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Zuschriften und Kritik an:

Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Lektorat Medizinstudi um, Hackerbrücke 6, 80335 München , E-Mail: medizinstudium@elsevier.de

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Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indi-
kation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber
nicht von der Verpflichtung, anhand der Beipackzettel zu verschreibender Präparate zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in
diesem Buch abweichen, und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen.

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1. Auflage 2009
© Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH.

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Programmleitung: Dr. Dorothea Hennessen


Planung: Christina Nußbaum
Lektorat: Inga Dopatka
Redaktion+ Register: Text + Design Jutta Cram, Augsburg
Herstellung: Andrea Mogwitz, Elisabeth Märtz
Satz: Kösel, Krugzell
Druck und Bindung: MKT-Print, Ljubljana
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm
Titelfotografie: © DigitaiVision/ Geuylmages, München
Gedruckt auf I 00 g Eurobulk I, I f. Vol.

Printed in Slovenia
ISBN 978-3-437-42496-0

Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevie r.de und www.elsevier.com
Vorwort II I 111
Liebe Leserinnen und Leser, kenswerten Pathogenese. Nur ein kleiner Teil dieser hochspe-
ziellen Fragen kann in dem Buch angeschnitten werden. Ich
das vorliegende Buch soll einen möglichst einfachen Einblick habe aber versucht, die oft gefragten seltenen Erkrankungen
in die Grundlagen der Immunologie und einen breiteren mit abzudecken. Zunehmend werden vor allem im zweiten
Überblick über die klinische Immunologie bieten. Es orien· Staatsexamen auch Medikationen abgefragt. Deshalb habe ich
tiert sich an den Prüfungserwartungen und an der klinischen typische Therapiemöglichkeiten versucht mit anzugeben.
Anwendbarkeit. Die Epidemiologie halte ich für ausgesprochen wichtig, da im
Ich bin nun am Ende meines praktischen Jahres angekommen Medizinstudium oft seltene Erkrankungen ausführlich behan-
und habe zuvor in Immunologie promoviert. Das Immun- delt werden und man dann erstaunt ist, wenn man die Inzi-
system hat mich schon immer fasziniert. Leider wird man am denz nachschlägt.
Anfang durch die enorme Komplexität verwirrt und verun- Mein besonderer Dank gilt Prof. Antonio Pezzutto für die
sichert. Die Vielzahl der Moleküle und die Detailliertheit, in ausgiebigen Korrekturen und die umfassende Unterstützung.
der heute Immunreaktionen verstanden werden, führen Weiterhin möchte ich Prof. Arnold, Prof. Schindler, Prof.
meist zu endlosen theoretischen Abhandlungen, die den Stu- Schröder, Dr. Schoeler, Dr. Neuburger und Dr. Skordis für das
denten nicht viel helfen. Bereitstellen der Bilder danken. Prof. Kammerzell danke ich
Ich habe hier also versucht, die Einführungskapitel einfach sehr für die Übersetzung des hieratischen Textes, Gabriele
und ohne unnötiges Spezialwissen zu gestalten. Der klinische Oepen, Saskia Thomas und Wiebke Liwak danke ich für
Teil soll dann eine grobe Reise durch alle klinisch relevanten das Korrekturlesen. Ich danke auch den Mitarbeitern von
Immunphänomene, vor allem von Autoimmunreaktionen, Elsevier, Urban & Fischer, vor allem Frau Inga Dopatka und
darstellen. Dabei fand ich in der Zeit zunehmender münd- Frau Christina Nußbaum, für ihre Geduld und die immer
licher Prüfungen die offensichtlichen Befunde besonders nette Betreuung.
wichtig. Es ist schön, wenn man nach einer Untersuchung Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und hoffe, dass das
des Patienten schon die wahrscheinlichste Diagnose kennt. Buch ein anderes, einfacheres Licht auf die Immunologie
Viele Bilder sollen typische Hautbefunde etc. einfach verdeut- werfen kann. Fragen beantworte ich gerne per Mai!
lichen. (oliver.schmetzer@gmx.net).
Die Lehrveranstaltungsordnungen und Prüfungsprotokolle
sind leider von Uni zu Uni sehr unterschiedlich. Oft gibt es
Multiple-Choice-Fragen hinsichtlich sehr spezieller, seltener Berlin, M/irz 2009
Syndrome. Auch wird in mündlichen Prüfungen teilweise Oliver Schmetzer
nach speziellen Syndromen gefragt, oft aufgrund der bemer-

Prof. Dr. Antonio Pezzutto


Facharzt für Hämatologie (Univ. Padua), Innere Medizin und internationaler Fachgesellschaften. Seine Schwerpunkte sind
Rheumatologie (Univ. Heidelberg). Seit 1994 stellvertr. Leiter die klinische Hämatologie und die Immuntherapie maligner
der Abteilung Hämatologie/Onkologie der Charite, zunächst Erkrankungen. Er leitet die Arbeitsgruppe "Molekulare
am Campus Berlin·Buch, dann am Campus Virchow-Klini- Immuntherapie" am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare
kum. Medizin in Berlin-Buch. Er ist Mitautor des Taschenatlas der
Antonio Pezzutto ist Mitglied verschiedener nationaler und Immunologie.
Inhaltsverzeichnis IV I V

A Allgemeiner Teil .. . . . . . ..... ... .... . 2-33 I Erworbene Immundefekte I: AIDS .. . . . .. .. . 52


I Fortsetzung AIDS ...... . ........ .. .... . 54
Einführung ................... .. .. .. . . 2-5 I Erworbene Immundefekte Il: Virusinfektionen
und Bakterien . . ..... .. . . .. . .... . .... . . 56
I Eine kurze Geschichte der Immunologie .... . 2 I Erworbene Immundefekte III: Parasiten
I Überblick über das Immunsystem ....... . . . 4 und Fungi .. ....... .......... . . ... ... . 58
Lymphsystem . ............... ....... . 6-9 Autoimmunreaktionen . ............... . 60-83
I Anatomische Organisation . .............. . 6 Hauterkrankungen ..... . . ............ . . 60
I Lymphknoten und Lymphabflusswege ...... . 8 Allergien und Überempfindlichkeitsreaktionen 62
Chronische Darmentzündungen ... ...... . . 64
Molekulare und zelluläre Mechanismen 10- 25 Gastroenterologische Autoimmunreaktionen .. 66
I Effektormechanismen des Immunsystems .. . . 10 Arthritiden .. ........ ..... . .... . . . ... . 68
I Die angeborene Immunität ....... .. .. ... . 12 Lupus ...... .. . ...... . ......... . .... . 70
I Entwicklung der Lymphozyten und zentrale Vaskulitis ........ . .................. . 72
Toleranzmechanismen ...... ..... .. .... . 14 Sarkoidase und Sklerodermie ... ... .. .. ... . 74
I Antikörperbildung ..................... . 16 Hämatologische Autoimmunreaktionen ..... . 76
I Zelluläre Immunreaktionen .............. . 18 Neurologische Autoimmunreaktionen . . .... . 78
I Zytokine, Chemokine und Interferone ...... . 20 Nephrologische Autoimmunreaktionen ... .. . 80
I Der Histokompatibilitätskomplex und die Endokrinalogische Autoimmunreaktionen ... . 82
Antigenpräsentation ........ ...... ..... . 22
I Der Ablauf einer Immunreaktion . . ...... . . . 24 Therapien und therapieassoziierte
Erkrankungen .... . .. .. . . ...... . .. ... . 84 - 93
Molekulare Pathogenese in der
I Virusassoziierte Tumoren und Tumor·
klinischen Immunologie ............. . . 26- 33 immunologie . .. ...... ... .. . . . ... . . .. . . 84
I Toleranz und Autoimmunreaktionen ....... . 26 I Allogene Knochenmarktransplantation
I Allergien und systemische Effekte einer und GvHD ...... . .... . ........ ...... . 86
generalisierten Immunantwort .... ... ... . . 28 I Therapie der Autoimmunerkrankungen I . ... . 88
I Nachweismethoden von humoralen I Therapie der Autoimmunerkrankungen I!. ... . 90
Immunantworten, Durchflusszytometrie und I Therapie der Autoimmunerkrankungen III .. . . 92
Histologie .......................... . . 30
I Antikörpertherapien .... . ..... . ... ..... . 32 C Fallbeispiele ...................... . 94-103
I Fall 1: Neutropenes Fieber . ... . . . . . . . . . .. . 96
B Spezieller Teil ..................... . 34-93 I Fall 2: Fingergelenksteife . ... . . . .... .. . .. . 98
I Fall 3: Generalisierte Lymphadenopathie .... . 100
Akute und chronische Infektionen ..... . 34-47 I Fall 4: Fieber und Gelenkschmerzen ...... . . 102
I Akute Infektionen und reaktive Arthritiden .. . 36
I Chronische Infektionen 1: Tuberkulose . . .... . 38 DAnhang .. . . . .. . ... . ....... ... ... · · · 104-109
I Fortsetzung Tuberkulose ......... ... . .. . . 40
I Glossar ...................... . · · · · · · · 106
I Chronische Infektionen li: Herpesviren ..... . 42
I Tabelle Nobelpreisträger .. . ..... ....... . . 108
I Chronische Infektionen III: Hepatitisviren ... . 44
I Quellen· und Literaturverzeichnis . ..... .. . . 109
I Parasitäre Infektionen ...... ...... . .... . . 46

Immundefekte .. ..................... . 48-59 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110-112


I Angeborene Immundefekte I ....... ...... . 48
I Angeborene Immundefekte II ...... .. ... . . 50
Abkürzungsverzeichnis
A. Arteria dsDNA/ ·RNA doppelsträngige Desoxyribon ukleinsäure/
ACE angiotensinkonvertierend es Enzym Ribon ukleinsäure
ACTH Adrenocorticotropic hormone (Kortikotropin ) DTH Delayed type hypersensitivity
ADH antidiuretisches Hormon DZ dendritisc he Zelle
AICD Activation-induced cell death
AIDS Acquired immune deficiency syndrome EBV Epstein· Barr-Virus
AIH Autoimmunhepatitis ECM extrazelluläre Matrix
AIHA autoimmunhämolytische Anämie ECP Eosinophil cationic protein
AlP Autoimmunpanl<reatitis EDN Eosinophil-derived neurotoxin
ALL akute lymphatische Leukämie EDTA Äthylendiami ntetraessigsäure
ALT Alaninaminotransferase EGF epidermaler Wachstumsfaktor
AMA antimitochondriale Antikörper EHEC enterohämorrhagische Escherichia coli
ANA antinukleäre Antikörper ELlSA Enzyme-linked immunosorben t assay
ANCA antineutrophile zytoplasmatische Antikörper EPO Eosinophilenperoxidase oder Erythropoetin
APP Akute-Phase-Protein ER endoplasmatisches Retikulum
APS Anti-Phospholipid-Syndrom
APZ antigenpräsentierende Zellen Fab antigenbindendes Fragment
ASMA Anti smooth muscle cell antibody FACS Fluorescence-activated cell sorting
ASS Acetylsalicylsäure Fas Apoptosis stimulating fragment
AST Aspartataminotransferase FasL Fas-Ligand
AT Ataxia teleangiectatica Fe konstantes Fragment
ATG Antithymozytenglobulin FcyR I, 11, 111 IgG- Rezeptor I (C D64), li (CD32), I1I (CD 16)
AZA Azathioprin FDZ foll ikuläre dendritische Zelle
FK Fremdkörper
B-Zelle Bone-marrow-Zelle
BALT Bronchus associated lymphoid tissue GAD Glutamic acid decarboxylase
BCG Bacillus Calmette-Guerin GALT Gut-associated lymphoid tissue
BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit GBM glomeruläre Basalmembran
BZR B-Zell-Rezeptor GBS Guillain-Barre-Syndrom
G-CSF Granulozytenkalonie-stimulierender Faktor
Cl etc. Komplementprotein 1 (I - 9) Gl. Glandula
Ca Karzinom GM-CSF Granulozyten- und makrophagenkolonie-
CCP zyklische, citrullinierte Peptide stimulierender Faktor
CCR Chemokinrezeptor für CC-Chemokine GP Glykoprotein
CD Cluster of differentiation GRE Glucocorticoid-responsive elements
cDNA komplementäre DNA GvHD Graft-versus- Host- Reaktion
CDR komplementaritätsbestimmende Regionen GvL Graft -versus-Leukämie- Reaktion
des Antikörpers Gy Gray
CLL chronische lymphatische Leukämie
CML chronische myeloische Leukämie HAART hochaktive antiretrovirale Therapie
CMV Zytomegalievirus HAV, HBV etc. Heptitis-A-, -B-Virus etc.
COPD chronisch obstruktive Lungenerkrankung hBD-1 humanes ß-defensin-1
CpG bakterielle DNA-Sequenzen mit hohem Cyto- HBsAg Hepatitis- B-lösliches Antigen
sin-Phosphatidyl-Guanosin -Anteil HOL High-densi ty-Li poprotein
CR Komplementrezeptor HER Human epidermal growth factor receptor
CREST Calcinosis cutis, Raynaud -Syndrom, Öso- HEV hochendotheliale Venulen
phagus-Beteiligung, Skieradaktylie und HHV humanes Herpesvirus
Teleangiektasien HN humanes Immunschwächevirus
CRP C-reaktives Protein HLA humanes Leukozyte nantigen
css Churg-Strauss-Syndrom HPV humanes Papillomavirus
CT Compu tertomogramm Hsp Heat shoc k protein, Protein der Stressantwort
CyA Cyclosporin A HSV Herpes-si mpl ex·Virus
HUS hämolytisch-urämisc hes Syndrom
DD Differentialdiagnose
DMARD "disease modifying antirheumatic drugs" i.m. intramuskulär
DNA Desoxyribonukleinsäure i. V. intravenös
Abkürzungsverzeichnis
VII VII

IA-2 insulinomassoziiertes Protein 2 PSC primär sklerosierende Cholangitis


IBD entzündliche Darmerkrankungen PTLD Posttransplantationslymphom
ICAM interzelluläres Adhäsionsmolekül
IFN Interferon RA rheumatoide Arthritis
IgA, -D usw. Immunglobulin A, D usw. RAG Recombinase-activating genes
IL Interleukin RANK Receptor activator of NF-KB
INH Isoniazid RES retikuloendotheliales System
INH Inhibitor RF Rheumafaktor
ITP idiopathische thrombozytopene Purpura Rh Rhesusfaktor
RIA Radioimmunassay
L. Leishmania RKI Roben-Koch-Institut
LD Letaldosis RNA Ribonukleinsäure
LDH Lakta td ehydro gerrase RNP Ribon ukleoprotein
LFA Lymphocyte function-associated antigen RT reverse Transkriptase
LK Lymphknoten
LN Lupusnephritis s. c. subcutan
LPS Lipopolysaccharid SAA Serumamyloid A
LWS Lendenwirbelsäule Sch. Schistosoma
SCID schwerer kombinierter Immundefekt
M. Morbus SIADH Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion
MAC Macraphage differentiation antigen SIRS Systemic inflammatory response syndrome
MALT Mucosa-associated lymphoid tissue SLC Secondary lymphoid-tissue chemokine
MBP Major basic protein (der Eosinophilen) SLE systemischer Lupus erythematodes
MCP Monozyten-chemotaktisches Protein Sm Smith-Antigen
MCV mittleres Erythrozytenvolumen ssDNA/RNA einzelsträngige Desoxyribonukleinsäure/
MDS myeloplastisches Syndrom Ribonukleinsäure
MHC Major histocompatibility complex sws sakrale Wirbelsäule
MMF Mykophenolat Mofetil
MPA mikroskopische Polyarteriitis T. Tonsilla
MPO Myeloperoxidase T-Zelle Thymuszelle
MRT Magnetresonanztomografie Tbc Tuberkulose
MS Multiple Sklerose TEM Transmissionselektronenmikroskopie
MTX Methotrexat TGF Transformierender Wachstumsfaktor
ThO, -1 ,-2 I-Helferzellen vom Typ 0 (undifferenziert),
N. Nervus 1 (inflammatorisch, zytotoxizitätstimulie-
NF Nuclear Factor rend), 2 (B-Zell-stimulierend]
NK-Zelle natürliche Killerzelle TLR Toll-Jike receptors
NNR Nebennierenrinde TNF Tumor-Nekrose-Faktor
NO Stickstoffmonoxid TNFR TNF-Rezeptor
NSAID Non-steroidal anti-inflammatory drugs TRAIL "TNF-related apoptosis-inducing Iigand"
NSAR nichtsteroidale Antirheumatika Treg regulatorische T-Zellen
NSCLC nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom TTP thrombotisch-thrombozytopene Purpura
NW Nebenwirkung TZR T-Zeii-Rezeptor

OMF Osteomyelofibrose UDCA Ursodesoxycholsäure

PALS periarterielle lymphatische Scheiden VEGF vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor


PAN Polyarteriitis nodosa VEGFR Rezeptor des VEGF
PBC primäre biliäre Zirrhose VN Varicella-Zoster-Virus
PeP Pneumocystis-carinii-Pneumonie
PCR Polymerasekettenreaktion WG Wegener-Granulomatose
PML progressive multifokale Leukoenze-
phalopathie ZAP70 CD 3-Zetaketten-assoziiertes Protein
PNS peripheres Nervensystem ZNS Zentralnervensystem
PR3 Proteinase 3
=

Einführung 14 Entwicklung der Lymphozyten und


Toleranzmechanismen
2 Eine kurze Geschichte der 16 Antikörperbildung
Immunologie 18 Zelluläre Immunreaktionen
4 Überblick über das Immunsystem 20 Zytokine, Chemokine und Interferone
22 Der Histokompatibilitätskomplex und
die Antigenpräsentation
Lymphsystem 24 Der Ablauf einer Immunreaktion

6 Anatomische Organisation
8 Lymphknoten und Lymph- Molekulare Pathogenese in der
abflusswege klinischen Immunologie

26 Toleranz und Autoimmunreaktionen


Molekulare und zelluläre Mechanismen 28 Allergien und Effekte einer
generalisierten Immunantwort
10 Effektormechanismen des 30 Nachweismethoden von
Immunsystems Immunantworten
12 Die angeborene Immunität 32 Antikörpertherapien
Eine kurze Geschichte der Immunologie
Wenn wir heute über Organtransplantation, Zusammenhänge der humoralen Immun- das ABO-Bi utgrupp ensystem. Er glaubte,
Autoimmunerkrankunge n oder AIDS reden, reaktion geforsch t. Er war einer der ersten dass Antikörper nicht abso lut spezifisch sein
dann sollten wir uns an die Menschen er- wahren .. Biochemi ker", sowoh l in Techno- können, sondern kreuzreagie ren müssen, da
innern, die durch nächtelange Arbeit ihren logie als auch im Denken , was ihm 1908 sonst eine nicht mögliche Vielfa lt von Anti -
kleinen oder großen Beitrag dazu geleistet den Nobelpreis einbrachte. Er veröffentlich- körpern im Serum vorhand en sein müsste.
haben. Ohne die Erkenn tnisse dieser Wissen- te über 200 Beiträge. Neben der Forschung Durch Immunisierungen mit chemisch ähn -
schaftler wären keine Impfungen, keine Or- an Heilseren, hier vor allem des Diph theri e- lichen Benzolverbindungen konnte er wäh -
gantransplantation und keine monok!onalen serums, beschäftigte sich Eh rl ich mit anti - rend des Ersten Weltkriegs tatsächlich die
Amikörper verfügbar. Diagnostik kann oft mikrobieller Chemo therapie zur Behand lung Kreuzreakti vität von Antik örpern zeigen.
nur mithilfe monoklonaler Antikörper fu nk- der Syphilis, der Schlafkrankheit und des Seine Forschungsbedingu ngen in Wien kann
tionieren . Sie dienen uns heute als alltäg- Rückfallfiebers. Die Chemotherapeutika, die man sich kaum vorstellen, da Hunger und
liches Werkzeug etwa wie ein Mikroskop er benutzte, enth ielten giftige Schwermetall· Kälte vorherrsc hten und die vielen Tiere, die
und erlauben uns eine Feinuntersuchung oder Azoverbindun gen und sind vergleich· nötig waren, kaum An tikörper prod uzierten _
biologischer Materialien, die ohne sie nicht bar mit heutigen Zytosta tika. So wie heute in dieser Zei t litten die Sold aten unter Infek-
möglich wäre. Cyclophosphamid die Krebszellen au fgrund tionen und Ehrlichs Seren bewiesen ihre
Die Geschichte der modernen Immunologie des schn ellen Wachstums bevorzugt atta- Wirksamkeit.
beginnt etwa 1880 mit der Serologie, wobei ckiert, waren zu Ehrl ichs Zeiten Mikroorga- 1930 beschri eb Felix Haurowi tz die ,.Tem-
die Pockenimpfung bereits ein Jahrhundert nismen das Ziel, die ja viel schneller wach· plate"-Theorie, die von einem neuen Kon -
vorher entwickelt wurde. sen als eukaryotische Zellen. zept der Antikörperbindun g ausgi ng. Nicht
Zur Erklärung der Wirkweise seiner Seren mehr kovalent wie in Ehrlichs chemischem
favori sierte Ehrlich seine Seitenkette ntheorie Modell, sondern reversibel im Sinne der auF-
Impfungen
(I Abb. I ), in der die Anti körper lösliche kommenden Kolloidchemie soll ten die Anti-
Der englische Begriff für Impfung "Vaccina- Rezeptoren für das entsprechend e Toxin dar- körper das Anti gen umschli eßen.
tion" leitet sich vom lateinischen Wort stellten. Da das Gift die Rezeptoren besetzt, Rodney Porter spalte te Gammaglobuline mit
"vacca" für Kuh ab. Er wurde von Edward entsteht ein Hungersignal, in dessen Folge Papain und separierte die Fragmente durch
Jenner ( 1749 - 1823) als Bezeichnung der die Zelle nun im Überschuss Rezeptoren pro- Säulenchromatografi e. Er trennte so das
Impfung mit Kuhpocken geprägt, die Schutz duziert, um die Ernährung sichern zu kön - Fab· vom Fe-Teil. Durch die Spaltung von
gegen die "Smallpox", die Variola vera, bot. nen. Ein Teil dieser Rezeptoren wird in die Disulfi dbrü cken konnte er darüber hinaus
Diese Erkrankung trieb damals Hundertau - Lösung abgegeben und ist so als Gegenpart ein schweres und ein leichtes Fragment un-
sende in den Tod. Die Pocken führten nach zum Toxin auf andere Organismen übertrag- terscheid en. Er entwickelte das heute gü l-
Einschleppung aus dem arabischen Raum zu bar. Dieses Ernährungskon zept beruht auf ti ge Y-Mod ell der Antikörperstruktur, für das
einer ersten Pandemie ( 165- 180), die als Überlegungen von Pasteur und kommt bei er 1972 zusamm en mit Gerald M. Ed elman
"antoninische Pest" bekannt wurde und der Ehrlich immer wieder vor, auch beim Tumor- den Nobelpreis erhal ten hat.
auch der römische Kaiser Mare Aurei zum wachstum und bei der Resistenzbildung. Nun fehl te nur noch die M onoklonalität. Sie
Opfer fiel. Kar! Landsreiner ( 1868 - 1943) bezweifelte wu rde 1965 von Frank Pu tman durch Ana -
jenner machte Menschenversuche, auch an die absolute Spez ifität von Ehrlichs Rezeptor- lyse des Paraproteins von Myelompatienten
seinem Sohn, nachdem er beobachtet hatte, theorie. Bereits 1901 beschrieb Landsreiner beschrieben. M. D. Poulik und Gerald Ed el-
dass bei Melkerinnen, die sich mit Kuh -
pocken infiziert hatten, die Variola-vera-
Infektion mild verlief. Die Variola-Viren be-
sitzen abgesehen vom Menschen kein natür-
liches Reservoir, daher war eine Ausrottung
der Pocken durch die Impfung möglich.
Ähnlich könnte man - wie von der WHO
angestrebt - Polio ausrotten. Denn auch
dieses Virus besitzt kein natürliches Reser-
voir.
Bevor Jenner die Impfung wissenschaftlich
untersuchte, wurd en bereits in der Türkei
erste Impfversuche unternomm en . Ein be-
kannter Impfstamm hei ßt deshalb "Anka ra -
Stamm ".

Vom Heilserum zum mono-


klonalen Antikörper I Abb. 1: Ant ikö rp or-Mod II nac h Paul hrlich
von 1902 . ]9]
Als erste Beschreiber des adaptiv n Immun -
system s kann man ll ja lljitsc h Metsc hnikow
( ! 845 - 1916) und Paul Ehrlich ( 1854- 19 15)
nennen. Ehrlich hatte nach der Entwicklun g
seiner Heilseren über die mol ekularen
Einführung
213

mannstellten bereits 1961 mithilfe von Seit 1964 finden Kongresse zur Gewebe- zu werden. Dieses Signal wird von profes·
Separation im Stärkegel dar, dass das Bence- kompatibilität und zum MHC-Komplex sionellen antigenpräsentierenden Zellen
Jones-Protein dieser Patienten den Leicht- statt. J. L. Straminger und P. A. Peterson se· gegeben.
ketten der Antikörper entsprach. Die Mono- quenzierten die MHC·Moleküle auf Amino- Polly Matzinger beschrieb 1994 das "Dan·
klonalität der unsterblichen Myelomzellen säureebene; dies war 1987 die Vorlage zur ger"-Modell, nachdem das Immunsystem
wurde kurz darauf durch serielle Trans· 3-D-Struktur und zur Identifikation des Gen· nur reagiert, wenn eine Gefahr droht. Das
plantation in Nacktmäusen gezeigt. Georges locus. Modell basiert auf der grundlegenden Be·
Köhler und Cesar Milstein (Nobelpreis 1984) obachtung, dass die Apoptose, also der kon·
fusionierten 1975 das erste Mal Myelom- Die klonale Selektionstheorie !rollierte Zelltod, keine Entzündungsreak·
zellen mit antikörperproduzierenden B-Zel- und Toleranz tion hervorruft. Sie ist eine vom Organismus
len. Nun konnte jeder beliebige Antikörper gewollte Reaktion ohne Bedrohung. Nekro·
du rch diese Technik monoklonal produziert 1959 veröffentlichte Frank Macfarlane Bur· tische Prozesse, die durch Trauma oder ln·
werden (s. Seite 32). nett (1899-1985) seine bis heute praktisch fektion hervorgerufen werden, lösen dage·
ohne größere Abstriche gültige klonale Se- gen eine immunologische Reaktion aus. Ein
Die zelluläre Immunität lektionstheorie der erworbenen Immunität. Tumor stellt also zuerst keine Gefahr dar, da
Danach ist die Bildung von Antikörpern er kein "Danger"·Signal auslöst, und wird
llja lljitsch Metschnikow beobachtete bereits kein chemischer Adaptationsprozess, wie ignoriert.
um 1880 eine unspezifische zelluläre lmmu· von Haurowitz oder Ehrlich beschrieben, Shimon Sakaguchi, ein Pathologe aus Kyoto,
nität. Er beschrieb Phagozyten, die Fremd- sondern ein biologischer, darwinistischer prägte 1995 den Begriff der "regulatorischen
körper und Bakterien aufnahmen, ohne dass Prozess der Auslese. Ein paar Zellen wer· T-Zellen" ("Tregs"), der in der gegenwärti·
vorher eine Exposition und dadurch eine den aus einer Vielzahl von B-Zellen in den gen Literatur ständig zu finden ist. Tatsäch·
Immunität mittels Gedächtnisfunktionen Keimzentren der Lymphknoten selektiert lieh ist die Fähigkeit von TZellen, Immun·
erzeugt werden mussten. und wachsen in einem logarithmischen antworten zu regulieren, seit Jahrzehnten
Erst um 1960 wurden T·Zellen als weitere, Prozess klonal heran. Diese Zellen bilden bekannt. Doch Sakaguchi gelang es, eine
jedoch spezifische Komponenten beschrie- dann einen spezifischen, mit ihrem B·Zell· T-Zell·Population durch zwei einfache Ober·
ben. 1982 fand Ellis Reinherz eine Verbin· Rezeptor identischen Antikörper. Auto· flächenmoleküle zu definieren. Die "Tregs"
dungzwischen einem von ihr erzeugten reaktive Zellen werden frühzeitig und wie· werden als CD4· und CD25·positiv beschrie·
Antikörper und der Antigenerkennung in derum klonal in ihrer Entwicklung entfernt. ben. Bei Depletion dieser Zellen geht Tole·
TZellen. 1983 konn ten dann mit einer Dieses Modell trifft auch auf die T-Zell-Ent· ranz verloren und es kommt zu Autoimmun·
"Fingerprint"·Methode erste Peptide des wicklung zu und brachte Burnett zusam· phänomenen. Transferiert man andererseits
TZell-Rezeptors identifiziert werden. Bereits men mit Peter Brian Medawar I 960 den diese Zellen zu einem anderen Organismus,
1974 beschrieben Ralf Zinkernagel und Nobelpreis. so kann man Toleranz übertragen. Theore·
Peter Doherty das MHC-Molekül als Ligan- Viele Wissenschaftlern entdeckten, dass tisch kann man so klinisch die Abstoßung
den des TZell·Rezeptors. Es wurde erkannt, TZellen neben dem T-Zell-Rezeptor·Signal bei der Organtransplantation mindern, wenn
dass MHC-Moleküle kurze Peptide präsen· ein zweites, kostimulatorisches Signal benö- nicht verhindern und Autoimmunerkrankun-
tieren. tigen ("second signal model"), um aktiviert gen besser behandeln.

Zusammenfassung
X Der englische Begriff für Impfung "vaccination" wurde von Edward Jenner
( 17 49 -1823) als Bezeichnung der Impfung mit Kuhpocken geprägt, die
Schutz gegen die Variola vera bot.
X Paul Ehrlich ( 1854-1915) hatte nach der Entwicklung seiner Heilseren
über die molekularen Zusammenhänge der humoralen Immunreaktion
geforscht.
X Nach Frank Macfarlane Burnetts bis heute gültiger klonaler Selektions-
theorie der erworbenen Immunität ist die Bildung von Antikörpern ein
biologischer, darwinistischer Prozess der Auslese.
X Shimon Sakaguchi gelang es, eine toleranzinduzierende T-Zeii-Population
durch zwei einfache Oberflächenmoleküle zu definieren. Dies ist ein wich-
tiger Schritt zum Verständnis von Autoimmunerkrankungen.
Überblick über das Immunsystem
Von Molekülen und Zellen Weiterhin gibt es im Blut eine Vielzahl von Signalmolekülen. Das
sind lösl iche Botenstoffe des Immunsystems (di e sogenannten Zyto-
Aufgabe des Immunsystems ist die Bekäm pfung von Mikroorganis· kin e) , die au ch zu Systemischen Reaktionen wie Fieber oder Sc hock
men, um Infektionskrankheiten zu verhindern . führen. Fakwren, die die Migration der Leukozy ten regulieren, wer-
Es gibt hauptsächl ich zwei Arten von Effektorfunktionen des Immun· den als "Ch emokin e" bezeichnet. Sie spielen zusä tzl ich eine wich -
systems: die humorale (durch Antikörper vermittelte) und die zellu· tige Rolle bei der Aktivierun g vieler Leu kozyten.
läre (durch Killer und Fresszellen vermi ttelte) lmmunantwort.
Beide Arten können ähnliche Effek te haben, z. B. das Ab töten von Die Zellen
Bakterien. Dies kann man oft an den ersta unlich wenigen Sympto·
men beim Ausfall einer Komponente des Immunsystems sehen. Neben den Erythrozyten und Blutplättchen gibt es zwei Arten vo n
Am besten können wir uns die Bestandteile des Immunsystems Leukozyten: polymorphkernige Zellen (Granulozyten) und mono-
verdeu tl ichen, wenn wir die Zusammensetzung des Blutes als roten nukleäre Zellen (Lympho· und Monozyten).
Faden nehmen. Die Gran ulozyten kann man je nach Anfärbbarkeit in neutrop hile,
eosinophile und basophile Granulozyten einreilen. Die neutrophilen
Granulozyten dienen der Bekämp fung von bakteriellen Infektionen
Immunbes tandteile des Blutes
die eosinophil en Granulozyten dagege n sind vor all em für die Be- '
kämpfung von Parasiten veranrwortli ch. Die basophilen Cranu lo·
Das Plasma
zyren entwickeln sich im Gewebe zu Mastzellen.
Als "Plasma" bezeichnet man den Überstand, wenn die festen Be· Die mononukleären Zellen setzen sich aus Monozyten und Lympho-
standteile des Blutes abgetrennt wurden. Es handelt sich um an ti· zyten zusammen. Monozyten werd en im Gewebe zu Makrophagen
den Fresszellen. '
koaguliertes Blut, es sind also Gerinnungsfa ktoren darin en thal ten .
Unter "Serum " hingegen versteht man den Überstand nach Geri n· Die Lymphozyten kann man in B-, T und NK -Zellen unterteilen.
nen des Blutes. Serum unterscheidet sich vom Blutplasma vor allem Das " B" kommt eigentlich von "B ursa fabri cii" , der Bezeichnung
durch das Fehlen von Faktoren, die beim Gerinnun gsprozess durch eines Organs in Vögeln, in dem diese Zellen zum ersten Mal en t-
Bildung von Fibrinkomplex en verbraucht wurden. deckt wurden. In den neueren Büchern steht es für ,. bone marrow··
Im Plasma finden wir zwei wichti ge Proteingruppen, welche die da sich die B·Zellen im Knochenmark ausdifferenzieren. Die Kind er.'
spezifische humorale Immunantwort vermitteln: Antikörper und stube der T-Zellen ist der Thymus. NK-Zellen sind natürl iche Killer-
Proteine der Komplementfamilie. Die Amikörper kann man in Sub· zellen, die vor allem Interferon bilden und virusinfi zierte Zellen ab-
gruppen mit unterschiedlich en Funktionen (lgM, igG, lgA, lgD und töten.
lgE) einteilen. Das Komplement besteh t ähnlich der Blutgerinnungs- Die B-Zellen können sich nach Aktivierung in langlebige Plasmazell e
kaskade aus einem komplizierten Enzymmix. Es werden stufen- differenzieren, die den größten Teil der· Immunglobulin e des Bl utes n
weise Proenzyme aktiviert, bis sich der Membranangriffskomplex bilden. Die Plasmazellen können Jahrzeh me bis lebenslang im Kno-
(MAC) bildet (s. Seite I 0). Die Komplementaktivierung kann direkt chenmark oder in Lymphknoten überdauern und erze ugen so den
zur Lyse von Bakterien führen (über den MAC) oder aktiviertes anhaltenden Schutz nach Impfungen.
Komplement kann an das Antigen binden (sog. Opsonisierun g), um DieT-Zellen glied ern sich in zwei wich tige Hauptgruppen: die
es z. B. von Makrophagen und anderen Phagozyten mithilfe von T-H elferzellen oder D4-Zellen und di e zytotoxisch n T-Zellen
Komplementrezeptoren aufnehmen zu lassen. Das Gleiche gil t für oder CDB·Zellen. "CD " steht fü r "cluster of diff rent.iation". Dabei
Antikörper, die durch Bindung von Komplement die direkte Lyse hand elt es sich um ein e interna tionale Nomenklatur fü r Ober-
(wieder über Aktivierung der Komplementkaskad e) oder eben über nächenmolekül e.
Antikörperrezeptoren (sog. Fe-Rezeptoren) die Au fnahme dureil Die l~ H e lferze ll en haben eine enorme ß deutunga ls "Chefs" des
Makroph agen bewirken könn en. Immu nsystem s, die eben die gan ze Immunantwort koordinier n.
Außerd em befin den sich im Blut viele Faktoren des Immunsystems, Bei m Ausfal l dieser Zellen, etwa beim "acquired immune deftciency
die weitverbrei tete Bestandteile von Bakteri en erken nen (Motiv· synd rome" (AIDS), kommt s zu schw r n Infektion n. T-Killerzel-
erkennung). So erkennt das C-reaktive Protein (CRP) das Ph ospho· len sind Effektorz IIen, die vor allem virusinfi zi n Z Iien erkenn n
choiin, ein Lipid, das bevorzugt auf Bakteri en und toten Zell en vor- und abtöten.
kommt. Man zählt es zu den Aku te-Phase-Proteinen, ein er Gruppe I arüber hinaus ibt s regulatori sche 'J: z II n (Tr gs) , di in auto-
von Protein en, deren Konzentration sic h im Plasma bei Entzün· reaktive Aktivierun g d r zytotox isch n TZ ·II n v · rhind rn. i sind
dungsreaktion schnell ändert und die in der Rege l von der Leber vor all em b i Autolrnmunr akli n n z. ß. na h in r Kr uzr aklivilät
bei einer lnf ktion , von ß d utung.
prod uziert werd en.
Einführung
415

Angeborene und erworbene Immunität Diese Balance ist enorm wichtig. Überreaktionen oder falsche
Reaktionen führen klinisch zu Autoimmunreaktionen, zu geringe
"Angeborenes" bzw. "erworbenes Immunsystem " sind unglückliche Immunantworten dagegen zu schweren Infektionen. Beides kann
Bezeichnungen, da natürlich auch die erworbene Immunität ange· zum Tod fü hren, ist aber aufgrund der enormen Redundanz der
boren ist. Dennoch sollen sie auf einen wichtigen Unterschied hin· Immunfunktionen recht selten.
weisen: In den letzten Jahren gab es große Fortschritte in unserem Ver-
ständnis von Toleranz, die möglicherweise die Organtransplan-
t Die angeborene Immunität ist seit der Geburt in ihrer endgültigen tation und die Behandlung von Autoimmunerkrankungen revolu-
Form vorhanden und erkennt allgegenwärtige Motive auf Mikro- tionieren werden. Besonders die regulatorischen T-Zellen (CD4
organism en. So erken nen Granulozyten mithilfe von Rezeptoren und CD25 positiv) als Mediatoren der peripheren Toleranz sind in-
Moleküle, die auf praktisch allen Bakterien vorkommen, und kön- teressant. Mit ihnen kann Toleranz gegen Autoimmun- und Absto-
nen sie dann phagozytieren. Diese Fähigkeit ändert sich im Verlauf ßungsprozesse im Tiermodell übertragen werden. Beim Patienten
des Lebens nicht, da die Rezeptoren unveränderlich sind. So kann kann Toleranz bisher nur indirekt durch unspezifische Immun-
sich das angeborene Immunsystem bei Infektionen nur quantitativ, suppression (Zytostatika, Steroide etc. ) oder Techniken wie Photo-
jedoch nicht qualitativ anpassen. phorese erzeugt werden. Alle Pharmaka, die aktuell eingesetzt
t Die erworbene Immunität hingegen entsteht im Laufe des Lebens werden, sind rein immunsuppressiv und haben daher auch viele
durch Kontakt mit Erregern (Lernphase) und passt sich sowohl Nebenwirkungen.
qualitativ als auch quantitativ an Erreger an. Das erworbene Immun-
system bildet ein Gedächtnis, durch das es nach erneuter Infektion Das alternde Immunsystem
mit dem Erreger zu besseren und schnelleren Immunreaktionen in
der Lage ist. Die Lymphozyten werden aus einer Vielfalt selektiert, Mit zunehmendem Patientenalter ist es vor allem wichtig, die alters-
um die passenden Rezeptoren für ein Antigen des entsprechenden bedingten Veränderungen des Immunsystems zu verstehen. Es gibt
Mikroorganismus zu find en. Zusätzlich können die Rezeptoren wei- starke Veränderungen, vor allem bei der zellulären Immunfunktion
terentwickelt und verbessert werden. im Alter. Das Immunsystem setzt sich lebenslang mit chronischen
Infektionen auseinande1; was zu einer Veränderung der Lympho·
Das zeigt auch, weshalb beide Systeme notwendig sind: Evolution zytenfunktion führt. Es kommt oft zu einer enormen Vermehrung
führt natürlich zu besseren Funktionen, braucht aber Zeit. Lympho- von spezifischen Lymphozyten, die meist eine geringere Dynamik
zyten, die spezifisch einen Erreger erkennen, müssen sich vermeh- und Funktion besitzen.
ren. So dauert es einige Tage, bis erste bemerkenswerte Mengen von Bestes Beispiel ist die Immunantwort gegen das Zytomegalievirus
Lymphozyten und damit auch von Antikörpern produziert wurden. (CMV). Die jahrzehntelange Immunreaktion, die das Virus in
In den ersten Tagen muss also das angeborene Immunsystem die Schach hält, füh rt zur Veränderung der T-Zellen. Diese sezernieren
Infektion kontrollieren. weniger Zytokine und sind weniger zytotoxisch. Der partielle Defekt
wird durch Zellteilung der CMV-spezifischen I-Zellen kompensiert.
Immunantwort oder Toleranz So ist bei 85-jährigen Menschen ein Großteil der aktivierten Lympho-
zyten im Blut CMV-reaktiv. Bei neuen Erregern steht ein verringer-
Wichtig ist die Unterscheidung von Selbst und Fremd; sie ist tes T-Zell-Repertoire bei schlechterer Funktion zur Verfügung. Dieses
Grundlage für die Entscheidung zwischen Reaktion und Ignoranz. Prinzip kann möglicherweise die erhöhte Infektanfälligkeit bei alten
Die Erkennung von Selbst und Fremd wird durch zwei Prozesse Menschen mit erklären.
ermöglicht, die man in "zentrale" und "periphere" Toleranz einteilt
(s. Seite 26).

Zusammenfassung
Je Man unterscheidet zwischen angeborenem Immunsystem (Granulozyten,
Makrophagen und Komplement) und erworbenem Immunsystem (Lympho-
zyten und Antikörper). Während das angeborene Immunsystem lebenslang
konstant bleibt, passen sich Lymphozyten und Antikörper durch einen
evolutionsartigen Prozess in Form eines Gedächtnisses unserer Umwelt
an.
Je Fremd kann von Selbst in den Prozessen der zentralen Toleranz (im Thy-
mus und Knochenmark) und der peripheren Toleranz (durch regulatorische
T-Zellen) unterschieden werden .
Anatomische Organisation
Primäre lymphatische Organe die Blutbildung bei Erwachsenen vor allem Thymus
in den flachen Knochen (Becken, Rippen,
Primäre lymphatische Organe sind das Kno- Wirbelkörper) statt. Die hämatopoetischen Der Thymus enrwickelte sich aus der dritten
chenmark und der Thymus. Dort werden Zellen liegen in den Markräumen der Kno- Kiem entasche. Der Abstieg der Epithelzellen
die Zellen des Immunsystems gebildet und chen . Man unterscheidet gelbes, verfettetes in das vordere Med iastin um, die folgende Be -
autoreaktive entfernt. Die B-Zellen werden und rotes Knochenmark (Ort der Hämato· siedelung mit Iymphozytären Vorläuferzell en
ausschließlich im Knochenmark gebildet poese). Je nach Differenzierung findet man und die Bildung spezie ller Kapillaren führen
und verlassen es als naive, reife B·Zellen . erythropoetische oder granu lopoetische zu dem Mischorgan aus allen drei Keimblät-
Die TZellen werden dort nur als Vorläufer Nester. tern.
gebildet und wechseln dann in den Thymus, Die hämatopoetischen Stammzellen sind vor Anatomisch kann man die Rinde (Kortex)
wo sie zu naiven TZellen heranreifen. allem durch den Oberflächenmarker CD34 vom Thymusmark (Medu lla ) unterscheiden
cha rakterisiert. Es gibt noch sesshafte, ad - Größe und Verrettungsgrad variieren mit de;
Knochenmark härente Zellen, die das Stroma bilden. Die Entwicklung des adaptiven Immunsystems.
Stromazellen sind Amm enzellen und produ- So erreicht der Thymus sein maximales Ge-
Das Knochenmark ist Produktionsstätte aller zieren für die Hämatopoese notwendige wicht mit ca. 30 g aktivem Gewebe im Alter
Blutzellen. Somit haben alle Zellen des Im· Faktoren, z. B. den Stammzellfaktor (c·kit· von zeh n Jahren. Danach schrum pft er und
munsystems dort ihren Ursprung. Sie entste· Ligand). verfettet zunehmend. Bei 40-Jährigen sind
hen aus den pluripotenten hämatopoetischen CD34·Stammzellen zirkuli eren auch im Blut nur noch ::::5 gaktives Gewebe übrig.
Stammzellen, ein Prozess, der als "Hämato· und können dort z. B. nach Stimulation mit Der Kortex ist reich an Lymphozyten, die
poese" bezeichnet wird (s. Seite 12) . Wäh· G-CSF mittels einer Apherese für eine mithilfe der Thymusepithelzellen proliferie-
rend bei Kindern fast das gesamte Skelett Stammzelltransplantation gesammelt wer- ren. Das Mark ist ärmer an lymphatischen
blutbildendes Knochenmark enthält, findet den. Zellen. Dort finden sich die Hassal l-Körper-
chen , die aus dicken Zelllagen zwiebelartig
aufgebaut sind .

Sekundäre lymphatische
Organe
Die adaptive Immunantwort wird in den
seku ndären lymphatischen Organen initiiert
nachdem Antigen e mithilfe dendritischer '
Zellen (DZ) dorthin transportiert wurden.
So haben alle seku ndären lymphatischen
Organe als gemeinsame Eigenschaft die
Lymphozytenaktiv ierung. Diese vermehren
sich dort lokal und werden nach einigen
Tagen ausgeschwemmt, um über die Zirku-
lation den Einsatzort zu erreichen.
- - Lnn. iliaci
- - Lnn. 1/lQulnales
profund! Lymphknoten
-- Lnn. 1/lQulnales
supei1c1a1es
Die Lymphknoten (LK; I Abb. I , Abb. 3) Fi l-
tern die Gewebeflüssigkeit, die Lymphe, und
leiten sie dann in Venen ei n. Der Transport
der Flüssigkeit, Z II en und Partikeln erfol gt
mittels Lymph gefäßen zum LK. Zur Einlei-
tung in d n Blutkr islauf fließt die Lymphe
über Lympl1 fäße m ist in den Ductus tho-
raci cus (s. it 8) und dann in di Zirkula -
tion .
Anti en k ·nn n löslich in d r Lymphe oder
in Pha zy t n, v r all m DZ, tran sportiert
w rd n. Durch Antig npräs ntation könn n
dann Lymphozy t n aktivi rt w rd n (I Abb.
2). Di s ist dl z ntral Funktion d r LK.
Ein LK Ist wl in Fllt rauf baut. Di Lym .
ph sa mm lt sich Im Rand sinus unter der
Kaps I. V n d rt fll ßt sl durch das inus-
I Abb . 2: Hi stologi in s normal n ak1lvl r-
syst m und Iritt an d n Vasa ffe1· nlla aus.
ten Lymphknot n . 1: Ke rl x, 2: Medu lla, Das. lnussysi · m du r hzl hr Kortex und
I Abb . 1: Überbli ck über di e wi chtigsten Lymph-
knotenstationen . [71 3: Kapsel, 4; Hilus, · ; Lymphfolllkol.l 18] M dulla, dl von in m T II d r Lymphe
Lymphsystem
617

interdigitierende
follikuläre dendritische dendritische Zelle (IDC)
Zelle (FDC)
Makrophage ,, afferentes
Ly~phgefäß

