zuschnitt 8
Zuschnitt 9.2003 seite 3 Interview Holz hat Zukunft Text Klemens Schadauer,
Holz im Möbel Editorial Karin Tschavgova im Gespräch Peter Weiss
– erscheint im März 2003 Karin Tschavgova mit Dr. Erich F. Wiesner s eite 24
seite 4 – 5 Literatur zum Thema
Die Bedeutung des Möbels ändert sich stetig. Kleinholz Meldungen und Forschungspanorama s eite 25
Termine Forst & Holz Vom Sinn der Mischbaumarten
Heute erwartet man Objekthaftigkeit und dienende
Text Josef Spörk
Funktion gleichermaßen, Möbel sollen multifunktional Themenschwerpunkt s eite 20 – 21
und mobil sein. Holz, verarbeitet in neuen Werkstof- Forst & Holz Was ist eigentlich Holz? s eite 26 – 27
fen und modernen Technologien, bleibt bevorzugtes aus dem Buch Holzrealien
Material im Möbelbau – für Einzelobjekte und Serien- s eite 6 – 7 „HOLZ. Das fünfte Element“ Barrique. Getoastetes Holz
produkte. Wie die Möbelindustrie und der Tischler Essay Geschichte des Waldes Von Anselm Spring und Text Otto Kapfinger
nebeneinander bestehen können, wie der österreichi- Text Elisabeth Johann Maximilian Glas Weihnachten. Vegetations-
s eite 8 – 10 s eite 22 kultische Reflexionen
sche Produzent auf Konkurrenzdruck reagiert, wie
Essay Mythologie des Waldes Der Baum als Designlehr- Text Manfred Russo
auf Trends und Kundenwünsche, fragt Zuschnitt 9. Text Elisabeth Johann meister – eine belastungs- Facts zum Christbaum
s eite 11 – 17 optimierte Konstruktion s eite 28
Der Weg des Baumes vom Text Claus Mattheck, Klaus Holz(an)stoß Vier Elemente.
Wald zum Werkstoff Holz Bethge Ein Geschenk für den Berg
Text Winfried Eberl s eite 23 Text Harald Schwinger
s eite 18 – 19 Kohlenstoffspeicher Wald
Zuschnitt Impressum
issn 1608-9642 Medieninhaber und Redaktion Zuschnitt Gestaltung Einzelheft euro 6
Herausgeber Leitende Redakteurin Atelier Reinhard Gassner Jahresabo euro 21
www.zuschnitt.at proHolz Austria Karin Tschavgova Marcel Bachmann Preise inkl. Versand + USt.
Arbeitsgemeinschaft der Assistenz Stefan Gassner
Offenlegung nach § 25 österreichischen Holzwirt- Michaela Wambacher gesetzt in Foundry Journal Bestellung ⁄ Aboverwaltung
Mediengesetz schaft zur Förderung der A-8010 Graz, Swethgasse 3 Druck proHolz Austria, Karin Hauer
Arbeitsgemeinschaft der Anwendung von Holz T ⁄ F + 43 (0)316 ⁄ 37 33 83 Höfle GmbH, Dornbirn A-1011 Wien, Uraniastraße 4
österreichischen Holzwirt- redaktion@zuschnitt.at T +43 (0) 1 ⁄ 712 04 74-31
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mergesetz (WKG § 16) Anton Kaufmann Ulrike Sbaschnik Austria und den Autoren – hauer@proholz.at
Ordentliche Mitglieder Geschäftsführer Die Zeitschrift und alle in
Fachverband der Holzindu- Georg Binder Beirat Fachöffentlichkeit ihr enthaltenen Beiträge und Fotos
strie Österreichs Projektleitung Zuschnitt Herbert Ablinger, Wien Abbildungen sind urheber- Peter S. Eder s. 1, 8, 11, 12 – 17, 23
Bundesgremium des Holz- Alexander Eder Barbara Feller, Wien rechtlich geschützt. Jede Adolf Bereuter s. 2
und Baustoffhandels A-1011 Wien, Uraniastraße 4 Roland Gnaiger, Bregenz Verwendung außerhalb der LW Werbeagentur,
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Landwirtschaftskammern info@proholz.at Wolfgang Pöschl, Innsbruck Herausgebers unzulässig Ignacio Martínez s. 3, 19, 26
Österreichs www.proholz.at Hubert Rieß, Graz und strafbar. LIGNUM, Schweiz. Holzwirt-
Bundesinnung der Zimmer- Arno Ritter, Innsbruck schaftskonferenz, s. 20
meister, der Tischler und Zuschnitt erscheint viertel- Gerhard Schickhofer, Graz Holzforschung Austria
andere Interessensverbände jährlich in einer Auflage von Peter Schober, Wien s. 21 o., li u. re u.
der Holzwirtschaft 13.500 Stück Wolfgang Winter, Wien Roth s. 27, Renate Obud s. 28
Editorial Zum Thema
Editorial
Inhalt
Karin Tschavgova
Forst & Holz, das Thema dieser Ausgabe, ist so Am 20. November erschien in Der Standard eine „Dieser Film enthält sämtli-
2
3
umfassend, dass wir es – wie auch den Wald – nur Sonderausgabe des Rondo Magazins mit dem Titel ches Holz, das das Leben uns
ausschnittweise „betreten“ können. Jeder von uns „Holzbau auf der Überholspur“ in Zusammenarbeit bereithält.“
zuschnitt 8.2002
Roberto Benigni, italienischer
hat ein anderes Bild vom Wald im Kopf, je nachdem, zwischen proHolz Austria und Der Standard. Dieses
Schauspieler und Regisseur
wo er aufgewachsen ist. Auch unser Wissen über Rondo-Spezial nach einem Konzept von Otto Kapfinger über seinen neuesten Film
Wald und Holz folgt einer selektiven Wahrnehmung, und Reinhard Gassner gibt in einer persönlichen „Pinocchio“, der ab Jänner
die subjektiv interpretiert und gespeichert wird und Auswahl aus dem reichen Fundus prämierter öster- in Österreich läuft.
bestenfalls dem entspricht, was unsere Eltern noch reichischer Holzbauten der letzten beiden Jahre
unter Allgemeinwissen verstanden haben. Wir wis- einen kompakten Überblick über den aktuellen Holz-
sen ein wenig von der Historie des Waldes – um das bau in Österreich. Ausgesucht wurden Bauten aus
Jahr 1000 waren 95 Prozent Österreichs bewaldet allen Sparten vom Einfamilienhaus bis zur Industrie-
– oder von der mythologischen Bedeutung des halle. Damit soll dem interessierten Laien die
„Finsterwaldes“ in früheren Zeiten – im Mittelalter ungeheure Bandbreite eines modernen Holzeinsat-
war der Wald als singulärer Begriff ein Synomym für zes für Bauten unterschiedlichster Größenordnung
Nutzen und Fruchtgenuss, aber auch für Gefahren und und Funktion in ländlicher Umgebung wie im urba-
Angst, etwa vor wilden Tieren. nen Raum nähergebracht werden. Thematisch aufbe-
Wir kennen den Wald als Ressource, die uns buch- reitet, kurz und abwechslungsreich gefasst und mit
stäblich die Luft zum Atmen reinigt, aber wissen wir per sönlichen Kommentaren der Nutzer und der
genau, wie der Baum aufgebaut ist, wie sein Wachs- Planer versehen, wurde die Spezialausgabe vom
tum und die Fotosynthese funktionieren? Wussten Atelier Reinhard Gassner ganz im Stil des Rondo
Sie etwa, dass die halbe Million grüner Nadeln einer gestaltet. Was soviel heißt wie großformatige Bilder
100 Jahre alten und 30 Meter hohen Rottanne der im schnellen Wechsel mit kleinen, Sachinformation
Oberfläche von zwei Fußballfeldern entspricht, und neben persönlichen Statements als kulinarischen
pro Tag fast 20 Kilogramm CO2 verarbeitet? Kohlen- Häppchen und allgemeine Kurzinformationen zu
dioxid rein – Sauerstoff raus. Kohlenstoff wird ein- Wald und Holz, etwa zu den beliebtesten Holzarten,
gelagert und lässt Holz wachsen. Das Ganze ist Teil als kleines Aperçu. Die Bilder, die größtenteils von
des natürlichsten Kreislaufs überhaupt. Ignacio Martínez eigens für diesen Anlass entstan-
Von Waldökologie haben wir eine Ahnung, von moder- den, sind als durchgängige Schaustrecke konzipiert
ner Waldbewirtschaftung schon weniger. Die Wald- und unterscheiden sich wohltuend von üblicher,
nutzung ist immer noch mit Klischeebildern besetzt. steriler Architekturfotografie.
Im Rondo
Der Waldarbeiter, ein kerniger Naturbursch, der bei Motorrad Schnaller, Kolsass
Vollmond – oder Neumond? – mit Axt und Bandsäge Die 24 seitige Rondo Spezialausgabe ist bei in Tirol als Beispiel einer
unter Lebensgefahr den Baum fällt. Dass die Forst- proHolz Austria erhältlich, Bestellungen bitte an: innovativen Planung mit
und Holzwirtschaft zum Industriezweig geworden ist, T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74-32, info@proholz.at neuen Holzwerkstoffen.
hochtechnisiert und mit modernstem Gerät ausge-
stattet, will Ihnen Zuschnitt in dieser Ausgabe zeigen.
Und will Sie staunen machen. Über das Wunder
Baum mit seinem komplexen Aufbau. Über den Wald,
seine umweltpolitische Bedeutung und seinen Nut-
zen. Über das Material Holz in seiner Beschaffenheit.
Es ist leicht, kräftig und extrem vielseitig einsetzbar.
Es der einzige Stoff, der zu seiner Verwendung als
Baumaterial für den Menschen bereits in der Natur
vorhanden ist. Holz ist, unmittelbar sinnlich und
haptisch erlebbar, von der Wiege bis zur Bahre Teil
unseres Alltags und transformiert auch dort, wo es
uns gar nicht bewusst ist und wir es nicht vermuten
würden. Holz ist Rohstoff für ganz verschiedene
Industrien: Für das Papier der Buchseite, die zum
Großteil aus verflüssigtem Holz besteht (Gilt auch
für „An der Baumgrenze“ und „Holzfällen“ von
Thomas Bernhard, bei dem der Wald der Gegenpol
zur verlogenen Stadt ist.) Aus Holz entsteht die
Viscosefaser im T-Shirt. Und die Lakritze – aus dem
eingedickten Saft der Wurzel des Süßholzbaumes,
angereichert mit Zucker, Sirup und Gummiarabi-
kum. Vom Holz sind fast alle Dinge unseres Lebens
berührt.
Kleinholz Meldungen und Termine
4
5
Holz. Schweighofer Prize 2003
Die drei besten Ideen werden mit ¤ 5000, 3000 Neuer Europäischer Innovationspreis für Forstwirt- 26. – 27. März 2003
zuschnitt 8.2002
23. Holzschutztagung der
und 1000 prämiert. Die Abgabe der Arbeiten ist bis schaft, Holztechnologie und Holzprodukte
Deutschen Gesellschaft für
31. März 2003 terminisiert. Der mit ¤ 300.000 erfreulich hoch dotierte Schweig- Holzforschung, Augsburg
info (und Anmeldung), Stora Enso Timber hofer Preis 2003 wurde von der Familie Schweighofer, Postfach 310131
julia.ahvenainen@storaenso.com, www.storaenso.com Inhaber der Schweighofer Holzindustrie AG, initiiert. D-80102 München
Mit 1.300 Mitarbeitern in sechs Standorten nimmt T +49 (0)89 ⁄ 51 61 70-0
Sanierungsratgeber für Holzhausbauten und Fertig- dieses Unternehmen einen Spitzenplatz in der euro- F +49 (0)89 ⁄ 53 16 57
häuser nach Hochwasser päischen Holzindustrie ein. Der Preis soll Motivation mail@dgfh.de
Nach dem großen Hochwasser des vergangenen und Anerkennung für neue Ideen sein und einerseits
Messen
Sommers begutachtete Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter junge Talente fördern, die sich mit dem Thema Holz
Schober, Mitarbeiter und Holzbauexperte der Holz- auseinandersetzen und andererseits bereits umgesetz- 13. – 19. Jänner 2003
forschung Austria, mehrere vom Hochwasser stark in te Projekte auszeichnen. imm cologne
Mitleidenschaft gezogene Holzbauten (zu denen Gesucht werden Ideen in den Kategorien Die internationale Möbel-
auch die Mehrzahl der Fertighäuser zählt) im Kata- _Forstwirtschaft messe in Köln. living ideas
strophengebiet und verfasste danach einen Ratgeber Innovative Verfahren und Techniken, die einer ver- Messeplatz 1, D-50679 Köln
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ber kann bei konsequenter Umsetzung der Vorschlä- der optimalen Holzbereitstellung unter ökologisch www.imm-cologne.de
ge ein beschädigtes Holzhaus innerhalb weniger nachhaltigen Bedingungen dienen.
