamer nicht beantwortet hatte. dass Er mich nicht im Dunkeln ließe, son-
Es gab keine Bitter­keit in meinem Herzen, dern mein Gebet beant­wor­ten und mich auf
aber es gab einen tiefen Schmerz. Seit die irgendeine Weise wissen lassen würde, warum
wun­der­bare Veränderung in mein Herz ge- Er mich nicht geheilt hatte.)
kommen war und ich in der Kenntnis des
Herrn zunahm, hatte ich viele Zeiten liebe- Ich ruhte still, schlief beinahe, als mir plötz-
voller Gemein­schaft mit Ihm. Diese Zeiten lich ein Vers der Schrift auf die sonderbarste
waren genauso wirklich und kostbar, wie Weise in den Sinn kam; ich sage son­derbar,
wenn man mit seinem lieb­sten Gefährten denn es war auf völ­lig andere Weise, als mir je-
von An­ge­sicht zu Angesicht redet. Mir war mals zu­vor irgendeine Schriftstelle ge­kommen
ganz klar, dass der Herr mich hörte, wenn ich war. Es war nicht wie ein Vers, es war eine
betete. Kein irdisches Gespräch war jemals Stimme und es schien überhaupt nicht zu
na­türlicher ge­wesen, von klarerer Realität als meinem Verstand zu sprechen, sondern von
unsere kleinen Ge­sprä­che zusammen, und so drinnen, aus meinem Herzen. Gottes Wort
war ich ent­schlossen, über diese Sache mit erzählt von der »stillen kleinen Stim­me«,
Ihm zu sprechen und heraus­zufinden, wo die in uns spricht und bestimmt hatte ich
das Problem genau lag. So betete ich folgen- jene Stimme gehört. Es war nur ein Vers der
dermaßen: »Lieber Herr, wir haben Deinem Schrift, und ich hatte ihn seit Jahren gehört,
Wort bis auf den Buchstaben gehorcht; wir aber er wurde augen­blicklich ein neuer Vers,
haben uns auf Deine Ver­hei­ßun­gen berufen als ob ich ihn nie vorher gehört hatte. Mir
und ihnen geglaubt; mein Mann hat das haben seit jener Zeit viele sehr hingegebene
Gebet des Glau­bens gebetet und er er­wartet Christen er­zählt, dass ihnen Schriftstellen
wirklich, dass ich ge­heilt werde, aber nicht auf die gleiche Weise erhellt worden sind;
das Geringste ist geschehen; ich bin genauso Schriftstellen, die nie besonders an­sprechend
krank wie zuvor, wenn nicht noch kränker. für sie waren, wurden nach Zeiten des Gebets
Nun, lieber Herr, sag mir einfach, was los ist; ihrem Verständnis wie ein Buch geöffnet
sag mir, wo das Prob­lem liegt. Ich bin nicht und in ihr Bewusstsein einge­graben, als ob
nur um mich selbst besorgt, sondern Dein sie mit Linien aus Feuer geschrieben seien
Ruf steht auf dem Spiel. Fünf verschie­dene und machten die Bot­schaft so persönlich für
Kirchen hatten Gebetstreffen für mich, als sie, als ob sie direkt für den Einzelnen vom
34 DER SAUM SEINES GEWANDES
Throne Gottes ge­kommen waren. Wie dieser weiß, dass es nicht die ge­ringste Ver­änderung
Vers so erhellend zu mir kam, zutreffend und an meinem Zustand gibt? Dies ist zuviel ver-
persönlich, ist eines der Dinge aus meiner langt; ich kann es nicht verstehen.« Dann,
Erfahrung, die am schwersten zu erklären in genau der gleichen Weise, in welcher der
sind. Wenn ich zurück­schaue auf jene Tage, erste Vers zu meinem Herzen gesprochen
als Gott mit mir handelte, bleibt noch immer hatte, kamen diese Stellen zu mir. Ich kann
der lang anhaltende, tiefe Eindruck, dass die mich nicht erinnern, dass ich diese Verse aus­
Art und Weise, wie dieser Vers zu mir kam, wendig gelernt hatte, denn ich hatte nur eine
genauso wunderbar war, wie jener Mo­ment, schwache Erinnerung daran, aber jetzt kamen
als ich unver­züglich von jenem Bett aufstand. sie genauso klar, als ob ich sie aus Seinem
Wie ich gesagt habe, war es nicht so sehr ein Wort las: »Vor dem Gott, dem er glaubte;
Vers wie eine Stimme und klar, sanft, aber der lebendig macht die Toten und ruft dem,
mit Autorität sprach sie zu meinem Herzen was nicht ist, dass es sei, ...Abraham wurde
die­se Worte: »Alles, was ihr im Gebet bittet, nicht schwach im Glauben, sah auch nicht auf
glaubt nur, dass ihr es em­pfangen habt, und seinem eige­nen Leib, welcher schon erstorben
es wird euch zuteil werden.« (Markus 11:24). war. Er zweifelte nicht durch Unglauben an
Die Worte »glaubt nur, dass ihr es empfan- der Verheißung Gottes, sondern wurde stark
gen habt« waren im Vergleich mit­dem Rest im Glauben, indem er Gott die Ehre gab.«
heraus­geho­ben, als ob der Vers nur diesen (Römer 4:17,19,20) Immer und immer wie-
einen Gedanken ent­hielt: »glaubt nur, dass der wie­derholte ich diesen Ge­danken, und
ihr es empfangen habt«. Sofort begriff ich es; ich wusste genau, was der Herr bemüht war,
ich sah genau, was der Herr mir zeigen wollte. mir zu offenbaren – dass Abraham, obwohl
Ich hatte nicht geglaubt, dass ich empfangen sein Körper so gut wie tot war, nicht AUF
hatte! Gewiss hatte ich ohne Skepsis ge­glaubt, SEINEN KÖRPER schaute, sondern auf die
dass Er unser Gebet gehört hatte, dass Er um VER­HEISSUN­GEN GOTTES. So sicher
mein Leiden besorgt war und dass es Sein war er, dass Gott Sein Wort halten würde,
Wille war, mir den Wunsch meines Herzens dass er nicht durch Un­glauben zweifelte,
zu geben, aber ich hatte sicher nicht geglaubt, sondern dem Herrn dankte, denn er wusste,
dass ich es EMPFANGEN hatte. Da kam in dass Gott in der Lage war zu vollbringe­n, was
mein Herz eine kleine Rebellion auf, und ich Er ver­spro­chen hatte. Ganz plötzlich wich der
antwortete dem Herrn in einem wirklich ver- Schleier von meinen Augen! Ich schaute auf
wirrten Geist: »Wie, Herr? – Ich kann nicht meinen Körper, der so gut wie tot war, ich
glau­ben, dass Du mich bittest, dies zu tun; schaute auf meinen erbärm­lichen Zustand,
dass ein großer, liebender Vater wie Du eine die Krank­heit, das Leiden, die Symptome und
arme Kreatur wie mich bitten kann zu glau­ nahm alles mit in die Rechnung auf, während
ben, dass ich etwas empfangen habe, wovon der Herr wollte, dass ich mich nur auf Sein
ich überhaupt nicht den ge­ringsten Beweis Wort verließ. Jetzt sah ich klar, dass der Herr
habe. Du bist allmächtig und all­wissend, von mir erwartete, Ihm vollen Glauben zu
aber ich bin nur ein Körnchen Staub. Wie schenken – ob ich nun ein Iota Verände­
kannst Du von mir erwarten, dass Du mir rung in meinem Zustand sah oder nicht. Er
