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Band 148
Studien und Dokumente zur deutschen Literatur
und Kultur im europischen Kontext
Herausgegeben von
Achim Aurnhammer, Wilhelm Khlmann,
Jan-Dirk Mller, Martin Mulsow und Friedrich Vollhardt
De Gruyter
Printed in Germany
www.degruyter.com
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie –
ein Grundriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1. Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2. Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3. Renaissance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1. Etymologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2. Die spätantiken Gründungstexte und ihre Vermittlung . . 12
2.3. Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.4. Renaissance und Barock:
Hermetismus – Paracelsismus – Rosenkreutzertum . . . . 15
3. Alchemie und Lehrgedicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
4. Alchemie und Vision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
5. Mythologie und Alchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
6. Kommentar und Alchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
7. Ein Prosakommentar des Tractatus aureus
als wichtige Quelle der Chryseis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg . . . . . . . . . . . . . . . 29
9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹
und Rosenkreutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
10. Die Chryseis: Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
11. Die Chryseis im Vergleich mit der Chrysopoeia des Augurelli 51
12. Furichius’ Chryseis im Vergleich mit seinem Frühwerk
Aurea Catena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
13. Die Chryseis als publizistisches Ensemble zwischen
Inter- und Paratextualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
C. Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Furichius, Chryseis, Praefatio, Kommentar. . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Furichius, Chryseis, Liber I, Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Furichius, Chryseis, Liber II, Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Furichius, Chryseidos, Liber III, Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . 276
Furichius, Chryseidos, Liber IIII, Kommentar. . . . . . . . . . . . . . . 310
D. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
1. Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621
Stadtarchiv Weißenburg in Bayern, Sign. 784/3. . . . . . . . . . 348
2. Edition des Briefes im Album Morsianum,
Stadtbibliothek Lübeck, Altbestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
3. Edition des Programma Funebre Straßburg, Thomasarchiv . 356
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
1. Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
2. Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
Im Mittelpunkt der hier vorgelegten Edition und der sie begleitenden Unter-
suchungen steht das 1631 zu Straßburg in vier ›Büchern‹ (ca. 1600 Verse)
erschienene alchemische Lehrepos eines heute beinahe unbekannten Autors
und dem Paracelsismus nahestehenden Mediziners aus dem Umkreis des
Straßburger Späthumanismus: Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633).
Obschon er früh an der Pest verstarb, brachte er ein für seine Jugend er-
staunlich umfangreiches Oeuvre zusammen. Als Schriftsteller ist er – dis-
kurs- wie formgeschichtlich betrachtet – den bedeutenden Vertretern einer
teils weit über das Schrifttum der europäischen Renaissance hinausreichen-
den Literatur-, Wissens- und Theorietradition zuzurechnen. Wenngleich
diese erst in Ansätzen erforscht ist, wird doch seit geraumer Zeit jener
schier unabsehbare Kontinent der hermetischen, oft vom Neuplatonismus
inspirierten frühneuzeitlichen Naturphilosophie sukzessive von der interna-
tionalen Forschung erschlossen.
Es beeindrucken an diesem Werk, der Chryseis, welcher Furichius ein
ähnliches, in Italien publiziertes Carmen hatte vorangehen lassen, nicht nur
die metrische Verarbeitung alchemohermetischer Fachliteratur, sondern
auch die in narrativ-fiktionaler Darstellung bevorzugten Muster der my-
thoalchemischen Exegese und Bildlichkeit in Verbindung mit Topoi der
Visionsliteratur und mit Reflexen der antiken bis zeitgenössischen Verse-
pik. Furichius schuf mit der Chryseis als Publikationsverbund aus beigege-
benen Glossen und umfangreichen Scholien ein in der europäischen Lite-
ratur wohl einzigartiges Werk. Derart findet man gerade im intellektuellen
Profil dieses Arztdichters die epochal signifikante, in den urbanen Zentren
der Frühen Neuzeit nicht ungewöhnliche Kombination aus naturphilosophi-
schen Interessen und humanistisch-ästhetischer Bildungskompetenz exem-
plarisch ausgeprägt. Ihre Darstellung wirft somit auch manches Licht auf
die damaligen kulturellen Formationen der oberrheinischen Stadtkultur. Zu-
gleich wird über den Widmungsträger und Mentor des hier edierten Epos,
Joachim Morsius (1593–1643), die in ihrer Bedeutung für das Geistesleben
des frühen 17. Jahrhunderts kaum zu überschätzende Sphäre der sogenann-
ten ›frühen Rosenkreutzer‹ einbezogen.
Indem ich dieses Lehrgedicht mit einer erster Übersetzung und einem
ebenso die sehr aussagekräftigen Scholien und Glossen berücksichtigenden
Kommentar in seinen konzeptionellen Strukturen, seiner dichterischen Fak-
tur und seinen ideellen Referenzen erschließe, wird nicht nur eine Fülle
literarischer Quellen und Allusionen (von Aristoteles über Ariost zu Ron-
sard wie von antiken und humanistischen Kommentatoren zu zeitgenössi-
schen Forschungsreisenden und den sogenannten Paracelsisten) sichtbar,
sondern auch ein Beitrag zur wissenschaftlich aktuellen Frage nach der
frühneuzeitlichen Konnexion von Wissensbeständen beziehungsweise phi-
losophischen Theoremen und ihrer poetischen Assimilation geleistet. Der
Edition, der Übersetzung und den Kommentaren werden in der Einleitung
die nötigen Informationen zum Autor, zu seinem Gesamtwerk und seinem
Umfeld vorangestellt. Zudem werden die Geschichte der Gattung ›Lehrge-
dicht‹ wie auch der alchemischen Literatur exponiert, um schließlich mit
einer Skizzierung des intertextuellen und paratextuellen Bezugsfeldes den
Leser auf die eigene Lektüre der Chryseis einzustimmen.1
1 Das Buch erscheint auf besonderen Wunsch des Verfassers in alter Rechtschreibung.
2 Grundlegend zum Lehrgedicht sei verwiesen auf W. Kühlmann (2000c), vor der po-
pulärwissenschaftlichen Einführung P. Tooheys (1996) wird gewarnt; eine erhellende
›Geschichte der Geringschätzung‹ für die Gattung bietet D. Wuttke (1982); zu einzel-
nen Epochen und Teilfragen sei auf die folgenden Fußnoten verwiesen.
3 Vgl. hierzu R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 9–11.
1.1. Antike
Die ersten Sachschriftsteller der Vorsokratischen Zeit waren solcher Sorgen
noch ledig, da sich bis ins 5. vorchristliche, Jahrhundert keine entsprechend
tragfähige griechische Prosa ausgebildet hatte. Später standen sich zunächst
noch Verstext und Fachprosa ebenbürtig gegenüber, dann verschob sich mit
dem Hellenistischen Zeitalter die Rolle des Dichters vom Experten und
Künstler in einer Person hin zum poetischen Könner, der einen ihm frem-
den Gegenstand ästhetisch anspruchsvoll aufbereitete, sprich Prosatraktate
in kunstvolle Verse übertrug. So heißt es über besagten Arat, den Verfasser
der Phainomena, er habe von Astronomie im Vergleich zum Astronomen
Hipparchos, welcher ihm treulich Auskunft gab, fast nichts verstanden. Der
literarische Ruhm fiel jedoch allein der Dichtung zu, wohingegen der Fach-
gelehrte nur als bescheidener Kommentator überdauerte.8
Da die römische Literatur sehr oft Interpretatio, Imitatio und Aemulatio
der griechischen war, übernahm sie zwar mit dem Lehrgedicht dessen Gat-
tungsproblematik, brachte jedoch dessenungeachtet die gerade für das Ri-
nascimento bedeutendsten Vorbilder hervor.9 Zwar erachteten Cicero und
Quintilian die Versdidaxe als einen ›Grenzfall des Epos‹, schlugen sie aber
der Poesie zu. Poeta und Orator, als verwandte Berufe, sollten nach beider
Dafürhalten schließlich in der Lage sein, auch ohne Fachwissen jeden Ge-
genstand adäquat zu behandeln (vgl. CIC. de orat. 1, 16 sowie QVINT. inst.
10, 1, 46–10, 1, 87). In diesem Sinne urteilte auch Horaz, der in seinem
eigenen poetologischen Lehrgedicht zwar die Schwierigkeiten bei der Vers-
dichtung abhandelte, doch das Problem der Mimesis nicht sah (vgl. HOR.
ars. 335–344). Er unterschied allein nach den angemessenen Metren (vgl.
HOR. ars. 73–82). Diesen zitierend gliederte auch Tacitus, der alle Gattun-
gen der ›eloquentia‹ hochhielt, die Dichtung nicht nach den Gegenständen,
sondern vorrangig nach den für den Gegenstand geeigneten Versmaßen:
»ego vero omnem eloquentiam omnesque eius partes sacras et venerabiles
puto, nec solum cothurnum vestrum aut heroici carminis sonum, sed lyri-
corum quoque iucunditatem et elegorum lascivias et iamborum amaritudi-
nem [etc.]« (TAC. dial. 10, 4).
In keinem anderen als Lukrez sah Cicero den idealen Lehrdichter ver-
wirklicht, vereinigte dieser doch in sich ›furor, ingenium et ars‹.10 So gilt
auch sein Werk als der wichtigste Prätext naturphilosophischer lateinischer
Dichtung. Hinsichtlich De rerum natura wurde das Lehrgedicht als Aus-
drucksmittel des persönlichen Anliegens gesehen, in diesem Fall der Ver-
nichtung der Religio durch die Vermittlung des Epikureismus. Ebenso be-
anspruchte der Dichter für sich, die Schwierigkeit von ›egestas linguae‹ und
›novitas rerum‹ adäquat gelöst zu haben.11 Ohne weiteres lassen sich hier
dem Epikureer die übrigen großen Vorbilder mit ihren Spezifika anfügen:12
8 Aratos lebte Ende des 4. Jhds bis Mitte des 3. Jhds, studierte in Athen und hielt sich
dann am Makedonischen Hof auf, er schrieb verschiedene Gelegenheitsdichtungen,
sowie kleine Lehrdichtungen. Sein Hauptwerk aber sind die ›Phainomena‹; vgl. M.
Fantuzzi (1996); B. Effe (1977), S. 23–25; Th. Haye (1997), S. 243–245; R. Schuler
u. J. Fitch (1983), S. 11 f.
9 E. Pöhlmann (1973), S. 835–878 erkennt den Hauptunterschied zwischen griechischer
und lateinischer Lehrdichtung in den auftretenden Figuren; bei den Griechen: Lehrer,
Schüler und Musen; bei den Römern: Dichter, Mäzen und Princeps.
10 Vgl. R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 1–19; E. Pöhlmann (1973), S. 814–825.
11 Vgl. B. Effe (1977), S. 66–79; E. Pöhlmann (1973), S. 849–854.
12 Vgl. auch R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 16–20. Daneben stellt B. Effe (1977), S. 30–
32 eine Typologie auf: 1) Der Gegenstand ist für den Dichter bedeutend, er will (!)
lehren, 2) Der Gegenstand ist dem Dichter gleichgültig, da er artistisch glänzen
möchte, 3) Der Autor lehrt nicht den Stoff, sondern durch (!) den Stoff; diese Kate-
gorisierung variiert unter ausdrücklicher Bezugnahme A. Dalzell (1996), S. 32 f.
Nachwirkung zeitigten fürder das anonyme Aetna-Gedicht wie auch die Ars
poetica des Horaz, Ovids Ars amatoria;16 nicht minder wirkten spätantike
christliche Lehrdichtungen fort, darunter besonders die Werke des Pruden-
tius.17
1.2. Mittelalter18
Die mittelalterliche Lehrdichtung war für Furichius fast belanglos, sah er
sich doch in der Tradition der italienischen Renaissanceautoren. Dennoch
soll sie an dieser Stelle nicht gänzlich ausgeklammert werden, zumal die
didaktische Epik von Antike und Mittelalter, mit Ausnahme des Lukrez und
Manilius, keine ›Epochenschwelle‹ trennte, gehörten doch die Gattungsvor-
lagen häufig zur Schullektüre. Ovid und Vergil galten dabei – auch wissen-
schaftlich – als größte Autoritäten. Da Dichtung als eine Mischung aus
Rhetorik, Theologie, Allegorie und der Ausbreitung enzyklopädischen Wis-
sens begriffen wurde, war es erneut ein und derselbe Verfasser, welcher sein
Wissen als Fachprosa und Verstext ausarbeitete, wobei der ästhetische An-
spruch mit dem Wunsch nach Memorierbarkeit, der Nähe zum Merkvers,
korrelierte. Besonders deutlich tritt dies bei dem in der Tradition des Ma-
crobius stehenden Martianus Capella vor Augen (spätes 4. oder frühes
5. Jd.): Das Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und das Quadrivium
der mathematischen Künste bündelte er in seiner prosimetrischen, allego-
risch überformten Enzyklopädie De Nuptiis Philologiae cum Mercurio.19
Letzthin gilt jedoch beinahe die gesamte mittelalterliche Dichtung als ›lehr-
haft‹.20
Zugleich gewann die Paratextualität an Bedeutung, bedurfte doch das
Lehrgedicht fast immer der erläuternden Prosa, der Glosse und des Kom-
mentars. Es galt, den »nicht selten kryptischen Text des Lehrgedichts unter
philologischen wie sachlichen Fragestellungen [zu] erläutern«.21 Man
kannte zwar Diomedes, doch eine gewisse Verbindlichkeit genoß einzig
die Hierarchie der ›Rota Vergilii‹ des Kommentators Aelius Donatus (geb.
um 310), welche steigerte: Eklogen – Georgica – Aeneis. Dem Lehrgedicht
wurde somit im literarischen Kanon der mittlere Rang zugesprochen.22
1.3. Renaissance
Im deutschen Humanismus wurde das Lehrgedicht im 16. Jahrhundert »in
ernsthafter Absicht als Medium der institutionalisierten Wissensvermittlung
verwandt«.23 Die Verfasser waren in der Regel sowohl Experten des Fachs
(gerade Ärzte) wie auch Dichter. Die italienische Renaissance dagegen
blieb von äußeren Einflüssen kaum berührt und griff in Ablehnung des
Überkommenen direkt auf die antiken Autoren und deren Selbstbild zu-
rück;24 vor allem Manilius, Vergil und Lukrez, wenn es darum ging, die
Frage nach dem Ursprung der Dinge zu erörtern.25 In der Folgezeit nahm
man sich immer entlegenerer, immer herausfordernder Sachgebieten an,
wobei den Dichter der nämlich Ehrgeiz wie Manilius trieb, intrikates Fach-
wissen in kunstvolle Verse zu fassen. Girolamo Fracastoros (1479–1553)
Epos über Krankheitsbild und Verlauf der Syphilis (Verona 1530)26 oder
Lodovico Lazzarellis (1450–1500) Opusculum de bombyce über die Sei-
denraupenzucht (gedruckt 1493) legen davon beredtes Zeugnis ab. Zu-
gleich befanden sich die lateinischen Renaissancedichter im Wettstreit mit
der klassizistischen Epik des Volgare: Kein geringeres Ziel gab es, als den
Orlando furioso des Lodovico Ariosto (1474–1533) irgend zu überbieten,
so daß ein Gregorio Ducchi (2. Hälfte des 16. Jd.) kühn bekundete, er wolle
der ›Ariost‹ des Lehrgedichts werden – nicht minder jedoch Vidas (1485–
1566) ›Schachgedicht‹27 mit der eigenen Scacheide in Oktaven (erschien
zuerst Vicenza 1586) in die Schranken weisen.28
20 Vgl. Th. Haye (1997), S. 257–268; und vor allem B. Sowinski (1971).
21 Th. Haye (1997), S. 369.
22 Vgl. J. Schuler u. R. Fitch (1983), S. 23–28.
23 Th. Haye (1997), S. 391.
24 Einen Kurzüberblick zur italienischen Renaissance bietet G. Roellenbleck (1973); aus-
führlich ders. (1975).
25 Zu Lukrez im Neulateinischen vgl. etwa Y. Haskell (2007).
26 Als zweisprachige Ausgabe herausgegeben von Georg Wöhrle; vgl. Literaturverzeichnis.
27 In moderner Ausgabe mit Übersetzung herausgegeben von Walter Ludwig; vgl. Lite-
raturverzeichnis.
2.1. Etymologie
Die Herkunft des Wortes ›Alchemie‹ verliert sich im Dunkeln. Vieles
spricht für ägyptisch-mesopotamische Wurzeln, die sich in der byzantini-
schen sowie griechisch-arabischen Tradition fortpflanzten, bevor sie ins
Lateinische gelangten. Ein daneben vertretener altchinesischer Ursprung
ist unwahrscheinlich, jedoch läßt sich an einer solchen Hypothese und ihren
Vertretern deutlich ablesen, daß mit jeder Deutung und Herleitung die Zu-
weisung an einen bestimmten historischen Kulturbereich und damit Seman-
tisierung einhergehen. Es geht um die Ausweisung eines historischen Kul-
turraums als Wiege von Weisheit und Wissenschaft. Gut datierbar dagegen
ist die Ankunft des Wortes im lateinischen Mittelalter: ›al-kīmijaˉ ‹ wurde im
Jahre 1144 von Robert von Chester durch seinen Liber de Compositione
Alchemiae eingeführt. Üblicherweise geht man von der Zusammensetzung
aus dem arabischen Artikel ›al‹ und der aus dem Griechischen entlehnten
χυμεία für ›Vermischung‹ oder der im Suidas verzeichneten χημεία für die
künstliche Edelmetallherstellung aus. Gerade nach der Zerstörung Konstan-
tinopels im 15. Jahrhundert und dem Exodus byzantinischer Gelehrter, die
ihre Handschriften im Gepäck hatten, gewann diese griechische Herkunft
an Befürwortern. Nach heutiger etymologischer Deutung rührt die χυμεία
vom altägyptischen ›kmt‹ (›Kam-it‹ oder ›Kem-it‹) als Bezeichnung für die
fruchtbare Erde des Nilbeckens her – und damit metonymisch für das Land
Ägypten.54
51 Vgl. zum ›Splendor Solis‹ J. Völlnagel (2004), und – als jüngster seiner zahlreichen
Beiträge, darunter J. Telle (1991a) – J. Telle (2006b); zu ›Sol und Luna‹ ders. (1980).
52 Weitere Definitionen alchemischer Bildlichkeit in H. Sheppard (1984), S. 16 f.
53 Übersicht über die Gegenstands- und Forschungsproblematik bietet in luzider Kürze:
W. Kühlmann (2004). Zur Zahlensymbolik sei auf die Kommentare zu CHRYS.,
S. 9, 27–30; S. 9, 24 – S. 10, 13; S. 34, 17; S. 50, 30; S. 51, 8–12 verwiesen; des weiteren
auf J.-P. Brach (1987). Die beste Einführung in die Ikonographie der Alchemie ist M.
Gabriele (1997), neuaufgelegt 2008; vgl. auch J. Völlnagel (2004), S. 92–95; eine
bündige Einführung in das Feld von Mnemotechnik und Symbolik gibt M. Gabriele
(2006), S. 7–60.
54 Zusammengefaßt aus M. Gabriele (1997), S. 11–17; desweiteren B. D. Haage (1996),
S. 50–53; S. Hartmann (1987); J. Telle (1987), S. 199 f.
55 Zu den Anfängen der Alchemie vgl. etwa B. D. Haage (1996), S. 63–95, Alchemie
Lexikon, S. 22–25 und zu Zosimos ebd., S. 380 f.; zur alexandrinischen alchemischen
Literatur als Kommentar vgl. C. Viano (2000).
56 Eine Erklärung dieses Phänomens bieten R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 38, Anm. 65
– unter Bezug auf W. Stahl (1962), S. 254 – mit der ›aura of uncanniness‹ solcher
Schriften, die geradezu nach der Zuweisung ›to remote personages like Asclepius,
Homer, or Pythagoras‹ verlangt, wie heute Unheimliches der Wissenschaft in die Sci-
ence-Fiction transponiert wird.
57 Vgl. zur Tabula vor allem J. Ruska (1962) sowie J. Telle (1995c); zu Hermes und
Hermetismus stellvertretend W. Kühlmann (2000b), F. Ebeling (2005); sowie M. Mul-
sow (2002); auch meinen Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10.
58 Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 20, 27; u. S. 51, 22.
59 Vgl. Alchemie Lexikon, S. 67. Zum lateinischen Geber vgl. J. Telle (1980c) u. ders.
(1986a).
60 Vgl. B. D. Haage (1996), S. 110–142 sowie J. Telle (1995e) u. ders. (1997b); die
zugrundeliegende Ausgabe J. Ruska (1931).
2.3. Mittelalter61
Zwar ist bereits für das Frühmittelalter alchemisches Schrifttum überliefert,
es handelt sich hierbei in erster Linie um Gebrauchstexte zur Herstellung
von Emaille oder Legierungen und Abhandlungen zum Bergbau. Die ei-
gentliche geistige Auseinandersetzung mit der Transmutationskunst setzte
jedoch erst im 12. Jahrhundert ein. Ausschlaggebend war die unter grie-
chisch-arabischem Einfluß stehende, rationalistisch geprägte Schule von
Chartres, welche sich zugleich mit Macrobius, Platos Timaios und Texten
des Corpus Hermeticum auseinandersetzte. Daneben zeichneten sich die
Universitäten von Salerno wie auch Toledo durch ihre Übertragungen ins
Lateinische aus. Im Umkreis jener Übersetzerschule führte 1144 auch der
vorgedachte Robert von Chester ›Alchemie‹ – als Begriff und ›ars nova‹ –
in die Kultur des Abendlandes ein. In der Folgezeit zeichnete sich ein vor-
übergehender Stillstand der theoretischen Entwicklung ab, welchen jedoch
die voranschreitende Spiritualisierung der Texte ausglich. Wie schon in der
Spätantike blühte auch damals die Pseudoepigraphie, so daß neben den
arabischen Gelehrten Rhazes und Avicenna oder Aristoteles nicht minder
Thomas von Aquin (1224/5–1274), Raimundus Lullus (1232/33–1316)
oder Arnaldus von Villanova (gest. 1311) zahllose Werke untergeschoben
wurden. Daneben standen eigenständige Autoren, wie Johannes von Rupes-
cissa (Mitte 14. Jd.) mit De consideratione quintae essentiae,62 der geheim-
nisumwobene Bernardus Trevisanus (14. Jd.), der erdichtete Nicolas Flamel
(1330–1418)63 sowie Petrus Bonus (14. Jd.), an dessen Pretiosa margherita
aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts sich die Modelle der alchemischen
Mythenallegorese der Zeit und nicht minder der Stand der Alchemie in der
damaligen Gelehrtenwelt ablesen lassen.64 So diente der Traktat keinem
geringeren Zweck, als die spagyrische Kunst gegen ihre, durchgehend als
›ignorantes et idiotae‹ gebrandmarkten, Kritiker in Schutz zu nehmen und
sie letztlich in die ›Septem Artes‹ zu integrieren. Ohne sich in Einzelheiten
zu verlieren, kann man die Alchemie der Zeit als durchaus nicht unange-
fochten, doch innerhalb der Gesellschaft höchst präsent bezeichnen. Es
häuften sich Berichte über gelungene Transmutationen, nicht zuletzt von
in Fürstendienst stehenden Alchemikern, wie auch Verteidigungen, War-
61 Zusammengefaßt aus: Alchemie Lexikon, S. 26–29; sowie J. Telle (1978), S. 202f; Ch.
Crisciani (1976); u. diess. (1996); G. Jüttner (1980); B. Obrist (1986); B. D. Haage
(1996), S. 59–62; u. S. 143–177.
62 Vgl. zu Arnald von Villanova W. Pagel (1958), S. 248–258; CP 1, S. 132 f.; Alchemie
Lexikon, S. 62 f.; zu Johannes von Rupescissa ebd., S. 185–187 und W. Pagel (1958),
S. 263–266; D. Kahn (2007), S. 40–42.
63 Vgl. zu Trevisanus Alchemie Lexikon, S. 78 u. J. Telle (2008b); zu Flamel ebd.,
S. 136–138; besonders jedoch R. Halleux.
64 Vgl. zu Bonus Alchemie Lexikon, S. 270 f. sowie C. Crisciani (1976) u. J. Telle
(1983a).
nungen, Verbote und Satiren – kurz: die Flut an Schriften der Befürworter
wie der Gegner schwoll stetig an. Neben dem lateinischen Schrifttum trat
nicht minder vulgärsprachliche Literatur auf, so sind etwa seit dem
14. Jahrhundert deutschsprachige alchemische Texte überliefert. Das an-
onyme Bildgedicht Sol und Luna kann hierfür, gewiß auch wegen seiner
erotischen Bildlichkeit als bestes Beispiel angesehen werden.65
75 W. Kühlmann (1998), S. 407; zudem die Studie zu Rosenkreutzern am Hof des Moritz
von Hessen Kassel (1572–1632), zu welchem zeitweise auch Maier gehörte, B. T.
Moran (1991), bes. S. 87–114.
76 Vgl. zu Fludd Alchemie Lexikon, S. 139 f. Zu Maier sei auf die Monographie von H.
Tilton (2003) verwiesen, sowie die Biblio-Biographie von E. Leibenguth (2002),
S. 21–64; davor U. Neumann (1993); sowie J. Craven (1968); neben den Abschnitten
in R. Evans (1997), S. 200 f. et passim.
77 Zu Andreae bes. R. Van Dülmen (1978) u. W. Kühlmann (1988); desweiteren B. D.
Haage (1996), S. 176–196; S. Rusterholz (2007); J. Telle (1978), S. 203–206; Alche-
mie Lexikon, S. 46–48.
78 Zu Zetzner als Verleger von Hermetica sei verwiesen auf C. Gilly (2002c); u. J. Telle
(2004a), S. 13–25; sowie D. Kahn (2007), S. 112–121.
79 Ein intelektuelles Profil der Stadt während der Reformation zeichnet M. Usher Chris-
man (1967); während des Humanismus dies. (1982); kurz B. Vogler (2001), S. 233–
237; zu Oberrhein und Paracelsismus die beiden Vorworte CP 1, S. 15–37 et passim;
und CP 2, S. 6–13 et passim.
80 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 106–110.
81 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 123 f.
lichen Dichtungen, wie das seit dem frühen 16. Jahrhundert vielfach über-
lieferte Spruchgedicht Von der Bescheidenheit des Alchemikers82 oder die
bis ins 18. Jahrhundert weitverbreitete Dichtung vom Sermo Philosophicus
(zuerst gedruckt 1605).83 Daß für das Verfassen wie Erforschen gerade
volkssprachlicher alchemischer Dichtung kein tieferer Einblick in die Ma-
terie nötig war und ist, beweist eindrucksvoll der Nürnberger Wundarzt
Hans Folz (1435/40–1513), der – wie er mit seinem Fastnachtspiel Der
Juden Messias deren Ausweisung beförderte – auch diesen Teil des Peg-
nesischen Stadtgesprächs mit seinem Stein der Weisen für sein Publikum
literarisch aufbereitete.84 Daneben ist ebenso das längere kompilatorisch-
autobiographisch allegorische Viatorium spagyricum des (historisch unge-
sicherten) Herbrandt Jamsthaler vom Ende des 16. Jahrhunderts zu nennen,
welches noch bis ins 18. Jahrhundert gelesen wurde.85 Im angelsächsischen
Sprachraum erlangte das, ebenso von Furichius erwähnte, Lehrgedicht der
Twelve Gates des George Ripley (um 1415–1490) hohe Berühmtheit, nicht
minder jedoch seine lateinische Prosafassung.86 Lateinisch (ab 1600) wie
auch ursprünglich volkssprachlich (ab 1500) wurde auch der Vers-Bild-
Traktat Vom Stein der Weisen des (nicht zu identifizierenden) Lamspring
verbreitet, doch scheint von den alchemischen Autoren fast ausschließlich
die internationale Fassung wahrgenommen worden zu sein.87
Im Lateinischen jedoch herrschten im Gegensatz zu den Volkssprachen die
Kleinformen vor, wie es die Dichtungen des Johannes von Teschen (14. Jd.),
mit seinem stark rezipierten Lumen secretorum,88 des Alexander von Suchten
(1520–1575)89 oder etwa eines Laurentius Span von Spanau (1530–1575)90
zeigen. Der oberrheinische Paracelsist Michael Schütz, genannt Toxites
(1514–1581), der von 1542–1545 auch Lehrer an der Straßburger Akademie
gewesen war, verfaßte neben vielen eleganten lateinischen Schriften unter
anderem ein alchemisches Gedicht über das Antimon; dies als Beitrag zum
Disput um dessen medizinische Verwendung. Es erschien 1567 unter dem
Titel Spongia Stibii adversus Lucae Stenglini Medicinae Doctoris, Et Physici
Augustani Aspergensis als Einzeldruck, in welchem das beschuldigte Anti-
mon sich selbst verteidigt und Paracelsus huldigt.91
Doch selbst ein Michael Maier kam mit seinen Cantilenae intellectuales
und anderen Gedichten kaum über epyllisches Format hinaus;92 ebensowe-
nig wie der Arztdichter Stoltz von Stolzenberg (1600 – nach 1644). Dessen
1624 zum ersten Mal erschienenes und als Chymisches Lustgärtlein kurz
darauf verteutschtes Viridarium chymicum 1624 stellt letztlich nur eine,
wenn auch lange, Sequenz alchemischer Emblemta mit Subscriptiones
dar.93 Kurzum: Augurellis Chrysopoeia und Furichius’ Aurea Catena wie
seine Chryseis, als veritable alchemodidaktische Epen, werden zu recht als
›formgeschichtliche Ausnahmen‹ betrachtet.94
Wie die Alchemie sich nach und nach schier aller literarischen Formen
bemächtigte, war sie allein schon ob ihrer Verwurzelung im Mystisch-Spe-
kulativen seit Zosimos durch Visions- und Traumschilderungen bestimmt.
Hinzu kommt, daß »Visionen als inkorporierte oder autonome Texte fester
Bestandteil der abendländischen Literatur sind, da sie im Alten und Neuen
Testament häufig begegnen (Danieltraum, Apokalypse des Johannes).«95
Für kosmologische Träume des lateinischen Mittelalters und der Renais-
sance war zudem der Rekurs auf das Somnium Scipionis (CIC. rep. 6, 9–
29) und dessen umfangreiche Deutung durch Macrobius, zumal dieser eine
Kategorisierung der Erscheinungen vorausschickt, geradezu unumgänglich;
auch für den wohl wichtigsten und wirksamsten Traumtext der Zeit, die
Hypnerotomachia Poliphili des Francesco Colonna von 1499.96 Und wie
sich die Visionsliteratur seit der Spätantike bewußt hermeneutisch gesicher-
ter Bilder bediente – aus Traumbüchern, wie demjenigen des Artemidoros
von Daldis, über die Patristik bis zur mittelalterlichen Mystik97 – bedienten
91 Vgl. W. Kühlmann (1995); dort abgedruckt S. 520–526; sowie D. Kahn (2007),
S. 136 f.; 215–217 et passim.
92 Vgl. die Monographie von E. Leibenguth (2002).
93 Vgl. J. Telle (1991b) sowie W. Kühlmann (1992b).
94 Vgl. W. Kühlmann (1995), S. 511; und zu Maier in der Tradition der (alchemischen)
Lehrdichtung E. Leibenguth (2002), S. 75–80.
95 P. G. Schmidt (2003), S. 785.
96 Zur Nachwirkung von MACR. somn. vgl. A. Hüttig (1990); vgl. auch Kommentar zu
CHRYS., S. 26, 1–9; grundlegend zu philosophisch-naturkundlichen Träumen M.
Ariani (1999) u. M. Gabriele (1999).
97 Zur Interdependenz von Traumbüchern und literarischen Traumvisionen grundlegend
P. Habermehl (1992), S. 65–177.
thos.106 Schon bei Zosimos war das Bestreben erkennbar, Mythen, welche
er dem Hesiod entnahm, antike Orakelsprüche wie auch die Orphik für
seine Zwecke zu verwenden.107 Als schließlich um die Jahrtausendwende
die byzantinische Enzyklopädie Suidas entstand, stand unter dem Lemma
›Goldenes Vlies‹ wie selbstverständlich nur dessen alchemische Deu-
tung.108 Im Mittelalter alchemisierte Albertus Magnus (um 1200–1280) in
De mineralibus die Geschichte von Pyrrhus und Deucalion, Petrus Bonus
bediente sich reichlich aus Vergils Mytheneinschüben und nicht minder aus
den ganzen Metamorphosen Ovids.109 Dahinter stand die Annahme eines
›sensus naturalis der mythologischen Fiktion‹, welcher über Tertia compa-
rationis, wie Farbanalogien, Bezüge zum Gold, dem großen Wagnis und
jeglicher Art der Verwandlung, vor allem Gorgo, Proteus, den Goldenen
Zweig, Proserpina, Phaeton, das Kretische Labyrinth, Medea mitsamt Vlies
und Argonautenfahrt sowie Pyramus und Thisbe sowohl ›in verbis‹ als
auch ›in factis‹ hermetoalchemisch deutete.110
Wie dieser ›sensus chimicus‹ als hermeneutische Kategorie der Vier-sen-
sus-Lehre der Bibelexegese entstammte, wurde im Gegenzug auch die Hei-
lige Schrift hermetisch gedeutet: zum einem als Interpretation goldbehan-
delnder Bibelstellen, wie »dabit pro terra silicem et pro silice torrentes
aureos« (Iob. 22, 24), zum anderen als Gleichsetzung Jesu Christi, des wie-
derauferstanden Erlösers, mit dem Stein der Weisen, und bildimmanent der
Heiligen Jungfrau mit der Retorte – agierten doch bereits die babylonischen
Metallgötter als Mysteriengötter, betrafen Tod und Auferstehung schon Isis
und Osiris.111 Diese Lesart brachte unter anderem die alchemische Meß-
liturgie eines Nicolaus Melchior von Hermannstadt hervor, des 1531 hinge-
richteten böhmisch-ungarischen Hofkaplans.112 Daß der Klerus – trotz der
›Alchemistenbulle‹ Spondent quas non exhibent (um 1317) des Avignoner
Papstes Johannes XXII. (1244–1334, ab 1314 Pontifex) – im Mittelalter
Träger alchemischer Bildung war, scheint Derartiges nur begünstigt zu ha-
ben. Anfang des 14. Jahrhunderts bot schließlich der pseudo-Arnaldische
Tractatus parabolicus einen alchemischen Bibelkommentar, welcher Chri-
stus durchgängig in Analogie zum Mercurius setzte.113 Da also die herme-
neutischen Methoden vorlagen, stand ihrer Anwendung selbst auf neuere
Werke nichts mehr im Wege. Einer besonderen Beliebtheit erfreute sich
dabei die Divina Commedia Dantes,114 gefolgt von Artusromanen und der
Hypnerotomachia.115
Wiederum war es der Florentiner Neuplatonismus, welcher die Mythoal-
chemie maßgeblich anregte. Geistesgeschichtlich handelte es sich bei dieser
Auffassung des Mythos um eine Variante des Euhemerismus, jener nach
Euhemeros aus Messene benannten Lesart. Dieser leitete die Entzauberung
mit seinem um 300 vor Christus verfaßten utopischen Reisebericht über die
Insel Panchaia ein. Seinem Ich-Erzähler wird im dortigen Tempel offenbart,
daß die Olympischen Götter nur deifizierte Könige der Vorzeit gewesen
seien. Dem frühen Christentum waren solche Erklärungsmuster in seiner
antipaganen Polemik äußerst willkommen, so daß vor allem Augustinus
den Euhemeros in Ehren hielt.116
Den Mythologen der Hochrenaissance waren dann auch die alchemi-
schen Deutungen vertraut. Dem großen Natale Conti (um 1520–1582)117
war ihre Verbreitung schlechterdings ein Dorn im Auge. In seinen Mytho-
logiae libri X wettert er immer wieder – zugunsten seines eigenen histo-
risch-christlich-moralischen Euhemerismus, im Sinne der ›sedes scelerata‹
als Purgatorium, etc.118 – gegen die ›metallorum tortores‹ und deren sowohl
gottlosen als auch unsinnigen Deutungen.119 Literarisch bot ihm eine Ge-
neration später der Mythoalchemiker schlechthin Paroli: Michael Maier
wird in seinem, nicht minder umfangreichen, alchemischen Götter- und
Heroenhandbuch Arcana Arcanissima nicht müde, den Italiener – welchen
114 In der Italianistik hat sich inzwischen für esoterische Exegeten kanonischer Texte der
feste Terminus ›velamisti‹ eingebürgert; vgl. U. Eco (1990), S. 86–95. Ursprünglich
kannte nur die Danteforschung den Begriff als ironische Bezeichnung für diejenigen,
welche – auf die Verse »O voi ch’avete li’ intelletti sani, / mirate la dottrina che
s’asconde/ sotto ’l velame de li versi strani.« (Dante Inf. 9, 60–62) gestützt – Dante
als Rosenkreutzer, Templer, Freimaurer oder gar Protokommunisten sehen wollten und
wollen; vgl. P. M. Pozzato (1989); H. Lozano Miralles (1989), S. 47 f.; zur Ausbildung
einer veritablen Sensus-Lehre beim Dante-Exegeten René Guénon (1886–1951) vgl.
C. Miranda (1989); einen Überblick gibt zudem A. Asor Rosa (1989); zum Thema vgl.
auch J. Telle (1978), S. 212.
115 Vgl. D. Kahn (2000), S. 476–480. S. Matton (2000), S. 449–452. Bis in die Gegenwart
ist etwa der italienische Kunstgeschichtler Maurizio Calvesi bemüht, seine alchemi-
schen Deutungen der ›Hypnerotomachia‹ in symbolisches Kapital auszumünzen; der
köstliche Verriß bei M. Gabriele (1997), S. 156–160.
116 Zum Euhemerismus: M. Fusillo (1998) u. K. v. See (1989).
117 Vgl. R. Ricciardi (1983).
118 Aufschlußreich ist diesbezüglich in seiner ›Mythologia‹ das 10. Buch ›Quod omnia
philosophorum dogmata sub fabulis contineatur‹ – dort werden die wichtigsten My-
then ausdrücklich ›ethice‹ gedeutet; und somit auch die antike Unterwelt christiani-
siert: »His igitur rebus antiqui nos hortabantur ad probitatem, quoniam si quis dum
viuit, poenas suorum scelerum deuitauerit, at certè post mortem supplicium deuitare
non poterit.« (Conti, S. 536).
119 So etwa gegen alchemische Deutungen des Saturnus: »Conantur enim metallorum
tortores et has, et alias his similes artes excogitare, quibus possint metalla in alias
formas transferre terterrima paupertatis forma perterriti;« (Conti, S. 64).
Der Vorwurf, welchen die moderne Forschung gegen die Chrysopoeia des
Augurelli erhebt, daß sie als Text »whose classical form dictates candour
and transparency«128 keinerlei Lehre vermittle, kann ebenso gut gegen die
Chryseis erhoben werden. Beide alchemischen Lehrgedichte zeichnen sich
dadurch aus, daß sie Lehrgedichte sind, welche den Leser die Alchemie
nicht lehren – nicht einmal im bescheidenen Maße von Vergils Georgica,
nach welchen man (mag dies auch umstritten sein) zumindest ansatzweise
eine kleine Landwirtschaft betreiben kann. So wird der Leser des Trevisa-
ners oder des Straßburgers selbst durch intensive Lektüre nicht in den Stand
gesetzt, die Transmutation zu vollbringen oder das Allheilmittel zu extra-
hieren. Dasselbe ›Defizit‹ freilich findet sich in aller129 alchemischer Lite-
ratur, welche das ›Opus magnum‹ thematisiert: Strenggenommen bieten
spagyrischen Schriften keinerlei Aufklärung, und dies selbst dann, wenn
sie ausdrücklich als die erklärende Gattung schlechterdings, nämlich als
Kommentare, ausgewiesen werden. Da die alchemische Literatur sich je-
doch in ihrer Gesamtheit durch die Erklärung ihrer ›dunklen‹ Prätexte
rechtfertigt, so kann sie auch insgesamt als Sonderfall des Genres ›Kom-
mentar‹ betrachtet werden:130 »Un des leitmotive de la quasi totalité de ces
auteurs est en effet de prétendre vouloir avant tout expliquer et justifier le
propos des auteurs antérieurs, comme le fait dès le IIIe siècle Zosime de
Panopolis«.131 Dementsprechend war die arabische und mittelalterliche la-
teinische Tradition weitestgehend Kommentierung der Tabula smaragdina
und der jeweils vorausgehenden, an sich schon kommentierenden alchemi-
schen Literatur, während bei nicht mehr eindeutig kenntlichen Prätexten
Kommentar und Paraphrase ununterscheidbar wurden. Zwar gab es stets
die üblichen paratextuellen Kommentarformen, wie glossierte Handschrif-
ten der Pretiosa margharita oder Scholienbände zum Rosarium des Arnal-
dus von Villanova, doch traten gerade ab der Renaissance vermehrt weitere
literarische Formen an deren Stelle, wie etwa die Emblemata der Atalanta
fugiens oder auch die alchemischen Lehrgedichte. Ebenso mischte sich in
die alchemische Kommentierung die Rezeption und Ausdeutung der (pseu-
do-)paracelsischen Schriften.132 Die damalige Auffassung der Alchemie als
Königsweg zur Natur- und damit Gotteserkenntnis, als Physik und Ethik in
128 Y. Haskell (1997), S. 589.
129 Die Existenz geheimer, unverhüllt die Transmutation beschreibender Schriften wurde
mir einmal von einem geheimnistuerischen nordamerikanischen ›Rosenkreutzer‹ unter
dem Siegel der Verschwiegenheit angedeutet.
