Physikalische Medizin

. Jahrgang
und Rehabilitation
Zeitschrift für praxisnahe Medizin
ift 10 Oktober 1980 Organ des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheüverfahren e. V.

Inhaltsverzeichnis
Geschaftsstellenverlegung
des Zentralverbandes . . 509

Aus anderen Gesellschaften . 509

Kurorte und Heilbader

berichten .. 511

Blasen-Nieren-Tee H. Mensen. Kneipp-Therapie

der Venenerkrankungen ... 513

Uroflux
R.F. Weiß, Editonal I

Aus dem Verbandsleben . III

Das Rezept des Monats IV

U.E. Hasler, Neuraltherapie und
Akupunktur 539
Mit unübertroffen hohem Vermittlung von Arzter,

Wirkstoffgehalt und fruchtigem Praxen und Sanatorien

M. Blohmke, G. Heim,
. 542,551

Zitrus-Geschmack. H.-P. Stof und G.A. Bothmann,

Messung der lokalen HauttemDeratur
und Temperaturregulation bei
Patientinnen mit Mastopathie und
Mammakarzmom
die Entwicklung einer
Screenmg-Methode . ... 548

D. Müller-Plettenberg,
29. Deutscher Kongreß für
ärztliche Fortbildung in Berlin
lerba vom 27. bis 31. Mai 1980 . . 559
Rad. Echinaceae1,5g, Rad. Liquiritiae Neue Pharmazeutika 563
2 g, Rad. Onontate 2,5g, Rhß.
diuretisch Graminis 9 g. Anwendungsgebiete
Zur unterstützenden Behandlung von Das interessiert den Leser . 563
spasmolytisch Infektionen der ableitenden Harnwege,
wie Entzündungen des Nieren-
antibakteriell beckens, der Blase und der Harnröhre.
Gegenanzeigen Ödeme infolge
kombinierbar mit Herz- oder Niereninsuffizienz. Wichtig
für Diabetiker: 1 Teelöffel (1,5 g) Tee-
Sulfonamiden und aufgußpulver entspricht 0,08 BE.
Antibiotika Der Tee kann auch zusammen mit
Sulfonamiden oder Antibiotika ein-
ckerarm (nur 0,08 BE genommen werden.
Packungsgrößen und Preise: 150 ml =
pro Tasse)-auch für 37,5 g Teeaufgußpulver DM 5,75*.
300 ml = 75 g Teeaufgußpulver
ISSN 0031-9287
Diabetiker. DM10,45*, 600 ml = 150 g Teeauf-
gußpulver DM 18,75", 3000 ml = 750 g
*Uro1luxgibt TeeauigußpuVver fiO x 75 g) =
Kiin.-Pack.
auch als Drag6 *(Apoth.-Verk.-Preise mit MwSt.)

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Nattermannallee 1, 5000 Köln 30
ML:
Postfach 120/140,- Tel (0581) 1 90 91
D-3110Uelzen1
Geschäftsstellenverlegung
des Zentralverbandes
Die Geschäftsstelle des Zentralverbandes der Ärzte für Natur-
heilverfahren ist ab 1.11.1980 unter der neuen Anschrift zu
erreichen:
Eichelbachstraße 61
Wechseljahr
7290 Freudenstadt 1-Kniebis.

Die seitherige Telefonnummer (0 74 42) 21 11 bleibt bestehen,

beschwerden.
ist jedoch aus technischen Gründen vom 1. bis 15.11.1980 nicht
erreichbar.
mal Dur, mal Moll

Aus anderen Gesellschaften

Fortbildungsveranstaltungen der österr. wissenschaftl. Ärz-
tegesellschaft für Akupunktur für das 2. Halbjahr 1980 und
Vorschau für 1981

Kursort: Salzburg, Hotel Pitter, Rainerstr. 6 - 8 ,

Tel. (06222) 78 5 71

Kurszeit: Samstag, 4.10.1980, Beginn 14 Uhr, Ende 19 Uhr

Sonntag, 5.10.1980, Beginn 8.30 Uhr,
Ende 12.30 Uhr

Thema: Laser-Akupunktur
Kursleiter: Dr. Bahn, Mehmbach
bestimmen Sie die Tonart!
Kursgebühr: Mitglieder OS 1.000,-, Nichtmitglieder
ÖS 1.200,-. Unbedingt gültigen Mitgliederausweis
vorzeigen. Gilt auch für Mitglieder der deutschen
Akupunkturgesellschaft.
Klimaktoplant
- hormonfreies Regulans-
Kursort: Salzburg, Hotel Pitter stabilisiertjst gut verträglich.
Anwendungs- — Wechseljahrbeschwerden wie
Kurszeit: Samstag, 8.11.1980, Beginn 14 Uhr, Ende 19 Uhr gebiete — Hrtzewaliungen, Herzklopfen, Schwindel, Juckreiz,
Sonntag, 9.11.1980, Beginn 8.30 Uhr, — Unruhe, Schweißausbruche und
— Schlafstörungen
Ende 12.30 Uhr
Zusammensetzung 1 Tablette enthalt Cimicifuga D2 25 mg, Sepia D2 25 mg,
Thema: Wechselbeziehungen spezifischer Mundschleim- Lachesis D5 25 mg, Ignatia D3 25 mg, Sanguinana D2 25 mg
hautareale zum Gesamtorganismus als Grundlage
einer gezielten Reflextherapie (Orale Akupunktur). Dosierung 3 mal täglich 1 -2 Tabletten über längere Zeit

Punktuelle Lymphtherapie von Reaktionslinien am Packungen Originalpackung 80 Tabletten DM 4,25

und Preise Großpackung 400 Tabletten DM 14,85
Hals bei Störfeldem.
in ihrer Apotheke erhaltlich
Kursleiter: Dr. Jochen M. Gleditsch, München
(Facharzt für HNO)
Kursgebühr: siehe oben. ARZNEIMITTEL Postfach 430109 7500 Karlsruhe 41

Kursort: Salzburg, Hotel Pitter

Kurszeit-. Samstag, 29.11.1980, Beginn 14 Uhr, Ende 19 Uhv

Sonntag, 30.11.1980, Beginn 8.30 Uhr,
Ende 12.30 Uhr

Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. 509

Thema: Darstellung der chines. Energielehre (Akupunktur- Thema: Abgrenzung der Randgebiete der Therapie
Physiologie) durch Puls-Oscillographie (Moderator: Univ.-Doz. Dr. H. Sighart, Wien)
Der Kurs bietet die Möglichkeit, die Pulsqualität zu 9 Uhr Dr. König, Wien: Akupunktur
objektivieren und damit unter anderem Aussagen
über einen Therapieerfolg zu treffen! Am Samstag, 25. Oktober 1980 findet ein informativer Einfüh-
rungskurs in die Neue chinesische Akupunktur mit praktischen
Kursleiter: Dr. Kurt Beisch, Karlsruhe
Übungen statt.
Kursgebühr: siehe oben.
Anmeldungen an das Sekretariat der österr. wissenschaftlichen
Ärztegesellschaft für Akupunktur, Auf der Schanze 3,
Kursort: Salzburg, Hotel Pitter
A-4902 Wolfregg, erbeten.
Kurszeit: Samstag, 31.1.1981, Beginn 14 Uhr, Ende 19 Uhr
Kurszeit und Kursort werden dann bekanntgegeben!
Sonntag, 1.2.1981, Beginn 8.30 Uhr,
Ende 12.30 Uhr

Thema: Akupunktur bei vegetativen Störungen unter beson-

derer Berücksichtigung der „Wunder-Meridiane".
Kursleiter: Dr. Ingrid Wancura, Wien
Lehrbeauftragte für Akupunktur an der Universität
Wien.
Kursgebühr: Mitglieder ÖS 1.000, - , Nichtmitglieder ÖS 1.200, -
3. Internationale Fortbildungstage des Berufsverbandes der
Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin vom 25.
bis 30. Oktober 1980 in Abano Terme/Montegrotto Terme
Thema:
Rheumatologie in der Praxis des Allgemeinarztes.

Hinweis Nachdem die BPA-Fortbildungstage bisher ausschließlich in

Am Freitag, 24. Oktober 1980 spricht Herr Dr. König, Wien im
Rahmen des 34. Osterr. Arztekongresses Van-Swieten-Tagung.
Kongreßort: Wiener Hofburg, Wien I
Montegrotto Terme stattfanden, wird der Kongreß 1980 erstmals
im benachbarten Abano Terme durchgeführt. Tagungsort ist das
moderne Grand Hotel Magnolia, das über ausgezeichnete,
moderne Tagungseinrichtungen verfügt.

agnesiocard
zur gezielten Behandlung von Risikofaktoren bei Zusammensetzung
1 Kapsel/1 lackierte Tablette/1 Amp i m zu 5 ml
coronaren Gefäßkrankheiten und Infarktgefährdung enthalten
mono-Magnesmm-L-aspartat-
hydrochlond-tnhydrat 614,8 mg
Magnesium-Gehalt 5 mval (60,78 mg)
5 g Granulat zum Trinken (1 Beutel) enthalten
Therapeutisches Prinzip: mono-Magnesium-L-aspartat-
hydrochlond-tnhydrat 1229,6 mg
Streßabschirmung Magnesium-Gehalt 10 mval (121,56 mg)
1 Ampulle i v zu 10 ml enthalt
dämpft die schädliche adrenerge Überstimulation des Herzens 4 mono-Magnesium-L-aspartat-
hydrochlond-tnhydrat 737,6 mg
sichert die Energiebereitstellung verbessert die Energieverwertung Magnesium-Gehalt 6 mval (72,94 mg)
stabilisiert den Blutdruck verhindert hypertone Krisen Indikationen
reguliert den Saure- und Basenhaushalt hemmt die extrazelluläre Alkalose im Streß 5 Zur Behandlung des primären und sekundären Magne-
sium-Mangel-Syndroms, besonders zur Prophylaxe und
Calcium-Antagonismus Therapie der durch Magnesiummangel und Streß be-
dingten Herzkrankheiten
verhindert die Calciumuberladung der Herzmuskelzelle schützt vor Herznekrosen 6 Bei Magnesium-Mangelzustanden, z B infolge Fasten-
erhält die Elastizität der Erythrozyten kuren, Hypercholestennaemie, Artenosklerose, Leber-
zirrhose, Pankreatitis Schwangerschaft, Stillzeit, Ein-
verbessert die Fließeigenschaften des Blutes wirkt als physiologisches Antithrombotikum 7 nahme oestrogenhaltiger Kontrazeptiva, zur Calcium-
entspannt die glatte Muskulatur im arteriellen Gefäßsystem beugt Coronarspasmen vor 8 oxalatstein-Prophylaxe
Kontraindikationen
Lipidsenkung Exsikkose, Niereninsuffizienz mit Anune
1 2 MAGNESIOCARD" Ampullen im und iv sollen nicht
senkt erhöhte Cholestenn-, LDL-Cholestenn- und Tnglycend-Spiegel im Serum '
angewandt werden bei AV-Block, Myasthenia gravis
erhöht den Artenosklerose-Schutzfaktor HDL-Cholesterm 3 Die Injektion von MAGNESIOCARD® bei gleichzeitiger
Herzglykosid-Therapie ist nur in Fallen von Tachykardie
Literatur/Magnesiocard bzw Tachyarrhythmie angezeigt
'Meysing.R Ther d Gegenw 118,9(1979)1392 =Hannger E (München) Vortrag auf dem 3 HohenheimerMagnesium- Nebenwirkungen
Symposium 1979,4 Jacob, R , Classen, H -G Magnesium-Bulletin, Vol 1,2 (1979) 125,5 Classen, H -G Ebel, H , Schu- Ampullen Bradykardie, Uberleitungsstorungen, pe-
macher, K -A Marquardt, P , Späth, M , Heibig, J 2 Internationales Magnesium-Symposium Montreal 1976,6 Walcher, nphere Gefaßerweiterungen
K Classen, H-G (Hohenheim) Vortrag auf dem 3 Hohenheimer Magnesium-Symposium 1979,
Literatur/Magnesium Handelsformen und Preise
3
Bachern, M G , Strobel, B , Paschen, K (Kaiserslautern) Vortrag auf dem 3 Hohenheimer Magnesium-Symposium 50 Kapseln DM 19 55 100 Kapseln DM 35,20
1979, 7 Zahnert, R , Oloffs, J Dtsch Gesundh -Wes 16 48 (1960) 2343, 8 Nguyen Duong H , Brecht K (Ulm) Vortrag 50 Tabletten DM 19 20 100 Tabletten DM 34,40
auf dem 3 Hohenheimer Magnesium-Symposium 1979 Granulat zum Trinken
20 Beutel DM 13 35 50 Beutel DM29,75
Verla-Pharm Arzneimittelfabrik • Tutzing/Obb. 2 Amp i m DM 3,85
3 Amp i v DM 6,85
5 Amp i m DM 8,60
10 Amp iv DM 20,45

510 Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg.

Die Thematik wird speziell auf das Thema „Rheumatismus im
Alter" ausgerichtet sein. Ein Kongreßtag wird der Neuraltherapie
vorbehalten sein und mit Übungen angereichert.
Es besteht die Möglichkeit, an einer Flug-Kongreßreise ab Frank-
furt nach Venedig und zurück (Zubringerflüge ab allen deutschen
Flughäfen) teilzunehmen.

Auskunft und Anmeldung: Institut für Kommunikation in der Medi-

zin, Eichenhain 11, 2430 Neustadt 2/Ostsee.

Heilbäder und Kurorte berichten

VIII. Harzüberquerung 1980

Der Männer-Turnklub von 1886 Bad Harzburg e.V. veranstaltet in

diesem Jahr die VIII. Harzüberquerung.
Der Start ist in Bad Lauterberg auf dem Grundstück des Panora-
mic-Appartment-Hotels und führt über 42 km zum Ziel im Kro-
dobad von Bad Harzburg.
Vor kurzem fand die erste von mehreren noch folgenden Probe-
wanderungen statt, an der neben den Helfern des MTK Bad
Harzburg auch Gäste aus dem Startort Bad Lauterberg teil-
nahmen.
Ccmephwti
Die Wandergruppe erreichte den Dreieckigen Pfahl. Diese Stelle
ist mit ca. 880 m ü. N.N. ungefähr der höchste Punkt der
Harzüberquerung 1980 (7. September). NEPHROLOGIKUM
Der Dreieckige Pfahl, welcher bereits im 17. Jahrhundert erwähnt
wurde, war die Grenzmarke zwischen drei Landstrichen, welche
hier früher aneinander grenzten.
zur spezifischen
Langzeittherapie
Kurgäste sagen Petri Heil
von
Petri Heil sagen sich Kurgäste in Bad Berleburg, die ausziehen,
um im frischen, quirligen Gebirgsbach, der Odeborn, ihr Glück NEPHROPATHIEN
beim Angeln zu versuchen.
Hier fischt man nicht im Trüben. Hat doch die Kurverwaltung
schon längst erkannt, wie wohl sich Forellen in diesem glasklaren
Flüßchen fühlen. Jeden Herbst setzt sie daher 2.500 Jungforellen Indikationen: Chronische Pyelonephritis; chroni-
sche interstitielle Nephritis; chronische Glomeru-
aus, die dann nach zwei Jahren schon eine stattliche Größe lonephritis; Schwangerschaftsnephropathie; Pro-
erreichen. phylaxe bei rezidivierender Konkrementbildung;
Der Kurgast erwirbt einen Angelschein mit eintägiger Gültigkeit Zystitis. • Kontraindikationen und Nebenwirkungen
sind bisher nicht bekannt. • Zusammensetzung:
direkt bei der Kurverwaltung. Die freundlichen Kurheim- und 100 g enthalten 29 g Mazerat aus: Herb. Centaur.
Pensionsinhaber Bad Berleburgs sind bemüht, den stolzen Fang 0,6 g, Fruct. Cynosbat. sin. Semin. 1,0 g, Rad.
Levistic. 0,6 g, Fol. Rosmarin. 0,6 g - 1 Dragee
ihrer Gäste lukullisch zuzubereiten. enthält: Herb. Centaur. 18 mg, Fruct. Cynosbat.
Und noch eins ist wichtig: Zum sportlichen Vergnügen des sin. Semin. 30 mg, Rad Levistic. 18 mg, Fol.
Angelns kommt noch die bewährte beruhigende Komponente, Rosmarin. 18 mg. • Dosierung: 3mal täglich l/2 bis
1 Teelöffel oder 1 bis 2 Dragees. • Handelsformen:
die diese Tätigkeit bewirkt. Also ein weiterer Schritt zum guten Canephron OP mit 100 ml DM 8,95, OP mit 60
Kurerfolg. Dragees DM 8,95, OP mit 240 Dragees DM 26,80;
Großpackungen mit 500 ml, 1000 ml und 1000
Auskünfte: Kurverwaltung Bad Berleburg, Postfach 1440, Dragees.
5920 Bad Berleburg, Tel. (02751) 821.

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Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. 511

 Physikalische Medizin
und Rehabilitation
Zeitschrift für praxisnahe Medizin
21. Jahrgang
Oktober 1980-Heft 10 Organ des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren e.V.

Schriftleitung: b e r g - P Frick(Mainz)-W Gawlick(BadTolz)-H Giesenbauer(Bremen-Lesum)-

H Haferkamp, Mainz, R. F Weiß, Marstetten-Aitrach, K Schimmel, Pnen
und K. H Caspers, Bad Fussing Organ des Zentralverbandes der Arzte
für Naturheilverfahren e V, Sitz Stuttgart
Wissenschaftlicher Beirat
M v Ardenne (Dresden)-A Becker (Hannover) — H Bialonski (BadGodesberg)—J
Brand (Kernigstem) - F Branlner (Villach) - N Breidenbach (Salem-Beuren) - P
Dosen (Grunwald b München) - H Fleischhacker (Wien) - K Franke (Bad Lauter-
H Harmsen (Hamburg) - E Höllischer (Baden-Baden) - H Huneke (Dusseldorf) -
W H Kahlert (Bad Salzuflen) - J Kaiser (Bad Wonshofen) - G Kellner (Wien) - K
Kotschau (Schloßberg) - W Kohlrausch (Freudenstadt) - H Kolb (Wetzlar) - H
Krauß (Berlin) - R v Leitner (Berlin) - H Mensen (Bad Rothenfelde) - W v
Nathusius (Ortenberg) - H D Neumann (Buhl) - H Paul (Bad Godesberg) - A
Pischinger (Wien) — A Rost (Tubingen) — H Seyfarth (Leipzig) - W Schauwecker
(Bensheim) - R G Schenck (Aachen) - H Schlüter (Berleburg) - O Schumacher-
Wandersieb (Bad Munstereifel) - R Voll (Plochmgen) - H L Walb (Homberg, Kr
Alsfeld) - H Winterberg (Mannheim) - W Zimmermann (München)

H. Mensen Kneipp-Therapie der Venenerkrankungen*

Zusammenfassung den eingesetzt werden. Ihre Wirkung auf Gefäße und

Kreislauf ist wissenschaftlich am besten erforscht
Aufgabenstellung, Begriffsdefinitionen und Inhalt
(58).
Unter Berücksichtigung der sehr breit gestreuten ein-
schlägigen Literatur wird praxisnahe die Kne/pp-The-
3. Kinesiotherapie
rapie der häufigsten venösen Durchblutungsstörun-
Sie umfaßt alle Möglichkeiten der aktiven und passi-
gen geschildert.
ven Bewegung: Heilgymnastik, Gymnastik, Terrainku-
Khe/pp-Therapie ist seit je mehr als nur Hydrotherapie.
ren, Wandern, Sport, Schwimmen, Bewegungsbäder,
Sie stützt sich auf fünf „Säulen":
Radfahren u.a. sowie Massage in den verschiedensten
Formen.
1. Ordnungstherapie
Ihre gesundheitspädagogischen Ansätze finden sich
4. Diätetik
o schon bei Kneipp selbst („So sollt Ihr leben", 1889). Er
zählt zu den „natürlichen Gleichrichtern" und „aktiven
Sie wird als naturgerechte Vollwert- oder Basiskost
definiert, die den weit verbreiteten Zivilisationsscha-
Stimmgabeln", in deren Ausstrahlungs- und Schwin-
den einer kalorienreichen Mangelkost beheben soll
gungsbereich man „irgendwie nicht mehr verkehrt,
durch die Bevorzugung von Vollkornprodukten, Frisch-
ver-rückt sein kann" (G. R. Heyer). Heute beachtet die
obstbeilagen, reichlichen Milchprodukten, Vitaminen
Kneippsche Ordnungstherapie systematisch leib-see-
und Mineralsalzen unter weitgehender Ausschaltung
lische und zunehmend auch biorhythmische Zusam-
aller denaturierten Nahrungsmittel und Genußgifte.
menhänge. Durch Wiederherstellung von größtmögli-
cher seelischer Harmonie und natürlichem Lebens-
5. Phytotherapie
rhythmus erstrebt sie optimale Gesundheit, Lei-
Sie basiert auf einer hochentwickelten Arzneitherapie,
stungsfähigkeit und Lebensfreude.
die von der Heilpflanze ausgeht. Ihre Kennzeichen
sind: Behutsamkeit, Anpassung an natürliche Regula-
2. Hydrotherapie
tionsmechanismen und weitgehende Freiheit von
Sie wird als hochdifferenzierte Thermotherapie ver-
schädigenden Nebenwirkungen.
standen, bei der besonders Teilanwendungen syste-
matisch und in den verschiedensten Temperaturgra-
Mit ihren fünf „Säulen" versteht sich die moderne
/Cne/pp-Therapie als Bestandteil einer umfassenden
Physiotherapie im Rahmen der Gesamtmedizin. Diese
Physiotherapie umfaßt über die fünf „Säulen" der
Vgl H. Menserr Kneipp-Therapie bei arteriellen penpheren Durchblu- Kne/pp-Therapie hinausgehend alle Behandlungsfor-
tungsstörungen (45).

Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. 513

 Mensen, Venenerkrankungen
men der physikalischen Therapie einschließlich allge-
meiner und spezieller Balneotherapie und alle allge-
meinen Maßnahmen, deren gemeinsames Wirkprinzip
auf der Auslösung von Regulations- und Ausgleichs-
vorgängen im Organismus beruht (12,31).
Diesem Programm entsprechend werden hier nach
Hinweisen auf allgemeine phlebologische Aspekte der
traditionellen und modernen Kneippbehandlung und
nach epidemiologischen, sozialmedizinischen und
psychosomatischen Bemerkungen zum Thema (Kapi-
tel 1 und 2) auf der Grundlage der fünf „Säulen"
spezielle Behandlungsmöglichkeiten zunächst der
Varikosis und ihrer Vorstadien und dann der akuten
Thrombophlebitis und ihrer Folgezustände geschil-
dert (Kapitel 3 und 4, Abschnitte 1-5). Mitteilungen
über ergänzende balneo- und physiotherapeutische
Maßnahmen und über unverzichtbare klinische Ver-
ordnungen schließen sich an (Kapitel 3 und 4,
Abschnitte 6 und 7).
Summary
Scope, def inition of terms and contents
Considering the revelant comprehensive literature the
Kneipp therapy in the general praxis of the venous
circulation disturbances is explained. Kneipp therapy
has always been more than hydrotherapy.
Ithasfivepillars:
1. Regulation therapy
Its health educational starting points can be found in
Kneipp himself ("The way you should live", 1899). He
counts to the "natural rectifiers" and "active tuning
forks", in the "radiation and oscillation area of them
nobody can be wrong or crazy" (G.R. Heyer). Today
the Kneipp's regulation therapy pays attention to
psychosomatical and increasingly to biorhythmical
interrelations. By restoring the utmost psychic har-
mony and the natural rhythm of Ute the aim is best
health, productivity and joy of living.
2. Hydrotherapy
It is being understood as highly differentiated ther-
motherapy with systematically used Special partial
applications in different temperature degrees. Its
effect upon vessels and circulation is scientifically
investigated best.
3. Kinesiatric
It comprises all the possibilities of active and passive
exercises: medical gymnastics, gymnastics, terrain
eure, travelling, sports, swimming, water exercises,
bicycling and as well massage treatment of the differ-
ent styles.
514
Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg.
4. Dietetic
(t is being defined as füll value or basic nourishment
adjusted to nature. It is meant to eure the widely
spread civilisatory damages of a diet rieh in calories —
but nutritionally deficient — through preference for
wholemeal produets, Vitamins and minerals eliminat-
ing fairly completely all denaturalized foods and
stimulant poisons.
5. Phytotherapy
It is based upon highly developed drug therapy
derived from medicinal plants. Its characterisation is
caution, adjustment to natural regulatory mechanisms
and far reaching freedom of damaging side effects.
With its five pillars modern Kneipp therapy coneeives
itself as part of a comprehensive physiotherapy in the
framework of general medicine. This physiotherapy
comprises beyond the five "pillars" of Kneipp therapy,
including general and Special balneotherapy as well as
all general measures whose common principles of
effect rests upon release of regulatory and compen-
satory processes in the organism (12,31).
According to this program are described - after refer-
ences to general phlebologic aspects of traditional
Kneippism and after epidemiologic, social medical
and psychosomatic comments about the theme (chap-
ter 1 and 2) the basis of the five pillars - particular
therapeutic possibilities first of varicosis as well its
preliminary phases and then of acute thrombo-
phlebitis with its consequences (chapter 3 and 4 sec-
tions 1 —5). Attached are Communications about sup-
plementary balneotherapeutic and physiotherapeutic
measures, also about indispensible clinical prescrip-
tions (chapter 6-7).
1. Phlebologische Aspekte traditioneller Kneippbehandlung
Kneipp selbst gab für die Kne/pp-Therapie venöser Durchblu-
tungsstörungen das Motto: „Zur Heilung des Fußes muß auf den
ganzen Körper eingewirkt werden". Einer seiner ersten Schüler
schrieb: „Es ist mit örtlicher Behandlung dem Übel nicht beizu-
kommen". Sein ärztlicher Mitarbeiter und Nachfolger Dr. Klein-
schrod fand zu ihm den Weg durch eine Bäuerin, deren Ulcus
cruris Kneipp in sechs Wochen heilte, nachdem viele Ärzte,
Kleinschrod eingeschlossen, ihr 12 Jahre lang nicht helfen konn-
ten. „Sehen Sie Herr Doktor", sagte Kneipp zu Kleinschrod „Sie
haben bei der Frau immer nur den einzelnen Teil behandelt und
damit eigentlich für die Heilung selbst nicht viel getan . . ." Das
von Kneipp begründete „Große Kneippbuch" erwähnte 1903
ohne genaue Trennung venöser und arterieller Leiden zehn Fälle
 Mensen, Venenerkrankungen
von „Beinfraß", die konsensuell und möglichst aktiv behandelt
wurden Es betonte die Notwendigkeit, auch bei nur einseitiger
Beinerkrankung nicht nur auf beide Beine sondern ebenso auf
den ganzen Menschen einzuwirken Die Regelung von Blutzufluß
und -abfluß war dabei für Kneipp eine der wichtigsten Maßnah-
men In genialer Schau erkannte er das Grundprinzip der
Behandlung venöser Erkrankungen, namhch „daß derjenige, der
die Zirkulation beherrscht, die Behandlung der Krampfadern
beherrscht" Mit Recht bezeichnete ihn der frühere Vorsitzende
des Kneipparztebundes Ch Fey als „Meister einer Heilung über
den Weg der Blutbewegung"
Wie vor ihm Hufeland empfahl Kneipp zur Behandlung venöser
Leiden nur kalte hydrotherapeutische Anwendungen Nach
Hufeland gab es zur Verhütung von Krampfaderfolgezustanden
und Unterschenkelgeschwuren kein besseres Mittel, als täglich
mehrere Male mit den Fußen bis zum Knöchel kurz in kaltem
Wasser zu stehen Kneipp benutzte stattdessen die Gießkanne,
weil ihm auffiel, daß kaltes Fließwasser ungefährlicher ist und
Gefaßerschlaffungen besser vorbeugt Bei oberflächlichen Ve-
nenentzündungen führte er die kalten Lehm- und Quarkwickel in
die Naturheilkunde ein
Zur Zirkulationsforderung bildeten für Kneipp die Hydrotherapie
und die in der Phlebologie so wichtige Bewegung eine selbstver-
ständliche Einheit „Ich verordne strenge, daß der Angekleidete
nach jeder Wasseranwendung sich Bewegung mache , wel-
che solange dauere, bis alle Teile des Korpers vollkommen
trocken und normal warm sind " Neben der Gießkanne als Sym-
bol der von Kneipp ersonnenen und heute bei der Venenbehand-
lung allgemein praktizierten kalten Gusse wurde ein weiteres
probates Venenmittel, das „Wassertreten", zum ältesten Symbol
der Kne/ppschen Ganzheitsmethode und ihrer noch immer
bewahrten Kombination von Hydro- und Bewegungstherapie
(vgl 12,31)
2. Epidemiologische, sozialmedizinische und psychosomati-
sche Aspekte im Blickwinkel Kneippscher „Lebensord-
nungstherapie"
In einem von Kneipp und seinen ärztlichen Nachfolgern zwar
geahnten aber in solchem Ausmaß nicht vermuteten Umfang
nahmen inzwischen venöse Durchblutungsstörungen nicht min-
der als koronare und penphere arterielle Durchblutungsstörun-
gen bei beiden Geschlechtern und in allen Altersklassen und
Sozialschichten zu Obschon daran die höhere Lebenserwartung
beteiligt ist, sind hier wie dort Verlagerungen in jüngere Jahr-
gange konstatierbar („Antizipation") Haufigkeitsunterschiede
zwischen Mannern und Frauen gleichen sich an Venöse Erkran-
kungen nehmen z Z bei den Mannern, arterielle Erkrankungen
bei den Frauen starker zu
Die BRD zahlt mindestens fünf Millionen Beinkranke 20 Prozent der
Erwerbstätigen haben Venenerkrankungen, die Gesundheit und Arbeits-
fähigkeit beeinträchtigen Jeder Zehnte hat Ulzerationen Bei mehr als 30
Prozent aller berufstätigen Manner und Frauen finden sich irgendwelche
penpheren Gefaßveranderungen, deren Folgen auf lange Sicht teurer
sind als alle Verkehrsunfälle (36, 53, 54, 62, 63)
516
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Risikofaktoren Übergewicht und sitzende Lebensweise fordern
nicht nur die Koronarepidemie und die oft damit verbundene
arterielle Angiopathie der Extremitäten sondern bei hereditärer
Bindegewebsschwache und Venenklappeninsuffizienz auch die
Zunahme venöser Durchblutungsstörungen („Bord"-, „Eisen-
bahn"-, „Gaspedal"-, „Fernsehbein") Vorzeitige Arthrosen, Ovu-
lationshemmer, häufigere Strahlentherapie und durch ungesun-
des Schuhwerk geforderte Fuß- und Haltungsschaden sind wei-
tere Glieder der pathogenetischen Kette Inaktivitat, steigender
Nahrungs- und Genußmittelmißbrauch, Hyperlipidamie, Distreß
und die von Kneipp- und Badeärzten nie außer acht gelassene
„Harnsaure-Diathese" begünstigen sowohl arterielle als auch
venöse Thrombosen (46, 65)
Erfolgreiche Vorbeugung und Behandlung ist ohne allgemeine
Psychohygiene und Gesundheitserziehung nicht denkbar Die
meisten Venenkranken brauchen außerdem speziellen persönli-
chen Zuspruch Motivationen zur Hydro- und Bewegungsthera-
pie, zur Diät und zum Grundsatz des Asklepios von Thessalien
„Zuerst das Wort, dann die Pflanze, dann das Messer" sind nicht
selbstverständlich
Bei der Hydrotherapie wurzeln Fanatismus und Skepsis tief
Flaubert kennzeichnete mit dem Satz „Hydrotherapie enleve
toutes les maladies et les procure" treffend Unwissen, fanati-
schen Heilsoptimismus und mißgunstige Vorurteile, mit denen
sich die Wasserheilkunde bis heute auseinandersetzen muß
Hydrotherapeutische Verordnung wider Willen wäre ohne Skep-
sisbewaltigung ebenso sinnlos wie die Unterstützung übertriebe-
ner Hoffnungen, deren Vereitelung die angewandte Methode nur
in Mißkredit bringt und den Behandelten entmutigt
Bisweilen überwinden nur tiefenpsychologisch akzentuierte
Gespräche Vorurteile gegen die Hydrotherapie Das trifft vor
allem bei selbstunsicheren Charakteren zu, die sich bei allen
Unternehmungen furchten, „baden zu gehen", weil sie schon als
Kind „zu heiß" (oder „zu kalt"') gebadet wurden Sie fühlen sich
stets wie ein „begossener Pudel", weil ihr Leben sie mit „kalten
Duschen" nicht verschonte Ihre Wunsche sind häufig „ins Was-
ser gefallen", das ihnen „bis zum Halse" steht Meistens drohen
sie in ihren Problemen zu .ertrinken" und können sich „kaum
über Wasser halten"
Solche Empfindungen sind säkularisierter Ausdruck uralter biblischer
Vorstellungen, die das Wasser in die göttliche Prädestination und überna-
türliche Heilsordnung einbeziehen (vgl 4) In rechtem Maße ist Wasser
dort segensreich (Jesaia 43, 28, Jesus Sirach 29 27) Dagegen sind
Mangel und Übermaß, Dürre und Sintflut göttliche Zuchtigungsmethoden
(Jesaia 19 5 8, Psalm 69, ^ 3, Psalm 88,17 18, Jesus Sirach 39,28)
Patienten, die ihre Angst vor dem kalten Wasser nicht verlieren,
hemmen durch Einschaltung von Großhirnfunktionen den Ablauf
der vom Vasomotorenzentrum her am besten ungehemmt eintre-
tenden Reaktionen auf die Gefäße
Ein der Kne/pp-Therapie zuweilen unterschobener magischer
Effekt besteht oft in Wirklichkeit nur darin, daß es suggestiv
gelungen ist, Patienten die Angst vor dem kalten Wasser zu
nehmen (57) Andererseits zeigen Hypnoseversuche, daß eine
positive Einstellung zur Hydrotherapie deren physiologisch nach-
weisbare Wirkungen verstärkt (11)
Der notwendigen Bewegungstherapie sind oft Grenzen gesetzt,
weil Scham und Eitelkeit viele Venenkranke hemmen, ihre kos-
metisch ungefälligen Beine beim Schwimmen und Turnen in der
 Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. Mensen, Venenerkrankungen

Öffentlichkeit zu zeigen (51). Schließlich zählen „postphlebiti- Bei der Verordnung von Kompressionsstrümpfen ist es wichtig,
sche Neurosen" zu den wichtigsten Komplikationen venöser die Kompressionskiasse anzugeben, auf die sich die Textilindu-
Erkrankungen. Die Betroffenen befürchten dauernd das Abrei- strie festgelegt hat (Tab. I). Jeder Venenkranke braucht nicht
ßen und Verschleppen von Gerinnseln in Herz- und Gehirn. einen, sondern seinen Kompressionsstrumpf. Nach Untersu-
Normales Gehen und Bewegungstherapie werden dann durch chungen der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie sollen lei-
Emboliefurcht und psychogene Schmerzfixierungen vereitelt der 80% der verschriebenen Gummistrümpfe insuffizient sein.
(64). Strümpfe, die über dem Knöchel oder unter dem Knie dicke Rillen
Wie bei der kardiologischen und angiologischen Behandlung von bilden, verschlechtern den venösen Abfluß statt ihn zu verbes-
Herzinfarktkranken und Patienten mit peripherer arterieller sern (15).
Gefäßkrankheit, die tödliche Zweitinfarkte oder Amputationen
Die Strumpfe sind unbedingt bei entstauten Beinen anzupassen Ihre
befurchten, gehört also Entangstigung oft auch bei der phlebolo-
Verordnung muß neben der Kompressionskiasse die Strumpflange ange-
gischen Behandlung zum notwendigen Therapierüstzeug. ben Man wähle nur Fabrikate mit geschlossenen Fersen. Pro Bein
können zusätzlich bis zu drei Tragegurte oder Halterungen verschrieben
werden. Die Kranken brauchen außerdem ein zweites Paar Strumpfe
zum Wechseln. Unter Umstanden müssen schon nach einem halben
Jahr neue Strumpfe verordnet werden, wenn die alten ausgeleiert sind
3. Kneipp-Therapie der Varikosis und ihrer Vorstadien
Die komprimierenden Maßnahmen entfalten ihre volle Wirkung
erst unter ausreichender Muskelarbeit. So unentbehrlich auch
3.1 Allgemeine Gesichtspunkte (Bedeutung der Kompression) die Kompression ist, aktive Bewegungstherapie ist dabei eine
Krampfadern und ihre Vorstadien („dicke Beine") sind weder Conditio sine qua non. Erst die Kombination von Kompression
unausweichliches Schicksal noch harmlose Schönheitsfehler. und regelmäßigem Muskelspiel erzeugt eine zirkulationsför-
Sie bergen zahlreiche Gefahren, die sich mit zunehmendem Alter dernde Selbstmassage.
vervielfachen (Vanzenrupturen, Peri-, Variko- bzw. Thrombphle- Nicht minder segensreich ist die venentonisierende und zirkula-
bitis, postthrombotisches Syndrom, Hautatrophie, Stauungsder- tionsanregende Hydrotherapie. Obschon sie keine ausgeprägten
matosen, Ulcus cruns, Lungenembolie). Die Therapie erstrebt Varizen beseitigen kann, ist sie lur die Erhaltung der Funktion
eine multifaktorielle Kompensation der Krampfadern und ihrer fast unentbehrlich.
Folgezustände, nicht etwa die Lokalbehandlung von „Krämpfen",
wie das durch Einbeziehung des althochdeutschen Adjektivs
„chramph" = „krumm" verballhornte Wort Krampfadern vermu- Tab. i Indikation der verschiedenen Kompressionsklassen für Kompres-
ten läßt (36, 37). sionsstrumpfe.
Wichtigster Faktor bei der Therapie der venösen Insuffizienz ist Klasse Kom- Andruck zur Indikation
eine einwandfreie Kompression durch elastische Verbände und pression Fesselgegend
Speziaistrümpfe. Die dogmatische Ablehnung von elastischen in mm Hg
Wickeln und Gummistrümpfen durch einige orthodoxe Anhänger leichte 20 Bei Schwere- und Mudigkeits-
des Naturheilverfahrens ist ungerechtfertigt. Alle sonstigen gefühl in den Beinen, bei gerin-
Behandlungsmöglichkeiten reichen zur Beseitigung der venösen ger Varikosis oder wesentli-
cher Odemneigung und bei be-
Stase allein nicht aus. Nur durch Kompression wird der hydro- ginnender Schwangerschafts-
statische Druck in den erschlafften und erweiterten Venen ver- vankosis.
mindert, die Blutsäule eingeengt, die Schlußuntähigkeit der Ve- mittel 30 Bei stärkeren Beschwerden,
nenklappen teilweise behoben und die Strömungsgeschwindig- kraftig ausgeprägter Varikosis mit
keit um ein Vielfaches beschleunigt. Die Herzdynamik wird opti- Odemneigung, posttraumati-
miert. Schon vorhandene Ödeme werden ausgepreßt, chroni- schen Schwellungszustanden,
nach Abheilung unerheblicher
sche Ödeme und umschriebene Bindegewebsverhärtungen ver-
Ulzerationen, nach oberflächli-
hindert. Gleichzeitige Gelenkbeschwerden lassen nach (27, 36, chen Thrombophlebitiden,
38, 52, 56). nach Verödungen und Van-
Bei Kompressionsverbanden muß der ausgeübte Druck sehr zenoperationen zur Fixierung
gleichmaßig sein und von distal nach proximal allmählich abneh- des Behandlungserfolges und
bei stärkerer Schwanger-
men, damit das Blut entsprechend dem Druckgradienten nach schaftsvankosis
oben strömt. Leider gehört die Kunst, Kompressionsverbände
kraftig 40 Bei allen Folgezustanden der
anzulegen, nicht zum ärztlichen Allgemeingut. Die meisten Ver- konstitutionellen oder post-
bände sind unbrauchbar. Wer das richtige Anlegen nicht gelernt thrombotischen venösen Insuf-
hat, sollte es denen überlassen, die darin geübt sind. fizienz, schwerer Odemnei-
gung, sekundärer Varikosis,
Prinzipiell muß die Kompression im Gebiete des Fußgelenkes bis zur Atrophie blanche, Dermato-
Wade hm stärker sein als am Verbandende. An der Wade laufen die sklerosen und nach Abheilung
Bindenzuge schräg nach oben und unten sich uberkreuzend, so daß die schwerer, besonders schon re-
Wade etwas angehoben in einem Widerlager liegt Zu Einschnürungen zidivierter Ulzera.
fuhrende parallele Bindenzuge waren hier falsch. Dicke Beine benotigen
mehr und breitere Binden, weil sich die Bindentouren sonst nicht genü- IV extra 60 Bei Lymphodemen und ele-
gend überdecken. kraftig phantiastischen Zustanden.