etwas gege­ben hast und ich es emp­fangen erwartete von mir, im Glauben zu wandeln
habe, wenn nicht ein einziger meiner fünf und nicht im Sehen; zu glauben, dass was Er
Sinne es mir kund tut, und ich mit Sicherheit sagte wahr sei, einfach weil Er es sagte, selbst
DER SAUM SEINES GEWANDES 35
wenn nicht das kleinste Bisschen von Beweis hatte, und das war genug. Mein Herz hüpfte
in Sicht war – Er sagte es so und das war ge- vor Freude und damals wurde etwas in mei-
nug. »Es ist aber der Glaube eine Zuver­sicht ner Seele geboren, das sich nicht um einen
auf das, was man hofft, und ein Nichtzwei­feln Bruchteil geändert hat seit jenem Tag bis heute
an dem, das man nicht sieht.« (Hebräer 11:1) – ein bleibendes, unerschütter­liches Vertrauen
Es kam wie eine mächtige Offenbarung und in das Wort Gottes. Immer wieder flüsterte
mein Herz schrie laut, während ich genau ich laut: »Es ist Gottes Wort; es kann nicht
erfasste, was Er mir sagte, und die Lektion, versagen. Es ist Gottes Wort; Er kann nicht
die Er mir beibringen wollte. »0 Herr, ich lügen.« Ich schien dieses wunderbare Wort
sehe; ich ver­stehe; Du willst, dass ich glau- Gottes die Jahrhunderte der Zeit hinunter
be, einfach weil Du es so sagtest, nicht weil marschieren zu sehen, unzer­störbar, obschon
ich es fühle oder es sehe. Ich glaube wahr­ so oft angegriffen; zerrissen von Kritikern
lich Deinem Wort, weil es eben Dein Wort und verbrannt von Feinden, dennoch den
ist; ich glaube ihm mehr als allem anderen; Test der Zeit und Verfolgung über­stehend,
es kann nicht versagen. Ich glaube, Herr, immer noch unverändert – unzerstörbares,
dass genau zu der Stunde, als sie für mich un­fehlbares, uner­schöpfliches, wundervolles
beteten – im gleichen Augenblick – Du mir Wort Gottes. Was für eine Freude in mein
gegeben hast, worum ich gebeten habe, aber Herz kam – eine unbeschreibliche Ekstase,
ich habe es nicht empfangen, denn ich habe denn ich war geheilt, soweit es Gott anbetraf.
erwartet, es irgend­wann in der Zukunft zu Und es musste so sein, denn Er sagte es. Oh,
bekommen. Jetzt sehe ich es, Dein Wort sagt, es konnte kein Irrtum sein; ich konnte nicht,
dass »ALLES, WAS IHR BIT­TET, glaubt würde nicht an Seinem Wort zweifeln. Er
nur, dass ihr es empfangen habt,« aber ich sagt: »Glaubt nur, dass ihr es empfangen
empfing es nicht, als wir beteten. Ich habe habt, und es wird euch zuteil werden,« und
einfach gewartet und gehofft, Du würdest es ich tat genau das – ich glaub­te, dass ich es
mir irgendwann in der Zukunft geben, wenn empfangen hatte, und ich hat­te es! Nichts
es Dir wohl gefallen würde. Aber jetzt weiß konnte mich dazu bringen, etwas an­deres zu
ich, dass ich es damals emp­fing, als sie bete- glauben. In jenem Augen­blick kam es mir
ten, aber ich glaubte es nicht, weil ich keinen überhaupt nicht seltsam vor, dass ich weder
Beweis sah. Jetzt, Herr, wo ich es verstehe, sehen noch mich bewegen konnte; dass ich
bin ich gewillt, Deinem Wort allein zu ver­ völlig hilf­los war, im Sterben lag, und trotz-
trauen. Ich danke Dir, lieber Herr, dass Du dem jubelte ich dar­über, dass der Herr mein
es mir offenbart hast und vergib mir meinen Leben und meine Ge­sund­heit wieder herge-
Mangel an Glauben.« stellt hatte und mich bis ins Kleinste gesund
gemacht hatte. Dann kam mir der Gedanke
In jenem Augenblick gab es ein völliges gemäß der Stelle in Römer: »Abraham gab
Erstau­nen in meinem Herzen, dass ich so Gott die Ehre und war völlig überzeugt:­­was
blind gewesen war, dass ich irgendeinen Gott verheißen hat, das vermag Er auch zu
Beweis haben wollte, bevor ich glaubte – was tun.« (Römer 4:21,22) Ich würde genau­so
wirklich bedeutet, dass man im Schauen wan- handeln. Dies schien mir der Schrift nach das
deln will und nicht im Glauben; Erstaunen Nächste zu sein, was ich zu tun hatte – ganz
dar­über, dass ich vorher nicht ge­sehen hatte, ein­fach Gott zu loben für Seine wunderbare
dass es einfach so war, weil Gott es so gesagt Antwort auf unser Gebet und das phantasti-
36 DER SAUM SEINES GEWANDES
sche Geschenk, das Er mir gegeben hatte. So Bett aufzustehen und zu gehen, wie ich es ein
flü­sterte ich: »Ehre sei Gott; Ehre sei Gott.« paar Minu­ten später tat, außer dass es wegen
Immer wieder wiederholte ich diesen Satz. einer Lektion war, die der Herr mich lehren
Dies ist, was Abra­ham getan hatte. Der be- wollte, von der ich später in der Geschichte
kannte Ausdruck »Lobet den Herrn« fiel mir erzähle. Die liebe Frau, die es in jener Minute
gar nicht ein. Wenn du ein Telegramm be­ nicht verstand, stützte mich erschrocken und
kom­men würdest, in welchem steht, dass du ängstlich auf die Kissen und ging dann zum
der Erbe eines großen Vermögens geworden Telefon und rief den Arzt an.
bist, das all deine Probleme lösen und die
Nöte deiner Lieben ausfüllen würde, dann Zwei Ärzte beschäftigten sich mit dem
würdest du jenes Telegramm an dein Herz Fall; der eine ein Osteo­path, der andere ein
drücken und hättest unaus­sprech­liche Freude. regulärer, praktischer Arzt. Mein Mann hatte
Nun, ich hatte solch ein Telegramm be­kom­ sich gedrun­gen gefühlt, zu beiden zu gehen
men, und ich drückte jene Verheißungen und ihnen frei heraus zu sagen, was er vom
der Schrift an mein Herz und freute mich Herrn erwartete, für mich zu tun. Der Osteo­
mit »einer unaussprechlichen und herrlichen path und seine Frau hörten sich ernsthaft
Freude.« Dann – Wunder der Wunder – ich an, was er zu sagen hatte und gaben ih­rem
bemerkte plötzlich, dass beide Arme erhoben Glauben Ausdruck, dass mit Gott kein Ding
waren! Mein linker Arm, der hilflos gewesen un­möglich sei. Der reguläre Arzt war jedoch
war, war tatsächlich erhoben, während ich ziemlich skeptisch gegen­über der Sache und
den Herrn lobte – in seiner ganzen Länge teilte meinem Mann mit großer Be­stimmt­heit
hoch in die Luft erhoben! Ich schaute ihn mit, dass es nicht die ge­ringste Hoffnung für
an, wie man etwas Seltsames anschauen wür- mein Leben gäbe, und sagte, er ver­lasse sich
de; fühlte ihn mit der anderen Hand; nahm darauf, dass wir nichts Törichtes tun wür­den.
