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Die AD 2000-Merkblätter werden von den in der „Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter“ (AD) zusammenarbeitenden, nachstehend genannten
sieben Verbänden aufgestellt. Aufbau und Anwendung des AD 2000--Regelwerkes sowie die Verfahrensrichtlinien regelt das AD 2000-Merk-
blatt G1.
Die AD 2000-Merkblätter enthalten sicherheitstechnische Anforderungen, die für normale Betriebsverhältnisse zu stellen sind. Sind über
das normale Maß hinausgehende Beanspruchungen beim Betrieb der Druckbehälter zu erwarten, so ist diesen durch Erfüllung besonderer
Anforderungen Rechnung zu tragen.
Wird von den Forderungen dieses AD 2000-Merkblattes abgewichen, muss nachweisbar sein, dass der sicherheitstechnische Maßstab
dieses Regelwerkes auf andere Weise eingehalten ist, z.B. durch Werkstoffprüfungen, Versuche, Spannungsanalyse, Betriebserfahrungen.
Fachverband Dampfkessel-, Behälter- und Rohrleitungsbau e.V. (FDBR), Düsseldorf
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V., Sankt Augustin
Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI), Frankfurt/Main
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), Fachgemeinschaft Verfahrenstechnische Maschinen
und Apparate, Frankfurt/Main
Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh), Düsseldorf
VGB PowerTech e.V., Essen
Verband der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV), Essen
Die AD 2000-Merkblätter werden durch die Verbände laufend dem Fortschritt der Technik angepasst. Anregungen hierzu sind zu
richten an den Herausgeber:
Inhalt
0 Präambel 5 Spannungsüberlagerung und Spannungs-
1 Geltungsbereich beurteilung
2 Bezeichnungen und Begriffs- 6 Begrenzung der Vergleichsspannungen
bestimmungen und der Vergleichsspannungsschwingbreiten
3 Allgemeine Festlegungen 7 Schrifttum
4 Spannungsanalyse, Spannungskategorien
werden, in denen der Beanspruchungszustand des Bauteils 1.3 Die Spannungen können z. B. durch Über- bzw. Un-
auf der Grundlage eines linear-elastischen Spannungs-Deh- terdrücke, äußere Kräfte und Momente, Massenkräfte so-
nungszusammenhanges berechnet worden ist. Es gilt auch wie behinderte Wärmedehnung hervorgerufen werden.
E Carl Heymanns Verlag KG
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der Entnahme von Abbildungen, die Wiedergabe auf fotomechanischem Wege und die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei auszugsweiser Verwertung, dem Urheber vorbehalten.
AD 2000-Merkblatt
Seite 2 AD 2000-Merkblatt S 4, Ausg. 10.2000
1.4 Die hier getroffenen Festlegungen gelten für die im σ v, Tresca Vergleichsspannung nach Tresca in N/mm2
Druckbehälterbau zugelassenen Stähle. Bei der Übertra-
gung auf andere metallische Werkstoffe, z. B. Nichteisen- σ v, v.Mises Vergleichsspannung nach v. Mises in N/mm2
metalle, sind die spezifischen Eigenschaften zu berück- τ xy, yz, zx Schubspannungskomponenten in N/mm2
sichtigen.
1.5 Die auftretenden Bauteiltemperaturen (Wandungs-
temperaturen) liegen im Bereich zeitunabhängiger Festig- 3 Allgemeine Festlegungen
keitskennwerte. 3.1 Zielsetzung
1.6 Die Anforderungen des AD 2000-Regelwerkes hin- 3.1.1 Mit der Analyse der Spannungen muss durch den
sichtlich verwendeter Werkstoffe, Herstellung, Verarbei- Vergleich mit den zulässigen Spannungen nachgewiesen
tung sowie erstmaliger und wiederkehrender Prüfungen werden, dass die untersuchten Bauteile allen auftretenden
müssen eingehalten werden. Belastungen bei den verschiedenen Belastungsfällen (Be-