130 Vgl. R. Häfner (2000), S. 299 f.
131 S. Matton (2000), S. 437.
132 Vgl. S. Matton (2000), S. 438–449; die alchemische Kommentierung neigt dahin, daß:
»le commentaire se voit fréquentement assimilé à l’oeuvre commentée en s’insinuant
en elle sous forme de gloses incorporées, ou bien, absorbant l’oeuvre commentée
sich vereinende Wissenschaft, führte bei alledem zu einer bis dahin unge-
sehenen Steigerung des intertextuellen Aufwands.133
Der alchemische Kommentar jedoch ist – wie angedeutet – per se dem
philosophischen oder philologischen entgegengesetzt: Er ist in seiner Er-
scheinung paradox, indem er zwar verheißt, alles zu erhellen, doch dies
dann wortreich unterläßt – »tout l’art du commentaire va consister à dire
qu’on ne va rien expliciter, ou plus exactement qu’on va tout révéler, mais
d’une façon qui ne sera compréhensible qu’à ceux qui connaissent déjà le
secret lui-même.«134 Dem zeitgenössischen wie auch modernen Leser wird
die Lösung versprochen, doch letztlich wieder und wieder vorenthalten,
was, gerade wenn der alchemische Kommentar als ›carmen didascalicon‹
auftritt, eine gewisse kognitive Dissonanz hervorrufen mag.135 Letztlich
aber bedeutet alchemische ›Kommentierung‹ nichts anderes, als daß die
poetische Phantasie eine Metapher durch eine andere ersetzt, was Mytholo-
geme einschließt sowie konsequent Allegorien umfaßt. Daneben bedienen
diese Kommentatoren sich mit Vorliebe des Oxymorons (›lac virginis‹ etc.)
oder der vermeintlich ›näheren‹ Bestimmung bekannter Substanzen wie
›Sulphur‹ als ›Sulphur noster‹, ›Sulphur philosophorum‹ in Abgrenzung
gegen ›communis‹ oder ›vulgaris‹.136
So faßt auch Umberto Eco – mit Blick auf Antoine Pernety – die Grund-
züge der alchemischen Semiotik, wie folgt, zusammen: 1) Das Geheimnis
ist stets woanders, 2) die Substanzbezeichnungen bezeichnen nicht die Sub-
stanzen, die Substanzen haben andere Bezeichnungen, 3) trotzdem geht es
immer um dasselbe Geheimnis.137 Und sobald dieses Geheimnis einem
Mythologem, einer ägyptischen Hieroglyphe, einer Bibelstelle oder einem
philosophischen Theorem eingeschrieben scheint, werden jene Teil des al-
chemischen »discorso di sinonimia totale«138 – welchem man nur mit neu-
en Synonymen beizukommen glaubt. Hierbei ist allen alchemischen Texten
gemein, daß sie sich letztlich auf das Geheimnis der Transmutation als
(unbekannten) Urtext beziehen, den wiederherzustellen sie ankündigen,
ihn dann jedoch hinter weiteren Metaphern verdunkeln. Doch nicht nur
Literaturwissenschaftler machen sich darüber ihre Gedanken, bereits Petrus
Bonus stellte, während er das integumentale Sprechen der Autoritäten ab-
handelte, die Überlegung an, daß das Geheimnis aperte wohl in sechs bis
zwölf Zeilen mitgeteilt werden könnte: »Et verè dico, sicut opinor, quod si
totam hanc artem, cum omnibus necessariis, practicè tradere vellent, reli-
quendo omnes figuras, quod in 6. vel 12. lineis scribere ipsam possent,
quod quare non fecerint, supra dilucidè satis enituit.« (Bonus, S. 37 f.).139
dem auch sei: Der bisher nicht eindeutig zu klärende Kommentator ließ
zumindest durchblicken, daß seine Muttersprache das Französische war,
da er bei Gelegenheit die eigene Übertragung einiger alchemischer Verse
›in Gallicam nostram‹ einfügte: »Ouurier sur tout aye cure,/ Que l’art imite
nature./ L’externe feu de charbon/ Rendla matiere alteree:/ Mais l’interne et
l’aetheree/ Faira ton ouurage bon.« (Tract. aur., S. 622). Auch waren just
diese Erklärungen, von der sonstigen Wirkung der Hermetischen Apo-
phthegmata abgesehen – so inspirierten sie nicht minder Allegorien der
Chymischen Hochzeit – eine der Hauptquellen von Michael Maiers Em-
blembuch Atalanta fugiens; wobei etwa bezüglich der alchemischen Geo-
metrie und des alchemischen Rabens dieselben Scholien zugrundeliegen.146
Im Jahr 1602 kam Johannes Nicolaus Furichius in Straßburg als Sohn des
französischen Schreibzeugmachers Johannes Nicolaus Furichius und des-
sen Frau Elisabeth, geborene Huaschin, zur Welt. Es liegt nahe, anzuneh-
men, daß Mutter und Vater als Religionsflüchtlinge ins Elsaß gekommen
waren. Im Elternhaus sprach man französisch, deutsch lernte Furichius erst
richtig, als er bereits Schüler der Straßburger Akademie war.148 Seit diesen
Tagen verband ihn eine innige Studien- wie auch Dichterfreundschaft mit
dem ein Jahr älteren Johann Michael Moscherosch (1601–1669),149 die
auch lyrisch ihren Niederschlag fand. So drückte, als der ältere Freund
1620 sein Baccalaureat erwarb, Furichius in der Gratulationsschrift epi-
grammatisch für die Mitbenutzung von dessen Büchersammlung seinen
Dank aus.150 Am 28. November 1622 erhielt Furichius als einer der ersten
– genau genommen als vierter – zusammen mit der Magisterwürde dieje-
nige eines Poeta laureatus.151 Im gleichen Jahr erschienen seine Libelli
Carminum Tres.152 An diesem Jugendwerk ist hervorzuheben, daß es »in
thematischer und formaler Vielfalt eine größere Bandbreite als Moscher-
oschs Epigramme«153 aufweist. Neben den üblichen Gelegenheitsdichtun-
146 Vgl. H. De Jong (1969), S. 170–172; u. S. 271 f.
147 Der biographische Teil ist eng abgeglichen mit W. Kühlmann (1984), S. 111–135 – Haupt-
quelle ist auch hier das weiter unten in Übersetzung wiedergegebene ›Programma
funebre‹.
148 Eine Monographie zur Akademie der Zeit bietet A. Schindling (1977); eine Kurzfas-
sung ders. (2000); eine Einführung ins Schulwesen im deutschen Humanismus W.
Kühlmann (2007).
149 Zur Schulzeit Moscheroschs an der Straßburger Akademie, bis die Wege sich trennten,
und dem damaligen geistigen Umfeld vgl. W. Kühlmann (1981); sowie ders. u. W.
Schäfer (1983), S. 14–35.
150 Abgedruckt in W. Kühlmann u. E. Schäfer (1983), S. 21.
151 Vgl. G. Knod (1897), S. 519, u. 586.
152 W. Kühlmann stellte mir hierfür freundlicherweise seine Aufzeichnungen zur Verfügung.
153 W. Kühlmann (1984), S. 111.
Oder die im Druck folgende Comparatio Mundi cum Homine zum Kom-
plex von Mikro- und Makrokosmos:
Fatur Aristoteles hominem Microcosmion esse:
Iccirco Mundo hic aequiparandus erit.
Sit Cerebrum firmamentum: duo Lumina stellae:
Inferior Cerebro pars velut aer erit.
Sint Meteora, petens sursum Fumatio Ventris: [5]
Humentes pluviae sunto Catarrhus item:
Terra Caro: Sanguis, terram qui permeet, Humor:
Corpus enim totum perfluit unda velut.
Corque, Iecurque, Lien, Splen, sint Animalia, Heparque [10]
Vitales motus congerit his cerebrum.
Si dicis, nondum me declarasse quis Ignis?
Hic Radicalis Corporis esto calor.
Vt toti Mundo tandem Deus imperat unus:
Sic rectrix etiam Corporis est Anima. (Ebd., S. B4vf.)
Auch das Lob des in den Paratexten der Chryseis mehrfach angeführten
wie gepriesenen Julius Caesar Scaliger wird bereits in den Libelli gesun-
gen.156 Doch wie die Physica in Furichius’ Erstlingswerk noch ein Gegen-
stand unter vielen sind, so hat auch De Somniis Naturalibus noch nichts mit
Visionsliteratur zu tun:
Somnia nascuntur tantum ex affectibus ejus,
Qui vigilat, nulla haec postera significant.
Namque repraesentant ea, quae sunt visa diebus;
Ergo superstitio nulla feratur iis. (Libelli, S. F1r)
Neigung folgend, als Student der Medizin auf die Artistenfakultät, an wel-
cher er bis 1625 blieb.
Obgleich sie zu den größten Hochschulen im deutschen Sprachraum
gehörte, hatte die Straßburger Akademie erst 1621 durch Kaiser Ferdi-
nand II. (1578–1637) die Privilegien einer Volluniversität mit dem Recht
der Doktorpromotion erhalten, sie umfaßte die vier Fakultäten Theologie,
Recht, Medizin und Philosophie.164 Bestimmend für die Medizinische Fa-
kultät war damals, als Sohn seines Vorgängers im Amte, der Dekan Mel-
chior Sebitz junior (1578–1674). Mit 34 Jahren war er 1612 nachgerückt
und hatte das Amt bis 1668 inne. Zwar orientierte er sich – vor allem was
die Disputationen seiner Studenten betraf – am Galenismus, doch war er
bestrebt, diesen nicht philologisch zu behandeln, sondern mit der alltägli-
chen Erfahrung des Arztes abzustimmen. Er legte eine Sammlung kurioser
Todesfälle an, lehrte vorzugsweise und einflußreich über Diätetik und Ba-
dekuren und ließ um 1620 einen eigenen botanischen Garten anlegen.
Ebenso sezierte er mit seinen Studenten und setzte die Einrichtung eines
anatomischen Theaters durch, weshalb damals die Straßburger Medizin zu
den fortschrittlicheren in Europa gehörte. Bei aller Freude an der Empirie
stand er jedoch dem Paracelsismus grundsätzlich ablehnend gegenüber.165
In jener Zeit bestritt Furichius einen Teil seines Unterhalts als Präzeptor
zweier Schweizer Studenten, Johann Wernher Bygel und Bartholomäus
Peyer, welche vom Schaffhausener Prediger Melchior Hurter (1584–1655)
betreut wurden. Ein Teil des Briefwechsels zwischen dem Geistlichen und
Furichius ist erhalten, in welchen Furichius auch die dortige Familie
Oschwald herzlich grüßen läßt. Der Sohn Johann Jakob Oschwald war
einer der drei Widmungsträger der Libelli Carminum Tres, dessen Abschied
im Gedichtband besungen wird.166 In einem Brief vom 19. 3. 1624 an Hur-
ter ist der Tutor, nachdem er wegen eines Epigramms gerügt worden war,
bemüht, dem strenggläubigen Calvinisten zu verdeutlichen, daß er keinen
verderblichen Einfluß auf seine Schützlinge ausübe. Aus dem Schreiben ist
ersichtlich, daß er sich literarisch mit Paracelsus und, wenn er diesen auch
als Ketzer verdammt, Valentin Weigel (1533–1588)167 auseinandergesetzt
hatte.168
1624 erschien schließlich die zweite Gedichtsammlung, Poemata Mis-
cellanea. Lyrica, Epigrammata, Satyrae, Eclogae, Alia, ebenso in Straß-
burg, welche nun Kommilitionen, darunter ausdrücklich Moscherosch, de-
diziert ist. Dieser steuerte auch zwei Geleitepigramme bei, und Furchius
würdigte den wissenschaftlichen Fortschritt seines Freundes in drei Dich-
tungen des Bandes.169 Auch hier finden sich zahlreiche Freundschafts- und
Gelegenheitswerke, so treten neben den Freunden, darunter erneut besagter
Oschwald, die Professoren der Universität in Erscheinung, sei es in Epita-
phien auf den Scholarch – einer der drei Schulherren, welche Finanzen und
Berufungen der Hochschule bestimmten als auch Disziplinarfragen ent-
schieden – Adam Zorn von Plobsheim (im Amt 1618–1623), sei es als
Widmung an dessen Amtskollegen Peter Stork (1614–1627)170 oder den
Juraprofessor und Spezialisten für Feudalrecht Kaspar Bitsch (1579–
1637).171 Neben Brülow findet sich auch Daniel Rixinger, welcher von
1600 bis 1633 als Professor für Philosophie im Amt war und hauptsächlich
über das Organon und die Metaphysik las.172
Vom September 1624 bis zum April 1625 hielt Furichius sich in Genf
auf, wobei sich womöglich hier nochmals die Wege der beiden Freunde
Furichius und Moscherosch, welcher dann nach Frankreich weiterzog,
kreuzten. In der Überzeugung, dort seine Ausbildung zum Arzt nicht weiter
vertiefen zu können, beschloß Furichius, nach Italien weiterzureisen – dies,
obschon sich ein fester Austausch der medizinischen Fakultät Straßburgs
mit Basel und Tübingen etabliert hatte.173 Von den Kämpfen um das Veltlin
gehindert, bezog er zunächst Quartier in Brixen und arbeitete als Hauslehrer
bei einer Offiziersfamilie. Auf die damaligen Umstände spielte er in einem
Geleitgedicht zu Moscheroschs Centuria Prima Epigrammatum an:
Cum me Brixia militem fovebat,
Ad Musas monitis tuis redivi.
Tu, cum Celtica rura permeâras,
Ut vitam excoleres probe futuram,
Ductu, nescio quo, propè incidisti [5]
In Martis laqueos, quod improbabas,
Ni Musa monitu ipsius redisses,
Et pro Marte tibi ipse Martialis,
Et sit reddita Penna pro Bipenni. (Moscherosch Centuria, S. 9)
Als Ziel der Reise stand für ihn Padua – von 1406 bis 1814 der Republik
Venedig zugehörig – fest, welches er in einem Brief als das ›neue Athen‹
pries, und dessen für die damalige Zeit fortschrittlichste medizinische Fa-
kultät ihn lockte.174
Die Universität Padua bestand spätestens seit dem Jahr 1222, bereits
1261 war der erste deutsche Student eingetragen. In der Folgezeit sollte
gerade das Heilige Römische Reich unter den Immatrikulierten aus dem
Norden, vor allem im 16. und 17. Jahrhundert, den größten Teil stellen.
169 Auch hierzu übergab mir W. Kühlmann seine Notizen.
170 Vgl. A. Schindling (1977), S. 80–84 et passim.
171 Vgl. A. Schindling (1977), S. 320 f. et passim.
172 Vgl. A. Schindling (1977), S. 239–241.
173 Vgl. A. Schindling (1977), S. 340.
174 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 116 f.
Waren bis 1553 die Studenten der Deutschen Nation (darunter etwa auch
Ungarn, Schweizer und Dänen) aller vier Fakultäten zusammen organisiert,
spaltete sich nun, zu neuem Selbstbewußtsein gelangt, die ›natio Germanica
artistarum‹ von den Juristen ab. Sie gab sich eigene Statuten und Siegel und
legte eine eigene Bibliothek an. Die Kirche Santa Sofia wurde zur Stätte
ihrer festlichen Zusammenkünfte bestimmt, und man begann mit einem
eigenen Matrikel. Unabhängig von der allgemeinen Immatrikulation, hatte
sich dort jeder Student binnen zwei Wochen persönlich einzutragen,175 so
auch Furichius am 15. Oktober 1626: »Iohannes Nicolaus Furichius Argen-
tinensis, poeta caesareus, huic sese inscripsit libro, solutis solvendis, 15
octobris anno 1626«.176 Womöglich war es für ihn in Anbetracht seiner
antikatholischen Epigramme und seiner sich in dieser Zeit verstärkenden
Neigung zum Hermetismus nicht unvorteilhaft, daß er als Student der Deut-
schen Nation zugleich die von Venedig (um den Handel nördlich der Alpen
nicht zu gefährden) durchgesetzte Immunität gegenüber der Römischen In-
quisition genoß.
Da leider Näheres über den Studienaufenthalt des Furichius nicht be-
kannt ist,177 soll hier zumindest die medizinische Fakultät seiner italieni-
schen Alma mater näher beschrieben werden. Zu Beginn des 16. Jahrhun-
derts hatte der gebürtige Brüssler Andreas Vesalius (1514–1564) Padua
zum Zentrum der modernen Anatomie gemacht. Sein anhand von Leichen-
sektionen gewonnenes Wissen erschien 1543 als De humani corporis fa-
brica. Er ließ anatomische Tafelwerke drucken, und seine Studenten erwar-
ben ihr Wissen ebenso am Seziertisch. Unter seinen Nachfolgern machte
sich vor allem Girolamo Fabrici d’Acquapendente (1533–1619) um die
vergleichende Anatomie verdient, auch gilt er ob seiner Schriften De for-
matu foetu von 1600 und De formatione ovi et pulli (1621) als Begründer
der Embryologie, wie er zuvor schon das wegweisende De venarum ostiolis
(1603) zum Blutsystem verfaßt hatte. Seit 1533 gab es einen Lehrstuhl für
Pharmakologie, an welchem hauptsächlich Dioskurides und Galen gelehrt
wurden. Doch da man bald erkannt hatte, daß eine eher philologische Lek-
türe der Medizinbücher wenig nutzte, kam es, daß schon 1546 ein eigener
botanischer Garten eingeweiht wurde. Über die hervorragenden Handels-
beziehungen der Serenissima war man in der Lage, exotische Pflanzen zu
importieren und zu kultivieren. Auch hatte in Padua der im Abschnitt zu
den Lehrgedichten erwähnte Veroneser Girolamo Fracastoro, dort ein
Freund und Kommilitone des Kopernikus, studiert und es zum Spezialisten
für Infektionskrankheiten gebracht, wie auch sein Lehrgedicht Syphilis sive
morbus gallicus beweist. Der von Furichius mehrmals in den Scholien der
Chryseis erwähnte Ägyptenreisende Prospero Alpino (1553–1616) hatte
dort von 1594 an einen Lehrstuhl innegehabt und war ab 1603 dem botani-
schen Garten vorgestanden, dessen Ausbau der hervorragende Pharmazeut
weiter vorantrieb.178 Im 17. Jahrhundert wandte man sich unter dem Ein-
fluß der von Galileo Galilei (1564–1642), dort von 1592 bis 1610 Mathe-
matikprofessor, eingeführten wissenschaftlichen Methode des Messens der
experimentellen Anatomie zu. Der theoretische Mediziner Santorio Santo-
rio (1561–1636) bestimmte als erster die Frequenz des Pulses mit einem
Pendelapparat. Der (Wieder-)Entdecker des Blutkreislaufes William Harvey
(1578–1657) hatte ebenso 1602 in Padua seinen Doktortitel erworben.179
Ein Jahr vor der Ankunft Furichius’ war der seit 1619 lehrende Anatom
Adriaan van den Spieghel (1578–1625) verstorben, nachdem er zu Lebzei-
ten den Ruf der Universität als Hauptsitz von Anatomie und Pharmazie
weiter gefestigt hatte. Auch der bedeutende Arzt, Naturforscher und Weg-
bereiter der modernen Wissenschaft Joachim Jungius (1587–1657), hatte
sich dort 1618 promoviert,180 und der genannte Initiator der Rosenkreutzer-
bewegung, Valentin Andreae, hatte dort als Student Station gemacht.181
Es ist anzunehmen, daß die in den Paratexten der Chryseis stattfindende
Diskussion wissenschaftlicher Probleme zwischen einem Aristotelismus,
wie er in Padua gelehrt wurde, und hermeto-paracelsischen Gedanken aus
dieser Zeit herrührt; nicht minder, daß Furichius in Norditalien mit der
Chrysopoeia des Giovanni Aurelio Augurelli in Berührung gekommen
sein muß, welche dem ehrgeizigen angehenden Arzt und erprobten Dichter
eindrucksvoll die Möglichkeit der Ausformung kosmologisch-alchemi-
schen Wissens in versepischer Form vor Augen führte, sowie mit dem
Werk des großen Ariost. So entstand in diesen Jahren Furichius’ – weiter
unter ausführlicher der Chryseis verglichenes – erstes alchemisches Lehr-
gedicht Aurea Catena siue Hermes poeticus de Lapide Philosophorum,
welches 1627 in Padua gedruckt wurde und den ›Häuptern‹ der beiden
deutschen Nationes zugeeignet ist.182
Zu Beginn Jahres 1628 war Furichius schließlich zurück in Straßburg.
Dort schrieb er seine Dissertation unter dem Titel Disceptatio de Phrene-
tide, welche im selben Jahre erschien, und als Tag der Promotion den
1. März nennt. Laut Programma funebre erfolgten die dazugehörigen Feier-
lichkeiten erst im Juni. Noch im selben Jahr heiratete er Marie Barbette,
Tochter des angesehenen Goldschmiedes Josias Barbette. Dieser Schwie-
178 Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 3, 28; S. 32, 30–31; S. 48, 9-S, 49, 2.
179 Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 11, 22–28.
180 Vgl. Ch. Meinel (1990).
181 Vgl. W. Kühlann (1984), S. 117 f. Einen Überblick über die medizinische Fakultät der
Zeit bieten etwa K. Bergdolt (1994) oder G. Ongaro (2001), S. 164–186.
182 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 118 f.
gervater stammte aus Pfalzweiler bei Lützelstein im Elsaß und erwarb 1603
das Straßburger Bürgerrecht; in der Stempeltafel der Goldschmiedezunft
von 1612 wird er als 1605 aufgenommener Meister geführt. Soweit be-
kannt, sind von ihm nur einige Entwürfe und die Geschäftskorrespondenz
(in deutscher Sprache) seiner Tätigkeit für Erzherzog Leopold V. von Tirol
(1586–1632) aus den Jahren 1628 bis 1632 überliefert. Für diesen fertigte
beziehungsweise verzierte Barbette äußerst kunstvoll Blank- und Feuerwaf-
fen, Jagdausrüstung, Prunkuhren und Hutschmuck.183
Aus der fruchtbaren Ehe gingen bis Herbst 1633 insgesamt fünf Kinder
hervor, drei Mädchen und ein männliches Zwillingspaar, zwei der Töchter
ereilte der Kindstod. Furichius hatte sich damals in Straßburg als Arzt nie-
dergelassen und arbeitete daneben an seinem ambitionierten Hauptwerk,
den Chryseidos Libri IIII, welche 1631 erschienen. Moscherosch, mit
dem er weiterhin sehr gut befreundet war, trug hierfür zwei Glückwunsch-
gedichte bei.184 Angeregt wurde das Werk jedoch von seinem Widmungs-
träger. Dieser war der, von Furichius in der Vorrede als ›teuerster Freund‹
(vgl. CHRYS., S. A2r) bezeichnete, neun Jahre ältere Joachim Morsius,
welchen seine Biographen gerne als das ›Idealbild eines Rosenkreutzers‹
schildern.185
Joachim Morsius kam als jüngster von drei Brüdern am 3. Januar 1593 als
Sohn des Goldschmieds Jakob Mores (auch: Mors, Moers, Mortzen etc.)
und der ebenfalls aus einer Goldschmiedsfamilie stammenden Engel, ge-
borene Kopstedt, in Hamburg zur Welt. Wohlstand und Ansehen dieses
Elternhauses gestatteten ihm eine sorgfältige Schulbildung. 1610 immatri-
kulierte er sich als Student der Theologie in Rostock, widmete sich dann
aber mehr und mehr humanistisch-philologischen sowie alchemischen Stu-
dien. 1611 wechselte er nach Leyden und kehrte über mehrere Zwischen-
aufenthalte 1613 nach Rostock zurück, wo er, der er bereits damals begann,
eine eigene große Büchersammlung aufzubauen, von 1615 bis 1618 als
Bibliothekar der neugegründeten Universitätsbibliothek geführt wird. In-
wieweit diese Funktion allerdings über das Beratende hinausging, ist frag-
lich, fiel doch in jene Zeit eine erste längere Studienreise nach Kopenhagen
und Stettin. In jener Zeit begann Morsius sich für die aufkommende Rosen-
183 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 119; zu Josias Barbet vgl. H. Haug (1978), unpaginiert
›Table II. 1612‹; sowie H. Meyer (1881), S. 219. Eine kurze kunstgeschichtliche Wür-
digung des Goldschmiedes bietet E. Egg (1966).
184 Mit Übersetzung abgedruckt bei W. Kühlmann (1984), 120; vgl. auch meinen Kom-
mentar zu CHRYS., S. A3v morosos istos Catones, aut Solones, letzter Abschnitt.
185 Vgl. H. Schneider (1929), S. 7.
188 Vgl. u. a. R. Van Dülmen (1978), S. 154 f.; R. Kayser (1897); W. Kühlmann (1984),
S. 129–131; W.-E. Peuckert (1973), S. 207–216, u. S. 249–253; H. Schneider (1929),
S. 7–72; ebenso Einträge in biographischen Sammelwerken, wie Moller 1 (1744),
S. 440–446; aus jüngerer Zeit R. Hoche (1885) und demnächst J. Telle (2010).
189 Der unter dem Pseudonym ›Anastasius Philaretus Cosmopolita‹ herausgegebene ›Nun-
cius Olympicus‹ findet sich als reprographischer Nachdruck in C. Gilly (1994a),
S. 239–289. Der Katalog verzeichnet 228 Manuskripte, wovon die meisten aus der
Feder des streitbaren Vielschreibers unter den Paracelsisten und Rosenkreutzern, An-
ton Haslmayr, stammen; geboren 1560 in Bozen, wurde er 1612 in Innsbruck wegen
Ketzerei verhaftet und zur Galeere verurteilt, vgl. C. Gilly (1994a), S. 32–67; zum
›Nuncius Olympicus‹ vgl. ebenso H. Schneider (1929), S. 74. Verzeichnisse der übri-
gen von Morsius verfaßten und herausgegebenen Werke finden sich etwa in: Moller 1
(1744), S. 445 f.; H. Schneider (1929), S. 73–78.
190 Vgl. H. Schneider (1929), S. 118 f., Anm. 60.
191 Vgl. R. Kayser (1897), S. 310. Das eindrucksvolle Personenregister des Albums findet
sich in H. Schneider (1929), S. 79–110 – die Transkription des lateinischen Orignal-
textes im 2. Anhang. Die dort griechischen Begriffe sind hier kursiv gesetzt, für deren
Auflösung bin ich Peter Habermehl, Berlin, zu großem Dank verpflichtet.
lehrtenrepublik [5] Matthias Bernegger,192 erfuhr ich, worüber ich froh bin, daß Du wohl-
behalten bist, in dem Grade, daß Du mir in meinem Sinn auferweckt von den Toten
scheinst, in der Art eines gewissen neuen Eros Armenios,193 wenn wir dem Plato glauben,
oder Enarchus,194 wenn dem Plutarch, oder schließlich Aristeas Prokonesios,195 wenn
dem Herodot. Wo in aller Welt Du aber steckst, darüber habe ich noch keine Gewißheit.
Nicht hieltest Du Dich an die Versprechungen, wie ich gehofft hatte, bezüglich Deines
Briefes [10] angekündigtem Eintreffen. An Dir liegt es, unser Gemüt von den Hirnge-
spinsten zu befreien, warum es nicht unternommen wurde. Nicht, daß ich nicht wüßte, daß
es im Übermaß gibt, was Dich von überallher in Anspruch nimmt. Weil Du dennoch so
viel an Liebe zu Dir in uns erweckt hast, solltest Du wenigstens dem nach Dir Glühenden
das wütende Verlangen durch ein Wort mildern. Du erinnerst Dich ohne Zweifel, daß, als
Du damals noch mit uns Dich eines Himmels erfreutest, von Dir aus Erwähnung fand [15]
ein gewisses Gedicht von mir, zu Padua niedergeschrieben, über jenen berüchtigten Stein
der Weisen, welches Du zur damaligen Zeit ein Flickwerk statt Neuem nanntest. Gedruckt
ist es in Italien, wie es unter der Feder zustande kam, wobei die Lektüre manniger Au-
toren Hebammendienste leistete. Auf Dein Betreiben hin nahm ich dennoch dieses Wer-
klein erneut in die Hände, erneut ging ich es durch, erneut schuf ich es,
Oft den Griffel wendend, dann, was erneut zu lesen wert,
zu schreiben.196
[20] Dann endlich wird es als so, wie Du es sehen wirst, ans Licht kommen. Ich sollte
freilich zuvor, wie der Dichter anmahnt:
Mit den Tafeln zugleich des redlichen Zensors Herz erfassen197
Ja überhaupt, weil,
Da verschlossen noch das Konzept, ich vernichten dürfte,
was ich nicht veröffentlichen sollte.198
[25] Allein, wenn ich mir vorstellte, daß es einst in dürftigerem Gewand gewagt wurde, in
der Zensoren Augen zu bestehen, darf man sich nun ob zu wenig Ausschmückung nicht
davonstehlen; auf Dein Geheiß vor allem hin, für den der ganze Mythos vollendet wurde.
Nimm daher an, was Dein ist, offensichtlich, denn Du machtest es durch dieses Geheiß
zum Deinigen. Und, sofern irgend etwas in den Worten oder Gegenständen selbst verfehlt
[30] ist, woran ich in der Tat keineswegs zweifle, wende freimütig die Zensorenrute an,
welche ich in einem solchen Labyrinth anstelle eines Ariadnefadens gelten lassen will.
Wie es hoffentlich, wie in diesem, so bei meinen anderen Studien und Überlegungen
192 Zu Matthias Bernegger vgl. A. Schindling (1977), S. 279–289, 378–382 et passim;
sowie W. Kühlmann (1982), S. 118–135.
193 Nach Plat. R. 10, 8; 614b-615c wird Eros, Sohn des Armenios, als man nach zehn
Tagen die Gefallenen vom Schlachtfeld räumt, noch unverwest aufgefunden. Am
zwölften Tage erhebt er sich vom Scheiterhaufen, um von seinen Erfahrungen im Jen-
seits zu berichten.
194 Furichius bezieht sich bezüglich dieses Widergängers nicht direkt auf Plutarch, bei
welchem ein ›Enarchos‹ nicht aufzufinden ist, sondern auf Ficinos Schrift zur ›Un-
sterblichkeit der Seelen‹ – dort im 13. Buch: »Enarchus, inquit [Plutarchus], nuper
aegrotans tamquam iam mortuus a medicis fuit relictus, et brevi tempore in seipsum
[sic] postea reductus dicebat se mortuum fuisse et in corpus iterum restitutum [etc.]«
(Ficino Theologia, S. 219).
195 Bei Herodot (vgl. Hdt. 4, 13 f.) ist Aristeas aus Prokonnesos ein Dichter, der in einem
Werk behauptet, er sei von Apoll inspiriert bei einem Volk namens Arimaspi jenseits
der Hyperboreer gewesen. Tatsächlich war er vor der Abfassung, nachdem er scheintot
in einer Walkstube zusammengebrochen war, sieben Jahre lang spurlos verschwunden.
Und auch nach der Veröffentlichung des Poems wurde er nicht mehr gesehen.
196 Nach HOR. sat. 1, 10, 72 f.
197 Nach HOR. epist. 2, 2, 110.
198 Frei nach HOR. ars. 389 f. Die Übersetzung folgt derjenigen E. Schäfers in Horatius
(2008).
gestattet sein möge. Gewiß lerne ich erst zu leben und, um es so zu sagen, mit umge-
wandter Ferse den neuen Weg zu beschreiten, dennoch unsicheren Fußes, wie es jene zu
tun pflegen, die aus dem Schlaf aufgeweckt sich zur Reise gürten; [35] noch in tiefer
Dämmerung. Ich beginne, sage ich, mich vor jenen Kleingeistern zu ekeln, deren Worte
und Werke, nicht Menschen gehören sondern Ameisen:
Ich platze! Fast meint man, es brüllten Arkadiens Herden.199
In dem Maße bellen sich die Besseren an, und selbst unruhig stören sie alle Ruhe mit
ihrem Gekläff. Dasjenige, welches wir Gott schulden, maßen sie sich an. Was [40] soll ich
mit den Faslern? Doch, was lege ich mich mit jenen Metrikern an? Esel werde ich rascher
zum Fliegen bringen oder einen Äthiopier weißwaschen, als ich diese da ändern werde.
Aus dem Grunde, so lange es möglich ist, laß uns emportauchen aus diesem Menschen-
dreck, laß uns in um so helleres Licht unsere Geister stellen. Laß uns leben erhaben in
königlicher Würde, auf dem Thron der hohen heiligen Wahrheit ruhend. Bereitet ist uns
der Weg; dargelegt von vielen, geheim dennoch
[S. 746]
gehalten, und einzig den glühend Strebenden aufgezeigt. Wenn er, wie man sagt, bekannt
ist, dann einer gewissen sogenannten Rosenkreutzerbruderschaft. Deren Ruf und Herr-
lichkeit, wenn Worte und Werke nicht entsprechen, könnte bei Dir, bei anderen den An-
fang nehmen. Auf staunenswert Weise fürwahr gefiel Dein Urteil über die heiligen Dinge,
um so mehr, desto [5] näher es den Sterblichen zu Gott herausführt, und, nachdem die
schmutzige Häute des Leibes verlassen sind, den Geist zu Höheren antreibt, indem es von
unten dränget, oder vielmehr die Liebe Gottes beschwört. Die Alten bereiteten uns einen
Weg. Denn sie lehrten glücklich jenes zu verachten, welches nicht zum Menschen gehö-
ret, damit wir um so sorgfältiger jenem zu Glanz verhelfen, was in der Tat ausmacht ein
Mensch zu sein. Oft erblickte ich staunend das Licht Epiktets in solcher [10] Finsternis,
und pries ich bei mir denjenigen glücklich, welcher jene überdacht hatte, sich selbst
glücklicher gemacht hatte; wir gleichermaßen glücklich, wenn wir nacheifern, fürwahr
glücklicher, weil wir den ewigen Sohn unseres unaussprechlichen Gott haben, der über
dies hinaus seligeres Naschwerk des Geistes darreicht: Gottes Wort selbst bringt das
großes Landgut der gewaltigen göttlichen Weisheit. Die Liebe selbst verkündigte die
Liebe, erwirkte sie, brachte sie hervor. Fürwahr durch seinen Geist [15] des völlig Glück-
lichen gab er unseren Geistern zu trinken seine nektarsüße Wonne in einzelnen Augen-
blicken. Dies ist unsere Philosophie: oder jede andere, die darauf Bezug nimmt. So wird
berichtet, daß Marsilio Ficino, nachdem er beinahe aller Wissenschaften Feinheiten er-
schöpft hatte, einzig bei der Lektüre der Heiligen Schrift seine Ruhe gefunden hat. Wenn
wir dennoch darüber hinaus irgend etwas verfolgen, wollen wir Alles tun, um unseres
Gottes Ruhm [20] zu verbreiten, die Güte unters Volk zu bringen, die Macht zu preisen.
Ach, wieviel dieser Zeit ist übel vertan von vielen in der Literatur glänzenden Männern.
Denn so viel an menschlicher Weisheit verliehen ist, so viel ist fortgenommen an gött-
licher. Die meisten von uns streben nach Lob aus anderer Gebeugtheit, oder aus den
Trümmern eines anderen Namens oder Schelte errichten wir den Unsrigen. Doch, um
zu uns zurückzukehren, damit wir nicht ebenso [25] den Eindruck erwecken, allzu be-
triebsam beim eifrigen Vortragen der Schlechtigkeiten anderer scheinen. Ich möchte,
wenn ich es irgend verdiente, Deiner Güter teilhaftig werden. Ob Du dem Vulcanus Opfer
darbringst? Ob Du etwas herausgefunden hast beim Entlocken jener Seele des Goldes?
Wenn Du ebenso die Art, [es] in seine Principia aufzulösen, in Erfahrung gebracht hast,
daß Du sie wenigstens mitteiltest. Ich habe soweit nichts versucht, wie sehr ich auch
überzeugt bin, etwas zustande zu bringen, wenn ich mich daran mache. Unterdessen lok-
ke ich Heilmittel von überall her heraus, ja [30] mit dem Aesopischen Hahn wühle ich
sogar aus dem Misthaufen Juwelen, und, was sonst geglaubt wurde, daß es durch Feuer
nicht hervorgebracht würde, mache ich der dessen Macht gefügig. Alle (man muß es
nämlich zugegeben) sind zu gewerbsmäßiger Heilkunst geeignet; und dies aus Notwen-
digkeit. Es wächst die Familie, und noch nicht kam irgendwoher eine Erbschaft, es drückt
der Unterhalt, auch ist etwas für die Schutzmacht zu entrichten. Der hiesigen Ärzte Söhne
Schar hat dahingehend zugenommen, daß es beinahe [35] so viele Kranke wie Ärzte gibt.
Doch was von allem am meisten schändlich ist: Nach Quacksalberbrauch machen sie aus
der Medizin eine Hure: Mist verkaufen sie gegen Gold, mit Worten bezwingen sie die
Krankheiten, nicht mit Kräutern. Dann erst wehen die geschwollenen Windbeutel Lügen
aus. Kurz: Alles geht so drunter und drüber, so daß ich fürwahr mit dem Dichter ausrufen
wollte:
[40] Ach der Menschen Bemüh’n, ach viel auf der Welt ist eitel!200
Dies ist dennoch zu ertragen, sofern, wie der Komödiendichter sagt, die unsterbliche
Götter wollten, daß wir diese Plackerei ausführen. Es schickt sich, es ruhigen Gemüts
zu erdulden, wenn wir es so halten werden, wird die Mühe leichter sein. Es ist zwar,
wie er sonst lehrt, Gleichmut der Plackerei bestes Gewürz. Doch diese Lehre war schick-
licher aus den Prophezeiungen unseres Heilands
[S. 747]
zu entnehmen. Zu all dem kommt das allgemeine Unglück hinzu, die Unbill des Krieges,
welche bisher so an Gewalt zunahm, daß wir einzig durch die Kunde niedergeschlagen
nur zur Aufgabe nicht bereit sein werden. Für glücklich halte ich oft meinerseits die
Magdeburger, und mit Mühe halte ich mich zurück, daß ich nicht mit Aeneas bei Vergil
ausrufe:
[5] O dreifach ihr und vierfach Beglückte,
denen vergönnt war, einst vor Trojas ragenden Mauern
vor den Augen der Väter zu sterben.201
Wenn ich den Zustand unseres Gemeinwesens betrachte, ahne ich unausweichliche Ge-
fahr: wenn [auch nicht] die Bürger den Krieg im Inneren [führen], wenn er auch nicht mit
Waffen entschieden wird, haftet in den Seelen dennoch [10] unheilbare Feindschaft. Wenn
ich Gründe nennen werde, wirst Du sie wiedererkennen. Ich höre, daß die Eurigen im
nämlichen Kot steckengeblieben sind. Mögen die Götter gute Gesinnung herbeiführen.
Doch was geht uns das alles an. Es gibt, außer in der Einbildung, keine Übel. Man
muß sich mühen mit jener Tugend der Stoiker, welche sie Unempfindlichkeit nennen,
der Geist ist zu sich selbst zurückzurufen. Du machst das alles besser. Mir nur war dies
von mir einzutrichtern. Dich vor allem halte ich gerade für einen, der Du viel ergänzen
könntest; [15] so wie es, in meinem Vertrauen, gewiß geschehen wird, im nächsten Brief,
wenn Du nicht allzusehr durch Geschäfte abgelenkt sein wirst. Lebe wohl, aber dies doch
so, daß es mir bald wohl ergeht! Niedergeschrieben zu Straßburg, den 17. September, im
Jahre des Heils 1631.
Deiner Erhabenheit
größter Verehrer
Johannes Nicolaus Furichius
Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter
Wie das Schreiben Zeugnis vom unsteten und anrüchigen Wanderleben des
Morsius ablegt, so erhellt es nicht minder die Entstehungsumstände der
Chryseis als die durch den Hamburger angeregte Überbearbeitung der Au-
rea catena, welche Morsius mit Winken zum Alchemischen mündlich und
später schriftlich begleitete. Zugleich geht aus dem Brief hervor, daß Furi-
chius zwar über Morsius der Rosenkreutzerbewegung, vor allem in ihrem
theosophischen Impetus, nahestand, ja sich Großes von ihr erhoffte, selbst
200 Übersetzung von PERS. 1, 1; nach W. Kißel, in: Persius (1990).
201 VERG. Aen. 1, 94–96; Übersetzung nach J. Götte (1988).
aber nicht in jene Zirkel eingebunden war. Auch läßt sein Konflikt mit der
als störrisch empfundenen protestantischen Orthodoxie – welche sich an-
maße ›vorzuschreiben, was wir Gott schulden‹ – nicht erkennen, ob er der
sich auf Paracelsus berufenden, ›Theophrastica Sancta‹ genannten Gruppe
religiöser Sektierer zuzurechnen ist.202 Doch nicht nur mit seinem Gewis-
sen sondern auch mit dem Vorhaben, den Hermetoparacelsimus im ehrwür-
digen Hexameter ein Denkmal zu setzten, scheint er – ›Was lege ich mich
mit jenen Metrikern an?‹ – in gewissen Straßburger Gelehrtenkreisen auf
Ablehnung gestoßen zu sein. Wie aus den diesbezüglichen Bitten um die
Mitteilung von Arkanwissen und Winken zur Transmutation hervorgeht,
war er jedoch selbst (sofern es sich nicht um affektierte Bescheidenheit
handelte) während der Abfassung seiner beiden alchemischen Lehrgedichte
nicht mit spagyrischen Experimenten beschäftigt. Seine Labortätigkeit be-
schränkte sich damals – und bis zu seinem frühen Tode dürfte sich sowohl
in Anbetracht der Säumigkeit des Adressaten als auch seiner prekären Fi-
nanzlage wenig geändert haben – höchstwahrscheinlich auf die Herstellung
iatrochemischer Präparate. Durch deren Verkauf und seine Tätigkeit als
Arzt hatte er sich, seine Frau und die Kinder durchzubringen: eine Aufgabe,
die in Anbetracht der von Furichius beklagten Mißstände, der widrigen
Konkurrenz der Kurpfuscher und der, auch im Programma funebre erwähn-
ten, Überversorgung der Universitätsstadt mit Medizinern sicherlich nicht
leicht fiel. Zu diesen Alltagssorgen kamen die steigende innere Unruhe der
Stadt und die allgemeine Kriegslage. Hierbei schlägt gerade dem Refor-
mierten die Einnahme des protestantischen Magdeburg, das vergeblich
auf die Entsetzung durch Gustav Adolf (1594–1632) gehofft hatte, durch
den Feldherrn der Katholischen Liga Tilly (1559–1632) am 20. Mai dessel-
ben Jahres auf das Gemüt: Im Zuge von Beschießung, Erstürmung und
Plünderung waren schätzungsweise 20.000 Zivilisten, mehr als die Hälfte
der Einwohner, umgekommen; die Stadt war dem Erdboden gleichgemacht.