Sinus-
- __ ,endothel

parakortikale Zone
(T-Region) --- -

~~~i-~
hochendotheliale
Vef!ole

I Abb. 3: Schematische Darstellung eines Lymphknotens. ln den Sektoren werd en zu r Verdeutlichung unterschiedliche Tei le dargestellt: in Sektor I lympho-
zytenassoziierte Strukturen, in Sektor II antigenpräsenti erende Zellen, in Sektor 111 Mikrozirkulation und in Sektor IV Folli kel/Cond uit-System. [18]

durchströmt werden. Ein anderer Teil der munreaktionen initiiert werden (besonders rung und Lymphfollikel; diese Gewebe wer-
Lymphe fli eßt nur im Sinussystem, an des· wichtig bei Säuglingen) . Die Milz entfernt den als mukosaassoziiertes lymphatisches
senWänden sich große Mengen an Phago· etwa 30% der Plättchen (v. a. alternden); Gewebe (MALT) bezeichnet. Vor allem im
zyten und retikuläre Fasern finden, die Par· eine Splenomegalie kann zu einer Thrombo· Darm finden ständig Immunreaktionen und
tikel und Immunkomplexe aufnehmen und zytopenie führen. damit Entzündungsreaktionen statt.
in die I-Zell-Region transportieren ("Con· Man unterteilt die Milz in rote und weiße Auch die Mandeln sind ein MALT. Der
duit-System"). Pulpa. Die weiße Pulpa ähnelt funktionell Mensch hat vier Mandeln: T. pharyngea,
ln der Medulla finden sich die an B·Zellen dem LK·Mark und Lymphfollikel imponieren T. tubaria, T. palatina und T. Iingualis, die
reichen Regionen, sog. Follikel, die von als sog. Malpighi·Körperchen. Dort find en zusammen als "Waldeyer-Rachenring"
T-Zell·Regionen umgeben sind. Die Follikel sich die meisten B·Zellen, während die I-Zel- bezeichnet werden.
lassen sich je nach Aktivität in primäre und len in periarteriellen lymphatischen Schei· In der Lunge findet sich das bronchienasso-
sekundäre Follikel unterteilen. Die Lym· den (PALS) vorliegen. ziierte lymphatische Gewebe (BALT), vor
phozyten erreichen das Mark durch die Phylogenetisch diente die Milz als Blutspei· allem im Dünndarm das darmassoziierte
hochendothelialen Venulen (HEV), die aus eher und weniger als Immunorgan. Flucht· lymphatische Gewebe (GALT). Zum GALT
speziellem Endothel mit besonderen Adhä· tierekönnen durch milzumschließende gehören auch die im Ileum gelegenen Peyer-
sionsmolekülen bestehen. Muskulatur den Blutdruck bei Gefahr rasch Plaques, der Blinddarm und die M·Zellen in
Antigene erreichen den LK entweder durch anheben. Beim Menschen ist diese Funktion den Krypten.
die Lymphe und werden dann von Makro- noch rudimentär vorhanden, äußert sich
phagen im Sinussystem aufgenommen oder z. B. als "Seitenstechen" bei körperlicher Tertiäre lymphatische Organe
sie kommen direkt mittels antigenbeladener Beanspruchung.
DZ. Die Antigene werden dann im LK-Mark Tertiäre lymphatische Organe sind praktisch
präsentiert und antigenspezifische Lympho· Organassoziierte lymphatische der ganze restliche Körper. Überall können
zyten können aktiviert werden. Lichtmikro· sich Lymphozyten in Follikel organisieren
Gewebe
skopisch emwickelt sich zuerst ein primärer, und eine Immunreaktion initiieren, sowohl
später ein sekundärer Follikel. In fast allen Geweben, die Kontakt zur Um· physiologisch als auch bei Autoimmunerkran-
weit haben, finden sich Lymphozytenaktivie· kungen.
Milz
Die wichtigsten Funktionen sind die Emfer· Zusammenfassung
nung überalterter Erythrozyten (ca. I% pro X Man unterteilt das Immunsystem anatomisch in primäre (Orte der
Tag) und die Filterung vor allem bekapselter
Bakterien aus dem Blut. Das retikuloendo· Lymphozytenentwicklung) und sekundäre Organe (Orte der Lymphozyten-
theliale System (RES) ist in der Milz stark aktivierung).
ausgeprägt und reinigt mittels Fe· und un-
spezifischeren Rezeptoren das ßlut von lm- X Als tertiäre Organe können alle Gewebe bezeichnet werden, in denel"! s' c~--:
munkomplexen, Pathogenen und Partikeln . Lymphfollikel und damit Lymphozytenaktivierung nachweisen lassen .
In der Milz können ähnlich wie im LK Im-
Lymphknoten und Lymphabflusswege
Die Kenntnis des Lymphabflusses ist wichtig, da sich die Metastasie- Die Lymphen des rechten Arm - und Kopfbereichs fließen im Trun -
rung von Tumoren oft danach richtet. cus subclavius dexter im rechten Venenwinkel ab.

Benigne vs. maligne Knoten Regionale Lymphabflüsse

Durch Metastasen solid er Tumoren geschwollene LK imponieren Entlang den zentralen Abflüssen gibt es ei ne Vielzahl von LK. So
klinisch meist schmerzlos, derb, nicht verschiebbar (mit dem Bind e- drainieren die inguinalen LK in die parailiakalen, dann in die para-
gewebe verwachsen) . Gelegentlich kann die Lokalisation Hinweise aortalen LK. Angeschlossen an das BALT gibt es LK an den Bron-
liefe rn: So sind singulär auftretende, supraklavikuläre LK-Schwellun- chien , die zu den hilären LK drainieren (I Abb. I - 3).
gen [Vi rchow-Drüse) oft Hinweis auf einen gastrointestinalen oder Die regionalen , von außen un tersuchbaren LK sind in I Tabell e 1
pulmonalen Tumor. zusammengefasst.
Durch In fektionen vergrößerte LK sind dagegen oft sch merzhaft,
verschieblieh und weich . Störungen des Lymphabflusses
Radiologi sch fehlt bei tumorbedingter Schwellung der Fetthilus; die
Anreicherung von Kanuastmittel ist meist erhöht. Eine Schädigung des Ductus thoracicus (durch Trauma oder Tumor-
infiltration ) kann zum Chylothorax, ein Verschluss oder eine Rup tu r
Zentrale Lymphabflüsse der Cisterna chyl i zu ein em Chyloperitoneum führen. Diagnostisch
kann man beides durch Lymphangiografi e darstellen.
Der größte Anteil des Lymphabflusses der unteren Extremitäten Der Versch luss peripherer Lymphgefäße, z. B. durch Metastasen od e r
sammelt sich in der Cisterna chyli, ventral der ersten Lendenwirbel, Infektionen (v. a. Filarien), kann zu einem Lymphödem in derbe-
und fließt dann über den Ductus thoracicus ab. Der Duktus verläuft troffenen Extremität führen (I Abb. 4) . Typisch ist das Lymphödem
direkt vor der Wirbelsäule durch den Brustraum und mündet im des Arm s nach chirurgischer Entfernung oder Radiatio der LK in der
linken Venenwinkel zwischen der linken V. subclavia und der V. ju- Axilla bei Brustkrebs-OPs [6 - 40 %) oder des Beins nach Leisten· LK-
gu laris interna. Er erhält zuvor noch Zuflüsse vom linken Arm - und Entfernung, z. B. bei Melanom.
Kopfbereich über den Truncus su bclavius sinister. Die Lymphe ent- Es gibt jedoch eine Lymphangiogenese , die über VEGFR-3 gesteue rt
hä lt nicht nur Gewebeflüssigkeit und Immunbestand teile, sondern wird. Möglicherweise regt Lymphdrainage dies an und führt so nich.t
auch die Lymphe des Darms mit einem Teil der aufgenommenen nur zur sym ptomatisc hen Therapie.
Fette (Chylomikronen).

Regionale Abflussgebiet Infektionen Tum oren

Lymphknoten

Postauriku lär Hörkanal, Ohrmuschel, Kopfhaut Lokale Infekte (z. ß. Otitis externa) Hauttumoren

Präaurikulär Augenlider, Konjunktivä, temporal e Kopfhaut, Lokale Infek te Haut- und Augentumoren
Ohrmuschel

Nucha l bzw. okzipital Kopf, Rachenmandel Lokale Infek te, Trypanosomen, Röteln, Hauttumoren
Toxoplasmose

Jugu lär bzw. tonsillär Zunge, Tonsillen, Ohrmuschel, Parotis Pharyngitis, Tonsillitis, Röteln

Uugulodigastrisch)
Unterlippe, Mundboden, Zungenspitze. Wange EBV, CMV, Toxoplasmose, Zahninfek tionen Mundboden-Ca
Submental

Submandibu lär GI. maxillari s, Seite der Nase. Unterlippe, Infektionen des Kopfes, Halses, der Sinus,
Zahnfleisch, vord ere Zunge, Konjunktivä Ohren oder Augen

Hals und v. a. Zuflü sse anderer LKs EBV, CMV, Toxoplasmose, Masern , Mumps ln absteigender Häufigkeit: Plal!enepithei-Ca des
Zervikal
Halses. Mamma-Ca. Schilddrüsen-Ca

Tuberkulose, "Kikuchi" Lymph ome , Pl att enepith elkarzinome, Mamma-Ca


Posteri or zervikal Hal s und Nacken, Oberarme, Brust sowie
Lymphen von zervik al und axillär

Rechts: Mediastinum, Lunge, Ösophagus Bakleri elle oder fun gal Infek te ln ~ so% sind Tumoren ursächlich (Virchow-Drüse) :
Suprak lavikulär
rech ts häufig Bronchial-Ca, Ösophagus-Ca, Schild-
Link s: Thora x, Abdom en
drüs n Ca
links vor allem Magen- und Pankreas-Ca

Schilddrüse und Larynx Laryngitis


Prälaryngea l

Arm Lokale Infok l o


Deltapektora l
Mastit is, ßartonolla , Bruc llosls, Mamma Ca. M lanom, Lymph om
Axillär Arm , Bru st, Th orax, Nacken
Tularämie, Sporotrichos

Ulnarer Unt erarm Lokale lnf ktc. Tul arämie , Syphrlls, Sarkoides • Hnul!umor n. l.ymphom
Epi troch lear
Tbc, Lepra, Lei shmania e
------
Beine, Genitalien. P ritonoum, Gesäß. Lokale lnf ktion n, II SV, Gonokokken, yphlll s, ln abs t lgcndor II uflgk it : Zcrvlx Ca, Vulva- a, flaut-
Inguinal
woiter vcncrologls ho Infektionen. Pos t tumor. 11ck twn rrn clllnal A, Ovarlai a. Penis-Ca
untere Bauchwand, Anu s
---
Popliteal Unterschenkel t oka l Infek te
~~----- ----------
I Tab. 1: Regionä re, palpable Lyrnph ad nopa th i n und mögli h Dignit ät.
Lymphsystem
8 19

I Abb . 3: Lymph angiografi e der ax illären Lymphk noten. Lymph adenopathi e


kann hie r auf ein Mammakarzinom hindeuten. [ 19]

I Abb. 1: Lymp hangiog rafi e der inguinalen und parailiakalen Lymphknoten.


Metastas ierun g vor allem von Hoden-, Anal- und unt eren Rektumtumo ren. [ 19]

1 Abb . 4: Sc hweres Lymphödem (Elephantias is) na ch Filarien-Infekti on. [7]

Zusammenfassung
• Schwellungen der Lymphknoten lassen sich meist
leicht palpieren und können je nach Region auch
Hinweise zur Dignität liefern.
I Abb. 2: Lymphangiografie der paraaarta ten Lymphknoten. Metast asierun g X Vor allem schmerzlose, derbe, supraklavikuläre LK-
vor allem von gastrointestin alen und oberen Rektumtumoren. [ 19]
Schwellungen weisen auf ein malignes Geschehen hin.
• Störungen des Lymphabflusses führen zu einem
interstitiellen Ödem.
Effektormechanismen des Immunsystems
Das Immunsystem nutzt eine Vielzahl von Mechanismen, um Patho- C3 an der Zielmembran zu aktivieren und damit den Membran-
gene, Fremdkörper und Gewebeschäden einzudämmen. Einige lau· angriffskamplex zu bilden. C3 wird wie alle Komplementproteine
fen innerhalb weniger Sekunden ab, andere dauern Wochen bis in C3a und C3b gespalten. C3a ist ein potentes Anaphylatoxin,
Monate (s. Seite 62). Je nach Pathogen und bereits vorausgegange- C3b führt zur Opsonisierung des Pathogens. Dann bildet sich ent-
nen Reaktionen wird dann ein bestimmter Weg eingeschlagen. weder der Membranangriffskomplex oder C3b führt über Komple-
mentrezeptoren zu r Phagozytose.
Zytokine Der klassische Weg ist der durch lgM· oder lgG·Antikörper vermit _
telte. Nachdem sich der Clq-Teil des CI-Moleküls an den Fe-Teil
Die wichtigsten systemischen Zytokine sind IL-6, IL-1 ß, TNFu und des Antikörpers angelagert hat, aktiviert sich CI selbst. Dadurch
IFNy. Sie werden von aktivierten Makrophagen, Monozyten und an- wird die Serinprotease CIs aktiviert und spaltet C4 und C2 . So wird
deren Zellen freigesetzt und induzieren in der Leber die Synthese der die aus C4b2a bestehende C3- Konvertase erzeugt.
Akute-Phase-Proteine (APP). Den größten Effekt hat IL-6. je nach Ent· Ein ähnlicher Weg ist der Mannan- oder Lektin .Weg. Mannose
zündungsreaktion dominieren andere Zytokine; dies erklärt wohl, kommt praktisch nur auf Fremdorganismen vor und wird vom man-
wieso bei viralen Infektionen weniger CRP gebildet wird als bei bak- nosebindend en Protein , einem APP, erkannt. Dieses spaltet danach
teriellen. C4 und C2. So wird die C3-Konvertase C4b2a erzeugt.
Die Zytokine wirken aufviele Gewebe und führen zu Fieber, endo- Der alternative Weg ist mehr als 600 Millionen Jahre alt und hat
krinen Veränderungen, Anorexie, Somnolenz, Lethargie, "Fatigue", sich vor dem erworbenen Immunsystem entwickelt. Er kommt ohne
Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie und Entzündungsanämie. Antikörper aus. Da immer ein kleiner Teil des C3 aktiviert ist, kann
es, zusammen mit dem Faktor B, nach Bindung an ei nen Fremd-
Akute-Phase-Proteine körper durch Faktor D aktiviert werden. Faktor D spa ltet B in Bb
und Ba. Es entsteht die C3-Konvertase des alternativen Wegs:
APP sind Proteine, deren Konzentration bei systemischen Entzün· C3bßb.
dungszuständen um 25 %oder mehr erhöht oder reduziert werden. Nach Anlagerung der C3- Konvertase am Pathogen bildet sie viele
Es gibt also positive und negative APP (z. B. Albumin). Je nach APP Moleküle C3b und C3a. Zusammen mit der C3-Konvertase (die ja
können die Konzentrationen um 50 %(Coeruloplasmin) oder um das C4b2a ist) kann sich nach Bindung von C3b die CS-Konvertase
I 000-Fache erhöht werden (CRP und SAA, s. u.). C4b2a3b, bilden. Diese spaltet CS in CSa (ein Anaphylatoxin) ~nd
Die meisten APP wirken antiinflammatorisch, um die Reaktion CSb. CSb führt zur Bildung des Membranangriffskom plexes, der aus
lokal begrenzt zu halten. So antagonisieren Alpha- 1-Antitrypsin und CS, C6, C7, CB und CO besteht. Er stellt ein Loch in der Membran
Alpha-1-Antichymotrypsin proteolytische Enzyme. Einige Proteine des Pathogens dar; viele davon führen zu dessen Abtötung.
reduzieren auch den Effekt der produzierten reaktiven Sauerstoff-
radikalarien (z. B. Haptoglobin , Hämopexin). Fibrinogen hilft, die Phagozytose
Blutgerinnung stabil zu halten.
Neutrophile Granulozyten können Pathogene über eine Vielzahl
CRP von Mechanismen erkennen und dann abtöten (s. Seite 12). Auch
APZ wie Makrophagen nehmen Pathogene auf (s. Seite 22).
Das c-reaktive Protein (CRP) bindet an Phosphocholin, ein Lipid,
das auf Pathogenen und auf toten Zellen vorkommt. Dadurch kön- Eosinophile Granulozyten
nen diese vom Kom plement oder von Phagozyten erkannt werden.
CRP wird innerhalb weniger Stunden vermehrt von der Leber frei· Eosinophile Granulozyten bekämpfen vor allem Parasiten wie Hel-
gesetzt und kann so die Zeit bis zu einer effektiven Amikörperam- minthen und deren Larven. Dazu nutzen sie ihre basischen Granula
wort überbrücken. Laborchemisch hängt der CRP-Wert meist I bis die hauptsächlich das Major basic prorein (MBP), das Eosinophi t '
2 Tage dem tatsächlichen Infektionsgeschehen nach. cationic protein (ECP), Eosinophitenperoxidase (EPO) und das Eo-
Die weiteren Funktionen des CRP sind sehr komplex; meist wirkt sinophil-derived neurotoxin (E DN) enthalten. MBP, EPO und ECP
es proinflammatorisch, vor allem im Gewebe, es kann jedoch auch sind für einige Parasiten (Schistosomen) toxi eh. ECP ist auch für
antiinflammatorisch wirken.

SAA
Das Serumamyloid A (SAA) ist das zweite wichtige APP. Es besteht
aus einer Familie von Apolipoproteinen, die sich an HDL anlage rn.
Bei Entzündungsreaktionen können sie so den Cholesterin meta-
bolismus verändern. Es beeinflusst auch Adhäsion und Chemotaxis
von Leukozyten. Allerdings kann sich SAA bei chron ischen Ent·
zündungszuständen als Plaques ablagern und zu ein er sys temischen
AA-Amyloidose führen.

Das Komplementsystem
Das Komplementsystem ist ein phylogenetisch s hr altes nzymsys-
tem zur Zerstörung von Bakterien oder Parasiten. Es kann durch
drei Wege aktiviert werden, die alle das Ziel hab n, möglichst vi I
Molekulare und zelluläre Mechanismen
/ 1o I 11
I Abb. 2: Naive r (a) und aktivierter (b) Lymphozyt im
TEM-Bild. Perforin- und granzymgefüllte Granula sind erkennbar. [36]

Myokardzellen toxisch . ECP und EDN sind außerdem neurotoxisch. Jahre) Makrophagen zu Epitheloidzellen um, die eine Kapsel um
Nach Aktivierung bilden Eosinophile auch TNFa und Eikosanoide. den Herd bilden.
Die Differen zierung von Eosinophilen hängt von den T-Zell-Zyto- Zunächst bildet sich eine Makrophagenansammlung, die dann durch
kinen IL-3, IL-5 und GM-CSF ab. Eine erhöhte Konzentration von T-Zeii-Zytokine (vor allem TNFa) in verschiedene Granulomtypen
Eosinophilen finde t sich auch bei allergischen Erkrankungen (Asth- umgewandelt werden kann:
ma, Rhinitis) und beim Churg-Strauss-Syndrom.
I Sarkoidase-Typ (mit Schaumann- und Asteroidkörper)
Antikörper 1 Tuberkulose-Typ (mit Langhans-Riesenzellen und zentraler Nekro-
se)
Je nach AntikörperTyp unterscheiden sich die Fe-Rezeptor-Bindung I Fremdkörper-Typ
auf den Phagozyten und die Fähigkeit, Komplement zu aktivieren 1 Pseudotuberkulose-Typ (mit zentralen, nekrotischen neutrophilen
(s. Seite 16). Granulozyten)
1 rheumatoider Typ (mit zentraler fibrinoider Nekrose und Anitsch -
Zytotoxizität kow- und Eulenaugenzellen), sog. Aschoff-Knötchen.

AktivierteT-Zellen (fast immer CD8+) können pathogen infizierte Da die TNFa-Wirkung entscheidend ist, können monoklonale Anti-
Körperzellen mit ihrem T-Zeii-Rezeptor erkennen und abtöten. Sie körper gegen TNFa die Granulombildung stören. Sie sind so bei der
erkennen Peptid-MHC-Komplexe (I Abb. I). Sarkoidase effektiv, können jedoch zum Aufflammen einer Tuber-
Auch NK- und NK-T-Zellen können Zielzellen abtöten. Dabei be- kulose fü hren. Vor jeder Therapie mit TNFa-Antikörper muss also
nutzen sie ähnliche Mechanismen und induzieren in den Zielzellen eine Tuberkulose ausgeschlossen werden!
Apoptose.
Bei der sekretorischen Lyse werden aus Granula (I Abb. 2) Granzyme
und Perforine freigesetzt. Perforine bilden ein Loch in der Membran
der Zielzelle, über das dann Granzyme eindringen können. Gran-
zyme sind Serinproteasen, die in der Zielzelle CPP-32 spalten. Das
Zusammenfassung
dadurch aktivierte CPP-32 ist eine Caspase und aktiviert eine Nuk-
lease (caspaseaktivierte Desoxyribonuklease), die dann die zelluläre X Effektorproteine des angeborenen Immunsystems
DNA fragmentiert. Die apoptotische Zelle zeigt auf der Oberfläche werden im Rahmen der Akute-Phase-Reaktion von der
Phosphatidylserin und wird mittels Scavengerrezeptor rasch von Pha-
Leber vermehrt gebildet (z. B. CRP).
gozyten erkannt und aufgenommen. Die Apoprose löst so im Gegen-
satz zur Nekrose keine Entzünd ungsreaktion aus. X Das Komplementsystem kann Bakterien und Para-
Ein seltener Mechanismus ist die nonsekretorische Lyse. Hier löst siten abtöten, auch ohne dass spezifische Antikörper
die T- oder NK-Zelle durch ihren Fas-Liganden bei der Zielzelle Apo-
ptase über den Fas-Rezeptor aus. Apoptose kann auch durch Bin- vorhanden sind.
dung eines TNFR-Liganden oder von TRAIL ("TNF-related apo- x Phagozyten erkennen Pathogene vor allem durch ge-
ptosis-inducing Iigand") an den TNF-ähnlichen Rezeptoren der
meinsame Motive und können sie aufnehmen oder
Zielzelle ausgelöst werden.
NK-Zellen können auch antikörpervermittelte Zytotoxizität auslö- abtöten.
sen, und zwar fa lls an Zielzellen gebundene Antikörper vom FcyRIII X Die erworbene Immunantwort kann durch Antikörper
(CD 16) der NK-Zellen erkannt werden. Bei diesem Prozess werden
auch Perforine und Granzyme eingesetzt. die Pathogene für eine Lyse oder Phagozytose mar-
kieren oder mittels des Komplementsystems abtöten.
Fremdkörperreaktion X T- und NK-Zellen lösen in virusinfizierten Zellen Apo-
Wenn ein Pathogen oder Fremdkörper nicht entfernt werden kann, ptase aus.
wandeln sich bei längeren Entzündungsreaktionen (über Monate bis
Die angeborene Immunität
Im Gegensatz zur adaptiven Immunität, die sich entwickeln
muss, gibt es eine sog. angeborene Immunität. Wichtigster Unter· .0 .
schied sind die Eigenschaften der Rezeptoren. Beim angeborenen
Immunsystem werden verbreite te Motive, beim adaptiven Immun·
L'{l ll)I\Oo(IO O
systempathogenspezifische Merkmale erkannt. Stannllollo
(C lP~ \ '
So können die Komponenten der angeborenen Immunität nur quan·
titativ, z. B. im Rahmen einer Akute-Phase-Reaktion, vermehrt gebil· CF .J GEMM 0
det werden. Sie können sich aber nicht den Pathogenen anpassen
und es gibt keine Gedächtnisfunktion.
Die Zellen des Immunsystems bilden sich im Knochenmark, in der TPO tl 11

Hämatopoese (I Abb. l ). Bei Infektionen kann innerhalb weniger


Stunden die Produktion von Granulozyten (Granulopoese) enorm 0 . • ,.
cru O..o:;o
gesteigert werden. Das hierzu benötigte GM·CSF wird von vielen
I ,..
CI U lo llfU M(
l'toß Pto Ni\ Pror
c--:1
n=o ~~
Zellen, vor al lem jedoch von Th l ·CD4·T-Zellen und Makrophagen H-'0

gebildet.
NK-Zellen zäh len auch zum angeborenen Immunsystem, sie spielen
CfUG CfU M
.0 . •
cru Mv9 uru l
f~ 3L L· I!J

eine wic htige Rolle bei zellulären Immunreaktionen (s. Seite 19).
Mastzellen (s. Seite 28) gehören ebenfalls zum angeborenen Immun·
system.

Humorale angeborene Immunität


Zahlreiche Proteine im Serum können Motive von Pathogenen (~
erkennen. Sie gehören fast alle zu den Akute·Phase· Proteinen und ll.asq:lllllot)l.'l!>t .._,...,
aktivieren das Komplementsystem (s. Seite I 0). j j
Phagozyten fj ;
~
.... r~ J
.;..-..~·'

n:.sopr-. ""-".llrO!Ylb F\t~~~~1


Gr.-ll*-lyl G<flfllllofvl '"'"""'" llworrtXlrtlun lrYitliO
lyt lello.+
ß LV!l"l':tlO NI( Z&lo I LY"'Pho·
?){ lYI

Toll-like receptors (TLR)


I Abb. I : Die Phagozyten (Granulozyten, Makrophage n) entwickeln sich im
Knochenm ark neben den Eryt hrozyten und Thrombozyten in der sog. Häma to -
Die wichtigsten und phylogenetisch ältesten Rezeptoren, die gemein·
poese. [7[
same Motive auf Pathogenen erkennen können, sind die TLR. Sie
finden sich v. a. auf Zellen des angeborenen Immunsystems, wie auf
den professionellen APZ: B·Zellen, Makrophagen und DZ. Es gibt Dagegen kommen bestimmt Lipide und LPS nur in Bakterien vor
mindestens zehn verschiedene TLR, die verschiedene Motive erken· und aktivieren über TLR I und -2 bzw. -4 das angeborene lmmunsys.
nen und meist zur Phagozytose und Aktivierung führen. Im Gegen· tem. Die Monozyten/ Makrophagen führen u.a. zur GM-CS F-Frei-
satz zu den Rezeptoren des adaptiven Immunsystems führen die setzung und damit zur Verstärkung der Gra nulopoese.
TLR ohne Lernprozess zu einer Reaktion.
Einige der TLR kommen als Hererodimere (TLR2/ I und TLR2/ 6) Granulozyten
und als lösliche, inhibitorisch wirkende Faktoren (TLR2/ l ) vor.
Die Erkennung bestimmter Motive len kt durch die unterschiedliche Die wichtigsten Abwehrzellen gegen Bakterien und Pilze sind die
zelluläre Expression der TLR die Immunantwort bereits in eine Rich- neu trophilen Gran ulozyten. Die eosinophilen Granulozyten (s. Sei-
tung (I Tab. 1). So kommt doppelsträngige RNA (dsRNA) fast nur bei te I 0) spielen eine wichtige Rolle in der Bekämpfung von Parasiten
Viren vor und die Aktivierung von Lymphozyten über TLR3 führt zu basophile Granulozyten differenzieren sich im Gewebe zu Mast- '
einer früh en adaptiven Immunantwort zellen (s. Sei te 28).

TLRZ TLR3 TLR4 TLR5 TLR6 TLR7 TLRB TLR9 TLR10


TLR1

Triacyl- Tri- und Diacyl- dsRNA LPS, RSV- Flagell in Diacyl- ssRNA (z. ß. von HIV. lnflu- CpG-RNA
Erkennungsmotiv
Lipopeplide Lipopeptide, Fusionsprotein. Lipopeptlde enza). lmidazoquinolln
Porine von Chlamydia,
Neisseriae Hsp 60. ECM
+ + + +
Monozyten/ +
Makrophagen
+ + +
Myelolde DZ

Plasmazytolde DZ
+ +
Maatzellen +

8-Zellen

T-Zellen Nur Treg

I Tab. 1: Erkennung smotive und Vert eilung der TLR .


Molekulare und zelluläre Mechanismen
12 I 13

Neutrophile Granulozyten phagozytieren


Pathogene, die anschließend intrazellulär in
der Vakuole abgebaut werden (I Abb. 2) . Ver·
schiedene aggressive Moleküle, z. B. Wasser·
stoffperoxid, werden zur Oxidation produ·
ziert (reactive oxygen species) und zerstören
Proteine der Mikroorganismen. Granula
fusionieren mit der Vakuole und führen zu
hohen bakterizid en Enzymkonzentrationen.
Neutrophile besitzen drei Granula-Typen:

t Primäre (azurophile) Granula werden zu·


erst gebildet. Sie enthalten Enzyme, die bak·
terielle Proteine abbauen können (Lysozym, I Abb. 2: a) [31Granulozyten nehmen Bakterien durch Phagozytose in die Vakuole auf, die dann mit den
Cathepsin G, Elastase, Proteinase 3, Bacterici· Granula ib) [6 ] fusioniert wird. N: angeschnittener Nukleus; SG: sek . Granu la.
dal/permeability·increasing protein), Defen ·
sine (s. u.) sowie Myeloperoxidase (MPO).
t Sekundäre (spezifische) Granula spielen aktivieren (s. Seite 18). Diese kostimulato· (daher auch "human neutrophil peptides",
bei der Membranerneuerung eine Rolle. Sie rischen Moleküle werden von den DZ erst HNP) und Monozyten vor. Einige Defensine
enthalten Laktoferrin und Transcobalamin nach Aktivierung (z. B. durch Entzündungs· können Entzündungsreaktionen verstärken
II, die Eisen, Kupfer und Vitamin B12 bin· reaktionen, aktivierte T-Zellen oder über und über CCR6 die adaptive Immunantwort
den. TLR) exprimiert. Dies ist also ein weiterer Si· stimulieren.
t Tertiäre Granula (Gelatinase) enthalten cherheiLSmechanismus, um Autoreaktivität Paneth·Körner·Zellen im Dünndarm bilden
kein Laktoferrin und sind wohl eine weitere zu vermeiden; nicht aktivierte DZ induzie· sog. Kryptine (HNP 5 und 6), die vor spe·
Form der sek. Granula. rensogar Toleranz. ziellen Bakterien schützen (Salmonellen
Man unterscheidet myeloische von lympho· und Listerien).
Makrophagen und Monozyten iden (plasmazytoiden) DZ. Myeloische DZ
zeigen eine hohe Phagozytoseaktivität und Fremdkörperreaktion
Monozyten differenzieren sich im Gewebe polarisieren CD4TZellen in Th !·Richtung,
zu Makrophagen (Pathologen bezeichnen da sie große Mengen an IL·l2 freisetzen . Können Pathogene oder Fremdkörper nicht
sie daher als "Histiozyten"), kommen aber Lymphoide DZ dagegen führen eher zu Th2· entfernt werden, kommt es zur Granulom·
auch in serösen Sekreten (z. B. Aszites) vor. Antworten und produzieren vor allem a· bildung. Dabei wandeln sich Makrophagen
Ähnlich den Granulozyten nehmen Makro· und ß·lnterferone. durch T·Zell·Zytokine in sog. Epitheloidzel·
phagen Pathogene auf, präsentieren jedoch Jen um, die dann palisadenartig den Fremd·
Peptid·MHC·Klasse·II·Komplexe an CD4·T· körperumschließen (s. Seite I I).
Zellen. Sie sind professionelle APZ. Oie In· Defensine und Epithelien
teraktion ist auch notwendig zur Aktivie· Epithelzellen haben nicht nur eine Barriere·
rung des Makrophagen; ohne Aktivierung Funktion, sondern sie synthetisieren fast alle
durch TZellen werden z. B. Mykobakterien auch eine Vielzahl von antimikrobiellen Pep·
in den Granula nicht zerstört. tiden, sog. Defensine. Diese können v. a.
Die Erkennung der Pathogene erfolgt über Bakterien und Pilze, aber auch Parasiten
eine Vielzahl von motiverkennenden Rezep· I Abb . 3: Im Lichtm ikro-
und Viren abtöten. Einige, wie das humane skop erkennt man die
toren, z. B. TLR oder Mannose-Rezeptor. ß·Defensin·l (hBD·l ), werden immer pro· Dendriten der dendriti-
Aber auch Komplement· und lmmunkom· duziert, andere über TLR induziert. schen Zellen sowie die
plexe werden erkannt. Die Defensine können Poren bilden und Pinozytose (sehr raue
kommen auch in Granulozyten-Granula Zelloberfläche).
Dendritische Zellen (DZ)
DZ (I Abb. 3) sind professionelle APZ und
am effektivsten in der Aktivierung von TZel·
Jen ("Priming"). Sie finden sich in allen Ge· Zusammenfassung
weben, vor allem aber an Körperoberflächen
(z. B. Langerhans-Zellen der Haut).
x Das angeborene Immunsystem erkennt Pathogene anhand von gemein-
DZ nehmen Antigene u. a. durch Mikropino· samen Motiven.
zytose auf und wandern dann mit der Lym· x Wichtigste Rezeptoren sind die TLR-Familie, Komplement-, Scavenger- und
phe in den regionären Lymphknoten. Dort
präsentieren sie Antigene als Peptid·MHC· Mannose-Rezeptoren, mit deren Hilfe Phagozyten Pathogene aufnehmen
Klasse·! und ·li·Komplexe. T·Zellen "scan· und aktiviert werden können.
nen " die Komplexe kontinuierlich ab und
werden, fa lls der TZR passt, von den DZ ak· x Die angeborene Immunantwort überbrückt die Zeit, bis das erworbene
tiviert. Neben der TZR·Bindung sind noch Immunsystem effektivere Mechanismen entwickelt hat.
viele andere Signale nötig, um die Y.Zelle zu
Entwicklung der Lymphozyten und Toleranzmechanismen
Sowohl B- als auch T-Zellen durchlaufen Selektionsprozesse, bevor
sie als naive, reife Zellen zur Aktivierung durch Antigen bereit sind. c-Ki t
0::
I'
--'
--
N
Man unterscheidet negative Selektion, bei der autoreaktive Zellen ,-;'
C038
entfernt werden, und positive Selektion, bei der Zellen mit fehlge- C034 tl.O
(1)
I
bildeten Rezeptoren entfernt werden. Die Rezeptoren können ent- 0::
weder auf Proteinebene feh lgefaltet sein oder bei T-Zellen z. B. gar c-Kit
kein MHC-Molekül erkennen. So werden Zellen entfernt, die nicht
in der Lage sind, Antigen zu erkennen .
Aus der hämatopoetischen Stammzelle entsteh t eine gemeinsame V)
CO la <(
lymphatische Vorläuferzelle, aus der sich T·, B-und NK-Zellen u..
COS c::l. "() ;>--
entwickeln. Wichtige Enzyme der Rekombination der T- und CD7 er:' c:: er:
B-leU-Rezeptoren sind RAG 1 und RAG2, die an Recombination U' ,uu
~ fl 1-' ,t- I-

-
I
signal sequences der DNA binden und die Rekombination l l:_,
steuern.
COS
C07
T-Zeii-Entwicklu ng
Der T-Zeii-Vorläufer verlässt das Knochenmark, die restliche COla
Entwicklung erfolgt im Thymus (s. Seite 6). Die T-Zeii-Produktion ist COS
bei Kindern scheinbar größer, sodass der Thymus beim Erwachse- C07
ö
nen teilweise verfettet (I Abb. 1 und 2). 0::
u
DieT-Zellen durchlaufen vier Stadien (I Abb. 3): doppelnegativ 3d I-
(ON), intermediär einzelpositiv (ISP), doppelpositiv (DP) und zuletzt
CD4- bzw. CD8-positiv (SP). Während des ON-Stadiums finden die
Rekombination der ß-Kette und danach ein erster Teil der positiven
Selektion, die sogenannte ß-Selektion, statt. Die somatische Rekom- 12d
bination des TZR läuft ähnlich wie bei den B-Zeii-Rezeptoren ab
(s. u.). Dabei werden Zellen entfernt, die defekte ß·TZR-Ketten
exprimieren. Die überlebenden Zellen teilen sich danach stark und I Abb . 3: Schema der T-Lymphozyten-Entwick lung im Thymus .
kommen ins ISP- und danach ins DP-Stadium. In diesen Stadien
wird die a-Kette rekombiniert und exprimiert. Danach folgt der
zweite Teil der positiven Selektion , um T-Zellen zu entfernen, die Ein Teil der T-Zellen verlässt das ON-Stadium und wird zu yo-T-Zel-
kein MHC-Molekül erkennen. len. Diese sind wichtig für die Erkennung von CD!-Lipid-Komple-
Nun sind nur noch T-Zellen übrig, die MHC-Moleküle erkennen xen v. a. bei der mukosalen Immunität.
können. Je nachdem, ob diese MHC-K iasse-1oder -I!- Moleküle Die nun reifen, naiven T-Zellen verlassen den Thymus und können
binden, werden die Zellen zu CD8- oder CD4TZellen. in einem über die HEV in die LK einwandern. Si e rezirkulieren durch die LK
letzten Schritt erfolgt dann die negative Selektion, es sterben also bis sie ein passendes Antigen in Form eines MH C- Peptid· Komplexe~
autoreaktive Zellen. gefund en haben und aktiviert werd en.

I Abb . 1: Der Thymus eines Kindes ist kaum verfettet. I : Rinde, 2: Mark, I Abb . 2: Im Thymu s ein s Erwachsen n sind massive F tl anteile erkennbar
3: Stromabahn en. [ 18 ] 1: Fettgew be, 2: Rinde, 3: Mark. 1181 ·
Mo lekulare und zelluläre Mechanismen
14 I 15

CD34
V-Gene D-Gene J-Gene Konstante Region
I Abb. 4: Schema der 8-Lymphozyten-Entwick lung CDlO ( 0 19
im Knochenmark. Pro-B Zelle

CD22

CD19
Prä-8 Zelle

Naive, reife
B-Zelle

B-Zeii-Entwicklung
Die B-Zellen entwickeln sich im Knochenmark (I Abb. 4). Das erste
Stadium wird als "Pro-B-Zelle" bezeichnet. Diese exprimieren CD 19
und CD34. Die Rekombination der Immunglobulin-Gene bzw. des
B-Zell-Rezeptors läuft in den Prä-B-Zell-Stadien ab, die durch Fehlen
von CD34, jedoch Expression von CD20 und CD22 gekennzeichnet
sind. Die B-Zellen werden danach negativ und positiv selektioniert.
Dieses Stadium wird oft als "unreifes B·Zell-Stadium" bezeichnet.
Die B-Zellen verlassen als reife, naive B·Zellen das Knochenmark
und zirkulieren zwischen den Primärfollikeln der LK.
Bei der Rekombination werdenperZufall V-, D- und }Gene ausge-
wählt und die dazwischenliegenden Sequenzen entfernt. Die Gene
liegen dann vor der konstanten Kette, der B-Zell-Rezeptor kann ex-
primiert und die Zelle selektioniert werden. Zuerst wird die schwere
I Abb. 5: RAG 1-exprimierende Lymphozyt en Ci) in der Niere eines Zebra-
Kette rekombiniert und bildet mit VpreB den Prä-B-Zell-Rezeptor. fischs; GL: Nierenglomerulus, RT: Nierentubulus. [38]
Falls die Rekombination zu einem sinnvollen Protein führt, kommt
es zu einem Signal über den Rezeptor und zur Rekombination der
leichten Kette. Exkurs: Lymphozyten in Fischen
Lymphatische Organe und die adaptive Immunantwort mit Lympho·
NK-Zeii-Entwicklung
zyten haben sich evolutionär etwa zum Zeitpunkt des Kiefers ent-
Die NK-Zellen entwickeln sich aus einem NK/ T-Zell-Vorläufer im wickelt. So besitzen die meisten Tiere mit Kiefer auch T- und B-Lym-
Knochenmark. Die unreifen Zwischenstufen produzieren IL-13 und phozyten, die sich ganz ähnlich wie beim Menschen entwickeln. In
IL-15 und später wenig IFNy. Reife NK·Zellen exprimieren dann Fischen (I Abb. 5) ist die zelluläre Immunantwort hoch entwickelt
CD 122, CD94 und "Mischungen" von Inhibitorischen Rezeptoren . und von großer Bedeutung. Das liegt v. a. an marinen Viren und
Sie stellen so eine heterogene Zellpopulation dar und es gibt auch Mykobakterien (s. Schwimmbadgranulom, Seite 52), denen die
NK-Zellen mit T-Zell-Rezeptor (sog. NK/T-Zellen). Fische ständig ausgesetzt sind.

Zusammenfassung
• T-Zellen entwickeln sich im Thymus aus Vorläufer-
zellen des Knochenmarks, B-Zellen entwickeln sich
ganz im Knochenmark.
• Sie durchlaufen in diesem Prozess die positive und
negative Selektion.
• Bei der positiven Selektion werden Zellen mit fehl-
gebildeten Rezeptor, bei der negativen autoreaktive
Zellen entfernt.
Antikörperbildung
lgM lgGl lgG 2 lgG3 lgG4
Antikörper

vvvb~J~~~~
Antikörper werden von aktivierten B-Zellen und Plasmazellen gebil-
det und sind der Prototyp der Immunglobulinsuperfamilie. Sie kön-
nen an Pathogene binden und zur Phagozytose oder Komplement·
aktivierung führen. Außerdem können sie z. B. Toxine und Viren

V
inaktivieren.
Es gibt verschiedene Typen von Antikörper mit unterschiedlichen
Eigenschaften. IgM ist das erste gegen ein Antigen gebildete Immun-
globulin und bindet meist suboptimaL Daher werden fünf Moleküle
lgE lgD
mittels der ]-Kette verknüpft [Pentamer, I Abb. 1 und 2), um die Bin-
dung zu verbessern, eine sog. Aviditätssteigerung.
Durch bessere Selektion und Affinitätsreifung kommt es zu einer
stärkeren Bindung an das Antigen, sodass der Antikörper als Mono·
lgA
mer vorliegt: lgG. Es gibt vier Subtypen [lgG 1- 4; I Abb. I), die sich I Abb. 1: Antikörper-Subtypen . (mukosa l)
in ihren Fähigkeiten zur Komplementaktivierung und Fe-Rezeptor·
Bindung unterscheiden [I Tab. I).
Auf mukosalen Oberflächen findet man lgA, das v. a. von B-Zellen B-Zellen
an den Epithelien gebildet wird; es stellt meist die erste Immunab-
wehr gegen eindringende Pathogene dar. lgE bindet hochaffin und B-Zeii-Aktivieru ng
irreversibel an den Fe-Rezeptor der Mastzellen und bildet so deren
antigenerkennenden Rezeptor. Die Funktion von IgD besteht wohl Naive, reife B·Zellen können im LK durch Kontakt mit Antigenen
in der T-Zeli-Aktivierung. aktiviert werden. Dazu muss die membrangebundene Form des
Antikörpers (B·Zell-Rezeptor, BZR) zum Antigen passen. Wichtigster
T-Helferzellen Korezepter der B·Zelle ist CD22. Der BZR besteht neben dem Im-
munglobulin noch aus CD19 und CD21. Die Aktivierung kann durch
CD4-T-Zellen sind zentrale Kontrollelemente im Immunsystem. Ohne zwei Mechanismen erfol gen:
CD4·T-Zell-Hilfe können meist nur schwache und temporär begrenz-
te humorale und zytotoxische Immunantworten erzeugt werden . t Ein repetitives Antigen, z. B. die Oberfläche eines Virus, kann den
Relativ unabhängig von T-Zeli-Hilfe sind lediglich NK-Zeli-Reaktionen BZR vernetzen und die B-Zellen ohne T-Zell-Hilfe aktivieren . Die
und das angeborene Immunsystem. Vernetzung des BZR führt intrazellulär zur räumlichen Nähe von
I-Helferzellen werden von DZ aktiviert (s. Seite 18) und entwickeln immunotyrosinbasierten Aktivierungsmotiven, die sich durch ihre
sich je nach DZ und Zytokinmilieu entweder in einen Th 1- oder in Tyrosinkinasen gegenseitig phosphorylieren. Nach Bindung von
einen Th2-Phänotyp. Th I-CD4-Zellen unterstützen die zelluläre Im- Adapterproteinen wird das Signa l zum Zellkern übertragen und die
munität durch Produktion von IFNy und TNFc1. Im Gegensatz dazu Genexpression veränd ert. Dadurch werden verm ehrt Antikörper in
fördern Th2-Zellen durch IL-4·, IL-5-, IL·6- und IL·l O·Synthese die löslicher Form gebildet und die Proliferation wird angeregt.
humorale Immunantwort Ein Klassenwechsel von B-Zellen ist meist t Der zweite Weg ist abhängig von T-Zeii-Hilfe. Nachd em Antigen
nur nach Interaktion mit Th2-Zellen möglich. an den BZR gebunden hat, wird dieser durch Endozytose internali ·

lgG1 lgG2 lgG3 lgG4 lgM lgA lgD lgE

Serum· lg-Anl eil 5 3% 16% 6% 5% 6% 13% 0, 1% 0,002%


Serumk onzentration 2 60 - I 15 - 24 - 5,2 - 40 - 70 - ., 4 "' 0,03
(mg/ dl) 800 570 125 125 23 0 400

Halbwert szeil (Tage) 23 23 7- 9 23 6 3 3

Kompl emenl- H+ ... +++ +++ ++


akli vierun g

Plazenl agängigkeil ..... (-) • ++ ...


++ ;;.
Fe-Rezeptor-Bindung +•
(Monozyten)

Fc·Rezeplor-Bindung - ·• +++

(Maslzellen)

Fc·R zcpiOr·ßlndung + +
(Noulrophlle)

I Abb . 2: lgM ist m eist Fc·R zopt or-Bindung • ·• (+) .. .


ein Pentamer (Uitrastruktur (Lymphozylcn)
in der Ras terelek tro nen-
mikroskop ie ). ]351 I Tab. 1: Charakt risti ka der Immunglo buline.
Molekulare und zelluläre Mechanismen
16 I 17

siert und das Antigen in Endosomen zu Peptiden abgebaut. Diese Fe-Rezeptor (CD32) in die Nähe des BZR bringt und so intrazellulär
Peptide werden in MHC-Klasse-11-Komplexen an der B-Zell-Oberflä- mittels immunotyrosinbasierter Inhibitionsmotive die Signalüber-
che präsentiert Erkennt eine CD4-T-Zelle solch ein Peptid als tragung des BZR blockiert. Auf diese Weise kann verhindert werden,
fremd, kann sie die B-Zelle mittels kostimulatorischer Moleküle dass unsinnig viele B-Zellen in späten Phasen der Immunantwort akti-
(z. B. CD40-CD40L-Interaktion) aktivieren. viert werden. Da CD32 niedrigaffin an IgG bindet, kommt es nur bei
überschießenden humoralen Antworten zu dieser Blockierung.
Keimzentrumsreaktion
Plasmazellen
Die erste B-Zell-Aktivierung findet meist im LK statt. Die Prolifera-
tion und das entstehende Begleitinfiltrat bilden einen primären Aktivierte B-Zellen können sich zu Plasmazellen differenzieren und
Lymphfollikel mit Keimzentrum. Histologisch erkennt man Zentro- die Menge an produzierten Antikörpern nimmt stark zu. Die Anti-
hlasten (proliferierende B-Zellen) und Zentrozyten (unter Selektion körper der Plasmazellen sollen über Jahrzehnte bis lebenslang vor
befindliche B-Zellen). Viele der Zentrozyten gehen aufgrund unpas- den Pathogenen schützen und sind eine wichtige Komponente der
sender Antikörper mittels Apoptose zugrunde, die gut passenden Gedächtnisbildung.
Zellen werden wieder zu Zentrablasten und proliferieren mit enor- Plasmazellen produzieren im Knochenmark oder im Darm große
men Teilungsraten. Mengen Antikörper und exprimieren CD 138. Histologisch erkennt
man Plasmazellen an der typischen "Spiegelei"-Form mit hellem Zyto-
Klassenwechsel plasma in Kernnähe, die den Golgi-Apparat darstellt. Elektronenmik-
roskopisch fallen der typische Radspeichenkern und der enorm ent-
B-Zellen exprimieren nach der ersten Aktivierung immer IgM- und wickelte Golgi-Apparat auf (I Abb. 3).
IgD-Antikörper. Um andere Isotypen produzieren zu können,
durchlaufen sie je nach Zytokinmilieu den sog. KlassenwechseL Die
meisten B-Zellen wechseln durch T-Zell·Hilfe, IL-4 und IL-6 zu
IgG I. Dazu wird die konstante Region des IgM genomisch entfernt
und die Gene des lgG werden in Nähe zu den rekombinierten vari-
ablen Genen gebracht. IL-2 und IFNy führen zu IgG2. Dagegen be-
kommen B-Zellen an den Epithelien starke TGFß-, IL-1 0- und IL-5-
Signale und wechseln dadurch bevorzugt zu IgA.

Affinitätsreifung
Antigene werden über Jahrzehnte von follikulären dendritischen
Zellen (FDZ) im LK präsentiert. Diese Präsentation ermöglicht be-
reits aktivierten B-Zellen, ihre Antikörper zu verbessern. ln einem
Prozess, der als "Affinitätsreifung" bezeichnet wird, kommt es in
den Antikörpergenen, vor allem in den Antigenbindungsstellen
(CDR), zu Mutationen. Durch die Interaktion mit den Antigenen an I Abb. 3: Plasmazelle. Typischer Radspeichenkern 1 mit Nukleolus(-"'),
den FDZ werden B-Zellen selektioniert, die dadurch bessere Anti- * Golgi-Apparat, 2: Zytozentrum mit Zentriole, 3: raues ER, 4: Mitochondrien.
körper bilden können. "Besser" bedeutet eine stärkere Bindung und [18]
höhere Spezifität. Dieser Prozess ist mitverantwortlich für die bei
erneuter Antigenexposition schneller und effektiver einsetzende Im-
munantwort. Zusammenfassung
X Antikörper sind wichtige Effektormoleküle der
Feedback-Hemmung
erworbenen Immunantwort und werden von aktivier-
Bindet nicht nur ein Antigen, sondern ein Immunkomplex an den ten B-Zellen und von Plasmazellen gebildet.
BZR, dann kann der Antikörper des Immunkomplexes zur Inaktivie-
rung der B-Zelle führen. Dies geschieht, indem der Antikörper den x Die variable Region, die an das Antigen bindet, bleibt
bis auf Mutationen (Affinitätsreifung) konstant, die
konstante Region (Fe-Teil) kann aber durch Klassen-
wechsel geändert werden.
X Zuerst wird lgM gebildet, das durch Affinitätsreifung
weiterentwickelt werden kann. Später wird dann der
IgG-Isotyp gebildet.
X Weitere Subtypen haben unterschiedliche Funktio-
nen: lgA findet sich an mukosalen Oberflächen und in
der Muttermilch, lgE bindet an Mastzellrezeptoren.
Zelluläre Immunreaktionen
Zelluläre Immunreaktionen führen zu humo- CD86 der professionellen APZ. Weitere Th2-Zellen synthetisieren IL-4, IL-5, IL-6
ralen und zytotoxischen Reaktionen; Letz· Signale sind hilfreich. Vor allem Zytokine und !L-I 0 und fördern die B-Zell-Aktivieru
tere dienen vor allem der Immunabwehr (JL-7 und JL- 12) und andere Rezeptorinter- und -Differe nzierung. Die Expression von ng
gegen Viren und intrazelluläre Bakterien. aktionen [z. B. mit lntegrinen) stabilisieren CCR3 und CCR4 ist für die Migration zu
CD4-T-Zellen steuern diese Polarisierung die T-Zell-Aktivierung. den Keimzentren notwendig, wo B-Zellen
entweder in die zytotoxische oder in die Nach Aktivierung beginnen die TZellen mit warten .
humorale Richtung (I Abb . I ). Da CD4 an einer massiven, IL-2 -abhängigen Prolifera·
MHC-Klasse-11-Moleküle bindet und CD8 an tion. Nach etwa sieben Tagen ist das Maxi- CD8-Zellen
solche der Klasse I, können die Zellen nur mum dieser klonalen Expansion erreicht, die
die entsprechenden Peptid-MHC.Komplexe Zellen sind im ganzen Körper verteilt. CD8-Zellen sind zytotox ische T-Zellen, die
erkennen. Gegenregulationen, z. B. die Expression von virusinfiziene Zellen erkennen und abtöte
CTLA-4 (CD I 52), begrenzen die Expansion. können. Sie erkennen Peptid·MHC-K!asse~.
CD4-Zellen Ein Teil der Zellen wird zu Gedächtnis- Komplexe, die auf fast allen Körperzellen
zellen, während der Großteil abstirbt. Eine präsentiert werden, und werden ähnlich \\ri.e
CD4-T-Zellen (T-Helferzellen) rezirkulieren überstarke Aktivierung (sog. High-zone- CD4-Zellen durch DZ aktlVlert. Es gibt zw .
1
durch die lymphatischen Organe, bis sie Toleranz) führt zur Apoptose der T-Zellen wesentliche Mechanismen zur Abtötung de
einen passenden Peptid -MHC-Klasse-11-Kom· (activation·induced cell death, AlCD). Zielzellen (s. Seite II ): er
plex erkennen und aktiviert werden. Sie
haben dann meist keine direkte Funktion in Th 1 vs. Th2 t Die CD8~Zel len bilden nach Aktivierung
der Bekämpfung von Pathogenen, sondern Granula mit Granzyrnen und Perforinen .
dirigieren die anderen Zellen des Immun- Je nach Zytokinmilieu und aktivierenden DZ Die Ausschüttung der Granula fühn zu Lö-
systems. können sich CD4-Zellen [undifferenziert als chern in der Membran der Zielzelle (durc h
"ThO" bezeichnet) entweder in Th 1- oder in Perforin), durch die Granzyme eindringen
Aktivierung Th2-Richtung differenzieren. Die ThO-Zellen und Apoptose auslösen können.
gelangen durch CC R7 und CD62L in die t Der zweite Mechanismus kann über Fas-
Naive TZellen werden am effektivsten LK, wo die Polarisierung stattfindet. TGFß FasL-Interaktion mit der Zielzelle Apoptose
durch DZ aktiviert Andere APZ [Makro- hemmt diese Differenzierung in peripheren über intrazelluläre Kaskaden auslösen.
phagen und B-Zellen) können dies aber in Geweben. Der Prozess wird durch unter·
begrenzterem Maße auch. Das wichtigste schiedliche Transkriptionsfaktoren (GATA-3 Gedächtnisbildung
Signal ist die Erkennung des Antigens in bei ThO, Stat-4 bei Th 1, Stat-6 bei Th2) ver-
Form von Peptid-MH C-Klasse-Il-Komplexen mittelt, die die Genexpression in den ThO- Charakteristikum der Gedächtnisfunktion -
~t
durch den TZR. Das Peptid hat 13 oder Zellen ändern. Die Th I-Zellen blockieren die 0

eme schnellere und effektivere lmmunant.


mehr Aminosäuren und wird im Klasse-li- Th2-Entwicklung und umgekehrt. wortbei erneuter Konfrontation mit dem
Molekül zwischen zwei a-Helices gebun- Th !·Zellen produzieren große Mengen an Pathogen. Die bereits von der vorherige n
den. IFNy, IL-2 und TNF-ß. Sie unterstützen die Infektion vermehrt vorhandenen T- und
Neben dem Signal des TZR ist ein weiteres Entwicklung von zytotoxischen T-Zellen so- B-Zell·Klone können schneller expandiere n
Signal über kostimulatorische Moleküle wie das Abtöten von imrazellulären Bakte- Die CD4-Zellen sind durch die Differenzie. ·
CD28 notwendig. Ohne dieses Signal wird rien in Makrophagen. Die Chemokinrezep- rung bereits in eine Richtung geprägt, SOda
die T-Zelle anerg (inaktiviert, sog. Low-zo ne- toren CCR I , CCRS und CXCR3 leiten die die passenden Zytokine und Funktionen ss
Toleranz). CD28 bindet an CDBO oder Zellen in periphere Gewebe. rascher einsetzen.
Effektiver wird die T-Zell -Antwort vor al!e
ThO 111
Myeloische DZ Plasmazytoide DZ durch die zunehmende klonale Selektion
von hochaffinen, also besser bindenden
T-Zellen mit entsprechend hochaffinen TZR_
Bei chronisch reaktivierenden Infektionen ·
Th z. B. CMV, kommt es zu beinahe monokio:
nalen T-Zeii-Reperroi res, die höchstaffine
TZR besitzen.
1l·4 a..· Effektor-T-Z IIen expri mieren meist
IL·S ~
11-6 CD45RA, die G dächmisz ll en eine andere
IL·lO
Splicevarian t : D45R . edächtnlszellen
rezlrkulieren auch durch die LK. Man kann
je nach hemoklnrezeptor zwei Typen
unt rscheid n: läng rieb! e z ntrale
I Abb . 1: CD4· T-Zei i- ( R7 ) und kurz! big periphere (C RS l
Makrophagen B-Zellen Differ nzi rung . dä htnlsz II n.
Molekular e und zelluläre Mechanism en
18 I 19
NK-Zellen
NK-Zellen stellen sicher, dass alle Körperzellen außerhalb des ZNS
MHC-Moleküle besitzen. Durch deren Suppression könnten Viren
der zytotoxischen Immunantwort entgehen. Einige Viren (z. B.
CMV) supprimieren MHCMoleküle und produzieren eigene, MHC-
ähnliche Proteine, welche die NK-Zellen täuschen können.
NK-Zellen töten praktisch alle Zellen, falls sie nicht durch inhibito-
rische Rezeptoren, die an MHC-Komplexe binden, inaktiviert wer-
den. Es gibt eine Vielzahl von inhibitorischen NK-Zell-Rezeptoren
(killer inhibitory receptors, KIR), die heterogen auf den NK-Zellen
exprimiert werden. So gibt es viele Untergruppen mit unterschied-
lichen Mischungen der KIR. Anderseits gibt es auch aktivierende
Rezeptoren, die zur Apoptose der Zielzellen führen können.
Die Zytotoxizität erfolgt ähnlich wie bei den CD8-Zellen über Fas
oder Granzyme. Ein dritter Mechanismus ist die antikörperabhän-
gige Zytotoxizität, bei der Zielzellen, die mit Antikörpern markiert
sind, über Fe-Rezeptoren erkannt und mittels Granzymen lysiert
werden. NK-Zellen sind außerdem eine wichtige Zytokinquelle, vor
allem von IFNy.
Es gibt auch sog. NKTZellen mit TZR, die Lipid-COld-Komplexe
erkennen und IL-4, IL- 12 und IFNy sezernieren.

yö-T-Zellen
Der T-Zell-Rezeptor der meisten T·Zellen besteht aus der u- und der
ß-Kette. Vor allem bei der mukosalen Immunität spielen jedoch
yo-T-Zellen eine große Rolle. Diese erkennen fremde Lipide auf Ziel-
zellen, meist lsopentenylpyrophosphat, oder andere Lipide, die mit- 1 Abb. 2: Listerien; a) Granulomartige Entzü ndungsherde in der f eta len Lunge
tels CD I c präsentiert werden können. Lipide können auch von (Ä ), •: Pulmona larterien; b) Versilberung zeigt Stäbche nbakterien mit liste-
unkonventionellen aß-T-Zellen erkannt werden , die dann oft CD4- rientypisc hen V und V-Formen; c) Listerientypisches intrazellu läres Bakterien-
und CD8-doppelnegativ (erkennen Lipid-CO l d-Komplexe) oder dop· wachstum in der Ei haut der infizierten Pl azenta. [ 1]
pelpositiv (erkennen Lipid-COla-, -b- oder -c-Komplexe) sind.

Exkurs: Listerien
Listeria monocytogenes ist ein intrazelluläres Bakterium, das nur bei
Immunsupprimierten und Schwangeren zu symptomatischen Infek-
tionen führt. Die Infektion erfolgt mit kontaminierter Nahrung; die
Listerien durchbrechen die Darmschleimhaut und führen zu einer
systemischen Besiedelung.
Die Bakterien werden rasch von Makrophagen aufgenommen; ähn-
lich wie bei der Tuberkulose sind zur Zerstörung der Bakterien jedoch
Th I-Zellen nötig. Fehlen CD4-Zellen oder funktionieren sie nicht
korrekt, kommt es zu einer Bakteriämie mit Absiedlungsherden. Bei
Schwangeren können Listerien den Fetus infizieren, da das Immun- Zusammenfassung
system vor allem in der fetoplazentaren Einheit supprimiert ist (um
Allareaktionen gegen patemale Antigene zu verhindern; I Abb. 2) . • Zelluläre Immunreaktionen werden von T- und
NK-Zellen durchgeführt.
• NK-Zellen können Zielzellen abtöten, die kein MHC-
Molekül exprimieren, und produzieren große Mengen
Interferon.
• CD4-T-Zellen können sich in Th1- und Th2-Phänotyp
differenzieren .
• Th 1-Zellen stimulieren die Bildung zytotoxischer
CD8-T-Zellen und aktivieren Makrophagen. Th2-Zellen
stimulieren B-Zellen (T-Zeii-Hilfe).
Zytokine, Chemokine und Interferone
Signalmoleküle koordinieren das Immunsys-
Faktor Produktionsort Zielzellen Funktion
tem und steuern lokale Reaktionen (I Tab_l )_
Man unterscheidet lnterleukine (Signalmole- GM-CSF CD4-Zellen Hämatopoetische Progenitorzellen Proliferation und Differenzierung z u
küle und Wachstumsfaktoren für lmmunzel- Monozyten und DZ

len ), Chemokine (Steuerung der Migration) IL- 1a Monozyten, Makrophagen, Makrophagen Aktivierung

und Interferone (v_ a_antivirale Wirkung)_ IL- lb B-Zellen, DZ, NK-Zellen,


B-Zellen Reifung und Proliferation
Fibroblasten
NK- und T-Ze llen Aktivierung
lnterleukine Verschiedene Zellen (v. a. Hepato- Entzündung, Akute-Phase-Reak -
zyten und Osteoklasten) tion. Fieber. Katabo lie, Hypoton ie
Proentzündliche Faktoren IL-2 T-Zellen Aktivie rteT- und B-Zellen. NK-Zel- Proliferation und Aktivierung
len, Monozyten, Makrophagen,
Bei lokalen Entzündungsreaktionen produ- Oligodendrozyten
zieren v_ a_ Makrophagen lL-1, IL-6 und
IL-3 CD4-Zellen. Mastzellen . Stammzellen Proliferation und Differenzierung
TNFa. Diese führen zur Aktivierung von En- Eosinophile
B-Zellen, Monozyten Reifung und Proliferat ion
dothelzellen und Lymphozyten sowie zu
systemischen Reaktionen wie Fieber, Kache- IL-4 Th2-Zellen, Mastzellen, Aktivierte B-Zel len Proli feration und Differenzierung
Knochenmarkstroma
xie, Hypotonie und Akute-Phase-Reaktion. Makrophagen Aktivi erung
Gedächtnis-CD4-T-Zellen bilden IL- I 7, das T-Zellen Proliferation
ähnlich wie TNFa proinflammatorisch auf tl-5 Eosinophile Differenzierung
Th2-Zellen, Mastzellen,
Fibroblasten und Stromazellen wirkt. Eosinophile

tl-6 T- und B-Zellen, Plasmazel- AktivierteB- und T-Zellen Wachstum und Differenzierung
T-Zeii-Wachstumsfaktoren len, Makrophagen, Knochen-
Plasmazellen Antik örpe rprod u k tion
markstroma. Fibroblasten
Nach Aktivierung sind T-Zellen von IL·2 Stammzellen Differenzierung

abhängig, in geringerem Umfang auch von Hepatozyten Ak ute-Pha se-Rea k tion


IL-4. lL·2 wird auch durch Aktivierung von tL-7 Knochenmarkstroma, Thy- B- und T-Zellen Proliferation und Differenzierung
T-Zellen gebildet, dies ist also ein autokriner musstroma, Milzzellen von Progen itorzellen
Regelkreis. IL· lS hat ähnliche Effekte, wird tl-8 Makrophagen. Neutrophile und T-Zellen Chemotaxis
aber in vielen Geweben gebildet. IL-21 Endothelzellen
wirkt auch lL-2-ähnlich. tl- 10 ThO- und Th2-Zellen, CDB- Makrophagen Aktivierung
lL-7 ist für die Lymphozytenentwicklung Zellen. Monozyten. Makro-
B-Zellen, Mastzellen Aktivierung und Proli feration
und für die Aktivierung naiver T-Zellen not- phagen, DZ

wendig. GM-CSF und wohl auch IL-16 wir- tl- 12 Makropllagen, Th I -Zellen Aktivierung und Differenzierung
ken antiapoptotisch auf aktivierte T-Zellen. B-Zellen. DZ
NK und T-Zellen Aktivierung von IFNy-Sekretion

tfNa Leukozyten Fast alle Körperz ellen Induktion von Virusresistenz,


Wachstumsfaktoren für Vor- Inhibition von Proliferation,
MHC-Expressions-Regu lation
läuferzellen im Knochenmark
tFNJ3 Fibroblasten und Fas t alle Körp erz ellen Wi e IFNa
JL-3 wird von T-Zellen, Mastzellen und Eosi- Epithelze llen

nophilen gebildet und fördert die Reifung tFNy T- und NK-Zell en B- und T-Zellen, Makropha gen und Aktiv ierung, Proliferation und
von allen Knochenmarkzellen. IL-6 hat ähn - NK-Zellen Differenzierung

liche Effekte. IL-5 wird von Th2·Zellen ge- Th2-Zellen Suppression


bildet und fördert im Knochenmark die Dif- Verschiedene Zellen Induktion von Virusre sistenz und
ferenzierung von Eosinophi len. IL-9 förd ert MHC-Expression
dagegen die Bildung von Basophilen. IL-11 M tP-la Makrophagen Monozyt en, T-Zellen Chemotaxi s
wird lokal im Knochenmark von Stromazel- Monozyten, T-Zellen Ch emotaxis
MtP- 1b Lymphozyten
len gebi ldet und fördert die Hämatopoese.
TGFJ3 T-Zell en, Monozyt en Monozyten, Makrophagen Ch emotaxi s

Aktivi erte Makrophagen IL-t-Synt11e se


Th1-Zytoki ne
Aktivi erte ß-Zellen lgA-Synth ese

IL-12 wird von DZ, Makrophagen und in Verschiedene Zellen Proliferation


geringen Mengen von B-Zellen gebildet und TNFa Makrophagen. Mas tze iten. Makrophagen CAM und Zytokin expression
stimuliert die Differenzierung von CD4T NK-Zellen Tum orze llen Apopt ose
Zellen in Th I-Richtung. Es regt wie auch
Th t- und CD8-Zellen Phagozyten Phagozytose, NO-Produktion
IL-18 und IL-23 die lFNy·Produktion von TNFJ3

T- und NK -Zellen an. IL-27 stimuliert die Tumorzellen Apopto se

IL-12-Rezeptor-Expression und wird von


I Ta b. 1: Übe r sic ht über wi c htige Zyt okin e.
Makrophagen und DZ gebildet.
Molekulare und zelluläre Mechanismen
20 I 21
• Chemokin
• Zytokin 650

600

550

500

450

~ 400

I Abb. 1: Lokale Entzündungsreaktionen führen zur Freisetzung von Zyto-


1
0
350

-~ 300
t:
kinen, die dann Endothelzellen zur Chemokinproduktion anregen. Die produ- 0
0 250
zierten Chemokine bilden an der Gefäßwand u. a. durch Bindung an Heparan-
200
sulfat einen Gradienten; Lymphozyten können den Ort der höchsten Konzent-
150
ration finden und dort das Gefäßsystem verlassen (Diapedese).
100

50

Th2- und B-Zeii-Zytokine


08:00 10:00 12:00 14:00 16:00 18:00 20:00 22:00 00:00 02:00 04:00 06:00

Zytokine, die von Th2-Zellen gebildet werden, sind v. a. IL-3, IL-4, Uhrzeit

IL-5, IL-6 und IL-10. Sie stimulieren u. a. B-Zellen.IL-25 ruft auch eine
I Abb. 2: 24-Stunden-Profi l der Plasmakortisolspiegel. Bei Personen mit lan-
Th2-Reaktion hervor, wird aber im Knochenmarkstroma gebildet. ger Schlafdauer (helle Kreise) sind die Konzentrationen im Vergleich zu sol-
IL-1 0 kann sowohl inhibitorisch als auch aktivierend auf B-Zellen chen mit geringer Schlafdaue r (dunkle Quadrate) erniedrigt. [ 12]
wirken. Es wird von vielen Zellen, jedoch nicht von Th I-Zellen
gebildet und blockiert die Th I-Zell-Entwicklung.
IL-13 und IL-1 4 induzieren Proliferation von aktivierten B-Zellen Durch Expression von CCR 10 und dem CCL28-Gradienten können
IL-14 hemmt aber die Immunglobulinsynthese. IL-13 stimuliert die aktivierte I-Zellen in den Dickdarm gelangen_Expression von CCRJO
Differenzierung von B-Zellen und den Klassenwechsel zu IgE. und Nutzung des CCL27-Gradienten führen die Zellen in die Haut.

Chemokine Interferone

Bisher wurden im Menschen mehr als 50 verschiedene Chemokine Die Hauptfunktion der Interferone ist, in Körperzellen eine Virus-
beschrieben, die nicht nur die Migration von Leukozyten regeln, resistenz zu fördern.
sondern auch aktivieren oder blockieren können. IFNa und -ß hemmen die Zellteilung und erhöhen die Expression von
Alle Chemokine haben Disulfidbrücken und oft zwei benachbarte Peptid-MHC-Klasse-1-Komplexen. IFNa ist eine Proteingruppe von
Cysteine. Je nachdem, wie viele andere Aminosäuren (AS) sich zwi- 24 Genen, die von Lymphozyten und Makrophagen gebildet wird.
schen diesen beiden konservierten Cysteinen befinden, werden die IFNß dagegen wird von Fibroblasten und Epithelzellen produziert.
Chemokine in Gruppen eingeteilt: CC-Chemokine (keine AS dazwi- IFNy wird von CDB-, CD 4-Th 1- und v. a. NK-Zellen gebildet. Es
schen), CXC [eine AS dazwischen), CX3C (drei AS dazwischen) und führt zur Aktivierung von B- und T-Zellen, Makrophagen, NK-Zellen
XC·Chemokine (nur ein Cystein). Die einzelnen Chemokine werden und Differenzierung von T-Zellen in Th I-Richtung. Es wirkt auf viele
durchnummeriert und als Liganden des Rezeptors bezeichnet, also Körperzellen und verbessert die Antigenpräsentation.
z. B. CCL2.
Exkurs: zirkadiane Rhythmik
Entzünd ungschemoki ne
Die Körpertemperatur und auch Fieber sind meist morgens etwa ein
Bei Entzündungsreaktionen wird IL-8 durch aktivierte Makrophagen Grad niedriger als abends, was sich mit der zirkadianeu Rhythmik der
sezerniert und lockt Neutrophile, Basophile und T-Zellen an. Es Zytokinfreisetzung erklären lässt. So beträgt morgens der Kortisolspie-
wirkt aber auch aktivierend und degranulierend auf die Neutrophi- gel das Fünffache vom Abend wert, abends ist dagegen der TNFa-Spie-
len. MCP-1 wirkt ähnlich, jedoch auf Monozyten und Basophile, gel höher (I Abb. 2). TNFa wirkt neben IL-6 und IL-1 pyrogen in der
und fördert die Histaminfreisetzung von Basophilen. Temperaturkontrollregion, der Area preoptica des Hypothalamus.
Komplementbestandteile, v. a. CSa, wirken chemotaktisch und akti-
vierend auf Granulozyten.
Zusammenfassung
Lymphozytenchemotaxis
• Zytokine sind Signalmoleküle, mit denen sich die
Lymphozyten können unterschiedliche Gewebe durch Expression
Zellen der Immunantwort koordinieren.
bestimmter Chemokinrezeptoren erreichen (I Abb. 1). Stammzellen
bleiben im Knochenmark durch Expression von CXCR4, da das Kno- • lnterleukine sind Faktoren, die zwischen Lympho-
chenmarkstroma CXCL12 [SDF- 1) bildet. Lymphozytenvorläufer zyten wirken und meist Wachstums-, Aktivierungs-
erreichen den Thyrnus durch Expression von CCR9 entlang dem
CCL25-Gradienten. Aktivierte Lymphozyten produzieren andere Inte- oder supprimierende Faktoren darstellen.
grine und gelangen mit demselben Mechanismus in den Dünndarm. X Chemokine steuern die Migration der Zellen.
Naive Lymphozyten gelangen durch Expression von CCR7, der
CCL21 (SLC) und CCL 19 bindet, in Thymus und Lymphknoten. X Interferone wirken auf fast alle Körperzellen
Auch zentrale Gedächtniszellen benutzen diesen Mechanismus, um (v. a. antiviral).
in den LK zu rezirkulieren.
Der Histokompatibilitätskomplex und die Antigenpräsentation
Antigenpräsentation MHC.Klasse· l·Komplexen können die Pep-
HLA-A2 HLA-A3 HLA·B7
tide aus der Bindungsstelle hinausragen; so
APZ präsentieren Peptide als Peptid-MHC- P2-Position Leuein Leuein Leuein ist die Bindung längerer Peptide möglich.
Komplexe. Die CD4-Zellen können auf B- P9-Pos ition Valin, Tyrosin Lysin Prolin
Zellen, Makrophagen und DZ Peptid·MHC- Dendritische Zellen
Klasse-11-Komplexe erkennen und diese I Tab. 1: Anke raminosäu ren einiger häufiger HLA·
Moleküle.
aktivieren. CD8-Zellen erkennen Peptid- DZ können extrazelluläre Antigene sowohl
MHC-Klasse-1-Komplexe und induzieren über MHC-Klasse·l· als auch über MHC-
eine Apoptose der Zielzelle. • Entweder werden gemeinsame Pathogen- Klasse-11-Komplexe präsentieren. Dies ist
motive erkannt und die Endozytose erfolgt notwendig, da DZ im LK sowohl naive co 8 .
Intrazelluläre Antigene über TLR (s. Seite 12) oder sie erfolgt nach als auch CD4·Zellen aktivieren. Bei be-
Erkennung von Zuckermotiven über Rezep· stimmten Pathogenen ist die Aktivierung
Intrazelluläre Proteine werden von fast allen torenvom C-Lektin-Typ. von T-Zellen von DZ abhängig und kann
Körperzellen in Form von Peptid-MHC- • Ein weiterer Weg ist die Mikro· und nicht durch andere APZ erfolgen.
Klasse-1-Komplexen an CD8-T-Zellen präsen- Makropinozytose, über die entsprechend Das aufgenommene Material befindet sich je
tiert. Da dieser Prozess bereits während der kleine und größere Mengen Flüssigkeit mit nach Aufnahmemodalität in frühen oder
T-Zell-Entwicklung im Thymus stattfindet, Antigen rechtunspezifisch aufgenommen späten Endosomen mit noch neutralen oder
werden diese körpereigenen Proteine tole- werden. bereits sehr niedrigen pH -Werten. Aufgenom _
rien. Bei einer Virusinfektion präsentiert • Die Aufnahme über Komplementrezep- menes Antigen wird von DZ etwa I 00-mal