triebs-, Prüf-, Montage- und Sonderfälle gemäß AD 2000-
1.7 Versagensarten Merkblatt S 3/0) standhalten.
1.7.1 Bei Einhaltung der in diesem AD 2000-Merkblatt 3.1.2 Im Rahmen der durchzuführenden Analyse sind die
enthaltenen Kriterien zur Spannungsbegrenzung werden Spannungen und erforderlichenfalls die Kraftgrößen und
folgende Versagensarten vermieden: die Verformungen der zu untersuchenden Bauteile infolge
r Zähes Bruchversagen und unzulässige Werkstoffverfor- von Belastungen unter Einhaltung der Randbedingungen
mung durch mechanische Überlastung, und unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflus-
sung ihrer Nachbarbauteile zu ermitteln. Diese Ermittlung
r schrittweiser Dehnungszuwachs durch zyklische Belas-
darf rechnerisch oder experimentell oder in Kombination
tung,
rechnerisch und experimentell erfolgen.
r Ermüdungsbruch durch Überschreiten der Zeit- oder
Dauerfestigkeit (in Verbindung mit AD 2000-Merkblatt 3.1.3 Die nach Abschnitt 3.1.2 ermittelten Spannungen
S 1 oder S 2). sind hinsichtlich ihrer Zulässigkeit gemäß den Abschnitten
4, 5 und 6 zu überprüfen. Dabei ist zu beachten, dass die
1.7.2 Die Einhaltung der Spannungsbewertungskriterien Genauigkeit der ermittelten Größen von der Güte der geo-
nach Abschnitt 4 beinhaltet keine Absicherung gegen die metrischen Idealisierung des Bauteils, von der Genauigkeit
nachfolgend genannten Versagensarten; diese müssen zu- der Annahme der Belastungen, Randbedingungen und
sätzlich überprüft werden: Werkstoffeigenschaften sowie von den Eigenschaften des
r Instabilität, gewählten Berechnungsverfahrens und der Art seiner
r Sprödbruch, Durchführung abhängt.
r Zeitstandbruch,
3.2 Schweißnähte
r Hochtemperaturermüdung,
Die zulässige Spannung in Schweißnähten ist entspre-
r Spannungsrisskorrosion,
chend der Schweißnahtwertigkeit gemäß AD 2000-Merk-
r Schwingungsrisskorrosion. blatt B 0 zu bestimmen.
3.3 Plattierungen
2 Bezeichnungen und Begriffs- 3.3.1 Bei der Bestimmung der erforderlichen Wanddicken
bestimmungen und Querschnitte sind vorhandene Plattierungen in der Re-
gel als nicht tragend anzusehen. Auftragsschweißungen
e Berechnungswanddicke an der
auf das Grundmaterial mit gleichwertigen Werkstoffen gel-
betrachteten Stelle
ten nicht als Plattierung.
(vgl. AD 2000-Merkblatt S 3/0) in mm
f zulässige Berechnungsspannung 3.3.2 Wenn die Plattierungsdicke mehr als 10 % der
(vgl. AD 2000-Merkblatt S 3/0) in N/mm2 Wanddicke beträgt, ist die Plattierung bei einer Analyse
F Spannungsspitze in N/mm2 der Kräfte und Spannungen zu berücksichtigen.
P primäre Spannung in N/mm2 3.4 Belastungen
Pe Zwängungsspannungen, z. B. durch
behinderte Wärmedehnung hervor- Als Belastungen sind alle Einwirkungen auf das Bauteil an-
gerufene Membran- und/oder Biege- zunehmen, die Beanspruchungen in diesem hervorrufen.
spannungen in N/mm2 Die Belastungen sind zu Lastfällen nach AD 2000-Merk-
blatt S 3/0 zusammenzufassen. Anzusetzende Belastun-
Pb primäre Biegespannung in N/mm2 gen sind anzugeben.