Solch traurige Geschehnisse waren vor allem in Flugblattpropaganda der
Reformierten barbarisch ausgemalt worden.203
Dies also waren die Entstehungsumstände der Chryseidos libri IIII. Doch
selbst des Ruhmes dieser Dichtung konnte Furichius sich nicht lange er-
freuen. Als 1633 einmal mehr die Pest in seiner Vaterstadt ausbrach, for-
derte die Seuche von der besonders gefährdeten Ärzteschaft einen hohen
Zoll. Furichius infizierte sich und starb am Abend des 14. Oktober 1633 in
seiner Wohnung in der Münstergasse. Das Leichenbegängnis fand 17. Ok-
tober statt. Das zu diesem Anlaß gehaltene Programma funebre des nunma-
ligen Akademierektors und konservativen – mit keiner Silbe erwähnt er des
202 Vgl. hierzu C. Gilly (1994b).
203 Eine Übersicht gibt M. Puhle (1998), S. 236–265; auch sei auf die anderen Beiträge
des Bandes verwiesen.
der Philosophische, dann der zweite zusammen mit der Dichtkunst, nicht ohne das größte
Lob. An Milch nämlich und Honig war er überreich, wie jener sagt. Ihm wurde das Wesen
der Wortgewandtheit im Überfluß zuteil, welchem er den Eifer und die arbeitsame An-
strengung hinzufügte, Diese zwei nämlich * so machen sie auch den Dichter aus; aus dem
Grunde Horaz:210
Ob durch Naturtalent eine Dichtung Beifall erring oder durch Kunstverstand,
Hat man gefragt. Ich kann nicht erkennen, was ein Bemühen ohne fündige Ader
Oder was eine unausgebildete Begabung nützt; so fordert das eine die Hilfe
Des anderen und verschwört sich mit ihm in Freundschaft.211
Obgleich er aber in dieser Studiengattung, als der Muße Ergötzlichkeit, vortrefflich war,
wollte er dennoch weder an jenem einen gemessen werden, noch darin Bug und Heck der
Studien verankern; sondern fürder richtete er den Sinn auf das äußerst nützliche Studium
der Medizin, auf welche er nicht nur hier, sondern auch in Genf und Padua fürtrefflich
seinen Fleiß verwandte. Von der Reise zurückgekehrt, wurde er an dieser seiner heimi-
schen Akademie mit der Doktorenwürde ausgezeichnet, im Jahre 1628, im Monat Juni.
Welchem er die Würde des Ehestandes hinzugesellte, welchen er einging im nämlichen
Jahre mit der äußerst Sittsamen Jungfer MARIA BARBETIN, des vortrefflichen Herrn
JOSIAS BARBETTES, Goldschmiedes, Tochter. Aus welchem Ehebund er fünf Kinder
empfing, Zwillingsknaben, die bisher überlebten, drei Töchter, von welchen eine noch am
Leben ist. Dies ist des recht kurzen Lebens des Furichius kurzer Abriß. Der Gemeinschaft
unserer Studenten schulden wir die letzte Ehre, wir schulden das Leichenbegräbnis all
jenen, die einmal Mitglieder unserer Akademie gewesen sind. Vor allem jedoch, was
wir bereits häufiger in eben diesen Wochen anmahnten, gehört es sich aus dieser Verdich-
tung der Todesfälle, welche wir täglich vor Augen haben, für alle Stände Ansporn, das
Leben zu bessern, zu schöpfen. Es verdienten Sünden das Schwert, durch das soviel
tausende bereits zugrunde gingen, sie verdienten den Hunger, der, wie er viele andernorts
nach langer Marter verzehrte, so auch bereits an unsere Tore pocht. Sie verdienten eben
diese Geißel der Pest, vor welcher wir verdientermaßen schaudernd zurückschrecken, da
wir mitanschauen, wie Greise, Jünglinge, Gelehrte, Ungelehrte, Gemeine, Adlige, in gro-
ßer Zahl daselbst vernichtet werden. Die Sünden in aufrichtigen Tränen der Reue zu
beklagen, auf daß sie durch die Göttliche Gnade getilgt werden, damit nicht, wenn wir
säumig sind und träge bei der Umkehr, aller Sicherheit Verkehrung nachfolgt. Ich füge an,
welche ich lange im Blick habe, die Worte des Ambrosius aus der 85. Predigt, Band 3,
Seite 311, am Ende: »Einer Stadt wird nur aufgrund der Sünden der Bürger der Untergang
auferlegt, laß’ daher ab zu sündigen, und die Stadt wird nicht untergehen.«212 Laßt uns
hinzufügen glühende Gebete, welche die Macht haben zu binden den Unbezwingbaren
und zu bezwingen den Allmächtigen. Möge unter uns zahlreich jenes allerdemütigste
[Lied] vernommen werden:
Laß ab, Herr, von Deinem furchtbaren Zorn
Und halte ein mit der blutigen Geißel und eile nicht,
Mit gerechtem Richterstab zu strafen unseren Frevel.
Wenn gerechte Strafen empfangen unsere Übeltaten,
Wer kann aushalten die schrecklichen Schläge,
Da er doch nicht ertrüge
Die mit solcher Gewalt strafende Zuchtrute.
Laß doch ab von unserer Schuld,
210 An der mit Asterisk markierten Stelle weist das ›Programma‹ einen etwa fünf Silben
langen Riß auf.
211 Nach HOR. ars 408–411. Die Übersetzung folgt derjenigen E. Schäfers in Horatius
(2008).
212 In einer anderen zeitgenössischen Ausgabe die 85. Predigt ›De Barbaris non timendis‹;
vgl. Ambrosius, S. 900–902.
213 Ursprünglich die ›Ode Sapphica irae divinae deprecatrix‹ des Matthias Bergius (1536–
1592), abgedruckt in G. Scipione (1613), letztes Blatt. Sie wurde später berühmt in der
Vertonung durch Heinrich Schütz, SWV 337; vgl. H. Schütz (1963), S. 93–114; und
Hinweise S. 115–117; ebenso Zedler 3 (1733), Sp. 1271.
214 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 119, Anm. 49.
215 K. Ch. Schmieder (1932), S. 354 – in der Neuauflage des ›Killy Literaturlexikon‹
findet sich nun ein Artikel; vgl. Reiser (2009b).
S. 1–13 Liber I:
Alchemo-Kosmologisches Lehrgedicht, darin der Ich-Erzähler in
der Rolle des Lehrers die direkt angesprochenen Leser unterweist;
von den Gestirnen stufenweise und unter zunehmender Verdeutli-
chung der spagyrischen Bedeutung des Beschriebenen ins Erdinnere
hinabsteigend.
S. 9, 15 – 23 Mercurius als das alchemische Wasser, welches sich aus drei (Princi-
pia) und vier Teilen (Elementa) zusammensetzt; Bilder von Nymphen
und Naß.
S. 9, 24 – 10, 13 Septenarii numeri laus: Lob der Siebenzahl anhand von Beispielen
ihres Vorkommens in Kosmologie und Medizin.
S. 10, 14 – 28 Erklärung der Analogie zwischen Alchemie und Ackerbau; mit my-
thoalchemischem Ornat, wie dem Goldenem Vlies und dem Hesperi-
denbaum.
S. 10, 29 – 11, 16 All dies bezeichnet Mercurius und das Opus; weitere Bilder: Phoenix,
Sol und Luna.
S. 11, 17 – 12, 3 Ankündigung des Autors, all dies dem Leser vor Augen zu führen;
Vergleich des Wachstums der Metalle mit demjenigen der Korallen.
S. 12, 4 – 22 Synkretismus mehrerer Naturphilosopheme: Radius Mundi, Calor,
Amor, Venus, Anima Mundi, welche allesamt den Mercurius bedeu-
ten.
S. 12, 23 – 13, 2 Dessen weitere Beschreibung; Verwerfen vulgärer Vorstellungen; wei-
tere Decknamen, wie Kreide und Drachblut.
S. 13, 3 – 16 Schau in das Innere der Erde: dramatische Schilderung des Waltens
des Weltgeistes bei der Erzeugung der Metalle; Vergleich seiner Ge-
walt mit dem Scheitern auf See.
S. 13, 17 – 19 Abschließende Ermahnung der Leser, das Wachsen und Werden der
alchemischen Pflanze zu studieren.
S. 13–24 Liber II: Vision des Raben, Begegnung mit dem Greis, Gespräch bis
Sonnenuntergang.
S. 14, 0 – 5 Bericht des Ich-Erzählers, wie er einst in der Lybischen Wüste an den
Berg gelangte, auf dessen Spitze ein sprechender Rabe saß (Phasma).
S. 14, 6 – 16, 6 Rede des Vogels:
S. 14, 6 – 14 über sich selbst: Dreifarbig versinnbildlicht er das Opus,
welches Mercurius als alchemisches Wasser hervorbringt.
S. 14, 15 – 16, 6 Anleitung, den Drachen, welcher die Schätze auf der
Spitze des Berges bewacht, mit bereiteten Giften (Menstrua) zu quä-
len und dann in Heilschlaf zu versetzen, um Zugang zu erlangen.
[= Versbearbeitung einer Scholie des Tractatus aureus]
S. 16, 7 – 19 Farb- und klangliche Metamorphose des Raben, Auftritt des Senex.
S. 16, 20 – 17, 10 Begrüßung und Vorstellungsrede des Greises: sein heiligenmäßiger
Wandel, und wie er von Gott geleitet an jenen Berg in der Wüste kam.
S. 17, 11 – 28 Beginn der Einführung in die Mysterien: Ermahnung zur Frömmig-
keit, erneut Bilder der Navigation (Gott als Leitstern) für den Alche-
miker, welcher sonst scheitert; Welterkenntnis als Gotteserkenntnis.
S. 17, 29 – 18, 28 Geheimwissen einst in Hieroglyphen und Mythen (miris figuris, lo-
cutio aenigmatica) verborgen, die sich nur durch Göttliche Gnade er-
S. 25–37 Liber III: Traumvision von der Ermordung des Phoebus im Bade
durch Saturnus und der Wiederbelebung; Deutung(en) derselben am
nächsten Morgen durch den Greis.
S. 26, 1 – 22 Unruhiger Schlaf und Traumgesichter des Chrysanthus. Bei Morgen-
grauen sucht er den Greis auf, welchen er beim Gebet antrifft; Bitte,
den Traum erzählen zu dürfen.
S. 26, 23 – 29, 1 Somnium authoris:
[= Adaption einer Scholie des Tractatus aureus]
S. 26, 23 – 27, 12 Erste Götterversammlung: Venus stellt sich als Me-
tallgottheit und Gebärerin des Lapis vor.
S. 27, 13 – 19 Phoebus stellt sich als Bruder vor und klagt über die
Nachstellungen des Saturnus.
S. 27, 20 – 24 Phoebus verliert im Bad das Bewußtsein und erstarrt.
S. 27, 24 – 28, 16 Zweite Götterversammlung: Hermes bittet Saturnus
um Rat, dieser stellt sich vor und bekennt seine Tat, welche jedoch
zum Wohle aller geschah.
S. 28, 17 – 30 Iupiter, Diana, Venus und Mars beleben Phoebus mit
ihren Balsamen wieder, voll Dank verleiht er den Geschwistern seinen
Glanz.
S. 28, 31 – 29, 1 Dieweil erwacht Chrysanthus, hält das Geschaute je-
doch für bedeutungslos.
S. 29, 2 – 20 Der Greis preist Chrysanthus ob des Geschauten, das er als von der
Chryseis gesandt erkennt, glücklich und beginnt dessen mytho-alche-
mische Kommentierung.
S. 29, 21 – 33 Erneute Mahnung, die alchemischen Schriften nicht simplice sensu
aufzufassen; Notwendigkeit der Menstrua, um den Samen des Goldes
aus dem Golde zu gewinnen.
S. 30, 1 – 16 Ablehnung anderer Ursprünge und mythoalchemische Ausführungen.
S. 30, 17 – 31, 29 Auri encomia – Lob des alchemischen Goldes:
Mit Bildern des Grün-Vegetativen und unter Bezug auf die Calor-
Diskussion der zeitgenössischen Medizin erhobene Forderung, der
Chrysolith solle frisch sein; Vergleich mit dem, leider verlorenen,
Goldenen Zeitalter.
S. 31, 30 – 32, 13 Satyrica elusione in secus sentientes: Verspottung der Wahnsinnigen
(Nieswurz-Topik), welche den Samen des Chrysolith nicht im Golde
suchen; Schmähung als gottlose Schöpfungszerstörer.
S. 32, 14 – 25 De sulfuribus Solis et Lunae – Unterscheidung der Schwefel von Sol
und Luna.
S. 32, 26 – 33, 5 Ignis modus – Ausführungen zum alchemischen Feuer.
S. 33, 6 – 25 Fortführung der Ackerbaubilder des Vortages; die Erde, in welche der
Same gesetzt wird, dessen Entwicklung zum Keimling.
S. 33, 26 – 34, 1 Beschreibung des Mercurius in der Sublimatio und Circulatio.
S. 34, 2 – 35, 19 Weiteres zur Extractio des Mercurius: Vergleiche mit Geflügelten und
großer Hitze in Mythos und Naturgeschichte; Adler und Sonne.
S. 35, 20 – 36, 15 Nochmalige Beschreibung des Principium des Steins anhand des Pro-
serpina-Mythos wie auch der Orphik; unter Einbeziehung des alche-
mischen Raben.
S. 36, 16 – 37, 1 Weitere Beschreibung: Ouroboros, Pelikan und Auster.
S. 37, 2 – 15 Zusammenfassung des Gesagten, um an der Transmutation Zweifeln-
de zu widerlegen.
wurde, nach Treviso. War bereits 1491 eine erste Sammlung ausgewählter
Gedichte in Verona erschienen, arbeitete er nun mit anderen an einer Catull-
Ausgabe. Nachdem Franco 1499 verstorben war, ging Augurelli 1500 als
Kanzler nach Feltre. Damals beteiligte er sich auch an der Volgare-Diskus-
sion. 1503 kehrte er als Lehrer für klassische Sprachen nach Treviso zu-
rück. 1505 publizierte er schließlich eine zweite Gedichtsammlung bei Al-
dus, in welcher sich bereits ein kurzes alchemisches Gedicht mit dem Titel
Vellus aureum findet.217 1509 zwang ihn der Krieg der Liga von Cambrai,
sich vorübergehend nach Venedig zurückzuziehen, wo er Dichtungen Be-
mbos revidierte und sein eigenes alchemisches Lehrgedicht, die Chryso-
poeiae libri III, zum Abschluß brachte. Diese, erst Julius II. (1443–1513,
ab 1503 Pontifex), dann Leo X. (1475–1521, ab 1513 Patriarch des Abend-
landes) zugeeignet, erschienen 1515 in Venedig – zusammen mit der christ-
lich-spirituellen Dichtung Geronticon liber primus.218 Augurelli erhielt da-
für übrigens vom Heiligen Vater nicht – wie es altkluge Antiquare zum
besten geben – eine ebenso schöne wie leere Börse, da er sich diese ja
selbst füllen könne, sondern eine Bestallung als Kanoniker in Treviso.219
Dort ist er zudem 1518 als Bibliothekar verzeichnet. 1524 ereilte ihn über
einem gelehrten Disput in einer Buchhandlung der Gelehrtentod.220
Mit der Abfassung der Chrysopoeia begann Augurelli bereits um 1500,
in jenem intellektuellen Umfeld, in welchem sich fast jeder Gelehrte, wie
schon sein Jugendfreund Ficino, in irgendeiner Form mit Alchemie und
Hermetismus auseinandersetzte; sei es, daß er praktisch iatrochemisch
oder spagyrisch experimentierte, sich kosmologischen Spekulationen hin-
gab, oder sei es, daß er gegen das Vorgenannte polemisierte.221 Augurelli
betonte zu recht der erste zu sein, welcher im klassischen Hexameter und
unter Herbeizitierung der Muse des Mantuaners die Kunst behandelte. Un-
berührt vom vernichtenden Urteil Julius Scaligers in dessen Poetik222 war
die Rezeption der Chrysopoeia gewaltig: Augurellis Lehrgedicht brachte es
allein im 16. Jahrhundert auf fünf weitere Auflagen, bis ins 19. Jahrhundert
folgten 21 Editionen. Schon um 1560 erschienen zwei französische Über-
setzungen,223 1614 mit dem Chrysopoeiae compendium paraphrasticum in
Frankfurt am Main eine Prosazusammenfassung. Zu den ersten Lesern der
Chrysopoeia zählten auch Agrippa von Nettesheim (1486–1535) und des-
sen Sohn Johannes (1525 – nach 1560).224 Der Vater verwandte das Lehr-
gedicht als Quelle seiner Alchemistenschelte des 90. Kapitels von De in-
certitudine et vanitate scientiarum (gedruckt ab 1530), der Sohn verfaßte in
den 1560er Jahren in Nachahmung Augurellis, mit Anleihen bei Vergil und
Ovid, ein Pius IV. (1499–1565, ab Pontifex) gewidmetes eigenes Lehrge-
dicht unter dem Titel Vellus Aureum, welches allerdings nur als Original-
manuskript mit Scholien von eigener Hand im Vatikan überliefert ist.225
Als anderer Aemulator ist der Florentiner Dichter Antonio Allegretti (um
1512-nach 1572) zu nennen, ein Freund Benvenuto Cellinis (1500–1571)
und Benedetto Varchis (1503–1565). Allegretti arbeitete von der Mitte der
1550er Jahre bis an sein Lebensende fortwährend am Manuskript seiner
Cosimo I. de’ Medici (1519–1574) gewidmeten vier Bücher, gut 1500
Verse, De la Transmutatione de metalli. Sie sind zum Großteil eine in der
Tradition Petracas stehende ›versione in volgare‹ der Chrysopoeia, wobei
der Autor jedoch auch eigene umfassende Kenntnisse der hermetischen
Tradition und des spagyrischen Schrifttums – vor allem zur spirituellen
Alchemie – einfließen läßt.226 Aus dem Jahre 1716 schließlich ist eine
Valentin Weigel zugeschriebene Verteutschung überliefert.227
Diese Rezeptionsgeschichte ist nun um Furichius zu erweitern; jedoch
nicht als schlichter Nachahmer, sondern als von Augurellis Werk zu eige-
nem Schaffen inspirierter Nachfolger in der Gattung der alchemischen la-
teinischen Lehrdichtung, als deren einzige bekannte Autoren beide, nach
dem Stand der Dinge, gelten können.228 Vor einer Gegenüberstellung zu-
nächst der Aufbau der Chrysopoeia – wobei man Yasmin Haskells Stoß-
seufzer »the poem as a whole cannot be said to evince a clear logical
structure«229 in gewisser Weise beipflichten muß: Das 1. Buch behandelt
die Existenz des Steines und die Wahrheit der Kunst. Daß die Transmuta-
tion möglich ist, läßt sich durch ›ratio‹ und ›experientia‹ erkennen, auch
wird die profane Goldgier der Sterblichen verworfen.230 Im 2. Buch ver-
teidigt der Trevisaner die Ars gegen ihre Verächter und weist hochallego-
risch den Weg zu einem die Transmutation ermöglichendem Pulver. Dieses
wird nach beschwerlichem Aufstieg in einer auf einem Berge gelegenen
Nymphengrotte gefunden. Das 3. und abschließende Buch behandelt die
Gerätschaften und Prozesse, erhebt das Schweigegebot und verheißt gewal-
tige Reichtümer, wie auch die lange gesuchte Panazee.231
Die Unterschiede der beiden Lehrepen beginnen im Formalen: Umfaßt
die Chrysopoeia drei Bücher von jeweils sechs- bis siebenhundert Versen,
hat die Chryseis dagegen vier mit insgesamt 1600 Hexametern. Sprachlich
ahmt Augurelli mit Emphase den Vergil der Georgica nach, wenngleich
sein Opus nur drei Bücher umfaßt, seine Diktion ist klassisch und ele-
gant.232 Das Latein von Furichius dagegen ist nicht streng den Augusteern
verpflichtet: Klassisches und Nachklassisches findet sich, neben dem un-
vermeidlichen Fachvokabular, durchwoben mit Archaismen, mittel- wie
kirchenlateinischen Spuren, neulateinischem Wortschatz und Neologis-
men.233 Auch wirken viele Verse, als seien sie mit ›-que‹ aufgefüllt. Dies
soll ihn in keiner Weise zugunsten des Italieners abwerten, denn Furichius
geht – wie aus obigem Schema ersichtlich – in drei von vier Büchern weit
über seinen Vorgänger hinaus. Der Straßburger gestaltet seinen Gegenstand
episch narrativ, wogegen Augurelli über sein ganzes Werk, das zwar einige
Epyllien und Exkurse aufweist, als Unterweisender zum Leser spricht, als
solcher ist er durchgehend mit dem in der Republik Venedig lebenden
Humanisten Augurelli der Entstehungszeit identifizierbar. Zur Exemplifi-
zierung der Behandlung des, letztlich doch gleichen, Stoffes durch beide
Dichter mag die Darstellung der Metallerzeugung im Erdinnern dienen: Wo
Augurelli im 1. Buch der Chrysopoeia das Epyllion des Lyncaeus einfügt,
dessen Sehvermögen bis an ferne Gestade, ja bis ins Erdinnere hinabreicht,
wo er der Metalle Entstehung schaut – vgl. »Lynceus, ut fama est, uisu
praelatus acuto/ omnibus [….]« (Augurelli, 1, 203 f.) – läßt Furichius selbst
den Senex (vgl. CHRYS., S. 19, 24-S. 20, 7) vom Wirken der Chryseis-Pro-
serpina und ihrer Dienerinnen bei der Metallerzeugung berichten, welche
auch die Alchemiker lehrte – hier die doppelte Einbindung in die narrative
230 Vgl. »Hactenus auriferam secretae Palladis artem/ inuentam humana quondam uirtute
coegit/ credere nunc ratio, nunc experientia suasit.« (Augurelli, 2, 1–3).
231 Vgl. Z. v. Martels (1994), S. 985–987; Y. Haskell (1997), S. 584–588; den Aufbau des
Werkes am ausführlichsten in G. Pavanello (1905), S. 65–77.
232 Vgl. auch Y. Haskell (1993), S. 124; Z. v. Martels (2000), S. 179–181.
233 Als Beispiele: altlateinisch ›artubus‹ für ›artibus‹ (CHRYS., S. 3, 18); ›intumulare‹
(S. 33, 9) oder ›discursamen‹ (S. 36, 15); ›luctifluus‹ (S. 11, 12); baccescere (S. 50, 1)
– jeweils mit Anmerkungen in meinem Kommentar; wie auch S. 33, 29–30 ›flamen
clarificum‹ nicht klassisch zur Bezeichnung einer Luftbewegung sondern für ›Flamme‹
– wie erst im Mittelalter üblich; vgl. A. Blaise (1975), S. 388.
Struktur, als Personenrede und Tätigkeit der titelgebenden und das Telos
des Werkes darstellenden Mysteriengöttin, dort brillanter Einschub.
Weiterhin kontrastieren die jeweiligen Widmungen und Anrufungen von
Gottheiten. Augurelli eignet sein Werk dem Medici-Papst zu, wobei der
Renaissancekatholik im Gegensatz zum Straßburger Reformierten mit we-
niger Eifer seine Orthodoxie bekunden muß als sich vielmehr ›pro forma‹
für die folgenden Mythologeme entschuldigt. Dann ruft er die Götter für
das Große Werk und gesondert am Ende des 1. Buches den alchemischen
Hermes an.234 Zu Beginn des 2. Buches versichert er sich zudem des Bei-
stands der Muse Vergils. Furichius nennt seinen Widmungsträger Morsius
im voranstehenden Brief, von den Göttern wird einzig Phoebus als Musen-
führer und Stein der Weisen herbeizitiert (vgl. Kommentar zu CHRYS.,
S. 1, 2–3).
Am deutlichsten springt jedoch ins Auge, daß Augurelli Persönliches
und Zeitgeschichtliches in sein Werk einflicht: Ist der Handlungsort der
Chryseis der hochfiktive ›Berg in der Lybischen Wüste‹ als Burg- und
Tempelberg der Chryseis-Proserpina mit Bezügen zum Corpus Hermeticum
und Eremitenlegenden (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 14, 0–4), ist die
Nymphengrotte Augurellis ein »Taruisiis […] in montibus antrum« (Augu-
relli, 2, 279 f.). Der Ort der Offenbarung findet sich also im Veneto bei
Treviso, und Augurelli gedenkt so der Landhäuser seiner Freunde und Gön-
ner.235 Auch seine Liebe zur darstellenden Kunst klingt an, wenn er auf das
Auripigment der Maler verweist: »Est lapis effossus Syriae pictoribus, auri/
pigmentum uero quod et ipsi nomine dicunt. [etc.]« (Augurelli, 1, 428–
441). Im 3. Buch hebt er als nützlichen Aspekt des alchemischen Experi-
mentierens sogar hervor, daß ihm immerhin die Herstellung von Farben für
einen Malerfreund gelungen sei, vor allem ein besonderes, als ›caeruleus‹
ausgewiesenes Blau (vgl. Augurelli 3, 291–322).236 Er geht soweit, die Al-
chemie als beste Lieferantin von Farben zu preisen, neben ihren Vorteilen
für die Glasfärberei und Metallurgie (vgl. Augurelli 3, 284–304). Der hier-
bei mit ›meus Iulius‹ bezeichnete Nutznießer von Augurellis Alchemisten-
küche ist kein anderer als der ebenso mit dem Hermetismus in Verbindung
gebrachte Giulio Campagnola (geb. 1480); welcher damals in der Lagunen-
stadt in den gleichen Kreisen verkehrte, und im Testament des Aldus aus
dem Jahre 1514 verzeichnet ist.237 Die anschließenden Verse enthalten dann
auch die Descriptio eines von Campagnolas Gemälden (vgl. Augurelli,
3, 305–22), wie auch die Schilderung des Ortes des Steins als Hain der
mend,242 in der Aurea Catena dagegen ist die kosmische Verwirrung bei
Plutos Raubfahrt nur ein Vergleich der unförmigen Prima Materia unter
vielen und wird in zwei Zeilen abgehandelt: »Non secus ac facies nascen-
tis marcida Mundi/ Primùm erat: aut quondam propter Plutonis amorem,/
Cum rapuit Cereri natam, tenebresceret aër./ Threicea haec nox est, a qua
dependet origo [etc.]« (AUR. CAT., S. 48, 30 – S. 49, 2).
242 Zur, kaum belegten, alchemischen Deutung des Proserpina-Mythos vgl. W. Kühlmann
(2002b), S. 167 und ders. (1984), S. 134, Anm. 78; mit dem Verweis auf Johann Ru-
dolph Glaubers (1604–1670): ›Kurtze Erklärung über die Höllische Göttin Proserpi-
nam, Plutonis Haußfrawen‹ Amsterdam 1667 – H. Antons (1967) Motivgeschichte
bietet, ohne alchemische Texte zu streifen, die Rezeption des Mythos in der Neuzeit,
doch liegt sein Schwerpunkt auf der galanten Literatur im Umfeld des Pariser Hofes.
243 Vgl. »Il discorso alchemico è un ›discorso al quadrato‹: esso è il discorso dell’alchimia
sui discorsi alchimistici. […] Può darsi che l’autore non conosca ciò di cui parla e ne
parli in termini poetici proprio per poterlo rendere in qualche modo evidente (e persino
per suggerire che di quel Qualcosa di oscuro non si può parlare altrimenti), ma egli
vuole pur sempre parlare di Qualcosa che non è il suo discorso. Invece il discorso
alchemico è il discorso di quei testi – o di quelle pagine che appaiono sempre in un
testo alchemistico – in cui l’autore parla di ciò che hanno detto gli altri alchimisti, per
omologarlo al suo discorso. Il discorso alchemico è il discorso che l’alchimista fa sulla
continuità discorsiva della tradizione alchemica.« (U. Eco (1990), S. 74).
244 Zur Intertextualitätsproblematik in der Frühen Neuzeit am Beispiel Moscherosch und
Rollenhagens; vgl. W. Kühlmann (1994).
245 J. Helbig (1996), S. 17–82 diskutiert die einschlägige Forschung, darunter Genette,
dessen Modell er für überfrachtet hält, ausführlich und verwirft sie – nachvollziehbar
– zugunsten der einfachen ›alludierender/alludierter Text‹, deren ›Schnittmenge‹ er als
›intertextuelle Spur bezeichnet‹.
246 Vgl. J. Helbig (1996), S. 14–16; zum Phänomen ›cognitiver Dissonanz‹ am hagiogra-
phischen Beispiel vgl. T. Reiser (2007a), S. 87 f.
247 Vgl. G. Genette (1982), S. 10–17.
248 J. Helbig (1996), S. 108.
249 Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 20; u. S. 19, 5–6.
Änderungen im Text:
Die folgenden Änderungen wurden gegenüber dem Originaltext der Chrys-
eis, deren Ausgabe keine ›Errata‹ enthält, vorgenommen:
S. 2, 8 mirtantem: mirantem
S. 4, 8 gontem: fontem
u. 26 oelsum: celsum
S. 12, 30 qua: quae
S. 18, 28 misêre: miserêre
S. 31, 30 ingne: igne
S. 35, 11 furosius: furiosius
S. 36, GL. 16 ἀνακεφαλέωϲιϲ ἀνακεφαλαίωϲιϲ
S. 52, 8 termitis: terminis
S. 53, 6 rota: vota
262 Diese Übersetzung der Vorrede ist bezüglich der dort zitierten Passagen abgeglichen
mit W. Kühlmann (1984), S. 130 f.
263 Der griechische Text ist bezüglich der Akzentsetzung abgeglichen mit den hier von
Furichius, indirekt über Joseph Scaligers Maniliuskommentar, zitierten Einträgen
›Δέραϲ‹ und ›Χημεία‹ in Suidas 2 (1931), S. 24 u. Ebd. 4 (1935), S. 804.
sagt – die Augen aushacken. Ein Libavius würde genügen, um die Wahrheit
der Kunst zu beweisen, wofür er zahllose Gewährsleute aufführt. Zu diesem
kommen die Zeugnisse von Robertus Vallensis, welche er von den Neueren
ohne Ende überliefert. Der göttliche Scaliger zwar – der Vater – vermochte,
wie er an Cardanus schreibt, sich kaum dazu zu entschließen, daß er für die
Alchemie irgendeine Gewißheit gelten ließe. Der Sohn jedoch, beim Kom-
mentieren des Manilius, obschon er den ›Aschenbrödeln‹ – wie er sie nennt
– und den ›Münzgießern‹ ein Brandmal aufgedrückt zu haben scheint, ver-
mag dennoch nicht abzustreiten, daß von einem Ursprung der Kunst weit
vor den Zeiten der Römer ausgegangen werden muß; welche sie von den
Bessi gelernt hätten, [was er durch] Cassiodor und den Dichter Claudian als
Gewährsmänner bekräftigt. Neben Firmicus sagt ja Suidas über das goldene
Vlies der Colchier dieses: Dieses ist aber nicht wie es dichterisch gesagt
wird, sondern es ist ein auf Vlies geschriebenes Buch, das enthält, auf
welche Weise man mit der Chemie Gold hervorbringen muß. Bildlich also
nannten sie es damals das goldene Vlies, wegen der Wirkung aus ihm. An
anderer Stelle. Chemie: Von Silber und Gold die Zubereitung, deren Bü-
cher, da er sie durchforschte, Diokletian verbrannte. Deshalb, weil sie von
den Ägyptern wegen Diokletian erneuert wurden. Mit diesen verfuhr er
unerbittlich wie auch mordlüstern, als er sowohl die über die Chemie des
Goldes als auch des Silbers von deren Ahnen geschriebenen Bücher, da er
sie durchmusterte, verbrannte, damit nicht mehr den Ägyptern Reichtum
aus solcher Kunst entstünde, auch nicht, damit sie sich im Vertrauen [S.
A3r] auf einen Überfluß an Geldmitteln in Zukunft gegen die Römer zu
erhöben. Von dieser Männer Exempel angeregt begann ich recht aufmerk-
sam in den Schriften der anderen nachzuforschen, welche diesen Gegen-
stand recht weitschweifig verhandelt hatten: Viele kamen zu Händen, wel-
che man nur aus größter Entfernung leicht mit den Augen streifen durfte.
Du kennst nämlich in diesem Bereich den größten Aberglauben der Men-
schen – oder sollte ich Neid sagen? Ich aber, soweit ich es vermochte,
übertrug es, in Verslein gebracht, in mein Journal; eine allerdings in größter
Hast verrichtete Arbeit, mit diesen Rauheiten überstreut, so lange bis einige
Mitwisser meiner Ungereimtheiten, welche recht ungestüm nach ebenjenen
beharrlich und dringend zu verlangten, daß ich es in Druck gäbe. Auf die
Bühne brachte ich eine Dichtung, nicht weil, wie jener sagt,
mancher Tag und so manches Polieren gekürzt,264
(Es bestand nämlich auch keine Gelegenheit) sondern, weil sie wenigstens
einen gewissen Anschein von Regelhaftigkeit zur Schau tragen würde.
Gleichwohl ist es auf Dein Anraten hin, und durch Deine Überzeugung
geschehen, daß ich die ausgestoßene Leibesfrucht, als ich in die Heimat
zurückkehrte, sorgfältig durchmusterte. Vor allem, da ich vieles fand, das
264 Übersetzung von HOR. ars. 292 f. nach E. Schäfer, in Horatius (2008).
scriptorum tuorum adminiculo emendare conatus sum, cui meo voto, si non
omnia, ut sperabam, respondent, tuae saltem petitioni satis fecisse suffece-
rit. Ec quis verò in tanta rei novitate omnia ad normam exactissimam di-
rigere possit?
[S. A3v] Nemo enim hactenus inter Romanae elegantiae proceres materiam
hancce attingere dignatus est. Invenies totam Lapidis Philosophici tractatio-
nem severiorem barbari seculi limitibus circumscriptam. Tuos verò Graecu-
los, quos manuscriptos hac de materia ostendisti, pace tua dicam, admodum
novitios judico, atque etiam semibarbaros, quod ex duorum, quos adhuc
domi meae servo, lectione arguere possum. Fortasse verò, si quis tui similis
tentaverit, naevos longo situ contractos acrioris judicij lixivio diluere possit.
Lusus igitur hosce meos, tibi transmitto, qui eosdem quasi de trivio
redemptos tibi ipse destinâsti proprios. Illud verò tantò facio audentior,
quantò aequanimitatis tuae sum confidentior. Neque enim te inter morosos
istos Catones, aut Solones existimo recensendum,
Obstipo capite, et figentes lumine terram,
Murmura cum secum et rabiosa silentia rodunt,
Atqué exporrecto truntinantur verba labello.
Ut acriorem censuram tuam extimescere necesse habeam. Ut namqué decet
inter bonos benè agier: ita optima quaeque de te spero. Vale amicissime
Morsi. Dabam Argentorati Mense Martio, Anno M. DC. XXXI.
teils ungeschickt, teils zuwenig gediegen ausgedrückt war, welches ich, mit
Deinen Schriften als Stütze, von Hand versucht habe auszubessern. Wenn
dem nach meinem Wunsch auch nicht alle, wie ich hoffte, entsprechen,
möge es wenigstens dafür ausreichen, Deinem Anbegehren genüge getan
zu haben. Könnte tatsächlich irgend jemand bei einem solch ungewöhnli-
chen Gegenstand alles an einer exakten Norm ausrichten?
[S. A3v] Niemand freilich von den Meistern der Römischen ›Elegantia‹ hat es
bisher für wert gehalten, ebendiesen Stoff anzurühren. Du wirst feststellen,
daß die ganze ernsthaftere Behandlung des Steins der Weisen rings von den
Grenzen einer barbarischen Zeit umgeben ist. Deine Griechlein aber, wel-
che Du als Handschriften über diesen Stoff vorgewiesen hast – mit Deinem
Einverständnis mag ich es sagen – sind nach meinem Urteil jüngeren Da-
tums, wie auch halbe Barbaren, was ich aufgrund der Lektüre der beiden,
welche ich noch bei mir zuhause aufbewahre, schließen kann. Wenn aber
jemand, der Dir ähnlich ist, es versuchte, könnte er die durch langes Lie-
genlassen zugezogenen Makel mit der Lauge einer schärferen Urteilskraft
abwaschen.
Diese meine Spielereien also übersende ich Dir, der Du diese gleich-
sam von der Gasse für Dich selbst aufgelesen als Eigentum ausersehen hast.
Das mache ich aber desto dreister, je fester ich auf Deine Gleichmut ver-
traue. Auch meine ich nämlich nicht, daß Du zu jenen mürrischen Männern
wie Cato oder Solon hinzuzurechnen bist,
welche, den Kopf verdreht und den Grund mit dem Blick durchboh-
rend, im Stillen für sich ihr Murmeln und wütiges Schweigen zerkauen und
auf geschürzter Lippe ein Wort ums andere wägen,265
so daß ich es nötig hätte, Deine gestrenge Abrechnung mit Furcht zu er-
warten. Wie es sich nämlich unter Tüchtigen gehört, gut behandelt zu wer-
den: Daher wünsche ich Dir alles Gute. Lebe wohl mein bester Freund
Morsius. Ich schrieb es nieder zu Straßburg, im Monat März, im Jahre
1631.
CHRYSEIDOS
LIBER I.
Argumentum,
——————
[v. 2] a Graeci et Arabum nonnulli.
[v. 5] b Γιγαντομαχία: Rectè atheorum subnotatur impietas, eorundemqué poena. Vide et
Virigil. lib. Georgic.
DER CHRYSEIS
I. BUCH
Inhalt,
Ein großes Werk nehm’ ich in Angriff. Ich eile zu den Gipfeln der Dinge.
Und, da Du Apoll, mein Herz mit neuer Lebenskraft weihend besprengst,
beginne ich mit unermeßlichen Mühen die Kunst zu erneuern, welche lehrte
wie man eindringt in alle der * großen Mutter Verstecke [5] und wie man †
die Seele vor der Dunkelheit der Unkenntnis bewahrt,
——————
[›Inhalt‹] Beginn.
[v. 4] * Cybele, die als Göttin der Erde dargestellt wird.
[v. 5] † Der Chemie, die bei den Alten weniger bekannt war.
[S. 2] welche die Menschen vergangener Zeit schmählich in ihrer Gewalt hielt. (a)
Die ehrgeizige Schar, der das Gedächtnis aufgeschwollen war von der Din-
ge nichtiger Monstrosität, glaubte daß die Quelle der Natur zur Gänze er-
schöpft sei. Der Olymp stand da, eingenommen [5] durch die Schliche der
Menschen. (b) Die überwundnen Gestirne ließen ein neues Geschlecht zu,
welches sie schon lange durch den geschleuderten Blitz zu Boden geworfen
glaubten, als Jupiter den staunenden Ossa, dessen Nacken sich zu den Ster-
nen erhob, niederschmetterte. Die Sache war nicht erdacht. Des Donnerers
berühmter Sieg [10] übergab einst den Leichnam des Enceladus an die
knisternden Flammen des Ätna und sandte damals die verbündeten Titanen
——————
[v. 2] a Die Griechen und von den Arabern einige.
[v. 5] b Gigantomachie: Üblicherweise wird die Gottlosigkeit der Atheisten darunter ver-
standen, wie auch deren Bestrafung. Siehe auch VERG. georg.
——————
[v. 2] Astrologiae vel potius ᾽Αϲρομαντέιαϲ vanitas.
[v. 7] Meteora.
[v. 9] Metallica.
in die Unterwelt: Bryareus fiel, die Waffen des Mimas wurden durch Jupiter
zertrümmert, wie die Schwerter des hundertarmigen Aegeon. (c) Allein, ein
neues Geschlecht trat ehedem auf, [15] welches, die Verheerungen der
wahnsinnigen Schar erneuernd, begann eine Intrige zu spinnen, durch wel-
che es mit Bitten, nicht durch Gewalt, hinaufsteigt zum höchsten Himmel.