Monate saniert und wieder bezogen werden. _Holztechnologie 13. – 16. Februar 2003
Unter www.holzforschung.at steht dieser Leitfaden Technologische Neuerungen, Patente und Erfindun- Bauen & Energie
dem Ratsuchenden kostenlos zur Verfügung. gen im Bereich der Sägeindustrie und der Holzverar- Messe für die Baustoffindu-
info Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter Schober beitung. Dazu zählen auch Maschinenbau, Anlagen- strie, Gebäudetechnik
Reed Messe Wien GmbH
Holzforschung Austria bau, Verfahrenstechnik, Fertigungstechnik und
Messestraße, Tor 1
Franz-Grill-Straße 7, A-1030 Wien, T +43 ähnliches. A-1020 Wien
(0)1 ⁄ 798 26 23 -0, p.schober @holzforschung.at _Holzprodukte, Holzverwendung, Holzvermarktung T +43 (0)1 ⁄ 727 20-0
Innovationen im Bereich der Holzprodukte, bei Metho- F +43 (0)1 ⁄ 727 20-443
proHolz Landesorganisationen online den und Technologien im konstruktiven Holzbau info@messe.at
Die Landesorganisationen proHolz Burgenland, Nieder- und innovative Produkte, die einen anderen Werk- www.bauen-energie.at
österreich, Oberösterreich und Steiermark zeigen sich stoff durch Holz ersetzen, sind genauso gefragt wie
20. – 23. Februar 2003
neuerdings bei ihrem Webauftritt im einheitlichen Marketing-Maßnahmen, die einem Holzprodukt zum
Austrobau 2003
Erscheinungsbild mit proHolz Austria – erfreulicher- Durchbruch verholfen haben und Produktänderun- Messe für Bauen, Wohnen
weise! Die Anbindung aller Landesorganisationen, gen, die einen neuen Arbeitsmarkt für Holzprodukte und Energiesparen
die Öffnung der proHolz Inhalte und das Zusammen- erschließen. Reed Messe GmbH
wirken der Online-Aktivitäten sind wichtige Schritte Zellstoff- und Papierbereich, traditionelle Produkte Am Messezentrum 6
für eine effiziente und qualitative Informations- und mit einem Holzanteil von weniger als 50 %, Waldta- Postfach 285
Kommunkationsarbeit im Internet. xierung, Waldfunktionen außerhalb der Produktion A-5021 Salzburg
austrobau@reedexpo.at
proHolz Burgenland, www.proholz-bgld.at sowie Hilfsstoffe der Holzindustrie sind nicht Gegen-
www.reedexpo.at⁄ austrobau
proHolz Niederösterreich, www.proholz-noe.at stand des Preises.
proHolz Oberösterreich, www.proholz-ooe.at Der Schweighofer Prize teilt sich in einen Hauptpreis
proHolz Steiermark, www.proholz-stmk.at zu ¤ 150.000 und drei Förderpreise zu je ¤ 50.000.
Bewerben können sich ab sofort alle natürlichen
Marktstudie Spanien fertiggestellt Personen und Personengruppen innerhalb Europas
In der Reihe der Marktstudien von proHolz Austria ungeachtet ihres Ausbildungsstandes und Arbeitsver-
ergänzt nun die Broschüre „Marktübersicht – Der hältnisses, wenn sie nicht älter als 40 Jahre alt sind.
Holzmarkt Spanien“ die Analysen der Märkte in Italien, Die Einreichung der Unterlagen muss bis 28. Februar
Japan und Ungarn. Die Studie zeigt die wirtschaftli- 2003 an die Schweighofer Privatstiftung erfolgen.
che Situation des Landes im Bereich der Holz- und Die Preisverleihung findet am 16. Juni 2003 im Fest-
Bauindustrie sowie den aktuellen Stand der verfügba- saal des Wiener Rathauses statt.
ren Daten. Durchgeführt wurde sie von proHolz mit info und Einreichformulare als Download
Unterstützung der Außenhandelsstelle in Barcelona. www.schweighofer-prize.org
Bestellung bei proHolz Austria Weitere Fragen zur Einreichung
Uraniastraße 4, A-1011 Wien DI Dr. Margareta Patzelt, Schweighofer Privatstiftung
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Essay Geschichte des Waldes
Elisabeth Johann
Elisabeth Johann Wälder können ohne den Menschen leben, wir Men- des Eisens in den Hammerwerken. Durch die Verlei-
Studien der Rechtswissen- schen aber nicht ohne den Wald hung des Berg- und Forstregals an geistliche und
schaften, Geschichte, Volks- Durch Jahrtausende war der Wald für die Menschheit weltliche Landesfürsten durch die deutschen Könige
wirtschaft, Forstwissenschaft
Reserve und Ressource zugleich und er gab ihr alles, wurde nicht nur der Abbau von Erzen und Salz am
an den Universitäten Wien,
München, Freiburg. Mitarbeit
was sie zum Leben und Überleben brauchte: Er liefer- Berg geregelt, sondern auch die Holzversorgung der
an Projekten der Universitäten te die benötigten Güter wie Holz, Früchte, Beeren, Salinen, Berg-, Hütten-, Hammer- und Sudwerke
München, Wien, der Univer- Pilze, Honig und Arzneien und bot Schutz vor Elemen- gesichert, die aufgrund eines wirkungsvollen Steuer-
sität für Bodenkultur Wien tarereignissen wie Lawinen, Murenabgängen und systems die wichtigste Einnahmequelle für den Fiskus
und der Österr. Akademie Hochwasser. Häufig war er dabei nur ein dienendes darstellten.
der Wissenschaften (Umwelt- Glied eines anderen Wirtschaftszweiges, bestimmter Der frühkapitalistischen und merkantilistischen
monitoring). Vertretungs-
Gewerbe oder Industrien oder der Jagd. Vor allem Einstellung der Staatsgewalt entsprechend wurden
professur an der Universität
Freiburg, Arbeitsbereich
aber trug er als sogenannter „Nährwald“ zur Exi- dabei die Interessen der Montan- und anderer Indu-
Forstgeschichte. Derzeit stenzsicherung der ländlichen Bevölkerung bei, die striebetriebe in den Vordergrund gestellt. Die Zeit
Lehrauf trag an der Universi- ohne die landwirtschaftliche Nutzung des Waldes von 1500 bis 1800 ist somit dadurch gekennzeichnet,
tät für Bodenkultur für in Form von Brandwirtschaft, Waldweide und dass eine weitgehend naturalwirtschaftliche Selbst-
Internationale Forstgeschich- Streunutzung nicht hätte überleben können. versorgung der Bauern und Bürger mit Brennholz in
te. Seit 1995 Leiterin der Stets war das Holz ein wertvoller Rohstoff, der späte- eine Periode überging, in der sich die erwerbswirt-
Fachgruppe Forstgeschichte
stens nach den ersten Ansiedlungen und mit dem schaftlichen Tendenzen des Großgewerbes über die
der IUFRO, des Internationa-
len Verbandes forstlicher
Anwachsen der Bevölkerung für die Deckung des hauswirtschaftliche Bedarfsdeckung schoben. In der
Forschungsanstalten und der menschlichen Lebensbedarfs in ständig wachsendem Auswirkung auf den Wald ist durch diese Verknap-
Arbeitsgruppe Forstgeschich- Umfang benötigt wurde. Das Holz griff in alle Gebie- pung der Ressourcen ein regionales Anwachsen
te des Österreichischen te des Kulturdaseins hinein und war bis ins 19. großflächenhafter Nutzungen festzustellen. Da der
Forstvereins. Autorin bzw. Jahrhundert für alle Zweige des Wirtschaftslebens Holztransport mühsam und teuer war, kam es zu
Mitautorin von fünf Büchern die Vorbedingung ihrer Blüte. Der Holzverbrauch einer Konzentration der Holznutzung überall dort,
und rund vierzig wissen-
der Bevölkerung ist für die vorgeschichtliche wie für wo entsprechende Transporteinrichtungen gebaut
schaftlichen Arbeiten.
Derzeitiger Arbeitsschwer-
die frühgeschichtliche Zeit, besonders aber seit dem werden konnten. Damit aber geriet die Montanin-
punkt ist die Mitarbeit am Mittelalter nicht zu gering einzuschätzen. Allein das dustrie in Konflikt mit der örtlichen Bevölkerung, die
Projekt „Umweltgeschichte zum Zweck gewerblicher Holznutzung abgegebene um die nachhaltige Holzversorgung ihrer Bauern-
der Stadt Wien“ (Holzversor- Nutzholz umfasste laut „Taxbüchel des Waldamtes höfe fürchten musste. Aber auch die von den Bauern
gung und Umweltbewegung). im Wienerwald“ von 1671 – 76 verschiedene Sortimen- praktizierte landwirtschaftliche Nutzung des Waldes
te wie Eichenstämme, Tannenholz, Binderholz, Leiter- in Form von Waldweide und Streunutzung war der
holz, Kohlholz, Kalkholz, Drechslerholz, Tischlerholz, großgewerblichen Holzerzeugung, sowie auch den
Schindeln usw. In dem „Brenn- und Bauholzaufschlag“ Förstern ein Dorn im Auge.
Kaiser Leopolds von 1698 werden sogar 90 Holzsorti- Eine örtlich vielfach spürbare Holzverknappung gab
mente erwähnt. Holz hatte bis zu seiner Substitution Anlass, sich Sorgen um die Erhaltung des Waldes
durch fossile Brennstoffe im Rahmen der industriel- und seiner Erträge zu machen. Sie gab damit den
len Revolution eine absolut dominierende Stellung entscheidenden Anstoß an einen Ausgleich innerhalb
als fast ausschließliche Wärme-, Kraft- und Energie- der Nutzungsinteressen zu denken. Damit begann
quelle für das frühkapitalistische Großgewerbe, der Wandel von der Ausbeutung des Waldes zu einer
insbesondere die Montanindustrie, sowie als Roh- geregelten Forstbewirtschaftung mit Ordnung der
stoff für den gewerblichen wie privaten Gebrauch. Nutzung und Sorge um einen nachhaltigen Nach-
Vor allem in den Alpenländern war der Bedarf der wuchs. Das wichtigste Kriterium aller gesetzlichen
Montan- und Salinenwälder ein so großer, dass Nutzungsregelungen war die Sicherung der Holzver-
sogar die schönsten Nutzholzbestände nicht nur an sorgung, die nur möglich schien durch eine nachhal-
Fichte, sondern auch an Lärche und Zirbe in die tige Bewirtschaftungsweise der Wälder. Wegen der
Kohlenmeiler oder als Hallholz in die Sudpfannen Langfristigkeit des Heranwachsens der Wälder war
der Saline wanderten. eine Waldbestandsaufnahme z.B. in Form sogenann-
Für den Abbau und die Weiterverarbeitung von Erzen, ter „Waldbereitungen“ eine wichtige Voraussetzung
besonders von Eisenerz und Salz, war der Wald die für eine langfristige Planung. Sie bildeten für eine
Grundlage, das Holz das wichtigste Betriebsmittel. lange Zeit auch die Grundlage für alle weiteren
Holz brauchte man für die Herstellung der Gruben- legistischen Maßnahmen. In späteren Jahrhunderten
bauten, für die langen Holzrohre als Transportmittel gingen daraus die Forsteinrichtungen und in der
der Sole zu den Pfannhäusern, für Kufen und Fässer heutigen Zeit die Großrauminventuren als ein forst-
zur Verpackung des Salzes, für Salzschiffe, Riesen, politisches Informationsinstrument hervor.
Klausen, Triftrechen und Uferschutzbauten, am Die Anfänge einer systematischen Pflege des Waldes
meisten aber als Brennholz zum Aussieden der Salz- lassen sich bereits in den königlichen Forsten verfol-
sole in den Pfannen, als Holzkohle zum Ausschmelzen gen. Im Jahre 888 werden auf den Königsgütern um
des Eisenerzes in den Hochöfen und zum Schmieden Wels Förster und Jäger ausdrücklich bezeugt. Auch
Essay
in den Wirtschaftsvorschriften Karls des Großen heißt kulturelle und ästhetische Gesichtspunkte der Wald-
6
7
es: „Wo Wälder sein müssen, da sollen sie nicht wirtschaft berücksichtigten. Manche Waldeigentümer
zugeben, dass sie zu sehr behauen und verwüstet gingen sogar so weit, Waldflächen, die noch Urwald-
zuschnitt 8.2002
werden“. In der Dienstordnung an den Förster zu charakter aufwiesen, ganz außer Nutzung zu stellen.
Dornbach im Wienerwald wurden bereits im Jahre Das uns in der Gegenwart vertraute Bild des öster-
1308 wichtige Hinweise für die Wiederbestockung reichischen Waldes ist in einem hohen Maß durch
nach Abtrieb gegeben: 10 bis 12 Eichenstämme ließ die forstliche Tätigkeit geformt und nicht viel mehr
man als Samenbäume stehen. als 200 Jahre alt. Ein Vergleich mit der ursprünglichen
Die Gründe, den Wald vor anthropogenen Einflüssen Bestockung zeigt, dass sich der Anteil der einzelnen
zu schützen, haben analog mit der Entwicklung der Baumarten im vergangenen Jahrtausend stark ver-
Kultur im Laufe der Geschichte Veränderungen ändert hat. Insgesamt stehen die Nadelbäume heute
er fahren, jedoch sind nur wenige von ihnen hinfällig wesentlich mehr im Vordergrund als im Naturwald,
geworden. Solche Motive waren etwa die Sicherung die Laubbäume wurden auf die Hälfte reduziert.
des kaiserlichen Jagdreviers, oder die Brennholzver- Die vielhundertjährigen Alteichen und Buchen, die
sorgung der ländlichen und städtischen Bevölkerung, noch im Mittelalter einen wesentlichen Bestandteil
oder die nachhaltige Holzversorgung der Montan- der Wälder bildeten, und die durch ihr hohes Alter
werke. Daher finden sich Waldnutzungsregelungen und ihre Mächtigkeit dem Menschen als ein überzeit-
und Waldbewirtschaftungsvorschriften bis ins 19. liches und riesenhaftes Sinnbild erschienen und
Jahrhundert sowohl in den spätmittelalterlichen damit zu der hohen kultischen Stellung von Baum
Weistümern der einzelnen Ortschaften, wie auch in und Wald im Brauchtum führten, sind lange schon
lokalen und landesherrlichen Wald- und Forstord- aus unseren heimischen Wäldern verschwunden.
nungen, die seit dem 13. Jahrhundert publiziert Doch letztlich gilt der Wald in der Kulturlandschaft
wurden. Einer der wesentlichsten Punkte dieser – im Gegensatz zum waldfreien Land – noch immer
Vorschriften war die Regelung der Holznutzung. als schlechthin etwas Ewiges, selbst wenn er gesät
Jedoch enthielten diese Gesetze bereits auch Anwei- oder gepflanzt ist.
sungen zur Wiederbewaldung und oft eine Reihe
von waldpfleglichen Maßnahmen, wie das Verbot des
Streurechens, Anweisungen für die Durchführung
von Durchforstungen und ein Nutzungsverbot für
junge Waldbestände. Schließlich wurde mit dem
Forstgesetz vom 3. Dezember 1852 ein Jahrhundert-
werk geschaffen, das bis zum Jahr 1975 Gültigkeit
hatte. Es hatte keine Beziehung mehr zu den Wald-
ordnungen vergangener Tage und stellte die Bewirt-
schaftung der Wälder auf eine völlig neue moderne
Grundlage. Als oberste Maxime galt dabei, dass die
Waldfläche in Österreich in ihrem vollen Umfang
erhalten bleiben sollte. Die große Welle zum Schutz
des Gebirgswaldes im Interesse der Landeskultur
kam in Österreich allerdings erst mit Beginn des 19.
