Von oben nach unten: Südlich der Alpen
wurde hauptsächlich mit Stein gebaut.
Steine und Holz waren nördlich der
Alpen während Jahrhunderten die am
häufigsten verwendeten Baustoffe.
Bauen mit Stein und Holz – wendet werden. Auf der Alpensüd-
seite sind Steinhäuser üblich.
die traditionelle Bauweise Grosse Teile Mitteleuropas und das
schweizerische Mittelland sind Ge-
Die Natur liefert die Rohstoffe und der Mensch verwendet sie biete mit gemischter Bauweise. Hier
mit Einfallsreichtum und Geschick und macht dabei im Laufe der wurden die Häuser in der Ständer-
Jahrhunderte Erfahrungen. So entstanden die regional unterschied- bautechnik (auch Fachwerktechnik
lichen Haustypen. Die Verbundenheit mit der Natur, aber auch die genannt) oder im Blockbau errich-
Abhängigkeit von Klima und Landschaft war in früheren Zeiten tet. Bei beiden Bauweisen wird unter
viel grösser als heute. Alte, traditionell mit Holz und Stein gebaute anderem Holz als Baustoff verwen-
Häuser fügen sich denn auch harmonisch in die Landschaft ein, in det. Während der Grundriss der
der sie stehen. Blockhäuser durch die Länge der
Balken vorgegeben ist, kann beim
Holz und Steine wurden und werden nicht nur geografisch, sondern auch Ständerbau Länge und Breite belie-
bei uns seit Jahrtausenden als Bau- mit ihrer gemischten Holz-Steinbau- big variiert werden, je nach Dach-
materialien verwendet. Beide Bau- weise zwischen diesen beiden Ge- konstruktion.
stoffe waren in ausreichender Menge bieten, wobei die Alpen die Grenze
vorhanden und relativ günstig zu bilden. Nördlich der Alpen finden
haben. Holz ist im Norden Europas sich sowohl reine Holzbauten als Blockbau und Ständerbau
und Stein im Süden für die bäuerliche auch Kombinationen, indem beide
Bauweise typisch. Die Schweiz steht Baustoffe am gleichen Gebäude ver- Für beide Bauweisen wird Holz als
Baumaterial verwendet, für den
Ständerbau allerdings nicht aus-
schliesslich. Bei der Blockbautechnik
werden gleich lange, dicke Stämme
als liegende Balken aufeinanderge-
legt. Damit sie fest verankert sind,
wird die Auflegestelle leicht ein­
geschnitten. Für diese Bauweise eig-
nen sich vor allem die langen, gera-
den Nadelhölzer. Beim Blockbau
wird vergleichsweise viel Holz benö-
tigt, für die Bearbeitung braucht es
gute Äxte. Die runden, geschälten
Baumstämme wurden über eine Art
Rampe hochgezogen, welche aus
zwei auf die Oberkante der Haus-
wand gelegten Brettern bestand. Im
Wallis kann man Blockhäuser finden,
bei denen die Stämme zu breiten
Balken zersägt wurden. Durch eine
Die Block­bauweise war überall dort verbreitet,
wo es lange Nadelbaumstämme gab. Für
den Fachwerkbau hingegen waren die Laub-
bäume des Mittellandes besser geeignet.
Kerbe wurden die Bretter an den
Ecken zusammengesteckt. Man
spricht in diesem Fall von einem
Strickbau.
Die Wände der Blockhäuser wurden
vor allem im Alpengebiet so belas-
sen, wie sie waren. Niederschläge
und Sonne färbten das Holz dunkel-
braun bis fast schwarz. Im Appenzel-
lischen und im Kanton St.Gallen
wurden die rohen Blockwände mit
Schindeln bedeckt, oftmals auch
farbig bemalt. Im Berner Oberland
hingegen wurden die Balken mit
Kerbschnitten verziert.
Beim Ständerbau stehen die Pfosten
senkrecht im Boden und bilden mit
Querbalken eine Art Rahmen, der
mit Flechtwerk, Lehm, Stein oder
Mörtel ausgefüllt die Wände des
Hauses bildet. Die älteste Art, die
Zwischenräume zu füllen, ist das
Rutengeflecht, das mit Lehm verstri-
chen wurde. Unser Wort «Wand»
leitet sich von «winden» im Sinn von
flechten ab.
Für die Pfosten (oder Ständer) wur-
den in der Regel Laubhölzer, oft
Eiche, verwendet. Aus dem Ständer-
bau entwickelte sich später der
Fachwerkbau: die rechteckigen
Flächen zwischen Rahmen und 1 Streben
2 Riegel
Schwellen wurden durch schräg ein-
gesetzte Streben und waagrechte
Riegel weiter aufgeteilt. Von diesen
letztgenannten Elementen erhielt 2
diese Bauweise in der Schweiz den
Namen «Riegelbau». Der Fachwerk- 2
bau entwickelte sich seit der Gotik 1 1
stetig weiter. Stadthäuser, Burgen 2
und Bürger- sowie Bauernhäuser
thema 2 | 2011 15