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Zirkler .

Führungsorientiertes US-amerikanisches
Management Accounting
~[?[P EDITION

Schri ftenreihe der

~l?~ _
KOSTENRECHNUNGS
PRAXIS RJI
ZEfOOß'T ClJfTllOOI«;

Herausgegeben von:

Prof. Dr. Wolfgang Männel


Universität ErIangen-Nürnberg

In der krp-Edition werden wichtige Ergebnisse der wissenschaftlichen


Forschung sowie bedeutende Weiterentwicklungen der Unternehmens-
praxis auf den Gebieten der Kostenrechnung und des Controlling ver-
öffentlicht.
Bernd Zirkler

Führungsorientiertes
US-amerikanisches
Management Accounting
Entwicklung - Aufgabenfelder - Spezifika

GABLER
Die Deutsche Bibliothek ~ CIP-Einheitsautilahme

Dissertation Universität Erlangen-Nürnberg, 200 I

Abonnenten der krp-Kostenrechnungspraxis, Zeitschrift tlir Controlling erhalten auf die


in der krp-Edition veröffentlichten Bücher 10% Rabatt.

I. Auflage Mai 2002

Alle Rechte vorbehalten

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2002


Ursp1Ünglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH. Wiesbaden. 2002
Lektorat: Jutta Hauser-Fahr/Brit Voges

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.


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und Verbreitung unserer Bücher wollen wir die llmwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem
und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschwei/3fölie besteht aus Polyäthylen und damit
aus organischen Grundstotfen, die weder bei der Iierstellung noch bei der Verbrennung Schadstotlc
freisetzen.
ISBN 978-3-409-11868-2 ISBN 978-3-322-96455-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-96455-7
v

Geleitwort

Während der zurückliegenden Jahre hat sich die Kostenrechnung zu einem werthaI-
tigen Instrument der Unternehmensführung entwickelt. Die Instrumente der Kosten-
rechnung wurden durch Konzepte des Kostencontrollings ergänzt. Aussagensysteme
des Kostenmanagements kamen hinzu, die darauf abzielen, Unternehmenserfolge
durch Strukturveränderungen zu steigern. Das Management großer Gesellschaften
und mittelständischer Unternehmungen kann heute auf einen umfänglichen Vorrat
führungsrelevanter Kostenrechnungsinstrumente zurückgreifen. Dieser Differenzie-
rung der Methoden steht die Anforderung nach Harmonisierung von internem und
externem Rechnungswesen gegenüber. Das Erfordernis einer rentabilitäts- und
wertorientierten Unternehmenssteuerung und die Einflüsse der anglo-amerikanisch
geprägten internationalen Rechnungslegung (US-GMP und lAS) zwingen die auf
den Produkt- und Kapitalmärkten agierenden Unternehmen dazu, Ergebnistranspa-
renz zu schaffen. Daher reicht ein unternehmensintern differenzierendes Deckungs-
beitragsmanagement nicht mehr aus. Ergebniscontroller, die sich auch den Fragen
externer Evaluierer stellen, beginnen damit, die Barrieren zwischen bilanzieller
Rechnungslegung und innerbetrieblicher Kostenrechnung abzubauen. Sie besinnen
sich auf die Vorteile des Einkreissystems, das im anglo-amerikanischen Rech-
nungswesen in Form des General Ledger-Konzeptes zentral verankert ist. Dieses
integrierte Rechnungssystem hat die Ausrichtung der US-amerikanischen Manage-
ment Accounting-Instrumente geprägt. Es erschien daher zweckmäßig, die Entwick-
lungsstufen und die wesentlichen Aufgabenfelder des in den USA sehr weit entwik-
kelten Management Accounting unter dem Blickwinkel der zuvor erwähnten Harmo-
nisierungserfordernisse erneut zu analysieren und zu beurteilen. Dieser Aufgabe hat
sich Dipl.-Kfm. Dr. Bernd Zirkler gestellt. Er hat die einschlägigen Schriften der an-
glo-amerikanischen Fachliteratur sorgfältig ausgewertet und die so gewonnenen Er-
kenntnisse anlässlich eines Studienaufenthaltes an der Harvard Business School der
Harvard University ergänzt. Die Monographie informiert den interessierten Controller
vor allem über schlanke Lösungen zur Plan kostenrechnung, Abweichungsanalyse,
Produktkostenkalkulation und Deckungsbeitragsrechnung (Gewinnschwellenanaly-
se ). Das Rechnen mit entscheidungsrelevanten Kosten- und Ergebnisinformationen
steht dabei durchgängig im Vordergrund.

Professor Dr. rer. pol. Wolfgang Männel


VII

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist das Produkt meiner Forschungsarbeiten zum theoretischen
US-amerikanischen Management Accounting als Assistent und Doktorand am Lehr-
stuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen und öffentliche
Betriebe der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie wurde von der
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät Anfang 2001 als Dissertation
angenommen.

Mein Dank gilt allen, die mich während meiner Promotionsphase mit Rat und Tat
begleitet und unterstützt haben. Dieser gebührt vor allem meinem akademischen
Lehrer Prof. Dr. Wolfgang Männel. Sein Gedanke war es, eine Literaturarbeit zum
klassischen US-amerikanischen Management Accounting zu schreiben. Um die not-
wendige Recherche US-amerikanischer Originalliteratur vorzunehmen, ermöglichte
mir Prof. Männel einen Forschungsaufenthalt an der Harvard Business School der
Harvard University in Boston, USA. Für diese frühzeitige Unterstützung sowie seine
ständige wissenschaftliche Begleitung bin ich ihm zu großem Dank verpflichtet.
Herrn Prof. Dr. Harald Hungenberg danke ich für die Übernahme des Korreferates.

Meinen Kollegen und Freunden am Lehrstuhl und einigen weiteren Mitarbeitern an


der Nürnberger Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät danke ich für die
ausgezeichnete Zusammenarbeit sowie für zahlreiche kritische Fachdiskussionen
und auch lustige Stunden, die wir zusammen verbracht haben. Den Damen Dipl.-Kff.
Andrea Kämmler und Elfriede Wagner sowie den Herren Dipl.-Kfm. Roland Dietrich,
Dipl.-Kfm. Andreas Engel, Dipl.-Kfm. Jörg Mailer, Dipl.-Kfm. Kai Nobach, Privatdo-
zent Dr. Jochen Pampel, Dr. Frank Reiners, Dr. Klaus Rösgen und Dr. Alexander
Sasse fühle ich mich in diesem Sinne verbunden. Herrn Dipl.-Hdl. Dipl.-Bw. (FH)
Ludwig Bauer gilt mein besonderer Dank für die akribische Enddurchsicht des Ma-
nuskriptes. Danken möchte ich ferner Herrn cand. rer. pol. Gerhard Hambusch für
die Umsetzung einer Vielzahl von Abbildungen und die gewissenhafte Erledigung
von Formatierungsarbeiten.

Mein herzlichster Dank gilt schließlich meiner Familie. Die bedingungslose Unterstüt-
zung und Liebe meiner Eltern gaben mir die Motivation und die Kraft für die Promoti-
on. Die vorliegende Arbeit ist in liebevollem Gedenken meinem Vater und in großer
Dankbarkeit meiner Mutter gewidmet.
Dr. Bernd Zirkler
Inhaltsverzeichnis IX

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ XVII

Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................ XXI

Einführung ................................................................................................................. 1

I. Anliegen ............................................................................................................... 1

11. Aufbau der Arbeit ................................................................................................. 3

I. Teil: Spezifika, Entwicklungslinien und bedeutsame Grundpositionen des


US-Management Accounting

1. Kapitel: Grundlegende systembildende Spezifika des


US-amerikanischen Rechnungswesens ............................................ 12

I. Abgrenzung von Accounting, Financial Accounting und


Management Accounting ................................................................................... 12
A. Das externe Rechnungswesen: Financial Accounting ................................ 14
B. Das interne Rechnungswesen: Management Accounting und
Cost Accounting .......................................................................................... 17

11. Das US-amerikanische Einkreissystem bzw. General Ledger Konzept.. ........... 19


A. Wesen und Bedeutung des Einkreissystems .............................................. 19
B. Zentrale Implikationen des General Ledger Konzeptes für das
US-amerikanische Rechnungswesen ......................................................... 21

111. Definition grundlegender Termini des Management Accounting ........................ 22

IV. Grundlegende Theorieansätze: Die Basic Theories of Accounting .................... 26


A. Proprietary Theory ...................................................................................... 28
B. Entity Theory ............................................................................................... 29
C. Fund Theory ............................................................................................... 30
D. Commander Theory .................................................................................... 32
x Inhaltsverzeichnis

2. Kapitel: Entwicklungsstufen des US-amerikanischen


Management Accounting im 20. Jahrhundert ................................... 34

I. Die Wurzeln des Management Accounting bis zum 20. Jahrhundert ................. 34

11. True Cost Approach ........................................................................................... 35


A. Scientific Management ............................................................................... 36
1) Das Scientific Management als Wegbereiter der
Plankostenrechnung ............................................................................ 37
2) Die Maschinenstundensatzrechnung (Machine Hour Rate
Costing) als Ausfluß des Scientific Management.. ............................... 40
3) John M. Clark: Different Costs for Different Purposes als
zeitlich korrespondierende Grundposition ............................................ 42
B. Management Control .................................................................................. 45
1) Implikationen des ROI-Konzeptes für das
Management Accounting ..................................................................... 46
2) Flexible Budgets, Umsatzberichte und Abweichungsanalysen ............ 48
3) William J. Vatter: Der Management Viewpoint, vom Cost Accounting
zum Management Accounting als korrespondierende
Grundposition ...................................................................................... 49
C. Zwischenfazit zum True Cost Approach ..................................................... 55

111. Relevant Cost Approach .................................................................................... 58


A. Direct Costing und Contribution Margin Approach ...................................... 59
1) Grundmethodik des Direct Costing ...................................................... 60
2) Kritische Diskussion des Direct Costing als
Bestandsbewertu ngskonzeption .......................................................... 61
B. Management Accounting und Operations Research .................................. 65
C. Information Economics Approach (Informationsökonomie) ......................... 68
1) Rechenzwecke im Rahmen der Informationsökonomie ....................... 69
2) Entwicklungsstufen der Informationsökonomie .................................... 71
a) Decision Theory Model (Single Person Information
Economics Approach) .................................................................. 71
b) Syndicate Theory .......................................................................... 71
c) Information Evaluator - Decision Maker Theory ........................... 72
d) Team Theory ................................................................................ 72
e) Demand Revelation Theory .......................................................... 73
f) Agency Theory ............................................................................. 74
g) Theory of the Firm based on Transaction Costs ........................... 76
In haltsverzeich nis XI

3) Implikationen der Informationsökonomie für das


Management Accounting ..................................................................... 76
D. Technology Accounting und Nonfinancial Performance
Measurement .............................................................................................. 78
1) Zurechnung von Technologiekosten auf Produkte .............................. 79
2) Leistungsorientierte Abschreibung ...................................................... 82
3) Differenzierte technologiebezogene Bezugsgrößen
(Technology Cost Drivers) ................................................................... 83
4) Integration qualitativer Leistungsindikatoren (Nonfinancial
Performance Measurement) ................................................................ 84
E. Zum Relevant Cost Approach korrespondierende Grundpositionenen ....... 85
1) Charles T. Horngren: Der Cost-Benefit Approach und der Relevant
Cost Approach - Primat des Decision Making ..................................... 85
2) Gordon Shillinglaw: Das Concept of Attributable Cost und das
Composite Profit Concept. ................................................................... 90

IV. Relevance Lost: Schwachstellenanalyse aufgrund veränderter


Systembedingungen .......................................................................................... 97
A. Fehlallokationen aufgrund des vollkostenorientierten
Inventory Cost Accounting .......................................................................... 97
B. Mangelnde Zeitnähe der vom Financial Accounting dominierten
Informationen des Management Accounting (Problem ofTimeliness) ...... 102

V. Relevance Regained: Neuorientierung des Management Accounting ............. 103


A. Verstärkte Ausrichtung auf wettbewerbs kritische Ressourcen:
Der Resource Based View of the Firm ...................................................... 106
B. KostensteIlenbezogene Wirtschaftlichkeitskontrolle
(Process Control Systems) ....................................................................... 108
C. Neuausrichtung von Produktkostenkalkulationen
(New Systems for Product Costing) .......................................................... 110
D. Activity Based Costing (ABC) ................................................................... 112
E. New Performance Measurement Systems: The Balanced Scorecard ...... 113
XII Inhaltsverzeichnis

11. Teil: Aufgabenfelder des Management Accounting und Zuordnung des


korrespondierenden methodischen Instrumentariums

3. Kapitel: Betriebsabrechnung (Cost Allocation) ............................................ 119

I. Grundbegriffe der Cost Allocation .................................................................... 119

11. Zwecke der Betriebsabrechnung (Major Purposes of Cost Allocation) ............ 122

111. Das Three Stage Concept of Cost Allocation (Verrechnungsstufen-


konzept) ........................................................................................................... 124

IV. Methoden der Verrechnung der Kosten innerbetrieblicher Leistungen


(Methods of Allocating Service Department Costs) .......................................... 128
A. Grundmethodik ......................................................................................... 129
B. Auf spezifische Leistungsströme abstellende Methoden zur
innerbetrieblichen Leistungsverrechnung ................................................. 131

V. Beziehungen der Cost Allocation zum Product Costing ................................... 133

VI. Beurteilung der Spezifika der US-amerikanischen Cost Allocation .................. 135

4. Kapitel: "Kostenplanung" (Cost Estimation) ................................................ 138

I. Wesen und Bedeutung der Cost Estimation .................................................... 138

11. Grundannahmen und konzeptionelle Grundlagen der Cost Estimation ........... 139

111. Methods of Determining Cost Variability (Kostenspaltungsmethoden) ............ 143


A. Buchtechnische Kostenspaltung (Account Classification) ........................ 146
B. Planmäßig-analytische Kostenspaltung (Engineering Method) ................. 149
C. Mathematisch-statistische Kostenspaltung
(Mathematical, Statistical Analysis) .......................................................... 150

IV. Planung von Verwaltungskosten (Administrative Expenses) und


Vertriebskosten (Distribution Expenses) in der Logik des
Responsibility Accounting ................................................................................ 153

V. Standard Cost Accounting Systems (Plankostenrechnungskonzepte ) ............ 155

VI. Beurteilung der Spezifika der US-amerikanischen Cost Estimation ................. 159
Inhaltsverzeichnis XIII

5. Kapitel: Produktkostenkalkulation (Product Costing) .................................. 162

I. Wesen und Bedeutung der US-amerikanischen Produktkostenkalkulation ..... 162


A. Ermittlung bilanzieller Herstellungskosten (Original Cost) ........................ 163
B. Grundlegende Kalkulationsarten ............................................................... 165

11. Voll kosten- oder Teilkostenkalkulationen


(Direct versus Absorption Costing) .................................................................. 166

111. Nach Fertigungstypen differenzierende US-amerikanische


Kalkulationsverfahren ...................................................................................... 168
A. Job Order Costing (Zuschlagskalkulation) ................................................ 169
1) Grundmethodik .................................................................................. 169
2) Over- or Underapplied Factory Overhead als Besonderheit.. ............ 172
B. Process Costing (Divisionskalkulation) ..................................................... 176
1) Verfahren der Divisionskalkulation in der deutschen Literatur
als Bezugsrahmen ............................................................................. 176
2) US-amerikanisches Process Costing als durchwälzende
Divisionskalkulation ........................................................................... 177
C. Joint Product Costing (Kuppelproduktkalkulation) .................................... 180
1) Objektbereich der Kuppelproduktkalkulation ..................................... 181
2) Rechenzwecke der Kuppelproduktkalkulation ................................... 182
3) Verfahren der Kuppelproduktkalkulation ............................................ 185
a) Sales Value Method ................................................................... 186
b) Physical Measures Method ........................................................ 187
c) Kuppelproduktkalkulationen für Nebenprodukte ......................... 188
d) Zwischenfazit zur Kuppelproduktkalkulation ............................... 192

IV. Leistungsorientierte Kalkulationsverfahren auf Basis des


Activity Based Costing ..................................................................................... 193
A. Unterschiede des US-Activity Based Costing zur
deutschen Prozeßkostenkalkulation ......................................................... 193
B. Aufbau der US-amerikanischen Prozeßkostenkalkulation
(Activity Based Costing Le.S.) .................................................................... 194
C. Beurteilung der Spezifika der
Activity Based Costing-Prod uktkostenkalkulation ......................................20 1

V. Beurteilung der Spezifika des US-amerikanischen Product Costing ................ 202


XIV Inhaltsverzeichnis

6. Kapitel: Operatives Controlling (Planning and Control) ................................ 205

I. Wesentliche Teilgebiete des Planning and Contral. ......................................... 205

11. Kosten, Erlös- und Ergebniscontralling (Budgetary Contral) ............................ 206


A. Das Master Budget als umfassender Kosten-, Erlös-, Ergebnis-
und Liquiditätsplan .................................................................................... 208
B. Kostencontrolling (Expense Budgeting and Control) ................................ 211
1) Variatorenrechnung (Variable Percentage Approach) ....................... 211
2) Ermittlung der Plankostensätze (Standard Costs) ............................. 212
C. Erlös- und Ergebniscontralling (Prafit Budgeting and Contrai) .................. 215

111. Differenzierende Deckungsbeitragsrechnungen .............................................. 216

IV. Variance Analysis and Investigation (Abweichungsanalyse) ........................... 218


A. Grundlagen der Abweichungsanalyse ...................................................... 219
1) Die alternative Abweichungsanalyse ................................................. 222
2) Die kumulative Abweichungsanalyse ................................................ 223
B. Das Level-Konzept zur starren und flexiblen Ermittlung von
Ergebnisabweichungen nach Shank und Churchill ................................... 225
1) Level 0 und Level 1 Analysen als starre Konzepte ............................ 226
2) Level 2 Analyse als Grundkonzept der flexiblen
Abweichungsanalyse ......................................................................... 229
3) Level 3 Analyse als stärker differenzierendes flexibles Konzept ....... 236
4) Level 4 Analyse als stärkste Differenzierungsform ............................ 237
C. Beurteilung der Spezifika der US-amerikanischen Variance Analysis ...... 239

V. Beurteilung der Spezifika des US-amerikanischen Planning and Control ........ 240

7. Kapitel: Entscheidungsunterstützung (Decision Making) ............................ 243

I. Wesen und Bedeutung des Decision Making .................................................. 243

11. "Gewinnschwellenanalysen" (Cost-Volume-Prafit Analyses) ........................... 245


A. Grundmodell der Cost-Volume-Prafit Analysis .......................................... 248
B. Konzeptionelle Spezifika der Cost-Volume-Prafit Analysis ....................... 252
1) Die Sicherheitsmarge (Margin of Safety) ........................................... 256
2) Die relative Gewinnchance bzw. das relative Verlustrisiko
(Operating Leverage) ........................................................................ 256
Inhaltsverzeichnis xv

3) Die Erweiterte Gewinnschwellenanalyse


(Hip Roof ProfiWolume Chart) .......................................................... 257
4) Simulationsrechnungen (Comparative Analysis) ............................... 259
C. Beurteilung der Spezifika der US-amerikanischen
Cost-Volume-Profit Analysis ..................................................................... 264

111. Behavioral Accounting und Human Ressource Accounting


(Integration verhaltenswissenschaftlicher Ansätze) ......................................... 265
A. Der Contingency Approach als theoretischer Rahmen des
Behavioral Accounting .............................................................................. 267
B. Das Contingency Framework von Gordon und Miller ............................... 268
C. Praktische Anwendungsfelder des Behavioral Accounting ....................... 270
1) Unterstützung betrieblicher Anreizsysteme ....................................... 270
2) Unterstützung des Budgetary Control. ............................................... 271
3) Data Fixation ..................................................................................... 274
D. Beurteilung der Spezifika des US-amerikanischen
Behavioral Accounting .............................................................................. 277

IV. Beurteilung der Spezifika des US-amerikanischen Decision Making ............... 278

8. Kapitel: Zusammenfassende Darstellung bedeutsamer Spezifika


des US-Amerikanischen Management Accounting und
Ausblick .............................................................................................. 281

I. Abrechnungstechnische und organisatorische Kernspezifika .......................... 281


A. General Ledger Konzept als abrechnungstechnische Grundlage ............. 281
B. Profit-Center-Konzept als organisatorische Grundausrichtung ................. 282

11. Spezifische Implikationen des General Ledger Konzeptes und der


Profit-Center-Organisation ............................................................................... 283
A. Prinzip des periodengerechten Erfolgsausweises .................................... 284
B. Grundsätzlicher Verzicht auf das Rechnen mit kalkulatorischen
Kosten als Besonderheit auf der Kostenartenebene ................................. 284
C. Besonderheiten mit primärem Bezug zur KostensteIlenebene ................. 285
1) Implikationen der vergleichsweise gröberen Organisation und
Abbildung der Ressourcenbereiche ................................................... 285
2) Einfache buchtechnische Kostenspaltung
(Account Classification) ...................................................................... 286
D. Besonderheiten mit primärem Bezug zur Kostenträgerebene .................. 286
1) Dominante Ausrichtung auf die vollkostenorientierte Produkt-
kostenkalkulation in der Logik des Absorption Costing Approach ..... 286
XVI Inhaltsverzeichnis

2) Konsequent durchgängiges Rechnen mit Standard kosten ................ 287


3) Bezugsgrößendifferenzierung und Leistungsorientierung als
Folge des Activity Based Costing ...................................................... 289
E. Besonderheiten mit primärem Bezug zur Ergebnisrechnung .................... 290
1) Relativ undifferenzierte, jedoch pragmatisch schlanke Deckungs-
beitragsrechnungen ........................................................................... 290
2) Ergebnisorientierte Budgetingkonzepte und Abweichungs-
analysen ............................................................................................ 291
F. Weitere bedeutsame Spezifika ................................................................. 292
1) Hoher Anteil an Sonderauswertungen gegenüber
Routinerechnungen ........................................................................... 292
2) Implikationen der obligatorischen Quartalsberichterstattung ............. 292
3) Vergleichsweise unpräzisere Fachterminologie ................................. 293

111. Ausblick ............................................................................................................ 294

Literaturverzeichnis .............................................................................................. 296


Abbildungsverzeichnis XVII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 0.1: Aufgabenfelder des US-Management Accounting ......................... 10

Abbildung 0.2: Grundstruktur der Arbeit ................................................................ 11

Abbildung 1.1: Teilgebiete des US-amerikanischen Accounting ........................... 13

Abbildung 1.2: Beziehungszusammenhang zwischen Management


Accounting, Financial Accounting und Cost Accounting ................ 19

Abbildung 1.3: Einordnung des General Ledger in das Accounting System ......... 22

Abbildung 1.4: Einordnung des Kosten- bzw. Aufwandsbegriffes im


US-amerikanischen Management Accounting ............................... 25

Abbildung 1.5: Basic Theories of Accounting ........................................................ 27

Abbildung 2.1: Elemente des Factory Cost Accounting im


Scientific Management .................................................................. 42

Abbildung 2.2: Kostenzurechnungsprinzipien nach Clark (1923) .......................... 44

Abbildung 2.3: Kostentypologie nach Clark (1923) ................................................ 44

Abbildung 2.4: Einfache Planergebnisrechnung in der Struktur des


Income Statement ......................................................................... 51

Abbildung 2.5: Vatters Position Budget als Vorstufe des Master Budget.. ............ 53

Abbildung 2.6: Vatters Management Viewpoint und seine Implikationen .............. 55

Abbildung 2.7: Elemente des frühen Management Control ................................... 58

Abbildung 2.8: Paradigmenstreit über die Bestandsbewertungskonzeption .......... 63

Abbildung 2.9: Grundpositionen zum Direct versus Absorption Costing ............... 64

Abbildung 2.10: OR-Einsatz in US-amerikanischen Unternehmen (1967) .............. 67

Abbildung 2.11: Rechenzwecke im Rahmen des Information Economics


Approach ....................................................................................... 70

Abbildung 2.12: Entwicklungsstufen des Information Economics Approach ........... 75


XVIII Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.13: Abschreibungsbemessung nach dem Technology Accounting ..... 81

Abbildung 2.14: Horngrens Cost-Benefit Approach und seine Implikationen .......... 90

Abbildung 2.15: Implikationen des Concept of Attributable Cost nach


Shillinglaw ...................................................................................... 94

Abbildung 2.16: Composite Profit Concept nach Shillinglaw ................................... 95

Abbildung 2.17: Traditionelles US-amerikanisches Inventory Cost Accounting .... 100

Abbildung 2.18: Entwicklungsstufen und Informationsquellen des


US-amerikanischen Managements nach Johnson ...................... 105

Abbildung 2.19: Entwicklung des Activity Based Costing in den USA ................... 114

Abbildung 2.20 Balanced Scorecard .................................................................... 117

Abbildung 3.1: Grundbegriffe der Cost Allocation (Betriebsabrechnung) ............ 122

Abbildung 3.2: Major Purposes of Cost Allocation ............................................... 124

Abbildung 3.3: Three Stage Concept of Cost Allocation ...................................... 128

Abbildung 3.4: Gesamtleistungsbezogene Verfahren zur innerbetrieblichen


Leistungsverrechnung in den USA und Deutschland .................. 133

Abbildung 4.1: Beziehung der Cost Estimation zu anderen Aufgabenfeldern


des Management Accounting ...................................................... 143

Abbildung 4.2: US-Kostenkategorien nach der Kostenreagibilität ....................... 145

Abbildung 4.3: US-amerikanische Verfahren der Kostenspaltung ....................... 146

Abbildung 4.4: Gründe für die Präferenz der Account Classification ................... 148

Abbildung 4.5: Grundaufbau der General Ledger bezogenen


Expense Budgets im Profit Center Konzept ................................ 149

Abbildung 4.6: Theoretischer Stellenwert der Kostenspaltungsmethoden .......... 152

Abbildung 4.7: Terminologie und Teilgebiete der


US-amerikanischen Plankostenrechnung .................................... 157

Abbildung 4.8: Merkmale und Spezifika der US-amerikanischen


Cost Estimation ........................................................................... 161
Abbildungsverzeichnis XIX

Abbildung 5.1: Rechenzwecke der US-amerikanischen


Produktkostenkalkulation (Product Costing) ................................ 163

Abbildung 5.2: Herstellungskosten nach HGB, US-GAAP und lAS ..................... 164

Abbildung 5.3: US-amerikanische Grundkonzeptionen der


Produktkostenkalkulation ............................................................. 168

Abbildung 5.4: Identifikationsmerkmale des Job Order Costing .......................... 169

Abbildung 5.5: General Ledger Kontenbeziehungen des Job Order Costing ...... 175

Abbildung 5.6: Grundmethodik der US-amerikanischen


Divisionskalkulation (Process Costing) ........................................ 178

Abbildung 5.7: Objektbereich der US-amerikanischen


Kuppelproduktkalkulation ............................................................ 181

Abbildung 5.8: US-amerikanische Verfahren der Kuppelproduktkalkulation


[Joint Product Costing (i.w.S.)] .................................................... 186

Abbildung 5.9: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von


Activity Based Costing und Prozeßkostenrechnung .................... 195

Abbildung 5.10 Activity Based Costing bei Volumenunterschieden ...................... 199

Abbildung 5.11 Activity Based Costing bei Produktgrößenunterschieden ............ 200

Abbildung 6.1: Wesentliche Teilbereiche des Planning and Control ................... 206

Abbildung 6.2: Gründe für die zentrale Stellung des Budgeting im


Management Accounting ............................................................. 208

Abbildung 6.3: Aufbau des Master Budget .......................................................... 209

Abbildung 6.4: Segment Margin Approach .......................................................... 218

Abbildung 6.5: Beziehungszusammenhang von Standard Costing,


Expense Budgeting und Variance Analysis ................................. 221

Abbildung 6.6: Level 0-1 Analysis ........................................................................ 228

Abbildung 6.7: Flexible Budget of Operating Income .......................................... 230

Abbildung 6.8: Level 2 Analysis ........................................................................... 233

Abbildung 6.9: Phänomen der Incidental Variation ............................................. 235


xx Abbildungsverzeichnis

Abbildung 6.10: Merkmale und Besonderheiten des US-amerikanischen


Planning and Contra I ................................................................... 242

Abbildung 7.1: Wesensmerkmale der Grundvarianten der


Cost-Volume-Profit Analysis ........................................................ 250

Abbildung 7.2: Konzeptionelle Spezifika der Cost-Volume-Prafit Analysis .......... 255

Abbildung 7.3: Erweiterte Gewinnschwellenanalyse


(Hip Roof PrafiWolume Chart) .................................................... 258

Abbildung 7.4: CVP-Simulationsrechnung (Comparative Analysis) ..................... 261

Abbildung 7.5: CVP-Simulationsrechnung unter Berücksichtigung


von Unsicherheit und Risiko ........................................................ 263

Abbildung 8: Wesentliche Spezifika des US-amerikanischen


Management Accounting ............................................................. 295
Abkürzungsverzeichnis XXI

Abkürzungsverzeichnis

AAA American Accounting Association


ABC Activity-based Costing
AICPA American Institute of Certified Public Accountants
AktG Aktiengesetz
APB Accounting Principles Board
ARB Accounting Research Bulletin
ASME American Society of Mechanical Engineers
Aufl. Auflage
CAP Committee on Accounting Procedures
CAD Computer Aided Design
CAM Computer Aided Manufacturing
CAM-I Computer Aided Manufacturing-International, Incorporation
CMS Cost Management System
CPA Certified Public Accountant
d.h. das heißt
FASB Financial Accounting Standards Board
FEI Financial Executives Institute
GAAP Generally Accepted Accounting Principles
GmbHG Gesellschaft mit beschränkter Haftung-Gesetz
GuV Gewinn- und Verlustrechnung
HBR Harvard Business Review
Hrsg. Herausgeber
lAS International Accounting Standards
i.d.R. in der Regel
Jg. Jahrgang
krp Kostenrechnungspraxis
NAA National Association of Accountants
NACA National Association of Cost Accountants
o. Jg. ohne Jahrgang
ROI Return on Investment
SEC Securities and Exchange Commission
XXII Abkürzungsverzeichnis

SFAC Statements of Financial Accounting Concepts


SFAS Statements of Financial Accounting Standards
s.o. siehe oben
SOP Statement of Position
U.S. / US / USA United States of America
z.B. zum Beispiel
z.T. zum Teil
Einführung 1

Einführung

I. Anliegen

In der vorliegenden Arbeit werden Rechenzwecke und Methoden des US-


amerikanischen Management Accounting systematisiert und analysiert. Als Mana-
gement bzw. Managerial Accounting wird im anglo-amerikanischen Sprachraum das
interne Rechnungswesen bezeichnet. Primärer Untersuchungsgegenstand in diesem
Kontext sind also die durch die Unternehmensführung determinierten Informations-
anforderungen an das betriebliche System der mengen- und wertmäßigen Erfas-
sung und Überwachung des betrieblichen Leistungserstellungs- und -verwer-
tungsprozesses sowie das Methodenpotential, das die wissenschaftliche Literatur1
zur Generierung dieser Informationen bereithält.
Da das US-amerikanische Rechnungswesen dem sogenannten Einkreissystem
folgt, d.h. keine abrechnungstechnische Trennung von externem und internem
Rechnungswesen vornimmt, erfolgt die Aufbereitung dieser Führungsinformationen
auf derselben Basis wie die Erstellung des Financial Statement, dem Äquivalent
zum deutschen handelsrechtlichen Jahresabschluß. Diese Basis stellt das soge-
nannte General Ledger dar, ein umfassendes Hauptbuch, das in sachlicher Ord-
nung die Konten enthält, die für Balance Sheet (Bilanz) und Income Statement (Ge-
winn- und Verlustrechnung) benötigt werden 2 . Aus diesem Grund ist auch eine
grundlegende Auseinandersetzung mit dem Financial Accounting (externes Rech-
nungswesen) unerläßlich - schließlich determiniert die gemeinsame Informations-
grundlage des General Ledger die Aussagekraft des führungsorientierten Manage-
ment Accounting 3 .