Indem es mit dem Geist die gestirnten Gipfel des Himmels durchirrte,
wollte es sich zum Herrn des Himmelsthrones erheben. Bereits war die
Bahn der schnellen Sonne zum Vorschein gekommen, [20] ebenso war
bekannt, von welchem Ausgangspunkt Phoebus seinen Weg nimmt; wo
der Wagenlenker die gleißenden Zügel des Viergespanns wendet; warum
* die Scheren den Tag verlängern; warum die Wintersonnenwende ihn ver-
kürzt; welchen Weg sich die schneeweiße Diana durch die Sternbilder
bahnt; warum sie den Glanz verbirgt; warum sie mit unvollständigem Ant-
litz scheint; [25] auf welche Weise Orion mit Wolkenscheitel über die Län-
der reitet; wie es um die Plejaden steht; wie um das * benachbarte Sternbild
des Bootes; und welche Ernten der kleine Hund ankündigt. Allein, endlich
entsprang ein Geschlecht der Araber, kundig des Himmels, das lehrte wie
man von dort bedeutsamere Geschehnisse erschließt. [30] Jenes unterschied
die verschiedenen Bewegungen der Planeten nach fester Ordnung, zeich-
nete die langen Bahnen auf, wie auch die Kräfte; mit welcher Seite ein
jeder sich den anderen verbindet und sich darstellt; was der auf schiefem
Weg mit Gestirnen versehene Kreisbogen bezeichnet. Nicht gibt es einen
Bereich am Himmel, nicht irgendeinen Winkel, [35] dem nicht Gesetze
vorschrieben sind und eine strenge Rechtsordnung.
——————
[v. 14] c Die Astrologen.
[v. 21] Die zwei Solstitia.
[v. 22] * Der Wendekreis des Krebses wie auch des Steinbocks.
[v. 26] * Arcturus.
[S. 3] Die Parzen selbst überdies, so behaupten sie, welche, nachdem sie beim
Wechsel der Wohnstatt dem Orcus verloren gegangen, seien einst an den
Himmel gewandert. Von dort aus würden die Leben der Menschen gespon-
nen und wiederum abgerissen.
Eitler Aberglaube und Kult, ohne Ahnung von den Göttern! [5] Es wird
geglaubt, der König des Himmels habe die Herrschaft über die Welt den
Geschöpfen überantwortet und über den Himmel schreckliche Statthalter
eingesetzt.
Hernach schmückte er den nahen Luftraum mit Wolken und oberhalb der
Wolken mit Kometen mit furchtbarem Schweif und mit den Feuern, welche
aus jenem ganzen Bereich herabfallen. [10] Zuletzt stieg es [das neue
——————
[v. 2] Der Astrologie oder vielmehr der Sterndeuterei Nichtigkeit.
[v. 7] Luftzeichen.
[v. 9] Aus Metall.
——————
[v. 1] Μεταλλών.
Geschlecht, die Araber] noch in die Erde hinab. Durchstöbert wurden die
innersten Eingeweide der Erde und oberhalb des Erdrückens die Pflanzen,
von denen es so viele Arten gibt, wie Sandkörner in den Gefilden Lybiens.
Vor allem den Menschen sah es sich an, und so lange zerpflückte der
Mensch die winzigen Teile, bis er alles kannte: [15] wie am Anfang Gott
die Knochen des Menschen, gleichsam wie Gestein, aus feuchter Erde
formte, welche er nicht anders mit mächtigem Feuer durchsetzte als Stero-
pes es in den Sizilischen Öfen mit den Waffen tat; wie auch von seinen
Gliedern die neu aufgekochten Knochen trennte; wie er ihnen die leichte
Bewegungen gab mit Hilfe * einer Flüssigkeit; [20] wie sie an den Sehnen
befestigt, so wie über Zügel, gezogen werden, wohin der regierende König
Wille möchte oder nicht möchte; hierauf hin sieht es [d. h. besagtes Ge-
schlecht] im gleichen Bewußtsein, aus welchem Samen das weiche Fleisch
hervorkam; durch welchen Tau was auch immer träuft, damit es harten
Gegenständen nachgibt; wie die Ströme in den rosenfarbigen Adern sich
[25] durch den ganzen Körper verbreiten und alle verborgenen Orte; wie
der Vater Oceanus durch die Zonen der weiten Welt die Reihe der Wellen
ausgießt, indem er bald die Fluten durch die Becken des Nils schickt, bald
die schlüpfrigen Zügel anzieht, gießt aus tosenden Hörnern in das Gastliche
Meer die Donau. [30] Hernach strebt er nach Sonnenaufgang und sonnt
sich im Glanze des Ganges. Und wiederum, wenn er nun anlangte an den
abendlichen Küsten, nennt man ihn Eridanus. So entdeckt es alles, nach-
dem es sich anschickte, die Bäuche der Menschen und Tiere zu ergründen
——————
[v. 11] Pflanzen.
[v. 12] Anatomie.
[v. 13] Die Erzeugung des Menschen.
[v. 18] Siehe Hp. Art. wie auch Galens Kommentar.
[v. 19] * Paracelsus nennt ihn mit einem fremden Wort Synovia.
[v. 27] Ernährung.
[S. 4] und mit den Pflugmessern nach den sich verborgendenhaltenden Samen der
Äcker zu forschen.
Doch es war nicht genug. Es schickte sich an, auf verwegenem Kiel den
Ozean zu durchfahren, wie es auch seinen Weg bahnte selbst durch gespal-
tene Berge. Die Göttin der Erde, Cybele entsetzt durch das gewaltsame
Beben [5] hielt inne, zog an die Zügel der rotblonden Löwinnen. Gar
kein Geheul gaben die Mänaden von sich. Die Flöte verstummte. Nirgends
gaben Widerhall die Cymbeln. Vor Furcht verstummte die tobende Schar,
und vor Verwunderung, daß eine neue Quelle rase, streifte sie ab das un-
——————
[v. 1] Der Metalle.
nütze Wüten. [10] Dieweil glissen von überall große Reichtümer. Von hier
strahlte das Gold schwellend von edlem Schwefel, von dort das Silber,
welchem es Luna erblassend gleichtut. Das Zinn blitzte hervor von hier
sanft schimmernd als gezogener Strang. Dort das trübsinnige Blei, welchem
des Mars grausiges Rüstzeug [15] beilag, und das rötliche Kupfer, die der
Zyprierin heiligen Erze. Zwischen diesen vermischt brodelte auf die mun-
tere Woge, vorher gleichwohl erstarrt, doch da sie bereits flüssig das Feuer
verspürte, pflog sie nach hier und nach dort zu fließen. Nicht anders Majas
Sohn, da er als Bote die Flügel [20] schwingt und dieser Welt die Weisun-
gen der Götter überbringt. Noch nicht war es zu Ende: Weitaus größere
Dinge als diese vollbrachten die Sterblichen. Man sah, wie die Liebe zum
Gold ohne weiteres obsiegte, und wie dessen Strahlen die ganze Welt
durchziehen. Man sah, wie Könige jubelten über Minen von Gold. [25]
Man sah, wie sie mit diesem Metall die Finger zierten und dem hohen
Haupt die goldene Krone aufsetzten. Selbst des Jupiters Wagen glänzte
prächtiger von Gold und das Haar des Gottes strahlte von diesem Glanz.
Ihre Prachtgewänder wob Juno sich aus diesem, [30] dieses trug sie am
Hals, dieses eine auch trug sie an den Ohren, ebenso wollte sie, daß des
Zweigespanns Deichsel von diesem Erz tönt; auch die nach unten gehalte-
nen Schnäbel des geflügelten Paares mit diesem Farbstoff zu bestreichen.
Alsbald verlangte der Rhodopeische Mars nach der Sizilischen Grotte,
——————
[v. 10] Die sieben Metalle.
[v. 22] Die Vortrefflichkeit des Goldes.
[S. 5] und die Spitzen der Schwerter befahl er mit Gold zu überziehen und auf
ähnliche Machart die Enden der Hefte zu verzieren. Golden war der Helm,
und der Schild erstrahlte überzogen mit demselben Material, der Brustpan-
zer strahlte ebenso von Gold. [5] Es trat Citherea hinzu, und machte daraus
Halsbänder und Gürtel, auch für Sandalen hielt sie dieses für angemessen,
wie auch für die Kothurne. Der Sohn Cupido würde beinahe immer seine
Geschosse vergolden, wenn er nicht begehrte den Seelen die tödliche Wun-
de zuzufügen. Davon trug dennoch der Köcher selbst die goldglänzenden
Verzierungen, [10] wie auch der Bogen die Kanneluren, ebenso die Dop-
pelfedern den Glanz. So war es der Schar der übrigen Götter ein Bedürfnis,
dem gleich zu tun. Ein jeder wie es sich schickte. Doch, was über alles
hinaus erstaunlich ist, Iustitia selbst trug ebenso Sorge, daß die doppelten
Waagschalen aus diesem Erz gemacht wurden wie auch des Dolches ober-
ste Spitze.
[15] Solange daher die sterblichen Scharen sich abmühten, dies in Gedanken
abzuwägen, wurden sie fähig, sich die Kräfte der Natur anzueignen und
nach den tiefen Quellen des Goldes zu schürfen. Da sie nämlich gewahr
wurden, daß die unberührten Gewölbe Gold hervorbringen, und an der
unförmigen Scholle das Metall hängt, [20] gab die Vernunft ein, daß,
wenn Kunst sich der Äcker annähme und ein scharfsinniger Verstand, sie
bei weitem ergiebiger wären. Den hierauf vertrauenden Gemütern verlieh
die Kühnheit Ansporn. Hohle Öfen glühten und gaben Qualm von sich. Die
Gefäße bargen im Inneren rohe Erde * ohne Samen, [25] dennoch voll
Leben, wie auch von lebensspendender Kraft strotzend, welche nun befreit
von den irdischen Banden aus dem Gold mit Gewinn den bloßen Samen
herauslockt, welcher, indem er die verwandten Nährstoffe des eigenen
Brachfeldes aussaugt, anwächst mit unermeßlicher Stärke zu unermeßli-
chen Kräften. [30] Dieweil verließ sich die der Kunst kundige Heidenschaft
auf das Gewagte. Vor allem war man darauf bedacht, ohne Unterlaß Gott
den Mächtigen anzubeten, wie auch die höchste Gottheit für sich einge-
nommen zu haben. Bewegt, nicht widerwillig, zog Gottes Natur den Busen
zurück,
——————
[v. 15] Alchemie.
[v. 24] * Der Same nämlich wird aus dem Gold gezogen.
[v. 30] Propositio.
[S. 6] welche, indem sie, ausgebreitet, es der Sonne rosenfarbigen Haaren gleich-
tut, alles anscheint und jedes erfüllt, wie auch durch alles dringt. Wer diese
nicht erheischt, wird begraben sein unter trostloser Nacht. Als zweiter Pa-
linurus wird er mitten auf dem Strand festsitzen. [5] Ohne diese, da der
Arzt, den einst Pergamus hervorbrachte, versuchte aus den leidenden Glie-
dern die Krankheiten zu entfernen, vertraute er die schwächliche und ver-
stümmelte Kunst den Nachkommen an. Allein, tief im Mark trägt sie ein
entsetzliches Gift. Die davon kosten, werden in schwarzen Wahnsinn ge-
trieben, [10] und * Gott fallen sie an mit grimmigem Zahn, und unbehol-
fenen Spöttereien. Zugrundegehen sollen die Griechen, deren Irrsinn so die
Gemüter der Menschen verwirrt, daß sie glauben, es gab keinen Ursprung
der Welt, und die Seelen würden von todbringenden Schatten geraubt. Es
gestattete uns die Milde des höchsten Königs, [15] recht frei zu urteilen.
Doch schändliche Taten zu schützen, dafür gab keinen Anlaß der vereh-
rungswürdige Lenker. Icarus ertrank einst mitten in den Wogen, während
——————
[v. 10] * Christus.
——————
[v. 22] Der die Jagd beschützende Gott.
[S. 7] damit nicht, wie es sich ziemt, womöglich bevorstünde die strenge Rache
des himmlischen Richters, und das Plutonische Reich die verrufene Seele
verschleppte, wo hackend der Geier die Brust, nach Prometheischem
Schicksal, aufwühlen wird mit gekrümmtem Schnabel.
[5] Zunächst also lenkte es [das neue Geschlecht] die gottgefälligen
Schritte, da die Gottheit befriedet, nach dem Grundfaden in den feinsten
Geweben der Natur. Zunächst also forschte es nach, durch welche Verbin-
dung die Teile sich fügen; in welcher Gestalt die Erde die nasse Woge
aufschlürft; die Woge den Lufthauch, die Luft die Flamme; wie die Einzel-
nen jeden beliebigen [10] Körper durchdringen. Denn ein sehr strenges
Gesetz gilt für die Principia, wer deren Kräfte in jeder Hinsicht kennte,
der erst wäre weise zu nennen wie auch erfahren.
Jenen ist fürwahr eine verborgene Art des Einflusses gegeben. Und nicht
früher entfalten sie die Kräfte und * die Zierde der Masse, [15] als wenn
bereits mit festen Knoten das tödliche Band geknüpft ist und auch die Farbe
aus dem obersten Körper entweicht. Und noch nicht ist es genug. Die Kunst
liest die Spuren der Natur und, indem sie den Grundfaden aufwirkt und das
alte Gewebe, findet sie Größeres als jene, welche die Augen des Pöbels
[20] berühren, und sie zeigte auf den unter der Schale bedeckten Himmel.
——————
[v. 5] Die Lehre von der Mischung.
[v. 14] * Die Gestalt des Ganzen.
[v. 18] Chemie.
Allein, weil die Sache neu war, begann sie unter verschiedenen Namen
aufzutreten, je nachdem, wie sie es für ihre Funde passend befindet. Ganz
so wie die Mutter, da die Nachkommenschaft schon ans Licht herausge-
bracht war, für den Neugeborenen vor allem einen angenehmen Namen
[25] wählt und sich weigerte ein ausländisches Wort anzudichten. Indessen
doch ruft sie selbst zum Scherz und beim Spiele das Kind auf tausenderlei
Arten, ferner sagt sie traute Koseworte: bald Seele, und ihren Augapfel und
zartes Täubchen; schon ruft sie Sohn des Aeacus, bald Hector, und einmal
Diana, [30] bald ruft sie goldfließende Venus, bald züchtige Andromeda. So
spielt auch die Kunst als Nachahmerin mit veränderten Worten. Und alle
neuen Elemente, die sie aus den schmutzigen Öfen auflas, nannte sie zu-
gleich Atem, Körper und Seele.
——————
[v. 21] Rechtfertigung der Verschiedenheit der Namen der Chemiker.
[S. 8] Allein, weil jeder, was ihn beschäftigt mit der Rechten anrührt, sich jenes in
einem fort vor Augen zu halten pflegt und grundverschiedene Waren des
öfteren mit gleichem Namen bezeichnet, nannten daher jene bergbewoh-
nenden Handwerker diese Schwefel, [5] ebenso Salz, und Quecksilber, wel-
ches mit der trockenen Woge sein Spiel in den Kieseln treibt. Andere nann-
ten * dieses ebenso Schwefel. Diese beiden freilich nennen sie die Uran-
fänge des Werkes. Immerhin stellen beinahe alle * Mercurius mit erbettel-
tem Namen zur Schau, welchen sie ähnlich mit einer schlichten Kreislinie
[10] zeichnen, der die unverdorbene Einfachheit verbunden ist. Doch noch
nicht war der Geist zufriedengestellt; wund von der Liebe, die Kunst aus-
zuüben. Noch nicht war alle Nacht den geschwächten Augen entschwun-
den. Helleres Licht mußte an die doppeldeutigen Wörter gehalten werden.
Folglich, damit nicht hernach ein [15] vom unklaren Sinn zerrütteter Geist
umherirren soll, schrieb schon ein späteres Zeitalter die Geheimnisse der
Kunst in verschwiegenen Zeichen. Ein zusammengezogenes Kreislein
kroch im weiten Kreis, welches, indem es sich windet, sich recht eng zu-
sammenzieht. Es zeichnet sich aus an Wert und gilt als das bessere Zeichen.
[20] Ganz so wie sich beim Getreide das fruchtbare Mark verbirgt, welches
die Spreu umschließt, und herum die harte Streu; oder mehr so wie nahr-
——————
[v. 3] Die drei Principia der Chemiker.
[v. 6] * Mercurius, das heißt Quecksilber.
[v. 8] * Das Quecksilber der Weisen.
[v. 17] ⊙
[v. 20] Vergleich.
hafte Nässe die Erde tränkt, welche geschickt Nährstoffe an die Wurzeln
bringt. So verbirgt sich unter dem schmierichtem Staub aus roher Materie
[25] die himmlische Natur, welche, nachdem sie den schmutzigen Boden-
satz abgeworfen hat, vortreffliche Speise gewährt. Dies ist die heilige Erde,
die wahre Entsprechung des gezeichneten Dreiecks. Wenn man dieser die
Saat einsteckt, wird die goldene Ähre hervorkommen, wofern je zehnmal
und erneut je zehnmal die Stunde verrinnt [30] und die vollkommene Zahl
ablief, wie auch der Tage Fluß. Diese Regung, dieser Raum, in welcher
drinnen der Geist entbrennt, sagte man beschriebe eine Gestalt gleich
dem Viereck, in dessen Mitte recht göttliches Feuer aufblitzt,
——————
[v. 27] △
[v. 32] □
[S. 9] welches die Elemente, die sich zu heftigem Kampfe erheben, versöhnt. Al-
lein, als unterterste berührt die Erde zuerst den Grund des Dreieckigen, dann
erhebt sie sich und wird überkopf gekehrt, nun gelangt sie wieder in die
Tiefe. Zuvörderst dennoch ist es ein Kennzeichen großen Scharfsinns über
alles hinaus, [5] daß es möglich ist, den Punkt oder den Kreis und das zwei-
fache Vierfache ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, wie auch ans Werk
die letzten Handgriffe zu legen, damit hervorkommt die Sternenkraft, auf
daß die königliche Zier gleißt und der schneeweiße Strahl. Doch zuvor
muß sie als Freie aus der festen Hülse des Setzlings [10] hervorgehen, und
dann erst wird sie unversehrt in den nährenden Schoß der Erde eingehen,
welche, die nie unreine Liebe erfuhr, trächtig ob der Parthenischen Anlage,
den edlen Samen des Gatten aufnehmen soll, welchen sie hernach im
schmeichelnden Mutterleibe verkocht und in größerer Zier strahlend macht.
[15] Fürderhin ist in die innersten Herrschaftsbereiche der gebietenden
Kunst einzudringen, welche wiederum das verborgenen Wasser in vier Wo-
gen teilte (unter Wasser verstehe ich die vorerwähnte Erde), welche am An-
fang je zwei absondert und das Übrige verwahrt. Wenn sie aber erneut im
Meer den abscheulichen Seetang auswirft, [20] vergehen drei Teile der Woge,
doch der vierte bleibt bestehen. Durch diese Waage, durch diese Gewichtung,
durch diese Prüfung wird diesen Wassern die höchste Schönheit zuteil, in
welche selbst die Naiaden die schönen Glieder zu tauchen wünschen, wie
auch die scheuen Nymphen. Wer diese genau untersucht durch die Nachfor-
schung eines scharfsinnigen Geistes [25] wird die Zahl Sieben vorfinden,
——————
[v. 16] Allgemeine Zubereitung des Mercurius der Weisen.
[v. 24] Lob der Siebenzahl.
welche als einzige alle Zeitalter mit Staunen wahrnahmen, und welche der
Geist selbst von den Urgründen an, auf die kräftigen Adler gestützt, weihte
den himmlischen Wogen, nachdem er diese ganze Masse aufbaute und schuf.
Hochwillkommen ist selbst die Siebenzahl dem mit Pfeilen bewaffneten
Phoebus, [30] sofern der Thraker die Wahrheit berichtet, auch die Natur
findet Vergnügen an der Siebenzahl, weil der Himmel seinen Willen durch
sieben * Sterne bezeugt und die unstete Luna durch ihre Bewegung; ebenso
sieben Metalle. Der siebente Monat vollendet alle Glieder der Leibesfrucht.
——————
[v. 31] * Planeten.
[v. 32] 4 der Wochen.
[S. 10] Der siebente Tag tötet ebenso, als Frühgeburt wider Willen, das Kind, dem
die ganze Gestalt zueigen war. Der siebente Tag von der Geburt an pflegt
oft das Knäblein zu wandeln, wie auch für gewöhnlich die Siebenzahl die
Siebentägigen Krankheiten auslöst; [5] wie selbst auch die Krankheit ent-
weder bei dieser Zahl nachläßt oder das Leben verhöhnt und erschüttert mit
großer Gewalt. Oder nehmen wir nicht etwa wahr, wie je sieben Jahre sich
unterscheiden? Oder wie die Ernten andersartig sich sehen lassen, oder wie
die Früchte wachsen? Oder plagt nicht etwa auch die heranwachsenden
Knaben die siebente Ernte [10] und holt hervor die Ausscheidungen aus
den innersten Verstecken? Diese Zahl ist gleichermaßen den untersterbli-
chen Göttern heilig, wie auch einst sehr den weisen Ständen der Menschen,
sei es, daß jene der Nil hervorbrachte, sei es der strahlende Ätna.
Bis hierher wurde über den Ackerboden der goldbringenden Erde ge-
sprochen [15] und die Aussaat wie auch die Futterschwinge. Zu nennen
ist übrig ist die Gerätschaft. Allein, zuvor ist es ziemlich mitzuteilen, mit
wie vielen Namen diese Pflanze bezeichnet wurde, damit nicht ein nicht
gutzumachender Fehler den Kunstwerker abbringt. Denn wiederholt wur-
den Same und das Ackerland ebenso wie der Stengel mit vermischten Na-
men bezeichnet, [20] da zum ersten Male das goldene Gerücht sich unter
die Vornehmsten schlich. Jener nannte ihn das rotblonde Seyr mit auslän-
dischem Namen, dieser Abbild des Goldes, und mit verändertem Wort:
Saft. Jener des Südwindes Glut. Dieser des blitzenden Apolls Salbe. Und
mit ebensoviel Gestalten trieben sie ihr Spiel wie die schändliche Circe,
[25] da sie einst in Schweine verwandelte die Gefährten des Odysseus.
Dennoch gehen sie nicht in verschiedene Richtungen: Allen ist eine Vorstel-
lung gemeinsam. Alle sprechen von der Entstehung des Jasonischen Vlieses
und vom Garten der Hesperiden, welchem erblüht der goldene Obstbaum.
Alle meinen den bereits in unterschiedlichem Flusse gebadeten Merkur,
——————
[v. 29] Umfang der Zeit um den Mercurius fix zu machen.
——————
[v. 7] Augmentatio.
[v. 31] * Generatio, et nutritio metallorum non fit per appositionem partium.
[30] der zweimal zum vierten Male durch Feuer in Asche gewandelt wird,
dem nach der Flamme kein Feuer schaden wird. Trotzdem geht er unver-
änderlich, nachdem die Stunden verflossen, hervor und erlangt, da der Tod
überwunden, den alten Glanz zurück.
[S. 11] Allein, nun erst wird er das Werk vorantreiben und die Mühen erneuern, der
gemacht werden möchte mit unzähligen Kräften als herrlicher. Derselbe
vertraut sich der Flamme an, wird er auch durch dieselbe verringert und
wiederum zu Asche schwinden, und hebt den Tod auf. [5] Denn in kürze
verliert sich jener Tod, dann hüllt er sich in frisches Leben, und der Phoenix
entsprießt mit neuen Flügeln. Schließlich muß man sich erkühnen, solange
selbst das Firmament zustimmend lächelt, höher zu drängen, solange er die
höchsten Gipfel berührt, könnte er auch nicht mehr an unermeßlichem
Licht [10] vielfache Strahlen hervorbringen und die sanften Kräfte ausbrei-
ten. Ganz so wie Delia verliert das geschwollene Antlitz und die trauerver-
strömenden Fackeln abschwächt, dann gleißt als Zweihörnige, während der
Bruder durchläuft den Weg des strahlenden Firmaments und die anver-
wandte Göttin verzagen macht mit den spärlichen Strahlen, [15] bis der
Entfernte erneut kommt und nun mit geraden Pfeilen durchbohrt und in
neues Licht taucht den ganzen Erdkreis. Dieses, Sterbliche, für Euch zuwei-
len in Finsternis getaucht, wie auch das leuchtende Schauspiel, bringe ich
zur Ansicht und führe es auf den hellen Schauplatz. Sucht nach der eigenen
Natur, den Euch verwandten [20] Samen, sucht den in Euch atmenden
Geist: in welcher Reihenfolge er des Lebens wiederauflösliches Werk
webt; aus welcher Quelle er ableitet das purpurfarbene Blut; aus welcher
Rose er den himmlischen Nektar durch die Wegeskrümmungen herbei-
bringt und ihn auf vielen Kreisbahnen preisenswert macht; [25] auf welche
Weise er die klaffenden Spalten der Adern zerspaltet, damit den zärtlichen
Fleischpartien ausreichende Stärkungen zukommen; durch welchen Drang
schließlich die unsteten Ströme die oberste Nackenspitze und wiederum die
Höhen anstreben. Nicht weniger war die Natur einst bei den rohen Metallen
[30] einfallsreich, welchen sie uns ähnliche Umstände für das Wachstum *
gab, und feine Höhlungen, durch welche sie die Nährstoffe zu den verbor-
genen Eingeweiden senden. Denn mögen sie auch hart sein, wenn man sie
aus den eigenen Schlupfwinkeln entfernt,
——————
[v. 7] Vermehrung.
[v. 31] * Die Erzeugung, wie auch die Ernährung, der Metalle geschieht nicht durch das
Zufügen der Bestandteile.
[S. 12] sind sie dennoch zwischen den Gebirgstriften nachgiebig gegenüber den
Fingern. Ganz so wie die Korallen von den Äolischen Wogen als harte
hervorgebracht werden, welche im tiefen Meer verhaftet weich wie Wachs
sind. Eine Gesetzmäßigkeit ist es fürwahr, und zwar ist einem jeden die
Nachkommenschaft ähnlich. [5] Es ist dasselbe Schicksal, die gemeinsame
Wurzel, ein Geist. Es gibt einen Strahl, durch den ganzen Erdkreis vom
Himmel ausgebreitet, durch den diese mehr oder weniger schwellen, je
nachdem wie der Schöpfer selbst es jedem zuwies, da er zuerst alles mach-
te. Dieser Strahl ist das Leben der Welt, und der Geist selbst ruht in [10]
diesen Fünklein der Welt wie auch die Lebenskraft und die ungeheure
Seele. Diesen verteilte Amor und die Eryzinische Göttin durch die ganze
Natur und mischte ihn unter den gewaltigen Körper. Diesem wohnt alles
Leben inne. Von jenem nährt sich ebenso der Äther. Durch jenen regt sich
die Luft, die Woge. Er fliegt ohne Flügel,266 [15] und Tageslicht ohne
Nacht läßt er durch alle Zeitalter strömen. Gleichwohl erhebt dieser sich
nur von der Beinfessel befreit in die Höhe und frei triumphiert er über die
irdische Masse. Wer über diese hinwegsteigen könnte auf reiner Seele Fit-
tich, wird nicht sein Innerstes mit anderen Sorgen quälen wollen, [20]
Hilfsmittel verschmäht er, und gottergeben reinigt er sich von der Welt
selbst und * forscht endlos in diesen Schatten nach Gottes Spuren, gänzlich
sich selbst genügend, wie auch ganz und gar das Fremde zurücklassend.
Achtet also auf den Mercurius, immer wenn ihr, Kunstwerker, für Eueren
Samen nach einer Scholle sucht. [25] Nicht auf den, welcher schlüpfrig den
offenen Fingern spottet, und den unkundigen Pöbel mit eitler Hoffnung oft
betrog, indem er mitten in den Gefäßen wechselhafte Farbe sehen ließ.
Nehmt heraus aus dem dampfenden Innersten unberührte Kreide, welche
keine von Kot unreine Rechte besudelte, [30] sondern die schon lebendig
hervorgeht aus den untersten Gemächern des Goldes und sich im Gold
niederläßt, wie im Weißen des Eies der Dotter. Drachenblut nennt man es
oder purpurrotglühenden Bergzinnober. Dennoch begreift dies nicht, auch
wenn es sich aufdrängt, die ungelehrige Schar,
——————
[v. 6] Lebenskraft und Seele der Welt.
[v. 21] * Nach Art des Demokrit.
[v. 24] Der Nahrungsstoff des Steines der Weisen.
[v. 28] Wie der Mercurius der Weisen beschaffen sei.
[S. 13] denn Dunkelheit bedeckt die Augen und versagt, daß sie sich wärmen an
heiterem Glanz, mag auch starkes Licht einfallen. Eine Wonne ist es, nicht
um die Arbeit zu wissen, welche der Geist in unermeßlichen Höhlen ver-
——————
[v. 3] Schelte wider die Geizigen.
266 Die Übersetzung der Verse 6–15 ist abgeglichen mit derjenigen bei W. Kühlmann
(1984), S. 133.
richtet, ähnlich den Wagnissen der Sterblichen. [5] Wir erschauen, wie un-
geheuere Klippen und dräuende Felsen von Eisen durchdrungen werden
und unter den Spitzhacken schauerliche Grotten aufklaffen. Die Masse la-
stet auf den Schultern, ein großes Grab erdrückt mit gewaltigem Block und
dräut stetig. Unterdessen herrschen schwarze Nacht und tiefe Finsternis.
[10] Man hört ein Getöse und fürchterliches Brausen, nicht anders als
wenn Aeolus den Winden die Zügel schießen ließ, und ihnen eine enge
Öffnung zu durchqueren gab. Oder, wenn bei Caphar an den Felsen Schiffe
zerschellen und die Balken auseinanderfliegen und sie unter den Trümmern
erknarren. [15] Diese geschehen, damit Reichtümer erworben werden, wel-
che alsbald Verderben bringen, nicht wie sie die geheimen Ruhestätten der
Natur feilzuhaben vermöchten. Ihr lieber kehrt um das Erdreich, die Ihr
danach strebt, vom Gold Art und Weise zu kennen, die verborgenen
Wege, und die angemessene Nahrung; aus welcher Wurzel es sprießt; in
welchen Ähren es schwillt.
CHRYSEIDOS
LIBER II.
Argumentum,
DER CHRYSEIS
II. BUCH
Inhalt,
Er beginnt dieses Buch mit einer Dichtung, welche gleichwohl das ganze bei
der Bereitung des Mercurius zu verrichtende Werk darstellt. Beigefügt ist ihre
[S. 14] Auslegung durch einen Greis, wo auch [S. 14] desselben heiligenmäßiges
Leben beschrieben wird; eine Ermahnung des Frommen, den höchsten Gott
anzurufen; darüber hinaus eine hinsichtlich der Kunst zu befolgende Erin-
nerung; der Mythos der Chryseis, und was es mit ihm auf sich hat; wieder-
um eine Erinnerung, die Kunst nicht auszuschwätzen, und zur Lektüre aus-
gewählter Autoren; die genaue Erklärung der Grundlagen aller Dinge; die
Lehre von der Platonischen Weltseele und von den Ideen, von Seele, Geist
und Körper gemäß Paracelsus, und über ihre Beschaffenheit; was der Geist
ist, und auf welche Weise er zugleich mit der Seele in allen Dingen steckt.
Von ungefähr durchwanderte ich Lybiens entlegene Wüsten, [1] da mich
einst das Verlangen, Fremdartiges kennen zu lernen, ergriff. Eilends machte
ich mich auf den Weg, und ich beschleunigte den Tritt, während ich nun
vorankam, langte ich an den anmutigen Ausläufern eines steilen Berges an,
auf dessen höchstem Gipfel ich einen Raubvogel erblickte, [5] der, indem er
mit menschlicher Stimme sprach, etwa das folgende sagte: Ich bin weiß, der
ich rabenschwarz war, aber danach röte ich mich: Sobald ich rötlich gewe-
sen sein werde, wird mir alsbald die goldgelbe Farbe zuteil werden. Ich bin
jener Nachtrabe, den davor tiefe Nacht bedeckte, der Finsternis entrissen,
halte ich in die Sonne die Stirn. [10] Bald, nachdem ich mit pechschwarzem
Kropf das Bittere gekostet haben werde, werde ich gefärbt sein, das heißt
als ob ich von der Geburt an scharlachrot einst hervorgetreten wäre, so wie
der Purpur Lectons. Siehe da, nach einigen Tagen verströme ich aus dem
Rücken eine klare Flüssigkeit, welche Du, wenn Du schlau bist, mit der
Rechten auffängst. [15] Nicht jedoch wirst Du diese Felsspitze erklimmen,
† bevor Du verstümmelt haben wirst den Schlund des abscheulichen * Dra-
chens, welcher, indem er mit hundertfachem Auge zum Berge
——————
[v. 0] Eine Confirmatio, welche aus einer bedeutungsvollen Dichtung besteht.
[v. 4] * Einen Raben.
[v. 15] † Er meint verfluchte Erde.
[v. 16] * ›Widernatürliches Feuer‹ nennt ihn Ripley im ›Liber 12 portarum‹. Andere ver-
stehen unter dem Drachen den Grauspießglanz; doch fälschlich.
——————
[v. 2] † Menstruo proprio.
[v. 7] * Cautela circa menstruum.
[v. 10] Quale debeat esse menstruum.
[v. 13] † Argentum vivum.
[v. 22] Quod in Mercurio Philosophorum lateat venenum.
[v. 29] Ablutio menstrui.
[S. 15] den Zugang Tag und Nacht bewacht, keinem, den danach verlangt, den
Zugang gewährt. Folglich wird er zunächst durch ein † schlummerbringen-
des Mittel in tiefen Schlaf zu versetzten sein, damit er nicht, wofern er vom
gewaltigen Leib eine leichte Müdigkeit abstreift, den Kampf wiederauf-
nimmt [5] und Dich, wenn er Dich mitten auf der Schwelle der Pforte er-
tappt, gar mit dem giftigen Schwanz tötet und als Beute packt. Die Sache
verlangt nach * Verstand, da sie unter Gefahren geschieht. Auch hilft hier
nicht die Keule eines Alciden, wenn nicht mit Umsicht die Verschlagenheit
eines Odysseus zur Stelle ist und die sich vor Gefahren in Acht nehmende
Vernunft. [10] Du sammle aus den Höhlen Thessaliens die Gifte der Kirke,
welche im Geschmack die blutroten Gifttränke überdecken. Nimm davon
den Saft und misch’ ihn zusammen mit dem Metall, † welches fließt und
zugleich an Gewicht Blei und Gold überwiegt. Aus diesem Kloß forme
zweimal zwei Täfelchen [15] und hülle sie, auf daß die Schlange sich nicht
fürchtet, in dünnes Gold. Und, wenn Du schon mit den Füßen auf der
Schwelle stehst, hole ein Zaubermittel hervor aus den Fingern und entblöße
es der strahlenden Sonne.
Dann wirft der goldglänzenden Beere Wirkung die Schlange zu Boden.
Von ihrem unersättlichen Verlangen nach dieser endlich betört, [20] wird
sie sich schnappen das Gift und es bergen in den Höhlungen der Gedärme.
Denn sie wird glauben, diese Äpfel seien Gaben von der Hand der Hespe-
riden. Du aber sei auf der Hut, damit Du nicht, falls Du womöglich die
Flanke näher heranbringst, Dich aus eigenem Antrieb der Hydra zum Rau-
be preisgibst. Bald hernach werfe auch die übrigen Beeren unter Einhaltung
der gleichen Regel [25] zum Fraß vor, sobald sie diese alle gierig ver-
schlungen haben wird, wird sie im weiten Gedärm große Pein verspüren.
Allein, nachdem sie die gewaltigen Leiber in vielerlei Kreisen gewunden
hat, wird sie schmachtenden Herzens nach Erleichterung verlangen. Hier
wird die Rose zusammen mit rotgelbem Rost das Gold abmildern, [30]
und die durch das Vitriol gekräftigte Seele wird sich dem Herben vermi-
schen. Diese mache zu Pillen und biete sie den klaffenden Schlünden. So-
gleich, wenn der Duft die Nasenlöcher erreicht, wird die grausame Schlan-
ge die schuppigen Nacken erheben und Hilfe durch Heilmittel suchen.
Kaum hat sie sich [diese] einverleibt, da wird sie spüren, [35] wie neuer
Schlaf die Glieder durchschmeichelt und frische Stärke herbeibringt.
——————
[v. 2] † Durch das geeignete Menstruum.
[v. 7] * Vorsicht bezüglich des Menstruum.
[v. 10] Wie beschaffen das Menstruum sein soll.
[v. 13] † Quecksilber.
[v. 22] Welches Gift sich im Mercurius der Philosophen verbirgt.
[v. 29] Das Abwaschen des Menstruum.
[S. 16] Aber, sobald sie hingestreckt im grünenden Gras schnarchen wird, dringe
Du heimlich in den Berg ein, nun da der Riegel gebrochen, indem Du Alles
durchwanderst und ungestraft Alles durchstreifst. Dann erst wirst Du mich
in strahlendem Triumph davontragen können, [5] während Du nun birgst
meine Reichtümer, vermehre sie mit größeren Kräften, bis sie endlich zahl-
los im Lichte schimmern.
Sprach er und schien sich in verschiedene Formen aufzulösen. Und bald
gab er, der er mit schmutzigen Flügeln erschien, mit krächzender Kehle
heisere Laute von sich, [10] er gliß dann als strahlendweißer Vogel, der
die Schwäne des Caystrus nachahmt, er sang ein sanfttönendes Lied, wäh-
rend er schließlich den Scharlach anlegte, und im Gesang jede Lyra über-
traf. Während ich dies verblüfft sehe, bricht plötzliche Dunkelheit herein
und raubt all diese Wunder aus unserem Blick. [15] Ich selbst blieb verwirrt
und sprachlos zurück, unklar darüber, ob Morpheus mich täuschte mit eit-
lem Blendwerk, ob irgendein Moeris mich behexte mit abscheulichem
Kraut. Endlich stand jemand, der ob seines weißen Haares und seiner Jahre
zu verehren war, da und sprach zitternden Fußes die folgenden Worte:
[20] Fürchte Dich nicht Chrysanthus, ich komme zu Dir gesandt von den
Sternen. Auch nicht soll mein hochbejahrtes Greisenalter Dich verunsi-
chern. Zweimal sind hundert Jahre verflossen, daß mich der göttliche Wille
veranlaßte, mich aus der unreinen Welt zurückzuziehen. Vieles ertrug und
sah ich einst. Die schändliche Sorge um Hab und Gut [25] riß fort von
andersartiger Beschäftigung, bis ich dann endlich anfing, der Verführungen
des Erdkreises gewahr zu werden und die wahren Freuden des Geistes zur
Kenntnis zu nehmen. Dann endlich in einem fort getrieben von der Liebe
zu Gott, schien ich ihn nachts mahnend zu hören in göttlicher Rede, daß ich
meine früheren Aufenthaltsorte verließe und mich, [30] nachdem ich die
anderen Dinge aufgegeben hätte, in diese Wüsten zurückzöge. Ich zögere
nicht. Ich gürte mit einfachem Knoten die Gewänder. Ich unternehme die
Fahrt und leiste Folge den heiligen Mahnungen Gottes. Unterdessen, da ich
einsam lebe und durch beständiges Bitten lästig falle
——————
[v. 1] Nachdem der Drache getötet oder verjagt ist, vermag man die Materie besser zu
handhaben.
[v. 8] Die vier Farben des Steines.
[v. 25] Weltverachtung.
[S. 17] dem Herren, gelange ich derart geleitet zu * diesen Gefilden, welche Du
erblickst. Unerwartet raubt die Sinne ein erhabener Anblick, und mich Er-
staunten umströmt Glanz von ungekanntem Strahlen. Aus tiefem Grunde
——————
[v. 1] * Wo jene Erscheinung sich zeigte.
sehe ich einen Berg emporwachsen, [5] und zu den Füßen des Berges ein
furchtbares Ungeheuer hervorkriechen. Auf dem höchsten Gipfel steht ein
vielgestaltiger Vogel. Ist etwa jenes Vorzeichen Dir erschienen? Doch ich
weiß schon. Denn mir ist die Gabe verliehen, das Zukünftige zu wissen, da
ja Gott doch wollte, daß auch Du diese * Geheimnisse kennst. [10] Nimm
wahr, was Dir fürderhin bei der Herstellung nützlich sein wird. Nicht eher
vermagst Du diese * Geheimnisse der Dinge zu erkennen, als daß Du
fromme Gedanken zu den Gottheiten erhebst und sie Dir durch Bitten gnädig
stimmst wie auch durch begünstigende Gelübde. Es soll fürwahr Gott auf
deinen Abwegen zur See das Nordpolgestirn sein. [15] Hierhin sollst Du den
Sinn wiederum richten, wenn auch etwa schon längst die Wut des Äthers das
Floß versenken möchte und Du Dich anschickst, jählings ein Opfer zu wer-
den für die Nerine und für die Seeungeheuer. Es lebt ein schöpferischer Geist
als Verbannter, wenn er im Vertrauen auf seine Stärke das Werk der Fröm-
migkeit Schiffbruch erleiden läßt und nicht die Finsternis des Verstandes
[20] mit heiligen Fackeln und mit himmlischem Glanz reinigt; wie einst
die Heidenschaft, welche des göttlichen Lichtes entbehrte, deren Kenntnis
unvollständig war und ruchlos als ganzes, zudem ähnlich den Flecken des
Mondes und blutigen Lumpen. Du vielmehr erachte die Welt als die sicht-
bare Gottheit [25] und die nicht sichtbare Gottheit im Gegenzug als die Welt.
Auf diese Weise wirst Du, indem Du bei beiden verweilst und von keinem
abweichst, immerfort in der Welt Gott wie auch in Gott die Welt sehen.267
Die großen Meister bedeckten einst, auf daß sie so große Geheimnisse
verbargen, die heiligen Offenbarungen unter sonderbaren Zeichen; [30]
nicht, damit sie als einzige [diese] besäßen, in der Tat aber, damit der
frevelhafte Pöbel nicht von dort mehr grausige Nahrung der Sitten entnäh-
me und die Gemüter zu Verbrechen anstiftete. Denn durch diese kommt
keine heilige Gemeinschaft der Gottesfürchtigen zusammen. Diese unter-
weist eine Stimme, welche vom Himmel erschallt,
——————
[v. 8] So führt auch Ariost prophetische Greise ein.