ihn hoch und herunter, hin und zurück! Er Und jetzt sprach er über das Telefon: »Sie
war genauso in Ordnung wie der andere sagen, dass sie aufstehen und gehen will; dass
Arm! Und ich konnte ganz klar sehen! Die sie jetzt aufrecht im Bett sitzt? Nun, ich bin
Trübheit war von meinen Augen gewichen! bei einer Entbindung und kann jetzt nicht
Ich drehte meinen Kopf von einer Seite zur kommen. Halten Sie sie ruhig und ich wer-
anderen, ohne mir dessen bewusst zu sein! de später kommen.« Mary kam zurück ins
Ich bewegte mich auch auf dem Bett, ohne Zim­mer, ihr Gesicht war angespannt, und
dass mir jemand half! Ich lachte und weinte sie machte eine Bewegung, als ob sie mich
zur gleicher Zeit – weinte vor Freude! Schnell wieder zurück aufs Bett legen wollte. Ich
wandte ich mich um und läutete die kleine sagte zu ihr: »Mary, Gott wirkt in diesem
Klingel, die bei meiner rechten Hand hing, Zim­mer und du darfst dich nicht in Seinen
und Mary antwor­tete sofort. Sie blieb in der Weg stellen. Du könntest dich genauso gut
Tür stehen und starr­te, als ob sie ihren Augen auf den Gleisen einem schnell fahrenden
nicht glauben konnte. »Schnell Mary,« sagte Eilzug ent­gegen­stellen, wie dem Herrn im
ich, »hol ein paar Kissen und richte mich Wege zu stehen, wenn Er so wie hier mit Be­
auf. Ich habe vor, aufrecht zu sitzen. Bitte stimmt­heit wirkt.« »Aber es ist zweifellos der
beeil dich.« ›Todesgang‹*«, antwortete sie, »und ich muss
Ich weiß nicht, warum ich in jenem Sie ruhig halten, hat der Arzt gesagt.«
Moment keine Anstren­gung machte, vom
DER SAUM SEINES GEWANDES 37
Aber als sie sah, wie verzweifelt ernst es Welt herr­schen­« zu kämpfen hatte. (Epheser
mir war und dass der Herr wirk­lich in je- 6:12) Aber es gab in meinem Herzen ein tief
nem Zimmer wirkte, ging sie hinaus und gegründetes Ver­trauen in die Glaubwürdigkeit
schloss die Tür, aber ich konnte sie draußen von Gottes Wort, so dass nichts in der Welt
hören, und ich glaube, dass sie weinte. Meine es erschüttern konnte. Auf jede Versu­chung,
Diskussion mit Mary hatte meine Augen für jeden Test, jede Furcht antwortete mein Herz:
eine Weile vom Herrn abge­lenkt und etwas »Es ist Gottes Wort, es kann nicht ver­sagen.«
von der Furcht, die in ihrem und dem Herzen Und als mir schließlich der Gedan­ke kam,
des Arztes war, be­rühr­te meines für einen als ob er mitten aus der Hölle käme (die
Augenblick. Mir fehlt hier der Platz, über den Prüfung war so schwer geworden): »Nun, wie
enormen Test des Glaubens zu schreiben, den lange wirst du Gottes Wort glauben, ohne
ich einige Minuten lang durchmachte. Petrus irgend­einen Beweis zu sehen?« Ich ant­wor­tete
sagt: »Damit sich die Echtheit eures Glaubens dem Sinn nach: »Es ist das Wort Gottes und
bewähre und er viel wertvoller erfunden wer- ich werde es glauben – selbst wenn ich nie
de als vergängliches Gold, das durch Feuer irgendeinen Beweis sehen sollte. Ich werde
erprobt­wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn es einfach glauben, weil Gott es sagte, und
offenbart wird Jesus Christus.« (1. Petrus das ist genug.« Ich konnte nicht anders, als
1:7). Jetzt, nach diesen vielen Jahren, kann an den Vers der Schrift zu denken, wo Jesus
ich ver­stehen, warum Er mich durch diesen zu Petrus sagt: »Satan hat euch begehrt, euch
Test des Glau­bens gehen ließ, aber damals zu sichten, wei man Weizen siebt. Ich aber
war es sehr ernst, und ich ver­stand es nicht. habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht
Eines verstand ich und zwar das, dass Gottes auf­höre.« (Lukas 22:31-32) UND GENAU
Wort wahr­haf­tig ist und dass es nicht versagen IN DEM MO­MENT WAR ICH GEHEILT:
konnte und mit jedem Test sagte ich: »Es ist In genau jenem Moment ließ mich der Herr
Gottes Wort, es kann nicht versagen. Es ist das SEHEN, woran ich geglaubt hatte. Die
das lebendi­ge Wort Gottes, und ich brauche Lähmung war von meinem Körper gewichen!
mich nicht zu fürch­ten.« Als das Feuer der Ich fühlte mich kühl und ausge­ruht und saß
Prüfung weißglühend war, so heftig, dass ich aufrecht im Bett!
es kaum aus­halten konnte, drangen Zweifel
und Ängste auf mich ein, als ob die Legio­nen Die Tür ging auf und Hjamer kam herein.
der Hölle losgelassen worden wären und ent­ Er wusste sofort, was ge­sche­hen war und fing
schlossen seien, das Zeugnis von Gottes Wort an, dem Herrn zu danken, aber ich unter­
nie­derzureißen. Einige Monate vorher hatte brach ihn: »Bitte, bring einen Morgenrock,
ich gelacht über die Vorstellung eines meiner ein paar Hausschuhe – irgend­woher etwas
Freundes vom Teufel als eine reale Person, Kleidung – ich habe vor zu gehen.« Ich rutsch­
ein Leiter der Mächte der Dun­kelheit, aber te über die Seite des Bettes und ließ meine
in jenem Moment war ich überzeugt, dass Füße den Boden berühren, stand aufrecht
diese Mächte entschlossen waren, dass ich und begann ohne jede Hilfe auf dem Fuß­
nicht den Segen erlangen sollte, nach dem boden entlangzugehen. Niemand berührte
ich trachtete. Ich wusste, dass ich nicht »mit mich, niemand musste es tun, denn ich hatte
Fleisch und Blut, sondern mit (gei­stigen) IHN berührt. Ich ging in das andere Zim­
Fürsten und Gewalti­gen, nämlich mit den mer und beugte mich über das Bett und
Herren der Welt, die in der Finsternis dieser küsste meinen lieben kleinen Sohn, für den
38 DER SAUM SEINES GEWANDES
ich nicht hatte sorgen können und in mei-
ner Erinne­rung dachte ich zurück an jenen Vergeblich sehne ich mich nach dieser
Weihnachtstag, als jener schreck­li­che Un­ Musik,
fall uns auseinandergerissen hatte und mein Die ich nie mehr so erleben werde.