1 Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf die Literaturanalyse, d.h. es werden keine empirischen
Untersuchungen über die praktische Übung in US-amerikanischen Firmen durchgeführt.
2 Zur Konzeption des General Ledger vgl. OEHLER, Karsten: Das General Ledger-Konzept in
Rechnungswesen und Controlling - in: Controlling, H. 5, 9. Jg. (1997), S. 356-361.
3 In Deutschland wird das konventionelle Zweikreissystem mittlerweile kritisiert. In der Fachliteratur
findet sich oftmals die Forderung nach einer Reintegration bzw. Konvergenz der Rechenkreise,
vgl. MÄNNEL, Wolfgang: Reorganisation des führungsorientierten Rechnungswesens durch Inte-
gration der Rechenkreise, in: krp, 41 . Jg. (1997), S. 9-19 und die dort angegebene Literatur.
2 Einführung

Bislang wurden bereits mehrere Untersuchungen zum spezifisch US-amerikanischen


internen Rechnungswesen im deutschen Sprachraum durchgeführt. Insbesondere
sei hier auf die Arbeiten von Ludwig H. Bertsch 4 , Ernst Herzog 5 , Wolfgang Kil-
ger6 , Hanns-Martin W. Schoenfeld 7 und Karl Weber8 verwiesen. Diese Untersu-
chungen sind entweder als knapper Überblick über die Konzepte und den Entwick-
lungsstand des Management Accounting angelegt (Bertsch, Herzog, Schoenfeld)
oder sie gehen detailliert auf spezifische Rechnungszwecke und Aufgabenfelder ein
(Weber).
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, einen geordneten Überblick über das Feld
des gesamten klassischen Management Accounting zu geben. Damit soll die Arbeit
als Bestandsaufnahme von zentralen Entwicklungslinien und Konzepten des in-
ternen US-amerikanischen Rechnungswesens verstanden werden. Hiermit soll ei-

4 Vgl. BERTSCH, Ludwig H.: Zum Stand des Controlling in den USA, in: MAYER, Elmar - Jürgen
WEBER (Hrsg.): Handbuch Controlling, Stuttgart 1990, S. 655-670 .. Bertsch geht insbesondere auf
das operative und strategische Controlling sowie auf Änderungseinflüsse auf Controlling-Konzept
und -Funktion ein.
Vgl. HERZOG, Ernst: Neuere Entwicklungen der Kostenrechnung in den USA, in: MÄNNEL, Wolf-
gang (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 338-347; vgl. auch HERZOG,
Ernst: Stand und Entwicklungstendenzen des innerbetrieblichen Rechnungswesens in den USA, in:
SCHEER, August-Wilhelm (Hrsg.): Rechnungswesen und EDV, Heidelberg 1989, S. 313-326.
Herzog erörtert namentlich das CAM-I Cost Management System (CMS) Conceptual Design und
seine Implikationen für die weitere Entwicklung des Management Accounting.
Vgl. KILGER, Wolfgang: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. Aufl.
Wiesbaden 1993, insbesondere S. 33-36 und 64-67. Kilger diskutiert zum einen die Entwicklung
des US-amerikanischen Standard Cost Accounting und Direct Costing. Zum anderen werden bei
der Erörterung der theoretischen Grundlagen der Plankostenrechnung sowie der Kostenplanung
und -kontrolle durchgängig Bezüge zu US-amerikanischen Konzepten hergestellt.
Vgl. SCHOENFELD, Hanns-Martin W.: Entwicklung des Management Accounting in den USA, in:
MÄNNEL, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 348-359. Schoen-
feld gibt einen knappen Überblick über Begriff, Entwicklung, Konzepte und Zukunftsperspektiven
des Management Accounting.
Vgl. WEBER, Karl: Amerikanische Standardkostenrechnung, Winterthur 1960 und WEBER, Karl:
Amerikanisches Direct Costing, Bem und Stuttgart 1964. Weber behandelt die Entwicklung und
Verfahren der US-amerikanischen Konzepte der Standardkostenrechnung und (in seiner Habilitati-
onsschrift) des Direct Costing. Beide Werke fokussieren insofern auf ausgewählte Aufgabenfelder,
die jedoch mit beeindruckender Akribie analysiert werden.
Einführung 3

nem deutschen Fachmann ein Einblick in das spezifisch US-amerikanische Me-


thodenpotential gegeben werden, um so auch Parallelen zum deutschen Rech-
nungswesen ziehen und schließlich Implikationen für deutsche Systeme der Kosten-,
Erlös- und Ergebnisrechnung ableiten zu können.

11. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Untersuchung gliedert sich zunächst grob in zwei umfassende Tei-
le, die ihrerseits wiederum in einzelne Kapitel unterteilt sind.
Der erste Teil der Arbeit erörtert bedeutsame Spezifika, Entwicklungslinien und
Grundpositionen des Management Accounting. Damit werden die terminologi-
schen, geschichtlichen und systemkonzeptionellen Grundlagen für die Erörterung
der Aufgabenfelder und des jeweils korrespondierenden methodischen Instrumenta-
riums im zweiten Teil der Arbeit geschaffen. Dort werden die einzelnen Aufgaben-
felder in der Struktur und Bezeichnung aufgegriffen, wie sie sowohl der Aufbau US-
amerikanischer Lehrbücher als auch die Kategorisierung des Methodenpotentials in
den wissenschaftlichen Fachzeitschriften ausweist.
Im folgenden erfolgt ein kurzer Überblick über die Funktion und Grundstruktur der
zwei Kapitel des ersten Teils.
Im ersten Kapitel wird zunächst das Analyseobjekt Management Accounting de-
finiert und eingeordnet. Dazu erfolgt eine Einordnung des Management Accounting
in das übergeordnete Accounting (gesamtes betriebliches Rechnungswesen) sowie
eine Abgrenzung zum Financial Accounting (externes Rechnungswesen) und Cost
Accounting. Hier wird auch eine Erörterung des US-amerikanischen General Ledger
Konzepts und seiner fundamentalen Konsequenzen für das gesamte betriebliche
Rechnungsweseninstrumentarium vorgenommen. Zudem werden wesentliche
grundlegende Fachtermini des Management Accounting erläutert.
Um ein Verständnis für Aufgabenfelder, Methoden und Instrumente des US-
amerikanischen Management Accounting zu schaffen, ist auch eine Auseinander-
setzung mit dessen Entwicklungsgeschichte unabdingbar. Das umfassende zweite
Kapitel befaßt sich daher mit signifikanten Entwicklungsstufen des Management
Accounting in den USA. Die veränderten Anforderungen und die jeweilige Ausrich-
tung des Accounting-Instrumentariums werden für die folgenden Epochen diskutiert:
4 Einführung

• Wissenschaftliche Betriebsführung (Scientific Management, bis etwa 1920),


• zunehmende Managementorientierung (Management Control, bis etwa 1940),
• Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing und Contribution Margin
Approach, bis etwa 1960),
• Einfluß des Operations Research auf das Management Accounting,
• Informationsökonomie und Agency Theory (bis etwa 1980),
• zunehmende technologische Orientierung und Leistungsorientierung (Performan-
ce Measurement, bis heute).

Während sich die ersten beiden der genannten Phasen dem sogenannten True
Cost Approach zuordnen lassen (d.h. die Accounting-Philosophie spiegelte die Auf-
fassung wider, es ließen sich für bestimmte Bezugsobjekte willkürfrei die richtigen
bzw. wahren Kosten ermitteln), sind die letzten vier Phasen dem sogenannten Rele-
vant Cost Approach zuzuordnen, d.h. Kosten werden nicht als wahr bzw. unwahr
interpretiert, sondern als entscheidungsrelevant bzw. irrelevant. Die hier nur grob
vorgenommene Zuordnung von Zeitabschnitten zu den einzelnen Phasen soll als
Tendenzbetrachtung interpretiert werden. So ist vor allem die zeitliche Verortung von
True Cost und Relevant Cost Approach durch viele Überschneidungen und Aus-
nahmen geprägt. Ein weiterer Eckpfeiler zu den Grundlagen des führungsorientierten
US-amerikanischen Management Accountings wird mit der Darstellung von vier be-
deutsamen Schulen respektive Denkrichtungen des klassischen Management Ac-
counting aufgestellt. Auswahlkriterium für diese Fachvertreter war deren konsequen-
te Ausrichtung auf Methoden und Instrumente zur Generierung entscheidungsrele-
vanter Kosten-, Erlös- und Ergebnisinformationen. Die signifikanten Grundpositionen
dieser Hochschullehrer werden den einzelnen Entwicklungsphasen zeitlich zugeord-
net. Die Diskussion der entsprechenden Denkhaltungen soll aufzeigen, welchen
Niederschlag die Entwicklungsstufen des Management Accounting mit ihren spezifi-
schen Implikationen in den einschlägigen Lehrbüchern und in der universitären
Lehre über die Zeit gefunden haben.
Einführung 5

In einem weiteren Abschnitt des Kapitels wird die von H. Thomas Johnson und Ro-
bert S. Kaplan so bezeichnete Phase der Relevance Lost dargesteIle. In dieser
Ära, deren Beginn von den Autoren auf den Beginn der BO'er Jahre terminiert wird,
wurde die mangelnde Relevanz des konventionellen US-amerikanischen Manage-
ment Accounting für die Unterstützung der Unternehmensführung aufgrund verän-
derter System- und Umweltbedingungen konstatiert. Die wesentlichen Schwächen
des Accounting-Instrumentariums und die dadurch induzierten Fehlsteuerungen
werden aufgezeigt. Aus den von Johnson und Kaplan abgeleiteten Kritikpunkten lei-
teten führende US-amerikanische Fachvertreter Anforderungen an den Aufbau und
die Funktion des Management Accounting ab, um dem gewandelten unternehmeri-
schen Umwelt Rechnung zu tragen. Die sukzessive Akzeptanz und Umsetzung die-
ses Maßnahmenkataloges wurde unter dem Begriff Relevance Regained (wieder-
erlangte Relevanz) bekannt 10 . Die wesentlichen Aspekte werden in einem eigenen
Abschnitt behandelt.
Zudem können die bereits diskutierten Aussagen zu den von Johnson und Kaplan
geprägten Entwicklungsstufen der Relevance Lost und Relevance Regained in die-
sem Zusammenhang als postklassische Positionen des Management Accounting
eingebucht werden.
Von den vier klassischen Vertretern wird als erstes die Lehre von John Maurice
Clark (University of Chicago) aufgegriffen, der bereits 1923 in seinem berühmten
Werk Studies in the Economics of Overhead Costs das vielfach zitierte Postulat auf-
stellte: "Different Costs for Different Purposes,,11. In einer Zeit, die geprägt war
vom Denken in True Costs, postulierte Clark die strikte Rechnungszweckabhängig-
keit von Wertansätzen in der Kostenrechnung und legte damit den Grundstein für
eine entscheidungsorientierte Kostenrechnung.

Vgl. KAPLAN, Robert S. - H. Thomas JOHNSON: Relevance Lost - The Rise and Fall of Man-
agement Accounting, Boston 1987, insbesondere S. 125-151.
10 Es war vor allem das Werk von JOHNSON, H. Thomas: Relevance Regained, New Yark 1992, das
diese Ära begrifflich wie inhaltlich prägte. Weitere wesentliche Impulse kamen durch die CAM-I
Studie, vgl. BERLINER, Callie - James A. BRIMSON (Hrsg.): Cast Management far Today's Ad-
vanced Manufacturing, Boston 1988.
11 Clark überschrieb mit dieser Aussage ein eigenes Kapitel, in dem er die Rechnungszweck- und
Situationsabhängigkeit relevanter Kosten an hand eines illustrativen Beispiels erörterte, vgl. CLARK,
John Maurice: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. 175-203.
6 Einführung

Als zweite Schule des führungsorientierten Accounting in den USA wird die Schule
von William Joseph Vatter (University of Chicago) analysiert. Vatters Werke fallen
vor allem durch ihre frühe führungsorientierte Ausrichtung auf. Dabei greift Vatter
den Gedanken Clarks von der Rechnungszweckabhängigkeit der relevanten Kosten
auf. Sein vielbeachtetes, 1950 erschienenes Lehrbuch "Managerial Accounting"
prägte die Bezeichnung der Disziplin überhaupt. Es war das erste US-
amerikanische Textbook, das bereits in seinem Titel die Ausrichtung des Accounting-
Systems auf die Unternehmensführung forderte 12. Vatter legt seinen Ausführungen
konsequent einen Management Viewpoint zugrunde und rechtfertigt dies mit der
Aussage ,,[... ] the fundamental and most important uses of accounting are bound up
with the operations of management,,13.
Als weiterer bemerkenswerter, wenn nicht gar berühmtester Fachvertreter des klassi-
schen amerikanischen Management Accounting wurde Charles T. Horngren (Stan-
ford University, Palo Alto) ausgewählt. Nach seinem MBA-Examen an der HaNard
Business School in Boston, nahm der examinierte Certified Public Accountant
(CPA)14 1952 das Angebot einer DoktorandensteIle an der University of Chicago an.
Dort fand er in William Joseph Vatter (s.o.) schnell einen Mentor, der ihn an das Ge-
biet des führungsorientierten Management Accounting heranführte. Horngren griff
die von Vatter geforderte Managementperspektive auf und leitete mit seinem be-
rühmten Textbook Cost Accounting, a Managerial Emphasis einen Paradigmen-
wechsel in der Accountingliteratur ein. Erstmals 1962 veröffentlicht, verursachte die-
ses Werk "mild Shock Waves .. 15 unter den Accounting Professionals, da es die tradi-
tionelle Gliederung des Cost Accounting völlig reorganisierte. Horngren löste sich
von der dominanten Darstellung des vollkostenorientierten Product Costing, das sich
bis dahin in einer ausführlichen Darstellung verschiedener Methoden der Ko-

12 VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950.


13 VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, S. 2.
14 Der Titel Certified Public Accountant (CPA) bezeichnet in den USA den Wirtschaftsprüfer. Der
Titel wird durch eine bundeseinheitliche Prüfung nach den Richtlinien des American Institute of
Certified Public Accountants (AICPA) verliehen. Zudem ist eine bundesstaatsspezifische Praxis-
zeit nachzuweisen (beispielsweise fordert der Stadtstaat New York eine zweijährige Tätigkeit auf
dem Gebiet des Public Accounting (externe Rechnungslegung).
15 WILLIAMS, Kathy: Charles T. Horngren: Management Accounting's Renaissance Man, in: Man-
agement Accounting, January (1986), S. 28.
Einführung 7

stenschlüsselung nahezu erschöpfte. Stattdessen legte er den Schwerpunkt auf den


Rechnungszweck Decision Making (Entscheidungsunterstützung). Instrumente wie
die Cost Volume Profit Analysis, das Standard Costing und Flexible Budgeting, die
sich vorrangig mit Kosten- und Erlösreagibilitäten sowie der Ergebnissteuerung mit-
hilfe von Abweichungsanalysen befassen, erscheinen in den ersten Kapiteln des Bu-
ches. Zudem werden sie weitaus intensiver und differenzierter behandelt, als das in
der einschlägigen Literatur bis zu diesem Zeitpunkt der Fall war. Horngrens Werk
zählt bis heute zu den Meilensteinen des führungsorientierten Management Accoun-
ting.
Als vierter Fachvertreter wurde Gordon Shillinglaw (Columbia University, New
York) ausgewählt. Auch in Shillinglaws Veröffentlichungen steht der Rechenzweck
Decision Making im Vordergrund. 1963 veröffentlichte Shillinglaw einen wegweisen-
den Beitrag zum Rechnen mit relevanten Kosten, ein zentraler Aspekt eines jeden
führungsorientierten Kostenrechnungssystems 16. Sehr stringent setzt er sich mit der
Entscheidungsrelevanz verschiedener Kostenkategorien bei unterschiedlichen zeitli-
chen und sachlichen Systembedingungen auseinander. Im speziellen entwirft Shil-
linglaw das Concept of Attributable Cost (Konzept zurechenbarer Kosten) als Re-
levanzkonzept für langfristige Entscheidungen über Sourcingkonzepte, Kundenaus-
wahl und ähnliche Bereiche, die er als Quantitative Policy Decisions bezeichnet.
Schließlich lieferte Shillinglaw 1980 eine sehr fundierte Darstellung der Entstehungs-
geschichte, des State-of-the-Art und der Entwicklungsperspektiven des führungsori-
entierten Management Accounting 17. Dabei äußert er sich sehr kritisch zu einer Uni-
fying Theory of Management Accounting. Konsequent dem Postulat der Führungs-
orientierung folgend, legt Shillinglaw dar, daß die Pluralität der Rechenzwecke und
Entscheidungssituationen in einem Modell bzw. einer Einheitstheorie nicht abbild bar
sind. Shillinglaw leistet damit einen wertvollen Beitrag weg von der formalanalyti-
schen Ausrichtung des theoretischen US-amerikanischen Management Accounting
hin zu einem von ihm so bezeichneten User-Oriented-Approach.

16 Vgl. SHILLINGLAW, Gordon: The Concept of Attributable Cost, in HOLZER, Hellfried P.: Man-
agement Accounting: 1980, Urbana 1980, S. 73-85.
17 Vgl. SHILLINGLAW, Gordon: Old Horizons and New Frontiers: The Future of Managerial Account-
ing, in: Management Accounting, (1979), S. 3-18.
8 Einführung

Die folgenden Ausführungen geben einen knappen Überblick über die sechs Kapitel
des zweiten Teils. Nach dem im ersten Teil geschaffenen Grundverständnis erfolgt
im zweiten Teil der Arbeit eine Erörterung der in der Literatur diskutierten Aufgaben-
felder und Rechenzwecke des US-amerikanischen Management Accounting und
des korrespondierenden Instrumentariums. Als Ausgangspunkt werden die Schwer-
punkte US-amerikanischer Standardlehrbücher zum Management Accounting zu-
grundegelegt18 . Diese Kategorisierung spiegelt zugleich die Themenschwerpunkte
der Fachbeiträge in den einschlägigen wissenschaftlichen Accounting Journalen wi-
der19 . Dabei lassen sich Cost AlJocation (Betriebsabrechnung, 3. Kapitel), Cost
Estimation (Kostenplanung, 4. Kapitel), Product Costing (Produktkostenkalkula-
tion, 5. Kapitel), Planning and Control (Operatives Controlling, 6. Kapitel) und De-
cis ion Making (Entscheidungsunterstützung, 7. Kapitel) als typische Termini für die
Aufgabenfelder identifizieren.
Die Diskussion der entsprechenden Konzepte ist dabei immer vom Ziel geleitet, die
Spezifika des US-amerikanischen internen Rechnungswesens zu beleuchten. Da die
Erörterungen aus der Grundperspektive des deutschen Rechnungswesens erfolgen,
liegt den Ausführungen eine vergleichende Betrachtung der deutschen Kosten-,
Erlös- und Ergebnisrechnung und des US-amerikanischen Management Accounting
implizit zugrunde. In ausgewählten Einzelfragen (wie z.B. anläßlich der Erörterung
der jeweiligen Konzepte der Plankostenrechnung) werden zudem explizite Verglei-
che vorgenommen.
In jedem der Kapitel erfolgt zunächst eine Beschreibung der Grundlagen und der
Methodik, welche auf den entsprechenden Rechenzweck angewandt werden. Hier-
bei erfolgt eine Identifikation bedeutsamer Spezifika. Eine würdigende Beurteilung
des gesamten jeweiligen Aufgabenfeldes und des korrespondierenden Methodenpo-

18 Je nach Forschungsschwerpunkt werden die einzelnen Aufgabenfelder von Autor zu Autor unter-
schiedlich differenziert und tief behandelt und gegliedert. Die sehr umfassenden Standardwerke
von Horngren und Foster sowie Rayburn liefern gute Beispiele für eine derartige Klassifizierung.
Vg!. HORNGREN, Charles T. - George FOSTER: Cast Accounting: A Managerial Emphasis, 7.
Auf!., Englewood Cliffs 1991, S. VII-XIII oder RAYBURN, Letricia G.: Cost Accounting: Using a
Cost Management Approach, 6. Aufl., Boston, Chicago 1996, S. XVII-XXXI.
19 Vgl. hierzu die Auswertungen ausgewählter wissenschaftlicher Accounting-Journale der Jahre
1926-1983 in KLEMSTINE, Charles F. - Michael W. MAHER: Management Accounting Research:
A Review and Annotated Bibliography, New York 1984.
Einführung 9

tentials erfolgt dann als Zwischenfazit am Ende der einzelnen Kapitel. Teilweise
werden zudem Teilbereiche der einzelnen Aufgabenfelder separat beurteilt (z.B. die
Cost-Volume-Profit Analysis als Bestandteil des Aufgabenfeldes Decision Making),
da die entsprechenden Methoden einen eigenen Komplex darstellen.
Der zweite Teil und damit die gesamte Arbeit schließt mit dem achten Kapitel als
zusammenfassender Darstellung bedeutsamer Spezifika des US-amerikanischen
Management Accounting. Dort werden die wesentlichsten Aspekte, durch die sich
das spezifisch US-amerikanische interne Rechnungswesen auszeichnet, nochmals
im Überblick dargestellt. Ferner wird ein knapper Ausblick gegeben.
Die folgende Abbildung 0.1 zeigt die vorgenommene Klassifizierung im Überblick
und gibt die Zuordnung von bedeutsamen Teilgebieten bzw. kontroversen For-
schungsgebieten (wie beispielsweise die insbesondere in den 60"er Jahren intensiv
geführte Diskussion um das Absorption versus Direct Costing) zu den Aufgabenfel-
dern wider.
10 Einführung

! Cast Allacatian (BetriebsabreChnUng)!

~ Overhead Allocation für das Product Costing


~ Allocation of Fixed, Variable Costs für das Responsibility Accounting

! Cast Estimatian (Kostenp,anungi

~ Methods of Determining Cost Variability (Kostenspaltungsmethoden)


~ Standard Costing Systems (Plankostenrechnungskonzepte)

! Praduct Casting (Produktkostenkalkulation i


~ Product Costing for Inventory Valuation (Bestandsbewertung)
~ Absorption vs Direct Costing (Voll kosten- vs Teilkostenansatz)
~ Job Order Costing (Zuschlagskalkulation)
~ Process Costing (Divisionskalkulation)
~ Joint Product Costing (Kuppelproduktkalkulation)

IPlanning and Cantral (operatives controllingl


~ Budgetary Control (Kosten, Erlös- und Erfolgscontrolling)
~ Variance Analysis and Investigation (Abweichungsanalyse)

! Decisian Making (Entscheidungsunterstützung)1

~ Cost Volume Profit Analysis (Nutzschwellenanalyse)


~ Capital Budgeting (Investitionsrechnung)
~ Behavioural Accounting, Human Ressource Accounting (Integration
verhaltenswissenschaftlicher Ansätze)

Abbildung 0.1: Aufgabenfelder des US-Management Accounting

Gemäß dieser Systematisierung nach Rechenzwecken und wesentlichen Schulen


des führungsorientierten Management Accounting sowie der Betrachtung seiner
Einführung 11

Entwicklungsgeschichte ergibt sich für die vorliegende Arbeit die in Abbildung 0.2
dargestellte konzeptionelle Grundstruktur"

Cooper/Kaplan
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Product Costing (Produktkostenkalkulation)

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Planning and Control ~ I .E


(Operatives Controlling) ~ E
"Öl
~-------------------~~
c
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ü
Decision Making Q)

(Entscheidungsunterstützung)

Abbildung 0.2: Grundstruktur der Arbeit


12 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

I. Teil: Spezifika, Entwicklungslinien und bedeutsame Grund-


positionen des US-Management Accounting

1. Kapitel: Grundlegende systembildende Spezifika des


US-amerikanischen Rechnungswesens

Für den Untersuchungsgegenstand der Arbeit, das führungsorientierte interne US-


amerikanische Rechnungswesen, haben sich in der Accounting-Literatur verschie-
dene Bezeichnungen herausgeschält. Diese oftmals synonym verwendeten Termini
bezeichnen jedoch - zum Teil nur marginale - Unterschiede. Zudem verwenden die
amerikanischen Lehrbücher eine eigene Fachsprache, die sich nicht im strengen
Sinn übersetzen läßt, sondern vielmehr einer eingehenden Erörterung bedarf. Daher
erfolgt zunächst eine grundlegende definitorische Auseinandersetzung mit den
wesentlichsten Fachtermini.
Insbesondere wird dabei auf das Einkreis- bzw. General-Ledger-Konzept einge-
gangen, da sich die Ausgestaltung von Methoden und Instrumenten vollständig nur
vor dem Hintergrund ihres Datenlieferanten - eben dem General Ledger - begreifen
läßt.

I. Abgrenzung von Accounting, Financial Accounting und Management


Accounting

Der Begriff des Accounting wird in der US-amerikanischen Fachliteratur als Um-
breila Term 1 bezeichnet, d.h. er umfaßt alle Disziplinen, die sich mit Service Ak-
tivitäten befassen, "... whose function is to provide quantitative information, primarily
financial in nature, about economic entities that is intended to be useful in making
economic decisions ..2 .
Damit stellt Accounting einen Oberbegriff für die Bereiche Auditing (Prüfungswe-
sen), Taxation (Steuerlehre), Financial Accounting bzw. General Accounting (exter-

Vgl. SIEGEL, Joel G. - Jae K. SHIM: Dictionary of Accounting Terms, 2. Aufl. , New York 1995, S.
6.
Vgl. WEIL, Roman L. u.a.: Accounting: The Language of Business, 9. Aufl., Sun Lakes 1994, S. 6.
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 13

nes Rechnungswesen) und Managerial Accounting (internes Rechnungswesen) dar


(vgl. Abbildung 1.1 )3.

External Parties

Auditing Taxation Financial


"~ 1 //
/ / Accounting

Accounting

T
I Management Accounting I

Management

Abbildung 1.1: Teilgebiete des US-amerikanischen Accounting

Vergleicht man amerikanische Lehrbücher zum Accounting als dem gesamten be-
trieblichen Rechnungswesen mit den korrespondierenden deutschen grundlegenden
Fachbüchern, so wirkt ihr Grundaufbau zunächst ähnlich. Analog der Zweiteilung in
externes und internes Rechnungswesen nach der Konzeption des deutschen Zwei-
kreissystems, wird dort Financial Accounting und Management bzw. Managerial
Accounting separat behandelt4 . Das externe und das interne Rechnungswesen
werden als zwei Systeme behandelt, ersteres dient als Informationsinstrument für
unternehmensexterne Adressaten, das heißt als Aufzeichnung der Güter- und Zah-

3 Zu dieser Zuordnung vgl. nochmals SIEGEL, Joel G. - Jae K. SHIM: Dictionary of Accounting
Terms, 2. Aufl. , New York 1995, S. 6. Der eher selten verwendete Begriff General Accounting fin-
det sich beispielsweise bei NEUNER, John J.W. - Edward B. DEAKIN: Cost Accounting: Princi-
pies and Practice, Homewood, 1977, S. 7.
Als typisches Beispiel für diesen Grundaufbau vgl. SHILLINGLAW, Gordon - Kathleen Me
GAHRAN: Accounting: A Management Approach, 9. Aufl., Homewood 1986.
14 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

lungsströme zur Dokumentation und Rechenschaftslegung gegenüber Dritten. Letz-


teres dagegen dient als Führungsinstrument, "Reporting designed to enhance the
ability of management to do its job of decision making, planning, and contral [... ]"5.