Jahrhunderts auf, als als Folge der großen Kahlschlä-
ge erhebliche landeskulturelle Schäden wie katastro-
phale Murenabgänge und Überschwemmungen
auftraten.
Mit der zunehmenden Belastung der Natur durch
den Menschen wurde in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts etwa gleichzeitig wie in allen Kultur-
staaten Mitteleuropas auch in Österreich die Idee des
Naturschutzes von einer Gesellschaftsschicht aufge-
griffen, die in städtischen Ballungsgebieten wohnte
und nicht mehr unmittelbar aus der ökonomischen
Nutzung der Wälder Vorteile zog. Anders als bei dem
Schutzwaldgedanken stand hier der Wald selbst im
Vordergrund, nämlich die Erhaltung des Waldes um
seiner selbst Willen als ein wesentlicher und unver-
zichtbarer Teil der Landschaft. Diesen Gedanken Urwald im Altvatergebirge, 1904 im Eigentum des
versuchten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Fürsten Johann Liechtenstein.
einige Forstleute in die Tat umzusetzen, indem sie
Essay Mythologie des Waldes
Essay
Elisabeth Johann
Der Mensch ist ein Baum Lebensbaum und der Baum der Erkenntnis. Der
9
8
Wer sich im Mittelalter an einem Baum verging, dem Wald als Baumgemeinschaft erweckte durch seine
standen drakonische Strafen in Aussicht. So sollten Ausdehnung einen noch stärkeren Eindruck von
zuschnitt 8.2002
zum Beispiel, da der Bast der Rinde den animalischen Stärke und Größe.
Gedärmen gleichgesetzt wurde, dem alten Vergel- Aus dieser Empfindung heraus mag die besonders
tungsgesetz entsprechend, als Strafe für das Schälen hohe kultische Stellung von Baum und Wald ent-
der Rinde am stehenden Baum dem Täter die Gedär- standen sein. Der Mensch hat in der Urzeit bei der
me aus dem Leib gerissen werden. Die schweren Beobachtung des allgemeinen Zyklus vom Entstehen,
Strafen, die allerdings in der Regel nur angedroht Wachsen und Sterben alles organische Leben, sei es
und nicht vollzogen wurden, sind nur erklärlich aus Pflanze, Tier oder Mensch, gleichgesetzt. Die Mythen
der kultischen Identifizierung von Mensch und gingen so weit, dass sie die ersten Menschen aus
Baum. Bäumen entstehen und beim Tod eines Menschen
Wenn sich ein Holzhauer heutzutage vor der Fällung seine Seele sich in einen Baum verwandeln ließen.
eines Baumes bekreuzigt oder drei Kreuze in den Der Vergleich „Der Mensch ist ein Baum“ oder auch
Wurzelstock schneidet, so tut er es wahrscheinlich nur umgekehrt „Der Baum ist ein Mensch“ entsprach dem
noch aus Tradition und Überlieferung heraus. Kaum Glauben der germanischen und slawischen Stämme.
noch trägt er den Gedanken mit sich, durch diese Aus dieser Betrachtung ergab sich die Verbundenheit
Geste Baumgeister abzuwehren, oder einer armen von Mensch und Natur auf gleicher Ebene, die zu
Seele Erlösung zu bringen, die anderenfalls im Baum- einem besonderen Schutz von Wald und Baum
strunk fortleben müsste, wenn er keine Abbitte lei- geführt hat.
stet. Die Vorstellung, bei der Fällung eines Baumes Die ältesten Strafbestimmungen bei frevelhaften
ihn als Lebewesen selbst oder vielleicht auch den Eingriffen der Menschen in Wald und Baum wurden
Geist, der in ihm wohnt, zu verletzen, geht auf die daher auch nicht zum Schutz wirtschaftlicher Inter-
vorchristliche Zeit zurück, in der der Mensch zum essen erlassen, sondern haben ihren Ursprung in
Verständnis seiner natürlichen Umwelt und der in dem Mythos der vorgeschichtlichen Zeit. Ausgangs-
ihr waltenden Kräfte an das Eingreifen irdischer punkt war der bereits erwähnte Gedanke, dass der
und höherer Wesen glaubte. Baum von einem Baumgeist bewohnt sei und bei
Bis zum Beginn des Mittelalters war Österreich Verletzungen ebenso leide wie ein lebendes Wesen.
weitgehend mit Wald bedeckt. Großflächig unbewal- Besonders weit gehen die uralten Baumfrevelstrafen
dete Gebiete fanden sich nur in den Hochlagen der in den mittelalterlichen Weistümern. Es sind dies die
Alpen, kleinflächiger auch entlang der Flussläufe, in schriftlichen Aufzeichnungen eines einst mündlich
Mooren und an weiteren Orten, die aufgrund ihrer gesprochenen Rechtes, das von den Dorfbewohnern
extremen Standortbedingungen das Aufkommen selbst erlassen und vollzogen wurde und alle wich-
geschlossener Waldbestände auf Dauer nicht zulie- tigen Angelegenheiten der Gemeinschaft regelte.
ßen. Aufgrund dieser engen Lebensraumverbindung Zur Zeit, als sie ausgesprochen wurden, nahm man
von Wald und Mensch konnten Baum und Wald zu an, dass der Wipfel den Kopf, die deckende Rinde
Kristallisationspunkten von kosmologischen, anthro- die Haut und der umwickelnde Bast die Eingeweide
pologischen und religiösen Vorstellungen werden des Baumes als eines beseelten, menschlich empfin-
und sich an ihnen viele kultische Bräuche entwik- denden Wesens darstellten.
keln. Mit dem hohen Baumstamm verband der Nach altrömischer Anschauung bewohnte jeden
Mensch den Gedanken an Alter und Stärke, Langle- natürlich erwachsenen Baum, solange er grünte, d.h.
bigkeit und ständiges Wachstum, mit der Eiche und solange derselbe lebte, ein göttlicher Schutzgeist
anderen fruchttragenden Bäumen auch den Gedan- („numen“). Im weiteren Sinn war also auch jeder
ken an Fruchtbarkeit, mit Nadelholz immergrünes Natur-Baum, respektive jeder Natur-Wald ein Götter-
Fortleben. Auch heute noch tritt der Baum als Sym- wohnsitz. Diese Bäume waren auch die ersten Göt-
bol des natürlichen, ständigen oder stets wiederkeh- tertempel. Heilige Wälder traten in zwei Formen
renden Wachstums im Brauchtum in mannigfachen auf, nämlich als „sacra nemora“ und als im höheren
Formen in Erscheinung: als Frühjahrsbaum zu Mai- Grad der Heiligkeit stehende „luci“. Der Baumbestand
beginn, als Mittsommerbaum bei der sommerlichen jener heiligen Wälder war in der Regel gemischt
Sonnenwende, als Erntebaum im Herbst, als Mitt- und von unterschiedlicher Größe. Die Haine waren
winter- oder Weihnachtsbaum bei der Winterson- im römischen Staat den Göttern geweiht und im
nenwende und bei Endwinterfesten. Die Verwen- allgemeinen jeder materiellen Nutzung entzogen,
dung und die Aufstellung von Bäumen und obgleich Opfertiere in denselben zur Weide gingen.
Zweigen im Jahresablauf sind Ausdruck der Freude Nicht einmal der Besitz der Haine war möglich; sie
über das Wachstum und die Ernte und auch der gehörten somit zu den öffentlichen Wäldern.
Wünsche für die künftige Fruchtbarkeit. In der bibli- Die Verehrung des Baumes und der Baumgemein-
schen Vorstellung erscheinen der Paradiesbaum, der schaft hat beim einzelnen Baum wie auch beim Hain
Alte Hutebuchen – ein
Symbol der Fruchtbarkeit und
des ständigen und stets
wiederkehrenden Wachstums.
und beim Wald mannigfachen Ausdruck gefunden. alte, aus der früheren Naturkultur stammende Vor-
Durch Opfergaben suchten die Volksbräuche die stellung über Bäume und Baumgrün übernommen.
Gunst der Baumgeister zu gewinnen. Opfergaben Am deutlichsten zeigt sich dies im weihnachtlichen
waren Tiere, Äpfel und andere Früchte, bunter Brauch, aber auch in anderen kirchlichen Feiern im
Schmuck und dergleichen, die an den Ästen aufge- Jahresablauf (Ostern, Mai, Pfingsten). So gehört seit
hängt oder vor oder unter den Baum gelegt wurden. dem Mittelalter die Vorstellung vom Erscheinen der
Nach dem Volksglauben waren neben Steinen, Feu- Mutter Gottes im Baum oder Strauch zu einem der
erstellen und Wasserquellen besonders alte, hohe wichtigsten Motive im Marienkult.
und große Bäume im Wald beliebter Aufenthalts-
und Wohnort der verschiedenen Geister und Dämo- Quellen
nen. Während sich im Baum nach dem Volksglauben
meist nur Einzelgeister und Einzeldämonen aufhiel- Mantel, K., 1990: Wald und Forst in der Geschichte. Alfeld-
ten, waren nach diesem im Wald meist große Scharen Hannover.
Mannhardt. W., 1904: Wald- und Feldkulte. Bd. 1:
von teils guten, teils bösen Naturgeistern anzutreffen
Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme.
(Elfen, Feen, Kobolde, Waldzwerge, Waldgespenster). Mythologische Untersuchungen, 2. Aufl. Berlin.
Der Lebenskreis der guten Geister lag im lichten Mannhardt. W., 1905: Wald- und Feldkulte. Bd. 2: Antike
Eichen-Nadelmischwald und in Laubholzhainen, der Wald- und Feldkulte aus nordeuropäischer Überlieferung
der bösen Geister im finsteren Urwald von Tanne, erläutert. 2. Aufl. Berlin.
Buche und Fichte. Unter dem Einfluss der Christiani-
sierung wurden manche guten Geister zu bösen
erklärt und die Waldgeister galten als arme Seelen.
Bei der Christianisierung stand die katholische
Kirche allen mit dem Heidentum verbundenen Riten
und Kultobjekten ablehnend gegenüber. Daher wurde
das Fällen der den heidnischen Göttern geweihten
Bäume als eine der wirkungsvollsten Maßnahmen Holz ist mehr als ein Material unter anderen, es ist Stück für
angesehen, um dabei die Ohnmacht der Götter am Stück unverwechselbar und einmalig. Der Umgang mit Holz
offensichtlichsten werden zu lassen. Obwohl die beansprucht alle Sinne. Spüren, Riechen, Hören. Holz schafft
Atmosphäre, duftet und klingt – eine Wohltat für jeden
Götter- und Orakelbäume vernichtet und Opfer an
offenen Geist.
den noch verbliebenen Bäumen verboten wurden,
konnte doch die Vorstellung von übernatürlichen
Wesen im Baum nicht ausgelöscht werden. Dieser
Glaube erwies sich als besonders zählebig. Die
katholische Kirche hat sich daher später teilweise
den alten Vorstellungen angepasst und manche
Der Weg des Baumes vom Wald zum Werkstoff Holz
Bei einer Hangneigung von mehr als 40 Prozent kommt die hochmechanisierte Holzernte zum Einsatz. Dabei werden die Bäume mit der Motorsäge gefällt, entweder vor Ort entastet
Winfried Eberl
Rund 47 Prozent der Fläche Österreichs sind mit Wald 5 Prozent. 80 bis 85 Prozent des Roherlöses aus dem
bedeckt. Und dieser Wald wächst – jährlich kommen Rundholzverkauf kommen aus Lieferungen an die
20 km2 dazu, was einer Fläche von 3.700 Fußballfel- heimische Sägeindustrie, ca. 12 Prozent aus dem Indus-
dern entspricht. Der „Sekundenzuwachs“ in Öster- trieholzverkauf an die Papier- und Zellstoffindustrie
reichs Wäldern entspricht etwa einem Kubikmeter. und der Rest aus dem Verkauf von Energieholz. Der
Das heißt, rein theoretisch natürlich, alle 30 Sekunden Sägerundholzpreis hat sich trotz deutlicher Schwan-
„wächst“ ein Holzhaus. Der jährlich nachwachsende kungen innerhalb kurzer Zeiträume in den letzten
Holzzuwachs wird nur zu zwei Dritteln genutzt. 30 Jahren im Durchschnitt wenig verändert. Die Indus-
135.000 Waldbesitzer mit Waldflächen über zwei trieholzpreise sind sogar nominell deutlich gesunken.
Hektar leben in Österreich von der Arbeit im Wald. Vergleicht man die mit der Inflationsrate bereinig-
Über 80 Prozent des Waldes sind in Privatbesitz und ten realen Preise, wird die ganze Dramatik für die
auch der größte Waldbesitzer, die Österreichischen Forstwirtschaft ersichtlich. Um die „Kaufkraft“ eines
Bundesforste, bearbeitet den Wald nach privatwirt- geernteten Festmeters Rundholz vom Anfang der
schaftlichen Grundsätzen. Vom Privatwald gehören Siebzigerjahre zu erreichen, müssen heute 2,5 bis 3
etwas mehr als 50 Prozent Bauern, also gemischten Festmeter geerntet werden.
