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I!t.

'i2 Eine Religionsdefinition


und häufige Elemente vön Religionen und Religiosität

l. Eine Definition von Religion Definition von »Religion« finden, der alle zustimmen
kann wie folgt lauten: können. Denn Religionen gibt es nicht im abstrakten
Allgemeinen, sondern nur jeweils in konkreten Religi-
Religion ist die gemeinschaftliche Antwort des Men- onen, die sehr unterschiedlich sind. Aber man braucht
schen auf Transzendenzerfahrung, die sich in Ritus eine (zumindest vorläufige) Definition, um Religionen
und Ethik Cestalt gibt. und Religiosität überhaupt wahrnehmen und verste-
hen zu können.
ln dieser Definition werden vier Dinge herausgestellt: Mit Religiosität bezeichnet man, wie einzelne Men-
'l
. Bei Religion geht es darum, dass Jenseitiges (Trans- schen in einer oft sehr persönlichen und individuellen
zendentes) sich zeigt, so dass Menschen Erfahrungen Form Religion in ihrem Leben praktizieren. Dabei kön-
damit machen. Der Begriff ,Transzendenz« ist vage nen sie sich an bekannten Religionen ausrichten, sie
und offen. Dies ist nötig, damit die Definition auch miteinander »mischen« (»Patchworkreligiosität«) oder
z.B. auf den Buddhismus angewendet werden kann, ihren Lebenssinn finden in einer Begeisterung z.B. für
in dem es nach der strengen Lehre keine Cötter und Fußball, Autos, Schönheit oder Wellness. Vielleicht
keinen Cott gibt. kann man besser verstehen, was mit Religiosität ge-
2. Religion ist nicht Sache des Einzelnen, sondern im- meint sein kann, wenn man der umgangssprachlich
mer einer Cemeinschaft. Selbst ein Einsiedler lebt formulierten Frage nachgeht:Was ist (für mich) ,Kultn?
noch von Ceschichten und Lehren, die er von ande-
ren hat. Und meistens ist er auch auf andere ange- lll. Gesichtspunkte, die man bei Religionen
wiesen, die ihn in irgendeiner Form unterstützen. und persönlicher Religiosität oft beobach-
3. Zu einer Religion gehören Riten. Sie sind die Archi- ten kann (für einen phänomenologischen
tektur einer Religion. Sie ermöglichen wiederholbare Zugang)
Handlungen, können wichtige lnhalte sichtbar dar- Man kann Religionen und Religiosität auch beobach-
stellen und symbolisch verdichten. Riten überliefern ten mit Hilfe der in derTabelle aufgeführten Kategori-
einerseits Traditionen. Da aber bei der Deutung stets en. Dabei fragt man, was sich einem »zeigt«, also wel-
neue oder unterschiedliche Akzente gesetzt werden che Phänomene man entdeckt, wenn man genau
können, ermöglichen sie andererseits auch ein Einge- beobachtet - möglichst zunächst ohne zu urteilen,
hen auf aktuelle Herausforderungen. auch wenn einem etwas fremd und seltsam vorkommt.
4. Es gibt keine Religion ohne bestimmendeVerhal- Man nennt einen solchen Zugang »phänomenolo-
tensmaßstäbe, also ohne Ethik. gisch«. Wenn zu mehreren Kategorien etwas beob-
Nach: Theo Sundermeier, Religion - Was ist das? Frankfurta.M.2007,3Ol. achtbar ist, gilt es zu untersuchen, ob eine Religion
oder zumindest religiöse Phänomene vorliegen. Na-
ll. Von der Schwierigkeit, Religion türlich muss man aufpassen, dass ,Religionu dabei
zu definieren nicht zu einem so weiten Begriff wird, dass man jeden
Wenn man alle Religionen auf der ganzen Welt ange- Verein, jeden Betrieb, jede Band oder jede Cruppe da-
messen berücksichtigen möchte, wird man kaum eine zu zählt, die einem gemeinsamen lnteresse nachgeht.

B,'ir,,Erzäh,lüngen,übei die,rlinlsbhün§, der.Welt,ünd de1


1; heillgq,,Räüme r, Mehsehen iKoimo§on,le,undr,rMenSifunschöpfung)

2. hei ige Gegenstände 9. heilise Lehren - heiliseVerhaltensreqeln


3,:'h,ei i§e,Zahlen: 1 o,,hei li§e, 5f hi,iftän
4. hei ige Zeiten I 1. eine heilige Cemeinschaft