die Zelle neue, virale Peptide und kann von toren oder, falls bereits Antikörper vorhan· effizienter über den Klasse-I-Weg prozessiert
virusspezifischen T-Zellen abgetötet wer- den sind, über Fe-Rezeptoren ist ein dritter als eigene intrazelluläre Antigene. Vor allem_
den. Weg. Bei B-Zellen erfolgt die Aufnahme vor Antigene, die durch Makropin_ozytose in sog.
Zum Abbau bestimmte Proteine werden mit allem durch den BZR, bei Makrophagen Makropmosomen vorl1egen, konnen ins ZYt0·
Ubiquitin markiert und dann von einem spe- auch durch Scavenger-Rezeptoren {Straßen· plasmaentlassen und so über den MHC·Klas.
ziellen Proteasenkomplex, dem Proteasom, kehrer). se-I-Weg präsentiert werden. Die Makropino-
in kleine Peptide gespalten. Das Proteasom somen weisen eine geringe proteolytische
gibt es in zwei Varianten: dem normalen Nach Aufnahme des Antigens durch Endo· Aktivität auf und speichern Antigene, sodass
und dem sog. Immunproteasom. Das lm- zytose befindet es sich im frühen Endosom, DZ länger Amigene präsentieren als z. B.
munproteasom wird in APZ und IFNy-sti- das zunehmend angesäuert wird. Durch Makrophagen. Die Antigene werden aber
mulierten normalen Zellen gebildet. Es führt Abfall des pH-Werts und Aktivität von auch durch Fusion mit MHC-Kiasse-11-Vesi-
zu anderen Peptiden als das Standardprotea- Cystein·Proteasen (Kathepsine) werden die keln über den Klasse·II·Weg präsentiert.
som. Proteine innerhalb weniger Stunden in Pep- Ein weiterer Mechanismus ist ein spezieller
Ein Teil der gebildeten Peptide, vor allem tide gespalten. Die Endosomen fusionieren Weg mittels phagosomenassoziierter Pro-
diejenigen mit einer Länge von acht bis zehn dann mit Vesikeln, in denen MHC-Klasse-11- teasomen, die Antigen-Peptide hocheffizient
Aminosäuren, werden mittels des "transpor- Moleküle enthalten sind. Calnexin hält die ins ER einschleusen.
ter associated with antigen processing" in einzelnen MHC·Komplex-Ketten {a, ß und
das endoplasmatische Retikulum {ER) ein- "class-11-associated invariant chain peptide" Histokompatibilitätskomplex
geschleust. Im ER befinden sich die leeren ICLIPJ) so lange zurück, bis die Komplexe
MHC-Kiasse-1-Moleküle. Diese werden mit im ER fertig zusammengesetzt sind; erst Antigene werden in Form von Peptid·MHc.
den Peptiden beladen und binden dann ß2M dann kommen sie in Vesikel. Komplexen präsentiert. Die MHC·Komplex:e
(ß 2-Mikroglobulin). Danach werden kom- Nach Fusion geschieht die Antigenheiadung werden von den entsprechenden MHC-
plette Peptid-MHC-Komplexe durch Exo- im "MHC-class II compartrnent". Die Klasse· Allenen im Genort der MHC·Gene kodiert.
zytose über den Golgi-Apparat an die Zell- II-Moleküle enthalten das CUP, um eine Diese Gene wurden zuerst bei Transplanta-
oberfläche transportiert. vorzeitige Beladung mit ER-Peptiden zu ver· tion entdeckt; Unterschiede führen zur
Für die Bindung an das MHC-Klasse·I-Mole· hindern. Das CLIP wird dann mithilfe von Organabstoßung. Man unterscheidet MHC.
kül müssen die Peptide sogenannte Anker· HLA·DM gegen die endasomalen Antigen· Klasse·!·, ·II· und -1 11-Gene. Die Klasse-III-
am inosäuren besitzen. Diese sind je nach peptide ausgetauscht. Der fertige Antigen· Gene bestehen aus Komplement· und Zyto-
HLA-Allel unterschied lich und befind en sich peptid·MHC·Klasse·II·Komplex wird über kingenen. Die Klasse+ und Klasse·II ·Gene
an den Positionen 2 und 9 des Peptids den Golgi-Apparat an die Zelloberfläche codieren je für drei HLA·Proteine. Es gibt
{I Tab. 1). transportiert. also insgesamt sechs HLA·Moleküle. Da es
Die präsentierten Peptide können zwölf bis zwei Chromosomen gibt, finden sich also in
24 Aminosäuren lang sein und haben meist jedem Menschen zwölf Allele (I Tab. 2).
Extrazelluläre Antigene
vier Ankeraminosäuren. Im Gegensatz zu Der MH C-Komplex ist der am stärksten po-
Durch Endozytose aufgenommene Antigene
werden von APZ über MH C-Kiasse-II-Kom·
MHC (zzal. Klaaae 111 )
plexe präsentiert und könn en dann von
CD4·T-Zellen erkannt werden. Dieser Pro· Genort MHC Klasse I MHC Klasse II

zess wird von allen professionel len APZ, also Gen HLA· A HLA· 8 HLA·C HLA·DR HLA· DP HLA- DQ
Makrophagen, B-Zellen und dendritischen Allel (8sp.) A2 A2 7 82 87 C3 C6 DR3 DR7 DPI DP2 00 2 DQ3
Zellen, durchgefüh rt. Es gibt hauptsächlich
drei Wege: I Tab . 2: Organisation des MH C- Locus.
Molekulare und zelluläre Mechanismen
22 I 23
lymorphe Genort des Menschen. Die Allele Die Bezeichnung der Klasse-li-Moleküle ist kann . Leider wurde die Nummerierung bei
der Varianten werden durchnummeriert. Es komplexer, da diese aus zwei Ketten beste- der neuen und alten Nomenklatur oft
gibt eine alte Nomenklatur, die durch Anti- hen: a und ß. Das Gen der ersten ß-Kette geändert, so entspricht "DR2" nun
körper definiert wurde (HLA-Al, -A2 etc.). von HLA·DR4 wird mit "HLA-DRB1*0401" "DRB 1*1501 ".
]edoch zeigten Sequenzierungen, dass es bezeichnet. Das B steht für ß, nach dem Vor allem Autoimmunerkrankungen kom·
auch innerhalb von HLA-Al Allelvarianten Stern werden die Varianten angeben, die men gehäuft familiär vor. Humangenetisch
gibt. So wurde eine neue Nomenklatur ein- durch die Standardantikörper unterschieden sind bestimmte Allele entscheidend, sog.
geführt: HLA-AO 10 I. Die zweite Zahl gibt werden, sowie der "Split" . Die 1 nach dem Risikoallele (I Tab. 3). Es gibt auch protek-
den sogenannten "Split" an, also Subvarian- B bezeichnet das erste ß-Ketten-Gen, da es tive Allele, die das Risiko verringern.
ten von HLA-Al. nur bei der ß-Kette mehrere Genloci geben

HLA-AIIel Erkrankung RR HLA-AIIel Erkrankung RR HLA-AIIel Erkrankung RR


A1 Gold-Nephropathie 28,3 837 Psoriasis vu lgaris 6,7 DR2 / 001 Lupus-Nephritis 14
Myasthen ia gravis 2,0 838 Psoriasis-Arthritis 9, I DR3 Autoimmunhepatitis 11,7
SLE 7, 1 840 Interstitiel le Pneumonie 5,6 Dermatitis herpetiformis 15,4 - 15,9
A 1/ 88/ 0R3 Analgetika-Asthma-Syndrom 28,9 841 Gesunde HbsAg-Träger 11,2 Diabetes Typ I 3,3-5,8
Nept1ropathie 28,9 847 21 -Hydroxylase-Mangel 9,9 Kongenitale NNR-Hyperplasie 6,3
A2 / AI1 Schizophrenie 9,8 Kongenitale NNR-Hyperplasie 15,4 M. 8asedow 3,2 - 3,7
A3 Hämoc hromatose 6,7 851 21 -Hydroxylase-Mangel 3,6 Membranöse Glomerulanephritis 12
A3 / 814 Hämochromatose 90 3,8-6,3 M. Addison 6,3
A9/ 827 Schi20phrenie 11,9 Cw6 Pemphigus vutgaris 13,3 Myasthenia gravis 2,5 - 2,9
A19 Cholelithiasis 131 Cw'0602 Psoriasis 14,5 Sjögren-Syndrom, 9,7
A29 Bi rdshot-Retinochoroidopathie 49-224,3 Sicca -Syndrom
M. Men iere 3, I
SSPE (subakute sk lerosierende Sklerodermie 16,7
3,6 DQ 1 liehen planus 5,3
Panenzephalitis) SLE 4,3-5,8
OOA 1 ~ 0301 Guillain-Barre-Syndrom 2,9
A30 Lichen planus 0,2 Zöl iakie 10,8
DQA 1 • 0302 Guillain-Barre-Syndrom 3,0
87 Insulin-Allergie 3,6 HCV-assoziierte Kryoglobullnämie 3,7
DQB 1·02 Pemphigus vulgaris 0,3
Kreuzkraut-Allergie 3,0 OR3 j OR7, Zöliakie 52, 1
D081'020t DiabetesTyp I 2,4
M. Alzheimer
002, OR4
2,9
OQ8 1' 020 I, Zöliakie 6,0- 10,0
OR83 ' 0101 HPA-l A-Antikörper-Bi ldung 24,9
Rekurrierende aphthöse 5,9 OQA1 ' 0501 der Mutter
Stomatitis als HLA-00
(a 1' 501, OR4 Autoimmunhepatitis 6,0
87/ Cw3 M. Alzheimer 28
ß 1'021 hetero- Diabetes Typ 1 6,4
88 Diabetische Retinopathie dimer; DR7,
Felty-Syndrom 70
Gold-Nephropathie 4,2 OR11
9,5 Hashimoto-Thyreoiditis 3,1
Lupus erythematodes 4,0 0081 ' 0302 Diabetes Typ I
71,8 lgA·Nephropathie 5,5
M. Addison 3,9 Pemphigus vulgaris
130-250 Lyme-Arthritis, chronische Form 13
M. Basedow 3,3 OQB1 '0602 Narkolepsie
4, I Pemphigus vulgaris 14,4
Myasthenia gravis 3,4 002 Aspirinsensitives Asthma
Postpartum-Thyreoiditis 5,3
Sarkoidase 2,8 Diabetes Typ I 38
22 ,5 Rheumatoide Arthritis 4,2- 10,2
Zöliakie II 003 Diabetes Typ 1
OR84 ' 0101 Hashimoto-Thyreoiditis 4,5
Autoimmunhepatitis 11,6 006"0603 Chronisch-aktive Hepatitis 14
OR8f'0405 Diabetes Typ I 49
Dermatitis herpetiformis 9,7 - 17,3 007 Diabetes Typ I 0,1
DRS Hashimoto-Thyreoiditis 3,2
88 / 813 HCV-assoziierte Kryoglobulinämie 5, 9 OR1 ~L=ic=h=e~n~pl=an~u=s______________I_I,~B_____
juvenile RA 3,3
Sarkoidase 8,5 Pemphigus foliaceus 7,3
Myasthenia gravis 2,6
88/ 0R3 Chronisch-aktive Hepatitis 13,9 OR8 1'03 Polyglanduläres Auttr 2,3
immunsyndrom (PGA) Perniziöse Anämie 5,4
812 Alopecia areata 5, 4
ORB 1 *030 1 Autoimmunhepatitis 4,6 Postpartum-Thyreoiditis 3,2
813 Psoriasis vulgaris 4,7
OR8 1' 03 011 Poststreptokokken-Nephritis 3,7 Diabetes Typ I 0,4
Sarkoidase 3, 1
DRB 1· 04 Polyglanduläres Auto- 2,4 OR6 Chronische exogen-allergische 16,5
814 Hämochromatose 26,7 Alveolitis
immunsyndrom (PGA)
815 Skleritis 4, I 44,7 Zöliakie 11,9
OR81'0402 Pemphigus vulgaris DR7
817 Psoriasis vulgaris 4,7 7,7 Psoriasis 15,1
OR81 ' 0404 Autoimmunhepatitis
827 Akute anteriore Uveitis 8,2- 10,4 3,1 En dokarditis bei rheumatoider 2,4 - 3,8
DR81 ' 0701 Autoimmunhepatitis Typ 2
Psoriasis-Arthritis 10,7 Arthritis
OR81'1401 Pemphigus vulgaris 117,9
Reaktive Arthritis durch 13,9 ORS Juvenile RA
DR2 Autoimmune thrombopenische 9,2
Gonokokken 0Rw8 Juvenile chronische Arth ritis 3,6
Pu rpura
Reaktive Arthritis durch 17,6
Salmonellen
Diabetes Typ t o, 19 OR11 CREST-Syndrom 8, I

Goodpasture-Syndrom 15,9 HashimottrThyreoiditis 3,2


Reaktive Arthritis durch Shigellen 20/
Lyme-Arthri tis, chronische Form Sklerodermie 4,2
Reaktive Arthritis durch Yersinien 17,6
Multiple Sklerose 4,1 HLA· Protrahierte Hepatitis-A-Infektion 7,6
Reaktive Arthritis, M. Reiter 37
OR8 '13 0t
Narkolepsie 16,9
Spondylitis ankylosans 87,4 0Rf5 Diabetes Typ I 0,2
DR2/DR4 Lyme-Arthritis, chronische Form 22
835 Moya-Moya 4,2 DR81 '1 501, Diabetes Typ 1 0, 15
AK gegen auto lege Erythrozyten 6 0081'0602
H8V, chronischer Verlauf 158 OR2, Multiple Sklerose 4, I
OR81 '1 50 1,
Mukokutane Läsionen I 0,3
OR85 ' 0101 ,
Subakule Thyreolditis 13,7 0081 ' 0602

I Tab. 3: Assoziation vo n MHC-AIIelen mit Erkrankun gen. Angegeben ist das relative Risiko (RR) gegenüber anderen All elen, die keine
Assoziation zeigen.
Der Ablauf einer Immunreaktion
Die meisten Immunreaktionen entstehen an mukosalen und kuta- TN Fa werden die Endothelzellen aktiviert, die ll-8 bilden und Ad _
nen Oberflächen nach Verletzungen oder nach Infektion der Epithe- häsionsmoleküle hochregulieren . ll-8 wird auch von Makrophagen
lien mit einem Pathogen. Der Ablauf der Immunreaktion ist immer sezerniert und ist das wichtigste Chemokin, um Leukozyten zur Ent-
ähnlich und anfangs fast unabhängig von der Art des Pathogens. zündungsstelle zu dirigieren (s. Seite 21). Die aktivierten Endothel-
Jedoch können Gedächtnisfunktionen die Immunantwort bei wie- zellen bilden auch die lntegrinliganden lCAM-1 und ICAM-2, an die
dererkannten Pathogenen rasch in eine Richtung lenken. Die Kine- Neutrophile mittels MAC-I und LFA-1 binden und aktiviert werden
tik der Reaktion wird auf Seite 36 zusammengefasst. Die aktivierten Neutrophile binden an das Endothel ("Rolling" ), ·
durchdringen es (Diapedesis) und finden den Entzündungsherdirn
Lokale Reaktion Gewebe durch den lL-8-Gradienten (I Abb. 1). Derselbe Prozess Iei _
tet später aktivierte Lymphozyten zum Entzündungsherd.
Zum Auslösen der Immunreaktion sind zwei Dinge nötig: ein kör- Komplementaktivierung kann über Anaphylatoxine (C3a, C4a unct
perfremdes Antigen und ein "Danger"-Signal. CSa) oder über Komplementrezeptoraktivierung ebenfalls ein "Dan-
Körperfremde Antigene, die nicht zu einer Aktivierung der angebo- ger"-Signal liefern. Vor allem CSa ist hochpotent und führt zur
renen Immunität führen, können meist auch keine erworbene Im- Chemotaxis und Aktivierung von Neurrophilen. Mastzellen können
munität auslösen, sondern führen im Gegenteil zur Toleranzent- durch mechanischen oder chemischen Stress aktiviert werden unct
wicklung (s. Seite 26). Beispiele sind die meisten Nahrungsbestand- durch Zytokine und Histamin zur Endothelzellaktivierung führen_
teile, die zur mukosalen Toleranz führen. Andererseits führen
"Danger"-Signale ohne Antigen nur zu kurzen Entzündungsvorgän- Lymphknotenreaktion
gen, die auch ohne Entwicklung erworbener Immunität abläuft.
Typisches Beispiel hierfür wäre eine Verletzung mit Gewebezerstö- Nach wenigen Stunden sind die aktivierten, antigenbeladenen DZ
rung (z . B. kleine Verbrennung), jedoch ohne Infektion. in der T-Zell-Region des LK angekommen. Sie präsentieren dann das
Das Antigen (z. B. ein Virus) kann durch Motiverkennung die Lan- Antigen in Form von Peptid-MHCKomplexen an T-Zellen.
gerhans-Zellen (DZ der Dermis) und die lokalen Makrophagen akti- Naive Lymphozyten gelangen durch Bindung mittels L-Selektin an
vieren (s. Seite 12). Man nimmt an, dass es über hundert verschie- CD34 der HEV in den Lymphknoten. Unaktiviert treten sie über die
dene Rezeptoren gibt, die gemeinsame Motive von Pathogenen Lymphe wieder aus, gelangen ins Blut und verteilen sich neu auf die
erkennen können. Am besten untersucht sind die TLR. Virus-DNA LK. Treffen die antigenspezifischen T-Zellen auf die passenden Pep-
oder bakterielle Lipoproteine können so ein "Danger"-Signalliefern tid-MHC-Komplexe der DZ, so werden sie aktiviert. Da DZ Antigen
und die Langerhans-Zellen aktivieren. Gewebezerstörung, also sowohl über MHC-Klasse-1- als auch über MHC-Klasse-11-Kompiexe
nekrotische Prozesse durch lytische Virusinfektionen, setzen Zell- präsentieren, können antigenspezifische CD8- und CD4-T-Zellen
innenbestandteile frei, die ebenfalls zur Aktivierung führen. Dage- aktiviert werden. Wichtig ist das kostimulatorische Signal der DZ
gen führt der kontrollierte Zelltod, die Apoptose, nicht zu Entzün- (s. Seite I 8 ). Die aktivierten T-Zellen verlassen dann den Lymph-
dungsprozessen. knoten und können in anderen lymphatischen Geweben Zellen akti-
Nach Aktivierung der Langerhans-Zellen nehmen diese vermehrt vieren (T-Zell-Hilfe) oder als Effektorzellen zum Entzündungsherd
Antigen auf, differenzieren zu dendritischen Zellen, exprimieren migrieren.
CCR7 und folgen so den SLC-Gradienten der Lymphe zum Lymph- B-Zellen können Antigene am Entzündungsherd aufnehmen und
knoten. dann zum Lymphknoten wandern oder sie nehmen Antigene, die
Aktivierte Makrophagen lösen durch Zytokinsekretion die lokale mittels der Lymphe zum LK transportiert wurden, dort auf. Sie wer-
Invasion von NeutraphiJen und Lymphozyten aus. Durch IL- 1 und den durch Vernetzen des B-Zell-Rezeptors bei repetitiven Antigenen

I Abb . 1: DTH-Reaklion bei der Mendei-Mantoux-Probe (a) Vor der Probe sind
keine Leukozyten vorh and en. (b) 48 Stunden nach Injektion samm eln sich
Leukozyten an. (c l Biopsie vor Injektion; lmmunhi stochemi e mit Anti-CD45,
es ze igen sich kaum Leukozyten. (d)48 Stunden nach Inj ektion migrieren
viele Leukozyten zum Entzündungsherd . [32 1
Molekulare und zelluläre Mechanismen
241 25

(z. B. bei Viruspartikeln) oder durch T·Zell·


Hilfe aktiviert. Die CD4-T-Zellen erkennen Alter in Monaten Alter in Jahren

Peptid-MHC-Klasse-11-Komplexe auf den Impfung Geburt 4 11 - 14 15-23 5 9- 11 12-17 Ab 18 > 60


B·Zellen und aktivieren diese mittels CD40- Tetanus 1. 2. 3. 4. A A Alle 10 Jahre
CD40L-Interaktion. Die B·Zellen beginnen Diphtherie 1. 2. 3. 4. A A Alle 10 Jahre
dann, antigenspezifische IgM-Antikörper zu Pertussis 1. 2. 3. 4. A A
Haemophilus 1. (2.) 3. 4.
bilden. Sie proliferieren, können Klassen·
influenzae
wechselund Affinitätsreifung durchlaufen Polio trh1alent 1. (2.) 3. 4. A
und sich zu langlebigen Plasmazellen ent- Hepatitis B Post 1. (2 .) 3. 4. Noch Ungeimpfte
wickeln (s. Seite 16). Exposition
Pneumokokken 1. 2. 3. 4. Regel-
Späte Reaktion Impfung
Meningokokken Ab 12 Monate
Bei einer länger dauernden Entzündungs- Masern, Mumps, 1. 2.
Röteln
reaktion finden sich meist nur noch Lympho·
Varizellen 1. (2.) Noch Ungeimpfte
zyten und Makrophagen, Neutrophile fehlen
Influenza jährlich
oft. Die Lymphozyten und Makrophagen
Humane 3 Dosen
können dann in einer Fremdkörperreaktion Papillomeviren (bei Mäd-
zur Granulombildung führen (s. Seite II ). chen)

I Tab. 1: Impfkalender nach der Ständigen Impfkommission (STIKO), Stand Juli 2008; A: Auffrischimpfung.
Exkurs: Impfung
Cholera Auf Verlangen des Ziel- oder Transitlandes
Die Emwicklung von Impfstoffen stellt einen
Frühsommer-Meningo- in Risikogebieten (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rhein land-Pfalz, Thüringen) bei
der großen Fortschritte der Medizin dar.
enzephalitis (FSME) Zecken- und beruflich Exponierten
Impfungen sollten konsequent durchgeführt
Gelbfieber Auf Verlangen des Ziel- oder Transitlandes sowie bei Aufenthalt in Endemiegebieten (trop.
werden.
Afrika, Südamerika)
Man unterscheidet aktive Impfungen (mit· Risikopersonen (Sexualverhalten, Blutprodukte, Psychiatrie, Gesundheitsdiensle, Küche,
HepatitisA
tels veränderten Erregers) von passiven lmp· Labor, Asylheime, Kanalarbeiter, Kindertagesstätten), Kontakt zu Infizierten und bei Reisen
fungen (Transfer von Immunglobulinen oder in Endemiegebiete
Lymphozyten). Die aktiven Impfungen sind Tollwut Bei Wildtierkonta kten, Reisende mit hoher Gefährdung
in den I Tabellen 1 bis 3 zusammengefasst. Typhus Bei Aufenthalt in Endemiegebieten
Es gibt eine Vielzahl passiver Impfungen, die
I Tab. 2: Weitere Impfungen und Indikationen nach der STIKO.
teilweise angewendet werden (Immun-
globuline gegen Tollwut, CMV etc., s. Seite
Erreger (Erkrankung) Zielgruppe
32), teils experimentell sind (T-Zell-Trans-
fer). Bacillus anthracis (Milzbrand) Anwendung bei Biowaffenangriffen

Kontraindikationen gegen eine Impfung sind Borrelia burgdorferi (Borreliose) Personen in Endemiegebieten

vor allem vorangegangene anaphylaktische Coxiella burnetii (Q-Fieber) Metzger


Mycobaclerium leprae (Lepra) Personen in Endemiegebieten
Reaktionen und bei Lebendimpfstoffen Im-
Mycobaclerium tuberculosis (Tbc) in Deutschland nicht mehr empfohlen
munsuppression. Vor allem wenn Familien·
Staphylococcus aureus Patienten mit Immundefekten
mitgliederimmunsupprimiert oder schwan-
Yersinia pestis (Pest) Personen in Endemiegebieten
ger sind, sollten Lebendimpfstoffe nicht an-
Adenoviren (Atemwegserkrankungen) Mililärpersonal
gewendet werden. Personen in Endemiegebieten
Japanische Enzephalitis (Meningoenzephalitis)
Um lebenslangen Schutz zu erhalten, sollten Variola vera (Pocken) Laborpersonal
eine Grundimmunisierung sowie, v. a. bei Leishmania (Kala-Azar, Orientbeule) Personen in Endemiegebieten
Totimpfstoffen, alle zehn Jahre eine Auf- Coccidioides immitis (fungale Pneumonie) Personen in Endemiegebieten
frischimpfung erfolgen. Zur Grundimmuni-
sierung reicht eine einzelne Gabe oft nicht I Tab. 3: Weitere bereits verfügbare Impfstoffe (zugelassen teilweise nur in den USA) .

aus, häufig wird dreimal geimpft. Zwischen


den einzelnen Gaben des Impfstoffs sollten
Zusammenfassung
jeweils mindestens drei Wochen liegen, die
letzte Gabe erfolgt meist sechs Monate nach • Pathogene werden durch das angeborene Immunsystem erkannt und von
der zweiten. Phagozyten aufgenommen.
Impfungen können Erkrankungen, die kein
natürliches Reservoir besitzen, ausrotten. • Dendritische Zellen transportieren die Antigene in die regionalen Lymph-
Dies geschah bereits für die Pocken und knoten und aktivieren dort Lymphozyten.
ist für Polio geplant. Durch Impfung gegen
• Th1-CD4-Zellen können dann CDS-Zellen und Makrophagen aktivieren (bei
HepatitisBund humane Papillomaviren
können Tumorerkrankungen verhindert Virusinfekten und intrazellulären Pathogenen), Th2-CD4-Zellen aktivieren
werden. 8-Zellen, die dann Antikörper produzieren.
Toleranz und Autoimmunreaktionen
Toleranzmechanismen Die Entfernung der Tregs begünstigt die Entstehung von Auto -
immunerkrankun gen . Der Mechanismus ist noch nicht ganz geklärt
Zentrale Toleranz jedoch wurd e gezeigt, dass Tregs die inhibitorisch wirkenden Zyto- '
kine !L-I 0 und TGFß produzieren . Möglicherweise entziehen sie
Die negative Selektion derB· und T-Zell·Entwicklung entfern t die aber auch den anderen T-Zellen dureil den hoc haffinen IL-2 -Rezep-
meisten autoreaktiven Zellen (s. Seite 14). Nur niedrigaffine Lym- tor (CD25) IL-2 und führen so zu deren Apoptose.
phozyten oder Lymphozyten, die sich v. a. pränata l en twickeln,
können diesen Prozess umgehen .
Autoimmunität
Periphere Toleranz Die zentrale und periphere Toleranz des Immunsystems funktion iert
nicht hundertprozenti g. So können trotz klonaler negativer Selek-
Apoptose tion Lymphozyten und An tikörper gebildet werden , die ein Auto-
Ein wichtiger Prozess der peripheren Toleranz ist die Induktion von antigen, also ein Selbstantigen, noch schwach - mit nied ri ger Affini -
Apoptose in autoreaktiven Lymphozyten. Vor allem bei hohen Anti· tät - erkennen . Oft ist diese Autoreaktivitä t ein Nebenprodukt ei ner
gen konzentrationen sterben nicht aktivierte Zellen ab (sog. High- allgemeinen Immunreaktion gegen einen In fektionserreger oder
zone-Toleranz). Aber auch bei zu starker Aktivierung kann es zur wird durch massive Entzündungsreaktionen, z. B. im Rahmen ei ner
Apoptose, dem sog. AlCD, kommen. Autoreaktive B-Zellen können Tumorerkrankung, verursacht.
so in den T-Zell·Zonen der Milz und der Lymphknoten deletiert wer·
den. Kreuzreaktivität
T-Zellen können aufgrund eines fehl enden kostim ulatorischen
Signals oder aufgrund fehlender Wachstumsfaktoren (zu wen ig lL-2 ) Eine virale Magen-Darm-Grippe führt zur massi ven Antikörperpro-
deletiert werden. Das alleinige Signal über den TZR führt meist zu r duktion gegen das Virus, wobei ein Teil dieser Antikörper Blutplätt-
Apoptose, jedoch kann ein sehr starkes TZR·Signal auch zur Akti· ellen erkennen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Antikörper
vierung führen. AICD entsteht bei T-Zellen vor allem, wenn Antigen die die Plättchen erkennen, noch viel stärker an Virusproteine bin- '
und hohe Zytokinkonzentrationen (z. B.lL-2) zusammentreffen, den, aber eben trotzdem leicht an Plä ttchen. Dies führt dann klinisch
ohne dass ein kostimulatorisches Signal schützend wirkt. Apoptose zu idiopathisc hen thrombozytopenen Purpura iiTP ).
kann auch gezielt von APZ durch Fas-Ligand·lnteraktion induziert Möglich ist dies, da plättchenreaktive B-Zellen im Rahmen der
werden . zentralen Toleranz nicht vollständig entfernt wurden. Die normalen
B-Zellen, die im Knochenmark entstehen, durchlaufen die negative
Ignoranz und Anergie Selektion (der zentrale Tolera nzmechanismus, der Autoreaktivität
Zwei wichtige Mechanismen können bei niedrigen Antigenkonzent- verhind ert) praktisch voll ständig, sodass von ihnen kaum Auto-
ra tionen die Lymphozyten inaktivieren (sog. Low-zone-Toleran z). immunreaktionen ausgehen können. Es gibt aber noch andere B-ZeJ.
Jen, die BI -Zellen (CDS +), die nicht im Knochenmark gebildet wer-
t Einerseits können die Zellen bei langer Antigenexposition und feh- den.
lender Aktivierung inreagibel werden (sog. Anergie). Vor allem bei
der mukosalen Toleranzinduktion , also bei ständiger Aufnahme von B 1-B-Zellen
Nahrungsantigenen, spielt dies eine Rolle. An ergie kann durch zu
geringe Peptid-MHC-Konzentration auf APZ oder durch feh lende Die B1-B-Zellen entstehen früh in der Entwicklung, um dem Orga-
Kostim ulation induziert werden . Anerge T-Zellen produzieren kein nismus ein "Startpaket" mitgeben zu können, da die Produktion der
IL-2, nachd em sie einen passenden Peptid-MHC-Komplex erkannt "normalen" B·Zellen noch dauern würd e und Kleinkinder dann
haben, und mindern so die Aktivierung anderer, naiver T-Zellen. kaum eine humorale Immunität entwickeln könnten. Diese BI -Zel-
Einige anerge T-Zellen sezernieren IL-10 und wirken so supprimie- len du rchlaufen eine unvollständi ge negative Selektion und können
rend auf andere Lymphozyten . so Autoimmunreaktionen leichter auslösen. Sie finden sich lebens-
t Di e Zellen können aber auch das Anti gen vorübergehend ignorie- lang in der Milz und könn ten die häufigen Autoimmunphänomene
ren . Dieser Mechanismus trifft vor allem auf die Trennung von Lym- bei CDS+·B·Zell-Lymphomen erklären. Diese Lymphome entstehen
phozyten und dem Au toantigen zu. Erst nach Aktivierung können nicht aus "normalen " ß-Zellen, sond ern aus dieser schlecht negativ
die Lymphozyten in das Gewebe migrieren und auf das Antigen tref· selektionierten Popu lation. Wenn ein Kl on also zum Lymphom wird
fen. T-Zellen können z. B. gegen Myelin basic proteinignorant sein. kann es sein, dass die Antikörper dieses Klon s z. B. noch Erythro- '
Eine Störung der Blut-Hirn-Schranke kann dann zur mu ltiplen Skle- zyten erkennen und klin isch zu einer autoimmunhämolytischen
Anäm ie IAIH A) führen.
rose führen.

Autoreaktive B-Zellen werd en oft aufgrund fehlender T-Zell-Hilfe bei Kl inische Autoimmunität
persistierend em Antigen anerg. B-Zellen können aber auch durch
Veränd erung des Immunglobulin-Gens (Rezeptor-Ed itin g) modifiziert in allen Menschen finden sich Autoantikörper in untersc lliedlichenn
werd en und in der Folge zur Entfernun g der Autoreaktivität führen. Au smaß, Autoimmunerkrankunge n treten aber nur in ;;::5% aller
Das Fehlen der T-Zeii-Hilfe ist aber der wichtigste M echanismus zur Menschen auf. Entsch eid nd ist, ob die Autoantikörper mit Krank -
peripheren Vermind erun g autoreakllver ß-Zellen. heiten assoziiel'l sind und ob di se dann r in dia nostisch oder auc h
als Ätio logie in fra e komm n. Ein i en Autoantikörpern konnte tat-
sächlicll eine pathogen Rolle nachg wi es n w rd n.
Regulatorische T-Zellen
Besondere Populationen der T-Zellen ( D4 und CD25 +) werden o führt der Transf r von lmrnunglobulln n aus Pali nten mit Pem-
als Tregs bezeichnet. Sie können autoreaktive T-Zell n blocki ren. phi us in in Nacktmaus zu r I~ produktl n der Et·krankung. Leid r
Mol e kula re Pathogenese in de r klinischen Immunologie
26 I 27
sind Tiermodelle nur selten erfolgreich.
Durch transplazentaren Transfer von Mutter Syndrom Häufigkelt Art der Uveitis Kommentar
der Uveitis
zu Kind konnte Autoantikörpern bei Myas·
thenia gravis, Schenkelblock bei Lupus, B e h ~e t 80% Oft bilateral mit retinal er Unbehandelt komm t es zur
Sjögren-Syndrom und M. Basedow eine pa- Vaskulitis, episodisches Erblind ung.
Au ftreten jedoch ohne kam-
thogene Rolle nach gewiesen werden. Bei
pl ette Regressionen
hämatologischen Autoimmunerkrankungen
Spondylitis ankylosans 20-40% Akut einsetzende, fa st immer Häufiger bei Männern, Regre ssion
gibt es in vitro Hinweise auf eine pathogene
und M. Reiter (vor allem unilaterale Uveitis meist innerhalb von 3 Monaten
Rolle der Antikörper. Antikörper gegen intra- HLA-827-positive)
zelluläre Antigene sind oft nicht von patho-
Juvenile rheumatoid e 20 - 25% Akut einsetzende, bilatera l Oft bei Frauen mit positiven ANA oder
genetischer Relevanz und stellen ein Epi- Arthritis chronische anteriore Uveitis Kindern im Alter von 2 bis 8 Jahren .
phänomen der Zellzerstörung dar. Die Uveitis ist eine schwere Manifes-
Für T-Zell-abhängige Autoimmunmechanis- tationbei oft nur minimaler Arthritis.
men gibt es kaum validierte Testsysteme, Sarkoidase ZO% Anteriore und posteriore Vaskulitische Retinitis, meist
sodass es hier sehr schwierig ist, ihnen eine Uveitis persistierend
ätiologische Rolle nachzuweisen. Alle Tests, Arthriti s psoriatica 7% Meist akut einsetzende,
die zur Verfügung stehen , sind entweder bi lateral posteriore Uveitis
indirekt oder führen möglicherweise zu arti- M. Crohn und Colitis 2-9% Schleichend beginnende Häufiger bei Frauen
fiziellen Veränderungen durch Ku ltur etc. ulcerosa (vor allem HLA- bilateral chronische poste-
627-positive Patienten) riore Uveitis

Exkurs: Uveitis Interst itielle Neph ritis Selten Meist anteriore, bilaterale Vor allem bei Mädchen mit grippalen
Uveitis Symptomen als TINU-Syndrom (aku-
Uveitis ist eine Entzündung der mittleren tes t ubulointerstitielles Nephriti s- und
Uveitis-Syndrom).
Augenhaut (Uvea), die in einigen Punkten
der Arthritis ähnelt. Sie kann idiopathisch Multiple Sk lerose Selten Granulomatöse anteriore Optikusneuritis häufiger als Uvei ti s
Uveitis
auftreten oder einen wichtigen und leicht
sichtbaren Befund bei systemischen Auto- Sjögren-Syndrom Selten Bi latera l chronische ante- Häufiger bei Frauen

immunerkrankungen darstellen. riore und posteriore Uvei tis

Die anteriore Uvea besteht aus der Regen- Systemischer Lupus Selten Retinale Vaskulitis, seltener Oft mit Keratoconj unctivitis sicca

bogenhaut (Iris) und dem Ziliarkörper (Strah- erythematodes anteriore Uveitis

lenkörper), die posteriore aus der Aderhaut Kawasaki-Syndrom Selten Milde anteriore Uveitis Oft mit Konjunktivitis

(Chorioidea). Man unterscheidet so ante-


I Tab. 1: Systemische Erkranku ngen, di e mit Uvei tis ei nhergehen kö nnen .
riore (synonym mit Iritis bzw. Iridozyklitis,
wenn der Ziliarkörper mit betroffen ist), pos-
teriore und Panuveitis (die ganze Uvea be-
treffend) . Bei der posterioren Uveitis findet Keratitis, Konjunktivitis, Skleritis, Episkleritis Katzenkratzkrankheit Selten können Ma-
man je nach Befall eine Chorioiditis, meist und akutes Glaukom . Im Gegensatz zu den lignome und Augeninfarkte als "maskierte
mit zusätzlicher Retinitis (Chorioretinitis), Differentialdiagnosen geht eine anteriore Uveitis" auftreten.
selten mit Vitritis. Uveitis vor allem mit Rötung des Limbus Unterschiedlichesystemische Autoimmun-
Symptome der anterioren Uveitis sind meist (Übergang Kornea/ Sklera), Miosis der Pupil- erkrankungen können zu einer Uveitis füh-
milde Schmerzen und Rötung. Die posteriore le und Schmerzen einher. Diagnostisch sind ren (I Tab. I).
Uveitis ist dagegen meist schmerzlos und tritt Leukozyten in der Vorderkammer, die mit- Nach Beh~et ist das Vogt·Koyanagi-Harada
ohne Rötung auf, sie kann jedoch Sehstörun- tels Spaltlampe nachgewiesen werden kön- Syndrom in Japan die zweithäufigste Ursa-
gen wie Mouches volantes ("fliegende Mü- nen. che einer Uveitis. Es tritt als bilaterale, pos-
cken", Rußregen) verursachen. Infektionserkrankungen, die zu einer Uveitis teriore Uveitis mit Flüssigkeitsansamm-
Differentialdiagnosen des geröteten Auges fü hren, sind vor allem CMV-Reaktivierung, lungen unter der Retina auf und kann zur
müssen abgegrenzt werden und umfassen Toxoplasmose, Tuberkulose, Syphilis und Netzhautablösung führen .

Zusammenfassung
X Man unterscheidet zentrale Toleranz, bei der autoreaktive Lymphozyten
während der Entwicklung entfernt werden, von peripherer Toleranz.
X Durch periphere Toleranz werden Autoimmunreaktionen meist regional
verhindert.
X Besonders wichtig sind die regulatorischen CD4+-CD25+-T-Zellen (Treg).
X Autoimmunerkrankungen entstehen meist durch Kreuzreaktionen von
pathogenreaktiven Immunantworten.
Allergien und Effekte einer generalisierten Immunant wort -
Allergien und GM-CSF stimulieren die Bildung von Eosinophilen im Knoch
mark. TNFa förde rt Entzünd ungsprozesse und aktiviert das Encto:n-
Bei keiner Immunreaktion wird die enorme Spezifität des Immun- thel.
systems klinisch so offensichtlich wie bei den Allergien. Patienten Vor allem das Chemokin MI P-I a lockt Makrophagen und Neutro-
können allergisch gegen eine einzelne Blütenpolle sein und gleich- phile an.
zeitig keine Reaktion gegen alle anderen Allergene bzw. Pollen auf- Außerdem bilden Mastzellen eine Vielzahl von histaminähnlich
weisen. Diese Spezifität wird durch hochspezifische Antikörper vom wirkenden Leukotrienen (C4, D4, E4) und den chemotaktisch Wir-
IgE-Typ vermittelt. IgE bindet mit sehr hoher Affinität, praktisch kenden plättchenaktivierenden Faktor.
irreversibel, an den lgE-Rezeptor von Mastzellen. Bei Bindung der
IgE-Moleküle an ein Allergenmolekül wird der Rezeptor querver- Immungenetik
netzt und eine intrazelluläre Signalkaskade führt zur Ausschüttung
von Histamin und anderen Faktoren aus den Granula der Mastzel- Es konnten zahlreiche genetische Faktoren identifiziert werden d -
len. Diese Faktoren lösen dann lokale oder in schlimmen Fällen sys- zu bestimmten Autoimmunerkrankungen prädisponieren. Famiiiä~e
temische Entzündungsreaktionen aus. Neigungen zu Allergien sind schon lange bekannt; solche Patiente e
Die systemische, möglicherweise lebensbedrohende allergische wurden als "Atopiker" bezeichnet, da sie äußerlich erkennbare Stin_
Reaktion nennt man "Anaphylaxie"_ Eine der ersten Beschreibun- mata aufweisen: g
gen der Anaphylaxie stammt aus dem Jahr 1902 vom französischen
Eugeniker Charles Richet, wofür er 1913 den Nobelpreis erhielt. t Xerose (trockene Haut)
Richet hielt die Anaphylaxie für einen Mechanismus der natür- t Hertaghe-Zeichen (dünne laterale Augenbrauen)
lichen Selektion, daher der Wortstamm ., phylaxia" ("Schutz")- t palmare Hyperlinearität (verstärkte Linienzeichnung)
t infraorbitale Dennie-Morgan-Falte (doppel te Lidfalte)
Allergenspezifisches lgE t periorbitale Verschattung
t weißer Dermografismus (Blässe der Haut nach Kompression) Unct
IgE wird wie alle Antikörper von aktivierten B-Zellen oder von Anämie
Plasmazellen produziert (s. Seite 16).
Die allergenspezifischen B-Zellen produzieren zuerst IgM und kön- Systemische Effekte einer generalisierten
nen dann den .,Klassenwechsel" zu IgE durchführen. Dieser Wech- Immunantwort
sel hängt von der Art des Antigens, von der Hilfe durch T-Helfer-
zellen und vom Zytokinmilieu ab. Das Gesamt-IgE von Allergikern Anaphylaxie
ist im Blutplasma oft erhöht, allergenspezifisches IgE kann nachge-
wiesen werden. Anaphylaxie ist eine akute , lebensbedrohende, systemische Reakti
Eine Allergie z. B. gegen Birkenpollen kann also klinisch auch durch auf ausgedehnte Freisetzung von Mastzell- und Basophilenmediat:n
den Nachweis von birkenpollenspezifischem lgE im Blut diagnosti- ren . Ursachen sind meist Hypersensitivitätsreaktionen vom Typ 1
ziert werden. Dieser Nachweis ist aber teuer, sodass man Allergien z. B. Nahrungsmittelallergie, Insektenstich oder Medikamente. !gE-
häufig durch den Pricktest nachweist. Dazu wird eine Testlösung vermittelte Reaktionen werden als anaphylaktisch, nicht lgE-verrnit-
auf die Haut getropft und die Stelle leicht angeritzt. Da es sich um telte (z. B. Kontrastrnittelreaktionen) Reaktionen als "anaphylaktoid"
eine Sofortreaktion (Typ I) handelt, kann man bereits nach 20 Minu- bezeichnet.
ten das Ergebnis ablesen. Die anaphylaktische Reaktion wird durch eine Vielzahl von Media-
toren aus Mastzellen, Basophilen, Eosinophilen, Komplementreak-
Mastzellen tionen, Gerinnungskaskaden und dem Kallikrein-Kinin-System aus-
gelöst:
Mastzellen sind gewebeständige Zellen, die sich aus den basophilen
Granulozyten des Blutes entwickeln. Sie lösen lokale Entzündungs- t Histamin führt systemisch erst zu einer milden Vasodilatation, die
reaktionen auf eine Vielzahl von Stimuli wie chemische (Säure/ durch ein erhöhtes Herzzeitvolumen kompensiert wird . Alarmzei-
Base), thermische oder mechanische Reize aus. Außerdem können chen von erhöhter Histaminfreisetzung kann eine Erhöhung des
sie über den IgE-Rezeptor aktiviert werden. Pulsdrucks (systol. RR minus diastol. RR) sein. Histamin führt auch
Die Aktivierung, egal durch welchen Stimulus, führt zur Freisetzung zu Flush-Symptomatik und Kopfschmerzen.
der Granula und der darin enthaltenen Faktoren. Der am schnells- t Arachnoidensäurederiva te (Leukotriene, Prostaglandine und
ten wirkende Faktor ist Histamin, aber auch Zytokine (vor allem plättchenaktivierender Faktor) haben vielfältige Effekte, verstärken
IL-4) und Enzyme werden ausgeschüttet. jedoch meist den Histami neffekt und sind teilweise chemotaktisch
Histamin und Heparinderivate erhöhen die vaskuläre Permeabilität (Leukotrien B4, Prostagland in D2) für Granulozyten.
und führen so zu einem Ödem und den klinischen Entzündungs- t Tryptase aus Mastzellen aktiviert das Komplementsystem und die
zeichen (Tumor, Rubor, Calor und Dolor). Weiterhin führen sie zur Gerinnungskaskade sowie das Kall ikrein-Kin in-System. Folgen kön-
Kontraktion der glatten Muskelzellen (u. a. Bronchospasmus), sind nen Angioödem, Hypotension und Gerinnungsstörungen sein. Es
toxisch für Parasiten und begrenzen Immunreaktionen lokaL kann zur disseminierten intravasalen Cerinnung bzw. Verbrauchs-
Enzyme (Tryptase, Chymase, Cathepsin G und Carboxypeptidase) koagulopathie kommen (s. u.). Vor allem lnfusions- und schwere
führen zum Umbau der ECM, um die Migration von Leukozyten zu anaphylaktische Reaktionen führen zu massiver Tryptasefreisetzung
Nahrungsmittelallergien dagegen nur zu minimaler. '
erleichtern .
Viele Zytokine werden ausgeschüttet und dann auch neu gebild et. t Physiologisches N wirkt einerseits der Anaphylaxiereaktion ent-
IL-4 und IL-13 führen zur Verstärkung der Th2-Antwort. IL-3, lL-5 gegen, indem es zur Bronchodilatation, Koronargefäßerweiterung
Molekulare Pathogenese in der klinischen Immunologie
28 I 29
I Abb. 1: Schwere Sepsis führt zur Verbrauchs-
koagulopathie mit disseminierten Pupura. [15]

und verringerter Histaminfreisetzung führt. Tiermodell die Mortalität senken, fehlen Purpura und Einblutungen v. a. in gut durch-
Andererseits führt es zur Relaxation der bisher positive Ergebnisse beim Menschen; bluteten Organen wie den Nebennieren
glatten Muskulatur der Blutgefäße und ver- einige klinische Studien sind eher negativ. (I Abb. 1). Im Blutausstrich kann man ähn-
stärkt so die Hypotension. Anti-CRP-Antikörper werden gerade getes- lich wie beim hämolytisch-urämischen Syn-
t Kallikrein·Aktivierung führt zur Aktivie- tet. drom Schistozyten (sog. Eierschalen) als
rung des Faktors XII. fragmentierte Erythrozyten erkennen.
Verbrauchskoagulopathie
Sepsis Stevens-johnson-Syndrom
Starke systemische Entzündungsprozesse
"Sepsis" ist definiert als "Infektion mit zu- (SIRS oder Sepsis) können über das Kalli- Das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) ist eine
sätzlicher systemischer Entzündungsreak- krein-Kinin-System oder durch Freisetzung kutane Reaktion, die meist nach Medikamen-
tion" (systemic inflammatory response syn- von Gewebefaktor aus zerstörtem Gewebe tenexposition auftritt. Auch wenn die Patho-
drome, SIRS). SIRS ist als systemische Ent- zur Aktivierung der Gerinnungskaskade füh- genese noch unklar ist, führt neben direkten
zündungsreaktion ohne Erreger definiert, ren. Die häufigsten Ursachen sind Infektio· toxischen Effekten vor allem eine Immun-
z. B. nach großen operativen Eingriffen oder nen, Malignome und Operationen oder reaktion gegen Metaboliten zum Keratino-
nach Polytraumata. Traumata. Die erste Verbrauchskoagulopa- zytenuntergang. Die Keratinozyten expri-
SIRS ist gegeben, wenn mindestens drei der thie wurde beim Waterhouse·Friderichsen- mieren vermehrt Fas und werden so für
folgenden Punkte erfüllt sind: Syndrom nach Meningokokkensepsis be- Apoptose empfindlich. Massive Makropha-
schrieben. gen- und Lymphozytenansammlungen lassen
t Temperatur > 38 oc oder < 36 oc Milde Verbrauchskoagulopathien sind häu· sich in den frühen Stadien in der Haut nach-
t Herzfrequenz über 90/ min fig, zu klinisch manifesten Formen kommt weisen.
t Atemfrequenz über 20/ min oder PaC02 es in etwa der Hälfte aller Sepsispatienten Die Zerstörung der Keratinozyten führt zu
< 32 mmHg mit Infektionen durch gramnegativen Erre· disseminierten Hautablösungen und zu Bul·
t Leukozytose (> 12 000/ fll), Leukopenie ger. lae. Man unterscheidet das SJS mit unter
(< 4000/ fll) oder > 10% stabkernige Granu- Durch Aktivierung v. a. der extrinsischen 10% Hautablösung von der toxischen Epi-
lozyten. Gerinnungskaskade kommt es zu einer dermolyse mit über 30% Ablösung. Zwi-
thrombotischen Mikroangiopathie mit schenformen werden als "Overlap-Syn-
Die Mortalität ist hoch und hängt von vielen Organschäden durch Perfusionsdefizit Der drome" bezeichnet.
Faktoren ab. Sie ist vor allem bei Sepsis Verbrauch an Gerinnungsfaktoren führt zu
durch Candida oder Pseudomonas aerugi-
nosa stark erhöht.
Besonders die Freisetzung von TNFa durch
Makrophagen und von lL-1 durch Endethe-
lien führt zu den systemischen Effekten. Sie
sind Auslöser von Fieber, Hypotension, Aku· Zusammenfassung
te-Phase-Reaktion, Induktion von IL-6 und X Allergien und systemische Infekte (Sepsis) können zu lebensbedrohenden
IL-8, Leukozytose, Stresshormonausschüt- Zuständen durch Hypotension und Organversagen führen.
tung und Gerinnungsaktivierung. TNFa
führt zusätzlich zur Degranulation von Neu· X Die systemische Freisatzung von Zytokinen führt zur Gefäßweitstellung
trophilen, erhöhter Gefäßwandpermeabili- und damit zum Schock.
tät, Glukoneogenese und Lipolyse.
Man nimmt an, dass diese überschießenden X Der anaphylaktische Schock entsteht bereits Sekunden nach der Antigen-
Effekte für die hohe Mortalität verantwort- exposition, bei der Sepsis führen subakute Prozesse zu Organschäden.
lich sind. Auch wenn TNFa-Antikörper im
Nachweismethoden von Immunantworten
Im Labor können die Kompone nten des Immunsystems deta illiert Anstelle von Anu genen können auch Antikö rper· bestimmt werde
untersucht werden. Man ka nn die Tests in die Kategori en Antigen - Dazu muss das Anti gen an die Tes tplanen geb unden werd en und n
nac hweis, Antikörpernachweis, Zellbestimmung und T-Zell-Funktion das Serum wird hinzugegeben. Mi t einem enzymgekoppelten
unterteilen (I Tab. I ). Detektionsami körper (Sekund ärantikörpe r) kön nen dann die Men
und der Typ des Patienten antikörpers im Seru m de lektiert werd e n.ge

Antikörp er- und Antigenn achweis


Radioimm unassay (RIA)
Enzym-linked immunos orbent assay (ELISA)
Der RI A funhi onien ähnlich wi e der ELI SA. Jedoch werd en radio-
aktiv markierte Antikörper verwendet. Die Menge an Radi oaktiVi tat ..
Meist wird Anti gen von planengebundenen Antikörpern absorbiert . . d K . d .
und mit einem enzymgekoppelten Antikörper delektiert. Das En zym korreIrert mrt er onzentrauon es Anugens. Dieser Test ist se ns·1_
setzt Substrat um, die Konzentration des Produkts dieser Enzym- tiver als der ELI SA; so könn en Anti ene in nied ri gsten Ko nze ntra-
reaktion korrel iert mit der Kon zentration des Antigens, dessen Kon- tionen (z. B. Steroidhorrnone) nachgewi esen werd en.
zentration durch Vergleich mit einer Standard reihe bestimmt wird .

Funktion Test Mechanismus Vor- und Nachteile Anwendungsgebiete

Antigennachweis ELI SA Nachweis mittels enzymgekoppel ten Hohe Sensitivität und Spezifität Nachweis und Ouantifizierun g von Protei-
Antikörpers in Lösung nen (Tumormark er, Virusproteine etc.)

RIA Nachweis mittels radioa ktiv ma rk ierter Höchste Sensitivi tät und hohe Spezifitä t Bestimmung von Hormonen und Mo- ; ; : - -
Antik örper in Lösung külen in niedrigsten Konzen tra tionen

Diffusion Nachweis durch Diffusion von Antigenen Wenig sensi tiv, mäßig spezifi sch Veraltet --

und Antikörpern im Aga rosegel

Western-Bio! Nachweis von Antigenen nach Hoch spezifisch, wenig sensitiv, nicht Bestimmung von An ti genen (z. B. Be~
Auftrennung im Proteingel quantitativ mung von Borrelien-Stäm men, HIV t vs.
HIV2 etc.)

An tikörpernachwei s ELI SA Nachweis mittels enzymgekoppelt en Hohe Sen sitivit ät und Spezifit ät Nachweis und Ouantifizierung von A-;;;:---
Antikörpers und Antigens in Lösung körperantworten (Titerbes timmungen

Komplementfunktion

Zellbestimmung
CH50

Durchflusszytom etrie
Bestimmung der Komplementaktivität

Zellen werd en mitt els


Auch für einzelne Komplementfak toren
anwendbar

Sowohl Zellzahl als auch Dichte der


z. ß. nac h Impfu ng, Infektion)

Va skulitisnachweis , Lupus

Nachweis von Immundefekten (CD4--~


-
fluoreszenzfarbs toffgekoppelter Oberflä chenmoleküle lassen sich Za hl bei AIDS) od er Immunfunktion
Antikörper nachgewiesen bes timm en. (HLA-DR-Molekü i-Dichte au f Monozyte
bei Sepsis) n

T-Zeii-Funktion ELISPOT Zytokinsezernie rend e Zellen werden mit Konzen trati on von an tigenrea ktiven Konzentration von mykobakterien- -
enzymgekoppel tem Antikörper angefärbt Zellen läss t sich nachweisen. reaktiven T-Zellen bei Tbc

Durchflusszytometrie
und gezählt.

Zytok insezernierende Zellen werd en mit


enzymgekoppel tem Antik örp er angefärbt
und gezählt.
Stärke der Zyt okin sekrelion und Kon-
zentration der antigenreaktiven Zellen
werden bestimmt.
T-Zeii-An tworten gegen CMV
-
Fä rbun g von T-Zellen mittels Peptid- Hochsensit iver und spezi fi scher Nach- T-Zeii-Antwort en bei Vi rusinfektione; ;---
MHC-Komplexen weis von an tigenspezifi schen T-Zellen;
mäßige Au ssage über Funk ti on

I Ta b . 1: Übe rsich t über die wi ch tigst e n Testverfahren in d er Immuno logie .

Flu oreszenz

Sekundärantikörpe r
als Kon)ugat m it
alkalls her
Phosph t a e (AP)

Ant lg n

Prim rant lkörper


(. apturc"-
Antlkörpcr)
Molekulare Pathogenese in der klinischen Immunologie
30 I 31
I Abb. 2: Funktionsprinzip CD8-T-Ze ll e Doppe lpositive Ze lle
der Durchflusszytometrie.

FITC

CD4-T-Ze lle
Doppelnegative
Ze ll e

~. ' CD4PE
PE

Diffusion Histologie und Immunfluoreszenz


Die Diffusion wurde vor etwa 100 Jahren entdeckt. Antikörper-Anti- Antikörper können mit einem Ruoreszenzfarbstoff oder mit einem
gen-Komplexe fallen im Agarosegel als sichtbares Präzipitat bei einer Enzym gekoppelt in der Histologie bzw. Zytologie eingesetzt wer-
bestimmten Konzentration aus. Bei dieser Methode lässt man also den. Je nachdem leuchten diese dann im UV-Licht oder setzen einen
Antikörper und Antigen in einem Agarosegel gegeneinander diffun- Farbstoff um [I Abb. 3 ).
dieren und der Abstand des gebildeten Präzipitats korreliert mit der
Konzentration.

Western-Slot
Beim Westem-Blot wird ein Antigengemisch der Größe nach in
einem Proteingel aufgetrennt und dann auf eine Membran geblattet.
Die Membran wird dann mit enzymgekoppelten Antikörpern inku·
biert, die ein farbloses Substrat in ein farbiges Produkt umsetzen. An
den Stellen der Membran, an denen sich Antigen befindet, bilden
sich farbige Linien. Da das Antigen der Größe nach getrennt wurde,
kann die Größe des erkannten Antigens bestimmt werden. Diese
Methode kann z. B. zur Unterscheidung von Virus-Subtypen benutzt
werden, bei denen Proteine unterschiedliche Größe haben.

Durchflusszytometrie (FACS) I Abb. 3: Serum von Patienten kan n auf antinukleäre Antikörper (ANA)
getestet werden. Dies ist eine wich t ige Diagnostik bei Koll agenosen. Je nach
Typ der ANA führen diese zu unterschiedlichen Fluoreszenzmustern: a) fein
Bei der Durchflusszytometrie (fluorescence·activated cell sorting -
gesprenkelt mit Nukleolusaussparung (bei Anti-RNP); b) homogen diffus (bei
FACS; I Abb. 2) werden Zellen mit monoklonalen Antikörpern inku· Anti-ds DNA bei SLE); c) peripheres (Rim) kernmembra nbezogenes Muster
biert, an denen Fluoreszenzfarbstoffe gekoppelt wurden. Besitzt die (bei Anti-Laminin B); d) Zentrome r-fä rbung (Anti-CENP-B bei CREST-Syn-
Zelle das gesuchte Membranprotein, so bindet sie den Antikörper drom); e) nuk leo läres Muster (Anti-Fib rill arin, An t i-U 3-RNP be i Sk leroderm ie);
und leuchtet dann im Laserlicht Man kann die Menge an Membran· f) zytoplasmatisches Muster (antiribosoma le Antikö rper). [ 13]
protein bestimmen, da je nach Menge an der Oberfläche der Zelle
auch entsprechende Antikörper und damit entsprechende Mengen
an Fluoreszenzfarbstoff binden. So können nicht nur positive und
negative Zellen gezäh lt, sondern kann auch die Menge des
Membranproteins exakt bestimmt werden. Zusammenfassung
Es können verschiedene Antikörper mit unterschiedlich "farbigen" • Die wichtigsten Methoden in der Immunologie sind
Fluoreszenzfarbstoffen benutzt werden. So können Zellen, die nur
eines der Membranproteine besitzen, von solchen unterschieden der ELISA und die Durchflusszytometrie. Sie beruhen
werden, die beide besitzen [doppelpositiv). Die Zellen werden auf dem Nachweis von Antigenen mittels enzym- bzw.
dann je nach Expression der beiden Antigene in einem Plot darge-
stellt. fluoreszenzfarbstoffgekoppelter Antikörper.
Zusätzlich können sezernierte Zytok.ine mit einem bispezifischen • Seide Verfahren ermöglichen hochspezifische und
Antikörper an der Zellmembran fixiert und dann nachgewiesen
hochsensitive sowohl qualitative als auch quantitative
werden. So sind funktionelle T-Zell-Testverfahren nach Antigen-
stimulation möglich. Aussagen.
Antikörpertherapien
Monoklonale Antikörper sind wirksame Substanzen bei Tumor-
erkrankungen, meist mit geringen Nebenwirkungen. In der Diagnos·
tik ermöglichen sie hochspezifische und hochsensitive Tests.

:i ~:.
Serumtherapien Immuni sierung
Humani sierter Antikörper
Muriner Antikörper i
Paul Ehrlich entwickelte das Diphtherie-Antiserum, das noch heute
verwendet wird. Es wird durch Immunisierung von Pferden gewon- i

-
Leichte Kette Schwere Kette
nen und neutralisiert das Diphtherietoxin.
Um polyklonale Seren zu erzeugen, werden Tiere mit einem Anti-
j Humanisierung
Antigenspezifi sche 6-Zellen
gen immunisiert; danach wird das Serum im Patienten eingesetzt.
Antikörpergene
Alternativ können Seren von Menschen, die bestimmte Antikörper Ant igenspezifi scher
(z. B. gegen CMV oder Röteln) haben, gesammelt werden, um bei B-Zeii-Kion
Unsterbl iche Myelomzel le
bestimmten Infektionen Antiseren mit hoher Aktivität zu geben.
I Abb. 1: Herstellung monoklonaler Antikörper _
Zur Suppression des Immunsystems kann Antithymozytenglobulin
(ATG) eingesetzt werden. Es wird zur Verhinderung einer Organ-
abstoßung nach Transplantation oder bei Autoimmunerkrankungen Nebenwirkungen
(z. B. aplastische Anämie) eingesetzt und führt v. a. zur Zerstörung
der T-Zellen. Weitere tierische Seren, die zum Einsatz kommen, sind Je höher der humane Anteil des monoklonalen Antikörpers, desto
Antiseren gegen Botulinumtoxin, Tollwut und Schlangenbisse. geringer meist die Nebenwirkungen. Infusionsreaktionen treten
Bei Gabe von Serum (v. a. bei Pferdeseren) kommt es in I 0 bzw. 80% meist 0,5-2 h nach Infusionsbeginn auf, können aber auch bis zu
(entspr. 20 bzw. I 00 ml Serum ) der Patienten zur Serumkrankheit, 24 h später beginnen.
meist nach ein bis zwei Wochen. Sie fällt durch die Triade Fieber, Poly- Infusionsreaktionen können jedes Organ betreffen, sind jedoch meist
arthralgien/ Polyarthritis und juckendes Erythem auf. Der Ausschlag mild. Häufig treten Fieber, Schüttelfrost, Juckreiz, Dyspnoe, Rücken-
ähnelt der Urtikaria, betrifft nicht die Mukosa und beginnt meist an
der Injektionsstelle. Falls bereits Antikörper vorhanden waren, also
bei Reexposition, kann die Gabe eines Serums zu schweren anaphy-
laktischen, lebensbedrohenden Reaktionen führen . Deshalb sollte
zuvor eine Testdosis appliziert werden und Adrenalin bereitliegen.

Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern

Herstellung monoklonaler Antikörper m urin chimär humanisiert human Fusionsprotein

Hauptziel der Herstellung (I Abb. 1) ist meist, die zwei Gene für die I Abb. 2: Typen von Antikörpern und Derivate.

schwere und leichte Kette eines Antikörpers zu erhalten. Zuerst


werden Tiere, meist Mäuse, immunisiert und deren B-Zellen isoliert.
Zielstrukturen Herkunft bzw. Typ
Durch Fusion mit Myelomzellen entstehen unsterbliche Hybridome, Präfix Suffix

die man klonieren kann. Nachdem man den Klon mit dem ge- Variabel -vi(r)- Viral -u- Mensch -mab
wünschten Antikörper gefunden hat, kann dieser direkt zur Produk- -ba(c)- Bakteriell -o- Maus
tion der Antikörper benutzt werden oder man isoliert die Antikör- -l i(m)- Immunsystem -a- Ratte
pergene zur genetischen Optimierung. Infektionsläsionen ~- Hamster
-le(s)-

-ci(r)- Kardievaskulär -i- Primaten


Typen von Antikörpern und Derivate
-fu(ng)- Fungal -xi- Chimär

Die Gene der monoklonalen Antikörper können humanisiert werden. -ne(r)- ZNS -zu- Humanisiert
Dies verringert Nebenwirkungen und die Bildung von humanen -ki(n)- Interleukin -axo- Ratte-Maus-Hybrid
Anti-Maus-Antikörpern. Letztere können eine wiederholte Gabe des -mu(l)- Muskuloskeletal -xizu- Chimär und humanisiert
monoklonalen Antikörpers einschränken und zu allergischen Reak-
-o(s)- Knochen
tionen führen .
-tox(a)- Toxine
Meist muss nur die Bindungsstelle (CDR) beibehalten werden. Der
gesamte Rest wird gegen die humanen Sequenzen ausgetauscht und -co(l)- Kolon-Ca

man erhält einen vollhumanisierten Antikörper. Wird nur die kons- -me(l)- Melanom
tante Region ausgetauscht, dann spricht man von einem "Chimären -ma(r)- Mamma-Ca
Antikörper" (I Abb. 2). Am besten geeignet sind humane Antikörper, Hoden-Ca
-go(t)-
also solche die von Genen aus humanen Sequenzen erzeugt wurden.
' -go(v)- Ovar-Ca

-pr(o)- Prostata-Ca
Nomenklatur
-tu(m)- Andere Tumoren
Die monoklonalen Antikörper werden je nach Herkunft und Ziel-
I Tab . 1: Nomenklatur der monoklonalen Antikörper.
struktur benannt (I Tab. I).
Molekulare Pathoge nese in der klinischen Immunologie
I 32 I 33

Name Typ Zi el struktur Wirkweise Anwendungsgebiete

Basiliximab Chimär CD25, a -Untereinheit Hemmt die T-Zeii-Proliferation, aber nicht die Aktivierung, da nur
(lnterleukin-2-Rezeptor) aktivierte T-Zel len CD25 exprimieren und ein IL-2-Signal benötigen
Daclizumab Humanisiert
auf aktivierten T-Zellen Abstoßungsreaktion bei Organ-
transplantation
Muromonab- Murin CD3- Rezeptor auf T-Zellen Führt zur T-Zellen-Eiimination und ist ein hochpotentes lmmunsuppres-
CD3 sivum . Stimuliert möglicherweise Toleranzinduktion über Tregs

Efa lizumab Humanisiert CD11a Die Bindung von ICAM- 1/2 an LFA- 1 ist Voraussetzung für T-Zell-
(a-Untereinheit von LFA- 1) Migration in das Gewebe und wird blockiert.
Psoriasis
Alefacept Fusionsprotein (extrazel- CD2 Der Fe-Teil bindet an NK-Zellen und Monozyten, die so v. a. in Gedächt-
luläre Domäne von LFA3 nis-T-Zellen Apoptose induzieren (v. a. Gedächtnis-T-Zellen erhalten
und Fe-Tei l von lgG 1) über CD2-CD58-Interaktion ein kostimulatorisches Signal).

Mepolizumab Humanisiert IL-5 IL-5 ist ein wichtiges Zytokin bei der Aktivierung von Eosinophilen. Churg-Strauss-Syndrom, hyper-
eosinophiles Syndrom, Asthma
Omalizumab Humanisiert lgE (Fe-Teil) Die Bindung von lgE an Fe-Rezeptoren der Mastzellen wird blockiert Schweres Asthma bronchiale
und der lgE-Spiegel im Blut gesenkt.

Natalizumab Humanisiert a4-ln tegrin a4- lntegrin w ird auf Leukozyten, jedoch nicht auf Neutrophilen exp ri- Multiple Sklerose
(in CD49d und LPAM- 1) miert. Die Bindung der Zellen an VCAM -1 und MadCAM- 1 und damit die
Transmigration werden blockiert.

Adalimumab Human TNF-a TNF-a ist ein wichtiges Zytokin bei Entzündungsprozessen. Die Blockie- Rheumatoide Arthritis,
rung des TNF-a-Signals führt in Makrophagen zu Apoptose. verringert Spondylarthritiden , M. Crohn,
die Endothelzellaktivierung und damit die Leukozytenrekrutierung. Psoriasis
Rituximab Chimär CD20 wird nur von reifen und leicht unreifen B-Zellen exprimiert. Non-Hodgkin-Lymphome, Vas-
Rituximab induziert Apoptose in normalen, aber auch in neoplastischen kulitiden (v. a. Wegener-Granu-
B-Zellen. lbritumomab und Tositumomab sind mit Radiotherapeutika lomatose) , rheumaleide Arthri-
gekoppelt, die dann zur Radiotherapie eingesetzt werden und weniger tis, SLE, membranäse Nephro-
CD20 auf 8-Zellen Nebenwirkungen als konventionelle Bestrahlung haben . path ien, Autoimmunzytopenien
lbritumomal>- Murin, 90Y-gekoppelt Non-Hodgkin-Lymphome
Tiuxetan

Tositumomab Murin, 131 1-gekoppelt Non-Hodgkin-Lymphome

Gemtuzumal>- Humanisiert, ozogamicin- CD33 Nach Bindung an Leukämiezellen kommt es zur Internalisierung und Akute myeloische Leukämie
Ozogamicin gekoppelt Freisetzung von Ozogamicin, das die DNA-Synthese stört.

Alemtuzumab Humanisiert CD 52 CD52 wird auf fast allen Lymphozy ten und Monozyten exprimiert. B-CLL, T-Zeii-Lymphome, ALL,
Bindung von Alemtuzumab führt zur Zytokinfreisetzung (Nebenwirkung) multiple Sk lerose, Organtrans-
und Apoptose. plantation

Trastuzumab Bindung blockiert Wachstum, da HER2 / neu-Signale Proliferation Mamma-Ca,


Humanisiert HER2 / neu anregen. Zusätzlich kann immunvermittelte Zellzerstörung einsetzen. Prostata-Ca, Ovarial-Ca, NSCLC
Pertuzumab

Cetuximab Chimär EGF--Rezeptor Bindung blockiert Wachstum, da EGF-Signale zur Proliferation benötigt Kopf- und Halstumoren

werden. Ko lon-Ca, Mamma-Ca,


Bronchial-Ca
Bevacizumab Humanisiert VEGF Hemmt Angiogen ese und führt zu Tumornekrosen

Denosumab Human RANK-Ligand RANKL fördert die Osteoklastendifferenzierung, Aktivierung und Osteoporose
Überleben.

Abciximab Chimär, Fab 2-Fragment GPIIb/llla (Fibrinogen-Re- Verhindert Plättchenaggregation Infarktprophylaxe v.a. nach
zeptor) aufThrombozyten Bypass-OP

Palivizumab Humanisiert Fusionsprotein von RSV Frühgeborene und Säuglinge mit Lungenerkrankungen haben ein Prophylaxe der RSV- Pneumonie
erhöhtes Risiko der respiratorischen Insuffizienz nach RSV-Infektion.

I Tab. 2: Liste der am häufigsten angewandten monoklonalen Antikörper.

und Bauchschmerzen, Übelkeit, Diarrhö und Veränderungen des


Blutdrucks und der Herzfrequenz auf. Es kann ein urtikariaähnlicher Zusammenfassun g
oder morbilliformer Ausschlag auftreten. Um den Reaktionen ent- • Immuntherapie kann bei Infektionen mit polyklonalen
gegenzuwirken, werden vor Gabe meist Paracetamol, Antihistami-
nika und Steroide verabreicht. Seren, v. a. in der Onkologie und bei Autoimmuner-
krankungen mit monoklonalen Antikörpern erfolgen.
Anwendungsgebi ete • Es gibt bereits eine Vielzahl von Präparaten, die meist
Es gibt sehr viele monoklonale Antikörper; I Tabelle 2 stell t nur die geringe Nebenwirkungen haben, und hunderte Anti-
wichtigsten kurz vor.
körper sind in der Entwicklung.
Akute und chronische Infektionen
64Chronische Darmentzündungen
66Gastroenterologische
36 Akute Infektionen und Autoimmunreaktionen
reaktive Arthritiden 68 Arthritiden
38 Chronische Infektionen 1: 70 Lupus
Tuberkulose 72 Vaskulitis
40 Fortsetzung Tuberkulose
74 Sarkoidase und Sklerodermie
42 Chronische Infektionen II: 76 Hämatologische
Herpesviren
Autoimmunreaktionen
44 Chronische Infektionen 111: 78 Neurologische
Hepatitisviren
Autoimmunreaktionen
46 Parasitäre Infektionen
80 Nephrologische
Autoimmunreaktionen
82 Endokrinalogische
Immundefekte
Autoimmunreaktionen

48 Angeborene Immundefekte I
50 Angeborene Immundefekte II
Therapien und therapieassoziierte
52 Erworbene Immundefekte 1: AIDS Erkrankungen
54 Fortsetzung AIDS
56 Erworbene Immundefekte II:
84 Virusassoziierte Tumoren und
Virusinfektionen und Bakterien
Tumorimmunologie
58 Erworbene Immundefekte 111:
86 Allogene Knochenmark-
Parasiten und Fungi
transplantation und GvHD
88 Therapie der
Autoimmunerkrankungen I
Autoimmunreaktionen
90 Therapie der
Autoimmunerkrankungen II
60 Hauterkrankungen
92 Therapie der
62 Allergien und
Autoimmunerkrankungen 111
Überempfindlichkeitsreaktionen

l
Akute Infektionen und reaktive Arthritiden
Nach einer Infektion dauert die Entwicklung Titer an. Die Influenza-Antigene fallen Gegen diese Epitope existiert oft Toleranz·
erregerspezifisc her Lymphozyten im LK daraufhin schnell ab und sind am zehnten somit sind die Erreger gegen Immunmecha-
etwa sieben Tage, die Antikörperbildung Tag nicht mehr nachweisbar. Die Antikör- nismen teilweise geschützt. Kommt es je-
meist etwas länger (I Abb . I) . Lymphadeno- pertiter erreichen nach einem Mon at ihr doch zur lmm unreaktion, dann kann diese
pathie lässt sich daher klinisch nach weni- Maximum. kreuzreaktiv gegen körpereigene Gewebe
gen Tagen feststellen. Vor allem bei Immungeschwächten kann es gerichtet sein (Autoim munreaktion). Die
Ein gutes Beispiel einer schweren, jedoch zu Komplikationen wie primärer viraler Ähnlichkeit der Antigene wird als "moleku .
bei Immunkompeten ten vom Immunsystem Pneumonie , sek. bakterieller Pneumonie, lare Mimikry" bezeichnet.
kontrollierten Infektion ist die Influenza. Myositis und ZNS-Beteiligung kommen. Vermutlich gibt es eine ganze Reihe von
Um die Immunantwort zu umgehen , ändern Erkrankungen, bei denen eine Autoimmun.
die Viren durch Antigenshift (Änderung des reaktion infolge molekularer Mimikry zur
Influenza Pathogenese bei trägt. Neben den hier be-
Gens) und Antigendrift (kleine Änderungen
Inzid enz: 23/ I 00 000/a durch Mutationen) die wichtigsten Proteine: schriebenen Autoimmunreaktionen könne n
(Deutschland 2007) Neuraminidase (N) und Hämagglutinin (H). Streptokokken zur Glomerulonephritis
Die Viren werden durch Tröpfcheninfektion Die Gene werden durchnummeriert, sodass (s. Seite 81 ), Campylobacter zum Guillain.
übertragen und infizieren dann die Epithel- die Spanische Grippe 19 18 du rch HIN I- Barre-Syndrom (s. Seite 79) und Diarrhö-
zellen der Atemwege. Die Virusreplikation Viren verursacht wurde. Sie führte weltweit Erreger zu lTP (s. Seite 76) führen. Auch
beginnt nach "' 12 -24 hunderreich t nach durch schwere hämorrhagische Pneumonien multiple Sklerose, Thyreopathien, Diabetes