A. Das externe Rechnungswesen: Financial Accounting

Im Gegensatz zur deutschen externen Rechnungslegung, die für alle Unternehmens-


rechtsformen im dritten Buch des Handelsgesetzbuches geregelt ist (Ergänzungen
erfolgen durch die jeweiligen Spezialgesetze wie z.B. AktG und GmbHG), gibt es für
das US-amerikanische Financial Accounting keine einheitliche, das Gebiet der
Rechnungslegung betreffende kodifizierte Rechtsquelle.
Stattdessen richtet sich die amerikanische Rechnungslegung nach von privaten Insti-
tutionen erlassenen Normen sowie nach einzelvertraglichen Vereinbarungen (z.B.
Satzungen). Die einzigen kodifizierten Gesetze, die Einfluß auf die Rechnungslegung
haben, sind die sowohl auf Bundes- als auch auf Einzelstaatenebene erlassenen
Gesetze zum Schutz des Wertpapierhandels. Der Grund hierfür liegt in der domi-
nanten Kapitalmarktorientierung US-amerikanischer Betriebe. Das Anliegen, die
Funktionsfähigkeit dieses größten Kapitalmarktes der Welt aufrechtzuerhalten, präg-
te somit die externe Rechnungslegung. Da sich US-amerikanische Betriebe also in
erheblichem Maße über den Kapitalmarkt finanzieren, steht der Schutz der Interes-
sen der Investoren im Vordergrund US-amerikanischer Rechnungslegungsnormen 6 .
Die Aufsicht über den Wertpapierhandel obliegt der Securities and Exchange
Commission (SEC), einer Bundesbehörde mit weitreichender Normierungsbefugnis
bezüglich der Gesetze zum Schutz des Wertpapierhandels. Die Normensetzungsbe-
fugnis hinsichtlich der Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften wurde von der
SEC allerdings an eine private Organisation übertragen, mit der sie in enger Koope-
ration steht. Diese Organisation ist das Financial Accounting Standards Board
(FASB), die Institution, die als Standard Setter für die Verabschiedung materieller
Rechnungslegungsnormen zuständig ist. Das FASB legt sogenannte Promulgated

WEIL, Roman L. u.a.: Accounting: The Language of Business, 9. Aufl., Sun Lakes 1994, S. 52.
6 Zur kapitalmarktorientierten Ausrichtung des Financial Statement und der Grundkonzeption der
GAAP vgl. HALLER, Axel: Wesentliche Ziele und Merkmale US-amerikanischer Rechnungslegung,
in: BALLWIESER, Wolfgang [Hrsg.]: US-amerikanische Rechnungslegung, 2. Aufl., Stuttgart
1996, S. 1-27, hier S. 4-18.
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 15

Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) nieder. Zusammen mit Non Pro-
mulgated Generally Accepted Accounting Principles, die aus der praktischen Übung
US-amerikanischer Betriebe abgeleitet werden, stellen diese mehr als nur das funk-
tionale Äquivalent zu den deutschen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung
dar. Sie repräsentieren vielmehr den Hauptbestandteil der für das US-amerikanische
Financial Statement maßgeblichen materiellen Rechnungslegungsvorschriften 7 .
Die oberste Zielsetzung der US-amerikanischen Rechnungslegung wurde im soge-
nannten Conceptual Framework des FASB manifestiert. Dieses wiederum setzt
sich aus Statements of Financial Accounting Concepts (SFAC) als den obersten Ma-
ximen der GAAP zusammen. Im SFAC No. 1 wird die Funktion der externen Rech-
nungslegung definiert. Dort ist festgehalten, daß das Financial Reporting eine
effiziente Funktionsweise des Kapitalmarktes sicherstellen soll um damit zu einer
effizienten Allokation knapper Ressourcen beizutragen. Um diese Aufgabe zu erfül-
len, wird als Aufgabe des Financial Statements ,,10 provide information that is useful
to make business and economic desisions"s festgehalten. Mit diesem zentralen
Postulat des sogenannten Decision Usefulness Approach ist das Financial
Statement als ein Instrument definiert, das Auskunft über Unternehmensleistung und
-ergebnisse (Enterprise Performance and Earnings) geben und das eine Prognose
über zu erwartende Cash Flows ermöglichen soll. Entsprechend dieser Funktion ge-
hen die Pflichtbestandteile der externen Rechnungslegung in den USA über die
deutschen obligatorischen Komponenten des handelsrechtlichen Jahresabschlusses
deutlich hinaus. Im einzelnen besteht das US-amerikanische Financial Statement
aus:

• Balance Sheet (Bilanz)


• Income Statement (GuV-Rechnung)
• Notes (Anhang)
• Cash Flow Statement (Kapitalflußrechnung)
• Statement of Owners Equity (Entwicklung des Eigenkapitals)

Zu einer differenzierteren Darstellung der Entstehung, Funktion und des Inhaltes der GAAP vgl.
HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, 1989, S. 55-76.
FASB, SFAC No. 1, Fußnote 18, Abs. 33.
16 System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

Insbesondere durch die Kapitalflußrechnung, die Aussagen über den Beziehungszu-


sammenhang von Investition und Finanzierung ermöglicht, sowie die konsequente
Erfolgsspaltung der nach dem Umsatzkostenverfahren aufgebauten GuV-
Rechnung, werden Informationen offengelegt, die als zentrale Entscheidungspara-
meter bei der Unternehmensführung genutzt werden können.
So separiert das Income Statement analog der deutschen Gewinn- und Verlustrech-
nung gemäß § 275 Abs. 2 bzw. 3 HGB außerordentliche Aufwendungen und Erträge
(Extraordinary Items) vom Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Income
from Continuing Operations before Taxes), das sich wiederum aus Betriebsergebnis
(Operating Income) und Finanzergebnis zusammensetzt9 . Darüber hinaus sieht das
Income Statement eine Gliederung der Umsatzerlöse und Herstellungskosten des
Absatzes (Cost of Goods Sold) nach Entstehungs- und Leistungsbereichen vor10 und
schafft damit die abrechnungstechnische Voraussetzung für eine differenzierende
Ergebnisrechnung.
Es läßt sich somit festhalten, daß der US-amerikanische Jahres- und auch Quartals-
abschluß, vom Prinzip des Decision Usefulness geleitet, weitere Informationskom-
ponenten (Cash Flow Statement und Statement of Owners Equity) umfaßt. Zudem
wird in der Erfolgsrechnung eine weitergehende entscheidungsorientierte Ergebnis-
differenzierung vorgenommen als in seinem deutschen Pendant. Mit anderen Wor-
ten: im Gegensatz zum deutschen handelsrechtlichen Jahresabschluß werden in
den USA deutlich mehr Informationen des internen Rechnungswesens in die
externe Rechnungslegung übernommen 11.

9 Vgl. FASS, SFAC No. 6, Abs. 77. Während das Income from Continuing Operations before
Taxes und das Operating Income explizit vom FASB als Zwischensumme angegeben werden, ist
das Finanzergebnis als Differenz der zwei Größen nicht explizit aufgeführt.
10 Vgl. SEC, Regulation S-X, Fußnote 2, Rule 210.5-03. Die Revenues müssen in der genannten
Differenzierung direkt im Income Statement angegeben werden. Demgegenüber dürfen die pro-
duktbezogen differenzierten Cost of Goods Sold auch in den Notes angegeben werden.
11 Diese interne Orientierung des Financial Accounting wird sich in Zukunft eher verstärken als ab-
schwächen. So fordert eine Studie der AICPA von 1994 unter Bezugnahme auf die veränderten
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie der Technologisierung und des allgemein verschärften
Wettbewerbs z.B. folgende Informationen:
• high-level operating data and performance measurement that management uses to manage the
business,
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 17

B. Das interne Rechnungswesen: Management Accounting und Cost Ac-


counting

Einleitend wurde das Management Accounting bereits knapp als US-amerikanisches


internes Rechnungswesen bezeichnet. In der Tat verwendet die Fachliteratur die
Begriffe Management Accounting, Internal Accounting aber auch Enterprise Repor-
ting und schließlich Managerial Accounting weitgehend synonym 12. Als erster Wis-
senschaftler, der ein Lehrbuch mit dem Titel Managerial Accounting überschrieb,
betrachtete Vatter das Accounting als gesamtes betriebliches Rechnungswesen als
ein Abrechnungs-, Dokumentations- und Informationssystem, das in Abhängigkeit
vom Informationsinteresse "from at least two standpoints .. 13 betrachtet werden muß.
Der Begriff des Standpunktes ist in diesem Zusammenhang bezeichnend. Er drückt
aus, daß die laufende Erfassung und Fortschreibung von Kosten-, Erlös-, Ergebnis-
und Finanzdaten in einer umfassenden Grundrechnung, dem General Ledger als
sachlich geordnetem Hauptbuch, erfolgt. Demgegenüber stehen als Standpunkte die
Informations- und Rechenschaftslegungsfunktion des Financial Accounting zum ei-
nen und die Auswertungsbedarfe des Management zum anderen. Vatter bezeichnet
die Grundfunktion des Management Accounting als "to serve managerial needs .. 14
und geht sogar so weit, diese Entscheidungsvorbereitungs- und -unter-
stützungsfunktion als Teil der Führung selbst anzusehen 15. In diesem Sinne wird das
Management Accounting auch in der späteren Fachliteratur als System von Prozes-
sen zur Identifizierung, Aufzeichnung, Aggregation bzw. Disaggregation, Interpretati-

• managemenfs plans, including critical success factors,


• comparison of actual business performance to previously disclosed opportunities, risks and
managemenfs plans, vgl.: AICPA Special Committee On Financial Reporting: AICPA Re-
port, 1994, S. 52.
12 Vgl. die definitorische Auseinandersetzung bei VATTER, William J.: Managerial Accounting, New
York 1950, S. 97-98.
13 VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, vgl. S. 97.
14 VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, vgl. S. 97.
15 "The other view - with which we are here concerned - is that accounting data and procedures are
intimately connected with the processes of operation and management of the business enterprise,
that accounting is apart of management", VATTER, William J.: Managerial Accounting, New
York 1950, vgl. auch Einführung, S. 97.
18 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

on und Kommunikation von Kosten-, Erlös-, Ergebnis- und Finanzdaten zur Planung
und Steuerung von Führungsentscheidungen definiert16 .
Der von Vatter verwendete Terminus Managerial Accounting und der Begriff des
Management Accounting werden in aller Regel synonym verwandt und auch in der
vorliegenden Arbeit so gebraucht. Gelegentlich wird unter Management Accounting
in der Literatur auch das gesamte betriebliche Rechnungswesen verstanden. Dem-
gegenüber bezeichnet der Begriff Managerial Accounting regelmäßig das führungs-
orientierte interne US-amerikanische Rechnungswesen.
Auch der Terminus Cost Accounting wird häufig als Synonym für Management bzw.
Managerial Accounting verwendet. Im engeren Sinne bezeichnet Cost Accounting
allerdings ein stark kostenträgerorientiertes Rechenwerk. Als wesentliche Teilbe-
reiche lassen sich das Standard Costing und das Product Costing für die Preisfin-
dung (Pricing) und für die Bestandsbewertung anführen 17. In diesem gebräuchlichen
letzteren Sinne dient das Cost Accounting als Bindeglied von Management Accoun-
ting und Financial Accounting. Wie Abbildung 1.2 veranschaulicht, entleiht sich das
Cast Accounting das Absorption Costing (Vollkostenkalkulation) aus dem Rechen-
werk des Management Accounting und dient auf der anderen Seite mit den ermittel-
ten vollen Herstellkosten 18 dem Financial Accounting zur Inventory Valuation (Be-
standsbewertung).
Dieses Informationserfordernis des Financial Accounting an das Cost Accounting -
Ermittlung voller Herstellungskosten - prägte damit das Cost Accounting, auch im
weiteren Sinne, als vollkostenorientiertes und kostenträgerorientiertes Rechen-
werk.

16 Vgl. SHILLINGLAW, Gordon - Kathleen Me GAHRAN: Accounting: A Management Approach, 9.


Aufl., Homewood 1986, S. 565 und HORNGREN, Charles T. - George FOSTER: Cost Accounting:
A Managerial Emphasis, 7. Auf!., New Jersey 1991, S. 4.
17 Vgl. SIEGEL, Joel G. - Jae K. SHIM: Dictionary of Accounting Terms, 2. Aufl. , New York 1995, S.
96; insbesondere umfaßt das traditionelle Cost Accounting kein Ergebniscontrolling (Profit Planning
and Control) und kein kostensteIlenbezogenes Responsibility Accounting.
16 Im Gegensatz zum deutschen Handelsrecht (wahlweiser Ansatz von Voll- bzw. Teilkosten bei der
Herstellungskostenermittlung gemäß §255 Abs. 2 HGB) schreiben die US-amerikanischen Finan-
cial Accounting Standards zwingend den Ansatz voller Herstellungskosten vor, Vgl. ARB No. 43.
System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 19

Financial Management
Accounting Accounting

Abbildung 1.2: Beziehungszusammenhang zwischen Management


Accounting, Financial Accounting und Cost Accounting 19

Die Forderung, das führungsorientierte Rechnungswesen begrifflich und konzeptio-


nell weiter - also über das Cost Accounting Le.S. hinaus - zu fassen, erhob Horngren
sehr frühzeitig und konsequent. Obwohl er sein 1962 erstmals erschienenes Stan-
dardwerk noch mit Cost Accounting: A Managerial Emphasis überschrieb, legte er
seinen Ausführungen konsequent eine Management Perspective zugrunde. Un-
mißverständlich wird dieser Sachverhalt auch in einer späteren Stellungnahme
klargestellt: "Accounting is meant for Management and Management Accounting
well-named,,2o.

11. Das US-amerikanische Einkreissystem bzw. General Ledger Konzept

A. Wesen und Bedeutung des Einkreissystems

Das US-amerikanische Einkreissystem darf keineswegs undifferenziert dahingehend


interpretiert werden, als würde es den unterschiedlichen Informationserfordernissen
externer und interner Adressaten nicht gerecht. Vielmehr ist der oftmals gebrauchte
Terminus Einkreissystem dahingehend zu interpretieren, daß die zwei Systeme Fi-
nancial Accounting und Management Accounting auf eine gemeinsame Datenbasis

19 In Anlehnung an HORNGREN, Charles T. - George FOSTER: Cost Accounting: A Managerial


Emphasis, 7. Aufl., New Jersey 1991, S. 4.
20 Williams, Kathy: Charles T. Horngren: Management Accounting's Renaissance Man, in: Manage-
ment Accounting, January (1986), S. 23.
20 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

zurückgreifen 21 . Diese Auswertungsbasis oder Grundrechnung stellt das General


Ledger dar. Man bezeichnet das US-amerikanische Einkreissystem daher auch als
General Ledger System oder auch Tied-in Cost System (insbesondere in der älte-
ren Literatur)22.
Beim General Ledger handelt es sich um ein umfassendes Hauptbuch, das in
sachlicher Ordnung alle Konten des Financial Statement enthäle 3 . Mit anderen Wor-
ten: der Informationsnutzen von zwei vollständig selbständigen Rechenkreisen und
damit Datengrundlagen wurde gegenüber dem korrespondierenden Aufwand der
Führung und Pflege zweier separater Rechenkreise als gering eingestuft. Robert S.
Kaplan, der sich differenziert mit der Entstehungsgeschichte des Management Ac-
counting auseinandergesetzt haf4 , betont unter Bezugnahme auf die Zeit nach dem
ersten Weltkrieg, daß es - außer dem oben genannten - keinen spezifischen Grund
gab, warum die Etablierung der externen Rechnungslegung das führungsorientierte
Management Accounting auf die selbe Informationsgrundlage festlegte 25 .

21 "After all, the same basic transaction data are used for both purposes, although the data may be
assembled and adjusted in somewhat different ways" BROWN, Victor H.: The tension between
Management Accounting and Financial Reporting, in: Management Accounting, May (1987), S. 39.
22 Die Bezeichnung Tied-in Cost System findet sich auch in dem von Dickey herausgegebenen Ko-
stenrechnungshandbuch. Dort wird aus US-amerikanischer Perspektive eine sehr gute knappe Be-
schreibung des Einkreissystems gegeben. "Accounting costs or tied-in costs are from a cost sys-
tem tied in with regular accounts, which operates as an integral part of the whole system of ac-
counts. [... ] Although some flexibility in the type of the data utilized is provided for in subsidiary led-
gers and papers, a tied-in system must keep accounts in dollar form and follow the same basic
concepts employed in the keeping of financial accounts. A tied-in system has the advantages
of objectivity and internal check required by the formal system of accounts", DICKEY, Robert
[Hrsg.]: Accountants Cost Handbook, 2. Auf!., New York 1960, Hervorhebungen vom Verfasser, S.
228.
23 Vg!. WEIL, Roman L. u.a.: Accounting: The Language of Business, 9. Auf!., Sun Lakes 1994, S.
41.
24 Vg!. dazu KAPLAN, Robert 5.: The Evolution of Management Accounting, in: The Accounting Re-
view, April (1984), S. 390-418; KAPLAN, Robert S. - H. Thomas JOHNSON: Relevance Lost - The
Rise and Fall of Management Accounting, Boston 1987, S. 19-207 und KAPLAN, Robert S. - An-
thony A. ATKINSON: Advanced Management Accounting, 2. Auf!., New Jersey 1989, S. 1-14.
25 "In principle there was no particular reason why the greatly increased demand für published, ob-
jective, audited financial statements [... ] should have had any impact on the development of man-
agement accounting systems. [ ... ] But U.S. companies must have decided, sixty and seventy years
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 21

B. Zentrale Implikationen des General Ledger Konzeptes für das US-


amerikanische Rechnungswesen

Wesentliches Charakteristikum des US-amerikanischen Einkreissystems ist also die


Dominanz der Daten des Financial Accounting. Für das führungsorientierte Ma-
nagement Accounting bedeutet das im fest implementierten Rechenwerk einen
grundsätzlichen Verzicht auf den Ansatz kalkulatorischer Werte. So finden sich
in der US-amerikanischen Literatur auch kaum Hinweise auf Anderskosten. Die
Lehrbücher weisen lediglich auf Opportunity Costs hin, die als Zusatzkosten jedoch
nur in fallweisen Sonderrechnungen Berücksichtigung finden sollen 26 . Auf jeden Fall
gilt es als gesicherte Erkenntnis, daß die vorherrschende US-amerikanische Theorie
und Praxis keine kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen ver-
rechnet 27 .
Während das Financial Accounting als geschlossener Rechenkreis in Routinerech-
nungen gepflegt und geführt wird, stellen die Auswertungen des Management Ac-
counting immer dann, wenn die Daten des General Ledger ausnahmsweise, d.h. for
particular purposes, kalkulatorisch umbewertet werden, Sonderrechnungen dar.
Vatter, als früher Apologet des Zweikreissystems in den USA, stellte diesen Bezie-
hungszusammenhang zwischen Accounting, Management Accounting, Financial Ac-
counting und General Ledger in einem Modell dar (vgl. Abbildung 1.3).

ago, that the benefits of keeping two sets of books [... ] were too costly relative to the benefits. The
high cost of information collection, pracessing, and reporting [... ]Ied companies to attempt to man-
age their internaioperations with the same information used to report to extern al constituencies.
Thus, product costs werde computed based on aggregate, average allocations of manufacturing
overhead, and control procedures used monthly variances computed fram generaliedger financial
accounts.", KAPLAN, Robert S. - Anthony A. ATKINSON: Advanced Management Accounting, 2.
Auf!., New Jersey 1989, S. 9.
26 "Besides being concerned with the traceability of costs, the accountant must recognize the concept
of oppportunity cost. Opportunity cost is the marginal income or contribution that is given up be-
cause one alternative is chosen in preference to another. This concept, which centers on foregone
opportunities instead of cash expenditures, is relevant for those decisions in wh ich a scarce re-
source must be utilized as efficiently as possible", BÖER, Germain: Direct Cost and Contribution
Accounting, New York u.a., 1973, S. 11.
27 Hierauf verweist auch WEBER, Karl: Amerikanisches Direct Costing, Bern und Stuttgart 1964, S.
16.
22 System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

1--1 General Ledger Financial Reports

/
Explanatory or
Analytical Schedules

Routine
Managerial
Reports

Special Managerial
Voucher Files Studies for particular
purposes

Abbildung 1.3: Einordnung des General Ledger in das Accounting System 28

Deutlich geht aus seiner Systematisierung hervor, daß die Routinerechnungen des
führungsorientierten Management Accounting auf die Werte des General Ledgers,
differenziert geführt in den Nebenbüchern (Subsidiary Ledgers), zurückgreifen.
Demgegenüber bildet eine geordnete Belegablage (Voucher Files) die einzige Basis
für die spezifischen Special Studies, die als kalkulatorische Sonderrechnungen nur
im Einzelfall (Particular Purpose) aufgestellt werden. Abbildung 1.3 veranschaulicht
den deutlich untergeordneten Stellenwert von kalkulatorischen Wertansätzen im US-
amerikanischen Management Accounting.

111. Definition grundlegender Termini des Management Accounting

Letztlich ist die US-amerikanische Fachterminologie des Rechnungswesens vor al-


lem auf das Einkreissystem in der Logik des General Ledger Konzeptes zurückzu-

28 In Anlehnung an VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, S. 108.
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 23

führen. Wie aufgezeigt wurde, ist das Rechnen mit kalkulatorischen Kosten dem
Management Accounting grundsätzlich fremd, im General Ledger werden nur zeitli-
che Abgrenzungen, keine sachlichen Überleitungen vorgenommen. Der US-
amerikanische Kostenbegriff ist pagatorischer Natur, kalkulatorische Wertansätze
bleiben einzelfallbezogenen Sonderrechnungen vorbehalten 29 .
Entsprechend dieser pagatorischen Grundausrichtung leiten sich die Grundbegriffe
des Management Accounting von den Expenditures ab. Diese bezeichnen sämtli-
che Abflüsse an Bar- bzw. Buchgeld und entsprechen damit dem deutschen Termi-
nus Auszahlungen exakeo. Eher ungebräuchlich ist der Begriff Disbursement. Eini-
ge wenige Fachbücher des Management Accounting definieren das Disbursement
auf den Zeitpunkt des Güterzugangs (Goods lnflow) und damit des Entstehens der
Verbindlichkeit (Liability). In diesem engen Verständnis entspricht dies dem deut-
schen Fachbegriff Ausgabe. Jedoch überwiegt in der Literatur die synonyme Ver-
wendung von Expenditure und Disbursement.
Die pagatorischen Gegenleistungen für fremd bezogene Einsatzfaktoren als Original
Costs (Anschaffungskosten) und die pagatorischen Herstellungskosten als Manu-
facturing Costs stellen den originären Wertmaßstab für die Bewertung von Vermö-
gensgegenständen dar31 . Fortgeführte, d.h. um Abschreibungen und Zuschreibun-
gen korrigierte Original bzw. Manufacturing Costs bezeichnen im engen Sinn den
Wert von Vermögensgegenständen. In diesem strengen Verständnis wird Cost somit
synonym zu dem Begriff Asset verwendet. Gegenüber der deutschen bilanziellen
Auffassung, nach der ein Vermögensgegenstand durch selbständige Verkehrsfähig-
keit, selbständige Bewertbarkeit und das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Wer-
tes konkretisiert wird, definiert sich die Asset Quality (Aktivposteneigenschaft) nach
US-amerikanischem Verständnis durch das Vorliegen von Future Benefits (zukünf-
tigem Nutzenpotential).

29 Vgl. BAUMANN, Karl-Hermann: Das Rechnungswesen als Instrument zur Steuerung und Kontrolle
von US-Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche
Forschung 38. Jg. (1986), S. 425-432, hier S. 431.
30 "Payment of cash for goods or services received [... ]", WEIL, Roman L. u.a.: Accounting: The Lan-
guage of Business, 9. Aufl., Sun Lakes 1994, Hervorhebungen vom Verfasser, S. 36.
31 Zu den Original Costs und Manufacturing Costs vgl. SIEGEL, Joel G. - Jae K. SHIM: Dictionary
of Accounting Terms, 2. Aufl. , New York 1995, S. 253, 291.
24 System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

Im weiten Sinne bezeichnet der amerikanische Begriff Cost den pagatorischen Ko-
stenbegriff deutscher Prägung und wird damit synonym zu Expense verwandt. In
strenger Auslegung können jedoch nur Expenses als Aufwendungen bzw. pagatori-
sche Kosten erfaßt werden. Der Terminus Expense bezeichnet den Verzehr von
Produktionsfaktoren, dem ein betrieblicher Nutzenbeitrag gegenübersteht. Dieser
Nutzenbeitrag wiederum wird entsprechend der US-amerikanischen Pagatorik durch
die Ausrichtung auf die Erzielung zahlungswirksamer Erlöse konkretisiert: "a de-
crease in owners equity caused by using up assets in producing revenue,,32. Demge-
genüber steht der Begriff Loss als der Verzehr von Nutzenpotential ohne betriebli-
chen Nutzenbeitrag, "for which no revenue is obtained". Dieser Begriff ist doppelt
belegt, seine zweite Bedeutung entspricht dem Verlust nach deutschem Verständnis
als Überschuß der Expenses über die Revenues 33 . Damit läßt sich festhalten, daß
der US-amerikanische pagatorische Kostenbegriff Expense sämtliche auf die Lei-
stungserstellung und -verwertung gerichteten periodisierten Auszahlungen erfaßt.
Der erörterte Beziehungszusammenhang zwischen diesen Grundbegriffen des Ac-
counting wird in Abbildung 1.4 dargestellt.

32 WEIL, Roman L. u.a.: Accounting: The Language of Business, 9. Aufl., Sun Lakes 1994, S. 36.
33 Vgl. SIEGEL, Joel G. - Jae K. SHIM: Dictionary of Accounting Terms, 2. Aufl. , New York 1995, S.
246.
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 25

Expenditure Cost (i. e. S.) = Asset Disbursement

Fortgeführte
Anschaffungskosten
(Original Cost) bzw. Zugang an Gütern,
Herstellungskosten Entstehen der
(Manufacturing Cost) Verbindlichkeit =
Ausgabe
Abfluß an I. e. S. bezeichnet der
1<:. ~ Terminus Cost den Wert~ -> - oftmals synonym zu
Barmitteln =
von Vermögens- Expenditure, d. h.
Auszahlung
gegenständen i. d. R. keine
Differenzierung
- wird i. w. S. synonym zwischen
zu Expenses (betrieb- Expenditure und
licher Werteverzehr = Disbursement
Kosten bzw. Auf-
wendungen) verwandt

I
I Verzehr des
JNutzenpotentials
Expired Cost

Verbrauch von Gütern


bzw. Dienstleistungen

Expense Loss

Verzehr von
Verzehr von
Produktionsfaktoren
Produktionsfaktoren,
ohne betrieblichen
dem ein betrieblicher
Nutzenbeitrag
Nutzenbeitrag
(for which no revenue
gegenübersteht
I is obtained) =
(to obtain revenue) =
außerordentlicher
I Kosten, Zweckaufwand
Aufwand
~---_ .. ~ .. _- -

Abbildung 1.4: Einordnung des Kosten- bzw. Aufwandsbegriffes im US-


amerikanischen Management Accounting
26 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

IV. Grundlegende Theorieansätze: Die Basic Theories of Accounting

Die Aussage "terminology has never been a strong point in accounting practice
or research,,34 trifft besonders auf das theoretische Grundgerüst des US-
amerikanischen Accounting-Instrumentariums zu. Es existieren eine Vielzahl unter-
schiedlicher Definitionen von Accounting Theories 35 , eine allgemein anerkannte
Definition fehlt allerdings bis heute. Dagegen ist das deutsche Schrifttum zu den Bi-
lanztheorien vergleichsweise geschlossener und klarer36 .
Als erste Näherung lassen sich unter einer Accounting Theory alle Forschungs- bzw.
Theorieansätze verstehen, die mit dem Bereich des US-amerikanischen Rech-
nungswesens in Verbindung stehen. Somit können diese Arbeiten sowohl das Ma-
nagement Accounting als auch das Financial Accounting und auch die Disziplin Eco-
nomics (Volkswirtschaftslehre) zum Gegenstand haben. Der weitaus größte Teil der
Forschungsarbeiten bezieht sich jedoch unmittelbar auf das externe US-
amerikanische Rechnungswesen, das Financial Accounting. Oftmals werden die Ba-
sic Theories of Accounting, aufgrund ihres primären Fokus auf unterschiedliche Jah-
resabschlußadressaten, auch als Theorien über die Zielträger des Jahresab-
schlusses bezeichnet und damit ausschließlich dem Financial Accounting zugeord-
nee7 .
Da die theoretischen Anforderungen an das Financial Accounting jedoch die Struktur
des General Ledger als gemeinsame Datengrundlage bzw. Grundrechnung für das
Financial und Management Accounting festlegen, haben diese primär durch das ex-

34 ZEFF, Steven: Comments on Varieties of Accounting Theory, in: Foundations of Accounting The-
ory, hrsg. von STONE, Williard E.. , Gainesville 1971, S. 51. Diese Kritik aus US-amerikanischer
Sicht an der Fachterminologie des Management Accounting findet sich auch in der deutschsprachi-
gen Literatur: "Für die - in der deutschen Literatur weitgehend bestehenden - klaren Begriffsyste-
me scheinen manche amerikanische Autoren überhaupt kein Verständnis zu haben", WEBER,
Karl: Amerikanisches Direct Casting, Bern und Stuttgart 1964, S. 6 f.
35 Hylton bemerkt dazu pointiert: "There are nearly as many definitions of accounting theory as there
are accountants", HYLTON, David: Current Trends in Accounting Theory, in: The Accounting Re-
view (1962), S. 22-27, hier S. 22.
36 Einen guten Überblick über die deutschen Bilanztheorien erhält man bei BAETGE, Jörg: Bilan-
zen, 4. Aufl., Düsseldorf 1996, S. 13-28.
37 Zu dieser Auffassung vgl. beispielsweise COENENBERG, Adolf G.: Jahresabschluß und Jahres-
abschlußanalyse, 16. Aufl., LandsbergILech 1997, S. 742-745.
System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 27

terne Rechnungswesen geprägten Theorieansätze auch starke mittelbare Relevanz


und Implikationen für das Management Accounting. Diese sehr grundsätzlichen ab-
strakten Theorien sind eben Basic Theories of Accounting und damit Basismodelle
des gesamten betrieblichen Rechnungswesens. Die Tatsache, daß diese Theorien
einen weitaus größeren Objektbereich als die deutschen Bilanztheorien haben, er-
klärt auch ihre vergleichsweise geringere Konsistenz.
Abbildung 1.5 gibt einen knappen Überblick über die Basic Theories of Accounting
und zeigt deren Grundkonzept jeweils an hand einer charakteristischen Bilanzglei-
chung (bzw. der Grundprämisse bei der Commandertheorie) auf.