U!.,h;i[gäi.,M;nsihen,,ewt;,Ail;,,'Rel]isioniiriftei oder ei ne
5. heilige Riten
Religionsstifterin
13. Beschreibung eines inneren Erlebens beim Praktizieren
6. heilige Worte
einer Religion
7. heilige Ceschichten, 114.1{ußere,,Elkennun§q2eiChen..,l§ft',,1!q,,4!§ienzungen
evtl. ein Cründungsmyhos ,,,,,,,,, ':§qgen,t,ändare,tGruppen,,'ü:nditLehlen.i :,it, lrrr,11'. ;rr';'r

Hinweis:Vieles in derTabelle ist in der Mehrzahl genannt, es kann natürlich auch in der Einzahl beobachtetwerden.

l]l8z C'iündrüs§,'däiitl{lhdüiimü§,r,eit,ärüt*n
,]ll l ,ll:ll]r]i.]i:i

Warum und wie heschäftige ich mich mit anderen Religionen?


:M..§.

Warum? (mögliche Gründe) Wie? (mögliche Wege)


1. lch möchte einfach wissen, wie und was andere 1. lch empfinde und denke aus meiner Perspektive,
Menschen glauben. wenn ich anderen Religionen begegne. (lnnenpers-
2. Exotisches oder Fremdes finde ich reizvoll. pektive)
3. Manches an anderen Religionen finde ich fremd 2. lch versuche, mich in die Cefühle und Cedanken der
und erschreckend. Darüber möchte ich reden. CIäubigen einer anderen Religion hineinzuversetzen
4. Die eigene Religion erscheint mir langweilig und und ein Stück weit in ihr Leben hineinzuschlüpfen.
wenig überzeugend. (lnnenperspektive des anderen)
5. lch suche nach Ursprünglichem - auch im Bereich 3. lch versuche, »mit kühlem Kopf« eine fremde Religi-
- der Religion. on genau zu beobachten und zu beschreiben, und
6. lch lebe mitAnhänger/innen eineranderen Religion deute nicht oder nur ganz vorsichtig. (Außenperspek-
im Alltag zusammen und möchte mit ihnen gut aus- tive)
kommen.
7. lch reise vielleicht einmal privat oder beruflich in Zum Überlegen:
Länder, in denen andere Religionen das Leben prä- Bei welchen Gründen werden vermutlich welche Wege
8en. gewählt?
B. Mein Arbeitgeber könnte erwarten, dass ich wichti-
ge kulturelle und religiöse Besonderheiten der Län- Zum Ausprobieren:
der kenne, zu denen Geschäfukontakte bestehen. Wählt einen Aspekt einer anderen Religion, mit dem lhr
9. ln Auseinandersetzung mit anderen Religionen füh- euch beschäftigen wollt, z.B. beim lslam das Pflichtge-
le ich mich herausgefordert, meine eigene Religion bet, die Beschneidung oder das Kopftuch. Oder beim
besser zu verstehen und mir eine eigene Meinung Hinduismus die Verehrung einer Kuh oder die Witwen-
zu bilden. verbrennung.
1 0.
lch möchte mit Anhänger/innen anderer Religionen Teilt euch in drei Cruppen auf, jeweils eine Cruppe für
über Glaubensfragen ins Cespräch kommen. die Wege 1-3 mit den unterschiedlichen Perspektiven.
11. Ich möchte Anhänger/innen anderer Religionen zu Schaut am besten einen Filmausschnitt zu dem von
meinem Clauben einladen. euch gewählten Thema (YouTube) oder lest eine Be-
schreibung (möglichst ohne Deutung).
Schreibt aus eurer Perspektive einen kleinen Text.
Tragt euch dieTexte in Dreiergruppen gegenseitig vor.
Überlegt in der Dreiergruppe: War es möglich, aus den
unterschiedlichen Perspektiven zu schreiben?
Überlegt in der gesamten Klasse: Welche Folgen hat die
Wahl der unterschiedlichen Wege?

Regeln für den Umgang mit anderen oder fremden Religionen

1. Respektvoll wahrnehmen, sprechen und sich nerreligion, muss auch fragen, wie das im Chris-
verhalten. tentum ist.)
2. Cenau unterscheiden, was man sieht und hört . dies begründen. (Kopftücher dürfen nicht einfach
(sich dafür Zeit lassen!) und wie man es deutet. verurteilt werden, weil man sie nicht mag. Man
3. Sich um möglichst korrekte lnformationen muss vielmehr z.B. die Frage nach der Cleichbe-
bemühen. rechtigung oder dem Selbstbestimmungsrecht von
4. Anderen Religionen ihre Fremdheit lassen. Nicht so Frauen stellen.)
tun, als sei alles doch »irgendwie gleichn. . dies so formulieren und vortragen, dass es nicht
5. Wenn man etwas bewertet, muss man ... verletzend ist. (Es ist hilfreich, sich vorzustellen,
. dies auch auf die eigene Religion anwenden. dass Cläubige der betreffenden Religion im
(Wer dem Buddhismus vorwirft, er sei eine Män- Klassenzimmer sitzen.)
]..l,]&t,]t:§ Weltreligionen im Überblick

ludentum lslam Hinduismus §üddhi§§ru§.;,r,:.:

