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Am nächsten Morgen war ich schweren Herzens weitergewandert, gerne noch hätte ich weiter die Vögel

beobachtet, aber eine innere Unruhe trieb mich an. Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass mich ein großer,
hellblauer Vogel begleitete. Erst beachtete ich ihn nicht weiter, aber der Vogel blieb immer in meiner Nähe,
so als wolle er mir Gesellschaft leisten. An einer Weggabelung flog er schließlich in südlicher Richtung davon,
setzte sich auf einen Felsen und machte komische, schnatternde Laute. Ich verließ meinen Weg, um dem
Vogel etwas näher zu kommen und ihn besser betrachten zu können, da flog der Vogel wieder ein Stück
weiter und blieb erneut sitzen. Dieses Spiel setzte sich einige Male fort, bis ich schließlich beschloss, meinen
ursprünglich geplanten Weg zu verlassen und stattdessen dem Vogel zu folgen. Das hatte mich zwar zwei
Reisetage gekostet, mir aber einen wunderschönen Weg beschert. Dieser ging zunächst in einem großen
Bogen nach oben, dann wieder Richtung Osten, mit Bäumen, Pflanzen und Tieren, die ich nie zuvor gesehen
hatte und die mein Herz erfreuten. Schließlich führte er mich zu dem See, an dem ich jetzt saß, die Beine ins
grünliche Wasser getaucht und die untergehende Sonne beobachtend.
Still lag der See vor mir. Das kühle Wasser tat meinen Füßen, die ein wenig brannten, gut. Ich saß einfach nur
da und eine innere Ruhe kehrte ein. Da spürte ich plötzlich etwas in meiner Brust. Es war wie ein Stein, nein,
eher wie ein Pflaumenkern, aber nicht so hart, vielleicht ein wenig weicher. Der „Pflaumenkern“ wurde
größer, er wuchs in meinem Brustkorb und breitete sich dort aus und war jetzt wie ein großes Wärmekissen.
Ich schloss die Augen und gab mich ganz dem Gefühl hin. Ein Summen strömte aus mir heraus, ohne dass
ich dies steuerte, wie von selbst brummte und summte mein Körper und brachte dabei auch die
Stimmbänder in Schwingung. Alles floss aus mir heraus, ein Singen und Schwingen, ein Beben, endlos,
kraftvoll und wundervoll, entlud sich aus meinem tiefsten Innern. Urplötzlich tauchte ein Bild in mir auf:
Ein Vogel trat aus meinem Körper durch den Kopf heraus und stieg auf in die Luft, mit seinen großen
Flügeln schlagend. Eine Mischung aus Adler und Phönix, mit kräftigem Schnabel, riesigen Flügeln und
einem markanten buschigen Kopf, die Federn überwiegend braun, aber mit einigen wenigen roten und
blauen Federn. Der Vogel schwebte, langsam über dem See kreisend, davon, so als ob dies sein See war, sein
eigenes Reich.

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