zwei Tagen das Maximum. Durch die rasche zu über 20 Millionen Toten. Vor allem Typ I und andere stehen im Verdacht,
Immunantwort dauert die Replikation nur Antigenshift, der bei lnfluenza-A-Viren vor- durch Infektionen ausgelöst zu werden.
insgesamt 5- 7 Tage an. Die Symptome be- kommt, führt durch die fehlende Herdimmu-
ginnen meist abrupt am dritten Tag, die Kri- nität zu Pandemien. 1957 fan d ein Shift zu
Rheumatisches Fieber
sis am siebten Tag mit Symptomrückgang ab H2N2 statt, 1968 einer zu H3N2 und 1977
dem neunten Tag nach Kontakt. Ein Teil der eine Rückkehr desHIN I. Influenza-B-Viren Inzidenz: ::o:Z/100000/a; weltweit
Symptome (Gliederschmerzen, Fieber) sind können scheinbar nur durch Antigendrift : o: 470000 Fälle/a mit 230000 Toten/ a
nicht durch das Virus, sondern durch Media- variieren. Das natürliche Reservoir sind Vö- durch Klappenfehler
toren (IFNy, IL-6 und TNFa ) der Immun- gel, sodass Shifts in avianen Viren (HSNI) Das akute rheumatische Fieber (ARF) tritt
reaktion verursacht. zu neuen Pandemien führen können . etwa 2-4 Wochen nach Infektion der
Erste virusspezifische CD8-T-Zellen sind oberen Atemwege mit Typ-A-Streptokokken
im Blut zusammen mit ersten höheren Anti- Durch Infektionen ausgelöste auf, somit in der Zeit der höchsten Antikör-
körpertitern am siebten Tag nach Infektion Autoimmunreaktionen pertiter und T-Zell-Frequenzen. Die Erkran-
nachweisbar. Da meist schon eine gewisse kung heilt gewöhnlich von selbst wieder
kreuzreaktive Gedächtnisfunktion durch Die Immunantwort ist hochspezifisch, je- aus, eine Behandlung sollte jedoch zur Ver-
frühere Kontakte vorhanden ist, steigen un- doch besitzen Mikroorganismen teilweise hinderung von Herzklappenschäden rasch
verzüglich lgG- und lgA- ebenso wie lgM- Epitope, die dem Organismus ähnlich sind. erfolgen. Die Erkrankung kann in seltenen
Fällen zum Tod durch Herzversagen führen .
Am häufigsten sind Kinder im Alter von
4- 9 Jahren betroffen. Das ARF beginnt
meist akut mit Fieber und mind. einem der
Neutra lizing antibody
folgenden Symptome: migrierende Polyarth-
ritis der großen Gelenke (v. a. Beingelenke),
Pankarditis (einschl. der Valvulitis), ZNS-
d),~;~;~hi~-~i;~~ -- -- - --- Beteiligung (Sydenham-Chorea) oder Aus-
\ Polyreactive antibody schlag (I Abb. 2, 3). Die Valvulitis ist an
10 yea rs 25 yea rs 75 years den Segelklappen am ausgeprägtesten und
a führt vor allem zu Mitralinsuffizienz. Sub-
kutane Knötchen treten häufig in der Nähe
1 ~ . .- - - - - - - -, -- - - - - - - - - - - .
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Weeka post primary vaccination Weeka post primary vaccinahon
b c

1 Abb. 1: a) Kineti k der Immunreaktion nach einer Erstinfektion. [24), b) Kinetik der humora len Immun-.
antwortnach HAV-Grundimpfung und Auffrischimpfung nach 26 Wochen (45 Geimpfte) . Serumkonversi-
I Abb. 2: Endocarditis verru cosa rheumatica bei
on (Dreiecke) und lgG-Antwort (Kreise) . [33], c) Kinetik der zellu lären Immunantwort nach HA V-Impfung
rheumatischem Fieber. [2)
(Mittelung von 15 Geimpften) und Auffri schimpfung nach 26 Wochen. [33)
Akute und chronische Infektionen
I
361 37

durch Yersinia , Salmonella , Shigella, Campy- aus Urethritis, Arthritis und Konjunktivitis.
lobacter und Clostridium difficile, dazu füh- Die Arthritis ist eine asymmetrische
ren . Die RA tritt Tage bis Wochen nach der Mono- oder O!igoarthritis und betrifft
Infektion auf. zusammen mit der Enthesitis (Sehnenent-
Die Erkrankung wird wie auch die und iffe- zündung) v. a. die untere Extremität. Ein
renzierte Spondylarthritis, Spondylitis Hautausschlag, das sog. Keratoderma
ankylosans, Psoriasis arthropathica und blennorrhagicum, tritt als Hyperkeratose an
Spondylarthritis der entzündlichen Darm- Handflächen und Fußsohle auf (I Abb. 4).
erkrankungen zur Spondylarthritis-Familie Die Diagnose beruht meist auf klinischen
gezählt (s. Seite 69). jedoch zeigt sich bei Befunden. Die Erkrankung bildet sich meist
nur"' 1% der Patienten mit Spondylarthritis spontan nach etwa sechs Monaten zurück.
ein Morbus Reiter. Bei starken Symptomen sollten NSAID und
Typische Symptome sind die klassische Trias Steroide eingesetzt werden.

I Abb. 3: Erythema (anulare) margina tum bei


rheumati sc hem Fieber find et sich häufig am
Rumpf, bei etwa 7% der Patienten. (5]

von Sehnen oder Knochenvorsprüngen auf.


Selten kommt es zum Erythema margina-
tum. Zur Diagnosestellung eignen sich die
klinischen jones-Kriterien und Anti-Strepto-
kinase- oder Anti-Streptolysin-Antikörper.
Obwohl ei ne Vielzahl von kreuzreaktiven
Antikörpern beschrieben wurde, ist die ge-
naue Pathogenese unklar. Die immundomi-
nanten Strukturen des streptokokkalen
N-acetyl-ß-0-Giucosamins und des M-Pro-
teins ähneln dem kardialen Myosin und
können so die Myokarditis erklären.

Morbus Reiter
Inzidenz: "' 5- 28/ 100 0001a;
Prävalenz: "'40/ 100 000.
Morbus Reiter, auch "reaktive Arthritis" ge-
nannt, tritt nach bakteriellen Infektionen
auf. Typisch ist die Urethritis durch Chlamy-
dia trachomatis als Ursache. jedoch können I Abb. 4: a) Ulzera (Aphthen) der Mundschleimhaut, b) Monoarthritis, c) Nagelbefall und d) planatare
auch andere Infekte, vor allem Darminfekte Hyperkeratose bei Morbus Reiter. [5]

Zusammenfassung
• Kreuzreaktive Immunreaktionen können v. a. nach Darm- oder Atemwegs-
infekten auftreten.
• Nach Chlamydien-lnfekten kann es zu Morbus Reiter (mit Urethritis, Arthri-
tis und Konjunktivitis), nach Tonsillitis mit Streptokokken zum rheuma-
tischen Fieber kommen.
• Schwere Komplikationen wie Herzklappenschäden können auftreten.
Chronische Infe ktio nen 1: Tuberkulose
I Abb. 1: Zent ral verkäse ndes
ln Deutschland gibt es pro Jahr etwa
Granulom. Anschnit t mehrere r
6000 Erkrankungen mit 200 Todesfällen. Epitheloidze11granulome, li nks
Die höchste lnzidenz der Tbc findet sich ein e Langhans-Riese nze 11e. [2 1
im südlichen Afrika, in Indien, China,
auf den Inseln von Südostasien und in
Mikronesien .
Als Robert Koch 1882 das Mycobacterium
tuberculosis als Erreger identifizierte,
starb jeder Siebte in Europa an Tbc. Heute
ist die Tbc mit acht Millionen neuen Fällen
und drei Millionen Toten pro Jahr die
häufigste Todesursache durch Infektion
weltweit. Etwa 30%der Weltbevölkerung
sind latente Träger.
Die Ausbreitung der Tbc nimmt v. a. im
Rahmen der HIV.Pandemie zu; resistente zellu läre Immunantwort des adaptiven Im· Reaktivierung und
Stämme erschweren die Therapie. Tbc ist munsystems vorhanden ist. Komm t es zu Komplikationen
enorm mit dem sozioökonomischen Status keiner effektiven Immunantwort oder zu
und der Abstammung assoziiert. einer Reaktivierung (z. B. durch Hunger, Zu einer Reaktivierung kann es bei einer
Krieg, AIDS), dann wird die Barriere des chronischen Schwächung des Immunsys-
Pathogenese Granuloms überwunden . Es erfolgen eine tems kommen (HIV-lnfektion, Nierenver-
zunehmende Zerstörung der Lunge und sagen im Endstadium, Diabetes mellitus,
Kontakt und Primärinfektion eine hämatologische Aussaat, eine Miliar- maligne Lymphome, Steroidbehandlung,
Tbc. Wenn der Tuberkel Anschluss an einen Mangelernährung und hohes Alter).
Durch Tröpfcheninfektion kommt es zu Bronchus bekommt, wird der Patient Bei:::: 10 % kommt es zu einer Bakteriämie
einer Besiedelung des Alveolarraums der ansteckend. Mykobakterien können dann nach Primärinfektion oder bei einer Reakti-
Lunge. Falls das angeborene Immunsystem im Sputum nachgewiesen werden . Unbe- vierung. So kann es zu Absiedlungsherden
die Mykobakterien nicht abtötet, vermeh- handelt sterben 80% der Patienten mit in Knochen (spinal als M. Pott) und Neben -
ren sie sich in den Makrophagen. Dies führt offener Tbc. nieren kommen . Die septische Aussaat führt
zur Zytokin· und Chemokinfreisetzung meist zu kleineren Tuberkeln. Daraus kön-
und so zur Ansammlung von Entzündungs- nen sich größere Herde, Tuberkulome,
zellen, vor allem Monozyten, NeutraphiJen entwickeln. Diese können rupturieren und
und Alveolarmakrophagen, die dann die zu einer Aussaat in Körperhöhlen führen
Mykobakterien mitsamt den infizierten (tuberkulöse Meningitis, Peritonitis oder
Makrophagen in einer Art Fremdkörper- Pleuritis). Nach Lunge und LK sind Uro-
reaktion lokal abkapseln (I Abb. I). Dabei genitaltrakt und ZNS am häufigsten von der
entsteht ein verkäsendes Granulom (Tuber- Tbc betroffen (I Tab. 1). Vor allem im Alter
kel), typischerweise in den oberen Lungen- nehmen die Tbc, die weder Iungen- noch
abschnitten, wo die Sauerstoffversorgung lymphknotenassoziiert sind, stark zu.
etwas geringer ist. Das Granulom kann Die Kontrolle der Mykobakterien nach einer
bei kompromittiertem Allgemeinzustand Reaktivierung oder Primärinfektion hängt
(durch Hunger, Armut) weiterwachsen und stark vom Immun status ab. So haben Pati-
die Mykobakterien können über die Lymphe enten mit geschädigtem Immunsystem ein
zu regionären LK abtransportiert werden. erhöhtes Risiko für Komplikationen. Heut-
Die entstehende Lymphadenopathie ist
charakteristisch für eine primäre Tbc und
wird zusammen mit dem wachsenden
Tuberkel im Lungenparenchym als "Ghon-
Komplex" (I Abb. 2) bezeichnet. Im Gegen-
satz dazu führt eine Reaktivierung oft nur
zu lokalen Reaktionen und nicht zur Lymph-
adenopathie. I Abb. 2: Ghon-Ko mplex: Primäraf fekt mit Lymph-
Die Vermehrung der Mykobakterien hält knotentu berkulos e (hiläre LK) mit verkäsen den
Nekrosen . [ 11 ]
etwa 2- 6 Wochen an, bis eine effektive

LK, intrathorakal Urogenitaltrakt Wirbelsäule und ZNS Knochen und Gelenke Gastrointestina l
Lunge, geschlossen LK, extrathorakal Pleura
Lunge, offen
2,9% 2,8% 1,6% 1,4% 1, 1%
20,3% 7,6% 3,8%
58, t%
RKl 2005.
betroffen em Hauptorg an in Deutsch land (N - 5884),
1 Tabelle 1: Prozentu aler Anteil der Tbc-Orga nmanifes tation nach
Akute und chronische Infektionen
38 I 39
zutage sind 20 % der Patienten mit extrapul· imponiert klinisch mit bellend em Husten, eine hiläre Lym phadenopathie, die bis zu
monaler Tbc HIV-positiv. Auch führen gene- selten mit Bronchorrhö (über 500 ml Spu- über einem Jah r besteht. Bei : : : 30% lässt sich
tische Polymorphismen (vor allem Mutation tum pro Tag) oder Lithoptysis (Aushusten ein Pleuraerguss nachweisen (nach zwei bis
im Toll-IL-1- Rezeptor-Adapterprotein) zu verkalkter Granulomreste). Dyspnoe kann drei Monaten, selten nach über einem Jahr).
einem erhöhten Risiko. auf Atelektasen oder Obsu·uktion hinweisen Ein Infiltrat lässt sich nur bei :::::30% der Pa-
und bei akutem Auftreten zu einer Ver- tienten nachweisen. Der mittlere Lungen-
Lungen-Tbc wechslung mit einer bakteriellen Pneumo- lappen ist am häufigsten betroffen. Dort
nie, Fremdkörperaspiration oder einem kann man den abgeheilten Primäraffekt als
Etwa 70 %der Patienten haben bei der Pri- Bronchialkarzinom fü hren. sogenannte Sirnon-Narbe nachweisen.
märinfektion niedriges Fieber, meist nur In der Regel sind die meisten Laborparame- Bei Reaktivierung kommt es in :::::80% zu
wenige Wochen lang. Nur 25% haben zu- ter bei einer Lu ngen-Tbc im Normbereich. Herden in den apikalen, posterioren Lun-
sätzliche Symptome, vor allem pleuritischen Lediglich in fortgeschri ttenen Stadien kann gensegmenten. 20 - 40% der Patienten
Brustschmerz. es zu einer normozytären Anäm ie, Leukozy- zeigen Kavernen-, 20 %eine Spiegelbildung
Primärinfizierte zeigen in einer Häufigkeit tose und insbesondere zu einer Monozytose (I Abb. 3).
von etwa 15%über Monate zunehmende kommen. Hyponatriämie kann als Zeichen Das CT imponiert bei einer bronchialen
Infiltrate und entwickeln ein e primär eines SIADH oder als Neben niereninsu ffi - Ausbreitung der Tbc mit zentrilobulären,
progressive Tbc. Ansonsten kommt es ent- zienz auftreten. Seltener kann es zu Hypo· nodulären Verdichtungen, dem sogenannten
weder zu einer latenten Infektion oder zu albuminämie und Hypergammaglobulinämi e Blütenbaum [tree in bud , arbre en fl eur), die
einer Ausheilung. Die primär progressive kommen. einem Zweig mit Blüten ähneln. Die Ver-
Infektion führt meist innerhalb von 2- 3 Jah- Radiologisch en twickelt sich in etwa 65% dichtungen entsprechen exsudativen bron-
ren zu einer klinischen Tbc. der Fälle eine Woche nach Primärinfektion chiolären Erweiterungen.
Etwa 90 %der Tbc-Fälle beim Erwachsenen
sind reaktivierte Infektionen. Sie entstehen
aus ruhenden Herd en und kommen beson-
ders häufig in apikalen, posterioren Lungen-
segmenten vor. Die Symptome sind meist
Monate vor Diagnosestellung vorhanden
und bestehen hauptsächlich aus morgend-
lichem Husten, Gewichtsverlust (Schwind-
sucht) und Müdigkeit. Die Hälfte der Pati-
enten hat Fieber und/ oder Nachtschweiß,
:::::30% Brustschm erzen und Dyspnoe. Das
Sputum wird in späteren Stadien gelbgrün-
lieh , teilweise faulig riechend und kann sich
in "' 25 %zu Hämoptysen entwickeln. Bei
Erosion eines Lu ngengefäßes besteht die
Gefahr einer tuberkulösen Rhexisblutung
[Blutsturz), die etwa 5% der Todesfälle
durch Tbc ausmacht. Etwa 5- 15% aller
Hämoptysen sind auf Tbc zurückzuführen.
Ein Teil der Hämoptysen - und zwar mas-
sive- wird durch ein sog. Rasmussen-
Aneurysma verursacht, das durch
die Ausbreitung der Tbc in die Adventitia
und Media der Bronchialarterien ausgelöst
wird.
Seltene Komplikationen sind Pneumothorax,
Lungenempyem, Lungengangrän (Mortalität
von 75%) und Ulzera im Mund bzw. Gastro-
intestinaltrakt, die durch Verschlucken in-
fektiösen Sputums entstehen.
Bei der klinischen Untersuchung lassen sich
manchmal ein verminderter Stimmfremitus
mit dumpfem Klopfschall (d urch Pleuraver·
dickung bzw. -erguss) und posttussive Ras-
selgeräusche feststellen. In späten Stadien
können über Kavernen (selten) sogenannte
amphorische (ähnlich dem Geräusch beim
Blasen über eine Amphore), distal gelegene I Abb . 3: Kavernöse Tbc im Röntgen-Thorax und CT. Oben eine Tbc des rechten, unten eine des linken
Geräusche auskultiert werden. Oberlappens. [Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Schröder, Radiologie Charite Universitätsmedizin
Eine endobronchiale Tbc (20 - 50% der Tbc) Berlin)
--=

Tuberkulose (Fortsetzung)

Miliar-Tbc Mykobakterienku ltur

Der Name leidet sich von "milium" pat. für Die Kultur aus Sputum ist bei"" 80% der
Hirsekorn) ab, eine morphologische Be- offenen Tbc-Fälle positiv. Lediglich bei Kin-
schreibung der tuberkulösen Septikopyämie dern können nur 35% positiv sein. Trotz der
(I Abb. 4). Sie tritt selten hochakut nach langen Kulturdauer von acht bis zwölf Wo-
Primärinfektion auf, wobei bei 50% der Pati- chen ist eine Kultur zur Resistenzbestim-
enten eine pulmonale Beteiligung vorliegt mung sinnvoll.
(I Abb. 5) . Häufige Organbeteiligungen
sind der Magen·Darm·Trakt (abdominelle Ziehi-Neelsen-Färbung
Schmerzen) und das ZNS (bei"" 20%) . Haut- I Abb. 4: Hepatische Mi liartuberkulose mit Hirse-
manifestationen im Rahmen einer Tuber· samen zum Vergleich. [ 1] Die Färbung basiert auf einer Resistenz der
culosis cutis miliaris disseminata mit Tuberkelbazillen (welche auch für das Über-
5- I 0 mm großen Papeln sind eher selten. leben in den Makrophagen verantwortlich
Mendel-Mantoux-Probe abgelöst. Man inji- ist) und ist bei der Untersuchung von Spu-
Klinisch kann man bei einer Miliar-Tbc am
ziert 0, I ml gereinigte Proteinbestandteile in- tum je nach Altersgruppe bei"' I 0- 40 % der
Augenfundus mit einem Ophthalmoskop
tradermal und liest nach 48, besser 72 Stun- Tbc-Fälle positiv. Bei wiederholter Sputum-
häufig kleine erhabene gelbweißliche Knöt-
den ab. Man misst nur die tastbare Schwel· untersuchung steigt die Sensitivität (z. B.
chen in der Nähe der Fovea (Tuberkel) er·
Jung, nicht das Erythem im Durchmesser Morgensputum über drei Tage).
kennen.
aus. In folgenden Fällen ist der Test positiv: Zum Nachweis im Liquor en tnimmt man
eine größere Menge Liquor (I 0- 15 m1),
Zerebrale Tbc t > 5 mm: bei HIV-Positiven , bei kürzlichem wobei ein Nachweis im Sediment am ehes-
Kontakt mit Tbc-Erkrankten, bei fibrösen ten gelingt. Man wiederholt die Liquorprobe
Eine frühe Erkennung der zerebralen Tbc
post-Tbc-verdächtigen Veränderungen im vier Tage lang täglich und erreicht in fast
(Mortalität: 15 -40%) ist entscheidend, da
Röntgen-Thorax und bei Patienten unter Me- 90 %der Fälle eine positive Färbung. Bei
eine Verzögerung des Therapiebeginns die
dikation mit> I 5 mg Prednisolon pro Tag einer einzelnen Probe sind "'40% positiv.
Prognose enorm verschlechtert. Unbehan·
t > I0 mm: bei Immigranten aus Afrika,
delt führt sie nach etwa 5-8 Wochen zum
Asien, Lateinamerika oder Osteuropa; bei
Tod. Klinisch kommt es v. a. zu einer Menin· PCR-Nachweis
Drogenabhängigen; bei anderweitig Immun-
gitis, seltener zu einem intrakranialen Tuber- supprimierten; bei Angestellten oder lnsas·
kulom oder einer spinalen tuberkulösen Teilweise sind nur 60% der mit Ziehl-Neel-
sen von Gefängnissen, Krankenhäusern, sen-Färbung positiven Proben auch positiv
Arachnoiditis mit folgenden Parhologien: Altenheimen etc.; Vorerkrankungen mit in der PCR. Die Sensitivität liegt- stark
t proliferative Arachnoiditis, bei der eine erhöhtem Tbc-Risiko (Silikose, Nierenver- laborabhängig - bei ""56%, die Spezifität bei
fibröse Masse an der Hirnbasis Hirnnerven sagen, Malignome) und bei Kindern unter "'98%. Nach Daten des RKI sind 85% der
komprimiert und Blutgefäße erodiert vier Jahren Sputumproben von Tbc-Erkrankten in der
t Vaskulitis mit Thrombosen und Infarkten t > 15 mm: bei allen sonst unauffälligen PCR positiv. Beim Liquor sind 66%, bei Ma-
(v. a. Basalganglien, Pons und Zerebellum). Personen. gensaft 68% positiv.
Hydrozephalus durch Liquorzirkulations-
störungen mit teilweise markanten Protein· Der Test kann allerdings bei bis zu 25 %der
erhöhungen im Liquor. Lungen-Tbc und 50% der disseminierten Therapie
Tbc falsch negativ sein (Anergie). Bei BeG-
Neben Meningitissymptomen sind folgende vakzinierten Personen kann ein größerer Alle Formen der Tbc werden mit einer Korn-
Liquorveränderungen typisch: Glukose.!, Durchmesser bei der Manroux-Probe als bination von Chemotherapeutika über sechs
Protein i, lymphozytäre Pleozytose. DD: beim Vortest auf eine Infektion hindeuten. bis zwölf Monate behandelt. Da es keine
neoplastische Meningitis, Neurosarkoidose,
Neuroborreliose, Kryptokokkose, granulo-
matöse Pilzinfektion (Histoplasmose, Blasto·
mykose), Brucellose, Neurosyphilis. Eine
Virusenzephalitis führt zu kaum veränder·
tem Glukosespiegel im Liquor.
Radiologisch sind der CI-Nachweis (positiv
in"" 70 %d. Fälle) einer verstärkten basalen
meningealen Zeichnung und irgendein Hin·
weis auf einen Hydrozephalus suspekt auf
eine tuberkulöse Meningitis.

Nachweis der Tbc

Der Tuberkulintest
Der ursprünglich von R. Koch entwickelte 1 Abb . 5 : Pulmonale Miliar-Tbc im Röntgen-Thorax und CT. [Mit freundlicher Genehmigung von
Prof. Schröder, Radiologie Charite Universitätsmedizin Berlin]
Tuberkulintest wurde von der intradermalen
Akute und chronische Inf ektionen
40 141

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Geschwulst, die von Kerne indem sie dauerte Tage viele indem entstand Verkäsung/Eiter in ihr, und machte
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Fett ; Erhebung ihrer Seite ist groß, er ist heiß. Dann sollst Du sagen, zu ihr: einer unter Geschwulst, die Kerne
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machte, Hauten der von Eiter entstand.
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Verkäsung/Eiter in ihr. und er ist heiß, einer unter er Krankheit;

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werde ich käm~ damit

I Abb. 6: Links sind Wirbe lsäu le und Wirbelkörper von Mumien (ca. 3400 und 2000 v_ Chr.) mit M.-Pott-
typisc hen Läsionen dargestellt. Daneben ist der im Text erwähnte Ausschnitt des Papyru s Ebers mit mit-
telägyptischer Transkription und Übersetzung dargestellt [2 1; 23]

Studien über Kombinationen bei verschie- Resistente Mykobakterien Exkurs: Tuberkulose


denen Organmanifestationen gibt, wird
In Deutschland weisen "" 14% der M. tuber·
im alten Ägypten
meist eine der Standardkombinationen an-
gewandt. Oft wird eine intensive Therapie- culosis eine Resistenz auf. Dabei sind nur In Mumien konnte man Mykobakterien
phase (Induktion) über die ersten zwei Mo- ""8% der in Deutschland geborenen Pati· nachweisen, M.·Pott·rypische Wirkelkör·
nate, danach eine Konsolidierungstherapie enten mit einer resistenten Form infiziert, perdestruktionen sind häufig vorhanden
über fünf Monate durchgeführt. Die Thera- jedoch :::::20%der im Ausland geborenen (I Abb. 6). In dem 3600 Jahre alten hiera·
pie der nicht resistenten Tbc kann mit einer Patienten. Vor allem Streptomycin· und tischen Papyrus Ebers findet sich die Be-
Dreier- oder besser einer Viererkombination INH-Resistenzen sind häufig. Multiresisten· schreibung einer Tbc-ähnlichen Sympto·
von Ethambutol, Isoniazid (INH), Pyrazin- zen finden sich bei l % der in Deutschland matik (Eb 862, 105, 16-1 06,2): "Die
amid (PZA), Rifampicin (RIF) und Rifapentin geborenen Patienten und bei ca. 5% der im Symptome einer knotigen Geschwulst. die
erfolgen. Ausland geborenen. seit vielen Tagen besteht: Wenn du eine
Die Chemotherapeutika erreichen unter- Am häufigsten sind die multiresistenten knotige Geschwulst, die seit vielen Tagen
schiedliche Wirkspiegel in den Geweben, Tbc-Infektionen bei Patienten mit Vorer· besteht, diagnostizierst, in ihr Verkäsung
sodass man die Therapie anpassen sollte. krankungen, die im Ausland geboren sind entstanden ist, sie Fett entwickelt hat, die
INH, PZA und RIF sind bakterizid, erreichen und eine inkomplette Vortherapie erhalten Erhebung an ihrer Seite groß ist und der
gute Konzentrationen im Liquor und eignen haben. In dieser Kohorte reagieren nur noch Patient Fieber hat, dann sollst du sagen: Der·
sich daher für die Behandlung einer ZNS- 20%der Patienten sensibel auf die Stan· jenige mit einer knotigen Geschwulst, die
Tbc. Ethambutol erreicht nur mittlere Wirk- dardtherapien. eine große Menge Eiter hervorbrachte und
spiegel im Liquor. Bei klinisch sichtbaren INH·Resistenz wird durch eine längere in der Verkäsung entstanden ist, hat Fieber.
Tuberkulomen oder bei Wegfall von PZA Therapiedauer behandelt, bei RIF·Resistenz Er hat eine Krankheit, die ich bekämpfen
aufgrund von Nebenwirkungen sollte man (häufig bei AIDS) addiert man oft Strepto· werde."
die Therapie auf 18 Monate verlängern. mycin (häufig Resistenzen) . Dies ist toxi·
scher als RIF und PZA.
Steroidtherapie bei
zerebraler Tbc Zusammenfassung
Ähnlich wie bei bakteriellen Meningitiden • Die häufigste Form der Tbc ist eine Lungen-Tbc; diese ist in ~ 50% der Fälle
kann bei der ZNS-Tbc die Gabe eines Stero· eine offene Tbc.
ids (Dexamethason) die Mortalität senken.
• Vor allem pleuritiseher Brustschmerz, morgendlicher Husten, Gewichts-
Dexamethason ist vor allem in frühen Sta-
dien hilfreich, HN-positive Patienten pro- verlust und Nachschweiß sind Hinweise.
fitieren aber nicht. Prednisolon reduziert • Häufige extrapulmonale Formen sind ZNS- und Urogenital-Tbc.
bei Kindern die Mortalität um ca. I0%und
erhöht den 10. Die Steroide führen zu einer • Die Therapie besteht aus einer Kombination über sechs bis zwölf Monate.
schnelleren Auflösung der fibrösen Absonde· • Resistenzbildung ist ein großes Problem.
rungen.
Chronische Infektionen II: Herpesviren
Herpesviren sind DNA-Viren mit breitem infe ktion etwa 20, bei Reaktivierung zehn ämie mit Besiedelung des RES. An den Ta-
Tropismus, d. h., sie können eine Vielzahl Tage. HSV2 reaktiviert seltener als HSVI . gen 9 bis 14 kommt es zu einer zweiten,
von Zielzellen infizieren. Durch die lange Ko- Primärinfektion und Reaktivierung si nd nun ausgeprägten Yirämie mit Besiedelung
evolution mit dem Menschen haben sie sich Indikationen fü r antivirale Therapie mit der Haut. Die Inkubationszeit bis zum Auf-
hervorragend an das Immunsystem ange· Aciclovir, Famciclovir oder Valaciclovir. treten der Bläschen beträgt etwa zwei
passt und können nicht vollständig elim iniert In schweren Fällen sollte Aciclovir i. v. Wochen.
werden. Sie befind en sich lebenslang unter gegeben werden. Es komm t zu einem Prodromalstadium mi t
Kontrolle des Imm unsystems und können Es kommt oft zu asymptomatischer Virus- Fieber, Schwäche und Pha ryngitis. Danach
bei Imm unschwäche reaktiviert werden. freisetzung. Bei HIV-positiven Frauen find et entsteht innerhalb von 24 h ein generalisier-
sich HSV2 in "'30% bei Routinezervixabstri· ter Ausschlag, die Varizellen. Es kommt
chen, in 70% der Fälle ohne Symptome. Bei zu juckenden Bläschen, die in unterschied -
Alphaherpesviren lmmunkompetemen kann in 3- 20 % eine lichen Abheilungsstadien nebeneinander
Virusfreisetzung gefund en werden. bestehen (sog. Sternenhimmel; I Abb. 1a)
HSV I hat einen bevorzugten Tropismus für und sich über etwa vier Tage bilden. Am
orale Mukosa, HSV2 für genitale Mukosa HHV-3: Varicella-Zoster-Virus sechsten Tag sind meist alle Läsionen ver-
und VZV für die Haut. krustet.
(VZV)
Die häufigsten Komplikationen sind bakte-
HHV-1: Herpes-simplex-Virus 1 Seroprävalenz 95% rielle Superinfektionen; gefürchtet wird die
(HSV1) Die hochansteckende Primärinfektion ist als Varizellenpneurnonie, die in 0,25% der
"Varizellen" (Windpocken) bekannt. VZV Primärinfektionen auftritt. Selten kommt
Seroprävalenz :::::60 % repliziert primär an der lnokulationsstelle es zu einer Hepatitis oder Meningoenze-
Die Primärinfektion mit HSVI geht mit vesi- und infiziert nach 4- 6 Tagen die regionären phalitis. Nach Gabe von ASS kann es zum
kulären Läsionen, Gingivostomatitis, Lymph- LK. Danach kommt es zu einer ersten Vir- Reye-Syndrom mit Übelkeit, Erbrechen,
adenitis sowie Fieber und Schwäche ei nher.
Eine Abheilung der Läsionen beginnt nach
ca. zwei Wochen, HSV persistiert danach im
Nervenganglion.
Stress und Imm unsuppression führen zur
Reaktivierung. Die viralen Kapside bewegen
sich intrazellulär an den Axonen entlang
und infizieren dann Epithelzellen im inner-
vierten Dermatom. In einem Prodromalsta-
dium fallen Brennen und Jucken auf. Nach
6 - 50 Stunden bilden sich Bläschen, die ver-
krusten und abfallen. Die Heilung ab dem
Beginn des Prodromalstadiums dauert etwa
fünf Tage.
Ähnlich wie VZV kann HSV 1 bei Immun·
supprimierten zu einer okulären Infektion,
Keratitis und akuter Retinanekrose mit
Erblindung führen. Die lebensbedrohende
HSV-Enzephalitis fällt durch raschen Fieber-
beginn , Kopfsch merzen, epileptiforme An·
fälle, fokal e Ausfälle und rasche Bewusst-
seinsstörungen auf. Selten tritt eine schwere
Hepatitis auf.

HHV-2: Herpes-simplex-Virus 2
(HSV2)
Seroprävalenz :::::20%
HSV2 wird durch Sexualverkehr übertra- I Abb. 1: a) Versc hie-
gen, meist im Rahmen von Beziehungen den alte ves ikuläre
(mittlere Beziehungsdauer: ::::: 3,5 Monate, Eruptionen bei primärer
VZV-In fektion (Sternen-
mittlere Anzahl der Geschlechtsakte: "'40).
himmel). [ 16]. b) Gan-
Primärinfektion und Reaktivierung erfolgen glion mit VZV-Infektion .
mit ähnlichen Symptomen wie beim HSV I, Zell nekrosen und Ent-
jedoch an genitaler Mukosa mit schmerz- zündungsreaktion sind
haften Ulzera, Dysurie und Kopfschmerzen; sichtbar. [6] c) Typische
seltener asymptomatisch. Die Heilung ab dermatombezogene
Beginn der Symptome dauert bei Primär- Gürtelrose. [ 16J
Akute und chronische Infektionen
42 1 43

Kopfschmerzen, Erregbarkeit und Delir mit Progression zum Koma


kommen. Bei Immunsupprimierten kommt es zu protrahierter Vir-
ämie. Kutane Komplikationen sind Varicella bullosa, Purpura fu lmi-
nans und nekrotisierende Fasziitis.
VN persistiert in sensorischen Ganglien (I Abb. I b), die Reaktivie-
rung verläuft ähnlich wie bei HSV I. In einem Dermatom bilden
sich Bläschen, die innerhalb von vier Tagen hämorrhagisch impo-
nieren und dann abheilen (I Abb. Ic). Oft kommt es zu einer aku-
ten Neuritis, die in 20-30% der Fälle chronisch mit schweren
neuropathischen Schmerzen als postherpetische Neuralgie persis-
tieren kann.
Bei lmmunsupprimienen führt eine Reaktivierung zu schweren
Verläufen (s. Seite 56).

Betaherpesviren
I Abb. 2: Ak tivierte T-Ze ll en im Blut eines Patienten mit akuter Mono-
nuk leose . 15]
HHV-5: Zytomegalievirus (CMV)
Seroprävalenz 40-1 00% (CD2 1), kann aber auch T-Zellen, Epithelzellen und Myozyten
Die Primärinfektion erfolgt durch Sexualkontakte, enges Zusammen- infizieren. Im Gegensatz zu HSV oder CMV zeigt EBV keinen zyto-
leben, Blut- und Plasmaprodukte, Gewebetransplantation und peri- pathischen Effekt, hat jedoch onkogenes Potenzial für B-Lympho-
natal. Die Symptome sind dem Pfeiffer'schen Drüsenfieber ähnlich zyten, sodass B-Zell-Lymphome entstehen können.
(s. u. EBV), es kommt zur sog. CMV-Mononukleose. Im Gegensatz EBV persistiert lebenslang; bei Reaktivierung kann es zu einer Vir-
zum EBV finden sich jedoch keine heterophilen Antikörper, Lymph- ämie kommen. Besonders gefährlich ist die progressive Transforma-
adenitis und Splenomegalie sind von geringerem Ausmaß oder tion, sodass es zunächst zu oligoklonalen Proliferationen der B-Zel-
fehlen . Fieber und system ische Effekte dominieren (typhoider Cha- len kommt. Es können sich aber auch B-Zell-Lymphome mit hoher
rakter), eine exudative Tonsillitis ist ein häufiger Befund. Malignität entwickeln. Diese haben besonders bei Immunsuppres-
Bei Immunkompetenten kommt es zu einzelnen Organbeteili· sion nach Organtransplantation eine hohe Mortalität (s. Seite 84).
gungen (Kolitis, Hepatitis, Enzephalitis, Pneumonie und sehr selten Selten kann EBV zu nasopharyngealen Karzinomen führen.
Karditis), fulminante Infektionen sind aber selten. Nach wenigen
Wochen heilt die Infektion spontan aus und CMV persistiert HHV-8: Kaposi-Sarkom-
Eine Reaktivierung tritt praktisch nur bei lmmunsupression auf und
assoziierter H HV
führt durch schwere Verläufe zu einer hohen Mortalität nach Organ-
transplantation (s. Seite 56). Seroprävalenz ,., 30%, in homosexuellen Männern ,., 80%
Primärinfektion erfolgt wie bei CMV, HHY-8 erreicht jedoch hohe
HHV-6 und HHV-7 Viruslasten in allen Körperflüssigkeiten wie Speichel, Sperma und
Muttermilch. Symptome bei Kindern sind Fieber (,., I 0 d) und ein
Seroprävalenz 80-95% makulopapulöses Exanthem (,.,6d); bei Erwachsenen kann die
HHV-6-lnfektion führt bei Kleinkindern typischerweise zum Dreita- Infektion auch mild mit leichter Lymphadenopathie einhergehen.
gefieber und zum Roseola infantum (auch .,Exanthema subitum"). HHV-8 bleibt latent in einer Vielzahl von Zelltypen, vor allem in
Es kommt zu einem stammbetonten makulopapulären Ausschlag B-Zellen und glandulären Epithelzellen.
und Rhinorrhö. Die Primärinfektion von HHV-7 ist dagegen meist HHV-8 führt v. a. bei Immunsuppression zum Kaposi-Sarkom,
asymptomatisch, kann jedoch ähnlich wie HHV-6 verlaufen. ist aber auch mit dem Castleman-Syndrom (einer systemischen
Beide Viren infizieren CD4·T-Zellen und persistieren im Körper. Lymphadenopathie) und mit seltenen Lymphomen wie dem
Bei Immunsuppression werden sie häufig reaktiviert, die klinische ergussassoziierten Lymphom assoziiert.
Signifikanz ist aber unklar.

Gammaherpesviren

HHV-4: Epstein-Barr-Virus (EBV) Zusammenfassung


• Die meisten Erwachsenen sind latent mit Herpesviren
Seroprävalenz 90 - 95%
Die Primärinfektion erfolgt bei Kindern oft asymptomatisch, bei infiziert
Erwachsenen als Pfeiffer-Drüsenfieber (auch .,kissing disease" oder • Die Primärinfektion geht meist mit fiebrigen
.,akute Mononukleose") . Symptome sind Gingivostomatitis, hohes
Fieber, Nachtschweiß, Lymphadenitis und Hepatosplenomegalie. Erkrankungen und Exanthem einher.
Es kommt zu starker Tonsillenschwellung, bei der sich die Tonsillen • Vor allem bei Immunsupprimierten kommt es zu
berühren können, mit fauligem Foetor ex ore. Im Blutausstrich
fallen EBV-spezifische T-Zellen als atypische Lymphozyten auf, die im lebensbedrohenden Reaktivierungen.
Labor oft fa lsch als Monozyten gezählt werden (I Abb. 2). • Einige Herpesviren haben auch onkogenes Potenzial.
EBV infiziert primär B-Zellen über den Komplementrezeptor 2
Chronische Infektionen 111: Hepatitisviren
Hepatitis A (HAV) und E (HEV) Leberversagen und hepatozellulären Karzinomen (HCC). Global ist
HBV Ursache für 80% der primären HCC. Die häufigsten extra-
HAV: lnzidenz: 1,11100000/a, HEV: einzelne Fälle hepatischen Komplikationen der chronischen HBY-Infektion sind
Das HAV führt zu einer akuten Hepatitis, die praktisch nie chronisch die Polyarteriitis nodosa (s. Seite 72) und die membranäse Nephro-
wird. Es wird fäko-oral übertragen und findet sich häufiger in Mee- pathie (s. Seite 80).
resfrüchten. in Kindern ist die Infektion oft asymptomatisch. Man kann bei der chronischen HBV-Infektion einen Übergang von
Die Inkubationszeit beträgt 30 Tage. Das Prodromalstadium beginnt einer replikativen Phase (HBeAg+, Anti·HBeAg-, HBV-Virämie) zu
mit Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Fieber und Schmer- einer nicht replikativen (HBeAg-, Anti-HBeAg+) finden. In der rep[i.
zen im rechten Oberbauch. Innerhalb weniger Tage kommt es auf- kativen Phase, die vor allem bei perinatalen Infektionen lange an-
grund der Cholestase zu einer Dunkelfärbung des Urins, acho· dauert, kommt es zu Immuntoleranzmechanismen. Die nicht repli-
lischem Stuhl (Entfärbung), Pruritus und Ikterus (I Abb. I). Die kative Phase folgt nach o::25 Jah ren und wird durch eine Immun-
stärkste Ausprägung erreicht der Ikterus in der zweiten Woche, aktivierung mit Virusentfernung und Exazerbation der Hepatitis
meist mit Nachlassen der Prodromalsymptome. Klinisch lassen sich erreicht.
eine Hepatomegalie, hohe Transaminasen (> l 000 IU/dl) mit hö· Das HBV persistiert latent über Jahrzehnte, auch wenn es nicht zu
herer ALT als AST und Cholestase finden. Die Erkrankung heilt einer chronischen Hepatitis kommt. Es kann bei Immunsuppression
meist innerhalb dreier Monate (selten sechs Monaten) spontan aus. reaktiviert werden.
Fast nie führt die Infektion allein zum fulminanten Leberversagen; Therapie der chronischen oder reaktivierten Infektion kann mit
ein solches tritt jedoch oft (;;:;40%) auf, wenn bereits eine chronische lFNa, Telbivudin, Lamivudin, Adefovir, Tenofovir oder Entecavir er-
HCV-Infektion vorliegt. Die Leberschädigung wird vor allem durch folgen. Die Therapie mit Virostatika erfolgt meist fünf Jahre oder län-
CD8-Zellen verursacht. HAV selbst ist nicht zytopathisch. ger, um einen Übergang zur nicht-replikativen Phase zu fördern unct
Hepatitis E verhält sich ähnlich, kommt jedoch viel seltener vor und Lebergewebe zu schonen.
geht mit schwererer und längerer Cholestase einher. Hepatitis D ist von HBV abhängig und tritt als Über- oder Koinfek-
tion auf. Das Virus führt zu schwereren Verläufen und zu einer hö-
Hepatitis B und D heren Rate fulminanten Leberversagens.

Hep. B: lnzidenz: 1,211 00 000/a; weltweit etwa 300 Millionen Hepatitis C


Infizierte mit 0,5 Millionen Toten/a, Hep. D: "'10-20 Fälle/a
Die Infektion erfolgt perinatal, im Westen häufiger durch Sexualkon- lnzidenz: 8-25/100000/a, Prävalenz: o::0,8%; enorm hohe Präva-
takte und perkutan (i. v. Drogennutzer). Die Inkubationszeit beträgt lenz in Arabien, Afrika und Asien (z. B. Ägypten> 20%).
1- 4 Monate. Nach Infektion entwickeln ::::70% der Infizierten eine Die Hepatitis C verläuft selten akut; erstes und oft auch einziges An-
anikterische, "'30%eine ikterische Hepatitis. Verlauf und Befunde zeichen ist der positive HCV-RNA-Nachweis im Serum. Klinisch ist
ähneln denen von HAY. Bis zu 0,5 %der Patienten entwickeln eine die Infektion oft asymptomatisch, nur 25% der Patienten bekommen
fulminante Hepatitis. Eine Therapie der Primärinfektion ist meist einen milden Ikterus. Fulminantes Leberversagen ist sehr selten.
nicht erforderlich. Nach Exposition kommt es innerhalb von Tagen bis zwei Monaten
Die Häufigkeit der Progression zur chronischen Hepatitis hängt vom zur Virämie. Ein leichter Transaminasenanstieg lässt sich 6 - 12 Wo-
Infektionszeitpunkt ab. Perinatal Infizierte entwickeln in> 90%, In- chen nach Exposition nachweisen. Etwa 80% der Infizierten entwi-
fizierte im Kindesalter in 20 - 50% und Erwachsene in< 5% eine ckeln eine langsam progrediente chronische Hepatitis. Die Transami-
chronische Hepatitis. Da die Infektion in Südostasien meist perinatal nasen sind meist im oberen Normbereich oder leicht erhöht und
erfolgt und eine Prävalenz von o::20% vorliegt, kommt es zu einer HCV-RNA lässt sich im Serum nachweisen II Abb. 2).
ausgeprägten Epidemie von chronischen Hepatitiden. In ::::50% kommt es innerhalb von 20 - 30 Jahren zur kompensierten
Die chronische Hepatitis verläuft meist asymptomatisch. Laborche- Leberzirrhose. Etwa 4% der Patienten mit Zirrhose dekompensieren
misch kann man milde Transaminasenerhöhungen und erhöhtes Al- pro Jahr zum fulminanten Leberversagen. Bis zu 3% der Patienten
pha-Fetoprotein nachweisen. Im Verlauf kommt es zu Leberzirrhose, entwickeln pro Jahr ein HCC. Beides ist Indikation zur Lebertrans-
plantation. Die häufigste extrahepatische Komplikation einer chro-
nischen HCV-Infektion ist die Kryoglobulinämie (s. Seite 73).
Die Therapie besteht aus einer Kombination von IFN und Ribavirin.
Je nach Genotyp ist das Ansprechen variabel. Aktuell befinden sich
neue immunmodulatorische und Virustatische Therapien in der Zu-
lassung.

Exkurs: Abstoßung bei Organtransplantation


Heutzutage ist das Risiko einer Abstoßung durch die Immunsuppres-
siva geringer als das Risiko schwerer Infektionen. Das Risiko einer
Abstoßung hängt von der Übereinstimmung in den MHC-Genen,
aber auch vom Organ ab. So kann die Leber Toleranz induzieren
und das Abstoßungsrisiko ist geringer als z. B. bei Nieren- und
Herztransplantationen (I Abb. 3).

I Abb. 1: Sk lerenikterus bei ak uter Hepatiti s. 181


Akute und chronische Infektionen
44145

HCV-
HCV-R NA RNA

0 2 4 5 6 2 3 4
b Monate Jahre
Zeit nach Infektion

I Abb . 2: Serologischer Verlauf der akuten HCV-Infektion mit Ausheilung (a)


und einer primär chronischen Infektion (b). [29] c) Histologie der akuten
Hepatitis mit Zerstörung der Läppchenarchitektur. ln den Sinusaiden sind Ent-
zündungszellen erkennbar, es kommt zur Apoptose der Hepatozyten (Pfeil) . [6]
d) Chronische Hepatitis durch HCV-Infektion. Entzündungsze llen führen im
Portalfeld zu Fibrose. Die sog. Gren zzonenhepatiti s breitet sich auf das Paren-
chym aus . [6]

I Abb. 3: Akute Abstoßung eines Nierentransplantats mit gemischtzelligem Entzündungsinfiltrat; a) peritubuläres mononukleäres Infiltrat (sog. Rundze llinfilt-
rat), b) Zerstörung der Tubuluszellen durch Lymphozyten (Tubuli an der Basalmembranfärbung erkennbar) . [6]

Zusammenfassung
X Akute Hepatitis wird vor allem von HAV und seltener von HBV verursacht.
X Chronische Leberentzündungen führen nach Jahrzehnten zum Karzinom,
v. a. HCV- und seltener HBV-tnfektionen sind hierfür ursächlich.
X Therapie des Leberversagens und des HCC ist eine Lebertransplantation.
Parasitäre Infektionen
Malaria zweiten Tag (Malaria tertiana), bei P. mala- lieh, bis 6 cm) und heilt häufig innerhalb
riae an jedem dritten Tag (Malaria quarta- von sechs Monaten spontan aus. L. tropica
Global: ;::;500 Mio. Fälle/a, "' 1- 2 Mio. To- na). Es läuft am Fiebertag meist als Abfolge führt zu langsameren Verläufen, das Ulkus
desfälle/a; Deutschland (2007): 540 Fälle von Schüttelfrost, Hitzewallungen und einer bleibt kleiner, entwickelt sich über Monate
(86% aus Afrika) Ausschwitzphase ab. bis Jahre und ist nicht exsudativ.
Malaria wird in Deutschland aufgrund der P. falciparum kann auch junge Erythrozyten Viszerale Leishmaniose (VL) wird durch den
neuen Reisegewohnheiten immer häufiger infizieren und fü hrt zu morphologischen L.-donovani-Komplex verursacht. Die Inku-
diagnostiziert. Sie wird meist durch P. fa lci- Veränderungen der Zellen, die dadurch mit bationszeit beträgt meist 4 - 6 Monate. Der
parum oder P. vivax verursacht, seltener nicht infizierten Erythrozyten am Endothel Verlauf ist oft mild, jedoch kommt es bei 1rn-
durch P. ovale und P. malariae. Die höchs- adhärieren (I Abb. I b) . Dies ist eine Escape· munsupprimierten zu schweren und töd-
ten Übertragungsraten find en sich in Ozea- Strategie, da die infizierten Erythrozyten lichen Infektionen (Mortalität trotz Therapie
nien mit einem Infektionsrisiko bei einmona- nicht von der Milz aus dem Blut gefiltert "' l %, sonst ::::30%). Symptome sind Organo-
tigem Aufenthalt von I :30, im südlich der werden können, und führt zu hohen Parasit· megalie, Fieber, Kachexie, Panzytopenie
Sahara gelegenen Afrika mit I :50, in Indien ämien. Die Folge sind Mikroangiopathien und Hypergammaglobulinämie. VL ist die
mit 1: 250, in Südostasien mit I : I 000 und mit Infarkten und zerebrale Malaria, die mit vierthäufigste In fektion bei AIDS-Patienten
in Lateinamerika mit I : 2500. Koma und epileptiformen Anfällen einher- in Spanien. Der Name .,schwarzes Fieber"
Plasmodien werden in der Sporozoitenform geht. P. falciparum führt so zur schwerer kommt aus Indien, da hier die dunkelhäu-
durch den Biss der Anophelesmücke auf den verlaufenden Malaria tropica und ist für die tigen Patienten mit Ikterus durch eine grau-
Menschen übertragen. Sie infizieren Hepato- meisten Todesfälle verantwortlich. schwarze Hautfarbe imponieren.
zyten und entwickeln sich zu Schizonten,
di e nach 6- 16 Tagen (Inkubationszeit) zum Leishmaniose Trypanosomen
Bersten der Hepatozyten führen und große
Mengen Merozoiten ins Blut freisetzen. Me- Etwa I00 - 200 importierte Fälle/ a in Schlafkrankheit
rozoiten infizieren Erythrozyten, in denen Deutschland
sie über das Trophozoi tenstadium erneut zu Fast global vorkommende Protozoen, die In Afrika ::::500000 Infizierte, o::50000 Neu-
Schizonten und zu neuen Merozoiten füh· man grob in kutane (Orientbeule,"' I ,5 Mio. infektionen/a
ren (I Abb. 1a) . Zirkulierende Merozoiten Fälle/a) und viszerale Formen (Kala-Azar, Man unterscheidet eine schleichende, durch
infizieren wieder Erythrozyten oder können .,schwarzes Fieber","' 0,5 Mio. Fälle/ a) un- Trypanosoma brucei gambiense in Ostafrika
sich zu Gametozyten differenzieren und von terteilt. Die meisten Infektionen verlaufen verursachte und eine rapid progrediente,
der Anopheles bei einem Stich aufgenom- asymptomatisch. durch T. rhodesiense in Zentral- und West-
men werden. P. vivax und P. ovale können Die Leishmanien werden von Sandfliegen afrika verursachte epidemische Verlaufsform
in der Leber als Hypnozoiten (schlafende übertragen und führen im Fliegendarm zu (I Abb. 2). Die Protozoen werden durch die
Formen) persistieren und nach Jahren noch Verstopfung. Vom Hunger getrieben, stechen Tsetsefliege übertragen und verbreiten sich
zu Rezidiven füh ren. die infizierten Fliegen öfter und injizieren über Lymphe und später Blut. Proliferation
Klinisch wird nur das Erythrozytenstadium die Flagellaten in der promastigoten Form. in LK führ t zu deutlicher Lymphadenitis.
mit Hämolyse, Splenomegalie, Anämie und Diese werden von Makrophagen aufgenom- Später durchbrechen die Parasiten Gefäß-
hohem Fieber manifest. Die Splenomegalie men, transformieren in die amastigote Form wände und können so in den Liquorraum
kann zu Hypersplenismus mit Thrombozyto- und vermehren sich in Phagolysosomen. gelangen. Dort führen sie zu diffuser Menin-
penie bis hin zur Milzruptur führen. Auch Durch Makrophagen transportiert, können goenzephalitis und multifokaler Demyelini-
treten Myalgien, Diarrhö, Bauchkrämpfe, Er- sich die Parasiten dann im RES verbreiten. sierung der weißen Substanz mit den schlaf-
brechen, Husten und Ikterus auf. Das Fieber Die typische Orientbeule [L. major) ist ein artigen Symptomen. Die Infektion endet
ist zyklisch, meist mit Anstieg an jedem schmerzloses, exsudatives Ulkus (pizzaähn· unbehandelt fatal.

I Abb. 1a) Infizierte Erythro-


zyten bei Ma laria tropica . Man
erkennt Tropica-Ringe
(Trophozoiten). [4]. b) An da s
Endothel adhärierte Erythro-
zyten nac h Infektion mit P. fal-
ciparum. [6 ]
Akute und chronische Infektionen
46147

nährung. Die Chagas-Kardiomyopathie ist die häufigste Kardiamyo-


pathie in Lateinamerika und führt zu progredientem Herzversagen
und plötzlichem Herztod.

Bilharziose
""200 Mio. Fälle global mit ""0,2 Mio. Todesfällen/ a
Die Bilharziose (auch "Schistosomiase") wird durch Blutwürmer,
die Schistosomen, verursacht. Deren Lebenszyklus ist komplex. Zwi-
schenwirte sind Schlangen, die Infektion des Menschen erfolgt
durch Kontakt mit larvenhaitigern Wasser. Die Larven penetrieren
intakte Haut und erreichen über Lymphe, Lunge und Herz die
Leber, in der sie zu adulten Würmern heranreifen. Diese wandern je
nach Organismus gegen den Portalvenenfluss zu unterschiedlichen
Organen: Dünndarm (Sch. mansoni und Sch. japonicum), Kolon
I Abb. 2: Trypanosomen im Blutausstrich. [6 ]
(Sch. mansoni, Sch. intercalatum) und Harnblase (Sch. haemato-
bium). Die Würmer leben dort jahre- bis jahrzehntelang und legen
Eier (I Abb. 3). Diese werden dann mit den Fäzes bzw. dem Urin
(Sch. haematobium) ausgeschieden.
Eine Immunantwort ist kaum effektiv, da die Parasiten als Escape- Die Würmer verursachen kaum Symptome, lediglich leichte Derma-
Mechanismus ihr Membranglykoprotein periodisch wechseln und titis, portale Hypertension oder bei Blasenbefall eine Hydronephro-
recht komplementresistent sind. Die ineffektive humorale Antwort sis, selten mit akutem Nierenversagen. Komplikationen entstehen,
führt zu Hypergammaglobulinämie mit hohen lgM-Konzentrati- fa lls Eier oder Würmer in empfindliche Organe wie Lunge, Gehirn
onen. Allerdings führt eine angeborene Immunfunktion teilweise oder Rückenmark gelangen und dort zu Granulombildung und
zum Absterben der Trypanosomen: Aufgenommenes HOL-gebund e- Fibrose führen .
nes Apolipoprotein L-1 bildet Poren in den Lysosomen der Parasiten
und löst osmotischen Stress mit Zellruptur aus.

Chagas-Krankheit
Global 16- 18 Mio. infiziert, ""300 000 Neuinfektionen/a mit
> 50 000 Todesfällen/ a
Die Chagas-Krankheit wird durch T. cruzi verursacht und ist in
Lateinamerika endemisch. Sie imponiert klinisch durch eine Trias
von Megakolon, Megaösophagus und Myokarditis, die zu einer
dilatativen Kardiamyopathie fü hrt.
Oie akute Phase mit Parasitärnie dauert 4-8 Wochen . Parasiten Jas-
sen sich in allen Geweben nachweisen und führen u. a. zu Kardiome-
galie mit Perikarderguss, Hepatosplenomegal ie und diffuser Lymph-
adenopathie. ZNS- und PNS-Beteiligung kommen vor.
In etwa 50%der Infizierten kommt es zur chronischen Infektion,
die oft asympromatisch über Jahrzehnte progredient verläuft. Mega- 1 Abb.3: Schistoso ma-haematobium-Eier (Pfeile) im Urinsediment bei
kolon und Megaösophagus führen zu Dysphagie und Obstipation. Blasenbilharziose. Die Eier haben den charakteristischen End stache l
Es kommt zu Fistelbildung, Ulzeration und schließlich zu Mangeler- (Ausziehung an einem Eipol). [4]

Zusammenfassung
• Es gibt viele parasitäre Erkrankungen, die lokal
begrenzt oder systemisch auch lebensbedrohend
verlaufen können.
• Meist haben sie einen schleichenden Verlauf end füh-
ren oft nur bei Immunsupprimierten rasch zum Tod.
Angeborene Immundefekte I
B-Zeii-Defekte line von den kindlichen B-Zellen allein pro- B-Zellen. So werden kaum lgG und lgA ge-
duziert werden. Dies führt zu einem physio- bildet und lgM kommt meist scheinbar ver-
Antikörpermangel führt v. a. zu rezidivie· logischen Abfall der Plasmaspiegel mit er- mehrt vor. Vor allem Mutationen des CD4o
renden, schweren Atemwegsinfekten mit neutem Anstieg nach dem sechsten Monat. und CD40-Liganden (rezessiv X-chromo-
bekapselten Bakterien (z. B. S. pneumoniae, Ursache eines protrahierten Anstiegs können somal), der aktivierungsinduzierten Cytidin-
H. influenzae): Otitis media, Sinusitis und matemale Allo-Anti-IgG-Antikörper, gene- deaminase und Uracilnukleosid-Glykosylase
Pneumonie. Je nach Syndrom kommt es zu tische Defekte oder verzögerte Entwicklung wurden beschrieben.
spezifischeren Infektionen. der T- Helferzellen sein. Wie bei den zuvor beschriebenen Syndro-
Nach dem Ende des Stillens werden bei men kommt es verstärkt zu Atemwegsin-
B·Zell·Defekten kaum Antikörper nachge· X-linked Agammaglobulinämie fekten, gastrointestinalen Infekten, viralen
bildet, sodass die Symptome meist im Alter Meningitiden und Autoimmunphänomenen_
(XLA)
von 6-12 Monaten beginnen, wenn der Klinisch lässt sich oft eine Lymphadenopa-
Nestschutz an Wirkung verliert. Prävalenz: "' II I 00 000 thie feststellen, die sich zu einer lympho-
Die XLA (auch "Bruton-Syndrom") beruht proliferativen Erkrankung ausbreiten kann_
lgA-Mangel auf X-chromosomalen Mutationen in der
sog. Bruton-Tyrosinkinase und betrifft fast Defekte des angeborenen
Prävalenz: "'500/ I 00 000 in Kaukasiern, nur Männer. Es fehlen lymphatisches Gewe-
"' l 0/ l 00 000 in Asiaten be und B-Zellen. Immunglobuline sind ganz Immunsystems
lgA·Mangel ist einer der häufigsten humo· oder stark vermindert. In :::e20% kommt es Defekte im Komplement und Phagozyten-
ralen Defekte. Bis zu 90% der Betroffenen zu einer Neutropenie. Die zelluläre Immuni- system können von asymptomatischen bis
sind asymptomatisch. Symptome bei schwe· tät ist meist normal. zu lebensbedrohenden Infektionen reichen.
rem Mangel sind die typischen Atemwegs- Bei schwerwiegenden Mutationen fallen Die Immunität gegen Bakterien und Pilze ist
infekte (s.o.). Der Mangel ist mit Auto- Kinder im Alter von 6-18 Monaten mit stark gestört, die Reaktion gegen Viren je-
immunsyndromen assoziiert, die durch feh- bakteriellen Infekten auf. Durch den humo- doch kaum betroffen.
lerhafte negative Selektion bei der zentralen ralen Immundefekt kann es zu disseminier·
Toleranzentwicklung entstehen. In ""90% ten Enterovirusinfekten, in schweren Fällen
der Patienten lässt sich so mind . ein Auto- so zu chronischer Meningoenzephalitis kom-
Komplementdefekte
antikörper nachweisen. men. Milde Mutationen können bis ins Er- Prävalenz des homozygoten C2-Defekts
Bei vollständigem Fehlen von lgA kann es wachsenenalter asymptomatisch bleiben. I 0/ 100000
zu Transfusionsreaktionen durch Bildung
Vererbte Komplementdefekte wurden für
von Anti-lgA-Antikörpern und vermehrten Variabler Immundefekt praktisch jeden Komplementbestandteil be-
gastrointestinalen Infekten (v. a. Giardia
(common variable immuno- schrieben. Symptome sind neben rezidivie-
Iamblia) kommen. Letzteres tritt auch bei
deficiency, CVID) renden bakteriellen Infekten ähnlich wie bei
einer lgA-Sekretionsstörung auf.
Antikörpermangelsyndromen vor allem
Prävalenz: ::::4/ I00 000, erste Symptome Autoimmunphänomene, u. a. SLE (> 90%
lgG-Su bklassendefekte häufig nach der Pubertät mit Clq-, 30% mit C2- und 75 % mit C4-
CVID ist die häufigste Ursache für schwere Defekt) und hämolytisch-urämisches Syn-
"'2 % heterozygote Träger, Prävalenz:
humorale Immundefekte; sie wird durch eine drom [s. Seite 77).
"'20/ 100000 [homozygote Defekte)
gestörte B-Zell-Differenzierung verursacht. Für den klinischen Gebrauch sehr wertvoll
Der IgG·Subklassen-Defekt ist wohl der
Die Plasmaspiegel von IgG sind verringert, zur Bestimmung der gesamten Komplement-
häufigste humorale Immundefekt Bis zu lgA und vor allem IgM sind häufig nur leicht kaskade und daher als Screeninguntersu-
20% haben verminderte Spiegel einer IgG- erniedrigt. I-Zell-Dysfunktionen können auf- chung geeignet ist der gesamthämolytische
Subklasse. Mutation in den Genen der treten. Impfungen sind häufig ineffektiv. Komplementtest oder CH50.
schweren Kette führt selten zu stark ver· Symptome sind vermehrte Atemwegsinfekte
minderten Spiegeln mit Symptomen. Etwa (s.o.), Sensibilität gegen Enteroviren und C1-lnhibitor-Mangel
53% des IgG ist vom lgG 1-Subtyp, sodass gastrointestinale Pathogene (v. a. Giardien). Prävalenz: 2- I 0/ I 00 000
Defekte zu deutlicher Hypogammaglobulin- Die Lungeninfekte führen zu teilweise CI-Inhibitor-Mangel führt zum hereditären
ämie mit Atemwegsinfekten führen (s.o.). schweren chronischen Lungenerkrankun- Angioödem, das sich ohne Urtikaria oder
IgG2-Mangel führt v. a. zu transienten gen. In"' 20% der Patienten finden sich Pruritus schubweise manifestiert. Es ist
Defekten gegen bekapselte Bakterien. IgG3- nicht verkäsende Granulome. Etwa I 0% der meist selbstlimitierend im Gesichtsbereich
Defekte stören die Immunantwort gegen Sarkoidase-Patienten haben eine CVID als (I Abb. I), kann aber durch Larynxbeteili-
M. catarrhalis und S. pyogenes. lgG4-De- Grunderkrankung. Auch entzündliche Darm- gung zum Erstickungstod füh ren. Unbehan-
fekte sind oft asymptomatisch. erkrankungen, RA und hämatologische Au- delt sterben 30% auf diesem Weg, jedoch
toimmunsyndrome sowie Lymphome kom- gibt es Notfallmedikamente mit rekombinan-
Transiente Hypogamma- men gehäuft vor. tem Cl -Inhibitor.
globulinämie der Kindheit
Hyper-lgM-Syndrom
Prävalenz: "' I 00/ I 00 000
lgA wird über Muttermilch, IgG diaplazen- Prävalenz: :::eO,Z/ 100000
tar übertragen. Nach Ende des Stillens bzw. Eine Vielzahl von genetischen Defekten
nach der Geburt müssen die Immunglobu- führt zur Störung des Klassenwechsels der
Immundefekte
48149

I Abb. 1: Ein Kind mit Angioödem, links in einem


akuten Anfall, rechts nach Therapie mit C 1-lnhibi-
tor. [1 4]

Granulozytendefekte t LAD III: defekte Aktivierung aller ß-lnte- Frakturen und progrediente Deformationen.
grine. Das Risiko, eine AML zu entwickeln, ist
Chronische Granulematose stark erhöht.
Prävalenz: "'0,5/100000 Symptome sind neben rezidivierenden
Die chronische Granulomatose ist ein De- bakteriellen Infektionen eine Leukozytose, Fanconi-Anämie
fekt in der Bildung von Sauerstoffradikalen gestörte Eiterbildung und Wundheilungs- Prävalenz: "'0,5/ l 00 000, 0,3% heterozygot
in Phagozyten, die zur Abtötung von Mikro- störungen. (I% in Ashkenazi-Juden)
organismen benötigt werden. Funktionell Die Fanconi-Anämie ist die häufigste vererb-
gestört sind alle Phagozyten; so kommt es Chediak-Higashi-Syndrom te Erkrankung, die früh mit Knochenmark-
zu persistierenden Infektionen und zu Viele Fallbeschreibungen, Prävalenz unbe- versagen einhergeht. Mehrere Mutationen
Granulomen. Es wurden eine Vielzahl von kannt in DNA-Reparaturenzymen wurden als Ur-
Mutationen in Phagozytenoxidasen be- Beim Chediak-Higashi Syndrom kommt es sache identifiziert. In der Kindheit treten
schrieben: GP91 (X-chromosomal, 70% der zur defekten Bildung von Lysosomen und milde Panzytopenien auf, die sich dann über
Fälle) und autosomal-rezessive: p22, p47 Granula. Klinisch fallen rezidivierende pyo- Monate bis Jahre zu schweren Formen ent-
und p67. gene Infektionen der Haut und Atemwege, wickeln. Untersuchungsbefunde umfassen
Manifestationen sind in absteigender Häu- partieller okulokutaner Albinismus und neu- Minderwuchs, hypopigmentierte Flecken,
figkeit: Pneumonie, Abszesse, suppurative rologische Symptome (Fotophobie, Nystag- Cafe-au -lait-Flecken, Ossifikationsdefekte
Adenitis, Osteomyelitis, Bakteriämie/Fung- mus, periphere Neuropathie, Ataxie und und Bildungsstörung der Unterarme und
ämie und Hautinfektionen (Zellulitis/Impe- Krampfanfälle) auf. Die Kinder sterben meist Handknochen, Mikrozephalie und Hypo-
tigo). bis zum Alter von sieben Jahren. gonadismus. Das Risiko für AML und andere
Krebserkrankungen ist stark erhöht.
Leukozytenadhäsionsdefekt Shwachman-Diamond-Syndrom
Prävalenz: "' I I I 00 000 (SOS) Infantile Agranulozytose
Die Leukozytenmigration ins Gewebe ist ab- Prävalenz: "' I ,3/1 00 000 (Kostmann-Syndrom)
hängig von Integrinen und Selektinen und SDS ist eine autosomal-rezessive Erkran- Prävalenz: ",o,S-1/100000
kann durch genetische Defekte gestört sein. kung, die zu exokriner Pankreasinsuffizienz, Patienten haben ab Geburt eine schwere
Bei diesen Syndromen kommt es zu vermin- progredientem Knochenmarkversagen bis Neutropenie (< 500/).ll). Die Immunität
derter Diapedese und Aktivierung der Leuko- hin zu Panzytopenie und Skelettabnormitä- gegen fungale Pathogene ist aufgrund der
zyten. Drei Typen des Leukozytenadhäsions- ten führt. Ursache sind Mutationen im SDS- vorhandenen Eosinophilen und Makropha-
defekts (LAD) sind beschrieben worden: Gen, die durch Konversion mit einem Pseu- gen kaum eingeschränkt. Jedoch kommt e~
dogen auftreten und u. a. zu atypischen zu Atemwegsinfekten, Abszessen und Otitis
t LAD I: fehlende ß2-Integrin-Expression Mitosen führen. Klinisch fallen Steatorrhö, media.
(CDI8/CDIIb-Defekt) Gedeihstörungen und rezidivierende Infekte
t LAD I!: defekter Fukosemetabolismus und auf. Oft finden sich ein verzögertes Kno-
damit Fehlen der Selektinliganden chenalter mit Minderwuchs, pathologische

Zusammenfassung
ac Erhöhte Häufigkeit von Atemwegsinfekten bei Kindern sollte an einen
genetischen Defekt denken lassen.
• Häl!lfige Defekte sind meist schwach symptomatische Antikörpergen-
defekte.
• Schwere Immundefekte der Granulozytenfunktior:~ sind sehr selten.
Angeborene Immundefekte II
Defekte der T-Zellen und
kombinierte Defekte

Schwerer kombinierter
Immundefekt (SCID)
Prävalenz: ""2/ I00 000
Eine Viel zahl von Mutationen führen zu
T- und B-Zeli-Defekten (T-B--SCID). in eini-
gen Fällen sind B-Zellen vorhanden, jedoch
ohne die T-Zeli-Hilfe wenig fu nktionell
(T-B+-SCID). NK-Zellen sind in "'60% der
Patienten nicht betroffen und schützen
etwas vor Infekten.
Betroffen sind oft die rekombinaseaktivie-
renden Gene (RAG), die zur somatischen
Rekombination essenziell sind, ARTEMIS
oder die Adenosin-Oeaminase bei T-B--
SCID. Mu tationen in Zytokinrezeptoren
(IL-2- und IL-7-Rezeptor), JAK3 oder der
Common gamma-chain (X-Iinked SCID , fast
50% aller Fälle] führen zu T-B+-SCID. Sel-
tenere SCID-Syndrome (< 15%) entstehen
durch Defekte in den MHC-Genen, im CD3-
Komplex, im CD45 oder im ZAP70.
Schwere Symptome mit Entwicklungsstörun-
gen und vor allem opportunistische Infek-
tionen treten meist in den ersten Lebensmo- I Abb. 1: a) Kinder mit SClD können nur in steri ler Umgebung überleben. [34] b) Tiefer Analabzess im
Windelbereich bei einem Säugling mit SCID. c) Derselbe Säugling nach Knochenmarktransplantation.
naten auf, wenn matemale Antikörper ver- ]14] d) Typisches pa lmares Ekzem bei ein em Säugling mit SCID, das du rch intrauterinen Transfer von
schwinden. Die Kinder werden selten älter matemalen T-Zellen veru rsac ht wird. [ 14]
als ein Jahr. Virale Infektionen, aber auch
Impfungen mit attenuierten Erregern sind
sehr gefährlich.
Bereits nach der Geburt kann man kutane und gehäufte Infekte auf (I Abb 2). Es kann Häufigste Todesursache sind intrakranielle
GvHD durch matemale T-Zellen feststellen; mit schweren Immundefekten oder in mil- Blutungen.
diese kann jedoch auch durch Bluttrans- den Fällen allein mit Thrombozytopenien Als mögliche Ursachen wurden Mutationen
fusionen verursacht werden (I Abb. I). auftreten. Die Thrombozytopen ie ist oft im WAS-Prorein identifiziert, das nur in hä-
massiv (< 50/nl), vorhandene Plättchen matopoetischen Zellen exprimiert wird und
Wiskott-Aidrich-Syndrom sind stark verkleinert (hochspezifisch) und eine Rolle in der Regulation des Zytoskeletts
(WAS) in der Funktion gestört. spielt.
Es kommt zu Lymphopenien v. a. mit redu-
Prävalenz: ".Q,4/ I 00 000 (wohl unter- zierten T-Zellen und zu lymphozytendeple-
schätzt) tierten LK. Durch gestörte zentrale Tole-
Das WAS (X-ch romosomal) fällt durch die ranzmechanismen kommt es in> 40 %der
typische Trias Thrombozytopenie, Ekzeme Patienten zu Autoimmunerkrankungen.

I Abb. 2: Stammbaum einer Familie mit SC lD.


D 0 c Man sieht, dass nur Jungen (Kästen) betroffen
I YR 6 'tt YR 10 'fR
.:...:.. CCZ[WA FOR
(IRST 2 YR.
sind. Von den vorangegangenen Generationen
tfO 9 L((01NG
haben nur Frauen überlebt . [37]
...

Immundefekte
50 I 51
Ataxia teleangiectatica (AT) I Abb. 3: Typische Teleangiektasie bei einem Kind
mit Ataxia telangiectatica. [34]
Inzidenz: "'I -51 I00 000 (heterozygot
::::2%)
Die AT (Louis-Bar-Syndrom) ist durch oku-
lokutane Teleangiektasien, Immundefekte
und neurologische Manifestationen (progres-
sive zerebelläre Ataxie, abnorme Augenbe-
wegungen, Sprachstörungen) gekennzeich-
net (I Abb. 3). Das normale Gen codiert für
eine Kinase, die bei DNA-Beschädigungen
u. a. über p53 zum Zellzyklusstopp führt So
kommt es bei Mutationen (.,AT-Mutant"-
Allel) zu Funktionsverlust, DNA-Schäden, Therapie monatlich infundiert wird. Sie kann jedoch
die nicht mehr zum Zellzyklusstopp und so je nach Erkrankung enorm variieren.
zu einer höheren Inzidenz von Malignomen Prävention Bei manchen Neutropenien kann die Gabe
und zu erhöhter Empfindlichkeit gegenüber Vollständige Ausfälle der humoralen Immu- von C-CSF hilfreich sein.
Radiatio führen . nität sind selten, sodass nach Impfungen