519
 Mensen, Venenerkrankungen
Für eine komplikationslose Vanzenoperation oder -Verödung ist Entstau-
ung durch Kne/pp-Maßnahmen eine wichtige Voraussetzung Sind ope-
rative Eingriffe oder Verödungen unvermeidbar, bietet sich die Hydrothe-
rapie zur Nachbehandlung und Rezidivprophylaxe an
Allgemein gilt die Kombination von Kompressionsmaßnahmen
mit Ubungs- und Hydrotherapie heute als idealste konservative
Vanzenbehandlung Sie garantiert allerdings nur dann Erfolge,
wenn sie zum täglichen Pflichtpensum gehört und sich nicht auf
sporadische Gelegenheitsanwendungen beschrankt (8)
3 2 Hydrotherapie
Schon im Vorstadium der Vankosis wirkt die Hydrotherapie im
Grenzbereich zwischen Krankheit und , Schönheitsfehler" vor-
züglich Sie gehört hier zum unveräußerlichen Repertoire der
zuerst in der ärztlichen Praxis erarbeiteten wirksamen Behand-
lungsmethoden Patienten mit „dicken Beinen", Lymphodema
praecox, statischen und Schwangerschaftsodemen bedienen
sich ihrer instinktiv
Zur Venentonisierung bewahren sich vor allem Kaltanwen-
dungen
Neben regelmäßigem Wassertreten (15 bis 20 Grad) und Taulau-
fen ersatzweise Barfußgehen auf kühlen Fliesen, dominieren im
Therapieplan Knie-, Schenkel- und Unterschenkelgusse und
kalte Fuß-, Lenden-, Kurz- und Wadenwickel Letztere sind weit
über die befallenen Stellen hinaus anzulegen Bei Entzundungs-
prodromen sind Zusätze von Quark oder Lehm nützlich („Lehm-
pflaster") Lenden- und „Kurzwickel' (= kurze Ganzwickel) regen
zugleich die Darmtatigkeit an Hypertoniker schätzen sie beson-
ders Hypotonikern verordnet man eher Knie- und Schenkel-
gusse Zwischendurch sind kalte Abklatschungen, eventuell mit
Eiswasser, zu erwägen Bei genügendem Training sind auch
Bhtzgusse erlaubt, wenn eine latente Phlebitis auszuschließen
ist Vanxknoten werden dabei ausgespart Ambulant können
Gusse mit dem Brauseschlauch in der häuslichen Badewanne
bei abgeschraubtem Brauseknopf gemacht werden
Von den kalten Badern ist nur das bei Arthrotikern und Adiposen ohnehin
nicht beliebte Sitzbad kontraindiziert, weil die eigentümliche Korperhal-
tung in der Sitzwanne den erwünschten Blutabfluß vereitelt Bei Kaltan-
wendungen auftretende Wadenkrampfe sind als ernste Warnung zu
werten und müssen das Absetzen der entsprechenden Verordnung ver-
anlassen Nicht selten sind sie erster Hinweis auf die Koppelung von
venösen mit bisher unbeachteten arteriellen Schaden
Alle Kalteanwendungen setzen auch bei der Vankosisbehand-
lung voraus, daß die Beine zunächst warm sind bzw der Bein-
kranke sich warm fühlt Eventuell muß vorsichtig vorgewärmt
werden, falls möglich auch durch dosierte Sonnenbestrahlung
Die sonst so beliebten Hauttrockenburstungen sind zur Vorwar-
mung nur bedingt geeignet und verbieten sich bei trophischen
Hautschaden von selbst Bei jüngeren Bindegewebsschwachlm-
gen mit orthostatisch bedingten „dicken Beinen" und/oder Akro-
zyanose können indessen Hautburstungen nützlich sein, wenn
die Haut sonst intakt ist (1, 2, 24)
Bei vegetativ fehlgesteuerten, kalteungewohnten, ängstlichen
und empfindlichen Patienten sind anfangs milde Waschungen
und spater eine Zeitlang wechselwarme Teilbader vorzuziehen,
etwa Fußwechselbader in zwei- bis dreimaligem Wechsel (35 bis
36 Grad, drei Minuten/20 bis 22 Grad, zwei Minuten) Bei Wech-
selgussen soll stets, wenn schon kein kalter Guß, so doch eine
kühle oder zumindest nur schwach temperierte Abreibung oder
520
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Spruhdusche den Abschluß bilden Gleiches gilt nach Luft- und
Sonnenbadern, die am besten in Kombination mit spezieller
Beingymnastik durchgeführt werden Für warmebedurftige Vari-
köse mit spondylogenen und arthrotischen Begleitsymptomen sei
noch das Burstenbad bei absteigenden Temperaturen, eventuell
unter Zusatz von Sole, Heublumen, Fichtennadel, Rosmarin oder
Roßkastanien-Extrakten genannt (1, 2)
Reine Warmanwendungen sind am befallenen Gliederabschnitt
selbst streng untersagt Bei sensibilisierten Venen können
warme und gelegentlich sogar Wechselfußbader akute Thrombo-
sen mit Lungenembohe auslosen Die besonders bei Frauen
beliebten „gut warmen" Vollbader können gleiche Folgen haben
Sie sollten durch warme Duschen oder rasche Vollgusse ersetzt
werden Nur kurzes Herabfließen warmen Wassers und segmen-
tale Warmeanwendung, z B als Heusack im Kreuz, sind unge-
fährlich, nicht jedoch warme Sitzbader (26) Im Gegensatz zu den
üblichen Vollbadern bewirken Uberwarmungs- und Moorbader
mit Temperaturen von 40 bis 41 Grad keine Venenerschlaffung
sondern eine echte Mehrdurchblutung (26) Man braucht darauf
deshalb u a bei Phlebarthrosen nicht zu verzichten, wenn Uber-
warmungsstreß und zu erwartende Blutdrucksenkungen Herz-
und Kreislauf zumutbar sind (7,18)
Die Nachtstunden können zur Behandlung mit nassen Strümp-
fen genutzt werden (,Kne/pp-Strumpfe")
Halblange oder lange Baumwollstrumpfe, notfalls abgeschnittene Bein-
teile von abgelegten langen Unterhosen, werden abends in kaltes Lei-
tungs- oder Essigwasser getaucht (V2 Weinglas Speiseessig auf einen
halben Liter Wasser) Strumpfe oder Unterhosenbeine werden ausge-
druckt und nach dem Auswringen feucht angezogen Danach zieht man
genügend weite und gleich lange trockene Wollstrumpfe darüber Mor-
gens sind beide Strumpfpaare trocken Bei nächtlichem Erwachen zieht
man sie eher aus Ein- und Durchschlafstorungen werden durch diese
Behandlung oft gunstig mit beeinflußt Bei unempfindlicher Haut ist die
Prozedur jeden Abend wiederholbar Anderenfalls muß man zurückhal-
tender sein (16)
Bei Neigung zu Interdigitalmykosen sind Waden- und Ober-
schenkelwickel, bei denen die Zehen trocken bleiben, vorteilhaf-
ter Ihr korrektes Anlegen will sorgfaltig geübt sein Um Hautma-
zerationen und schwer heilende Fußmykosen zu vermeiden, sind
die Fuße im Gegensatz zu den sonstigen Gepflogenheiten der
Kne/pp-Therapie nach jeglichen Wasseranwendungen von allen
penpher Durchblutungsgestorten, egal ob venöse oder arterielle
Störungen dominieren, gewissenhaft abzutrocknen
Wie jede Kneippsche Hydrotherapie ist auch die Therapie der
Vankosis zugleich Lokal- und Ganzheitsbehandlung Tab II
bringt dafür ein kurmaßiges Beispiel
Zwischengeschaltete Brust- und Obergusse regen Atmung und Kreislauf
an und erfrischen bei nervlicher Erschöpfung Die in dem Beispiel verord-
neten Knie-, Schenkel- und Untergusse haben sich bei Hypotonikern
bewahrt, für die überhaupt Kne/pp-Kuren wirkungsvoller sind als die in
den meisten Herz-Kreislaufbadern üblichen CO2-Badekuren Die ver-
schiedenen Armbader gelten u a bei nervösen Herzbeschwerden und
Koronarleiden als probate Hydrotherapeutika Wassertreten am spaten
Abend wirkt nicht unbedingt schlaffordemd, mitunter sogar gegenteilig
Man muß das ausprobieren Macht man es auf der Stelle in der eigenen
Badewanne, soll ein Badetuch auf dem Wannenboden hegen und ein
Haltegriff in der Nahe sein, damit man nicht ausrutscht
3 3 Bewegungstherapie
Die Regel „Bewegung ist die halbe Therapie" gilt bei den
venösen nicht minder als bei den arteriellen Durchblutungssto-
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Tab II
Tag früh vormittags
1 Oberkorperwaschung Wechselknieguß
2 Unterkorperwaschung Arm- und Gesichtsguß
3 Oberkorperwaschung Wechselschenkelguß
4 Unterkorperwaschung Brustguß
5 Ganzwaschung Schenkelguß
6 Oberkorperwaschung Wechsel-Unterguß
7 Ganzwaschung Oberguß
rungen Patienten mit gestörtem Venenrhythmus sollen ihre
Beine außerdem in den bewegungsfreien Zeiten möglichst oft bei
flachhegendem Oberkörper hochlagern Als Grundsatz gilt „Lau-
fen = lobenswert, Liegen lohnt, Sitzen und Stehen schadet"
Regelmäßig betrieben bringen Schwimmen (18 bis 28 Grad C)
o forsche Spaziergange, Wanderungen und Waldlaufe auf natur-
gewachsenem Boden und in bequemem Schuhzeug (keine
hohen Absatze, keine harten Schuhsohlen) nachhaltige Erfolge
Bei gleichzeitigen Arthrosen muß der Anlaufschmerz überwun-
den, ein spaterer Uberlastungsschmerz jedoch vermieden wer-
den Auch Übungen, die den ganzen Korper strecken, alle Hupf-
und Springubungen (eventuell mit Seil) trainieren die durch
Inaktivitat leicht verkümmernde Beinmuskulatur, die als Venen-
pumpe so wichtig ist Wichtigste Übung bei gleichzeitiger Phleb-
arthrose des Kniegelenkes ist das Kniependeln, das konsequent
100mal täglich, auf der Tischkante sitzend, durchgeführt wird
(18)
In der Wohnung bewahren sich außerdem Fußgymnastiksanda-
len Im Haushalt mache man sich klar, daß ein pathologischer
Venendruck auch durch Schwerarbeit nur dann vorübergehend
gesenkt werden kann, wenn dabei immer wieder zumindest
sieben schnelle Schritte gemacht werden (18) Verschiedene
Ubungsprogramme zur Abflußforderung und Kreislaufanregung
sind morgens und abends bei flacher Ruckenlage bequem im
o Bett durchfuhrbar (vgl 19) Dabei wird eine schräge Hochlage-
rung der Beine durch einen umgedrehten Stuhl mit durchgehen-
der Ruckenlehne erreicht, wobei die Beine bis zur halben Wade
fest abgestutzt sind Aus dieser Lage empfehlen sich Zehenkrall-
und Streckubungen, Hochziehen und Strecken der Fuße, wech-
selweise rechts/links und Fußrollubungen ein- und auswärts, je
30 bis 60 Sekunden Bei Stauungen im Beckenbereich und
Enteroptosen soll auch das Becken unterlagert werden Als
Partnerubung eignet sich ein Gegeneinanderstoßen der Fußsoh-
len wobei man sich auf dem Fußboden mit abgestutzten Armen
in ein- bis eineinhalb Meter Entfernung gegenubersetzt (täglich
wenigstens fünf Minuten wie die zuvor beschriebenen Übungen)
Abb 1 bringt ein Beispiel für ein im Stehen, Sitzen und Liegen
durchfuhrbares Ubungsprogramm, von dem einzelne Übungen
auch als Schwerpunktubungen bei arteriellem Becken- oder
Oberschenkelgefaßverschluß brauchbar sind (vgl 33)
Eine spezielle Entstauungsgymnastik darf indessen die Restkapazitat
des venösen Ruckstromes nicht überfordern Beim Gehtraining können
die Beschwerden gelegentlich zunehmen, wenn die Venae perforantes
insuffizient sind, über die sonst das Blut aus den extrafaszialen Venen-
raumen in die tiefen intrafaszialen Leitvenen „abgeschöpft" wird Bei
Fußballern und Radfahrern können die Ausflußbahnen der Wadenmus-
Mensen Venenerkrankungen
nachmittags abends nachts
Ansteigendes Armbad Wassertreten Lendenwickel
Fuß- (Unterschenkel) Wadenwickel Kneipp-Strumpfe
Bad
Wechselarmbad Wassertreten Kurzwickel
Knieguß Wassertreten Kneipp-Strumpfe'
Armbad Wadenwickel Kneipp-Strumpfe'
Luftbad Heusack
Schenkel-Spruhguß Kreuz
Kneipp-Strumpfe
kelvenen durch dauerndes starkes Abbiegen oder Uberstrecken des
Knies verengt und verlegt werden Beim Rudern und Gewichtheben
versagt mitunter der ileofemorale Venenverschluß Durch gleichzeitige
übermäßige Preßwirkung der Bauchmuskulatur kommt es dann zu einem
Ruckstrom des Blutes aus dem Bauchraum Auch andere übermäßige
und einseitig beanspruchende Sportarten wie Reiten, Tennis Volley- und
Basketball sind nicht immer empfehlenswert (14)
Bewegungen, die im Trockenen nachteilig sind, brauchen bei
spezieller Wassergymnastik kaum ausgespart zu werden Glei-
ches gilt für pendelnde und kreiselnde Schwungbewegungen der
Extremitäten, die durch Verlagerung des Blutes in der Peripherie
den oft hypotonen und ohnehin zu orthostatischen Störungen
neigenden Venenkranken im Trockenen auffallend schlecht
bekommen, im Wasser dagegen gut vertragen werden Auch
psychisch entspannt die Wassergymnastik starker als die Trok-
kengymnastik Schönheitsfehler und ungeschickte Bewegungen
fallen dabei nur selten auf Muskel-, Sehnen-, Bander- und
Gelenkkapselzerrungen kommen kaum vor (47)
Die ruckflußfordemde Wirkung zwischengeschalteter Atemübun-
gen mit ausgiebiger Bauch- und Flankenatmung sollte man sich
immer wieder zunutze machen
Durch die Einatmung verringert sich der Druck im Thoraxraum, wahrend
gleichzeitig durch Tiefertreten des Zwerchfelles der Druck im Bauchraum
zunimmt Demnach herrscht auf den Venen im Abdomen ein größerer
Druck als im Thorax mit der Folge eines Druckgefalles in Richtung zum
Herzen was zu einer Beschleunigung des Blutruckflusses im Inspinum
fuhrt (Atemübungen nicht langer als jeweils 30 bis 60 Sekunden')
Umfangreiche Atemgymnastikprogramme erübrigen sich, wenn die
Patienten bei allgemeiner Lockerungsgymnastik und Autogenem Trai-
ning lernen, die Atmung von selbst kommen zu lassen Bauchmuskel-
ubungen sind wichtig, wenn durch schlaffe Bauchdecken das Druckge-
falle zum Herzen niedriger ist, wodurch sich der venöse Ruckfluß ver-
langsamt
Bei dekompensiertem Kreislauf sind Atemübungen und venöse
Ruckflußforderungen komtraindiziert Hier haben widerstandsher-
absetzende Maßnahmeni auf der arteriellen Seite zunächst Vor-
rang (Hauttrockenburstungen, Essigwasserabreibungen, anstei-
gende Arm- und Fußbader, CO 2 -Gasbader (49)
Mit zwischengeschalteten isometrischen Spannungsubungen
beginnt man zunächst am gesunden Bein
Welche Schwerpunktubungen auch immer indiziet sein mögen,
Übertreibungen mit nachfolgendem Muskelkater (Gewebesaue-
rungi) sind dabei von Übel' Ebenso sollten keine Übungen for-
ciert werden, die durch Schmerzen und Zerrungen verschieden-
ster Art ein flankierendes Ausdauertraining vereiteln Weniger
wäre hier mehr gewesen Dauerhafte und alltagsbezogene, kon-
sequent betriebene Minimalprogramme sind besser als perfek-
tionistische Gelegenheits- und Hochstleistungsprogramme
523
 Mensen, Venenerkrankungen
1 BECKENTYP
aj Unterschenkel-Schleudern
Lockeres Knieheben, -beugen und -strek-
ken, wobei die Fußspitzen des anderen
Beines am Boden bleiben Tempo wech-
seln zwischen langsam bis sehr schnell,
abwechselnd re lli Allmählicher Übergang
zu lockerem Traben
b) Beinschwingen
Lockeres Vor- und Ruckwartsschwingen
aus dem Hüftgelenk, frei oder mit Unterstüt-
zung
c) Kniebeugen
Kniebeugen in der üblichen Art, mit Pau-
sen, wenn die Nasenatmung nicht mehr
ausreicht Kein übertriebener Ehrgeiz be-
züglich Häufigkeit und Schnelligkeit
d) Marschieren im Sitzen
Schnell aufeinanderfolgendes Anziehen
des re und dann des li Knies an den
Oberkörper Zwischendurch einmal auch
beide Knie gleichzeitig anziehen Hände
unter dem hochgezogenen Knie zusam-
menklatschen
e) , Luftradeln,, im Sitzen
Oberkörper zunächst schräg nach hinten
Hände auf Bett oder hinteren Hockerrand
stutzen Beim „Radeln" durch entspre-
, chende Drehung und Beugung der Hüften
I quasi Rechts- und Linkskurven einlegen
I Gegen Ende der Übung Oberkörper lang-
i=• sam aufrichten und Vorfuße beim „Radeln"
mit den Sohlen locker auf den Fußboden klatschen bzw bei allmählich
langsamerem „Radeln" den Fußboden streifen („Bremsen")
f) Rudern mit Roll-
sitz und Radeln
EL.
g) „Luftradeln"im Liegen
(kann im Bett ausgeführt werden) Hände
auf das Bett stutzen und Oberkörper etwas
anheben Beine wie beim Radfahren be-
wegen Zusätzlich durch entsprechende
Drehung und Beugung der Hüften Rechts-
und Linkskurven einlegen
Abb 1 Übungen im Stehen (a bis c), Sitzen (d bis f) und Liegen (g) Für Venenkranke mit gleichzeitiger arterieller Verschlußkrankheit sind bei
Beckengefaßverschluß die links abgebildeten und bei Oberschenkelgefaßverschluß die rechts abgebildeten Übungen besonders empfehlenswert
(„Schwerpunktubungen")
524
Phys Med. u Reh 10/80, 21 Jahrg
2 OBERSCHENKELTYP
a) Zehenstandsubung
Beine fest schließen Knie strecken, dann
federndes Fersenheben 30-40mal pro
Minute
b) Fußrollen und -kippen
Aus dem Fußgelenk mit dem Vorderfuß
möglichst große Kreise beschreiben Lok-
kere Bewegungen in beiden Richtungen
Zwischendurch Fuße schnell beugen und
strecken, dazu Greifbewegungen mit den
Zehen
c) Kmelockerungsubung
Lockeres Knieheben und -strecken, wech-
selweise re lli Tempo allmählich steigern,
dann wieder verlangsamen Fußspitzen
bleiben am Boden Bei sehr schnellem
Wechsel erzeugt das Aufstoßen der Hak-
ken auf den Fußboden den Bndruck eines
Trommelwirbels („ Urwaldtrommel")
d) Kreisen der Unterschenkel und Fuße
beim Sitzen Oberschenkel mit verschrank-
ten Händen anheben Lockeres Kreisen
und Pendeln der Unterschenkel aus dem
Kniegelenk, dann Kreiseln und Pendeln
aus dem Fußgelenk (Fußroll- und Kipp-
ubung wie bei b)
e) Fersenheben und -senken
(auf dem Stuhl oder an der Bettkante aus-
fuhren) Zunächst eine, dann beide Fersen
im schnellen Wechsel heben und senken
Dabei müssen die Fußspitzen am Boden
bleiben Anschließend den gesamten Fuß
abwechselnd anheben, im wechselnden
Tempo „trampeln"
f) „Stabrollen"
Mit den Fußsohlen werden Gymnastiksta-
be oder Besenstiele mit möglichst ausgrei-
fenden Bewegungen auf dem Fußboden
hm- und hergerollt Fuß-, Knie- und Hüftge-
lenke werden dabei - teils aktiv, teils pas-
siv - locker bewegt Zwischendurch kön-
nen die Stabe statt mit den Fußsohlen auch
mit Fußinnen- oder Außenkanten hin und
her gerollt werden
g) Kreiseln und Kippen der Fuße im
Liegen
Ratschowsche Fußrollubungen, al-
ternierend mit Kippubungen (vgl bl
d) Anschließend Beine herunter-
hangen lassen
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Zur Hochlagerung der Beine wahrend der Mittagsruhe auf der
Couch, beim Handarbeiten, Lesen usw eignet sich eine kaufliche
Beinstutze Wahrend der Nacht sollen Venenkranke die Beine
grundsatzlich hochlagern
Es genügt nicht, an das Bettfußende eine Kopfkeilmatratze zu legen Bei
gestreckten Beinen wurde dadurch die V poplitea überdehnt und der
Blutruckfluß verschlechtert Werden stattdessen die Beine angezogen,
geht die mit der Hochlagerung bezweckte Wirkung ebenfalls verloren Es
muß deshalb das ganze Bett bzw der Matratzenrahmen am Fußende so
hochgestellt werden, daß eine schiefe Ebene mit einem Neigungswinkel
von wenigstens 15 Grad entsteht Dazu genügt das Einlegen von etwa 10
bis 15 cm hohen Klotzchen oder Keilen Die Kniegelenke werden durch
eine Kissenrolle leicht angewinkelt
3 4 Diät
Zusammenhange zwischen Eßgewohnheiten und Venenerkran-
kungen und entsprechende spezifische Heildiaten sind nicht
bekannt Erwiesen ist nur, daß Übergewicht bei Prädisponierten
r\ Venenerkrankungen begünstigt und die Komplikationsgefahr bei
Thrombosen erhöht Das gilt vor allem für die Lungenembohe, die
in beiden Weltkriegen und den folgenden Hungerjahren seltener
war
Durch Gewichtsreduzierung angestrebte Entlastungen und statische Kor-
rekturen müssen bei Phlebarthrotikern im übrigen oft auch durch Einla-
gen ergänzt werden
Vor dem Hintergrund der bei Venenerkrankungen häufigen
„Harnsaurediathese" (65) und des bei Fastenkuren vorüberge-
hend stark ansteigenden Hamsaurespiegels sind Beobachtun-
— gen von Haid zu werten, daß „Stoffwechselsauerung durch Über-
maß an Fleisch, Fett und Weißmehlprodukten die Erkrankung
von Venen begünstigt" und daß man „bei strengen Fastenkuren,
in deren Verlauf es zu einer Verschiebung des Basen-Saure-
gleichgewichtes zur sauren Seite kommt, immer mal wieder das
Auftreten einer akuten Venenentzündung bemerkt" (25) Eine
Hyperunkamie ist aber nur dann diät- und arzneimittelbedurftig,
wenn die Harnsaurewerte bei mehrfachen Kontrollen trotz
Gewichtsabnahme konstant über 8 bis 9 mg % liegen (vgl 46)
Ob Darmträgheit zu Abflußbehinderungen aus den Beckenvenen fuhrt,
O ist zweifelhaft In der Praxis hat sich aber die Vermeidung von blähender
und stopfender Kost bewahrt Im Beginn akuter Venenthrombosen ist ein
mildes Laxans mit cholagogischer Wirkung vorteilhaft (25)
Außerdem empfiehlt sich Kochsalzemschrankung Nicht umsonst spricht
der Volksmund bei einem nässenden Unterschenkelgeschwur vom
„Salzfluß des Wundsekretes, mit dem sich der Korper von Salz und
Schlackenstoffen zu befreien suche Stark entwassernde Maßnahmen
sind allerdings strikt zu meiden, da Entstehung und Ausbreitung einer
Thrombose durch Eindickung des Blutes gefordert werden
Eine Beschrankung der gefaßbeeinflussenden Substanzen Alko-
hol, Koffein und Nikotin ist auch bei den Venenerkrankungen
anzustreben
3 5 Phytotherapie
Die Phytotherapie venöser Durchblutungsstörungen ist nicht nur
populär, sondern auch gut begrundbar
An der Spitze aller in der Phlebologie diskutierten Phytotherapeu-
tika stehen Roßkastanienextrakte
Eine Linderung subjektiver Beinbeschwerden unter Roßkastanienmedi-
kation wurde schon in .Hufelands Journal von Hahnemann mitgeteilt
Neben lange bekannten entzundungswidrigen und antiodematosen
Eigenschaften des venentonisierenden, die Kapillarresistenz erhöhenden
Mensen, Venenerkrankungen
und die Permeabilität vermindernden sauren Saponingemisches Aescin
werden Roßkastanienflavone und Flavonoide auch wegen ihrer metaboh-
schen Venenwandeffekte für gunstige Wirkungen verantwortlich
gemacht Sie verbessern bei Verminderung der anaeroben Glykolyse
den Nutzeffekt der Kohlehydratverbrennung, die bei Venenerkrankungen
herabgesetzt ist Sie reduzieren außerdem die Laktatbildung und hem-
men die Aktivität elastizitatsmindernder lysosomaler Enzyme, die selbst
bei unkomplizierter Vankosis erhöht ist und bei den verschiedensten
Venenerkrankungen die natürlichen Kollagenstrukturen nachteilig verän-
dert (5, 8, 10, 41, 42) Wahrscheinlich verbessern die vitaminartigen
Flavone und Flavonoide in Folge Stabilisierung der Erythrozytenmembra-
nen und Hemmung der Thrombozytenaggregation auch die Fließeigen-
schaften des Blutes (5, 8,10 22 41, 42)
Die lange Zeit bezweifelte perorale Wirksamkeit von Roßkasta-
nienextrakten wurde inzwischen durch plethysmographische
Untersuchungen, Venentonusmessungen, Messungen der venö-
sen Rucklaufzeit und Langzeit-Doppelbhndversuche objektiviert
(48 u a) In jedem Falle ist aber kurmaßiger Gebrauch in einer
Dosierung von mindestens 300 bis 600 mg Roßkastanienextrakt
pro die erforderlich
Die meisten Venenmittel, forte-" und retard -Präparate eingeschlos-
sen, enthalten pro Dragee oder Kapsel nur 100 bis 300 mg (29)
Uberdosierungserschemungen, die sich bei synthetisierten, che-
mischen Venenmitteln in gleichzeitiger Arterienkonstriktion mit
Blutdruckanstieg äußern, sind bei pflanzlichen Venenmitteln
kaum zu befurchten Ihre therapeutische Breite ist relativ groß
Lediglich nach i v -Applikation wurden bei renal vorgeschadigten Patien-
ten toxische Nierenschaden durch Aescin-Uberdosierung beobachtet
Die von den Herstellern empfohlenen Dosierungen sind deshalb speziell
bei parenteraler Anwendung strikt einzuhalten
Gegenüber den Roßkastanienextrakten sind weitere Phytothera-
peutika mit ähnlichem Wirkungsspektrum von untergeordneter
Bedeutung
Genannt seien in der Reihenfolge ihrer Verwendungshaufigkeit der nord-
amenkanische Zauberstrauch Hamamehs virgimana, der Bergwohlver-
leih Armca montana, die Mariendistel Carduus mananum, der Honigklee
Melilotus officinahs, die Goldrute Solidago vigaurea, der stechende
Mäusedorn Ruscus aculeatus und schließlich das Weinblattextrakt Anto-
cyamn (21, 29, 61) Häufiger erwähnt wird auch das indirekt sympathiko-
mimetische weil parasympathikolytische Besengmsteralkaloid Spartein
(28, 34) Von Honigklee und Goldrutenkraut werden auch Teezubereitun-
gen empfohlen Tee aus Arnikabluten wurde schon von Goethe
geschätzt Wahrscheinlich sind Amikapraparate nicht nur gefaß- sondern
auch herzwirksam Ähnlich wie Crataegus-Praparate erganzen sie durch
Eingriff in den Energiestoffwechsel des muskulären Zwischenzellgewe-
bes die Tätigkeit der klassischen Herzglykoside
Bei Hautvenektasien erreicht man ohne Risiko gleichzeitiger
Arterienverengung eine venentonisierende Wirkung durch Lokal-
behandlung mit digitoxmhaltigen Hautsalben und Losungen Sie
sind im Gegensatz zum Aescin verhältnismäßig hpophil und
deshalb gut resorbierbar Als Hauptindikation gilt die von Öde-
men begleitete Vankosis (8, 22)
3.6 Ergänzende Balneo- und Physiotherapie
3.6.7 Balneotherapie
Badekuren sind bei Venenleiden von untergeordneter Bedeu-
tung, als Teil einer phlebologischen Langzeitbehandlung jedoch
diskutabel
525
 Mensen, Venenerkrankungen
Man erinnere sich immer wieder der vorzuglichen tonisierenden Wirkung
der CO2-Bader" (1, 6, 44) Für die unkomplizierte Vankosis sind außer-
dem lauwarme hypomineralisierte Akratothermen geeignet (6 18) Nicht
zufällig entwickelte Heinrich Fischer, der Altmeister der Phlebologie,
1910 sein therapeutisches Konzept zur Venenbehandlung in Wiesbaden
(zit n 27)
Bei spondylogenen und arthrotischen Überlagerungen sind schmerzlin-
dernde Radonbader zu erwägen (18, 32) Bei Lymphodemen und Pani-
kulose werden Schwefelbader empfohlen (6), wahrend Schwefelsalben
ungunstig sind (15) In Gegenden mit starken Jodquellen sollen Venen-
thrombosen seltener sein (27) Kraftiges Reizklima kann an der Nordsee
oder in fohnfreien Hochgebirgslagen die Kurbehandlung der unkompli-
zierten Vankosis unterstutzen (27)
Längere Anreisestrecken sollten im Liegewagen und notfalls mit banda-
gierten Beinen, nicht aber im selbstgesteuerten Auto zurückgelegt
werden
Oft vermag nur eine kurmaßige Heilbehandlung die richtigen
Weichen für die umfassende und vielschichtige Therapie der
Venenerkrankungen zu stellen Dabei sollten Kombinationen mit
kleinen Kne/pp-Anwendungen gewährleistet sein, wenn eigentli-
che Kne/pp-Kuren nicht realisierbar sind Erst durch das Erlebnis
der guten Bekommlichkeit multifaktoneller Kurmaßnahmen wer-
den viele Beinkranke zur notwendigen Langzeit- und Selbstbe-
handlung motiviert
36 2 Massagen
Sie sind bei Venenleiden problematisch Wir kennen die Throm-
bose als „Massageschreck"
Vom üblichen Repertoire der manuellen Massage kommen unter
Aussparung variköser Bezirke nur leichte Streichungen und vor-
sichtige „ausdruckende" Massagegnffe zur Losung von Myoge-
losen in Frage (23) Bei Phlebarthrosen ist die Bearbeitung
periartikularer Indurationen und paravertebraler Reflexzonen die
Domäne eines guten Heilmasseurs (6)
Burstenmassagen sind nur im Kreuzbereich erlaubt Daß bei
jüngeren Bindegewebsschwachhchen mit orthostatisch beding-
ten „dicken Beinen" und/oder Akrozyanose ausgedehntere Bur-
stungen bei sonst intakter Haut ausnahmsweise erlaubt sein
können, sei hier nochmals erwähnt (1, 2)
Unterwasserstrahlmassagen sind abzulehnen Sie sind bei sen-
sibilisierten Venen „geradezu gefährlich" (14, 15, vgl jedoch
Abschnitt 4 6)
Dagegen wirken Bmdegewebsmassagen im Kreuzbein- und
Lendenbereich nicht nur auf den arteriellen sondern auch auf den
venösen Schenkel gunstig (1, 2, 20, 57) Sie werden im üblichen
„kleinen Aufbau" im Kreuz- und Lendenbereich, vor allem aber
am Beckenkamm durchgeführt Bei gleichzeitiger Obstipation
wird die Sakralgegend bevorzugt Eine von der Begründerin der
Bindegewebsmassage, Frau Dicke, eingeführte spezielle Strich-
fuhrung gilt als „Vanzenstnch' Er beginnt leicht ansetzend im
oberen Drittel des Oberschenkels am äußeren Rand des M
sartonus und endet mit Zug am vorderen Darmbeinstachel (13)
363 Elektrotherapie
Niederfrequente, diadynamische Strome unterstutzen, speziell
bei Beinhochlagerung, den venösen Ruckfluß und wirken ent-
stauend und schmerzlindernd Sie gelten als „außerordentlich
heilungsfordernd" (1, 2, 27) Die Hochfrequenztherapie (Kurz-
wellendiathermie, Mikrowellen) kommt in der Phlebologie nur als
Neuralzonenbehandlung in Betracht (6) Die häufigen Kombina-
526
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
tionen von chronisch-venöser Insuffizienz mit degenerativen
arthrotischen Veränderungen sprechen gut auf das temperatunn-
differente Stangerbad und auf Zwei- und Vierzellenbader an
(2, 60)
364 Sauna
Sie kann unter Beobachtung der Kontraindikationen einmal
wöchentlich gestattet werden (32) Ihre trockene Warme wirkt
nicht so gefaßerschlaffend wie feuchte Warme Die Stromungs-
geschwindigkeit steigt um mehr als das Doppelte an Herumge-
hen im Freiluftbad aktiviert die Muskelpumpe Nachfolgende
Kaltwasseranwendungen gleichen die venöse Tonusminderung
aus Die Saunagange sollen nicht so lange dauern (zwei- bis
dreimal acht bis 12 Minuten)
Die Abkühlung soll nicht zu schwach sein (27) Das Risiko des
Herz-Kreislaufversagens ist gering, wenn Alkohol und Tabak
gemieden und die Regeln des Deutschen Saunabundes beachtet
werden (relative Luftfeuchtigkeit 10 bis 15%, Temperatur 65 bis
95 Grad) Nach Fntzsche, dem Präsidenten des Deutschen Sauna-
bundes, beobachtet man immer wieder, daß im Saunabad Stau-
ungen und Entzundungsneigungen nachlassen und das Hautge-
webe entwassert wird
3.7 Wert und Unwert ergänzender Pharmakotherapie
Eine über die im Abschnitt 3 5 geschilderte Phytotherapie hinaus-
gehende Pharmakotherapie ist bei der unkomplizierten Vankosis
und ihren Vorstadien nicht erforderlich Das gilt sowohl für die
perorale als auch für die Lokalbehandlung Hekatombenweise
werden teure Salben unnutz verschwendet, wo milde Wasseran-
wendungen und leichte Streichmassagen den gleichen Effekt
haben wurden (43)
Sehr starke Venenerweiterungen an den Unterschenkeln,
ebenso große Varizen am Oberschenkel und an den Labien
werden zunächst am erfolgreichsten mit )ege artis durchgeführ-
ten Verodungsinjektionen behandelt (52)
4. Kneipp-Therapie der akuten Variko- und Thrombophlebitis
und ihrer Folgezustände
4 1 Allgemeine Gesichtspunkte
Auch bei der akuten Variko- und Thrombophlebitis sichert nur
eine exakte Diagnose den besten Behandlungserfolg
Die Diagnose der oberflächlichen Phlebitis ist einfach Wenn
ersichtliche lokale Faktoren fehlen, kommen ursächlich Fernwir-
kungen durch Foci, maligne Prozesse und Nikotin in Betracht
Bei jüngeren Patienten kann eine oberflächliche Thrombophlebi-
tis erster Hinweis auf eine Endangiitis obhterans sein
Die tiefe Thrombophlebitis wird oft nicht rechtzeitig erkannt Ihre
Symptome können anfangs geringfügig sein Die Verdachtsdia-
gnose ergibt sich aus den in Abb 2 vermerkten Zeichen Da die
Symptomatik der tiefen Thrombose jedoch unspezifisch ist, weist
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Thrombose Ze chcn
A Igeme nsympiome
P anste gende Pulsfrequenz
/ ^
r V
\
subfebrile Temperatur
/
T bei der oberflächlichen und tiefen Thrombophlebitis, beim postthromboti-
o-vn
Schmerz m Be r
Leslenschme z (Rielander)
beim Husten (Louve)
Druckschmerz im Bere ch
des Adduktcrenkanals
^ratteche Wamvenen
Meyersche Druckpunkte
/ oder Kamille in zehnfacher Verdünnung und spater mit Essigzu-
Wadenschmerz
Fußsoh enschmerz
Payr Druck Ptantarfexon
o Deneke spontan ohneD uck
/
Kul ssendruckschmerz (Bisgaard)
Abb 2 Physikalische Zeichen frischer Thrombosen und Thrombophle-
bitiden (nach Dick und Gross bei R Gross Monatskurse für arztliche
Fortbildung 10, 523 (1965)
die rein klinische Diagnose eine Fehlerquote von 30 bis 50% auf
(43, 64)i Schwerwiegende therapeutische Konsequenzen chirur-
gischer Art oder die Erwägung einer Antikoagulantien-Langzeit-
behandlung erfordern deshalb die Sicherung der Diagnose durch
Phlebographie Sie ist im Gegensatz zu manchen Vorurteilen
sehr risikoarm und technisch einfach (43)
An die sogenannte , latente Phlebitis wird zu wenig gedacht Sie wird
durch diskrete Allgemein- und Laborbefunde, uncharakteristische Bein-
beschwerden, Druckschmerzhaftigkert der Meyerschen Punkte und all-
mähliche Ausbildung von Kompensationsvenen gekennzeichnet und ist
meistens als Fokalherd wirksam (35)
Ein postthrombotisches Syndrom bildet sich nach akuter Throm-
bophlebitis bei unzulänglicher Nachkompression und mangeln-
der Bewegungstherapie umso häufiger aus, je penpherer die
O Thrombose sitzt Dabei sind vor Ausbildung des postthromboti-
schen Syndroms symptomarme Intervalle bis zu fünf Jahren
Dauer möglich (15)
Beim Ulcus cruns bestehen in 15% der Falle auch arterielle
Veränderungen, nach denen gefahndet werden muß (53)
Die Therapie der akuten Venenerkrankungen schrankt die Mög-
lichkeiten zur physikalischen Lokalbehandlung ein, schließt aber
die Anwendung bestimmter kneipptherapeutischer Maßnahmen
keinesfalls aus
Hydro- und Bewegungstherapie unterstutzen neben richtiger
Kompression bei oberflächlicher Thrombophlebitis die Blut-
strombeschleunigung in der Tiefe und verhüten damit ein Fort-
schreiten des thrombophlebitischen Prozesses in Muskel- und
Beckenvenen Dagegen gilt Bettruhe als Kunstfehler, weil sie der
tiefen Thrombophlebitis mit ihrer Embohegefahr Vorschub leistet
Folglich ist richtige Behandlung der oberflächlichen Thrombo-
phlebitis die beste Komplikationsprophylaxe Sie beugt nicht nur
der tiefen Thrombophlebitis mit ihrer erhöhten Embohegefahr
sondern damit zugleich auch der häufigsten Komplikation des
postthrombotischen Syndroms und des fast ausschließlich auf
dem Boden von Begleitodemen entstehenden Uicus cruns vor
Mensen, Venenerkrankungen
60% aller venösen Ulzerationen entstehen nach tiefen Thrombo-
sen (53) i
Was bei der Frühbehandlung der Thrombophlebitis verspielt
(Mah er)
wird, ist spater oft irreparabel1
Nachfolgend werden alle Möglichkeiten, welche Hydro- und Bewegungs-
(Mchaelis) therapie, Diät, Phyto-, Balneo-, Physio- und Pharmakotherapie jeweils
schen Syndrom und beim Ulcus cruns bieten, kurz geschildert
42 Hydrotherapie
Oberflächliche Thrombophlebitis
Bei ihrer Behandlung dominieren neben Teil- und Ganzwaschun-
gen antiphlogistisch wirksame lokale Umschlage und Wickel
Neben Lehmwasser-Wadenwickeln werden Wickel mit Arnika
Zerre ßungsschmerz
satz, je nach Reizzustand der Haut, empfohlen (16)
Immer ist auch bei diesen Anwendungen eine sorgfaltige Beobachtung
der Reaktionsfähigkeit der Gefäße erforderlich Sie kann bei sensibilisier-
ten Venen gesteigert und in anderen Fallen herabgesetzt sein Beides ist
schädlich
Besonders gut haben sich Schlamm-, Lehm- und Quarkwickel
bewahrt Sie kühlen über Stunden besser als feuchte
Umschlage, die zudem den Nachteil haben, besonders bei alte-
ren Menschen die oft atrophische Haut starker zu mazerieren
Gereizte Haut spricht gut aui Buttermtlchwaschungen und Einreibungen
mit reinem Speiseöl z B sehr dünnflüssigem Mais- oder Weizenkeimol,
an Es schmiert nicht und hat durch seinen hohen Gehalt an ungesättig-
ten Fettsauren (Polyensauren) und an A- und E-Vitaminen einen direkten
therapeutischen Einfluß auf die Hautgefaße, vielleicht auch über die Haut
auf den Serumlipidspiegel (16)
Tiefe Thrombophlebitis
Bei tiefer Thrombophlebitis können Ganzwaschungen und Len-
den-Kurzwickel in stündlichen Abstanden zur Fiebersenkung bei-
tragen
Postthrombotisches Syndrom
Für die Behandlung des postthrombotischen Syndroms ist lokale
Hydrotherapie von sekundärer Bedeutung Ist die Haut intakt,
können Waschungen und Gusse zur Verbesserung ihrer Durch-
blutung nützlich sein Fehlen latente Entzundungszeichen, sind
klassische Kne/pp-Gusse zu erwägen Als „hervorragendes Mit-
tel" zur Entstauung und Gewebslockerung gelten in dicker
Schicht angelegte Schlammpackungen (55)
Ulcus cruns
Auf die Bedeutung häufiger, kurzer kalter Fußbäder für Heilung
und Vorbeugung beim Ulcus cruns wies schon Hufeland hin Zur
Lokalbehandlung kommen dabei unter Mullabdeckung feuchte
Schlammpackungen in Betracht, bei nässenden Begleitekzemen
auch trockene Heilerdeumschlage Sie sind besser als Desinfi-
zien und Antibiotika, die den Heilungsprozeß oft mehr hemmen
als fordern (52) Wichtiger als jede Lokalbehandlung ist die
Beseitigung der Stase, ohne die selbst vorübergehende Uber-
hautungen des Ulcus nur ein trügerischer Erfolg sind (20, 52, 53)'
4 3 Bewegungstherapie
Oberflächliche Thrombophlebitis
Bei der oberflächlichen Thrombophlebitis soll auf Umherlaufen
unter richtiger Kompression nur dann verzichtet werden, wenn
529
 Mensen, Venenerkrankungen
Settruhe unvermeidbar ist, etwa bei Fieber oder postoperativen
Zustanden mit Embohegefahr Die Beine werden dann mit Kom-
pressionsverband hochgelagert
liefe Thrombophlebitis
Bei tiefer Thrombophlebitis wird das befallene Bein sofort ruhig-
gestellt Sicherheitshalber ist auch das anscheinend nicht
erkrankte andere Bein bis zum Oberschenkel zu komprimieren
Wegen erhöhter Embohegefahr darf erst nach Abklingen der
aktuen Symptome mobilisiert werden Erst wenn Temperaturen
und Puls eine Woche lang normal sind und kein Venendruck-
schmerz mehr konstatierbar ist, erlaubt man dem Patienten
aufzustehen Dabei ist konsequent weiter zu komprimieren,
wenigstens so lange bis keinerlei Stauungstendenz mehr konsta-
tierbar ist
Postthrombotisches Syndrom
Beim postthrombotischen Syndrom als häufigster Komplikation
sind alle Übungen indiziert, die bereits im Abschnitt 3 3 beschrie-
ben wurden Dabei dürfen Schaumgummikompressionsver-
bande nicht vernachlässigt werden
Ulcus cruns
Ulcera crura entstehen nach Sigg ausschließlich durch Bein-
odeme Sie reinigen sich von selbst, sobald die Ödeme ver-
schwinden Dazu bedarf es unter dem Kompressionsverband
ebenfalls zusätzlicher Schaum- und Gummipolsterungen im
penulzerosen Bereich Bei unausweichlicher Bettruhe ist durch
Mobilisierung vor allem der Fuß- und Sprunggelenke eine künst-
liche Fälligstellung der Muskelpumpe zu vermeiden Gleichzeitig
werden dadurch schmerzbedingte Schon- und Fehlhaltungen
des Fußes korrigiert
Zur Erzeugung einer lang anhaltenden Hyperamie, die nach
Grad und Dauer durch keine andere Maßnahme, auch nicht
durch Medikamente, ersetzt werden kann, sind für die Ulcus-
cruns-Behandlung bestimmte Gymnastikprogramme empfohlen
worden (19,20) lab III gibt dafür ein Beispiel
lab III Der Patient legt sich vor Absolvierung des Gymnastikpro-
gramms auf den Rucken und lagert die Beine etwa zehn Minuten hoch,
um eine Entstauung der Venen herbeizufuhren Bei allen Übungen sind
kleine Pausen einzulegen, in denen besonders auf die Atmung geachtet
wird (nach Groh und Hoffmann)
Hohes Kmeanbeugen - Ablegen des Beines
5x passiv 5x aktiv
Kmeanbeugen - Unterschenkel heben - beugen - ablegen
5x passiv 5x aktiv
Beinkreisen mit Kniebeugung bei Huftbeugung
5x passiv 5x aktiv
Beinkreisen mit Kniestreckung bei Huftstreckung
5x passiv 5x aktiv
Abspreizen - Heranfuhren des gestreckten Beines oder des Knies bei
aufgestelltem Fuß
5x passiv 5x aktiv
Fußkreisen nach beiden Richtungen - Zehenspreizen und -krallen
5- bis 10 x gegen Widerstand
Dorsal- und Plantarflexion des Fußes
maximal und in schneller Folge bis zur Ermüdung
Fuß schnell kreisen
bis zur Ermüdung
530
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
4 4 Diät
Für die Diät gelten bei der akuten Phlebitis und ihren Folgezu-
standen die im Abschnitt 3 4 gegebenen Richtlinien Neben einer
allenfalls erforderlichen Fieberdiat bedingen eventuelle Begleit-
krankheiten und Risikofaktoren spezielle Diäten
4 5 Phytotherapie
flODie im abschließenden Abschnitt 4 7 besprochene Pharma-
kotherapie kann durch die Phytotherapie nicht ersetzt werden
Zur Basisbehandlung und als Adjuvantien haben die im
Abschnitt 3 5 genannten Phytotherapeutika bei der akuten Phle-
bitis und ihren Folgezustanden ihren Wert, speziell in der Nach-
behandlungsphase
4 6 Ergänzende Balneo- und Physiotherapie
Akute Ihrombophlebitis
Balneologische Maßnahmen sind bei der oberflächlichen und
tiefen akuten Phlebitis kontraindiziert Sie kommen frühestens
sechs Wochen nach Ablauf der akuten Erscheinungen in
Betracht Auch danach ist ihre Durchfuhrung eine Erfahrungs-
und Vertrauenssache Nicht wenige Badearzte lehnen Kuren bei
Neigung zu wiederholten thromboembolischen Krankheiten ab
Gelegentlich rezidivieren Phlebitiden erst nach Ablauf der Bade-
kur, so daß sie dem Badearzt unbekannt bleiben (27, 36)
Massagen jeglicher Art sind vor Abklingen aller entzündlichen
Zeichen (BKSi Blutbild') ebenfalls kontraindiziert Eine Aus-
nahme bildet die neuraltherapeutisch wirksame Bindegewebs-
massage (59)
Unter den elektrotherapeutischen Anwendungen hat sich bei
frischen Phlebitiden, die mit starken Schmerzen und Ödemen
einhergehen, die stabile Galvanisation bewahrt Sie tragt zur
Emboheverhutung und Rekanahsierung des Thrombus bei (1, 32,
39)
Parallel zur vermuteten Thrombose werden mit stark angefeuchtetem
Schwammgummi 200 bis 400 cm2 große Zirkelelektroden angelegt Lam-
pen beginnt die Behandlung mit 1 mA und steigert, je nach Schmerzen,
innerhalb zwei bis drei Minuten auf höchstens 30 mA Diese Behandlung
fuhrt man bis zu zehn läge lang täglich für eine halbe bis eine Stunde
durch wobei der Stromfluß alle fünf Minuten kurz unterbrochen wird (40)
Zur Prophylaxe und Behandlung der Infusionsphlebitis wurden
diadynamische Strome nach Bernard empfohlen (39)
In der Chirurgie wirken einfache physikalische Methoden wie
Kompression, Hochlagerung und Fruhaufstehen der gefurchte-
ten intra- und postoperativen Stase und ihren Folgen entgegen
Zusätzlich bewahrt sich bei hochgelagerten Beinen eine vorsich-
tige Elektrogymnastik der Wadenmuskulatur mit Schwellstromen
nach einschleichender Ionisation (32, 50, 60) Bei intermittieren-
der Unterschenkelkompression mit Hilfe eines pneumatischen
Apparates wurde in der Femoralvene eine Steigerung der Maxi-
malstromung um das 60fache gemessen Dabei senkt sich die
Zahl der durch Isotopenuntersuchungen nachweisbaren Throm-
bosen um mehr als das Fünffache Der Ruckgang der Lungen-
emboherate ist entsprechend (3) Eine heftige, nur intraoperativ
durchfuhrbare Elektrostimulation der Waden senkt die Häufigkeit
postoperativer thrombotischer Komplikationen ebenfalls signifi-
kant (VII Fortbildungskongreß für Angiologie, Bad Nauheim
1979)
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Postthrombotisches Syndrom
Im Gegensatz zur akuten Phlebitis ist das postthrombotische
Syndrom eine „Star-Indikation" für die Balneotherapie (2, 6, 55)
Bewahrt haben sich u a zwei- bis dreimal wöchentlich über acht
bis zehn Wochen verordnete Meersalz- und Solebader, wobei
Salzkonzentration und Badedauer allmählich gesteigert werden
Bei der Massage haben sich tagliche, schmerzlose Streichmas-
sagen unter Umgehung thrombosierter Venen (57), ferner appa-
rative synkardiale und gleitende Saugmassagen bewahrt (6)
Die Durchfuhrung kurmaßiger Unterwassermassagen, eventuell
mit Luftbeimengung und nicht über 2 atu, sollte besonders geüb-
ten Bademeistern vorbehalten bleiben Bei kurmaßigem
Gebrauch fuhrt ihre Anwendung über längere Zeit an den befalle-
nen Extremitäten oft zu deutlichen Umfangsminderungen (6, 17)
Bindegewebsmassagen sind nutzlich, wenn sich Verbackungs-
zonen im subkutanen Bindegewebe der Kreuz-Lendengegend
finden (55)
Die bei der akuten Phlebitis beschriebene stabile Galvanisation
o ist beim postthrombotischen Syndrom ebenfalls indiziert (1)
Ulcus cruns
Zur Behandlung des Ulcus cruns bietet sich balneotherapeutisch
„ in hervorragender Weise" die CO2-Gasbehandlung an (1, 55),
eventuell als Dampfdusche (fünf bis zehn Minuten) Heiße Salz-
burstenbader dienen der Hyperamisierung (1,20)
In der Massagetherapie dominiert auch hier die Bindegewebs-
massage (20, 55, 56, 59) Zur Beseitigung einer reflektorischen
Gewebssperre in der indurierten Ulkusumgebung eignen sich
feinste „Subkutis-Faszienbewegungen" nach Temch-Leube
(59) Als „machtigste Methode" der physikalischen Therapie gilt
die intermittierende Biersche Stauung (55)
Für die Wundreinigung und Abschwellung penulzeroser Infiltra-
tionen ist lokale UV-Hohensonnenbestrahlung nützlich, ebenso
Ultraschallbehandlung im Wasserbad (leicht rotierender Schall-
kopf im Abstand von 10 bis 12 cm [1, 6])
Zur dringend erforderlichen Entstauung der Ulkusregion muß die
komprimierende Wirkung von entstauenden Verbanden und kraf-
t! en
9 Kompressionsstrumpfen (siehe Tab M) durch Schaumgum-
mipolster nach Sigg verbessert werden (52,53)
Beim Ulcus cruns vancosum gelingt die Entstauung nicht ohne
Verödung oder operative Ausschaltung der zugrunde hegenden
Varizen
4 7 Notwendige Pharmakotherapie
Auf die Nutzung klinisch erprobter Arzneimittel kann auch der
Kneipp-kvzX nicht verzichten Nicht selten ist jedoch vermeintlich
Erprobtes überflüssig Nach dem derzeitigen Stand der Wissen-
schaft gelten folgende Richtlinien
1 Bei oberflächlicher Phlebitis gibt man Sahzylate und Phenyl-
butazon, speziell bei starken Schmerzen Antibiotika sind nur
gelegentlich wirksam Wenn sich eine Thrombophlebitis als
bakteriell fixiert erweist, (anhaltendes Fieber, anhaltend
beschleunigte BKS, wider Erwarten Entzungungsausbreitung
über den Venenbereich hinaus), ist nach Ablauf etwa eines
halben Jahres besser eine Verödung zu erwägen (56) Anti-
koagulantien sind nur bei drohender Progredienz gerechtfer-
tigt oder wenn sich das betroffene Venensegment in der Nahe
des tiefen Venensystems der Hüfte befindet (27, 37, 64)
Mensen, Venenerkrankungen
2 Bei tiefer Bein- und Beckenvenenthrombose ist nach phlebo-
graphischer Sicherung der Diagnose im akuten Stadium für
einige Tage Soforttherapie mit Streptokmase angezeigt (3, 8,
56, 64)
3 Bis die Thrombosegefahr vorbei ist, müssen anschließend 6
bis 12 Monate lang Antikoagulantien gegeben werden Man
verordnet einleitend Heparin und dann ein Kumannpraparat,
falls keine Kontraindikationen bestehen (15, 43) Nach einem
Jahr haben Antikoagulantien nur noch bei rezidivierenden
Thrombosen einen Sinn (43) Teuere hepannhaltige Venen-
salben erübrigen sich, wenn der Patient sowieso Antikoagu-
lantien bekommt (43)
4 Nur wenn Antikoagulantien kontraindiziert sind, z B bei Blu-
tungsneigung, Hypertonie, Alter, schwerem Leber- und Nie-
renparenchymschaden, mangelnder Kooperation und Interak-
tionen mit unterlaßlichen anderen Arzneien, besteht eine klare
Indikation für Aggregationshemmer (Acetyl-Salizylsaure,
Dipyridamol [30])
5 Beim Ulcus cruns ist eine lokale und parenterale Behandlung
mit deproteinisierten Hamodenvaten aus Kalberblut erwä-
genswert Dagegen kann nicht genug vor kortisonhaltigen
Salben gewarnt werden, welche die Granulation und damit die
Ulkusheilung hemmen Zu warnen ist ebenso vor den belieb-
ten, weil schmerzstillenden karbolhaltigen Salben Unter Kar-
bolsalben heilt ein Ulkus nie zu, sondern wird standig großer
(53)
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Kneipp-Instituts, Zentralarchiv für Physiotherapie Uelzen Medizi-
nisch-üteransche Verlagsgesellschaft mbH 1973, Bad Wonshofen
Verlag Erwin Geyer 1976 und Sebastian-Kneipp-Institut 1979
59 Temch-Leube, H in K Lindemann Lehrbuch der Krankengymnastik
Bd IV Stuttgart Georg Thieme Verlag 1963
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Georg Thieme Verlag 1975
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tes Verlag 1980
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krankheiten Schweiz Med Wschr 97, 102-105 u 107-110
(1967)
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tung von Venenkrankheiten Munch Med Wschr 776,1421-1426
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65 Zicha, K Viszerale Gicht und hyperunkamisches Syndrom Thera-
piewoche 22, 2970-2973 (1972)
Anschrift des Verfassers Ltd LMedDir Dr med H Mensen, Facharzt für
innere Krankheiten, Chefarzt der Kurkhnik Teutoburger Waid der LVA
Hannover, D-4502 Bad Rothenfelde/T W