[v. 9] * Das heißt: heilige.
[v. 11] * Frömmigkeit wird in der Chemie verlangt.
[v. 21] Die Griechen wie auch zum Teil die Ägypter.
[v. 28] Der Alten rätselhafte Ausdrucksweise wird gerechtfertigt.
[S. 18] und bewegt die Brust der Eingeweihten mit stillen Flammen. Die geistes-
kranken Heiden aber, welche Gott und die göttlichen Gaben verachten,
konnten vom solchem Licht nicht erleuchtet werden. Ins eigene Gift wan-
delten sie die unbefleckten Geschenke, [5] wie die schreckliche Schlange
——————
[v. 1] Ruchlose Menschen erkennen GOTTES Werke nicht richtig.
267 Die Übersetzung der Verse 24–28 ist abgeglichen mit derjenigen bei W. Kühlmann
(1984), S. 134.
sich selbst den Tod bereitet, wodurch sie sich endlich durch hastigen Biß
die Eingeweide durchbohrt. Wer also begehrt, diese heiligen und erhabenen
Dinge zu erfahren, soll sich vor allem davor hüten, den geschwollenen
Kamm aufzurichten, und vor allem soll er Gott fürchten und in wahrer
Liebe verehren. [10] Ebenso soll er sich darauf verstehen, mit dem Fittich
an den Himmel zu rühren und ebenso zur untersten Stufe des Geistes hin-
abzusteigen und in geheimen * Dingen Verschwiegenheit zu bewahren.
Allein, wer diese Gesetze nicht überall befolgen würde, soll sich hüten,
hier unüberlegt die frevelnde Rechte anzulegen. [15] Nicht würde ich ver-
muten, daß Du tadelnswert nach solchem lechzest, damit nicht hernach der
weise Rächer auf mich herniederschleudert den Blitz.
Du aber mache Dein Denken den Mahnungen gefügig, genauso wie Du
wegen der Stachel des Verlangens des Verstandes selbst bedürfen wirst.
Nächst der Verehrung Gottes, lies durch die Schriften der Weisen, [20]
und wäge ab mit der Wage des Verstandes, und überdenke es vielmals.
Dennoch sollst Du nicht auf die Worte irgendeines Meister schwören.
Denn jedweden ist das Vermögen gegeben, die wahren Dinge zu erfor-
schen. Nicht machte Dich der Schöpfergott ohne Verstand. Auch nicht
ward je einem fliegenden Gedanken die Schwinge beschnitten, [25] daß
er sich nicht zum Höchsten der Dinge ausstrecken könnte. Hier steht uns
noch immer das Spielfeld der Natur offen. Dies alles behalte im Sinn, * und
ferner verbirg es im Inneren, was die Götter sich erbarmten, sollst Du nicht
irgendeinem Toren anvertrauen.
Allein, jetzt werde ich darlegen, † was genau das geschaute Vorzei-
chen bezeichnet, [30] das Dir also in jeder Hinsicht die betäubten Sinne
erschütterte. Das Gerücht gelangte womöglich einst zu deinen Ohren, wie
sich * hier einstmals die Anhöhen der Chryseis erhoben, da sie noch nicht
wegen des Dis glücklichen Ehelagers hinabgekrochen war.
——————
[v. 7] Die Hoffart wird verdammt.
[v. 10] Verlangt wird Scharfsinn.
[v. 12] * Verschwiegenheit.
[v. 17] Die Lektüre von Autoren.
[v. 20] Verworfen wird das ›Er selbst hat’s gesagt‹.
[v. 27] * Ein Eid der Kunst.
[v. 29] † Die Auslegung der Erscheinung.
[v. 32] * Der Mythos der von Pluto geraubten Chryseis.
[S. 19] Denn den Bändiger der schwarzen Nacht, der die Fluten des Cocytus auf-
wühlte, nachdem er die Abneigung der weitentfernten * Geliebten erfahren,
und sah, wie † der Bruder neue Gespielinnen und Geliebte ausprobierte,
begann gleichermaßen ein gewisses Verlangen zu jucken.
——————
[v. 2] * Der Proserpina, welche der Ceres Tochter war.
[v. 4] † Den Jupiter.
[5] Sodann zerspaltete er diese Hügel durch eine ungeheure Kluft und
raubte die jüngste Tochter der Ceres. Lange würde es dauern, wenn es
beliebte, Dir alles zu erzählen. Die Tochter der Großen Göttin, des heimi-
schen Sitzes wohl eingedenk, kehrt alljährlich aus der * Unterwelt an diese
früheren Stätten zurück, [10] tönt dann mit prophetischem † Schrecken,
und besucht die Laren. Sie nämlich empfing als Mitgift verborgene Grotten
von Gold, auch hielt sie sich selbst unter den rauchigen Schwefeln des
Metalls auf und legte den Dienerinnen sehr langwierige Arbeiten auf. Sie
erflehte sich aus der düstren Schattenwelt des Dis [15] alljährliche Rück-
kehr, * und die Zeichen des altehrwürdigen Werkes drückt sie ein als ge-
heimnisvolles Bild und die ehrfürchtigen Ackerbauern lädt sie ein und zeigt
Wege, auf welchen die gelehrige Schar aus rohem Gold Samen, welche
emporwachsen, hervorbringt. Fürwahr, damit die Göttin, wenn sie zu ge-
wissen Zeit in die Finsternis des Styx eingetaucht ist, [20] unter den Sterb-
lichen einigen Glanz hinterließe, † stellte sie ihre ungewöhnlichen Gaben
auf diesen nahen Felsen. Du wirst dennoch diese niemals aus eigener Kraft
erlangen, wenn ich nicht vorher die Schatten mit hellem Licht auseinander-
getrieben haben.
Schon so viele Jahrhunderte sind es, daß sich um den Erdkreis schlängelt
der Ruf [25] des * Chrysolith, welchen die Gottheit im blitzenden Busen zu
hegen pflog. Allein, nachdem sie die alten Stätten und Herrschaftsbereiche
verließ, entriß ihr Plutos † Schar, die bereits darauf lauerte, in heftigem
Aufruhr [diesen] aus dem Schoß und schleuderte [ihn] mitten ins Schatten-
reich. Diesem wohnte die Kraft inne, daß er, was er nur berührte, [30] in
reines Gold verwandelte, wie beliebige rohere Metalle. Denn fürwahr *
wohnte sie als betriebsame Aufpasserin dem großen Werk bei, als zum
ersten Male † Pyralis die zusammengefaßten Feuer mit Blasebälgen
——————
[v. 6] Chryseis wird als Ceres’ Tochter gedacht, weil man das Gold aus der Erde herausholt.
[v. 9] * Durch Wunderzeichen.
[v. 10] † Wie Gespenster es am Grab zu tun pflegen.
[v. 15] * Der Goldmacherei.
[v. 21] † Die Alchemie.
[v. 25] * So gefiel es den Stein der Weisen zu nennen.
[v. 27] † Siehe den Mythos vom Raub der Proserpina bei Claudian.
[v. 31] * Die Tugend des Steines.
[v. 32] † Die Dienerinnen der Chryseis, die auf das ganze Werk der Metallurgie anspielen.
[S. 20] anfachte, und Rauchwolken lange im Kreise drehte Psolopoea, bis endlich
die an der schroffen Wand hängenden Gewebe gewandelt hatte Oncophore
zu Schlacken und tönenden Klumpen. Daraufhin besiegelte Chryseis das
Werk mit diesem Stein und mit glänzendem Siegel [5] und versah es mit
——————
[v. 1] Übertragener Ausdruck, von den Schmieden entlehnt.
der schönen Pracht des Goldes. Die Göttin selbst fertigte diesen Stein. Die
Göttin selbst bewahrte die Kunst, wie man es vollbringt, auf und zeigt sie
Dir nun durch diese Erscheinung. Der Vogel nämlich hat bereits mit helltö-
nender Stimme gesprochen, und auf so viele Arten veränderte er sowohl
Federn als auch Stimme, [10] er ist die Materie des Steines, der Purpur der
Gebärerin Erde, welcher, † anfangs frisch aus dem Inneren der Mutter her-
vorgebracht, schwärzlich ist und im Aussehen den stumpfen Magnetstein
nachahmt. Daher hat er es vielleicht auch verdient Magnesia genannt zu
werden. Daher wurde er die Krähe genannte, welche für sich Apoll Tym-
braeus [15] lieber heilig haben wollte und die mit dem schwarzen Schnabel
keinen Mucks macht. Wie viele Eigenschaften sie hat! Wie viele Kräfte im
schönen Leib! * Hernach ist sie durch das zum Schwane gehörende Weiß
blitzend gemacht worden, und brachte den hörnernen Schnabel aufsperrend
ein himmlisches Lied dar, sofern es alsbald hervorkommt in der Art einer
elfenbeinernen Tafel, [20] wenn sie der Kundigen Gefäßen das Feuer ver-
spürt.
Diese Farbe des Steins wurde einst als der lieblichsüße † Sang des Flü-
gelgängers erachtet, und übertraf die Milchstraße und die schneeigen Al-
pen. Allein, weil Du zuletzt gewahrtest, wie er von * Scharlach erglänzte,
und eine göttliche Melodie ertönte, wie auch Gesänge, [25] von der Art,
wie sie nicht einmal die Musen bei den Gastmählern Jupiters vortragen,
nimm wahr, daß die höchsten Zierden des Chrysolith bezeichnet werden.
Eine ungeheure Schlange, † die zu betäuben notwendig ist, bemerkt alle
unreinen Verschmutzungen und schlechten Brennstoffe, welche die Kräfte
des Steines abhalten, wie Wolken die Sonne. [30] Diesen Bodensatz wa-
sche zuerst ab mit schwarzen Giften, dann besprenkle die verbleibende
Menge wiederum mit frischen Wassern, damit sich im der gereinigten *
Topf der Geist absetzt. So gefiel es der Göttin in geheimen Zeichen ihr
Spiel zu treiben,
——————
[v. 11] † Die Schwärze zeigt sich in beiden Principia des Steines, sobald er einmal beginnt
die Faulung zu verspüren.
[v. 17] * Der Wechsel der abwechselnd aufeinanderfolgenden Farben bei der Materie des
Steines.
[v. 21] † Was die Milch des Flügelgängers bei den Chemikern ist.
[v. 23] * Die letzte Farbe, beim Stein.
[v. 27] † Was der Drache bei den Chemikern ist.
[v. 32] * In den chemische Gefäßen.
[S. 21] damit nicht die den Oberen unwillkommene Schar durch diese Tempel irrt
und mit tempelräuberischem Sinnen sich so große Geheimnisse aneignet.
Du, wenn Du etwa ob meiner deutlichen Warnung anlandetest am ver-
——————
[v. 3] Die Kunst darf keinem Dahergelaufenen entdeckt werden.
——————
[v. 6] * Symbolum nauticum.
[v. 11] Raritas virorum Chemicorum.
[v. 13] † Obscuritas authorum.
[v. 25] Naturae contemplatio commendatur.
[v. 31] † Principia rerum.
[v. 33] Durabilitatis rerum causa.
söhnlichen Gestade der Kunst, halte Du nicht den gebogenen Kiel vor [5]
den Syrten und Riffen, auf welche er alsbald auflaufen könnte. Und wenn
er auch auflaufen mag, laß kein glücklich davongekommenes * Seemanns-
lied ertönen. Jedweder fürwahr hat Zugang zu den Fluten des tosenden
Pontus, wie es jedem beliebigen gestattet ist, alle Fährnisse auf sich zu
nehmen. Allein, vom weiten offenen Meer zurückzukehren, und den rei-
ßenden Nordwestwinden zu entgehen: [10] Hierin liegt die Aufgabe, die
Mühe. Wenn die Gottheit will, daß Du Dich des goldhaarigen Fells be-
mächtigst, werden vielleicht dreihundert kommen, welchen es nicht zuteil
werden wird, ein so günstiges Schicksal zu erleben.
Es sollte das bereits Gesagte † Dir genügen als ein einfacher Hinweis auf
die Dinge, sofern nicht der Gelehrten holperige [15] Lehrsätze [Dir] so den
Verstand zerrissen haben, wie einst Medea die Eingeweide ihres Bruders
zerteilte, als sie die heimischen Gestade floh und töricht dem Argolischen
Jüngling nachlief.
Deshalb, während Du die gelehrten Spielereien der Weisen überdenkst,
setzte scharfsinnig den Verstand ein und erforsche die tiefe Bedeutung. [20]
Und hüte Dich überhaupt, was für den Sterblichen ein tadelnswertes Han-
deln ist, daß Dich nicht die trügerische Meinung eines anderen beschäftigt
hält. Dennoch wirst Du die geheimen Urgründe des Steines nicht finden,
wie auch die Gattung und den Zusammenhang, durch welche er aus der
Schale hervorzukommen pflog, wenn Du nicht vorher, nachdem die Schrif-
ten der Väter gelesen sind, [25] den Schultern Flügel ansetzt und in ge-
schwindem Fluge den ganzen Erdkreis durchdringst, wie auch durch die
große Leere der unsteten Natur fährst und die Gänge in der Erde schaust,
wie auch oberhalb die wachsenden Sprößlinge. Diese im Gedächtnis zu
bewahren, oh in die Verhältnisse Eingeweihter, ist göttliches Gebot; [30]
diese in den Schlupfwinkeln des Geistes und den tiefen Winkeln lange zu
befragen: † welche die Elemente sind für jegliches Ding; woher die schänd-
liche Clotho die Leben der Menschen spinnt; woher die Leitungen der
Lebenskraft fließen; auf welchem Weg
——————
[v. 6] * Bildlicher Ausdruck aus der Seefahrt.
[v. 11] Die geringe Zahl der echten Chemiker.
[v. 13] † Die Dunkelheit der Autoren.
[v. 25] Die Betrachtung der Natur wird empfohlen.
[v. 31] † Die Principia der Dinge.
[v. 33] Der Dauerhaftigkeit der Dinge Ursache.
[S. 22] die lebendigmachende Kraft der Dinge entweicht; durch welchen Spender
sie erstarkt. Der unermüdliche Geist nämlich wird in andauernder Bewe-
gung gehalten, in sich gärend ist er gleichsam trächtig an kleinen Seelen.
——————
[v. 1] Die Weltseele.
[S. 23] Quod pingue est, rudibúsque Elementis copula prima est,
Terrenis fabricis alia insunt corpora viva.
Portio namque salis quaedam Crystallina inhaeret,
Atque aliud quiddam, * quod linguae adspergit acorem.
——————
[v. 4] * Mercurius secundum nonnullos naturaliter acidus est.
Ebenso funkelt in allen die Weisheit des eingezeugten Geistes. [5] Erfor-
sche die Gepflogenheiten der durch alle Dinge gehenden Seele, wie sie
nach fester Ordnung stets Gleiches aus Gleichem erschafft, damit sie nicht
irrig Gegensätzliches mit Gegensätzlichem verbindet. Selbst wenn sie ein-
mal irrt, da sie mit verschiedenen Samen verbunden ist, duldet sie es nicht,
daß darüber hinaus naturwidrige Gestalten zustande kommen.
[10] Es gibt folglich für alles eine bestimmte erzeugende Form, nach
deren Vorschrift die Ideen im Körper verhaftet bleiben, aus deren Quelle
sich die Arten und Unterarten ausbreiten. Nach diesem Gesetz sollst Du
vorgehen. Nach dieser Regel bringe alles sehr Ähnliche eng zusammen,
damit kein überstürztes Durcheinander des Werkes entsteht. [15] Allein,
weil nicht alle aus einem Körper hervorgebracht werden können, haften
doch die Trockenen den Feuchten an, * wie auch die Weichen den Harten.
Ebenso schließt mit dem Kalten das Warme die festesten Bündnisse, † nicht
anders als durch ein Mittleres konnte der Geist diese verbinden. Der Geist
nämlich, der sich als göttlich erzeigt und eines Körpers entbehrt, [20] ver-
mochte nicht die haftenden Seiten zu ergänzen in der Masse. Ein gewisses
anderes gibt es, das es nicht auf Erden gibt und nicht im Himmel. a Es ist
die Fessel der Venus, durch welche Juno Pronuba solch Verschiedenes zu
einem verbindet, wie auch festsetzte Stätten für die Verbundenen. Durch
dessen Einfluß wird dem Himmelsgewölbe gefügig das tiefste Naß [25]
und die Erde, wie auch alles, das darüber wie darunter sich aufhält. b Dies
ist der Zunder des Geistes, und der reine Hauch von Cupidos Feuer, die
geschmeidige Salbe oder das ergiebige Öl. Dieser ist der Leim der Natur,
das immerwährende Licht. Woher den Pflanzen die Wirksamkeit und den
Steinen die Kraft kommt; [30] c welches das Salz unter der Erde dem him-
mlischen Strom verbindet. Denn neben dem Geist, neben dem hauchigen Öl,
——————
[v. 8] Ungeheuer gebären nicht.
[v. 11] Die ewigen und unveränderlichen Gestalten.
[v. 15] Nichts wird aus einem erzeugt.
[v. 16] * Die Vermischung der vier Eigenschaften.
[v. 18] † Welche denn die Ursache der Vermischung der Formen ist.
[v. 22] a Siehe Lukrez vom Anfang des Werkes an; wie auch das dem Catull zugeschrie-
bene ›Pervigilium Veneris‹.
[v. 26] b Es kommt ein anderer von der Weltseele. Siehe auch Fernel.
[v. 30] c Dem Mercurius der Chemiker wird es verbunden durch die Vermittlung des
Schwefels.
[S. 23] welches fett ist, ist es das erste Band der groben Elemente, den irdischen
Stoffen wohnen andere lebendige Teile inne. Es steckt nämlich darin ge-
wissermaßen ein kristallinischer Teil des Salzes wie auch ein gewisses an-
deres, * welches sauren Geschmack auf die Zunge träufelt. [5] Diese rieb
——————
[v. 4] * Der Mercurius ist nach einigen von Natur aus ein Essig.
ein einst mit Lebenskraft die Schöpferin Natur, damit mit diesen Hilfsmit-
teln die † Erzeugung der Dinge geschähe, wie auch den Vermischten Ge-
schmack, Masse und Geruch zukäme. Und möge auch finstere Nacht auf
jenen Erzeugnissen lasten, und mögen sie gleichsam in tiefer Finsternis
getaucht verborgen sein, [10] wenn sie dennoch a aus der Dunkelheit
schimpflichem Kerker hervorspringen, könnten sie um den Siegeszweig
wetteifern mit dem behenden Himmel. Ich platze, b fast meint man, ein
Stern selbst sei aus dem Himmel herabgefallen!
Soweit halte sie für sehr ähnlich den himmlischen Flammen. Diese Kraft
lebt in allen wie auch in einem besonders [15] wieder auf, nachdem c den
Dampft d das Naß abgesondert hat; der Glanz e den Schmutz des Salböls;
das Salz den verderblichen Unrat des Bodensatzes; nun werden sie den
himmlischen Sternen einvernehmlich gemacht. f Bis nämlich das lodernde
Feuer dieses Fette verzehrt hat, nennt man es unrein. Wofern es aber mitten
im Feuer den Sieg davon trägt, [20] ist es wahrhaftig das göttliche, das
nicht vom Feuer vernichtet wird, g wie es auch keine Flamme vermag,
ein Gestirn zu verbrennen. Jedoch ist die Natur nicht irgendwelchen Ölen
ähnlich. h Desto größer diesen freilich die Verwandtschaft zur Welt als zum
Geist ist, desto mehr vermögen sie es, der Flamme zu widerstehen, [25] i
welches im Silber, welches im rotglänzenden Golde die Salbe ist: Je weiter
die Übrigen fern stehen, desto weniger widerstehen sie den Feuern. k Al-
lein, weil es sich für den Chrysolith geziemt ein durch kein Feuer verbrenn-
barer Same zu sein, ist es göttliches Gebot, ihn vom Stamme des Goldes
abzupflücken. Dennoch soll nicht aus diesem verehrungswürdigen Werk
der Stein sich erheben. [30] Der Geist ist der Seele Gefährte, den man
verbinden muß, wie auch die Tugend des Salzes, welche sich in einem
Teil befinden.
——————
[v. 6] † Des Paracelsus Meinung von den sekundären Eigenschaften.
[v. 10] a Durch die Arbeit der Chemiker; durch die Faulung, versteht sich, welche anfangs
absondert.
[v. 12] b So Persius: Ich platze, fast meint man, [es brüllten] Arkadiens [Herden], etc.268
[v. 15] c Unreinheit.
[v. 15] d Mercurius.
[v. 16] e Öl oder Schwefel.
[v. 18] f Die Brennbarkeit hängt von der Unreinheit ab.
[v. 21] g Der Öle Verschiedenheit.
[v. 23] h Je reiner das Öl, desto unempfindlicher [ist es].
[v. 25] i Die Öle des Goldes und des Silbers.
[v. 27] k Wie beschaffen der Same desselben Steins sein soll.
[S. 24] Dieser Geist verleiht ebenso, mächtig verströmt in allen Urgründen der Welt,
——————
[v. 1] Der Geist der Welt.
268 Abgeglichen mit der Übersetzung von W. Kißel, in: Persius (1990), S. 35.
den Dingen große Pracht. Dieser ist die Cyprische Gottheit. Dieser ist die
hochbejahrte Dione. l Dieser [ist] womöglich Phanes, von dem einst Or-
pheus überlieferte, [5] er habe vor dem Chaos zu Anfang unter den himmli-
schen Göttern für die Dinge die Stätte und den passenden Rang festgesetzt.
m Dieser dreht gleichsam als Angelpunkt kräftig alles mit fester Bewegung
herum. Dieser unterteilt das ganze Jahr in vier Teile. Dieser hat bei sich im
Gefolge, was ein jeder der Weltkreise enthält; [10] sowohl der hochschwe-
bende, als auch derjenige, welcher in der viergeteilten Masse ruht. Dieser,
mag er auch ein himmlischer sein, hielt es dennoch für wert, diesem Unrat
eingeboren zu werden; bringt sich mit mannigfaltigen Eigenschaften ein.
Der große Abkömmling des Gottes * Chronos, welcher alles in der ganzen
Natur bewegt, ist auch den Dingen der früheste Ursprung. [15] Jener unge-
heuere Geist, zerteilt in die Glieder der Welt ist nicht wegen einer Eigen-
schaft groß, sondern tausend Gestalten, tausend Erscheinungen bringt er
hervor, und streut aus tausend Farben. Denn er ist an Gaben gleich seinem
verbundenen Glanz, welchem er sich durch stetige Bande von Anfang an
vereinigte. [20] Es ist dennoch im † Zinnober ein weitaus kostbarerer
Glanz; nicht im gemeinen, sondern welcher sich von Sonnenaufgang an
verbreitete, und der nach und nach sich selbst gleich den * schäumenden
Wogen der See entkam, den Geburtsstätten der nährenden Venus. Ebenso
verachtet er zuletzt Vulcanus † und trägt im Feuer den Triumph davon,
[25] und er glänzt vielfarbig so wie die Thaumantische Tochter
Doch bereits neigt sich die Sonne, * und spät tritt der Abendstern ans
Firmament. Geh, Chrysanthus. In einer nahen Hütte wirst Du in dieser
Nacht ruhen. Morgen, sobald im purpurfarbenen Umhang Pallantias auftre-
ten wird, und Phoebus das feuertragende Haupt aus der Meeresfläche er-
heben wird, [30] werde ich Mehreres enthüllen. Unter diesem Laub wirst
Du mich finden.
——————
[v. 4] l Über Phanes, den Erzeuger der Götter, siehe den Hymnus des Orpheus.
[v. 7] m Sonst wird sie die Grüne Linie genannt.
[v. 13] * Des Saturns, das heißt: der Zeit.
[v. 20] † Im Mercurius der Philosophen.
[v. 22] * Den Weißmachenden.
[v. 24] † Beim Mercurius die verschiedenen Farben.
[v. 26] * Abruptio.
CHRYSEIDOS
LIBER III.
Argumentum,
——————
[v. 3] * Deus somniorum, quemadmodum et Morpheus.
[v. 6] * Ita Plautus in Amphitruone.
DER CHRYSEIS
III. BUCH
Inhalt,
Es enthält das dritte Buch einen Traum des Verfassers, und hinzugefügt
dessen Erklärung durch einen Greis, worin deutlich kundgetan wird, wel-
cher Same des Steins der Weisen aus dem Gold zu erlangen ist. Es zeigt
darüber hinaus auf, was für ein Gold benötigt wird und auf welche Weise
oder durch welches Mittel dessen Same zu Wege gebracht wird. Es verwirft
indessen die übrigen, welche den Metallen bloß irgendeine Färbung auf-
schmieren, die durch äußerst geringe Mühe von diesen wiederum abzuson-
dern ist; wiederum über das mineralische Gold: Es hebt die Reinheit der
Dinge bei der Entstehung hervor. In ›satyrischer‹ Verhöhnung wird gegen
jene losgezogen, welche anderer Meinung sind. Es behandelt weiteres über
die Schwefel von Sol und Luna. Unterwegs kommt es auf die Art des
Feuers; wiederum über den Philosophischen Mercurius Genaueres wie
auch manches über dessen Vereinigung mit dem Samen; über die verbrenn-
baren Teile des Mercurius, welche manche Zinnober nennen. Zuletzt ent-
kräftet es den Einwand bezüglich der Verwandlung der Metalle.
[S. 26] Allein, ich berge meine Glieder in nächtlicher Ruhe. Kaum sind die Augen
geschlossen, da wühlen Träume das Gemüt auf. »Was, rufe ich aus,
schrecklicher * Phobetor, soll das alles bedeuten?« Und auf dem Boden
hingestreckt wälze ich meine matten Glieder hin und her. [5] Ich hebe
das Haupt und richte die müden Augen zu den Sternen empor. Kaum
sehe ich, wie die Plejaden sich * vom Himmel zurückziehen, und das Drei-
gestirn mit trägen Schritten den Lauf vollendet. Unterdessen bin ich bei mir
schlaflos mit neuen Träumen zugange, da Aurora mit rosenfarbigen Haaren
zu schimmern beginnt. [10] Ungeduldig erwarte ich den Greis. Ich erhebe
mich, mache mich auf den Weg und komme zu den Zweigen der verein-
barten Eiche. Dort stoße ich auf den Greis, der die Hände zu den Gestirnen
ausgestreckt hat. Als er das Geräusch hörte, blickte er nach hinten auf den
Ankömmling. Er erhob sich und, indem er den Freund umarmte, sagte er:
——————
[v. 3] * Ein Traumgott, ebenso auch Morpheus.
[v. 6] * So Plautus im ›Amphytruo‹.
——————
[v. 15] Ita Authorem adscitio nomine compellat Senex.
[v. 26] Hesperus.
[v. 27] Lucifer.
[v. 28] * Quia jam Cupri dea dicitur.
[S. 27] Vis quidem ab axe data est, * purâ splendescere luce
Vt liceat: mihi dura tamen, vilisque supellex
Exsolvit vires; alias mea numina cunctae
Sentirent fabricae. Tamen haec carchesia porto,
[5] Vnde profundo imbrem super haec * infirma metalla,
Et maculas extergo omnes, naevósque vetustòs,
Vt jubar introeat Phoebi, grandísque facultas.
Hic imber fluit uberibus, cum copula Amoris
Mulciberiqué dolus me junxit forte † Gradivo.
[10] Iam sum foeta brevi pulcrum enixura * puellum,
Atque mihi Lucina foret bis quarta Diana:
Clarus erit laude, atque excellet utrumqué parentem.
——————
[v. 1] * Id est non obscura.
[v. 3] N[ota] B[ene].
[v. 5] * Caetera omnia praeter Aurum et argentum.
[v. 9] † Ferro.
[v. 10] * Spiritum ex vitriolo utriusque destillatum.
»Sei gegrüßt. [15] Wie fühlst Du Dich, Chrysanthus? Wie gefällt Dir das
fremde Land? Schlaf ist hier recht selten, die Lager sind für uns hart.«
»Nicht diese, ehrwürdiger Greis, erwidere ich, wären imstande, die er-
schöpften Sinne in Unruhe zu halten. Eine höhere Ursache jedoch steht
dagegen. Mein Gemüt erschütterten heute wundersame Träume. [20] So-
fern wir Zeit haben, und es recht ist, werde ich den ganzen Verlauf erzäh-
len.« Jener nickte zustimmend, und gleich darauf setzte er sich mit mir ins
Gras. Darauf begann ich im Vertrauen: »Also richte deine Aufmerksamkeit
auf das Gesagte.
Vor meinen Augen schien eine prächtige Schar von Göttern aufzutauchen
und mich ganz zu umgeben. [25] Zuerst war es an der göttlichen Behüterin
der Stadt Paphus zu sprechen, sie sagte: ,Sieh, bald folge ich spätabends den
Nachtlagern des Phöbus, bald kündige ich ihn an, wenn der Sonnengott be-
netzt aus den Gegenden im Morgen zurückkehrt. Zu Dir komme ich aus
eigenem Antrieb im * erzbeschlagenen Wagen, nicht durch Drohungen ver-
anlaßt. Wer wäre so verwegen, einer Gottheit Befehle zu erteilen? [30] Ge-
hüllt bin ich nämlich in tönendes Erz. Von Erz tönt der Sitz. Aus Erz sind
diese Szepter, die Polster aus Erz, wie auch aus Erz die Halsberge. Wundere
Dich nicht über die Aufmachung. Mir bietet kein Obdach mehr das Cytherei-
sche Zypern. In den Bergwerken zu wandeln ist nunmehr willkommen.
——————
[v. 15] So redet den Verfasser mit dem erfunden Namen an der Greis.
[v. 26] Abendstern.
[v. 27] Morgenstern.
[v. 28] * Weil sie außerdem die Göttin des Kupfers genannt wird.
[S. 27] Die Kraft ist zwar von der Himmelsachse verliehen,* so daß es frei steht, in
reinem Licht zu gleißen. Dennoch entzieht mir das derbe und wertlose
Rüstzeug die Kräfte. Andernfalls würden alle Metallwerkstätten meine
Gottheit verspüren. Gleichwohl trage ich diese Gefäße, [5] aus welchen
ich über diese * schwachen Metalle ein Wasser ausgieße und alle Flecken
abwasche und alten Makel, damit der Glanz des Phoebus hineintritt, und
eine bedeutende Kraft. Dieses Wasser entströmte den Brüsten, da gerade
die Fessel Amors und die List des Schmelzers mich einmal dem † Kriegs-
gott verbanden. [10] Schon bin ich schwanger und werde in kürze einen
holden * Knaben gebären. Und Geburtsgöttin wird zweimal die vierte Dia-
na mir sein. Berühmt wird er ob seiner Vortrefflichkeit sein und beide El-
——————
[v. 1] * Das heißt: nicht im Dunklen befindlich.
[v. 3] Beachte genau.
[v. 5] * Alle anderen neben dem Gold und dem Silber.
[v. 9] † Dem Eisen.
[v. 10] * Den Geist, welcher aus dem Vitriol der beiden destilliert ist.
——————
[v. 13] a Aurum.
[v. 16] b Aurum ab igne nihil deperdit.
[v. 18] c Saturnus.
[v. 26] d Mercurius.
[v. 28] e Saturnus scientiae secretae inventor.
[v. 31] f Tempus omnis generationis et corruptionis author.
[S. 28] Laßt den Mut nicht sinken. Von dieser Sichel durchbohrt fiel Apoll halbtot,
während er sich im gläsernen Quell wusch. Denn wahrlich triefen diese Waf-
fen schwer bestrichenen von übelriechendem Gift. Dennoch habe ich ihn
nicht getötet. Denn fürwahr ist er der teuerste Nachkomme, [5] wie sehr es
auch eine Wonne sein mag, sich am eigenen Fleisch und Blut zu laben. Und
wenn er auch aus dem Herzen einen Schwall von Blut ergießt, wird er den-
noch die Seele nicht aushauchen. Denn er lebt das unsterbliche Leben der
Götter, welches das grausame Schicksal nicht kennt. Dies tat ich um unsret-
willen, [10] damit der edle Saft * diese Runzeln glättet und die bleiernen
Schrecknisse des häßlichen Antlitzes, und euch alle mit gleicher Pracht be-
schenkt. Denn fürwahr wäscht das Blut des Phöbus allen Schmutz von un-
——————
[v. 6] Das Blei bleibt auf auffällige Weise am Gold hängen.
[v. 10] * Des Saturn selbst.
serem Körper und gibt, daß wir eines vornehmeren Lebens teilhaftig wer-
den. Unterdessen hegte ich die Grundlagen von dessen Leben, [15] damit
er, sobald er zu sich zurückkehrt, einem jeden eine Krone überreicht, aus
Gold gefertigt und mit roten Edelsteinen geziert.‹ Als er dies gesagte hatte,
fuhr der * Cyllenische Heros fort und wandte sich an den höchsten Jupiter,
† dem keine goldene Krone das krause Haar zu umgeben schien. [20] Nach
diesem richtete er das Wort an die bleiche Diana. Dann wandte er sich an
die Venus. Darauf geht er die Person des Gottes Mars um Rat an. Ein jeder
gelobt seinen Beistand. Schon umschmeicheln wohlriechende Balsame im
Wettstreit die Nasenlöcher und Schläfen des Phoebus, [25] während die
Götter schließlich mitansahen, wie sie die im Herzen verborgenen Kräfte
zurückriefen, erhob sich nun Phoebus, da er unvermutet emporfuhr, träge
vom Abbild des Todes. Jener hob das Haupt und vergalt die weitsichtigen
Bemühungen der Götter, welchen Qualen sie Abhilfe verschafft hätten. Er
verströmte Licht, breitete angenehme Strahlen aus [30] und hüllte die
dienstbaren Geschwister in staunenerregenden Glanz. Während ich dies
sah, schien ich flehend auf die Knie gefallen zu sein, in der Absicht, von
den Göttern bedeutendere Dinge zu erbitten. Allein, da ich keuchend mit
Mühe Atem hole,
——————
[v. 17] * Mercurius
[v. 18] † Weil er außerdem bloß über ein recht geringes Metall gesetzt ist.
[v. 20] Das Silber.
[v. 21] Das Kupfer. Das Eisen.
[v. 30] Es wird über die Tinktur gesprochen.
[S. 29] erwache ich aus dem Schlaf und entgleite der bedeutungslosen Erschei-
nung.«
Da nun rief mein Greis: »Oh, Chrysanthus, Du glücklicher! Diese Er-
scheinung ist allerdings nicht bedeutungslos, wie Du annimmst. Nunmehr
bin ich der festen Überzeugung, daß Dich die Götterschar liebt. [5] Nicht
jedem Beliebigen nämlich kommen diese Geheimnisse zu Ohren. Aber es
ist darzulegen, was diese Erscheinungen für Dich bedeuten. Es besteht kein
Zweifel, während man die Bände der Väter gelesen, daß der Urgrund des
Chrysolith sei, welchem in einem Wort zusammen sieben Buchstaben wä-
ren. [10] Aber durch jeden der sieben Buchstaben bezeichnen die Argiver,
die Sache ist offenkundig, einen Planeten. Zweimal drei und ein Metall
bezeichnet seinerseits jeweils ein Planet. Wahrlich, so meine ich, den Mei-
stern steht die Aussage nicht entgegen, daß sie ihre Zeichen in entgegen-
setzter Ordnung aufreihen. Das Quecksilber entlocken sie den Metallen und
——————
[v. 9] Was das aus sieben Buchstaben bestehende Wort bei den Chemikern bedeuten soll.
den Schwefel, [15] der imstande ist, alle Verunreinigungen von diesen ab-
zuwaschen, auf daß der eine in des anderen unvermischte Körper schlüpft,
womöglich nicht wird ein Betrogener Öl und Mühe verschwenden. Allein,
mehr vermögen die näher aus dem Golde Gezogenen. Denn in der Tat ent-
hält das Gold, da es im Vergleich zu den übrigen Metallen gleichsam die
Summe darstellt [20], die Kräfte aller, wie der Pontus die Ströme.
Trag also Sorge, daß Du Dich vor allem davor hütest, daß Du die Schrif-
ten der Männer im einfachen Sinn auffaßt, auch nicht [*] den wahren die
eitlen Samen des Pöbels unterschiebst. Die Dir gewogenen Götter haben
Dich unterwiesen. Phoebus nämlich schwang in der Tat die Zügel der Herr-
schaft. [25] Er selbst steht dem Gold voran, nachdem † Chryseis fortging.
Dennoch wirst Du aus Gold keinen göttlichen Samen erhalten, wenn es
nicht vorher Ströme von beißendem Wasser trinkt und nicht im Innern
die grausamen Gifte Saturns verspürt. So beschaffen ist der Same des Chry-
solith, daß er in den verborgenen [30] † innersten Eingeweiden des Erd-
reichs aufbewahrt wird. Es ist dies der edle Schwefel, der seinen Urgründen
eine dauerhafte Färbung verleiht. Denn es gibt fürwahr überall im Boden
die unterschiedlichsten Schwefel, und alle spüren der Natur seines Metalls
nach.
——————
[v. 22] * Das heißt: die Samen der Metalle.
[v. 25] † Sie wurde geraubt von Pluto.
[v. 27] * Des Menstruum.
[v. 30] † Der bereitete Mercurius.
[v. 31] Der Schwefel des Goldes.
[v. 32] Der Schwefel Verschiedenenheit.
[S. 30] Dennoch gibt es Verunreinigungen wie auch Aussonderungen in den Berg-
werken, welche ebenso die leichteren Erze in eine andere Farbe tauchen. Es
entsteht lediglich ein abblasbarer Glanz durch dieses Schminken, die, sei es
auch, daß sie das Angepustetwerden auszuhalten scheinen, [5] dennoch
nicht drinnen in der Wurzel verhaftet sind. Solche werden vom Pöbel aus
gemeinem Alaun gezogen oder aus Schwefeln, welche ein lahmes altes
Mütterchen feilbietet. Dies ist der Idalischen * Schminkzeug, welches
Apoll verschmähte. Folglich ist hieraus die Tinktur für den Stein nicht zu
ziehen. [10] Sie soll hervortreten aus dem Erz des Phoebus und der blei-
chen Diana. Hieraus, Chrysanthus, läßt der Feuerbeherrscher die schwefli-
gen Heilmittel des Steines herausfließen und klärt sie in heftigem Feuer, so
——————
[v. 6] Das Alaun macht weiß.
[v. 8] * Der Venus.
[v. 10] Der Schwefel des Goldes und des Silbers sind die wahren Principia des Steins.
lange er es mit der Hand nicht zu berühren vermag † und es der Luft ähnlich
ist. Mit diesen, sobald sie wiederum gestreckt und ins Unendliche gebracht
sind, [15] könnte er eine unermeßliche Menge * in Gold verwandeln, mit
einem ganz kleinen Körnchen die ungeheuren Massen des Kolosses.
Sicherlich ist ein großes † Werk und eine wunderbare Zierde der Natur
das Gold. Dennoch nicht das, welches nach Volksmeinung die Geizhälse
satt macht, sondern das sich tief unter der Erde verborgen immerfort regt.
[20] Ein Erz, das nicht die Arme des kräftigen Schmiedes verspürt hat,
schimmernd wie Bernstein, aber reiner als Gold, * von dem alle sagten,
es sei völlig gleich dem grünen Smaragd. Nicht weil es so grün wäre,
wie die ausgedehnten Grasflächen im Tempetal, sondern weil in ihm waltet
die Pracht des belebten Himmels. [25] Dieses unberührte Erz wird auch die
grünende Linie genannt und man glaubt, daß sie um den ganzen unermeß-
lichen Erdkreis gespannt ward, und daß sie der Natur selbst Leben gab und
Gesetze begründete. Dies ist die Art des Chrysolith, dies ist die verborgene
Natur. Nicht ist er im Kupfer, nicht ist er in einem wertlosen Körper, [30]
wie sehr auch derart in verdeckter Rede die Magister plärren. Frisch hat er
zu sein, und man soll ihm noch die Wickelbänder seiner Mutter anmerken,
aus dem Mutterschoß soll er kommen, strotzend von reiner Atemluft;
——————
[v. 13] † ›Alcool‹ nennen ihn die Araber.
[v. 15] * Die Tinktur.
[v. 17] † Des Goldes Lobpreis, doch des unterirdischen.
[v. 22] * Das Grünwerden des Goldes.
[v. 25] Was die Grüne Linie bezeichnet.
[v. 29] Die Materie des Steines kommt in den übrigen Metallen nicht vor.
[S. 31] nicht erfahren habend die grimmigen Mühen des rohen Handwerkers, nicht
die Kräfte des Feuers oder den Zorn des regenbringenden Äthers. Denn je
weniger etwas vom Moment der Entstehung entfernt ist, von desto größerer
Stärke strotzt es, von desto größerer Tatkraft. [5] Bei neugeborenen Kin-
dern weht der Lebenshauch * üppiger. Größere Kraft ist in den Kräutern
und selbst in den Blumen, † wenn sie als Keimlinge im ersten Flaum wu-
chern. Golden war das erste Zeitalter und dazu äußerst reich an gelehrten
Köpfen. [10] Einst schienen die Menschen die hohen Pinien zu überragen
——————
[v. 1] Die Urzustände eines jeden Dinges sind edler als die Entwicklung.
[v. 5] * Die angenehme Wärme bei den Kindern.
[v. 6] † Dennoch ist es nicht allgemeingültig.