Herz brach. Es lief alles in einer schnellen Nur der Tritte Schall ich zu hören krieg’
Rückschau vor meinen Augen ab, und ich Meiner eigenen Schritte auf der Erde.«
sagte in meinem Her­zen: »Ich kann jetzt alles
verstehen, warum es so ge­schah. Gott musste Aber ich hörte jene Musik, ich konnte
meinen eigensinnigen Willen brechen, Er gehen, ich hörte »meine eigenen Schritte über
musste mich zer­schmettern, um mein Leben die Erde gehen«. Selbstverständlich hielt ich
neu zu schaffen, Er musste mich zum Krüp­ mein Herz jeden Mo­ment zum Herrn erho-
pel machen, um mich mit Seiner Liebe und ben, denn ich fühlte, dass die Wellen über
Seinen Seg­nungen zu krönen.« Es schien, als mir zu­sammen­schlagen würden, wie zu alten
ob ich als die glück­lich­ste Frau der Welt über Zeiten bei Petrus, wenn ich nur für einen
den Fußboden ging. Die Bürde der Krank­ Moment meine Augen von Ihm abwenden
heit, des Leidens und der Sünde war völlig würde. So viele lie­be Freun­de fragten mich
von meinem Leben genommen worden! Ich zu der Zeit: »Wie hast du dich gefühlt, als
war nicht nur geistig neu geboren, sondern das ge­schah? Er­zähl uns genau, wie du dich
ich fühlte mich, als ob ich körperlich neu fühltest?« Es gab nichts wirklich Un­ge­wöhn­
geschaffen worden sei. Wie der Pro­phet aus liches daran, wie ich mich körperlich fühlte,
alten Tagen sagt: »Das Gefäß missriet unter ich fühlte mich ein­fach glück­lich und normal,
den Händen des Töp­fers. Und Er machte aber es gab etwas, das in meinem Bewusstsein
wieder ein anderes daraus.« (Jere­mia 18:4) Als über alles andere hinausragte – und das war
ich mich umwandte, um ins andere Zimmer die »Nähe«, die ich zum Herrn emp­fand.
zu gehen, wo mein Mann stand und mich Ich kann das nicht be­schrei­ben – ich fühlte
beobach­tete, kamen mir diese Zeilen eines einfach Seine Gegen­wart mit solcher Wirk­
Gedichtes, das ich irgend­wo gehört hatte, lichkeit, so nahe, dass ich nicht im Geringsten
aber an das ich mich nicht vollständig erin- über­rascht gewesen wäre, wenn ich Ihn mit
nern konnte: meinen natürlichen Augen gesehen hätte.

»Vergeblich sehne ich mich nach dieser Die Glocke zum Abendessen läutete, und
Musik, ich sagte zu Hjamer: »Ich bin hungrig. Was
Die ich nie mehr so erleben werde. kann ich zu Es­sen bekommen?« Und lächelnd
Nur der Tritte Schall ich zu hören krieg’ über meine Ernsthaftig­keit antwortete er:
Meiner eigenen Schritte auf der Erde. »Nun, ich sollte annehmen, dass du essen
kannst, was eine normale Frau essen könn­­
Ich träume von den Tagen, die vorüber te.« »Na wunderbar,« sagte ich, »ich werde
sind, ein richtiges Abend­essen essen, denn ich
Als meine Lippen lernten erstmals was zu habe genug von bloßer »Nahrung«; denn
sagen in jenem Moment brachte Mary mein Glas
Von der Mutter Liebe zu ihrem Kind voll flüssiger »Nahrung« ins Zimmer und
Die es zärtlich lehrte, die ersten Schritte zu das Glasröhrchen, durch das ich trank. Ich
wagen. schaute es einen Moment an und nahm in
DER SAUM SEINES GEWANDES 39
meinem Herzen Abschied davon und sagte ich aussah, küm­merte mich nicht. Ich war
laut: »Es ist ein großer Unterschied zwischen nur von dem einem Gedanken erfüllt und
wirklichem Essen und ›Nah­rung‹, ja?.« Und der war, dass Christus Wirklichkeit war und
was glaubt ihr, gab’s zum Abend­es­sen? – ge­bra­ sich selbst an mir kundgetan hat­te. Sein Wort
tenes Hackfleisch, gebratenes Sauerkraut und war Wirklichkeit geworden und war an mir
Kartof­feln in einer Schweine­­fleisch-Soße! Ich unbe­streitbar bewiesen worden; Gebet war
aß von Herzen jeden Bissen, der mir vorge­ real und es hatte mein ganzes Leben ver-
setzt wurde und fühlte nicht den ge­ringsten ändert. Von nun an standen mir somit die
krankmachenden Einfluß als Folge davon. Quellen des Himmels zu meiner Verfügung,
Jene Nacht schlief ich durchweg auf meiner wenn ich das Leben führen würde, das Ihm
linken Seite – ich schlief wie ein Kind. Mein gefiel. Das Leben schien mir offen zu stehen
Mann sagte, dass er einige Male in der Nacht mit grenzen­losen Möglich­keiten; nie war es
an mein Bett kam, nur um jedesmal den mir so wunder­bar, so gesegnet, so mit neuen
Herrn stärker lobend wieder wegzu­gehen, als Hoffnungen erfüllt erschienen, mit neuen
er mich sah, wie ich zum erstenmal seit Jahren Wünschen und dem Bewusstsein Seiner blei-
ruhig und still auf meiner Seite schlief. benden Gegen­wart. Das Le­ben war ganz und
gar verändert. Wenn jemand ge­sagt hätte: »Du
* ANMERKUNG: »Der Todesgang« ist ein hast eine große Segnung empfangen« hätte
Ausdruck, der von manchen Leuten be­nutzt ich ge­ant­wortet: »Ich habe IHN emp­fangen.«
wird, um jenen merkwürdigen Zufluss an Stärke
zu be­zeichnen, der manchmal einer sterbenden Wenn sie gesagt hätten: »Du hast einen gro-
Person zuteil wird. Man weiß von Leuten, dass ßen Se­gen bekom­men,« hätte ich ge­ant­wortet:
sie sangen, beteten, Abschiedsbotschaften an die »Nein, ich habe den Segensgeber gefunden.«
Lieben gaben usw., während sie wenige Stunden Wenn sie gesagt hätten: »Du hast Errettung
vorher zu nicht mehr als einem Flüstern fähig gefunden«, hätte ich erwidert: »Nein, ich habe
gewesen, ja sogar bewusstlos waren. den Retter gefunden.« Es war alles Christus,
ein kostbarer Freund, Tröster, Gefährte, der
in mein Leben gekommen war. Der Se­gen,
Über Nacht vom Sterbe­ den ich in meiner Seele empfangen hatte,
war weit größer als der, der meinem Körper
bett auf die Kanzel widerfuhr. »Alle, die Ihn anrührten, wurden
gesund,« (Mat­thäus 14:36) und ich wusste
Am nächsten Morgen ging ich zur Kirche jetzt genau, was diese Schriftstelle mein­te,
und sprach zu den Leuten in der Ver­ denn ich hatte Ihn berührt. Dies war keine
sammlung – in der Kirche, der mein Mann ver­standes­ge­mäße Therapie, keine clevere Psy­
als Pastor vorstand. Ich war so abgemagert, cho­logie, kein System der Hei­lung. Dies war
dass jemand, nachdem ich mich zu Hause einfach kindlicher Glaube, der sich ausstreck-
zum Kirchengang angezogen hatte, lachend te und »DEN SAUM SEINES GEWANDES«
bemerkte: »Deine Kleider sehen aus wie ein berührte.