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, und der Wie kann eine Branche einer solchen Entwicklung
Rest gehört mittleren bis größeren Forstbetrieben. überhaupt standhalten?
Das Einkommen aus der Forstwirtschaft, in erster
Linie aus dem Rohholzverkauf für die Säge- und Die Strategien der Forstwirtschaft
Papierindustrie, hat in den letzten Jahren deutlich _Senkung der Kosten durch Zukauf von Dienstleis-
an Bedeutung gewonnen und ist zur Existenzsicher- tungen und Personalabbau (Kostenextensivierung)
Waldfläche zur Staatsfläche
ung für viele Betriebe unverzichtbar geworden. _Erhöhung der Produktivität mit neuen Holzernte-
31%
30%
11 %
10 %
10 %
36%
75 %
68 %
47 %
32 %
Dabei hat sich die Struktur der Betriebe in den letzten verfahren
Jahren deutlich verändert. Während in den fünfziger _Intensivierung und Schaffung neuer Geschäftsfelder
Jahren über 30 Prozent in der Land- und Forstwirt-
EU:15
Finnland
Schweden
Österreich
Italien
Deutschland
Frankreich
Niederlande
England
Dänemark
Die Forstwirtschaft hat erfolgreiche Kooperations- abläufe können nicht nur branchenintern optimiert
modelle mit Schlägerungsunternehmen, Frächtern, werden. Erst die Zusammenschau aller beteiligten
der Säge-, Papier- und Zellstoffindustrie entwickelt. Branchen führt zu weiteren, substanziellen Kostenop-
So wurde die gemeinschaftlich vermarktete Holz- timierungen. Ein solches Pilotprojekt wurde gerade
menge im Rahmen der Waldverbände in Österreich im Logistikbereich mit „Echtdaten“ von Betrieben
innerhalb der letzten 5 Jahre von 490.000 Festmetern der Forstwirtschaft (Forstbetriebe und Waldverbände),
auf 1.820.000 Festmeter im heurigen Jahr gesteigert. der Papierindustrie, der Sägeindustrie und dem Fracht-
Die Auslastung von Maschinenkapazitäten bei der gewerbe (LKW und Bahn) mittels Prozessanalyse
Holzernte mit dem Ziel, die Kosten deutlich zu senken und Kostenbewertung durchgeführt. Die Projektlei-
und die Anlieferung zu den Abnehmern kontinu- tung liegt bei der „Holzcluster Steiermark GmbH“, die
ierlicher zu gestalten, ist zusätzlich zur optimalen beteiligten Betriebe liegen in der Steiermark und in
Vermarktung nun eine der Hauptaufgaben dieser Kärnten. Die eben abgeschlossene Pilotstudie zeigt
horizontalen Kooperationen. Im Burgenland, in höhere Kosteneinsparungspotenziale auf als erwartet.
Salzburg und der Steiermark wurden privatwirtschaft- Die Umsetzung des Pilotprojektes wird im November
liche Forstserviceunternehmen durch die Waldver- 2002 gestartet und die projektbeteiligten Unter-
bände gegründet, um auch Waldbesitzern, die nicht nehmen erwarten sich eine wesentlich effizientere
mehr ausschließlich von der Arbeit im Wald leben, ein Ablauforganisation in der Logistik-Kette. Neben den
optimales Service bei der Waldbewirtschaftung zu Kostenvorteilen ist auch der raschere Durchlauf des
bieten. Das Service reicht von der Nutzungsplanung, Rundholzes und die damit verbundene Minimierung
Fest- von Lagerschäden (Holzverfärbungen) für Industrie
legung der Arbeitsver fahren, Organisation von Wald- und Forst wesentlich. Nach einem Testbetrieb im
pflegearbeiten und Schlägerungsunternehmen bis kommenden Winterhalbjahr, bei dem auch innerhalb
hin zur Holzvermarktung. der Branchen die Optimierungspotenziale ausgelotet
In einem nächsten Schritt gilt es nun, entlang der werden, soll im Herbst 2003 der Echtbetrieb inner-
Wertschöpfungskette vom „Wald bis zum Rundholzver- halb der gesamten Wertschöpfungskette gestartet
arbeiter“ die Ablauforganisation zu straffen. Logistik- werden.
Die vollmechanisierte Holzernte erfolgt mit einem Vollernter, dem sogenannten Harvester, der vor Ort den Baum am Stammfuß kappt, ihn umlegt, vollflächig entastet und in Bloche
43 Prozent des österreichischen Waldes weisen Um die Abläufe bei der Holzernte, wie zum Beispiel Dipl.-Ing. Winfried Eberl
jedoch eine höhere Hangneigung als 40 Prozent die Erhöhung der Auslastungskapazitäten oder die Seit 2002 beschäftigt bei der
auf. In diesen Lagen kommt die hochmechanisierte Minimierung von Überstellungszeiten, noch rationeller Holzcluster Steiermark GmbH.
Seine primären Aufgabenge-
Holzernte zum Tragen. Dabei werden die Bäume gestalten zu können, sind modernste Technologien
biete sind Vernetzung, Koope-
mittels Motorsäge gefällt, entastet und in Bloche wie GPS-gestützte „Geographische Informationssy- ration, Logistik, F & E (For-
zerteilt. Danach erfolgt der Transport durch einen steme – GIS“ in Erprobung und teilweise bereits im schung und Entwicklung) und
Seilkran zur Forststraße. Eine Variante ist das „Ganz- Einsatz. Marketing im Forstbereich.
baumverfahren“, bei dem der Baum mit der Motorsä- Hohes Augenmerk wird auch auf die schonende, Geschäftsführer des Waldver-
ge gefällt und danach als gesamter Baum inklusive ökologisch verträgliche Holzernte gelegt. Das bandes Steiermark und der
aller Äste mit dem Seilkran zur Forststraße transpor- bedeutet, dass nicht nur die Flächen, auf denen Forstservice GmbH.
tiert wird. Dort erfolgt dann die Entastung und das solche Holzerntesysteme zum Einsatz kommen,
Holzcluster Steiermark GmbH
Zerteilen der Bloche mit einem Prozessor (analog wie optimal vorbereitet werden müssen, sondern dass
Körblergasse 111 – 113
bei einem Harvester), der auf der Plattform neben auch das Bedienungspersonal dieser hochtechni- PF 1038, A-8021 Graz
dem Seilkran angebracht ist. Sowohl bei der Entwick- schen Geräte geschult werden muss. T +43 (0)316 ⁄ 601-651
lung von Seilkränen, als auch leistungsfähigen Pro- Bei der hoch- oder vollmechanisierten Holzernte kom- F +43 (0)316 ⁄ 601-1292
zessoren haben österreichische Hersteller Weltruf. men hauptsächlich private Dienstleister, sogenannte office@holzcluster-steiermark.at
Insgesamt sind hochmechanisierte Holzernteverfahren Schlägerungsunternehmer, zum Einsatz. In Forstbe- www.holzcluster-steiermark.at
etwa um 30 Prozent teurer als vollmechanisierte. trieben werden zum Teil noch eigene Maschinen
Dieser Nachteil wird durch stärkere Durchmesser der eingesetzt, aber auch hier geht der Trend eindeutig Waldverband Steiermark
Hamerlinggasse 3, A-8010 Graz
Bäume im Vergleich zu Skandinavien teilweise wieder in Richtung Zukauf von Dienstleistungen.
T +43 (0)316 ⁄ 83 35 30
wettgemacht, aber es bleibt doch ein Wettbewerbs- F +43 (0)316 ⁄ 83 35 40
nachteil am Holzmarkt im Vergleich zu den Haupt- gissing@lk-stmk.at
konkurrenten aus dem hohen Norden. www.waldverband-stmk.at
Im Sägewerk: Von der Anlieferung der Rundholzbloche bis zur Weitergabe der Schnittholzprodukte oder der zusätzlichen Weiterverarbeitung in Brettschichtholz, Massivholz- oder
Holz besitzt aufgrund seiner geringen Wärmeleitfähigkeit sehr In seiner Verwendung als kompaktes konstruktives Element
gute Dämmeigenschaften. Der Wärmedämmwert einer 10 cm besitzt Holz eine hohe Widerstandskraft gegen Feuer, weil es
dünnen Massivholzwand entspricht dem einer 160 cm dicken nur äußerlich verkohlt, dabei seine innere Struktur schützt.
Betonwand. Selbst bei relativ geringer Raumtemperatur emp- Auch die höchsten Brandschutzklassen sind in Konstruktionen
findet man eine Holzoberfläche als warm. aus Holz erfüllbar. Durch gut berechenbares Brandverhalten
eignet sich Holz bei fachgerechtem Einsatz auch für große Bau-
vorhaben.
Georg Binder Österreichs Sägeindustrie Schon heute erzeugen in Österreich etwas mehr als
Die österreichische Sägeindustrie gehört zu den eine Handvoll großer Werke rund 60 % der gesam-
führenden Holzindustrien der Welt. Mit einem Ein- ten Schnittholzproduktion. Dennoch ist der Prozess
schnitt von 16 Mio m3 Rundholz, rund 8 bis 11 Millio- zur Konzentration erst am Beginn, hat doch der
nen davon aus Österreich, ist die Sägeindustrie der größte Holzkonzern der Welt gerade einmal einen
größte Abnehmer von Rundholz. Mit einer Produktion Anteil von rund einem Prozent an der gesamten
von 10 Mio m3 Nadelschnittholz (Wert 2002) liegt Weltproduktion.
Österreich weltweit an siebenter Stelle der Produzen-
tenländer. Die Stärken der heimischen Sägeindustrie Rohstoffversorgung: Schlüssel zum Erfolg
liegen in der extrem rationalisierten Produktion und Mehr als die Hälfte der Produktionskosten in einem
in der Marktnähe zu den großen mitteleuropäischen Sägewerk entfallen auf Materialkosten für den Roh-
Absatzmärkten. stoff Rundholz. Die Lebensader jedes industriell
Rund 1.500 Sägewerke sind zumeist Familienbetriebe, geführten Sägewerks besteht daher in einer kontinu-
die seit Generationen das wirtschaftliche und gesell- ierlichen Zufuhr des passenden Rundholzes. Durch
schaftliche Leben in ihrem lokalen Umfeld prägen. immer größere Produktionseinheiten wurde in den
Der Eigentümer trifft in der Regel Entscheidungen letzten Jahren der Wettbewerb um das Rundholz
selbst oder im kleinen Familienverband, echte Mana- gewaltig verschärft. Fand früher der Einkauf im
gementebenen sind eine Seltenheit. Diese traditio- Umkreis von 100 bis 150 km vom Werk statt, so wei-
nelle Struktur trifft auf sehr dynamische Marktentwick- tet sich der Radius nun immer mehr aus und Impor-
lungen wie te aus benachbarten Ländern werden zur Praxis.
_den Zwang zur Weiterverarbeitung für höhere Mit fortschreitender Technik wanderte die Übernah-
Wertschöpfung me des Rundholzes vom Wald zum Sägewerk. Heute
_die Bildung größerer Einheiten zur optimalen Aus- erfolgt nach der Entrindung die Vermessung der
Mag. Georg Binder
Geschäftsführer von
nützung der Maschinen Stämme nach önorm im Werk durch geeichte elek-
proHolz Austria _die Internationalisierung der Rohstoff- und Absatz- tronische Geräte. Dabei werden die Durchmesser der
binder@proholz.at märkte Stämme und Merkmale wie Abholzigkeit und Krüm-
www.proholz.at _die Konzentration zu internationalen Großkonzernen mung festgestellt. Ein Übernahmeprotokoll dient der
Themenschwerpunkt
16
17
zuschnitt 8.2002
Betonschalplatten, in Konstruktionsvollholz und Schalungsträger kennzeichnet modernste Zerspaner- und Sägetechnologie mit Hightechmaschinen die einzelnen Produktionsbereiche.
Bezogen auf sein Eigengewicht trägt Holz 14 mal soviel wie Holz nimmt Wasser auf und ist atmungsaktiv, sorgt das ganze
Stahl, seine Druckfestigkeit entspricht der des Stahlbetons. Jahr über für angenehmes Raumklima. Holz ist elektrostatisch
neutral und nicht leitend.
Holz ist zwar leicht, aber kräftig und daher extrem vielseitig
einsetzbar – ein Hochleistungswerkstoff aus der Natur mit
unterschiedlichen Härtegraden und Festigkeiten. Gezielt zerlegt
und neu gefügt erhalten moderne Holzprodukte optimierte
bauphysikalische und statische Eigenschaften, die Abmessung-
en der Bäume spielen keine wesentliche Rolle mehr und
große Spannweiten werden möglich.