[v. 9] * Die Menschen des ersten Zeitalters.
und nicht, wie jetzt, Zwerge. Nicht † überhastete die üble Lachesis mit der
Schicksalsspindel das Werk, sondern das Leben floß für die Ahnherren
dahin wie ein lieblich murmelnder Wildbach. Die Erynnie, welche das Er-
dengeschlecht nicht kannte, hielt sich verborgen. * Auch die schwarzen
Furien [15] traten noch nicht, von Krankheiten begleitet, vor die Augen
der Welt. Gab es irgendeinen Grund? Offenbar erkannte man die rechte
Hand des Schöpfergottes. † Der Topf behielt den Wohlgeruch, mit welchem
er in Berührung gekommen war. Auch ächzte die Erde noch nicht unter der
Last des Verbrechens. Fürwahr aber, da [20] * alles, durch unschickliche
Ausschweifung verdorben, entartet, lastet zu Recht ein beschwerliches Zeit-
alter auf uns. Auch kommt vor dem Tag grau das beschleunigte Alter und
kündigt im hinfälligen Leib an das Schicksal: ebenso das Gold. Je mehr es
vom Duft der frühesten Entstehungszeit an sich hat, desto mehr verheißt es,
desto bessere Samen bringt es hervor, [25] auch steht die unberührte Masse
mit ungeminderter Stärke in voller Blüte. Drinnen verweilt unerschüttert die
Kraft, verbirgt sich schwer zugänglich die Tugend. Diese Tugend erkennst
Du im hellen Licht, sobald die Schalen aufgebrochen sind, sofern Du ja
nach den Samen, die einfärben, verlangst, welche gleichsam von dickem
Schmutz überdeckt waren.
[30] Deswegen, was im Feuer fließt, schöpfe nicht länger: Aus Gold wird
gewonnen, was in Gold wandeln soll. Oder pochst Du nicht aus und prik-
kelt Dir nicht vor lauter Gelächter die Milz, wenn jemand, um Wasser zu
schöpfen dorthin wandert, wo der Hundsstern die Flammen
——————
[v. 11] † Die Urvölker waren recht langlebig.
[v. 14] * Beachte genau.
[v. 16] † Die Beziehung zum Gesagten.
[v. 26] Das aufzulösende Gold.
[v. 33] Die südlichen Gefilde.
[S. 32] heraustreibt, und das Sternbild des Krebses mit dem des Löwen vermischt
ist? Wenn jemand, um es warm zu haben, zu den hochwinterlichen Gegen-
den eilt? Also soll die Sippschaft sich nach Anticyra begeben und in ihrer
Einfalt mit scharfer * Nieswurz purgiert werden, welche derart dem
Schwachsinn anheimfiel, [5] daß sie lebhaft aufs Geratewohl verneint,
daß Öl, als Salbung für die kranken Metalle, aus den Quellen des Goldes
zu erlangen ist. Und sich untersteht, im Harn und im trockenen Geröll
herumzusuchen. Oh, Raserei der Menschen! Oh, auf keine Weise zu süh-
——————
[v. 2] Die Nördlichen.
[v. 4] * Mit Nieswurz.
[v. 7] Exclamatio.
nender Frevel! Die gottlose Sippschaft wird es wagen, sich an das furcht-
bare Chaos zu machen, [10] wenn sie nur das Wesen der Dinge verkehrt
und, sobald die Ordnung zerstört ist, selbst nach und nach auflöst den ver-
knüpften Erdkreis. Denn Gott gab fürwahr allen ähnliche Urgründe und
beschloß für die Dinge den Zusammenhang und die genauen Ziele.
Aber, weil ja der Schwefel des Silbers Erwähnung gefunden hat, [15]
unterscheide vom reinen des Phoebus den unreinen der Diana. Dieser
nimmt sich von jenem die Steigerung des angeborenen Schmucks. Jener
gehört eher zur Erde, dieser aber zum Himmel. Dieser braucht gleichwohl
jenen, jener braucht diesen in umkehrtem Verhältnis. Ganz so wie die wei-
ten Wölbungen des Himmels von Bildern [20] voll, auf der Erde ihnen sehr
ähnliche Abbilder erzeugen. Die Erde wölbt, da der Gatte naht, versöhnt
den rosigen Busen und bestreut den Rücken mit mannigfaltigen Pflanzen.
Derart verehelicht erfreuen sie sich, da die beiden Schwefel zusammen-
hängen, einer vom Schicksal bestimmten Verbindung, oder vielmehr eines
festen Bündnisses, [25] und gleichsam einander angeschlossen des Ehe-
bandes.
Also errichte einen Herd und tue Feuer hinzu, aber aus dem Äther ge-
raubtes. Entziehe auf kleiner Flamme die Schwefel von fester Beschaffen-
heit, wie sie nicht der Atem des brodelnden Ätna überträfe. In diesen steckt
die Tugend der Seele und aller Metalle. [30] Jene sind gleichsam die le-
bendigen * Balsame der abgeglittenen Natur, wenn man mit diesen, auch
nur sehr wenig, einem Metall die faulen Stellen † bestreicht, werden sie
Leben hervorbringen und, als ob sie von Lebenskraft schwollen,
——————
[v. 14] Der Schwefel der Luna, oder des Silbers.
[v. 19] Vergleich.
[v. 27] Die feuerbeständigen Schwefel.
[v. 30] * Eine Entlehnung des Wortes.
[v. 31] † So wird gesagt, nicht dergestalt, daß sie bloß in der Vereinigung verändern,
sondern es spielt übertragen an auf die Salben der Ärzte.
[S. 33] werden sie von Säften strotzen. Es ist gesagt, aus welcher Quelle sie zu
erhalten sind. Denn fürwahr durch ihren Strahl kommen so viele Schwefel
hervor. Diese soll nicht die Wildheit Vulkans, sondern sanfteres Feuer her-
ausbringen, oder er wird plötzlich, nachdem die Wand ringsum zerborsten
ist, [5] entfliehen hin zur Heimat oder den Grenzen des Himmels.
Nun hoffe ich, daß im Gedächtnis haftet, was das Vorzeichen bedeutet, mit
welchem Dir † die Tochter der Cybele durch Traumbilder weissagte. Nun
kehre ich zur Erde zurück, welcher das goldene zarte Holz des Keimlings *
——————
[v. 3] Vorsicht hinsichtlich des Feuers.
[v. 7] † Chryseis.
[v. 8] * Wiederum über den Mercurius.
einzupflanzen sein wird. Denn das gestrige Licht gestattete nicht, [10] das
Ziel und den Ursprung der göttlichen Erde darzulegen. Ich sagte, der Acker
brächte statt jungem Getreide Drachenblut hervor. Dieses muß aus den
Adern der Erde * ganz genauso wie eine goldene Ernte hervorgebracht
werden, damit jenem die Einwirkung des Feuers nichts von der Stärke fort-
nehmen wird, † sondern den Samen im intaktem Erdreich [15] umgibt, und
ihn im sicheren Bauch sacht gelagert bewahrt. Unterdessen soll sie den
redlichen Pflichten einer * wahrhaften Ernährerin nachkommen, während
zweimal fünf Monate verrinnen, und mit süßem Nektar soll sie den Keim-
ling benetzen, bis er schließlich mit allen Gliedern prächtig hervorbricht [†]
und das freie Tageslicht [20] anstrebt, und es verschmäht, im Mutterleib
unter Verschluß gehalten zu werden. Alsdann steht die Geburt bevor, dem
Geborenen werden die Fesseln gelöst. Im Körper beginnen sich Anzeichen
von Leben zu zeigen. * Der äußerst würdige Sprößling kommt dem väter-
lichen Himmel gleich, und mag er auch an Jahren jünger sein als der Vater
Saturn, [25] übertrifft er ihn selbst dennoch an Gewicht und an Tugenden.
Folglich ist das höchste der Metalle, welches ich ›Tyrannus‹ nenne
(man nennt es üblicherweise Mercurius), welches hervorgebracht wurde
aus den untersten Gruben, der Stein, den so viele zuvor besungen haben,
in purpurnen Strahlen rotleuchtend, [30] der beständig mit hellmachender
Flamme gießt aus der Quelle * immerwährend Wasser. Nun soll er in die
Himmel steigen und bald wiederum von dort zurückkehren. Und wenn der
rastlose Geflügelte immer und immer wieder Himmel und Erdboden be-
leckt hat, wird er, da die Rostfarbe zur Gänze vergeht,
——————
[v. 12] * Der zur Erzeugung des Mercurius gehörige Grund.
[v. 14] † Er soll unversehrt sein, das Feuer nicht erfahren habend.
[v. 16] * Wie der Mercurius das Gold aufziehen soll.
[v. 18] † Übertragener Ausdruck.
[v. 23] * Der Stein der Weisen.
[v. 30] * Lange Währ verleihend.
[v. 32] Die Erhebung ist öfters zu wiederholen.
[S. 34] nicht geneigt die Bürde zu tragen, im kräftigen Feuer verharren.
Wir aber ziehen daraus nach und nach und nur, wenn ein bestimmte
Anzahl von Tagen vergangen ist, die Urgründe unseres Werkes. Deren,
sofern wir immer das rechte Maß einhalten, [5] verheißener Erfolg eintritt.
In einem tiefen Gefäß soll der unbewegliche Körper ruhen, an welchem
——————
[v. 2] Die Ausziehung geschieht in bestimmten Maßen.
eine bewegliche Hauchseele hängt. Mit beißenden Wassern ist der Körper
zuerst vom Hauch zu lösen. Auf der Stelle wird er in die Höhe steigen,
gleichsam als wäre das Gefängnis zerbrochen. Dies soll einige Male ge-
schehen, bis schließlich die träge * Wärme [10] erloschen und der verhaßte
Tod in die Flucht geschlagen ist, bis er als ganzes übrigbleibt, nichts von
der Masse entweicht, und keinerlei Abweichungen von geringer Masse
vorkommen. Also, solange der Strahl höher fliegt, gleich wie ein Flügel-
gänger, trenne ihn, da es sträflich ist, von den unreinen Schatten. [15] Er
soll sich der finsteren Nebel entledigen, er soll aus reinem Lichte hervor-
gehen und er soll beständig werden gegen den Orcus. * Immer soll Hermes
die Venus im zarten Leibe haben, welche unduldsam die Blitze des strah-
lenden Phoebus flieht, in der Art des unechten Adlerweibchens, welches
nicht, wie der † Flieger des Jupiters, [20] im Laub der Bäume sitzend
sich zum Sonnenaufgang hin ausrichtet. Derart empfängt auch die verzär-
telte Venus, deren Glanz ermattet, als * Borgende gar, da der Brudergatte
erstrahlt. Denn fürwahr, † wenn die Glut des Mannes die unangenehmen
Schatten der Gattin zerstreut, und Brenneisen das gekämmte Haar in Form
bringen, [25] und auf die glänzendweiße Stirn das mit Gold und Edelstei-
nen gezierte Diadem setzt, im Vertrauen auf welches sie weder mit Furcht
den Zorn des Äthers erwarten muß, noch wird sie geschwächt durch die
blasenden Ostwinde, noch muß sie mit Mühsal den Winter ertragen, noch
die wütenden Feuerbrände des Krebses. Es ist aber diese Venus das, was als
Brennstoff immer wieder vom Feuer weg nach oben [30] strebt, aber durch
dasselbe verbrannt die Schwingen ablegen würde. Dies ist Mercurius, dem
Du die zarten Fittige fortnehmen mußt, damit er beständig mit dem Schwe-
fel verbunden werden kann. Auch muß ihm recht heftig durch das Blasen
von Feuer zugesetzt werden,
——————
[v. 7] Die Auflösung des Mercurius.
[v. 9] [*] ›Cambar‹ nennen die Araber das, was in einem jeglichen Körper, die Ursache der
Niedrigkeit ist.
[v. 17] * Das Flüchtige im Mercurius wird Venus genannt.
[v. 19] † Der echte Adler.
[v. 22] * Den Glanz, versteht sich.
[v. 23] † Der Schwefel des Goldes wird darunter verstanden.
[S. 35] und ebenso muß geprüft werden, ob er an Gewicht irgend etwas verliert,
und nicht wie der Salamander durch das Feuer selbst den Sieg davon trägt.
Erachte ihn als unvollendet, und weise einiges Angeballte von unserem
Dreck nach. Denn, wenn er an der reinen Luft erglänzt, [5] wird er verla-
chen die Flammen, wird er verlachen den Zorn des Blitzes. Ein Stern wird
er sein und er wird wetteifern wollen mit den Gestirnen des Himmels, oder
[S. 36] Cernimus, umbra rei, * non res est in cute vera,
Non etiam semen, vel spiritus ipse penetrat,
Ni prius ê paleis † divino nectare tractus
Extiterit purus: tum non contagia coeni
[5] Amplius obstabunt: non caeca sepulcra nocebunt.
Hic est principium gemmae, si vera fatebor:
Hic est e tenebris fugiens * crocitator obortis,
Ales Apollineus, sylvarum garrulus oscen: †
——————
[v. 1] * Forma intelligibilis est, non visibilis.
[v. 3] † Menstruo accommodo.
[v. 7] * Superius vulturnum vocavit.
[v. 8] † Apollini sacer fuit corvus apud veteres.
wenn man etwas Erhabeneres als einen Stern erdenken könnte. So beschaf-
fen allerdings ist der Riphaeische Reif des Hermes, da er die Einwirkungen
der göttlichen Glut verspürt. [10] Alle Dinge nämlich, welche dieser Ur-
heber des Lebens berührt, versetzt er in den eigenen Stand, nicht, daß er
Alles recht wild in sich umwandelt, sondern, daß er sein Umland ausdehnt.
Daher rührt es her, daß der Geist, als er klug alles schuf, diese Äcker des
Feuers in der Höhe an einer Stelle zusammenballte. [15] Und wenn es nicht
andauernd nach oben in die Heimat flöge, stünde die Welt auf der Stelle in
Brand und überall herrschte einzig das Feuer; so wie man sagt, daß die
Flamme in den Sizilischen Feueröfen lodere und auch jenseits der Säulen
des Herkules; und, wie berichtet wird, auf Lipara und im ganzen Perser-
land. [20] Folglich ist Mercurius der hauptsächliche Bestandteil des Steins,
in welchem das Werk seinen Anfang nimmt, aus dem auch das goldene
Pflänzlein hervorgeht. Dieser durchschneidet die Luft, sobald er aber die
Schwingen * weggeworfen hat, verhält er sich dem Gold gegenüber fried-
lich und bettet sich tief eingesunken ins Ruhelager, und ist durch keinerlei
Ansinnen fortzureißen. [25] Zunächst aber scheint in der ausgedehnten Fin-
sternis der Grund unansehnlich, nicht anders als das unansehnliche Antlitz
der neuentstandenen Welt hervortrat, als von den Ländern der Äther noch
nicht getrennt war. Oder als Dis, der sich aus den Taenarischen Grotten
erhoben hatte, der großen Mutter die güldne Chryseis raubte. [30] Dies
ist die Thrakische Nacht, von welcher den Samen abhängig ist der Ur-
sprung. Und es trifft fürwahr keiner bei Licht auf Erze, wenn er sich nicht
vorher versunken in tiefer Finsternis verborgen gehalten hätte. Denn, was
wir mit Augen bloß in der äußeren Schale
——————
[v. 10] Des Elementaren Feuers Vortrefflichkeit.
[v. 22] * Er wird beständig gemacht.
[v. 25] Welches das hauptsächliche Anzeichen der Digestion ist.
[v. 31] Das Vergehen des einen ist das Werden des anderen.
[S. 36] erblicken, sind die Schatten der Sache, * nicht die wahrhaftige Sache liegt
in der Hülle, nicht einmal der Same, oder der Geist selbst dringt ein, wenn
er nicht, vorher durch † göttlichem Nektar befreit, rein aus den Schlacken
hervorgetreten ist: [5] Dann werden nicht weiter die Befleckungen mit Un-
rat hemmen, nicht werden die dunklen Gräber schaden. Dies ist das Princi-
pium des Steines, wenn Wahres ich künde. Dies ist der aus der plötzlich
hereingebrochenen Finsternis fliehende * Bekrächzer, der Apollinische Vo-
gel, der geschwätzige Schreier der Wälder. †
——————
[v. 1] * Die begreifbare Gestalt ist es, nicht die sichtbare.
[v. 3] † Durch das geeignete Menstruum.
[v. 7] * Weiter oben nannte er ihn Raubvogel.
[v. 8] † Dem Apoll heilig war der Rabe bei den Alten.
——————
[v. 13] * Der Geist.
[v. 16] † Recapitulatio.
[v. 19] * Im Weinkeller, oder an einem anderen feuchten Ort.
[v. 28] Der Pelikan.
[S. 37] und wie die ansehnliche Auster in der purpurnen der Bruthöhle glänzt.
Nicht soll Dich verwirren, wenn Dir irgendein dummer, nichtsnutziger
Aufschneider über den Weg läuft und es darauf anlegt, daß Du ihm ins
Garn gehst, da er den Metallen beharrlich abstreitet, daß ihre Art geändert
werden kann. [5] Eine triumphierende und königliche Gestalt ist festgelegt,
zu der zwar alle, wie zu einem Ziel, getragen werden, äußerst wenige aber
gelangen bei ihr an, vielmehr kommen sie jener nahe. So stürzen auch
leichthin die Erze in den schimmernden Bergwerken in die goldglänzende
Gestalt, wenn auch nicht alle sie erreichen. [10] Denn, weil das Quecksilber
——————
[v. 2] Obiectio.
[v. 5] Responsio.
Allen die Materie einflößt, befinden sich alle in ihm, ebenso wie auch das
Küken im Ei ist; Du wirst glauben, die Materie gehöre dem Adlerweibchen,
das durch den Samen trächtig, durch brütende Wärme sehr recht wohlwol-
lend das Ei ausbrütet, welches, gleichwie es niemandem unter die Augen
kam, [15] alsbald das wie Bernstein blitzt oder reines Gold.
——————
[v. 12] Mercurius wird allenthalben bei den Chemikern Adler genannt.
CHRYSEIDOS
LIBER IV.
Argumentum,
DER CHRYSEIS
IV. BUCH
Inhalt,
[S. 39] Da nun diese Vorspiele geleistet sind, wird der Geist sich auf geschwinden
Fittich gestützt aufschwingen zum Höchsten, wobei er sich mit nicht en-
dendem Gebeten erschöpft, daß er, was er auf unseren Äckern abweiden
konnte, dem Himmel entreißen möge, und dem höchsten Sitz der Götter.
[5] Fürwahr entläßt der Himmlische Vater nicht von sich Jünger der Ge-
rechtigkeit mit leeren Händen, auch nicht verdrossen, welche bergen die
Feuer, noch bleibt er jemals gleichgültig gegenüber den Arglosen.
Es sagte der Vogel, Chrysanthus, der auf dem Gipfel des Berges saß,
wenn es erinnert zu werden gefällt, mit welchen Waffen es sich gehört,
die Schlange [10] einzuschläfern, auf daß man die höchsten Gipfel erklim-
men kann. Du hättest es auch erkannt, wenn der Sinn nicht linkisch gewe-
sen wäre, die Bäder, in welche getaucht, dem Phoebus der Geist umnachtet
wird. Diesbezüglich allein ist vor den Augen eine schändliche Wolke ge-
hangen, ohne Wolke trat Dir sogleich leuchtend Apollo hervor. [15] Ebenso
nimmt Luna die eisenbraune Kappe ab.
——————
[v. 1] Gebete werden empfohlen.
Es gibt ein Wasser, oder vielmehr ein Abbild von fließendem Naß,
dieses ist dem Werk große Stütze, wie auch große Erleichterung. Denn,
wenn man diesem Naß die allerhärtesten Körper eintaucht, wandelt man
sie zu klarer Flüssigkeit oder milden Strömen. [20] Man wäscht aus den
Schmutz und, was Schändliches auch immer die Kräfte hindert, treibt man
aus, die vom Kerker niedergehaltene Gestalt bringt man ans Licht. Dies
bewerkstelligen nur Säuren. Denn diese Woge ist sauer, welche die Schwe-
fel des Goldes hervorlockt. Eine Woge, kostbarer als die Woge des Tagus
oder des Pactolus; [25] nicht scharf, obgleich sie auch durch ihre Tugend
Metall durchdringt; nicht heftig, nichts verletzend, eine allerlieblichste
Woge. Diese finden wenige, obgleich ihr auf tausend Wegen * die Men-
schen nachspüren. Es verbirgt sich auch diese bedeckt unter den Schatten.
Warum machen sie mit dem Blasebalg oder mit geblähten Backen Wind?
[30] Vergebens regen sie auf das Gemüt und vergebens ermüden sie die
Glieder. Dem Müßiggang sollten sie sich eher hingeben, als mit eitlem
Werk zu tändeln und bei den Flammen des Ätna umsonst dahinzuwelken.
† Diese Flüssigkeit, mit welcher das dumme Volk der Natur zuprostet,
——————
[v. 16] Menstrua.
[v. 25] Wie beschaffen die Menstrua seien.
[v. 27] * Die wahren Menstrua sind gemeinhin unbekannt.
[v. 32] † Verwerfen der gemeinen Menstrua.
[S. 40] enthält das stärkste Gift. Es verzehrt die Urgründe des Lebens. Es bringt ins
Grab und läßt hinter sich einen gespensterhaften Leichnam zurück. Allein,
Du, wenn die Absicht besteht, daß sich angenehmer Nektar ergießt, suche
Rat bei der Natur: Ziehe Dich in die schroffen Grotten zurück, [5] deren
bestaunenswerte warme Quellen über unzugängliche Abgründe emporkrie-
chen, welchen eingeboren ist das Vermögen, Gott zu verehren. Diesem
Wasser tut es gleich die Schar, welche das Wissen der Natur teilt, indem
sie über die Wandungen der Gefäße treibt die dampfenden Bäder, welche es
gleichtun dem Kriechen der Schlange im Gang. [10] Diese, welche vor dem
Thron Jupiters ein Gewässer bildet, ist die Woge des Donnerers. * Diese
aber bringt nicht die schändliche Rechte des wahnsinnigen Quacksalbers
hervor, oder eines Verstandes, welchem ein böser Wille innewohnt. Nicht
ist sie in den Felsen, welche die schroffe Klippe hervorbringt. Nicht ist sie
aus den † festen Metallen hervorzulocken. [15] Edler ist die Quelle, reicher
als der goldene Ozo.
——————
[v. 4] Die Gruben selbst enthalten Menstrua, die nachzuahmen sind.
[v. 10] * Die Barbaren nennen sie ›Azoth‹.
[v. 10] Diesbezüglich siehe Plautus im ›Trinummus‹.
[v. 14] † In den Gewöhnlichen.
Allein, uns heult der Thiasus mit zitterndem Brüllen, wie auch die
gnädige * Göttin es uns verlieh, zu erkennen die Quelle. Aus kleinem Ur-
grund kommt diese empor, hernach wallt sie völlig auf, wie sie auch gleich-
sam umwandelt den Glanz der Sonne in ihren Strom. [20] a Einzig in ihres
Herren altem Vaterland hält sie sich auf, wie auch der nährende Herr seiner-
seits kennt die Woge. b Wenn Du ein Kennzeichen verlangst, so ist jener
die silberne Farbe zueigen. c Jene raubt die Sonne, so wie es der geistvolle
Mythos des Prometheus vorhersagte, wie sie sich auch zwischen den Lich-
tern der Sonne [25] als ganze verbirgt. Fürwahr strahlt auf mit dieser abge-
waschen Apollo, und er erhellt mit Gleißen die übrigen Götter. Diese also
wird nach zahlreichen glücklichen Taten des gänzlichen Herausspülens be-
dürfen, und das Schneeweiße wird einzig aus Schneeigem bestehen, wie
auch einzig aus der geheimen † Sandyx die Sandyx, [30] tiefer wird sich
hineinsenken das zum Leben gehörige Feuer, daß es nicht die festesten
Bande des zusammengezogenen Knotens lösen könnte, wenn [sie] selbst
die finstre Chymaere anhauchte. Auch vermöchte der Blitz des erzürnten
Jupiters nicht [sie] auseinanderzureißen.
——————
[v. 17] * Chryseis.
[v. 20] a Das wahre Menstruum wird in den Goldgruben gefunden.
[v. 22] b Die Farbe des Menstruum.
[v. 23] c Anspielung auf dem Mythos des Prometheus.
[v. 29] † Die reine Tinktur des Goldes.
[S. 41] Dann ergrünen die belebten Elemente, und des Todes grimmige Saat geht zu
Grunde, überdies fällt den Metallen ab der anhaftende Schutt. Es fliegt von
überall her wehendes Feuer. Sowohl setzt es die verwandte Natur in Bewe-
gung, als es auch versetzt es die Penaten in Aufruhr. [5] Diese nämlich,
nachdem sie, da gemeinschaftliches Wagen eingedrungen, entbrannten, tö-
ten in allgemeinem Bemühen den † Feind. Dies ist ein erfreulicher Tag, hier
gebietet der reizende König, und die Toga des Königs strahlt wider gleißen-
der als die Gestirne. Er trägt statt eines Helmes des blitzenden Apolls Schei-
be. [10] Die halbe Luna statt einer Schwelle betritt er mit den Füßen. Eben-
so trägt er Jupiters Beinschienen, wie auch der Venus Kothurne; Saturns
Sichel in den Händen, das Schwert des Kriegsgottes. Und den Schultern
fügte er an von Majas Sohn die Flügel. Dieser haucht ein aus eigener Quelle
Glanz den Metallen, [15] mit einem Teil bringt er zum Strahlen zehn, und
——————
[v. 6] † Alles, was unrein [ist].
[v. 9] Er vereinigt in sich aller Metalle Tugenden.
[v. 15] Das Verhältnis des Färbenden zum Zufärbenden.
Hundert mit zweien, tausend mit dreien, mit vieren färbt er zweimal fünf-
tausend, so lange bis die ungeheuere Kraft ins Unermeßliche angewachsen
ist. Deswegen fange auf das aus himmlischem Regenguß strömende Naß
mit einem Mischkessel, welchen des Kunstwerkers Rechte auf angemes-
sene Weise [20] formte. † Denn vieles richtet beim Gefäß aus die Form.
Da dieser * Purpur weiter die hohlen Adern durchdringt, tritt des verbor-
genen Ackers † Salz heraus ohne irgendwelche Verschmutzungen. Dies ist,
Chrysanthus, der kristallene Bestandteil unseres Salzes. Dies ist das Salz,
welches zwischen dem Kehricht ausgegraben wird, * [25] wie die Meister
verkünden; nicht wie die Küche es bietet. Denn sie sagten auch, daß es
entnommen wird aus dem Innersten des Felsen, und solches könne geschie-
den werden aus allen geschaffenen Dingen, † dennoch nicht, so daß es
diese unsere Werkstätte ablösen könnte. Dies aber ist der Erzeuger der
Dinge, [30] die feste Grundlage des bevorrateten Lebens, * bei dessen
Unversehrtheit kein Schaden die junge Saat verdirbt; sei es Gluthitze, sei
es Regenschauer. Allein, damit Dich nicht auch in gleicher Weise der un-
merklicher Irrtum umhertreibt, daß Du glaubst die Aussagen der Weisen
stünden zu einander in Wettstreit,
——————
[v. 20] † Gefäße für die Menstrua.
[v. 21] * Der Mercurius der Philosophen.
[v. 22] † Das Salz der Philosophen.
[v. 24] * Erklärung der philosophischen Aussage.
[v. 27] † Wie beschaffen das Salz sein soll.
[v. 30] * Des Salzes edle Art.
[S. 42] da sie die Woge, von der wir so sehr abhängen, a die Phlegentonteische
nennen, als sei sie gleichsam durch Stygische Gifte verseucht. Denn eine
andere ist diese Woge, durch welche gelöst wird hartes Gold von dem festen
Bande, das die Woge nach anderen durchtränkt, [5] von der ich sagte, sie
rinne um die Schlafräume des Phöbus herab. Das in jene eingetauchte b
Gold, wird das geheime Ei genannt, nicht ein solches wie es mit der wärmen-
den Achsel ausbrütete die Henne, sondern ein solches, in welchem, wie der
Mythos erdichtet, der Basilisk ausgebrütet wird. Daher nannte man es auch
ähnlich dem warmen Blute, [10] c welches, da Luna zurückkehrt, das einem
Manne vermählte Mädchen aus der Gebärmutter fließen läßt, so wie die
nicht einem Gatten Vermählte. Das damit besprenkelte Ei, wie wir sagen,
der Weisen säubert von der äußersten Schale die ersten Unreinheiten. d Vor-
ausschauend also sollst Du sein hinsichtlich der Fermente der Metalle,
——————
[v. 1] a Sie nennen es das ›Höllenwasser‹.
[v. 6] b Was das Philosophische Ei ist.
[v. 10] c Das Menstruationsblut wird monatliche Reinigung von Aristoteles genannt.
[v. 14] d Die Fermente.
[15] damit Du ans Ziel anlangst, und nicht womöglich eine verkehrte Mei-
nung Dich Irrigen fortschleppt. Was ist dies, wodurch der Klumpen Mehl
aufgeht und durch feine Luft hervorquillt das Brot? Welche Kraft breiten in
unserer Milch die Gerinnungsmittel aus, damit e ein weicher Käse aus dem
verschlossenen Krug hervorkommt? [20] Durch welches Mittel bewahrt die
Aromen der wohlduftende Moschus? Wenn Du diese genau untersuchst
und mit Scharfsinn urteilst, wirst Du leicht herausfinden, woher das Vier-
gespann der Farben seine Bahn nimmt, solange himmlischer Dunst dringt
durch die wiederhergestellten Engpässe der dampfenden Erde. Denn der
Erste ist die Ursache des Zweiten. [25] Solange die Hitze in der Erde die
unverdauten Dinge in Bewegung hält, weicht die unangenehme Finsternis
zurück; so wie wenn zur Frühlingszeit Phoebus die Wolken verscheucht,
während er die Überbleibsel des trägen Winters zerschmilzt und den Him-
mel in Aufruhr versetzt. Woraufhin der Äther das täppische Antlitz zusam-
menzieht, und verbirgt die strahlenden Gestirne. [30] Allein, sobald er nun
zum größten Teil die Finsternis besiegt, wird er mit gleißendem Scheinen
dem vernichteten Dunkel entsteigen. So treibt der tüchtige Handwerker das
Werk voran, während des Goldes oder des Safran Farbe hervortritt, und er
gibt der sich erhebenden Eos
——————
[v. 19] e Die Farben bei der Erzeugung des Steines entstehen durch die Gärung.
[S. 43] das * agsteinfarbene Antlitz zurück. Blanke Hitze waltet hier von allen
Seiten. Von allen Seiten wirkt das blanke Feuer des Himmels: und von allen
Seiten strahlen der Gestirne Gesichter: Luft, Wasser, Erde und Himmel sind
nicht wie zuvor, in tiefe Schwärze versenkt, befleckt. [5] Alle erstehen
genährt durch den natürlichen Samen. Nicht bleibt der Tod dabei bestehen.
Es leben alle in einem Leben. Diese eine verborgene Tugend des Salzes
wirkt als verborgene, wenn man wüßte, wie diese pfundweise aus den
eigenen Schlupfwinkeln hervorgeholt wird, mehr als die Hälfte des Ganzen
hätte man erreicht. [10] Höher werde ich aufsteigen und schrittweise in
hellerem Lichte hervortreten, nachahmen werde ich die Wagenräder des
hellen Morgensterns, der zuerst maßvolles Licht in den Lüften ausstreut,
sobald die purpurrote Morgenröte mit rosenfarbenem Viergespann hervor-
kommt. [15] Allein, sobald sie dann die Mitte des Himmels erreicht auf
hurtiger Flugbahn und die schnellen Rosse angetrieben hat, Pyroeis und
Eous, streift ab sie die Dunkelheit und peitscht ein mit stärkerer Hitze.
Die dichten Hemmnisse der schwarzen Nacht vertreibt sie unter den Hufen.
——————
[v. 1] * Welches des Bernstein Farbe vorweist.
[v. 7] Das Ferment kommt vom Salz.
[v. 11] Erklärung weiter unten.
So wühlt die Kunst auf die Gemüter. Anfangs kam sie recht verworren
hervor, schwärzlich, noch nicht war der Nacht Düsternis abgelegt. [20]
Allein, da sie dem Geist bereits einige Proben gab, ergießt sie sich weiter,
und nach und nach durchschreitet sie behende alle Stockwerke des Geistes
wie auch die Verstecke tief drinnen.
† Es ist folglich das Saatgut künftig dem Gedächtnis der in den Acker
Säenden einzuprägen, durch welch große Kraft es selbst wirkt; [25] aus
welchem Principium es sich herleitet; auf welchem Wege es entweicht;
durch wessen Einwirkung bei sich es solche Zunahmen gewinnt. Fürwahr
vermag gar nichts am ausschlagenden Ast anzuwachsen, wenn es vorher
nicht die Gestalt ablegt, wird es sich entgegenstellen dem Orcus aus eige-
nem Antrieb, damit es ein frisches Antlitz erwarten kann. [30] Unterdessen,
da die Schönheit flieht, und die Finsternis nachfolgt, bewegt sich auf man-
nigen Wegen die schmucklose Natur. † Viele Abbilder entstehen, wie auch
viele Gestalten im Körper. Nun aber, nachdem sie bemerkt hat, daß ihr
Behausungen bereitstehen,
——————
[v. 23] † Die Verbindung der beiden Principia des Steins.
[v. 27] Die Erzeugung: Was, und woraus?
[v. 32] † Zahlreiche Gestalten entstehen, bevor die Erzeugung geschieht.
[S. 44] kommt die Königliche Gestalt, * von vielen Dienern umringt, da sie die
Heimat verläßt, und begibt sich ins Exil, ausgesandt aus der Halle des
neunfachen Himmels, und wandelt umher in neuem Schatten. Schon geht
sie neue Bündnisse ein, und vom Gestirn erworbenen Kräfte läßt sie deut-
lich erscheinen, [5] und derart beweist sie sich als Tochter des Firmaments.
Dieses geschieht in der unermeßlichen Welt nach Gutdünken der Natur.
Dennoch geschieht es ebenso in den mit großer Kunst hergestellten Gefä-
ßen, und durch den Genius des Künstlers: † Wenn allerdings die Untersten
mit den Obersten, die Obersten mit den Untersten zusammengehen, und
sich wechselseitig verwirren [10] in vorgeschriebenen Maßen, * dann ent-
steht der heftigste Kampf zwischen den beiden Arten (was ein vergnügli-
cher Anblick). Von hier bewegt es sich schwarzblau, von dort purpurrot. Es
blitzt schneeweiß von hier, bald dräut Schwarzes von dort. Allein, wenn das
Unwetter erglühte, da der Südwind zurückgedrängt, [15] wenn die schöne
Thaumantiade den halben Erdkreis überzieht, liebkost Iris die Schläfen mit
wohlriechendem Blumengewinde, die schmeichelnde, bestimmende Form
der zum Kranze gehörigen Farbe.
——————
[v. 1] * Die Gestalt kommt vom Himmel her, ist nicht der nämlichen Vermischung Kind.
[v. 8] † Das chemische Gefäß Pelikan.
[v. 10] * Umtreibung.
[v. 14] Die vier Farben.
——————
[v. 18] Das Verhältnis der Verbindung ist mit Absicht weggelassen, es kann aber diesem
Schema entnommen werden:
1|3
3|9
4 | 12
[v. 24] † Totenkopf.
[v. 26] Ebenso muß dieses Verhältnis von Agens und Patiens, oder des Goldes mit seinem
Mercurius beachtet werden.
[v. 29] * Die Bereitung des Ferments.
[S. 45] Diese ist die lebendigmachende Kraft des Goldes und des Silbers, welche
das verbindungsfähige Ferment an die doppelten Metalle bringt. Es sollen
aber von jenen die Kalke, wie ein gefrorener Eiszapfen, sein, wenn diese
das Ferment durchdrungen hat mit reinem Hauch, [5] macht es alle ver-
borgenen Samen des Lebens wieder lebendig. Es entsteht hieraus die gol-
dene Farbe, oder der Purpur des Königs. Unter dessen Leitung, wird der
belebte Dreck mit dem lieblichen Siegel des Königs versehen und mit der
* den Himmel vergegenwärtigenden Farbe getränkt, über welche sich der
Sterblichen Augen freuen. [10] Solches indessen geschieht, † wenn die sich
umdrehenden Gefäße die Gestalt abbilden, so beschaffen wie des Pelikan
gebogener Hals, da er im Begriff ist die Jungen mit Blut ins Leben zurück-
zurufen, der die unverzagte Brust aufhackt. Bald streben die Untersten nach
oben, und bald die Obersten nach unten. Bald drängen die Rechten nach links,
——————
[v. 2] Die Kalke der Metalle.
[v. 8] * Mit der schwarzblauen, das heißt: der goldenen.
[v. 10] † Circuliergefäße.
[15] bald die Linken nach rechts; und drehen sich im Kreise. Daraufhin
kommt das rote Blut hervor, oder falls etwas mehr purpurfarben denn
Blut ist, aus der zerfleischten Brust der Saft. Dies ist der Chrysolith, dem
viele in Abertausend von Dingen nachspüren. Allein, aus Tausend stößt auf
ihn nicht einer. [20] * Nichts also anderes ist dieser Stein als reineres Gold,
von keinerlei Flecken beschmutz, und hingegossen gleich dem glänzenden
Wasserspiegel, † dem keine Elemente abträglich sind; den weder die Woge
noch Winde aufwühlen, auch wird nicht des Äthers Zorn hervorkommen;
aller Dinge Ferment; aller erschaffenen Dinge Beschützer; [25] ob der schö-
nen Mischung lebhaft aufwallend, alles, was er berührt, mit ähnlichem
Strahl färbend; schließlich das Haupthaar des Phöbus. Nicht welches zur
Nacht immer noch von Finsternis umflossen, sondern das Ätherische atmet
und ganz das Göttliche. Zu solchem befähigt könntest Du sogar die Grund-
festen durch alle Dinge [30] der Welt dringen sehen, wie auch im großen
Körper kreisen den Geist, und den gestirnten Himmel selbst durchwandern
mit seinem Wehen und den Sternen einhauchen Stärke. Allerdings ist dieses
Ferment nicht eines, sondern vielmehr ein zweigestaltiger Stein.
——————
[v. 20] * Der Stein der Weisen ist nichts anderes als das Gold selbst, aber auf seine Art.
[v. 22] † Er ist unverweslich.
[S. 46] Der eine ist hagelicht, allein, purpurfarben ist der andere Stein. Gleichwohl
unterliegen beide einem Gesetz, einen Urheber gibt es.
Nicht verdient, Chrysanthus, Dein Gehör, † wer auch immer ziemlich
verwegen mit eitlem Mundwerk herumprahlt mit dem einen von beiden [5]
oder auch mit allen beiden, wenn er sie nicht zu verbinden beherrscht. Denn
einer hängt mit eherner Verbindung vom anderen ab. Wirst Du etwa nicht
lachen, falls jemand blaßgrüne Trauben versprochen hat, und abstreitet bei
ihm auf dem Land wüchsen dunkle. * Ist es etwa nicht dieselbe Methode? Ist
es etwa nicht dieselbe Kunst und nicht derselbe junge Weinstock? [10] Nicht
eine ähnliche Wurzel? Nicht die Sonne? Nicht Regen und Erdreich? Die
Kraft des Chrysolith ist nicht in zwei geteilt. Allein, wer es beherrscht, zu
erzeugen den purpurfarbenen Phoebus, soll nicht zweifeln, daß die Arbeit
selbst befiehlt, sich an Diana zu machen. Denn das Ferment ist zugleich
[15] der Urheber des roten wie auch des schneeweißen Glanzes: des Phoebus
Vater wie der Diana. Dennoch vermag er nicht aller beider Kraft dem Metall
einzupflanzen, sofern er nicht verflüssigt vom Feuer des Ätna schwimmt.
——————
[v. 1] Der Stein der Weisen ist zwiefach.
[v. 4] † Obiectio.
[v. 9] * Beide Steine sind unteilbar.
[S. 47] die Phoebusgezeugte, Hermetische. Es nannten [sie; d. h. die Frucht] die
gestrigen Traumgesichter den Phoebus, und sie zeigten [sie] Dir unter
dem Namen des Phoebus. Dieser ist es, der die göttlichen Geschwister er-
füllt mit Licht. * Dieser ist es, der einstmals große Festmähler bereitete, [5]
(wie uns einst der Mythos sang in erhabener und gelehrter Weise), bei
welchen sich die blutsverwandten niedrigeren Gottheiten lagerten. Die auf-
getragenen Speisen schmeckten alle nach himmlischen Nektar und Ambro-
sia, welche einzig das himmlische Feuer gekocht hatte, und so viel wie die
Zubereitung ausdunstet in den Wind, [10] so viel kehrte vom † Gastgeber
selbst in die Speisen zurück. Diese Nachkommenschaft ist jene, welche, da
sie die trägen Eingeweide * der Geschwister reinigt, die Dunkelheit lichtet,
und den ganzen Abfall heraustreibt, während drinnen die Ergiebigkeit üp-
piger in Feuer gerät und sich zeigt in neuer Frische erstarkt. [15] † Allein,
die Gemahlin des Phoebus, als das Firmament noch nicht dräute, war halb
blutüberronnen, da sie die Küsse des Gatten spürte. Bald ward als ganze sie
——————
[v. 4] * Diesen Mythos sieht man allenthalben bei den Chemikern.
[v. 10] † Das heißt: durch Phoebus, oder das philosophische Gold.
[v. 11] * Der unterlegenen Metalle.
