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Bewerbung

Skriptum, Martin Böker, Juli 2017

Inhalt
Bewerbungsphilosophie: Situationen und Perspektiven ......................................................................1
Arbeitgebersicht .............................................................................................................................1
Arbeitnehmersicht ..........................................................................................................................2
Coachingperspektive .......................................................................................................................2
Persönliche Situation ......................................................................................................................3
Erwartungen ...................................................................................................................................4
Worauf kommt es bei einer Bewerbung an?....................................................................................5
Bewerbungsschritte ............................................................................................................................6
Initiative..........................................................................................................................................6
Grundlagen des Selbstmarketings ...................................................................................................6
Soft Skills ........................................................................................................................................7
Potenzialanalyse .............................................................................................................................9
Checkliste Berufliche Fähigkeiten .............................................................................................. 11
Profil Stärken-Schwächen .......................................................................................................... 11
Literatur............................................................................................................................................ 13
Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

Bewerbungsphilosophie: Situationen und Perspektiven


Bei dem Zusammenkommen von Arbeitskraft und Arbeitsplatz gibt es zunächst zwei Perspektiven:
Auf beiden Seiten ist es hilfreich, wenn man sich dessen gewiss ist, „was bin ich, was ist mir für mich
wichtig und was erwarte ich von meinem Gegenüber?“.

Ist mein Standpunkt von Sorge und Ängstlichkeit geprägt, so werde ich eher nicht wählerisch und an-
spruchsvoll sein. Das gilt für die Organisation, die einen Arbeitsplatz zu vergeben hat („Die Sorge vor
dem Fachkräftemangel geht um und viele Unternehmen beziehen diese zukünftige Entwicklung
schon jetzt in ihre Personalplanung mit ein.“- Reulen 2015:1) ebenso wie für die Person, die ihre Ar-
beitskraft vermarkten möchte.

Arbeitgebersicht
„Der Einstieg in die Führung ist intern leichter Jeder externe Bewerber stellt für den potenziellen
neuen Arbeitgeber ein erhebliches Risiko dar: Als Person ist er trotz aller Sorgfalt im Auswahlprozess
eine unbekannte Größe, niemand kann vorhersagen, wie er sich in der neuen Umgebung entwickeln
wird. Kommt jetzt hinzu, dass dieser Bewerber in der neuen Position erstmals Personalführung über-
nehmen soll, wird aus dem erwähnten einfachen Risiko ein doppeltes: Niemand weiß wirklich, wie er
sich in der neuen Dimension seiner Tätigkeit, der Menschenführung, „schlagen“ wird. Später, beim
Aufstieg vom Abteilungs- zum Bereichsleiter z. B., verändert sich nur der Führungsumfang, aber nie-
mand stellt mehr die Frage: Kann er überhaupt . . . ?

Also ist die Kombination von Arbeitgeberwechsel mit erstmaligem Einstieg in Führungsfunktionen
besonders schwer zu bewerkstelligen – oder anders: Der erstmalige Einstieg in die Führung ist beim
derzeitigen Arbeitgeber grundsätzlich leichter zu realisieren. Allerdings mit der Einschränkung, dass
intern auch entsprechende Chancen gegeben, also offene Positionen vorhanden sein müssen. Ist dies
der Fall, entfällt das oben genannte Risiko der „unbekannten Größe“, es geht dann nur noch um die
Frage „Beurteilung der Führungsfähigkeit einer uns bekannten Person“. Allerdings dürfen Sie dieses
Prinzip auch nicht „zu Tode reiten“: Wenn die Beschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber sehr lang
wird, ohne dass es den ersehnten Karrierefortschritt gibt, muss der Aufstieg über den Firmenwechsel
versucht werden. Grundsätzlich ist dieser Weg legitim, Bewerbungsempfänger tolerieren ihn. Vorher
sollten Sie nur versuchen, die internen Möglichkeiten auszuschöpfen.“ (Mell 2013:81f)

Abbildung 1:Aus: JobTrends 2017

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Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

Arbeitnehmersicht
Die Perspektive der Arbeitskraft sei an zwei Szenarien dargestellt