HE IAIM-LIQUID.
Rein phytologisches Kardiotonicum für die kleine Herztherapie
Crafcaegus-Adonistherapie des Altersherzens
A l t e r s h e r z , c o r o n a r e D u r c h b l u t u n g s s t ö r u n g e n , Apoplexieprophylaxo
Hochdrucklierz.Gastrokard. Syndrom. =•««-•- r r *
In 100 ml Rutin solub 06g Alkohol Auszuge aus Crataegus 37,5g, Adonis,
Visc alb ää 87g Apium grav Auricul ää73g Val 13g Cola 4,3g 30ml DM 6,14
Recorsan-Gesellschaft Grafelfing

534
 Editorial
Meinungsumfragen sind modern , obwohl wir langst wissen,
daß ihre Aussagekraft doch nur eine recht beschrankte ist
Immerhin geben sie gewisse Anhaltspunkte für die jeweils
gegenwartige Meinung eines größeren Personenkreises zu
aktuellen Fragen Solche Meinungsumfragen beziehen sich
heute sehr gern auch auf medizinische Dinge Schon vor
mehreren Jahren hatten mehrfache Umfragen auf dem
Gebiet der Heilkunde ergeben, daß sich die Naturheilmittel
einer über Erwarten großen Beliebtheit erfreuen Neueste
Umfragen bestätigen dies Aus dem Bericht von Frau Prof
Dr Elisabeth Noelle-Neumann über eine Studie des Insti-
tuts für Demoskopie Allensbach bei der Pressekonferenz am
12 Juni 1980 im Haus der Landesvertretung Baden-Würt-
temberg in Bonn geht hervor, daß 41 % der erwachsenen
Bevölkerung aus einer Liste mit acht Themen folgende
O auswählten „Schärfere Kontrolle der Arzneimittel, ob
schädliche Nebenwirkungen auftreten " 36 % der befragten
Erwachsenen finden es als „wichtig", daß es Naturheilmittel
gibt, 14 % sogar als „sehr wichtig" 51 % der Bevölkerung
bezeichnen sich heute als Verwender von Naturheilmitteln
31 % der Erwachsenen antworteten, daß sie in einem eige-
nen Krankheitsfall in ein Krankenhaus gehen wurden, in
dem mit Naturheilmitteln behandelt wird
Besonders aufschlußreich im Hinblick auf die gegenwartigen
Auseinandersetzungen über Wirkungsnachweis und Zulas-
sung von Naturheilmitteln ist die Beantwortung einer weite-
ren Frage Unter den Personen mit Abitur oder Hochschul-
bildung meinen 57 %, Naturheilmittel seien gekennzeichnet
durch eine Wirkung, die sich mit den üblichen experimentel-
len Prufmethoden für chemisch-synthetische Arzneimittel
nicht nachweisen laßt Das zeugt doch von einer erstaunlich
guten Information der Öffentlichkeit Nach wie vor sind
50% der Bevölkerung der Ansicht, über die Zulassung der
Naturheilmittel solle allein aufgrund ärztlicher Erfahrungen
O entschieden •werden und nicht durch experimentelle Wir-
kungsprufungen Soweit hat sich also schon in weitesten
Bevolkerungskreisen die von uns immer wieder und mit
Nachdruck vertretene These durchgesetzt, daß einer wissen-
schaftlich fundierten Empirie eine mindestens ebenso große
Beweiskraft zukomme, wie dem pharmakologischen und
klinischen Experiment
Neuer wissenschaftlicher Beweis für die Homöopathie
Erst unlängst wurde der Homöopathie wieder vorgewofen,
daß sie wissenschaftlich nicht bewiesen sei Diese meist
mehr emotional als „wissenschaftlich" eingestellten Kritiker
müssen es sich nun gefallen lassen, daß der Homöopathie
eine Hilfe von einem der neuesten Zweige der experimentel-
len Wissenschaft kommt, nämlich von der Immunopharma-
kologie und Immunotherapie John W Hadden vom Labo-
ratorium für Immunopharmakologie des Kettering Cancer
Center, New York, berichtet über neueste Versuche, das
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Immunsystem und damit die Abwehrkrafte des Korpers
durch Arzneimittel zu beeinflussen, die er Immunmodulato-
ren nennt, wie Levamisol und Isopnnosin Dabei wurde die
überraschende Beobachtung gemacht, daß die Antigensti
mulation durch solche Substanzen einem Prinzip der Opti
malisation folgt Es besagt, daß sowohl eine geringe als auch
eine exzessive Antigenstimulation zu einem Mißerfolg fuhrt
Als allgemeine Regel ließ sich feststellen, daß die Immuno-
potentiatoren ihren Effekt verlieren, wenn höhere Dosen
verabfolgt werden Im Gegensatz zu anderen Formen der
Chemotherapie ist gerade eine sehr geringe Dosis wirksam,
nicht aber eine höhere Charakteristisch für eine derartige
Wirkung auf das Immunsystem sei es, daß oft Dosen oder
Konzentrationen im Submikrogramm- oder submikromola-
rem Bereich wirksam sind, oder — mit anderen Worten —
daß unter wissenschaftlichen Kriterien die sogenannten
„homöopathischen Dosen" aktiv sind So druckt es der
Autor aus
Hier öffnet sich offensichtlich ein neues Verständnis für die
Wirkungsweise homöopathischer Mittel, das nun auch
strengen wissenschaftlichen Kriterien standhalt Weitere
Untersuchungen auf dem Gebiet der Immunopharmakolo-
gie sind notwendig, so meint der Autor, bevor allgemeine
Prinzipien für die therapeutische Nutzung dieser Ergebnisse
entwickelt werden können Aber die Richtung ist gewiesen
und ein neuer Weg für die Beweisführung geöffnet (Springer
Seminars in Immunopathologie, 2, 35-48 1979)
Stehen Aufwand und Nutzen der Arzneitherapie in
einem adäquaten Verhältnis zueinander?
W Dolle (Tübingen) und K -F Sewvng (Hannover) versu-
chen m einer von ihnen geleiteten Aufsatzreihe zu einer
Bilanz der Resultate des neuen Arzneimittelgesetzes zu
kommen (Internist 21, 301 Nr 6 1980) Sie weisen einlei-
tend darauf hm, daß schon im Griechischen das Wort „Phar-
macon" die Doppelbedeutung „Heilmittel" und „Gift"
hatte Diese Doppelbedeutung sei auch heute noch sachlich
gerechtfertigt Daran habe auch der Erkenntnisstand des
Jahres 1980 nichts geändert Es gilt nach wie vor, daß ein
wirksames Arzneimittel auch unerwünschte Effekte besitzt
und daß es unvermeidbare sowie auch zweifellos vermeid-
bare Risiken bei der Anwendung von Arzneimitteln gebe
Zu fordern sei daher, ein vernünftiges Nutzen-Risiko-Ver-
haltms zu gewahrleisten „Adäquat heißt, daß einem mög-
lichst großen therapeutischen Nutzen ein möglichst geringes
Risiko gegenübersteht " So zu verstehen ist auch die stete
Forderung, daß der Aufwand für die Arzneimittelsicherheit
in einem adäquaten Verhältnis zum Nutzen zu stehen habe
Recht bemerkenswert und beherzigenswert ist dabei die
Forderung, zu der die beiden Autoren abschließend kom-
men „Selbst wenn es durch geeignete gesetzliche Maßnah-
men gelingt, die Arzneimittelsicherheit zu erhohen, dann
gibt es darüber hinaus sicherlich noch weitere Möglichkei-
ten, um dieses Ziel zu erreichen Sobald sich die Erkenntnis
durchgesetzt hat, daß den Patienten in vielen Fallen durch
NichtVerordnung von Arzneimitteln besser geholfen wird
als durch pharmakotherapeutische Polypragmasie, wird sich
die Arzneimittelsicherheit schon dadurch erhohen Der Weg
bis dahin ist allerdings noch weit "
Arztliche Kunst kontra perfektionistische Technik
Ähnliche kritische Gedankengange finden wir im gegenwar
tigen wissenschaftlichen medizinischen Schrifttum immer
häufiger Als Beispiel für viele viele andere seien die Ausfuh
rungen zitiert, die der bekannte Züricher Gastroenterologe
E Hafter kurzlich im Hinblick auf sein Arbeitsgebiet
machte (Schweizer Rundschau Medizin 69 326 331 Nr 10
1980) Die großen Fortschritte der gastroenterologischen
Diagnostik durch Szintigraphie, Ultraschall, Fiberendosko-
pie sowie der Laparoskopie mit Biopsie, so schreibt er,
haben aber auch ihre Schattenseiten Die technischen Unter-
suchungen muten dem Patienten recht unangenehme und
teilweise nicht ungefährliche Belastungen zu, ganz zu
schweigen von dem kaum noch tragbaren Kostenaufwand
Dabei wird der Patient durch Berichte in der Laienpresse
über die Fortschritte der Medizin immer anspruchsvoller
Wörtlich heißt es dann weiter „Die Technik ist im Begriff,
die arztliche Kunst zu ersticken Der Arzt als vaterlicher
Freund und Helfer wird abgelost vom hochspezialisierten
medizinischen Techniker, der sich mehr und mehr für den
statistisch auswertbaren Fall als für den Menschen interes
siert "
Vor allem für den Arzt in der freien Praxis stellt sich fast
täglich die Gewissensfrage, ob er diese aufwendigen und
vielfach lastigen Untersuchungen in Anspruch nehmen soll
und m welchen Fallen er auf sie verzichten kann, ohne eine
Unterlassung zu begehen Eine wesentliche und heute zu
Unrecht stark vernachlässigte Hilfe ist hierbei die Anam
nese Noch immer ist sie die ertragreichste diagnostische
Methode, mit der es in 90 % der Falle gelingt, eine Vermu-
tungsdiagnose zu stellen, meint Hafter Daraus ergibt sich
die Möglichkeit einer Selektion derjenigen Falle, bei denen
zusatzliche Untersuchungen notwendig sind, welche die
Diagnose bestätigen, präzisieren oder widerlegen Damit
werden dem Patienten vielfach Unannehmlichkeiten und
Kosten erspart Freilich braucht eine sorgfaltige Anamnese
Zeit, die heute meist knapp bemessen ist und schlecht hono-
riert wird „Viele der heute oft routinemäßig durchgeführten
Untersuchungen waren nach eingehender Anamnese unnö-
tig Es ist eine traurige und schlechte Medizin, wenn man in
jedem Fall „alles" untersucht "
Umstrittene Rehabilitation
Selbst auf dem Gebiete der Rehabilitation, wie sie heute in
so umfangreichem Maße getrieben wird, mehren sich neuer-
dings kritische Stimmen Das betrifft im besonderen die
II
Rehabilitation nach Herzinfarkt oder zur Prophylaxe des-
selben Darüber hegt bereits ein ausfuhrliches Schrifttum
vor Man beginnt zu fragen, ob sich auch auf diesem Gebiete
der beträchtliche Aufwand im Vergleich mit den Ergebnis-
sen wirklich lohnt Noch wissen wir nicht, entgegen vielen
anderslautenden Berichten, ob die frühzeitige Mobilisierung
des Patienten nach dem Herzinfarkt in der Lage ist, den
naturlichen Krankheitsverlauf zu andern und die Ausbil
düng koronarer Kollateralen zu fordern Der weitere Ver
lauf scheint in erster Linie abhangig zu sein von einer
Progression des zugrundeliegenden artenosklerostischen
Prozesses Nicht für alle Patienten sei eine solche Rehabilita-
tion nach dem Herzinfarkt zuträglich, schreibt N K Wenger
von der Emory Universität in Atlanta, USA (Journal Ameri-
can Med Ass,242 2879 Nr 26 1979)
R Buchwalsky (Schuchtermann-Kl, Bad Rothenfelde)
äußert sich zu der gleichen Frage folgendermaßen „Nach 20
Jahren Bewegungstherapie in der Herzinfarktrehabihtation
fehlt aber bis heute eine randomisierte prospektive Studie,
die den statistischen Beweis für einen lebensverlangernden
Effekt des körperlichen Trainings liefern wurde Bis heute
haben wir keine Hinweise dafür, daß die Bewegungstherapie
die Myokardfunktion, die koronare Durchblutung und die
Kollateralartenenentwicklung gunstig beeinflußt " (Thera-
piewoche 30 1388 Nr 9 1980)
Sehr aufschlußreich und beherzigenswert ist dasjenige, was
der fuhrende Rehabilitationskhniker Prof Halhuber (Klinik
Hohenned am Starnberger See) dazu meint Er weist darauf
hin, daß Rehabilitation nicht allein Bewegungstherapie oder
„Training" sei Sie müsse vielmehr so umfassend wie mög-
lich (as comprehensive as possible) durchgeführt werden
„Das häufigste Mißverständnis der Rehabilitation ist ihre
Gleichsetzung mit der Bewegungstherapie und hier meistens
wiederum mit einer einseitigen und unkntsch betriebenen
Bewegungstherapie durch monomane sportmedizinische
Fanatiker Deshalb wurde vor einem „Traimngskult"
gewarnt Rehabilitation ist jedoch nicht die alte „passive
Badekur" und sie ist nicht möglich ohne dauernde arztliche
Fuhrung Nachdem sich „Coronarclubs" und „Interessen-
verbande" entwickelt haben, muß vor Fehlentwicklungen in
Hinblick auf Geschäftemacher« gewarnt werden " (Thera-
piewoche 30 Nr 9 1980)
Auf den verschiedensten Gebieten der Medizin, die bislang
als unumstößlich gesicherte wissenschaftliche Tatsachen gal
ten, ist in derart deutlich erkennbarer Weise Bewegung
gekommen Man nimmt nicht mehr alles kritiklos hm, was
bisher als „wissenschaftlich exaktes Ergebnis" galt Prof
Hans Schafer, der durch seine kritischen Worte zum heuti-
gen Medizinbetrieb bestens bekannte Heidelberger Sozial-
mediziner, spricht geradezu von einer Arroganz der heuti
gen Medizin, die z B keine Kenntnis von den Heilerfolgen
des Außenseiters nimmt Diese Arroganz werde insbeson-
dere von der Öffentlichkeit heute zunehmend kritisch
betrachtet Das erklart auch die eingangs erwähnte Hoch
Schätzung der Naturheilkunde und ihrer Behandlungsme-
thoden in weitesten Kreisen gerade der gebildeten Bevölke-
rung In dieser Situation wird es um so mehr unsere Aufgabe
im Zentralverband sein, diesen Anforderungen gerecht zu
werden und einen kritischen Maßstab auch an uns selbst und
unsere Methoden anzulegen
RF Weiß
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
 Aus dem Verbandsleben