Proprietary Theory Entity Theory

Assets - Liabilities = Proprietor's Equity Assets = Equity

(Vermögen) (Schulden) (Eigenkapital) (Vermögen) (Kapital)

~ /
Basic Theories

of Accounting

Fund Theory
/'
/
---- /
Commander Theory

Assets = Restrietion on Assets


Concept of Economic Control
(Vermögen) (Beschränkungen des Vermögens)

Abbildung 1.5: Basic Theories of Accounting


28 System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

A. Proprietary Theory

Die Proprietary Theory stellt, wie es ihr Name zum Ausdruck bringt, auf den bzw. die
Eigentümer eines Unternehmens ab und setzt somit Unternehmen gleich Unter-
nehmer. Das Unternehmen wird als Teilmenge des Vermögens des Unternehmers
betrachtet, folglich kommt es darauf an, dem Eigner Informationen über sein Netto-
vermögen und über dessen periodische Veränderung zu liefern. Revenues erhöhen
dieses Nettovermögen, Expenses vermindern es. Da das Accounting dem Unter-
nehmer Informationen über die Rentabilität seines in ein bestimmtes Unternehmen
investierten Kapitals liefern soll, erfüllt es die Funktion einer Segmentberichterstat-
tung. Der Fokus der Proprietary Theory liegt vorrangig auf der Nettovermögensände-
rung zu einem Stichtag. Sie läßt sich insofern als statisch interpretieren 38 . Die cha-
rakteristische Bilanzgleichung der Proprietary Theory lautet wie folge 9 :

Assets (Aktivposten) - liabilities (Schulden) =Proprietor's Equity (Eigenkapital)


Die Gleichsetzung von Unternehmer und Unternehmung, also die Verbindung von
Finanzierung und Geschäftsführung, machten die Proprietary Theory zu einem theo-
retischen Fundament für Einzelunternehmen (Sole Proprietorships) und Personen-
gesellschaften (Partnerships). Andere Bilanzadressaten bleiben nach dieser Theorie
ausgeblendet, dementsprechend eignet sie sich in ihrer Grundform für eine vermö-
gensorientierte interne Informationsfunktion, findet hier allerdings aufgrund ihres
statischen Charakters schnell ihre Grenzen.
Nach herrschender Meinung läßt sich aus der Proprietary Theory kein Bewertungs-
bzw. Einkommenskonzept ableiten, vereinzelt wird allerdings die Meinung vertre-
ten, mit ihr korrespondiere eine Bewertung zu Current Costs (Tagesneuwerten)40.
Aufgrund ihrer statischen vermögensorientierten Ausrichtung ist die Proprietary
Theory für das Management Accounting, in dessen Kern immer das Ergebniscontrol-
ling (Profit Planning and Contral) steht, nur von eingeschränkter Relevanz. Wie im
Laufe dieser Arbeit noch zu zeigen sein wird, finden sich jedoch in Theorie und Pra-
xis des US-amerikanischen Management Accounting immer wieder Aussagen und

38 Vgl. zu dieser Interpretation auch BELKAOUI, Ahmed: Accounting Theory, San Diego u.a., S. 224.
39 Zur Proprietary Theory vgl. die Zusammenfassung bei HALLER, Axel: Die Grundlagen der exter-
nen Rechnungslegung in den USA, 1989, S. 108-112.
System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 29

Merkmale, die auf die Proprietary Theory zurückgeführt werden können. In diesem
Zusammenhang läßt sich insbesondere die Produktkostenkalkulation anführen.
Aufgrund des dominanten General-Ledger-Konzeptes ist das Management Accoun-
ting stark auf die Bestandsbewertung auch der externen Rechnungslegung ausge-
richtet. US-amerikanische Produktkostenkalkulationen spiegeln insofern eine Aus-
richtung an der vermögenswertorientierten Proprietary Theory wider41 .

B. Entity Theory

Im Gegensatz zur Proprietary Theory steht bei der Entity Theory nicht der Eigentü-
mer als Unternehmer im Kern der Betrachtung. Vielmehr stellt sie auf das Objekt
Unternehmen, also auf die juristische Person (Entity) ab42 . Nach dieser Theorie
wird keine Unterscheidung von Eigenkapital- und Fremdkapitalquellen vorgenom-
men, da beide aus Sicht des Unternehmens gleichgestellt sind. Demzufolge lautet
die charakteristische Bilanzgleichung 43 :

Assets (Aktivposten) =Equities (Kapital)


Assets (i.d.R. Vermögensgegenstände) sind sämtliche, sich im Eigentum des Unter-
nehmens befindenden Nutzenpotentiale, ohne Hinblick darauf, ob diese eigen- oder
fremdfinanziert sind. Demgegenüber repräsentieren die Equities Ansprüche von Ei-
gen- bzw. Fremdkapitalgebern auf diese Assets. Die Funktion der Rechnungslegung
liegt nun nach der Entity Theory darin begründet, Rechenschaft über die Verwen-
dung des anvertrauten Kapitals abzuliefern. Aus diesem Grund soll vor allem da-
rüber informiert werden, wie effizient die Unternehmung in der abgelaufenen Periode
gewirtschaftet hat. Dies wiederum rückt die Ermittlung des Corporate Income (Pe-
riodenerfolg) in den Fokus der Entity Theory. Wie auch schon in der einfachen Bi-
lanzgleichung zum Ausdruck kommt, ist das primäre Abrechnungsinstrument somit
auch nicht die Bilanz selbst, sondern eine differenzierende Gewinn- und Verlust-
rechnung. Expenses und Revenues werden nicht mehr wie bei der Proprietary

40 Vgl. BELKAOUI, Ahmed: Accounting Theory, San Diego u.a., S. 226.


41 Vgl. 5. Kapitel, S. 204.
42 Vgl. BELKAOUI, Ahmed: Accounting Theory, San Diego u.a., S.107.
43 Zur Entity Theory vgl. die Zusammenfassung bei HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen
Rechnungslegung in den USA, 1989, S. 113-116.
30 Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

Theory lediglich als Nettovermögensänderungen interpretiert. Vielmehr sieht man


Expenses als Verzehr von Nutzenpotentialen für die betriebliche Leistungserstellung,
Revenues dagegen als Ausgleich für die erbrachte Leistung des Unternehmens an 44 .
Nach herrschender Meinung läßt sich auch aus der Entity Theory kein spezifisches
Bewertungs- bzw. Einkommenskonzept ableiten. Sie stellt jedoch einen Ansatz dar,
der konstitutive Elemente für das Management Accounting enthält. Zum einen impli-
ziert sie keine statische zeitpunktbezogene, sondern - ähnlich wie die dynamische
Bilanztheorie nach Eugen Schmalenbach 45 - eine dynamische zeitraum bezogene
Betrachtungsweise. Ferner ist sie nicht primär vermögensorientiert, sondern ergeb-
nisorientiert und soll das Zustandekommen des Periodenerfolges differenziert erklä-
ren. Damit ist sie auch die erste Basic Theory of Accounting, die vorrangig mit den
Termini des Management Accounting operiert. Schließlich definieren sich nach der
Entity Theory Expenses und Revenues durch ihren Leistungsbezug. Diese Ausrich-
tung auf den eigentlichen Betriebszweck und die Betriebsleistung ist wiederum ein
Grundpfeiler des Management Accounting.

c. Fund Theory

Im Gegensatz zu den anderen Basic Theories of Accounting, die auf mehrere Wis-
senschaftler zurückzuführen sind, wurde die Fund Theory (Fonds-Theorie) aus-
schließlich durch Vatter formuliert und geprägt. Vatter war von der Idee geleitet, das
Accounting auf ein objektives Fundament zu stützen. Damit wollte er der Vieldimen-
sionalität von Rechnungszwecken gerecht werden. Vatters Theorie ist ausgespro-
chen vermögensorientiert, demzufolge statisch. Er definiert personenunabhängige
Fonds als Abrechnungseinheiten, die sich aus bestimmten Vermögensgegenständen
und Verpflichtungen zusammensetzen 46 . Das Ziel dieser Abrechnungslogik ist es,
aus diesen Bilanzschichten die jeweils rechnungszweckspezifisch relevanten Infor-
mationen zusammenstellen zu können. In diesem Sinne gleicht die Gesamtheit der
Fonds einer umfassenden Grundrechnung, auf der die rechnungszweckspezifi-
schen Auswertungsrechnungen aufbauen. Die in einem Fonds erfaßten Vermö-
gensgegenstände repräsentieren Nutzungs- bzw. Leistungspotentiale, wohingegen

44 Vgl. LITTLETON, Arthur, Accounting Evolution to 1900, 2. Aufl., New York 1966, S. 192.
45 Vgl. SCHMALEN BACH, Eugen: Dynamische Bilanz, Neuß 1962.
46 Vgl. BELKAOUI, Ahmed: Accounting Theory, San Diego u.a., S. 108.
Systembildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 31

das Kapital (Eigen- oder Fremdkapital) als Beschränkung dieser Potentiale gesehen
wird. Die charakteristische Bilanzgleichung lautet dementsprechend 47 :

Assets (Aktivposten) =Restriction on Assets (Beschränkungen des Vermögens)


Vatter geht soweit, von der Notwendigkeit einer Ergebnisrechnung überhaupt zu ab-
strahieren. Damit ist die Fund Theory für das Profit Planning and Control - als
Hauptaufgabenfeld des Management Accounting - ungeeignet. Interessanterweise
wird die Fund Theory als Ansatz angesehen, der aufgrund seiner Fondsbezogenheit
die Schnittstellen zwischen externem und internem Rechnungswesen aUfzeigt48 . Ein
Argument hierfür ist die Trennung von Grund- und Auswertungsrechnungen und
die rechnungszweckspezifische Partialbetrachtung. Ferner kann als Begründung
angeführt werden, daß Vatter eine Trennung von betriebszweckbezogenen und nicht
betriebszweckbezogenen Kosten vornimme 9 , die später im Management Accounting
mit dem Terminus Losses belegt wurden. Schließlich ist Vatters Arbeit zur Fund
Theory eines der ersten Werke, die auf Leistungsverbundenheiten und die damit
korrespondierenden Zurechnungsprobleme als besondere Problematik für das Ma-
nagement Accounting hinweist50 . Diese Aspekte wurden - wie noch zu zeigen sein
wird - in der Literatur zum Management Accounting mit großem Gewicht aufgenom-
men. Als starken Kritikpunkt an der Fund Theory kann man ihre "Ergebniskon-
zeption" werten. So entstehen Expenses, wenn die Assets als Nutzenpotentiale bei
zunehmenden Restriktionen gleichbleiben bzw. bei gleichen Beschränkungen ab-

47 Zur Fund Theory vgl. die Zusammenfassung bei HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen
Rechnungslegung in den USA, 1989, S. 116-119, vor allem aber das originäre Werk von VATTER,
William J.: The Fund Theory of Accounting and its Implications for Financial Reports, Chicago,
1947.
48 Vgl. HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, 1989, S. 119.
49 "The difficult part of the expense problem lies in the fact that the releases of service may be largely
nonvolitional, uncontrollable or even automatie and the services may be released to channels
other than those that ideally would be chosen for their disposition. The expenditures of service
are not all revenue-producing; some may spill outside the intended trough, VATTER, William J.:
The Fund Theory of Accounting and its Implications for Financial Reports, Chicago, 1947, S. 22 f.
50 ,,[ ... ] services are joint in their ultimate significance; that is services simply do not occur in discrete
bundles that can be kept entirely seperate and traced with precision",VATTER, William J.: The
Fund Theory of Accounting and its Implications for Financial Reports, Chicago, 1947, S. 23.
32 System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens

nehmen. Revenues entstehen, wenn die Nutzenpotentiale bei abnehmenden Re-


striktionen gleichbleiben bzw. bei gleichen Beschränkungen zunehmen 51 . Diese
Sichtweise ist aufgrund ihrer mangelnden Praktikabilität und letztlich wegen der Un-
möglichkeit einer exakten Kapitalzuordnung nicht haltbar.

D. Commander Theory

Die Commander Theory wurde von Goldberg 1965 begründet52 . Ihr liegt das Con-
cept of Economic Control zugrunde, was sich am besten mit Konzept der wirt-
schaftlichen Verfügungsgewalt übersetzen läßt. Dieser Ansatz impliziert, daß die
Funktion des gesamten betrieblichen Accounting Systems vorrangig in der Informati-
onsversorgung des Managements begründet liegt53 . Dementsprechend muß das
Accounting System auch die Sichtweise der Commander bzw. Manager widerspie-
geln. Nach Goldberg zeigt die differenzierte Ergebnisrechnung eben auch nur das
Ergebnis, das sich aus der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt ergibt. Mit anderen
Worten: nicht betriebszweckbezogene Aufwendungen bzw. Erträge werden aus der
Betrachtung ausgeklammert. Dieses Concept of Economic Control wurde, wie im
folgenden noch zu zeigen sein wird, späteren Arbeiten zum theoretischen Manage-
ment Accounting zugrunde gelegt. Es läßt sich als ein Ansatz klassifizieren, der sich
stark prägend auf das interne US-amerikanische Rechnungswesen auswirkte. In die-
sem Zusammenhang ist insbesondere auf die deutlichen Bezüge zu den Aufgaben-
feldern Planning and Control (operatives Controlling) sowie Decision Making (Ent-
scheidungsunterstützung) hinzuweisen 54 .
Da die Theorie jedoch als Basic Theory of Accounting für das gesamte betriebliche
Rechnungswesen Implikationen aufweist, lassen sich auch Auswirkungen auf das
Financial Accounting feststellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Unterstützung des
Decision Usefulness Approach, der besagt, daß das Financial Statement (Jahres-
abschluß) vorrangig über die Effektivität und Effizienz der Unternehmensführung

51 Vg!. VATTER, William J.: The Fund Theory of Accounting and its Implications for Financial Re-
ports, Chicago, 1947, S. 25, siehe auch COENENBERG, Adolf G.: Jahresabschluß und Jahresab-
schlußanalyse, 16. Auf!., Landsberg/Lech 1997, S. 744.
52 Vgl. GOLDBERG, Lois: An Inquiry into the Nature of Accounting, lowa City 1965.
53 Vgl. auch die Zusammenfassung bei HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen Rechnungsle-
gung in den USA, 1989, S. 119-121.
54 Vgl. 6. Kapitel, S. 241 und 7. Kapitel, S. 279 f.
System bildende Spezifika des US-amerikanischen Rechnungswesens 33

Aufschluß geben soll, um so den Eigenkapitalgebern (auf die der US-amerikanische


Abschluß ja primär ausgerichtet ist) relevante Informationen für ihre Investmentent-
scheidungen zur Verfügung zu stellen 55 .

55 Darüber hinaus wurden Teilbereiche aus dem Gedankengut der Commander Theory in jüngster
Zeit in den USA im Rahmen der sogenannten Positive Accounting Theory, die wiederum auf der
Agency Theory aufbaut, aufgegriffen, vgl. HALLER, Axel: Die Grundlagen der externen Rech-
nungslegung in den USA, 1989, S. 121.
34 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

2. Kapitel: Entwicklungsstufen des US-amerikanischen


Management Accounting im 20. Jahrhundert

I. Die Wurzeln des Management Accounting bis zum 20. Jahrhundert

In einer internationalen Betrachtung lassen sich die Anfänge des betrieblichen


Rechnungswesens bekanntlich bis auf den italienischen Franziskanermänch Luca
Pacioli zurückführen, dessen Ausführungen zum System der doppelten Buchfüh-
rung bereits 1494 in einem Mathematikbuch in Venedig erschienen 1. Daraufhin folg-
ten weitere Beiträge aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und England.
Diese frühen Werke waren regelmäßig auf den Handel ausgerichtet2 . Erst als Land-
wirtschaft und Kleingewerbe im Zuge der Industriellen Revolution durch industrielle
Produktionsformen ersetzt wurden, bildeten sich erste Formen eines Industrial Ac-
counting heraus3 . Dieser Industrialisierungsprozeß begann im 18. Jahrhundert in
England und sprang erst später auf die USA über. Die Wurzeln des US-
amerikanischen Accounting sind somit vornehmlich in England zu suchen. In nur
sehr groben Zügen läßt sich festhalten, daß erste Formen eines industriellen Rech-
nungswesens sich bis etwa 1875 hauptsächlich damit beschäftigten, einfache Ge-
schäftsvorfälle im System der doppelten Buchführung abzubilden und die Verarbei-
tung von Materialien über nur wenige Produktionsstufen zu dokumentieren, um so
gesamte Einzelkosten pro Einheit des Endproduktes zu ermitteln 4 . Diese Praxis, die

1 Vgl. PACIOLl, Luca: Abhandlung über die Buchhaltung 1494, nach dem italienischen Original von
1494 ins Deutsche übersetzt von Balduin PENNDORF , Stuttgart 1997, S. 85-157.
2 Zu dieser sehr frühen Entwicklungsstufe des Management Accounting aus amerikanischer Sicht
vgl. GARNER, S. Paul: Has Cost Accounting come of Age?, in: NACA Bulletin, March (1951), S.
287-292, hier S. 287-289; GARNER, S. Paul: Historical Development of Cost Accounting, in: The
Accounting Review, October (1947), S. 385-389 und GARNER, S. Paul: Shades of the Past, in:
The National Public Accountant, November (1974), S. 22-27.
3 Vgl. SOLOMONS, David: The Historical Development of Costing, in: Studies in Costing, London
1952, S. 1-2; vgl. auch HOLZER, Hellfried P. - Hanne NORREKLlT: Stand des Management Ac-
counting in den Vereinigten Staaten, in: Die Wirtschafts prüfung, H. 22, o.Jg. (1991), S. 699-706,
hier S. 699.
4 Eine für die damalige Zeit beachtliche Forderung nach der Abbildung des Ressourcenverzehrs
durch Fertigungsschritte über mehrere Produktionsstufen und nach der Ermittlung von Produktko-
steninformationen findet sich bei BABBAGE, Charles: On the Economy of Machinery and Manu-
factures, London 1832, S. 203 f.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 35

bis etwa 1875 beibehalten wurde, läßt sich somit als eine Phase des Prime Costing
(Einzelkostenrechnung) identifizieren 5 . Jedoch wurde die Vorgehensweise im letzten
Quartal des 19. Jahrhunderts zunehmend kritisiert. Nach Jahren einer weitestgehen-
den Einigkeit über die Methodik des Costing fand nun eine regelrechte Costing Re-
naissance statt. Gründe für diesen Wandel waren die erheblich gestiegene Größe
und auch Komplexität der Unternehmen und die verwaltungstechnischen Probleme,
die damit verbunden waren. Die dadurch notwendige Ausstattung mit personellen
und vor allem maschinellen Ressourcen zwang zu erheblichen Investitionen und der
korrespondierenden Beschaffung von Finanzkapital. Auf diese Weise verschob sich
das Verhältnis von Prime Costs (Einzelkosten) zu Overhead Costs erstmals funda-
mental 6 . Insbesondere die entstehende Eisenbahnindustrie brachte in den USA das
Overhead Problem in den Fokus 7 . Damit verbunden war ein zunehmender Steue-
rungsbedarf. Entscheidungskompetenz und Ausführung wurden voneinander ent-
koppelt. Die Entscheider bzw. Manager benötigten demzufolge Leistungs-, Kosten-,
Erlös- und letztlich Ergebnisinformationen, an hand welcher sie die Effizienz und Ef-
fektivität ihrer Entscheidungen zu messen vermochten.

11. True Cost Approach

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das US-amerikanische Management Accoun-


ting Instrumentarium auf die Ermittlung voller Produktkosten gerichtet. Es wurde im-
pliziert, man könne für die einzelnen Leistungseinheiten methodisch sauber verursa-
chungsgerechte Kosten, sogenannte True Costs 8 ermitteln. Diese GrundeinsteIlung

Vgl. KAPLAN, Robert S. - Anthony A. ATKINSON: Advanced Management Accounting, 2. Aufl.,


New Jersey 1989, S. 5. Unter Prime Costs versteht man im US-amerikanischen Sprachgebrauch
die Kostenarten Direct Material und Direct Labor - also die typischen Einzelkosten. Demgegen-
über werden Primärkosten für den Verzehr von Gütem bzw. Dienstleistungen von außen als Prim.!!,:
!lI. Costs bezeichnet.
6 Zu dieser Costing Renaissance vgl. SOLOMONS, David: The Historical Development of Costing,
in: Studies in Costing, London 1952, S. 17-20.
Zu den Impulsen der sich entwickelnden Eisenbahnindustrie für das Management Accounting vgl.
KAPLAN, Robert S. - H. Thomas JOHNSON: Relevance Lost - The Rise and Fall of Management
Accounting, Boston 1987, S. 34-38.
8 Vgl. WHITMORE, John: Shoe Factory Cost Accounts, in: Joumal of Accountancy, May (1908), S.
955.
36 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

hielt sich bis etwa 1940, als sich zunehmend die Auffassung festigte, man könne
Kosten nicht mehr als richtig oder falsch klassifizieren, sondern nur als relevant bzw.
irrelevant bezüglich spezifischer Entscheidungssituationen.
In dieser Periode der Costing Renaissance sprach man häufig von einem Ascer-
tainment of Actual Cost (Feststellen von Istkosten). Produktkosteninformationen
wurden regelmäßig in Nachkalkulationen auf einer "rough and ready" Basis ermit-
telt9 . Die verbreitetste Kalkulationsmethode war damals die Percentage on Prime
Cost Method, bei der ein einheitlicher Prozentsatz auf die Summe der Einzelkosten
Anwendung fand, um auf diese Weise sowohl eine Deckung des Overhead als auch
die Erzielung eines angemessenen Gewinnes sicherzustellen 10. Diese Methode er-
achtete man damals als ausreichend, da zum einen dem Gemeinkostenblock auf-
grund seines geringen Anteils an den Gesamtkosten eine relativ geringe Bedeutung
beigemessen wurde. Zum anderen nahmen die nur wenigen verschiedenen Produk-
te die gemeinkostenverursachenden Ressourcen vergleichsweise homogen in An-
spruch. Eine derart grobe Aufteilung erfüllte mithin die Anforderungen, die damals
gemeinhin an True Costs gestellt wurden 11.

A. Scientific Management

Als erste Epoche des True Cast Approach läßt sich das Scientific Management -
gemeinhin übersetzt als wissenschaftliche Betriebsführung - abgrenzen 12. Das
Scientific Management wird insbesondere auf den amerikanischen Maschinenbauin-
genieur Frederick Winslow Taylor zurückgeführt, der bereits 1895 vor der ASME

9 Der Begriff der rough and ready basis findet sich bei CHURCH, Alexander H.: The Meaning of
Commercial Organisation, in : Engineering Magazine, H. 20, December (1900),8.394.
10 Eine Auflistung weiterer Varianten derartiger rough and ready Kalkulationen findet sich bei
SOLO MONS, David: The Historical Development of Costing, in: 8tudies in Costing, London 1952,
8.22.
11 Beispielsweise verwendete die Gießerei 8trieby and Foote 1883 das "Beecher Rule", nach dem
Material- und Fertigungseinzelkosten lediglich verdoppelt wurden, um volle Herstellkosten zu ermit-
teln. Dieses Verfahren beschrieb man als ..wonderfully elose approximation to accuracy", vgl.
ROLAND, Henry: An effective system of finding and keeping shop costs, in: Engineering Magazine,
H. 15, May (1898),8.241.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 37

(American Society of Mechanical Engineers) einen Vortrag über das Akkordlohnsys-


tem (Piece Rate System) hielt und darin seine Grundprinzipien der wissenschaftli-
chen Betriebsführung (Principles of Scientific Management) definierte. Synonym zum
Begriff Scientific Management wird nach seinem maßgeblichen Begründer häufig
auch der Terminus Taylorism verwendet 13 .
Es waren insbesondere die Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, die
sich am Ende des 19. Jahrhundert zu großen komplexen Produktionsunternehmen
entwickelten, die neue Anforderungen an das betriebliche Accounting-
Instrumentarium stellten. Diese produzierten viele verschiedene Produkte über meh-
rere Produktionsstufen, die ihrerseits die Produktionskapazitäten in sehr unter-
schiedlichem Maß in Anspruch nahmen. Unter diesen Bedingungen waren Produkt-
kosteninformationen auf einer rough and ready Basis nicht mehr adäquat, um zum
einen die Effizienz des Produktionsprozesses zu dokumentieren und zum anderen
als Grundlage für die Preisfindung zu dienen 14.

1) Das Scientific Management als Wegbereiter der Plankostenrechnung


Die mangelhafte Transparenz der Effizienz der Produktionsprozesse war der Haupt-
grund, der den Pionieren des Scientific Management Movement dazu Anlaß gab,
Produktionsprozesse eingehend zu analysieren, um so den komplizierten Produkti-
onsablauf in viele kleine, standardisierte Prozesse zu zerlegen, die einer weitaus
besseren Steuerung zugängig sind als das komplexe Gesamtprozeßgeflecht. Taylor
war von der Idee geleitet, durch die Vorgabe von optimierten Standard prozessen
("the one best way to do a specific job") und korrespondierenden Vorgabezeiten
einen effizienten Einsatz der Humanressourcen sicherzustellen. Diese genauen Vor-
gabezeiten für repetitive Arbeitsschritte sowie exakte Sollmaterialverbräuche dienten
als Standards, auf dessen Basis die Arbeiter "scientificially determined" bezahlt wer-

12 Vgl. die autorisierte Übersetzung der Biographie von Frederick Winslow Taylor, TAYLOR,
Frederick W. - übersetzt von ROESLER, Rudolf: Die Grundsätze wissenschaftlicher
Betriebsführung, München 1922.
13 Vgl. DRURY, Horace B.: Wissenschaftliche Betriebsführung - Eine geschichtliche und kritische
Würdigung des Taylor-Systems, München 1922, S. 30 f.
14 Vgl. KAPLAN, Robert S. - Anthony A. ATKINSON: Advanced Management Accounting, 2. Aufl.,
New Jersey 1989, S. 4.
38 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

den sollten 15. Die akribische Vorgabe von Standardverbräuchen und -zeiten läßt sich
zugleich als erste Entwicklungsstufe des Standard Costing identifizieren. Als erste
Variante fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Standard Costing basierend auf
Prime Costs (Planeinzelkostenrechnung 16) Anwendung 17. Istkosten wurden somit
nicht mehr als eine allgemein gültige Entscheidungsgrundlage für betriebliche Ent-
scheidungen akzeptiert. Man suchte nach einem Maßstab, der eine Beurteilung der
angefallenen und abgerechneten Istkosten ermöglichen sollte. Neben der PIanein-
zeikostenrechnung, wie sie aus dem frühen Scientific Management und den Arbeiten
Taylors hervorging, enwickelte sich als Übergangsform vom Actual Costing zum heu-
tigen Standard Costing das Normal Costing, bei dem die Kostenvorgaben aus den
Durchschnitten vergangener Abrechnungsperioden gebildet wurden 18. Diese Ent-
wicklung resultierte aus der zunehmenden Beschäftigung mit der Problematik des
Idle Time Loss (Kosten der ungenutzen Kapazität/Leerkosten). Zunehmend disku-
tierten Fachgelehrte die Frage, ob die Kosten der Idle Capacity Bestandteil der True
Costs seien, oder ob sie nicht von diesen getrennt auszuweisen seien 19. In dieser
Zeit entwickelte sich die Einstellung, daß die mit der ungenügenden Kapazitätsaus-
lastung verbundenen Leerkosten völlig separat von den Bestandskonten der unferti-

15 Vgl. WITTE, Irene M.: Taylor • Gilbreth • Ford: Gegenwartsfragen der amerikanischen und europäi-
schen Arbeitswissenschaft, München und Berlin 1925., S. 31 f.
16 Terminus vom Verfasser.
17 "In this way, the standard material and labor cost of products could be predicted and subsequently
compared with the costs actually incurred", KAPLAN, Robert S. - Anthony A. ATKINSON: Ad-
vanced Management Accounting, 2. Aufl., New Jersey 1989, S. 5.
18 Zu dieser Entwicklungslinie vom Actual Costing über das Normal Costing zum Standard Costing
vgl. SOLOMONS, David: The Historical Development of Costing, in: Studies in Costing, London
1952, S.31-45.
19 Zu dieser Auseinandersetzung mit der Problematik des Idle Time Loss vgl. SOLOMONS, David:
The Historical Development of Costing, in: Studies in Costing, London 1952, S. 27-30. So war es
auch diese Diskussion um die Leerkosten, die Clark zu einer detaillierten Untersuchung insbeson-
dere fixer Gemeinkosten inspirierte, die schließlich zu dem Resultat "different casts far different
purposes" gelangte. "That fact is unused capacity, or capacity of which full advantage is not taken.
"Idle overhead", that great industrial sin, is simply the expense side of this unused capacity "
Our study of averhead cost will be largely a study of unused powers of production", CLARK,
John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, Hervorhebungen vom Ver-
fasser. S. 1.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 39

gen und fertigen Erzeugnisse (Work in Process und Finished Goods) verrechnet
werden sollten. Man vertrat die Auffassung, diese Leerkosten müßten auf einem
Konto mit der Bezeichnung Idle Plant Account erfaßt werden, das wiederum zum
Ende der Abrechnungsperiode in die geschlossene Betriebsergebnisrechnung zu
übertragen sei 2o . John Whitmore ging noch weiter und postulierte die Forderung,
daß grundsätzlich alle Kosten, die nicht notwendigerweise für die Produktion in Kauf
genommen werden müßten ("not necessarily incurred for manufacturing"), von den
"wahren Kosten" zu separieren seien 21 . Um die Kosten des Idle Time Loss zu sepa-
rieren, entwickelte man Plankostenrechnungskonzepte (Standard Costing Systems),
in denen Actual und Standard Costs auf Basis der Istbeschäftigung einander gegen-
übergestellt wurden, um so Beschäftigungsabweichungen (Volume Variances) und
Verbrauchsabweichungen (Efficiency-in-use Variances) voneinander getrennt aus-
weisen zu können 22 . Diese Systeme waren im Gegensatz zu ihren Vorgängern nicht
mehr kostenträgerorientiert, sondern kostensteIlenorientiert. Der amerikanische In-
genieur Percy Longmuir erkannte bereits 1902 den Nutzen der Überwachung und
Steuerung der Prozeßwirtschaftlichkeit und forderte die Festlegung von Standardko-
sten als Costs of Functions 23 . So wurden Standard Costs als Kosten einer Ausbrin-
gungseinheit pro KostensteIle definiert, die dann später im System der Solikosten-
rechnung als Basis der Flexible Expenses (Sollkosten) herangezogen werden soll-
ten. Es ist entwicklungsgeschichtlich bemerkenswert, daß die Idee einer flexiblen
Kosten- und auch Ergebnisplanung, die ja auf eine Separierung reiner Volumenef-

20 Zum Idle Plant Account vgl. WEBER, Karl: Amerikanische Standardkostenrechnung, Winterthur
1960, S. 52 und die dort angegebene Literatur.
21 "I would say that true or correct costs does not necessarily include every expense incurred in the
course of producing an article. [... ) If this is established, it establishes the principle that im proper
costs may be seperated and stated under a heading which will distinguish between these and
manufacturing expenses properly and necessarily incurred", WHITMORE, John: Shoe Factory
Cost Accounts, in: Journal of Accountancy, May (1908), S. 955.
22 Vgl. dazu die Beiträge des amerikanischen Ingenieurs LONGMUIR, Percy: Recording and Inter-
preting Foundry Costs, in: Engineering Magacine, September (1902), S. 887 und des englischen
Accountants GARRY, Henry S.: Factory Costs, in The Accountant, July (1903), S. 954-961.
23 Vgl. LONGMUIR, Percy: Recording and Interpreting Foundry Costs, in: Engineering Magazine,
September (1902), S. 887.
40 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

fekte abstellt, in den USA bereits 1903 sehr klar in der Arbeit von Henry Hess vorge-
tragen wurde 24 .
Die Entstehung der Plankostenrechnung in Deutschland ist letztlich auf diese frühen
amerikanischen Ansätze, die von den deutschen Plankostenrechnungspionieren
Hans Georg Plaut und Wolfgang Kilger etwa 50 Jahre später aufgenommen wur-
den, zurückzuführen 25 .