Sack auf ’ner Boh­nenstange.« Jemand anders
sagte, ich sähe aus wie ein Ge­spenst und dass ANMERKUNG: Hjamer E. Berg macht fol-
alles, was mir fehlte, die Grabtücher wären, gende Feststellung: »Innerhalb von drei Wochen
um eine weitere Laza­rus-Szene daraus zu – gerechnet von dem letzten Tag, den meine
Frau im voran­ge­gan­genen Kapitel dieses Buches
machen. Das alles änderte nichts daran: wie
40 DER SAUM SEINES GEWANDES
erwähnt – tat sie alle ihre Hausarbeit, besuchte solch einer Liebe, wie ich sie nie zuvor für
Kranke und sorgte stän­dig für andere. In etwa die Mensch­heit gefühlt hatte. Einige dort
zwei Monaten war sie unterwegs in ausge­spro­chen kannten Ihn, so wie wir Ihn ge­funden hatten,
christlichem Dienst.
Ich kann wahrhaftig sagen, dass sie seit jener andere nicht, und für diese hätte ich gerne
Zeit – die nun viele Jahre her ist – die Arbeit von mein Leben gegeben, damit sie Ihn finden
zwei Leuten getan hat, und heute ist sie aktiver würden. Die Leiden, durch die ich gegangen
und trägt mehr Verant­wortung als jede durch- war, hatten mir wenigstens ein gewisses Maß
schnittliche Person.« von »Golgatha-Herz« ge­geben.

Mein Herz war zu voll, um bei jenem ers-


Der Saum Seines ten Mal viel zu sagen, als mir die Gelegenheit
gegeben wurde, für Ihn Zeugnis zu geben und
Gewandes von der wun­der­­baren Sache zu erzählen, die
Er für mich getan hat­te, also öffnete ich meine
Als ich an jenem Morgen in die kleine Bibel und las von jener Frau in alten Tagen,
Kirche eintrat, gab es ein aufge­regtes Flüstern die auch so viele Dinge erlit­ten hatte und
da, ver­haltenes Schluchzen hier und dort, da gesund gemacht wurde, als sie Ihn dann be-
weinten ein oder zwei Leute, dann ein erwar- rührte. »Und siehe, eine Frau, die zwölf Jahre
tungsvolles Schweigen, das sehr ange­spannt den Blut­fluss gehabt hatte, trat von hinten
war. Nach einigen Worten über das, was ge­ zu Ihm und rührte den Saum Seines Kleides
schehen war, bat mich Hjamer zu sprechen. an. – Denn sie sprach bei sich selbst: ›Könnte
Mein Herz war voll zum Über­fließen, denn ich nur Sein Kleid anrühren, so würde ich
ich sollte die Gelegen­heit haben, über Jesus gesund.‹ – Da wand­te sich Jesus um und sah
und Seine Macht zu reden; zu erzählen von sie an und sprach: ›Sei getrost, Meine Toch­ter,
Seiner wunderbaren Barmherzigkeit, Seiner dein Glaube hat dir geholfen.‹ Und die Frau
Liebe und Be­reitschaft, Gebet zu beant­wor­ wurde zur selben Stunde gesund.« (Matt­häus
ten. In meinem Herzen war eine starke Liebe 9:20-22) Als ich dort stand, schien ich sie zu
für diese Menschen, für die Er ge­stor­ben sehen, eng verwandt mit meinem eigenen
war; ein starkes Verlangen, dass sie Ihn in Leben, leidend, sorgenvoll, wie sie sich durch
all Seiner Fülle kennen lernen würden, wie die Menge drängte und dann erschöpft auf
ich Ihn kennen gelernt hatte. Ich, die ich vor ihre Knie fiel und sich nach Ihm ausstreckte,
so vielen Jahren vor den Leuten gestanden als Er vorüberging. Ich wusste genau, wie sie
hatte ohne einen Ge­danken an Ihn und Seine sich fühlte – unwürdig, dass Er sich umdrehen
Herrlichkeit, hatte jetzt nur ein Ver­langen und sie berühren sollte. Ich wusste, warum
und das war, dass sie »Ihn erkennen würden sie Ihn nicht um Heilung bitten oder Ihn
und die Kraft Seiner Aufer­stehung«– und laut anrufen konn­te, wie es andere taten;
dass alles nur zu Seiner Ehre getan werde. sie wartete einfach, bis Er ein wenig näher
Ich möchte ja »Ihn erkennen und die Kraft kam und dann streckte sie ihre Hand aus
Seiner Auferstehung und die Gemein­schaft und berührte sanft »DEN SAUM SEINES
mit Seinem Leiden, indem ich Seinem Tode GEWANDES«. Und ich sagte laut: »0 Frau,
gleich­ge­staltet wer­de.« (Philipper 3:10) Ich aus jenen vergan­ge­nen Tagen, ich weiß, ich
sah sie als hungrige Schafe, die nur Er al- verstehe es, denn auch ich habe ihn berührt,
lein befriedigen konnte. Ich liebte sie mit »DEN SAUM SEINES GEWANDES«.
DER SAUM SEINES GEWANDES 41
auf den folgenden Seiten sehr knapp eini­ge
praktische Vorschläge, »wie man Dinge von
Es ist für dich! Gott bekommt«.