leitete er die „gymnastische Abteilung". Sein Lebenslauf ist

inhaltsvoll und führt über die Luneburger Heide nach Ber-
lin, Marburg, Freiburg und Freudenstadt, überall Spuren
hinterlassend, ob in der Sportmedizin, in Bewegungsthera-
pie, als Lehrer für Bewegung, Massage oder Gymnastik.
Dabei blieb er nie im Äußeren stecken, die Biologie der
Nachruf Leibesübungen war zusammen mit Anatomen, Physiologen
und Klinikern wesentliches Arbeitsgebiet. Veröffentlichun-
gen, Bucher, Vereinsgründungen, Befruchtung der echten,
Professor Dr. med. vorwiegend noch nach V. Pneßnitz ausgerichteten Metho-
W. Kohlrausch, den auf dem Kongreß der Arzte für Naturheilverfahren, eng
Facharzt für verbunden dem Peter-Beckmann-Kreis, den Kuranstalten
Bewegungstherapie, für Bewegungstherapie als ganzheitliche Methode, blieb er
20. Dezember 1889- bis in jüngste Zeit geachteter Lehrer für uns. Freilich war
7. August 1980, auch seine Habilitationsarbeit eine Darstellung aus der
starb nach einem langen arbeitsreichen und erfolgreichen Sportmedizin. Wiederbelebung und Lebensrettung wurden
Leben und hinterlaßt uns, seinem weiten Schülerkreis, bearbeitet, weshalb er Ehrenmitglied der Deutschen Lebens-
unendlich viel an Kenntnissen und Fertigkeiten. Er wurde rettungsgesellschaft war. Noch im Zweiten Weltkrieg leitete
mit vielen Laudationes hoch geehrt, so mit der Ruhemann- er ein Lazarett für Nerven-Schußverletzte mit seinen
Plakette, dem Bundesverdienstkreuz, der Hufeland-Pla- Methoden und wurde 1941 erster deutscher Ordinarius für
kette, der Ferdinand-August-Schmidt-Plakette vom Deut- Bewegungstherapie und physikalische Therapie in Straß-
schen Sportärztebund. Es war nicht nur für Freudenstadt burg. Seit 1954 leitete er das Sanatorium Hohenfreuden-
eine sehr wesentliche Persönlichkeit, wie beim Entwurf und stadt, woher und wo unsere Generation und ursere Schuler
Bau des Kurmittelhauses, wobei ich mit ihm zusammen tätig ihn auch aus Fortbildungskursen kennen.
sein durfte, sondern er entwickelte die Bewegungstherapie,
die heute aus keinem Kurbetrieb wegzudenken ist. Wir sind
heute arztlich derart dieser Therapie verbunden, daß Bewe-
gungstherapie nicht nur im Rahmen der natürlichen Heil-
weisen, sondern überall wo Prävention und Rehabilitation
betrieben werden. Bewegungstherapie wird im Sinne seines
Vorgängers Dr. Gmehn, der die „Freudenstädter Kur" so
benannte, und vor allem in der von W. Kohlrausch ausge-
bauten Form angewandt.
Nicht nur Krankengymnastik, sondern jede Kurgymnastik
geht auf ihn zurück. Kohlrausch bildete seit über 40 Jahren
Krankengymnastinnen aus. Er vertiefte die Bindegewebe-
massage als Segmenttherapie nach den wichtigen Vorarbei-
ten von Frau. Dr. Teinch-Leube und Frau Dike in den
ärztlichen Therapieschatz. Diese Therapieform ist sowenig
wegzudenken wie die Arbeit mit den Paraplegikern, den
spastisch Gelahmten und Versehrten. Golf und andere
Sportarten betrieb er selbst. Zur Bewegungstherapie gehö-
ren nach seiner Lehre Leichtathletik, Tennis, Schwimmen,
Reiten, Skilaufen, auch Langlauf und Schlittschuhlaufen je
nach Belastungsmoglichkeiten und trainierend, steigernd. Er
hatte die Bewegung bereits vom Vater gelernt, denn dieser
Gymnasialprofessor lehrte Mathematik, Physik und Leibes-
übungen. Niemandem konnte er weh tun, sondern nur
helfen. So war er in der Jagd Ornithologe und Heger. Auch
in der Medizin war er Beobachter und zeitnaher Therapeut.
Duoventrin MAGEN PULVER
Dies weist schon der Titel seiner Promotionsarbeit aus:
„Erkältungskrankheiten unter dem Gesichtspunkt des Krie- Hyperacide gastro-duodenale Erkrankungen.
Funktionelle, nervöse Magenbeschwerden.
ges." Er war Schuler von Prof. Bier, dem die natürlichen Jahrzehnte bewährt.
Behandlungsweisen auch am Herzen lagen. In seiner Klinik
Zusammensetzung: Bism. subnitrio. 8g, Semen Linl 40g,
Sacch Lact. ad10Og.
Kontramdikatiotv. keine 100g 500g
Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. ARZNEIEN ERNST SCHWÖRER • PHARMAZ FABRIK 6901 WIESENBACH
Und endlich darf gesagt werden, daß er für seine Familie zu verbitten und seinen Abschied von dieser heiß geliebten
und uns alle Vorbild war in Menschlichkeit, treuer Pflichter- schonen Erde mit Hörnerklang blasen zu lassen So wirkt es
füllung und steter Helfer für den Nächsten Wolfgang Kohl- wie ein Symbolon, daß sein medizinisches Lebenswerk dem
rausch gehört zu den großen medizinischen Forschern und Elixier Sauerstoff in seiner potenzierten Form, nämlich dem
Ärzten Wir werden sein Andenken behalten und rufen ihm Ozon galt und nach seinem Wunsch und Willen im Auftrag
nach, daß wir seine Gedanken an künftige Arztegeneratio- an seine Lebenskameradin in einer Stiftung mit gleicher
nen weitergeben werden Er wird uns unvergessen bleiben Zielsetzung weitergetragen werden soll
Dr med Wolf gang von Nathusius Der äußere Lebensgang des Forschers, Arztes und Lebens
Arzt für Naturheilverfahren kunstlers Hans Wolff ist wie bei so vielen Kollegen unserer
Arzt für innere Krankheiten Generation vom Zweiten Weltkrieg mitgezeichnet Hans
Wolff wurde am 4 April 1924 in Stentsch im Kreis Zul-
Hans Wolff f - es lebe das Leben! hchau-Schwiebusch in Westpreußen geboren Die Vor
schule besuchte er in Rothenburg in Schlesien, das Gymna-
Auf den Spuren Erwin Payrs hat Hans Wolff den Weg zum sium in Grunberg-Schlesien, wo er 1941 das Matur erhielt
Ozon angetreten Der ihm freundschaftlich verbundene Über den Arbeitsdienst ging der Weg zur Wehrmacht, die
ihn zum Studienurlaub an die Medizinische Fakultät in
Rezensent ging den gleichen Weg und lernte 1930 bei Erwin
Breslau freistellte Der Oberleutnant der Reserve Hans
Payr, dem unvergeßlichen Grazer Original, der einer ganzen
Wolff geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft Nach
Chirurgengeneration als Odinarms für Chirurgie an der
der Entlassung konnte Hans Wolff seine Studien an der
Universität Leipzig den dynamischen Gebrauch des Skal-
Universität Frankfurt/M fortsetzen An der Johann-Wolf-
pells beigebracht hat, den Aufgang der Ozonforschung ken-
gang-Goethe-Umversitat erreichte er den legalen Studienab-
nen unter dem Motto Was Sauerstoff nicht kann, vermag
schluß im Staatsexamen im März 1951 und anschließend die
Ozon — War es Zufall, daß er ein Jahr spater (1931) bei
Approbation Seine Assistenzjahre verbrachte er an Frank-
August Bier in dessen Hauptkolleg in die Hahnemannsche furter Universitätskliniken Am 15 Mai 1953 ließ er sich in
Homöopathie eingeführt wurde' Hans Wolff ist es in recht Frankfurt als praktischer Arzt nieder und praktizierte dort
jungen Jahren ahnlich ergangen, und so war eines Tages bis zu seinem Tode am 22 Juli 1980 Am 2 November 1979
nach dem Goethe-Gesetz der Wahlverwandtschaften unsere folgte er einem Ruf der Franzisko-Marroquin-Umversitat in
Begegnung fällig Es ist charakteristisch für den zu unser Guatemala-City als Gastprofessor
aller Überraschung, Konsternation und Trauer so plötzlich
aus unseren Reihen abberufenen Hans Wolff, sich testamen- Wer das Lebenswerk Hans Wolffs mit einem Blick erfassen
tarisch das Tragen von Trauerkleidern bei seiner Beisetzung will, hat es verhältnismäßig einfach, indem er das kompen-
dial verfaßte Buch „Das medizinische Ozon Therapeutische
Anwendungen", 1979 in Heidelberg bei Dr Ewald Fischer
verlegt, in die Hand nimmt und studiert Man konnte es
überschreiben ein Arztleben für Ozon Was hier an Mate-
rial, Forschung, Empirie zum Thema Sauerstoff-Ozon in
unermüdlicher Fleißarbeit und kampferischer Durchdrin-
gung der Materie in standiger heißer Diskussion mit der
retardierenden Orthodoxie der Umversitatsmedizin auf 584
o o o
Seiten zusammengetragen und mit 520 wissenschaftlichen
-3 "3 t\ O Arbeiten im Text belegt wurde, kennzeichnet den Geist
Hans Wolffs in einmaliger Manier Die Materie dieses
Buches hat er in Hunderten von Vortragen und Kursen im
In- und Ausland in Wolffscher Sprache und Gestik in stets
überfüllten Hörsälen interpretiert und dabei seinen lebens-
ors ch:nften

M
o bejahenden Humor und seinen Optimismus in mitreißender
u Sprache untergemischt Den Tenor seines erfolgsgesegneten
lae) enth alt rei

Arbeitsiebens aber gaben seine streng wissenschaftliche kri-

P> tische Grundeinstellung und seine heiße Liebe zum Arztbe-
Ein fachi

ruf ab, die er in einer Superpraxis an viele Tausende dank-

oll

bare Patienten verströmte

itis

3 G
Die aber, die von ihm lernten, mögen sich aus Dankbarkeit
J9 zusammenschließen, um sein Werk zu erhalten, zu fordern
o <u

rt ö PH w w und zu verbreiten im Rahmen jener klassischen empirisch

c o rt
VI
o -o ja
C
J3 wissenschaftlichen Naturheilkunde, die eben wieder
t rad Pr:imul;

t rad Pr;imul;
wurzel ( Radi

- bis 3stuindhc
sxpektonleren

rt
•Ö -3
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bekämpft wird wie zu Beginn der Arbeit Hans Wolffs vor 30
- bis 3stui
urzel b
ept des

Jahren, damit sie zu jener Synthese mit der Orthodoxie

r Ammo
thaeae

thaeae

gelange, die die von Zivilisationskrankheiten zerrüttete

Gesundheit einer schwer angeschlagenen Industrienation für
N o o o die kommenden Generationen zur Heilung und zum Heil
U P a o << <]
S u C/3 o
u er LH
benotigt Dafür hat Hans Wolff über sein Grab hinaus
ß o Q Q Q •J Q
originale leuchtende Signale gesetzt
Prii