2) Die Maschinenstundensatzrechnung (Machine Hour Rate Costing) als


Ausfluß des Scientific Management
Schließlich bleibt noch zu erwähnen, daß auch die Entwicklung des Machine Hour
Rate Costing bzw. Machine Accounting (Maschinenstundensatzrechnung) in den
USA auf das zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstehende Overhead Problem zu-
rückzuführen ist. Auch hier nahm England, als Mutterland der Industriellen Revoluti-
on, eine Vorreiterrolle ein 26 . Allerdings war die praktische Akzeptanz maschinenstun-
densatzbasierter Overhead Allocation Systeme in den USA bis etwa 1920 noch rela-
tiv gering. Eine Ausnahme stellten die Chemische Industrie, Glasindustrie und die
Raffineriebetriebe dar, bei denen die Direct Labor Costs einen so geringen Anteil an
den Gesamtkosten ausmachten, daß die hohen Production Overhead Costs (Fer-
tigungsgemeinkosten) entsprechend der zeitlichen Inanspruchnahme der Ferti-
gungskapazitäten verrechnet wurden. Erst gegen Ende der 50'er Jahre wurde die
Maschinenstundensatzrechnung als innovatives Konzept mit Begeisterung aufge-

24 Vgl. HESS, Henry: Manufacturing: Capital, Costs, Profits, and Dividends, in: The Engineering Ma-
gacine, Dezember (1903), S. 367 ff.
25 Hans-Georg PLAUT, nach herrschender Meinung Begründer der modernen Plankostenrechnung
in Deutschland, bezieht sich explizit auf das US-amerikanische Schrifttum als Ursprung der Plan-
kostenrechnung: "Die flexible Plankostenrechnung stammt also aus Amerika. Diese Feststellung
erscheint mir wichtig, weil auch die [...] Grenzplankostenrechnung amerikanischen Ursprungs ist
und feststeht, daß sich in Amerika, das uns auf diesem Gebiet jahrelang voraus ist, allmählich die
Entwicklung von der flexiblen zur Grenzplankostenrechnung vollzieht", PLAUT, Hans-Georg: Die
Grenzplankostenrechnung, in: ZfB, 23. Jg. (1953), S. 348.
26 Vgl. SOLOMONS, David: The Historical Development of Costing, in: Studies in Costing, London
1952, S. 24-25 und dort die Bezugnahme auf den Engländer Sir John MANN. Mann plädierte für
eine Aufteilung des Overhead-Blocks in folgende Kategorien: a) Buying Costs, die auf die Cost
of Goods Bought (Materialeinzelkosten) bezogen werden sollten b) Selling Costs, die auf die Um-
sätze bezogen werden sollten c) Production Expenses, die entsprechend der Maschineninan-
spruchnahme, gemessen in Maschinenstunden, abgerechnet werden sollten.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 41

nommen 27 . Die lange Verzögerung in der theoretischen Diskussion und schließlich


Akzeptanz von Maschinenstundensätzen und überhaupt differenzierenden Be-
zugsgrößensystemen kann letztlich in den USA auf das Fehlen eines laufend ge-
führten Mengen- und Zeitgerüstes zurückgeführt werden 28 .
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß diese frühe Evolutionsphase des Mana-
gement Accounting als die logische Folge der rationalistischen, wissenschaftlichen
Betriebsführung angesehen werden kann. Wie die Ausführungen zeigen, wurden
bereits zu dieser Zeit wesentliche Instrumente des heutigen Management Accoun-
ting geprägt. Instrumente wie das Standard Costing oder das Machine Hour Rate
Costing nehmen heute ihren festen Platz in der operativen Kosten-, Erlös- und Er-
gebnisrechnung ein. Zudem muß festgehalten werden, daß man zu dieser Zeit
Standard Costs als True Costs betrachtete29 . Nicht nur die anfallenden Ist-kosten
wurden als Faktum angesehen, ebenso wurden gesetzte Plankosten als absolut rich-
tige Vorgabewerte interpretiert. Die Frage nach unternehmens- und kostensteilenbe-
zogen relevanten Standards und den korrespondierenden Bezugsgrößen zur Ermitt-
lung von Sollkosten (Flexible Expense Budgets) blendete man aus der Diskussion
weitgehend aus. Schließlich gilt es festzuhalten, daß die damaligen Systeme sich auf
die Überwachung und Steuerung des Produktionsbereiches beschränkten. Garner
subsumiert dieses Instrumentarium daher auch unter dem Terminus Factory Cost

27 Ein Beleg für diese enthusiastische Akzeptanz der Maschinenstundensatzrechnung ist das Zitat von
Crossman 1958: "Perhaps the newest development in the field of management accounting is in the
broad area of machine accounting. [... ] Without question, it seems certain that the accountant has
before him one of the most promising sources of expanded and improved services ot management
which has presented itself since the invention of the typewriter and the adding machine,
CROSSMAN, Paul T.: The Nature of Management Accounting, in: : The Accounting Review, H. 4
(1958), S. 222-227, hier S 226.
28 So verweist Geiser darauf, daß in den USA - ganz im Gegensatz zu den deutschen Verhältnissen -
noch bis Mitte der SO'er Jahre der Einsatz differenzierter Bezugsgrößen als Novität galt. Vgl.
GEISER, Bernd: Prozeßkostenrechnung und Activity Based Costing (ABC), in: HORVATH &
PARTNER GmbH (Hrsg.): Prozeßkostenmanagement, 2. Aufl., München, S. 65-77, hier S. 68.
29 Vgl. WEBER, Karl: Amerikanische Standardkostenrechnung, Winterthur 1960, S. 9.
42 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Accounting und stellt fest, daß die grundlegende Entwicklung dieses Methodenpo-
tentials bereits 1915 weitgehend abgeschlossen war3D .
Abbildung 2.1 zeigt die Elemente des Scientific Management im Überblick.

Actual Costing Percentage on Prime Cost Method


(Istkostenrechnung): =1875=1900

Standard Costing based on Prime

..
Costs (Solleinzelkostenrechnung)

Standard Costing i.w.S.:


Normal Costing

..
=1900 =1915

Standard Costing Le.S.

Machine Hour Rate Costing: =1900 =1915

Abbildung 2.1: Elemente des Factory Cost Accounting im Scientific Management

3) John M. Clark: Different Costs for Different Purposes als zeitlich korre-
spondierende Grundposition
Clark lehrte als Professor für Volkswirtschaftslehre an der University of Chicago.
Seine Arbeit beschäftigt sich im Kern mit der Problematik ungenutzter Kapazität, des
Idle Time LOSS 31 . Es geht ihm also um die Wirtschaftlichkeit, mit der die Fixkosten
verursachenden Ressourcen eingesetzt werden. Insofern zielt er erklärtermaßen auf
den wirtschaftlichen Einsatz der Ressourcen, die fixe Gemeinkosten verursachen,
ab 32 .

30 Vgl. GARN ER, Pau!: Historical Development of Cost Accounting, in: The Accounting Review, Oelo-
ber (1947), S. 389.
31 "Unused capacity is its central theme" und "Idie overhead, that great industrial sin", CLARK, John
M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. IX, 1.
32 The whole body of economic thought must become an "economics of overhead costs", implizit
bezieht sich Clark dabei immer auf fixe Gemeinkosten. Dies wird besonders deutlich in der fol-
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 43

Clark beschäftigte sich in diesem Zusammenhang primär mit der Frage, unter weI-
chen Bedingungen und in welchem Umfang Gemeinkosten auf bestimmte Objekte
zugerechnet werden können und konstatiert für die damalige Zeit des True Cost Ap-
proaches bemerkenswert, daß es hierfür keine universell gültige Antwort gäbe33 .
Dies wiederum bringt ihn dazu, Kostenzurechnungsprinzipien zu diskutieren und
eine Kostentypologie aufzustellen. Für die damalige Zeit war dies bemerkenswert
und prägte die US-amerikanische Kostenrechnungsliteratur nachhaltig. Der vielzitier-
te Ausspruch Clarks "different costs for different purposes,,34 wird insofern bei Clark
selbst inhaltlich erst durch seine Zurechnungsprinzipien und die Kostentypologie
ausgefüllt. Dies kann als der wesentliche Beitrag Clarks zur Entwicklung des füh-
rungsorientierten Rechnungswesens in den USA angesehen werden. Abbildung 2.2
zeigt die Kostenzurechnungsprinzipien, Abbildung 2.3 die Kostentypologie mit den
von Clark gebildeten Begriffspaaren auf.
Interessanterweise diskutiert Clark auch die Frage, ob kalkulatorische Kosten für
das betriebsnotwendig gebundene Finanzkapital überhaupt als Kostenelement an-
zusehen sind. Nach herrschender US-amerikanischer Lehre ist dies ja nicht der
Fa1l 35 . Dem Postulat der Entscheidungsrelevanz folgend, befürwortet Clark den Ein-
bezug der kalkulatorischen Kosten in Kostenvergleichsrechnungen, sofern die
Entscheidungen unterschiedliche Kapitalbindungen induzieren.

gen den Aussage, mit der er den Fixkostendegressionseffekt thematisiert: "One of the most im-
portant aspects of overhead costs is the fact that increased output commonly brings increased effi-
ciency or decreased expense per unit", Hervorhebungen vom Verfasser, CLARK, John M.: Stu-
dies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. IX, 70.
33 "Should we, or should we not count 'overhead costs' in deciding whether a given thing is worth
producing? There is no universal answer: no formula by wh ich all cases can be settled in advance.",
CLARK, John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. 21.
34 Clark überschrieb sein 9. Kapitel mit dem Untertitel "different costs for different purposes". Dort
wird die Geschichte eines fiktiven Werks geschildert, in dem typische industrielle Kostenzurech-
nungsfragen (z.B. anläßlich eines Verfahrenswechsels) auftreten. Clark illustriert mit diesen Zu-
rechnungsbeispielen die Rechnungszweckabhängigkeit der relevanten Kosten. Vgl. CLARK, John
M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. 175-203.
35 Vgl. WEBER, Karl: Amerikanisches Direct Costing, Bem und Stuttgart 1964, S. 16.
44 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Kostenzurechnungsprinzipien
~ / ~ ~
Ability to pay Causal responsibility Benefit or use Stimulus to improved utilization
(Tragfähigkeitsprinzip) (Verursachungsprinzip) (Inanspruchnahme) (knappheitsbezogene Lenkprei-
se)

Abbildung 2.2: Kostenzurechnungsprinzipien nach Clark (1923)36

Operating Expenses vs Fixed Charges


(Zweckaufwand, Grundkosten) (absolut fixe Kosten)

Variable Cost vs Constant Cost


(variable Kosten) (sprungfixe Kosten)

Differential Cost Residual Cost


(entscheidungsrelevante Grenzkosten) vs (entscheidungsirrelevante Kosten, unberührt
von einer spezifischen Entscheidung)

Urgent Costs vs Postponable Costs


(dringliche Kosten) (verschiebbare Kosten)

Direct Expenses vs Indirect Expenses


(Einzelkosten) (Gemeinkosten)

Manufacturing Expenses vs Selling Expenses


(Herstellungskosten) (Vertriebskosten)

Sunk Costs (irreversible Vergangenheitskosten)

Joint Costs (Kuppelproduktionskosten)

Abbildung 2.3: Kostentypologie nach Clark (1923)37

Noch bemerkenswerter ist jedoch, daß Clark im Zusammenhang mit der Angebots-
preiskalkulation feststellt, daß kalkulatorische Zinsen als Gewinnelement angese-

36 Vgl. CLARK, John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. 31 ff.
37 Vgl. CLARK, John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, 46-69.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 45

hen werden können 38 . Im Einkreissystem des US-amerikanischen Rechnungswe-


sens ist eine derartige Stellungnahme besonders gut erklärlich, da das Rechnen mit
kalkulatorischen Zinsen der Konvergenz der Rechenkreise entgegensteht. Heute
argumentieren auch führende deutsche Fachvertreter im Zuge der Harmonisierung
von externem und internem Rechnungswesen gegen ein Rechnen mit kalkulatori-
schen Zinsen 39 .
Mit seinem Konzept des vieldimensionalen Rechnens mit rechnungszweckabhängi-
gen, relevanten Kosten forderte Clark letztlich einen Aufbau entscheidungsorien-
tierter Sonderrechnungen, die jedoch durchaus auf Basis des General Ledger ge-
neriert werden können 4o :

[. .. } the thing to do is to cease trying to make one concept do the work of


several. [. ..] the ultimate solution lies in the development of systems of cost
analysis which shall be separate from the formal books of account,
though based on the same data.

B. Management Control

Die nächste Entwicklungsstufe des Management Accounting in den USA war eine
Phase, in der die Notwendigkeit aufkam, differenzierende Konzepte und an-
spruchsvolle führungsorientierte Berichtssysteme für die Unternehmensführung zu
entwickeln und sie zu implementieren. Überhaupt kann diese Ära als der Stimulus für
ein ausgebautes internes Rechnungswesen in den USA angesehen werden.
Der Beginn dieser Zeitspanne läßt sich auf die 20'er Jahre festschreiben. Das Jahr-
zehnt nach dem ersten Weltkrieg wird in den USA als the Roaring Twenties be-
zeichnet, was sich wohl am trefflichsten mit "die tosenden zwanziger Jahre" überset-

38 Clark schließt sich damit einer Stellungnahme der Federal Trade Commission an, nach der es
heißt: ,,[ ...] interest is a profit", CLARK, John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs,
Chicago 1923, S. 66.
39 Vgl. MÄNNEL, Wolfgang: Zinsen im innerbetrieblichen Rechnungswesen, in: Kostenrechnungs-
praxis (krp), 42. Jg. (1998), H. 2, S. 83-97, insbesondere S. 83-86. Männel fordert die Veranschla-
gung von Eigenkapitalzinsen als steuerpflichtiges Gewinnelement und den Ansatz von Fremd-
kapitalzinsen als pagatorisches Kostenelement.
40 CLARK, John M.: Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923, S. 68.
46 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

zen läßt41 . In dieser Phase wurden aufgrund technisch-organisatorischer Innovatio-


nen enorme Produktivitätssteigerungen erziele 2 . Die Massengüterproduktion und die
entsprechende Nachfrage nach insbesondere immer billiger werdenden Konsumgü-
tern führten dazu, daß sich die Industrieproduktion der USA zwischen 1921 und
1929 beinahe verdoppelte 43 .
Konzepte des internen Rechnungswesens zeichnen sich regelmäßig dadurch aus,
daß sie gegenüber der externen Rechnungslegung, die auf einem viel höheren Ag-
gregationsniveau erfolgt, zeitlich und sachlich stärker differenzieren. In den USA
wurden differenzierende Konzepte maßgeblich durch das Auftauchen funktional
diversifizierter Unternehmen mit breiten Produktpaletten gefördert. Eine Innovator-
funktion kommt in diesem Zusammenhang der DuPont de Nemours Powder Com-
pa ny zu, die - 1903 gegründet - den Prototyp dieser neuen Organisationsform dar-
stellte. DuPont sah sich nicht mehr lediglich damit konfrontiert, ein bzw. wenige Pro-
dukte kostenwirtschaftlich zu fertigen und abzusetzen, vielmehr stellte sich die Auf-
gabe, knappes Kapital den rentabelsten Verwendungen aus einer Vielzahl potentiel-
ler Alternativen zuzuführen 44 . Dazu wurde das Maß des Return on Investment ein-
geführt, das die Abteilungsergebnisse auf das in diesen Abteilungen gebundene Ka-
pital bezieht.

1) Implikationen des ROI-Konzeptes für das Management Accounting


Eine heutzutage weitestgehend unbekannte Tatsache ist, daß die Konzeptionierung
des ROI hauptsächlich eine Folge des ersten Weltkrieges war. DuPont war während
des Krieges der größte Schießpulver- und Sprengstoffproduzent Amerikas. Nach

41 Vgl. ANGERMANN Erich: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, 8. Aufl., München 1987,
S.84.
42 So führte Henry Ford 1914 das Fließband ein. Femer wurden in diesem Zeitraum fundamentale
Innovationen wie der Elektromotor und neue Verfahren zur Verarbeitung von Aluminium und
neuen Kunststoffen realisiert. Die Automobilindustrie nahm gewaltige Dimensionen an. Vgl.
ANGERMANN Erich: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, 8. Aufl., München 1987, S.
92 f.
43 Vgl. ANGERMANN Erich: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, 8. Aufl., München 1987,
S. 92 f.
44 Vgl. dazu die hervorragende Analyse der Organisation und Führungsinstrumente der DuPont de
Nemours Powder Company bei CHANDLER, Alfred 0.: The Visible Hand - The Managerial Re-
volution in American Business, Cambridge 1977, S. 438-450.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 47

Kriegsende sah sich das Unternehmen in der Situation, zum einen den bedeutend-
sten Absatzmarkt verloren zu haben. Zum anderen konnten aber auch die hohen
Gewinne aus dem Rüstungsgeschäft in neue Produktfelder investiert werden. So
wandelte sich DuPont - bis dahin quasi Einproduktunternehmen - zu einem diversifi-
zierten Konzern. Die Notwendigkeit der Beurteilung der vielfältigen Leistungsfelder
anhand einheitlicher Kennzahlen und eines insgesamt einheitlichen Berichtswe-
sens war die logische Folge und gleichzeitig die Geburt des ROI-Konzeptes 45 .
Die Kennzahl des ROI wurde entsprechend dem heute bekannten und verbreiteten
ROI-Schema weiter in die Kennzahlen Return on Sales oder Operating Ratio (Ge-
winnspanne) und Sales Turnover Ratio (Kapitalumschlag) als Faktoren des ROI
zerlegt. Durch die Zuordnung der einzelnen Vermögens- und Ergebniskonten des
Balance Sheet und Income Statement zu den Komponenten der Kennzahlen konnte
so transparent gemacht werden, in welchem Maße einzelne Aktivitäten in den ein-
zelnen Abteilungen zur Erfüllung der übergeordneten Zielsetzung Maximierung der
Gesamtkapitalrentabilität beitragen. Zwar steht das ROI-Konzept als rentabilitätsbe-
zogener Ansatz auf einer anderen Ebene als das sonstige Methodenpotential des
Management Accounting, das ja überwiegend auf Profitabilität abstellt. Jedoch spie-
gelt sich in diesem Konzept zum einen die zunehmende Ausrichtung auf divisionali-
sierte Unternehmensstrukturen wider. Zum anderen wirkte die Methodik weiterhin als
Motor dieser Organisationsform. Sie prägte insofern im Zuge der weiteren Ent-
wicklung die starke Ausrichtung des Instrumentariums des Management Accounting
auf die Profit-Center-Strukturen in den USA.
Der Durchbruch dieses Instruments läßt sich auf die 20'er Jahre datieren, als Du-
Pont sich vom funktional organisierten und vertikal integrierten Unternehmen zum
multidivisionalen Unternehmen reorganisierte. Ebenso adaptierte General Motors
zur sei ben Zeit die Divisionalisierung als neue Organisationsform - und mit ihr den
Einsatz des ROI-lnstrumentariums 46 . Im Zuge der weiteren Divisionalisierung wurde

45 Vgl. BERTSCH, Ludwig H.: Zum Stand des Controlling in den USA, in: MAYER, Elmar - Jürgen
WEBER (Hrsg.): Handbuch Controlling, Stuttgart 1990, S. 655-670, hier S. 657 f.
46 Der Einzug dieses Instrumentariums in die US-amerikanische Automobilindustrie ist letztlich auf die
enge Verzahnung beider Unternehmen zurückzuführen (DuPont war einer der Hauptaktionäre von
General Motors, zudem wurde Pierre DuPont 1920, nachdem General Motors in finanzielle
48 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

das ROI-System in vielen US-amerikanischen Betrieben implementiert. Insbesonde-


re nach dem 2. Weltkrieg kam die Profit-Center-Organisation und das ROI-Konzept
auf breiter Ebene zum Durchbruch. General Motors, DuPont und General Electric
waren in den 20'er Jahren die Standardsetter dieser Organisationsform, die von
Chandler als Multidivisional Structure bezeichnet wurde 47 .

2) Flexible Budgets, Umsatzberichte und Abweichungsanalysen


Als weitere Elemente typischer Accounting-Systeme in dieser Phase des Manage-
ment Control läßt sich der konsequente Einsatz von (durch das frühe Standard Cos-
ting induzierten) Flexible Budgets, Sales Reports und der Durchführung der Vari-
ance Analysis (Plan-Soll-Ist-Vergleiche und Abweichungsanalyse) identifizieren.
Neben dem zentralen Maß des ROI dienten Flexible Expense Budgets als Instru-
mente der kostensteIlenbezogenen Wirtschaftlichkeitskontrolle (Cost Center Perfor-
mance Measurement), da sie die Kostenwirtschaftlichkeit durch Eliminierung der Be-
schäftigungsabweichungen (Volume Variance) abzubilden vermochten. Umsatz- und
absatzbezogene Sales Reports und die korrespondierende Untersuchung von Ab-
weichungsursachen (Variance Analysis) dienten zur Planung, Steuerung und
Kontrolle des Absatzbereiches 48 . Mithilfe der organisatorischen (Functional Organi-
sation und Decentralized Responsibility) und instrumentellen (ROI-Concept, Sales
Reports, Flexible Budgets) Maßnahmen wurde auf dieser Entwicklungsstufe die Ba-
sis für das Responsibility Accounting geschaffen. Durch die so ermöglichte Ab-
grenzung und rechnerische Abbildung von Verantwortungsbereichen und die
Delegation von Entscheidungskompetenz und -verantwortung konnte das Top
Management die einzelnen Abteilungen kontrollieren, steuern und koordinieren und
wurde damit von operativen Tätigkeiten entlastet. Die angeführten Konzepte lassen
sich alle als differenzierende Ansätze einordnen.

Schwierigkeiten geraten war, Vorsitzender von General Motors), vgl. KAPLAN, Robert S.: The
Evolution of Management Accounting, in: The Accounting Review, April (1984), S. 398.
47 Zu der Entwicklung dieser Multidivisional Structure vgl. CHANDLER, Alfred 0.: The Visible Hand
- The Managerial Revolution in American Business, Cambridge 1977, S. 457-464.
48 Vgl. die betriebswirtschaftliche Analyse der organisatorischen und instrumentellen Konzepte der
Phase des Management Contral bei KAPLAN, Robert S. - H. Thomas JOHNSON: Relevance Lost
- The Rise and Fall of Management Accounting, Boston 1987, S. 93-123.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 49

Eine wesentliche Rolle hinsichtlich der internen Wettbewerbsorientierung und Ver-


gleichbarkeit spielten zudem noch die Ressourcenallokation und Personalvergütung
(Management Campensation) auf der Basis einheitlicher, standardisierter Lei-
stungsmaßstäbe (Uniform Performance Criteria).

3) William J. Vatter: Der Management Viewpoint, vom Cost Accounting zum


Management Accounting als korrespondierende Grundposition
Vatter lehrte als Professor für Rechnungswesen an der University of Chicago. Im
ersten Kapitel wurde bereits Vatters Fund Theory aufgegriffen 49 . Diese vermögens-
orientierte Theorie definiert sich zum einen über Fonds als spezifische Abrech-
nungseinheiten und zum anderen über eine klare Trennung von Grundrechnung
und Auswertungsrechnungen. Das Konzept der Grundrechnung und der fallwei-
sen Sonderrechnungen an hand relevanter Kosten und auch Erfolge läßt sich auf den
Einfluß Clarks zurückführen. Während jedoch Clark lediglich ein Rechnen mit ent-
scheidungsrelevanten Kosten forderte und in diesem Kontext Kostenzurechnungs-
prinzipien und Kostenkategorien diskutierte, nehmen Vatters Arbeiten deutlichere
konzeptionelle Konturen an.
Vatter fordert, dem entscheidungsorientierten Rechnungswesen einen Management
Viewpoint50 zugrunde zu legen, also die Nutzung, Anpassung und Ergänzung der
General Ledger Informationen eben nicht aus der Sicht der unternehmensexternen
Bilanzadressaten zu betrachten, wie es im konventionellen Cast Accounting häufig
der Fall ist, sondern die Perspektive des Managements einzunehmen. Für Vatter ist
Unternehmensführung gleichbedeutend mit Entscheidungsvorbereitung und
-durchsetzung, wofür das Management Accounting primär quantitative Informationen
bereitstellen muß. Damit wies er dem Aufgabenfeld Decision Making die zentrale
Stellung innerhalb des Management Accounting zu und ordnete insbesondere auch
das interne Rechnungswesen als Teil der Führung selbst ein 51 . Dies wiederum im-

49 Vgl. 1. Kapitel, S. 30 ff.


50 "The managerial viewpoint deserves greater recognition in accounting practice, in accounting litera-
ture, and in accounting instruction", VATTER, William J.: The Control Function of the Accountant
as an Indispensable Part of Management, in: The Journal of Accountancy, June (1952), S. 705-710,
hier S. 710. Diese Sichtweise wird auch beschrieben in VATTER, William J.: Accounting for Ma-
nagement, in: The Australian Accountant, November (1955), S. 461-473.
51 ,,[ ... ) the task of management is a process of decision-making", VATTER, William J.: Managerial
Accounting, New York 1950, Hervorhebung vom Verfasser, S. 7.
50 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

pliziert eine klare Trennung der General Ledger-Grundrechnung von den entschei-
dungsorientierten Auswertungsrechnungen, die sich für Vatter insbesondere dadurch
konstituieren, daß sie deutlich stärkere zeitliche und sachliche Differenzierungen
vornehmen, als dies im summarischen externen Rechnungswesen der Fall ist52 . Vat-
ters frühe Konzeption der Fund Theory (1947) wurde ja wegen der mangelnden Dif-
ferenzierung der Ergebniskonzeption kritisiert. Später wendete er sich gerade der
ergebnisorientierten Unternehmenssteuerung zu. Insofern griff Vatter eben seine
frühen Ansätze, Trennung von Grund- und Auswertungsrechnung und die Abrech-
nung mithilfe spezifischer Abrechnungseinheiten, wieder auf. Bei diesen handelte es
sich nun für die Zwecke der Ergebnissteuerung um Budgets. In seinem 1969 er-
schienenen Lehrbuch Operating Budgets präsentiert Vatter das Budgeting als
Kerngebiet des Management Accounting 53 . Vatter beschreibt eine einfache Form
der Ergebnisplanung, -kontrolle und -steuerung, die er mit Budgetary Control be-
zeichnet und legt damit den Grundstein für das spätere Ergebniscontrolling (Profit
Budgeting and Control). Bemerkenswert ist hierbei im Gegensatz zur deutschen
Plan kostenrechnung die primäre Ausrichtung auf Erfolge. Man kann insofern von der
Entwicklung einer amerikanischen Planergebnisrechnung sprechen, die dann eben
auch zu einer ergebnisbezogenen Abweichungsanalyse weitergeführt wird 54 . Die Ko-
sten-, Erlös- und Ergebnisplanung erfolgt in der einfachen Struktur des nach dem
Umsatzkostenverfahren aufgebauten Income Statement (vgl. Abbildung 2.4).