Der Immundefekt ist variabel, betrifft zellu- Titerbestimmungen erfol gen sollten und Transplantation
läre und humorale Immunität und tritt in wiederholte Auffrischimpfungen oft zu aus- Eine Knochenmarktransplantation sollte auf-
"'70% der Patienten auf. Laborchemisch fin- reichenden Titern führen. Bei schweren grund der hohen behandlungsassoziierten
den sich IgA- und lgG2-Mangel, die zusam- Defekten (SCID) überleben die Neugebore- Mortalität nur bei schweren Defekten erfol-
men mit den häufigen Aspirationen zu rezi- nen in einer sterilen bzw. keimarmen Um- gen (s. Seite 86).
divierenden Atemwegsinfekten führen. Die gebung (sog. Bubble babys).
Patienten haben Lymphopenien, v. a. T-Zell- In milden Fällen kann eine Prophylaxe mit Gentherapie
Mangel, und können keine Antipolysaccha- Amoxicillin, Cotrim oder Clarithromycin Eine Gentherapie bietet sich bei diesen
ridantikörper, z. B. gegen Pneumokokken, erfolgen. monogenen Defekten an. Nicht mutierte
bilden. Gene werden in Stammzellpräparationen
Substitution
Bei humoralen Immundefekten können Im- der Patienten meist mittels retroviraler
DiGeorge-Syndrom Vektoren eingebracht und können zu einer
munglobuline substituiert werden. Diese
Substitution führt oft zu enormen klinischen Heilung führen. Jedoch bergen Retroviren
Prävalenz: "'25/ 100 000 die Gefahr von Insertionsmutagenese und
Das DiGeorge-Syndrom beruht auf einer Verbesserungen und kann Infektionen auf
ein normales Niveau reduzieren. Die Halb- damit von Leukämien.
Deletion im chromosomalen Bereich
22ql 1.2 und ist eines der häufigsten Mikro- wertszeit von IgG ist z40 Tage, sodass meist
deletionssyndrome. Es kommt zur fehler-
haften Migration von Neuralleistenzellen in
die embryonalen Pharyngealtaschen mit der
Folge einer Thymusaplasie.
Die typischen Manifestationen bestehen aus
konotrunkalen kardialen Defekten, Hypo-
kaizämie (durch fehlerhafte Parathyreo-
ideae) und fazialen Dysmorphien (niedrige
und posterior rotierte Ohren, breite Nasen-
wurzel und -spitze bei langem Nasenrücken ,
Gaumen- und Kieferspalte; I Abb. 4).
Die meisten Patienten haben milde Immun-
defekte, jedoch findet sich bei einem Teil
eine Thymusaplasie mit vollständigem Feh- 1 Abb. 4: Typische faziale Dysmorphien bei einem
len von T-Zellen. Kind mit DiGeorge-Syndrom. [341

Zusammenfassung
x Schwere zelluläre Immundefekte sind selten und haben eine schlechte
Prognose. Lediglich eine frühzeitige Knochenmarktransplantation kann
diese Kinder retten.
X Leichte Defekte können mit Prophylaxe behandelt werden.
Erworbene Immundefekte 1: AIDS
2007 gab es in Deutschland> 2700 Neuinfizierte (Tendenz stei- der Infektionen wird von Primärinfizierten mit akuter HIY.Infektion
gend). 65% davon sind homo-oder bisexuelle Männer. Die Inzidenz übertragen, da diese durch die hohe Virämie am ansteckendsten
ist in Köln und Berlin am höchsten (18 bzw. 12/1 00000/a). 2007 sind.
sind ""11 00 der"' 60 000 HIY.Infizierten an AIDS erkrankt. Die akute HIV·Infektion hat klinisch ähnliche Manifestationen wie
Die erste Beschreibung des später sog. "acquired immune deficiency eine Grippe bzw. akute Mononukleose, jedoch mit wenigen atypi·
syndrome" (AIDS) erfolgte 1981 in Los Angeles: In kurzer Zeit sehen Lymphozyten und ohne Tonsillitis (s. Seite 43). Die lnkuba·
wurden fünf homosexuelle Männer, die an einer Pneumocystis- tionszeit beträgt 2- 4 Wochen, die Symptome entwickeln sich dann
carinii·Pneumonie, oraler Candida und an einer CMV·lnfektion hochakut innerhalb von 24-48 Stunden. Besonders suggestiv für
erkrankt waren, behandelt, zwei davon starben rasch. eine akute H!Y.Infektion sind mukokutane Ulzera mit nur milder
AIDS wurde daraufhin die Pandemie des 21. Jahrhunderts und ist Tonsillitis, leichte Neutra- und Thrombopenie sowie ein Andauern
mit global über 35 Millionen Toten (in Deutschland 14 000 seit schwerer Symptome über l ,5 - 2 Wochen. Die Serokonversion und
1982) vergleichbar mit der Spanischen Grippe und der Beulenpest die Kontrolle der HI-Virämie erfolgen nach 4-10 Wochen, HIV-RNA
im 14. Jahrhundert. AIDS breitet sich vor allem in Afrika rapide aus. sollte also direkt im Plasma getestet werden. Die Höhe der HI-Virus-
Als viralen Auslöser von AIDS entdeckten 1983 Robert Gallo und Last korreliert stark mit der Wahrscheinlichkeit, an AIDS zu erkran-
Luc Montagnier das humane Immunschwächevirus [HIV). HIV ken, sodass wohl frühe hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART)
infiziert CD4-positive Zellen mittels seines Glykoprotein-120-Rezep- im ersten Jahr indiziert ist.
tors [gp120). Am Anfang der Infektion werden die HI-Viren als
"M·troph", also makrophagenspezifisch, später als "Ttroph", also Chronische Infektion
als CD4+-T-Helferzell-reaktiv bezeichnet. Thrombopenie kann
durch die Infektion der CD4+-Megakaryozyten im Knochenmark Nach etwa sechs Monaten erreicht die HI·Virus-Last ohne Behand-
verursacht werden. Es kommt zu einer ständigen Abnahme der lung ein stabil niedriges Niveau. Dies wird vor allem durch HIV-
CD4-T-Zell·Zahl, nach Jahren zu AIDS-Symptomen, gefolgt von Tod spezifische, zytotoxische CD8-T-Zellen erreicht. Trotz der hohen
durch eine opportunistische Infektion. HIV·Antikörper-Titer sind diese kaum virusneutralisierend. Das liegt
HIV gehört zu den Retroviren, enthält also einzelsträngige RNA, die an der Struktur des gp 120, das erst nach Konformationsänderung an
in DNA umgeschrieben werden muss. Man kann HIV-1 und HIV-2 CD4 binden kann. So liegt die Bindungsstelle verdeckt und kann
unterscheiden, HIY.2 ist aber sehr selten. von Antikörpern nicht erreicht werden. Dies erschwert eine tradi-
tionelle Impfstoffentwicklung.
Verlauf und Stadieneinteilung Klinische Zeichen dieser Latenzzeit sind lediglich eine persistierende
Lymphadenopathie. HIV persistiert vor allem in den FDZ der
Primärinfektion Lymphknoten, die die Lymphe ständig von freien HIV, HIV-Immun-
komplexen und infizierten CD4-Zellen filtern. In den ersten Jahren
Die Infektion erfolgt in 80% der Fälle durch Geschlechtsverkehr, in ist vor allem die Viruslast, später die CD4·Zell-Zahl prognostisch ent-
etwa 10% durch "needle sharing" bei Drogenabusus. Ein Großteil scheidend.

IAbb. 1: a) Schwimmbadgranulom, das durch aty-


pische Mykobakterien verursacht wird. [ 161 b) Aty-
pische Mykobakterien, die zahlreich in Bündeln als
säurefeste Stäbchen imponieren . [6] c) Orale Can-
dida-Infektion. Die Beläge sind abwischbar.[lO]
Immundefek te
52 I 53
AIDS Solange die CD4-Zell-Zahl über 200/ )llliegt, entwickeln nur 10%
AIDS-typische Symptome. Bei CD4-Zell-Zahl < 200/ )ll entwickeln
AIDS ist als schwerer zellulärer Immundefekt definiert, mit einer sich ohne Therapie nach 12-18 Monaten AIDS-assoziierte Erkran-
CD4-T-Zell-Zahl < 200/ pl und/ oder einem der folgenden Befunde kungen. Als fortgeschrittene HIV-lnfektion wird eine CD4-Zell-Zahl
(in Klammern die Häufigkeit des Auftretens): P.-carinii-Pneumonie < 50/ pl betrachtet.
(42%), ösophageale Candida (15%), Schwindsucht (I I %), Kaposi-
Sarkom (11%), disseminierte Mycobacterium-avium-lnfektion (5%),
Tuberkulose (5%), CMV-Erkrankung (4%), HIV-assoziierte Demenz CD4-Zeii-Zahlflll Asymptomatlsch Symptomatisch, Symptome-
(4%), rezidivierende bakterielle Pneumonien (3 %), Toxoplasmose oder akute jedoch kein tisch nach
(3%), immunoblastisches Lymphom (2%), chronische Kryptakakko- HIV-Infektlon AIDS-def. Symptom AIDS-Def.
se (2%), Burkitt-Lymphom (2%), disseminierte Histoplasmose (I%), ;, 500 Al 81
invasives Zervixkarzinom (I %) , chronischer Herpessimplex (< I%); 200-499 A2 B2
I Abb 1-4.
< 200 83
Je nach CD4-T-Zell-Zahl wird HIVI AIDS in neun Stadien eingeteilt
(I Tab. 1]. I Tab. 1: Stadien von AIDS. Blau markiert sind AIDS-definierende Konditionen .

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I Abb. 2: a) Schwere Soorösophagitis mit kleieförmigen, konfluierenden Be lägen des distalen Ösophagus; b) silbergefärbtes Candi-
da-Myzel mit Inf iltratio n kleiner Gefäße. ]6]

1 Abb. 3: Kaposi-Sarkom mit den typisc hen hämangiomatischen Läsionen.


]171

I Abb. 4 : Kaposi-Sarkom mit vielen Fibro- und


Angioblaste n. [2 ]
Al OS (Fortsetzung}

HIV-Gene und Proteine mi thilfe von Matrixprotein (p 17) an die Zell-


membran angelagert und bindet dort die
Das HIV-Genom ist 9200 Basen lang und gp 160-Moleküle, die sich an der Zellober·
enthält drei große (gag, env, pol) und sechs fläche ansammeln. Dan n erfolgt das Ab·
kleine Gene (tat, rev, nef, vi f, vpr und vpu) schnüren des unreifen Viruspanikels. Das
für insgesamt 15 Proteine . Gag codiert für Virion muss dann außerhalb der Zelle nach-
die fünf strukturellen Proteine: Matrix und reifen, bevor es erneut eine Zelle infizieren
Capsidproteine. Env (von "envelope") kann. Hier wird z. B. das gp160 in gp4 1 und
codiert das gp 160, also das Oberflächen- gp 120 gespalten. Wenn das gp 120 zu früh,
glykoprotein , das zu gp41 und gp 120 gespal- also noch an der Zelloberflä che, entsteht,
ten wird . Pol (von "Polymerase") codiert die kann es zu Synzytien, also Zellfusionen,
I Abb. 5: Lymphadenitis durch HIV-reaktive Lym-
drei wichtigen HIV-Enzyme: reverse Tran- kommen. Dies tritt vor allem spät in der phozyten. Auffällig ist der sch male Foll ike lmantel
skriptase (RT), lntegrase und Protease. Infektion bei X4-Viren auf. wohl durch verminderte Zahl an T-Zellen. [ 11 '
Die sechs kleinen Proteine lassen sich wie
bei anderen Viren in früh (tat, nef und rev)
und spät exprimierte Proteine (rev-abhängig) Immunologie und Pathogenese
unterteil en. Sie koordinieren die Transkrip- Die ersten infizierten Zellen sind wohl mu- zwischen Hl -Virus-Last und CD4-Helferzel!-
tion der viralen RNA und leiten in der Spät- kosale dendritische Zellen (DZ), die das HIV zahl. Nach Behandlung mit Virostatika stei-
phase die Tra nskription des gag-Gens ein. zum Lymphknoten transportieren. DZ sind gen meist die CD4TZellen wieder in den
auch CD4positiv und tragen den CCRS·Co· normalen Bereich an.
Replikation rezeptor. Die infizierten DZ bilden Synzy- In "'5% der Infizierten kommt es zu einer
tien mit CD4-T-Zellen, was zu einer starken ausgesprochen effektiven T-Helferzell-Ant-
HIV infiziert Zellen durch Bindung des Virusproduktion führt. DZ präsentieren aber wort. Diese wird durch genetische (v. a.
gp 120 an CD4 und an einen Chemokin- auch HfV-Antigene und aktivieren virusspe- HLAassoziierte) Faktoren verursacht. Die
rezeptor. Es wurden viele Chemokinrezep- zifische CD4- und CD8-Zellen (I Abb. 5). Patienten haben dann einen milden Verlauf
toren als HIV-Corezeptor beschrieben, am Die An twort des Immunsystems auf die HIY. und sind sog. Long·term non-progressors.
häufigsten wird jedoch CXCR4 auf T-Helfer- Infektion ist hocheffektiv und führt in den Dies zeigt die enorme Bedeutung der CD4-
zel len (von sog. X4-Viren) und CCR5 auf meisten Patienten zu einer Kontrolle der Zell-Antwort. Eine Mutation im CCR5-Re-
Makrophagen (von sog. RS·Viren) ben utzt. Virämie über etwa ein Jahrzehnt. Die HIV· zeptor kann eine gewisse Resistenz gegen
Diese Viren sind Ouasispezies, also ln·vivo- Primärinfektion verläuft nie primär progre· HIV verursachen, sodass zur Infektion eine
Varianten, die in Patienten wie oben kurz dient. hohe Virusmenge norwendig ist.
beschrieben zu unterschiedlichen Zeitpunk- Die Kontrolle der Infektion erfolgt wie bei
ten vorkommen. Am Anfang domin ieren allen viralen Infektionen vor allem durch HIV-Enzephalopathie
R5·, spä ter X4-Viren. CD8-T-Zellen. Zusätzlich führen Antikörper
Nach Bindung kommt es zur Freisetzung zur Reduktion der Viruslast Sowohl zellu- HIV kann nicht nur zu lmmunpathologien
des Nukleokapsids in das Zytoplasma und läre wie auch humoral e Immunität werden und ATDS führen, sondern auch direkt
dort zum "Auspacken" ("uncoating") des durch CD4-Zellen koordiniert, sodass ohne Organpathologien verursachen. Bereits er-
RTlntegrase-RNA-Komplexes. Die RT be· die CD4-Zell·Toxizität des HIV wohl eine wähnt wurde die Thrombopenie. Vor allern
ginnt mit dem Umschreiben der RNA in lebenslange Immunsupervision erfolgreich die HIV-Enzephalopathie kommt oft vor.
"komplementäre" DNA (cDNA). Diese wird wäre. Das Immunsystem ist im ZNS nur begrenzt
dann als cDNA- lntegrase- Komplex in den HIV führt über nicht endgü ltig geklärte aktiv. CD4+·Mikroglia·Zellen und Gehirn-
Zellkern transportiert und die lntegrase inte- Mechanismen zum CD4-T-Zell-Untergang. makrophagen werden durch HIV infiziert
griert die cDNA in die genornisehe DNA der Es gibt daher eine stark negative Korrelation und führen durch Entzündungsprozesse zu
Zielzelle, aus der sie nicht mehr entfernt
werden kann.
Virusreplikation beginnt mit der Transkrip-
tion der viralen DNA im Zellkern zu viraler
RNA. Ein Teil dieser RNA wird ins Zyto-
plasma exportiert und dient als virale geno-
rnisehe RNA, der größte Teil wird jedoch
gespleißt und als reife RNA von Ribosomen
im Zytoplasma in die viralen Proteine trans-
laUert. Die viralen Proteine werden als lange
Proteinketten produziert und müssen durch
die HlV. Protease (p 11) erst in die endgülti-
gen Proteine geschnitten werden.
Die basischen Nukleokapsidproteine (p7)
komplexieren im Zytoplasma mit viraler ge-
nomischer RNA, binden an die HlVEnzyme 1 Abb_ 6: a) HIV-Leukoenzeph alopathie mit diffuser Demye linisierung der Marklager beider Hemi-
(lntegrase, RT, p 1I) und werden von Kapsi- sphären . [1[ b) HIV-Enzeph alili s. Mehrk ern ige Makrophagen (Synzytien mit sta rk er Virusreplikation)
dproteinen (p24) umhüllt. Das Kapsid wird akkumu lieren. [6]
Immundef ekte
541 55

Wirkprinzip Nukleosidanaloger Nicht nukleosid- Proteaseinhibitor lntegraseinhibitor Fusionsinhibitor CCR5-Inhibitor


RT-Inhibitor analoger RT-Inhibtor

Substanzen und Tenofovir Efavirenz Lopinavir Ra ltegravir Enfuvirtid Maraviroc,


Dosierung 300 mg 1x tgi 600 mg 1-mai tgl. 400 mg 2-mai tgl. 400 mg 2- mal tgl. 90 mg s. c. 2-mal tgl. 300 mg 2-mal tgl.
Emtricitabin Nevirapin Daru navir Noch nicht zugelassen- Noch nicht zugelassen:
200 mg 1-ma i tgl. 200 mg 2-mal tgl. 600 mg 2-mal tgl. Eivitegravir Vicriv iroc
Abacavir Delavirdin Saquinavi r
600 mg 1-ma l tgl. 400 mg 3-mal tgl. 1 g 2-mal tgi.
Lamivudin NQ!; h nicht ~uge l asseo· Ata za navir
300 mg t -mal tgl. Ri lpivirin 400 mg 1-mal tgl.
Zidovudin 1-mal tgl. Fosamprenavir
300 mg 2-mal tgl. Etravirin 700 mg 2-mal tg l.
Didanosin 200 mg 2-mal tgl. lndinavir
200 mg 2- mal tgl. 800 mg 2-mal tgl.
Stavudin Tipranavir
40 mg 2-mal tgl. 500 mg 2-mal tgi.
Zalcitabin ~
7 50 mg 3-mal tgl. Ritonavir
100 mg 2-mal tgl.
Amprenavi r
1,2 g 2-mal tgl.
Nelfinavir
1,25 g 2-mal tgl.

Nebenwirkungen Mitochond riale Toxi - Efavirenz: v. a. neuro- Am häufigsten gastro- Metabolische Am häufigsten gastro- Kardiavaskuläre und
zität mit Myopat hie, psychiatrische NW intestinale Beschwer- Störungen intestinale Beschwer- hepatotoxi sche NW
periphere Neuro- Nevirapine: v. a. hepato- den wie Diarrhö und den wie Diarrhö und
pathie, Steatohepa- toxische NW Erbrechen sowie Lipo- Erbrechen
titis mit Gefahr einer dystrophie und meta-
lebensbedrohenden bolische Störungen
Laktatazidose

I Tab. 1: Übersich t über Wirkstoffe für die Behandlung einer HIV-lnfekt ion .

Neuronenuntergang (zuerst Basalganglien einem HIV-assozii erten Deli r. Ohne HAART terschiedlichen Wirkstoffklassen , um Resis-
und nigrostriatale Strukturen; später fronta· leiden :::::20 - 30%der HIV-Positiven an tenzbildung zu vermeiden (I Tab. I). Es
!er und temporaler Kortex) . Bei Autopsie HAD , mit HAART noch : : : I 0- 15%. Milde wird mit einer Kombination eines nukleo-
lässt sich eine Demyelinisierung erkennen Symptome im Rahmen des MCMD kommen sidanalogen und eines nicht nukleosidanalo-
(I Abb. 6). jedoch trotz HAART in bis zu 40 %der Pati· gen RT-lnhibitors zusammen mit einem Pro-
Vor allem die mild e Minor cognitive motor enten vor. teaseinhibitor (PI) begonnen. Die PI errei·
disorder (MCMD) und die HIY.assoziierte chen nur niedrige Plasmaspiegel, sodass sie
Demenz (HAD) mit Gedächtnisstörungen, Therapie mit Ritonavir (dem ersten PI) kombiniert
psychomotorischen Störungen, depressiven werden müssen. Ritonavir blockiert hoch-
Störungen und Bewegungsstörungen sind HAART ist kompliziert und erfolgt meist als potent CYP3A4 und vermindert so den Ab-
Folgen dieses Prozesses. Selten kommt es zu Dreierkombination von Substanzen aus un- bau der anderen Substanzen.

Zusammenfassung
• HIV infiziert vor allem T-Zellen und Makrophagen und führt bei der Primär-
infektion zu grippeartigen Symptomen mit mukutanen Ulzera.
• Die Infektion wird über Jahre vom Immunsystem kontrolliert, es kommt
jedoch zu einem zunehmenden Abfall der CD4-T-Zeii-Konzentration. Wenn
eine kritische Zellkonzentration unterschritten wurde, kommt es zu
opportunistischen lnfektior:,en und AIDs-definierenden Manifestationen.
• Für die Therapie stehen inzwischen viele Substanzen zur Verfügung. Die
klassische HAART setzt sich aus einem nukleosidanalogen und einem nicht
nukleosidanalogen RT-Inhibitor sowie einem Proteaseinhibitor zusammen.
Erworbene Immundefekte II: Virusinfektionen und Bakterier
Ähnlich wie bei AIDS werden bei Organtransplantation hauptsäch- Monate nach Transplantation oder nach Ende der CMV-Prophy!axe
lich der T-Zell-Arm der adaptiven Immunantwort und nur in auf. Die CMV-Chorioretinitis (I Abb. I ) kommt vor allem bei langer
begrenztem Maße auch die B-Zell-Antwort blockiert Dies liegt vor Immunsuppression und AIDS vor.
allem an der Stabilität der Plasmazellen. Die Funktionen des ange- Prophylaxe kann oral mit den Thymidinkinaseinhibitoren Ganci-
borenen Immunsystems, also Leukozyten und Komplement, bleiben clovir, Valganciclovir oder Famciclovir erfolgen. Weniger effektiv ist
fast unberührt. In Patienten mit iatrogenen Immundefekten treten orales Aciclovir. Die Prophylaxe sollte bis zu l 00 Tage nach Trans-
daher Virusinfektionen und intrazelluläre Pathogene, sog. opportu- plantation fortgeführt werden.
nistische Infektionen , gehäuft auf. In Hochrisikokonstellationen (CMV+-Donor auf CMV--Empfänger
oder lymphozytendepletierende Therapie) entwickeln :::::90% eine
Virusinfektionen CMV-Virämie und :::::50-80% eine CMV-Erkrankung mit besonders
hoher Mortalität von"" 15%. In 30% tritt eine CMV-Pneumonie auf.
CMV-Reaktivierung Die Prophylaxe sollte in dieser Gruppe über 6- 12 Monate erfolgen.
Die Standardtherapie ist Ganciclovir, orales Valganciclovir ist ähn-
CMV-Reaktivierung ist eine der häufigsten Komplikationen bei Or· lich effizient. CMV kann resistent gegen Ganciclovir werden, dann
gantransplantationen; in den ersten I 00 Tagen nach Transplantation ist der virale DNA·Polymerasehemmer Foscarnet indiziert. Foscarnet
lässt sich bei> 60% eine Virämie nachweisen. Auch wenn eine Viel· hat mehr Nebenwirkungen (v. a. Elektrolytstörungen) und ist für
zahl dieser Virämien asymptomatisch verlaufen, ist die Mortalität in tubuläre Epithelzellen toxisch. Es sollte nur zusammen mit Infusions-
den Patienten damit stark erhöht. Dies hat in den meisten Zentren therapie und unter strikten Laborkontrollen gegeben werden. Eine
zur rou tinemä ßigen CMV-Prophylaxe mit Ganciclovir geführt. Da- neue Substanz, Maribavir, wird zurzeit zugelassen und ist bei Pro-
mit wurde die Zahl der CMV-Erkrankungen von :::::20-60% auf phylaxe und Therapie von ganciclovir- und foscarnetresistenten
:::::5% gesenkt. Das Risiko einer CMV-Erkrankung ist besonders hoch, CMV-Stämmen hilfreich.
wenn ein CMV-negativer Empfänger ein CMV-positives Organ er-
hält. Jedoch ist das Risiko auch bei CMV-negativen Donaren erhöht, VZV-Reaktivierung
da der Donor vor der Organspende meist eine Vielzahl von Blutkon-
serven und damit oft auch CMV-positive Konserven erhält. Herpes zoster: Inzidenz "'226/100000/a: Varizellen: lnzidenz
Eine CMV-Infektion ist durch den direkten CMV-Nachweis (Virus- :::::424/100000/a
kultur, DNA· oder Antigennachweis in den Leukozyten), eine Sero- Bei älteren Patienten kommt es häufig zur Reaktivierung des vzv.
konversion zusammen mit Anti·CMV-IgM oder einen vierfachen die klinisch als Herpes zoster imponiert (s. Seite 42). In stark im- '
Titeranstieg von Anti-CMV-IgG definiert. Dann sollte eine Behand- munsupprimierten Patienten kann VZV jedoch progredient verlau-
lung eingeleitet werden. Ein reiner PCR-Nachweis von CMV im Blut fen, generalisiert auftreten und zu systemischen Manifestationen
wird meist nicht behandelt. führen. Mit hoher Mortalität assoziiert sind Pneumonie (I Abb. 2),
Eine CMV-Erkrankung ist durch mononukleoseartige Symptome mit Hepatitis, Pankreatitis und Meningoenzephalitis, v. a. in Knochen-
Fieber, Diarrhö, Leukopenie und Organbeteiligung (häufig Kolitis, marktransplantierten.
seltener Hepatitis, Pneumonie, Pankreatitis, Meningoenzephalitis Bei immunsupprimierten Patienten kann es durch Reaktivierung in
und selten Myokarditis) gekennzeichnet und tritt vor allem I bis 4 Trigeminusästen zum Zoster ophthalmicus kommen, der z. B. bei

1 Abb. 1: Fulminante CMV-Retinitis mit ausgedehntem weißem Areal und


Einblutung. [ 10]

1 Abb. 2: Varizellen-Pneumonie mit diffusen bilateralen Infiltraten. [4]


Immundefek te
1 56 I 57
AIDS-Patienten unbehandelt zur Retinanekrose und in> 70 % zur
Erblindung führt Der Zaster ophthalmicus beginnt mit Fieber, fron-
talen Kopfschmerzen, grippalen Symptomen und Schmerzen oder
Überempfindlichkeit im betroffenen Auge. Es kommt zu vesikulä-
rem Exanthem, hyperämischer Konjunktivitis, Episkleritis, Ptosis,
häufig zu Keratitis und Iritis mit Pupillenstörungen. Vesikuläre Läsio-
nen an der Nase sind mit einem hohen Risiko von Zoster ophthal-
micus assoziiert (Hutchinson-Zeichen).
Reaktivierung im Ganglion geniculatum führt zum Ramsay-Hunt-
Syndrom (Herpes zoster oticus) mit der klinischen Triade: ipsi-
laterale Fazialisparese, Ohrenschmerzen und Vesikel im GehörkanaL
Meist handelt es sich um eine polykraniale Neuropathie mit Ge-
schmacksstörungen, Tinnitus, Hyperakusis und Gleichgewichts-
störungen.
VZV kann zu aseptischer Meningitis, Myelitis, Enzephalitis und
durch Infektion der zerebralen Arterien (Vaskulopathie) zu Schlag-
anfällen führen .
Therapie erfolgt bei immunsupprimierten Patienten mit Aciclovir
oder in unkomplizierten Fällen durch orales Famciclovir. Bei resis-
tenten Virusstämmen kann Foscarnet wie bei einer CMV-Infektion
gegeben werden.

Polyomaviren
Seropositiv "'70%
Zwei Polyomaviren führen im Menschen zu asymptomatischen
Infektionen; sie wurden jeweils nach den Initialen des ersten Pati-
enten benannt: BK- und JC-Virus (BKV und JCV).
BKV vermehrt sich im Urathel und verursacht asymptomatische Hä-
maturie bis zu schwerster hämorrhagischer Zystitis, Ureterstenosen
und interstitielle Nephritis. JCV verursacht die progressive multi-
fokale Leukoenzephalopathie (PML; I Abb. 3), eine schwere demye- I Abb. 3: Progressive multifokale Leukoenzepha lopath ie; a) kleine Ent-
linisierende Erkrankung, meist mit tödlichem Verlauf. Die Patienten markungsherde, b) Nachweis des JC-Virus in ein er ln-sit u-Hybridisierung
leiden unter rasch fortschreitenden fokalen Ausfällen wie Hemi- (schwarz) mit lmmunhistochemie (Astrozyten, braun). [ 1]
parese, Gesichtsfeldausfällen und kognitiven Störungen.
BKV und JCV werden häufig bei Immunsuppression reaktiviert, Bakterielle Infektionen
BK-Virurie lässt sich in ",so% der Patienten nach Stammzelltrans-
plantation, in "'26% nach Herz- und Nierentransplantation und in Neutropenie führt zu einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl bak-
nur "'8% nach Lebertransplantalion nachweisen und ist somit von terieller und mykotischer Infektionen. Diese kommen bei Leuk-
der Stärke der Immunsuppression abhängig. Im Urin lassen sich sog. ämien und Stammzelltransplantationen besonders häufig vor, da
Decoy-Zellen nachweisen: Urothel-Zellen mit viralen Einschluss- das Ausmaß der Leukopenie hier besonders ausgeprägt ist.
körpern. JCV lässt sich im Liquor mittels PCR nachweisen. Splenektomie erhöht das Risiko für schwere Infektionen durch be-
Gegen beide Viren gibt es keine spezifischen Virostatika. Einzig eine kapselte Bakterien (Pneumokokken und H. influenzae), da die Milz
Verminderung der Immunsuppression ist effektiv. Gegen BKV ist das diese aus dem Blutstrom filtert. Gegen diese Pathogene sollte vor
hochgradig nephrotoxische Cidofovir möglicherweise aktiv. einer geplanten Milzentfernung geimpft werden.

Virusassoziierte Tumoren
lnzidenz des Zervixkarzinoms: "'13/ 100000/ a Zusammenfassung
Vor allem bei starker Immunsuppression treten häufig EBV-assozi- • Vor allem bei immunsuppressiver Therapie nach
ierte Lymphome (PTLD und Burkitt-Lymphom) auf. Selten kommt
es zum HHV-8-assoziierten Kaposi-Sarkom. Die mit dem Zervix- Organtransplantation kommt es oft zu einer
karzinom assoziierten humanen Papillomaviren (HPV) können bei Reaktivierung von Herpesviren.
immunsupprimierten Patienten zu verschiedenen Karzinomen füh-
• Polyoma- und selten Hepatitisviren führen auch
ren (s. Seite 84).
gehäuft zu Komplikationen.
Reaktivierung von Hepatitisviren • Nach zwei bis drei Wochen der Granulozytopanie
Siehe Seite 44. steigt die Zahl der Pilz- und Bakterieninfektionen
dramatisch an.
Erworbene Immundefekte 111: Parasiten und Fungi
Parasitäre Infektionen

Toxoplasmose
Seropositiv"' 15% (USA) und > 50% (Europa)
Toxoplasmose wird durch den intrazellulären Parasiten Toxoplasma
gondii verursacht. Die Infektion verläuft meist asymptomatisch, der
Erreger persistiert lebenslang und kann bei Immunsuppression reak-
tiviert werd en. Dies passiert bei einer CD4-T-Zell-Konzentration von
< 100/ }ll (30%der AIDS-Patienten reaktivieren ohne Prophylaxe).
Die Reaktivierung erfolgt meist zerebral und führt zu Abszessen
(I Abb. I und 2) mit fokalen Ausfällen . Extrazerebrale Reaktivierung
I Abb . 1: Links: akute, schwere zerebra le Toxoplasmose mit mehreren
kann zu PcP-ähnlicher Pneumonie und Chorioretinitis führen. Die Abszessen (cMRT); rechts : abgehei lter Herd mit Verkalkung (cCT). [Mit
LOH kann erhöht sein. Bei Schwangeren kann die Toxoplasmose freundlicher Genehmigung von Prof. Sch röder, Radiologie Charite Univer-
das Gehirn des Fetus infizieren. sitätsmedizin Berlin]
Therapie erfolgt mit Pyrimethamin zusammen mit Sulfadiazin.
Alternativ zu Sulfadiazin können C!indamycin, Atovaquon oder Azi·
thromycin gegeben werden. Aspergillen
Prävalenz der invasiven Aspergillose: "'5%
Pneumocystis carinii Die invasive Aspergillase betrifft v.a. neutropene Patienten, also
Patienten mit Leukämie oder nach Stammzelltransplantation ("'20%
Seropositiv > 75%
erkranken).
Die Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PeP, neuer Name "P. jiroveci")
Die häufigste Form ist die pulmonale Aspergillase (I Abb. 4), die Init
ist die häufigste opportunistische Infektion in AIDS- Patienten und
antibiotikaresistentem Fieber einhergeht. Es können Husten, pleuri-
tritt vor allem bei CD4-Konzentration von < 200/pl auf. Die Besie-
delung mit dem Parasiten erfolgt asymptomatisch in frühen Jahren
und wird nur bei stark mangelernährten Kindern symptomatisch.
Die Reaktivierung erfolgt langsam progredient v. a. mit Fieber, grippe-
artigen Symptomen, nicht produktivem Husten, progredienter Dys-
pnoe, Brustschmerzen und Gewichtsverlust. Im Röntgenbild sieht
man beidseitige, zentral betonte diffuse Infiltrate mit Aussparen der
peripheren Lungenareale (Mantelbereiche). Im CT sieht man typi-
sche milchglasähnliche Verschaltungen jl Abb. 3). Laborchemisch
fällt ein Anstiegder LOH auf. Hohe LOH-Werte und niedrige CD4-
Zeli-Konzentrationen sind prognostisch ungünstig.
Die Diagnosestellung sollte durch Nachweis der Parasiten in einer
bronchoalveolären Lavage erfolgen. Alternativ kann Sputumindukti-
on durch Inhalation von hypertoner Saline und Nachweis in diesem
Sputum versucht werden.
Die Therapie erfolgt über mindestens drei Wochen mit hochdosier-
tem Trimethoprim-Sulfamethoxazol. Es kann auch Trimethoprim
mit Dapson oder Clindamycin und Primaquin gegeben werden. in
den ersten 2-3 Tagen nach Therapiebeginn kann es zu einer Ver-
schlimmerung durch absterbende Parasiten kommen. Daher wird
am Beginn oft ein Steroid addiert.

Prophylaxe
Prophylaxe gegen Toxoplasmose und PCP kann mit TMP·SMX erfol-
gen und führt zu einer "'90%igen Reduktion der Häufigkeit der Er·
krankung: Einmal täglich oder dreimal wöchentlich Gabe von TMP-
SMX sind gängige Regime. Alternativ kann Dapson oder Atovaquon
versucht werden. Als PCP· Prophylaxe kann, v. a. bei Allergien, auch
monatlich inhalativ Pentamidin eingesetzt werden.

Fungale Infektionen
Invasive Pilzinfektionen sind schwer zu behandeln. Die Effizienz der
fungalen Infektionen liegt vor allem an den immunsupprimierenden I Abb. 2: Zerebrale Toxoplasmose; a) ausgedehntes demyelinisiertes und
Substanzen, die von Pilzen sezerniert werden. Dies führte z. B. zur praktisch nekrotisches Areal; b) histologischer Nachweis von Pseudozysten
Entdeckung der Calcineurininhibitoren in Pilzen. mit Tachyzoiten . [ 1]
Immundefek te
58 I 59

tischund können an jedem Organ auftreten.


Die häufigste Manifestationsform ist die ora-
le Candida, die bei leichter Immunsuppres-
sion, aber auch bei Gesunden nach Antibio-
tika- oder Steroidtherapie, bei Älteren und
Kindern auftritt und zur Soorösophagitis mit
Odynophagie fortschreiten kann. Vor allem
bei hohen Östrogenspiegeln kann es zur Vul-
vavaginitis kommen. Invasives Wachstum
führt zu einer Candida-Sepsis mit beträcht-
licher Mortalität Patienten mit langer Siera-
idtherapie und mit multiplen Immunsuppres-
siva haben ein hohes Risiko der Candida-
Sepsis.
Die Therapie kann mit Azoten, Amphoteri-
I Abb. 3: PeP; a) Röntgen t horax mit Aussparung der Mantelregionen; b) das CT zeigt milchglasartige
Verschaltungen bei einer bilateralen Pneumonie. [Mit freundlicher Genehmigung vo n Prof. Schröder,
cin B oder Caspofungin erfolgen.
Radiologie Charite Universitätsmedizin Berlin]
Kryptakokken
Inzidenz: I ,8/ I 00 0001a
Cryptococcus neofarmans ist eine bekapselte
Hefe und tritt als vierthäufigste opportunis-
tische Infektion bei AIDS-Patienten auf. Sie
kommt nur sehr selten bei CD4-Zell-Kon-
zentrationen von > 1001111 vor. Aufgrund
der typischen Kapsellässt sich der Erreger in
einem Tuschepräparat leicht nachweisen
(I Abb. 5) .
Die kryptokokkale Meningoenzephalitis ist
bei Immunsupprimierten die häufigste Mani-
festationsform, auch wenn die Infektion in
der Lunge beginnt. Unspezifische Symptome
beginnen schleichend mit einem Vorlauf von
I Abb. 4: Schwere pulmonale Aspergillose; a) Röntgenthorax mit Aspergillom im rechten Mittelfeld; zwei Wochen. Typisch sind Fieber, Schwä-
b) das zugehörige CT. [Mit freun dlicher Genehmigung von Prof. Schröder, Radiologie Charite Univer- che und Kopfschmerzen. In "'30% treten
sitätsmedizin Berlin] Nackensteifigkeit, Fotophobie, Erbrechen
und in"' 6% fokale neurolog. Ausfälle auf.
tische Brustbeschwerden und- durch fun- Fällen kann eine Kombination mit Caspofun- Oie Diagnose kann durch Liquorpunktion
gale Gefäßerosion- Hämoptysen auftreten gin oder Amphorericin sinnvoll sein. gestellt werden. Der Hirndruck ist oft erhöht
(00: Lungenembolie). Diese Erosionen kön- und kann durch tägliche Punktion verringert
nen im CT als sog. Halo-Zeichen (milchglas- Candida werden.
artiger Hof) um die nodulären Infiltrate auf- Unbehandelt verläuft die Erkrankung fataL
fallen. Etwa 9% aller Sepsisfälle werden durch Can- Die Therapie erfolgt mit Amphorericin B
Oie Therapie erfolgt mit Voriconazol, gefolgt dida verursacht. und Flucytosin, gefolgt von einer langjäh-
von einer Erhaltungstherapie. ln schweren Candida-Infektionen sind oft asymptoma- rigen bis lebenslangen Erhaltungstherapie.

I Abb. 5: a) Septikopyämischer
Kryptokokken-Absiedl ungsherd
im Myokard; C: Cryptococcus-
Zelle; K: Kapsel. I 1I b) Tusche-
präparat von Kryptakokken im
Liquor. I 11]
terkrankungen
I Abb. 1: Chronische Psoriasis vu lgaris. l30]

Weltweite Prävalenz: 0,6 - 4,8 %, häufigstes


Erkrankungsalter: 20 - 30 und 50-60 Jahre
Die Psoriasis ist eine chronische Hauterkran·
kung, die mit erythematösen Papeln und
Plaques mit silbrigen Schuppen einhergeht
(dt. Schuppenflechte). Risikofaktoren sind
Rauchen und genetische Faktoren.
Eine Autoimmunreaktion führt zur Hyper-
proliferation der Keratinozyten. Es kommt
zu Rötung, Schwellung und Schuppung.
Histologisch erkennt man ein gemischt-
zelliges entzündliches Infiltrat. Vor allem
aktivierte CD8-T-Zellen und Th 1-Zytokine
lassen sich nachweisen.
stamm (I Abb. 2). Die Pusteln können kon- Acredermatitis su ppu rativa
Psoriasis vulgaris fluieren. Meist sind Kinder oder Jugendliche continua
betroffen, es kann jedoch auch als Auf-
Die Psoriasis vulgaris (I Abb. I) ist mit über flammen bei Psoriasispatienten vorkommen. Oie Acrodermatitis suppurativa continua
90% die häufigste aller Psoriasisformen. Sie rn ""60%der Fälle ging eine Streptokokken- (Hallopeau-Eiterflechte; I Abb. 4) ist eine
betrifft meist junge Patienten, die unter infektion voraus. pustulöse Psoriasisform, die an Finger- und
erythematösen, scharf begrenzten und erha- Zehenspitzen beginnt Meist breitet sie sich
benen Plaques leiden. Durch Sonnenlicht Psoriasis pustulosa langsam aus und kann in eine Psoriasis
kommt es meist zu einer Besserung. Physika· pustulosa übergehen. Die Herde können
lischer Stress kann Läsionen auslösen (Köb- Die Psoriasis pustulosa geht mit Pusteln ein- schmerzhafte Narben hinterlassen, ein Befall
ner-Phänomen). her, die mit sterilem Eiter gefüllt und meist der Nägel ist häufig.
Die mit silbernen Schuppen bedeckten in großer Zahl vorhanden sind. Sie können
Plaques finden sich symmetrisch am Skalp, am ganzen Körper (Psoriasis pustulosa gene· Psoriasis inversa
an den Extensorflächen der Arme, an den ralisata, Typ Zumbuschi oder rein auf Hand-
Knien und am Rücken. Oft sind die Nägel, und Fußflächen (Psoriasis pustulosa palmo- Oie Psoriasis inversa verhält sich vom Ver-
der Bauchnabel und die intergluteale Region plantares, Typ Barber) begrenzt auftreten teilungsmusterher "invers" zur Psoriasis
leicht beteiligt Die Plaques sind 1- I 0 cm (I Abb. 3). vulgaris. Sie weist kaum Schuppenbelag auf
groß; bis auf leichten Pruritus sind Sym- Häufig kommt es zu systemischen Manifes- und kann leicht mit Pilzinfektionen ver-
ptome selten. tationen, vor allem von Arthritiden an den wechselt werden. Die Plaques finden sich
Die Kopfhaut kann befallen sein und es kann Sternoklavikulargelenken. Neutrophile wan- inguinal, perineal, genital, intergluteal, axu-
zu Haarausfall kommen (Psoriasis capillitii). dern in Haut und andere Gewebe ein. Es lär und inframamillär.
kann zu Fieber, Diarrhö, Leukozytose und
Psoriasis guttata Hypokalzämie kommen. Vor allem der ge· Nagel-Psoriasis
neralisierte Typ geht mit schwerem Krank-
"Psoriasis guttata" bezeichnet das plötzliche heitsgefühl einher, erfordert systemische Bei ::::50% der Psoriasispatienten kommt es
Auftreten vieler psoriatischer Läsionen in Therapie und kann lebensbedrohend ver- zu einer Nagelbeteiligung. Diese kann bei
Form von Pusteln, vor allem am Körper- laufen. schwierigen Fällen diagnostisch wertvoll

I Abb . 2: Eruptive Psoriasis guttata. [30]


1 Abb. 3: a) Frühstadium der Psoriasis pustulosa generalisata. b) Psoriasis pustulosa palmoplantares. [30]
Autoimmunr eaktionen
60 I 61
Therapie Vitiligo
ln milden Fällen reichen Fototherapie und Prävalenz:"" 0,5 - 4%
topische Therapie mit Vitamin-0 3-Analoga Vitiligo ist eine Depigmentierung, die durch
(Calcipotriol, Tacalcitol, Calcitriol), Retino· eine Autoimmunreaktion gegen Melano·
iden (Etretinat, Acitretin, lsotretinoin, Taza· zyten ausgelöst wird. Oie Ätiologie ist un·
roten) oder Teerderivaten (Steinkohlenteer, bekannt, jedoch ist Vitiligo mit vielen Auto·
Dithranol) meist aus. Die Kombination von immunsyndromenassoziiert (u. a. polyglan·
Psoralen (fotosensibilisierender Stoff) und duläres Autoimmunsyndrom Typ 2, s. Seite
OVA-Strahlung wird "PUVA", mit systemi· 83). Vitiligo tritt meist akral oder um Körper·
sehen Retinaiden "RePUVA" genannt. öffnungen herum auf und ist langsam pro·
In schwereren Fällen können topische Ca!· gredient. Mechanischer Stress kann die
cineurininhibitoren eingesetzt werden. Ste· Depigmentierung auslösen. Bei I 0-20 %
roide sind lokal und systemisch wirksam. ln kommt es zu spontanen Remissionen mit
schweren Fällen werden monoklonale Anti· Repigmentierung.
körpergegen CD l la (Efalizumab, hemmt Die Therapie kann mit Steroiden, Calcineu·
die T-Zell-Aktivierung), TNFa·Blocker (Eta· rininhibitoren oder PUVA (s. Psoriasis) erfol·
nercept, lnfliximab, Adalimumab), Cyclo- gen.
sporin oder Methotrexat eingesetzt.
I Abb. 4: Acrodermatitis suppurativa continua .
(30)
Urtikaria

sein. In den Nägeln finden sich kleine Lö· Etwa 25% der Bevölkerung leiden mindes·
eher und Dellen (sog. Tüpfelnägel), die tens einmal im Leben daran.
durch Störungen in der Plattenmatrix ent· Die Urtikaria (dt. Nesselsucht; I Abb. 5)
stehen. Es kann auch zu dunklen Verfärbun· wird durch Mastzellen der oberflächlichen
gen, sog. Ölflecken, und zu Krümelnägeln, Dermis verursacht und ist meist eine lgE·
bei ausgeprägtem Befall zur Onycholyse vermittelte, allergische lmmunreaktion.
(Abhebung der Nagelplatte) kommen. Etwa zwei Drittel der Reaktionen sind Folge
von Umwelteinflüssen und selbstlimitierend.
Selten kommt es zur chronischen Urtikaria
Psoriasis erythrodermica
mit länger als sechs Wochen andauernden,
Die Psoriasis erythrodermica ist eine seltene rezidivierenden Läsionen. Nach körperlicher
Manifestationsform, bei der der ganze Belastung kann eine cholinerge Urtikaria,
Körper erythematös und schuppig befallen bei mechanischem Stress eine Urticaria fac·
ist. Durch den ausgedehnten Befall ist das titia auftreten.
Risiko für schwere Infektionen und Elektro· Oie plaqueartigen Läsionen sind erhaben,
lytschwankungen stark erhöht. erythematös, scharf begrenzt und jucken
stark. In der Mitte findet sich eine zentrale
Blässe. Die Urtikaria verschwindet meist
Psoriasis arthropathica
nach einigen Stunden, ohne Narben zu hin·
Siehe Seite 69. terlassen.
Die Therapie erfolgt mit Antihistaminika,
Mastzellstabilisatoren und Steroiden. 1 Abb. 5: Typische Urtikaria. [20]

Zusammenfassung
• Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen.
• Die Psoriasis ist meist eine chronische Erkrankung, die oft mit Arthralgien
einhergeht.
• Urtikaria ist eine meist akute, spontan remittierende Erkrankung. Sie wird
durch Mastzellaktivierung ausgelöst.
• Vitiligo fällt durch Depigmentierung auf und kann ein Begleitsymptom
anderer Autoimmunsyndrome darstellen.
Allergien und Überempfindlichkeitsreaktionen
Klinische Einteilung nach I Abb. 1: a) Typisches hist ologisches Bi ld
einer leu kozytoklastischen Vasku litis rn it
Pathophysiologie periva skul ärer Leukozyte nan sa mmlung
und Gewäßwandnekrose im Früh sta d iurn.
Die Immunreaktion kann man nach Morpho- b) Im späten Stad ium kommt es zu einer
logie und Zeit des Reaktionsein tritts in vier lymphozytenreichen Pe rivasku liti s. 111
Typen einteilen (nach Gell und Coombs,
1963):

t Die Typ-I-Reaktion ("Soforttyp") tritt nach


Sekunden bis Minuten ein und führt zu
Schwellung und Rötung. Sie wird durch !gE-
vermittelte Degranulation von Mastzellen
verursacht. Typisches Beispiel ist der Heu-
schnupfen.
t Eine Typ-li -Reaktion ist eine durch Anti-
körper vermittelte zelluläre Reaktion. Die
Antikörper binden an Zielstrukturen (sog.
Opsonisierung), die dann innerhalb weniger
Stunden mittels Fe-Rezeptoren von Leuko-
zyten erkannt, zerstört oder phagozytiert
werden. Ein Beispiel ist die Hashimoto-Thy·
reoiditis.
t Bei der Typ- Ill-Reaktion führen Antikörper
zu r Bildung von Immunkomplexen und
binnen Minuten bis wenigen Stunden zur
Komplementaktivierung. Beispiele sind die
Serumkrankheit (Antigen und Antikörper im
Serum) und die Arthus-Reaktion (Antikörper
und Antigen getrennt im Gewebe und Se· genewie Hausstaub, Milben , tierische Pro- Asthma kann in jedem Alter auftreten, je-
rum, Reaktion in den Gefäßwänden). teine und Schimmelpilze verursacht. doch werden ""80%der Fälle in den Kinder-
t Die Typ-N-Reaktion ist die einzige nicht Differentialdiagnostisch kann Juckreiz jahren diagnostiziert. Meist kommt es zu
von Antikörpern vermittelte Reaktion. Bei (du rch Histamin) zu r Differenzierung von partiellen Remissionen in der Pubertät und
ihr erkennen TZellen Peptid-MH C.Kom· einer nicht allergischen Rhinitis (etwa durch Rezidiven im späteren Erwachsenenalter.
plexe auf Zielzellen. Dies dauert meh rere Infektion) hilfreich sein. Die klassischen Symptome sind wechsel-
Stunden und wird "delayed·type hypersen- starke Atemnot, Husten und Niesen (hoch-
sitivity" (DTH·Reaktion) genannt. Ein Bei· Asthma bronchiale frequent, meist beim Ausatmen). Vor allem
spiel ist die Tuberkulinreaktion. das Ausatmen fällt schwer, die Exspirations-
t Pathologisch kommt es meist zu einer Prävalenz: ""5 %, bei Kindern:"" 10% zeit ist verlängert. Die Patienten beschreiben
leukozytoklastischen Vaskulitis (die häufigs- Un ter "Asthma bronchiale" wird eine hete- das Gefühl, einen Stein auf der Brust zu
te Vaskulitisform), je nach Reaktionstyp und rogene Gruppe zusammengefasst, die man haben. Die Symptome sind oft nachts und
Dauer bevorzugt mit Leuko· oder Lympho- als chronisch-entzünd liche Erkrankungen am frühen Morgen stärker ausgeprägt. Aus-
zyten (I Abb. I). des Bronchialsystems defin ieren kann löser kann eine Infektion sein. Es kann zu
(I Abb. 2). In den entzündeten Arealen fal- lebensbedrohenden Krisen kommen.
Einige Immunreaktionen, z. B. die Granu- len vor allem T-Zellen, Mastzellen und Eosi- Die Diagnose wird mittels Spirometrie mit
lombildung, werden in keiner der Katego- nophile auf. Bronchoprovokation gestellt.
rien erfasst.

Allergische Rhinitis
Prävalenz: "" I0-30%, bei Kindern: ""40%
Meist beginnen erste Symptome im Kindes-
und Jugendalter. Die Allergie kann mit der
Pubertät ausheilen, oft kommt es aber zur
Exazerbation im mittleren Erwachsenen-
alter.
Man unterscheidet ganzjährige von saiso-
naler allergischer Rh initis. Vor allem die sai·
sonale Form ist oft mit Konjunktivitis asso·
ziiert. Allergene bei saisonaler Rhinitis sind 1 Abb . 2: Postmorta l sieht man ma kroskopi sc h eine Lungenüberblähung (a) sowie histologisch
vor allem Baum·, Gräser- und Getreidepol- (b) massive Obstruktionen mit sternförmigen Bronchiespasmen (Pfe il) und bronchial e Schleimausfüll ung
Jen. Ganzjährige Rhinitis wird durch Aller- (Sterne). [1 ]
Autoimm unreakti onen
62 I 63
Medikamentenal lergien
Etwa 3-6% aller stationär behandelten Pa-
tienten weisen immunverm ittelte Medika-
mentenreaktionen auf.
Die häufigste aBergisehe Reaktion ist die Pe-
nizillinallergie. Der Betalactamring öffnet
sich und Penizillin bindet kovalent an Prote-
ine. Antikörper erkennen dann die Penizil-
lin-Protein-Struktur. Nur in 20% der dia-
gnostizierten Patienten lässt sich eine Aller-
gie tatsächlich durch Hauttests verifizieren ,
oft wird eine Überempfindlichkeitsreaktion
als Allergie diagnostiziert. Die typische
Penizillinallergie tritt als morbilliformer Aus-
schlag I -3 Wochen nach Exposition auf
(I Abb. 3). Es handelt sich um eine ze11uläre
Typ-li-Reaktion. Typ-I-Reaktionen mit Atem-
not bis zum anaphylaktischen Schock sowie
Typ-Ill-Reaktion an Erythrozyten mit der
Folge einer hämolytischen Anämie sind sel-
ten. Etwa 5%der Patienten sind kreuzreak-
tiv zu Cephalosporinen jedoch fast nie
kreuzreaktiv zu Carbapenemen.
I Abb. 3: a) Mo rbil liformes Exant hem, etwa eine Woche nach erster Peniz illi nexpos ition. [Mit freund-
Sulfonamide sind die zweithäufigsten Aus-
li cher Ge nehmigung von Dr. D. Scheeler, Charite Universitätsmedizin Berl in l b) Schweres bullöses
löser allergischer Medikamentenreaktionen Arz-
ne imitte lexanthem. [ 16) c) Sog. fixes Arzneimitte lexant hem. [ 16)
(I Abb. 4). Die meisten Daten gibt es zu

TMP-SMX, hier entwickeln "'4% Diarrhö


und 3% ein morbilliformes Exanthem.
HIV-positive Patienten reagieren jedoch in
"'34% der Fälle, auch oft mit Fieber und
Hepatitis.
Eine heparininduzierte Thrombozytopenie
(H IT) tritt in "'3% der Patienten nach vier·
bis zehntägiger Heparinbehandlung auf.
Meist ist sie mild und nicht immunvermit-
telt (HIT I). Antikörper, die den Heparin-
plättchenfak tor-4-Komplex erkennen, kön-
nen jedoch HIT II auslösen (I Abb. 5). In
I Abb. 5: Phlegmasia coeru lea dolens aufgrund
> 80% kommt es zu venösen und arteriellen einer Venenthrombose bei HIT II. Es kommt zu
Thrombosen, "'25% der Patienten erleiden Schwel lu ng, Ischämie und stärksten Sc hmerzen.
eine Lungenembolie. [4)

I Abb. 4: Hist ologie ein er su lfonam idin duzierten


Hepatitis mit typisc hem Rundze llinfi ltrat [3 11

Zusammenfassung
x Allergische Reaktionen sind häufig und können hochakut bis tödlich oder
chronisch verlaufen.
x Chronische Allergien äußern sich in den oberen Atemwegen als Rhinitis, in
den unteren als Asthma bronchiale.
X Medikamentenallergien treten meist als morbilliformer Ausschlag, selten
als bullöses Exanthem 1 - 3 Wochen nach Exposition auf.
Chronische Darmentzündungen
Entzündliche Darmerkrankungen sind sehr
häufig. Ätiologisch spielen genetische und
mikrobiologische Faktoren sowie Umwelt-
einflüsse (zucker· und fettreiche Ernährung,
prote ktiv: Antioxidanzien und Stillen mit
Muttermilch) eine Rolle.
Die Erkrankungen werden durch autoreak·
tive CD4TZellen verursacht und erhalten.
Bei etwa 25 %der Patien ten kommt es, vor
allem bei ausgeprägter Kolitis, zu Kreuz·
reaktionen. Die vier typischen mit betroffe-
nen Organe sind Haut (I Abb. 1), Gelenke,
Gallengänge und Auge.

Morbus Crohn
Inzid enz: "'1 0/ 100 000/a, Prävalenz:
""200/ 100 000, Erkrankungsgipfel bei
15 -30 und 50-80 Jahren
Morbus Crohn führt zu transmuralen, tie·
fen, entzündlichen Ulzerationen im Gastro·
intestinaltrakt (I Abb. 2). Diese können über- I Abb. 1: a) Erythema nodosum bei einem
all auftreten, sind jedoch im terminalen Ile- Pat ienten mit Morbus Crohn . Die leicht erhabenen
um gehäuft (daher auch ",leitis terminalis" ). Läsionen sind sc hm erzh aft. (51 b) Pyoderma
Die Ulzera führen zu Fibrose mit Stenose· gangraenosum bei einem Patienten mit Colitis
symptomatik sowie zu Sinusgängen. Letzere ul cerosa. [4]
haben oft Phlegmone und Abszesse mit
Fieber, später Fistelbildung an den angren-
zenden Organen (::::33% nach zehn Jahren, Weitere Symptome sind persistierende Diar- reich sind. Strikturen und Fisteln lassen sich
""50% nach 20 Jahren) zur Folge. Schwellun- rhö, teilweise mit Blutbeimengungen und mit Bariumeinläufen/ ·schlucken darstellen.
gen können daher im rechten Unterbauch krampfhaften Bauchschmerzen, Gewichts-
palpabel sein. verlust und Fieber. Patienten mit Crohn-Ko· Colitis ulcerosa
litis werden meist wesentlich später diagnos-
t Enteroenterische Fisteln können sich asym- tiziert als solche mit Crohn·lleitis oder Co· lnzidenz: "'I 0/ I 00 000/ a, Prävalenz:
ptomatisch als palpable Masse präsentieren. litis ulcerosa, da der Beginn oft schleichend ""200/ I 00 000; Erkrankungsgipfel bei
t Enterovesikuläre Fisteln führen zu Harn- ist. 15 -30 Jahren
wegsinfekten und Pneumaturien . Zur Diagnose ist eine Kaloskopie mit Ein· Colitis ulcerosa ist charakterisiert durch
t Enteroretroperitoneale Fisteln füh ren zu sieht des terminalen Ileums nötig. Typisch episodisch wiederkehrende Entzündungen,
Psoasabszessen und Hydronephrosis durch sind entzündete Darmareale mit akuten und die fast immer auf die Mukosa beschränkt
Ureterkompression. chronischen, ulzerierenden Herden neben- bleiben. Sie breiten sich linear vom Rektum
t Enterekutane Fisteln verhalten sich wie einander, dazwischen normaler Darm. Bi· in proximale Richtung aus.
ein Stoma. opsien zeigen i. d. R. Granulome, die nach Alleinige rektale Beteiligung (Proktitis)
t Enterovaginale Fisteln führen zu vaginalen Ausschluss anderer Ursachen (z. B. Yersi· kommt in Frühstadien vor. [m weiteren Ver-
Gas- und Fäzesabgängen. nien, M. Beh\et, Tuberkulose, Sarkoidase lauf kommt es oft zur Sigmaproktitis, gefolgt
und Lymphome ) zur Diagnosesicherung hilf· von linksseitiger Kolitis (bis zur Splenischen
Komplikationen sind Perforation en mit Peri·
tonitis, die sich oft nich t als akutes Abdomen
präsentiert.
50 % der Patienten haben eine Ileokolitis,
30% eine reine lleitis und 20% eine reine
Kolitis (im Gegensatz zur Colitis ulcerosa
in 50%der Fälle ohne Rektumbeteiligung).
Etwa 30%der Patienten haben perianale
Manifestationen mit Analfissuren und
Abszessen sowie anorektale Fisteln. Selten
I Abb. 2: Typisches
sind Magen und Zunge (Crohn-Glossitis; histologisches Bild mit
I Abb. 3) betroffen. Sehr selten sind proxi- tiefer, diskontinu ier-
male lleitis (zöliakieähnlich) sowie Ösopha· licher Lymphozyten-
gitis mit Odynophagie. Fortgeschrittene infiltration und nicht
Jejunitis führt durch Gallensalzresorptions- verkäsenden Granu-
lomen. (2]
störungen zu Steatorrhö.
Autoimm unreakt ionen
64 1 65

Zöliakie

Prävalenz: "'750/ I 00 000


Die Zöliakie wird auch als "glutensensitive Enteropathie" oder
"nicht tropische" bzw. "einheimische Sprue" bezeichnet und ist eng
mit der Dermatitis herpetiformis Duhring assoziiert. Die Patienten
reagieren vor allem auf Getreide - insbesondere auf einen Bestand-
teil von Weizen: Gluten- mit einer Mukositis (I Abb. 5). Klassische
Befunde sind duodenale Zottenatrophie, Resorptionsstörungen u. a.
mit Malabsorption, Steatorrhö, Gewichtsverlust, Fettabsorptions-
stö rungen und Zeichen von Vitaminmangel (Anämie, Osteopenie
und Osteomalazie).
Serologisch eignen sich die hochspezifischen und hochsensitiven
endomysialen Antikörper (oder Anti-Gliadin-Antikörper) als Scree-
ningtest Therapeutisch ist eine strikte glutenfreie Diät. Ohne Diät
I Abb. 3: Glossit is bei einem Patienten mit M. Crohn . Es kommt zu schmerz- ist die Mortalität hoch (bei Kindern > I 0% ). Obwohl Zöliakie klas-
hafter Mukositis. [ 101 sisch bei Kindern auftritt, finden sich häufig auch atypische Formen
im Erwachsenenalter. Dies kann mit milden Formen zusammen-
hängen, die serologisch positiv sind, jedoch oft nur eine Eisenresorp-
tionsstörung aufweisen. Bei unbehandelter Zöliakie kommt es ver-
Flexur). Sobald das Zäkum erreicht ist, spricht man von einer "Pan- stärkt zu T-Zell-Lymphomen.
kolitis". Das terminale Ileum kann bei weiterer Progression betraf·
fen sein (sog. Backwash-lleitis).
Im Gegensatz zuM. Crohn kommt es oft zu sichtbaren Blut- und
Schleimbeimengungen im Stuhl, vor allem durch die vorhandene
rektale Beteiligung, sowie zu leicht erhöhter Stuhlfrequenz. Krämpfe
und Tenesmus (Stuhlzwang) sowie Obstipa··onen sind häufig. Mit·
telschwere Symptome, z. B. bei linksseitiger Kolitis, sind subfebrile
Temperaturen mit Blutungsanämie, mäßige Bauchschmerzen sowie
häufige ungeformte, blutige Stühle (bis I 0/Tag). Symptome bei
schwerer Pankolitis sind Fieber, starke erhöhte Stuhlfrequenz (> I0/
Tag), starke Bauchkrämpfe und massive, transfusionsbedürftige Blu·
tungsanämien sowie Gewichtsverlust durch Resorptionsstörungen.
In sehr schweren Fällen kann die Muskulatur betroffen sein, was zu
Dilatationen und zu einem Megakolon führen kann (I Abb. 4).
Die Diagnose wird endoskopisch mittels Biopsie im Einklang mit kli·
nischen Symptomen gestellt. DD: M. Crohn, ischämische oder
Strahlenkolitis, Kolitiden durch Salmonellen, Shigellen, Campylo·
bacter, Aeromonas, Escherichia coli 0157:H7 und venerologische
Proktitiserreger.
Die Häufigkeit von Kolonkarzinomen ist im Verlauf nach vielen Jah- I Abb . 5: Deutlic he Zottenabfl ach ung mit hyperplasti sc hen Krypten und
ren erhöht. Entzünd ungsinfi ltrat [21

Zusammenfassung
X Entzündliche Darmerkrankungen sind häufig und be-
treffen vor allem das Duodenum (Zöliakie), das Ileum
(M. Crohn) und das Rektum bzw. Kolon (Colitis ulce-
rosa).
X Die Erkrankungen verlaufen chronisch und gehen mit
Malabsorption, Diarrhö, Gewichtsverlust und Zeichen
von Vitaminmangel einher.
X Behandelt wird meist mit Immunsuppressiva bzw. mit
Diät.
I Abb. 4: Schwere, fulminante Col itis ulcerosa mit toxischer Dilatation. [1 1
Gastroenterologische Autoimmunreaktionen
Autoimmunhepatitiden

Primäre biliäre Zirrhose (PBC)


lnzidenz: 3/ 100 000/a, Prävalenz: 80/100000
PBC ist eine chronische, durch T-Zellen vermittelte Entzündung der
intralobulären Gallengänge, die zu Zirrhose und Leberversagen füh -
ren kann (I Abb. I). 95 % der PBC-Patienten sind weiblich im Alter
von 30-65 Jahren.
Der Autoimmunprozess führt zu chronischer Cholestase mit Ikterus,
Pruritus, Osteomalazie (Vitamin-0-Mangel), Hypercholesterinämie,
Eisenmangelanämie, Vitamin-A-Mangel (selten Nachtblindheit),
Resorptionsstörungen (mit Gewichtsverlust), Steatorrhö sowie in
""25% der Fälle zu Hypothyreose durch autoimmune Thyreoiditis.
"'50% der Patienten haben Sjögren·Syndrom-artige Beschwerden
[s. u.) . Typisch sind Müdigkeit, Cholestase, quälender Pruritus,
Hepatomegalie und Hyperpigmentierung der Haut.
Hochspezifisch und hochsensitiv für PBC ist der Nachweis antimito- I Abb. 1: Ein degenerierender Gallengang mit Epithelo idze ll granulom (Pfei le)
und lymphozytärem Infiltrat bei PBC . (1 ]
chondrialer Antikörper (AMA). Etwa 70% der Patienten sind zusätz-
lich positiv für antinukleäre Antikörper, was mi t einer schlechteren
Prognose assoziiert ist. Die Diagnose wird durch Leberbiopsie ge-
stellt. ber, Schüttelfrost, Nachtschweiß und rechtem oberem Quadranten-
Die Steatorrhö kann durch mittelkettige Fettsäuren als einzige Fett- schmerz. Dies ist oft auf rezidivierende bakterielle Cholangitiden zu-
quelle verhindert werden. Bei Pankreasbeteiligung kann auch die rückzuführen. Die Laborparameter sind dann verschlechtert und der
Gabe von Lipase helfen. Neben UDCA zur Verringerung der Gallen- Ikterus verstärkt. Dies kann auch durch vorübergehende Passage-
viskosität wird immunsuppressive Therapie (Colchicin, MTX) einge- hindernisse, durch kleine Steine oder "Siudge" [verdickte Galle) ver-
setzt. Unwirksam sind Steroide, Azathioprin und Ciclosporin. ursacht werden. Auf eine fortgeschrittene Erkrankung ist lediglich
ein persistierender Ikterus ein Hinweis. In"' 50% der Patienten ist
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) IgM erhöht. In bis zu 80%der Fälle können p·ANCA nachgewiesen
werden, andere Autoantikörper sind vereinzelt positiv, AMA jedoch
lnzidenz: ca. 1/100000/a, Prävalenz: 27/100000 fast immer negativ.
PSC ist eine sklerosierende Entzündung der mittleren und großen, PSC ist häufig mit entzündlichen Darmerkrankungen (IBO) assozi-
intra- und extrahepatischen Gallengänge. Dies führt zu Strikturen iert, 90% der PSC.Patienten leiden an einer Colitis ulcerosa. Umge-
und Cholestase (Symptome wie bei PBC, I Abb. 2). Durch die Betei- kehrt haben etwa 5%der Patienten mit IBO eine PSC. Daher ist
ligung des Ductus choledochus kann es zu Cholelithiasis kommen. nicht nur das Risiko eines cholangiozellulären Karzinoms, sondern
Die Patienten sind oft asymptomatisch und fallen durch erhöhte bei Assoziation mit IBD auch das Risiko eines Kolonkarzinoms er-
Laborparameter, vor allem stark erhöhte alkalische Phosphatase, auf. höht. Bei Darmbeteiligung kann es zu massiver Hypoalbuminämie
Die Serumtransaminasen sind meist nur mäßig erhöht, ::::70% der kommen.
Patienten sind Männer. Diagnosestellung erfolgt nach Darstellung charakteristischer Strik-
Symptome sind Pruritus, Schwäche, häufig auch Episoden von Fie- turen und Erweiterungen der Gallengänge in der Cholangiografie.

I Abb. Z: a) atropher Ga llengang mit zwiebe lschalenart iger Fibrose, aber noch etwas Lumen; b) : fortgeschrittenes Stadium mit verschwundenem Lumen und
Narbe. ]1 ]
Autoimm unreakti onen
66 I 67
Sonografisch können auch Hinweise auf Er- t Typ 1 oder klassische AIH ist positiv für den. Die Patienten leiden unter ?SC-ähn-
weiterungen dargestellt werden. Eine Leber- ANA und/ oder ASMA. ASMA sind meist lichen Beschwerden, sprechen aber auf Ste-
biopsie ist aufgrund der geringen Beteiligung gegen Aktin gerichtet, sodass Anti-Aktin- roidtherapie sehr gut an. AlP kommt bei ver-
der kleinen Gallengänge häufig nicht dia- Antikörper spezifischer sind. schiedenen Autoimmunerkrankungen (IBO,
gnostisch. t Typ 2 dagegen ist positiv für Antikörper Sjögren-, Ormond-Syndrom) vor, aber auch
PSC verläuft meist progressiv und führt zu gegen ALKM-I und/oder ALC-1 und kann solitär. Serologisch findet sich erhöhtes
terminalem Leberversagen. Medikamentöse bei Kindern mit einer polyglandulären IgG4, das sich auch im Pankreas und in an-
Therapien sind oft ineffektiv, sodass cholan- t Autoimmunreaktion einhergehen deren Geweben histologisch nachweisen
giografisches Dilatieren und Stenting der (s. Seite 83). lässt.
dominanten Strikturen indiziert sind. Aus-
schluss eines Karzinoms sollte durch Abbürs- Beide Formen, jedoch vor allem Typ 2, be-
ten von Zellen und Zytologie erfolgen. Sjögren-Syndrom
treffen bevorzugt Mädchen und junge
Frauen. lnzidenz: 4/1 00000/ a, Prävalenz in Älte-
Autoimmunhepatitis (AIH) Eine Leberbiopsie zeigt meist Zirrhose mit ren ca. 4%
mononuk.leären Zellinfiltraten. In den Portal- Beim Sjögren-Syndrom sind die exokrinen
Inzidenz: 1-3/100000/a, Prävalenz: feldern können Infiltrate von Plasmazellen Drüsen, vor allem die Speichel- und Tränen-
11- 25/ 100000 nachgewiesen werden, was bei der Differen- drüsen, betroffen (I Abb. 3). Es kommt zu
AIH ist eine heterogene Krankheitsgruppe zierung von anderen Hepatitiden hilft. Das trockenen Augen (Keratoconjunctivitis sicca)
mit fluktuierende n Verläufen von unbe- Risiko eines hepatozellulären Karzinoms ist und Mundtrockenheit (Xerostomie). Falls
kannter Ätiologie, die zu chronischen Hepa- erhöht, aber geringer als bei chronischen beides auftritt, wird es auch als "Sicca-Syn-
titiden und Zirrhose führt. Die Klinik reicht viralen Hepatitiden. drom" oder "primäres Sjögren-Syndrom" be-
von asymptomatisch bis zu hochakutem, ful-
zeichnet. Ein sekundäres Sjögren-Syndrom
minantem Leberversagen. Einige Patienten
Autoimmunpankreatitis (AlP) (mit einem der Symptome) tritt als
fallen bei Routineuntersuchungen durch
Begleiterscheinung anderer rheumatischer
erhöhte Transaminasen auf. In fortgesc hrit- AlP ist eine seltene Erkrankung, die vor Erkrankungen auf. In"" 25% der Patienten
tenen Stadien erreichen Letztere vierstellige allem mit milden rezidivierenden, kommt es zu extraglandulären Manifesta-
akuten
Bereiche, können aber terminal wieder ab- Pankreatitiden einhergeht und wohl eine tionen, die praktisch alle Gewebe betreffen
fallen, wenn das meiste Lebergewebe bereits systemische Autoimmunerkrankung können. ANA sind in 74%, Anti-Ro/SSA -
dar-
zerstört ist. Spätstadien gehen mit Quick- stellt Im CT und MRT kann die AlP mit Antikörper in 40 %positiv. Die Therapie er-
Wert-Abfall und Hypoalbuminämie als Zei- einem Pankreaskarzinom verwechselt wer- folgt meist symptomatisch.
chen der Leberinsuffizienz einher.
Bei der klinischen Untersuchung können
Hepato- und Splenomegalie sowie Stigmata
des chronischen Leberversage ns gefunden
werden: Spider-Nävus, Lackzunge, Palmar-
erythem, Caput medusae, Muercke-Nägel
(weiße Bänderung des Nagelbetts) oder Ter-
ry-Nägel (nur das distale Drittel des Nagel-
betts ist rot). Die Erkrankung zeigt meist
geringe Cholestase mit niedriger AP und
Bilirubin. Laborchemisch ist IgG erhöht, bei
Kindern oft mit partieller lgA-Defizienz ver-
bunden. Häufig geht die AIH mit anderen
Autoimmunreaktionen einher: hämolytische
I Abb. 3: Multiple Stenosen der
Anämie, ITP, Diabetes Typ I , Thyreoiditis, Parot isgänge bei Sjögren-Syndrom
Zöliakie, PSC, Colitis ulcerosa und Arthritis (Kontrastmittelaufnahme). [5]
der kleinen Gelenke. Man unterscheidet
nach Serologie zwei Typen:

Zusammenfassung
• Autoimmunerkrankungen der Leber und der exokrinen Drüsen sind häufig.
• PBC tritt vor allem bei Frauen, PSC bei Männern und AIH bei Mädchen auf.
• Die Symptome entsprechen einer chronischen Cholestase.
• Nur die PBC ist AMA-positiv.
at Das Sjögren-Syndrom ist vor allem bei Älteren häufig und geht mit
trockenen Augen und Mundtrockenheit einher.
Arthritiden
"sumpfartiges" Gefühl bei Palpation feststel- stehender systemischer Entzündung kann
Rheumatoide Arthritis (RA) zur Anämie kommen . es
len. Tendoverdickungen können zu Bewe-
lnzidenz: 30/ 100000/ a, Prävalenz in Kau- gungseinschränkungen durch Knötchen und
kasiern: 1-2%. Frauen sind etwa 2-3 x auch zur Sehnenruptur führen . Bei akuter Klassische RA
häufiger betroffen. Erkrankungsgip fel: RA und auch bei Kollagenasen kann die gan-
30- 55a, Prävalenz in Frauen > 65: - 5% ze Hand boxhandschuhartig geschwollen Die klassische RA verläuft meist schlei-