Broi
Die

OH OH
Q P=i Prof Herbert Warning, Saarbrücken

Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg

 u.E. Hasier Neuraltherapie und Akupunktur
Zusammenfassung
Die Verfahren der Akupunktur und der Neuraltherapie
haben viel Gemeinsames. Neurochemie, Neurophysio-
logie und Kybernetik verhelfen zur Erklärung der Wirk-
samkeit. Der Autor verwendet als Akupunkturtherapie
gerne die Betrachtungsweise von Heribert Schmidt
aus seinem kurzlich erschienenen Buch im Hippokra-
tes-Verlag: Die Akupunkturtherapie nach der chinesi-
schen Typenlehre. Bei der Konsultation verwendet er
wenige Nadeln und appliziert spater in der gleichen
Sitzung die entsprechende Neuraltherapie, individuell
je nach Krankheitsbild im Segmentbereich oder zur
Ausschaltung eines eventuellen Storfeldes.
Summary
O The treatments with acupuncture and neural therapy
have much in common. Neurochemistry, neurophy-
siology and cybernefics help to explain their effi-
ciency. As base of the acupuncture treatment the
author utilizes the view of Heribert Schmidt according
to his recently published book, "The acupuncture
therapy according to the Chinese typology". In consul-
tation he is using only a few needles and later — during
the same consultation - the appropriate neural-
therapy, individually chosen, in accordance with the
clinical picture in the segmental area or to the exclu-
sion of a possible field of disturbance.
Wir sind Arzte Vor Jahren und Jahrzehnten haben wir uns dem
Studium der Medizin zugewandt, weil wir in uns eine übergroße
Neigung verspurten, dem Patienten einerseits seine gesundheit-
lichen Beschwerden verringern zu wollen, oder wenn immer
O möglich auszulöschen und andererseits die Krankheiten insge-
samt besser bekämpfen zu können In langjährigem Studium
wurden uns Patienten aller Schweregrade vorgestellt, wir lernten
Lehrbuch über Lehrbuch, und nach bestandenem Staatsexamen
verfugten wir über ein ansehnliches Wissen in vielen Bereichen
der modernen Medizin Theoretisch konnten wir eigentlich fast
alle Krankheitsfälle in ein Diagnoseschema einordnen und die
Diskussion der verschiedenen in Betracht kommenden Differenti-
aldiagnosen war eine interessante Beschäftigung Nach Stellung
der bestmöglichen wissenschaftlichen Diagnose wurde das von
Professoren und Pharmaindustrie empfohlene Medikament ver-
ordnet In einem ansehnlichen prozentualen Anteil half diese
Therapie, und wir waren mit uns und der Wissenschaft zufrieden
Jedoch in einem ebenfalls ansehnlichen Anteil verschwanden die
geklagten Beschwerden nicht oder nur ungenügend, ja des öfte-
ren traten noch neue Beschwerden hinzu wegen Unverträglich-
keit des verordneten Mittels
Jetzt wurde gewechselt In unserem Denkschema ordneten wir
den Patienten einer anderen Differentialdiagnose zu und ver-
schrieben ein anderes Medikament Wiederum erlebten wir das-
selbe Beim Patienten A half die Veränderung, beim Patienten B
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
blieben die Symptome bestehen, und beim Patienten C zeigte
steh eine Verschlimmerung wegen der Unverträglichkeit Dieser
Kreis kann sich etliche Male wiederholen Wer ist schuld am
fatalen Mißgeschick? War die Diagnose doch wohl nicht richtig
gestellt? Dann müssen Tests und Untersuchungen nachgeholt
werden, beim Rontgenologen eventuell Schichtaufnahmen, aus
dem Labor bessere Analysen von Blut- und Enzymstatus, vom
Zytologen eventuell Biopsie
Falls die Krankheit weiterhin trotzt und nicht weichen will - und
das, obschon nun stark wirkende Pharmaka wie Antibiotika,
Kortison und Psychopharmaka eingesetzt werden — dann ver-
mutet man bei negativen pathologischen Befanden, daß
irgendwo eine psychische Störung vorhanden sein müsse und
man konsultiert den Psychiater oder Psychosomatiker
Als ich nach dem Staatsexamen im fünften Assistentenjahr auf
der medizinischen Abteilung war und jeweils die Schlußberichte
an die einweisenden Arzte verfassen mußte, fiel es mir unange-
nehm auf, wie oft ich eigentlich schrieb, daß wir trotz allen
Durchuntersuchungen keinen pathologischen Befund diagnosti-
zierten, der die geklagten Beschwerden erklaren wurde Das war
der Grund, daß ich mich in der Krankenbehandlung nach ande-
ren Möglichkeiten umsah Im großen Sammeltopf der sogenann-
ten Naturheilverfahren entdeckte ich einige Heilmethoden die
mir diesen Wunsch besser zu erfüllen schienen Ich besuchte
Tagungen und Kurse und lernte im Postgraduate development
eine andere Betrachtungsweise für die Krankenbehandlung ken-
nen, welche sich nach meiner Meinung vorteilhaft mit der bisheri-
gen wissenschaftlichen Krankheitstheorie und Therapie verbin-
den laßt
Kombination von zwei Verfahren
Über die Kombination von zwei dieser Verfahren moünte ich
heute zu Ihnen sprechen die gut synergistisch angewendet
werden können Dies ist die Akupunktur und die Neuraltherapie
mit lokalanasthetisch wirkenden Medikamenten
Unsere Zeitgenossen sind oftmals der irrigen Ansicht, daß die
Akupunktur erst in den letzten Jahren Einzug in Europa gehalten
hatte Die Methode wurde aber schon im Jahre 1683 und 1735 im
Westen durchgeführt Ein franzosischer Arzt hat im Jahre 1826
ein Buch über seine Akupunkturerfahrungen herausgegeben,
und in der Folge erlebte diese Methode schon damals eine
gewisse Verbreitung in Frankreich, England Deutschland, Ruß-
land Allmählich wurde die Ausübung der Akupunktur in Europa
wieder fallengelassen Der Grund war vermutlich der, daß zahl-
reiche Praktiker die Methode verwenden wollten, ohne sie wirk-
lich zu kennen Außerdem besaß man keine rationale Basis,
welche die Therapie erklaren konnte, und auch die wissenschaft-
lichen Grundlagen fehlten
Um zu verhindern, daß der Ausübung wieder ein ähnliches
Schicksal wie etwa vor hundert Jahren bereitet wird, nämlich,
daß die Methode versandet und vergessen wird, sollte sie dies-
mal - so hoffe ich wenigstens - , in den Rahmen der westlichen
Medizin integriert werden
539
 Hasler Neuraltherapie und Akupunktur
Beweise für die Wirksamkeit der Akupunktur
Es bestehen genügend Beweise über die Wirksamkeit der Aku-
punktur Mit elektrischen Geraten kann man die Realexistenz der
einzelnen Punkte nachweisen Man kann auch humorale Verän-
derungen in reproduzierbaren Versuchen dokumentieren, so
stellte sich bei der Blutchemie ein Abfallen der Serum-Tnglyce-
nde, wie auch der Serum-Phosphohpide ein, dazu ein Ansteigen
der Alpha-1-Globuhne Prof Gomirato, Direktor der Universitäts-
klinik für Neurologie in Pisa, berichtete auch als Akupunkturwir-
kungen besonders humorale Effekte, die für die Wirkung von
ACTH charakterisiert sind Bei den Untersuchungen, wo man den
analgetischen Effekt bei Operationen beweisen wollte entdeckte
man nach Nadelung das Freiwerden von sogenannten Endorphi-
nen, das heißt, eine Gruppe endogener Substanzen, die die
gleichen pharmakologischen Eigenschaften, nämlich analgeti-
sche und euphorisierende besitzen wie das Morphin
Die Strukturen der Encephahne sind als Pohpeptide oder auch
isoliert entdeckt worden Viele Versuche zeigen den Forschern,
daß die Encephahne Neurotransmitter von bestimmten nervalen
Systemen im Gehirn sind, die die Integration von sensorischen
Informationen, welche Schmerz und emotionelles Verhalten
bestimmen, vermitteln Demzufolge kann man nicht mehr daran
zweifeln, daß die Akupunktur tatsächliche nachweisbare Verän-
derungen bewirken kann
Es freut mich außerordentlich, daß es eine spezielle Grundlagen-
forschung gibt, welche uns hilft, die ausgeübte Akupunkturthera-
pie besser zu verstehen und demzufolge besser anzuwenden Je
mehr wir über die Gesetzmäßigkeiten wissen, desto mehr wer-
den wir eine gezielte und erfolgreiche Akupunktur betreiben Es
gibt keine gesetzlosen Zustande, die manches Geschehen ein-
fach dem sogenannten Zufall überlassen
Biokybernetik
Sowohl für die jetzt besprochene Akupunktur, wie für die spater
erwähnte Neuraltherapie, ist die Biokybernetik wichtig Vor zwei
Jahren sprach hier in Freudenstadt Dozent Dr Bergsmann über
die Biokybernetik und Neuraltherapie, ich empfehle das Nachle-
sen des damaligen Vortrages Bei der Kybernetik fragen wir uns
Wie funktioniert ein System' Wre muß tch bestimmte Elemente
schalten, um eine bestimmte Leistung zu erzielen? Es handelt
sich hier eigentlich nicht so sehr um Fragen stofflicher Natur,
sondern mehr um Information Man kommt so zu Hypothesen,
was im Innern passiert
In der Peripherie finden wir Steuerung durch die afferenten und
efferenten Nervenfasern, dann kommt noch eine Regelung in
Abschnitten des ZNS dazu So bekommen wir Verständnis für
eine Ruckkoppelung oder einen Regelkreis
Früher haben wir in naturheilenschen Kreisen gerne vom „inne-
ren Arzt" gesprochen, Paracelsus nannte dasselbe die „Entele-
chie" Die Gedankengange der Kybernetik lassen uns einige
Grundlagen herauskristallisieren, die dieser in uns wohnende
Arzt besitzt So befindet sich in lebenden Organismen eine
540
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
Eigenschaft, physiologische Großen in zulassigen Grenzen kon-
stant zu halten Dies geschieht durch Regelung dieser Großen in
einfachen oder vermischten Regelkreisen Das Prinzip der Öko-
nomie fordert optimale Bedarfsdeckung auf kürzestem Weg und
mit geringem Energieaufwand Alle Lebensvorgange unterliegen
einer Regelung, die in kreisförmigen Wirkungsgefugen, den
Regelkreisen, vor sich geht Die Regelkreise des menschlichen
Organismus sind durch dauernden Informationsaustausch mit-
einander verbunden
Wiederum Bergsmann konnte beweisen, daß zwischen einem
bestimmten Organ und bestimmten Akupunkturpunkten eine
zweifeisfreie Beziehung besteht Bei Erkrankung eines Organs
fand er die ihm zugeordneten Punkte signifikant verändert
Akupunktur als gezielte Regulationstherapie
Nachdem also schon manche Tatsachen in wissenschaftlicher
Grundlagenforschung erörtert wurden, ist die Anwendung der
Akupunktur eine sinnvolle Möglichkeit für eine gezielte Regula-
tionstherapie Es gibt verschiedene Akupunkturschulen mit etli-
chen Meinungsverschiedenheiten untereinander Die Zukunft
wird beweisen, welches Verfahren von einem bestimmten Arzt an
einem bestimmten Patienten am meisten Hilfe bringen kann Ich
neige am meisten zu den Ansichten des Heribert Schmidt, von
dem kürzlich ein Buch über die Akupunkturtherapie nach der
chinesischen Typenlehre im Hippokrates-Verlag erschienen ist
Dies soll keinesfalls heißen, daß eine Ausschließlichkeit besteht
und nach meiner Meinung etwa nur allein diese klassische Aku-
punkturlehre zum Erfolg fuhren könne Vielleicht aber besteht
eine uns jetzt noch unbekannte Gesetzmäßigkeit dann, daß ein
uns zusagendes Heilverfahren beim Patienten bessere Resultate
zeigen wird, wenn es mit einer gewissen inneren Leidenschaft-
lichkeit, einem besonderen Vertrauen und Zutrauen und einer Art
von wirklicher Liebe gegenüber dem Patienten verabreicht wird
Das wurde dann dem unbekannten Faktor XY zuzuschreiben
sein, welcher in der Interaktion zwischen Lebewesen bestimmt
existiert, dessen wahre Natur aber noch weitgehend unbekannt
und unerforscht ist
Die klassische Akupunktur besteht aus empirischen Erfahrungen
und baut auf begründete Hypothesen auf Sicherlich wird die
wissenschaftliche Durchleuchtung bei dieser Disziplin hier und
dort notwendige Abstriche erforderlich machen, die wir auch
gerne zum Wohle unseres Kranken durchfuhren Wir wollen uns
ja stetig weiterentwickeln, und das Bessere soll das Gute ablo-
sen Ein altes chinesisches Sprichwort besagt „Jeder Mensch ist
auf seine eigene Weise krank Der kluge Arzt richtet sich danach
in seiner Therapie " Wir mochten den Patienten in seiner beson-
deren Art des Krankseins erkennen So können wir schließlich
eine Individualdiagnose stellen und eine Individualtherapie
durchfuhren In seinen Kursen und Vortragen lehrt uns Heribert
Schmidt, daß die konstitutionelle Betrachtungsweise der Schlüs-
sel zum Verstehen der Akupunktur in einer alten überlieferten
Lehre ist
Jeder Mensch hat seine eigene Krankheit und die Symptombilder
ergeben zusammen das Krankheitsbild \n diesem Zusammen-
 Phys Med u Reh 10/80,21 Jahrg
hang erinnere ich Sie an die Krankheitsbilder der Homöopathie
Die Krankheitsbilder haben den Namen von Meridianen, weil sie
körperliche Veränderungen im Verlauf der Meridiane zeigen
Oftmals kann man dort Veränderungen in der Beschaffenheit der
Haut nachweisen Man lernt also, den Patienten zu betrachten
und zu betasten In der Akupunktur haben wir ein Polantatspnn-
zip Innen - außen, rechts - links, oben - unten, Yin - Yang,
Energie - Blut Krankheit beruht nach traditioneller Akupunktur-
auffassung auf einer Störung des Yin - Yang - des Gleichge-
wichts im Korper-, auf einer Energieverlagerung von einem
Yang-Teil des Korpers nach einem Ym-Teil und umgekehrt
Dem chinesischen Krankheitsbegriff hegt das Ganzheitsprinzip
des menschlichen Organismus zugrunde Jede Veränderung
eines Einzelteiles durch schädliche Einwirkungen von innen oder
außen fuhrt zu einer Störung der Gesamtordnung und diese
wiederum zum Auftreten von Krankheitserscheinungen in ande-
ren Korperabschnitten Die Therapie mochte eine Harmonisie-
_ rung und Wiederherstellung des gesunden Gleichgewichts errei-
v chen
Ich habe vorhin die Kybernetik erwähnt mit den Regelkreisen, die
im menschlichen Organismus einen dauernden Informationsaus-
tausch durchfuhren Das ist meiner Meinung nach die Erklärung,
wieso ein Nadelstich am richtigen Ort einen heilenden Einfluß auf
den Gesamtorganismus bewirken kann
Durchfuhrung der Kombinationstherapie
Wenn ich die Akupunktur mit der spater zu erwähnenden Neural-
therapie kombiniere, verabreiche ich nur wenige Nadeln Es ist
wohl wirksamer, wenige oder nur eine Nadel am richtigen Ort zu
setzen, als viele, weil sie, am eventuell falschen Ort gesetzt, die
positive Wirkung beeinträchtigen oder sogar aufheben können
In der Akupunktur haben wir die objektiven Veränderungen an
O der Korperoberflache, an der Beschaffenheit der Bauchdecke,
dem verschiedenartigen Puls und auf den gefundenen Druck-
punkten auf den Meridianen Die Gesamtschau ermöglicht uns
die Einordnung des Patienten in ein Schema, wo wir den Gang
der Krankheit im betreffenden Menschen einigermaßen feststel-
len können, und so eine Situationsdiagnose erhalten
Als oberste Hierarchie unterscheiden wir die Yang-Konstitution
von der Yin-Konstitution, die erstere hat mehr akute Erscheinun-
gen, die zweite umfaßt die chronischen Krankheiten mit den
schleppenden Verlaufen Die Yang-Konstitution ist nicht so wich-
tig und nicht so gefährlich Sie ist zwar unangenehm für den
Patienten, aber die Symptome verschwinden schnell Viel bedeu-
tungsvoller für uns wird das Yin-hafte und die Insuffizienz im
verschiedenen Bereich des Vegetativums
Es gibt drei Yang-Typen das große Yang, wo besonders die
Meridiane Dünndarm und Blase befallen sind, das kleine Yang
mit dem 3-E-Mendian und dem Gbl-Mendian, und das helle Yang
mit dem Dickdarm und Magen Jeder Typ zeigt eine besondere
bildhafte Symptomatik, von der ich als Kostprobe das kleine
Yang schildern mochte Ich zrtiere Angaben aus dem Lehrbuch
des Heribert Schmidt auf Seite 82
Hasler Neuraltherapie und Akupunktur
„Allgemeines Die Krankheitsreaktionen erscheinen vorwiegend
im Einflußbereich des Gbl- und 3-E-Mendians Dazu gehören die
dem Zwerchfell benachbarten Organe und die seitlichen Korper-
partien In diesem Stadium ist, nach chinesischer Meinung, die
Krankheit in das Innere des Korpers eingedrungen und sitzt im
„Halb-Innen, Halb-Außen"
Symptombild Wechselfieber, Gefühl einer inneren Hitze und
Kalte, seitlicher Kopfschmerz, Ohrenschmerzen, Schwindel,
Taubheit, Ohrensausen, Beklemmungsgefuhl im Thorax, Herz-
unmhe bitterer und pappiger Mundgeschmack, Übelkeit, Erbre-
chen, Schmerz oder Druckgefuhl im Oberbauch unterhalb des
Rippenbogens, großes Schlafbedürfnis
Wir unterscheiden ebenfalls drei Ym-Typen das große Yin mit
dem Lungen- und Pankreasmendian, das kleine Yin mit dem
Nieren- und Herzmeridian, das leere Yin mit dem Kreislauf- und
Lebermeridian Daraus mochte ich Ihnen das Symptombild des
großen Yin schildern auf Seite 85 des schon erwähnten Buches
„Blasses Aussehen und müder Gesichtsausdruck des Kranken
Die Haut ist trocken, schuppig, sie neigt zu Rhagaden und
Ekzemen Sie ist schlaff, das Bindegewebe schwammig, die
Muskulatur atonisch und kraftlos Körperliche und geistige Arbeit
fuhren zu rascher Ermüdung Große Empfindlichkeit gegen
Kalte Abneigung gegen kalte Getränke und Speisen Auch Hitze
wird schlecht ertragen Große Anfälligkeit gegenüber von Erkäl-
tungskrankheiten und Infektionen der oberen Luftwege Magen-
Darm-Storungen, die sich hauptsachlich in Appetitlosigkeit,
Meteorismus, wäßrigem und breiigem Stuhl äußern Schwellun-
gen der Unterlider, sogenannte Augensacke Kalte der Extre-
mitäten, sowie Unruhe, Parasthesien und Schweregefühl der
Beine
Bei der Therapie ist es wichtig, daß man den Übergang vom
Yang ms entsprechende Yin-Stadium verhindert, indem man die
befallenen Yin-Mendiane tonisiert Das große Yang-Stadium
geht beim weiteren Krankheitsbefall in das Stadium kleines Yin,
mit Befallensein von Herz- und Nierenmeridian, so werden hier
vorsorglich Herz- und Nierenmeridian tonisieren
Das kleine Yang geht ins leere Yin über, hier soll man also den
Kreislauf und Leber tonisieren, das helle Yang (erinnern Sie sich,
hier ist Dickdarm und Magenmeridian befallen) geht beim Weiter-
schreiten der Krankheit ins Stadium großen Yin über mit Befal-
lensein von Lungen und MP-Mendian Therapie also im letzteren
Falle Tonisieren von Lungen und MP
Yang-Typen
Die allgemeine Charakteristik der Yang-Typen ist folgende Aku-
ter Krankheitsverlauf, die Krankheit sitzt mehr oberflächlich, bei
Fieberbefall besteht hohes Fieber Der Patient klagt über heftige
Kopfschmerzen Der Puls ist oberflächlich, d h wir fühlen ihn
schon bei ganz kleinem und oberflächlichem Fingerdruck
Anders ist die Charakteristik der Ym-Typen Ihnen ist mehr ein
adynamischer Charakter der Lebensaußerung eigen Sie zeigen
oit Ermüdung, haben Neigung zu geistiger und körperlicher
Erschöpfung Es besteht eine Kreislauflabilitat und eine vermin-
543
 Hasler, Neuraltherapie und Akupunktur
derte Widerstandskraft gegen schädigende Einflüsse aller Art
Oft zeigt sich Schwindel oder Benommenheit Die Krankheit
erscheint weniger gefährlich, es besteht nur maßiges Fieber Die
Schmerzen sind weniger akut, aber anhaltend Der Puls ist
schwach und klein und tiefliegend Die Patienten haben ein
großes Warmebedurfnis Bei der Therapie besteht eine wichtige
Regel, daß man bei Yin-Typen zuerst Energie zufuhrt durch
Nadelung an besonderen Ym-Mendianen Je nach Befund, z B
bei Ke-3 oder Ni-3, bei MP-4 oder Kr-6 So füllen wir also, bildhaft
gesehen, zuerst die Taler der Minusenergie durch Hinzufugen
auf
Anders bei Yang-Typen Hier besteht bereits eine Überfülle von
Energie Da benutzen wir eine mehr sedierende Methode an
Yang-Meridianen So benutzen wir in diesem Falle z B Di-4,
BI-62, Gbl-63, BI-54, Du-3, 3E-5
Mit der Akupunktur allein habe ich schon befriedigende Erfolge
erfahren dürfen Sie stellt eine richtige Behandlung dar Man
tastet mit der Hand nach dem Puls und stellt sich dabei aufmerk-
sam und voller innerer Zuwendung zum Patienten hin Man
macht mit ihm eine geistige Einstimmung Diese Therapie darf
nicht hastig vollfuhrt werden, eine innere Gelassenheit des Arz-
tes ist wichtig Der Therapieerfolg ist mangelhafter, wenn der Arzt
aufgeregt und unkonzentnert ist Ruhe, Zeit und gegenseitige
Sympathie spielen eine große Rolle Dies sind allerdings psychi-
sche Faktoren, für die wir noch keinen gültigen Parameter besit-
zen Aber vielleicht beruhen diese Faktoren eben auf Gesetzmä-
ßigkeiten, die wir noch nicht erkannt haben Es erscheint mir
nicht mehr so ganz abwegig, an eine Art von Energie-Übertra-
gung zu denken, obschon mir dazu die richtigen Worte und
Ausdrucke fehlen
Üblicherweise begnüge ich mich nicht mit der Akupunktur allem
Gern, fast immer, kombiniere ich mit der Neuraltherapie, die ich
im Anschluß an die Nadelung appliziere Wir haben es in unseren
Praxen so oft mit chronischen Krankheitsfällen zu tun, daß wir,
meiner Meinung nach, auf die Durchfuhrung der gezielten Neu-
raltherapie nicht verzichten sollten Mit dieser Koppelung hoffe
ich, die Erfolgsquote zu vergrößern Ich meinte, das, was wir von
den Chinesen in der Angelegenheit der Akupunktur erlernen
durften, sollten sie von uns in bezug auf die Neuraltherapie
erlernen So wurde eine gute Mischung und zweifellos eine
Verbesserung eintreten
Von meinen beiden Aufenthalten in Rotchina, von Hongkong und
Singapur her, erfuhr ich von dortigen Akupunkturarzten zu mei-
nem Erstaunen immer wieder, daß eine Akupunktur-Behandlung
überdurchschnittlich lange dauerte Man sprach von der Serie I,
wo man im Zyklus in kurzer Folge 10- bis 14mal behandelt und
dann eine Pause einschaltet, darauf folgt der Zyklus II wieder mit
Pause, dann der Zyklus IM usw Ich meine daß die gekonnte
Kombination mit der Neuraltherapie eine Verminderung der Kon-
sultationen und eine größere Wirksamkeit erbringen wurde
Zusammenhange mit dem Storfeld
Von der Neuraltherapie haben wir den Begriff des Storfeldes
gelernt, nach dessen lokaler Infiltration mit Xyloneural oder
Impletol es zur Auslosung eines Sekundenphanomens kommen
544
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
kann Wenn ein Arzt dies einmal selbst erlebt hat und feststellen
muß, daß solche Phänomene tatsächlich existieren, dann erhalt
er eine ganz andere Krankheitsschau
Man wundert sich, daß solche Zusammenhange zwischen einem
Storfeld und weit in der Peripherie auftretenden Symptomen
bestehen und beschließt, eine Erklärung dafür zu finden Auch
hier gibt es eine namhafte wissenschaftliche Grundlagenfor-
schung, welche besonders von einem Wiener Team - ich
erwähne Bergsmann, Fleischhacker, Hopfer, Kellner, Pischm-
ger, Stacher - durchgeführt wurde und durchgeführt wird Die
dadurch fundierten Gesetzmäßigkeiten der Neuraltherapie soll-
ten - so meinen wir in unserem Kreise - allgemeine Anerken-
nung finden und zur Arzteausbildung der Zukunft gehören
Erlauben Sie mir einige Hinweise, welche dem Therapeuten das
Verständnis der Neuraltherapie ermöglichen und ihn zur Durch-
fuhrung ermuntern Nach Kellner ist das Storfeld eine chronische
Entzündung um nicht abbaufahiges Material, die aus lymphozy-
tar-plasmozytaren Infiltraten und Desaggregation der Grundsub-
stanz besteht Nach Pischinger ereignet sich die erste Auseinan-
dersetzung zwischen Noxe und Organismus im Zellmilieusystem
Dieses Grundregulationssystem stellt ein bioelektrisches energe-
tisches System dar, in dem das oxydoreduktive Potential von
Bedeutung ist Die ursprüngliche Schädigung fuhrt hier zu zellu-
lar-humoralen Vorgangen, welche als kreisförmige Ablaufe
betrachtet werden müssen Wie eingangs bei der Akupunktur
erwähnt, gelten auch hier in dieser primären Regulationsstufe die
Gesetze der Kybernetik Durch die veränderten Milieubedingun-
gen werden dann zellulare, humorale und neurale Regelsysteme
übergeordneter Natur in Gang gesetzt Die storfeldbedingten
Signale sind unterschwellig und losen oftmals keine Lokalsym-
ptome aus Dadurch aber werden die Ganglienzellen in eine
unterschwellige Erregung versetzt und werden so für zusätzliche
Reize sensibilisiert So kann die bestehende Labilität durch
kleine zusätzliche Schädigung aus dem Gleichgewicht gebracht
werden Die bisherigen unterschwelligen Storfeldsignale erzeu-
gen dann eine pathologisch uberschlossene Reizbeantwortung
und verursachen zum Beispiel Schmerzen und Durchblutungs-
störungen auch an entfernten Korperstellen
O Bergsmann folgert aus der kybernetischen Betrachtung des
Storfeldgeschehens, daß meist ein einziges Storfeld nicht aus-
reicht, um manifeste Gesundheitsstörungen auszulosen Es
handle sich des öfteren um Interaktion mehrerer Storfelder,
wobei eines davon im Beschwerdegebiet liegt und dieses für die
Manifestation der Fernstorung empfänglich macht
Diese Einblicke und Erkenntnisse fuhren zum folgerichtigen Vor-
gehen des ausgebildeten Neuraltherapeuten Voraussetzung ist
die Aufnahme einer guten Anamnese, in deren Verlauf wir uns
überlegen, was wohl die primäre Ursache für das Krankwerden
des Patienten mit seinen jetzt geklagten Beschwerden darstellt
Diese Befragung ist persönlich und individuell, und wir erfahren
ganz bestimmte Möglichkeiten, welche zum jetzigen Leiden fuh-
ren konnten Erinnern Sie sich bitte an meine anfänglich ange-
führten Bemerkungen zum Verständnis der Akupunktur, wo ich
sagte, daß nach alter chinesischer Überlieferung jeder Mensch
seine eigene Krankheit hat, und die Symptombilder zusammen
das Krankheitsbild abgeben
Bei der liebevollen und für das Wohl des Patienten interessierten
Anamneseaufnahme des Arztes ereignet sich gelegentlich oder
 Phys Med u Reh 10/80,21 Jahrg
auch öfter eine Art von psychisch gegenseitiger Interaktion
Leider fehlen mir — wissenschaftlich gesehen die genauen
Begriffe, was mich aber nicht hindern soll, Ihnen meine persönli-
che Meinung und dann und wann auch eingetretene Erfahrung
mitzuteilen Durch die menschenfreundliche Zuwendung tritt ab
und zu eine Art von intuitiver Erfassung des Krankheitsfalles ein,
was wir immerhin in Betracht ziehen sollen Ich erinnere mich
noch gern an meine Assistententatigkeit unter meinem hochver-
ehrten Chef, dem ehemaligen Leiter der Basler Universitätsklinik
für Innere Medizin, Prof Gigon Mehrere Male geschah es, daß
ich in diagnostischer und therapeutischer Hinsicht unklare und
komplizierte Krankheitsfälle meinem Chei vorführen konnte
Gelegentlich, naturlich nicht immer, aber einige Male sagte Prof
Gigon nach einem kurzen Ansehen des Patienten, ohne das
vorgezeigte Bündel der Laborteste und Rontgenuntersuchungen
angesehen zu haben „Ich vermute das Vorliegen dieser oder
jener Krankheit Prüfen Sie nach und verabreichen Sie dieses
Medikament" In der Tat war danach oftmals die Gesamtsituation
wesentlich verbessert, und der bisher therapieresistente Patient
wurde der Gesundung naher gebracht
Psychosomatische Zusammenhange
Kürzlich erlebte ich folgendes Ich erwähne die Geschichte mit
allem Vorbehalt, aber ich war darüber sehr erstaunt und mußte
darüber nachdenken -
In die Sprechstunde kam vor einigen Monaten Herr XY, 40jahng
Wegen starker Kopfschmerzen, Benommenheit, vorübergehen-
dem kurzem Lahmungsgefuhl im rechten Arm wurde eine Durch-
untersuchung in der Neurochirurgischen Klinik durchgeführt, um
nicht ein eventuelles Vorliegen eines Hirntumors zu übersehen
Man fand keine pathologischen Veränderungen, der Patient war
aber trotzdem nicht in der Lage, die frühere anspruchsvolle
geistige Tätigkeit in seinem Beruf durchzufuhren Noch wahrend
O des Erzählens der Anamnese und bevor ich speziell nach Man-
delerkrankungen gefragt habe, erhielt ich den merkwürdigen
Eindruck, ich sollte hier unbedingt eine Injektion an die Tonsillen-
pole durchfuhren Es ist nun keinesfalls meine Gepflogenheit, bei
einer Erstuntersuchung so rasch und ohne weitere Abklärung
eine Mandelinjektion zu verabreichen, zumal sie wie im vorlie-
genden Fall aus rein rationaler Überlegung auch keinesfalls in
erster Linie in Betracht gezogen werden mußte Aber hier folgte
ich diesem Impuls und siehe da Nach durchgeführter Injektion
fühlte sich der Patient völlig gesund und beschwerdefrei Nach
einer Woche wiederholte ich die gleiche Injektion nochmals, weil
seit zwei Tagen wieder etwas Kopfschmerzen auftraten Wie-
derum trat sofort ein gutes Resultat ein Noch eine dritte Injektion
folgte nach zwei Wochen, dann blieb die Beschwerdefreiheit
bestehen
Ich erwähne natürlich dieses mich erstaunende Geschehen kei-
neswegs als Ansporn für Neulinge in der Neuraltherapie Sie
sollen im Gegenteil nach Aufnahme einer genauen Anamnese
zuerst eine Inspektion und Palpation vornehmen und dann die
gezielte Injektion aufgrund von logischen Überlegungen an-
setzen
Hasler, Neuraltherapie und Akupunktur
Und nun in medias res zur praktischen Anwendung der Neural-
therapie oder bei mir in vielen Fallen zu Kopplung von Akupunk-
tur und Neuraltherapie
In meiner Praxis eignete sich bisher die Neuraltherapie besser für
akute Schmerzzustande als die Akupunktur Da kann sie in
alleiniger Anwendung oft zu erstaunlichen Besserungen fuhren
Ich denke da an die einfache Quaddelung der Headschen Zonen
bei Gelenkkrankheiten, bei frischen und alten Traumen in loco
dolendi, an die Behandlung von Schmerzzonen von inneren
Erkrankungen, sei es im Herzsegment bei Angina-pectons-
Schmerzen oder bei Nieren- und Gallenkoliken Kenner und
Konner berichten, daß nach Gipsabnahme eine Frakturheilung
schneller vor sich geht, wenn man an die Umgebung der Bruch-
stelle Quaddeln setzt und daß dadurch eine Sudec/csche Atro-
phie verhindert werden könne
Bei der Kombination beider Heilverfahren gehe ich oft auf die
folgende Art und Weise vor Nachdem ich besonders bei chroni-
schen Erkrankungsformen zuerst die mir nach konstitutionsmaßi-
ger Überlegung geeigneten Akupunktumadeln gesetzt habe, und
sie etwa zehn Minuten belassen habe, manchmal kurzer, manch-
mal langer, wende ich die Neuraltherapie nach den Grundsätzen
der erarbeiteten Gesetzmäßigkeiten an In einer ersten Konsulta-
tion behandle ich z B im gestörten Segment, indem ich ein
schmerzhaftes Kniegelenk umspritze oder in die Headschen
Zonen vom Oberbauch oder Rucken eingehe, entsprechend dem
Beschwerdebild Für gewöhnlich verwende ich Xyloneural,
manchmal auch Impletol Ich habe auch schon aqua dest für
Quaddeln benutzt Bei einem Besuch im Spital von Tientsin habe
ich von dortigen chinesischen Ärzten ärfahren, daß auch sie
gelegentlich solche Aqua-dest -Quaddeln in Akupunkturpunkte
verabreichen
Erfolge der Kombinationstherapie
Gute Erfolge - in einzelnen Fallen deutlich bessere - konnte ich
erreichen, wenn ich in schmerzhafte Punkte der Headschen
Zone oder in geeignete Akupunkturpunkte besondere Heilmittel
injizierte Das ist die sogenannte Pharma-Akupunktur oder die
Pharma-Neuraltherapie Mir bewahrten sich zu diesem Vorgehen
besonders die Dilutionen der Zytoplasmatherapie nach Dr Theu-
rer, wo ich bei Monarthrosen die Dilution Nr 43 bestehend aus
Gelenkkapsel, Knorpel und Synovia verabreiche Bei mehr dege-
nerativen Wirbelsaulenerkrankungen benutze ich gern das Prä-
parat Nr 68 als Pharma-Akupunktur oder Pharma-Neuralthe-
rapie
Je nach Ansprechen auf die Erstbehandlung gebrauche ich bei
der nächsten Konsultation dieselbe Segmenttherapie, oder aber
ich suche dann ein in Frage kommendes Storfeld, wiederum
nachdem ich nach früher erwähnten Überlegungen einige wenige
Akupunkturnadeln gesetzt habe So verabreiche ich zum Beispiel
bei der zweiten Konsultation die Mandelinjektion, oder ich gebe
den oberen Grenzstrang, oder ich teste bei den Adnexen oder bei
der Prostata
So gelangt bei geeigneten Krankheitsfällen die ganze Palette der
neuraltherapeutischen Injektionen zur Anwendung und so kann
547
 Blohmke u a , Hauttemperatur bei Mammakarzinom
ich eine für den jeweiligen Kranken individuelle und maßge-
schneiderte Therapie durchfuhren
Auf diese Weise kann man gelegentlich erstaunliche und begluk-
kende Erfolge erzielen Ich erwähne zum Beispiel die langjähri-
gen Kniebeschwerden bei einem Freund meines Sohnes Dieser
Student hatte vor zwei Jahren eine Meniskusoperation Trotzdem
litt er auch spater des öfteren an Knieschmerzen und Schwellun-
gen Sem Gelenk war nicht belastbar Wieder einmal zeigte der
junge Mann nach einem kleinen Trauma einen großen Knieer-
guß Der betreffende Facharzt riet zu einer operativen Bandkor-
rektur Vor diesem geplanten Eingriff sah ich den Patienten in der
Sprechstunde Die Ersttherapie mit Quaddelung ums Kniegelenk
war unbefriedigend Bei der zweiten Konsultation verabreichte
ich die Mandelinjektion, was subjektiv und objektiv eine deutliche
Verbesserung zur Folge hatte Noch zwei weitere Male erhielt der
Patient dieselbe Mandelinjektion Danach war er in der Lage,
beschwerdefrei dem Skisport zu huldigen und er fühlt sich
gesund wie die anderen
Mit dieser geschilderten Kombinationstherapie der Akupunktur
mit der Neuraltherapie können wir gleichzeitig eine symptomati-
Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Heidelberg - Abteilung für sozialmedizimsche Epidemiologie und
Arbeitsphysiologie (Direktor Prof Dr med Maria Blohmke)
Umversitats-Frauenklinik — Abteilung Allgemeine Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Direktor Prof Dr med Fred Kubli)
M. Blohmke, G. Heim, H.-P. Stof, G.A. Bothmann
Messung der lokalen Hauttemperatur und Temperaturregulation bei Patientinnen
mit Mastopathie und Mammakarzinom - die Entwicklung einer Screening-Methode
Zusammenfassung
An drei Gruppen von Frauen - 100 Patientinnen mit
einem histologisch gesicherten Mammakarzinom, 100
Patientinnen mit Mastopathie, 100 Frauen aus der
Bevölkerung als Kontrollgruppe - wurden die lokalen
Hauttemperaturen mittels eines Infrarot-Meßgerätes
vor und nach einem Kaltereiz gemessen. Die Gruppen-
mittelwerte und Standardabweichungen zeigen, daß
die Temperaturunterschiede zwischen den drei Grup-
pen relativ gering sind. Die Differenzen zwischen der
Stirntemperatur und den Temperaturen an den übri-
gen Meßpunkten sind dagegen in der Kontrollgruppe
wesentlich großer als in den beiden Patientinnen-
Gruppen, eine Ausnahme bilden die Unterbauch-
punkte. - Zwei getrennte Faktorenanalysen mit den
Meßwerten vor und nach Belastung zeigen die inneren
Zusammenhange zwischen den Meßpunkten, die in
den drei Gruppen sehr unterschiedlich sind. Aufgrund
dieser Ergebnisse ist anzunehmen, daß die Thermore-
gulationsdiagnostik bei der Fruherkennung von
Mastopathien und Mammakarzinomen wertvolle
zusatzliche Informationen vermittelt.
548
Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
sche und auch eine kausale Therapie durchfuhren Ich mochte
darauf verzichten, weitere gegluckte und beidseits begluckende
Einzelfalle zu schildern Diesen positiven Erfolgsresultaten ste-
hen leider manche therapieresistente Falle gegenüber, wo es
nicht gelungen ist, eine wesentliche Besserung oder gar eine
angestrebte Heilung zu erreichen
Ich hoffe, daß uns weitere Grundlagenuntersuchungen neuere
therapeutische Konsequenzen aufdrangen werden, die es uns
ermöglichen, die Erfolgsquote zu erhohen Es ist aber zu beden-
ken und wohl möglich, daß auch dann ein positives Resultat
eingetreten ist, wenn die Krankheit und selbst der Tod auch
unbesiegt blieben Nach meiner Meinung gibt es gelegentlich
notwendige Krankheiten, die jeder Therapie trotzen, dafür aber
die innere Not wenden Dadurch kann der Patient nach einer
anderen Wertskala geistige Werte erringen, die ihm als dauern-
den Besitz gehören und ihm schlußendlich mehr nutzen als die
äußere Beschwerdefreiheit
Anschrift des Verfassers Dr med U E Hasler, Oberer Graben 12,
CH-9000St Gallen
Summary
Local skin temperatures were measured with an IR-
radiation-thermometer before and after a cold Stimu-
lus in three groups of women — 100 patients with a
histologically confirmed mamma-carcinoma, 100
patients with mastopathia and 100 subjectively
healthy women as a control group.
Mean values and Standard deviations for each group
showed that differences in skin temperature between
those three groups are relatively small.
However the differences between the temperature of
the forehead and the temperature of other measuring-
points in the control group are much higher than those
of both patient groups. The only exceptions were the
points measured in the gynaecological region.
Two separate factor analyses with measured tempera-
tures before and after the cold Stimulus showed corre-
lations between Special measuring points. These are
very different among the three groups.
In the light of the results it can be assumed that the
infrared thermometry contributes important additional
Information toward early detection of mastopathia and
mamma-carcinoma.
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg
1. Einleitung
Zur Zeit mangelt es in der Vorsorgemedizin an geeigneten dia-
gnostischen Methoden Die geringen Erfolge, die auf diesem
neuen Gebiet der Medizin zu verzeichnen sind, beruhen nicht
zuletzt darauf, daß bisher versucht wurde, mit klinischen Metho-
den das Vor- bzw Fruhstadium einer chronischen Krankheit zu
erkennen Diese relativ groben klinischen Methoden sind ohne
Zweifel geeignet, eine Krankheit in ihrem Endzustand, d h wenn
eine Organmanifestation bereits vorliegt, zu diagnostizieren Das
Fruhstadium einer Krankheit laßt sich damit aber wohl kaum
erkennen In diesem Stadium sind die pathologisch-biologischen
Veränderungen noch nicht auf ein Organ lokalisiert, sondern
allgemein über den Korper verteilt Außerdem handelt es sich
zum großen Teil um zunächst minimale Abweichungen im immu-
nologischen, biochemischen und hormonalen Bereich, die sich
O überwiegend im Grundsystem und unspezifischen Mesenchym
abspielen
Für die Vorsorgemedizin müssen also neue Methoden ersonnen
werden, mit denen diese ersten minimalen Abweichungen zu
erfassen sind (2, 4) Dabei liegt es auf der Hand, daß der bei
solchen Messungen erzielte Informationsgehalt geringer ist als
der mit klinischen Methoden erhobene Er liegt jedoch auf einer
völlig anderen Ebene, namhch zeitlich weit vor der massiven
Organveranderung Um den Informationsgehalt zu erhohen und
damit bessere diagnostische und auch prognostische Aussagen
machen zu können, bieten sich zwei Wege an Man kann die
Anzahl der erforderlichen Messungen vergrößern, und es ist
heute möglich, eine Fülle von Daten mit Hilfe der Datenverarbei-
tung stark zu verdichten und damit den Informationsgehalt um ein
Vielfaches zu verbessern Das bedeutet, daß das, was uns allen
als diagnostisches Konzentrat aus der Klinik bekannt ist, sich
auch auf diesen Wegen erreichen laßt, wobei natürlich das
Stadium des Krankheitsverlaufs in der Vorsorgemedizin immer
ein anderes ist und bleiben wird wie in der Klinik
(~\ Für den Mediziner ist dieses zunächst neu, wer jedoch echte
Vorsorgemedizin betreiben mochte, wird nicht darum herumkom-
men, sich mit diesem Vorgehen in der Diagnostik ganz allgemein
zu beschäftigen Die ersten Anfange in dieser Richtung wurden
bereits mit der Entwicklung des Risikofaktorkonzeptes des Herz-
infarktes gemacht Wenn die Aussagen, die damit getroffen
werden können, heute noch nicht zufriedenstellend sind, so kann
das verschiedene Ursachen haben Es können z B die bisher
erhobenen Parameter zur Erfassung des Fruhstadiums dieser
Krankheit nicht geeignet oder ausreichend sein, oder es kann die
Datenverdichtung nicht genügend entwickelt worden sein
Selbstverständlich kann es auch andere Grunde geben, die uns
heute noch nicht bekannt sind
2. Die Thermoregulationsdiagnostik
Seit mehreren Jahrzehnten bedienen sich zahlreiche Arzte in der
Praxis der Thermoregulations-Diagnostik (TRD) Es handelt sich
dabei um eine Meßmethode, bei der an bestimmten Punkten der
Blohmke u a , Hauttemperatur bei Mammakarzinom
Korperoberflache die Hauttemperatur gemessen wird (10, 11)
Es werden hierbei sowohl statische Temperaturen erfaßt als
auch die Regulationsleistung, d h die Veränderung der Tempe-
raturen nach einer Belastung Sowohl aus den statischen Wer-
ten, den sogenannten Ausgangswerten, vor allem aber aus den
Regulationswerten lassen sich diagnostische Aussagen über das
Vorstadium einer Krankheit jedoch auch über eine in den Anfan-
gen bestehende Krankheit treffen (1,12)
Die Auswahl der Meßpunkte auf der Haut, die zu einer Diagnose
verwendet werden, richtet sich zum Teil nach der Krankheit, die
gesucht werden soll, diese Meßpunkte sind also organbezogen
Zusätzlich werden jedoch auch Meßpunkte einbezogen, die auf
die Regulationsfahigkeit des gesamten Korpers Rückschlüsse
zulassen
Die Lokalisation der Meßpunkte wurde zunächst empirisch fest-
gelegt (10) Sie entspricht jedoch weitgehend den von Head und
Mackenzie dargestellten Dermatomen, Myotomen und Enteroto-
men, die spater von Hansen insbesondere auf ihre diagnostische
Bedeutung hin untersucht wurden (5, 6)
3. Personen und Methode
Die Messungen wurden mit einem Infrarot-Meßgerät (Ultrakust)
an insgesamt 300 Frauen durchgeführt Von diesen hatten 100
Frauen ein histologisch gesichertes Mammakarzinom, bei 46
dieser Frauen war die rechte Mamma, bei 49 Frauen die linke
Mamma und bei fünf Frauen waren beide Mammae betroffen
Bei 100 Frauen lag eine Mastopathie vor Hier finden sich
Befunde wie „fibröse Mastopathie, fibrozystische Mastopathie
oder mikrozystische Mastopathie' ebenso wie der Befund „herd-
förmig proliferative Mastopathie (Grad 1 bis 3)"
Es war nicht auszuschließen, daß sich in dieser Gruppe einige
Frauen bereits im Vorfeld des Karzinoms, der Prakanzerose,
befanden und mit erfaßt wurden Genauere Aussagen hierüber
lassen sich allerdings nur durch eine Langsschnittstudie treffen
Klinisch gesehen waren diese Frauen zum Zeitpunkt der Unter-
suchung aber im Hinblick auf ein Mammakarzinom negativ
Als Kontrollgruppe wurden 100 Frauen vom Roten Kreuz heran-
gezogen, die sich freiwulhg zu den Messungen bereit erklart
hatten Das mittlere Alteir der Gruppe betrug bei der Karzinom-
Gruppe 59,9 ± 12,3 Jahre, bei der Mastopathie-Gruppe 50,0 ±
12,7 Jahre und bei der Kantrollgruppe 34,8 ± 12,7 Jahre
Nach dem Entkleiden der Probandinnen folgte eine zehnminutige
Adaptationszeit, an die sich die erste Messung anschloß Die
Messung wurde an den von Schwamm angegebenen Punkten
des Mamma-Schemas vorgenommen (Abb 1) Um das Wieder-
auffinden der Meßpunkte zu erleichtern, waren vor Beginn der
Erstmessung die Punkte auf der Haut markiert worden Nach
Beendigung der Erstmessung erfolgte die Belastung mittels
eines Kaltereizes auf beiden Unterarmen
4. Ergebnisse
4 1 Mittelwerte und Normprofil
Die Gruppenmittelwerte und Standardabweichungen für die 24
Meßwerte vor und nach Belastung ergeben nur relativ geringe
549
 Blohmke u.a., Hauttemperatur bei Mammakarzinom Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg.