1. „Angenommen, Sie wollen Ihr gebrauchtes Auto verkaufen, und zwar zu einem möglichst gu-
ten Preis. Wie gehen Sie vor? Sie werden sich zuerst einen Überblick über den Markt ver-
schaffen. Welche Autos sind gerade gefragt, welche Einflüsse bestimmen den Gebrauchtwa-
genmarkt etc? Dann untersuchen Sie Ihr Auto auf Eigenschaften die Sie in einem Verkaufsge-
spräch positiv hervorheben können. Gleichzeitig werden Sie aber auch die Schwächen Ihres
Angebots in Augenschein nehmen. Vielleicht fahren Sie in eine Werkstatt und investieren
noch einmal ein paar Euros, um die nötigsten Dinge reparieren zu lassen. Wahrscheinlich
werden Sie Ihr Auto zumindest einer gründlichen Reinigung unterziehen, um potenziellen
Käufern einen besseren Gesamteindruck zu vermitteln. Und für das Verkaufsgespräch wer-
den Sie sich eine Verhandlungsstrategie zurechtlegen“ (Reulen 2015:2)
2. Angenommen, Sie sind ein*e Hundezüchter*in und suchen für Hundebabies ein neues Zu-
hause. Sie lieben diese Tiere und wünschen ihnen das Allerbeste. Sie erwarten zudem, dass
die neuen Tierhalter Ihnen einen guten Preis für die Jungtiere bezahlen. Wer ist nun der Be-
werber, die Bewerberin? Die jungen Hunde oder die Personen, die sie haben möchten? Nach
welchen Kriterien wählen Sie die Kandidat*inn*en aus?

Das erste Szenarium erscheint nüchtern und sachlich. Wenn es um ein Auto geht, ist das ja ganz OK.
Aber wenn es um Sie selbst geht? Was ist Ihnen wichtig, mit welchen Gefühlen gehen Sie in die Ar-
beitssuche hinein? Hier ist es hilfreich, einen Schritt zurückzutreten und zu betrachten, wie die Ar-
beitssuche begonnen hat, etwa aus einer Coachingperspektive:

Coachingperspektive
„Alles, was ab dem Tag der Kündigung des Arbeitsverhältnisses passiert oder auch nicht passiert,
wirkt sich auf den Bewerbungsprozess aus. Nur weil jemand innerhalb einer Phase nicht aktiv ist, be-
deutet das nicht, dass er sich nicht bereits in einem Prozess befindet. […] Die Kündigung und der da-
mit einhergehende Arbeitsplatzverlust wirken auf den Betroffenen ein – und zwar massiv in allen Le-
bensbereichen. […] Der Prozess endet keineswegs mit der Einstellung: Auch nach Beginn eines neuen
Beschäftigungsverhältnisses, zumindest in der Probezeit, ist der Bewerber in einer Situation, in der er
für sich wirbt.“ (Rösler 2015:5)

Daher erscheint es immer sinnvoll, sich über die eigene Situation in vielerlei Hinsicht klar zu werden –
unabhängig davon, ob man sich im Guten oder Schlechten vom Arbeitgeber getrennt hat, sei es
durch Kündigung des Arbeitgebers oder durch eigene Kündigung. Dabei kann man verschiedene Pha-
sen in den Blick nehmen (s. Abbildung 2).

„In der Bewältigungsphase sieht sich der Bewerber mit einer neuen, vielleicht auch bislang völlig un-
bekannten Situation konfrontiert, der Kündigung und der damit drohenden, oder vielleicht schon ein-
getretenen Arbeitslosigkeit. Wird der Bewerber nicht nur aus der beruflichen, sondern auch aus der
privaten Bahn geworfen, dauert die Bewältigungsphase länger, bevor der Bewerber dazu übergeht,
sich neu zu sortieren und zu orientieren.

Im Laufe der Orientierungsphase muss eine neue Ausrichtung erfolgen. Der Bewerber steht vor vie-
len Fragestellungen, wie z. B.: Was sind meine Ziele? Wie soll es weitergehen? Was bringe ich mit,
um mein Ziel zu erreichen und wer kann mir dabei helfen?