52 Vatter nennt die sachliche und zeitliche Differenzierung klar als konstituierende Elemente des
Management Accounting. Zur sachlichen Differenzierung: "Managerial accounting is selective,
rather than summational in character." Zur zeitlichen Differenzierung: "There is still another cha·
racteristic of managerial accounting which distinguishes it from conventional financial reporting.
This is the attention paid to the need for prompt reports [... ]",The Control Function of the Accountant
as an Indispensable Part of Management, in: The Journal of Accountancy, June (1952), S. 705-710,
hier S. 709, 710.
53 "Budgets bring into play practically all the manage rial skills and tools, because budgets are a
systematic approach to planning and control techniques at every level of organization",
VATTER, William J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. V, Hervorhebungen vom Verfasser.
54 Eine eingehende Erörterung des Profit Planning and Control und der Variance Analysis wird im 6.
Kapitel, S. 211 ff. vorgenommen.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 51

Gross Revenue (Bruttoerlös)

Sales Deductions (Erlösschmälerungen)

Net Revenue (Nettoerlös)

Standard Cost of Goods Sold (Herstellungskosten des Absatzes)

• Direct Material (Materialeinzelkosten)

• Direct Labor (Fertigungseinzelkosten)

• Factory Overhead Burden (Herstellungsgemeinkosten)

Selling Costs (Vertriebskosten)

General Administrative Costs (Allgemeine Verwaltungskosten)

Operating Net Margin (Nettobetriebsergebnis vor Steuern und Zinsen)

Abbildung 2.4: Einfache Planer~ebnisrechnung in der Struktur des In-


come Statement 5

Für die Kostenplanung differenziert Vatter - der Lehre Clarks folgend - variable, se-
mifixe und fixe Kosten. Letztere bezeichnet er als Time Costs 56 . Bemerkenswert ist
auch die Auseinandersetzung mit den Methoden der Kostenspaltung, von ihm als
Ways of Studying Cost Behavior bezeichnet. Vatter arbeitet ausschließlich mit Re-
gressionsanalysen (Scatter Diagrams)57, jedoch diskutiert er bei deren Anwendung
verschiedene Bezugsgrößen (Einheiten und Gewicht des Einsatzmaterials, direkte
Arbeitsstunden). Dabei weist er auf die Notwendigkeit differenzierender Bezugsgrö-
ßensysteme hin und hebt vor allem hervor, daß in der Kostenplanung vorzugsweise
inputbezogene Bezugsgrößen Verwendung finden sollen 58 . In den USA kommt
diesem Hinweis vor dem Hintergrund traditionell vergleichsweise undifferenzierter

55 In Anlehnung an VATTER, Williarn J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. 117,129,149.


56 Vgl. VATTER, Williarn J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. 59-69.
57 Vatter plädierte grundsätzlich stark für eine Integration statistischer Methoden in das Management
Accounting, vgl. VATTER, Williarn J.: Accounting and Statistics, in: The Accounting Review, Octo-
ber (1961), S. 589-597.
58 ,,[,--1 input variables are the irnportant ones to consider when forecasting costs", VATTER, Wil-
liarn J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. 72, Hervorhebung vom Verfasser.
52 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Bezugsgrößensysteme, eine besondere Bedeutung ZU 59 . Als Ergebnis der Kosten-


planung werden die gesamten Herstellungskosten schließlich differenziert nach den
Cost Pools des General Ledger als Material- und Fertigungseinzelkosten (Direct Ma-
terial und Direct Labor) und einem aggregierten Herstellungsgemeinkostenblock
(Factory Overhead Burden) ausgewiesen. Auf diese Cost Pools wendet Vatter das
Konzept des Flexible Budgeting an 60 . Es werden also Flexible Expenses (SolIko-
sten) für eben diese Kostenkategorien ermittelt, die dann den Istkosten gegenüber-
gestellt werden können, um so unabhängig von Beschäftigungseffekten echte Ver-
brauchsabweichungen zu ermitteln. Vatter gibt den Ausblick, daß das Konzept des
Flexible Budgeting durchaus auch auf Erlöse und Ergebnisse zu übertragen sei und
legt damit den Grundstein für die typisch US-amerikanischen flexiblen PIanergeb-
nisrechnungen und Abweichungsanalysen, wie sie in der späteren Literatur
diskutiert werden sollten 61 . Diese Konzepte folgen also hinsichtlich der Aufwands-
und Ertragsstruktur dem Aufbau des externen Rechnungswesens. Diese Planung
wurde in späteren Konzepten auf den gesamten externen Abschluß ausgerichtet.
Man stellte also eine Planerfolgsrechnung, Planbilanz und auch eine Liquiditätspla-
nung auf, die jeweils mit dem externen Rechnungswesen abgestimmt wurde. Diese
umfassende Planungsrechnung bezeichnet man in den USA als Master BUdget62 .
Ein vergleichbarer Ansatz, der ebenso auf die Struktur des externen Rech-
nungswesens und insbesondere die Integration der Finanzplanung abstellt, findet
sich bereits bei Vatter, wie Abbildung 2.5 veranschaulicht.

59 Zu der traditionell verhältnismäßig geringen Bezugsgrößendifferenzierung in den USA vgl. GEISER,


Bernd: Prozeßkostenrechnung und Activity Based Costing (ABC), in: HORVÄTH & PARTNER
GmbH (Hrsg.): Prozeßkostenmanagement, 2. Aufl., München, S. 65-77, hier S. 68.
60 Vatter definiert das Flexible Budgeting wie folgt: "This procedure of seperating variable costs and
showing what they ought to be at different activity rates is called flexible budgeting [ooT, VATTER,
William J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. 150.
61 Vgl. Kapitel 6, S. 211 ff.
62 Vgl. Kapitel 6, S. 208 ff.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 53

J<~~~~~~~~~~~~~~~~'" BASIC ESTIMrTING FACTORS ...~~~~~~~~~~~~~~~_

OPERATING CHARGES .. • • PROCUREMENT FORECAST


by Division. OPERATING REVENUE Materials and Supplies
Department, By Product Lines, Personnel
Section, or Unit Channels, etc. Plant and Equipment
a"!dl or Organizat!on Outside Services
, ,,
,,
/
,,
// ",
,ANCILLARY CHARGES /
:
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ANCILLARY GAINS

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CUSTOMER CREDIT
"
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I ,
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\)0- ~/ I
EXPENSE
,
REVENUE
I
COLLECTIONS DISBURSEMENTS
, I
, I

\\. ,/
\ ,/

'"
INCOME JI
BUDGET

Abbildung 2.5: Vatters Position Budget als Vorstufe des Master Budget

Im Zusammenhang mit dem Budgeting beschäftigte sich Vatter auch mit führungs-
orientierten Konzepten der Break-Even Analysis, die später als Cost-Volume-Profit
Analysis ("Gewinnschwellenanalyse,,)63 einen zentralen Stellenwert im Aufgabenfeld
Decision Making einnehmen sollten. Er basiert seine Ausführungen auf seinem Bud-
geting Konzept und gelangt so zu anspruchsvollen Deckungspunktanalysen, die
mehrere Fixkostenschichten unterscheiden 64 .
Schließlich läßt sich Vatter als Verfechter des Concept of Controllability65 identifi-
zieren, nach dem die grob abgegrenzten Cast Pools den Verantwortungsbereichen
und letztlich Entscheidern zugeordnet werden, die sie auch zu beeinflussen vermö-

63 Zur Cost-Volume-Profit Analysis, die nicht lediglich als Gewinnschwellenanalyse im deutschen Sin-
ne angesehen werden kann, vgl. 7. Kapitel, S. 245 ff.
64 Vgl. VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, S. 172-187, insbesondere S.
183.
65 Vgl. VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, S. 103, vgl. auch VATTER,
William J.: Operating Budgets, Belmont 1969, S. 42, 73 f.
54 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

gen 66 . Dieser Ansatz ist Bestandteil des in den USA stark dominierenden Responsi-
bility Accounting, nach welchem sämtliche Informationen des führungsorientierten
Rechnungswesens klar auf Verantwortungsbereiche bezogen werden sollen 67 . Inso-
fern können Vatters Arbeiten auch als Motoren dieses zentralen Zurechnungsgrund-
satzes in den USA gewertet werden.
In Vatters Lehrbuch findet sich bereits eine Einteilung, die noch lange Zeit unge-
wöhnlich für den Aufbau der Cost und Management Accounting Text Books sein soll-
te. Sowohl Budgetingkonzepte als auch die Cost-Volume-Profit Analyses fallen unter
den Methodenvorrat, der sich vorrangig mit Kosten-, Erlös- und Ergebnisreagibilitä-
ten auseinandersetzt - Vatters Managerial Accounting präsentiert diese führungs-
orientierten Konzepte bereits in seinem 2. Kapitel unter dem Begriff Budgeting and
Managerial Contro!. Diese Struktur eines Lehrbuches zum Rechnungswesen war
bis dahin ein Novum.
Es kann zusammenfassend festgestellt werden, daß Vatter dem führungsorientierten
Management Accounting, insbesondere dem Decision Making, zu einem besonderen
Stellenwert verholfen hat. Wesentliche Prinzipien und auch Konzepte wurden bereits
in Vatters Arbeiten diskutiert. Abbildung 2.6 zeigt diese zentralen Konzepte und
Grundsätze nochmals im Überblick.

66 ,,[ ... ] the first step in achieving control of costs is to locate the point of decisions where they origi-
nate, to find the manager whose actions will determine the cost.", VATTER, William J.: Ma-
nagerial Accounting, New York 1950, Hervorhebung vom Verfasser, S. 74.
67 Diese Ausrichtung wird auch sehr deutlich in der Forderung: ,,[ ... ] authority should be commensu-
rate with responsibility, VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, Hervorhe-
bung vom Verfasser, S. 99.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 55

Flexible Budgeting

Differenzierendes
Cost - Volume -
internes
Profit Analysis
Rechnungswesen

Trennung von Concept of


Grund- und Controllability und
Auswertungs- Responsibility
rechnungen Accounting

Decision Making
als zentrales
Aufgabenfeld

Management Viewpoint
of Managerial Accounting

Abbildung 2.6: Vatters Management Viewpoint und seine Implikationen

C. Zwischenfazit zum True Cost Approach

Zusammenfassend gilt es festzuhalten, daß der Stimulus dieser Entwicklungsstufe


im Unternehmenswachstum und der divisionalen Organisationsform begründet
liegt. In dieser Phase waren es somit vornehmlich Praktiker, die das Management
Accounting an die veränderten Systembedingungen anpaßten und weiterentwickel-
ten. Zudem läßt sich konstatieren, daß die damaligen organisatorischen Grundprin-
zipien sowie die Instrumente und der Aufbau des Management Accounting Systems
in nur leicht modifizierter Form noch heute in den meisten US-amerikanischen Indu-
striebetrieben Anwendung finden. Bei General Motors war diese Struktur bereits
56 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

1923 verwirklicht 68 . Gerade die starke und auch frühe Verbreitung des Profit-Center-
Konzeptes hat sich in den USA wesentlich auf den Methodenvorrat des Management
Accounting ausgewirkt. Wie die Ausführungen der folgenden Kapitel noch zeigen
werden, hat die starke Ausrichtung des Rechnungswesens auf Unternehmensbe-
reiche mit eigener Ergebnisverantwortung einzelne Konzepte, wie etwa die Cost-
Volume-Profit Analysis oder auch die grundsätzlich primär ergebnisorientierten Ab-
weichungsanalysen, nachhaltig - hinsichtlich Methodik und auch Stellenwert - ge-
prägt. Insofern ergeben sich aus der Dominanz der Multidivisional Structure Implika-
tionen, die zentrale Spezifika des US-amerikanischen Management Accounting her-
vorgerufen haben 69 .
Es läßt sich festhalten, daß sich bereits mit der frühen Phase des Management
Control bis 1929 das interne Rechnungswesen in den USA klar als eigenständige,
konzeptionell vom externen Rechnungswesen differenzierte, Disziplin etablierte. Die-
se für die Entwicklung des Rechnungswesens sehr bedeutende Epoche wurde
aprupt durch die vom Bärsenkrach des Jahres 1929 eingeleitete Weltwirtschaftskrise
beendefo.

68 Vgl. KAPLAN, Robert S.: The Evolution of Management Accounting, in: The Accounting Review,
April (1984), S. 399, vgl. zur Organisation und den Führungsinstrumenten von General Motors die
bezeichnenderweise mit Perfeeting the Strueture überschriebene Darstellung bei CHANDLER,
Alfred D.: The Visible Hand - The Managerial Revolution in American Business, Cambridge 1977,
S. 457 ff.
69 In der Management Seienee Literatur wird das Konzept der Strategie Business Units (SBU),
das dem Profit-Center Konzept weitestgehend entspricht, sehr positiv hervorgehoben. Zu den
SBU's schreiben Koontz und Weihrich: "These are distinct little businesses set up as units in a lar-
ger company to ensure that a certain product or product line is promoted and handled as though it
were an independent business. One of the earlier users of this organizational device was the Gen-
eral Electric Company, KOONTZ, Harold - Heinz WEIHRICH: Management, 9. Aufl., New York
u.a. 1988, S. 199.
70 Vgl. ANGERMANN Erieh: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, 8. Aufl., München 1987,
S. 123. Die Weltwirtschaftskrise traf die USA verhältnismäßig härter als Deutschland bzw. allge-
mein Europa, weil erstens der Absturz aus größerer Höhe erfolgte und zweitens keine wirklich ver-
gleichbaren Erfahrungen vorausgegangen waren. Dies wirkte sich auch auf die Entwicklung des
Management Accountings aus, die in den nächsten drei Jahrzehnten vergleichsweise langsam vo-
ranschritt.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 57

Die Neuerungen in den kommenden 35 Jahren waren grundsätzlich eher gradueller


als prinzipieller Natur. Als wesentlichste Innovation im theoretischen Management
Accounting läßt sich noch das Capital Budgeting (Investitions rechnung) ausma-
chen. Joel Dean war einer der frühen bedeutsamen Vertreter auf diesem For-
schungsgebiet. In seinem 1951 veröffentlichten Buch Capital Budgeting, einem Mei-
lenstein der US-amerikanischen Investitionsrechnung, diskutiert er die vorherrschen-
den Investitionrechenverfahren in US-amerikanischen Betrieben in der Zeit nach
dem 2. Weltkrieg 71 .
Erstaunlicherweise stand Dean dem Cash Flow Discounting, das er als Refinement
(Verfeinerung) bezeichnete, zunächst kritisch gegenüber, obwohl letztlich nur mit
dieser konsequent auf Zahlungsgrößen abstellenden Methode die Kapitalbindung
und somit die Zinslast richtig erfaßt werden kann 72 . Eben die Konsequenz zog Dean
Mitte der 50'er Jahre und favorisierte dann den Discounted Cash Flow Approach
gegenüber der Pay Back Method (Amortisationsrechnung) und dem ROI-Konzept73 .
Zudem induzierte die zunehmende Divisionalisierung der großen Indus-triekonzerne
eine intensive Diskussion um das Transfer Pricing (Verrechnungs preis konzept),
das einen ökonomischen Leistungsaustausch der einzelnen Divisionen über die
Festlegung knappheitsbezogener Lenkpreise sicherstellen so1l74. Abbildung 2.7
zeigt die Elemente der Phase des Management Control im Überblick auf.

71 DEAN, Joel: Capital Budgeting, 1951, insbesondere S. 20-31.


72 "Discounting the stream of capital earnings to take account of the diminishing value of distant earn-
ings is an integral part of the theory of capital value. It introduces the complications of measure-
ment, however. When the economic life of assets is short or fairly uniform, when eamings esti-
mates are necessarily rough, and when uncertainty rises steeply in the distant future, this refine-
ment is not worth its complexity cost.", DEAN, Joel: Capital Budgeting, 1951, S. 22.
73 DEAN, Joel: Measuring the Productivity of Capital, in: Harvard Business Review, January/February
(1954) S. 120-130.
74 Eine Erörterung der zielorientierten Verhaltensbeeinflussung durch das Transfer Pricing aus US-
amerikanischer Perspektive findet sich bei GOETZ, Billy E.: Transfer Prices: An Exercise in Rele-
vancy and Goal Congruence, in: The Accounting Review, H. 3, (1967), S. 435-440.
58 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Functional Decentralization

Return On Investment Efficiency


Measurement
Responsibility Accounting:
Sales Reports, Flexible Budgets
=1925 und Variance Analysis

Uniform Performance Criteria

Capital Budgeting: =1955

Transfer Pricing: =1955

Abbildung 2.7: Elemente des frühen Management Control

111. Relevant Cost Approach

Eine wesentliche Wende in der Grundausrichtung des Management Accounting


Research läßt sich auf die 60'er Jahre datieren 75 . Sie fand ihren Anstoß durch eine
zunehmende Kritik an den herkömmlichen Forschungsmethoden, die insbesondere
von der Ford Foundation und der Carnegie Corporation geäußert wurden 76 . Die
Ford und Carnegie Reports wiesen darauf hin, daß sich die akademische Literatur
zum Management Accounting vornehmlich damit beschäftigte, die Methoden und
Instrumente zu analysieren, die bereits in US-amerikanischen Betrieben implemen-

75 Diese Wende charakterisiert Klemstine wie folgt: ,,[ ...]1960 as a somewhat arbitrary cutoff point.
Not only was there a marked increase in the quantity of management accounting articles, but also
the nature of the literature changed.", KLEMSTINE, Charles F. - Michael W. MAHER: Manage-
ment Accounting Research: A Review and Annotated Bibliography, New York 1984, Hervorhebun-
gen vom Verfasser, S. 12.
76 Diese Kritik wurde in den Ford und Carnegie Reports manifestiert, vgl. GORDON, Robert A. -
James E. HOWELL: Higher Education for Business, New York 1959 und PIERSON, Frank C.: The
Education of American Businessmen, New York 1959.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 59

tiert waren. Stattdessen - so wurde gefordert - sollte sich das Management Accoun-
ting Research um eine normative Sichtweise bemühen und vor allem die Erkennt-
nisse der Disziplinen Volkswirtschaftslehre (Economics), Psychology und Operations
Research integrieren 77 . Dieser Anstoß führte dazu, daß Clarks Forderung nach diffe-
rent costs for different purposes nun erst auf breiter Ebene aufgenommen wurde.
Kosten- (,Erlös- und Ergebnisinformationen) wurden nicht mehr als True Costs,
sondern in Abhängigkeit vom Rechnungszweck, als Relevant Costs betrachtee B•
Dazu nahm man modelltheoretische und verhaltenswissenschaftliche Ansätze aus
den oben genannten Nachbardisziplinen in den Methodenvorrat des theoretischen
Management Accounting mit auf.

A. Direct Costing und Contribution Margin Approach

Das US-amerikanische Direct Costing geht auf Jonathan Harris zurück, der dieses
Konzept bereits 1934 als Controller der Dewey and Almy Chemical Company, Cam-
bridge, Massachusetts in seinem Unternehmen implementierte. Harris baute damit
auf dem frühen Standard Costing auf, das sich zu dieser Zeit intensiv mit der Frage
der Kosten ungenutzter Kapazität (Idle Time Loss) beschäftigte. Er bezeichnete
sein Konzept treffend als Variable Costing und brachte damit zum Ausdruck, daß
von den Stückerlösen nur die variablen Stückkosten in Abzug gebracht werden, um
so den Stückdeckungsbeitrag (Contribution Margin per Unit) zu ermitteln. Allerdings
konnte sich der Terminus Variable Costing ebenso wenig wie der Ausdruck Variable

77 Diese neue Grundausrichtung läßt sich plastisch belegen anhand einer Studie von MAHER, Mi-
chael W.: The Evolution of Management Accounting Research, in: Management Accounting, May
(1995), S. 72. Die Analyse ausgewählter wissenschaftlicher Management Accounting Fachjournale
der 50' er Jahre und der 70'er Jahre ergab folgendes Ergebnis: Während der Anteil wissenschaft-
lich ausgerichteter Artikel (normative Grundausrichtung und Integration der Erkenntnisse aus
Nachbardisziplinen) in den 50'er Jahren nur 11 % ausmachte, betrug er in den 70'er Jahren 74%.
78 "In short the nature of management accounting research changed dramatically in the 1960·s. Prior
to 1960, the literature was dominated bya search for fundamental concepts and truths. [... ] ac-
countants searched for True Costs (i.e., the one true religion), while in later periods we looked at
accounting in terms of user decision models (Le. pick the religion that works) and the economics
of information", KLEMSTINE, Charles F. - Michael W. MAHER: Management Accounting Re-
search: A Review and Annotated Bibliography, New York 1984, Hervorhebungen vom Verfasser, S.
13.
60 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Overhead Absorption Costing 79 durchsetzen, stattdessen wird bis heute der inter-
pretationsbedürftigere Begriff Direct Costing verwendet.

1) Grundmethodik des Direct Costing


Das Wesen dieser Methode besteht in der Nichtberücksichtigung fixer Gemeinkosten
in den Artikelkalkulationen und -ergebnisrechnungen. Die kurzfristige Erfolgsrech-
nung (Operating Profit and Loss Statement) sollte von den im Amerika der 30'er Jah-
re stark ausgeprägten Produktionshöhenschwankungen unabhängig gemacht
werden 8o . Insofern war es das primäre Anliegen von Harris und seinen Anhängern,
eine Erfolgsrechnung zu konzipieren, die ausschließlich vom Absatzvolumen und
eben nicht vom Produktionsvolumen abhängig ist.
Im frühen Standard Costing trug man der Abhängigkeit der Kosten von der Be-
schäftigung bereits dadurch Rechnung, daß nur die variablen Kosten auf die Kosten-
träger verrechnet wurden. Die fixen Kosten wurden demgegenüber undifferenziert
als Deckungslasten in der kurzfristigen Ergebnisrechnung erfaßt. Harris zog damit
die Konsequenzen des kostensteIlenbezogenen Standard Costing für die Kostenträ-
gerergebnisrechnung, die nun zwingend dem Grundprinzip der Deckungsbeitrags-
rechnung folgen mußte. Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, daß moder-
ne Plankostenrechnungskonzepte, die analog der deutschen GrenzpIankostenrech-
nung dem konsequenten Rechnen mit proportionalen Kosten folgen, in den USA
oftmals als Direct Costing bezeichnet werden 81 . Gemeint ist damit die Kombination
eines kostensteIlenbezogenen Flexible Expense Budgeting mit einer nach den Prin-
zipien des Direct Costing aufgebauten Kostenträgerergebnisrechnung.
Unabhängig von Harris Übertrug auch G. Charter Harrison, einer der Pioniere des
Standard Costing, das Grenzkostenprinzip als Imperativ des Responsibility Accoun-
ting auf die Ergebnisrechnung und veröffentlichte im Jahr 1937 seine Ergebnisse 82 .

79 Den Begriff Variable Overhead Absorption Costing propagierte Weber für den anglo-
amerikanischen Raum, vgl. WEBER, Charles: The Evolution of Direct Casting, Urbana 1966, S. 13.
80 Vgl. HARRIS, Jonathan N.: What did we earn last month?, in: NACA-Bulletin, January (1936), S.
501-527, hier S. 502.
81 Vgl. KILGER, Wolfgang: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. Aufl.
Wiesbaden 1993, S. 64.
82 Vgl. HARRISON, G. Charter: Marginal Balances, in: American Management Association (Hrsg.):
New Approaches to the Sales Problem, New York 1937, S. 4-19.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 51

In die Praxis fand das Direct Costing erst nach dem 2. Weltkrieg breiten Einzug. Die-
se Verbreitung ist in erheblichem Maße durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen
der National Association of Accountants (NM) zum Direct Costing in den 50'er und
50'er Jahren gefördert worden und löste eine intensive, teilweise kontrovers geführ-
te, Diskussion aus. 1951 formulierte die NAA eine Definition des Direct Costing,
die bis heute ihre Gültigkeit behalten hat:

Direct Costing should be defined as a segregation of manufacturing costs


between those which are fixed and those wh ich vary directly with volume.
On/y the prime costs plus variable factory costs are used to value inventory
and costs of sa/es. The remaining factory expenses are charged off currently
to profit and loss. Ho we ver, the point to be emphasized is that direct costing is
primarily a segregation of expenses and on/y secondary a method of inventory
valuation. By this approach, full attention can be devoted to the effect which
direct costing has on the profit and loss statement and supp/ementary opera-
tion reports 83 .

Als Hauptwesensmerkmale lassen sich also festhalten:

• Spaltung der Herstellkosten in fixe und variable Kosten,


• Verrechnung ausschließlich der variablen Kosten auf die Kostenträger84 ,
• Erfassung der Fixkosten in der kurzfristigen Kostenträgererfolgsrechnung,
• Verbesserung der Erfolgsanalyse und Gewinnplanung,

2) Kritische Diskussion des Direct Costing als Bestandsbewertungs-


konzeption
Die Gegner des Direct Costing kritisierten das neue Konzept, weil es nicht zur Un-
termauerung langfristiger Preisentscheidungen herangezogen werden könne. Zu
Recht hielten die Befürworter des Direct Costing dagegen, daß das Konzept keines-

83 NEIKIRK, Waldo W.: How Direct Costing can work for Management, in: NACA-Bulletin, January
1951, S. 523-535, hier S. 525, Hervorhebungen vom Verfasser, zitiert nach KILGER, Wolfgang:
Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. AufL Wiesbaden 1993, S. 64.
84 Im Gegensatz zum Prime Costing, bei dem nur die Einzelkosten auf die Kostenträger verrechnet
werden.
62 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

wegs im Widerspruch zu einer angestrebten Deckung der vollen Kosten stünde 85 .


Diese Argumentation stellte somit richtigerweise darauf ab, daß sich Vollkostendek-
kung nicht durch die Proportionalisierung fixer Kosten, sondern durch eine gewinn-
maximale Ausrichtung der Verkaufspreise an Marktdaten erreichen läßt.
Als zweiten und hauptsächlichen Kritikpunkt am Direct Costing führte man immer
wieder an, daß es nicht für die bilanzielle Bestandsbewertung (Inventory Valuation)
herangezogen werden könne, da das US-amerikanische Financial Statement zwin-
gend den Ansatz voller Herstellungskosten verlangt 86 .
Diese Argumentation wurde in den USA insbesondere durch das American Institute
of Certified Public Accountants (AICPA, Institut der Wirtschaftsprüfer) und die Secu-
rities and Exchange Commission (SEC, Börsenaufsichtsbehörde) und selbst durch
die American Accounting Association (nationale akademische Vereinigung zur Dis-
kussion und Förderung des internen Rechnungswesens in den USA, AAA) zemen-
tiert87 . Vor dem Hintergrund des US-amerikanischen Einkreissystems in Verbindung
mit der obligatorischen Bestandsbewertung zu Voll kosten erscheint diese Position
verständlich. Die Fachleute sahen primär eben auch nur eine Lösung für das Be-
standsbewertungsproblem des externen und internen Rechnungswesens. In den

85 "It is evidently that unless the combination of price and volume obtainable returns all costs in the
long run, there will be no profits. For this reason all costs are alike in their significance for determi-
ning costs as guides to long range policy", in: NACA-Bulletin (o.V.), January (1951), S. 525.
86 "With your direct costing, how do you develop cost estimates for setting sales prices, and wh at do
you do about realistic inventory valuation?" LONGENECKE, Robert E.: Direct Costing in a Glass
Container Plant, in: NACA-Bulletin, June (1953), S. 1280-1296, hier S. 1295. Die langandauernde
kontroverse Diskussion um diese Fragen beschreibt ANTHONY, Robert N.: The Rebirth of Cost
Accounting, Management Accounting, October (1975), S. 13 ff.
87 So Maurice Moonitz, damaliger Forschungsdirektor der AICPA: "Nothing in the accounting research
bulletins [ ... ] can or should be used to support the use of direct costing in published financial state-
ments"; bezeichnend auch die Stellungnahme gerade des Committee on Cost Accounting Con-
cepts der AAA: "The cost of a manufactured product is the sum of the acquisition costs reasonably
traceable to that product and should include both direct and indirect factors. The omission of
any element of manufacturing cost is not acceptable", MOONITZ, Maurice und Committee on
Cost Accounting Concepts zitiert nach WEBER, Karl: Amerikanisches Direct Costing, Bern und
Stuttgart 1964, Hervorhebung vom Verfasser, S. 102-104. Bezeichnenderweise war gerade Vatter
als Apologet des führungsorientierten internen Rechnungswesens mit Thomas M. Hili in der Kom-
missionsminderheit, die eine Bewertung zu variablen Kosten propagierte.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 63

frühen 60'er Jahren wurde dann eine sehr kontroverse Diskussion um die Richtigkeit
des Absorption Costing Approaches oder des Direct Costing Approaches primär im
Accounting Review, der offiziellen Fachzeitschrift der AAA, geführt (vgl. Abbildung
2.8).

Relevant Costers Conventional Costers


(Charles T. Horngren, George H. Sorter) (William L. Ferrara, Phillp E. Fess)

1961 "Variable costing concepts rather than con-


ventional costing concepts are more consis-
tent with the existing framework of generally
accepted accounting principles.
Variable costing will provide users of exter-
nal reports with more helpful information
than is presently available.',BB

1962 "While conventional costers will say that


fixed factory overhead is an asset, and di-
rect costers will say that it is aperiod cost,
the relevant coster will say, it depends"B9

"For published financial statements, absorp- 1963


tion costing is the relevant concept.,,90

"As can be readily seen, the costs to be


delayed include all costs used up in produc-
ing the delayed income whether they are
fixed or variable,,91

1964 "We believe that full costing is not sacro-


sanct,,92

Abbildung 2.8: Paradigmenstreit über die Bestandsbewertungskonzeption

88 HORNGREN, Charles - George H. Sorter: "Direct" Costing for External Reporting, in: The Ac-
counting Review, January (1961), S. 84-93, hier S. 84.
89 HORNGREN, Charles - George H. Sorter: Asset Recognition and Economic Attributes - the
Relevant Costing Approach, in: The Accounting Review, July (1962), S. 391-399, hier S. 397.
90 FESS, Philip E.: The Relevant Costing Concept for Income Measurement - can it be defended?,
in: The Accounting Review, October (1963), S. 723-732, hier S. 732.
91 FERRARA, William L.: Relevant Costing - !wo Points of View, in: The Accounting Review, October
(1963), S. 719-722, hier S. 720.
92 HORNGREN, Charles - George H. Sorter: An Evaluation of some Criticisms of Relevant Costing,
in: The Accounting Review, April (1964), S. 417-420, hier S. 420.
64 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Allerdings bewegte sich die Diskussion um das Absorption versus Direct Costing
nicht ausschließlich auf zwei polaren Standpunkten. Vielmehr kristallisierten sich die
in Abbildung 2.9 dargestellten vier pragmatischen Grundpositionen heraus.