RA ist eine systemische Entzündungserkran- sein ("puffy hands"). Eine Überwärmung chend. Allerdings tritt in bis zu einem Drit-
kung mit unklarer Ätiologie, die bevorzugt der entzündeten Gelenke lässt sich dagegen tel der Fälle die Polyarthritis akut auf unct
die Gelenke betrifft und u. a. durch eine nur selten finden. ln späteren Stadien geht mit neu eingesetzter Schwäche, Myal -
erhöhte Inzidenz von kardiavaskuläre n Er- kommt es zu Bewegungseinschränkungen gie, subfebrilen Temperaturen, Gewichts-
krankungen, Lymphomen und Infektionen bis hin zur Gelenkversteifung, zu Ulnar- verlust und Depression einher. Als eine
eine verkürzte Lebenserwartung zur Folge deviation sowie zu Schwanenhals- oder Frühform der RA kann auch eine Mono-
hat. Die Arthritis ist oft symmetrisch mit Knopflochdeformitäten der Finger. Die Seh- arthritis, meist an großen Gelenken (Knie
fluktuierendem Verlauf, führt aber unbehan- nen der Extensoren treten wie bei einem Schulter oder Hüfte) , auftreten und erst '
delt zu Gelenkdestruktionen und Deforma- Bogen gespannt hervor (sog. Bogensehnen- später in die klassische Polyarthritis über-
tionen. RA beginnt meist distal und schreitet phänomen) . Bis zu 5% der RA-Patienten gehen.
zu proximalen Gelenken fort. entwickeln ein Karpaltunnelsyndrom Im Verlauf der RA lassen sich im Röntgen -
(I Abb. 1). bild bereits in den ersten zwei Jahren 70 %
An der oberen Extremität ist auch das Ellen- der Gelenkerosionen erkennen. Diese sehr eJ-.
Klinische Merkmale ten dann zu schweren Destruktionen fort
bogengelenk oft betroffen, verbunden mit
Die Patienten beschreiben meist eine Mor- Flexionseinschränkungen und Ulnariskom- sodass innerhalb von 20 Jahren 60 % der '
gensteifigkeit, die zur Diagnose einer RA pression. Die untere Extremität ist spiegel- Patienten massiv funktionell eingeschränkt
sechs Wochen lang täglich für mindestens bildlich zur Hand betroffen. Hackenschmer- sind.
eine Stunde bestehen sollte [recht RA-spezi- zen können durch Tarsaltunnelsyndrom
fisch, bei entzündlichen Arthropathien meist und retrokalkaneale Bursitis verursacht sein. Palindromer Rheumatis mus
kürzer) . Die Steifigkeit wird durch Bewe- Am Knie lassen sich Synoviaverdickung um
gung und Wärme gebessert und tritt z. B. die Patella und Ergüsse (tanzende Patella) Derpalindrome Rheumatismus ist eine epi-
auch bei langem Stehen auf. feststellen. In der Fossa poplitea kann sich sodische Form mit rezidivierenden akuten
Bei der Untersuchung kommt es in den be- gelegentlich eine Baker-Zyste bilden, die rup- Arthritiden wechselhafter Lokalisation, die
troffenen Gelenken zu Schmerzen bei Bewe- turieren kann. Axial sind häufig die Atlanto- nur wenige Stunden bis Tage dauern, gefol t
gung oder Druck. Schwellung in mindestens okzipitalgelenke betroffen, was zu Nacken- von monatelanger Symptomfreiheit Einigeg
drei Gelenken, v. a. des Handgelenks, der schmerzen, rad ikulärer Symptomatik und wenige Patienten entwickeln im Verlauf
zur Luxation führen kann. In 30% ist das eine RA oder andere Autoimmunsymptom e.
Metakarpophalangeal- oder prox. lnter-
phalangealgelenke, seit mindestens sechs krikoarytänoide Gelenk betroffen und es
Wochen sind typisch, ebenso symmetrischer kommt zu Heiserkeit. Systemische Manifesta tionen
GelenkbefalL Die Schwellung entsteht durch Im Labor Jassen sich serologisch Rheumafak- der RA
Ödeme, Bindegewebs- und Hautverdickun · toren (RF) sowie erhöhte BSG bzw. CRP fin-
gen. Meist lässt sich ein kleiner Erguss fest- den. Hochtitriger IgM-RF ist bei Polyarthritis Knochenverlust entsteht meistens in der
stellen. Auch kann es du rch Tendosynovitis recht RA-spezifisch. Höherspezifisch und Nähe des entzündeten Gelenks, aber auch
zu Verd ickungen v. a. an Flexorentendines -sensitiv sind Antikörper gegen zyklische, generalisiert durch die Steroidtherapie. Zurn
kommen. Synoviaverdickung kann man als citrullinierte Peptide (CCP). Bei länger be- Teil treten erhebliche Osteopenien mit Frak.

I Abb. 1: a) Typ ische RA mit größeren Rheumaknötchen und Ulnar


deviation. [ 16] b) Hände eines Patie nten mit rheumatoider Arthritis. [ 17]
Autoimmunreakt ionen
681 69

turen auf. Muskelschwäche durch Myositis ist ein weiteres häufiges der Hauterkrankung voraus. Die Patienten sind häufig RF-negativ,
Symptom. die Arthritis ist klinisch v. a. eine Daktylitis, die also nur einen Strahl
Kutane Rheumaknötchen treten in ::::30% der Patienten auf, am inkl. der DIP ("Wurstfinger") betrifft. Aber auch ein Befall mehrerer
häufigsten am Ellenbogen, aber auch in Organen, besonders in der Finger ist möglich (weniger symmetrisch als RA) . Eine schwere
Lunge. Fortgeschrittene RA geht nicht selten mit einer Vaskulitis Form ist die Arthritis mutilans, die zu erheblichen Destruktionen
einher. Häufig treten eine schmerzhafte Episkleritis oder eine Skleri- und Deformationen der Finger führt. Man findet asymmetrische Oli-
tis auf. Myokarditis und Perikarditis werden selten klinisch relevant, goarthritis mit Befall auch großer Gelenke und für RA untypische
allerdings haben bis zu 30%im Verlauf einen kleinen Perikarder- Spondylarthropathie im LWS- und SWS-Bereich. Eine RA-ähnliche
guss. Ein diffuser Befall der Lunge mit Fibrose, Knoten und pleura- Polyarthritis ist selten.
len Reaktionen wird als "Rheumalunge" bezeichnet. Patienten mit
RA und Organmanifestationen haben eine stark verminderte Lebens-
Morbus Bechterew
erwartung.
Prävalenz: bis zu 2%, 6% in HLA-B27-Positiven, Erkrankungsgipfel:
Therapie 20-30a
Morbus Bechterew, auch deskriptiv als "Spondylarthritis ankylopoe-
Ohne die Anwendung von DMARD kann die Erkrankung praktisch tica" bezeichnet, ist eine entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule,
nicht in Remission gebracht werden. Klassische NSAID und Steroide die mit HLA-B27 assoziiert ist. Sie betrifft ähnlich wie die Psoriasis
lindern also nur, verlangsamen oder stoppen aber kaum die Progres- arthropathica und im Gegensatz zur RA vor allem die LWS und
sion. Es sollte also frühzeitig aggressiv behandelt werden, um blei- SWS. Daher leiden die Patienten unter Rückenschmerzen im LWS-
bende Schäden zu minimieren. Bereich, die typischerweise in den frühen Morgenstunden auftreten
Mit DMARD kann in Frühstadien in ::::25% eine Remission erreicht und nach Bewegung besser werden. Häufig sind Schulter- und Hüft-
werden, nach fünf Jahren befinden sich noch 20 % in Remission. In symptome sowie manubriosternale und sternoklavikuläre Arthriti-
Frühstadien kombiniert man meist ein DMARD (Malariamittel wie den. Bis zu 40% haben eine akute, rezidivierende anteriore Uveitis,
Chloroquin oder Sulfalazin, MTX, selten Azathioprin oder Ciclo- die oft ein Frühsymptom darstellt (s. Seite 26). 50% der Patienten
sporin) und ein Steroid. In fortgeschrittenen Stad ien kommen nach entwickeln später einen M. Bechterew. Bis zu I 0% haben zusätzlich
Tbc-Ausschluss monoklonale Anti-TNF- oder Anti-IL-1R-Antikörper eine IBO (s. Seite 64).
zum Einsatz. Effektiv ist auch eine Therapie mit Rituximab (Anti-
CD20-Antikörper). Veraltet sind i. m. Gold oder D-Penicillamin.
Weitere Differentialdiagnosen bei Arthritis
Arthrose Monoarthritis kann v. a. durch Infektionen (septische Arthritis mit
schneller Gelenkdestruktion) ausgelöst werden, wird aber selten
Prävalenz bei 40-Jährigen: "" 20 %, bei > 65-Jährigen: > 90 % mit RA verwechselt. In Zweifelsfällen erfolgt eine Gelenkpunktion.
Die wichtigste Differentialdiagnose der RA ist die Arthrose durch Diese kann auch zum Ausschluss einer Gicht helfen, bei der man
Alterungserscheinungen. Bei RA sind die proximalen Interphalan- u. a. Uratkristalle findet. Gicht fällt jedoch meist schon im Labor auf
geal- (PIP) , bei Arthrose die distalen Phalangealgelenke (DIP) betrof- (Harnsäure).
fen . Wenn nur die DIP betroffen sind, dann ist das nahezu bewei- Häufig sind virale Arthritiden durch eine Vielzahl von Erregern, dau-
send für eine Arthrose. Dort finden sich in der Regel sog. Heberden- ern aber meist nur wenige Tage bis Wochen. Deshalb ist die Dauer
Knoten (Osteophyten). Im Gegensatz zur Arthrose fühlen sich die der Arthritis von mindestens sechs Wochen zur Diagnosestellung
Gelenke hart, knöchig und nicht wie bei RA warm, weich und der RA besonders wichtig.
"sumpfig" an. Häufige Arthroseformen sind auch Gonarthrose und Kreuzreaktive Jmmunphänome wie M. Reiter oder rheumatisches
Koxarthrose, vor allem bei Übergewicht. Fieber werden durch unbehandelte bakterielle Infekte verursacht
und sollten durch spezifische Tests ausgeschlossen werden (s. Seite
Psoriasis arthropathica 36).
In seltenen Fällen führen Lupus, Sarkoidose, Sjögren-Syndrom,
Inzidenz: 6/ 100000/a, Prävalenz: 0,2 % Sharp-Syndrom und andere Overlap-Syndrome zu RA-ähnlichen
Bis zu 30% der Patienten mit Psoriasis haben eine Gelenkbeteili- Manifestationen (s. Seite 70).
gung, manchmal ist die Arthritis sogar das Hauptsymptom oder geht

Zusammenfassung
M Rheumatoide Arthritis ist eine sehr häufige syste-
mische Erkrankung mit chronischer, symmetrischer
Polyathritis.
M Sie kann sich auch extraartikulär manifestieren,
was meist eine schlechte Prognose hat.
M Arthrose tritt meist an den DIP auf, RA an den PIP.
M Psoriasis kann mit Gelenkbeteiligung ablaufen.
Lupus
Prävalenz: "'50/ 100 000, lnzidenz:
"'I 0/ 100 000/ a. Frauen sind I0 x häufiger
betroffen.
Dersystemische Lupus erythemarades (SLE)
ist eine chronische Autoimmunerkrankung,
die jedes Organ betreffen kann , eine Vielzahl
von Symptomen verursacht und durch Pro·
duktion von Autoantikörpern, vor allem
ANA und Anti·DNA·Antikörper, auffällt. Da·
von zu unterscheiden ist ein Lupus erythe·
matod es cutaneus, der ohne innere Organ·
beteiligungnur die Haut betrifft. Beides sind
wohl Extreme derselben Erkrankung.
Anti·dsDNAAntikörper sind pathognomo·
nisch für einen Lupus. Antiphospholipid·
Antikörper kommen gehäuft vor. Patienten
kön nen jahrzehntelang symptomarm bleiben
und bei einer plötzlichen Exazerbation bin·
nen weniger Tage versterben.
Das Wort "Lupus" kommt aus dem Lateini·
sehen und steht für "Wolf". Damit ist die
Fotosensibilität gemeint, die zu Entzün·
dungsreaktionender Haut bei UV·Licht mit
teilweise entstellenden Läsionen führt.

Klinische Manifestationen
Die typische Lupus-Patientin ist eine 30-jäh·
rige Frau mit diffusen Symptomen wie
Schwäche, Haut- und muskuloskeletalen
Symptomen sowie milden serologischen,
nephrologischen und hämatologischen
Manifestationen. Die klassischen Hautmani·
festationen (in"' 73 %) sind Schmetterlings·
erythem im Malarbereich und diskoide I Abb. 1: Verschiedene Manifestationen des Lupus im Gesicht: a) typischer diskaider Lupus, der auch
am Stamm oft auftritt, b) typisches hoc hakutes, fotosensible s Malarexanthem mit Aussparung der
Läsionen (I Abb. I).
periorbitalen, periora len und nasalabialen Regionen, c) sog. Lupus tumidus mit uri ikariaähn li chem, infi l-
Im Gegensatz zum typischen Bild können trierendem Erythem , d) massiver e inseitiger, entstel lender diskaider Lupus . [ 13, 16]
andere Patienten fast ausschließlich mit hä·
matologischen, neurologischen oder nephro·
logischen Symptomen imponieren und jahre· Schmetterlingserythem Flaches oder erhabenes Erythem über dem Malarbereich mit Aussparung der
(in "' 35%) nasalabialen Falte
lange Fehldiagnosen erlitten haben.
Um sich die Vielzahl der Symptome zu ver- Diskaider Ausschlag Diskoid-erythematöse Hautveränderungen

gegenwärtigen, gibt es die diagnostisch hilf· Fotosensibilität (in ~ 30%) Hautausschlag als unübliche Reaktion auf Sonnenlicht
reichen ARA-Kriterien (I Tab. I). Neben den Orale Ulzerationen Orale oder nasopharyngeale Ulzera, meistens schmerzlos (v. a. im Sch leimhaut-
dort genannten Symptomen sind folgende bereich des harten Gaumens)
relativ häufig: Arthritis (in "' 65%) Nicht erosive Arthritis mit zwei oder mehr betroffenen peripheren Gelenken

Serositis Pleuritis: anamnestisch pleuritiseher Brustschmerz (in "'17%), ausku ltatorisch


t Fieber (in"" 36%) Reibegeräusch oder Pleuraerguss od er Perikarditis (in"' 8%): dokumentiert durch
t Allgemeine Schwäche (in "'50%) und Ge- EKG, Geräusch oder Perikarderguss
wichtsverlust (in :::;21 %) Nierenerkrankungen (in "30%) Andauernde Proteinurie (über 0,5 g pro Tag oder mehr als 3• bei Urinstix) oder
t Myalgie und Muskelschwäche zelluläre Zylinder im Sediment
t gastrointestinale Beschwerden (in :::;20%) Neurologische Erkrankungen Epileptoforme Anfälle oder Psychose (ohne organische Ursache)
wie gastroösophagealer Reflux, Bauch· (in " 20%)
schmerzen, Ulzerationen und Pankreatitis Hämatologische Veränderungen Hämelytische Anämie oder Leukopenie (unter 4000/~ 1) bei zwei Messungen
t Raynaud-Phänomen (in ""30 %) oder Lymphopenie (unter 1500/~ 1 ) bei zwei Messungen oder Thrombozytopenie
t Augenbeteiligung (Episkleritis, Skleritis, Uve- (unter 100/ nl) ohne Medikamentenvorgeschichte

itis und Baumwollspotsam Fundus; I Abb. 2) Immunologische Veränderungen Positive Antiphospholipid-Antikörper oder Anti-DNA-Antikörper oder Anti-Sm-
t Alopezie Antikörper oder falsch positiver Syphi listest (mindestens über 6 Monate)

t Phlebitis und ungeklärte Aborte (v.a. bei Antinukleäre Antikörper (ANA) Positive ANA nach Ausschluss eines medikamenteninduzierten Lupus
Phospholipidantikörpersyndrom)
t pulmonale Manifestationen (Erguss, Pneu· I Tab. 1: ARA-Kriterien zur Diagnose e ines systemischen Lupus erythematodes.
Auto immunreaktionen
70 I 71
monie, Lungenarterienembolie, später pulmonale Hypertonie, selten
Shrinking lung).

Selten kommt es zur Libman-Sacks-Endokarditis (I Abb. 2).

Lupusnephritis
Mehr als 75% der Lupuspatienten entwickeln eine Lupusnephritis
(LN), die meist rasch progredient verläuft und unbehandelt zu termi-
nalem Nierenversagen führt. Oft ist das Nierenversagen auch das
erste Symptom eines SLE. Die LN geht symptomarm mit Proteinurie
einher und ist meist eine lmmunkomplex-Glomerulonephritis
(I Abb. 3). Pathologisch werden sechs Formen unterschieden: mini·
male mesangiale LN (Klasse 1), mesangial·prol ife rative LN (Klasse 11),
fokale LN (Klasse 111), diffuse segmentale oder globale LN (Klasse
IV), membranäse LN (Klasse V) und fortgeschrittene sklerosierende
LN (Klasse VI ). Anhaltend niedrige Clq·Spiegel deuten auf eine fort-
schreitende Glomerulonephritis hin.

Neurologische Manifestationen
Auch wenn nur epileptiforme Anfälle und Psychosen zu den ARA-
Kriterien des Lupus gehören , treten in bis zu 80% der Patienten
neurologische Manifestationen auf. Zusätzlich kommt es häufig zu
kognitiven Verlusten, Schlaganfällen, Kopfschmerzen und peri- I Abb . 2: a) Anularer, subakuter Lupus eryt hematosus. [ 13J b) Typischer
pheren Neuropathien. Augenfundus bei Lupusbefa ll mit flammenförm igen Hämorrhagien und Cot-
ton-Wooi-Herden. [13] c) Libman-Sacks-Endokarditis. [6]

Anti-Phospholipid-Syndrom (APS)
hinweis) kann sehr empfindlich sein. Ein erhöhter CRP-Wert und
Prävalenz der Antikörper: "'8 %, bei SLE: "'50% eine erhöhte BSG können auf erhöhte Aktivität hinweisen, die Spe-
Das APS ist durch den serologischen Nachweis eines APS-Antikörpers, zifität der Parameter ist aber umstritten. Sie können durch krank-
der zusammen mit einer typischen klinischen Manifestation festge- heits· oder therapieassoziierte Infektionen ohne erhöhte Aktivität
stellt wird, definiert. Typische Manifestationen (Sapporo-Kriterien) des Lupus verändert sein.
sind venöse oder arterielle Thrombosen in der Schwangerschaft, er- Neben den klassischen Zytostatika und Immunsuppressiva (s. Seite
höhte fetale Mortalität(> I 0 Wochen alter Embryo), mind. drei em· 88 ff.) werden NSAID, Chloroquin und Steroide eingesetzt. Thera-
bryonale Verluste(< I 0. Woche) oder mind. ein frühzeitiger Schwan- pieresistente Fälle können mit monoklonalen Antikörpern wie Ritu-
gerschaftsabbruch(< 34. Woche) durch Eklampsie, Präeklampsie oder ximab, Atacicept oder Epratuzumab behandelt werden. Auch eine
Plazentainsuffizienz. Es gibt drei APS-Antikörper- Lupus-Antikoa- Stammzelltransplantation oder eine Vielzahl experimenteller Phar·
gulans, Antikardiolipin-Antikörper und Anti-ß2-Glykoprotein-l-Anti- maka können eingesetzt werden.
körper-, die alle mit einer verlängerten aPTT einhergehen können.
APS kann primär allein oder sekundär zu einem SLE auftreten. Thera·
pieerfolgt mit Heparin, Marcumar, Aspirin oder Clopidogrel.

Therapie
Eine Therapie ist v. a. in aktiven Phasen indiziert. Krankheitsaktivität Zusammenfassung
kann neben klinischen Symptomen anhand eines Anstiegs des Anti- x Der SLE ist eine schwere, chronische Erkrankung, die
DNA-Antikörpertiters, vor allem aber eines Abfalls des Komplements
eine Vielzahl von Symptomen verursachen und rasch
(vor allem CHSO, C3 und C4), vermehrten erythrozytengebunde-
nen C4d, eines Anstiegs von Komplementspaltprodukten oder einer zum Tod führen kann.
Proteinurie vermutet werden. Auch der Coombs-Test (als Hämolyse- X Lupus kann auch durch Medikamente induziert sein
und ist dann oft ANA-positiv und dsDNA-Antikörper-
negativ.
X Spätfolgen des Lupus sind terminale Niereninsuffi-
zienz, pulmonale Hypertonie, Infarkte, neuropsychiat-
rische Syndrome, steroidinduzierte Osteonekrose
I Abb. 3: Lup usnephritis mit und das Shrinking-lung-Syndrom.
lgG-Ablagerungen (blau) . [27 )
~

Vaskulitis
Vaskulitiden der großen Gefäße sagen, Hämaturie). Kardinalmanifestationen sind renale Infarkte unct
viszerale Mikroaneurysmen. Auch ZNS-Symptome, Orchitis, Koro-
Takayasu-Krankheit nar· und Lungenbeteiligung kommen vor. Zur Diagnosestellung sind
tiefe Hautbiopsien mit Subkutis , Nierenbiopsien (häufig pathogno-
Jnzidenz: etwa 0,1/ 100000/a, in Asien häufiger; Frauen etwa 8 x monisch ) oder eine Nervenbiopsie (N. suralis) hilfreich. Angiografien
häufiger betroffe n. der Mesemerial· und Nierenarterien reichen manchmal auch zur
Erste Symptome treten meist im Alter von I 0-20 Jahren auf. Die Diagnose aus.
Arteriitis beginnt meist am Aortenbogen bzw. an der linken A. sub·
clavia und schreitet dann per continuitatem fort. Durch Stenosen Kawasaki-Krankheit
oder Aneurysm en entstehen v. a. Klaudikationen der Extremitäten
(meist beginnend am linken Arm), wobei es zu Synkopen durch das lnzidenz: :::::0,1 I 100 000/ a, vor allem bei Kindern
Subclavian·steal·Phänomen und Nekrosen an den Extremitäten Die Kawasaki·Krankheit geht mit Fieber (> 5 d), bilateraler non-ex-
kommen kann . Typisch sind auch Arthralgien, neurologische Sym· sudativer Kon junktivitis, Lippen- und Mundschleimhauterythemen
ptome durch Karotisstenosen (Schwindel, Kopfschmerzen, Krämpfe, Erdbeerzunge, Erythemen und in der akuten Phase auch Ödemen '
Demenz), gastrointestinale Symptome durch Mesenterialinfarkte der Extremitäten (v. a. der Handflächen und Fußsohlen), polymor-
(Diarrhö, Schmerzen, Blutungen ) sowie Angina pectoris. CRP und phem Exanthem und zervikaler Lymphadenopathie einher. Unbe-
BSG sind hoch und Aktivitätsmerkmale, die Gefäßdarstellung mit handelt klingen die Symptome häufig nach wenigen Wochen ab.
Angiografie ist diagnostisch . Komplikationen sind allerdings Koronararterienaneurysmen, die im
Rahmen der häufigen kardia len Beteiligung auftreten und durch
Riesenzellarteriitis Therapie mit Immunglobulin und Steraiden reduziert werden kön-
nen .
Vor allem bei Älteren (Jnzidenz bei > 50-jährigen: 4/ l 00000/ a,
Prävalenz: bis zu 200/ 100 000) mit skandinavischer Abstammung;
Vaskulitiden der kleinen Gefäße
mittleres Erkrankungsalter 72 Jahre
Häufige Symptome sind Schwäche, Leistungsknick, Fieber, Gewichts· Diese Gruppe ist häufig mit AN CA assoziiert, deren Titer auch zur
verlust, lokale Kopfschmerzen, Klaudikation der Kiefermuskulatur Verlaufskontrolle hilfreich sind. Man unterscheidet pANCA (peri-
(hochspezifisches Symptom), Polymyalgia rheumatica sowie Amau· nukleäre Färbung) , die meist MPO-spezifisch sind, von cANCA
rosis fu gax als Vorstufe der Erblindung. Es kann zu plötzlicher Blind· (zytoplasmatische Färbung), die meist PR3-spezifisch sind. cANCA
heit durch Entzündung kranialer Arterien, vor allem der A. tempora· findet man besonders beiM. Wegener (90% positiv) und pANCA
lis, komm en (I Abb. I) . ln Spätstadien treten Aortenaneurysmen bei mikroskopischer Polyangiitis (MPA; 70% positiv) sowie bei rein
und Verdickung der Temporalarterien auf. renaler, sog. pauci-immune Vaskulitis. Et\va 50% der Churg-Strauss-
Patienten habenp-oder cANCA. Bis zu 40% der Patienten mit Anti-
Vaskulitiden der mittleren Gefäße GBM-Antikörper sind auch ANCA-, v. a. pAN CA-positiv.

Polyarteriitis nodosa (PAN) Churg-Strauss-Syndrom (CSS)

Jnzidenz: 0,1 - 3/ I00000/ a, am häufigsten im sechsten Dezen· lnzidenz: etwa 0, I/100 000/ a, v. a. Patienten im mittleren Lebens-
nium, bis zu 30% HBY.positiv al ter
PAN hat meist schwere Verläufe und führt zu vielfältigen Organ· Klassischerweise beginnt das CSS mit allergischer Rhinitis und Asth-
manifestationen. Nach Lehrmei nung befällt PAN exklusiv mittel· ma im dritten Dezennium [Prodromalphase). Nach etwa 10-20
große und kleine Arterien u. a. der Muskulatur. Häufige Befunde Jahren entwickelt sich zusätzlich eine Eosinophilie (eosinophilitische
umfassen Myalgien sowie Neuropathie (Mononeuritis multiplex und Phase). Später kommen dann vaskulitische Symptome hinzu (vas-
Polyneuropathie), Hautmanifestationen vor allem der unteren Extre· kulitische Phase). Es können alle Organe betroffen sein. Typisch ist
mität (Livedo reticularis, Ulzera und Purpura), gastrointestinale Ma- jedoch die Vaskulitis der Yasa nervorum, die zur Mononeuritis multi-
nifestationen (Schmerzen bei Mesenterialarteriitis, rektale Blutung) , plex führt. Die Diagnosestellung ist oft schwer, da nicht immer die
Arthralgien und häu fig Nierenbeteiligung (Hypertonie, Nierenver- o. g. Trias vorhanden ist.

Wegener-Granulomatose (WG) und MPA


Jnzidenz: 1/ 100000/ a (WG) bzw. 0,2/ 100000/ a (MPA)
MPA und WG sind Extreme eines Kontinuums, zu dem auch das
CSS gehört. Alle sind AN CA-assoziiert und haben pathologisch Ähn-
lichkeiten. Die renale Pathologie ist bei MPA, WG, pauci-immune
Vaskulitis und , wenn betroffen, auch CSS gleich: segmentale nekro-
tisierende Glomerulanephritis mit paravaskulärem Rundzellinfiltrat
(Lymphozyten), oft ohne Immunkomplex-oder Antikörperablagerun-
gen. Die Glomerulonephritis führt zur Hämaturie und Proteinurie
mit Erythrozytenzylindern und Akanthozyten.
1 Abb. 1: a) Typische (oft palpab le) WG beginnt meist mit Entzündungen der oberen [blutig-eitrige Rhi-
Arteria temporalis bei chronischer
norrhö, orale und nasale Ulzera) und unteren Atemwege (Dyspnoe,
Entzü ndung, b) Zungeninfarkt bei
Hämoptysen, Pleuritis) sowie pulmonalen Granulomen. Bleibt es da-
Arteriitis tempora lis. [5, 10]
Autoimmunr eaktionen
72 I 73

der Patienten sind HCV·positiv. Umgekehrt


kann man in bis zur Hälfte aller HCV·positi·
ven Patienten Kryoglobuline fi nden, jedoch
sind nur etwa 5% von Krankheitswert Die
Klassifikation nach Cross, Seligman und
Brouet unterscheidet drei Typen: Typ I ist
monoklonales lg, meist im Rahmen eines
M. Waldenström oder eines Plasmozytoms,
und füh rt zu Hyperviskositätssymptomen
wie Raynaud·Krankheit und akralen Nekro·
senbei Kälte. Typ II und !II sind poly·/ mono·
klonal·gemischt (mit RF·Reaktivität) bzw.
nur polyklonal ohne monoklonalen Anteil
(z. B. bei HCV und Lupus). Sie führen klas-
sisch zur Triade Purpura, Arthralgien und
Schwäche.

Morbus Beh~et
Bei Türkischstämmigen enorm verbreitet:
Prävalenz: 80-370/100000
I Abb. 2: Sattelnase bei Wegener-Granulomatose. Hauptsymptom sind schmerzhafte, wieder-
[41 kehrende mukokutane Ulzerationen. Diese
finden sich vor allem im Mund sowie im
bei, spricht man von einer .limited WG", Genitalbereich (Aphthen). Häufig sind auch
die meistJüngere betrifft und mit stärkeren Augenbeteiligung (Panuveitis, kann zur Er·
Manifestationen in den oberen Atemwegen blindung führen), ZNS·Beteiligung, Vaskuli·
(Sattelnase; I Abb. 2) und längerem Verlauf tis, Arthritis (Knie, Ellenbogen und Hand-
einhergeht. Bei über 80% kommt es im Ver· gelenk) und verschiedenartige Exantheme
lauf zu renaler Beteiligung. Auge (u. a. (I Abb. 3 und 4). Morbus Beh<;et betrifft alle
Uveitis) und Ohr (Otorrhö) sind oft auch Gefäßgrößen: häufiger Phlebitis (Vena cava,
betroffen. Budd·Chiari·Syndrom , Sinusvenenthrombo·
MPA führt nicht zu Granulomen, jedoch - se) als Arteriitis (häufig Aa. carotis, pulmona·
wie WG- zu pulmonalen Hämorrhagien lis, iliaca, femoralis und poplitea sowie die I Abb. 3: Manifestationen bei M. Behget: a) Path-
mit Hämoptysen und zu ähnlichen Sympto· Aorta). ergiereaktion, 24 h und 48 h nach Venenpunktion ,
men, insbesondere auch zu Glomeruloneph· b) tumorähnl icher Entzündungsherd, der sich
ritiden oder zu Mesenterialischämie. nac h Immunsuppression vollständig zurückbil dete,
c) typische Ulzeration am Penis . [25, 26)

Henoch-Schoenlein-Purpura
Häufigstesystemische Vaskulitis bei Kin·
dern; lnzidenz: 0,5/ 100 000/a, Altersgipfel
in Kindern von 4-6 Jahren: 70/ 100000/a;
kommt selten im Sommer vor
Typisch ist eine Tetrade mit palpabler Pur-
pura (ohne laborchemische Gerinnungs·
störung), Arthralgien/Arthritis, abdominalen
Beschwerden (auch mit intestinaler Invagina·
tion) und Nierenbeteiligung. ln etwa der
Hälfte der Fälle ging eine Streptokokken·
angina voraus. Biopsien zeigen lgA·Ablage·
rungen.

Kryoglobulinämie
Prävalenz klinisch relevanter Fälle: etwa bei
I: 100000
Kryoglobuline sind Antikörper, die in der
Kälte ausfallen und bei einer Vielzahl chroni· I Abb. 4: Kutane M.-Behget-Manifestationen: A) Erythema-nodosum-ähnliche Läsionen,
scher Entzündungszustände (RA, Zirrhose, B) papula-pustulöse Läsion, C) Sweet-Syndrom-ähnliche Ulzeration mit zentra ler Nekrose,
Endokarditis) vorkommen. Bis zu 80 - 90% 0) palpable Purpura, E) hämorrhagische Bläschen. [22)
~

Sarkoidase und Sklerodermie


Sarkoidase
lnzidenz: I0/ I 00 000/ a, Prävalenz:
SO/ 100 000, gehäuft in Schwarzen (Lebens-
risiko : z2,4 %) und Skandinaviern (lnzidenz:
60/1 00000/ aj
Sarkoidase ist eine systemische Entzündungs-
erkrankung, die histologisch mit nicht ver-
käsenden Granulomen einhergeht (I Abb.
I aj. Am häufigsten ist die Lungen·Sarkoi-
dose (M. Boeck j. Extrapulmonale Manifes·
tationen treten in :::::35% der Fälle auf. Sym·
ptome sind periphere Lymphadenopathie
("'70 % der Fälle ), Hepatomegalie (:::::20%)
und Splenomegalie ("'25%) .
In etwa I0% treten muskuloskeletale Be- I Abb. 1a): Nicht verkäsendes Granu lom bei Sar-
schwerden wie akute und chronische Poly- koidose. Der Aufbau ist ähn lich einem Tuberku lo-
segranulom mit Epithe loidzellen, Langhans-Riesen-
arthritis oder selten Myositis auf. Es können
ze llen und Lymphozyten, jedoch ohne zentrale
Herz (SeptuminFiltration mit Arrhythmien verkä sende Nekrose. [2 ] b) Plaqueartige Sarkoida-
und Blockbildern), Knochen, Gelenke, Kno- seform mit Ostitis. Seit Jahren kam es bei dem
chenmark, Niere, Augen und ZNS (basale indolenten Patienten zur Ausbreitung. Bei Glasspa-
granulomatöse Meningitis) betroffen sein teluntersuchung (Diaskopie) zeigten sich lupo ide
(I Abb. lb - cj. Die basale Meningitis kann Infiltrate. [ 16] c) Fundus bei Sarkoidose. Man er-
kennt multiple retina le Granulome. [ 101
zu hypothalamischer Hypophyseninsuffi-
zienz, zentralem Diabetes insipidus, Hydro-
zephalus, lymphozytärer Meningitis, Hirn-
nervenausfällen und vor allem Fazialispare- t Stadium lll: keine Lymphadenopathie, je- den Stamm und die Extensorflächen der Ex-
sen führen. Bei Biopsien zeigt sich die Leber doch verstärkte retikuläre Zeichnung trem itäten betreffen. Der Lupus pernio tritt
auch oh ne Hepatomegalie fast immer mit t Stad ium IV: apikale retikuläre Versehar- als plattenartige, violette Läsionen an Nase
betroffen. tungen mit Volumenverlust, auch Raum- Kinn , Ohren und Wangen au f (I Abb. 1b) .'
Aktivierte Makrophagen, die sich in den forderungen mit Bronchiektasen, Kalzifika·
Granulom en zu Epitheloidzellen transfor· tionen, Kavernen- und Zystenbildung Okuläre Sarkoidase
mieren, sezernieren Calcitrial und fü hren so t noduläres Sarkoid: minimale hiläre
zu Hyperkalzurie und seltener Hyperkalz- Lymphadenopathie mit multiplen bilateralen Bei 20 % der Patienten sind die Augen be-
ämie. Im Labor find en sich häufig erhöhtes Knoten, ähnlich einer Metastasierung. teiligt, in 5%ist dies die Erstmanifestation
ACE, Eosinophilie und Hypergammaglobu· (I Abb. 1cj. Klinische Befunde können
Jinämie mi t erhöhter BSG. Seltener sind Kutane Sarkoidase anteriore Uveitis (Iritis und lridozyk!itis),
Leukopenie, Anämie und Blutgasverände- posteriore Uveitis (Chorioretinitis), retinale
rungen. Diagnostisch lassen sich erhöhtes 20 % der Patienten zeigen bereits früh zeitig Vaskulitis und Keratokonjunktivitis sein.
ACE und Calcitrial nutzen . makulopapuläre Läsionen im Gesichtsbe- Unbehandelt führt die okuläre Sarkoidase zu
reich und an der Haargrenze. Pinkfarbene, sekundären Glaukomen, Katarakt und Er·
wachsartige Knötch en können das Gesicht, blindung.
Pulmonale Sarkoidase
Frühe Manifestationen sind hiläre Lymph-
adenopathie und retikuläre Zeichnungsver-
mehrung, in :::::50% der Fälle als Nebenbe-
fund eines Röntgenbilds. Symptome sind
Husten, seltener Dyspnoe oder Brustschmer-
zen. Im Verlauf können B-Symptomatik und
Muskelschwäche auftreten. Die Stadienein-
teilung erfolgt nach dem Röntgenbild:

t Stadium 1: hiläre Lymphadenopathie, oft


mit paratracheal rechts vergrößerten LK
("'50% der Erstdiagnosen, spontane Regres-
sion in :::::75%)
t Stadium II: hiläre Lymphadenopathie und
retikuläre Zeichnungsvermehrung, v. a.
apikal (;:::25 % der Erstdiagnosen, spontane I Abb. 2: Akuter M. Boeck mit Löfgren-Syndrom
Regression in"' 60 %) und Hyperkalzämie; beidseitige Sprungge lenk-
arthritis. [5]
Autoimmunr eaktionen
741 75

Löfgren-Syndrom
Diese Sonderform der Sarkoidase kommt häufiger bei jungen Men-
schen, v. a. Frauen, vor, hat eine gute Prognose und remittiert oft
spontan. Sie umfasst hiläre Adenopathie, wandernde Polyarthritis,
Fieber und kutan ein Erythema nodosum [EN; eine Pannikulitis).
Bei Männern ist sie seltener, da jedoch eher mit Gonarthritis und
ohne EN [I Abb. 2).

Sklerodermie
lnzidenz: 1-2/ 100000/a, Altersgipfel: 30 - SOJahre
Man kann ähnlich wie beim Lupus zwei Extreme unterscheiden:
systemische Sklerose und lokale kutane Formen: lokalisiertes Sklera-
derma [I Abb. 3). Zusätzlich gibt es viele sklerodermieassoziierte
und Overlap-Syndrome [z. B. Sharp-Syndrom).
Systemische Sklerose und lokalisiertes Skleraderma gehen mit ver-
dickter und verhärtender Haut einher. Sensitive Tests gibt es leider
nicht, einige spezifische Autoantikörper (Scl-70 und ACA) können
jedoch hilfreich sein.
Einige Medikamente können auch Fibrose auslösen. Bleomycin
führt häufig zu Lungenfibrose, Tryptophan zum Eosinophilie-Myal-
gie-Syndrom, sehr selten kann es bei Gabe von Gadolinium bei Dia-
lysepatienten zur nephrogenen systemischen Fibrose kommen.

Skleraderma
Lokalisierte Skleradermata werden nach betroffener Region und
Läsionsan eingeteilt.

~ Lineares Skleraderma ist die häufigste Form bei Kindern und führt
zu einer Haut- und Bindegewebsverdickung meist an einer Körper-
hälfte und dermatombezogen.
~ "En coup de sabre" ist eine Gesichtsmanifestation, die ihren Na-
men durch die Ähnlichkeit zu einer Säbelnarbe hat. Auch vor allem
bei Kindern auftretend, führt sie zu jahrzehntelang anhaltenden Ent-
stellungen, die an eine depressive Mimik erinnern.
~ Morphea beschreibt eine neu auftretende, plaqueartige bis flächige
Veränderung der Haut, die häufig am Stamm und an den Extremitä-
ten beginnt. Es können mehrere sklerosierende Herde als lokalisierte
Form auftreten, die dann zur generalisierten Morphea fortschreiten.
~ Morphea guttata ist eine papulöse Form an Schultern und Brust,
die Pigmentierungsstörungen aufweist, mit minimaler Sklerosierung.

Systemische Sklerose 1 Abb. 3: a) Typ ische Sklerodermie-Faeiesmit Tabaksbeutelmund [51 , b) aus-


geprägte kutane Sklerose, die zu Fingerkuppennekrosen lc) führen kann .

Die limitierte kutane Form der systemischen Sklerose tritt klinisch


häufig als CREST-Syndrom auf. Die akrale Sklerose kann zu Nekro-
sen führen. Zusammenfassung
Die diffuse kutane Form der Systemischen Sklerose ist eine schreck-
liche, progressive Erkrankung, die zu schwerer Beeinträchtigung der
a Sarkoidase ist eine systemische Erkrankung, die mit
Lebensqualität führt. Häufig kommt es zu Organfibrosen, vor allem nicht verkäsenden Granulomen einhergeht und jedes
von Lunge, Herz und gastrointestinalem System . Die Lungenfibrose Organ befallen kann.
führt zu Atemnot bei Belastung und pulmonaler Hypertension bis zu
einem Cor pulmonale mit Stauungsleber. Gastrointestinale Fibrose a Die akute Sarkoidase (Löfgren-5yndrom) manifestiert
führt zu Malabsorption mit Diarrhö. Eine wirklich effektive Therapie sich mit Fieber, Polyarthritis und Erythema nodosum.
gibt es nicht. Versuche mit hoch dosierten Zytostatika sind kasuis-
tisch erfolgreich.
a Sklerodermie führt zu einer Verdickung der Haut und
kanm lokalisiert oder in schweren Fällen diffus auf-
treten. Oft kommt es zu einem Organbefall.
Hämatologische Autoimmunreaktionen
Anämien Wärmeagglutinine Kälteagglutinine

Idiopathi sch 33,6% 18,8%


Aut oimmunhämolytische Anämie (AIHA)
Medikamenten induziert 7,6% 0,0%
Inzidenz: ~4/100000, höher im Alter: 15/100000 in> 70-Jäh- Karzi nome 3,9% 1,3%
rigen
Lymphome und CLL 6,2% 2,6%
Die AIHA wird durch Autoantikörper verursacht, die zur intra-
Akute Leukämien 0,5% 0,3%
vasalen Hämolyse und dem Entfernen der Erythrozyten durch das
RES führen. Man trennt die Antikörper nach Temperatur der bevor- OMF 0,7% 0,0%
zugten Reaktionsorte in Kälte- (v. a. lgM) und Wärmeagglutinine MDS 1,3% 0,2%
(v.a. IgG). Mycoplasma pneumoni ae 0,0% 1,6%
Laborchemisch fällt eine Anämie mit einer erhöhten Retikulozyten-
Andere Infektionen 0,9% 1,7 %
zahl auf. Die Lyse der Erythrozyten setzt LDH, Kalium und freies
Ko llagenesen 2,8% 0,9 %
Hämoglobin frei. Das freie Hämoglobin bindet Haptoglobin, das
dann nicht mehr nachweisbar ist. Der direkte Nachweis einer AIHA Coliti s ulcerosa 1,0% 0,1%
gelingt mit dem Coombs-Test. Ande re Autoimmunerkrankungen 1,3% 0,3%
Etwa die Hälfte der AIHA sind idiopathisch, bei der anderen Hälfte Nach Schwangerschaft 1,2% 0,8%
lässt sich eine Ursache finden (I Tab. I) .
Chroni sch es Nierenversa gen 1,6% 0,7%
AIHA tritt meist durch Wärmeagglutinine auf, bei Kindern und nach
Infekten mit M. pneumoniae kommen jedoch häufiger Kälteagglu- I Tab. 1: Ursac hen der AIHA.
tinine vor. Die häufigsten Ursachen der AIHA bei Erwachsenen sind
lymphoproliferative Erkrankungen (v. a. CLL) und bestimmte Medi-
kamente (Beta-Laktame, NSAID, Fludarabin und Ouinin). Blutplättchen und/oder Megakaryozyten verursacht. Oft erkennen
die Antikörper thrombozytäre Glykoproteine wie GP!lb/Illa.
Perniziöse Anämie Die ITP tritt häufig kurz nach Atemwegs· und Darminfekten auf.
Auch Assoziationen mit H. pylori, HIV und HCV wurden beschrie-
lnzidenz: bei> 60-Jährigen: "'4% bei Frauen, "'2% bei Männern; ben . Vor allem eine med ikamenteninduzierte Thrombopenie sollte
selten bei Asiaten und Hispaniern ausgeschlossen werden.
Die perniziöse Anämie (M. Biermer) entsteht meist durch Autoanti- Die Symptome reichen von asymptomatischen Petechien über
körper gegen gastrale Parietalzellen (Typ-A-Gastritis), gegen den massives Zahnfleischbluten bis zu lebensgefährlichen Blutungen
intrinsischen Faktor (IF) oder durch eine von H. pylori verursachte (I Abb. l ). Es kommt zu mukokutanen Blutungen, Epistaxis,
Gastri tis (Typ-B-Gastritis) . Die Zerstörung der Parietalzellen und die Menorrhagie, gastrointestinalen Blutungen, Hämaturie und in
Autoantikörper führen zu einem Mangel an IF, der zur Stabilisie- etwa 1% der Fälle zu intrakraniellen Blutungen. Im Gegensatz zu
rung von Vitamin B12notwend ig ist. Alkoholabusus kann durch die
Typ·C-Gastritis auch zu Vitamin-B 12-Mangel führen.
In älteren Personen findet sich oft ein subklinischer Vitamin·B 12·Man-
gel, der durch gastrointestinale Atrophie, Infektionen und Medika-
mente verursacht wird. Da die Resorption vor allem im terminalen
Ileum erfolgt, führen en tzündliche Darmerkrankungen ebenfalls zu
Vitamin-B12·Mangel.
Vitamin-B12· und auch Folatmangel führen zu einer makrozytären,
hyperchromen Anämie mit einem MCV von > l 00, oft> 115 11.
Im Blutbild sieht man typische Makroovalozyten und hypersegmen-
tierte Neutrophile, selten Megaloblasten. Die Makrozytase kann
jedoch durch Eisenmangel oder Thalassämie maskiert sein. Oft
kommt es zu neurologischen Symptomen (Polyneuropathie, Ataxie,
bis zu einer funikulären Myelose) und Hunrer·Giossitis.
Spezifische Tests sind Plasmaspiegel von Vitamin B12 und Folat, der
Schilling-Test (radioaktiv markiertes Vitamin B1 2 wird oral verab-
reicht und im Urin nachgewiesen) und Autoantikörpernachweise.
Antikörper gegen den IF haben eine mäßige Sensitivität, jedoch eine
sehr hohe Spezifität. Die LOH ist in der Regel durch den hohen Um-
satz im Knochenmark vierstellig erhöht.
1: a) Pl asma ti sche Gerinnu ngsstö-
rungenführen zu Purp ura bis Ekc hymosen
Thrombozytopenie [4 ], b) Thrombopenien führe n zu Petec h ien
vor allem an den Unterschenke ln. [M it '
Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) freundlicher Genehm igung von Dr. D. Schoe-
ler, Cha rite Universitätsmed izi n Berl in]
Inzidenz: > 2,2/100000, Prävalenz: "'10/100000, 70% sind c) ITP fü hrt zu ausgeprägter St eigerung der
Frauen, "'50% sind Frauen< 40 Jahre Megakaryopoese (große, mehrkernige Zel-
Die ITP (M. Werlhof) wird durch Autoantikörper (meist IgG) gegen len). [21
Auto immunreaktionen
76 177

Thrombopenien z. B. durch Leukämien sind die Blutungen meist kroangio pathische hämolytische Anämie ohne andere Ursachen auf·
mild , da die noch vorhandenen Plättchen frisch aus dem Knochen- treten. Die Therapie mit Plasmaaustausch und Faktorenersatz hat
mark stammen und so ausgesprochen fu nktionell sind. So treten die Mortalität von > 90% auf nun I 0% gesenkt.
Blutungen in der Regel erst bei < I 0/nl auf.
Die Diagnose ist bei einer reinen Thrombopenie nach Ausschluss
anderer Ursachen und bei sonst normalem Blutbild sehr wahrschein·
Neutropenie
lieh. Es können Antikörper direkt im Serum oder auf der OberOäche Inzidenz: ~ II I 00 000, häufiger bei Kindern
der Plättchen nachgewiesen werden, jedoch ist die klinische Rele· Neutropenie ist definiert als eine Neutrophilenzahl < 1500/Jll,
vanz unklar. EDTA kann zu einer Pseudothrombozytopenie führen, von "schwerer Neutropenie" oder Agranulozytose spricht man bei
die im Ausstrich ausgeschlossen werden kann (0, I% der Bevölke· < 500/pl. Die meisten Neutropenien sind iatrogen, jedoch gibt es
rung haben EDTAAgglutinine ). In älteren Patienten sollte ein MDS primäre Autoimmunneutropenien (AIN) , die meist durch Anti-
ausgeschlossen werden, das aber in der Regel zu weiteren Blutbild· Neutrophile-Antikörper verursacht werden.
pathologien (Leukopenie oder Anämie) führt. 40 %der jungen Pa· Vor allem bei Kindern tritt die AIN als benigne Erkrankung mit
tienten mit ITP sind ANA·positiv und bis zu 12% entwickeln einen zyklischen Neutropenien auf, die oft einige Tage dauern. Es kommt
SLE. zu Infektanfälligkeit, wobei bakterielle Infektionen typisch sind.
Bei Erwachsenen gibt es nur selten eine AIN, meist in Zusammen·
Thrombotisch-thrombozytopene Purpura (TTP) hangmit Autoimmunsyndromen wie Lupus. Es gibt jedoch eine
und hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) chronische AIN, die vor allem in Frauen mit milden Symptomen
und Neutrophilenzahlen von 500- 1000/ j.JI imponiert. Sehr selten
Inzidenz: ::::2/ 100000, zunehmend (HUS) tritt eine pure Leukozytenaplasie mit schweren Neutropenien und
TTP (M. Moschkowitz) und HUS (M. Gasser) sind unterschiedliche fehlender Granulopoese im Knochenmark auf.
Ausprägungen des gleichen pathogenetischen Prozesses. Unter·
schiedlich jedoch ist das HUS der Kinder, das mit blutiger Diarrhö
oft durch ein Shiga-Toxin von EHEC verursacht wird. Neutropenes Reber bei schwerer Nlt\ltropenie mui!S statlonin nlt
Patienten mit ausgeprägter neurologischer Symptomatik werden breit wirksamen, intravenösen Antibiotika behandelt Werden!
eher als TTP, Patienten mit dominierender renaler Betei ligung eher
als HUS diagnostiziert. In seltenen Fällen kommt es zu beiden Ma-
Neonatales Alleimmunsyndrom
nifestationen, die man dann als "TTP-HUS" bezeichnet.
Die Symptome sind eine Pentade mit Thrombozytopenie, mikro- Inzidenz der neonatalen Alloimmunneutropenie: 200/ 100000
angiopathischer hämolytischer Anämie, neurologischen Symptomen, Ein Alloimmunsyndrom entsteht durch diaplazentaren Transfer von
Nierenfunktionsstörung und Fieber. matemalern IgG, das patemale Antigene auf kindlichen Zellen er-
Die Ätiologie ist in etwa 37% der Fälle idiopathisch. Sekundär kennt.
tritt es in 13% durch Medikamente, in 13% mit anderen Auto- Am bekanntesten ist die durch ein Rh-Antigen- vor allem des Typs
immunsyndromen, in 9% nach Infekten, in 7%nach Schwanger- D- verursachte Hämolyse. Diese entsteht, wenn eine rh-negative
schaft, in 6% durch EHEC und in 4% nach Stammzelltransplantation Mutter ein Rh-positives Kind bekommt. Zuvor ist eine Alloimmuni-
auf. sierung notwendig, z. B. durc h eine vorangegangene Schwanger·
Als Ursache wird eine fehlende proteolytische Spaltung des von schalt mit Rh+·Fötus. Die Hämolyse führt zur oft letalen Erythro-
Endothelzellen sezernierten von-Willebrand·Faktors (VWF) ange· blastosis feta lis mit Organomegalie, Anämiezeichen und hyperakti-
sehen. Zu große VWF·Komplexe aktivieren die Gerinnung, daher ver Erythropoese durch den Versuch, die hämolysierten
gibt es bei Gesunden Proteasen, die solche Komplexe immer wieder Erythrozyten auszugleichen. Etwa 15% der Frauen sind rh-negativ
spalten. und gefährdet. Die Reaktion kann durch Prophylaxe mit Rh(D )-Jm-
Das Enzym ADAMTS 13 spaltet VWF und wird in TTP bzw. HUS munglobulin verhindert werden.
durch Antikörper blockiert. Die großen VWF-Moleküle führen zu Bei neonatalen Alloimmunthrombozytopenien und Neutropenien
Thrombozytenaggregaten und Scherkräften in den Kapillaren . Die werden andere patemale Antigene durch den "Nestschutz" der
Erythrozyten werden mechanisch zerstört und es kommt zu Throm- Mutter erkannt. Die Therapie überbrückt die Zeit bis zum Abbau
bosen. Im Ausstrich kann man die Erythrozyten als fragmentierte der matemalen autoreaktiven Antikörper und erfolgt bei schwerem
Zellen, "Eierschalen" bzw. Schistozyten sehen. Mangel durch Transfusion der betroffenen Zellen (Erythrozyten und
Die Diagnose wird meist gestellt, wenn Thrombozytopenie und mi· Thrombozyten, selten Granulozyten).

Zusammenfassung
X Häufigere hämatologische Autoimmunphänome betreffen Erythrozyten
(AIHA, perniziöse Anämie), Thrombozyten (ITP) und VWF (TTP und HUS).
So kommt es oft zu Anämie bzw. Thrombopenie mit Blutungen (ITP) oder
Thrombosen (TTP /HUS).
X Neutropenien sind selten, kommen aber bei Säuglingen vor.
Neurologische Autoimmunreak tionen
Multiple Sklerose (MS) zugehen . Die aktiven Läsionen sind hyperintens in T2-Wich tung
und hypointens bis kaum sichtbar in Tl . Gadolinium reichert sich
Prävalenz: "'60- ISO/ I00 000, mittleres Erkrankungsalter: 30 Jahre eher in aktiven als in inaktiven Läsionen an. Typisch ist das parallele
MS ist eine demyelinisierende Erkranku ng des ZNS, bei der auto- Vorhanden sein von verschieden alten Läsion en an unterschiedlichen
reak tive T-Zellen Teil des pathogenetischen Mechanismus sind. Stellen (McDonald-Kriterien).
Viele Fakten sprechen für eine Autoimmungenese, jedoch deuten Im Liquor kann man in :::o90%der Fälle oligoklonale Banden nach-
die starken regionalen Unterschiede in der lnzidenz sowie die lnef· weisen. Diese können im Serum fehlen [intrathekale Synthese) oder
fektivität einer reinen T-Zell-lmmunsuppression auf Umweltfaktoren nur im Serum auftreten (Blut-Hirn-Schrankenstörung). Auch können
hin (chronische Virusinfektion). monoklonale Gammopathien gefunden werden.
Die Ätiologie ist unbekannt. Es wurden viele genetische Risikofakto- Funktionell kann man durch evozierte, v. a. visuell evozierte Poten -
ren beschrieben (u. a. MHC-Kiasse-11- und IL-7-Rezeptor-AIIele). ziale MS-typische Befunde nachweisen.

Symptome Verlauf
Erste Symptome sind meist subakute, bewegungsabhängige einsei- Per definitionem dauert ein Schub mindestens 24 Stunden. Er er-
tige Augenschmerzen [Optikusneuritis), Sehstörungen mit Doppel- reicht oft innerhalb von Tagen bis Wochen die maximale Sympto-
bildern/ Skotomen und Parästhesien (Taubheit bis zu neuropathi· matik, die sich dann verschieden stark zurückbildet. Der Verlauf ist
sehen Denervationsschm erzen) . Schwi ndel, Hörstörungen, Gang· swk variabel, im Durchschnitt kommt es alle zwei Jahre zu einem
ataxie und Paresen tre ten meist später auf. Schub. Auch wenn 85% der Patienteninitial diesen schubweisen
Suggestiv für eine MS sind: wechselhafter Verlauf, Beginn im Alter Verlauf haben, leiden viele später an einer sekundär progredienten
zwischen 15 und 50 Jahren, Optikusneuritis, Lhermitte-Zeichen, in- MS. Etwa I0%der Patienten leiden an einer pri mär progressiven
tern ukleäre Ophthalmoplegie, Schwäche und Uhthoff-Phänomen. MS, die mit einzelnen Plateauphasen einhergeht. in seltenen Fällen
Die Optikusneuritis geht mit subakuten asymmetrischen Schmerzen tritt eine benigne MS auf, bei der es zu nur einem Schub kommt
bei Augenbewegung und oft zentralen Skotomen einher. Meist fin- und auch nach 15 Jahren kein Funktionsverlust auftritt.
det sich ein e afferente Leitungsstörung beim Flashing-light-Test [Mar-
cus-Gunn-Pupille). lnternukleäre Ophthalmoplegie führt zu einer Therapie
verzögerten horizontalen Augenbewegung, vor allem bei Adduktion
im betroffenen Auge, und zu einem horizontalen Nystagmus im ab- Die Behandlung erfolgt in akuten Schüben mit Steroiden, chronisch
duzierten Auge. Bei bi lateralen Läsionen tritt ein vertikaler Nystag- mit ß-lnterferon, Glatiramer und monoklonalen Antikörpern. Gla-
mus beim Aufwärtsblick auf [besonders suggestiv für MS). Das Lher- tiramer ist ein Mix aus vier Aminosäuren langen Peptiden, die dem
mitte-Zeichen ist positiv, wenn bei starker Nackenflexion ein elektri- basischen Myelin-Protei n ähneln sollen. Es soll funktionell antagonis-
sierender Schmerz die Wirbelsäule entlang in die Beine schießt. tisch zur Myelin-Epitop-Präsentation aufT-Zellen wirken und über
Beim Uhthoff-Phä nomen kommt es durch geringe Temperaturerhö- eine Verstärkung der Th2-Antwort die schädliche Th I-Antwort re-
hung zur Verstärkung der Symptome. duzieren. Eingesetzte monoklonate Antikörper blockieren a-4-lnte-
Kontinenz und sexuelle Fun ktionen sind oft gestört. In etwa der grine (Natalizumab), den hochaffinen IL-2-Rezeptor (Daclizumab),
Hälfte der Patienten kommt es zu milden kognitiven Verlusten und binden an CD52 (Alemtuzumab) oder an den B-Zell-Rezeptor CD20
in zwei Dritteln zu Depression bei initialer Euphorie. (Rituximab). Die Effektivität von Natalizumab wurde in großen Stu-
dien bestätigt, jedoch tritt selten eine fulminant vertaufende PML
Diagnose auf. Außerdem werden eine Vielzahl von Immunmodulatoren und
auch Zytostatika eingesetzt.
Am aussagekräftigsten ist die MRT. MS-typische Läsionen finden Da die Entzündung in der früh en Phase besonders ausgeprägt ist,
sich zerebral meist periventrikulär sowie spinal (I Abb. I ). Zerebral sollte die Behandlung der MS früh und aggressiv erfolgen, um
scheinen die ovalen Herde kranzförmig vom Corpus callosum aus- irreversible Schädigung zu vermeiden.

Myasthenia gravis
lnzidenz: "'2/100000/a, Prävalenz: "'20/ 100000, leicht anstei-
gend
Die Myasthenia gravisist die häufigste Erkrankung der neuromusku-
lären Schnittstelle. Autoantikörper gegen den Azetylcholinrezeptor
(AChR) blockieren die Erregungsübermittlung. So kommt es zu
Lähmungen der Muskulatur. In seltenen Fällen können auch AChR-
assoziierte Proteine betroffen sein, sodass die Patienten dann keine
AChR-Antikörper haben und als "seronegativ" bezeichnet werden.
Es gibt eine transiente neonatale Form, die durch diaplazentaren
Transfer von matemalen Antikörpern verursacht wird.
Wegen der großen motorischen Einheiten treten die ersten Sympto-
me meist am Auge als Ptose und Diplopie auf. Sie sind in den Abend-
stunden aufgrund der Erschöpfung meist stärker ausgeprägt. Oft
komm t es auch zu Dysarthrie, Dysphagie und Erschöpfung der Kau-
1 Abb. 1: Typi sche Entmarkungsh erde periventrikulär und an der Rinden-
muskulatur. Durch Lähmung der Gesichtsmuskulatur wirken die
Mark-Grenze (Pfeile). [2 ]
Autoimmunre akt ionen
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Patienten maskenhaft, auch die Halsmusku-


latur ist oft betroffen.
Die Erkrankung kann auf die Augen be-
schrän kt bleiben oder generalisieren . Es
kommt dann zu Lähmung der Extremitäten-
und - besonders bedrohlich - der Atem-
muskulatu r. Diese Progression dauert meist
Jahre mit wechselhaftem Verlauf. Etwa
I0-15% der Patienten haben ein Thymom,
das in diesen Fällen als Ursache angesehen
wird.
Laborchemisch kan n man Anti-AChR-Anti-
körper nachweisen. Ein funktionel ler Test
mit einem kurz wirksamen Azetylcholineste-
rase-Inhibitor (Tensilon®) und elektrophysio-
logische Studien bestätigen die Diagnose
(I Abb. 2).
Es gibt vier Therapiemodalitäten: sympto-
matische Therapie mit Azetylcholinesterase-
Inhibitoren, chronische Immuntherapie mit
Steroiden , rasche Immuntherapien (Plasma- I Abb. 2: Myasthenia gravis pseudopara lytica: a) Vor Gabe von Tensilo n fa llen Ptose und Bulbusdeviat ion
austausch, Immunglobuline) und Thymekto- auf; b) prompte Besserung nach Ten si lon-lnjektion. [5 ]
mie v. a. bei Thymom.

Periphere Neuropathien
Extremitäten und Beatmungspflichtigkeit sen, di e auch zur Differenzierung der GBS-
Guillain-Barre-Syndrom (GBS) bei Beteiligung der Atemmuskulatur (in Syndrome hilfreich sind. Auch Elektromyo-
"'30%). gramme und Messungen der
Inzidenz: "' I ,3/1 00000/ a Die Paresen beginnen in typischen Verläu- Nervenleitgeschwindigkeit können die Syn-
Alle akuten , immunvermittelten peripheren fen in den Beinen und erreichen die maxi- drome differenzieren .
Neuropathien werden als "Guillain-Barre- male Symptomatik oft nach 2- 4 Wochen. Die Therapie erfolgt durch intravenöse Im-
Syndrom" (GBS) bezeichnet; GBS stellt also Danach kommt es meist zu einer Spontan- munglobuline oder Plasmaaustausch.
eine heterogene Gruppe dar. Die häufigste remission, die Mortalität liegt bei "'5 %.
Form ist mit 85 %der Fälle die akute ent- 50%der Patienten entwickeln Paresen der
zündliche demyelinisierende Polyradikulo- Gesichts- und Oropharyngealmuskulatur.
Chronische entzündliche
neuropathie (AIDP), die bei längerem Ver- Augenbewegungsstörungen sind selten. Rü· demyelinisierende Polyradi-
lauf in die chronische CIDP übergeht (s. u.). ckenschmerzen und Parästhesien an den kulaneuropathie (CIDP)
Man unterscheidet die Polyneuropathie vom Händen kommen häufig vor, ansonsten sind
AIDP-Typ, vom axonal-motorischen und sensorische Manifestationen ungewöhnlich. Inzidenz: ",Q,S/ 100000/ a, Prävalenz:
vom axonal-sensorisch-motorischen Typ. Ein In 70%der Patienten kommt es zu schweren ;::;2-4/1 00 000
GBS-ähnliches Syndrom ist das Miller-Fisher- autonomen Dysfunktionen, die durch Ar- Die CJDP ist eine chronisch rezidivierende
Syndrom, das mit Ophthalmoplegie, Ataxie rhythmien zum Herztod führen können. Autoimmunerkrankung, die dem GBS äh-
und Areflexie einhergeht. In der Liquorpunktion findet sich eine Woche nelt. Bei der CJDP dauert es per definitio-
GBS tritt meist postinfektiös als monopha- nach Symptombeginn eine sog. albumino- nem länger als acht Wochen, bis die maxi-
sische, lähmende Erkrankung auf. Die zytologische Dissoziation: erhöhtes Eiweiß male Symptomatik erreicht ist; meist ist der
Paresen sind symmetrisch mit Verlust der bei normalen Zellzahlen. Laborchemisch Verlauf von mehreren Rezidiven geprägt.
Sehnenreflexe und reichen von milden Geh- kann man im Serum eine Vielzahl von gly- Symptome und Therapie sind dieselben wie
störungen bis zu schweren Piegien aller kolipidreaktiven Autoantikörpern nachwei- beim GBS.

Zusammenfassung
tc Die häufigste Autoimmunerkrankung des ZNS ist die MS, die meist schub-
förmig verläuft und oft durch Augenschmerzen und Sehstörungen auffällt.
tc Lähmungen treten bei Myasthenia gravis (Autoantikörper blockieren die
neuromuskuläre Schnittstelle) sowie bei GBS und CIDP (periphere Neuro-
pathien) auf.
Nephrologische Autoimmunreaktionen
Die Autoimmunreaktionen der Niere werden nach der pathologi- Lichtmikroskopisch zeigt sich eine durch Ablagerung von lgG verur-
schen Morphologie benannt. Man unterscheidet glomeruläre von sachte, diffuse Verdickung de r glomerulären Basa lmembran (GBM)
tubulären Schäden. Viele der Erkrankungen führen zur terminalen ohne Proliferation oder Infiltrate. Das IgG kann Komplement binden
Niereninsuffizienz (TN I) mit Dialysepflichtigkeit. und aktivieren, jedoch bindet es an die Podozyten, also subepithe-
lial, und ist vom Blut durch die GBM ge trennt. So können di e Che-
motaxine C3a und C5a nicht von Monozyten oder NeutraphiJen
Glomerulopathien erkannt werden und es tritt kein Infiltrat auf.
Inzidenz :>: 250/ 100000/a Die MN ist meist idiopathisch, kann sekundär aber durch bestimmte
Man unterscheidet segmentale (einen Teil des Glomerulus betreffen- Medikamente (Gold, Penicillamin, Captopril und NSAID ), HBV-An-
de) sowie globale (den gesamten Glomerulus betreffende) Glome- tigenämie oder Malignome verursacht werden.
rulopathien von fokalen (einige Glomeruli betreffende) und diffusen Sie führt zu variablen Proteinurien von grenzwertig erhöht bis zu
[alle Glomeruli betreffende) Schädigungen, 20 g/d. Im Sediment fi nden sich neben hyalinen Zylindern häufig
Fokale Glomerulopathien führen meist zu einer geringeren Protein- Wachszylinder [durch Lipidurie) sowie in 50%eine Hämaturie, je-
urie (< I,5 g/d ) als diffuse. Massive Proteinurie wird durch ACE- doch ohne Erythrozytenzylinder.
Hemmer oder AT IR-Antagonisten gemildert und die Progression in bis zu 50% der Patienten kommt es spontan zu partiellen und
wird verlangsamt. selten zu kompletten Remissionen. Die Wah rscheinlichkeit eines
TN I nach fünf Jahren liegt bei 14%. Therapie mit hoch dosiertem
Nephrotische Syndrome Prednisolon, Chlorambucil oder Cyclophosphamid erfolgt v. a. bei
histologisch starker tubulointerstitieller Beteiligung, männlichem
Foka l-s egm entale Gl omerulasklerose (FSGS) Geschlecht, Alter> 50a und Proteinurie von > 8 g/d.
Ursächlich für:>: 12 (EU) bis 35% (USA) der nephrotischen Syn-
drome Andere Ursachen
Die FSGS kann primär (idiopathisch) ohne erkennbare Ursache oder Lupusnephritis [ursächlich für:>: 14% der nephrotischen Syndrome),
sekundär als Reaktion auf glomeruläre Hypertonie oder Hypertro- membraneproliferative Glomerulanephritis (z 7%), Amyloidase
phie (bei renaler Progression) au ftreten. Primäre FSGS präsentiert ["'6%) und lgA-Nephropathie (:>:6%).
sich im Gegensatz zur sekundären schnell progredient als deutliches
nephrotisches Syndrom mit massiver Proteinurie(> 3,5 g/d), Hypo-
albuminämie und Ödemen. Nach fünf Jahren sind"' 30%, bei massi-
ver Proteinurie(> I 0 g/d) über 90% der Patienten zu einer TN I
fortgeschritten.
Nur bei pri märer FSGS si nd Steroide und Ciclosporin effektiv. Ein
Ansprechen auf die Therapie kann anhand verringerter Proteinurie
nach 3-4 Monaten festgestellt werden . Etwa 20% zeigen ein voll-
stä ndiges Ansprechen (Proteinurie< 200 mg/d), 40 %ein teilweises
(< 3 g/d). Bei Ansprechen kann ein Funktionserha lt der Niere nach
zehn Jahren in > 90% der Patienten erreicht werden.

Min ima l-Change- Nephropathie (MCD)


Ursächlich für"' 16% (bei Kindern< I Oa: z90%) der nephrotischen
Syndrome
Die MCD hat ihren Namen von den geringen Veränderungen, die
man lichtmikroskopisch und immunzytologisch finden kann. In der
Elektronenmikroskopie zeigen sich dagegen charakteristische Epi·
thelzellfusionen.
Ätiologisch wird bei primärer MCD eine T-Zell-Dysfunktion disku-
tiert, die durch Th2-Zytokine (v. a. IL- 13) zur Podozytenfusion füh-
ren soll. Ähnliche Theorien für einen löslichen pathogenen Faktor
gibt es für die primäre FSGS, sodass beide Syndrome als Varianten
einer Erkrankung angesehen werden. Sekundär kann die MCD
durch Substanzen verursacht werden [v. a. NSAID, COX-2-Inhibito-
ren, Antibiotika, IFNy, Lithium und Bisphosphonate).
Klinische Manifestation und Therapie erfolgen wie bei der FSGS.
MCD hat jedoch einen explosiveren Beginn, mit stärkerer Protein-
urie(> 20 g/d), Hypoalbuminämie [< 1,5 g/dl) und Hyperlipidämie
durch Apolipoproteinverlust Mikroskopische Hämaturie tritt wie
bei jeder rapiden Veränderung am Glomerulus auf. Es kommt zu
nur leicht erhöhten Kreatininwerten und in nur 18% zu einem aku- I Abb. 1: Urinsed imente: a) Harnwegsinfekt mit Leukozyten und Bakterien,
ten Nierenversagen [ANV). b) Le ukozy tenzyl inde r, c) Parasitene ier (Enterobius vermicula ris), d) Pilz-
hyphen (am häufigsten Aspergi llus terre us), e) Akanthozyten, f) große Erythro-
zytenzylinder, g) Myoglobi nzylin der, h) Wachszylinder. [M it freund lic her Geneh-
Membranöse Nephropathie (MN) migung von Prof. Sch indler, Nephrologie Charite Universitätsmedizin Berl in]
Ursächlich für z24% der nephrotischen Syndrome
Autoimmunreaktionen
80 I 81
I Abb. 2: Lineare (a) und noduläre (b) Ablagerun-
gen von lgG in der lm munfl uo reszenz. [11]

Nephritische Syndrome t Typ 2: lmmunkomplex-RPGN, die durch meist durch Medikamente (v. a. ß-Laktame,
Ablagerungen von Immunkomplexen meist Rifampicin, Sulfonamide, Ouinolon, NSAID,
Nephritische Syndrome sind häufig die Ur- bei systemischen Entzündungszuständen Cimetidin, Allopurinol, Protonenpumpen-
sache für ANV und führen zu glomerulären wie Post-Streptokokken-GN, Lupus, IgA- hemmer, Indinavir und 5-Aminosalicylat), in
Blutungen. Die ausgetretenen Erythrozyten Nephropathie oder Kryoglobulinämie verur- :::: 15%durch Infektionen (Legionellen, Lep-
werden in den Tubuli verformt und zu Zylin- sacht wird (I Abb . 2b) tospiren, CMV und Streptokokken) verur-
dern gestaucht Diese sind im Urin als sog. t Typ 3: pauci-immune RPGN; eine nekroti- sacht wird.
aktives oder nephritisches Sediment in Form sierende GN mit wenigen bis keinen Immun- Klinische Symptome entwickeln sich meist
von Erythrozytenzylindern und Akanthozy- ablagerungen, die oft pANCA-positiv ist und wenige Tage bis Wochen nach Einnahme,
ten (Micky-Maus-Zellen) zu sehen (I Abb. 1) . so zum Wegener/ MPA-Komplex gerechnet können aber bereits am nächsten Tag (bei
wird . Es finden sich paravaskuläre Lympho- Rifampicin) oder bis zu 18 Monate später
zyteninfiltrate als Zeichen einer Vaskulitis. (bei NSAID) auftreten. Sie sind urämischen
t Typ 4: seltene Mischform zwischen Typ 1 Charakters, klinisch dominieren eine leichte
und 3. Proteinurie< I g/d, eine Eosinophilie im
t Idiopathisch: Typ 2 mit unbekannter Urinsediment, selten auch im Blut, und ein
Ursache oder Typ-3-ähnlich mit negativen akuter Anstieg des Kreatininwerts. Die Dia-
lgA-Nephropathie pANCA. gnose wird mittels Nierenbiopsie gestellt,
Häufigste Ursache für eine Giomeruloneph- therapeutisch kommen neben sofortigem
ritis (GN), Erkrankungsgipfel im Alter von Klinisch gibt es oft einen wochenlangen Vor- Absetzen der Medikamente Steroide zum
20-30 Jahren lauf mit Ödemen und Schwäche, gefolgt von Einsatz.
Reversible IgA-Ablagerungen finden sich einer akuten Dekompensation mit vermin-
häufig in Gesunden. Zur Entstehung einer derter Urinausscheidung, Bluthochdruck
IgA-Nephropathie sind weitere Faktoren not-
Renale Progression
und Makrohämaturie. Man findet hohe, stei-
wendig: zirkulierendes IgA mit mesangialer gende Kreatininwerte und ein aktives Urin· Wenn durch irgendeine Erkrankung 80%
Ablagerungsneigung, fehlerhafte Entfernung sediment Die Therapie sollte rasch mit hoch der Nephrone zerstört sind, kann es in
des lgA aus der Zirkulation sowie eine dosierten Steraiden und Cyclophospham id einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren zu
fehlerhafte Antwort der Niere. Die lgA- begonnen werden, nachdem eine Biopsie einer TNI kommen, d. h., auch die restli-
Ablagerungen führen zu glomerulärer Fibro- gesichert wurde. Bei Typ 1 kann man eine chen, zunächst ausgesparten Nephrone
se und in "'50% zur TNL Merkmal ist eine Plasmapherese durchführen. werden geschädigt. Die Hyperfiltration und
symptomlose Makrohämaturie, oft nach damit die Progression können durch ACE-
einer Atemwegserkrankung (synpharyngi- Hemmer und ATIR-Antagonisten verringert