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Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

Erst wenn diese Punkte geklärt sind, geht es in die eigentliche Vorbereitungsphase, um das anvi-
sierte berufliche Ziel der erneuten Integration in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Bewerbungsunterla-
gen müssen überarbeitet, Bewerbungsstrategien überdacht und Vorstellungsgespräche geübt wer-
den. Gegen Ende dieser Phase wird es dann Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, wie es bei einer
Arbeitsaufnahme weitergeht. Insbesondere wenn die letzte berufliche Tätigkeit länger her ist, kommt
der Vorbereitung auf den Antritt einer neuen Arbeitsstelle besondere Bedeutung zu. Mit der Arbeits-
aufnahme ist das Ziel aber noch nicht erreicht. Während der Bewährungsphase muss der Bewerber
seinen Arbeitgeber davon überzeugen, dass dieser mit seiner Entscheidung ihn einzustellen, richtig
lag.“ (Rösler 2015:5f)

Abbildung 2: Beispiel für eine Ablösungsprozess (Rösler 2015:7)

Aus dieser Warte gewinnt der Blick auf die eigenen Ressourcen, Herausforderungen und Wachstums-
potenziale neue Dimensionen.

Persönliche Situation
Hilfreiche Fragestellungen:

• „Wie stellt sich die aktuelle Lebenssituation des Bewerbers dar?


• In welcher Trauerphase befindet sich der Bewerber?
• Welchen Einfluss hat die Kündigung auf das Privatleben? Was hat sich dadurch konkret ver-
ändert?
• Sind die Gründe für die Kündigung bekannt?
• Welche Schlussfolgerungen hat der Betroffene in Hinblick auf die eigene Person gezogen?

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Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

− Gibt es aus Sicht des Bewerbers einen „Schuldigen“? (z. B. Arbeitgeber, eigene Per-
son, wirtschaftliche Entwicklung, sich verändernde Märkte)
− Hat sich das Selbstbewusstsein/Selbstwertgefühl verändert?
− Hat der Bewerber eigene Schwächen oder Defizite erkannt?

Aus den Antworten, die sich aus diesen Gesprächsinhalten ergeben, lassen sich erste Rückschlüsse
für die weitere Beratung ziehen:

• Schaut der Betroffene eher optimistisch oder pessimistisch in die Zukunft?


• Werden die Arbeitsmarktchancen realistisch eingeschätzt?
• Wie soll es beruflich weitergehen? Gibt es Ideen zu möglichen Alternativen, einer Neuorien-
tierung, Selbständigkeit etc.?“ (Rösler 2015:9)

Erwartungen
Welche Rahmenbedingungen sollte eine neue Arbeitsstelle für Sie erfüllen? Welche Erwartungen,
Wünsche und Ziele haben Sie? Etwa in Bezug auf

• Aufgabengebiete
• Aufgabeninhalte
• Umfang der Verantwortung, berufliche Position, Hierarchiestufe
• Branche/Unternehmensgröße
• Beschäftigungsort/Mobilität/regionale Vorlieben
• Einkommen
• Arbeitszeit
• Eintritt

(nach Rösler 2015:16)

„Auf der Suche nach der neuen Tätigkeit sollten Sie zunächst die Chance nutzen, die ideale Version
als Ziel vor Augen zu haben. Es mag auf den ersten Blick banal klingen, aber wissen Sie denn genau,
welche Beschäftigung optimal zu Ihnen passt?

Die Suche nach dem idealen Job führt allgemein zu einem »Ja« auf folgende Fragen

1. Erfüllt er Ihre finanziellen Erwartungen?

• Möglichst eine Gehaltssteigerung zum bisherigen Job


• Ausreichende Sicherheit durch fixes Gehalt
• Anreize durch variables Gehalt
• Boni
• 13. Monatsgehalt
• Sonderzahlungen

2. Erfüllt er die Rahmenbedingungen?

• Arbeitszeit (Voll-, Teilzeit, geregelte Arbeitszeit, Schicht-, Nachtarbeit)


• Außendienst, viele Dienstreisen oder immer an einem Standort
• Entfernung vom Wohnort (wie weit darf der Arbeitsplatz maximal weg sein)
• Erreichbarkeit (auch mit öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen)

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• Arbeitsumgebung (Büro, im Freien, immer unterwegs bei Kunden, auf Dächern)?