besonderer Bedeutung zu sein scheinen. Beide Ovar-Punkte

weisen sowohl in der Mastopathie-Gruppe als auch in der Karzi-
nom-Gruppe große und positive Differenzen zur Glabella auf,
während in der Kontrollgruppe die Temperaturunterschiede sehr
viel kleiner und z.T. negativ sind. In der Karzinom-Gruppe ist die
Differenz zwischen Glabella und Uterus-Punkt am größten.
Nach der Belastung sind die Temperaturdifferenzen zur Glabella
dann in der Mastopathie-Gruppe am größten und negativ, wäh-
rend sich die Karzinom-Gruppe mit Ausnahme der Unterbauch-
punkte von der Kontrollgruppe nur wenig unterscheidet. Die
Temperaturen über den Ovarien und dem Uterus liegen jedoch
deutlich über der Glabellatemperatur.
Die Differenzen zwischen Referenztemperatur und der über den
Ovarien gemessenen Temperatur sind also bei Patientinnen mit
Mastopathie und Mammakarzinom gegenüber nicht erkrankten
Personen erhöht, am stärksten bei der Karzinom-Gruppe, weni-
ger stark in der Mastopathie-Gruppe. In der Karzinom-Gruppe
kommt hinzu, daß zusätzlich noch die Differenz zum Uterus-
Punkt erhöht ist, was bei der Mastopathie-Gruppe nicht der Fall
ist.

4.2 Faktorenanalyse
Um die Aussagekraft der Meßwerte und Differenzwerte vor und
nach Belastung zu erhöhen und zu einer Diagnose zu gelangen,
müssen die Meßwerte einer Prüfung über innere Zusammen-
hänge unterzogen werden. Ein solches Verfahren, das innere
Zusammenhänge zwischen den Meßwerten bzw. Meßpunkten

1. (25.) Glabella 13. (37.) Mamma h. außen oben

2. (26.) Extremitat re 14. (38.) Mamma h. außen unten
3 (27 ) Extremitat h 15. (39.) Mamma h innen unten Tab. I: Differenzen der Meßwerte in Grad C (1 bis 24) zur Glabella
4. (28) Oberbauch 16 (40) Mamma li innen oben (DGLA) vor Belastung; Mittelwerte und Standardabweichungen in den
5. (29.) Mamma re. außen oben 17. (41.) Mamille li. Gruppen: Kontrolle (K), Mastopathie (MA) und Karzinom (CA), (n = 300
6. (30.) Mamma re. außen unten 18. (42.) Pectorahsrand h. Frauen).
7. (31.) Mamma re. innen unten 19. (43.) Parasternal 5 li.
8. (32.) Mamma re. innen oben 20. (44.) Parasternal 3 li.
9. (33.) Mamille rechts 21. (45.) Sternum Differenzen K MA CA
10. (34.) Pectorahsrand re. 22. (46.) Ovar rechts zur Glabella N = 100 N = 100 n = 100
11. (35.) Parasternal 5 re. 23. (47.) Uterus X SD X SD X SD
12. (36.) Parasternal 3 re. 24. (48.) Ovar links
Glabella 00 00 00
Extr. re. -0,64/0,80 -0,34/0,92 -0,18/1,00
Abb. 1: Meßpunkte des Mamma-Schemas nach Schwamm. Zahlen in
Extr. h -0,51/0,79 -0,09/0,93 -0,08/1,13
Klammern. Meßpunkte nach Belastung.
Oberbauch -1,33/0,96 -0,65/1,40 -0,32/1,28
Mam. re. a. o. -0,44/1,10 -0,39/1,26 -0,25/1,28
6. Mam. re. a. u. -0,93/1,07 -0,96/1,33 -0,46/1,28
7. Mam. re. i. u. -0,92/1,09 -0,85/1,39 -0,43/1,34
Temperaturunterschiede zwischen den drei Gruppen. Deutlicher 8. Mam re i. o. -0,82/1,17 -0,95/1,41 -0,63/1,25
werden die Unterschiede, wenn man die Mittelwerte der Tempe- 9. Mamille re. -1,35/1,15 -1,56/1,51 -0,98/1,48
raturdifferenzen zwischen dem Stirnwert (Glabella) und den übri- 10. Pectoralis re. -0,94/1,16 -0,51/1,15 -0,56/1,09
11. Parastern-5 re. -0,56/0,89 -0,25/1,12 -0,26/1,12
gen Meßpunkten vor der Belastung betrachtet. Die Stirntempera-
12. Parastern-3 re. -0,18/0,81 -0,22/0,87 -0,13/0,96
tur zeigt die geringste Sttandardabweichung und korreliert hoch 13. Mam. li. a. o. -0,68/1,17 -0,32/1,24 -0,19/1,29
mit der Kerntemperatur. Aufgrund dieser Kriterien eignet sie sich 14. Mam. li. a. u. -1,10/1,10 -0,95/1,31 -0,47/1,37
besonders gut als Referenztemperatur und Bezugswert für die 15. Mam. li. i. u. -0,87/1,05 -0,88/1,40 -0,30/1,47
übrigen Meßwerte (3). Prüft man die Differenzen der Meßpunkte 16. Mam. li. i. o. -0,61/1,06 -0,56/1,37 -0,27/1,21
17. Mamille li. -1,38/1,18 -1,43/1,40 -0,77/1,63
zur Glabella, zeigen sich in der Kontrollgruppe mit wenigen 18. Pectoralis li -1,03/1,19 -0,48/1,17 -0,43/1,25
Ausnahmen wesentlich größere Differenzwerte als in den beiden 19. Parastern-5 li. -0,57/0,87 -0,29/1,16 -0,25/1,06
anderen Gruppen (Tab. I). Ausnahmen bilden in der Mastopa- 20. Parastern-3 li. -0,19/0,84 -0,10/0,96 -0,07/0,98
thie-Gruppe zwei Mamma-Punkte rechts und die Mamillen rechts 21. Sternum -0,14/0,76 -0,11/0,92 -0,13/0,90
22 Ovar re. •0,05/1,02 0,39/1,22 1,03/1,24
und links. An diesen Punkten sind die Differenzen in der Masto- 23
pathie-Gruppe größer als in den beiden anderen Gruppen. Uterus -0,30/1,11 0,29/1,26 0,86/1,27
24 Ovarli. 0,05/0,96 0,45/1,24 1,09/1,35
Anders verhalten sich dagegen die Unterbauchpunkte, die von

550
 Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg Blohmke u a , Hauttemperatur bei Mammakarzmom

automatisch aufdeckt, ist die Faktorenanalyse Mit diesem stati- Tab III Faktorenladungen für die Meßwerte (1 bis 24) vor Belastung in
stischen Verfahren wird der Grad der inneren Verwandtschaft den Gruppen Kontrolle (K), Mastopathie (MA) und Karzinom (CA), (n =
300 Frauen)
zwischen den Meßpunkten rein experimentell festgestellt (8)
Dabei werden die Meßwerte in Komplexen zusammengefaßt, K MA CA
deren einzelne Variabein untereinander hoch korreheren, wah- n = 100 n = 100 n = 100
rend die Korrelation zwischen den Komplexen vergleichsweise Meßwerte mit ihren jeweiligen Ladungen
gering ist FAKTOR I 5 - 0,72 4 - 0,56 1 - 0,56
Es wurden zwei getrennte Faktorenanalysen durchgeführt Für 6 - 0,74 5 - 0,62 4 - 0,43
die erste Analyse wurden die Meßwerte vor Belastung, für die 7 - 0,76 6 - 0,67 10-0,57
8 - 0,76 7 - 0,70 11 -0,66
zweite die Meßwerte nach Belastung herangezogen Als Krite-
9 - 0,84 8 - 0,74 12-0,78
rium für die Signifikanz der Faktorenzerlegung wurde das 95%- 11 - 0,60 9 - 0,80 19-0,62
Niveau gewählt 13-0,70 11 - 0,54 20 - 0,80
In der Tab II sind die Anzahl der Faktoren, ihre Eigenwerte, der 14-0,74 14-0,70 21 - 0,72
15-0,77 15-0,74
Anteil an der Varianz und an der Gesamtvarianz für die Meß-
1 6 - 0 73 16-0,70
werte 1 bis 24 vor Belastung dargestellt In der Tab III finden sich 17-0,89 17-0,79
dann die dazugehörigen Faktorenladungen Aus Gründen der 19-0,60 19-0,66
besseren Übersicht werden nur die Maximal-Ladungen ange- 20 - 0,58
geben
o Insgesamt konnten fünf Faktoren gebildet werden, die vor Bela-
FAKTOR II 22 -
23 -
0,82
0,87
1 - 0,50
10-0,80
13-0,63
14-0,75
stung die folgenden Korrelationen zwischen den einzelnen Meß- 24 - 0,83 12-0,65 15-0,75
werten bzw Meßwertgruppen ergaben (Abb 2) 4- 0,55 13-0,59 16-0,68
18-0,66 17-0,76
In der Kontrollgruppe zeigen sämtliche Meßpunkte der rechten
21 - 0,65 18-0,48
und linken Mamma untereinander eine hohe Korrelation ein-
schließlich zweier Punkte des Sternalbereichs (Parasternal-5 FAKTOR III 12-0,65 22 - 0,81 5 - 0,75
20 - 0,70 23 - 0,80 6 - 0,61
rechts und links) Diese Werte bilden den ersten Faktor
21 - 0,64 24 - 0,88 7 - 0,52
Faktor zwei umfaßt die Meßpunkte Uterus, Ovanen und Ober- 1 - 0,46 8 - 0,66
bauch 9 - 0,63
Zum dritten Faktor gehören die Meßpunkte des Sternalbereichs 2-078 2 - 0,77 22 - 0,89
FAKTOR IV
(Stemum, Parastemal-3 rechts und links) und die Glabella, wah- 3 - 0,79 3 - 0,79 23 - 0,88
rend die Meßpunkte der Extremitäten unabhängig vom Stamm 24 - 0,93
sind und einen eigenen Faktor vier bilden
FAKTOR V 10-0,60 2 - 0,76
18-0,83 3 - 0,81

Tab II Anzahl der Faktoren und Eigenwerte für die Meßwerte (1 bis 24)
vor Belastung in den Gruppen Kontrolle (K), Mastopathie (MA) und
Karzinom (CA), (n = 300 Frauen)
Der fünfte Faktor wird von den am Rand des Thoraxbereiches
Faktoren K MA CA hegenden Meßpunkten auf dem Pectorahsrand rechts und links
n = 100 n = 100 n = 100
gebildet Mit dem übrigen Thorax zeigen diese Punkte keine
FAKTOR I Korrelation
Eigenwert 15,51 16,50 14,00
In der Karzinom-Gruppe lassen sich schwerwiegende Verände-
% Varianz 79,10 82,50 75,20
% Gesamivananz 79,10 82,50 75,20 rungen innerhalb der Faiktoren im Vergleich zur Kontrollgruppe
beobachten Vor der Belastung sind hier die Meßpunkte der
FAKTOR II rechten und linken Marnma, die in der Kontrollgruppe hohe
Eigenwert 2,00 1,25 2,04
% Varianz 9,80 6,40
Korrelationen untereinander zeigen, entkoppelt und bilden zwei
10,90
% Gesamtvarianz 88,90 88,90 86,10 getrennte Faktoren, 2 und 3 Zwischen den beiden Mammae
besteht keinerlei Korrelation, wohl aber unter den Punkten der
FAKTOR III
gleichen Mamma
Eigenwert 1,00 0,97 1,18
% Varianz 5,10 5,00 6,30 Faktor 1 umfaßt die Glabella, den Sternalbereich mit dem Pecto-
% Gesamtvarianz 94,00 93,90 92,40 ralispunkt rechts und den Oberbauch Die Unterbauchpunkte
FAKTOR IV
sind vor Belastung in Faktor 4 untergebracht, die Extremitäten in
Eigenwert 0,64 0,76 0,88 Faktor 5
% Varianz 3,30 3,90 4,70 Aus räumlichen Gründen mußte auf die tabellarische Darstellung
% Gesamtvananz 97,20 97,70 97,20 der Faktoren nach Belastung verzichtet werden In der Abb 3
FAKTOR V sehen wir, daß sich das Bild in der Kontrollgruppe nach Bela-
Eigenwert 0,55 0,44 0,53 stung nicht wesentlich verändert hat Der Sternalbereich ein-
% Varianz 2,80 2,30 2,80 schließlich der Glabella ist jetzt Faktor 2 geworden und hat sich
% Gesamtvarianz 100,00 100,00 100,00 um die Parasternalpunkte-5 rechts und links erweitert Der Faktor

553
 Blohmke u a , Hauttemperatur bei Mammakarzinom Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg

Kontrolle

Faktor 2 Faktor 3 Faktor 5

1 (25) Glabella 7 (31 ) Mamma re innen unten 13 (37 ) Mamma li außen oben 19 (43 ) Parasternal 5 li
2 (26 ) Extremitat re 8 (32 ) Mamma re innen oben 14 (38 ) Mamma li außen unten 20 (44 ) Parasternal 3 li
3 (27 ) Extremitat h 9 (33 ) Mamille rechts 15 (39 ) Mamma li innen unten 21 (45) Sternum
4 (28) Oberbauch 10 (34 ) Pectorahsrand re 16 (40) Mamma li innen oben 22 (46 ) Ovar rechts
5 (29 ) Mamma re außen oben 11 (35 ) Parasternal 5 re 17 (41 ) Mamille ii 23 (47) Uterus
6 (30 ) Mamma re außen unten 12 (36 ) Parasternal 3 re 18 (42) Pectorahsrand li 24 (48 ) Ovar links

Abb 2 Faktorenanalyse mit den Meßwerten (1 bis 24) vor Belastung in den Gruppen Kontrolle (K) und Karzinom (Ca)

Uterus, Ovanen und Oberbauch ist zum Faktor 3 geworden Die
Teilung zwischen Oberkörper und Unterkörper ist in dieser
Gruppe vor und nach Belastung deutlich Die Faktoren 4 und 5
sind unverändert geblieben
5. Diskussion der Ergebnisse
Generell laßt sich anhand der Faktorenanalyse folgendes fest-
stellen Bei normalen Personen gibt es eine deutliche Trennung
in Oberkörper (Glabella, Interkostalbereich) und Unterkörper
(Oberbauch, Unterbauch) In der Mastopathie-Gruppe wird der
Oberbauchpunkt in den Mammae-Bereich einbezogen Bei Kar-
zinom-Patientinnen gehört der Oberbauchpunkt zum Stemalbe-
reich
Die Meßpunkte über den Mammae und im Sternal- und Pectora-
lisbereich lassen sich gut auf die drei Lymphbahnen der Mam-
mae projizieren, namhch die axillaren, die interkostalen und die
intermuskularen Abflußbahnen
Vor Belastung entsprechen die Faktoren 1, 3 und 5 der normalen
Personen und die in ihnen enthaltenen Meßpunkte in etwa die-
sen drei anatomisch bekannten Lymphabflußwegen Nach der
Belastung kommt es zu einer Erweiterung des dritten Abflußwe-
ges unter Einbeziehung der interkostalen Abflußbahn (alle Ster-
nalpunkte) und Bildung des Faktors 2 Die Bedeutung dieser
Lymphbahnen hat zugenommen, wahrend der Unterbauchbe-
reich an die dritte Stelle ruckt
In der Karzinom-Gruppe ist der interkostale mit dem intermusku-

554
 Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg. Blohmke u.a., Hauttemperatur bei Mammakarzinom

Karzinom

Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5

1. (25.) Glabella 7. (31.) Mamma re. innen unten 13. (37.) Mamma li. außen oben 19. (43.) Parastemal 5 li.
2. (26.) Extremität re. 8. (32.) Mamma re. innen oben 14. (38.) Mamma li. außen unten 20. (44.) Parasternal 3 li.
3. (27.) Extremität h. 9. (33.) Mamille rechts 15. (39.) Mamma li. innen unten 21. (45.)Sternum
4. (28.) Oberbauch 10. (34.) Pectoralisrand re. 16. (40.) Mamma li. innen oben 22. (46.) Ovar rechts

o 5.
6.
(29.) Mamma re. außen oben
(30.) Mamma re. außen unten
11
12.
(35.) Parasternal 5 re.
(36.) Parasternal 3 re
17.
18.
(41.)
(42.)
Mamille li.
Pectoralisrand li.
23.
24.
(47.) Uterus
(48.) Ovar links

Abb. 3: Faktorenanalyse mit den Meßwerten (25 bis 48) nach Belastung in den Gruppen: Kontrolle (K) und Karzinom (Ca).

lären Abflußweg gekoppelt unter Einbeziehung des Oberbau-
ches. Der Abfluß der linken Mamma zeigt aufgrund der Faktorbil-
dung überhaupt keine Verbindung zu einem Abflußweg. Die
wichtigsten Bahnen sind im Faktor 1 vereint, die interkostalen
und intermuskulären, einschließlich der axillaren Abflußbahn
rechts. Der Unterbauch bildet den vierten Faktor. Nach Belastung
wird die rechte axillare Abflußbahn von der interkostalen Abfluß-
bahn enkoppelt. Die Mammae bilden wie in den anderen Grup-
pen den Faktor 1. Der Unterbauchbezirk hat an Bedeutung
zugenommen und bildet nun den Faktor 3.
In der Mastopathie-Gruppe vor Belastung sind die intermuskulä-
ren Abflußwege mit den axillaren zu einem Faktor gekoppelt.
Nach der Belastung werden die axillaren und die intermuskulären
Abflußbahnen entkoppelt (Faktor 3 und 5), während der Unter-
bauchbereich an Bedeutung gewinnt (Faktor 2).
Die axillaren Abflußbahmen sind bei normalen Personen selb-
ständig, jedoch dem schwächsten Faktor zugeordnet. Bei Karzi-
nompatientinnen sind sie entweder in den Sternalbereich (rechts)
oder in den Mammabereich (links) integriert.
Nach dem Belastungsreiz tendieren sowohl die Mastopathien als
auch die Karzinome dazu, sich zu „normalisieren". Die Gewich-
tungen der Faktoren sind allerdings etwas anders. Ovar und
Uterus spielen in diesen beiden Gruppen eine größere Rolle als
bei normalen Personen. Bei beiden Patientinnen-Gruppen wird
die Gewichtung dieses Faktors nach Belastung größer, während
sie bei normalen Personen abnimmt.
Fassen wir die Ergebnisse nochmals zusammen, so zeigt die
Kontrollgruppe die größte Beweglichkeit in der Temperaturregu-
lation an den meisten Meßpunkten mit Ausnahme der Unter-
bauchpunkte. Beide Patientinnengruppen zeichnen sich durch

557
 Blohmke u a , Hauttemperatur bei Mammakarzinom Phys Med u Reh 10/80, 21 Jahrg

eine generell geringere Regulationsbreite aus Die Temperaturen
über dem Unterbauch werden im Gegensatz zur Kontrollgruppe
sehr viel starker reguliert Damit hegt die Vermutung nahe, daß
es in der Karzinom-Gruppe zu einer Steigerung der Funktion der
Ovanen kommt, die die Mastopathie-Gruppe ebenfalls, wenn
auch in geringerem Maße aufweist
Die Korrelation aller Meßwerte untereinander ergibt in der Kon-
trollgruppe eine symmetrische Anordnung und die Einteilung der
Meßpunkte in die Faktoren Mammae, Unterbauch, Sternum,
Extremitäten und axillare Abflußbahnen Diese Symmetrie ist in
der Karzinom-Gruppe aufgehoben, lediglich die Unterbauch-
punkte sind ebenfalls einem Faktor zugeordnet In der Mastopa-
thie-Gruppe ist auch keine symmetrische Anordnung der Fakto-
ren mehr zu erkennen Man hat den Eindruck, daß es in diesen
Fallen zu einer Störung der Blut und Lymphzirkulation im Bereich
der Mammae und ihrer Umgebung gekommen ist
Aufgrund dieser unterschiedlichen statischen und funktionellen
Hauttemperaturen scheint die Thermoregulationsdiagnostik zur
Fruherkennung von Mastopathien und Mammakarzinomen
geeignet zu sein Über die Unterscheidung dieser Gruppe mit
Hilfe von Diskriminanzanalysen wird in einer weiteren Arbeit
berichtet werden (7)
Literatur
1 Blohmke, M Klinische Überprüfung der Thermoregulationsdiagno-
stik Physik Med Rehab 20(1979)355
Blohmke M Erkennen der Fruhstadien chronischer Krankheiten
Monatsk arztl Fortbildung 30 (1980) 232
Blohmke, M, G Heim Die Thermoregulationsdiagnostik, eine
Methode zur Fruherkennung von chronischen Krankheiten Erfah-
rungsheilk 29(1980)553
Bothmann, G A Die Rolle der Plattenthermographie in der Mamma-
diagnostik In Rost, A (Hrsg ) Thermorgraphie und Thermoregula-
tionsdiagnostik Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft, Uel-
zen 1980
Hansen, K, H v Staa Reflektorische und algetische Krankheitszei-
chen der inneren Organe Thieme, Stuttgart, 1938
Hansen, K, H Schliack Segmentale Innervation, ihre Bedeutung in
Klinik und Praxis Thieme, Stuttgart, 1962
Heim G, M Blohmke, G A Bothmann, H -P Stof Messung der
lokalen Hauttemperatur - Vergleich einer Mammakarzinom-Gruppe
mit einer Kontrollgruppe (Med Klinik im Druck)
Kendall, M Multivanate analysis Charles Griffin, London, 1975
Rusznyak, I, M Foldi, G Szabo Lymphologie Fischer, Stuttgart,
1969
10 Schwamm, E Tumordiagnostik durch Hauttemperatur-Messung
Physik Med Rehab 15(1974)253
11 Schwamm, E Thermographie des Mammakarzinoms S 114 in
Rost, A (Hrsg ) Thermographie und Thermoregulationsdiagnostik
Med Lit Verlagsges , Uelzen, 1980
12 Stof, H -P, G Heim, M Blohmke Die lokale Hauttemperatur und
ihre Regulation — Messungen an einer weiblichen Normalgruppe
(Erfahrungsheilk im Druck)
Anschrift der Verfasserin Prof Dr med habil M Blohmke, Institut für
Sozial- und Arbeitsmedizin II, Im Neuenheimer Feld 368, D-6900 Heidel-
berg