Interstitiel le Nephritis
tische Hämaturie). Die Therapie erfolgt mit werden.
Steroiden, in schweren Fällen mit Cyclo- Prävalenz :::: I I I 00 000
phosphamid. Akute interstitielle Nephritis ist eine aller-
gische Reaktion im renalen Interstitium, die
Rasch progrediente Glomerula-
nephritis (RPGN)
Die RPGN ist ein rasch verlaufendes Nieren-
versagen. Histologisch findet man charakte-
Zusammenfassung
ristische Halbmonde ("crescent") am Glo-
merulus, die Reparaturversuche darstellen. a Je nach Proteinurie und Sediment unterscheidet man rasch verlaufende
Mehrere rasch verlaufende GN führen zu nephritisehe (wenig Proteinwrie, Hämaturie) von langsam verlaufenden
Halbmonden und werden zur Gruppe RPGN
zusammengefasst: nephrotischen Syndromen (massive Proteinurie).
a Nephritische Syndrome sind meist Folge eines akuten lmmungeschehens.
t Typ 1: Anti-GBM oder Goodpasture-Syn-
drom, das oft mit Lungenbeteiligung einher- • Nephrotische Syndrome können Folge eine~ chronischen Medikamenten-
geht und meist durch Antikörper gegen Typ- toxizität oder von Hypertonie sein.
IV-Kollagen verursacht wird (I Abb. 2a)
Endokrinalogische Autoimmunreaktionen
Belastung und variablen gastrointestinalen schmerzloser Struma. Anfangs kann es
M. Addison
Symptomen (Übelkeit, Erbrechen und durch Follikeluntergang zur Hormonfreiset·
Prävalenz: ::::5-12/100000 Bauchkrämpfen ). Diarrhö und Obstipation zung und so zur Hyperthyreose kommen
NNR-Insuffizienz wird in ::::80% der Fälle wechseln sich ab. Der Blutdruck ist meist im (sog. Hashitoxikose). Eine Behandlung mit
durch eine Autoimmunreaktion, sonst meist unteren Normbereich bis hypoton, in fast Thyreostatika ist nicht wirksam, da die Syn-
durch Tuberkulose verursacht. Die Reaktion allen Patienten fallen Hyponatriämie und these und das TSH bereits verringert sind.
zerstört meist alle drei Schichten und ist in Hyperkalzämie mit leichter hyperchlorämi· Etwa 5% der Patiente n schreiten pro Jahr zu
SO% der Fälle, vor allem bei Frauen, noch scher Azidose auf. Die Patienten versuchen, symptomatischem Hypothyreoidismus fort.
gegen andere endokrine Drüsen gerichtet möglichst viel Salz aufzunehmen, und ha- Laborchemisch lassen sich meist hochtitrige
(s. u. ,. Polyglanduläres Autoimmunsyn- ben durch die vermehrte Vasopressinsekre- Autoantikörper (Antithyreoperoxidase oder
drom"). tion ein verstärktes DurstgefühL In bis zu Antithyreoglobulin) gegen mindestens ein
Autoantikörper gegen steroidproduzierende 40%der Fälle kommt es zu psychiatrischen Schilddrüsenautoantigen nachweisen. Histo·
Enzyme lassen sich in bis zu 75% der Fälle Symptomen wie Depressionen, Psychosen logisch find en sichT-und B·Zell-lnfiltrate.
finden und sind recht spezifisch. Vor allem oder mnestischen Störungen. Eine milde Variante der Hashimoto·Thyreo-
CYP21 A2, die 21-Hydroxylase, ist häufiges Fast alle Patienten weisen v. a. an den son- iditis ist die Postpartum·Thyreoiditis, die
Ziel der humoralen An twort. Autoantikör- nenexponierten Stellen und auch an unge- innerhalb von Jahren zur Hypothyreose
perpositive Patienten schreiten mit 19%pro wöhnlichen Stellen, v. a. an der Mund· führt und in::::: 7% der Mütter auftritt. Ty-
Jahr zu einer NNR-Insuffizienz fort. Bei schleimhautund an Reibe·/Druckstellen pisch ist eine Hyperthyreose, die I - 4 Mona-
M. Addison finden sich lym phozytäre Infil· (Knie, Ellenbogen, Hüfte), eine verstärkte te nach Geburt auftritt, etwa 2- 8 Wochen
trate in den Nebennieren. Eine de utliche Pigmentierung auf. Im Rahmen der Autoim- anhält und von einer Hypothyreose gefolgt
HLA-Assoziation wurde beschrieben (HLA munreaktion kommt es in:::: 20% zu Vitiligo wird. In mehr als der Hälfte der Fälle wird
B8, ·DR3- und ·DR4-Allele). (I Abb . 1). jedoch nu r die milde Hypothyreose sym·
Die Immunreaktion beeinträchtigt zuerst ptomatisch, es kann zu einer verminderten
die Zona glomerulosa und es kommt durch Muttermilchproduktion kommen.
Autoimmunthyreo iditis
Aldosteronmangel zu erhöh ter Plasmarenin- Aktivierende Autoantikörper gegen den
aktivität. Einige Monate bis Jahre später Je nach pathogenetischem Mechanismus TSH-Rezeptor führen zum M. Basedow und
führt die Zerstörung der Zona fasc iculata zur und Zielstrukturen kann man hauptsächlich sind spezifisch für die Erkrankung. Es
verringerten Kortisolsekretion und später zu vier Autoimmunsyndrome unterscheiden. kommt zu diffuser Struma, Hyperthyreose
ei nem Anstieg von ACTH. In der Regel tre- Die Zerstörung der Thyreozyten führt zu und selten zu einem meist prätibialen Myx-
te n dann die ersten Symptome auf. einer Hypothyreose, dagegen führt eine Au· ödem. Durch Kreuzreaktion der Autoanti·
Die Symptome sind meist mild mit schlei· toimmunreaktion gegen die Follikelzellen körpermit re troorbitalem Gewebe kommt
ehendem Verlauf, es kann jedoch v. a. in durch Freisetzung des gespeicherten Hor· es durch dessen Schwellung zum Exophtha]-
Stresssituationen zu einer adrenalen Krise monsoder Stimulation des TSH-Rezeptors mus. Histologisch findet sich eine geringere
bis zum prominenten Schock mit Anorexie, zu einer Hyperthyreose. lymphozytäre Infiltration als bei der Hashi-
Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrä mpfen, Die chronische lymphozytäre Thyreoiditis moto-Thyreoiditis.
Schwäche, Fieber, Verwirrung und Müdig- (Hashimow·Thyreoiditis; I Abb. 2) ist die Die subakute granulomatöse Thyreoiditis
kei t bis hin zum Koma kommen. Selten häufigste Autoimmunerkrankung des Men· (De·Ouervain·Thyreoiditis) ist eine seltene
kommen Hypoglykämie und Elektrolyt· sehen und häufigste Ursache einer Hypothy· schmerzhafte Entzündung der Schilddrüse
Störungen vor. reose in jodreichen Regionen. Die Prävalenz die meist 2- 8 Wochen nach einem Atem-'
Die chronische NNR·Insuffizienz führt vor beträgt bis zu I 0% mit Häufung im Alter. wegsinfekt auftritt. Es kommt oft zu Aus·
allem zu Abgeschlagenheit, Schwäche, Ge- Frauen sind siebenmal häufiger betroffen. strahlungder Schmerzen in den Nacken
wichtsverlust, leichter Erschöpfbarkelt bei Merkmale sind eine Hypothyreose mit und zu einer derben, diffusen Struma. Ätio-

I Abb. 1: a) Hyperpigmentierung de r Mu ndsch leim-


haut be i fam iliärem M. Add ison. [Mit freundlicher
Genehmigung von Dr. N. Skordis , Makarios III Hos-
pita l, Nikos ia ] b) Viti ligo bei M. Ad dison (PGAS Typ
IV). (5]
Autoimmunreaktionen
82183
I Abb. 2: Hash imoto-Thyreoiditis. Links erkennt man Lymphozyteninfiltrate
und einen Lymphfollikel. [2]

logisch wird eine kreuzreaktive T-Zell·Antwort gegen einen Virus- Meist kommt es im Kleinkindesalter zuerst zu Hypoparathyreoidis-
infekt angesehen. Durch Zerstörung der Follikel kommt es zunächst mus und mukokutaner Candidiasis, später zu NNR-Insuffizienz,
zu einer Hyperthyreose, die dann von einem Abfall des Thyroxins primärem Hypogonadismus und zu Resorptionsstörungen durch
über eine Euthyreose in eine Hypothyreose übergeht. Die Erkran- Mangel an intestinalen cholezystokininproduzierenden neuro-
kung heilt dann meist spontan aus. endokrinen Zellen.

Diabetes mellitus Typ 1 PGAS Typ II


Prävalenz: 0,3% (Deutschland 1998) Prävalenz: 2-5/100 000
Diabetes mellitus Typ I ist eine Autoimmunerkrankung, die durch PGAS Typ 2 tritt sowohl als Erbkrankheit als auch in 50%der Fälle
Zerstörung der insulinproduzierenden 13-Zellen in den Langerhans- sporadisch auf und ist die häufigste PGAS-Form. Die Ursache ist un-
Inseln des Pankreas verursacht wird. Es gibt eine klare genetische bekannt, es dominiert die NNR-lnsuffizienz. Häufig kommt es zu-
Prädisposition, jedoch spielen Umweltfaktoren eine große Rolle. Dia- sätzlich zu Autoimmunthyreoiditis, Diabetes mellitus Typ I und
gnostisch hilfreich sind Autoantikörper, die gegen Inselzellen gerich- Hypogonadismus.
tet sind. Vor allem Antikörper gegen GAD und IA-2 sind klinisch
von Nutzen. Diabetes Typ I tritt oft bei jungen Menschen bzw. bei PGAS Typ 111
Kindern auf.
Die Immunreaktion ist jahrelang aktiv, bevor genug 13-Zellen vernich- Betrifft nicht die NNR. Häufige Manifestationen sind Thyreoiditis
tet wurden, um Symptome zu verursachen. Eine Vielzahl kleinerer zusammen mit Diabetes mellitus Typ I, aber auch mit perniziöser
Studien haben positive Effekte durch Immunsuppressiva gezeigt, Anämie oder Vitiligo.
jedoch fehlen große randomisierte Studien.
Die klassischen Symptome sind Polyurie, Polydipsie und Gewichts- PGAS Typ IV
verlust. Die Kinder präsentieren sich oft mit einer diabetischen
Ketoazidose. Hierunter wird eine autoimmune NNR-lnsuffizienz in Kombination
einer anderen Autoimmunerkrankung (z.B. RA, Vitiligo, AIH) ver-
standen, die nicht in die obigen Syndrome passt.
Polyglanduläres Autoimmunsyndrom (PGAS)

PGAS Typ I
Prävalenz:< 0,11100000
Diese genetische Autoimmunerkrankung ist auch als "autoimmune Zusammenfassung
polyendocrinopathy-candidiasis-ectodermal dystrophy syndrome" • Autoimmunreaktionen gegen endokrine Drüsen sind
(APECED) bekannt und kommt bei Finnen, Sarden, iranischen
ausgesprochen häufig.
Juden und selten sporadisch vor. Ursache sind Mutationen im Au-
toimmunregulatorgen (AIRE). • Hashimoto-Thyreoiditis (chron. lymphozytäre Thyreo-
iditis) tritt sehr häufig bei älteren, M. Basedow (durch
TSH-Rezeptor-Antikörper) bei jüngeren Menschen auf.
ac Zerstörung der Nebennieren führt zum M. Addison
mit typischen Krisen und Hyperpigmentierung.
• Diabetes mellitus Typ 1 entsteht durch Zerstörung
der ß-Zellen des Pankreas.
Virusassoziierte Tumoren und Tumorimmunologie
Unter Immunsuppression, vor allem bei Klinisch finden sich in 90 %angiomatöse,
AIDS und nach Transplantationen, kann kutane Läsionen vor allem an den Beinen,
es zu einer erhöhten Inzidenz von Tumor- die zu einem Lymphödem führen können.
erkrankungen kommen. Diese Tumoren sind Selten kann es nur viszerale Manifestationen
meist durch Viren induziert und ihr Auftre- geben.
ten reflektiert die Unfähigkeit, Virusinfektio-
nen zu kontrollieren. Hepatitisviren
Je stärker die Immunsuppression, desto hö·
her die Wahrscheinlichkeit, diese Tumoren Eine chronische Hepatitis kann nach Jahr-
zu bekommen. So wird bei Herztransplanta- zehnten zu knotigen Veränderungen mit
tion stärkere Immunsuppression verwendet benignen und oft auch malignen Prolifera-
und es kommt öfter zu PTLD (s. u.) . tionsherden (hepatozelluläres Karzinom)
führen. Die Ursache der chronischen Hepa-
Papillomaviren titis ist dabei weniger wichtig, meist handelt
es sich um chronische Hepatitis-C- und
HPV infizieren vor allem muköse Epithelien -B·Infektionen, selten um Autoimmunhepa-
und können diese transformieren. Zuerst titis. Die chronische, über Jahrzehnte andau-
kommt es meist zu einer Dysplasie (Condy- ernde Entzündung und der andauernde
lomata acuminata; I Abb. 1), die bei Gesun· Regenerationszustand sind für die erhöhte
den abheilt. Bei HIV-Positiven spielt nicht Tumorinzidenz verantwortlich. Die lnzidenz
nur die Immunsuppression, sondern auch von Leberkarzinomen kann stark durch He-
der Lebensstil eine Rolle. patitis-B·Impfungen gesenkt werden. Dies ist
Das Zervix-Ca wird durch HPV verursacht I Abb. 1: HPV-assoziierte Condyloma ta acumi- vor allem in Ländern mit hoher Hepatitis-
und war noch vor einem Jahrhunden eine nata . (2] B-Durchseuchung, z. B. in Asien, sehr erfolg-
der Haupttodesursachen der Frau. Durch reich.
Einführung des Zervixabstrichs kann der Tu-
mor nun früh erkannt und oft geheilt wer- Posttransplantationslymphome [PTLD; Exkurs: Krebs und Immun-
den. Inzwischen gibt es eine Impfung gegen I Abb. 2) treten nach Organtransplantation, system
die Hauptserotypen von HPV (vor allem 16 vor allem bei hohen Dosen von Immunsup-
und 18), die zu Karzinomen führen . Das pressiva, auf. Auch sie sind typischerweise Das Immunsystem bekämpft Infektionen
Zervix-Ca tritt bei Patientinnen mi t Immun· Ausdruck der Unfähigkeit, EBV-Infektionen und kann daher auch virusinduzierte Tumo-
defekten gehäuft auf und ist eine der AIDS- effektiv zu bekämpfen. ren erkennen. Es kann jedoch nicht die
definierenden Erkrankungen. Entstehung der meisten nicht virusinduzier-
Im Analbereich tritt vor allem bei HIV-posi- Kaposi-Sarkom ten Tumoren verhindern. Selbst wenn sich
tiven Männern , die Sex mit Männern haben, schwache T-Zell-Antworten entwickeln ,
das Anal-Ca auf. Auch Kopf-Hals-Tumoren Das Herpesvirus HHV-8 kann bei lang an· kommen diese in der Regel zu spät und sind
sind öfter HPV-positiv. Vor allem Platten- dauernder Immunsuppression zu kutanen oft ein Nebenphänomen des Entzündungs-
epithelkarzinome treten bei der genannten Hämangiomen, dem sog. Kaposi-Sarkom , prozesses eines großen Tumors. Auch tu-
Gruppe von Männern gehäuft auf. Sowohl führen. Dieses tritt selten bei AIDS (epide- morreaktive Antikörper können im Rahmen
Vaginal-Nulva-Ca, Tonsillen-Ca, Konjunk- mische Form) und nach Organtransplanta- eines solchen Nebenprozesses entstehen.
tivä-Ca und Penis-Ca kommen bei HIV· tion auf. Es kommt ohne offensichtlichen Das Immunsystem ist aber technisch durch-
Positiven gehäuft vor. Immundefekt spontan in Afrika (endemische aus in der Lage, auch größere Tumoren zu
Form) und im Mittelmeerraum (kiassische zerstören, was z. B. durch adaptiven I -Zell-
Form) vor. Vor allem bei Patienten aus die- Transfer in klinischen Studien zurzeit getes-
Herpesviren sen Regionen kommt es bei Immunsuppres- tet wird.
sion gehäuft zu dem Sarkom.
Lymphome
Es kommt fast ausschließlich zu hochmalig-
nen Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL), ent-
weder vom diffus großzelligen oder vom
Burkitt-Typ.
Schon seit Langem zählt das primäre zere-
brale Lymphom zu den AIDS-definierenden
Erkrankungen. Es tritt meist bei stärkerer
Immunsuppression als das NHL auf.
NHL sind meistens vom B-Zell-Typ und mit
EBV assoziiert. Sie treten in zwei Dritteln
der Fälle extranodal auf, vor allem gastro-
intestinal, im Knochenmark, hepatisch und
1 Abb. 2: PTLD: a) monamorphes Infiltrat blastärer Lymphozyten. b) Die Mehrzahl der Zellen sind EBV-in-
pulmonal.
fiziert {ln-situ-Hybrid isierung für EBV). [ 1]
Therapie n und t herap ieassozi ier te Erkranku ngen
84185

AIDs-Patienten
HIV+, mit w enig AiDS.Pat ienten
AIDS.Patienten
Tumor SIR SIR SIR SIR SIR RR pro 100
- 1980- 1989 ' 1990 - 1995' 1996-2002' 1990-20032 1985-20033 CD4-Zeii-Abfall'
Kllpoe~rkom 52 900 (N• 2733) 22100 (N• 4637) 3640 (N-494) 258 (n• 1937) 192 (N• 262) 1,36 <0,001
lmmunobl11tlechee 140,5 (N• 208) 94,9 (N• 451) 59,5 (N• 44) 134(N• 201) 76,4 (N• 214) 1,64 <0,001
Lymphom

I Burkitt-Lympho m 57,4 (N•38) 52,8 (N• 88) 49,5 (N• 39) 103 (N• 35) 0,91
IAnd... hochmaligne NHL 72,2 (N•43) 0,86
0,61

0,39
I Mlttelmallpe NHL 70,8 (N• 592) 46,6 (N• 1506) 17,1 (N• 255) 67,1 (N• 384) 1,43 <o.oo1 1
INleclrtgmallpe NHL 4,2 (N• 12) 0,96 0,92
IZervlx-Ce, lnvaalv 8,8 (N• 26) 8,0 (N• 6) 1,08
I Zervlx-Ce, ln eltu
7,7 (N• 10) 4,2 (N• 34) 5,3 (N• 30)
9,3 (N• 77) 0,88
0,74

0,37
Hodgkin-Lymph om 7,0 (N=24) 8, 1 (N- 77) 13,6 (N=72) 11,0 (N=33) 17,3 (N • 18) 0,78 0,20
Magen-Ca 1,2 (N• 4) 0,9 (N• 11) 1,8 (N• 14) 1,7 (N • 2)
Kolon-Ca 0,9 (N• 11) 0,8 (N• 37) 1,0 (N• 36) 1,9 (N• 4)
I Anal-Ca 18,3 (N• 11) 20,7 (N• 53) 19,6 (N•43) 49,9 (N• 23) 33,4(N• 5) 0,87 0,43
Hepatozeii-Ca 2,4 (N=3) 4,0 (N=27) 3,3 (N=20) 7,0 (N=5)
Pankreas-Ca 0,8 (N• 2) 0,6 (N• 6) 0,7 (N·0,5) 2,7 (N• 2)
Nierenzell-Ca 1,6 (N=6) 1,2 (N• 19) 1,8 (N=21) 2,0 (N• 2)
Bronch ial-Ca 2,5 (N=49) 3,3 (N• 233) 2,6 (N· 111 ) 2,8 (N=74) 3,2 (N= 14) 1,06 0,68
Mamma-Ca 0,0 (N• O) 0,4 (N• 14) 0,8 (N• 28) 0,8 (N• 10) 1,4 (N• 5) 0,56 0,1
ZNS.Tumoren 3,7 (N= 13) 0,4 (N=4) 0,5 (N • 3) 2,2 (N=10) 2,9 (N=4) 2,06 0,1
I
Oropharyru-Ce 1,2 (N• B) 2,4 (N• 61) 2,1 (N• 3 1) 2,2 (N• 28) 4,1 (N• II) 0,70 <o,oo1 1
Prostata-Ca 0,9 (N• 8) 0,5 (N· 39) 0,5 (N• 36) 1,4 (N• 3) 0,83 0,53
I Hoden-Ca 2,0 (N• Il) 1,5 (N• 22) 0,7 (N• 5) 1,4 (N• 11) 1,6 (N· 6) 1,04 0,92
Melanom 1,2 (N• 8) 1,2 (N• 25) 1,0(N• 12) 1,9 (N=14) 1,1 (N·4) 0,89 0,70
Leukämien 3, 1 (N =7) 1,3 (N=11) 2,2 (N=11) 1,8 (N · 2)
Piasmozytom 2,7 (N•4) 2,2 (N• 15) 2,2 (N= 11) 5,5 (N • 2)

I Tab. 1: Standardisierte lnzidenzverhältnisse (SIR) und re latives Risiko (RR, abhängig von CD4-Zeii-Konzentrationsverä
nderungj, bei den häufigsten Tumor-
erkrank ungen. Du nkelblau markiert sind virusind uzierte, blau markiert sind nicht vi rus induzierte
Tumorerkra nkungen. Hellblaue Markierung zeigt erhöhte inzi-
denz bei AI DS-Patien ten, vor allem durc h Lebensstil. Daten nach 1: Enge lset al. 2006, 3: Cl ifford
et al., 2005 und 2: Mbulaiteye et al. , 2003.

Die größten Studien betreffen AIDS-Patien· stant, unabhängig von T-Z eil-Zahl oder Thera- Auch ist der Einfluss der HAART erkennbar.
ten, in denen man eine erhöhte Inzidenz pie. Diese Unabhängigkeit von der Immun- Wenn das Risiko gegenüber der Normal·
von virusinduzierten Tumoren (u. a. AIDS· kompetenz ist besonders interessant, da z. B. bevölkerung in den 80er-Jahren für AIDS-
definierende Tumoren), jedoch nicht von Lungenkrebs etwas häufiger bei AIDS-Patien- Patienten, an Kaposi-Sarkom zu erkranken,
nicht virusinduzierten Tumoren nachweisen ten vorkommt, was somit auf einen risiko- noch 53 000-mal höher war, ist es aktuell
konnte (I Tab. l ). Patienten mit dauerhafter reicheren Lebensstil zurückzuführen ist. nur noch etwa 200-fach erhöht.
Immunsuppression sind weniger geeignet,
da manche Pharmaka das Risiko für Malig·
nome erhöhen.
Die Studien zeigen auch, dass die Inzidenz Zusammenfassung
stark von der T-Helferzell-Konzentration ab· • Es gibt eine Reihe von virusinduzierten Tumorerkrankungen, die bei
hängt und dass bei Immunrekonstitution
durch HAART (s. Seite 55) die Inzidenz für Immunsupprimierten häufiger vorkommen .
diese Tumorerkrankungen wieder sinkt. • Das durch HHV-8 induzierte Kaposi-sark om kommt seltener, papillom-
Dagegen bleibt das Risiko, an nicht virus-
induzierten Tumoren zu erkranken, kon- virusassoziierte Karzinome sogar relativ häufig sporadisch vor, beide
zeigen aber bei Immunsupprimierten eine höhere lnzidenz.
• EBV-assoziierte Lymphome sind seltener sporadisch und treten vor allem
bei lang andauernder Immunsuppression auf.
Allogene Knochenmarktransplantation und GvHD
Auch wenn ein Teil der akuten Leukämien mittlerwei le mit zyto· hier passen die Hälfte der MHC-Moleküle, mit stark erhöhter Morta-
statischer Therapie gut behandelbar und teilweise heilbar ist, stellt lität.
die allogene Knochenmarktransplantation (Allo-KMT) oft die einzige Die Knochenmarkzellen werden meist beim Spender nach G-CSF-
Möglichkeit zur langfristigen Heilung von rezidivierenden Leuk- Stimulation aus dem Blut aussortiert (Apherese). Dabei erhält man
ämien bzw. von Leukämien mit besonders ungünstigem Risikoprofil ein Gemisch aus mononukleären Zellen mit"" 5% CD34-Zellen; der
dar. Aggressive akute Leu kämien können anhand molekularer Risiko· Rest sind v. a. Monozyten und Lymphozyten. Vor wenigen Jahren
faktoren erkannt werden . Neben akuten Leukämien ist die Allo· wurde versucht, die Spender-T-Zellen durch magnetische Zellsortie-
KMT vor allem bei der CML effektiv, wird aber aufgrund der Thera- rung zu entfernen, um das GvHD-Risiko zu senken. Dies führt aber
pie mit BCR-ABL-Inhibitoren nur noch selten dort angewandt. Bei zu einem häufigeren Transplantatversagen und auch zu geringerem
der CLL und bei Plasmozytomen mit bestimmten chromosomalen GvL-Effekt, sodass man davon abgekommen ist. Das Transplantat
Veränderungen sowie bei schweren Autoimmunerkrankungen kann wird dem vorkonditionierten Empfänger als PBMZ·Gemisch infun-
eine Transplantation auch sinnvoll sein. diert. Da der Empfänger schon Tage zuvor konditioniert wurde,
Die Allo-KMT hat mit I 0- 30%eine der höchsten behandlungsab- benötigt er unbedingt die CD34-Zellen des Spenders. Klappt in sel-
hängigen Mortalitäten. Die nun häufiger eingesetzte, nicht myelo- tenen Fällen die G-CSF-Mobilisierung nicht, wird das Knochenmark
ablative Allo-KMT hat eine geringere akute Mortalität und wird mittels Punktion aus dem Beckenkamm gewonnen.
auch zur Therapie schwerer Autoimmunerkrankungen und geneti·
scher Defekte eingesetzt; das Risiko für Graft-versus-Host-Disease Konditionierung und Verlauf
[GvHD) ist jedoch nach wie vor hoch .
Eine schwerwiegende Nebenwirkung bei Transplantationen stellt Es gibt hauptsächlich zwei Varianten der Transplantation: myeloabla-
die GvHD dar. Sie entsteht durch Reaktionen der Spender-T-Zellen tive und nicht myeloablative. Die erste führt zu einer vollständigen
mit Empfängergewebe und kann töd lich verlaufen. Zerstörung fast aller Knochenmarkzellen des Empfängers, der zweite
Ansatz ist milder und erhält eine Rest-Empfänger-Hämatopoese.
Spendersuche und Knochenmarkgewinnung Der Empfänger wird beim myeloablativen Ansatz mittels hoch do-
sierter zytostatischer Therapie und meist durch Ganzkörperbestrah-
Man unterscheidet drei Typen von KMT: lung konditioniert. Es werden I 0 Gy Gesamtkörperdosis appliziert
Die LDSO beim Menschen liegt bei 4,5 Gy, es handelt sich also um
t syngene KMT, also von genetisch identischen, jedoch unterschied- eine tödliche Dosis. Zähne und Lunge müssen geschützt werden·
lichen Spendern {eineiige Zwillinge) meist kommt es zu einer sehr schmerzhaften Strahlenmukositis, ~lie
t autoJage KMT {Rückgabe von körpereigenen Stammzellen) mit Morphin behandelt werden muss. Nach der zytostatischen The-
t allogene KMT [Gabe von fremden Stammzellen). Hier kann man rapie erfolgt die Bestrahlung an drei aufeinanderfolgenden Tagen,
Familienspender [Teilübereinstimmung der Minor-Antigene) von die Transplantation am vierten Tag. Nach etwa drei Wochen kann
Fremdspendern unterscheiden . man im Blut die ersten Leukozyten nachweisen. In der Zwischen-
zeit sind die Patienten stark infektionsgefährdet und müssen isoliert
Dieautologe KMT wird meist zur Dosissteigerung von zytostatischer werden.
Therapie eingesetzt. Bei der Allo-KMT kommt der Graft-versus- Bei nicht myeloablativen Transplantationen (fälschlicherweise häufig
Leukämie-Effekt {GvL) hinzu, sodass sie besonders zur Therapie von als "Mini-Transplantation" bezeichnet) fehlt die aggressive Chemo-
Leukämien geeignet ist. Je immunologisch "fremder" der Spender therapie, es werdenneuere Zytostatika mit Anti·T-Zell·lmmunglobu-
ist, desto stärker ist der GvL-Effekt, aber auch das GvHD-Risiko linen kombiniert. Der Therapieeffekt beruht v. a. auf dem GvL-Ef-
(I Abb. 1). Man wählt bevorzugt Spender aus, deren MHC·Gene fekt. Dabei erkennen I-Zellen des Spenders Antigene auf den Leuk-
alle identisch zu denen des Empfängers sind . Dazu gibt es große Da- ämiezellen und zerstören sie. Diese Antigene sind in der Regel sog.
tenbanken, sodass meist ein Fremdspender gefunden wird. "Minor"-Antigene, d. h., sie zeigentrotzder HLA-Kompatibilität Un-
Besser ist jedoch ein passender Familienspender, da hier auch Minor- terschiede im Spender bzw. Empfänger (Polymorphismen). Meist
Antigene teilweise gleich sind und das Risiko einer GvHD am ge- werden Antigene erkannt, die von Leukämiezellen und von Zellen
ringsten ist Falls kein vollständig passender Spender gefunden wer- der Hämatopoese exprimiert werden. Der GvL-Effekt führt also
den kann, kann eine Varianz im HLA-C-Gen akzeptiert werden. Sehr neben der Kontrolle der Leukämie auch zu einer meist vollständigen
selten kann eine haploidente Transplantation durchgeführt werden; Suppression der Empfänger-Hämatopoese . Es kommt zuvor zu

haploident
synge n
völlig fre md

I
C-miss match
I autolog

bere instim mung

Rez idivrisiko
1 Abb . 1: Schema zur inversen Korrelation des Rezidivrisikos und GvHD
GvHD je nach Übereinstimmung.
Therapi en und therapi eassozi ierte Erkrank ungen
86187

I Abb. 2: GvHD des Rektu ms. Entzündl iche Infiltration führt zu Krypten-
veränderungen mit Nekrosen. jl ]

I Abb . 3: Formen der Haut-GvHD: a) und b) sc hwere akute Haut-GvHD mit


makulopapu löse n bis ulzerierenden Eryt hemen, c) bis f) chronische Haut-
GvH D, die zu Striktu ren und sklerodermieä hnl icher Hautverd ickung f üh rt.
!Mit freundlicher Genehmigu ng von Prof. Dr. R. Arnold und Dr. S. Neuburger,
Charite Universitätsmedizin Berlin l

einem meist transienten Chimärismus mit Spender· und Empfänger· Hauptmanifestation der chronischen GvHD in absteigender Häufig-
anteilen in Knochenmark, Hämatopoese und Blut. keit sind Haut, Leber, Gastrointestinaltrakt und Lunge (I Abb. 2
und 3). Die Haut-GvHD ist besonders häufig und ähnelt bei schwe·
GvHD remVerlauf der Sklerodermie (s. Seite 75). In der Leber dominiert
eine Hepatitis mit leichtem Transaminasen, es kann jedoch auch zu
Man unterscheidet akute GvHD von chronischer (I00 Tage nach Cholestasen der kleinen Gallengänge kommen. Sowohl im Gastra-
Transplantation auftretend). intestinaltrakt als auch in der Lunge finden sich vermehrt Fibrose
Die akute GvHD betrifft meist die Haut und beginnt als leicht und damit Funktionseinschränkungen wie Dysphagie, Malabsorp-
erhabenes, makulopapuläres Exanthem. Es tritt anfangs im Nacken, tion und Belastungsdyspnoe. In der Lunge kommt es oft zur Bron·
an den Ohren, Schultern, Handflächen und Fußsohlen auf. Es kann chiolitis obliterans.
bis zu bullösen oder blutenden Formen for tschreiten. Auch kann es Die chronische GvHD schränkt die Lebensqualität stark ein und er-
zur Beteiligung von Leber und Darm mit Cholestase, Diarrhö und fordert langfristige Therapie mit Immunsuppressiva. Dadurch leiden
Bauchkrämpfen kommen. viele Patienten an rezidivierenden Infektionen .

Zusammenfassung
• Knochenmarktransplantation ermöglicht durch
Therapieintensivierung und Gvl-Effekt die Behand-
lung ansonsten tödlicher Leukämien.
• Die Mortalitätaufgrund von Infektionen und GvHD ist
jedoch hoch.
Therapie der Autoimmunerkrankungen I
Steroide reduktion nach längerer Therapie [mind. Diese Interaktion findet auch bei geringer
3 Wochen ) sollte z. B. alle zwei bis drei Tage Stereidkonzentration statt, selbst wenn die
In den nächsten Kapiteln werden die gän- um 2 mg erfolgen, in der letzten Woche GRE-Gentranskr iption noch nicht geändert
gigsten Immunsuppressiva, Steroide und erfolgt die Einnahme von 2 mg Methylpred- wird, und führt zur Reduzierung von NF-~eB­
Zytostatika kurz vorgestellt. Die Therapie nisolon jeden zweiten Tag. abhängigen Transkripten. Auch wird der
mit monoklonalen Antikörp ern wurde Inhibitor von NF-v;B, IKB, transkriptarisch
bereits auf Seite 32, spezielle Medikamente mittels GRE induziert und NF-Kß so über di-
[DMARD) für die Therapie der RA wurden ese beiden Mechanismen blockiert. NF-~eB
auf Seite 69 behandelt. ist ein Transkriptionsfaktor, der eine Viel-
Bei der Organtransplantation und zuneh- zahl von Zytokinen reguliert; die Reduktion
mend bei Autoimmunsynd romen werden der NF-KB-Funktion stellt so einen wich-
Kombinationen eines Calcineurininhibitors, tigen immunsuppressiven Mechanismus vo
Steraiden dar. n
eines Purinantagonisten und / oder eines
Steraids angewandt. Außerdem wirken Steroide v. a. in hohen
Konzentrationen [Dexamethason auch in
Anwendung von Steraiden Da morgens vor dem Erwachen die physio- geringerer Dosis) direkt auf Zellmembran-
logische Kortisolkonzentration am höchsten rezeptore~: die über Second messengers,
Eine Entzündung ist eine lokale Reaktion ist, sollten die Steroide vor allem morgens also ohne Anderung der Genexpression, zu
auf Schädigung, die, falls sie sysremisch auf- gegeben werden [z. B. 66% der Dosis mor· Reaktionen führen. In enorm hohen Dosen
tritt, jedoch zu lebensbedrohenden Zustän- gens, 33%mittags). Dies führt zu einer ge· (1-2 g) lösen sich Steroide auch in der Zen-
den führen kann. Im Gegensatz zur Apo· ringeren Störung der ACTH-Sekretion, vor membran, stabilisieren diese und haben so
ptose führt jede Zellzerstörung zu Entzün- allem wenn nur jeden zweiten Tag Steroide eine antiödematöse Wirkung. Vor allem
dungsreaktionen . Gegenreaktion ist u. a. die gegeben werden. Soweit möglich, sollten Lipid rafts, also Aktivierungskomplexe,
vermehrte Ausschüttung von Kortisol. Stero· Steroide lokal angewendet werden, um können dadurch beeinflusst werden. Diese
ide werden in der Endokrinologie, Notfall· Nebenwirkungen zu minimieren [z. B. bei Effekte treten viel schneller ein als eine
medizin, Neonatologie und fast bei jeder Atemwegserkrankungen durch inhalative Transkriptionsänderung (die Stunden benö-
Au toimmunreaktion eingesetzt. Anwendung Steroide ). tigt) und sind wohl für die rasche Wirkung
zur Immunsuppress ion finden aufgrund der hoher Steroiddosen verantwortlich.
geringeren mineralotropen Aktivität v. a. die Wirkungsmechanismus
Glukoko rtikoide Methylprednisolon und
Dexamethason (I Tab. I). Sie führen meist Steroide binden im Zytoplasma an den Kor-
zu geringen Elektrolytstörungen. Vor allem tisol·Glukokortikoid·Rezeptor, der daraufhin
Dexamethason wirkt auch bei neuropathi· aktiviert und in den Zellkern transportiert
sehen Schmerzen lindernd . wird. Dort bindet er als Homodimer an DNA-
Die ACTH-Suppression führt zur Nebennie· Motive, die GRE, und führt zur Veränderung Akute Nebenwirkungen
reninsuffizienz; nach längerer Stereidthera- der Genexpression. Praktisch für alle Zyto-
pie dürfen Steroide nicht einfach abgesetzt kin- und Rezeptorgene wurde eine veränder- Akute Nebenwirkungen treten selten auf. E5
werden, da die Nebennieren verkümmern te Expression unter Steraiden gezeigt. kann zu temporären Blutzuckerentgleisun-
und nicht in der Lage sind, adäquat auf den Der Steroidrezeptorkomplex interagiert auch gen, Hypertension und Hypokaliämien korn.
ACTH-Stimulus zu reagieren. Die Dosis- mit anderen Proteine n, u. a. dem Nf-KB. men. Vor allem Patienten mit Diabetes und

Relative Potenz Äquivalenzdoaio in m1

1,0 20 Deutliche mineralotr ope


Kortisol (Hydrokortison)
Wirkung

Kortison 0,8 25

Prednlson 4,0
4,0 Mäßige mineralotrope
Prednisolon
Wirkung

5,0 Praktisch fehlende mineralotrope


Methyiprednisolon
Wirkung

5,0 4
Tria mcinolon
Nur topische Anwendung, da wasser-
Clobetaoo lproplonat 20
unlöslich

0,75 Praktisch fehlende mineralotr ope


Betameth1son 25
Wirk ung

0,75 Fehlende mineralotr ope


Oexamet hason 30- 150
Wirku ng

I Tab. 1: Wirkstärken von Steroiden .


The rapien und therapie assoziie rte Erkrank ungen
88 I 89
Vorerkrankungen sind gefährdet. Ein Blutzuckertagesprofil sollte an- Amenorrhö und bei schwangeren Frauen intrauterine Wachstums-
gefertigt werden. verzögerungen sind bei höheren Dosen häufig_ Fast immer kommt es
Vor allem bei Kindern und älteren Menschen kann es zu einer aku- zu einer Osteoporose und sogar zu avaskulären Knochennekrosen.
ten Sieraidpsychose kommen. Steroide führen zu einer katabolen Stoffwechsellage, da sie den lnter-
mediärstoffwechsel und damit den Abbau von Proteinen fördern .
Chronische Nebenw irkunge n Dieser Abbau soll Aminosäuren als Substrate zur Glukoneogenese
bereitstellen und führt vor allem bei älteren Patienten und (z. B.
Die Nebenwirkungen sind stark dosisabhängig. Selbst bei der Gabe
durch Tumor verursacht) Patienten mit kataboler Stoffwechsellage
unterhalb der Cushing-Grenze von 7,5 mg/d komm t es im Mittel
zu einer Myopathie. Glukoneogenese und Insulinresistenz führen
nach neun Jahren (unter 5 mg/d ) zur ersten schweren Nebenwir-
zu Blutzuckerentgleisungen und es kann bis zur Induktion eines
kung. Bei Gabe von 5-l 0 mg/d kommt es im Mittel nach sechs
Diabetes mellitus Typ 2 kommen.
Jahren, bei l 0-15 mg/d nach ca_ drei Jahren zur ersten schweren
Neuropsychiatrisch komm t es wechselhaft zu Pseudotumor cerebri,
Nebenwirkung. Es gibt also scheinbar keine sichere Dosis; selbst
Euphorie, Dysphorie, Psychosen und Depression. Ursächlich sind
geringe Dosen sollten streng indiziert sein. Bereits bei einer Gabe
die bisher wenig charakterisierten Neurosteroidrezeptoren und die
von geringeren Dosen länger als zwei Wochen kann es zur Neben-
Veränderungen im limbisehen System, v. a. des Hippocampus mit
niereninsuffizienzkommen und die Steroide müssen ausgeschlichen
mnestischen und kognitiven Beeinträchtigungen.
werden (s_o_)_
Durch die Immunsuppression ist die Infektanfälligkeit erhöht. Vor
Bei lokaler Anwendung kann es aufgrund der guten Resorption vor
allem Candidainfektionen treten gehäuft auf. Bei Dosen unter
allem bei hohen Dosen und längerer Behandlungsdauer auch zu sys-
I 0 mg/d ist das Risiko nur 1,5-fach, bei Dosen über 40 mg/d etwa
temischen Effekten kommen.
ach tfach erhöht.
Die meisten Nebenwirkungen beruhen auf der veränderten Protein-
synthese und damit meist verlangsamter Zellteilung. Dadurch
kommt es zu verlangsamtem Wachstum der mukokutanen Zellen, Minimie rung von Nebenw irkunge n
zu Heilungsstörungen und entsprechenden Symptomen . Selten wird eine Pulstherapie mit hoch dosierter Gabe über 3- 5 Ta-
Dermatologisch kommt es zu dünnerer Haut und dadurch zu Pur- ge angewendet. Um den biologischen Effekt zu verbessern, sollte die
pura, cushingoidem Habitus, Alopezie, Akne, Hirsutismus, Striae Dosis trotzfehlender Nebenniereninsuffizienz über wenige Tage
rubrae und Hypertrichose. Bei Patienten, die zusätzlich Cumarin- rasch ausgeschlichen und nicht einfach abgesetzt werden. Häufiger,
derivate einnehmen, können sich massive Purpura bilden. vor allem bei RA, wird eine kontinuierliche Therapie gegeben.
An den Augen kann es zu posteriorer, subkapsulärer Katarakt, er- Alternierende Gabe an jedem zweiten Tag mit der doppelten Dosis
höhtem Augeninnendruck bis zum Glaukom und Exophthalmus kann vor allem kosmetische Nebenwirkungen wie den cushingoiden
kommen . Steroide sollten Patienten mit bekannt erhöhtem Augen- Habitus verringern (bei Erwachsenen häufig nicht erfolgreich ).
innendruck nur unter strenger Kontrolle gegeben werden. Da auch Prednisolondosen von unter 5 mg/d zu Osteoporose füh-
Kardiavaskuläre Nebenwirkungen sind Hypertension, Störungen der ren, sollte jeder Patient zusätzlich
Kalzium und Vitamin D erhalten.
Serumlipoproteine, Arteriosklerose und sehr selten Arrhythmien. Bei starker Osteoporose können Bisphosphorrate eingesetzt werden.
Gastrointestinal kommt es vermehrt zu Gastritis, Ulzera, Pankreati- Im Idealfall wird die Knochendichte jährlich mittels Densitometrie
tis, Steatohepatitis und selten Perforationen. Dies ist besonders bei gemessen und bei stark erhöhtem Frakturrisiko die Steroidtherapie
gleichzeitiger Gabe von NSAR zu beachten. umgestellt.
Je nach Mineralokortikoidwirkung der Steroide kommt es durch Körperliche Aktivität reduziert das Risiko für Osteoporose und Myo-
aldosteronähnliche Wirkung zu Hypokaliämie und bei fast allen pathie und sollte allen Patienten empfohlen werden.
Steraiden zu Wassereinlagerungen, die zu Volumenverschiebungen Patienten, die bereits eine Vorgeschichte mit gastrointestinalen Ulze-
führen. ra haben , können von einem Protonenpumpenhemmer profitieren.

Zusammenfassung
X Steroide werden häufig bei Autoimmunerkrankungen
angewendet, führen aber zu einer Vielzahl von Neben-
wirkungen, die teilweise minimiert werden können.
X Vor allem Osteoporose sollte überwacht und durch
Gabe von Vitamin D, Kalzium und möglicherweise
Bisphosphonaten minimiert werden.
X Aufgrund der NNR-Atrophie dürfen Steroide nach
längerer Einnahme nicht einfach abgesetzt werden.
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Therapie der Autoimmunerkrankungen II


Ca Ieineurininhibitoren
Erythrozyten aufgenommen (Halbwertszeit Mykophenolat Mofetil (MMF)
Wirkmechanismen CyA: 19 h, Tacrolimus: 9 h). Seide werden
über Cytochrom P450 metabolisiert und MMF hemmt die Jnosinmonophosphat-
Die Ca lcineu rininhibitoren wurden aus Pil· Interak tionen mit ande ren Pharmaka führen de hydrogenase Typ II und scheinbar so auch
zen isoliert und blockieren die Transkription zu enormen Spiegelentgleisunge n. Der die Proliferation von Fibroblasten. Sei t den
von verschiedenen Zytokinen , vor allem von Spiegel wird u. a. erhöht bei Gabe vom fr ühen 90ern ist es für Organtransplantation
IL-2 in T-Helferze llen. Ciclospor in (CyA ) ist Azolen, Mak.roliden, Allopurino l, MCP, zugelassen und wird zunehmend zur Stereid-
ei n zyklisches, lipophiles Peptid mit elf Ami· Amiodaron sowie Steraiden und u. a. ge- ersparnis bei rheumatischen Erkrankungen
nosäuren. Es wurde in den 80er-Jahren zu- senkt du rch Carbamazepin , Rifampicin, eingesetzt. Es fe hlen größere randomisierte
gelassen und ermögl ich te erstmals eine aus· Octreotid und Phenytoin . CyA ist nich t Studien. Einzige Ausnahme ist die LN, bei
reichende Immunsuppression zur Organ- liq uorgängig, scheinbar auch nicht bei der große Studien positiv ausfielen. MMF
transplant ation . Tacroli mus (auch als "FK506" Schrankenstörungen. FK506 ist dagegen führt hier zu höheren Remissionsraten bei
bezeichnet) ist ein Makrolid -Antibiotikum gut ZNS-gängig. niedrigerer Infe ktionsrate als Cyclophosph-
und wurde in den 90ern zugelassen (I Tab. I). Nebenwirkungen umfassen grippale Sym- amid (beides plus Steroid ). Es wurde bei LN
CyA bindet an die Cyclophiline, Tacrolimus ptome (::::20%), Myalgie (:::: 20 %), Bluthoch- als gleichwertig zu AZA in Erhaltungsthera-
an die FK·Bindun gsproteine (FKBP 12) , die druck (8 - 53%), Ödeme (5- 14 %) , Hirsutis- pie gezeigt. In kleineren Studien konnte ein
indirekt Calcineurin blockiere n. Dadurch mus (21 - 45%), Hypertrichose (5 - 19%), Ansprechen von hämatologischen Manifes-
könne n Transkriptionsta ktoren nicht in den Hyperlipidämie (15%), Nausea (23%), Diar- tationen bei SLE gefu nden werden. MMF ist
Zell kern gela ngen und die Expression von rhö (2- 13%), Gingivahypertrophie (2 - 16%), bei lgA-Nephropathie ineffe ktiv und kann 2
IL-2R und von Zytokinen wie IL-2, TNFa, abdominale Beschwerden (I - 15%) und Kolitis führen, sodass es bei entzü ndlichen u
IL-3, IL-4, CD40L, GM-CSF und JFNy wird erhöhte Infektions frequenz (3-40 %) mit Darmerkr ankungen nicht eingesetzt werden
gehemmt. Sepsis. Nephrotoxizität tritt in :::: 10-40% sollte (I Tab. I).
Da neu aktivierte T·Zellen stark von IL-2 ab- der Fälle auf, Kreatininerhöhungen werden Dosis ist J - 3 g/d in Autoimmunerkran-
hä ngig sind, können sie anerg werden oder in über 50 %angegeben. kungen, was zu nur leichten gastrointesti-
durch Apoptose sterben. Weitere Mechanis- Neurologisch treten v. a. bei FK506 hä ufig nalen Nebenwirkungen (leichte Nausea und
men sind der Wegfall von GM-CSF, das anti- Tremor (7- 55%) und Kopfschmerzen Diarrhö in 30% ) und Infektionen (23%,
apo ptotisch auf T-Zellen wirkt, und von IL· (2 - 25 %), selten starke neurologische Ne- schwere in 4%) führ t. MMF ist teratogen .
4, das vor allem zur Th2-T-Antwort benötigt benwirku ngen (Krampfneigung, Enzephala·
wird. Dies führt zu einer verringerten hu- pathie) auf. Vor allem FK506 und seltener Azathioprin (AZA)
moralen Antwort, auch durch Wegfall von CyA führen zur Entstehun g eines Diabetes
C040L Oie Effektorm echanismen werden und beide fü hren zu Hypomagnesiämie und AZA wird bei RA und anderen Autoimmun-
ebenfalls stark reduziert, da TNFa und IFNy Hyperkaliämie. CyA kann zu Osteoporose erkankungen seit über 30 Jah re n eingesetzt
zum Abtöten von Zielzellen in der zellver- führen und hat auße rdem mutagene Eigen- vor allem zur Steroiders parnis (I Tab . 1). '
schaften; es ist davon auszugehen, dass das Startdosis ist meist 50 mg/d im ersten
mittelten Zytolyse benötigt werden . Es gibt
noch ei ne Vielzahl weiterer immunsupres- Tumorrisiko erhöht ist Monat und sollte bei Ausbleibe n von Neben-
wirkungen in 50-mg-Schritten jeden Monat
siver Wirkungen, die aber sehr komplex sind
(Prolaktinhemmung, Hemmung von AT- I gesteigert werden , bis eine Dosis von bis zu
Purinantagonisten
4 mg/kg/d erreicht ist. Eine erste Wirkung
und NF-KB sowie von IL-6 und IL-15).
Eigentlich korrekter wäre die Bezeichnung ist meist nach einigen Wochen zu erwarten.
FK506 führt zu geringeren Rejektionsraten,
"Purinstoffwechseltoxine". Da die Leuko- I 0% der Patienten entwickeln nach einigen
weist möglicherweise eine zehn- bis I00-
poese puri nabhängig ist, führen diese Sub- Wochen grippeähn liche Nebenwirkungen
fach stärkere Suppression der T-Zellen und
stanzen dosisabhängig zu Leukopenien mit Fieber, Nausea und Erbrechen, die ein
eine etwas geringere Toxizität mit geringe-
und hemmen die T und B-Zeli-Proliferation. Absetzen erfordern. AZA ist teratogen und
ren Infek tionsraten als CyA auf.
Dosisred uktion sollte bei LeukoZyten führt zu benigner MCV-Erhöhung. In selte-
< 4000/ ~1 erfolgen, Absetzen ist bei nen Fällen können NHL entstehen. Eine
Pharmakologie und < 3000/ ~ l erforderlic h. schwere Komplikation ist die Pankreati tis.
Nebenw irkunge n ~eberenzyme und Blutbild müssen vor allern
m den ersten sechs Monaten häufig kontrol-
Oie Nebenwirkungen sind stark dosisabhän- liert werden.
gig, sodass Talspiegelbestimmungen erfol·
gen müssen. Seide Substanze n werden von

Tacrollmuo MMF AZA


Clclos porln
Teilremission vs. Plazebo (N• 464, 2003, RCT] Einzelne CR positiv, größere Studie fehl t Mehrere ältere RCT, Ansprechen
Rtle umatoide Effektiv wie Chloroquin (N - 44, 1996, RCT), 50%, in Kombination anzuwenden
Teilremission vs. Plazebo (N • 212, 2004, RCT) Fl'
Arthritis Progression hs. Plazebo (N• 122, 1994 und
N• 361 , 1996, RCT)
Oral effekt iv vs. Plazebo (N- 50, 1996, RCT] Gleich zu Stereid und MTX in
Psoriasis Besser als Etretinat; hocheffektiv Topisch effektiv vs. Plazebo (mehrere Studien)
Psoriasis arthropathica
( 1,25 - 5 mg(kg( d) vs. Plazebo (N• 18, RS, Meta)
(N • 597, 200 1, Meta aus 3 RCTs)

Remission bei Augenbeteiligung in 63% Effektiv bei Augenbeteiligung


Behc;et Ansprechen 95%(N• 22. 1994, Oll) (N • 48, RCT, Meta)
(N • B, 1994,0LT)
Verstärkt möglicherweise ZNS-Manirestation Effektiv bei Ulzera und Arthritis
Mehrere positive CR
(N• 317, 1999, Oll] (N •73, RCT)
The rap i en und the r apieasso ziierte Erkranku ngen
90 I 91

Clclosporl n Tacrolimus MMF AZA


Polymyositis Teilremission in 29 Patienten p: aus 4 CR) Mehrere po sitive CR EHektiv in resistenter Polymyositis Vo r allem Kombination mit MTX
und Oermato- Topisch effektiv bei Dermalornyositis {N• 7, 2005, DLT) {N•30, RCT, 19981
myositis (N• 6, 2004 , OLTl
SLE Gleich effektiv zu f>J.A bei LN (N• 75, 2006, RCT) Topisch effektiv bei kutanem LE Remission in 83% in LN (N• 213, OLT) Erhaltu ngstherapie bei LN gleich zu
Effektiv in Erhaltung, steroidsparend bei SLE (einige positive CR) Remission 't vs. Cyclophosphamid in LN MMF (2 CRT)
(N • 18, 2000, RCT) Remission in 89%be i LN (N : 9, 2005, OLT) (N • 307, Met a)
Besser als Cyclophosphamid oder AZA bei LN Minimal effek tiv bei LN (N~6, 2007, Olf) ~s o % Ansprechen mit Steroid in LN
(N·22, 2006, RCT)
(N• 15 1, Meta)
Gutes Ansprechen von hämato!ogischen,
jedoch nicht von dermalen Manifestationen
(20 OLT Meta CR)
Systemische Fibrose~ {N• IO, DLTI Remission in :::= 50% (N • S, 2000, RS) Einzelne CR positiv, wohl effek tiv durch ant i- Nicht effelctlv in ErhaRuf18stherapie
Sklerose Remission in::: 50% (N = 16, 2000, RS)
fibrotische Aktivit~t. größere Studie fehlt vs. Plazebo (N-45, RCT, 2006)
Nicht effektiv in Dauertherapie vs.
Cytophosphamid (N-60, RCT, 20061
Aplastische •80'1> Remission mi t ATG (rN- 21 1, 3 OLTs) 0 Ineffektiv mit ATG/CyA vs. ATG/CyA allein 0
Anämie Remission in 75~ mit ATG vs. 47% ATG allein
(N•104, 2006, OLT)
(N• 35, 1988, RCT)
Atopische Oral etwas weniger effektiv vs. topischem Topisch {0,1%) effektiv in 82%vs. Plazebo in 8% Remiss ion in 93% (N .,. 14, 2007, RS) Effektiv vs. Plazebo (N • 37, RCT,
Dermatiti s Tacrolimus (N• 30, 2004, RCT) (N • 2 15, 1997RCT) Remission in 50% (N - 20, 2007, OLT) 2002)
Oral effektiver als PUVA (N· 72, 2001 , RCT)
Oral effektiv vs. Plazebo (l: N• 337, 10 RCTsl Effektiv in mehreren CR und Meta
(!:N= 128 aus 8 Studien, 200 1)
Colitis Remission in 37% (N · 32, 2000, OLT) Remission in 19% vs . 9% bei Plazebo
ulcerosa
fKontraindiziert oufgrund der pstrointesti- Erhöht Remissionsrate kaum {CR)
Remission in 82%vs. Plazebo (N ...20, 1994, RCn (N• 63, 2006, RCT) nalen Nebenwirkungen (MMF-Kolltis) Rezidive.,!.. mit Sulfalazin vs. Plazebo,
Ansprechen gleich, Remission aber länger als bel Remission in 70% (N• 27, 2008 , OLT)
Steroid (N• 30, 200t, RCT) führt zu St ereidsparen {6 CRT)
Remission in 34% (N• 38, 2002, OlT)
Remission in 50% (N• 6, 2007, OLT)
Remi ssion in 78% (N· 32, 2008, RS)
Pemphigus ~laalon J, vs. Sterold, weniger effektiv als
vul,aria CYclophosphamid (N•IOI , 2007, RCl)
ht effelctlver als Sterold (N•33. 2000, RCT)
10 Additive Wirkung zu Stereid (N"' 25, 4 OLTs),
mög licherweise effeKtiv als Monotherapie
Remission J. 1/S. Sterold, wenleer
effektiv als Cyclophosphamid
{N• 3, OLT) (N• 101, 2007, RCT)
To pisch bei Effekttv vs . Plalebo (N• 877, 2000, RCT) 0 0 0
Slcca- bzw.
Sjögr en-Syn-
drom
Ste roidresls- Langzeitremission in 40% (N•36, 1994, OlT) Remission in 95% bei Kindern (N=22, 2008, OLT ) CR positiv, größere Stud ie f eh lt Kein signifikanter Effek:t vs. Stereid
tent es nephroti- Remission in 73% (N•l l , 2001, OLT) Rem ission in 7 1%{N•2 1. 2007. Ol l) Ansprechen 86% (N• 43, OLT) (N • 20 , CR, 1969)
sches Syndrom Remission in 75% vs. Stcroid allein
(Minl malchan- (N- 5 1, 200 1, RCT) Ineffektiv bei 10 a Follow-up
ge- und primäre IN· 50, RS, 20061
fokale Glo me-
ru losklerose}
lgA-Nephro- J. vs. Plazebo (N•19, 1987, RCT) Wohl ineffektiv, da Rezidive nach Nieren- Nichteffektivva. Plazebo (EN•66. 2 RCTs) ln ein igen Patienten effektiv
pathie ollektlv ouf Immunkomplexe transplantation lrotz Tacrol imus (mehrere CR) MlnimaleProtefnur ieJ.vs. Piozebo(N-4D, (N• 74, RS, 2003)
(N•22, 1991, RCT) RCl)
Steroidresis- Minimal steroidsparend in 50Xl{ N=- 106, 200 1, Meta) 0
0 Einige kleine CR, vor allem zur
tentes Asthma
Ste reidersparn is RCT fehlt
M. Crohn ~0!8Chllmnteruf18 VI. Plazllbo (N•305, 1994, RCl) Fi stell inderung in 43%vs. 8%bei Plazebo l<ontraindlziert euflrund der pstrolntasti- Jahrzehntelange IcHnische Praxis
~effal<tlviiS. P18Z8DD (N•18Z, 1995, RCT) (N • 48, 2003, RCT) ~alen Nebenwllklll&en (MMF-«ooltls)
Remission in 42% (N - 12, 2007, Oll) ~Ieiche Remlsslonarate. weniger offelc1iv
Remission in 60% (N - 15, 2006, RS) ~vs . AZA
1-· Remission in 90'.16 (N - 10, 2005 , RCT) (N•45, RS)
Remission in 85% {N · I3, 200 I , DLT)
Effektiv in Kombination mit AZA {N"' I I, 1999, Ol n
Chronische Signifikan t Transaminasen -1.- (N - 19, 200 1, Oll } Effektiv in steroidresistenten Fäl len Etwa gleich effekt iv wie Steroid , Effekt iv in Kombination mit Steroid
Aut oi mmun- Remission bei Kind ern in 80% (N .. 32, 1999, OLT) (N · II , RS, 2004) Remission in -::: 84X (N =1 9, RS) (einige CR)
hepatitis Effektiv in chronischen Fällen (N=21 , OLT, 1995) Effektiv (N• 103, RS, 2001 )
Erhält Remission nach Steroidaus-
schleichen (N•72, RS, 199 5)
Uveitis Gleich effektrv w1e Stero•d. Rem1SS1on 1n 46% Gle•ch effelct1v w1e C1ciosponn, Jedoc h wemger NW Schemba r hocheffektiv 1n Rez1d1v-l. und 0
(N• 56, 1991, RCTI {N • 37, 2005, RCT) Stcroiddosis~ (N• 106, RS)
Gleich effektiv wie Tacrolimus, jedoch mehr NW Remission in ca. 60% (N • 16, DLT, 1994)
(N• 37, 2005, RCT)
Remission in 80'1> (N• 52, 1985, OLT)
My.asthenia Teilremissan in > 90'KI vs. Plazebo Ansprechen in =-75% ( ~ N - 1 3 1 , 5 OLTs) ReaHaiGn in 24/32 Patienten noch 1• (OLl), Stereidersetzend nach 3 a
gravis (IN • 59, 2007, Meta von 2 RCT) Ansprechen in • 30% (N• 212, RS) ln8/1a PatlentenMCh6MollateniOL1) (RCT N• 44)
Effektiv vs. Piazebc (N• 39, 1993, RCT) Verbessertes Ansprechen vs. Steroid (N• 34, RCT) Nldltalfektlv ltiCit9 MonateniRCTN•1 76)
Refraktäre ITP 83% Remission (N · 12, 2002, OLT) 0 80% Ansprechen (N•6, OLTI ln einzelnen CR bei resistenter ITP
Langzeitremission {N .. 4, 1996, OlT) effektiv
Remission in 80% (N• 5, i 995, Ol T)
Autoimmune Langzei tremission in refrak tären Fällen 0 100% Ansprechen {N • 4, Oll ) 0
hämolyti sche (N • 3, 1996, OlT)
Anämie
ANCA- Gängige Praxis als Erhaltungstherapie, 0 ln Nephritis Ansprechen von 73% (N • 34, RS) EHektiv als hoch dosierte Puls-
Vaskulitiden keine RCT ln Vaskulitis Rem ission von 78% mit Stereid therapie bei resi stenten Fäl len
(N• 32 , DlT) (N•6, CR , 2004)
Rezidivprophylaxe gleich zu Steroid Wenig effektiv in Erhaltungstherapie
(N• II , DLT) (einige CR)
Takayasu- 0 0 Remission in allen Be handelten {N- 9, OlT)
Kr. nkhelt

Arter iitis 0
temporaUs
Retroperito- 0 0 Remission in 79% mit Steroid (N-9, OLT) 0
ne• le Flbrose

1 Tab. 1: Übersicht über die Behandlung von Autoimmunerkrankun gen mit einigen gängigen Immunsuppres
siva. RCT: randomisierte, kontrollierte St udie;
OLT: Open-label trial oder nicht kontrollierte Studie; RS: retro spektive Studie / Analyse; HK: historische
Kontrollen; CR : Gase reports; Meta: Metaana lyse.
Thera pie der Autoi mmun erkran kunge n 111
Sirolimus Es gibt vi ele randomisierte Studien, die Leflunomid mit Standard-
th erapien bei der RA vergleichen. MTX wurd e in juveniler RA als
Siro limus (Rapamycin) ist ein Makrolidantibiotikum , das aus S. hy· effektiver gefunden. Studien zur RA bei Erwachsenen zeigten Leflu-
groscopi cus (von der Osterinsel: Rapa Nui) isoliert wurde. nomid als überlegen oder ebenbürtig zu MTX oder CyA, jed och mit
Es bind et in der Zelle ähn li ch wi e Tacrolimus an FK·Bindungspro- geringeren NW. Eine Kombination von Leflunomid mit CyA oder
teine und inhi biert dann mTOR (mammal ian target of rapamycin ). MTX ist besonders effektiv. Leflunomid ist weniger effektiv als Tacro-
Dadurch wird die Signalübenragun g des IL-2· und des IL- 15-Rezep· limus, da Tacrolimus eine Gelenkregen eration durch Proliferations-
tors blockiert und T- Zellen werd en in einen Proliferationsarrest über· hemmung reduziert. Die Substanz lindert bei Psoriasis sowohl Haut-
führt. Es blockiert so direkt die zelluläre Proliferation und nicht wie als auch Gelenkmanifestationen, ist scheinbar bei M. Crohn und
die Ca lcineurininhibitoren primär die Zytoki nsynthese. Auch 8-Zel- milden Lupusfällen wirksam. Lenunomid ist wohl in WG effektiver
len werd en über wenig klare M echanismen blockiert. als MTX. Deriva te wie Teriflunomid sind wohl effektiv in multipler
In Autoimmunerkrankun gen wurd e es nur in Fallstudi en eingesetzt, Sklerose.
ist aber ein hochpotentes Immunsuppressivum und wurd e z. B. als
effekti v bei refraktärem Lupus (N=9, 2006, OLT) befund en. Es kann Zytostatika
auc h topisch bei Hauterkrankungen eingesetz t werd en.
Cyclophosphamid
15-Deoxyspergualin (DSG)
Cyclophosphamid ist eines der häufigsten Zytostatika, di e bei Au-
DSG ist ei n Derivat von Spergualin, das aus B. la terosporus isoliert toimmun erkrankungen (v. a. schwere Kollagenosen, Vaskulitiden
wurde. Initial als Zytostatikum entwickelt, wurd e es aufgrundseiner nephrologische, hämawlogische und neurologische Autoimmun-'
immunsuppressiven Wirku ng bei Organabs toßungen und Glomerula· erkrankungen} eingesetz t werden. Cyclophosphamid ist ein Alkylan
nephritis eingesetzt. Es ist hochpotent mit geringen Nebenwirkun· und wird durch hepatische Mikrosomen in mehrere aktive Formen s
gen und daher eine Alternati ve bei vorbehandelten Patienten mit überführt. Der wichtigste Metabolit, Aldophosphamid, wird nicht
Au toimmunsyndromen. enzymatisch in Phosphoramid Mustard, den Wirkmetabolit, gespal-
Der Wirkm echanismus ist unklar, jedoch kommt es zur Inhibition ten. Die Halbwertszeit ist 6 h, die Substanz wird renal eliminiert-
der IL-2-Synth ese und zur Hemmung der T-Zeii-Proliferation. bei schwerer Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung nötig. C~c­
In ei ner kleinen Studie mit AN CA·Vaskul itis konnte in 15 der 20 Pa- lophosphamid wird oral gut absorbiert und selbst bei hohen Dosen
tienten eine Remission erreicht werd en, bei refraktärer WG wurde gut vertragen.
in 42 von 44 Pa tienten eine Remission erreicht. Das mittlere Überleben bei WG lag unbehandelt bei fünf Monaten
über 90 % der Patienten starben in den ersten zwei Jahren. Nach '
Einführung der oralen Therapie mit Prednisolon I mglkg!d und
Leflunomid
Cyclophosphamid 2 mglkgld (sog. Fauci-Schema } liegt die Fünf-
Lenu nomid ist ei n Inhibitor der Pyrimidinnukleotidsynth ese und jahresüberl ebensrate nun bei "'80 %.
blocki ert so die Lymphozytenproliferation, An tikörper· und Zytokin· Bei der monatlichen Pulstherapie kommt es zu nied rigeren Gesamt-
sekretion (IL-2, IFNy und TGFß}. Vor allem aktivierte T-Zellen wer- dosen (ca. 20 gla vs. 40 gla bei oraler Therapie} und so wohl zu
den blockiert, die Sekretion von IL-6 bleibt im Gegensatz zu MTX einem niedrigeren Krebsrisiko. Daher wird sie meist angewandt
intakt. Es wird vor allem in Patienten mit RA eingesetzt. (I Tab. I}.
Die eingese tzte Dosis ist meist I 0- 30 mgld. Leflunomid hat eine Es gibt leider kaum Daten, wie lange die Therapie fortgeführt wer-
sehr lange Halbwertszei t von etwa zwei Wochen. Eine erste Wir· den sollte. Meist wird empfohlen, die Therapie noch ein Jahr nach
kung lässt sich nach 4- 6 Wochen feststell en, meist wird die maxi· Remission fortzuführen. Die Rückfallrate ist bei schweren Auto-
male Wirksamkeit erst nach 4- 6 Monaten erreicht. immunerkrankungen recht hoch ("'50% nach sechs Monaten Puls-
Häufige Nebenwirkun gen sind milde Zytopenien und Leberwert· therapie}, sodass höhere intravenöse Dosen oder ein Umstellen auf
tägliche orale Gabe notwendig werden. Eine Kombination der
erhöhun gen. Es kann zu Durchfall und Übelkeit kommen.

Intravenös 750- 1000 mg/m'


Standardschema als Pulstherapie, Wi ederholung alle 4 Wochen
über 6- 12 Monate (NIH-Schema)

Oral 400- 1000 mg/m'


Orale Alternative, Wiederholung alle 4 Wochen
über 4- 5 Tage

Intravenös 500 mg wöchentlich


Pul sschema mit gleicher Effektivität als monatliche Gabe,
aber weniger Nebenwirkungen
Intravenös t 5 - 20 mg/kg alle
EUVAS-Schema (Kompromiss zwischen täglicher und monatlicher
2 - 3 Wochen, 10 Zyklen
Gabe)
Oral 50 - 100 mg/m 2/ d
Orale Dauertherapie (meist zusammen mit Steroid, sog.
oder 1 - 3 mg/kg/d
Fauci-Schema)
Intravenös 1,8 g/ m 2/ d über
Knochenmarktransplantation (maximal tolerierbare Dosis)
4 Tage (Gesamtdosis:
7,2 g/ m' )

1 Tabelle 1: Gängige Schemata der Cyc lophosphamid -Gabe. Je weiter unten in der Tabelle, desto
wirk samer, aber auch mit meh r Nebenwirkungen verbu nden smd d1e Schemata.
Therapien und therapieas soziierte Erkrankun gen
92 193
oralen Gabe mit AZA und Steroid ist meist noch wirksamer. Eine Die Pharmakakinetik ist triphasisch mit minimaler hepatischer Me-
Kombination mit TNFa-Antikörpern oder selten mit MTX kann in tabolisierung; nach i. v. Gabe wird der größte Teil in 8-12 Stunden
schweren Fällen sinnvoll sein. über die Niere ausgeschieden. Die Liquorkonzentration beträgt nur
3% der Plasmakonzenuation.
Nebenwirkunge n MTX ist vor allem bei RA und bei Psoriasis gut wirksam. Auch bei
Übelkeit und Erbrechen sind die häufigsten NW, vor allem bei i. v. M. Croh n und Dermatamyositis wird es eingesetzt. In Psoriasis wird
Gabe, und treten nach etwa zwölf Stunden auf. Antiemetika (Sero- MTX meist als 2,5 mg/d über fünf Tage oral mit zweitägiger Pause
toninantagonisten und Dexamethason) sind jedoch v. a. bei prä· oder einmal wöchentlich I 0-25 mg i. v. gegeben. Bei RA wird es
ventiver Gabe sehr effektiv. meist in geringerer Dosis (7,5- 15 mg/Wache) verordnet.
Die Hämatotoxizität ist meist die dosislimitierende Komponente . MTX wird zusammen mit Steraiden auch bei vielen Vaskulitiden
Der Leukozyten-Nadir wird 8- 12 Tage nach Infusion oder Start der (vor allem WG }eingesetzt und erreicht Remissionsraten von
oralen Therapie erreicht. Man sollte die Leukoyten über 2000/).11 50-70%. Es ist weniger effektiv als Cyclophosphamid, vor allem
bzw. nach einigen Autoren über 4000/).11 halten und die Dosis ent· bei Nierenbeteiligung, wird jedoch besser vertragen. Das Risiko von
sprechend reduziere n. Um höhere Dosen einsetzen zu können, Rezidiven ist erhöht, sodass längere Therapien erforderlich sind.
kann eine Gabe von G-CSF oder Stammzelltransplantation genutzt NW sind vor allem Leukopenie, milde Leberfunktionsstörungen
werden. Die Infektionsrate ist je nach Leukopenie erhöht und liegt und eine Pneumonitis, die durchaus lebensbedrohend sein kann.
bei zusätzlicher Therapie mit Steroid bei "'20%. Eine Cotrim-Pro- Der Leukozytennadir und das Nebenwirkungsmaximum werden
phylaxe soll te bei Kombination mit täglichem, hoch dosiertem Ste- 5-l 0 Tage nach Gabe erreicht und bilden sich rasch zurück. In
roid erfolgen. Die Thrombozytopenie ist meist milder als bei ande· hohen Dosen kommt es zu Mukositis bis zu Kolitis und Enteritis,
ren zytostatischen Therapien. selten zu Leberfibrose.
Vor allem i. v. Therapie führt zu Blasenstörungen. Ursache ist der MTX wird oft falsch eingenommen, v. a. von älteren Menschen. Bei·
Metabolit Acrolein; in Pulstherapie von über l g (bzw. 1 glm2) spielsweise werden Tabletten mit 7,5 mg fälschlich täglich statt
kommt es in etwa I 0% zu einer hämorrhagischen Zystitis. Dies ist wöchentlich eingenommen. Bei Einnahme von MTX kann es auch
eine schwere Komplikation ; zur Prophylaxe sollte Mesna gegeben in niedrigen Dosierungen über mehrere Tage zu schwerster KM·
werden. Toxizität mit Agranulozytose kommen . Aufpassen muss man auch
Das Risiko, an Malignomen, v. a. an Blasenkrebs, zu erkranken, ist bei größeren Ergüssen bzw. Aszites, da eine langsame Diffusion aus
erhöht("' 16%mit Blasenkrebs 15 Jahre nach erster Gabe). Es soll- dem Erguss zu Toxizität führen kann.
ten lebenslang mindestens halbjährlich eine Urinzytologie und bei
Auffälligkeilen eine Zystoskopie erfolgen . Mikrohämaturie ist ein
Warnzeichen. Vor allem myelodysplastische Syndrome, hämatolo·
gisehe Malignome und Hautkrebs treten häufiger auf.
Eine Dauertherapie führt in fast allen Fällen zu temporärer Infertili-
tät; bei Gesamtdosen >50 g kommt es zu Sterilität. GnRH-Analoga
können dies verhindern. Mangel an Östrogen kann zu menopausa-
len Symptomen führen. Aufgrund der hohen Teratogenität ist eine Zusammenfassung
Kontrazeption bis mindestens vier Monate nach Ende der Therapie X Neben monoklonalen Antikörpern, Stereiden und
indiziert.
Bei hohen Dosen kommt es häufig temporär zu Haarausfall. Selten DMARD werden v. a. Zytostatika und Calcineurin-
kommt es zu pulmonaler Fibrose, Kardiamyopathie oder zentralem inhibitoren zur Therapie der Autoimmunerkrankungen
Diabetes insipidus (SIADH). Schwere akute oder chronische ZNS-
eingesetzt.
Manifestationen sind auch bei hohen Dosen nicht bekannt.
X Weitere genutzte Substanzen sind u. a. die Purin-
Methotrexa t (MTX) antagonisten (MMF und AZA), welche die Zellteilung

MTX ist ein Folsäureantagonist Mit diesem Zytostatikum wurde Inhibieren.


1963 erstmals ein solider Tumor (Chorionkarzinom) geheilt. Es bio· X Purinantagonisten führen eher zu nicht immunolo-
ckiert die Prod uktion des Methylgruppendonors Tetrahydrofolat
gischen Nebenwirkungen bei geringerer Infektions-
(FH4) aus dem Dihydrofolat (DH) durch Inhibition der DH-Reduk-
tase. Es kommt zur Anhäufung der toxischen Vorstufe DH-Glutamat rate als die Calcineurininhibitoren, da Calcineurin-
und zur Störung der Purin· und Thymidinsynthese. Dies hemmt die inhibitoren stärker immunsuppressiv wirken.
DNA- und RNA-Synthese und damit die Zellteilung. Durch die Gabe
von Folinsäure (Leukovorin) kann die MTX-Wirkung antagonisiert • Die häufigsten eingesetzten Zytostatika sind Cyclo-
werden. So kann MTX in hohen Dosen appliziert werden, bei denen phosphamid und MTX. Hauptnebenwirkungen des
die Wirkung nach 24-36 h antagonisiert wird.
Cyclophosphamids sind die Hämatotoxizität, hämor-
rhagische Zystitis (prophylaktische Gabe von Mesna)
und eine erhöhte Rate an Blasenkrebs. MTX kann zu
schweren Leukopenien und zu einer Pneumonitis
führen.
Fallbeispiele

96 Fa ll 1: Neutropenes Fieber
98 Fa ll 2: Fingergelenksteife
100 Fall 3: Generalisierte Lymphadeno-
pathie
102 Fall 4: Fieber und Gelenkschmerzen
Fall 1: Neutrop en es Fieber

Ein Patient stellt sich bei Ihnen am Frei tagabend in der Nota ufnahme ein es größeren Krankenhauses mi t Fieber
bis 39 oc vor.
Ein Arztbrief ist nic ht verfü gbar, der behandelnde Arzt wird nicht vor Montag erreichbar sein. Anamnestisch gibt
der Patient Folgendes an : Bei ihm wurde vor etwa fünf Monaten eine größere Bauchoperation nach der Diagnose
vo n Krebs durchgeführt. Bei einer Kontrolluntersuchu ng vor etwa zwei Wochen zeigte sich ein Rezidiv des Tu-
mors, sodass ei ne intravenöse Chemotherapie verabreicht wurde, an deren Name sich der Patient nicht erinnern
kann. Ebenfalls erfo lgte vor etwa zwei Wochen die Anlage eines venösen Portsystems.
Die körperliche Untersuchung zeigt neben ei ner reizlosen Laparotomienarb e keine Auffälligkeiten. Der Patient
hat nun Fieber bis 39 °C.

Frage I: Welche Differentialdiagnose n ziehen Sie in Betracht? zeichen einer lokalen Infektion vorhanden sind . Bei Bedarf können