Verrechnung mit dem Forstlieferanten. Danach Stamms. Während die Hauptware mit oder ohne PS: Der beschriebene Ablauf
erfolgt die geordnete Ablage der Stämme in Boxen. Weiterverarbeitung vorwiegend in den Baubereich gilt für die industrielle Produk-
Bei der Übernahme kommen vermehrt neue Techniken geht, findet die minderwertige Seitenware ihren tion von Nadelschnittholz
(96% der Gesamtproduktion
zum Tragen. Was zum Teil bereits heute mit Röntgen- Absatz im Verpackungssektor.
Österreichs). Es gibt auch
technologie versucht wird, soll generelles Ziel wer- Die Ausbeute liegt im Schnitt in Österreich bei 60 % einige potente Laubholzsäge-
den – das gänzliche „Durchleuchten des Stamms“. des Rundholzes (gegenüber 45 bis 50 % in Nordame- werke, die als „Filetierer“ des
rika und Skandinavien). Die anderen 40 % Sägene- Rundholzes gelten, da sie
Einschnitt mit Tempo – aus dem Cockpit benprodukte, im Wesentlichen Hackgut und Säge- mit Bandsägen minutiös den
In der Nachkriegszeit dominierte das „Gatter“ die späne, sind wertvolle Rohstoffe für die Papier- und Stamm nach der natürlichen
Technik des Einschnitts von Nadelrundholz im Säge- Plattenindustrie. Beschaffenheit aufschneiden
und somit die Ausbeute
werk. Mehrere vertikal gespannte lange Sägeblätter
optimieren. Nach dem
arbeiteten sich mittels mechanischem Antrieb durch Sortiert zum Trocknen Einschnitt werden die Bretter
den Stamm. Ende der Siebziger Jahre fand die ent- Nach dem Einschnitt werden die Bretter zumeist visuell, oft gedämpft, um dem Holz
scheidende Revolution am Maschinensektor statt: im Einzelfall maschinell (auf Festigkeit), sortiert, in einen anderen Farbton zu
Maschinen mit rotierenden Kreissägeblättern, soge- Etagen gelagert, um schließlich zur Paketierung zu verleihen. Schlechtere Quali-
nannte Zerspaner, die hinsichtlich Geschwindigkeit gelangen. Das Schnittholz für die Weiterverarbeitung täten gehen derzeit in die
beim Einschnitt neue Maßstäbe setzten, kamen auf wird den Trockenkammern zugeführt. Dort bestimmt Produktion von Bahnschwel-
len, es wird jedoch – auch in
den Markt. Heute sind Geschwindigkeiten von bis der Computer die Feuchte der Bretter, berechnet
Forschungsprojekten –
zu 160 Metern pro Minute möglich, können also 40 Temperatur und Trockenzeit. Getrocknet wird bis auf intensiv daran gearbeitet, die
Stämme mit einer Länge von jeweils vier Metern pro 18 oder 12 % Restfeuchte im Holz. Die Trockenkam- Wertschöpfung zu erhöhen.
Minute eingeschnitten werden. Wenige Arbeitskräfte mern werden mit der im Werk anfallenden Rinde Zunehmend werden daher
steuern die Produktion von modernen Steuerkanzeln beheizt. Je nach Ausrichtung des Betriebs setzt dann Einsatzbereiche für den
– gleich dem Cockpit eines Flugzeugs – aus. Über die Weiterverarbeitung ein, es folgt Hobeln, Keilzin- konstruktiven Bau gesucht.
Computer werden (Ein-) Schnittbilder errechnet, die ken, Verleimen und Pressen.
den Stamm in verschiedene Dimensionen der Bretter Der Strukturwandel wird in der nächsten Zeit weiter-
einteilen. Die Produktion trennt Hauptware aus dem gehen. Neue erfolgreiche Strategien wie auch inno-
Zentrum und Seitenware aus dem Randbereich des vative Nischenprodukte werden notwendig sein.
Interview Holz hat Zukunft
Das vorliegende Gespräch mit Dr. Erich Wiesner die kein eigenes Holz besitzen, weil sie keine Wälder
führte Karin Tschavgova am 17. Oktober 2002 in haben. Natürlich ist es volkswirtschaftlich allemal
der Sky Lobby des Ares Tower in Wien Donau-City besser, fertige Produkte zu exportieren als den
anlässlich des Treffens der Unternehmer und Füh- „Rohstoff“ Bretter. Es wird immer noch sehr viel
rungskräfte der Holzindustrie. Schnittholz von Österreich exportiert, aber es ist
Zuschnitt Was zeichnet Holz gegenüber anderen natürlich sinnvoll, den Anteil an Wertschöpfung, die
Materialien aus? ich im eigenen Land belassen kann, zu erhöhen, etwa
Wiesner Der Rohstoff Holz ist ein echtes „Asset“ durch hochwertige Werkstoffe und Fertigprodukte.
(engl: Vorzug, Vermögenswert), weil pro Sekunde in Zuschnitt Mit welchen Strategien und welchem
Österreich ein Kubikmeter Holz in den Wäldern nach- Zukunftsdenken versucht die Holzindustrie, sich im
wächst, ein unglaubliches Zukunftspotential, wenn konstruktiven Holzbau auch in Bereichen zu etablie-
man auch an die große gesellschaftspolitische Her- ren, die bislang eher vom Massiv- oder dem Stahl-
ausforderung einer nachhaltigen und ökologischen bau besetzt worden sind, etwa im Industriebau, im
Bewirtschaftung unserer Erde denkt. Holz ist meines Hallenbau oder im Geschoßwohnbau?
Erachtens der Bauwerkstoff der Zukunft, weil er diese Wiesner Um in Massenmärkten oder im Industrie-
Anforderungen am besten erfüllen kann. Da haben und Gewerbebau Fuß zu fassen, ist das ökologische
wir in Österreich einen Schatz, genauso wie Wasser, Argument nicht ausreichend, da zählt die Ökonomie
den wir hüten, pflegen und entwickeln sollten. Wir und letztendlich der Preis. Aufgrund der Industriali-
von der Holzwirtschaft können den größten und den sierung der Holzindustrie und neuer Technologien
besten Beitrag dazu leisten, wenn Politik und Gesell- sind wir heute in der Lage, auch auf ökonomischer
schaft das auch so sehen und entsprechende Rah- Ebene den Werkstoffen Stahl- und Stahlbeton paroli
menbedingungen geschaffen werden. zu bieten und im Wettbewerb zu bestehen.
Zuschnitt Glauben Sie, dass das Vorurteil, Holzbau Zuschnitt Welche Technologien?
vernichte Ressourcen und schädige den Wald, schon Wiesner Beispielsweise war man früher nicht in der
ausgeräumt ist? Hat sich in der öffentlichen Mei- Lage, die Holzfestigkeit zu messen und das Holz
nung schon durchgesetzt, dass die Holznutzung des nach Festigkeitsklassen zu sortieren. Das heißt, wir
Waldes den Bestand nicht gefährdet? haben im Bau entsprechende Sicherheitszuschläge
Wiesner Die Botschaft, die wir jahrelang gesendet gebraucht, weil keine exakten Werkstoffkennzahlen
haben, dass mehr Holz nachwächst, als wir verbrau- vorgelegen sind. Während es im Beton und im Stahl
chen, ist schon angekommen. Das haben wir getestet schon immer exakte Festigkeitsklassen gegeben hat,
und es ist auf breiter Ebene von Politik und Gesell- haben wir faktisch visuell, mit dem Auge, die Fes-
schaft verstanden worden. Wir haben in Österreich tigkeitsklasse geschätzt und mit entsprechenden
ja seit jeher eines der schärfsten und strengsten Sicherheitszuschlägen haben wir dann kalkulieren
Forstgesetze. Nur ist die Diskussion überlagert von und dimensionieren müssen. Jetzt kann man Holz
der Tropenholzdiskussion, wo aus ganz anderen Grün- maschinell nach Festigkeit sortieren, d.h. wir haben
den gerodet und nicht nachhaltig Forstwirtschaft Werkstoffkennziffern und können dadurch auch in
betrieben wird. Wenn man mit Forstleuten spricht, der Dimensionierung, im Materialeinsatz wesentlich
die in die Zukunft schauen, dann haben wir eher ein wirtschaftlicher arbeiten. Das ist die eine Seite. Die
Problem, weil ein großer Anteil unseres Forstes und zweite Seite ist, dass die maschinelle Ausstattung
des Waldes überaltert und veraltet. der Betriebe, die Technisierung so fortgeschritten ist,
Zuschnitt Ist die österreichische holzverarbeitende dass wir hoch ökonomisch Holzwerkstoffe oder
Industrie im großen EU-Raum konkurrenzfähig und Konstruktionsteile produzieren können. Und wir
Dr. Erich Wiesner die Möglichkeit, auf lokale Ressourcen zurückgreifen sehen das auch im Wettbewerb, insbesondere bei
Obmann des Fachverbandes zu können, im EU-Raum überhaupt noch ein Vorteil, Konstruktionen, die weiter gespannt sind. Der Holz-
der Holzindustrie Österreichs wo das Transportwesen stark gestützt wird? bau hat sich bei einigen Großprojekten in Europa,
und geschäftsführender
Wiesner Die österreichische Holzwirtschaft und die die materialneutral ausgeschrieben wurden, gegen-
Gesellschafter der Wiesner-
Hager Baugruppe Holding
österreichischen Betriebe, ob Sägeindustrie oder über dem Stahlbau durchgesetzt, wo die Entschei-
GmbH. weiterverarbeitende Industrie, ist international hoch dung des Bauherrn auf rein ökonomischer Ebene
wettbewerbsfähig. Wir sehen das auch jetzt an gefallen ist. Vor einigen Jahren hätten wir da öko-
aktuellen Zahlen z.B. an der Exportquote. Obwohl nomisch keine Chance gehabt. D.h. wir sind wirklich
Fachverband der Holzindu- die Baukonjunktur 2002 schlecht ist, die Rahmenbe- wettbewerbsfähig geworden. Der Bauherr und die
strie Österreichs dingungen schlecht sind, hat die österreichische Gesellschaft bekommt die Ökologie faktisch frei ins
Schwarzenbergplatz 4
Holzwirtschaft insgesamt den Exportanteil weiter Haus mitgeliefert. Früher haben wir gesagt, wenn
A-1030 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 712 26 01
erhöhen können. Wir haben eine der stärksten und ihr etwas besonders Schönes bauen wollt oder wenn
F +43 (0)1 ⁄ 713 03 09 modernsten Sägeindustrien, das ist ein Vorteil auch ihr es ökologisch bauen wollt und ihr entscheidet
office@holzindustrie.at für die weiterverarbeitende Industrie. Was das euch für Holz, dann müsst ihr ein bisserl mehr
www.holzindustrie.at Thema Transport betrifft, gibt es sehr viele Länder, bezahlen. Heute sind wir ökonomisch wettbewerbsfä-
Interview
hig und die Ökologie ist der Mehrwert, ist der freie Holz als Exportartikel
19
18
Zusatznutzen. Und das wäre für mich eine Botschaft Im Jahr 2001 wurde Holz im Wert von 3,76 Milliarden
auch an die Öffentlichkeit. Die öffentliche Hand hat Euro exportiert.
zuschnitt 8.2002
sich ja auch verpflichtet, teilweise in Verordnungen, Das sind über 50 % der Produktion.
auf die Nachhaltigkeit und Ökologie der Produkte zu Damit ist Holz in Österreich der zweitgrößte Devisen-
achten, die sie einkauft. Das muss im Holz jetzt bringer nach dem Tourismus.
nicht mehr bezahlt werden. Man kriegt die Ökologie
faktisch frei Haus mitgeliefert. Italien 65 %
Zuschnitt Gibt es die legistischen Rahmenbedingun-
Asien⁄ Japan 11 %
gen und Grundlagen schon, die den Holzbau in Öster-
reich in größerem Rahmen ermöglichen würden? Deutschland 9 %
Wiesner Ich schätze den Marktanteil im Baugesche-
USA 4 %
hen, wo hauptsächlich das Material Holz verwendet
wird, unter 10 Prozent. Aus dieser Position heraus Schweiz 2 %
müssen erst Rahmenbedingungen geschaffen werden,
Sonstige 9 %
die die Massenmärkte für uns öffnen, das heißt z.B.
Bauordungen, die es möglich machen, Holz auch in
größerem Stile einzusetzen. Einiges ist natürlich schon
passiert. Heute ist es in den meisten Bundesländern Holz als Arbeitgeber
möglich, Holzhäuser drei- und mehrgeschoßig zu Rund 290.000 Menschen leben in Österreich von
bauen. Das ist die legistische Ebene, die Einstellung Wald und Holz. Arbeitsplätze werden vor allem in
der Behörden und auch der Bauherren ist immer noch Österreichs strukturschwachen Regionen geschaffen.
mit relativ hoher Skepsis verbunden. Man verab-
schiedet sich nur sehr ungerne von den gewohnten
Materialien. Betriebe Arbeitsplätze
Man muss in Holz exakter und genauer planen, mehr
mit der ausführenden Firma kooperieren. Das macht
Wald- und Forstwirtschaft 170.000 8.000
auf verschiedenen Entscheidungsebenen den Zugang
zu Holz und zum Holzbau letztendlich etwas schwie- Holzindustrie 1.650 23.500
riger. Deshalb investieren wir auch in Ausbildung
Zimmermeister 1.500 9.100
und Entwicklung, wir wollen also Planer, Architekten,
Ingenieure auf breiter Basis besser im Holzbereich Baugruppe und weitere 128 9.800
schulen. Das sind jene Personen, die Materialent-
Tischler 6.200 42.000
scheidungen treffen. Hier haben wir auch einiges
erreicht, es gibt in der Zwischenzeit mehrere Holzbau- Papier⁄ Zellstoffindustrie 30 9.400
Lehrstühle, je einen in Graz, in Innsbruck und in Wien.