3. Passt das soziale Umfeld zu Ihnen?

• Kleiner Betrieb, Mittelstand, Großkonzern, Staat als Arbeitgeber


• Kein Kundenkontakt oder direkter Kundenkontakt
• Arbeit mit Kollegen, Kindern, Kranken, Senioren

4. Bringt der Job Ihnen die gewünschte Anerkennung?

• Angesehener Beruf
• Attraktiver Arbeitgeber
• Karriere
• Statussymbole wie z. B. Dienstwagen, Titel, Geschäftsreisen

5. Erfüllt Sie die Aufgabe und können Sie sich darin selbst verwirklichen?

• Wie sehen Ihre Interessen aus und wo können Sie diese optimal umsetzen?
• Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen?
• Wie können Sie Ihre berufliche Qualifikation ideal umsetzen?
• Wo ist Ihr Spezialwissen besonders gefragt?
• Was wünschen Sie sich von Ihrem nächsten Job?

Die Fragen 1–4 sind relativ leicht zu beantworten, denn meistens sind diese Eckpfeiler aus Gewohn-
heit relativ stabil für die Jobsuche. Allerdings bringt ein Jobwechsel immer auch die Chance mit sich,
gewohnte Pfade zu verlassen und einmal etwas Neues kennenzulernen. Um zu realistischen Erwar-
tungen zu gelangen, sollte man die Marktsituation genau studieren und auch die vermeintlich schnell
zu beantwortenden Fragen genauer betrachten.“ (Eggert 2012:12f)

Worauf kommt es bei einer Bewerbung an?

Abbildung 3 - Aus: JobTrends 2017

„Der Aufwand für eine Bewerbung sollte deren existenzieller Bedeutung entsprechen: In die Planung
und Realisierung eines privaten Vorhabens von eigentlich eher geringer Bedeutung (Besuch einer
Sportveranstaltung, Urlaub, Geburtstagsfeier) werden viele Stunden investiert. Da von einer Bewer-
bungsaktion meist die Existenz des Betroffenen inklusive einer eventuell vorhandenen Familie ab-
hängt, darf hier ein ungleich höherer Aufwand erwartet werden.

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Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

In der Praxis jedoch sehen die Bewerbungen nicht so aus, negative Resultate dürfen daher nicht
überraschen. Anzustreben sind:

• sorgfältiges Informieren über die Regeln des Bewerbungsaufbaus,


• systematische Detailplanung des gesamten Projektes (damit im entscheidenden Moment we-
der Fotos fehlen, noch Originaldokumente unauffindbar sind),
• langfristiger Abgleich des eigenen Könnens und der Schwächen mit den auf dem Arbeits-
markt (Stellenangebote) geforderten Kriterien,
• Festlegung des optimalen beruflichen Schrittes,
• systematisches Informieren über denkbare Arbeitgeber oder ggf. sonstige Ansprechpartner,
• individuelle Ausrichtung des Lebenslaufes auf den konkreten Fall, sorgfältiger Aufbau der Ar-
gumentation im Anschreiben.

Beispiel: Erfolgreiche Bewerber feilen oft mehrere Tage lang am Text ihrer Zuschrift. Was immer Sie
tun: Der Bewerbungsempfänger wird unterstellen, Sie hätten sich äußerste Mühe gegeben – und
das eben sei dabei herausgekommen. Sehen Sie auf dem „Markt für Arbeit“ Ihr berufliches Können
als Produkt, die Bewerbung jedoch als eine Art „Verpackung“ dafür – und lassen Sie sich einmal von
einem Marketingexperten darüber informieren, wie wichtig die Verpackung für den Verkaufserfolg
ist.“ (Mell 2013:101)

Bewerbungsschritte
Initiative
„Um Ihr Ziel zu erreichen, müssen Sie aktiv werden. Das bedeutet, ausreichend Informationen einzu-
holen, die Bewerbungen gezielt zu versenden und sich auch auf Vorstellungsgespräche gut vorzube-
reiten. Die besten Voraussetzungen für Ihre Bewerbungsaktivitäten schaffen Sie, indem Sie Ihr Ange-
bot erst einmal analysieren: Was kann ich (formale Ausbildung, sonstige Kenntnisse), was will ich?

Anschließend informieren Sie sich über die Erwartungen des Marktes (zum Beispiel durch die Analyse
von Zeitungsanzeigen oder Stellenbörsen im Internet) und stellen diese Ihrem Angebot gegenüber.
Nach diesen Vorarbeiten erstellen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen und versenden sie.