Das folgende Kapitel ist hier für jene ERSTENS: BEGINNE MIT EINEM
geschrie­ben worden, die selbst einen be- REINEN HERZEN!
stimmten Schritt im Glauben unternehmen Es ist nicht schwierig nachzuvollziehen,
wollen. Wir fügen es hinzu in der Hoffnung, dass man, um von Gott Ant­worten auf sein
dass es euch einige praktische Vor­schläge Gebet zu bekom­men, die richtige Einstellung
geben möge in Bezug auf Glauben, der auch im Herzen und ein unbelastetes Gewissen
wirklich zu emp­fangen bereit ist. haben muss. Jede nicht ein­gestandene Sünde
im Leben wird den Glauben behindern. Alles,
»Es ist kein Ansehen der Person vor Gott«. was Gott nicht hingegeben ist, wird vor dich
(Römer 2:11) Wirst DU dich hinauswagen treten und dich in Zeiten der Prü­fung mäch-
auf die Verheißungen Gottes? Kannst du tig anklagen. Aber lass dich dadurch nicht
dich nicht als Christ, auf Seine Verheiß­ungen entmutigen, denn Gott ver­langt keine Voll­
gestützt, hinaus­wagen zu neuen Horizonten kommenheit. Er fragt nur danach, dass wir
des Glaubens und der Segnungen? Kannst du unseren Willen auf Seine Seite bringen, dass
dich nicht hinauswagen und höhe­re Gipfel wir von ganzem Herzen versuchen, das Beste
er­klimmen? Bist du so ängstlich – fehlt es zu tun, was wir können. Hier ist der Punkt,
dir so an Mut, dass du nicht auf Gottes über den viele stolpern und sagen: »Ach, ich
Verheißungen gestützt aus­schreiten kannst, bin nicht gut genug, andere mögen das ver-
um alles, was du hast, auf ihre Zuverlässigkeit dienen, aber nicht ich.« Und doch gibt es in
zu setzen? Ganz egal, ob Petrus für einen ihrem Herzen ein tiefes Ver­langen danach, das
Moment in den Wellen versank, wenigs- Richtige zu tun, und eine große Sehnsucht,
tens hatte er den Mut, sich hinaus­zu­wa­gen. dem Herrn zu gefallen. Dies ist alles, was
Wer­den wir immer innerhalb der gleichen, Er ver­langt; eine völlige Hingabe, eine tota-
kleinlich limitierten, festum­ris­senen Gren­zen le Übergabe, dass alles auf dem Altar liegt.
blei­ben? Wenn wir uns nicht hinauswagen Dann wird Er den Rest tun. Lasst uns mit
und Sein Wort auf die Probe stellen, werden dem David alter Zeit aus­schreien: »Schaf­fe
wir nie wissen, was Er mit den »großen und in mir, o Gott, ein reines Herz und gib mir
gewal­tigen Dingen« meint, von denen Er einen neuen, beständigen Geist. Prüfe mich,
in Jeremiah 33:3 spricht, »Ru­fe mich an, so Herr, und erprobe mich; erforsche meine
will Ich dir ant­wor­ten und will dir große und Nieren und mein Herz (mein Innerstes und
gewaltige Dinge zeigen, von denen du nichts Gewissen)!« (Psalm 51:12; 26:2)
weißt.« Sein Wort sagt, dass Er dich »in einen
weiten Raum« stellen will; Er wird »dir etwas ZWEITENS: BEREITE DICH
Neues anzei­gen«. (Psalm 31:8) GRÜNDLICH VOR – LERNE VER­
HEISSUNGEN AUSWENDIG!
Aber du sagst: »Wie kann ich diesen über- Es ist unbedingt notwendig, wenn wir
windenden Glauben haben? Wie kann ich Gott um et­was bitten, dass wir die Autorität
diese Verheißungen für mich anwenden? Wie Seines Wortes haben, worauf wir uns berufen
kann ich sie ausprobieren?« Wir geben dir können. Wir müssen Seine Verheißungen
42 DER SAUM SEINES GEWANDES
ergreifen und sie nicht nur auswendig lernen, Dementspre­chend genau müssen wir sein,
sondern sie tief in unserem Herz vergraben wenn wir einen »Handel« mit Gott machen.
– in unserem Dasein ver­wurzeln. Wir müs­ Es muss einen bestimmten Zeit­punkt geben,
sen die Autorität in Gottes Wort finden, an dem wir sozusagen unseren Namen auf eine
und dann wird der Glaube von allein kom­ ge­strichelte Linie unter Seine Ver­heißungen
men. Du kannst niemals genug Glauben setzen, Ihn beim Wort nehmen und den
für etwas haben, wenn du nicht sicher bist, Handel ab­schließen. In dem Moment ist
dass Gott dir die Autorität gegeben hat da- es getan – wir beschließen die Sache und
rum zu bitten; es ist also unmöglich, die betrachten es für alle Zeit als erledigt. Unsere
Notwendig­keit überzubetonen, einige der ganze Haltung ist verändert – Hoffnung hat
herausragendsten Verheißungen auswendig sich in Glauben verwandelt. Glauben – der
zu lernen. Hier sind ein paar, die seit Jahren Glaube in Dinge, die man NICHT sieht.
vielen Glaubenskämpfern große Hilfe geleis- Oh, wie schade, dass wir einen Menschen
tet ha­ben. Ich gebe die Textstellen an, und so leicht beim Wort nehmen kön­nen und so
du kannst sie für dich selbst nach­schlagen: genau in unseren Verhand­lun­gen mitein­ander
Markus 11:24, Markus 9:23, 1. Johannes sein können und dennoch so unbestimmt
5:14-15 und Je­remiah 33:3. Du magst viel- in unseren Verhandlungen mit Gott – so
leicht nicht in der Lage sein, eine große Zahl »wischi-waschi« als ob Gebet irgendeine Art
von Verheißungen auswendig zu lernen, aber von Ritual sei, das man durchmachen muss,
selbst eine oder zwei werden in Zeiten der aber ohne irgendeine reale Bedeutung. Lasst
Not deinen Glauben so stärken, dass du dich uns GENAU sein mit Gott!
wundern wirst, wie du vorher zurecht kom-
men konntest, ohne sie zu kennen. VIERTENS: ERWARTE VON GOTT!
Es gibt mehr Versagen im Gebetsleben als
DRITTENS: SEI BESTIMMT UND in ir­gendeiner an­deren Hin­sicht, aus dem
GENAU! einfachen Grund, dass wir so viele Bitten
Es muss Bestimmtheit in unseren ab­schi­cken und nie auf die Antworten war-
Verhandlungen mit Gott liegen. Er ist sehr ten – sie einfach hoch­senden und hochsen-
genau mit uns gewesen, und hat uns sehr den ohne irgendeine wirkliche Erwartung,
genaue Ver­heißungen gegeben und sie in die Antworten zurück zu bekom­men, bis
sehr genauen Ausdrücken fest­gelegt – so ein- die Muskeln unserer Seele schlapp werden,
fach, dass sie ein Kind verstehen kann. Du weil wir unsere Kräfte zu emp­fangen nicht
musst genau sein mit Ihm. Wir sind präzise üben.