Frage 2: Was ordnen Sie zuerst als Diagnostik an? Novalgintropfen gegen Schmerzen und Fieber verabreicht werden.
Frage 3: Wie beginnen Sie die Behandlung? Was ordnen Sie sonst Als Th romboseprophylaxe verordnen Sie ein niedrigmolekulares
an? Heparinderivat.
Antwort I : Beginnende bakterielle Pneumonie, Harnwegsinfekt,
Porttascheninfekt, viraler Infekt.
Antwort 2: Blutbild, Laborchemie, Gerinnungsanalyse , Blutkul·
turen (zwei Flaschen periphere und am besten zusätzlich zwei Fla·
sehen aus dem Portsyste m), Röntgenthorax, Urinkultur.
Antwort 3 : Die stationäre Aufnahme ist erforderl ich. Eine empi·
rische Therapie mit einem i. v. Breitband·ß·Laktam (z. B. Piperacil·
!in oder Amoxicillin mit ß·Laktamase·lnhibitor) wird begonnen
(I Tab. I ). Das Portsystem ka nn benutzt werden, solange keine An·

Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Das Blutbild zeigt 600 Leukozyten/ 111, Der Patient hat trotz der intravenösen Der Patient fiebert weiter, auch am
der Hb·Wert ist 9,5 g/dl, die Thrombo· Therapie nach 48 Stunden noch Fieber, vierten Tag nach stationärer Aufnahme.
zyten sind deutlich erniedrigt. Der Rö· die Leukozyten sind nicht angestiegen. Die Leukozyten sind weiter stark ernied-
Thorax und die Blut· und Urinkulturen rigt.
sind unauffallig. Nach 24 Stunden ent- Frage 7: Welcher Therapiewechsel ist
fiebert der Patient. nun sinnvoll? Frage 10: Welche Erreger kommen nun
Frage 8: Welche weitere Diagnostik ist infrage?
Frage 4: Was ist nun das Vorgehen und zu empfehlen? Frage 11 : Welche weitere Infektquellen
die wahrscheinlichste Diagnose? Frage 9: Welche Erreger werden durch bzw. Lokalinfektionen kommen infrage?
Frage 5: Welche Voraussetzungen sind Piperacillin mit Tazobactam nicht erfasst? Frage 12: Was wäre die nächste Eskala-
für die Entlassung erforderlich? tion der Antibiotikatherapie?
Frage 6: Was könnte beim nächsten
Chemotherapiezyklus besser gemacht
werden?
Fall 1: Neutropenes Fieber
96 I 97

Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3


Antwort 4: Die wahrscheinlichste Dia- Antwort 7: Ein Wechsel auf ein Carbape- Antwort 10: Grampositive Kokken, sel-
gnose ist Fieber durch eine bakterielle In- nem, z. B. Imipenem mit Cilstatin oder ten Mykobakterien, Fungi (Candida oder
fektion ohne erkennbaren Fokus (FUO). Meropenem, ist indiziert (I Tab. 1). Aspergillen)
Die empirische Therapie wirkt und wird Antwort 8: Wiederholung des Röntgen- Antwort 11: In seltenen Fällen kann das
fortgesetzt Solange der Patient unter thorax, Rachenabstrich zur Candida-Dia- intravenöse Portsystem infiziert sein. Zur
I000 Leukozyten/ ).11 oder unter 500 neu- gnostik, Stuhl- (bei schwerem Durchfall) Diagnostik können Blutkulturen aus dem
trophile Granuloyzten/ J.ll hat, ist eine und erneute Urinproben zur mikrobiolo- Port oder Abstriche aus der Porttasche
Umkehrisolation angebracht, d. h. Mund- gischen Diagnostik. Eventuell erneute erfolgen. V.a. bei vorgeschädigten Herz-
schutz, Händedesinfektion. Blutkulturen. klappen kann eine Endokarditis vorlie-
Antwort 5: Die Antibiotikatherapie sollte Antwort 9: I Tab. 1 gen, bei Verdacht (kutane Knötchen,
insgesamt zehn Tage lang (bei febrilen ~ ESEL-resistente Stämme, hier würde neues Herzgeräusch) sollte eine trans-
Neutropenleu mindestens noch fünf Tage ein Carbapenem die beste Wirksamkeit ösophageale Echokardlografie erfolgen.
oder bei höheren Leukozytenwerten drei zeigen. Antwort 12: Vancomycln, in diesem Fall
Tage lang nach Entfieberung) fortgesetzt ~ Methicillinresistente Staphylokokken aufgrund der kürzlichen Portimplanta-
werden, der Patient kann aber mit einem (MRSA), hier wären Vancomycin, Teico- tion. Bei allen Fremdkörpern besteht In-
passenden oralen Antibiotikum entlassen planin, Linezolid oder Tigecyclin wirk- fektionsgefahr mit Staphylokokken, die
werden. Natürlich muss er fieberfrei blei- sam. meist erst auf Vancomycin ansprechen
ben und soll sich bei erneutem Fieberan- • Pneumonien mit selteneren Erregern (I Tab. I)-Oft muss aber der Fremdkör-
stieg umgehend wieder vorstellen. (z. ß_ P. aeruginosa) sprechen auf Amoxi- per entfernt werden. Bei weiterem Fieber
Antwort 6: Falls die Infektion schwer cillin nicht an. sollte man über eine mögliche Pilzinfek-
verläuft oder noch nicht ausgeheilt ist, • Anaerobe Erreger (Clostridien), hier tion oder eine Infektion mit Anaerobiern
kann man den nächsten Zyklus später wäre Metronidazol wirksam. nachdenken.
beginnen oder die Dosis reduzieren. Bei ~ Mykobakterien (treten bei lang andau-
intensiveren Chemotherapien gibt es ernden T-Zell-Defekten auf).
auch die Möglichkeit, G-CSF, einen
Wachstumsfaktor der neutrophilen
Granulozyten, zu geben. Dadurch wird
die Neutropeniedauer verkürzt und es
kommt zu weniger Infektionen. Den Fak-
tor gibt es als Präparat zur täglichen s. c.
Injektion oder als Depotpräparat.

Grampositive Erreger Gramnegative Erreger Anaerobier

Staphylo- MRSA Stap11ylo- Entero- VRE Strepto- Strepto- Streplo- Liste- Esche- ESBL Pseudo- Haemo- Neis· Entero- Proteu& Steno- Kleb- Clostri- Clostrl- Pepto-
coccus coccus coccus coccus coccus kokken rien richia monas philus seria bacter spp. tropho- siella dlum dium strepto-
aureus eplder- faecalls pyo- pneu-- der Virl- coll aerugi- influ- spp. spp. monas spp. diffielle perfrin- coccus
mldis genes monlae dans- nosa enzae malto- gens spp.
phllla

1 Tab. 1: Wirkspektren der gängigen Antibiotika , die bei neu tropenem Fieber verwendet werden. S: meist sensibel, 1: meist intermediär,
R: meist resistent, S*: hat häufig Resi sten ze n.
Fall 2: Fingergelenksteife

Eine 42-jährige Frau stellt sich bei Ihnen mit Gelenkbeschwerden der Fingergelenke vor. Eigentlich seien alle
Gelenke geschwollen, würden wechselhaft schmerzen. Vor allem morgens könne sie die Finger kaum bewegen_
Die Patientin leidet außerdem an einer bisher nicht abgeklärten leichten Sehstörung.
Die körperliche Untersuchung ergibt ein leichtes Brummen und Giemen bei Exspiration, ein vorher nicht be-
kanntes leises Systolikum etwa 2/6 mit p. m. über Erb sowie eine Schwellung aller Fingergelenke. Die Fingerend-
gelenke (distale lnterphalangealgelenk e, DIP) sind leicht bewegungseingeschränkt, es finden sich derbe, symmet-
rische Knoten über den Gelenkräumen. Palpation des Gelenkspalts ist hier nicht schmerzhaft Die Fingergrund-
gelenke (proximale Interphalangealgelenke, PIP) sowie die Fingermittelgelenke (Metakarpophalangealgelenke,
MCP) sind schmerzhaft bei Palpation und etwas geschwollen und gerötet.

Frage I: Welche Differentialdiagnosen ziehen Sie in Beuacht? ~ Arthritis mindestens eines Gelenks der Hand (Handgelenk, MCP
Frage 2: Welch e weiteren Untersuchungen können zur Diagnose- oder PIP)
stellung helfen? • symmetrische Arthritis
Frage 3: Welche gezielten Fragen können die Aggressivität der ~ subku tane Rheumaknoten
Erkrankung objektivieren? ~ Rheumafaktornachweis im Serum
Frage 4: Wi e beginnen Sie die Behand lung? Was ordnen Sie sonst • radiologische Veränderungen der Gelenke [Erosionen oder Oe-
an? ossifikationen na he bei den betroffenen Gelenken; Osteoarthritis
Antwort I: RA, akute vi rale Arthritis, Sarkoidose, Arthritis bei Kol- allein reicht nicht aus!).
lagenose, Fibromyalgie, Gichtarthri ti s, Psoriasis arthropa thica, wei- Mindestens vier der sieben Kriterien müssen zur Diagnose der RA
tere infektiöse Arthritiden und Arthrose. vorha nden sein, die ersten vier sollten für mindestens sechs Wo-
Schwer zu un terscheiden von RA können viral e Arthritis (Röteln, chen bestehen.
Parvoviren, HIV, Enteroviren, Hepatitiden B und C) und Arthritis Antwort 3: Ein guter Parameter ist die Dauer der Morgenstei fig-
oder Koll agenasen sein. Die weiteren Differentialdiagnosen haben keit Eine Morgensteifigkei t von mehr als einer Stunde ist fast pa-
oft and ere klini sche Befa llsmuster: thognomonisch für RA, in schweren Fällen kann sie zwei Stunden
Psoriasis an hropathica betri fft meist die großen Gelenke oder alle oder länger dauern.
Gelenke einzelner Finger (Strahlarthritis, Daktylitis), Gicht befallt Ein Krankheirsaktivitätsscore, der DAS-28, eignet sich gut zur Be-
eher die Zehen und die distalen großen Gelenke, Fibromyalgie geht urteilung der Schwere der RA und zur Verlaufsbeurteilung. In den
eher mit diffusen Schmerzen als mit Steifigkeit einher und hat kei- DAS-28 gehen die Anzahl der druckempfindlichen Gelenke, die
ne Sch wellung/Rötung. Infektiöse Arthritis betrifft meist nur ein Anzahl der geschwollenen Gelenke, die BSG und ein Patientenur-
Gelenk mit deutlichen Entzündungszeichen. teil zur Krankheitsaktivität ein.
Arthrose betrifft fast nu r die DIP und MCP. Bei symmetrischem Antwort 4: Eine Therapie der RA sollte früh zeitig und aggressiv
Befall der PIP und M CP handelt es sich am ehesten um eine RA. durchgeführt werden, um Gelenkschäd en zu vermeiden. Frühzei-
Antwort 2: Serologi e auf Rheumafaktor und Antikörper gegen tige Kombinationstherapie mit DMARD und monoklonalen Anti-
zykl ische, ci trullinierte Pepti de (Anti -CCP). Röntgenau fnahme der körpern sollte erfolgen . Initial können z. B. MTX, Leflunomid oder
I-lände. Sulfasalazin angewendet werden. Unterstützend kann niedrig do-
siert ein Steroid verabreicht werden.
Vor allem Anti -CCP ist ein frühzeitiger, hochspezifischer und hoch-
Eine symptomatische Behandlung kann mit NSAR erfolgen. Bei ge-
sensi tiver Tes t für RA. In der Rön tgenaufnahme beginn t die RA oft
ringen Schmerzen kann Ibuprofen oder ein COX2-Hemmer gege-
am Styloideus ulnaris. Ödem der Karpalknochen und gelenknahe
ben werden. Bei stärkeren Schmerzen und Entzündung sollte Die·
Entkalkung sind radiologische Frühzeichen.
lofenac oder lndometacin gegeben werden. Die NSAR können aber
Klinisch hi lfreich sind die ACR-Kriterien der RA:
den Krankheitsverlauf nicht beeinflussen und sollten aufgrund der
• Morgenstei figkeit [meist über eine Stunde)
Nebenwirkungen nur übergangsweise gegeben werden, bis die RA
• Arthritis mindestens dreier Gelenke [simul tan au ftretend durch
in Remission gebracht wurde.
Schwellung oder Erguss)
Fall 2: Fingergelenk steife
98 199

Szenario 1 Szenario 2

Nach sechs Monaten hat sich der Zustand nicht gebessert, der Die Patientirr berichtet nun trotzjahrelanger Therapie mit
DAS-28-Score ist schlechter ausgefallen. Subjektiv klagt die DMARD, TNF-Antikörpern und NSAR von zunehmender Mus-
Patientirr über längere Morgensteifigkeit kelschwäche und Bauchschmerzen. Die Diagnosestellung der
RA liegt etwa zehn Jahre zurück, die Arthritis ist nun aber seit
Frage 5: Was sind die weiteren Therapiemöglichkeiten? einigen Monaten weniger aktiv. In den Jahren zuvor hat die
Frage 6: Was ist bei der Anwendung von monoklonalen Anti- Patientirr erhebliche Gelenkdestruktionen erlitten und es sind
körpern zu beachten? zunehmend Rheumaknötchen aufgetreten.
Bei der Untersuchung zeigt sich eine weit fortgeschrittene,
jedoch artikulär aktuell inaktive RA (keine Schwellung, wenig
Schmerz). Extraartikulär fallen deutliche Rheumaknoten auf. An
den Knöcheln finden sich tiefe Ulzerationen, die erst vor einigen
Wochen neu entstanden sind. An den Finger fallen Läsionen im
Nagelbett auf, die auf kleine Ischämien schließen lassen. Ein
zunehmender Gewichtsverlust in den letzten Monaten sowie
subfebrile Temperaturen sind festzustellen .
Im Labor zeigt sich ein Anstieg des Rheumafaktors, das CRP ist
nur leicht erhöht. Niedrigtitrige ANA mit unspezifischem Mus-
ter fallen nun erstmals auf. Aufgrund dieses Befunds wurden
Komplementspiegel bestimmt, die deutlich erniedrigt sind.

Frage 7: Was ist die Differentialdiagnose?


Frage 8: Welche weitere Diagnostik ist zu empfehlen?
Frage 9: Wie sollte die Therapie nun geändert werden?

Szenario 1 Szenario 2

Antwort 5: Symptomatisch können Physiotherapie und ein stär- Antwort 7: Es handelt sich wohl um eine rheumatoide Vasku·
keres NSAR gegeben werden. Bei Patienten mit Magenulzera in litis (RV), die in Spätstadien der RA auftreten kann (bei juvenilen
der Vorgeschichte sollte ein Protonenpumpenhemmer gegeben Formen erstaunlich frühzeitig), manchmal bei "ausgebrannter
werden. Die Nierenwerte sollten streng kontrolliert werden. RA", wenn die artikuläre Aktivität abnimmt. Differentialdiagno-
Die Behandlung der RA erfolgt nun am einfachsten mit einem sen sind SLE, PAN, ANCA + Vaskulitis, Kryoglobulinämie, eine
anderen DMARD in höherer Dosierung (z. B. Wechsel von Le- Vaskulitis eines Overlap-Syndroms [Sharp-Syndrom) oder die
flunomid auf MTX). Zusätzlich ist wohl eine längerfristige Ste- Thrombangiitis obliterans. Es kann sich jedoch auch um eine
roidbehandlung nötig. Hier sollte eine Knochendichtemessung reine Infektion z. B. bei vorbestehender diabetiseher Mikro-
erfolgen und bei niedriger Dichte ein Bisphosphorrat gegeben angiopathie oder pAVK handeln. Selten können Thrombosen
werden. Immer sollte das Steroid jedoch mit Calcium und Vit· zu solchen Beinulzera führen, jedoch ohne die systemischen
amin D kombiniert werden. Symptome.
Bei Versagen eines zweiten DMARD oder bei starker Aktivität Antwort 8: Hohe RF-Titer, die unspezifischen ANA und extra-
der RA sollte die Therapie mit einem TNF-Antikörper begonnen artikuläre Manifestationen (Rheumaknoten) sind suggestiv für
werden. Initial wird meist Eternacept angewendet. Bei Versagen eine RV. Die Diagnose erfordert eine Biopsie, es kann z. B. die
oder Nebenwirkungen kann auf lnfliximab, dann auch auf Ada- Haut in der Nähe der Ulzera biopsiert werden.
limumab gewechselt werden. Antwort 9: Eine RV erfordert oft eine aggressive Therapie.
Antwort 6: Wichtig ist der Ausschluss einer Tbc vor Therapie- Ohne eine solche kommt es zu einer Verschlimmerung mit
beginn. Dies sollte mit Röntgenthorax und Mendel-Mantoux- Superinfektionen. Meist ist eine Therapie mit Zytostatika, vor
Probe erfolgen. allem Cyclophosphamid, erforderlich.
Fall 3: Generalisierte Lymphadenopathie

Ein 35-jähriger Angestellter stellt sich in Ihrer Facharztpraxis für Innere Medizin mit einer Schwellung am Hals
vor. Diese sei ihm beim Rasieren aufgefallen. Auf Nachfragen gibt der Patient an, in den letzten Monaten unge-
wollt etwas an Gewicht verloren zu haben, genauere Angaben kann er nicht machen. Unter Fieber oder Nacht-
schweiß leide er nicht. Der Patient nimmt keine Medikamente ein und hat keinerlei Vorerkrankungen. Er leide
lediglich ab und zu an schwach produktivem Husten.
Die körperliche Untersuchung zeigt neben der einseitigen Supraklavikulären Lymphadenopathie noch eine beid-
seitige axilläre Lymphknotenschwellung. Die Lymphknoten sind schmerzlos, derb und schwer verschieblich. Der
größte Lymphknoten hat etwa 2-3 cm Durchmesser.

lnfektionser- Differential- Merkmale lnfektlon ser- Differenti al- Merkma le

krank u ngen diagno se kra nk ungen dlagno se

Bakterielle Streptokokken, Fluktuierend, über wenige Tage entwickelnd Karzinome Plattenepi th el- Eher posterior zervika le Lymphade nopathi e
Infek ti onen Staeh~lokokken karzinom
(lokal) Hautinfektionen Regionale L ~mehadenoea t h i e Mundboden- sch merzhafter, invasiv wa chsender Primarius,
Katzen kratz- Fluktuierend, über wen ige Wochen bis Monate ent- karzinom oft blutend
krankheil wi ckelnd, eher axillär, Fieber in" 30% d. Fä lle Metastasen Hart, schmerzlos, ka um verschieb lich, verbacke n
Diphtherie Zervikale Lymphadenopath ie, zunehmend Fieber, Lymphome M. Hodgkin Häu fig zervikale Lymphadenopathie, Juckreiz,
Schluckbesc hwerden bellender Huste n und Leuk- Alko holsc hmerz
Ulcusmo lle Schmerzhafte inguinale Lymph adenopathie mit ämien Hoch maligne Rasch progred iente Lymphadenopathie
schmerzhaften Ulzera an den Genitalien B-Non-Hodgkin-
Tularämie Eitrige, lokale Lymphadenopathie, auch epitrochleär; L~mehome
von Nagern übertragen oft mit Hau!Iäsion, Fieber Niedrigmaligne Oft posterior zervika le Lymp hadenopathie
Pest Genera lisierte Lymphadenopa thie mit Einbl utungen 8-Non-Hodgkin-
bis I 0 cm Fieber L~mehome
Rattenbi ssfieber Durch Bisse ve rursacht, Fiebersc hübe Leukämi en Selten mit L~mehadenoeathie
{Sodoku) {4- 5 d dauernd) Multiples Sehr selten Lymphadenopat hi e und Hepato-
Bakterielle Brucellose Fi eber, Hepatosplenomegalie, von Nutztieren Myelom selenomega lie
Infektionen übertragen, oft massives Sc hwitzen Ly mpho- Cas tl eman- Genera lisierte Lymphadenopathie, Fi eber, Hepato- -
(systemi sch ) Lymphogranulo- Inguina l, Ulzera an den Genitalien, nach Jahren proliferative S~ndrom selenomegalie, ~o l~k l onale H ~~erga m maglob ul i nämie
ma venereum L~mQ h ödem Erkran- Sarkoidose Au ch epitrochleäre Lymph adenopa thie, Dyspnoe, -
Typhus Treppenförmiger Fieberanstieg, Bradykardie, ku ngen Hau tläsionen
Roseolen, Kopfschmerzen, Vigilanzminderu ng, Kikuchi- Eher posteriore zervika le Lymph adenopathie, Fieber
abdom. Beschwerden S~n drom eher bei jungen Fra uen '
Anthrax Regionale Lymphadenopath ie mit kut an er Bulla oder Histiozytose Meistens Haut- und Qulmonaler Befall
Vesikel, später mit schmerzl osem nekroti schem Am~loidose Kaum L~m~hadenoea thie
Ulkus Rosai-Dorfman- Massive Lympha denopathie mit Sinushistiozytos e
Virale EBV Eher zervikale Lymp hadenopathie, Fi eber, Pharyngitis, Krankheit
Infektionen in "50% Selenomegalie Kimura- Entzündung des Bindegewebes mit Lym ph adenopa-
HSV Ve sikuläre Läsionen, Fieber, lokale Lym phadeno- Krankhe it thie im KoefL Hals-Bereich, hohes lgE, Eosinoehilie
athie Progressive Seltene asymptomatische persistierende oder
CMV Eher zervikale Lymp hadenopathi e, mild, selten mit Keimzentrums- rek urrierende Lymphadenopathi e, bei Biopsie ist die
He atitis Iransformati on Follikelgröße 3 - 5 x größer als normal
HIV Generalisierte Lymphadenopathie, 2 Wochen nach Autoi mmun- Rheumatoide Sehr selten
Infektion, mukokutane Ulzera, grieeeartig, Exa nthem syndrome Arthritis
Mumes Parotisschwellung, Orchitis SLE Eher weiche, kleine Knoten; zervika l, axillär, inguina l
Masern Selten mit Lymphadenopathie, Fi eber, Koplik-Fiecken {vor allem bei Krankheitsaktivität)
an der Wangenschleimhaut, makulopapulöses Exan- Kawasaki- V. a. zervikale Lymphadenopathie, Fieber,
th em Hu sten Syndro m Konjunktiviti s, Mukositis, Koron aran eurysmen,
Typisch sind nuchale und postaurikuläre Lym pha deno- fast immer bei Kindern
Röteln
ea th ie, Exanthem M.Still Hohes Fieber und Exan them, Arthri ti s
Hepatitis B Sehr selten mit Lymphadenopathi e, Übelk ei t, Dermato- Typi sch Hautexanthem, Myositis, pulmonaler Befall
Erbrechen Ikteru s m~osi tis

Denguefieber Selten, makulopapul äres Exa nthem, selten hämor- Churg-Strauss- Asthma, Mononeuritis multiplex, Eosinophilie
rha isch S ndrom
Bilaterale, we iche zervikale Lymphadenopathie über Medikamen- Ph enyt oin, Selten
HHV6
Wochen te nreak- Allopurinol, Ate-
Adenovire n V. a. bei Kind ern , Tonsillitis eher zervika le tione n nolol, Captopril,
L~me ha de noeathie ß-Laktame,
Eher posterior zervikale, schmerzlose Lymphadeno- Cephalosporine,
Myko- Tuberkulose und
pathie (Skrofeln), fluktuierend, über wenige Wochen Gold, Hydrala-
bakterielle atypische Myko-
bis Monate entwickelnd zi n, Primidon,
Infekt ionen bakterien
Treten oft nur bei Immunsupprimierten Pyrimethamine,
Pilz- Kryptokokkose
symptomatisch auf Quinidin,
Infektio nen Histoplasmose
Sulfonamide,
Kokz idioido-
Sulindac
m kose
Serumkrankheit Nach entsQrechender ExQosition
Protozoen Toxoplasmose Eher zervikale Lym ph adenopathie,
Endokrine M. Addison Selten, v. a. ton si lläre Hyeere lasie
oft as~metomatisch
Ursachen M. Base dow Sehr sel ten
Leishmaniose Lok al bei Orientbeule oder generalisiert bei Kala-Azar
Hyeothyreose Selten
Spirochäten Borreliose Selten mit Lymphadenopathie, oft mit Arthritis,
radikulären Symptomen (Brennen am Rück en) und Genetische Fettspeicher- Generalisierte Lymphadenopathie, v. a. bei der
HirnnervenQaresen Defekte krankheilen Niemann-Piek-Krankheit und M. Gaueher
Exant hem, oft auch epitrochleäre Lymphadenopathie Heriditäre perio- V. a. zervikal bei Hyper-lgD- und bei PFAPA-Syndrom
disehe Fieber
v.a . bei Sc hwimmern

I Ta b. 1: Different ialdiagnosen d er Lymphadenopathie.


Fall 3: Generalisierte Lymphadenopathie
100 I 101

Frage 1: Welche Differentialdiagnosen ziehen Sie in Betracht? Antwort 2: Serologie (EBV, CMV, HSV, HIV) , Differentialblutbild ,
Frage 2: Was ordnen Sie zuerst als Diagnostik an? Laborchemie (vor allem LOH , CRP), Gerinnungsanalyse, Blutkul-
Frage 3: Wie beginnen Sie die Behandlung? Was ordnen Sie sonst turen, Röntgenthorax und Urinkultur.
an? Antwort 3: Perspektivisch ist möglicherweise eine LK-Biopsie nö-
Antwort 1: Viele Differentialdiagnosen kommen in Betracht. Als tig. Es ka nn überlegt werden, zuvor eine Aspiration zu versuchen,
um eine Zytologie zu gewinnen; dies ist jedoch strittig. So kann
Ursachen der peripheren Lymphadenopathie kommen Infektions-
erkrankungen, Malignome, lymphoproliferative Erkrankungen und aber auch z. B. ein Abszess ausgeschlossen und vielleicht schneller
Medikamentenreaktionen infrage is. Seite 8): eine Diagnose gestellt werden.
Eine Sonografie ist ebenfalls hilfreich, um einen Abszess auszu-
schließen.

Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Die LDH ist stark erhöht, Serologie, CRP, Bei weiterem Nachfragen berichtet der Bei gerrauerem Nachfragen berichtet der
Blutbild und Blutkulturen sind unauffäl· Patient, dass er seit dem zwölften Lebens- Patient von morgendlichem Auswurf, der
lig. Im Röntgenthorax wird der Verdacht jahr bis zu zwei Schachteln pro Tag rau- seit Monaten bestehe. Er habe vor eini·
auf eine bihiläre Lymphadenopathie ge- che. Im Röntgenthorax ist ein zentral genJahrenauf der Straße leben müssen
äußert. Der Patient berichtet über Nacht· gelegener Rundherd zu erkennen. und stamme aus Ostschlesien.
schweiß sowie subfebrile Temperaturen Frage 7: Was ist nun die wahrschein· Frage 10: Welche Erreger kommen nun
und AbgeschlagenheiL lichste Diagnose? irrfrage und wie erfolgt der Nachweis?
Frage 4: Wie gehen Sie vor? Welche Frage 8: Wie gehen Sie vor? Frage 11: Was wäre die Antibiotikathe-
Diagnose ist am wahrscheinlichsten? Frage 9: Welche Therapien können in rapie der Wahl?
Frage 5: Wie kann die Diagnose gesi- Betracht gezogen werden? Frage 12: Was sind weitere wichtige
chert werden? "amtliche" Schritte?
Frage 6: Welche Manifestation sollte
sofort zu rascher Einleitung einer Chemo-
therapie führen?

Szenario I Szenario 2 Szenario 3

Antwort 4: Da die anderen häufigen Antwort 7: Aufgrund der Raucherana- Antwort I 0: Bisher nicht abgeklärt ist
Differentialdiagnosen aus dem infektiolo- mnese mit etwa 40 Packungsjahren und die Tuberkulose als Ursache der genera-
gischen Formenkreis negativ ausfallen, ist dem pulmonalen Rundherd erscheint ein lisierten Lymphadenopathie. Vor allem
nun ein malignes Lymphom am wahr- Bronchialkarzinom am wahrscheinlichs- Obdachlosigkeit und Migrationshinter-
scheinlichsten. Vor allem LOH-Erhöhung ten. grund sind Risikofaktoren.
und generalisierte Lymphadenopathie Antwort 8: Eine Biopsie sollte zeitnah Eine kutane Mendel-Mantoux-Probe
sind typisch, zusammen mit leichter erfolgen, am besten des Rundherds und kann weitere Hinweise liefern, jedoch ist
B-Symptomatik. Sarkoidase und Tbc müs· des geschwollenen Knotens. Technisch ein Erregemachweis nötig. Am ehesten
sen jedoch ausgeschlossen werden. ist eine Bronchoskopie mit transbronchi- sollte eine Bronchoskopie mit Lavage des
Antwort 5: Zur Diagnosestellung sollte alen Biopsien am einfachsten, der Knoten Rundherds, Mykobakterienkultur und
nun eine Lymphknotenbiopsie oder bes· kann CI-gestützt punktiert werden. Färbung nach Zlehl-Neelsen erfolgen. Ein
ser eine Lymphknotenexstirpation erfol- Antwort 9: Je nach Typ des Tumors kön- CT kann möglicherweise Kavernenbil-
gen. nen eine zytostatische Therapie und/ oder dung zeigen, ist aber nicht diagnostisch.
Antwort 6: Seltenere hochmaligne Lym- eine Radiotherapie die Lebensqualität ver- Die Mykobakterienkultur kann jedoch
phome können so rasch wachsen, dass in- bessern und die Lebensdauer möglicher- einige Monate in Anspruch nehmen, so-
nerhalb von Tagen eine Größenzunahme weise verlängern, eine Heilung ist auf- dass ein Nachweis mittels PCR die Dia-
erkennbar ist. So ist das Burkitt-Lym- grund der wahrscheinlich bereit~ meta· gnosestellung stark beschleunigen kann.
phom der am schnellsten wachsende Tu- stasierlen Erkrankung nicht möglich. Antwort 11: Die Therapie erfolgt durch
mor des Menschen und erfordert sofor· Gabe einer Vierfachkombination von Iso-
tige zytostatische Therapie, ohne dass auf niazld, Rifampicin, Ethambutol und Pyra-
das Vorliegen einer pathologischen Dia- zinamid (s. Seite 40). Zunehmend kommt
gnose gewartet werden kann. es zu Resistenzen in den Mykobakterien
vor allem bei Ursprung aus den ehemali_'
gen Ländern der Sowjetunion. Diese kön-
nen durch Kultur nachgewiesen werden.
Antwort 12: Die Tuberkulose ist na-
mentlich meldepflichtig.
Fall 4: Fieber und Gelenkschmerzen

Grundlage ist der Fall 19-2001 aus dem New England Journal of Medicine {Vol344, No 25 ).
Ein 50-jähriger, ansonsten gesunder Mann wird mit Fieber und Gelenkbeschwerden ins Krankenhaus eingewie-
sen. Sechs Wochen zuvor hatte er eine Episode mit Schnupfen, Halsschmerzen, niedrigem Fieber und Kopf-
schmerzen. Innerhalb von zwei Wochen klangen die Symptome ab, lediglich intermittierendes Fieber bis 39,4 oc
und Nachtschweiß bestanden weiter. Blutkulturen und Tuberkulintest waren negativ.
Vier Tage vor der stationären Aufnahme hatte der Patient Schmerzen im rechten Ellenbogen und in den Knien
sowie schmerzempfindliche, ödematöse Hände und Füße. Die Laborbefunde waren unauffällig, es wurde Penizil-
!in V verordnet. Nach zwei Tagen klang das Fieber ab, die Gelenkbeschwerden behinderten den Patienten aber
zunehmend beim Laufen. Die Halsschmerzen traten erneut auf, es kam zu Ohrenschmerzen sowie Rötung der
Augen . Der Patient wurde daraufhin stationär aufgenommen.
Bei Aufnahme betrug die BSG 97 mm/h, es bestanden eine leichte Hyponatriämie und eine Hyperkaliämie. Die
LDH im Plasma war mit 240 U/1 bereits vor vier Tagen grenzwertigerhöht, im Urin konnte eine Spur Protein nach-
gewiesen werden. Die weiteren Blutwerte waren unauffällig. Der Patient hatte 38,2 oc und einen Puls von 110.
Bei der körperlichen Untersuchung fielen eine Konjunktivitis, eine milde Pharyngitis, auskultatorisch an der rech-
ten Lu~ge basalleichte Rasselgeräusche und ein 2/6-Systolikum auf. In beiden Knien fanden sich leichte Ergüsse,
d1e Kme und Ellenbogen waren gespannt und die Finger geschwollen und schmerzhaft bei passiver Flexion.
Ein Röntgenthorax zeigt beidseitige fleckige Versehatrungen in den Unterfeldern sowie eine lineare Atelektase.
Eine Therapie mit Ceftriaxon, Azithromycin, lbuprofen und Azetaminophen wurde begonnen. Nasopharyngeale
und urethrale Abstriche sowie Urin- und mehrere Blutkulturen stellten sich jedoch als negativ heraus.
Eine transthorakale Echokardiografie zeigte keine Vegetationen, ein Blutausstrich zeigte keine Malaria oder Babe-
sien. Weitere Labordiagnostik zeigte einen positiven Coombs-Test, eine Arthrozentese des Knieergusses war ste-
ril und zeigte 17 000 Leukozyten/111 mit vorwiegend NeutraphiJen {58%).

Frage 1: Welche Differentialdiagnosen ziehen Sie in Betracht? Vorgeschichte mit einem Atemwegsinfekt und seitdem Arthritis
Frage 2: Welche Diffe rentialdiagnosen sind wahrscheinlich? und Fieber. Rheumatisches Fieber geht oft mit Karditis, Chorea und
Frage 3: Was ordnen Sie als weitere Diagnostik an? Exanthem einher, diese Befunde fehlen aber bei dem Patienten.
Antwort 1: Aufgrund der pneumonieähnlichen Infiltrate kommen Die Konjunktivitis würde zu einem M. Reiter passen , weitere Be·
weiterhin Infektionserkrankungen in Betracht. An Autoimmun- runde fehlen jedoch.
erkrankungen, die postinfektiös auftreten (reaktive Arthritiden), M. Still des Erwachsenen (bei über 40-Jährigen sehr selten) geht
sollte aufgrund der Schnupfenerkrankung vor sechs Wochen ge- mit täglichen Fieberspitzen, Arthritis und einem Exanthem einher.
dacht werden, aber in infrage kommen auch RA, WG, SLE und Oft treten auch eine Laryngitis, Lymphadenopathie, Leukozytose,
Hepatitis und erhöhtes Ferritin auf. Lediglich Fieber und Arthritis
M. Still des Erwachsenen.
Antwort 2: Bakterielle Arthritiden können rasch zur Gelenkdes· würden hier zutreffen.
truktion führen und erfordern eine sofortige Therapie mit An tibio- RA kann wie bei diesem Patienten bei der Erstmanifestation akut
tika. Septische Arthritis ist fast immer mono· oder oligoartikulär und mit boxhandschuhähnlicher Arthritis der Fingergelenke und nied-
betrifft vorwiegend die großen Gelenke. Da der Patient starke Betei- rigem Fieber auftreten. Oft betrifft diese RA-Form jedoch ältere
ligung der Handgelenke aufweist und bereits eine Therapie mit meh- Menschen (sog. Late-onset·RA, oft mit Myalgien) . Hohes persistie·
reren Antibiotika erfolgte, erscheint dies unwahrscheinlich. Disse- rendes Fieber, Pharyngitis und Nachtschweiß sind untypisch. Rezi-
minierte Gonokokkeninfektion führt oft entweder zu einer migrie- divierende Polychondritis und Vaskulitiden gehen meist mit mil-
derer Gelenkbeteiligung einher.
renden Polyarthritis mit Hautmanifestationen und Fieber oder zu
SLE erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich, da nur 10%
asymmetrischer Polyarthritis ohne Fieber und Hautbefunde. Beide
der Patienten männlich sind. Die meisten davon sind mittelalte
Varianten lassen sich in diesem Fall nicht finden.lnfektiöse Endokar-
Männer mit einem medikamenteninduzierten Lupus (meist durch
ditis kann sich mit akuter mono· oder oligoartikulärer Gelenkbetei-
Procain, Ouinidin oder Antihypertensiva wie Hydralazin). Keines
ligung, v. a. der großen Gelenke, manifestieren. Trotz Systolikum
der Medikamente hatte der Patient eingenommen. Er erfüllt
zeigte eine Echokardiografie keine Vegetationen (bei stärkerem Ver-
auch nur eines der ACR-Kriterien (lupuskongruente Arthritis, s. Sei-
dacht ist eine transösophageale Echokardiografie notwendig). Lyrne-
te 70), jedoch deuten Fieber, Nachtschweiß und deutliche Schwä-
Borreliose kann sich in frühen Phasen als migrierende Polyarthralgie
ehe bei mehrmaligen negativen mikrobiologischen Tests auf eine
manifestieren, in späten Stadien als Monoarthritis. systemische Autoimmunerkrankung hin, sodass SLE eine wichtige
Virale Arthritiden (meist durch Parvoviren, Röteln, Hepatitisviren Differentialdiagnose bleibt. Auch Konjunktivitis, Laryngitis und fle-
oder HIV) befallen meist die kleinen Gelenke der Hand und gehen oft ckige Lungenversehaltungen kommen bei SLE vor.
mit einem Exanthem einher. Parvovirusinfektionen treten häufiger
Antwort 3: Serologie auf Hepatitisviren und HIV sollte zum Aus·
bei Frauen auf und gehen mit Fieber, Kopfschmerzen, Husten,
schlussviraler Arthritiden durchgeführt werden.
Schluckbeschwerden, leichter Anämie und bei Erwachsenen auch
Zur Autoimmundiagnostik sollten ANA, Anti·dsDNA, ANCA, der
ohne Exanthem einher. Die Gelenkbeschwerden können variabel
Rheumafaktor und Anti-CCP bestimmt werden. Testung weiterer
über Monate rezidivieren. Da dieser Patient hohes Fieber und starke
Autoantikörper, z. B. Anti-Ro und Anti-La sowie Anti-Sm, kann
Arthritis hat, erscheint eine Parvovirusinfektion weniger wahr-
sinnvoll sein. Ein Coombs-Test war positiv, C3 und C4 sollten als
scheinlich. Hinweis auf eine komplementverbrauchende Erkrankung (Vaskuli·
Bei reaktiven Arthritiden ist der Gelenkerguss steril. Vor allem
große Gelenke der Beine sind betroffen, der Patient hat auch eine tis) getestet werden.
Fall 4 : Fieber und Gelenkschme r zen
102 I 103

I
Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Der ANA-Titer ist hochpositiv (I : 5120), Die Autoimmundiagnostik war negativ, Die Autoimmundiagnostik war negativ,
Anti-dsDNA leicht positiv (I : 40), andere C3- und C4-Konzentrationen waren im Anti-CCP-Antlkörper und RF waren je-
Autoantikörpertests waren negativ. Der Normalbereich. Die Beschwerden des Pa- doch mitteltitrig positiv.
Coombs-Test war positiv, so erfüllt der tienten persistieren. Anti-CCP-Antikörper
Patient nun sogar vier der elf ACR-Krite- und RF waren negativ. Frage 10: Was ist nun die Diagnose?
rien (Arthritis, Autoantikörper gegen Frage 11: Wie kann die Diagnose weiter
Erythrozyten, ANA und dsDNA-Antikör- Frage 7: Welche Differentialdiagnosen gesichert werden, welche Diagnostik ist
per-positiv). In einer erneuten Unter- sind nun noch wahrscheinlich? Welche erforderlich?
suchung des Knieergusses fanden sich anamnestischen Fragen können weiter- Frage 12: Was wäre eine erste Therapie?
große, polymorphkernige Zellen mit helfen?
phagozytiertem hyalinem Material, soge- Frage 8: Welche Labordiagnostik kann
nannte LE-Zellen. zur Diagnosestellung helfen?
Frage 9: Wie lauten Diagnose und
Frage 4: Was ist nun die Diagnose? Therapie?
Frage 5: Wie sollte eine Behandlung er-
folgen?
Frage 6: Wie können der Verlauf und ein
Therapieansprechen beurteilt werden?

l
;

Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Antwort 4: Die Verdachtsdiagnose SLE Antwort 7: Lyme-Borreliose ist nun die Antwort 10: Rheumatoide Arthritis
wurde durch die Autoimmundiagnostik Verdachtsdiagnose. Antwort 11 : Auch wenn eine Destruk·
bestätigt Anti-dsDNA-Antikörper sind pa- Bei weiterem Nachfragen gibt der Patient tion so früh im Verlauf unwahrscheinlich
thognomonisch für SLE. Die LE-Zellen an, dass er oft wandern gehe, auch erscheint, sollte ein Röntgen der Hand
finden sich in 90% der Lupus-Patienten, querfeldein in hohem Gras, und dass ihn erfolgen. Ein MRT der Kniegelenke kann
vor allem im Blut und in Ergüssen. Der mehrere Zecken gebissen hätten. An ein frühzeitig Progress bzw. inadäquates The·
SLE ist am ehesten idiopathisch, da medi- Erythem erinnert er sich nicht, jedoch rapieansprechen zeigen. Zur Verlaufsbe-
kamenteninduzierter (in diesem Fall mög- beschreibt er, nächtliche brennende urteilung kann ein klinischer Score (z. B.
licherweise durch Penizillin) Lupus eher Schmerzen im Rücken gehabt zu haben, DAS-28) herangezogen werden.
Anti-dsDNA-Antikörper-negativ ist die durch kaltes Duschen gemildert wor- Antwort 12: RA sollte frühzeitig aggres·
Antwort S: Die Behandlung erfolgt mit den seien. siv behandelt werden, um Gelenkdes·
Prednison, meistens als Dauertherapie, in Antwort 8: Serologische Testung auf truktlonen zu verhindern. Hierzu kom-
schweren Fällen mit einer Methylpred- Lyme-Borreliose men vor allem Anti·TNF-Antikörper nach
nisolon-Stoßtherapie. Bei diesem Patien- Antwort 9: Die serologische Untersu- Tuberkuloseausschluss zur Anwendung.
ten könnte man mit 40 mg/Tag per os chung auf Lyme-Borreliose war positiv. Zusätzlich sollte eine Standardbehand·
beginnen. Zusätzlich kann Hydroxychlo- Die Therapie erfolgt durch Lv. Gabe eines lung mit einem DMARD erfolgen. MIX
roquin (etwa 200 mg zweimal am Tag) neueren Cephalosporins. ist als Basistherapie gut geeignet, zusätz-
sinnvoll sein. Das Steroid kann bei gutem lich kann ein niedrig dosiertes Steroid
Ansprechen ausgeschlichen werden. verabreicht werden (s. Fall2 und Seite
Antwort 6: Die Symptome sollten inner- 68).
halb weniger Tage abklingen. Im Verlauf
können Anti-dsDNA-Antikörper-Titer
hilfreich sein, vor allem bei Patienten mit
Lupusnephritis sind sie meist mit der
Krankheitsaktivität assoziiert. Bei diesem
Patienten waren sie aber nur leicht er-
höht Bei einem Rezidiv (in diesem Pa-
tienten kam es zu einer Skleritis) können
Anti-dsDNA-Antikörper-Titer trotzdem
zur Objektivierung dienen.
Anhang

106 Glossar
109 Quellen- und Literaturverzeichnis
Glossar
Adhäsionsmoleküle Zellen eine wichtige Rolle spielt. Durch CD3 Teil des T-Zell-Rezeptorkomplexes-
Leukozyten besitzen eine Vielzahl von Re- Apoptose werden bei der zentralen Toleranz- T-Zell-spezifisch '
zeptoren, mit deren Hilfe sie an Endothel- entwicklung autoreaktive Zellen entfernt. CD4 Korezepter der T-Helferzellen (bin-
zellen oder andere Leukozyten adhärieren, Auch das Abtöten von Zielzellen durch det an MHC-Klasse-11-Komplexe)
die sog. Adhäsionsmoleküle. Die wichtigsten T- oder NK-Zellen erfolgt meist mittels In- CDB Korezep tor der zytotoxischen
Gruppen sind die lntegrine, dazu gehören duktion von Apoptose in der Zielzelle (z. B. T-Zellen (bindet an MHC-Kiasse-1-
u. a. die LFA- und die Immunglobulinsuper- mittels Granzymen). Wichtig ist die Apo- Komplexe)
familie (cell-adhesion molecules, CAM). ptase auch beim Entfernen geschädigter Zel- CD14 Phagozyten (Teil des LPS-Rezep-
Integrine bestehen aus a- und ß-Ketten, die len, was eine Tumorzellentwicklung ver- tors), wichtig zur Monozyten-
bestimmte, nicht beliebige Hererodimere hindern kann. So lösen DNA-Strangbrüche bestimmung
bilden können. Dennoch sind Dutzende durch Strahlung oder chemische Modifika- CD16 Fe-Rezeptor, auf NK-Zellen und
Kombinationen möglich. Integrine können tion der DNA zuerst einen Zellzyklusarrest Monozyten
durch Konformationsänderung binnen aus, bei fehlgeschlagener Reparatur komm t CD J9 Korezeptor des B-Zell-Rezeptors
Sekunden aktiviert werden. Die LFA beste- es dann zur Apoptose. CD20 lonenkanal, B-Zell-spezifisch,
hen meist aus einem CD I I-Molekül (a-lnte- Ausgelöst wird die Apoptose durch Gran- Zielmolekül von Rituximab
grin-Kette) und CD 18 (lntegrin-ß 2-Kette). zyme, den Fas-Rezeptor, Rezeptoren der CD28 Wichtiger Rezeptor auf T-Zellen
LFA-1 besteht so aus CD ll a und CD 18. TNF-Familie, T/ B-Zell-Rezeptoren bei fehlen- der das zweite Aktivierungssign~J
Als "CAM" werden meist monomere Zell- dem kostimulatorischem Signal, Glukokorti- liefert
adhäsionsrezeptoren der Immunglobulin- koide, Sauerstoffradikale, Hyperth ermie, CD 56 Adhäsionsmolekül, wichtig zur
superfamilie bezeichnet, jedoch zählen auch DNA-Schädigung (z. B. UV-Licht, Karzino- NK-Zel i-Bestimmung
Integrine dazu. Oft sind die CAM Liganden gene), Entzug von Wachstumsfaktor (z. B. CD64 Fe-Rezeptor, makrophagen- und
von Integrinen: ICAM- I (CD 54) von APZ IL-2-Mangel bei aktivierten T-Zellen) oder monozytenspezifisch
bindet so an LFA-1 der T-Zellen und hilft bei Anoikis (Verlust des Zell-Zell-Kontakts). Chemokine
der T-Zell/ APZ-Aktivierung. Diese Stimuli führen zur Aktivierung von
Proteine, die Gradienten, also Konzentra-
Caspasen (.Cystein-spezifische @artat- tionsunterschiede, ausbilden und dadurch
Affinität
proteasen), die in einer Enzymkaskade zur
"Affini tät" bezeichnet die Stärke einer Bin- die Zellbewegung, Migration von Leuko-
Freisetzung von Cytochrom C aus den Mito- zyten steuern.
dung zwischen zwei Molekülen.
chondrien führen. Dies ist das Signal für
Akute-Phase-Proteine viele zelluläre Enzyme, die Zelle abzubauen Chylomikronen
Proteine, deren Plasmaspiegel durch systemi- (z. B. DNA-Fragmentierung). Es gibt jedoch Große Lipoproteinkomplexe, die Fette vom
sche Entzündungsreaktionen geändert wird . auch anti-apoptotische Moleküle, die eine Darm über die Lymphe und den Ductus
Die meisten werden von der Leber durch Apoptose verhindern können (z. B. bcl-2, thoracicus in das Gefäßsystem einleiten.
Zytokinwirkung (IL-1, IL-6 und TNFa.) bcl-xl, Rb) und häufig von Tumorzellen
Defensine
vermehrt (z. B. CRP) oder vermindert (z. B. exprimiert werden.
Proteine, die Mikroorganismen erkennen
Albumin ) gebildet. Avidität können, in deren Membran Poren bilden
Antigen Unter "Avidität" versteht man eine Bindungs- und so zu deren Lyse führen. Sie werden
Jeder Stoff, der eine spezifische Immun- verbesserung, indem mehrere Bindungs- von fast allen Epithelzellen gebildet, kom-
antwort auslösen kann. stellen parallel genutzt werden, auch wenn men aber auch in Granulozytengranula vor.
die Affinität der Einzelbindung nicht hoch
Antigenpräsentierende Zellen (APZ) Eikosanoide
ist. Dies wird z. B. beim JgM genutzt, das
Zellen, die Antigene an der Zelloberfläche "Eikosanoide" ist der Überbegriff für Entzün-
zehn Bindungsstellen besitzt.
präsentieren. Professionelle APZ sind den- dungsmediatoren, die aus Arachidonsäure
dritische Zellen, Makrophagen und B-Zellen. B-Zellen gebildet werden. Zu dieser Familie zählen
Diese können antigenspezifische T-Zellen Lymphozyten, die antigenspezifische Immun- Prostaglandine, Prostazykline, Thromboxane
globuline (Antikörper) produzieren und aus und Leukotriene.
aktivieren.
dem Knochenmark stammen (B von "bone
Fe-Rezeptoren
Apherese marrow").
Fe-Rezeptoren binden den Fe-Teil von Anti-
"Apherese" bezeichnet eine Blutwäsche.
CD-Moleküle körpermolekülen (das konstantes Fragment).
Meist ist die Trennung von einzelnen festen
"CD" steht für "duster of differentiation" Es gibt drei Fe-Rezeptoren für IgG (CD 16,
Blutbestandteilen gemeint. Zum Beispiel
und ist eine Nomenklatur für Oberflächen- CD32 und CD64), die hauptsächlich auf
werden Stammzellen und mononukleäre
moleküle auf Zellen des Immunsystems. Bis- Makrophagen, Monozyten, B- und NK-Zel-
Zel len abgetrennt und die restlichen Zellen
her wurden über 300 Moleküle mit CD- len vorkommen. lgE-Rezeptoren finden sich
mit dem Plasma dem Patienten zurück- auf Mastzellen und führen zu einer irrever-
Nummern benannt, etwa 50 davon sind
gegeben. Es können aber auch Antikörper siblen Bindung von IgE.
häufig und für verschiedene Immunfunktio-
abgetrennt werden, z. B. zur Behandlung
nen essenziell. Auch wenn man sie sich oft Follikel
schwer verlaufender SLE-Fälle. Die Entfer-
nicht merken kann, so sollte man doch eini- Ein Lymphfollikel ist eine Ansammlung von
nung des Plasmas wird als "Piasmapherese"
ge kennen, die z. B. in Immunphänorypi- Lymphozyten v. a. in sekundären, aber auch
bezeichnet (Therapie z. B. beim HUS).
sierungen auch klinisch Anwendung finden. in primären oder tertiären lymphatischen
Apoptose Hier eine kurze Liste: Organen. Zentral finden sich B-Lympho-
Die Apoptose ist der kontrollierte Zelltod, zyten, die von einem Rand von T-Zellen um-
der in der Entwicklung vieler Gewebe und
Glossar
106 I 107

geben sind. Lymphfollikel sind Ort de r MHC-Moleküle Proenzyme


Lymphozytenaktivierung und der Affinitäts· MHC-Moleküle binden Peptide auf der Zell· Auch Zymogene. Dies sind Enzymvorstufen,
reifung. oberfläche, die dann von T·Zellen erkannt die durch Spaltung bzw. Proteolyse aktiviert
werden können. MHC-Klasse·I·Moleküle werden. So liegen z. B. Komplementproteine
Hochendothellaie Venulen (H EV)
werden praktisch von allen Körperzellen ex· als Proenzyme vor und werden in ein akti·
Dies sind spezielle Gefäße, die naive Lym·
primiert und binden intrazelluläre Proteine ves und ein inaktives Fragment gespalten.
phozyten zur Migration in das umliegende
in Peptidform. So kann die I Zelle eine virus·
Gewebe bringen. Sie kommen in Lymph· Prostaglandine
infizierte Zelle erkennen, indem Viruspro·
knoten und sekundären lymphatischen Prostaglandine sind wichtige Entzündungs·
Ieinfragmente in MHC.Klasse·l·Molekülen
Organen vor (z. B. Tonsillen, Peyer·Plaques). moleküle, die durch die Cyclooxygenasen
präsentiert werden. Extrazelluläre Proteine
Naive T-Zellen exprimieren CD62L und bin· (COX) aus Arachidonsäure gebildet werden.
werden vor allem von professionellen APZ
den an CD34 der Endothelzellen der HEV. Zuerst entsteht Prostagland in G2 (PGG2),
über MHC-Klasse·ll·Komplexe präsentiert.
dann du rch eine Peroxidase Prostaglandin
Humorale Immunreaktion
Monoklonale Antikörper H2 (PGH2). Aus PGH2 können dann wei·
Im Gegensatz zur zellulären kommt die Ef·
Monoklonale Antikörper sind eine Antikör· tere Prostaglandine synthetisiert werden. Es
fektorfunktion der humoralen Immunreak·
perpräparation, in der alle Antikörpermole· gibt ein ständig exprimiertes COX-Enzym,
tion ohne Zellen aus. Es handelt sich um
küle identisch sind und dasselbe Antigen COX·l, und ein bei Entzündung exprimier·
Antikörper, die von B· oder Plasmazellen ge·
erkennen. Man kann sie mit der Hybridom· tes, COX-2. Beide können durch NSAR bio·
bildet werden, und Komplement. Das Korn·
technologie erzeugen. Dagegen sind poly· ckiert werden.
plement wird nach Antikörperbindung akti·
klonale Antikörper, z. B. Immunseren, aus Vor allem Prostaglandin E2 und 12 (PGEZ
viert und tötet z. B. Bakterien ab.
vielen verschiedenen Antikörpermolekülen und PGI2) sind wichtige Entzündungs·
Immunglobulinsuperfamilie zusammengesetzt. mediatoren z. B. bei rheumatoider Arthritis.
Darunter fasst man Moleküle zusammen, Diese beiden Prostaglandine sind auch
die Immunglobulindomänen besitzen. Dazu Myelomzellen wichtige Verstärker von Schmerz; ihre Bio·
zählen vor allem Antikörper, der ß. und Unsterbliche B-Lymphozyten-Linien, die zur ckierung erklärt wohl die schmerzlindernde
TZell·Rezeptor sowie einige Adhäsionsmole· Hybridomherstellung verwendet werden. Wirkung der NSAR. Sie sensibilisieren
küle und Zytokinrezeptoren. Durch Fusion mit antikörperproduzierenden Nozizeptoren an freien Nervenendigungen.
B·Zellen können auch diese unsterblich ge· PGE2 ist ein wichtiger Mediator von Fieber.
Komplementsystem macht und so große Mengen monoklonaler Prostaglandin D2 und F2 führen zur Bron·
Das Komplementsystem ist eine Enzymkas· Antikörper erzeugt werden. chokonsrriktion, vor allem bei allergischen
kade, die mittels verschiedener Wege einen
Opsonisierung Reaktionen.
Angriffskomplex an die Membran der Ziel·
zelleoder des Mikroorganismus anlagert. Markierung von Zielzellen, meist durch An· Regulatorische T-Zellen
Dieser bildet eine Pore und führt so zur Lyse tikörperbindung. Dadurch wird die Aufnah· Auch als Tregs bezeichnet sind dies CD4·
des Zielobjekts. me durch Phagozyten mittels Fe-Rezeptoren und CD2S·doppelpositive Zellen, die Auto·
gefördert. immunerkrankungen unterdrücken können.
Leukotriene Man nimmt an, dass sie inhibitorische
Leukotriene entstehen wie Prostaglandine Peyer-Piaques
Zytokine (IL·IO und TGFß}sezernieren und
aus Arachnoidonsäure und sind wichtige Die Peyer·Plaques gehören zum mukosa·
so autoreaktive Zellen hemmen. Man zählt
Entzündungsmediatoren. Nach Aktivierung assoziierten lymphatischen Gewebe (MALT)
sie zu den peripheren Toleranzmechanis·
von Mastzellen oder Makrophagen entsteht des Dünndarms: darmassoziierte lympha·
tische Gewebe (GALT). Dort gibt es ein spe· men.
aus Arachidonsäure zuerst Leukotrien
A4. Aus Leukotrien A4 können durch eine zielles Epithel (Domepithel) , in dem M·Zel· Stammzelltransplantation
Hydrolase Leukotrien B4 oder durch eine Jen (.. M" von .. Mikrofalten", welche die Zel· Durch Übertragung hämatopoetischer
sog. Synthase Leukotrien C4 gebildet wer· len zur Oberflächenvergrößerung nutzen) Stammzellen können hoch dosierte Chemo·
den. Außerhalb der Zelle kann Leukotrien sitzen. Diese nehmen Antigen auf und leiten therapienangewendet oder .. resistente"
C4 zu D4 modifiziert werden. Später wird es an unter dem Epithelliegende Follikel· Leukämien behandelt werden. Die Stamm·
aus Leukotrien D4 dann E4. Leukotrien C4 ansammlungen weiter. zellen sind CD34·positiv und können kryo·
und D4 aktivieren Makrophagen und Eosi· konserviert und so für die hoch dosierte
Phagozyten
nophile. Therapie aufbewahrt werden.
Phagozyten nehmen durch rezeptorvermit·
Vor allem Leukotrien C4 wird in großen TN F-Rezeptor-Familie
telte Endozytose oder Pinozytose (unspezi·
Mengen von Mastzellen und Makrophagen/ Dies sind ähnliche Rezeptoren, die vor allem
fische Aufnahme interzellulärer Flüssigkeit)
Monozyten gebildet und ist assoziiert mit durch Ligandenbindung Apoptose auslösen
Partikel und Mikroorganismen aus dem Um·
Asthma bronchiale. Inhibitoren werden kli· können. Neben den TNF·Rezeptoren zählen
feld auf. Fast jedes Organ besitzt Parenchym·
nisch mit gutem Erfolg eingesetzt und kön· der Fas-Rezeptor, DR2 und ·4 (death recep·
zellen mit Phagozytenfunktion oder spezia·
nen Bronchospasmus verhindern . tor}und der TWEAK·Rezeptor zur Familie.
lisierte Makrophagen: Kupffer·Zellen der
Makrophagen Leber, Mesangialzellen der Niere, Mikroglia Ligand der DR ist TRAIL. Intrazellulär be·
Phagozyten, die auch Antigen als professio· im Gehirn, Alveolarmakrophagen der Lunge, sitzen die Rezeptoren sog. Todesdomänen,
nelle antigenpräsentierend e Zelle an T-Zellen Serosa makrophagen des Darms, Monozyten die dann Adapterproteine aktivieren. Diese
präsentieren können. Sie können Immun· im Blut, Lymphknoten und Milz sowie Ge· wiederum aktivieren die Caspasen und Iei·
komplexe, apoptotische Zellen, Mikroo rga· webemakrophagen in allen anderen Gewe· ten die Apoptose ein.
nismen oder Fremdkörper aufnehmen. ben.
Glossar
T-Zell en sendes Antigenpeptid gebunden hat, zur yo -T-Zellen
Auch T-Lymphozyten. Diese Zellen ent- Aktivierung der T-Zelle. T-Zellen besitzen Dies sind spezielle T-Zellen, die vor allem bei
wickeln sich im Thymus und können Peptid· fast immer entweder CD4 oder CD8 als der mukosalen Immunitä t eine Rolle spielen.
MHC-Komplexe auf Zellen erkennen und Korezeptoren und erkennen so MH C·Klasse· Sie erkennen Lipide in CDI-Molekülen
diese aktivieren (CD4-Zellen) oder abtöten Il· bzw. ·!·Komplexe. (MHC-Molekül-ähnlich).
(CD8-Zellen). Zytokine
T-Zeii - Rezeptor Zytokine sind Signalmoleküle zwischen Zel-
Der T-Zeli-Rezeptor bindet an Peptid-MHC- len.
Komplexe und führt, falls er an ein pas-

Nobelpreisträger

Jahr Preisträger Begründung des Nobelpreiskomitees

190 1 Emil von Beh ring Für seine Arbeiten in der Serum therapie, besonders in der Anwendung gegen die Diph therie (und Tetanus)

1903 Niels Ryberg Finsen Für seinen Beitrag zur Therapie von Erkra nkungen, besonders der Therapie des Lu pus vulga ri s, durch konze ntrierte
Bestrahlung mit Licht

1905 Robert Koch Für seine Entdeck ungen in Bezug auf die Tuberkulose

1908 Paul Ehrlich Für ihre Arbeiten in der Erforschung der Immunität
llja lljitsch Metschnikow

19 13 Charles Robert Richet Für seine Arbeiten in Bezug auf die Anaphylaxie

1919 Jules Borde! Für seine Arbeiten in der Erforschung der Imm unität (vor allem mit Cholera-Antiserum)

1927 Julius Wagner-Ja uregg Für seine Beiträge zur Therapie der Dementia para lytica durch Malaria-lnokulation

1930 Ka rl Landsteiner Für die Entdeckung der Blutgruppenantigene

1951 Max Theiler Für seine Arbeiten in Bezug auf Gelbfieber und die Entwicklung einer Impfung

1960 Sir Frank Macfarlane Burnet Für die Entdeckung der erworbenen immunologischen Toleranz
Peter Brian Medawa r

1972 Gerald M. Edelman Für die Entdeckung der chemi schen Struktur der Antikörper
Rodney R. Porter

Baruj Benacerraf Für die Entdecku ng der MHC-Moleküle


1980
Jean Dausset
George D. Snell

Sune K. Bergström Für die Entdeckung der Prostaglandine


1982
Sengt I. Samuelsson
John R. Vane
Für die Entdecku ng der monoklonalen Antikörper
1984 Niels K. Jerne
Georges J. F. Köhler
Cesar Mi Istein
Für die Entdeckung der genetischen Grundlagen der An tikörperdiversität
1987 Susumu Tonegawa
Für die Entdeckung der Mec hanismen der Organabstoßung
1990 Joseph E. Murray
E. Dannall Themas
Für die Entdeckung der Spezifilä t der zellulären Immunreaktionen
1996 Peter C. Doherty
Ralf M. Zinkernagel
Für die Entdeckung der HPV als Ursache des Zervixkarzinoms
2008 Hara ld zur Hausen
Fran9oise Barre-Sinoussi und Luc Montagnier Für die Entdeckung des HIV

I Tab . 1: Nobe lpreise der M edizi n für im mu nologische Forschung.


Anhang
108 I 109

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bücher Zeitschriften
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Register
- Affinitätsreifung I 7 Ehrlich, Paul 2
A
- Aktivierung 16 ELISA 30
Acrodermatitis suppurativa continua 60 -Entwicklung 15 Epitheilien 13
Agranulozytose, infantile 49 -Feedback-Hemmung 17 Epstein-Barr-Yirus (EBV) 43
AIDS 52,53 - Keimzentrumsreaktion I 7 Erythrozyten 4
-chronische Infektion 52 - Klassenwechsel I 7
-Immunologie 54 BI -B-Zellen 26
- Pathogenese 54 F
Bakterielle Infektionen 57
- Primärin fektion 52 Bakterien 56 15-Deosyspergualin 92
-Stadien 53 Betaherpesviren 43 FACS 31
-Therapie 55 Bilharziose 47 Fanconi·Anämie 49
Akute-Phase-Protein (APP) I 0, 12 BK-Virus 57 Fe-Rezeptoren 4
Akute Infektionen 36 Blut Fingergelenksteife 98
Allergenspezifisches IgE 28 - Immunbestandteile 4 Fokal-segmentale Giomerulosklerose (FSGS)
Allergie 28 -Plasma 4 80
Allergische Rhinitis 62 - Signalmoleküle 4 Fremdkörperreaktion II , 13
Alphaherpesviren 42 Fungale Infektionen 58
-Zellen 4
Anämie 76
Blutplättchen 4
- autoimmunhämolytische 76
Burnett, Frank Macfarlane 3
-perniziöse 76 G
Anaphylaxie 28
Gammaherpesviren 43
Anti· Phospholipid·Syndrom 71 c Gedächtnisfunktion 18
Antigendrift 36
C-reaktives Protein (CRP) I 0 Gelenkschmerzen 102
Antigene, extrazelluläre 22
Cl-Inhibitor-Mangel 48 Gentherapie 51
Antigene, intrazelluläre 22
Calcineurininhibitoren 90 Ghon-Komplex 38
Antigennachweis 30
Candida 59 Glomerulonephritis, rasch progrediente 81
Antigenpräsentation 22
Castleman-Syndrom 43 Glomerulopathien 80
Antigenshift 36
CD4-Zellen 18 Glutensensitive Enteropathie 65
Antikörper I I, 16
- Aktivierung 18 Golgi-Apparat 17
-Bildung 16
CD8-Zellen 18 Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) 87
-Derivate 32
Chagas-Krankheit 47 Granulomatose, chronische 49
-Typen 32
Chediak-Higashi-Syndrom 49 Granulozyten 4, 12
-V-Modell 2 - eosinophile I0
Chemokine 4, 20, 21
Antikörpernachweis 30 Granulozytendefekte 49
Cholangitis, primär sklerosierende 66
Antikörpertherapie 32 Guillain-Barre-Syndrom 79
Chronische entzündliche demyelinisierende
Apoptose 3, 26 Polyradikulaneuropathie (CIDP) 79
Arthritiden 68 Churg-Strauss-Syndrom 72
- reaktive 36 H
CMV-Reaktivierung 56
Arthritis Colitis ulcerosa 64 HAART 55
- Differentialdiagnosen 69 Conduit-System 7 Hallopeau-Eiterflechte 60
Arthrose 69 Cyclophosphamid 92 Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) 77
Aspergillen 58 Hashimoto-Thyreoiditis 82
Asthma bronchiale 62 Haurowith, Felix 2
Ataxia teleangiectatica 51 D Hauterkrankungen 60
Autoimmunthyreoiditis 82 Danger-Modell 3 Heilserum 2
Autoimmunerkrankungen Danger-Signal 24 Henoch-Schoenlein-Purpura 73
- Therapie 88 Darmentzündungen, chronische 64 Heparininduzierte Thrombozytopenie 63
Autoimmunhepatiden 66 Defensine 13 Hepatitis A (HAV) 44
Autoimmunhepatitis IAIH) 67 Dendritische Zellen 13, 22 Hepatitis B (HBY) 44
Autoimmunität 26 Dennie-Morgan-Falte 28 Hepatitis D (HDV) 44
- BI·B·Zellen 26 Diabetes mellitus Typ I 83 Hepatitis E (HEV) 44
- klinische 26 Diapedesis 24 Hepatitisviren 84
Autoimmunpankreatitis (AlP) 67 Diffusion 31 Herpes-simplex-Virus (HSV) 42
Autoimmunreaktion 26 DiGeorge-Syndrom 51 Herpesviren 42, 84
-durch Infektionen ausgelöste 36 Durchflusszytometrie 31 Herpes zoster 56
Azathioprin 90 Hertaghe-Zeichen 28
Histokompatibilitätskomplex 22
E HIV
B
Edelman, Gerald M. 2 - Replikation 54
B-Zeli-Defekte 48 HIY-Enzephalopathie 54
Effektorfunktionen 4
B-Zell-Zytokine 21 HIV-Gene 54
Effektormechanismen I 0
B-Zellen 4
Register
110 I 111

Hochendotheliale Venulen 7 Knochenmark 6 Metschnikow, llja Iljitsch 3


HPV 84 - Gewinnung 86 MHC 22
Humane Papillomaviren (HPV) 84 Knochenmarktransplantation 86 MHC-Allele 23
Humanes Zytomegalievirus (CMV) 43 Köbner-Phänomen 60 MHC-Komplex 22
Humorale angeborene Immunität 12 Köhler, Georges 3 MHC-Molekül 3
Hutehinsan-Zeichen 57 Komplement 4 Mikropinozytose 22
Hyper-IgM-Syndrom 48 Komplementdefekte 48 Mikroskopische Polyarteriitis (MPA) 72
Komplementsystem 10 Miliar-Tbc 40
Kostmann-Syndrom 49 Miller-Fisher·Syndrom 79
Krebs 84 Milstein, Cesar 3
Idiopathische throbozytopenische Kreuzreaktivität 26 Milz 7
Purpura 76 Kryoglobulinämie 73 Minimal-Change-Nephropathie (MCD) 80
IFN 10 Kryptakokken 59 Molekulare Mimikry 36
!gA-Mange! 48 Monoklonale Antikörper 32
IgA-Nephropathie 81 - Nebenwirkungen 32
L
IgG-Subklassendefekte 48 - Nomenklatur 32
Immunantwort 5 Landsteiner, Kar] 2 Mononukleäre Zellen 4
- Nachweismethoden 30 Langerhans-Zellen 24 Mononukleose, akute 43
Immunantwort, generalisierte 28 Leflunomid 92 Monozyten 4, 13
- systemische Effekte 28 Leishmaniose 46 Motiverkennung 4
Immunantwort, humorale 4 Leukämie 86 Multiple Sklerose (MS) 78
Jmmunantwort, zelluläre 4 Leukozytenadhäsionsdefekt 49 Myasthenia gravis 78
Immundefekt, variabler 48 Listerien 19 Mykobakterien, resistente 41
lmmundefekte, angeborene 48 Löfgren-Syndrom 75 Mykophenolat Mofetil 90
- Therapie 51 Low zone tolerance 26
lmmundefekte, erworbene 52 Lungen-Tbc 39
N
Immunfluoreszenz 31 Lupus 70
Immungenetik 28 - Therapie 71 Nagel-Psoriasis 60
Immunität, angeborene 5, 12 Lupusnephritis 71 Neonatales Alloimmunsyndrom 77
Immunität, erworbene 5 Lymphabfluss Nephritische Syndrome 81
Immunität, zelluläre 3 - Störungen 8 Nephrotische Syndrome 80
Immunreaktion Lymphabfluss, regionaler 8 Nesselsucht 61
- Ablauf 24 Lymphabfluss, zentraler 8 Neuropathien, periphere 79
-lokale 24 Lymphabflusswege 8 Neutropenes Fieber 96
- Lymphknotenreaktion 24 Lymphadenopathie 8 Neutropenie 77
-späte 25 Lymphadenopathie, generalisierte 100 NK-Zellen 4, 19
- zelluläre 18 Lymphatische Gewebe, organassoziierte 7 -Entwicklung 15
Immunsystem Lymphatische Organe, tertiäre 7 Non-Hodgkin-Lymphom 84
-Alter 5 Lymphknoten 6, 8
- Effektormechanismen I0 Lymphknotenreaktion 24
0
Immunsystem, angeborenes Lymphome 84
-Defekte 48 Lymphozyten 4, 14 Organtransplantation
Impfung 2, 25 Lymphozytenchemotaxis 21 - Abstoßung 44
Infektionen, fungale 58 Overlap-Syndrome 29
Infektionen, parasitäre 46, 58
Influenza 36 M
p
Interferone 20, 21 M. Addison 82
lnterleukine 20 M. Bechterew 69 Palindromer Rheumatismus 68
Interstitielle Nephritis 81 M. Behcet 73 Papillomaviren 84
M. Crohn 64 Pauci-immun-Vaskulitis 72
M. Reiter 37 Penizillinallergie 63
Makrophagen 4, 13 Peptid-MHC-Komplexe 22
JC-Virus 57 Makropinozytose 22 Pfeiffer-Drüsenfieber 43
Jenner, Edward 2 Malaria 46 Phagozyten 3, 12
Mastzellen 28 Phagozytose 10
Matzinger, Polly 3 Plasma 4
K
Medikamentenallergien 63 Plasmazellen 17
Kaposi-Sarkom 43, 53, 84 Membranangriffskomplex (MAC) 4 Pneumocystis carinii 58
Kawasaki-Krankheit 72 Membranöse Nephropathie 80 Polyarteriitis nodosa 72
Kissing disease 43 Mendel-Mantoux-Probe 24 Polyglanduläres Autoimmunsynd rom 83
Klonale Selektionstheorie 3 Methotrexat 93 Polyomaviren 57
Register
Porter, Rodney 2 Sinussystem 6 - PCR-Nachweis 40
Primäre biliäre Zirrhose 66 Sirolismus 92 - Reaktivierung 38
Primäre lymphatische Organe 6 SIRS 29 -Therapie 40
Primär sklerosierende Cholangitis 66 Sjögren-Syndrom 67 - zerebrale - 40
Priming 13 Sklerodermie 74, 75 Tuberkulose (Tbc) 38
Psoriasis 60 Soorösophagitis 53 Tumoren, virusassoziierte 57, 84
- Therapie 61 Sprue 65 Tumorimmunologie 84
Psoriasis arthropathica 69 Steroide 88
Psoriasis erythrodermica 61 Stevens-Johnson-Syndrom 29
Psoriasis guttata 60 Streptokokken 36 u
Psoriasis inversa 60 Substitution 51 Überempfindlichkeitsreaktionen 62
Psoriasis pustulosa 60 Sulfonamidallergie 63 Urtikaria 61
Psoriasis vulgaris 60 Systemischer Lupus erythematodes Uveitis 27
Purinantagonisten 90 (SLE) 70
Putman, Frank 2 - ARA-Kriterien 70
Systemische Sklerose 75 V

R Varizella-zoster Virus (VZV) 42


T Varizellen-Pneumonie 56
Radioimmunassay (RIA) 30 Vaskulitis 72
Rasch progrediente Glomerulanephritis T Helferzellen 16 - große Gefäße 72
81 TZeii-Funktion 30 - kleine Gefäße 72
Reaktive Arthritis 37 T-Zell-Hilfe 24 - mittlere Gefäße 72
Regulatorische T-Zellen (Tregs) 26 T-Zell-Rezeptoren 19 Verbrauchskoagulopathie 29
Renale Progression 81 T-Zellen 4, 19 Virusinfektionen 56
Rezeptoren 12 - Aktivierung 13 Vitiligo 61
Rheumafaktoren 68 -Defekte 50 VIVReaktivierung 56
Rheumatisches Fieber 36 -Entwicklung 14
Rheumatismus, palindromer 68 -Wachstumsfaktoren 20
Rheumatoide Arthritis (RA) 68 Th I· Zytokine 20
w
Rhinitis, allergische 62 Th2-Zytokine 21 Waldeyer-Rachenring 7
Riesenzellarteriitis 72 Thrombotisch-thrombozytopene Purpura Wegener-Granulomatose 72
77 Westem-Blot 31
Thrombozytopenie 76 Wiskott-Aldrich-Syndrom 50
s Thymus 6, 14
Sakaguchi, Shimon 3 TNF 10
X
Sarkoidase 74 Toleranz 3, 5, 26
Sarkoidose, kurane 74 -Anergie 26 X-linked Agammaglubulinämie (XLA) 48
Sarkoidose, okuläre 74 - Ignoranz 26 Xerose 28
Sarkoidose, pulmonale 74 - Mechanismen 14, 26
Scavenger-Rezeptoren 22 - periphere - 26
Schlafkrankheit 46 - zentrale - 26
z
Schuppenftechte 60 Toll-like receptors (TLR) 12 Zellbestimmung 30
Schwerer kombinierter Immundefekt Toxoplasmose 58 Zellen, mononukleäre 4
(SCID) 50 Transplantation 51 Zervix-Karzinom 84
Schwimmbadgranulom 52 Tregs 3, 4, 26 Ziehl-Neelsen-Färbung 40
Seitenkettentheorie 2 Trypanosomen 46 Zirkadiane Rhythmik 21
Sekundäre lymphatische Organe 6 Tuberkulintest 40 Zirrhose, primäre biliäre 66
Sepsis 29 Tuberkulose Zöliakie 65
Serumamyloid A (SAA) I 0 - Komplikationen 38 Zytokine 10, 20
Serumtherapie 32 - Mykobakterienkultur 40 Zytostatika 92
Shwachman-Diamond-Syndrom 49 -Nachweis 40 Zytotoxizität 1 I

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