Grundlagen des Selbstmarketings


Sie wollen den bestmöglichen Preis für Ihr Angebot, also Ihre Arbeitskraft, erzielen. Dazu müssen Sie
sich über Ihre Stärken und Schwächen im Klaren sein, wissen, was der Markt verlangt, und sich dann
so präsentieren, dass Ihr Angebot auf Interesse stößt. […]

Achtung Sie müssen zu einer ausgewogenen Selbsteinschätzung gelangen.


Das wird Ihnen am besten gelingen, wenn Sie ausreichend Informationen über
sich selbst sammeln und diese bewerten. Diese Stärken-Schwächen-Analyse
können Sie zum einen durch ein persönliches Brainstorming erreichen. Zum
anderen sollten Sie auch Freunde und Bekannte nach deren (ehrlicher!) Ein-
schätzung fragen, denn Sie werden auch im Bewerbungsgespräch mit einem
Gesprächspartner konfrontiert, der Ihre Außenwirkung wahrnimmt. Gibt es
Unstimmigkeiten zwischen Ihrem Selbstbild und der Einschätzung, die andere
von Ihnen haben (Fremdbild), sollten Sie überlegen, wie diese Differenzen zu-
stande gekommen sind, und Ihr Selbstbild eventuell korrigieren.

Folgende Fragen könnten Sie sich für Ihr Brainstorming stellen:

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Bewerbung. Skriptum Böker, Stand: 14.7.2017

Kontrollfragen

• Was kann ich gut?


• Was kann ich weniger gut?
• Was würde ich gerne besser können?
• Welche Aufgaben erledige ich gerne?
• Warum ist das so?
• Welche Aufgaben sind mir zuwider?
• Was schätzen meine Kollegen/Kommilitonen an mir?
• Was mögen sie nicht an mir?
• Was sind meine Stärken?
• Was sind meine Schwächen?
• Welche besonderen Kompetenzen habe ich?
• Wofür wurde ich schon öfters gelobt?
• In welchen Situationen reagiere ich mit positiven Verhaltensweisen?
• Aus welchen Situationen kenne ich bestimmte Verhaltensweisen, die ich gerne ändern
würde?
• Welche persönlichen Eigenschaften stören mich an mir selbst?

Denken Sie bei Ihren Stärken besonders auch an Eigenschaften, die Sie als selbstverständlich anse-
hen, denn wir alle neigen dazu, diese hin und wieder unter den Tisch fallen zu lassen. Nicht jeder
kann zum Beispiel seine Aufgaben gut strukturieren (etwa bei der Vorbereitung einer Prüfung), einen
Zeitplan einhalten, eine Veranstaltung souverän organisieren oder gut zuhören. Anschließend sollten
Sie sich überlegen, wie Sie Ihre Stärken überzeugend darstellen (indem Sie Beispiele nennen) und
auch kleinere Schwächen und Lücken im Lebenslauf in ein positives Licht setzen bzw. zumindest er-
klären können. Mit Schwächen sind beispielsweise fachliche Defizite und Lücken oder persönliche
Schwächen wie Unsicherheit, Jähzorn oder Schwierigkeiten im Umgang mit Kritik gemeint. Natürlich
werden Sie bei der Anführung Ihrer Schwächen im angebrachten Rahmen bleiben und sich nicht un-
bedingt selbst ein Bein stellen. Sie beweisen durch das Eingeständnis von Schwächen jedoch auch die
Fähigkeit zur kritischen Selbstanalyse. Zusätzlich können Sie durch die Untersuchung Ihrer Schwä-
chen wichtige Hinweise darauf erhalten, an welchen Eigenschaften Sie vielleicht noch arbeiten soll-
ten, um Ihre beruflichen Ziele zu erreichen. Im Vorstellungsgespräch wird es einen sehr guten Ein-
druck machen, wenn Sie zusätzlich zur (diplomatischen) Nennung Ihrer Schwächen gleichzeitig ange-
ben können, was Sie dagegen unternehmen und wann Sie dies tun werden.“ (Reulen 2015:1-4)

Soft Skills
„Welche Persönlichkeitsmerkmale sind für Ihre Berufseignung interessant? Nach zahlreichen Umfra-
gen unter Personalverantwortlichen und wissenschaftlichen Erhebungen seit den 90er-Jahren zeigen
sich folgende Eigenschaft en für berufsbezogenes Verhalten als elementar und sind in dem »Bochu-
mer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung« (BIP) verarbeitet:

1. Berufliche Orientierung. Hier werden im Einzelnen folgende Aspekte betrachtet:

• Leistungsmotivation: Motiv, hohe Anforderungen an die eigene Leistung zu stellen und große
Anstrengungsbereitschaft mit dem Willen, die eigene Leistung auch immer weiter zu stei-
gern.