Symbole

Wichtige
/ Zeichen
§
Oittxüli*l::r:,
w
Orthodox
+ .§unnite-a:,ril
i:.ll
tsä
Vishnu-, Shivaismus, ,|,{,ioar;' ,Matia.:rrndr:,,,,.,,,,,,.:u,:,
Untergruppen Liberal isahiitenii (A)dvaita-Vedanta Vay1 ayant,tUetliii;,'r ir:i,,,,,,;'

Reformjudentum {A[ev!1en}:,.: ;*1n*1i*e,ne[§1an.1,,

zentral Tora K'i]aair. karma, Reinkarnation, Di€..üi6ir1d:leri,,:li l:l i :,

guru wärr!H"1*n,,,.. ',,.,,

Religionsstifter Mose Mohammed, ,


rBuddhar.,

Heilige Schrift(en) Tora und Talmud Koran U.a.: Veda; Bhagavad


Cita; Epen: Ramayana,
Mahabharata

Gebäude Kiiehe,,'r Synagoge: Toraschrein 'Mi*ihee:'r'"'r.r'' r


Tempel: Wohnsitz der :Stupglr.§&!S!ieherr:,r,,,,.,,,,,r1
Auifiehtung'nach Bildgestalten, {;lbeir:estg/Reliaüianr,
r'
li4§kkar.(Kibtä): Crabstäften besonderer ,§üddhaliddei rl8.r,vön
Heiliger :Boalh,i§attvä! ::,.,.:r,,i,,:,i i,r;,.:.r. r,l

ir,i ., ''r. .I Iit t.'r i. .] ,L:',.i. ..i..Ii':'ll'I','i:I,. :III.i:.IIl:'

Freier Wochentag ,§onnäg:,' Sabbat Fqqitag (!!c.h!fr€0,


Feste während Pessach Unzählige, u.a. Diwali
eines Jahres Schawuot und Holi

Feste während Iäüfu,:ii.:rt:.t;ri,r:,11r,tr:,::.,,,':,,.,,iir.,r1:'r,l::r:,i:i:il:,..,l: a Beschneidung Namensgebung / erste,


eines Lebens I Namensnennung feste Nahrung
(ohne Hochzeit) am SabLrat (6 Monate)

a Bar Mizwa d lnitiation


,xt**imXe*., 9 Bat Mizwa 9 Hochzeit ist zugleich
lnitiation

Tod Meist baldige Erdbestat- Verbrennen


tung

Nach dem Tod Wiederverkörperung oder

moksha lllfVä|\ä'..,
Bekenntnis / Sch'ma: Höre lsrael, der lr,. .§äürler..,§§. gibtrl€ifi sri i brahman = atman 1iehu'ia eiZüfl,qdl!.',ii.r..ii
Gottesvorstellung HERR ist unser Cott, der tott räüßdir:r6öh:i6iii1[:,.r:.,' : unpersönliches zu*1,Büddtra,,Bh.f mm,;
HERR allein ,Mrihdrfi med:'ii§tri#i6:'r'; 11;1'1
Höchstes oder
rri
,ünd:§älgqi ,;iltutlief .:..:l

.PräpheL.r,lll:rr,'.,r:'l.r,:,,,, :r.':
t :li i,ii'ii,ri personaler Coft rkeiiqe.lCö@r'.,'lrriir:lr.: :,,.'i:l':r.:,::,l,,r,

Gebet Achtzehn-Bitten-Cebet, (gayatri- ) mantra, bhajan


Kaddisch und kirtan (Cesänge)

Gebote / Regeln 6'13 Ce- und Verbote Meist sehr kastenspezi-


(inkl. 10 Cebote) fisch

Essensvorschriften Kaschrut, u.a. nicht Kein Rindfleisch,


Milch mit Fleisch z.T. gar kein Fleisch

Verbreitung USA, Israel lndien §äto*tr*ien,,:t


Zahl der Anhänger 2 16 Millionen I Milliarde 500lrMillionentt;.:,,..,',',',,',,.,,','l',
2009 (ca.)
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iri§fäi,i-q,1, r.1,r,11,,l'1ll.
1,.,: ;,1,; ;,:1.i,.t;1:r.t.r,';'1r

Einige weitere Rel igionen:


lndigene / ethnische / traditionale / Stammes-Religionen; Taoismus; Konfuzianismus; Shintoismus (Japan)
Religionen der Agypter, Babylonier, Assyrer, Criechen, Römer, Cermanen, Kelten ...

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