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Indikationen: Zusammensetzung:
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JoduberempfindlichkeitjThyreotoxikose, majal D3 aa5 g, Glonoin. D4,
dekompens. Herzinsuff .Tuberkulose. Kai jodat D1, Colchicinum
Mögliche Nebenwirkung: D4 aa 10 g, Apis mellif. D3
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558
 D. Müller-Plettenberg 29. Deutscher Kongreß für ärztliche Fortbildung in Berlin
vom 27. bis 31. Mai 1980
Sowohl im wissenschaftlichen als auch im gesellschaftlichen
Programm dieser Großveranstaltung im ICC (Internationales
Congreß-Centrum) Berlin und im nahegelegenen Messegelände
am Funkturm waren in diesem Jahr zwei Neuerungen zu ver-
zeichnen: Erstmals kamen Vertreter der Homöopathie und der
anthroposophisch ausgerichteten Medizin zu Wort. Kongreßprä-
sident G. Schettler (Heidelberg) bemerkte hierzu in seiner Eröff-
nungsrede, daß er damit bewußt ein „heißes Eisen" angefaßt
habe. Er begründete dies damit, daß es Tausende von Ärzten
gibt, die in der Praxis derartige Verfahren anwenden, weshalb
eine offene Diskussion der Sache nur nützlich sein könne.
Die besonderen Möglichkeiten des ICC veranlaßten die Kon-
greßleitung, anstelle des sonst üblichen Festbanketts für alle
Teilnehmer, Referenten und Aussteller eine „Swinging Party" zu
geben, bei der Lionel Hampton und seine All-Star-Band versuch-
en ten, die von der Tagesarbeit und von der drückenden Hitze
erschlafften Tagungsteilnehmer etwas in Schwung zu bringen.
Im Rahmen einer Vortragsreihe über Möglichkeiten und Grenzen
der Homöopathie in der Praxis hielt K.H. Gebhardt (Karlsruhe)
das einleitende Referat, in dem er sich mit der Frage auseinan-
dersetzte: Was ist Homöopathie? Nach einer kurzen Darstellung
der historischen Wurzeln dieser Behandlungsmethode, die aui
Hahnemann zurückgeht, wurde das therapeutische Vorgehen
nach dem Simile-Prinzip geschildert, bei dem eine genaue
Kenntnis der Wirkungen eines Arzneimittels auf den menschli-
chen Organismus erforderlich ist. Um diese zu erlangen, führte
Hahnemann planmäßig Arzneimittelprüfungen an gesunden frei-
willigen Versuchspersonen durch. Die Ergebnisse dieser Prüfun-
gen an Gesunden, die Kenntnisse der Toxikologie der Arznei-
stoffe aus früheren unabsichtlichen Vergiftungen sowie die Beob-
achtungen der Wirkungen dieser Stoffe am Kranken ergaben
zusammengefaßt das sogenannte Arzneimittelbild.
0 Die Sonderstellung der Homöopathie
Gebhardt kam es darauf an zu zeigen, daß nicht nur vom
Denkansatz, sondern auch vom therapeutischen Angriffspunkt
her die Homöopathie eine Sonderstellung einnimmt. Er bekannte
sich zum Grundsatz, daß eine kausale Therapie (z.B. Behand-
lung der Gonorrhoe mit Penicillin) in jedem Falle vorzuziehen,
leider aber nur in wenigen Fällen möglich ist. Weitere Therapie-
formen sind die Substitutionsbehandlung (Beispiel: Vitamin B12
bei der perniziösen Anämie) sowie die antagonistische Therapie,
bei der das Krankheitssymptom durch große Dosen eines gegen-
sinnig wirksamen Arzneistoffs unterdrückt wird, wie dies bei der
Schmerzbeseitigung durch Analgetika und bei der Aufhebung
einer Obstipation durch Abführmittel der Fall ist. Die Beseitigung
einer Herzinsuffizienz durch Digitalis ist nach Gebhardts Ausfüh-
rungen als unterstützende Therapie aufzufassen, weil hier eine
krankhaft geschwächte Funktion durch ein Arzneimittel verbes-
sert wird.
Bei der Homöopathie handelt es sich um eine Regulationsthera-
pie, bestehend auf dem Prinzip der Anregung körpereigener
Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg.
Regulationen zur aktiven Bewältigung der Krankheit. Hierbei darf
der Arzneireiz nur klein sein, weil die körpereigene Reaktion nicht
unterdrückt, sondern lediglich angeregt werden soll. Dies bedeu-
tet, daß eine homöopathische Behandlung nur wirksam werden
kann, wo die körpereigenen Regulationen noch angestoßen wer-
den können. Hierbei ist es gleichgültig, ob es sich im rein funktio-
nellen oder bereits im organischen Bereich abspielt. Ausdrücklich
betonte Gebhardt, daß die Homöopathie überall dort kontraindi-
ziert ist, wo die körpereigene Regulation zusammengebrochen
oder blockiert ist. In einem solchen Fall müssen Mittel der klini-
schen Medizin zum Einsatz kommen.
Homöopathie bei urologischen Erkrankungen
Nach den Ausführungen von A. Braun (München-Unterhaching)
ist die homöopathische Therapie urologischer Erkrankungen ein
dankbares Gebiet, vor allem in der Anfangsphase akuter Harn-
wegsinfekte, solange noch keine Erregerdiagnose vorliegt und
eine gezielte antibiotische Therapie noch nicht möglich ist. Die
homöopathischen Arzneien zielen nicht auf den Krankheitskeim,
auf die Störgröße, sondern sie setzen die körpereigene Abwehr
in Gang, indem sie das „Terrain" gegen die Infektion aktivieren.
Nach der Darstellung von Braun erweist sich die Homöopathie
somit als echte Alternative zur Chemotherapie. Wenn man sie
einsetzt, verliert man keine Zeit, sondern gewinnt bessere Vor-
aussetzungen für eine allenfalls später noch notwendige antibio-
tische Behandlung.
Als geeignete Homöopathika für die Initialphase des Harnwegs-
infekts stellte der Vortragende Aconit, Belladonna, Dulcamara
und Cantharis vor. Für alle genannten Homöopathika wird als
Dosierung die D 6 empfohlen, mehrmals täglich fünf Tropfen auf
einen Teelöffel Wasser. Hierbei gilt als Faustregel, daß die
Arzneigabe erst wiederholt werden sollte, wenn die Wirkung der
vorausgegangenen Gabe abgeklungen ist.
Nach den Erfahrungen von Braun kommen Kranke mit Blasen-
entzündungen gewöhnlich erst dann zur Behandlung, wenn die
Krankheit auf dem Höhepunkt angekommen ist und die üblichen
Hausmittel nicht mehr helfen. Im Vordergrund stehen Klagen
über brennende oder schineidende Schmerzen in der Harnröhre
während und nach dem Urinieren. Gleichzeitig besteht Harn-
drang, wobei aber oft nur einzelne Tropfen abgehen, was zuwei-
len mit heftigen Tenesmen verbunden ist. Der Harn zeigt eine
positive Eiweißreaktion, im Sediment findet man mehr oder weni-
ger zahlreich Erythrozyten, manchmal tritt auch tropfenweise Blut
aus der Urethra aus. Der Vortragende bemerkte hierzu, daß
solche Bilder ziemlich genau den Vergiftungen und Arzneiprüfun-
gen von Cantharis, der „spanischen Fliege", entsprechen, die
eigentlich ein Käfer ist. Er stimmte mit Nash überein, der in
seinen „Leitsymptomen in der homöopathischen Therapie"
geschrieben hat, er würde Cantharis wählen, wenn er ein Mittel
zu wählen hätte, um damit die Wahrheit des Satzes „Similia
similibus" zu beweisen.
559
 Müller-Plettenberg, 29. Kongreß in Berlin
Misteltherapie beim Krebs
Eine weitere Vortragsfolge, bei der ebenfalls eine naturheilkund-
lich orientierte Thematik besprochen wurde, stand unter dem
Motto „Ganzheitliche Medizin aus anthroposophischer Sicht
unter besonderer Berücksichtigung der Misteltherapie beim
Krebs". Hierzu lieferte H. Hensel (Marburg) als Physiologe und
Hochschullehrer einen Beitrag über die Funktion des Fiebers im
Krankheitsgeschehen. Er begann mit dem Hinweis, daß sich
paradoxerweise die Erfindung eines nützlichen Geräts - gemeint
ist das Fieberthermometer - als Hindernis für ein tieferes Verste-
hen der Bedeutung des Fiebers erwiesen hat. Weil es so leicht
ist, die Körpertemperatur zu messen und die heutige Medizin
einem naiven Glauben an Meßdaten huldigt, hat man sich einsei-
tig auf diesen physikalischen Parameter konzentriert.
Wie Hensel betonte, ist es unbedingt erforderlich, zwischen
Fieber als einem vom Organismus selbst erzeugten aktiven
Vorgang und der Hyperthermie zu unterscheiden, die durch eine
passive äußere Überwärmung zustande kommt. Demgemäß
sind beim Fieber außer der Temperaturerhöhung auch andere
Vorgänge wesentlich, beispielsweise die aktive Erhöhung des
Stoffwechsels. In zahlreichen Untersuchungen konnten bei Virus-
infektionen, teilweise aber auch bei bakteriellen Infekten .günstige
Wirkungen des Fiebers nachgewiesen werden. Auch bei chroni-
schen Krankheitsprozessen kann man künstliches Fieber mit
therapeutischem Nutzen einsetzen. Bei der Misteltherapie malig-
ner Tumoren, bei der eine Aktivierung körpereigener Immunreak-
tionen angestrebt wird, dürfte eine Fieberreaktion bzw. eine
Aktivierung thermoregulatorischer Vorgänge zumindest mitbetei-
ligt sein.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich die therapeutische Forde-
rung, Fieber nur dann zu bekämpfen, wenn im Einzelfall eine
besondere Indikation hierfür besteht. Der Vortragende wollte
hiermit nicht die Meinung suggerieren, man solle beim Fieber der
Natur einfach ihren Lauf lassen, denn es gibt extreme Fieberzu-
stände, die den Patienten gefährden können und deshalb mit
geeigneten therapeutischen Maßnahmen begrenzt werden müs-
sen. Wenn man davon ausgeht, daß Fieber nicht gleichbedeu-
tend ist mit Temperaturerhöhung, dann ist eine antipyretische
Therapie nicht gleichzusetzen mit Temperatursenkung. Dies läßt
sich damit erklären, daß Antipyretika die Fieberreaktion in ihrer
Gesamtheit unterdrücken, während die physikalische Kühlung
des Körpers nur die Temperatur senkt, aber andere, für die
Fieberwirkung vielleicht wesentliche Faktoren (z.B. die Stoff-
wechselsteigerung) erhält. Hensel räumte ein, daß physikalische
Maßnahmen umständlicher und für den Patienten mitunter auch
belastender sind als das Schlucken einer Tablette, dennoch
plädierte er dafür, den physikalischen Methoden zur Fiebersen-
kung mehr Beachtung zu schenken als bisher.
G. Kienle (Herdecke/Ruhr) hatte seine Ausführungen über die
Misteltherapie im Vergleich zur Chemo- und Strahlentherapie
speziell auf das Mammakarzinom ausgerichtet. Er bezog sich
unter anderem auf Untersuchungen von Benninghoff und Trien
sowie von Kammer und Mitarbeiter, die gezeigt haben, daß eine
enge Korrelation zwischen der Fünf-Jahres-Überlebensrate und
dem jeweiligen Anteil der Frühfälle in den Therapiegruppen
560
Phys. Med. u. Reh. 10/80, 21. Jahrg.
besteht. Dabei steigt die Fünf-Jahres-Überlebensrate je Jahr
zehnt um etwa 10% an - und zwar unabhängig von der ange
wandten Therapie. Wenn weder epidemiologisch noch in thera
peutischen Studien ein Therapieeffekt feststellbar wird, müss«
man die Frage nach der Wirksamkeit der Operation des Brust
krebses stellen und man müsse sich weiter fragen, ob die Verlän
gerung des Überlebens ab Diagnose eine Folge wirksamer The
rapie oder lediglich der Vorverlegung des bekannten Krankheits
beginnes ist.
Aus einer Zusammenstellung von mehr als 1600 unbehandelter
Patientinnen mit Mammakarzinom ergibt sich eine mittlere Über
lebenszeit zwischen 32 und 46 Monaten. Hierbei müsse jedocl
berücksichtigt werden, daß es sich um eine hochselektioniert«
Gruppe handelt - in mehr als der Hälfte der Fälle bestand be
Diagnose Inoperabilität oder die Patientinnen befanden siel
bereits im präterminalen Stadium. Dies bedeutet, daß anhanc
von unbehandelten Fällen ein Wirksamkeitsnachweis des chirur
gischen Eingriffs nicht geführt werden kann.
Wie Kienle weiter ausführte, wurde aus der Erkenntnis, daß de
örtliche Prozeß der Krebskrankheit Ausdruck der Tumor-Wirtbe
Ziehung ist und daß eine wirksame Krebstherapie nur unte
Berücksichtigung dieser Interaktionen praktiziert werden kann
die Misteltherapie mit Iscador beim Mammakarzinom eingeführt
Der Vortragende räumte ein, daß der Wirkungsablauf bei diese
Mistel-Zubereitung ebensowenig durchsichtig ist, wie es di<
Tumor-Wirtbeziehungen beim heutigen Stand der Forschum
sind. Von verschiedenen Untersuchern konnte eine selektiv«
Zytostase für Krebszellen und eine Immunstimulation des T
Zellsystems nachgewiesen werden, wiederholt wurde auch eini
Besserung des Befindens unter der Misteltherapie beschrieben
In einer großen, nicht randomisierten Studie wurde die Überle
bensdauer unter adjuvanter Iscador-Therapie bei mehr als 130(
Patientinnen im Stadium I und II geprüft. Dabei ergab sich bein
Vergleich der Kontrollgruppe (lediglich Operation) mit der Mistel
gruppe (Operation + Iscador) eine statistisch signifikante Diffe
renz der Überlebensrate zugunsten der letzteren Gruppe.
Die Wirkung der Aristolochiasäure
Aus dem Vortrag von G. Lemperle (Frankfurt/M.) war zu entneh
men, daß eine Stimulierung des RES durch Aristolochiasäun
auch in der Chirurgie von Nutzen sein kann. Es hat sich gezeigt
daß der Funktionszustand des RES nicht nur bei der Bewältigung
von Krankheiten wie Infektionen, Vergiftungen und möglicher
weise auch Krebs eine Rolle spielt - er kann auch durcl
bestimmte Pharmaka stimuliert und beeinträchtigt werden. Mi
Hilfe des Lipofundin-Clearance-Tests wurde bei fast 400 Patien
ten die Phagozytose-Aktivität bei verschiedenen Krankheiter
gemessen. Sie war bei viralen Infekten, Leukämien, schwerer
Traumen, Schock, Narkose sowie unter dem Einfluß verschiede
ner Pharmaka vermindert. Bei Patienten mit rheumatischen un<
allergischen Erkrankungen, bei bakteriellen Infektionen, be
Tumorträgern sowie unter starker Bestrahlung wurde eine Stei
gerung festgestellt.
Auf der Suche nach geeigneten Stimulanzien für den Menschei
überprüfte Lemperle alle bekannten Pharmaka, denen eine Stei
 Phys Med u Reh 10/80,21 Jahrg
gerung der Phagozytose oder der körpereigenen Abwehrkrafte
zugeschrieben wird Er fand, daß lediglich Anstolochiasaure
(Tardolyt) ausreichend effektiv ist, um einem Vergleich mit den
bisher nur in Tierversuchen geprüften Stimulanzien standzuhal-
ten Demnach eignet sich Anstolochiasaure besonders als Adju-
vans für die chirurgische, antibiotische und zytostatische Thera-
pie bei Patienten mit geschwächter Abwehrleistung
Die Mehrzahl der Vortrage auf dem Berliner Fortbildungskongreß
waren (dem Charakter dieser Veranstaltung entsprechend) nicht
naturheilkundlichen, sondern schulmedizinischen Themen ge-
widmet
Varizentherapie
In seinem Vortrag über Medikamente bei Venenleiden erinnerte
N Kluken (Essen) daran, daß bei lumenfordernden Prozessen im
tiefen Venensystem neben der operativen Beseitigung eine Wie-
derherstellung der venösen Strombahn auch medikamentös
durch eine Fibnnolyse mit Streptokinase oder Urokinase vom
Lumen her möglich ist Hierbei hangen die Erfolgsaussichten
weitgehend von der zeitgerechten Diagnosestellung und statio-
nären Einweisung ab Weitere Möglichkeiten, solche Krankheits-
prozesse von der Venenwand her anzugehen, bestehen in der
medikamentösen Beeinflussung der lytischen Aktivität der Ve-
nenwand Dieser zunächst theoretische Aspekt konnte im Tier-
versuch realisiert werden, und er zeigt auch beim Menschen
hoffnungsvolle Ansätze, beispielsweise bei der Anwendung von
Benzaron (Fragivix)
Wenn es zu einer intravasalen Druckerhohung in den Venen
kommt, so wirkt sich dies vornehmlich im Endbereich der End-
strombahn aus und zeigt sich klinisch in einem Venolymphodem
Bei diesen stehen Diuretika und sogenannte odemprotektive
Pharmaka im Vordergrund der Diskussion Wenn eine solche
intravenöse Druckerhohung als Erklärung der Entstehung von
Venenerweiterungen herangezogen wird, so steht dieser Vorstel-
lung die Tatsache gegenüber, daß Venenwande einer viel stärke-
ren Druckerhohung, sogar einem arteriellen Druck, standhalten
können, ohne daß sie varikös entarten Die Verwendung von
Venentransplantaten, beispielsweise in der Koronarchirurgte, ist
hierfür ein Beispiel Druckerhohungen können nur dann effektiv
sein, wenn die Wandspannung der Venen verändert ist
Bei der Besprechung der odemprotektiven Mittel, zu denen Aes-
cine, Flavonoide und Cumanne zu rechnen sind, erwähnte Klu-
ken, daß sich diese aus der Volksmedizin ableiten Dies konnte
ein Grund sein, weshalb sie von vielen kritisch beurteilt werden
LEU KON A
Ol. Terebinth. rectif. 10,0 g, Methyl, salicyl. 15,0 g.
Indikationen: Subakutes rheumatisches Fiel"
Infektarthritis, primär chronische Polyarthr
Lumbai- und Zervikalsyndrom.
Kontraindikationen: Fieberhafte Erkrankungen,
berkulose, schwere Herz- und Kreislaufinsuffizie
Muller-Plettenberg, 29 Kongreß in Berlin
Hinzu kommt noch, daß diese Mittel nicht zu einer so eindrucks-
vollen Beeinflussung des Odems fuhren, wie dies etwa bei den
Diuretika der Fall ist, auch ist ein beweiskraftiges Tiermodell
derzeit noch nicht bekannt Auf der anderen Seite lehrt die
Erfahrung, daß die Patienten nach der Verordnung solcher Medi-
kamente gewöhnlich über ein Nachlassen des Schwere- und
Spannungsgefuhls in den Beinen und über ein Verschwinden der
nächtlichen Wadenkrampfe berichten und daß diese Symptome
wieder eintreten, wenn ein solches Mittel abgesetzt wird
Auf die Frage eingehend, ob es eine Differentialtherapie mit
odemprotektiven Pharmaka gibt, antwortete Kluken, daß er bei
Patienten mit postthrombotischem Syndrom, bei denen die lym-
phatische Komponente überwiegt, Cumanne vom Typ des Vena-
lot gibt, wahrend er beim Überwiegen der venösen Komponente
mehr zu Aescin-haltigen Zubereitungen wie Essaven tendiert In
diesem Zusammenhang wurde erwähnt, daß derzeit eine multi-
zentrische Studie über die Wirkung einer Langzeitbehandlung mit
Aescinen, Flavonoiden und Cumarmen vorbereitet wird, bei der
vor allem die Frage geprüft werden soll, ob die schweren Kompli-
kationen einer subfaszialen chronisch-venösen Insuffizienz (Syn-
onym Postthrombotisches Syndrom) durch eine solche Lang-
zeitbehandlung verhindert werden können
Gonorrhoeprobleme
In seinem Vortrag über genitale Neissenen- und Chlamydienin-
fektionen hob D Petzoldt (Heidelberg) einige Gesichtspunkte
hervor, die früher zu wenig Beachtung gefunden haben Hierzu
gehört die Erkenntnis daß eine symptomlose Gonorrhoe nicht
nur bei Frauen sondern auch bei Mannern keineswegs selten
vorkommt und daß N gonorrhoeae hamatogen oder lymphogen
den Bereich der Genitalien verlassen und sich anderenorts
ansiedeln können Auf diese Weise kann es zu einer Penhepatitis
acuta gonorrhoica kommen, bei der es sich um eine in der
Leberregion lokalisierte Pentonitis mit der klinischen Symptoma-
tik einer akuten Cholezystitis handelt Von der in letzter Zeit
häufiger beobachteten pharyngealen Gonokokkeninfektion
wurde gesagt, daß diese nicht durch lymphogene oder hamato-
gene Streuung, sondern durch oro-genitalen Geschlechtsverkehr
verursacht wird Sie verlauft in den meisten Fallen symptomlos,
nur bei einigen Patienten bestehen leichte, uncharakteristische
Halsbeschwerden gelegentlich kommt es auch zu einer fieber-
haften Tonsillitis Insgesamt stellt diese Art der Gonokokkenin-
fektion wohl kein Risiko dar - eine Übertragung durch Küssen
wurde bis heute jedenfalls nicht nachgewiesen
Hersteller:
Dr. Atzinger & Co. KG,
8390 Passau
Depositeur für Österreich,
Mag. Doskar, Ges.m.b.H, Wien
Depositeur für die Schweiz:
Medinca, 6301 Zug
561
 Granoton
Natürliches Vitamin-E-Tonikum
mit Weizenkeimextrakt
Hersteller: Keimdiät GmbH, 8900 Augsburg 11
v Postfach 11 16 49, Tel. 0821/31 10 22
Die Standardbehandlung der Gonorrhoe besteht derzeit in einer
Einseitbehandlung mit Penicillin oder Penicillinderivaten, kombi-
niert mit Probeneeid (Benemid), welches zugesetzt wird, um die
Ausscheidung zu verzögern und so den Antibiotkaeffekt zu ver-
längern. Als ein gravierendes Problem hat sich das Auftreten von
absolut Penicillin-unempfindlichen Stämmen erwiesen, die aus
Femost bzw. Westafrika eingeschleppt wurden. Der Weltgesund-
heitsorganisation liegen Meldungen über Penicillin-unempfindli-
che Gonokokkenstämme aus 29 Ländern vor. In solchen Fällen,
und auch beim Vorliegen einer Penicillin-Allergie, muß man auf
Alternativ-Antibiotika ausweichen, beispielsweise auf Spectino-
myein (Stanilo). Auch Thiamphenicol oder Penicillinase-feste
Cephalosporine können hier alternativ eingesetzt werden.
Die Frage des Übergangs auf andere, Nicht-Penicillin-Antibiotika
ist noch aus einem weiteren Grund interessant: In 20% der Fälle
liegt nicht eine Einfachinfektion mit N.gonorrhoeae vor, sondern
es besteht eine Doppelinfektion mit Chlamydia trachomatis. Die-
ser Keim, der nicht zu den großen Viren, sondern zu den Bakte-
rien gehört, ist die Hauptursache für das Auftreten der post-
gonorrhoischen Urethritis, da er durch das zur Behandlung der
Gonorrhoe benutzte Penicillin nicht abgetötet wird. Hingegen
sprechen Chlamydien gut auf Tetracycline, Erythromycin und auf
Sulfonamide an, wobei die Behandlungsdauer zehn Tage nicht
unterschreiten sollte.
Akute Thoraxsymptome
H. Lode (Berlin) sprach über pulmologische Aspekte bei akuten
Thoraxsymptomen, wobei er unter anderem auch auf die
Behandlung des Status asthmaticus einging. Wenn hierbei Theo-
phyllin-Derivate und Beta2-Sympathikomimetika eingesetzt wer-
Prostata-
hypertrophie
Stadium I und
beginnendes
Stadium II
562
Zusammensetzung: 100 ml GRANOTON enthalten 250 I E Tocophero-
le natürlicher Herkunft, 3,48 g Extr Tritici sativi e embryo spir spiss,
Droge zu Extr 9 1 (Weizenkeimvollextrakt), 13,92 g Weingeist (96
Vol %)
Indikationen: Biologische Regeneration, Ergänzung der Vlt-
amfn-E-Oepots, Erschöpfungszustände, Rekonvaleszenz, Toni-
sierung von Herz und Kreislauf, Linderung von Altersbe-
schwerden.
Gegenanzeigen: Nicht geeignet für Diabetiker und bei Alkoholunvertrag-
hchkeit
Handelsformen 100 ml, 250 ml, 500 ml
den, so führen diese zu einer Erhöhung des cAMP in der Muske
zelle und damit zu einer Tonusabnahme, d.h. zu einer Bronch
spasmolyse. Um bedrohliche Rhythmusstörungen zu vermeide
muß Aminophyllin langsam injiziert werden. Für die Applikatic
der ersten Ampulle (ä 0,24 g) sollte man sich fünf bis zer
Minuten Zeit lassen, besser ist es, zwei Ampullen innerhalb vc
20 Minuten zu infundieren mit anschließender Dauerinfusion vc
0,9 mg/kg/h, wodurch Serumspiegel im therapeutisch optimale
Bereich von 10 bis 20 /a/ml erreicht werden. Eine Tagesdosis vc
sechs Ampullen sollte nicht überschritten werden. Bei ungen
gender Wirkung von Aminophyllin können zusätzlich Glukokor
koide in einer Dosierung von 50 bis 200 mg Prednisolon-Äquiv
lent alle vier Stunden gegeben werden. Hierbei gilt es zu beac
ten, daß eine Wirkung der Steroide erst nach 30 bis 60 Minute
zu erwarten ist. Bronchodilatatoren sollten im Status astmatici
nicht oral, rektal oder als Aerosol verabreicht werden, wi
Umfang und Geschwindigkeit ihrer Resorption und Wirkung ;
unsicher sind.
Zu den Parallelveranstaltungen des Berliner Fortbildungsko
gresses gehörte ein medizinisches Filmprogramm, welches (
Titel umfaßte, von denen einige prämiert wurden. Der 1. Prei
eine „goldene Rose" sowie ein Wanderpreis der Kongreßgese
schaft ging an zwei Filme aus der von der Sandoz AG hergeste
ten Serie „Topographische Diagnostik in der Rheumatologie
Mit dem 2. Preis und einer „silbernen Rose" wurde der von d
Kali-Chemie präsentierte Streifen „Gastrointestinale Motilitä
ausgezeichnet. Der 3. Preis, ebenfalls mit einer „silbernen Rosi
verbunden, wurde dem Milupa-Film „Wir bekommen ein Kim
zuerkannt.
Anschrift des Verfassers: Dr. D. Müller-Plettenberg, Herzkamper Str. 1
D-5600 Wuppertal 2.
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Wirkung
Die Wirkung des Wismutsalzes beruht auf der Bildung eines
Schutzfilms auf der Magenschleimhaut. Daneben wirkt es anti-
septisch und adstringierend sowie sekretionseinschränkend,
wodurch der pH-Wert des Magensaftes verbessert wird.
Der Schutzflim des Wismuts wird verstärkt durch die Schleim-
stoffe des Leinsamens, die durch Pufferung gleichzeitig säure-
bindende Eigenschaften besitzen. Durch den hohen Gehalt an
Linol-und Linolensäure übt Leinsamen neben dem Einfluß auf
den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel auch eine spezifische
Wirkung auf die Magenschleimhaut aus im Sinne einer lokalen
Entzündungshemmung.
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vergoren, welche die toxischen Fäulnisbakterien hemmt und die
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Ein zukunftssicherer Beruf:
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Der Hörgeräte-Akustiker hat eine wichtige soziale Aufgabe
„Mein Verdienst ist nicht schlecht. Aber was mich zufrieden
macht ist der Umstand, daß ich vielen Menschen helfen kann",
sagte Bernd Riese, Hörgeräte-Akustiker in einer norddeutschen
Großstadt. Der junge Mann übt einen jener modernen, erst in den
letzten Jahren entstandenen Berufe aus, die aus der handwerkli-
chen Tradition entstanden, heute aber ein gerüttelt Maß an
technischem Wissen und ständige Weiterbildung voraussetzen.
Dafür aber ist der Beruf des Hörgeräte-Akustikers zukunftssicher.
Denn immer mehr Menschen müssen sich mit Hörproblemen
plagen: Zunehmende Lärmbelästigung in Beruf und Umwelt,
aber auch die auf natürliche Weise auftretende Altersschwerhö-
rigkeit bewirken, daß jeder zweite Bundesbürger über 60 Jahre
schlecht hört. Zudem bewirkt die immer perfekter werdende
medizinische Früherkennung, daß auch bei Kindern und Jugend-
lichen auftretende Hörstörungen erkannt und - wenn möglich -
durch Hörgeräte kompensiert werden.
Der Kundenkreis eines Hörgeräte-Akustikers setzt sich also aus
Menschen aller Altersstufen zusammen. Der Umgang mit Ihnen