[v. 15] † Mercurius.
rot umschlungen von den Gliedern des Gatten, und stieß, wie der Karfunkel
heftige Flammen aus. Diese Gemahlin des Phoebus treibt in verschiedene
Mäntel gehüllt [20] unter den Goldmachern ihr Spiel, wie sich auch die
Bedeutung dem irren gemeinen Volk verbarg. * Doch Dir ist womöglich
die Geschichte des Löwen zu Gehör gekommen, dessen Mähne von grü-
nem Fell ist; mit Blut besprengt, verbindet er sich hernach mit dem Purpur.
Dieser Löwe ist die Gemahlin des Phöbus, † dem die frevelnde Schar [25]
nachzuspüren befahl unter den rankenreichen Trauben. Eitler Wahn. Denn
obschon er der König und Herr ist der Tiere, ist er nicht erfreut über die
Gaben des die Kraft brechenden Iacchus, wenngleich des Bacchus Wagen
der doppelte Tiger vorgespannt ist, indessen die Deichsel tönt von rauhem
Gebrüll, [30] konnte dennoch nicht unter den Trauben das allerstärkste
Wildtier zur Welt kommen, da der Saft die Kraft der Glieder schwächt.
Oder, wenn er irgendwelches Wüten, * oder irgendwelche Marter den kräf-
tigen Armen
——————
[v. 21] * Der Grüne Löwe.
[v. 24] † Der Grüne Löwe ist nicht das Vitriol, sondern der Mercurius, obgleich von
einigen auch dem Gold dieses Stammwort zugewiesen wird.
[v. 32] * Etliche lockten aus dem Holz des Weinstocks ein Wasser heraus, für die philo-
sophische Auflösung des Goldes, doch vergebens, wie er hier lehrt.
[S. 48] zufügt, wird alsbald in die Luft geschossen alles, was er an Tugend schien
eingepflanzt zu haben.
Es ist die Speise von jenem allerkräftigstes Feuer. Ist dies ausreichend
untergestellt, wachsen dem Löwen die kräftigen [5] Glieder, solange wie
das Feuer dauerhaft einwirkt, inmitten der Flammen triumphiert er gleich
dem Salamander, (wenn man den Schriften Glauben schenken kann) oder
wie das Firmament; oder, wenn man etwas einleuchtenderes als das Firma-
ment erdichten könnte.
Allein, Phoebus, der sich in den Körper der Gattin begibt, [10] sagt
man, sei einst geistig umnachtet worden durch die Gewalt eines Giftes,
wie Dich die Traumbilder durch das gestrige Wahrzeichen lehrten. Man
sagt ebenso, er sei eingeschlafen, gebissen von einer wütenden * Horn-
schlange. Diese nämlich, da sie der Cynthische mit dem artverwandten
Bogen schoß, ward grimmig gereizt, und ein schießbares Gift [15] speit
sie aus, † da er von diesem getroffen, nickte Apoll ein in den Anschein
des Todes, durch ungleiche Warmbäder wird er wiederhergestellt. Ist jener
in * frische Bäder gesetzt, wie auch † um jenes Schenkel geschlungen die
——————
[v. 6] Der Salamander.
[v. 12] * Sie ist eine Schlangenart.
[v. 15] † Wirkung und Erleiden des Goldes und des Menstruum.
[v. 17] * In Gläsern.
[v. 17] † Mit dem Menstruum soll er Verbunden bleiben.
[S. 49] und so lange Zeit nährt sie ihn, bis er, da das Gift sich verflüchtigt, an
Tugend gleich wird der goldmachenden Erzeugerin.
Allein, da nun der Teil des goldführenden Laubes hervorkommt, wie
eben in verhüllter Rede der Mythos lehrte, [5] * entlocke, welcher übrig
ist, vom goldenen Mennig den Scharlach, der sich nach oben wie das be-
taute Naß der schönen Aurora erhebt und nach sich von dreien ein Teil
zurücklassen wird, dieweil er zwei mit sich über den Luftraum führt.
Ein großes Werk ist es, Chrysanthus, und unlösbar für uns [10] das
Gewebe des Chrysolith; in verschiedenen Figuren verwirrt. Solange dieses
sich nämlich mitten in den Töpfen herumschlägt, zeigt es sich in verschie-
denen Gestalten als auch in verschiedenen Farben, dennoch heißt es, es
bestehe aus den vier Principia. Diese jedoch wiederum in † viele Bestand-
teile zu trennen, [15] ist möglich, wie auch die Bestandteile von den
Bestandteilen selbst getrennt werden können, wie auch ins Licht des To-
des tauchen die Natur, und bald hernach in den Blick, ins helle Licht her-
vorholen. * Vor allem wirst Du beachten das Wasser, wirst auch beachten
das Feuer. Denn das Feuer nährt das Wasser, weil es selbst flüssig ist.
——————
[v. 5] Die zu verrichtende Ausziehung des Schwefels des Goldes, und dessen Anteil.
[v. 14] † Das Bestehen aus feinen Teilen des Werkes.
[v. 18] * Wie die vier Elemente zusammenkommen und gegenseitig wirken.
[20] Atque sali sociat: sed sal, quia spiritus aequè est
Ingipotens, et abit tenuem resolutus in undam,
Naturae ambiguae est, nempe ignis et unda, utriusque
Copula, et agnoscit sexum Hermaphroditus utrumque.
Haec si non, Chrysanthe, capis, propono minora.
[25] Inspice † Iuniperi quo crescant ordine baccae:
In terram primùm tumulatur semen opimam,
Huic ubi jam madido cum rore potentia Solis
Incubat, emergunt latitantia munera vitae:
Fundatur radix: surgunt cum caudice rami:
[30] Luxuriant folia, et viridans arbuscula prodit:
Impubes tamen est, et nulla fruge gravatur.
Accrescunt vires, cum jam redit altera messis,
Cinyphiosque apices dant summo ê cuspide flores,
——————
[v. 25] † Comparatio.
[20] Und auch dem Salz ist es verbunden. Das Salz jedoch, weil es ebenso
ein feuerbeherrschender Geist ist, hält sich ebenso auf gelöst in der wäß-
rigen Woge, es ist von zwiespältiger Natur, offenbar Feuer und Wasser, von
beiden das Bindeglied, und der Hermaphrodit kennt beiderlei Geschlecht.
Wenn Du diese, Chrysanthus, nicht begreifst, bringe ich Schlichteres vor.
[25] Betrachte in welcher Abfolge † die Wachholderbeeren wachsen: In
fettem Erdreich wird zuerst der Same vergraben, an diesem, sobald nun die
Macht der Sonne zusammen mit feuchtem Tau einwirkt, treten die verbor-
genen Gaben des Lebens hervor. Es faßt Grund die Wurzel. Es erheben sich
mit dem Stamm die Äste. [30] Es treiben die Blätter, und ein grünendes
Bäumchen kommt hervor. Dennoch ist es unerwachsen und wird von kei-
nen Früchten beschwert. Es nehmen die Kräfte zu, da schon die zweite
Erntezeit ins Land geht, teilen die Blumen aus der obersten Spitze aus an
die Cinyphischen Bienen,
——————
[v. 25] † Vergleich.
[S. 50] welche dann Beeren tragen, sobald der dritte Sommer sich wendet, dennoch
sind die herben Beeren zu diesem Zeitpunkt weiß, indem das vierte Jahr ins
Land geht und Phoebus wiederkehrt, dann erst glänzen die Beeren in schö-
ner Schwärze, [5] ebenso gestattet reifes Alter dem Olivenbaum zu strotzen.
Dieses * verlangt dennoch die Hilfe der herauslockenden Kunst und des
Feuers, damit es den Krankheiten irgend Linderung bringen kann. Solche
Geburtszeiten wählt der Chrysolith sich aus. Bereits regt sich die irdische
Natur, wie auch die modrige Wurzel. [10] Bald sprudelt empor des Wassers
Kraft und erschüttert die unwegbaren Stätten der Erde. Daraufhin weht
himmlischer Brodem und nimmt die Feuchtigkeit fort. Zuletzt noch durch-
dringt die Macht des Feuers die verbleibenden Teile. Alle diese, wie sehr
auch immer sie entstehen unter der Führung der Natur, ziehen dennoch
ebenso die Kunst hinzu, welche das Feuer darunter schichtet. [15] Du ver-
einige die doppelten Feuer in enger Ballung, wenn Du auflösen möchtest
die Bindungen der Masse. Denn fürwahr ist es ein anderes, das aus rohen
Metallen die lebenskräftige Anlage hervortreibt, welchen die umsichtige
Rechte darreicht. Inwendig, ruft das Feuer, welches von außen an die †
Öfen herankommt, [20] das Innere hervor und heizt es an mit scharfen
Spornen. Beide dennoch lodern * von saftiger Feuchtigkeit benetzt. Denn
——————
[v. 6] * Durch die Destillierkunst werden die Öle herausgelockt.
[v. 19] † Der chemische Ofen wird ›Athanor‹ genannt.
[v. 21] * Das Feuer wird durch das Feuchte genährt.
fürwahr im Trockenen hält sich die nährende Flamme nicht. Genauso wie
die Erde, erwärmt von den Strahlen des Gatten [25] anschwillt, indem sie
dann von hier schmeichelnd duftende Lilien ausbreitet, von dort zarte Ro-
sen und purpurne Hyazinthen; schöne Narden von dort, von hier wohlrie-
chenden Anis, auch bejubelt sie die Sonne, und sie wird belebt durch die
üppige Wärme.
Dieses † ungeheuere Werk geht nach zweimal drei Tagen zu Ende.
[30] Der siebte Tag soll fürwahr dem Schaffenden der Abschluß sein. Nicht
anders als auch Gott, da er bereits die ganze Welt erschaffen hatte aus
Nichts, bei dieser Zahl ruhte. Diese weihten die alten Heiden einst dem
Saturn,
——————
[v. 29] † Hier ist achtzugeben auf verschiedene Spielereien der Alchemiker bezüglich des
Zeitmaßes: Viele nämlich nehmen für die Wochen Tage, fünf Monate setzen sie für das
ganze Jahr.
[S. 51] von welchem sie glaubten, er sei nämlich der Zeit großer Erzeuger, und der
sterblichen Schar Ahnherr, wie auch der Vater der Götter. Dennoch nicht
werden untätige Tage zugebracht, da es hierzu gekommen ist. Sondern den
Arten ist einzig ein neuer Ursprung [5] verschlossen. So wie jener höchste
Vater nicht gewaltig das Werk der Erde gestaltete an sechs Sonnenumläu-
fen, damit nichts an weiteren Geweben zu bewerkstelligen verbleiben wür-
de.
† Weil darum auch Wachstum den Dingen auf den Weg gegeben wer-
den mußte, befahl er den Lebewesen sich in unzähligen Gruppen zu ver-
mehren. [10] So tritt der neue Bestandteil unseres Steines auf, allein, nicht
ungestalt, sondern an Tugend ebenbürtig dem früheren. Du löse auf die
sieben, * das ganze wie auch einmal vier, das letzte vervielfache daraufhin
mit dem vorderen Glied, und nun wird es üppiger zu zweimal Sechs an-
wachsen. [15] Diese Anzahl wiederum vergrößere um das gefügige Sieben-
fache, und es werden achtzig werden, und vier dazu. Wenn Du die vier und
die acht zusammennimmst, werden es wiederum zweimal je sechs. Diese
——————
[v. 8] † Vergrößerung des Werkes.
[v. 12] * Pythagoreische Berechnung
7 – 3
= 4
12
× 7
84
12 –
4
+ 3
= 7.
[S. 52] Aut quoque, si sit opus ter septem impendere soles,
Spes te dives alat, quod denique surculus auri
Prodibit tenuis. Tum serpens squamiger alas
Arrodet truce dente suas, et sponte subibit
[5] Fatum: sed ratio totius temporis ipsi
Indita materiae est, cujus qui servat amussim
Callet et aetatem, et quaevis mysteria plantae:
Et contra, qui metiri scit terminis horas, *
Materiae quoque naturam pernôsse necesse est.
[10] Est etenim genitura tenax, et ahenus illis
Nexus, quo coeant: suntque illis tempora leges.
Interea, dum crescit opus, vehementior ignis
Suppositus flagret: nulla vas parte fatiscat:
† Sed repleat rimas solidissima pasta patentes.
[15] Tum cinis ortus agit: mens intus clausa rebullit:
Adsurgit Phoenix varia ludente figura.
Est etenim cineri concessus spiritus aethrae,
* Subtili tela, quem vis genialis aceti,
——————
[v. 8] * Quod tempus ex materia dependeat, et vice versa.
[v. 14] † Sigillum Hermetis.
[v. 17] Alii colliquant ignis vi vasis collum, seu orificium.
[v. 18] * Vas esto ὠοειδέϲ.
sind dreimal vier. Allein, wenn Du vier den dreien beigesellst und sie in
einer Abfolge stehen, [20] gelangst Du wieder zum Anfang. Auf diese
Weise wird gedreht das Pythagoreische Maß und wiegt es auf die Werte
bei richtiger Prüfung. Da aber dreimal zehn Tage verhieß Apoll, kommt die
Farbe des Himmels hervor, wenn man sie selbst mit fremden Wogen ver-
anlaßt, durch welche der Männer fähige [25] Rechte in Körpern gleichzeitig
erzeugte viele Kräfte. Nicht immer jedoch sind diese Umstände unaus-
weichbar: * Recht oft, je nachdem wie die Flamme verschieden ist, müssen
sowohl der Samen als auch der Acker zurechtgemacht werden. Denn alle
Arbeit steckt im Feuer. † Du setze die Pflanze, welche Du mit schönen
Ähren reifen lassen willst, [30] in eines * jungen Hirschen Mist, Chrysan-
thus, oder, was nach dieser Art warm ist: zunächst muß der siebte Tag
weichen, dann wird der allerzarteste † Spargel der goldenen Pflanze auf-
keimen, sofern anders, während der Trieb wächst, an doppelten Tagen.
——————
[v. 26] * Das Maß der Zeit ist einigermaßen unsicher.
[v. 29] † Kurze Recapitulatio.
[v. 30] * Die Chemiker nennen ihn ›Pferdemist‹.
[v. 33] † Der Sprößling.
[S. 52] Oder wenigstens auch, falls es nötig sei, dreimal sieben Tag aufzuwenden,
beseelt Dich die Hoffnung auf Reichtum, daß endlich hervorkommen wird
der zarte Sprößling des Goldes. Alsdann benagt die beschuppte Schlange
ihre Flügel mit grimmigem Zahn, und wird aus freiem Willen erleiden [5]
das Schicksal. Doch das Maß der ganzen Zeit selbst ist der Materie bei-
gegeben, wer deren Ordnung einhält, der versteht sich sowohl auf das Alter
und jegliche Geheimnis der Pflanze. Und andererseits, wer sich darauf
versteht, zu bemessen die Stunden der Frist, * ebenso ist es notwenig,
die Natur der Materie gründlich erkannt zu haben. [10] Es ist fürwahr
die Erzeugung dauerhaft und ehern jenen die Verbindung, durch welche
sie sich vereinigen; auch gibt es für jene Zeiten Regeln. Unterdessen soll,
während zunimmt das Werk, heftigeres Feuer untergestellt lodern. An
keiner Stelle darf das Gefäß Risse bekommen, † sondern die klaffenden
Spalten soll auffüllen der allerfesteste Mörtel. [15] Dann regt sich die Ent-
stehung der Asche. Der Geist blubbert drinnen eingeschlossen auf. Es er-
hebt sich Phoenix, bei mannigfach ihr Spiel treibender Gestalt. Es steht
fürwahr der Asche der Geist des Äthers zu, * mit feinem Gewebe, den
——————
[v. 8] * Weil die Zeit von der Materie abhängt, wie auch entgegengesetzt.
[v. 14] † Hermetische Versiegelung.
[v. 17] Andere schmelzen zu durch die Wirkung des Feuers den Hals des Gefäßes, oder
die Öffnung.
[v. 18] * Das Gefäß soll eiförmig sein.
die Kraft des edlen Weinessigs oder der kindliche Urin der sieben Planeten,
[20] † an die Luft bringt und nach draußen hervor ruft aus dem schwarzen
Staub. Wundre Dich nicht, daß wir dies in zweimaliger Reihenfolge hören
ließen: * Zweimal scheint auf die eine Farbe, wie auch die andere: Zweimal
ist es schwarz, zweimal purpurfarben, solange das Ende bevorsteht.
Nunmehr gibt es überhaupt nichts, was Dir Chrysanthus, verborgen
bleiben wird. [25] Nunmehr werden Dir die † Geheimnisse wieder und
wieder ertönen aus ewigen Truhen. Für Dich werden sich selbst jeden Au-
genblick in ihren unruhigen Stätten die Heiligtümer bewegen, und die Gip-
fel verströmen helles Licht. Siehe, in stillem Gemurmel wird bewegt das
heilige Angesicht der * Eleusinischen Mutter. Heil Dir, geliebter Priester!
[30] Heil Dir, und nicht sollst Du fürchten, Dich unseren Tempeln zu nä-
hern. Wenn es nicht reute, solch große Mühen zu erdulden. Wenn Du die
Heimat verläßt, Lybiens Sandwüsten durchmessen hast, damit Du in wahr-
haftiger Frömmigkeit die allerheiligste Gottheit verehrest
——————
[v. 20] † Der Geist der sieben Metalle.
[v. 22] * Die Farben erscheinen zweimal.
[v. 25] † Sie sind heilig.
[v. 29] * Cybele.
[S. 53] Da, nimm ebenso die heilige Tiara, welche die Göttin sendet«, sprach er,
und er benetzte den Erstaunten mit weihend ausgegossenen Tropfen. Her-
nach fährt er fort auf den heiligen Ermahnungen zu beharren. »Nicht sollte
Dir, Chrysanthus, der verdammenswerte Irrtum widerfahren, [5] daß Du,
weil mir von Genien häufig die Rede entströmte, deinen Wünschen zuhilfe
nimmst * Dämonen des widerlichen Orcus. Dich dem Himmel zu verbin-
den, sollst Du erstreben. Die Hölle zu bewegen durch Gemurmel betrachte
ich mit Argwohn: Bald sollst Du Dich nach Osten richten, bald dem Süden
drohen. Wiederum sollst Du Dich mit flehendem Wehklagen [10] wenden
gen Norden. Endlich sollst Du auch geneigt verehren die zum Abend lie-
genden, Unglückseliger, Gegenden, wie auch betend anreden die Gruben. †
Nichts richtet aus das Anzünden von Wachskerzen im bezeichneten Kreis,
nichts dergleichen die Luft reinigender Weihrauchqualm, nichts der Opfe-
rungen Blut wie auch die heiligen Namen der Götter. [15] Fürwahr ist den
Genien nicht der Sinn danach, für welche der düstre Tartarus die Strafe ist,
daß sie unbefleckten Taten beistünden. Damit sie Seelen rauben, sind sie
wachsam, und es kommen gerufen die schrecklichen * Satrapen und die
abscheulichen Diener.«
Allein, ich konnte nicht abwarten das Ende der Ausführungen.
——————
[v. 6] * Verdammt wird das magische Dämonenbündnis.
[v. 12] † Der abscheulichen Zeremonie der Magier.
[v. 18] * ›Satrap‹ ist ein Persischer Begriff, er bezeichnet den Vorsteher einer Provinz.
[20] Ich ergreife die Rechte und drücke auf die Rechte drei Küsse. Und
zugleich, da ich vergehend ungeheueren Atem aushauche, mit den Knien
auf den Boden falle und die Hand zu den Himmel strecke, sage ich: »Welch
Dinge, Oh Verehrungswürdiger, teilst Du uns mit? Welch Dinge fürwahr
tust Du kund? Welche gütige Sorge um uns hielt Euch, oh Götter, gefangen,
[25] da ihr zum ersten Male solche Gaben auf die Erde sandtet? Ist es etwa
glaubhaft, daß unter den Himmlischen Deine Liebesglut zu uns entflammte?
Brannte von so großer Liebe zu uns jener Gott, der Alles durch [seinen]
Wink beherrscht? Wenn sie lodert, soll uns demnach keine mattere Glut in
Leidenschaft versetzen. [30] Indem so in beiden mächtige Glut mit Glut
zusammenlodert, in gemeinsamer Flamme brennend, werden wir teilhaftig
der Liebe. Wohlan! Ich will vor Gott ganz übergehen lassen das dankbare
Herz, der sich vom Himmel erbarmte des erdgebornen Geschlechts;
[S. 54] wie er es auch mit großen Reichtümern beschenkt hat, sich am Ende als
Vater erwies und auch an Gunstbeweisen die Sandkörner der Meeresstrände
übertraf. Daher, solange Atem wohnen wird in den gebrechlichen Glieder,
werde ich fortsetzen die Bitten, und, falls die Gottheiten mich verwandeln
[5] in der Nachtigal Gestalt, werde ich im buschigen Gesträuch unter-
schlüpfen, dabei nichts anderes singend als den Lobpreis des göttlichen
Vaters.«
»Recht, sprach er, hältst Du es, Chrysanthus, indem Du die Gottheit anbe-
test, und in Gottes Tempel aufhängst das versprochene Gehänge. Wohlan, *
besteige den Sitz des Triumphwagens, [10] Lorbeerbekränzter, und hebe die
ruhmreiche Rechte mit dem Siegeszweig, auch binde die Gegner, die nieder-
gerungenen Tyrannen, damit sie nicht bald neue Kriege vom Zaun brechen,
da sie abgeschüttelt die Ketten. † Wenn es Dich auch, womöglich ereilt, daß
Du in Kriegen unterliegst, gib Dich nicht dem Unglück geschlagen, noch
enthalte Dich bitterer Mühe. [15] Die Sache ist würdig, würdig auch die
Mühe, die alles umfaßt; alles, was die Natur versteckte im unerschöpflichen
Erkreis; alles, was Astraea verbarg in den hohen Himmeln. * Ebenso siehst
Du darin Gottes unermeßliche Wunder, auch wenn ein Possenreißer mit
wahnwitzigem Sinn Gott abstritt. [20] Schließlich, alles, was die Dreihundert
umfassende Schar treibt, lehrt er hier in verständlicher Kürze, und Strahlen
breitete er aus durch den ganzen Tag hindurch, † ganz so wie mit gewaltigem
Tageslicht Phoebus, der, * obgleich ebenso Licht bleibt von den übrigen
——————
[v. 9] * So feierten Triumphe die siegreichen Alten.
[v. 13] † Ausdauer wird beim Werk verlangt.
[v. 18] * Die Vortrefflichkeit des Physischen Steines.
[v. 22] † Alleuchtend.
[v. 23] * Allanleuchtend.
——————
[v. 29] † Allbesitzend.
[v. 31] * Allhöchst.
[S. 55] wenn er in diese die Rechte eintaucht, wird nicht die Flüssigkeit an der
Leiblichkeit haften, sondern zerfließend wird sie sich vor den Augen selbst
verflüchtigen. Der Nepenthes habe der Helena, so sang einst Homer, von
der kummervollen Brust die stechenden Sorgen vertrieben. [5] Es gelangte
auch der Panazee Ruf zu den späten Nachkommen. Frühere Zeitalter prie-
sen dereinst ihr Moly. Alles immer wieder wiederholte Worte für den pos-
sentreibenden Dichter! Wir stellen diesen den Chrysolith entgegen mit
wahrheitssagendem Mund. Auch hält mich nicht eitler Wahn. Mit mir spre-
chen hundert Münder. [10] Das Werk selbst, könnte es tönen mit mensch-
licher Zunge, gar nicht zweifle ich daran, daß es tatsächlich solches mit
wahrhaftigem Mund vortragen wollte. Oh, Tüchtiger, wenn Du glaubst,
ich sei Dir durch göttliches Los zum Geleit bestimmt, schließe mich ins
Herz mit größter Liebe. Nicht nämlich wirst Du umsonst Geizhälse be-
schenken. [15] Was Du gabest, hoffe, daß ich es mit umfangreichen Ge-
winn verzinse. Biete mir dar gelehrige Ohren. Denn nicht werde ich Dich
Nichtigkeiten lehren. Das Streben nach Ansehen soll verbannt sein. Nicht
sollst Du, wenn Dich das weiße Greisenalter übermannt, glauben, Dir ir-
gend etwas Unwürdiges anzueignen. Lernen ist großartig, auch wenn Du
schon in der Nähe des Orcus bist. [20] Ein Geringes im Verhältnis zur
Masse zwar, dennoch habe ich des Werkes Gehalt begriffen; unermeßlich
an Wert. Nicht nämlich ist, nach meinem Dafürhalten, die bloße Oberfläche
der Dinge oder das Gefäß von außen zu betrachteten, der innere Kern
vielmehr und das lebenskräftige Mark der Sache sind zu untersuchen, wel-
che Belohnung es von sich einbringt. [25] Und was für Wonnen, was für
Frohlocken es dem Geiste bringt. Wie stark auch immer es tief in den
——————
[v. 1] Der Philosophische Mercurius, nicht, weil er nach Art des gewöhnlichen nicht
hängen bleibt, sondern, weil er ob seiner Feinheit die Haut selbst durchdringt.
[v. 12] Beifall für den nämlichen Stein.
——————
[v. 32] * Conclusio ab abruptione.
FINIS.
——————
[ v. 3] Jusjurandum.
Gedanken ein Licht entzünden mag, nicht anders als des Jupiters durch-
dringender Blitz, nicht durch die zuckende Flamme oder durch die heftige
Wucht zerschmettert. Vielmehr verbirgt sich in der Flamme, verbirgt sich in
jener Wucht eine Tugend, [30] welche die Kleidung verschont, die benach-
barten Glieder versengt. Die Scheiden durchdringt sie unbeschadet, doch
sengt an sie die Schwerter. Aber wo gerate ich hinein? * Wohin hat mich in
der Fahrt der geflügelte Gedanke fortgebracht? Ich brach das der Göttin
geschworene Schweigen.
——————
[v. 32] * Conclusio von der Abruptio an.
[S. 56] Nicht nämlich befahl die Göttin gleich hintereinander alles herauszusagen,
wenn Du nicht vorher vor dem Altar das Treuegelöbnis sprachest und des
Fidius heiligem Altar versprochen hast mit aufgelegten Fingern, daß kei-
nem Du diese heiligen Geheimnisse übermittelst, [5] wenn Dich nicht mit
geheimen Murmeln auffordert die Göttin. Da ist für Dich der Gürtel: Gürte
Dir selbst um den wallenden Umhang. Laß uns gehen, zum Heiligtum, das
Du erblickst auf dem nahen Hügel.«
ENDE.
——————
[ v. 3] Eid.
Pag. 2. vers. 22 Cur lucem extendant Chelae etc.] Aliàs apud Manilium et
Virgilium pro signo Scorpii sumuntur: hoc in loco pro Cancro. Elegantius
enim Chelas dixit, quam si Cancrum: quasi Chelae ipsae sese diducentes
diem extendant. Χηλαὶ namque Latinis forcipes sonant. Hoc signum inequi-
tante Sole, producuntur dies: ut in Capricorno iidem remittuntur. Virgilius
de Viro justo:
Ille dies, quàm longus erit sub sidere Cancri,
Quantaqué nox Tropico se porrigit in Capricorni,
Cogitat.274
Vers. 24. Cur jubar etc.] Εκλίψοιϛ innuit, ut altera versus parte Lunae
mutationes.
Vers. 25. Quid vehat Orion etc.] Illorum signorum ortus et occasus ma-
gnum semper aliquid minari omnes fatentur docti. Hippocr. lib. de aer. aq.
et loc. Εἰδὼϲ γὰρ τῶν ὡρέων τὰϲ μεταβολὰϲ καὶ τῶν ἄϲτρων τὰϲ ἐπιτολάϲ
τε, καὶ δύϲιαϲ etc. Et ibidem: Δεῖ δὲ καὶ τῶν ἄϲτρων τὰϲ ἐπιτολὰϲ
φυλάϲϲεϲθαι, καὶ μάλιϲτα τοῦ κυνὸϲ ἔπειτα ἀρκτούρου, καὶ ἔτι πληιάδων
δύϲιν.275 Sic Aristot. sect. problem. I. quaest. 3. Sic Plato in Polit. et Epi-
nomid. Ubi astra ad gubernaculum vitae mortalium sedere testatur. Habet
hoc cum Stoicis commune. Inde fati necessitatem deducunt. At divinius
Aristoteles 7. Eudemior. Κινεῖ μὲν πῶϲ πάντα τὸ ἔν ἡμεῖν θεῖον etc.276
De iisdem astris Virgilius saepius: Ut lib. I. Georg imprimis:
– tam sunt Arcturi sidera nobis
Haedorumqué dies servandi.277
Vers. 28. At tandem exorta est] Notantur Arabes, et nonnulli Latinorum, ut
Firmicus, et Manilius. Sed hi ab Arabibus, et Chaldaeis artem mutuò acce-
perunt. Qui gerras germanas audire avet, atqué lyras lyras, ut cum Plauto
loquar, adeat Hermet. Aphorism. Bethem centiloq. Almanzor. proposit. Za-
hel, Messahalah, Omar, etc: Vanitatem Astrologiae judicariae non opus est
hic pluribus exagitare, cum hoc pluribus, et prolixis factum sit, â magnis
illis caeli litterarii Phosphoris Iosepho Jospeho Scaligeró, Pico Mirandula-
no, Philippo Mornaeo, et egregio illo Medico, et Melico Johanne Smetio,
aliisque per quàm multis.
274 De institutione viri boni, 7–9. In: Appendix Vergiliana, S. 165–168; zur ›Appendix
Vergiliana‹ vgl. J. Richmond (1996).
275 Abgeglichen mit Hp. Aër. 2, 2 u. 11, 2.
276 Abgeglichen mit Arist. EE 1248a 26 f.
277 VERG. georg. 1, 204 f.
[S. 58] Vers. 28. Niliacis alveîs.] Oriri dicunt Nilum in locis propemodum sub
tropicum Capricorni positis, ultraque alterum tropicum in Mare Mediterra-
neum ferri. Ut Jul. Caes. Scaliger Exerc. ad Card. 47. Multa nomina agno-
scit, prout incolis locorum placuit. Apud Aethiopas Ascapus: circa Meroën
insulam Ascabores, item Ascusapes; Aegyptiis Nilus, ut et Sirys: Homero
Aegyptus: aliis Tritòn dictus est. Vide de his locum apud Plinium memo-
rabilem lib. 5 hist. natur. c. 9. Ubi et de caeteris fluviis tradit. Caussam
incrementi in fluvio isto, caeteramque eius prorsus stupendam naturam dis-
ce ex Prospero Alpino tract. de Medic. Aegypt.
Pag. 4. vers. 11. Hinc aurum fulsit.] Distributionem metallorum Planetis
rejicit divinus Caesar Scaliger Exerc. ad Card. 106. sect. I. Quamvis eam
tradat Proclus in Tim. Pace tamen tanti herois, non incongruè hoc fieri
reperiemus, ubi penitius metallorum naturam introspiciemus. Dabitur fort-
asse aliquando occasio pluribus de his agendi, siquis ansam praebuerit.
Testatur idem dudum ante, aliam metallorum distributionem secundum Pla-
netas factam esse Chaldaeis, quod sese ex Raziele quodam didicisse tradit.
Vers. 27. Ipse Iovis currus.] Haec ex Petri Ronsardi, poetae Galli incom-
parabilis, hymno auri mutuò sumpta sunt.
Pag. 5. vers. 13. Iustitia ipsa.] Judices perstringit, qui facilè auro corrum-
puntur.
Pag. 6. vers. 5. Hac sine.] Nota est Galeni scurillitas in Servatorem no-
strum, eiusque iniquitas in Mosem, dum eum carpit, quòd in rerum caussis
tradendis voluntatem Dei unicè adferat: cum tamen idem in aliis carpere
poterat. Ut Platone, qui Animam Mundi tradit. Ut Aristotele ipso et Avi-
cenna, qui rerum omnium generationem, hic decimae cuidam intelligentiae,
ille pluribus, assignant. Inter Graecos verò fuisse quosdam prorsus ἀθεοὺϲ,
testàtur Arrianus in Epictetum.
Vers. 12. Nulla ut primordia Mundi.] Ut Aristot. lib. I. de Caelo. Defen-
sionem suscipit divini praeceptoris divinior discipulus Jul. Caes. Scaliger.
Exerc. 61. s. 3. Vix tamen excusabilis est.
Vers. 13. Animasqué rapi.] Nefandum illud Hippocratis deliramentum, â
quo non absunt Galeni trepidationes, subnotat. Ille lib. 6. Epid. sect. 5.
Credidit etiam animam corpus depasci : ῍Ην δ᾽ ἐκ πυ-
[S. 59] ρωῇ, ἅμα τῇ νούϲῳ καὶ ἡ ψυχὴ το ϲῶμα φέρβεται.278 Prolixius haec agitat
Jul. Caes. Scalig. Exerc. ad Card. 101. s. 18.
278 Abgeglichen mit Galen: In Hippocrates librum VI. epidemiarum commentarii VI.,
17b.250 (nach TLG).
[S. 60] Pag. 10. vers. 14. Hactenus auriferae.] Telluris nostrae aratrum ignis est,
et menstruum Mercurio necessarium: seges, aurum praeparatum: vannus,
vasa necessaria, quae Arabes Aludel vocant.
Pag. 11. vers. 27. Quo tandem impulsu.] Olim quidem Paracelsus san-
guini motum circularem inesse docuit, quae doctrina etiam â nonnullis Ga-
lenistis recentioribus propagari incipit.
Pag. 12. vers. 2. Non secus.] De Coraliis vide Plinium, Solinium, Dios-
coridem etc:
Vers. 4. Vna equidem.] Sic Hippocr. lib. I. de vict. ratione: ῞Εκαϲτον
πρὸϲ πάντα, καὶ πάντα πρὸϲ ἓκαϲτον τωὐτό. ῾Ο νόμοϲ γὰρ τῇ φύσει περὶ
τούτων ἐνάντιοϲ, χωρεῖ δὲ πάντα, καὶ θεῖα, καὶ ἀνθρώπινα ἄνω, καὶ κάτω
ἀμειβόμενα.281
Vers. 6. Est radius.] Calidum innatum, quod omnibus inesse, deprehen-
ditur, caeleste penitus, atque τὸ τῶν ἄϲτρων ϲτοιχεῖον ἀνάλογον.282 Alexan-
der Aphrodisaeus, ut omnia, ita et hoc ab Elementis deducit. Sed videat,
quid illustris noster Caesar dixerit. Tale omnibus corporibus mixtis inesse
etiam Fernelius asserit.
Vers. 9. Mensque ipsa.] Platonicum est: distinguunt autem ejus secatores
accuratè: Mentem Mundi universalem, Animam, et spiritum. Vide Ploti-
num, et Marsil. Ficinum lib. de Vit. caelitus compar.
Vers. 11. Hunc Amor.] Ita â principio operis sui Lucretius Epicureus
docet: Ita pervigilium Veneris Catullo attributum, pulcherrimis trochaicis,
quos maximâ cum voluptate saepius repeto:
Ipsa venas atqué mentem permeante spiritu
Intus occultis gubernat procreatrix viribus:
Perqué Caelum, perqué terras, perqué pontum subditum
Pervium sui tenorem seminali tramite
Imbuit; jussitqué Mundum nosse nascondi vias.283
Ita subtilitatum faber Scaliger Exerc. 106. s. 1. de Venere praedicat, felicis-
simum sidus esse, auspicatissimanmqué parentem, non Aeneadum modò,
sed ut prisci omnes volêre, totius quoqué propagationis, adeoqué rerum
aeternitatis.
Vers. 25. Non hùnc, qui lubricus.] Excludit Mercurium vulgaré, qui certa
ratione sublimatus, varios colores ostentat. Artifices caudam pavonis vo-
cant. Videatur Ripla. lib. 12. port. qui versibus Britannicis egregie hac de
materia scripsit.
Vers. 32. Cinnabarin dicunt.] Intelligit Cinnabarim rupeam
[S. 61] non factitiam ex argento vivo: non etiam minium illud Veterum, nec illud
tritum recentium ex plumbo calcinato factum, sed quod concolor iisdem;
materia est auri et argenti. Necesse fuit ob penuriam vocum uti hac circum-
scriptione.
Pag. 14. vers. 10. Mox, postquam.] Colores non prodeunt, antequam men-
struum materiam nonnihil fermentaverit. Per amara namque menstruum
intelligit.
Vers. 12. Seu purpura Lecti.] Lecton insulam Ostriferam esse, docet
Aristot. lib. de gen. anim.
Pag. 15. vers. 6. Virosâ perimat.] Virus inesse etiam philosophorum Mer-
curio, antequam ad medicinam praeparatus sit, testantur omnes.
Vers. 10. Tu de Thessalicis.] Hisce verbis innuit menstruum solvens,
quod terram, quam vocant, maledictam eluit: dixit venenum, quòd vim
penetrabilem, et subtilem in sese contineat.
Vers. 29. Hîc rosa.] Mixtura intelligitur, quae rursus menstruum solvens
abluit.
Pag. 17. vers. 3. Attonitúmque novâ.] Mos poetarum est ingentem lucem
fingere, adventu dei cujusdam: ut Plaut. in Amphitr.
Aedes totae confulgebant tuae, quasi essent aureae.284
Vers. 24. Tu potius Mundum.] Ita Plato in Timaeo Mundum ipsum Deum
vocat: Et Trismegistus in Asclepio, Caelum, ait, sensibilem Deum esse,
administratorem omnium corporum. Non quòd ita senserint, sed ut tantam
fabricam â Deo dependere et gubernari docerent.
Pag. 18. vers. 12. Atqué in secretis.] Pythagoras omnibus januis silentii
praeceptum inscripsit. Quidni et veri Chemici?
Pag. 20 vers. 12. Magnetem imitatur.] Quidam terram Hispanicam vo-
cant, aut terram Adami. Ajunt ex agro Veronensi effodi et interdum prorsus
nigram esse, interdum rubram. Imò est, quae transparente rubedine imitatur
rubinos.
Vers. 27. Immanis serpens.] Passim apud Chemicos Mercurius Philo-
soph. draco vocatur propriam caudam devorans. Hinc jambici illi Theo-
phrasti cujusdam Graeculi:
Καὶ οὑτόϲ ἐϲτιν οὐροβόροϲ μὲν ὁ δράκων,
Λευκὴν μὲν ὄψιν, καὶ κατάϲτικτον δορὰν
῎Εχων.285
[S. 62] Pag. 21. vers. 26. Per totum penetres.] Adeoqué illa Hermetis Trismegisti
responsio laudatur, qui rogatus â Poemandro, quidnam vellet? Ait: cupere
sese Naturam discere, et cognoscere Deum.
Pag. 22. vers. 3. Animisqué quasi.] Platonicum est. Anima Mundi, inquit
Plato, deos ex igne generat, et deos quasi adscriptitios: Hi verò ideas ani-
286 Die Verszählung wurde nachträglich eingefügt, da das Gedicht sich in meinem Kom-
mentar zu CHRYS., S. 22, 15–23 in Übersetzung findet.
ligere puto Philosophum, cum Sol non solus lumen, et calorem his sub-
lunaribus tribuat. Quia tamen caeteris largius, hinc eundem instar omnium
dixerunt: hinc fons luminis Heraclito dictus est: Orpheo, lumen vitae: Pla-
toni, ignis caelestis, animal aeternum, astrum animatum, maximum, diur-
num: Physicis, cor caeli. Imo Plotino teste, Dei vice invocatus est. Albu-
masar, et Trismegistus omnia vitam debere Soli et Lunae affirmant. Unde
verò ista virtus? An â calore solo? Generatio rerum non fit nisi per ratio-
nem. At in calido non est ratio, nisi per vim Animi. Nec aliter sensisse
crediderim divinum Senem lib. de carnib. Δοκεῖ δέ μοι ὃ καλεόμενον
θερμόν, ἀθάνατoν τε εἶναι καὶ νοεῖν πάντα, καὶ ὁρῆν καὶ ἀκούειν, καὶ
εἰδέναι πάντα, καὶ τὰ ἐόντα, καὶ τὰ μέλλοντα ἔϲεϲθαι. Viderint Mercurialis,
et Capivaccius, qui de calore Elementari haec verba Hippocr. interpretantur
veteres αἰθέρα vocasse, et ἐϲ τὴν ἀνωτάτω περιφορήν secessisse.287 Lib. I.
de vict. rat. prolixius de his agit, et aliquantò clarius. Eandem sentiam
sequitur Macrobius.
Vers. 22. Est Veneris nodus.] Loquitur de Calido τῶ θερμῶ ipsius Uni-
versi, quod Animi quasi vehiculum est, et organon.
Hinc Parmenides:
Πρῶτον (φηϲὶν) ἔρωτα θεῶν μητίϲατο πάντῶν.288
Et Hesiodus:
Πάντων μὲν πρώτιϲτα χάοϲ γένετ᾽ αὐτὰρ ἔπειτα:
Γαῖ᾽ εὐρύϲτερνοϲ.
᾽Ηδ ἔροϲ, ὅϲ πάντεϲϲι μεταπρέπει ἀθανάτοισιν.289
Vide Arist. lib. I. Metaph. cap. 4.
Vers. 27. Est animus.] Paracelsus inquit Animum medium quidem esse
inter spiritum, et corpus. Hinc Cupido hoc in loco vocatus est, quòd medius
veluti inter mortales et matrem Venerem, Amorem omnibus conciliat, mis-
sili pharetra. Quòd autem hîc unguen dicatur esse, nihil ab antiquitate dis-
crepatur.
[S. 64] Ipse enim Hippocr. lib. de Carnib. Τὸ θερμὸν τοῦ λιπαροῦ μητρόπολιν
esse docet.290 Quod enim calescit, inquit, primùm omnium quùm diffundi-
tur, pingue fit.