Papier⁄ Pappeverarbeitung 100 9.000
Zuschnitt Sehen Sie die Zukunft der holzverarbeiten-
den Industrie in der Entwicklung von fertigen, stan-
dardisierten Produkten und Werkstoffen oder sehen
Sie den Vorteil Österreichs auch darin, dass die vielen
kleinen und mittelständischen Betriebe punktgenau
vorfertigen und daher auch besondere Aufträge
erfüllen können, die nicht mit einem Massenprodukt
abdeckbar sind?
Wiesner Ich glaube, es wird beides geben. Die Ent-
wicklungen schließen sich nicht wechselseitig aus,
sondern ergänzen sich. Einerseits wird es eine hoch-
entwickelte industrialisierte, mit standardisierten
Produkten wirtschaftende Industrie geben und ande-
rerseits werden Zimmerei- und Tischlereibetriebe sehr
spezifisch auf die Kundenbedürfnisse und – wünsche
eingehen können. Diese Betriebe sind, indem sie von
der Holzwerkstoffindustrie sehr wettbewerbsfähige
Die Leistungsstärke der
Materialien erhalten, gemeinsam mit dem Architek- holzverarbeitenden Industrie
ten in der Lage, eine individuelle, qualitativ hoch- zeigt sich auch in spezifisch
stehende Architektur zu liefern, wodurch die Akzep- auf Kundenwünsche zuge-
tanz des Holzbaus wesentlich gehoben werden wird. schnittenen Produkten.
Kleiner Einblick in eine Dimension, die man im normalen Licht nicht sehen kann. Eine neue bizarre Formenwelt erschließt sich unter dem hochauflösenden Mikroskop.
Eigenschaften haben Ursachen. Die immense Vielsei- verschiedene Mineral-, Gerb- und Farbstoffe, sowie
tigkeit von Holz entsteht durch die zahllosen Möglich- Alkaloide. Es ist vor allem das Lignin, das aus einer
keiten im Aufbau der Holzgewebe. In den über 350 gewöhnlichen Pflanzenzelle die Zelle eines Holzes
Millionen Jahren Baumgeschichte hatte die Natur macht. Lignin (von lateinisch lignum, das Holz) ist
Zeit, unterschiedlichste Feinstrukturen zu erproben. nach der Cellulose der mengenmäßig wichtigste
Es gibt nicht „das typische Holzgewebe“, es gibt Rohstoff im Pflanzenreich, 20 bis 40 Prozent vom
Dutzende von spezialisierten Zellen und Zellverbän- Trockengewicht des Holzes bestehen aus diesem
den. Holz hat eine komplexe Anatomie. Man unter- Verholzungsstoff; bei Nadelhölzern ist der Anteil
scheidet zum Beispiel Siebröhren, Bastparenchyme, höher als bei Laubhölzern. Der komplexe und hoch-
Hoftüpfel, Harzkanäle, Meristeme, Holz, Tracheiden polymere Stoff ist chemisch und physikalisch fest
– um nur ein paar wenige Details zu nennen. Die mit der Cellulose verbunden und macht sie stabil und
Formen richten sich dabei nach den Aufgaben, ob druckfest. Durch die Ligninbildung verholzen unter-
Zellen und Gewebe Speicher-, Leit-, Wachstums- oder schiedliche Pflanzenteile, nicht nur der Stamm.
Festigkeitsfunktionen übernehmen. Auch feinste Triebe, Würzelchen, Nussschalen und
Holz besteht aus Cellulose und Lignin; es enthält Zapfen, überhaupt viele Früchte und Samen enthal-
zudem Harze, Wachse, Fette, Öle, Stärke, Zucker, ten Lignin.
Schlägt man einen Baum, dann versiegt zwar der Anschluss Heute ist die Dendrochronologie, das Wissen um Baum und
an die Quelle, den Nährboden, in dem er wurzelt, doch das Zeit, ein wichtiges Hilfsmittel vieler Wissenschaften geworden.
Holz behält die Fähigkeit des Austausches mit der Umwelt. Ein altes Stück Holz zeigt einem nämlich durch die Zuwachs-
Holz kann quellen und schwinden, noch nach Jahrhunderten. ring-Abfolge die Zeit, in der es gewachsen ist. So konnte man
zum Beispiel die Holzfällzeit der Eichenhölzer im Dom zu Trier
bestimmen: um das Jahr 990.
Forschungspanorama
20
21 zuschnitt 8.2002
Linke Seite oben: Fichte Längsschnitt. Rechte Seite oben: Fichte quer. Unten: Lärche und Pappel in der tausendfachen Vergrößerung des Rasterelektronen-Mikroskops.
Zahlreiche Gewebe mit unterschiedlichsten Aufgaben bilden den Transport von innen nach außen und umgekehrt.
das Holz. Von außen nach innen sind dies: Kambium Teilungsfähige, nur aus einer Lage bestehende
Zellschicht, die im Verlauf des Dickenwachstums nach außen
Abschlussgewebe und primäre Rinde die Zellen des Bastes, nach innen die Zellen des Holzes
Epidermis Den jungen Pflanzenkörper nach außen abschließen- abgibt.
de Zellschicht mit Schutzfunktion (primäres Abschlussgewebe). Xylem Achsiales Wasserleitgewebe aus meist toten, verholzten
Periderm (Kork) ersetzt mit steigendem Alter die Epidermis Zellen. Durch die Tätigkeit des Kambiums entsteht das massige
(sekundäres Abschlussgewebe) und besteht aus dem teilungs- Holz (sekundäres Xylem) mit engen Tracheiden, weiten und
fähigen Phellogen, dem nach innen abgegebenen Phello- im Idealfall querwandlosen Tracheen für die Wasserleitung,
derm und dem dickeren, nach außen abgegebenen Kork, dem Holzfasern zur Festigung, lebendem Holzparenchym mit
Phellem. Speicher- und Transportfunktion, sowie mit radialen Holz-
Borke wird oft fälschlich Rinde genannt. Mit zunehmendem strahlen, ebenfalls aus lebenden Zellen. Lebende Zellen des
Alter und wachsendem Umfang werden in den äußeren Partien, Holzparenchyms finden sich nur in den äußeren Partien des
nach innen immer fortschreitend, häufig weitere Phellogene Stammes (Splintholz), wo auch die Wasserleitung stattfindet.
gebildet und das äußere Gewebe als Schuppen oder Ringe In den zentralen Teilen (Kernholz) werden Harze, Gerbstoffe,
abgestoßen (tertiäre Rinde). Calcium, Silicium und andere Stoffe abgelagert.
Primäre Rinde Grundgewebe zwischen Abschluss- und Leitge-
webe mit Speicher- und Photosynthese-Funktion; geht im Markgewebe
Ver lauf des Dickenwachstums durch die Bildung der Borke Mark Grundgewebe im Zentrum von Stängeln, Ästen und
verloren. Stämmen. Speichergewebe, im Alter oft abgestorben, dann
sind die Zellen lufterfüllt oder nur noch als Markhohlraum
Leitgewebe mit Kambium erhalten. Auszug aus dem Buch
Phloem Leitgewebe aus lebenden Zellen, vor allem für den Markstrahlen Sie verbinden als primäre Markstrahlen das „HOLZ. Das fünfte Element“.
Ferntransport organischer Verbindungen. Im Dickenwachstum Markgewebe mit der primären Rinde; ihre Funktion ist die Anselm Spring
durch die Tätigkeit des Kambiums Umbau zum Bast (sekundäre Speicherung und der radiale Stofftransport. Im Verlauf des Maximilian Glas
Rinde); besteht aus Siebzellen für axialen Ferntransport, dem Dickenwachstums werden im Bast die Baststrahlen, im Holz Frederking & Thaler, 2001
Siebparenchym zur Speicherung, den Bastfasern und Steinzellen die Holzstrahlen als radiale Gewebestränge vom Kambium Siehe Literatur, S 24 in
mit Festigungs- und Schutzfunktion und den Baststrahlen für neu angelegt (sekundäre Markstrahlen). diesem Heft.
Der Baum als Designlehrmeister – eine
belastungsoptimierte Konstruktion
Dieser Artikel ist am In seiner jahrelangen Forschungstätigkeit zeigte am querfestesten machen, wo auch das Risiko der
15. April 1998 in der Neuen Professor Claus Mattheck auf, dass die Baumge- Spaltung am größten ist. Die Holzfestigkeiten sind
Züricher Zeitung⁄ Forst und stalt als biomechanische Autobiografie, als Bela- also lastgerecht verteilt. Allerdings haben die Holz-
Technik mit dem Titel „Holz
stungsschrieb des Baumes gedeutet werden kann. strahlen den Nach- teil, gleichsam schlafende Risse
– das Geheimnis der Bäume“
erschienen.
Die Regeln adaptiven Wachstums, mit denen der zu sein: Bei Zug in Jahresringrichtung (Tangenzial-
Baum sich selbst optimiert und dieses mechanische zug) wird das obere und untere Ende des spindelför-
Optimum pflegt und erhält, können zur Entwick- migen Holzstrahlquer- schnittes zur Rissspitze! Der
Publikationen (Auswahl) lung ermüdungsfester Maschinenbauteile genützt Sommerbruch grüner, gesunder Äste nach großer
von Claus Mattheck werden. Dies geschieht durch die sogenannte Hitze hängt damit zusammen. Auch gegen diese
CAO-Methode (Computer Aided Optimization), die Bedrohung weiß Meister Baum einen Rat. Er drückt
Design in der Natur
ziemlich genau das adaptive Wachstum der Bäume durch selbst erzeugte Eigenspannungen die Holz-
Der Baum als Lehrmeister
(siehe Literatur S 24 in
computersimuliert. Dabei „wachsen“ Bauteile wie strahlspindeln seitlich zusammen, kontrolliert so
diesem Heft) biologische Kraftträger in eine optimierte Gestalt deren potenzielle Risseigenschaft. Auch in Längs-
ohne Kerbspannungen und damit ohne Sollbruch- richtung gibt es Eigenspannungen oder Wachstums-
Stupsi erklärt den Baum stellen. So optimierte Bauteile sind ultraleicht und spannungen im Baum. Und sie sind bitter nötig:
Verlag Forschungszentrum dauerfest. Um dies zu erreichen, musste jedoch Grünes Holz ist nämlich nur etwa ein Viertel so
Karlsruhe, 1997 erst bekannt sein, wie biologisches Wachstum, etwa druckfest wie zugfest. Ist der Baum gar eine Fehl-
Das Buch, in dem ein Igel
von Bäumen, abläuft. konstruktion, die druckseitig viel früher versagt als
auf 100 Cartoons die Kör-
persprache der Bäume lehrt,
zugseitig? Ein gutes Design versagt überall gleich-
soll einen einfachstmögli- Bäume, die Meister der Mechanik, optimieren ihre zeitig oder gar nicht, ist also eine Kette gleich fester
chen Zugang zur Baum- und äußere Form so, dass auf der Baumoberfläche die Glieder!
Holzmechanik schaffen. Spannungen gleichmäßig verteilt sind. Der Baum weiß das. Er baut in Längsrichtung auf
Der vitale Baum erhält in lebenslanger Körperpflege der Baumoberfläche Zugspannungen an, die die
diesen Zustand gleichmäßiger Spannungsverteilung, windinduzierten bedrohlichen Druckspannungen
indem er an überbelasteten Bereichen dickere und teilweise kompensieren. Es hat etwas Wunderbares:
an unterbelasteten Bereichen dünnere Jahresringe Wo der Baum der Belastung konstruktive Elemente
ausbildet. wie Holzstrahlen oder Fasern entgegensetzen kann,
Aber auch in seinem Inneren zeigt sich der Baum tut er es. Wo diese nicht allein ausreichen, erzeugt
als Meister der Mechanik. Die von Blättern und er selbst Eigenspannungen (Wachstumsspannungen),
Zweigen eingesammelte und über die Äste in den die die feindlichen Spannungen der äußeren Belas-
Stamm eingeleitete tonnenschwere Windlast, die tung bekämpfen. Und weil dieser Kampf an jedem
über die Wurzelanläufe auf die Feinwurzeln verteilt Platz im Baum anders tobt, kann man Holz nur
und in hinreichendem Abstand vom Baum alleine verstehen, wenn man weiß, wozu es dem Baum
von der wenig festen Erde aufgenommen werden gedient hat. Trocknet man Holz, dann verschwinden
muss, stellt den Werkstoff Holz vor mannigfaltige diese Eigenspannungen und die spindelförmigen
Probleme. Querschnitte der Holzstrahlen werden quergezogen.
Ein einfaches Holzmodell kann verdeutlichen, wie Daher entstehen Trocknungsrisse immer entlang der
Meister Baum dem Versagensrisiko kühn die Stirn Holzstrahlen.
bietet. Man stelle sich ein Stück eines Jahresringes vor,
Claus Mattheck
1947 in Dresden geboren.
der aus miteinander verklebten Holzzellen besteht.