Pl primäre lokale Membranspannung in N/mm2
Pm primäre globale Membranspannung in N/mm2 3.5 Spannungen
Q sekundäre Spannung in N/mm2 3.5.1 Die Spannungen bestehen aus Normal- und Schub-
R kleinster Krümmungsradius der spannungen oder aus einer Kombination von Normal- und
Schale an der betrachteten Stelle in mm Schubspannungen. Ihre Bewertung erfolgt als Vergleichs-
R p0,2 Â , R p1,0 Â 0,2 bzw. 1,0%-Dehngrenze spannungen.
(Mindestwerte) in N/mm2 Im Falle einer linearelastischen Spannungsanalyse besteht
ein linearer Zusammenhang zwischen den Spannungen
σ 1, 2, 3 Hauptspannungen in N/mm2 und Verformungen. Dieser proportionale Zusammenhang
σ x, y, z Normalspannungen in N/mm2 ist auch oberhalb der Streckgrenze oder Dehngrenze des
Werkstoffs zugrunde zu legen (fiktive Spannungen). Im
σ max größte Hauptspannung in N/mm2 Falle elastisch-plastischer Analysen ist vom tatsächlichen
σ min kleinste Hauptspannung in N/mm2 Spannungs-Dehnungs-Zusammenhang auszugehen.
AD 2000-Merkblatt
AD 2000-Merkblatt S 4, Ausg. 10.2000 Seite 3
3.5.2 Die Spannungen treten entweder als (vorwiegend) dionaler Richtung das 1,1fache der zulässigen globalen
ruhende Beanspruchungen, als Wechselbeanspruchungen Membranspannung nicht überschreiten. Zwei benachbarte
oder dynamische Beanspruchungen auf. Schwellende Be- Bereiche mit lokalen primären Membranspannungen müs-
anspruchung ist als Sonderfall der Wechselbeanspruchung sen mindestens 2,5 ⋅ R ⋅ e in meridionaler Richtung
anzusehen. voneinander entfernt sein. Dabei ist R der kleinere Haupt-
3.5.3 Die Begrenzung der Spannungen bei ruhender Be- krümmungsradius und e die Wanddicke gemäß Ab-
anspruchung erfolgt nach Abschnitt 6 auf der Grundlage schnitt 2. Einzelne begrenzte Bereiche mit lokalen pri-
der Spannungsanalyse und -kategorisierung sowie der mären Membranspannungen, hervorgerufen durch
Vergleichsspannungsbildung nach den Abschnitten 4 und konzentrierte Belastungen (z. B. Pratzen, Stutzen), sind so
5, die Begrenzung wechselnder Beanspruchungen nach anzuordnen, dass es zu keinen Überlappungen von Berei-
dem AD 2000-Merkblatt S 2. chen kommt, in denen das 1,1fache der zulässigen globa-
len Membranspannung überschritten wird.
4.2.5 Während primäre globale Membranspannungen so
4 Spannungsanalyse, Spannungs- verteilt sind, dass als Folge einer Plastifizierung keine we-
kategorien sentliche Spannungsumlagerung zu benachbarten Berei-
chen hin stattfinden würde, führt im Falle der primären
Durch eine Spannungsanalyse mit Spannungskategorisie- lokalen Membranspannungen eine Plastifizierung zur
rung und Spannungsbegrenzung ist nachzuweisen, dass Spannungsumlagerung.
keine unzulässigen (insbesondere nur begrenzte plasti-
sche) Verformungen auftreten. 4.3 Sekundäre Spannungen Q
Aus diesen Spannungen ist für die primären Spannungen genügt es bei der Anwendung der Festigkeitshypothese
die Vergleichsspannung zu bilden. Für die Summe aus pri- nach Tresca, das Maximum der Differenzen je zweier
mären und sekundären Spannungen sowie für die Summe Hauptspannungsdifferenzen gleicher Paare von Haupt-
aus primären Spannungen, sekundären Spannungen und spannungsrichtungen zu bilden. Dieses Maximum stellt
Spannungsspitzen ist jeweils die Vergleichsspannungs- dann die Vergleichsspannungsschwingbreite (nach Tresca)
schwingbreite zu bilden (für weitergehende Angaben ver- dar.
gleiche [6]).