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• Gestaltungsmotivation: Bereitschaft, Prozesse und Strukturen nach eigenen Vorstellungen


gestalten zu wollen sowie das Bedürfnis nach Einflussnahme und Verfolgung einer Auffas-
sung.
• Führungsmotivation: Motiv zur sozialen Einflussnahme, Bevorzugung von Führungsaufgaben
und Glaube an die eigene Autorität anderen gegenüber.

2. Arbeitsverhalten. Dies wird abgelesen an:

• Gewissenhaftigkeit: Hohe Zuverlässigkeit, Neigung zu detailorientierter Arbeitsweise und


Sorgfältigkeit bei der Bearbeitung von Aufgaben.
• Flexibilität: Fähigkeit, sich problemlos auf neue Situationen einzustellen, uneindeutige Situa-
tionen gut tolerieren zu können und Methoden und Vorgehensweisen rasch an verändernde
Bedingungen anzupassen.
• Handlungsorientierung: Bestreben, nach der Entscheidungsfindung unverzüglich mit der Um-
setzung einer Entscheidung zu beginnen, sehr zielorientiert vorzugehen und sich durch Ab-
lenkungen und Schwierigkeiten bei der Arbeitsausführung nicht beeinträchtigen zu lassen.

3. Soziale Kompetenzen. Sie werden bestimmt durch:

• Sensitivität: Einfühlungsvermögen für die Stimmungen anderer und Abschätzung der eigenen
Wirkung auf andere, sichere Interpretation von Verhaltensweisen.
• Kontaktfähigkeit: Fähigkeit und Freude daran, auf andere Menschen zuzugehen und leicht
Kontakte knüpfen zu können.
• Soziabilität: Fähigkeit, sich freundlich und rücksichtsvoll in eine Gemeinschaft einzufügen und
anpassungsfähig soziale Beziehungen aufzunehmen, Großzügigkeit gegenüber Schwächen
anderer, Wunsch nach harmonischer Zusammenarbeit.
• Teamorientierung: Wertschätzung von Teamarbeit und Kooperation.
• Durchsetzungsstärke: Neigung, eigene Vorstellungen durchzusetzen, die eigene Auffassung
mit Nachdruck zu vertreten und bei Auseinandersetzungen die Oberhand zu behalten.

4. Psychische Konstitution. Diese beschreibt sich durch:

• Emotionale Stabilität: Fähigkeit, bei Schwierigkeiten gelassen zu reagieren und sich nicht ent-
mutigen zu lassen sowie schnell über Probleme und Misserfolge hinwegzukommen.
• Belastbarkeit: Resistenz gegenüber Stress und auch unter Druck noch leistungsfähig zu sein.
• Selbstbewusstsein: Selbstsicherheit im sozialen Umgang und geringe Besorgtheit über den
Eindruck, den man bei anderen hinterlässt.1

Manche sehen ihre eigenen Ausprägungen dieser Merkmale ganz klar und demzufolge wissen sie
auch schon ganz genau, dass für sie beispielsweise der Job im Außendienst (geprägt durch starke so-
ziale Kompetenz, hohe rhetorische Fähigkeiten, klarer Leistungsorientierung und Zielstrebigkeit) die
Erfüllung bringt oder dass sie für die Controlling-Stelle geeignete gewissenhafte Analytiker sind.