1973 Promotion in Theoreti- Jede Holzzelle ist, vereinfacht dargestellt, ein druck-
scher Physik. 1985 Habilitation fester Ligninschornstein, den man sich steif und
im Fach Schadenskunde an sprö-de wie eine Keramik vorstellen kann und der
der Universität Karlsruhe. innen gefüllt ist mit einem zugfesten Zellulosehohl-
Leiter der Abteilung Biome- seil, das mechanisch an Nylon erinnert. Diese Holz-
chanik im Forschungszentrum
zellen tragen den Kraftfluss in Richtung der Stamm-
Karlsruhe. Seit 1992 öffentlich
bestellter Sachverständiger
achse. Sie sind jedoch nicht in der Lage, alleine dem
für Mechanik und Bruchver- Sturm zu trotzen. Um Längsspaltungen zu verhindern,
halten der Bäume. Erhielt durchziehen den Baumstamm in radialer Richtung
zahlreiche Wissenschaftspreise die Holzstrahlen, deren spindelförmige Querschnitte
und zwei Literaturpreise. eine weiche Umlenkung der Fasern ermöglichen, fast
wie um den Bug eines Schiffes. Diese Holzstrahlen
können sich wie die Wurzeln im Erdreich an der nicht-optimierte optimierte Spannungsverteilung
Klaus Bethge
Professor am Institut für
Stammoberfläche verzweigen und ziehen dann in der Die Simulationsbeispiele von Verzweigungen zeigen nicht
Kernphysik der Johann-Wolf- Erde die Holzfasern zur Stammmitte. Messungen mit optimierte und optimierte Spannungsverteilungen.
gang-Goethe-Universität in dem feldtauglichen Universalholzprüfgerät Fracto- Auf solche Art können Maschinenbauteile belastungsfähiger
Frankfurt am Main meter III an Holzzylindern, die mit einem hohlen hergestellt werden.
Zuwachsboh- rer dem Baum entnommen wurden,
haben gezeigt, dass die Holzstrahlen das Holz da
Kohlenstoffspeicher Wald
Forschungspanorama
Klemens Schadauer, Peter Weiss
Der österreichische Wald speichert ca. 800 Millionen Marrakech im Jahr 2001 abgeschlossen. Seither haben
22
23
Literaturhinweis
Tonnen Kohlenstoff. Das entspricht der 40-fachen nahezu 100 Staaten das Protokoll ratifiziert. Damit
Menge der jährlichen Treibhausgasemissionen Öster- es in Kraft treten kann, muss auch noch Russland die Monographie 106
zuschnitt 8.2002
„Die Kohlenstoffbilanz des
reichs. Da im österreichischen Wald in den letzten Ratifizierung vornehmen. Damit würden diese Indu-
österreichischen Waldes
Jahrzehnten mehr Holz zugewachsen ist, als genutzt strieländer für die Verpflichtungsperiode 2008 – 2012 und Betrachtungen zum
wurde, hat dieser Kohlenstoffvorrat laufend zuge- verbindlichen Treibhausgasemissionszielen unterlie- Kyoto-Protokoll“ erhältlich
nommen. gen. bei der Umweltbundesamt
Während der letzten eineinhalb Dekaden entsprach Lösung derzeit noch nicht in Sicht GmbH
diese Zunahme etwa 15 Prozent der Treibhausgasemis- Die Emissionen an Treibhausgasen überschreiten jene Spittelauer Lände 5
sionen. Weltweit ist die Situation anders zu beurtei- Menge um ein Vielfaches, die stabile Kohlenstoff- A-1090 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 313 04-0
len. In tropischen Gebieten schreitet die Entwaldung senken aufnehmen können. Daher kann das Klima-
F +43 (0)1 ⁄ 313 04-54 00
weiterhin fort, womit beachtliche Kohlenstoffemis- problem letztlich nur durch eine deutliche Reduktion umweltbundesamt@
sionen an die Atmosphäre abgegeben werden. der CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern ubavie.gv.at
Das Problem der Senken gelöst werden. Das vereinbarte Reduktionsziel von www.ubavie.gv.at
Kohlenstoffsenken – wie der Wald oder die Weltmeere 5 % zwischen 1990 und 2008 bis 2012 durch die und einzusehen unter
– sind für die Bilanz des globalen Kohlenstoffkreis- Industrienationen ist also nur ein erster Schritt zur fbva.forvie.ac.at⁄ 050⁄ 1442.
laufes von großer Bedeutung. Derzeit können sie die Lösung des Problems. html
enormen Treibhausgasemissionen aus fossilen Brenn-
stoffen (Erdöl, Erdgas, Kohle) nur in sehr geringem
Ausmaß kompensieren. Es ist auch nicht vorhersehbar, Ein Kubikmeter Holz besteht unter anderem aus 250 Kilogramm
wie lange solche Waldsenken ihre Funktion aufrecht- Kohlenstoff, wofür der Wald der Luft immerhin 912 kg Kohlen-
erhalten werden. dioxid entzogen hat. Das Kohlendioxid, das durch den Betrieb
von sechs modernen Ölheizungen im Jahr freigesetzt wird, ist
Steigende Bevölkerungszahlen vermindern Waldflä-
in einem Blockhaus mit 40 Kubikmeter Holz gespeichert und
chen belastet damit die Umwelt nicht mehr. Eine 100jährige Buche
Der Bedarf an landwirtschaftlichen- und Siedlungs- entzieht der Atmosphäre im Laufe ihres Lebens etwa 1500 kg
flächen führt auf Grund steigender Bevölkerungszah- Kohlendioxid bzw. wandelt dieses in Holz um.
len weltweit gegenwärtig zu einer weiteren Vermin-
derung der Waldflächen. Durch Waldrodungen wird
der zuvor in den Bäumen und im Waldboden gespei-
cherte Kohlenstoff zum großen Teil freigesetzt.
Der Einsatz von Holz als Rohstoff ist hingegen koh-
lenstoffneutral, sofern es aus nachhaltiger Waldbe-
wirtschaftung gewonnen wird. Der Ersatz fossiler
Energieträger durch rezent und nachhaltig produzier-
te Biomasse stellt darüber hinaus eine anhaltende
Möglichkeit dar, die Zunahme der atmosphärischen
Kohlenstoffdioxidkonzentration zu verringern.
Die Bedeutung von Holzverwendung
Für die Frage, inwieweit Holz als Kohlenstoffspeicher
Dipl.-Ing. Dr. Peter Weiss
fungiert, ist dessen Verwendung von entscheidender Umweltbundesamt
Bedeutung. Hier sind die sogenannten „Umsatzzei- Spittelauer Lände 5
ten“ von Bedeutung, welche die Zeit von der Bindung A-1090 Wien
des Kohlenstoffes im Baum durch Fotosynthese und T +43 (0)1 ⁄ 313 04 -34 30
deren Abgabe an die Atmosphäre im Rahmen von T +43 (0)1 ⁄ 313 04 -37 00
Zersetzungsvorgängen oder Verbrennung umfasst. weissp@ubavie.gv.at
Der Einsatz von Holz in Bauwerken kann diese
Umsatzzeiten verlängern. Dipl.-Ing. Dr. Klemens Scha-
Das Kyoto-Protokoll dauer
In der Klimaschutzkonferenz in Kyoto (Japan) im Jahr Seit 2001 Leiter am Institut
1997 wurden erstmals international rechtlich verbind- für Waldinventur des Bun-
liche Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissio- desamtes und Forschungs-
nen festgesetzt. Ferner wird im Kyoto-Protokoll die zentrums für Wald (BFW)
Seckendorff-Gudent-Weg 8
Berücksichtigung des Waldes als Kohlenstoffsenke
A-1130 Wien
und die Möglichkeit zum Emissionshandel festge- T +43 (0)1 ⁄ 878 38 - 1223
schrieben. F +43 (0)1 ⁄ 878 38 - 1250
Der Prozess zur Festlegung vieler Detailbestimmun- klemens.schadauer@fbva.
gen wurde bei der 7. Vertragsstaatenkonferenz in bmlf.gv.at
Literatur zum Thema
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25
Effizient arbeitet, wer Vielfalt reduziert Effizienz durch Qualität
Rationalisieren bedeutet vereinfachen. Das ist ein In der Natur ist das quantitative Wachstum begrenzt.
Grundgesetz der Wirtschaft. Vielfalt in der Produktion Bäume wachsen nicht in den Himmel. Erst die quali-
zuschnitt 8.2002
führt zu Kleinserien. Kleinserien aber treiben die tative Weiterentwicklung der Waldökosysteme hat
Kosten in die Höhe. Großserien sind billiger. Wer 50 ihre Überlebensfähigkeit begründet. Eine entschei-
Häuser produzieren will, kann optimal produzieren, dende Ausprägung dieses qualitativen Wachstums
wenn alle Häuser vom gleichen Typ sind und nicht ist die Biodiversität der Natur. Sollte man diese
jedes Haus nach individuellem Plan hergestellt werden Erkenntnis nicht auch in der Wirtschaft prüfen?
muss. Die Vielfalt an Standorten in der Natur entspricht
Dieser Logik folgend hat der Mensch an manchen der Vielfalt an Zielgruppen unter den Konsumenten.
Orten Ordnung in die Natur gebracht – auch in den Wenn quantitatives Wachstum als Rationalisierung
Wald. Ein Hektar Fichtenaufforstung ist weit billiger nicht mehr möglich ist, dann muss eine andere
als die Aufforstung eines Hektars Mischwald. Es ist „Qualität“ der Effizienzsteigerung gesucht werden:
einfacher, 500 Festmeter Holz einer einzigen Baumart z.B. qualitatives Wachstum durch Differenzierung
zu verkaufen als 500 Festmeter von fünf verschiede- der Produktion nach Zielgruppen, Verfeinerung der
nen Baumarten zu vermarkten. Strukturen, Funktionsgerechtigkeit und Langlebig-
Vielfalt steht also zunächst einmal mit Wirtschaftlich- keit der Produkte.
keit im Widerspruch. „Holz ist genial.“ Das bedeutet für die Forst- und
Und gilt das schließlich nicht auch für Menschen? Holzwirtschaft Profilbildung durch kundenspezifische
Wird nicht ein Team, in dem alle der gleichen Mei- Differenzierung ihrer Produkte als Zeichen qualitati-
nung sind, als effizienter angesehen, als ein Team, ven Wachstums. Vielfalt als Tor zur Effizienz also.
in dem man sich mit Meinungsvielfalt herumschlagen Eine Verarmung auf der Rohstoffseite nach dem alten
muss? Konzept der Baumartenvereinheitlichung erscheint
in diesem Licht als Rückschritt. Die Baumartenvielfalt
Vielfalt als Strategie der Natur der österreichischen Wälder ist eine große Chance
Vielfalt andererseits scheint ein Grundprinzp der im Wettbewerb mit anderen Rohstoffen, sofern der
Natur zu sein: natürliche Baumartenreichtum von der Forst- und
_In den Wäldern Österreichs gibt es eine Vielzahl von Holzwirtschaft als Stärke begriffen wird. Der Baustoff
Tier- und Pflanzenarten – denken wir hier vor allem Holz tritt in verschiedenen Farben, Strukturen und
an die verschiedenen Baumarten. Das Österreichische Eigenschaften auf. Das gibt ihm Profil und Qualität.
Forstgesetz führt acht Nadelbaumarten und sieben- Was werden die künftigen Bedürfnisse der Menschen
unddreißig Laubbaumarten als „Holzgewächse“ an, sein? Welche Kriterien bestimmen die Sehnsucht des
die Wald im Sinne des Forstgesetzes bilden können. Menschen nach Lebensqualität? Gerade junge Men-
_Innerhalb der Arten gibt es genetische Variationen, schen erwarten sich Wälder, die möglichst naturnahe,
die wichtig sind für die Anpassungsfähigkeit der Arten. robuste und überlebensfähige Ökosysteme sind.