Absorption Starre Vollkostenrechnungssysteme, die noch keine


Costing School Kostenspaltung in fixe und proportionale Bestandtei-
le vorsehen

Flexible Ausgestaltungsformen der Volikostenrech-


nung, die zwar für Zwecke der Kostenkontrolle (Ex-
Modified pense Budgeting and Control) eine Kostenspaltung
Absorption in fixe und proportionale Bestandteile vorsehen, bei
Costing School denen aber Kalkulation, Gewinnplanung und Erfolgs-
analyse mit Hilfe von Vollkosten durchgeführt wer-
den

Direct Costing Direct Costing für das innerbetriebliche Ergebnis-


for Internal Use controlling (Profit Budgeting and Control) - Bewer-
only School tung der Bestände zu Vollkosten in der Handels- und
Steuerbilanz

Direct Costing für das innerbetriebliche Ergebnis-


Direct Costing controlling (Profit Budgeting and Control) - Bewer-
School tung der Bestände zu Voll kosten in der Handels- und
Steuerbilanz

Abbildung 2.9: Grundpositionen zum Direct versus Absorption Costing 93

Lediglich die kompromißlose Anwendung des Direct Costing für sowohl externe als
auch interne Zwecke nach der Direct Costing School konnte sich bis heute nicht
durchsetzen. Alle anderen Grundhaltungen finden auch heute noch mehr oder min-
der Zustimmung. Vertreter einer führungsorientierten Kosten-, Erlös- und Ergebnis-
rechnung folgen häufig der Philosophie der Direct Costing for Internal Use only

93 Vgl. NM-Research Report 37, Current Application of Direct Costing, New York 1961, S. 8 f, zitiert
in Anlehnung an KILGER, Wolfgang: Flexible Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 10.
Aufl., Wiesbaden 1993, S. 67.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 65

School. So hatte Harris selbst ja betont, daß das Direct Casting lediglich für interne
Zwecke - also in Sonderrechnungen - genutzt werden solle, während die Inventar-
bewertung davon unberührt dem Absorption Casting Approach folgen könne 94 .
In einer derart konzipierten kombinierten Voll- und Teilkostenrechnung folgt die Ko-
stenstellenrechnung dem Flexible Expense Budgeting (vergleichbar der deutschen
Grenzplankostenrechnung) und die Kostenträgerergebnisrechnung dem Direct Ca-
sting. Demgegenüber steht zum einen die Kostenartenrechnung, welche der funktio-
nalen Aufwandsgliederung des dem Umsatzkostenverfahren folgenden Income Sta-
tement entspricht. Zum anderen umfassen derartige integrierte Financial und Mana-
gement Accounting Konzepte schlanke Kalkulationen, die für das Inventory Valua-
tion volle Herstellungskosten für die Bewertung der Halbfertigfabrikate (Work in Pro-
cess) und Finished Goods (Fertigerzeugnisse) ermitteln.
Die intensive Diskussion um das Direct Costing wurde auch in der deutschen litera-
tur dieser Zeit aufgenommen. Besonders zu erwähnen sind die Beiträge von Bör-
ner95 , Peter Heine 96 und Siegfried Hummel 97 . Gerade die Studie von Hummel zeigt
unter Auswertung der einschlägigen US-amerikanischen Literatur sehr klar auf, daß
der Gewinn beim Direct Costing ausschließlich von der Absatzmenge abhängig ist,
während er bei der Vollkostenrechnung von der Absatz- und auch Produktionsmen-
ge abhängt.

B. Management Accounting und Operations Research

Der Trendwechsel in der Management Accounting Fachliteratur in den frühen GO'er


Jahren war, wie bereits erwähnt, im wesentlichen auf die Kritik von seiten der Ford
Foundation und Carnegie Corporation an den herkömmlichen Forschungsmethoden
zurückzuführen. Dies führte dazu, daß das Methodenpotential des Operations Re-
search, das zuvor hauptsächlich für die Ressourcenallokation im Militärwesen ein-

94 Vgl. HARRIS, Jonathan: Our Open Forum, in: NACA-Bulletin, January (1936), S. 755-759.
95 Vgl. BÖRNER, Dietrich: Direct Costing als System der Kostenrechnung, München 1961.
96 Vgl. HEINE, Peter: Direct Costing - eine anglo-amerikanische Teilkostenrechnung, in: ZfhF, 11. Jg.
(1959), S 515-534.
97 Vgl. HUMMEL, Siegfried: Die Auswirkungen von Lagerbestandsveränderungen auf den Perioden-
erfolg - Ein Vergleich der Erfolgskonzeptionen von Vollkostenrechnung und Direct Costing, in:
ZfbF, 21. Jg. (1969), S. 155-180.
66 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

gesetzt wurde 98 , konzeptionell in das Management Accounting eingebunden wurde.


Dabei konnten die US-amerikanischen Fachgelehrten des Management Accounting
auf eine umfangreiche Literaturbasis zum Operations Research zurückgreifen. Die
vormals stark deskriptiv ausgerichtete Disziplin nahm mit der Modelltheorie, empiri-
schen Untersuchungen und experimentellen Feldstudien eine normative Ausrich-
tung an 99 . Vatter führte im Jahr 1967 eine Studie zur Anwendung von aR-Methoden
in US-amerikanischen Betrieben durch 100. Die Ergebnisse seiner Auswertung zeigt in
Auszügen Abbildung 2.10. Wie die Studie zeigt, verwendeten etwa die Hälfte der
US-amerikanischen Unternehmen bereits 1967 den Kernbereich des OR-
Instrumentariums.
Die Hauptanwender dieses OR-Methodenpotentials waren Unternehmen der
chemischen und elektrotechnischen Industrie, sowie Projektfertiger, wie etwa Flug-
zeug- oder Schiffsbauer101 .
Im Vergleich mit Deutschland 102 lassen sich bezüglich der Akzeptanz des Opera-
tions Research und seiner Einordnung in die Betriebswirtschaftslehre zwei Haupt-
punkte feststellen:

1. Das aR-Instrumentarium wurde in den USA von der Praxis in weitaus stärkerem
Maße aufgenommen als das in Deutschland der Fall war.

98 Das Operations Research hat seinen Ursprung im Großbritannien der späten 30'er Jahre, als ein
Team aus Physikern, Mathematikern und Statistikern mathematische Formeln aufstellten, um die
Ressourcenallokation im Battle of Britain zu verbessern. Vgl. LARNDER, Henry: The Origin of Ope-
rational Research, in: Operations Research, March-April (1984), S. 465-475, der britisch-
englische Begriff Operational Research, der in den USA in den 40'er Jahren unter dem Termi-
nus Operations Research bekannt wurde, ist erstmals 1959 von dem Engländer Stafford Beer de-
tailliert beschrieben worden, vgl. BEER, Stafford: What has Cybernetics to do with Operational Re-
search, Operational Research Quarterly, October (1959), S. 16 ff.
99 Vgl. KLEMSTINE, Charles F. - Michael W. MAHER: Management Accounting Research: A Review
and Annotated Bibliography, New York 1984, S. 13.
100 Vgl. VATTER, William Joseph: The Use of Operations Research in American Companies, in: The
Accounting Review, October (1967), S. 721-730, hier S. 727.
101 Vgl. VATTER, William Joseph: The Use of Operations Research in American Companies, in: The
Accounting Review, October (1967), S. 721-730, hier S. 727.
102 Als zentrale Quelle zum Operations Research in Deutschland gilt das Werk von MÜLLER-
MERBACH, Heiner: Operations Research, Berlin 1969.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 67

2. Das Operations Research wurde in Deutschland als eigenständige Disziplin


aufgefaßt und für das betriebliche Rechnungswesen allenfalls im Rahmen von
Sonderauswertungen herangezogen. Demgegenüber wurden OR-Techniken in
den USA direkt der Management Science (Führungslehre) zugeordnet und di-
rekt in den Methodenvorrat des Management Accounting integriert 103 .

OR-Technique Use % Some Often

Critical Path Scheduling (Netzplantechnik) 226 62,8 163 63

Statistical Sampling 201 55,8 127 74

Inventory Models (Lagerhaltungsmodelle) 187 51,9 115 72

Simulations 181 50,3 121 60

Regression Analysis 165 45,8 99 66

Factor Analysis 55 15,3 44 11

Other 46 12,8 25 21

Abbildung 2.10: OR-Einsatz in US-amerikanischen Unternehmen (1967)104

Diese Aspekte wirkten sich auf das US-amerikanische Management Accounting in


entscheidender Weise aus. Der modelltheoretische Einfluß des Operations Re-
search und die Praxisferne der entsprechenden Instrumente sind nach Johnson

103 Zu dieser deutschen Einordnung des Operations Research als eigenständige wissenschaftliche
Disziplin vgl. MÜLLER-MERBACH, Heiner: Operations Research, Berlin 1969, S. 12 f. Zur engen
Verzahnung von Management Science und Operations Research vgl. MEYER, Manfred: Operati-
ons Research - Systemforschung. Eine Einführung in die praktische Bedeutung, 4. Aufl. Stuttgart
1996, S 5-7.
104 VATTER, William Joseph: The Use of Operations Research in American Companies, in: The Ac-
counting Review, October (1967), S. 727, die Sammelposition Others enthält: Discriminant Analy-
sis, Markov Chains, Exponential Smoothing, Probability Theory, Heuristics.
68 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

und Kaplan einer der Gründe, die zu der folgenden Ära der Relevance Lost führ-
ten 105. Es war jedoch nicht nur der Einfluß des Operations Research, der eine for-
malmathematische Ausrichtung des Management Accounting nach sich zog. Über
dies hinaus wurden - wiederum induziert durch die Ford Foundation und Carnegie
Corporation - viele Modelle der Volkswirtschaftslehre (Economics) in das Ma-
nagement Accounting aufgenommen.

C. Information Economics Approach (Informationsökonomie)

Als signifikante Entwicklungsstufe läßt sich weiter eine Phase der Informationsöko-
nomie abgrenzen. Die im folgenden diskutierten Ansätze stehen auf einer anderen
Ebene des Management Accounting als die kostenrechnerischen Methoden, wie
etwa die Produktkostenkalkulation. Gerade vor dem Hintergrund des amerikanischen
Einkreissystems kommt ihnen jedoch eine besondere Bedeutung zu, da sie sich vor
allem mit der Abwägung von Kosten- und Nutzenwirkungen alternativer Mana-
gement Accounting-Konzepte und deren Implikationen für betriebliche Entschei-
dungsprozesse auseinandersetzen. Bei dem hohen Anteil an Sonderrechnungen, die
das General Ledger-Konzept grundsätzlich hervorruft, sind diese Aspekte im US-
amerikanischen Kontext also von besonderer Relevanz. Aufgrund ihres hohen Ab-
straktionsgrades können diese Ansätze auch als konzeptionelle Basismodelle von
Management Accounting-Systemen eingeordnet werden.
Der Anfang dieser Entwicklungsstufe läßt sich auf den Beginn der 70'er Jahre datie-
ren. Das Management Accounting wurde im Rahmen des sogenannten Informa-tion
Economics Approach als Informationsinstrument zweckpluralistischer Informa-tionen
betrachtet, die zudem auf verschiedene Informationsadressaten mit unterschiedli-
cher Information, Machtposition und Risikopartizipation ausgerichtet wurden.
Auch dieser neue Ansatz hatte einen wesentlichen Einfluß auf den Wandel der Aus-
richtung des Management Accounting von einer deskriptiven hin zu einer normati-
ven Disziplin. Damit kann man ihn als Motor des Relevant Cost Approach be-
zeichnen.
In der Ära des True Cost Approach waren die theoretischen Darstellungen zum Ma-
nagement Accounting auf die Darstellung von Accounting-Konzeptionen gerichtet,

105 Vgl. KAPLAN, Robert S. - H. Thomas JOHNSON: Relevance Lost - The Rise and Fall of Ma-
nagementAccounting, Boston 1987,8.171 f.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 69

die bereits in der Praxis Anwendung fanden. Erklärungsgehalt fand diese Ausrich-
tung in der Analyse von Reaktionen von Individuen innerhalb und außerhalb der Un-
ternehmung auf diese bestehenden Strukturen sowie der Prognose der weiteren
Entwicklung von Struktur und Nutzung des Management Accounting-
Instrumentariums 106 . Im Gegensatz dazu basiert die Informationsäkonomie auf dem
Cost-Benefit Approach (Kosten-Nutzen-Ansatz). Namhafte US-amerikanische
Fachvertreter sahen die Notwendigkeit dieses Ansatzes zwar als gegeben, zweifel-
ten jedoch zunächst an seiner praktischen Durchführbarkeit 107 . Die Befürworter der
im folgenden diskutierten Agency Theory, dem ausgereiftesten Ansatz des Informa-
tion Economics Approaches, halten sie jedoch für geeignet, den Aufbau des Mana-
gement Accounting Systems in Abhängigkeit verschiedener Systembedingungen
auch zukunftsorientiert zu erklären. Sie gehen sogar soweit, sie als die potentielle
Normative Theory of Managerial Accounting zu bezeichnen 108.

1) Rechenzwecke im Rahmen der Informationsökonomie


Ausgehend vom Rechenzweck Decision Making (Entscheidungsunterstützung) wird
der Controller als Entscheider über die Wahl und Ausgestaltung des Management
Accounting Systems unter unsicheren Umweltbedingungen betrachtet. Dabei läßt
sich der Wert alternativer Management Accounting Systeme jeweils an hand
ihrer Nutzenwirkungen auf den Entscheider abbilden. Die Rechenzwecke, an hand
derer die Nützlichkeit von Management Accounting Informationen beurteilt wird, las-
sen sich entsprechend der Darstellung in Abbildung 2.11 systematisieren.

106 Diese Ausrichtung deckt sich mit einer Definition einer deskriptiven bzw. positiven Theorie des
Management Accounting von Stanley Baiman: "A positive theory would predict how people would
react to given procedures as weil as predict the form and use of observed procedures", BAIMAN,
Stanley: Agency Theory in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accounting Literature,
Spring (1982), S. 154-213, hier S. 157, Hervorhebung vom Verfasser.
107 "Admittedly the measurement of these cost and benefits is an imposing, complex undertaking that
may often be infeasible", HORNGREN, Charles T. - George FOSTER: Cost Accounting: A Mana-
gerial Emphasis, 7. Aufl., New Jersey 1991, S. 7.
108 Vgl. BAIMAN, Stanley: Agency Theory in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accoun-
ting Literature, Spring (1982), S. 154-213, hier S. 156-157.
70 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Problem Solving Performance Evaluation

Motivate Subordi-
Allocation of Risk
nates
Vergütungen auf
Abbildung der Zielerreichungsgrade von
Basis von Mana-
Alternativen Anreizfunktion für gement Accounting
Untergebene Informationen

z.B. Make or Buy Entscheidungen auf z.B. Beurteilung der Leistung von Ko-
Basis des Incremental Costing oder Ab- stenstellenleitern auf Basis des Fixed or
sorption Costing Flexible Budgeting

Abbildung 2.11: Rechenzwecke im Rahmen des Information Economics


Approach

Der Rechenzweck Problem Solving läßt sich isoliert darstellen und evaluieren. Al-
ternative Management Accounting Instrumente werden auf ihre Eignung zur Fundie-
rung von Führungsentscheidungen untersucht. Beispielsweise können die Grund-
konzeptionen des Absorption Costing und Direct Costing auf ihre Adäquanz zur
Unterstützung von Make or Buy Entscheidungen hin untersucht werden 109.
Demgegenüber sind die Rechenzwecke Motivate Subordinates und Allocation of
Risk unauflösbar miteinander verflochten. Ersterer stellt im Sinne des Responsibility
Accounting direkt auf die Anreizfunktion von Management Accounting Instrumenten
ab, wie etwa die Leistungsbeurteilung dezentralisierter Führungsverantwortung in
Cost Centern nach dem Prinzip der Starren Plankostenrechnung (Static Expense
Budgeting) oder Flexiblen Plankostenrechnung (Flexible Expense Budgeting). Letz-
terer hat zur Aufgabe, die Vergütung der Management Leistungen - somit also das
finanzielle Risiko - leistungsadäquat entsprechend der durch das Management Ac-
counting System abgebildeten Zielerreichungsgrade der Management Leistungen zu
verteilen. Dies wiederum dient als Motivationsmittel - die dadurch erreichten Mana-

109 Das Incremental Costing berücksichtigt bei Entscheidungen zwischen Alternativen nur die alterna-
tivenspezifischen incremental costs - zusätzlich anfallende Kosten.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 71

gement Leistungen ihrerseits wiederum als Basis der Entlohnung. Beide Rechen-
zwecke werden somit unter dem übergeordneten Rechenzweck Performance Eva-
luation zusammengefaßt 110.

2) Entwicklungsstufen der Informationsökonomie


Im folgenden werden die einzelnen Entwicklungsstufen des Information Economics
Approach knapp erörtert und zu den aufgezeigten Rechenzwecken in Beziehung
gebracht.

a) Decision Theory Model (Single Person Information Economics Approach)


In dem auf Feltham zurückgehenden Decision Theory Model wird das Unterneh-
men als Individuum betrachtet, das nach den Gesetzmäßigkeiten der Spieltheorie
gegen die Umwelt antritt111 . Vor der Entscheidung des Unternehmens kann es In-
formationen sammeln, die sich aus der "Entscheidung" der Umwelt ergeben haben.
In diesem frühen informationsökonomischen Ansatz werden die Entscheidungsträger
innerhalb des Management Accounting Systems aggregiert, also modell haft als eine
Person dargestellt. Daher wird in der Literatur oftmals auch vom Single Person In-
formation Economics Approach gesprochen 112. Als Rechenzweck läßt sich in die-
sem Modell lediglich das Problem Solving ableiten, die Rechenzwecke Motivate Su-
bordinates und Sharing of Risk als Komponenten der Performance Evaluation wer-
den erst in einem multipersonalen Kontext relevant.

b) Syndicate Theory
Dieses einfache Ein-Personen-Konstrukt löste der Multi Person Information Eco-
nomics Approach ab. Die erste hierzu korrespondierende Theorie wird in der litera-
tur als Syndicate Theory bezeichnet 113 • In diesem Kontext leitet man das Problem

110 Zu den Rechenzwecken im Rahmen des Information Economics Approach vgl. BAIMAN, Slanley:
Agency Theory in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accounting Literature, Spring
(1982), S. 154-213, hiers. 158 f.
111 Vgl. FEL THAM Gerald A.: The Value of Information, in The Accounting Review, October (1968), S.
684-696.
112 Vgl. FELTHAM Gerald A.: The Value of Information, in The Accounting Review, October (1968), S.
684-696.
113 Vgl. DEMSKI, Joel S.: Uncertainty and Evaluation based on Controllable Performance, in: Journal
of Accounting Research, (Autumn 1976), S. 230-245; DEMSKI Joel S. - Robert J. SWIERINGA: A
72 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Solving und das Sharing of Risk als Rechenzwecke ab. Da angenommen wird, daß
alle Individuen die gleiche Informationsbasis zur Verfügung haben und die Entschei-
dungen gemeinsam getroffen und umgesetzt werden, kommt der Rechenzweck Mo-
tivate Subordinates hier (noch) nicht in Betracht. Mehrere Individuen wählen also
gemeinsam ein Handlungsprogramm und eine Methode, die sogenannte Sharing
Rule (Teilungsregel), nach der man das gemeinsam erzielte Ergebnis aufteilt.

c) Information Evaluator - Decision Maker Theory


Als weiterer Theorieansatz innerhalb des Multi Person Information Economics Ap-
proach läßt sich die Information Evaluator - Decision Maker Theory einordnen 114.
Die entsprechenden Modelle beziehen sich auf einen Owner, der im Eigeninteresse
Führungskompetenz an einen oder mehrere Agents delegiert. Für jeden Agenten
wird eine bestimmte grundsätzliche Ausrichtung seines Handeins unterstellt115 . Da
diese Modelle die Nutzenfunktion des Agenten, also sein Eigeninteresse außer acht
lassen und nur mit unterstellten Verhaltensmustern arbeiten, sind motivationale Im-
plikationen für den Rechenzweck Motivate Subordinates und Sharing of Risk höchst
suspekt.

d) Team Theory
Noch ein weiterer Ansatz innerhalb des Multi Person Information Economics Ap-
proach ist die Team Theory116. Ähnlich der Syndicate Theory schließen sich ver-
schiedene Individuen zu einer Gruppe zusammen, um ein Handlungsprogramm fest-
zulegen und den resultierenden Erfolg untereinander aufzuteilen. Allerdings agieren
im Gegensatz zum Syndicate Modell alle Individuen im Eigeninteresse, d.h. das

Cooperative Formulation of the Audit Choice Problem, in: Accounting Review, (July 1974), S. 506-
513; WILSON, Robert B.: The Theory of Syndicates, in: Econometrie, (January 1968), S. 119-132.
114 Vgl. HAMLEN, Susan S.: A Chance-Constrained Mixed Integer Programming Model for Internal
Control Design, in: Accounting Review, (October 1980), S. 578-593.
115 "With the evaluator's outcome generally dependent upon his as weil as the decision maker's
choice, we have a game situation. Although we do not explore determination of jl (the optimal in-
formation system) and t (the decision maker's decision rule) in a game setting but, for simpli-
city treat t as exogenously given, it should be clear that such an approach would provide a more
thorough analysis of the class of problems we are addressing", DEMSKI, Joel S. - Gerald A.
FEL THAM: Cost Determination: A Conceptual Approach, lowa City 1977.
116 Vgl. Jacob MARSCHAK - Roy RADNER: Economic Theory of Games, Cowles Foundation Mono-
graph 22, New Haven 1972.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 73

Modell arbeitet mit Nutzenfunktionen der einzelnen Individuen, die maximiert wer-
den. Ferner werden nach dieser Theorie die Entscheidungen der einzelnen Individu-
en auf dezentralisierte Informationen gestützt, die jeweils im Eigeninteresse akqui-
riert werden. Das Team als organisatorische Einheit steht nun vor der Aufgabe, je-
weils individuelle Entscheidungsregeln (Individual Decision Rules) zu wählen, um
unter dieser Bedingung dezentralisierter Informationen den Gesamtnutzen des
Teams zu maximieren. Den Rechenzweck Problem Solving kann man nach diesem
Modell ableiten. Demgegenüber findet sich jedoch kein Motivationsaspekt, da für alle
Individuen eine gleiche Präferenzstruktur unterstellt wird. Mit anderen Worten: im
Kontext der Team Theory wird angenommen, daß Informationen ehrlich im Team
verteilt werden, die Rechenzwecke Motivate Subordinates und Sharing of Risk las-
sen sich folglich nicht in dieses Theorem einordnen.

e) Demand Revelation Theory


Die Demand Revelation Theory hat den gleichen Grundaufbau wie die Team Theory
- allerdings wird hier die Annahme identischer Präferenzstrukturen aUfgelöst 117 . Die
Fragestellung bei dieser Theorie bezieht sich darauf, wie die Agenten motiviert wer-
den können, ihre privaten Informationen offenzulegen, um letztlich den Erfolg der
Organisation zu maximieren. Daher läßt sich in diese Theorie sowohl das Problem
Solving als auch das Sharing of Risk und Motivate Subordinates einordnen. Als
Schwäche dieses Modells muß man jedoch anführen, daß der Erfolgsanspruch der
Eigenkapitalgeber nicht in Konflikt mit den Vergütungsinteressen der Agenten ge-
setzt wird. Das Modell kann somit als geeignet für die Analyse von Steuerungs- und
Motivationsaspekten von Personengesellschaften angesehen werden. Es korre-
spondiert in diesem Sinne mit der Proprietary Theory als Basic Theory of Accoun-
ting 118. Auf Kapitalgesellschaften und insofern die Entity Theory trifft das immer
noch verhältnismäßig einfache Modell jedoch nicht zu.

117 Vgl. GROVES, Theodore - Martin LOEB: Incentives and Public Inputs, in: Journal of Public Eco-
nomics, (1975), S. 211-226.
118 Vgl. 1 Kapitel, S. 28 f.
74 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

f) Agency Theory
Den theoretisch fundiertesten und formallogisch ausgereiftesten Ansatz im Rahmen
der Informationsäkonomie stellt die Agency Theory dar. Diese betrachtet die Infor-
mationen des Management Accounting als Basis von Verträgen zwischen Auftrag-
gebern (Principals) und Beauftragten (Agents). Zwischen diesen Gruppen beste-
hen Interessenskonflikte sowie Macht- und Informationsassymmetrien 119. Als Auf-
traggeber lassen sich in Abhängigkeit vom Erklärungsziel Anteilseigner oder Mana-
ger in ihrer Vorgesetztenfunktion definieren. Demgegenüber werden Manager in der
Untergebenenfunktion oder Abteilungsleiter als Agenten definiert12o . Die Agency
Theory konzentriert sich auf optimale Vertragsbeziehungen zwischen den Mitglie-
dern des soziotechnischen Handlungssystems Unternehmen. Als Analyseinstrument
für Management Accounting Systeme hat das Agency Modell zwei Prämissen:

• Die Verträge zwischen den Beteiligten sind eine optimierte Funktion der Infor-
mationen, die das Management Accounting System bereitstellt;
• Die Handlungen der Beteiligten erfolgen auf Basis der so festgelegten Verträge
und der individuellen Informationen, die wiederum zum Teil durch das Ma-
nagement Accounting System festgelegt werden 121.

Die Agency Theory stellt somit ein Modell dar, auf dessen Basis der Gebrauch der
Management Accounting Informationen studiert werden kann.
Im Grundmodell der Agency-Theory delegiert der Auftraggeber an den Agenten die
Verantwortung für die Verwaltung und Leitung eines bestimmten Objektes (z.B. Un-

119 Die Grundüberlegungen der Agency-Theory finden sich erstmals fundiert bei JENSEN, Michael C.
- William H. MECKLlNG: Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Cost and Ownership
Structure, in: Journal of Financial Economics, (1976), S. 305-360. Einen ausgezeichneten Überblick
über Grundanliegen und Modelle der Agency-Theory gibt ferner BAIMAN, Stanley: Agency Theory
in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accounting Literature, Spring (1982), S. 154-213
und BAIMAN, Stanley: Agency Theory in Managerial Accounting: A Second Look, in: Accounting,
Organizations and Society, Band 15, H. 4 (1990), S. 341-371.
120 Vgl. MATTESSICH, Richard: Management Accounting: Past, Present and Future, in: HOLZER,
Peter [Hrsg.]: Management Accounting 1980, Proceedings of the University of IIlinois - Manage-
ment Accounting Symposium, University of lIIinois (1979), S. 209-240, hier S. 227.
121 Vgl. BAIMAN, Stanley: Agency Theory in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accoun-
ting Literature, Spring (1982), S. 154-213, hier S. 155.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 75

ternehmen, Abteilung, Arbeitsplatz). Im Gegenzug wird der Agent vom Prinzipal


durch einen (i.d.R. monetären) Anteil an der Wertschöpfung vergütet. Entsprechend
der Vertragsgestaltung (Sharing Rule, Teilungsregel) erfolgt die Vergütung fix oder
in Abhängigkeit vom erzielten Output. Bei Nichterfüllung oder Teilerfüllung des
Agency-Kontraktes sind auch Vertragsstrafen möglich, die dazu dienen, die Risiko-
partizipation des Agenten abzubilden. Die Entwicklungsstufen der Agency Theory
zeigt im Überblick die Abbildung 2.12.

abgeleiteter Rechen-
Grundansatz Theorie
zweck

Single Person Infor-


mation Economics Decision Theory
Approach

Information Evaluator-
• Problem Solving
Decision Maker Theory

Team Theory

Multi Person Informa-


tion Economics Ap- • Problem Solving
Syndicate Theory
proach • Sharing of Risk

Demand Revelation Theory • Problem Solving

• Sharing of Risk
Agency Theory
• Motivate Subordinates

Abbildung 2.12: Entwicklungsstufen des Information Economics Approach


76 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

g) Theory of the Firm based on Transaction Costs


Schließlich kann als weiterer informationsökonomischer Ansatz noch die Theory of
the Firm based on Transaction Costs angeführt werden. Im Gegensatz zur Agen-
cy Theory versucht diese Theorie nicht, alle Transaktionen mithilfe formaler Kontrak-
te zu analysieren. Sie geht vielmehr davon aus, daß Leistungen, die anderenfalls im
Markt abgegeben bzw. in Anspruch genommen würden und somit über die Preisbil-
dung in Abhängigkeit von der Angebots- und Nachfragesituation Effizienzverlusten
unterliegen, unternehmensintern abgewickelt werden. Kritisch ist zu diesem Ansatz
zu bemerken, daß zum einen praktikable Aussagen über administrative Prozesse
bzw. Strukturen fehlen, die einen effizienten und effektiven Einsatz intern abge-
wickelter Transaktionen sicherstellen. Mit anderen Worten: es fehlt ein normativer
Maßstab, anhand dessen die Effizienzgewinne aus der Schaffung der Vorausset-
zungen zur internen versus marktlichen Abwicklung von Transaktionen abgeleitet
werden kann. Zum anderen läßt sich die eher geringe Akzeptanz dieses Ansatzes
auf dessen mangelnde praktische Versifizierung zurückführen 122.