in unseren Geschäfts­verhand­lun­­gen mit an-
deren Menschen – besonders in irgend­einer Es gibt zwei Arten von Christen : Jene,
wichtigen Sache, die etwas mit Geld zu tun die beten und wirklich er­warten, dass sie
hat. Wie vorsichtig sind wir, um es völlig sehen werden wie etwas geschieht, und jene,
klar zu machen! Wir sagen, wir schließen die einfach beten, aber nicht erwarten, dass
ein »Geschäft ab mit einer Person«, oder wir irgend etwas geschieht. Gebet ist zuerst ein-
»schlie­ßen den Handel ab«, und es kommt der mal ein Mittel zum Zweck; eine Verbindung
Zeit­punkt, wo wir unsere Unterschrift unter zwischen menschlichen Nöten und göttlichen
einen Vertrag setzen, und auf vor­sichtige, sehr Quellen; der Schrei des Kindes nach seinem
bestimmte Weise den Handel ab­schließen. Vater, mit der ER­WARTUNG, dass das große
DER SAUM SEINES GEWANDES 43
Vater-Herz noch viel lieber gibt, als wir es GLAU­BEN unmöglich ist, Ihm zu gefal-
lieben zu empfangen. len«. (Hebräer 11:6) Wenn heute in deinem
Herzen der Wunsch ist, Gott zu gefallen,
Es gibt einige der vorbildlichsten Christen, ehre einfach Sein Wort, indem du für etwas
in deren Leben du kaum einen schwachen Glauben aufbringst, was dir unmöglich ist, es
Punkt fest­stellen kannst, die dennoch sel- durch dich selbst zu errei­chen. Mach einfach
ten Dinge von Gott bekommen, einfach, einen Schritt im Glauben ins Unmögliche!
weil sie in dieser Hinsicht versagen; ihnen »Es ist aber der Glaube eine Zuver­sicht auf
fehlt diese Erwartung; sie wissen nicht das das, was man hofft, und ein Nicht­zwei­feln an
Geringste über dieses mächtige Prinzip des dem, das man NICHT sieht.« (Hebräer 11:1)
Glaubens. Bei ihnen ist Liebe zu Gott vor- Aber zu warten, bis man SIEHT, das ist KEIN
handen, auch ein tiefes Vertrauen in die Bibel, Glaube. Entscheidend ist hierbei nicht, was
dass es wahrhaf­tig das Wort Gottes ist, aber wir sehen, denn »der Gerechte wird aus dem
was irgend­welche tatsächliche Erwartung Glauben leben« (Rö­mer 1:17); es liegt nicht
anbetrifft, gibt es sie nicht. Wie traurig – wie daran, was wir darüber empfinden, son­dern
muss es das Herz des Unend­lichen schmer- was der Glaube in An­spruch nimmt, auch
zen, dass Sein Kind wieder und wieder und nicht daran, was wir darüber denken – es ist
wieder betet, aber nie eine echte erwarten­de was Gott darüber sagt, was zählt. Glaube stellt
Haltung ein­nimmt! die Sache in die Vergangenheit und sieht es
als getan an; es ist einfach getan, weil Gott
FÜNFTENS: NIMM VON GOTT es sagt – wir haben es jetzt. »Aber«, sagst du,
AN! »ich kann es nicht sehen, ich kann es nicht
»Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, an­fassen, daher weiß ich nicht wirklich, dass
glaubt nur, dass ihr es empfangen habt, so ich es empfangen habe.« Aber wir WIS­SEN
wird es euch zuteil werden.« (Markus 11:24) es, weil Gott ES GESAGT hat, und Sein Wort
»IN EUREM GEBET – GLAUBT!« Es ist ist genug. Wir glau­ben, nicht weil ir­gendeiner
einfach erstaun­lich wie viele Leute, nach- der Sinne es bezeugt, sondern wegen Got­
dem sie zu Gott gebetet haben, dass Er das tes Zeugnis. »Gott ist wahrhaftig und alle
Geben erledigt, tatsächlich er­warten, dass Er Menschen Lügner.« (Römer 3:4) Ich weiß,
auch das Nehmen über­nimmt! Wir wol­len, wie tiefsitzend das natürliche Ver­langen ist,
dass Er, ohne die geringste Anstrengung auf irgendeinen sichtbaren Beweis zu haben, dass
unserer Seite, herun­terkommt und es in un- unserer Bitte entsprochen wird, aber irgend-
seren Schoß legt; und dies wird Er tun – aber einen anderen Be­weis als Gottes Wort haben
zu Seinen eigenen Bedingungen und jene zu wollen, ist nicht Glaube; der Mann oder
Bedingungen sind: »GLAUBT NUR; DAS die Frau, der im Glauben wandelt, braucht
IHR ES EMPFANGEN HABT, so wird es keinen ande­ren Beweis als diesen.
euch zuteil werden.« Er hat ein Recht, Seine
eige­nen Bedingun­gen festzusetzen und was Ist dir klar, dass es eine Zeit gibt, wenn es
könnte er weniger ver­lan­gen, als dass wir Ihn verkehrt ist zu beten? Wenn es unverträglich
ehren, indem wir Seinem Wort glauben und ist, den Herrn noch länger zu bitten? »Und
vertrauen? Sein Wort sagt nicht, dass es ohne der Herr sprach zu Josua: STEHE AUF!
voll­kommen zu sein unmöglich sei, Gott Warum liegst du denn (flehentlich betend)
zu gefallen, sondern es sagt, dass es »ohne auf deinem An­ge­sicht?« (Josua 7:10) Diese
44 DER SAUM SEINES GEWANDES
Schriftstelle erklärt sich von selbst: Der Mann 4:21) wie jemand gesagt hat: »Für jeden Blick
dieser Bege­ben­heit hatte Gott so lange um auf deine Probleme, blick hundertmal auf die
den Wunsch seines Herzens gebeten – und Verheißungen Gottes.«
da wir es lesen scheint es, dass er mit dem
Beten weiter machte, noch lange, nachdem SIEBTENS: HANDLE GEMÄSS
Gott ihn gehört und die Antwort auf den DEINEM GLAUBEN!
Weg geschickt hatte – und so er­mahnte ihn Wer etwas von Gott erwartet, wird GEMÄSS
der Herr, dass er nicht noch länger verweilte SEINEM GLAU­BEN HANDELN. Jakobus
und deutete sehr ent­schie­den an, dass es Zeit 2:17-26: »Denn gleichwie der Körper ohne
für ihn war auf­zu­stehen und sich um seine Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne
An­ge­le­gen­heiten zu kümmern, denn er war Werke tot«! Was ist ein toter Glauben? Es ist
ge­hört worden, und es war nicht nötig, dass ein Glaube, der nicht FUNKTIONIERT!
er noch länger betete, soweit es den Herrn Es ist ein Glaube, der nicht WIRKSAM ist.
anbetraf. Ohne Zweifel kommt die Zeit, wo Wirkli­cher Glaube ist nicht passiv, er wird
noch länger zu beten UNGLAUBE ist. Es nach dem handeln, was er glaubt, er ist etwas
gibt so etwas wie SICH SELBST AUS DEM Prak­tisches – er erwartet nicht von Gott das
GLAUBEN ZU BETEN. Lasst uns Ihn bei zu tun, was nur wir selbst tun können. Ein
Seinem Wort nehmen und DIE SACHE glaubender Mensch handelt nach seinem
ALS GETAN ANSEHEN! Und es ist getan, Glauben. Wenn er Gott um etwas gebeten
weil Er es sagt! hat, handelt er, als ob er es bekommen hat.