_Seit der letzten Eiszeit hat sich in Österreich eine Naturnahe Wälder haben tatsächlich einen unschätz-
Vielfalt an natürlichen Waldgesellschaften entwickelt, baren Wert. Einen Preis gibt die Wirtschaft allerdings
die durch verschiedene Baumartenmischungen nur dem Holz. Daher ist als nächster Schritt das
gekennzeichnet ist. Marketing der Baumartenvielfalt notwendig, will Baumartenverteilung im
Österreich seinen natürlichen Reichtum an Baumarten bewirtschafteten Wald
Warum all das? Erst die Vielfalt der Lebensformen hat nicht verlieren. Erst dann werden jene Wälder, die
andere Laubhölzer 11,1 %
Fichte 55,7 %
6,1 %
Lärche 4,4 %
Tanne 2,3 %
andere Nadelhölzer 0,7 %
Rotbuche 9,2 %
Eiche 2,0 %
eine optimale Anpassung an die unterschiedlichen heute künstlich und verarmt sind, in baumartenreiche
geologischen und klimatischen Verhältnisse ermög- Mischwälder umgewandelt werden. In der Biodiver-
Kiefer
licht. Zwischen dem sommerwarmen Osten Österreichs sität der Wälder und in der naturnahen Nutzung der
und den Hochlagen der Alpen hat sich eine große Vielfalt an Baumarten dürfte eine verborgene Chan-
Zahl natürlicher Waldgesellschaften entwickelt, um ce liegen, kundenorientiert zu wirtschaften.
das Überleben der Wälder zu sichern. Die Vegetati- PS: Die großen Waldschäden durch die Föhnstürme
onskunde unterscheidet in Österreich etwa 125 ver- im November haben eine Diskussion über die Scha-
schiedene natürliche Waldgesellschaften. Denken wir densursachen ausgelöst. Es gab Stellungnahmen,
an unsere Nadel- und Laubbaumarten. Ihre Eigen- die nicht in der Windstärke, sondern in den Mono-
schaften sind unterschiedlich – darin liegt ihre Kon- kulturen die Ursache dafür sehen wollen. Die öster- Univ. Prof. Dr. Josef Spörk
Unternehmensberatung für
kurrenzkraft und Überlebensfähigkeit begründet. reichische Forstwirtschaft entwickelt sich Schritt für
naturnahe Waldwirtschaft
Die Anpassungsmöglichkeiten erhöhen sich zusätzlich Schritt weg von Monokulturen, die nicht standortge- A-8563 Ligist 5
mit der Kombination unterschiedlicher Baumarten. mäß sind. Dieser Prozess, auch durch die Richtlinien T +43 (0)3143 ⁄ 31 80
Sehen wir diese Fakten als Erfahrungsschatz der Natur des staatlichen Fördersystems unterstützt, ist jedoch T +43 (0)1 ⁄ 470 92 29
oder als Ärgernis für die Forst- und Holzwirtschaft? noch lange nicht abgeschlossen. josef.spoerk@hebalm.at
Holzrealien
Edle Weine in Eichenfässern reifen zu lassen hat Tradition, über dem Feuer ausgebrannt, im „Toasting“ veredelt. Von bekannten Weinkellereien in Italien und vereinzelt sogar
erfordert handwerkliches Know-How auf höchstem Niveau. innovativen heimischen Winzern nachgefragt, werden nach Frankreich. Otto Kapfinger
Aus speziell ausgewählten Stämmen händisch gespalten, Barriques aus Weinviertler Eiche seit einigen Jahren auch
zu Brettern geschnitten, zwei Jahre im Freien getrocknet in Österreich wieder produziert. Der Trend zum Barrique
und ausgewaschen, werden die Dauben ge bunden, ist international. Fässer aus Österreich gehen auch zu
Holzrealien
Weihnachten. Vegetationskultische Reflexionen
27
26
Manfred Russo
packung des farbig leuchten-
In wenigen Wochen ist es wieder soweit: An überbor-
den Plastikchristbaumes:
denden und proteingeschwängerten Festtafeln bege-
zuschnitt 8.2002
Kerstboom
hen wir erneut unseren archaischen Vegetationskult, 80 cm, lichtgevend
in dessen Mittelpunkt jener ominöse Zauberbaum Pin
aus österreichischen Wäldern steht. Freilich, wen 80 cm, phosphorecent
erinnern Truthahn oder Karpfen noch daran, dass wir Weihnachtsbaum
hier ein Opfer zur Umkehrung des Todes in eine neue 80 cm, leuchtend
Arbol
Geburt zu Ehren des Saatgottes inszenieren? Wer
80 cm, luminoso
denkt beim Anblick der drei Könige vor der Plastik- Arvore
krippe noch an ihre Eigenschaft als Sterndeuter und 80 cm, luminada
wer vermutet beim Anbrennen der Wunderkerzen Christmas Tree
einen Rückfall in astralkultische Gewohnheiten, mit 80 cm, ultra bright
denen wir den anlässlich der Wintersonnenwende
lichtschwach gewordenen Gestirnen neue Kraft Facts zum Christbaum
Die protestantische Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg,
ver leihen wollen? Und verschweigen Sie Ihren Kin-
Gattin Erzherzog Karls, des Siegers von Aspern über Napoleon,
dern besser, dass die Beschenkung der Kleinen auf führte hierzulande einen alten Brauch aus ihrer rheinländi-
die Bräuche des Unschuldigkindleinstages zurückzu- schen Heimat ein. Sie schmückte am Weihnachtsabend des
führen ist, jene saturnalische Praxis der Klöster Jahres 1816 für ihr erstes Kind einen Christbaum mit zwölf
nämlich, einen Kinderbischof zu ernennen, der an Kerzen, für jeden Monat eine. Die Österreicher haben diesen
diesem Tage die Herrschaft über Schule, Kinder und Brauch innerhalb weniger Jahre übernommen, der Siegeszug
Klöster übernahm und mit kindlichem Gefolge die des Weihnachtsbaumes war nicht mehr aufzuhalten und im
Volksmund wurde Prinzessin Henriette bald zur „Christkindl-
Gaben wie eine Steuer eintreiben durfte. Denn diese
bringerin“.
Bescherung war symbolisch als Entschädigung für Heute haben von den 3 Millionen österreichischen Haushalten
den großen Kindsmord gedacht, der im Matthäuse- rund 2,2 Millionen jährlich einen Christbaum. Davon werden
vangelium beschrieben wird und von dem Befehl 1,7 Millionen gekauft und 500.000 verschenkt bzw. aus eigener
des Herodes zur Ermordung aller kleinen Kinder Produktion ver wendet. 28 Prozent aller Haushalte besitzen zu
Bethlehems handelt, so dass die heilige Familie zur Weihnachten keinen Christbaum, es sind dies vor allem Single-
Flucht nach Ägypten gezwungen wurde. Dieser Haushalte und Haushalte älterer Personen.
2⁄ 3 aller Christbäume sind Tannenarten, wie die Nordmanns-
Umzug des Kinderbischofs wurde übrigens im 13.
tanne, Weiß-, Silber- und Edeltannen, Riesen- oder Küstentan-
Jahrhundert auf das Nikolofest am 6. Dezember nen, während 1⁄ 3 Fichtenarten wie Blau- und Rotfichten sind.
verschoben und er selbst endete im 19. Jahrhundert Auch Plastikchristbäume sind beliebt, zwischen 1996 und 1999
in der Gestalt des Weihnachtsmannes auf einem ging der Kauf allerdings von 100.000 auf 40.000 Stück zurück.
Rentierschlitten. Angesichts der modernen Praxis Die vermarkteten Bäume kommen zu 20 Prozent aus dem
des Feierns wird man ohnehin wieder an die alte Ausland – hauptsächlich Nordmannstanne aus Dänemark und
Tradition der römischen Saturnalien erinnert, die am Deutschland – und zu 80 Prozent aus dem Inland. 96 Prozent
der Konsumenten glauben allerdings, einen heimischen Baum
17. Dezember begannen und am 24. Dezember den
gekauft zu haben. Eingekauft wird meist direkt beim Produzenten
Höhepunkt erreichten. Denn im Zeichen einer „ver- (36 Prozent am Hof, 37 Prozent am Verkaufsstand).
kehrten Welt“ und zweifellos im Sinne der alten 70 Prozent der heimischen Christbäume stammen aus speziell
Kultpraxis wird nun als Kontrastprogramm zur Fami- dafür angelegten Kulturen. Auf diesen Flächen werden vor
lienidylle am 24. Dezember in der Disco bei Techno, allem Tannen- und Fichtenarten angepflanzt, die wegen ihrer
Hip Hop und DJ- Music abgefeiert. Und wenn Sie dichten Benadelung und schönen Farbe beim Konsumenten
nach Vorbereitungsstress und Fressanfällen planmä- als Christbäume sehr begehrt sind. 30 Prozent kommen aus
dem Wald. Erstrebenswert wäre eine größere Produktivität
ßig in eine Weihnachtsdepression verfallen, so schla-
von nach ökologischen Grundsätzen gezüchteten Christbäumen.
ge ich zwei Erklärungsmodelle vor. Menschen mit Eine Reihe bereits erprobter, ökologischer Produktionsmetho-
Naturnähe und alpiner Neigung empfehle ich eine den erlaubt es einerseits, den Pflanzenschutz- und Düngemit-
Theorie von der unheimlichsten Zeit des Jahres: teleinsatz auf ein Minimum zu reduzieren, andererseits,
Denn wenn die wilde Jagd und ihre Toten durch die Christbäume in hoher Qualität kostengünstig zu produzieren.
Dörfer rasen und die Seelen der verstorbenen Kinder
auf den Friedhöfen irrlichtern, so kann dies nicht www.weihnachtsbaum.at
Die Homepage www.weihnachtsbaum.at, im Auftrag der
ohne Wirkung bleiben. Urbane Typen mit Neigung
Präsidentenkonferenz der österreichischen Landwirtschafts-
zur forcierten Selbsterfahrung seien daran erinnert, kammer erstellt, gibt einen Überblick über die österreichi- Dr. Manfred Russo
dass die Melancholie immer schon im Zeichen des schen Christbaumanbieter, liefert Zahlen und Fakten zum Lektor an der Universität
Saturn stand und es sei ihnen die Lektüre der ent- Weihnachtsbaum sowie Tipps zur richtigen Pflege und klärt Wien, Motivforscher und
sprechenden Schriften des Neoplatonikers Marsilio über Irrtümer auf. Red. Kultursoziologe, lebt in Wien.
Ficino angeraten.
Holz(an)stoß Vier Elemente. Ein
Geschenk für den Berg
Harald Schwinger
Herbert Golser Holz ist für den Bildhauer Egon Rubin der Energie- zu akzeptieren und bewusst einzusetzen“, so Beppo
Geboren 1960. Studium an träger schlechthin und diese Energie ist für ihn das Pliem. Seine Arbeit nennt sich Luftklang und ist eine
der Hochschule für ange- wichtigste für einen Dialog zwischen Künstler und Art Tor, an dem fünf Lärchenpflöcke hängen, die man
wandte Kunst und an der
Material. Rubin ist einer der vier Bildhauer, die für mit einem Holzschlegel zum Klingen bringen kann.
Akademie der bildenden
Künste in Wien.
den Villacher Hausberg, den Dobratsch, auch Villa- Auch die Werke der drei anderen Künstler sind als
cher Alpe genannt, Skulpturen aus Holz geschaffen eine Auseinandersetzung mit Elementarem, mit Feuer,
Alexander Josef Kandut haben. Wasser, Erde und Luft, zu verstehen. Aus diesem
Geboren 1962. Studium der Skulpturen für einen Berg? „Wir wollten dem Berg Grund hat man auch, wie Egon Rubin erklärt, bei der
Bildhauerei bei Prof. Bruno etwas zurückgeben. Unsere Werke sollen die elemen- Auswahl des Platzes auf seine spirituelle Kraft
Gironcoli und Studium der tare Kraft und Schönheit des Dobratsch verstärken geachtet. „Drei der Werke stehen unmittelbar auf
Philosophie und Theologie.
und bewusst machen“, argumentieren die Bildhauer. einer Kraftlinie, die durch die Arbeiten noch ver-
Beppo Pliem
Aktueller Anlass dafür war die Tatsache, dass der stärkt werden soll.“ Passend dazu hat Rubin in sei-
Geboren 1939. Ehemaliger Dobratsch heuer – passend zum Internationalen Jahr nem Werk „Feuer“ zugespitzte Stämme gegen die
Leiter der Internationalen der Berge – offiziell als erster Naturpark Kärntens Laufrichtung des Hanges aufgestellt, um so die Ener-
Sommerakademie für bilden- aus der Taufe gehoben wurde. Damit hat er als Nutz- gie des Berges aufzunehmen und zu kräftigen. Auf
de Kunst in Salzburg. Lebt in und Wirtschaftsberg – vor allem für den Wintertou- den Umstand, dass Wirtschaftstreibende und Touri-
St. Peter bei St. Jakob. rismus – endgültig ausgedient. Wo die Wirtschaft sten mitunter recht achtlos mit dem Platz umgehen,
sich als alleiniger „Sinngeber“ aus einem öffentlichen auf dem sie sich gerade bewegen, wollte Golser mit
Egon Rubin
Geboren 1944. Studium an
Raum zurückzieht bzw. zurückziehen muss, da hat seiner Skulptur „Erdreich“ aufmerksam machen,
der Akademie der bildenden sich die Kunst schon immer wohl gefühlt, denn hier indem er ein Stück Dobratsch-Erde mit gespaltenen
Künste in Wien. Lebt in hat sie die Möglichkeit, neue Sinne zu entdecken Lärchenstämmen eingefriedet hat. „Mir ging es
Göltschach bei Maria Rain. oder zu schaffen. darum, einen Teil aus dem Ganzen herauszuheben,
Zwei Wochen haben Rubin, Beppo Pliem, Herbert um so ein Bewusstsein für den Ort zu schaffen, an
Golser und Alexander Josef Kandut auf der Kaser-Alm dem man sich gerade bewegt“, erklärt Golser dazu.
Harald Schwinger am Dobratsch gelebt und gearbeitet. „Wir haben Holz stellt für ihn eine besondere Herausforderung
Geboren 1964. Studium der sämtliches Holzmaterial dem Dobratsch entnommen dar, weil man viel unmittelbarer und direkter in das
Anglistik⁄ Amerikanistik und geben es ihm in Form von Skulpturen wieder Material eingreifen kann.
und Medienkommunikation. zurück“, erklären die Künstler. Bei der Aufstellung der Kandut widmete seine Arbeit „Ewig Fließendes“
Schriftsteller und Mitarbeiter
Figuren wurde weder ein Betonsockel errichtet, noch einer Hauptaufgabe des Dobratsch, dem letztendlich
der Kleinen Zeitung Kärnten.
Seine Kurzgeschichten
wurde das verwendete Holzmaterial – vor allem ausschlaggebenden Grund, ihn nicht mehr als Wirt-
wurden u.a. in der Kärntner Lärche – präpariert oder haltbar gemacht. „Es war schaftsberg zu nutzen: schützenswertes Wasserreser-
Kulturzeitschrift eine schöne Idee, keine Werke für die Ewigkeit schaf- voir für die umliegenden Gemeinden zu sein. Eine
„Die Brücke“ veröffentlicht. fen zu wollen, sondern die Vergänglichkeit der Dinge dreiteilige, 13 Meter lange Skulptur aus Lärchenstäm-
men soll das Fließen des Wassers symbolisieren.