Viele von uns sind sich aber nicht so eindeutig im Klaren darüber, wie ausgeprägt die verschiedenen
Merkmale bei ihnen sind. Auch sind nicht alle Eigenschaften dauerhaft stabil – mit wachsender Le-
bens- und Berufserfahrung kann sich beispielsweise die soziale Kompetenz weiterentwickeln. War
jemand mit 20 Jahren noch unsicher im Umgang mit Menschen, kann es durchaus sein, dass dieselbe

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Bezug auf Hossiep/Paschen 2003
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Person 5 Jahre später durch gesammelte Erfahrungen und Weiterbildung souverän und voller Freude
eine Aufgabe als Erzieher in einem Kindergarten ausführt.“ (Eggert 2012:30ff)

Abbildung 4 - Aus: JobTrends 2017

Potenzialanalyse
„Wenn Sie die Stellenanzeigen der Tageszeitungen oder die Internet-Stellenbörsen studieren, stoßen
Sie auf Begriffe wie Teamfähigkeit, Durchsetzungskraft, Belastbarkeit, Verhandlungsgeschick, Reprä-
sentationsfähigkeit etc. Diese sogenannten persönlichen Fähigkeiten oder Soft Skills erzeugen bei
den meisten Bewerbern den größten Unmut, da sie sich im Gegensatz zu den fachlichen und berufli-
chen Qualifikationen am wenigsten durch sachliche Fakten belegen lassen. Gerade deshalb sollten
Sie jedoch auf die Analyse Ihrer Stärken und Schwächen in diesem Bereich den größten Wert legen.
Im Prinzip geht es um die Frage, was für ein Mensch Sie sind. Sind Sie eher optimistisch oder pessi-
mistisch eingestellt, verbreiten Sie gute Laune, kann man sich auf Sie verlassen, wie arbeiten Sie, kön-
nen Sie gut mit Kritik umgehen? Unter Soft Skills fallen im Allgemeinen die Eigenschaften:

• Psychische Belastbarkeit und Durchsetzungsvermögen,


• Leistungs- und Lernbereitschaft (Motivation, Fleiß, Ehrgeiz),
• Fähigkeit zur Bewältigung von Misserfolgen,
• Kontaktstärke (Umgangsformen, Höflichkeit, Redegewandtheit),
• Kreativität (Innovationsfähigkeit, Neugier),
• Unternehmerisches Denken (Urteilsvermögen),
• Risikobereitschaft,
• Kommunikationsfähigkeit (Offenheit),
• Kritik- und Konfliktfähigkeit,
• Teamfähigkeit (Kooperations- und Integrationsfähigkeit),
• Soziale Sensibilität (Menschenkenntnis, Mitgefühl),
• Strukturiertes, logisches und analytisches Denken,
• Konzeptionelle Fähigkeit,
• Organisationsfähigkeit und Zeitmanagement,

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• Ganzheitliches Denken,
• Bereitschaft zur Selbstreflexion.

Die Checkliste (s. Abb. 1.1) enthält einige der in Stellenanzeigen und im Berufsleben gern geforderten
persönlichen Fähigkeiten. Sie können sie um weitere Fähigkeiten ergänzen, die Ihnen wichtig sind.
Schätzen Sie sich mithilfe der Ausprägungen von 1 (gering) bis 6 (sehr hoch) zuerst selbst ein und
überlegen Sie anhand von Beispielen aus Ihrem Privatleben oder Studium, wie Sie diese Einschätzung
etwa in einem Vorstellungsgespräch begründen könnten.

Abbildung 5: Checkliste, Persönliche Fähigkeiten

Bitten Sie dann auch noch Freunde oder Bekannte, dieselbe Bewertung (möglichst ehrlich) vorzuneh-
men. Diese Fremdeinschätzung lässt ein etwas objektiveres Bild entstehen.

Beispiel: Wollen Sie Ihre hohe Belastbarkeit, die sich übrigens sowohl auf die psychische als auch die
physische Verfassung bezieht, erklären, so könnten Sie ausführen, wie Sie in einer konkreten Prü-
fungssituation (starker Zeit- und Erfolgsdruck) reagiert haben.

Verwenden Sie nicht einfach die üblichen Schlagworte, sondern notieren Sie echte Beispiele aus Ih-
rem Leben. Wenn Sie Ihre persönlichen Fähigkeiten auf diese Art und Weise erst einmal schriftlich
fixiert haben, wird es Ihnen leichter fallen, diese bei Ihrer Bewerbung zu belegen. Positiver Nebenef-
fekt: Ausgestattet mit diesem gedanklichen Grundgerüst entfällt ein wichtiger Grund für Nervosität
im Vorstellungsgespräch. Sie müssen nicht mehr befürchten, auf eine Frage nicht antworten zu kön-
nen (oder gar Antworten auswendig lernen), sondern können selbstsicher und authentisch auftreten.