Wenn er Gott bei Seinem Wort nimmt,
SECHSTENS: HALTE STAND! bei irgend­einer Ver­heißung, ver­wandelt sich
Es heißt, wir sollen »alles vollbringen das Wort in Werke, soweit es ihn betrifft, und
und STANDHALTEN«. (Hebräer 6:13) er handelt ge­nauso, als ob er die Sache, die
Standzuhalten bedeutet, unseren Boden zu er sich wünschte, schon bekommen hätte,
vertei­digen, nicht nach­zu­geben oder zu flie­ (die er im Glauben wirklich hat), obwohl
hen. Jemand, der etwas von Gott be­kommt, die natürlichen Sinne es auf Schritt und Tritt
nimmt eine Verheißung aus Seinem Wort ver­leugnen, was der Glaube als wahrhaf­tig
ernst und besteht darauf. Von dem Moment an erkannt hat.
rechnet er voll damit, ganz egal, was geschieht,
nachdem er die Ver­heißung in Anspruch ge- Eine glänzende Illustration dieses Ge­
nommen hat und ob­wohl er vielleicht nicht dankens ist in der Bibel selbst gegeben, im
einmal einen Meter nach vorn sehen kann, Fall der Aussätzi­gen, denen von Jesus gesagt
segelt er trotzdem nach Auf­zeich­nung. Er wurde, sich den Priestern zur Reinigung zu
sagt: »Dort hinten berief ich mich auf eine zeigen; die Schrift sagt: »DA SIE HIN­GIN­
Verheißung vom Herrn, und ich verlasse GEN, wurden sie rein.« (Lukas 17:14) Das
mich immer noch darauf, ganz egal, ob ich bedeutet, als sie ihren Glauben in die Tat
in völliger Dunkelheit segle.« Er schaut nicht umsetzten, kam ihnen Gott entgegen. Wenn
auf die Wellen, den Nebel oder den Sturm – wir den Versuch eines glauben­den Willens
die Um­stände – er hält seine Augen einfach machen, ehrt Gott diesen Schritt und kommt
auf die Ver­hei­ßungen der Schrift gerichtet: uns entgegen. Im Fall des Mannes mit dem
»Und wusste aufs Allergewisseste; was Gott verdorrten Arm sagte Jesus: »Strecke deine
verheißt, das kann Er auch tun«, (Römer Hand aus.« (Markus 3:1-5) Es war für den
DER SAUM SEINES GEWANDES 45
Mann tatsächlich un­möglich, seine Hand nicht die Hand des Glaubens ausstrecken
auszustrecken, aber als Christus es befahl, und DEN SAUM SEINES GE­WANDES
machte er den Versuch und seine Hand wurde BERÜHREN?
voll­ständig geheilt.

Der Sitz des Glaubens ist im Willen, und


ich habe herausge­fun­den, dass Gott ganz Geistige Grundlagen
bestimmt von uns erwartet, dass wir unseren
Glauben in die Tat umset­zen. Jemand hat Jesaja 53:4-5: »Er trug unsere Krankheit
gesagt: »Wenn der Glaube zum Markt geht, und lud unsere Schmerzen auf sich – und
nimmt er einen Korb mit.« Wie die alte Dame, durch Seine Wunden sind wir geheilt.«
die auf dem Wege zu einem Gebets­treffen
war, wo sie um Regen beten wollten, weil es Matthäus 8:16–17: »Und Er machte alle
gerade eine Dürre gab und es sehr heiß und Kranken ge­sund, auf dass erfüllt würde, was
trocken war. Während sie einen Fächer mit gesagt ist durch den Propheten Jesaja...: ›Er
sich trug, wurde sie für ihren kleinen Glauben hat un­sere Schwach­heit auf sich genommen,
beschämt, als sie auf dem Wege zum gleichen und unsere Krankheit hat Er getra­gen... und
Treffen ein kleines, achtjähriges Mädchen traf, machte alle Kran­ken gesund.‹ Und alle, die
das Gummistiefel, Regenmantel und einen Ihn anrührten, wurden gesund.«
Schirm trug! Dieses einfache, vertrauende
Kind setzte ihren Glauben in die Tat um. Johannes 14:12: »Wahrlich, wahrlich, ich
sage euch: Wer an Mich glaubt, der wird die
ACHTENS: DANKE IHM FÜR DAS Werke auch tun, die ich tue, und wird größere
GESCHENK! als diese tun, denn ich gehe zum Vater.«
Danke Ihm jetzt schon für die Antwort!
Lobe Ihn für Seine Treue! Das Päckchen ist Markus 16:15–18: »Geht hin in alle Welt
noch nicht an deiner Tür abgegeben worden, und predigt das Evangelium aller Kreatur.
aber du hast den Handel mit Ihm über das ...Die Zei­chen aber, die denen folgen werden,
königliche Telefon abge­schlos­sen und in dei- die glauben, sind die: in meinem Namen
nem Herzen ist eine treue Zuversicht und ein werden sie böse Geister aus­treiben, in neuen
Ver­trauen in Seine Ver­heißungen, während Zungen reden, Schlan­gen vertreiben, und
du darauf wartest, dass die Türglocke klingelt! wenn sie etwas Tödliches trin­ken, wird’s ihnen
Dies ist einer der schönsten Verse in Gottes nicht schaden; AUF KRANKE WERDEN
Wort: »Denn wir, die wir glauben, gehen ein SIE DIE HÄNDE LEGEN, SO WIRD’S
in die Ruhe.« (Hebräer 4:3) Wir began­nen mit BESSER MIT IHNEN WERDEN!«
Gebet, doch wir schließen mit Lob. »Er hat
nicht versagt in allen Seinen Verheißungen.« Jakobus 5:14: »Ist jemand unter euch
(1. Kö­ni­ge 8:56) »Himmel und Erde werden krank, der rufe zu sich die Älte­sten der
vergehen, aber meine Worte werden nicht Gemeinde, dass sie über ihn beten und ihn
ver­gehen. (Matthäus 24:35) Denn so viele mit Öl salben im Namen des Herrn. Und
Verheißungen Gottes es gibt, in Ihm ist das das Gebet des Glaubens wird dem Kranken
Ja... auch das Amen, Gott zur Ehre durch helfen, und der Herr wird ihn aufrichten;
uns.« (2. Korinther 1:20) Möchtest DU dich und wenn er Sünden getan hat, wird ihm
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ver­geben werden.«

3. Johannes 2: »Mein Lieber, ich wünsche,


dass dir’s in allen Stücken wohl gehe und du ge-
sund sei­st, so wie es deiner Seele wohl geht.«

Römer 8:11: »Wenn nun der Geist des,


der Jesus von den Toten aufer­weckt hat, in
euch wohnt, so wird derselbe (Gott), der Jesus
Christus von den Toten auferweckt hat, auch
euren sterblichen Leib le­bendig machen durch
Seinen Geist, der in euch wohnt.«

Psalm 103:2,3: »Lobe den Herrn, meine


Seele, und vergiss nicht, was Er dir Gutes
getan hat: der dir alle deine Sünden vergibt
und all deine Gebrechen heilt.«

HINWEIS: Wir empfehlen als Weiterführung


von der gleichen Verfasserin: »Ströme, die
nie versiegen«, eine umfassende Ausführung
über Glaubens­grund­sätze – wie man die Ver­
heißungen Gottes anwendet. Virginia Brandt Berg (1886–1968)

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