Spannungen Spannungs-
Behälterteil Ort Art der Spannung
hervorgerufen durch kategorie
Zylinder- oder Ungestörter Bereich Innendruck Membranspannung Pm
Kugelschale Spannungsänderung senkrecht zur Q
Schalenmittelfläche
Axialer Temperatur- Membranspannung Q
gradient Biegespannung Q
Verbindung mit Innendruck Membranspannung3) Pl
Boden oder Flansch Biegespannung Q1)
Beliebige Beliebiger Schnitt Äußere Kraft oder Mittelwert der Membranspannung Pm
Schale oder durch den gesamten Moment oder Innen- über den gesamten Behälterschnitt
Boden Behälter druck2) (Spannungskomponente senkrecht
zur Schnittebene)
Äußere Kraft oder Biegeanteil über den gesamten Be- Pm
Moment2) hälterschnitt (Spannungskompo-
nente senkrecht zur Schnittebene)
In der Nähe von Äußere Kraft oder Membranspannung3) Pl
Stutzen oder Moment oder Innen- Biegespannung Q
anderen Öffnungen druck2) Spannungskonzentration an Hohl- F
kehle oder Ecke
Beliebig Temperaturdifferenz Membranspannung Q
zwischen Boden und Biegespannung Q
Mantel
Gewölbter Im Bereich der Innendruck Membranspannung Pm
oder kegeliger Rotationsachse Biegespannung Pb
Boden
Im Bereich der Innendruck Membranspannung Pl4)
Krempe oder Ver- Biegespannung Q
bindung zum Mantel
Ebener Boden Im Bereich der Innendruck Membranspannung Pm
Rotationsachse Biegespannung Pb
Verbindung zum Innendruck Membranspannung Pl
Mantel Biegespannung Q
(Fortsetzung auf Seite 6)
AD 2000-Merkblatt
Seite 6 AD 2000-Merkblatt S 4, Ausg. 10.2000
Spannungen Spannungs-
Behälterteil Ort Art der Spannung
hervorgerufen durch kategorie
Gelochter Regulärer Steg in Druck Membranspannung Pm
Boden oder einem regelmäßigen (Mittelwert über Stegquerschnitt)
Mantel Lochfeld Biegespannung Pb
(Mittelwert über Stegbreite, aber
veränderlich über Wanddicke)
Spannungskonzentration F
Einzelner oder von Druck Membranspannung (wie vor) Q
der normalen Anord- Biegespannung (wie vor) F
nung abweichender Spannungskonzentration F
Steg
Stutzen Querschnitt senk- Innendruck oder äu- Mittelwert der Membranspannung Pm
recht zur Stutzen- ßere Kraft oder Mo- über den Stutzenquerschnitt (Span-
achse ment2) nungskomponente senkrecht zur
Schnittebene)
Äußere Kraft oder Biegung über den Stutzenquer- Pm
Moment2) schnitt
Stutzenwand Innendruck Allgemeine Membranspannung Pm
Örtliche Membranspannung Pl
Biegung Q
Spannungskonzentration F
Unterschiedliche Membranspannung Q
Dehnung Biegespannung Q
Spannungskonzentration F
Plattierung Beliebig Unterschiedliche Membranspannung F
Dehnung Spannungskonzentration F
Beliebig Spannungskonzentration F
Flansche Ungestörte Bereiche Innendruck, Dicht- Mittlere Membranspannung Pm
kraft, Schrauben- Biegespannung Pb
kräfte
Im Bereich von Innendruck, Dicht- Membranspannung Pl
Wanddicken- kraft, Schrauben-
änderungen kräfte
Biegespannung Q
Beliebig Spannungskonzentration F
Tafel 3. Spannungskategorisierung integraler Bereiche von Komponentenstützkonstruktionen für einige typische Fälle