3) Implikationen der Informationsökonomie für das Management Accounting


Praktischen Einfluß hat die Agency Theory vorrangig auf die Weiterentwicklung des
Responsibility Accounting genommen. Es waren primär informationsökonomische
Ansätze und hier insbesondere Beiträge der Agency Theory, die das Grundanliegen
des Responsibility Accounting definierten:

Responsibility Accounting states that a person should be evaluated only on


the basis of those factors that he controls 123

Die modelltheoretischen Überlegungen der Agency-Theorie führten dazu, daß das


Budgeting die Rechenzwecke der Performance Evaluation, Motivate Subordinates
und Sharing of Risk für die Dezentralisierung von FÜhrungsverantwortung aufgriff.
Auf dem Grundmodell der Agency Theory basierend beschreiben US-amerikanische
Textbooks geschlossene Budgeting Systeme, in denen die Vergütung bzw. Sanktio-

122 Eine der wenigen Ausnahmen ist die empirische Untersuchung von 28 Petroliumherstellern von
ARMOUR, Henry O. - David J. TEECE: Organizationel Structure and Economic Performance: A
Test of the Multidivisional Hypothesis, in: Bell-Journal of Economics, (Spring 1978), S. 106-122.
123 BAIMAN, Stanley: Agency Theory in Managerial Accounting: A Survey, in: Journal of Accounting
Literature, Spring (1982), S. 154-213, hier S. 197.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 77

nierung von Abteilungsleitern (zumindest teilweise) auf der Grundlage der von ihnen
zu verantwortenden Leistungsparameter erfolgt. Die Agency Theory muß somit als
ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung ausgereifter Budgeting-Konzepte und den
korrespondierenden Abweichungsanalysen verstanden werden, die in den USA
einen vergleichsweise hohen Stellenwert einnehmen 124.
Bislang ist der wohl größte effektive Einfluß der Informationsökonomie und insbe-
sondere der Agency Theory auf das Management Accounting in der Hinwendung zu
einer normativen Sichtweise zu sehen. Diese spiegelt sich nicht zuletzt in Horngrens
zentraler Ausrichtung auf den Cost-Benefit Approach wider, den er Ende der lO'er
Jahre in seine Arbeiten integrierte und zum Grundsatz seiner Lehre überhaupt er-
klärte 125. Gerade Horngrens Lehrbuch Cost Accounting: A Managerial Emphasis,
das als eines der bedeutendsten Lehrbücher zum Management Accounting über-
haupt gilt126 , folgt dieser Lehre. Die entsprechenden konzeptionellen Ableitungen
werden weiter unten behandelt 127 .
Kritisch bleibt festzuhalten, daß bislang formulierte Agency-Modelle trotz ihrer teil-
weise mathematisch-technischen Komplexität in ihrem Modellcharakter einfach ge-
blieben sind. Sie beziehen sich bis heute auf organisatorisch höchst einfache Struk-
turen, die der industriellen Wirklichkeit (noch) nicht gerecht werden.
Wenngleich die hier diskutierten informationsökonomischen Ansätze bislang den
komplexen Anforderungen der betrieblichen Wirklichkeit (noch) nicht als Instrumente
dienen können, so erweitern sie doch die traditionelle Perspektive des Management
Accounting. Statt einseitig im Sinne des klassischen Responsibility Accounting
davon auszugehen, daß unternehmenszielkonformes und letztlich ergebnismaximie-
rendes Verhalten sich aus erkannten Abweichungen heraus steuern läßt, werden

124 Vgl. zum Stellenwert und zum Konzept des Budgeting in den USA: 6. Kapitel, S. 206 ff.
125 "This cost-benefit criterion (or philosophy or perspective or attitude) is my basic tenet", vgl.
HORNGREN, Charles T.: Reflections on Accounting Education and Practice, in: The Australian
Accountant, April (1979), S. 158-160, hier S. 58.
126 Die folgende Aussage kann als repräsentativ für das Urteil über Homgrens Lehrbuch angesehen
werden: ,,[ ... ] his textbook titled Cost Accounting: A Managerial Emphasis [ ...] changed the thrust of
the profession forever", WILLIAMS, Kathy: Charles T. Homgren: Management Accounting's Re-
naissance Man, in: Management Accounting, January (1986), S. 23-29, hier S. 23.
127 Vgl S. 85-89 dieses Kapitels.
78 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

neue Maßstäbe an die Accounting-Informationen gestellt128 . Das unternehmerische


Umfeld, in dem Know-How zum zentralen Wettbewerbsfaktor geworden ist, zwingt zu
einem Perspektivenwechsel vom Sachvermögen zum Humanvermögen. Diesem Po-
stulat muß auch das Management Accounting gerecht werden. Derartige informati-
onsökonomische Ansätze, die das Unternehmen als Schicksalsgemeinschaft begrei-
fen und sich mit Fragen optimaler Informations-, Macht-, Risiko- und letztlich
Ergebnisaufteilung beschäftigen, werden daher als Richtlinien für das Design von
Management Accounting Systemen begriffen 129.

D. Technology Accounting und Nonfinancial Performance Measurement

Mit Beginn der 80'er Jahre läßt sich eine veränderte Ausrichtung in Forschung und
Lehre des Management Accounting konstatieren. Neuerungen in Organisation und
Prozeßtechnologie, wie das Just in Time Konzept, Total Quality Management, com-
puterunterstützte und automatisierte Design- und Fertigungssysteme (CAD, CAM),
stellen neue Anforderungen an das Management Accounting. Der verschärfte Wett-
bewerb, der insbesondere in High Tech Bereichen stattfindet, entfachte in den USA
eine Diskussion um die Neuausrichtung des Management Accounting, die zu einem
neuen technologieorientierten Ansatz führte: dem Technology Accounting 130.
Die Neuausrichtung des Management Accounting auf moderne Produktionstechno-
logien kommt nach Brimson und Frescoln in vier Hauptaspekten zum Ausdruck 131:

1. Einer genaueren Methode der Zurechnung von Technologiekosten auf Pro-


dukte ("a more direct method of matching technology costs to products");

128 Vgl. MATTESSICH, Richard: Management Accounting: Past, Present and Future, in: HOLZER,
Peter [Hrsg.]: Management Accounting 1980, Proceedings of the University of lliinois - Manage-
ment Accounting Symposium, University of Illinois (1979), S. 209-240, hier S. 229.
129 Vgl. MATTESSICH, Richard: Management Accounting: Past, Present and Future, in: HOLZER,
Peter [Hrsg.]: Management Accounting 1980, Proceedings of the University of IIlinois - Manage-
ment Accounting Symposium, University of IIlinois (1979), S. 209-240, hier S. 229.
130 Vgl. zu diesem Ansatz BRIMSON, James A. - Leonard D. FRESCOLN: Technology Accounting:
The Value Added Approach to Capital-Asset Depreciation, in: CIM Review, (Fall 1986), S. 48-62.
131 Vgl. BERLINER, Callie - James A. BRIMSON (Hrsg.): Cost Management for Today's Advanced
Manufacturing, Boston 1988, S. 121.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 79

2. Einer Einführung differenzierter technologiebezogener Bezugsgrößen ("intro-


ducing economic factors to production costing in addition to the limited traditional
elements of material, labor and overhead U
);

3. Nutzung dieser Technology Cost Drivers anstatt der üblichen wertmäßigen Be-
zugsgrößen des externen Rechnungswesens für die Betriebsabrechnung und
Produktkostenkalkulation ("using key manufacturing measurements rather than fi-
nancial measurements as the basis for allocating costs U
);

4. Nutzung von wertsteigerungsbezogenen Abschreibungsverfahren ("increasing


the utilization of value-added depreciation methods U
).

1) Zurechnung von Technologiekosten auf Produkte


Der erste Aspekt, der letztlich die Kernaussage des Ansatzes enthält, stellt darauf
ab, die gesamten Technologiekosten an hand geeigneter Bezugsgrößen zu erfassen
und auf Produkte zu verrechnen. Damit wird eine Abkehr von der einfachen Kalkula-
tionsmethodik des Financial Accounting gefordert, die in der Logik des General Led-
ger Konzeptes traditionell auch im Management Accounting angewendet wurde.
Nach diesem Ansatz verrechnet man Technologiekosten in einer pauschalen, oft
werksbezogenen Gemeinkostenkategorie (Factory Overhead Cost Pool), die
schließlich auch in die Produktkosten einfließt. Da dies regelmäßig zu einem kalkula-
torischen Ausgleich zwischen den die fixkostenintensiven Produktionskapazitäten
unterschiedlich in Anspruch nehmenden Produkten führte, waren die Produktkosten-
informationen für die Preispolitik nur von sehr eingeschränkter Relevanz. Die Grund-
problematik wurde durch die zunehmende Technologieintensität, die sich kostensei-
tig in einer erheblich gestiegenen Fixkostenquote widerspiegelte, erheblich ver-
schärft. Im Rahmen des Technology Accounting stellen Berliner und Brimson daher
einen Value Added Approach vor, der eine genauere Erfassung und Verrechnung
von Technologiekosten sicherstellen soll. Die Gegenüberstellung der traditionellen
Vorgehensweise und der des Value Added Approaches bei der Bestimmung von
Abschreibungen innerhalb des Technology Accounting zeigt Abbildung 2.13.
Wie die Abbildung darstellt, schlagen Berliner und Brimson vor, die Abschreibungs-
basis nicht nur auf Anschaffungskosten zuzüglich Anschaffungsnebenkosten (abzüg-
lich eines etwaigen Resterlöswertes) zu beschränken, sondern zusätzlich kalkulatori-
sche Zinsen (Interest), Anpassungen an Tagesneuwerte (Current-Cost-
Adjustments) und ein kalkulatorisches Wagnis (Risk Premium) mit in den Kalkül
80 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

einzubeziehen. Damit stellt der Ansatz zusätzlich zur Amortisation ursprünglich ge-
bundener Kapitalbeträge auf die Schließung inflatorischer Lücken sowie eine Verzin-
sung des eingesetzten Kapitals und schließlich das spezifische Anlagenwagnis ab.
Insofern ist das Technology Accounting bemerkenswert, da es gleich mehrere As-
pekte, die in den USA als allgemein anerkannt galten, in Frage stellt. Ein Rechnen
mit kalkulatorischen Kosten ist der US-amerikanischen Literatur zumindest in der
laufenden Abrechnung grundsätzlich fremd. Kalkulatorische Abschreibungen und
Zinsen werden nach herrschender Meinung nicht angesetzt. Demgegenüber sieht
das Technology Accounting einen Ansatz wiederbeschaffungswertorientierter Ab-
schreibungen und einen Ansatz kalkulatorischer Zinsen und Wagniskosten vor.
Ebenso soll bei Weiternutzung einer bereits voll abgeschriebenen Maschine über
Null hinaus abgeschrieben werden, um so das Kosten- und schließlich auch Preis-
niveau zu verstetigen.
Hierzu muß man kritisch bemerken, daß das Anliegen der Substanzerhaltung und
der damit korrespondierende Ansatz dieser Soll-Mindestgewinne zwar als richtig,
dessen Lösung innerhalb der Kostensphäre jedoch als falsch zu beurteilen ist. Nam-
hafte deutsche Fachvertreter plädieren heute dagegen für den Aufbau einer differen-
zierenden Gewinnkalkulation anstatt dieser Umdefinition von Gewinnen in Kosten 132.
Nach Berliner, Brimson und Frescoln liegt der Schlüssel zum Technology Accounting
darin, Technologiekosten auf Produkte zu verrechnen. Hierzu nehmen sie zunächst
eine Einteilung von Sachanlagen in Kategorien vor133 .

132 Vgl. MÄNNEL, Wolfgang: Integration des Rechnungswesens für ein durchgängiges Ergebnis-
controlling, in: krp, 43. Jg. (1999), S. 11-21, hier S. 13-16; siehe auch SCHNEIDER, Dieter: Rech-
nungszweckwidrige wiederbeschaffungwertorientierte Abschreibungen, in: krp, 42. Jg. (1998), S.
34-36, hier 35-36.
133 Vgl. dazu die differenzierte Zuordnung bei BRIMSON, James A. - Leonard D. FRESCOLN: Tech-
nology Accounting: The Value Added Approach to Capital-Asset Depreciation, in: CIM Review, (Fall
1986), S. 42-62, hier S. 47.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 81

Abschreibungs- Value Added


Traditioneller Ansatz
determinanten (Technology Accounting)

Purchase Price (Anschaf- Purchase Price (Anschaf-


fungskosten) fungskosten)
Technology Cost
+ Startup Cost (An schaf- + Startup Cost (Anschaf-
(Abschreibungs-
fungsnebenkosten) fungsnebenkosten)
summe)
- Residual Value (Rester- + Interest (Zinsen)
löswert) + Current-Cost-Adjustment
(Tagesneuwertanpassung)
+ Risk Premium (kalkulato-
risches Wagnis)
- Residual Value (Rester-
löswert)

Recovery Period Useful Life Indefinite (unbestimmt):


(Abschreibungs- (wirtschaftliche Nutzungs- "depreciation continues
zeitraum) dauer) after original recovery pe-
riod" (Abschreibungen über
Null hinaus)

Depreciation Method Fixed Time (Straight Line, Production Usage (Ma-


(Abschreibu ngs- Sum-of-the-Years Digits, De- chine Hours Method, Inven-
methode) clining Balance) tory Velocity Method)

Product Cost Fixed Variable

Abbildung 2.13:Abschreibungsbemessung nach dem Technology Ac-


counting 134

134 In Anlehnung an BERLINER, Callie - James A. BRIMSON [Hrsg.]: Cost Management for Today's
Advanced Manufacturing, Boston 1988, S. 107.
82 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

Diese Kategorisierung stellt letztlich auf die Produktspezifität von Fertigungstechno-


logien ab. Dementsprechend werden zunächst die Anlagenkosten auf Werksebene
(Plant Level) danach differenziert, ob sie nur als Kosten allgemeiner fertigungsun-
terstützender Prozesse in einem Verwaltungsgemeinkostenblock (General and Ad-
ministrative Expense Pool) verrechnet oder als Kosten von Servicetechnologien
(wie etwa Wartungswerkzeuge) anhand der anlagenspezifischen Inanspruchnahme
auf Anlagen verrechnet werden können. Dem Beziehungszusammenhang von Res-
source, Prozeß und Produkt folgend, verrechnet man Technologiekosten entspre-
chend der differenzierten Anlagenkategorisierung teilweise indirekt (entsprechend
der in Prozeßmengen gemessenen Ressourceninanspruchnahme), teilweise direkt
auf Produkte 135.

2) Leistungsorientierte Abschreibung
Innerhalb des Value Added Approach des Technology Accounting wird auf lei-
stungsorientierte Abschreibungsmethoden abgestellt. Im Gegensatz zum tradi-
tionellen Ansatz vor allem linearer (Straight Une) und auch degressiver (Sum-of-the-
Years Digits, Declining Balance) Abschreibungsmethoden soll konsequent auf Basis
von Maschinenstundensätzen (Machine Hours) bzw. Durchsatzmengen (Inventory
Velocity) abgeschrieben werden. Auch hier muß man kritisch anmerken, daß einer
solchen konsequent leistungsorientierten Abschreibung das Grundanliegen des Ein-
kreissystems letztlich entgegensteht. Im Zuge der anzustrebenden Harmonisierung
von internem und externem Rechnungswesen sollten gerade US-amerikanische
Fachvertreter von einem divergenten Abschreibungsansatz absehen. Dies hat im
US-amerikanischen Kontext besondere Gültigkeit, da faktisch unvermeidbare Me-
thodendivergenzen, wie sie in Deutschland aus dem Prinzip der umgekehrten Maß-
geblichkeit der Steuer für die Handelsbilanz resultieren, nicht zu erwarten sind. Die
US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles schreiben jedoch li-

135 Vgl. zur differenzierten Vorgehensweise BERLINER, Callie - James A. Brimson (Hrsg.): Cost
Management for Today's Advanced Manufacturing, Boston 1988, S. 108-114, insbesondere müs-
sen solche Technologiekosten identifiziert werden, die bei genauem Hinsehen unmittelbaren Pro-
duktbezug aufweisen, wie die Nutzung von CAM-Rechnerkapazität zur Unterstützung produktspezi-
fischer Anlagensteuerungen.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 83

neare bzw. degressive Abschreibungen vor136 , so daß das Anliegen eines transpa-
renten, geschlossenen Ergebniscontrolling diese Erwägungen für eine streng lei-
stungsorientierte Abschreibung überwiegen sollte 137.

3) Differenzierte technologiebezogene Bezugsgrößen (Technology Cost


Drivers)
Es kann positiv hervorgehoben werden, daß das Technology Accounting mit der so
induzierten Diskussion um eine genauere Messung der Ressourceninanspruchnah-
me einen wichtigen Impuls zur sukzessiven Entwicklung differenzierter Bezugs-
größensysteme ab der Mitte der 80'er Jahre leistete. Während das Rechnen mit
Maschinenstundensätzen und allgemein differenzierenden Bezugsgrößensystemen
in Deutschland zu dieser Zeit schon lange breite Anwendung fand, wurden in den
USA auch in direkten Bereichen bis dahin noch kaum differenzierte Bezugsgrößen-
systeme verwendet 138 . Die Cam-I Studie erhebt diese Forderung nach einer besse-
ren Bezugsgrößendifferenzierung sehr deutlich, jedoch bleiben hier konkrete Vor-
schläge verhältnismäßig knapp und entsprechend vage. Es wird insofern lediglich
auf Maschinenstunden, nicht näher präzisierte Maschinenstundensurrogate (Surro-
gate Machine Hours) und Durchsatzmengen (Inventory Velocity) verwiesen 139.
Immerhin erhielt die Diskussion um differenzierende Bezugsgrößensysteme in den
USA so einen wichtigen Impuls. In den Folgejahren entwickelte Konzepte, wie etwa
die Kategorisierung von Foster und Gupta, die sich mit Größen wie der Anzahl der
abgewickelten Kunden- und Fertigungsaufträge, Anzahl der Lieferpositionen, Stück-

136 Zu den extern zulässigen Abschreibungsverfahren in den USA vgl. KIESO, Donal E. - Jerry J.
WEYGANDT: Intermediate Accounting, 9. Aufl., New York u.a. 1998, S. 548-557. In den USA wird
im externen Rechnungswesen in noch stärkerem Maße auf die lineare Abschreibung abgestellt, als
vergleichsweise in Deutschland.
137 Zu den Bestrebungen nach einer Integration der Rechnungskreise vgl. nochmals MÄNNEL, Wolf-
gang: Reorganisation des führungsorientierten Rechnungswesens durch Integration der Rechen-
kreise, in: krp, o. Jg. (1997), S. 9-19 und die dort angegebene Literatur.
138 Vgl. GEISER, Bernd: Prozeßkostenrechnung und Activity Based Costing (ABC), in: HORVATH &
PARTNER GmbH (Hrsg.): Prozeßkostenmanagement, 2. Aufl., München, S. 65-77, hier S. 68 f.
139 Vgl. BERLINER, Callie - James A. BRIMSON (Hrsg.): Cost Management for Today's Advanced
Manufacturing, Boston 1988, S. 118.
84 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

listen positionen, Rüstvorgänge oder Prüfpositionen auseinandersetzen, können als


Ausfluß dieser Entwicklung angesehen werden 140.

4) Integration qualitativer Leistungsindikatoren (Nonfinancial Performance


Measurement)
Zu den technologieinduzierten Neuausrichtungen des Management Accounting kam
in den 80'er Jahren marktseitig noch ein Trend zur Individualisierung, der die Un-
ternehmen im Wettbewerbsdruck zur Verfolgung einer First-Strategie, d.h. zu prinzi-
piellen Produktinnovationen drängt. Diese Neuausrichtung in der Produkttechnologie
zwingt den Controller zur Integration weicher, nichtfinanzieller Maßgrößen in har-
te kosten-, erlös- und ergebnisrechnerische Systeme. Da sich Qualität, Zuverlässig-
keit und Preiswürdigkeit direkt auf das Kundenverhalten auswirken, sind nichtmone-
täre Größen (beispielsweise Abfall, Ausschuß oder die Anzahl gewährter Sachmän-
gelgewährleistungen) näher am Markt angesiedelt und stehen im Gegensatz zu mo-
netären Größen auch schneller zur Verfügung. Gerade diese "Timeliness" (Früh-
zeitigkeit) von Informationen des Rechnungswesens wird damit unter wettbewerbs-
intensiven Systembedingungen und sich stetig verkürzenden Innovationszyklen zur
conditio si ne qua non 141. Kritisch ist jedoch festzuhalten, daß die mangelnde Ver-
dichtbarkeit nach oben, die mit derartigen Mengengrößen verbunden ist, (beispiels-
weise auf Abteilungs- oder Gesamtunternehmensebene) nicht unterschätzt werden
darf142 . Moderne Management Accounting Systeme sind somit seit den 80'er Jahren
auch regelmäßig durch ein systematisches Nebeneinander von monetären und
nichtmonetären Größen gekennzeichnet.

140 Vgl. FOSTER, George - Mahendra GUPTA: Manufacturing Cost Driver Analysis, in: Journal of
Accounting and Economics, H. 12, (1990), S. 309-337. Vgl. auch DOPUCH, Nicholas: A Perspec-
tive on Cost Drivers, in: The Accounting Review, July (1993), S. 615-620. Einen Überblick über Ko-
stentreibersysteme (nicht nur) für die Prozeßkostenrechnung in der deutschen und anglo-
amerikanischen Literatur findet sich bei ZIRKLER, Bernd: Kostentreiberanalysen für die Prozeßko-
stenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis (krp), 43. Jg. (1999) H. 6, S. 352-355, hier S. 354 f.
141 VATTER, William J.: Managerial Accounting, New York 1950, S. 105.
142 Vgl. FICKERT, Reiner: Management Accounting - quo vadis?, in: Die Unternehmung, H. 3, o. Jg.
(1993), S. 203-224, hier S. 208.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 85

E. Zum Relevant Cost Approach korrespondierende Grundpositionenen

Im folgenden werden bedeutsame Schulen des Relevant Cost Approach aufgezeigt.


Die Abkehr vom True Cost Approach kann originär auf Charles T. Horngren zu-
rückgeführt werden. Horngren war Doktorand an Vatters Lehrstuhl und beide bereite-
ten eine Überarbeitung von Vatters Lehrbuch vor. Schließlich ergab sich daraus je-
doch Horngrens Soloprojekt, das zu seinem berühmten Lehrbuch Cost Accoun-
ting: A Managerial Emphasis führte, welches 1962 zum ersten Mal veröffentlicht
wurde und mit dem er die bislang vorrangig kalkulationsorientierte Lehre reorgani-
sierte 143. Ebenso ist Gordon Shillinglaw ein Fachvertreter, der sich seit Mitte der
60'er Jahre primär mit dem Rechnen mit entscheidungsrelevanten Kosten, Erlösen
und Ergebnissen auseinandersetzte und damit den Relevant Cost Approach unter-
stützte und nachhaltig prägte.

1) Charles T. Horngren: Der Cost-Benefit Approach und der Relevant Cost


Approach - Primat des Decision Making
Charles T. Horngren war als Doktorand an der University of Chicago und später als
Professor für Rechnungswesen an der Stanford University tätig. Er führte die Lehre
von Vatter, seinem akademischen Lehrer und Mentor, weiter, indem er sein Lehr-
buch Cost Accounting: A Managerial Emphasis besonders auf die Instrumente des
Decision Making und auch des Budgetary Control ausrichtete. Mit der gegenüber
Vatter noch stärkeren Betonung des Planungsgedankens und der Steuerung anhand
von Abweichungen ging gerade Horngren den Weg von der Kosten-, Erlös- und Er-
gebnisrechnung weiter zum Controlling. Analog Vatters Arbeit legte er seinen Aus-
führungen eine Managementperspektive zugrunde. Diese führungsorientierte Aus-
richtung von Horngrens Arbeiten wurde, nach der Herausgabe der ersten Auflage
seines Lehrbuches im Jahr 1962, von den US-amerikanischen und auch internatio-
nalen Fachleuten mit viel Beachtung und Lob aufgenommen 144. Man kann insofern

143 Zur Zusammenarbeit von Vatter und Horngren und zur ersten Auflage von Horngrens Lehrbuch vgl.
WILLIAMS, Kathy: Charles T. Horngren: Management Accounting's Renaissance Man, in: Ma-
nagement Accounting, January (1986), S. 23-29, hier S. 27 f.
144 Bezeichnende Stellungnahmen finden sich bei Williams: "By applying a management perspective
to traditional cost accounting, this acclaimed teacher, author, researcher, communicator, busi-
nessman, leader and humanist changed the course of the profession forever." und ,,[ ... ] one of
the world's most respected and honored accounting educators - one who has made unparal-
86 Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting

sagen, daß Horngren dem modernen führungsorientierten Management Accounting


in den USA erst wirklich zum Durchbruch verhalf145 .
Die Cost-Volume-Profit Analysis und das Flexible Budgeting wie auch die Abwei-
chungsanalysen werden von Horngren besonders eingehend und konzeptionell ge-
schlossen erläutert. Diesbezüglich kann Horngrens Arbeit als Weiterführung der Ar-
beit von Vatter bezeichnet werden. Die entsprechenden Konzepte werden im 6. und
7. Kapitel erörtert 146 . Über dies hinaus bezieht Horngren vor allem die Erkenntnisse
der Informationsökonomie in seine Ausführungen mit ein. Insofern nehmen die
modelltheoretischen und formal abstrakten Theorien des Behavioral bzw. Human
Resource Accounting bei Horngren pragmatische und operationale Konturen an.
Horngren legt seinem Verständnis von Management Accounting über die von Vatter
adaptierte Ausrichtung auf den Management Viewpoint den von ihm geprägten
Cost-Benefit Approach zugrunde 147. Damit leistete er einen wesentlichen Beitrag
zur zunehmend normativen Ausrichtung des Management Accounting seit den
60'er Jahren.
Wirklich verständlich wird auch die Bedeutung dieses Grundsatzes in den USA erst
vor dem Hintergrund des General Ledger Konzeptes. Entscheidungsorientierte Kon-

leled contributions to all segments of his profession'", WILLIAMS, Kathy: Charles T. Horngren:
Management Accounting's Renaissance Man, in: Management Accounting, January (1986), Her-
vorhebungen vom Verfasser, S. 23-29, hier S. 23.
145 ,,[ .•. ] Horngren has helped shape management accounting into the profession it is today",
WILLIAMS, Kathy: Charles T. Horngren: Management Accounting's Renaissance Man, in: Ma-
nagement Accounting, January (1986), S. 23-29, hier S. 23.
146 Vgl. 6 Kapitel, S. 206 ff. und 7. Kapitel, S. 245 ff. Insbesondere weist Horngren, Vatters Arbeiten
zum Budgeting folgend, auf die zentrale Bedeutung von Budgets hin, die im Sinne des Responsibili-
ty Accounting für Verantwortungsbereiche "maßgeschneidert'" werden, "The desirability of tailo-
ring a budget to particular managers cannot be overemphasized.'", HORNGREN, Charles T.:
Reflections on Accounting Education and Practice, in: The Australian Accountant, April (1979), S.
158-160, hier S. 160.
147 Horngren bezeichnet den Cost-Benefit Approach als den Grundsatz seiner Lehre: "The cost-
benefit criterion (or philosophy or perspective or attitude) is my basic tenet", HORNGREN, Charles
T.: Reflections on Accounting Education and Practice, in: The Australian Accountant, April (1979),
Hervorhebung vom Verfasser, S. 158-160, hier S. 158. Vgl. auch HORNGREN, Charles T. -
George FOSTER: Cost Accounting: A Managerial Emphasis, 7. Aufl., Englewood Cliffs 1991, S. 8.
Dort wird der Cost-Benefit Approach allen weiteren konzeptionellen Ausführungen vorangestellt.
Signifikante Entwicklungsstufen des Management Accounting 87

zepte des Decision Making und z.T. auch des Planning and Control müssen in die-
sem Kontext häufig als fallweise Sonderrechnungen konzipiert werden. Dies bedeu-
tet einen vergleichsweise deutlich höheren Aufwand für die Informationsbereitstel-
lung, der dem zusätzlichen Informationsnutzen gegenüberzustellen ist.
Eine Implikation des Cost-Benefit Approaches ist Horngrens Forderung nach der
klaren Beachtung der Anreizverträglichkeit betrieblicher Budgeting- und insbeson-
dere Incentivesysteme 148 . Der Stellenwert dieses Aspekts in den USA läßt sich vor
allem anhand der dominanten Profit-Center Organisation erklären. Im Sinne des
Responsibility Accounting sind eben auch die Vergütungen der Bereichsverantwortli-
chen vergleichsweise öfter und vor allem stärker an die Informationen des Rech-
nungswesens gebunden. Die hohe Bedeutung der Anreizverträglichkeit im Zusam-
menhang mit erfolgsabhängigen Entlohnungssystemen spiegelt sich in den USA
letztlich auch in der Höhe der Tätigkeitsvergütungen der Chief Executive Officers
(CEO, vergleichbar mit dem deutschen Vorstandsvorsitzenden) wider. Diese betru-
gen in den USA 1999 etwa das 209 fache der Vergütung eines Fabrikarbeiters.
Demgegenüber werden vergleichbare Führungspositionen in Deutschland "nur" mit
dem 25 fachen eines durchschnittlichen Fabrikarbeiterlohnes entgolten 149.
Die Informationen des Rechnungswesens stellen in den USA aufgrund der gemein-
samen Datenbasis des General Ledger auf ein einheitliches Wertniveau ab. Inso-
fern finden die Wertansätze betrieblicher Budgetingsysteme letztlich ja summarisch
auch im externen Rechnungswesen ihren Niederschlag und sind gleichzeitig als Aus-
fluß des internen Entscheidungsprozesses gegenüber den Bereichsverantwortlichen
- eben aufgrund des klaren einheitlichen Wertniveaus - auch kommunizierbar15o •

148 ..As apart of the cost-benefit assesment !wo major problems should be faced when a system is
chosen: obtaining goal congruence and strengthening incentive.", HORNGREN, Charles T.: Re-
fleetions on Accounting Education and Practice, in: The Australian Accountant, April (1979), S. 158-
160, hier S. 159 ...Courses are concerned with critical behavioral issues such as designing sys-
tems that motivate decisions wh ich are congruent with top management goals.",
HORNGREN, Charles T.: The Accounting Discipline in 1999, in: The Accounting Review, January
(1971), Hervorhebung vom Verfasser, S. 1-11, hier S. 8.
149 Vgl. VORWOLD, Gerhard: Gewinnmanagement in den USA - Beob