Natürlich werden in unterschiedlichen Positionen verschiedene Soft Skills gefragt sein. Bei einer Ver-
triebsaufgabe etwa wird man sich für Ihre Kommunikationsfähigkeit, Ihr Durchsetzungsvermögen

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und Ihren Umgang mit Misserfolgen interessieren; in einer Verwaltungstätigkeit wird es eher auf
strukturiertes und analytisches Denken, Organisationsfähigkeit, Zeitmanagement und Teamfähigkeit
ankommen. Apropos Teamfähigkeit: Wenn Sie sich fragen, wie Sie Ihre Teamfähigkeit begründen sol-
len, ist es gut zu wissen, dass diese sich im Prinzip aus den Soft Skills Kontaktfähigkeit, Durchset-
zungsvermögen, soziale Sensibilität, Kommunikationsfähigkeit und Konflikt- und Kritikfähigkeit zu-
sammensetzt. Wo liegen hier Ihre Fähigkeiten?“ (Reulen 2015:6-8)

Checkliste Berufliche Fähigkeiten


• Welche beruflichen Tätigkeiten haben Sie vor, während oder nach Ihrer Ausbildung ausge-
übt? Notieren Sie auch Jobs wie zum Beispiel Taxifahren, Mitarbeit im Call-Center oder Kell-
nern.
• Welche privaten und ehrenamtlichen Tätigkeiten können Sie aufführen (Vereine, Fachschaft,
Freundeskreis etc.)?
• Welche Praktika haben Sie während der Ausbildung absolviert?
• In welchem Unternehmen bzw. Unternehmensbereichen waren Sie schon tätig? Mit welchen
Aufgaben wurden Sie schon betraut?
• Bei welchen Projekten haben Sie mitgearbeitet? Welche haben Sie eigenständig betreut
und/oder zum Abschluss gebracht?
• Welche Ihrer Fähigkeiten konnten Sie dabei einbringen?
• Welche Probleme haben Sie gelöst?
• Konnten Sie spezielle eigene Ideen oder Vorschläge zur Problemlösung beisteuern?
• Welche Erfolge haben Sie erzielt?

Profil Stärken-Schwächen
„Nachdem Sie sich nun einen Überblick über Ihre persönlichen, fachlichen und beruflichen Fähigkei-
ten verschafft haben, können Sie Ihr individuelles Stärken- Schwächen-Profil erstellen (vgl. Abb. 1.3).
Nehmen Sie alle für Sie (bzw. die angestrebte Stelle) wichtigen Kriterien auf und bewerten Sie auf ei-
ner Skala von 1 (gering) bis 6 (sehr hoch/gut), wie Sie sich, etwa im Vergleich zu eventuellen Mitbe-
werbern, einschätzen.

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Abbildung 6: Checkliste, Beispiel Stärken und Schwächen (Reulen 2015:10)

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Literatur
Eggert, Anita (2012): Ab 40 bewirbt man sich anders. Durchstarten mit Lebenserfahrung – Bewer-
bungsstrategien, Informationen, Mutmacher – mit Musterdokumenten. Mit 5 Abbildung en
und 4 Tabellen.- Berlin, Heidelberg: Springer
Hossiep, R. & Paschen, M. (2003). Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbe-
schreibung. 2. vollst. überarb. Aufl.- Göttingen: Hogreve.
JobTrends 2017. Was Berufseinsteiger wissen müssen. Staufenbiel-Institut
Mell, Heiko (2013): Spielregeln für Beruf und Karriere. Erfolgreich durchs Berufsleben. 4. Auflage,-
Berlin, Heidelberg: Springer
Reulen, Dunja (2015): Selbstmarketing für Bewerber. Wie Sie Ihr berufliches Profil schärfen und sich
erfolgreich bewerben.- Wiesbaden: Springer-Gabler (Springer Fachmedien, essentials)
Rösler, Hagen (2015): Ganzheitliches Bewerbercoaching. Ein Leitfaden für integrationsorientierte Be-
ratungsfachkräfte.- Wiesbaden: Springer-Gabler (Springer Fachmedien)

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