Pag. 23. vers. 18. Donec enim.] Hinc sunt, qui negant purum ab omni
aqueitate, ut ita loquar, vini spiritum dari, cum semper in destillatione ali-
quid insipidi, aquae instar, remaneat in fundo, etiam si centies destillaveris.
Pag. 24. vers. 1. Spiritus hic pariter.] Infinitis ferè nominibus spiritus ille
Mundi vocatus est â sapientibus. Cabalistae vocarunt Lineam viridem, om-
Pag. 27. vers. 3. Alias mea numina.] In flore aeris aliquam tingendi vim
inesse, multi jam Chemici experti sunt.
Vers. 18. Ipse mihi genitor.] Spiritus Saturni id est plumbi, sed subter-
ranei, ingentem vim possidet solvendi aurum. Sed et facile plumbo miscetur
aurum: aliis metallis minimè.
Vers. 28. Te penes est.] Aurea, et pene divina verba sunt Magni illius
Julii Caesaris Scaligeri. lib. I. de plantis. Est Saturnus sidus secretioris
illius sapientiae: quae sempiternâ constantiâ sui similis, quoniam nihil ex-
tra se habet, infinita scilicet recurrit in seipsam. Et sequentia, quae ab ipso
Oraculo dictata juraveris.
Pag. 29. vers. 11. Ipse Planeta.] Vocem ἑπταγράμματον alii aliter inter-
pretantur: hi de Mercurio, elisa quippe postremâ syllaba: illi De Planeta,
quo septem metalla subintelligunt. Ex his sulfur et Mercurius, iniquiunt,
extracti, diligenter extersi, iterumque artificiosè conjuncti Lapidi faciunt.
De his verò alibi prolixius dicemus.
Vers. 19. Aurum etenim.] Ita sentit etiam in fine lib[ri] ibi: Vna trium-
phatrix etc: Posset contra haec Phoenix ille scientiarum Jul. Caes. Scalig.
adduci, qui Exerc. 106. s. 2 ad Card. negat aurum perfectius esse metallis.
Dico non perfectius perfectione speciei esse, sed perfectitudine mixtionis.
Pag. 30. vers. 3. Est tamen his fucis.] Tincturam auri aliunde petere quàm
ex auro, insaniae intolerabilis est. Infinita sunt, quae aliàs ab Artificibus in
operam Alchemicam trahuntur, adeóque ridicula, ut pigeat hic recensere,
cum libri passim rerum istarum farraginem habeant.
Vers. 25. Hoc aes intactum.] Linea viridis quid sit, supra decla-
[S. 65] ratum est: Hic tamen aurum philosophorum ita vocitatur, quia multum in
sese spiritus illius Mundi habere creditur, ut Mars. Ficinus testatur lib. de
vit. caelit. comparand. et lib. de sanit. studios.
Pag. 31. vers. 8. Aurea prima aetas.] Ita Vergilius lib. 2. Georg.
Aureus hanc vitam in terris Saturnus agebat:
Necdum etiam audierat inflari classica, necdum
Impositos duris crepitare incudibus enses.291
Et Eclog. 3. tota ex ea historia conflata est.
Vers. 19 Iam verò postquam.] Ita Boethius:
Felix nimium prior aetas,
[S. 66] Vers. 30. Haec sunt naturae.] Balsama vocat μεταφορικῶϲ, quòd natu-
ralis balsami virtutem imitentur. De hoc Alpinus multa. Ait ex Arabia in
Aegyptum transferri, illinc ad nos. Quidam ex Turcia verum Opobalsamum
ad nos adferri contendunt, sed negat Guarinonius in consil. Virgil. lib. 2.
Georg. ex India ferri canit.
–– Sola India nigrum
Fert ebenum: solis est thurea virga Sabaeis:
Quid tibi odorato referam sudantia ligno,
Balsamaque et baccas semper frondentis acanthi:294
Manardes, et ex eo Fioravantus hodie quoque ex Insula Cartagena afferri
testantur.
Pag. 33. vers. 11. Cinnabarim dixi.] Utrumque excludit, et rupeum, et
factitium Conrad. Lips. in sua confess. Quod quidem verum est. Cum ta-
men alio nomine non potui, hôc potius Terram nostram Adami vocavi.
Pag. 39. vers. 16. Est aqua.] Varia solvendo auro menstrua sunt inventa, et
prope infinita: spiritus salis, mollis, vini alcoolisatus, et acutus cum spirit
[o] Vrinae. Ita Hartmannus solvit aquae regiae, etc: Fioravantus cum fumo
☿. Omnia inidonea. Quale autem verum auri solvendi menstruum. ex seq
[uentibus] ariolari licet. Videatur de his praeter caeteros Georg. Ripla An-
glus lib. 12. portar.
Pag. 40. vers. 3. At tu, si mens.] Menstruum verum cum ipsis Auri scoriis
reperitur.
Vers. 9. Balnea, quae colubri.] Chemici serpentinam vocant, quod vitrum
istud figura sua gressum, sive reptatum serpentis imitetur.
Vers. 10. Haec Iovis.] Fingebant Veteres è solio Jovis fluvium amaenis-
simum scaturientem: ut Plautus quoque in Trinum[m]o
Ad caput amnis, quod de caelo exoritur, sub solio Iovis.296
Hieroglpyhicum est. Variae autem ejus interpretationes. De hoc fluvio
prorsus divina Scaliger lib. de plantis. Menstruum Philosophorum hic flu-
vius dicitur esse, ἀλλεγορικῶϲ propter nobilitatem.
Vers. 14. Non ê compactis.] Quemadmodum circa metalla flue-
[S. 68] re dicitur, ita ex metallicis vi ignis destillatur, non ipsis metallis.
Vers. 15. Locupletior Ozo.] Historiam hujusce fluvii tradit Aristot. lib. de
admir. auscult.
Vers. 16. At nobis ululat.] Thyasus variè accipitur. Interdum pro convivio
ê symbolis singulorum: alias pro θυμιαϲμῶ. Hic pro turba Dionysiaca: ubi
Mysticae voes eduntur, ut in Orgiis.
Vers. 22. Color est argenteus.] Quid sit argenteus color, consulatur Sca-
liger. Exerc. 325. s. 11.
Vers. 29. Solóque arcano.] Virgil. in Georg.
Sponte sua sandyx pascentes vestiet agnos.297
Docet Jul. Caes. Scaliger Exerc. ad Card. metallicum esse, minii specie.
Huc translatum est, â Coloris similitudine.
Pag. 41. vers. 7. Hic jucunda.] Simulacrum extat in monasterio quondam
S[ancti] Benedicti apud Florentiam, Martis figuram repraesentans, sed re-
ginae habitu: capite coronam gestans, sideribus concinnatam: pectore colo-
res quatuor: sub pedibus duos fontes proculcans, â quorum altero ℂ fluit, in
alterum à quo ⊙: manibus ostentans epithaphium aureis inscriptum litteris,
quod tota artis arcana breviter tradit.
Pag. 42. vers. 3. Namque alia.] Tria sunt menstrua toti operi inservientia
ut Ripla docet lib. 12. port. Hic describitur primum, non corrosionis expers,
[S. 69] et opus suum vegetabile vocat, alii Auroram Philosophorum. Solvit enim
calcem ⊙, et tincturam eidem extrahit.
Vers. 30. Non quali artifices.] Facetus est dialogus, qui tractatui, cui
inscriptio est, Novum lumen Chymicum, annexus est. Perbelle ibi notatur
Pseudochymistarum insania, de laboriosa illa Mercurii vulgaris praepara-
tione.
Pag. 47. vers. 27. Non est nervifragi.] Nervis et propterea capiti inimi-
cum esse vinum testatur Plato in dial. de lege: τῷ οινῷ μαλθακοτέραϲ
γίγνεϲθαι τὰϲ τῶν πρεϲβυτέρων ψυχὰϲ.299 Negat à vite, et quod inde depen-
det desumi materiam Lapidis.
Pag. 48. vers. 12. Dicitur et morsus.] Cerasten, serpentem cornutum esse,
perhibent Galenus, Dioscorides, Plinius, Rhasis, Santes Ardoinus, etc: dic-
tum ἀπὸ τῶν κεράτων. Ita Arist. lib. 2. histor. anim. c. 1 inquit Aegyptios
perhibere, colubros Thebanos cornutos esse. Hinc Prosper Alpinus Thahir
Aegyptiorum, quo Theriacam suam conficiunt, Cerasten esse testatur. Huic
serpenti comparat menstruum, â mordicandi potestate.
Pag. 49. vers. 22. Naturae ambiguae.] Ideo sal naturae ambiguae est,
quod in igne consistit, fluit in frigido: et quod acerrimum sit et tamen
liquidum.
Pag. 50. vers. 17. Est alius.] De igne artificiali, quem putrefactionis
vocant, lex tenenda est, ut supra quoque dictum est, ne inaequalitatem in-
currat.
Vers. 30. Septima namque.] Sacer numerus est, ut supra quoque dictum,
qui etiam â Chemicis in opere observatur. Hôc veteres hieroglyphicè etiam
Deum designarunt, teste Pier. Valer.
Pag. 51. vers. 8. Ergo incrementum.] Multiplicationis doctrinam brevi-
bus. Fit autem cum Mercurio. Hanc arborem Hermetis vocarunt.
Pag. 51. vers. 22. Ter denas.] Hinc Graeculus ille Theophrastus:
Τριϲϲουμένη γὰρ εἰϲ πῦρ ἡμερῶν τριῶν
῎Εϲται ὅλη λεὺκωϲιϲ εἰϲ ξανθόχρωμον.300
Vers. 29. Tu plantam.] Jam dudum altercatum est inter philosophos, an
metalla vivant? Maxima pars negant. Non meum est litem refricare, adduc-
tis utriusque turbae rationibus. Qui tamen caussam oculo metiri volet, mi-
randa proferet. Ipse vidi argentum in vase (matracium vocant) germinare,
pulcherrimis ramusculis, pulvere rubro radicem tegente, et quasi novum
nutrimentum identidem sufficiente. Affert modum Paracelsus, sed negat
[S. 70] genuinum Bartoletus Mantuanus, cui subscribo. Tria inquit requiriri, terram
Philosophicam, quam regulum stellatum vocant, humorem id est argentum
vivum et metallum. Omnia quidem recta, sed obscura. Regulus enim qui ex
Stomomate cum stybio, et nitro praeparatur, revivificare debet Cinnabarim
illam factitiam et liquare in argentum vivum. Hoc cum auro, seu argento,
certa proportione mixtum, in vasa supradicto per ignem lenem, arenâ con-
ceptum, progressu temporis jucundissimam producit arbusculam. Unde
concludo cum Andrea Dudithio et Petro Monavio contra Erastum, metallis
non prorsus omnem vitam denegandam esse.
Pag. 54. vers. 27. Niliacos inter.] Circumferuntur plures libri Manuscrip-
ti, de hac materia tractantes, tam Graeco idiomate, quàm Arabico. Fortasse
aliquando emergent superatâ seculi iniquitate.
Pag. 55. vers. 3. Nepenthem Helenae.] ῎Αλυπον herbam dicunt, quidam
Borraginem existimant. De Moly multa sunt fabulosa: Ut apud Homerum,
et Ovidium. Haec omnia auro suo Philosophicè praeparato tribuunt.
vers. 26. Quantumque accendat.] Lumen Naturae accenditur in nobis
Alchemico studio, aliter quidem, quàm Rogerius Baco opinatus est: qui
eò etiam insaniae delapsus est: ut spiritum propheticum ab astris in homi-
nem prolectari affirmaverit: si ante Alchemicis pharmacis corpus reddideris
aequale, et temperatum: deinde radios astricos in speculo, quod Arabica
voce Alchemusi appellat, arte Catoptrica fabricato colligas: tandem omnes
cibos quibus uti voles, per machinam Astrologicam virtute astrorum im-
buas, stellificare vocat. Ita Apollonium Thyanaeum ait praesagîsse, qui
tamen magus perditissimus fuit, quod ex Johanne Bodino adversus Lipsium
probari potest. Insania certè intolerabilis, quam vix toto hellebori jugere
expiaveris! Alchemia lumen accendit, quidem partim vi pharmaci illius
F I N I S.
[S. A1v] Ad Lectorem de Aufidio] Zur Eröffnung steht ein Epigramm aus
vier elegischen Distichen; je vier Hexameter und vier Pentameter. Es han-
delt sich hierbei um eine der beliebtesten Formen der lateinischen Epigram-
matik.301
Das römische Geschlecht der Aufidii ist vom zweiten Jahrhundert vor
Christi Geburt bis zum zweiten nach recht häufig belegt, wobei sich aller-
dings, wie der Kontext es nahelegte, weder ein Arzt noch ein Naturforscher
finden lassen. Nicht auszuschließen ist, daß dem Mediziner Furichius zu-
mindest dem Namen nach Titus Aufidius aus Sizilien bekannt war, ein als
Schüler des Asklepiades von Bithynien bezeichneter Arzt aus der zweiten
Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus. Über ihn berichtet der im vierten
Jahrhundert lebende Caelius Aurelianus in seiner Schrift über chronische
Krankheiten (vgl. CAEL. chron. 1, 5, 8).302 Ausschlaggebend für die Na-
menswahl dürfte jedoch die erste, das Gold (›aurum‹) evozierenden Silbe
gewesen sein, denn dem ›Aufidius‹ gesellen sich im Epigramm die ›aurifi-
cina‹ und im sich anschließenden Lehrepos Chryseis fast alle Komposita
des Stammes hinzu. Einer, der ›auro fidius‹ an die Lektüre des Werkes geht,
ist einer, der ›allzusehr auf das [hier verheißene alchemische] Gold vertrau-
end‹ daherkommt – ein gutgläubiger ›Gold-gläubiger‹.
1 versu veterum] D. h. im lateinischen Hexameter.
1 Elixir] Steht hier allgemein für ein Mittel zu langem Leben und Pana-
zee: »medicina est incomparabilis conseruandae vitae, et pellendis morbis
dicata.« (Ruland, S. 197). Ansonsten taucht der Begriff ›Elixir‹ in der
›Chryseis‹ nicht weiter auf. Augurelli beschreibt die Herkunft und Wirkung
des Elixirs im ersten Buch seiner Chrysopoeia: »Quid si nobilius quoddam,
quod praestet et ipsi/ auro, contendant proprio molimine summi/ perficere
artifices? apte cui nomen Elixir/ Experti fecere Arabes, uerique dedere/
indicium, id quoniam in melius quodcunque metallum/ ducit, et infectum
mira depurat ab arte?« (Augurelli, 1, 163–168). Es heilt jedoch nicht nur
301 Zur neulateinischen Epigrammatik vgl. stellvertretend P. Hess (1999), Sp. 982.
302 Vgl. Zedler 2 (1732), Sp. 2161f u. 2210; M. Wellmann (1896); V. Nutton (1997); wie
auch die Einträge in DNP 2 (1997), Sp. 269–271.
Krankheiten, sondern befreit von Sorgen. Und vor allem läutert es die ge-
meinen Metalle von ihrer Unreinheit: »uariosque tibi seruetur in usus:/
Caetera siue uelis auro mutare metalla,/ Seu libet affectis etiam mortalibus
esse/ Auxilio, et tristes illis depellere morbos.« (Ebd., 3, 574–576).303
2 nare sua] Die Nase als derjenige Teil des Körpers, mit welchem ge-
rümpft Hohn und Spott ausgedrückt werden.
4 Aurificina] Eigentlich die Werkstatt des Goldschmiedes (›aurificis ta-
berna‹) sowie dessen Tätigkeit (›ipsum opus et exercitium‹);304 hier als Be-
zeichnung der Alchemistenküche.
[S. A2r] Poëtae Caesarei] Den Titel eines ›kaiserlich gekrönten Dich-
ters‹ erhielt Furichius zusammen mit dem eines Magisters am 28. Novem-
ber 1622 in Straßburg.305
cum praeterita hyeme ad me veniens] Die Zusammenkunft fand dem-
nach im Winter von 1630 auf 1631 statt.
ex poëmate … cum in Italia Musarum gratiâ versabar] Der Beginn des
Italienaufenthaltes von Furichius ist um die zweite Hälfte des Jahres 1626
anzusetzen. Am 15. Oktober schrieb er sich als Student der Medizin an der
Universität von Padua ein; ein unter den Humanisten der Zeit beliebter
Studienort. Dort verfaßte er auch das hier genannte ›poema‹ – seine erste
alchemische Lehrdichtung Aurea catena, die 1627 in Padua herauskam. Ab
dem Ende des Jahres 1627 befand er sich dann nachweislich wieder in
Straßburg.306
[S. A2v] cornicum, quod ajunt, oculos configere] Sprichwörtlich etwa
bei CIC. Mur. 11, 25: »Inventus est scriba quidam, Cn. Flavius, qui corni-
cum oculos confixerit et singulis diebus ediscendis fastos populo proposue-
rit« – ›den Krähen die Augen aushacken‹ in der Bedeutung von ›selbst die
Vorsichtigen täuschen‹; vgl. auch Erasmus Adagia 1, 3, 75.307
Unus Libavius … innumeros producit testes] Gemeint ist der für sein
breites Œuvre, an die fünfzig Bände, naturwissenschaftlicher und hermeti-
scher Schriften bekannte Andreas Libavius (ca. 1558 – 1616). Der in Halle
an der Saale geborene Libavius studierte in Wittenberg und Jena Medizin,
ohne jedoch die Promotion finanzieren zu können. 1581 wurde er deshalb
Lateinlehrer in Ilmenau, 1586 Rektor des Coburger Gymnasiums. 1588 er-
langte er in Basel schließlich doch noch die Würde eines Doktors der Me-
303 Petrus Bonus versteht unter dem ›Elixir‹ im 2. Kapitel seiner ›Pretiosa margarita no-
vella‹ die »forma auri: quod quidem projectum super imperfecta metalla, sicut super
materiam, fiet ex eorum commixtione compositum, quod est aurum, et si non, non.«
(Bonus, S. 5).
304 Vgl. Du Cange 1 (1710), Sp. 439; u. Gesner 1 (1749), Sp. 501.
305 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 111.
306 Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 117–119.
307 Vgl. A. Otto (1964), S. 93; Wander 2 (1870), Sp. 1568, 135.
dizin, dort erwarb er ebenso den Titel eines ›Poeta laureatus‹. Ab 1588 war
Libavius Professor für Geschichte und Poetik in Jena. 1591 zog er nach
Rothenburg ob der Tauber, wo er als ›Inspector Scholae‹ Schulreformen
entwarf und den Großteil seiner Werke verfaßte. 1607 kehrte er wiederum
als Rektor nach Coburg zurück, wo er 1616 auch starb. Zeit seines Lebens
polemisierte Libavius gegen die Paracelsisten wie auch die Rosenkreutzer,
ebenso bekämpfte er heftig das integumentale Sprechen im alchemischen
Schrifttum; dies zugunsten einer ›technologisch empirischen Chemia-
trie‹.308 Sein in dieser Hinsicht bedeutendstes Werk ist seine Alchemia
(Frankfurt 1597), das in seiner Art »erste zusammenfassende Lehrbuch
einer Chemie, die den modernen Elementenbegriff noch nicht kennt«.309
testimonia Roberti Vallensis] Über Robertus Vallensis, der im 16. Jahr-
hundert lebte, ist nicht mehr bekannt, als sich aus seinen erhaltenen Schrif-
ten entnehmen läßt. Er war Mitautor von De Arte Chemica Libri Duo
(Montbéliard 1601): Das erste Buch (51 Seiten) von seiner Hand stellte
den ersten Versuch dar, eine Geschichte der Chemie zu schreiben, das zwei-
te (67 Seiten) enthält einen vom Basler Anwalt Johannes Chrysippus Fania-
nus verfaßten Traktat über die rechtlichen Aspekte der Transmutations-
kunst. Sein Traktat De Veritate et Antiquitate Artis Chemicae, der in der
zweiten Auflage erstmals mit der Jahresangabe 1593 in Paris erschien, fand
1602 Eingang in das Theatrum Chemicum und wurde wiederabgedruckt
TC 1 (1659), S. 7–28.310
Scaliger quidem pater, ad Cardanum scribens] Der schon zu Lebzeiten
legendäre Humanist, Arzt, Naturforscher und Schriftsteller – sein aufrich-
tiger Bewunderer Furichius nennt ihn etwa SCHOL. [S. 68], S. 43, 33: »He-
ros noster« – Julius Caesar Scaliger wurde 1484 als Giulio Bordone bei
Verona geboren. In seiner Jugend gehörte er für kurze Zeit dem Franziska-
nerorden an, später war er häufig Gast des Aldo Manutius. Zwischen 1509
und 1515 traf man ihn als Söldner auf den Schlachtfeldern Italiens. Danach
studierte er in Padua und in Bologna Medizin und Naturwissenschaften und
308 Vgl. Alchemie Lexikon, S. 221–223; besonders jedoch W. Kühlmann (2000a), S. 38–
42, der auch weitere Lektürehinweise bietet; darunter den biographischen Artikel zu
Libavius von L. Schnurrer (1993); eine Zusammenfassung von dessen Paracelsismus-
kritik in CP 2, S. 33–38; vgl. auch C. Gilly (2002b); zu seiner Rolle im Paracelsusstreit
der französischen Gelehrten vgl. D. Kahn (2007), S. 354–356, 383–389; weitere Ein-
träge (im alchemischen Kontext) etwa bei ; Ferguson 2 (1954), S. 31–34; Thorndike 6
(1994), S. 238–246; V. Verginelli (1986), S. 192.
309 Vgl. A. Libavius (1964), S. V. Der Titel ist zugleich die deutsche Gesamtübersetzung
des Buches im Auftrag der Max-Planck Gesellschaft und der Gesellschaft Deutscher
Chemiker – was den Rang des Buches vor Augen führt. Der Band bietet zugleich ein
Gesamtverzeichnis der Schriften.
310 Vgl. Ferguson 1 (1954), S. 49 u. 264; Ebd. 2 (1954), S. 496–498; V. Verginelli (1986),
S. 137; Zedler 46 (1745), Sp. 380; sowie F. Secret (1970), S. 629 f., ders. (1973),
S. 203–206.
arbeitete in den 1520er Jahren als Arzt. 1525 erschien in Venedig seine
Übersetzung der Lebensbeschreibungen des Plutarch, kurz darauf legte er
sich den latinisierten Namen ›Julius Caesar‹ zu und nannte sich nach den
ehemaligen Herrschern Veronas (die Familie ›della Scala‹) ›Scaliger‹. Diese
fingierte Abkunft gab zwar schon seinen Zeitgenossen Anlaß zu Spott,
doch sein Sohn, Joseph Justus, der im festen Glauben an die hohe Abkunft
erzogen wurde, hielt sein Leben lang an der Legende fest und sorgte für
ihre Verbreitung. Im Gefolge des Bischofs Angelo della Rovere, dessen
Leibarzt er wurde, gelangte Julius Caesar 1525 nach Agen in Südfrank-
reich. Er wurde seßhaft, gründete eine Familie und starb (1538 wurde
eine Anklage wegen Häresie eingestellt) dort im Jahr 1558. Als überzeugter
Aristoteliker nahm er, trotz der Provinzialität seines Aufenthalts, rege und
streitbar am geistigen Leben seiner Zeit teil: 1531 und 1537 verfaßte er
jeweils eine Verteidigungsschrift des Ciceronianismus gegen Erasmus von
Rotterdam. Ebenso führte er eine lange Gelehrtenfehde gegen François Ra-
belais. 1540 verfaßte er eine lateinische Grammatik. Er beschäftigte sich
unter anderem mit Botanik, Zoologie und betätigte sich als Dichter.311
Sein am stärksten rezipiertes wie auch wirkungsmächtigstes Werk waren
und sind seine erst 1561 posthum erschienenen Poetices libri septem.312
Allgemein gilt er als Gegner der Alchemie.313
1557 erschien sein Exotericarum Exercitationum Liber XV. De Subtili-
tate ad Hieronymum Cardanum als Replik auf Gerolamo Cardanos (1501–
1576) De Subtilitate rerum (Erstdruck: Nürnberg 1550) genanntes natur-
wissenschaftliches Sammelwerk, worauf Cardano wiederum 1560 mit einer
Apologia in calumniatorem reagierte.314 Furichius spielt in der Praefatio auf
Bemerkungen an, wie sie sich sowohl im in den Exercitationes als auch
prägnant in Scaligers Lyrik finden: So richtet dieser sich etwa in der 106.
Exercitatio Quae de Metallis gegen die Vorstellung, Metalle seien inein-
ander umwandelbar: »Nihil metalla conantur, dum fiunt: nondum enim
sunt. Postquam sunt, sunt hoc, quod satis est eis esse.« (Scaliger Exerc.
ad Card., S. 390). Und in der 327. Exercitatio Quaedam de subtilioribus
artibus, magia notoria, alchymia, zyferis schert er Magie und Alchemie
über einen Kamm: »Opus et finem Chymistarum esse, corpus in corpus.
Opus, ac finem magiae esse, spiritum in corpore. Magi suas effectiones,
violentias appellant: propterea quod vires suas supra eas, quae Naturae
ordine fieri videntur, exercent. Chymistae suum opus nominant fortitudi-
311 Furichius zitiert SCHOL. [S. 64], S. 27, 28 und SCHOL. [S. 67], S. 40, 10 aus Scaligers
›De plantis‹ sowie SCHOL. [S. 66], S. 35, 10 aus dessen Gedichtband ›Epidorpides‹;
siehe den Kommentar zu diesen Stellen.
312 Zu Scaligers Poetik vgl. etwa E. Dolce (1973); u. I. Reineke (1998), S. 9–27; Scaligers
Poetik ist nun als zweisprachige kommentierte Ausgabe von Luc Deitz und Gregor
Vogt-Spira in fünf Bänden zugänglich; im Literaturverzeichnis unter Scaliger.
313 Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 324–326; W. McCuaig (1999b).
314 Vgl. G. Gliozzi (1976), S. 761.
nem. Hoc enim significat decantatum illud, Elixir, in cuius fide omnem
oppignerant Naturam.« (Ebd., S. 1006). Seine Polemik gegen die Magie –
»nonnisi ridiculam, ac nefariam istam vestram Picatricis et aliorum Lemu-
rum nugas, atque somnia videris agnouisse.« (Ebd.) – gilt also nicht minder
der Alchemie.
Furichius schätzte das Werk seit seiner Studienzeit, schon in den 1622
erschienen Libelli Carminum Tres dichtete er In Exercitationes Scaligeri:
Vix ex humano sunt haec producta cerebro:
Haec peregrè veniunt: haec aliunde scatent.
Forsitan Icariis transvectus ad aethera pennis,
Aut alis Aquilae Scaliger illa refert.
[5] Hic ita Naturae visit penitissima claustra,
Illius ut meritò mysta vel augur eat.
Sic is abstrusis verum quaesiverat antris:
Vt veri vertex fertilitasque cluat. (LIBELLI, S. C5r)
Später fiel es ihm sichtlich schwer, seinem Vorbild aus Jugendtagen zu
widersprechen; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 4, 11. Doch zurück zum
Besungenen: Herber noch tritt Scaligers Geringschätzung in dessen eigenen
Dichtungen zutage; so etwa im Epigramm De Triphone alchimista über
einen Anhänger der Kunst als »artibus tot unus/ Imposter ad exordia sordi-
data vitae/ Primis elementis cerebrosus alchumista/ Carbone niger. pallidus
imbroba fauilla,/ Decotor, ut excoctor: at aurei metalli.« (Scaliger Poemata,
Bd. 1, S. 154). Ein anderes ist gleich Ad Carbonarium (vgl. ebd., S. 209 f.)
gerichtet, ein drittes De monacho chymista höhnt eines alchemisierenden
Mönches: »Est fraus cucullo tecta, tecta fornace/ Falsi chymistie: lingua
cuius inuisis/ Est plena nummis,/ sed crumena carbone./ Prouerbium fit
inde: carbo thesaurus.« (Ebd, S. 435 f.).
Filius tamen in Manilium commentans … [S. A3r] … ῥωμαίοιϲ ἀνταί-
ρειν] Furichius zitiert hier sehr ausführlich, unter Übernahme der Zitate, aus
Joseph Justus Scaligers Maniliuskommentar (Scaliger Manil., S. 223
[=323]–325) zu den Versen MANIL. 4, 246–251: »scrutari caeca metalla,/
depositas et opes terrarum exurere venis,/ materiamque manu certa dupli-
care erit a te,/ quidquid et argento fabricetur, quidquid et auro/ quod ferrum
calidi solvant atque aera camini/ consumantque foci Cererem, tua munera
surgent.«
Joseph Justus Scaliger, Sohn des vorgenannten und bedeutendster Philo-
loge seiner Zeit, wurde 1540 in Agen geboren und war ab 1552 in Bor-
deaux Mitschüler Montaignes. Den meisten Unterricht erfuhr er jedoch
zuhause, schon früh wurde er von seinem Vater als Sekretär herangezogen,
zudem ließ dieser ihn jeden Tag eine lateinische ›declamatio‹ vortragen.
Der Tod seines strengen Lehrers im Jahre 1558 wirkte für ihn als Schock
und Befreiung. Er begab sich nach Paris und lernte innerhalb von zwei
Jahren als Autodidakt Griechisch und arbeitete sich durch die meisten klas-
sischen Texte – eine Sprache, die sein Vater dem Lateinischen gegenüber
für unterlegen gehalten hatte und seinen Sohn deshalb nicht in ihr unter-
wies. 1562 konvertierte er zum Calvinismus und begann mit dem Studium
des Hebräischen. 1562 übersetzte er dann Catull ›zurück‹ in die Sprache der
griechischen Vorbilder und beschloß, sein Leben der Erschließung der la-
teinischen Autoren mittels der griechischen zu widmen. 1565 reiste er nach
Italien. 1567 nahm er am Bürgerkrieg teil. Nach der Bartholomäusnacht,
der er entging, da er sich gerade in Straßburg aufhielt, exilierte er nach
Genf, wo er einen Lehrstuhl erhielt. 1574 kehrte er nach Frankreich zurück.
Er lebte im Poitou und in der Tourraine, dort editierte und kommentierte er
unter anderen den Lexikographen Festus sowie Catull, Tibull und Properz.
Zwischen dem August 1577 und März 1578 arbeitete er dann vornehmlich
mit griechischen Quellen an seinem Manilius-Kommentar, die Erstausgabe
erschien 1579, die zweite, verbesserte besorgte Scaliger in den Jahren 1599
und 1600. Zu diesem allerdings lautet das Urteil eines Biographen: Scaliger
»macht sich den Manilius zu dem zurecht, wozu er ihn brauchen will: zu
einem Leitfaden für Darstellung der alten Astronomie.«315 Zudem widmet
er sich seit dieser Zeit intensiv der historischen Chronologie und Univer-
salgeschichte in Schriften wie De emendatione temporum (Paris 1583).
1593 folgt er dem Ruf an die Universität Leiden, wo 1606 sein Thesaurus
temporum herauskam. Er starb dort im Jahr 1608.316
Im einzelnen stammt aus Scaliger:
Ciniflonibus, ut vocat, et flatuarijs] Joseph Scaliger kommentiert »con-
summentque foci Cererem« (MANIL. 4, 251) unter anderem mit: »Quia
ferri fusio, item panificium non sine igne fit: propterea et fusores, et furna-
rios dabit […] etiam Alchymistae, et ciniflones« (Scaliger Manil., S. 324);
womit er alle, welche am Herd ihr Tagwerk verrichten, meint. Gebräuchlich
ist der ›ciniflo, -onis‹ als ›Haarkräusler‹ im Sinne von ›Friseur‹. Ursprüng-
lich bezeichnet er jedoch den Bediensteten, welcher die Glut der Kohlen –
etwa für die Brennschere – anbläst: der ›cinerarius‹ als ›Kohlenbläser‹ oder
›Aschenbrödel‹; d. h. »ein küchenjunge, der in der asche brodelt und su-
delt«.317 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat sich ›Ciniflones‹ schließlich
neben ›Chimicastri‹ zur Bezeichnung für die »falschen Chimisten, und sol-
315 J. Bernays (1855), S. 47; zum Maniliuskommenar vgl. auch F. Boll (1903), S. 449 f.
316 Vgl. A. Grafton (1983), S. 101–229; dort besonders das Kapitel zum Manilius-Kom-
mentar S. 180–226; sowie: W. McCuaig (1999a) und E. G.: Scaliger (Joseph-Juste). In:
NBG 43 (1867), Sp. 450–455; ein Verzeichnis der Schriften Joseph Justus Scaligers
bietet A. Grafton (1982).
317 Grimm 1 (1854), Sp. 581; vgl. auch Gesner Index (1749), Sp. 31; MlatWB 2 (1999),
Sp. 582.
che, die die Chimie treiben wollen, und doch nicht den geringsten Verstand
davon haben«318 etabliert.
â Bessis didicisse, Cassiodoro, et Claudiano poëta, testibus] Die ›Bessi‹
sind Sammelbezeichnung einiger thrakischer Volksstämme. Scaliger führt,
indem er »scrutari caeca metalla« (MANIL. 4, 246) kommentiert, aus, daß
die Römer ihre Kenntnisse der Metallverarbeitung von diesen übernahmen:
»Metallarij hinc nascentur. In vetusto Martyrologico, Iv. Kal[endarum] Sep-
temb[embris]. ›Herodes metallarius‹ […] Romani fatentur se a Bessis didi-
cisse. auctor Cassiodorus. Claudianus:« (Scaliger Manil., S. 223[=323]);
und er zitiert zum Beleg, neben dem Verweis auf den Märtyrerkalender,319
aus den Carmina des Claudianus: »possessi, quidquid fluuiis euoluitur
auri,/ quidquid luce procul uenas rimata sequaces/ abdita pallentis fodit
sollertia Bessi.« (CLAVD. rapt. Pros. 17, 38–41).
Praeter enim Firmicum] Furichius bedient sich auch hier aus Scaligers
Kommentar. Dieser schreibt unter anderem zu »materiamque manu« (MA-
NIL. 4, 248), eine alchemische Deutung der Stelle verwerfend: »Versus ab
homine Alchymista infarctus. Saltem debebat loqui Latine non alchymisti-
ce, si nobis persuadere volebat hanc foeturam esse Manilij. […] Illis enim
temporibus Alchymiae neque nomen neque res nota, ne audita quidem
Romanis auribus. Non habemus antiquiorem Firmico, qui eius mentionem
fecerit. Nam lib[ro] III, in decretis lunae in nona domo: ›Si‹, inquit, ›Saturni
haec domus fuerit, scientiam Alchymiae (dabit)‹« (Scaliger Manil., S. 223
[=323]f.) Gemeint ist der im vierten Jahrhundert lebende Iulius Firmicus
Maternus, welcher zunächst das größte astrologische Handbuch in lateini-
scher Sprache, die Matheseos libri VIII verfaßte, aus welchen hier zitiert
wird, dann nach seiner Konversion zum christlichen Glauben das kämpfe-
rische, einem gewissen Euhemerismus verpflichtete Werk De errore profa-
narum religione schrieb.320 Da sich aber in der ganzen Mathesis des Firmi-
cus der Begriff ›Alchemia‹ nirgends findet, liegt es nahe, daß Scaliger mit
dem ›Mond im neunten Haus‹ die ›Luna in loco fortunae‹ (FIRM. math.
3, 14) bezeichnet. Gesellt sich in der Nativität hierzu Saturn, so kommen
fast nur Erbprasser, Unglücksraben und Verbrecher auf die Welt. Zu sol-
chen Tagedieben zählt nun Scaliger, sofern auch er nicht aus zweiter Hand
zitiert, boshaft auch die Alchemiker.321 Furichius hat diese Stelle offen-
sichtlich nicht nachgeschlagen.
318 Vgl. Ernsting, S. 91.
319 Es ist dies der Eintrag zur Märtyrerin Sabina für den 29. August; aus dem ›Sancti
Adonis Martyrologicum cum additamentis‹ vgl.: »natale beatissimae et illustrissimae
Sabinae martyris, quae fuit uxor praeclarissimi quondam Valentini, et Filia Herodis
Metallarii« (MPL 123 (1852), Sp. 351).
320 Vgl. K. Hoheisel (1998).
321 Vgl. FIRM. math. 3, 14, 4 f.: »Si in hoc loco posita in nocturna genitura crescens
lumine ad Saturnum feratur vel cum ipso sit, paternum ac maternum patrimonium
minuet, matrem aut viduam aut cum valitudine aut cum vitio facit aut mala morte
peruntem, ipsos vero in prima aetate miseros ac laboriosos […] qui natus fuerit, morte
parentum cito faciet orbari et patrimonium [de] miseris compellit lacerationibus dis-
sipari […] si vero per diem in hoc loco posita minuto lumine ad Saturnum feratur vel
cum ipso sit, vitiorum valitudines et malae mortis et proscriptionis incommoda.«
322 Vgl. W. Hörandner (1997); u. Zedler 40 (1744), Sp. 1800 f. Der ›Suidas‹ ist zugänglich
in der Ausgabe: Suidae Lexicon. Hg. von Ada Adler. 5 Bde. Leipzig 1928–1938.
(Lexicographi Graeci; 1).
323 Vgl.E. Hanawalt (1977).
324 Vgl. Suidas 2 (1931), S. 24 u. ebd. 4 (1935), S. 804.
325 Demselben Zweck dienen auch die ganzen ›Arcana Arcanissima‹ Michael Maiers,
sowie dessen ›Aurea mensa‹ – zur dortigen Darstellung des Hermes Trismegistos
vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10. Zu diesem als Ägypter und damit
zum ägyptischen Ursprung der Alchemie vgl. etwa F. Ebeling (2005), S. 49–53, et
passim.
326 Vgl. zur Ansicht der byzantinischen Gelehrten – wie auch zu den hier zitierten Stellen
aus dem ›Suidas‹ – A. Faivre (1990), S. 26–29. Wie auch ›Toison d’or et alchimie‹
einen Überblick über die Rezeption des Mythologems und des Argonautenzuges bie-
tet. Ein Verzeichnis alchemischer Schriften des 17. Jahrhunderts, welche das ›goldene
Vlies‹ im Titel führen oder sich dessen Interpretation widmen, findet sich dort eben-
falls S. 48–55. Einen Überblick über die noch größere außeralchemische Rezeption des
Mythos bietet etwa der Ausstellungskatalog ›La Toison d’or un mythe européen‹;
herausgegeben von J.-L. Liez (1998); vgl. auch CP 2, S. 699 f.; sowie W. Kühlmann
(2002b), S. 168 f.
zug und damit auch das Goldene Vlies alchemisch (Vgl. MAIER Arc.,
S. 62–77, et passim.), wobei er, die Meinung seines euhemeristischen Wi-
dersachers Natale Conti (»Atque vt summatim dicam, nauigationem Iasonis
quam quidam ad historiam, quidam ad chemicam artem detorquent […]«)
327 verwerfend, über die Ansicht, das Vlies sei ein Traktat, hinausgeht und
es als den Stein der Weisen selbst betrachtet: »At quid est Vellus aureum?
Lapis Philosophicus, summa medicina corporum humanorum« (Maier Arc.,
S. 74).
[S. A3r] extremis oculis libare] Ein synästhetisches Bild, eigentlich: ›mit
entferntesten Augen kosten‹. Eine Verbindung von ›oculis‹ mit ›libare‹ fin-
det sich nicht im ThLL.328
mearum ineptiarum conscij … Tuo tamen suasu, et persuasu] Der weit-
verbreitete Exordialtopos der auf Abfassung oder Veröffentlichung drän-
genden Freunde, hier neben demjenigen der Bescheidenheit, findet sich
etwa bereits in Quintilians Vorrede zur Institutio: »cum a me quidam fami-
liariter postularent ut aliquid de ratione dicendi componerem« (QVINT.
inst. prooem. 1).
dicamne, an invidiam?] Die ›invidia‹ spielt in der als Dialog verfaßten
Turba philosophorum eine besondere Rolle. In ihr versammelt Pythagoras
seine Schüler um sich, um über das alchemische Werk zu disputieren, wo-
bei dem Anschein nach die Decknamen kommentierend geklärt werden,
tatsächlich aber ihre Anzahl beträchtlich gemehrt wird.329 Die Turba ist
ein ›alchemischer Kommentar‹ nach der Definition von Jean-Marc Mandio-
so: Kennzeichen eines solchen ist: »feindre d’expliquer tout en ne révélant
rien«.330 Bei fast jeder neuen Erläuterung, welche einer aus der Runde der
versammelten Gelehrten geben möchte, warnen die anderen im Sinne von:
»cave tamen ne sis invidus. Non est enim sapientum invidia« (Turba, S. 20)
– in der deutschen Übersetzung durch Julius Ruska: »Hüte Dich aber nei-
disch zu sein, denn es ist nicht Sache der Weisen, Neid zu empfinden.«331
Dergleichen findet eine gute Auskunft in der Art »Optime dixisti ab invi-
dia« (Turba, S. 28) ihren Beifall. Die andauernd gescholtenen ›invidi‹ (›die
Neider‹) sind nämlich diejenigen alchemischen Gelehrten, welche ›aus
Neid‹ durch den ausgiebigen Gebrauch von Synonyma die wahre Bedeu-
tung verschleiern: »Invidia autem nomina multiplicaverunt, ut posteros se-
ducerent« (Ebd., S. 48).
den, um den Prozeß zu beschreiben, der Tradition gemäß die Namen der
antiken Götter verwenden wird,339 um schließlich am Beginn des 1. Buches
die, seinem Dafürhalten nach, für das ›opus‹ wichtigsten Numina – Phoe-
bus, Diana, Mercurius und am ausführlichsten Vulcanus – herbeizuzitieren:
»Phoebe ades. Et tecum accelerans non passibus aequis/ alma soror, grauis
argento cui saepe fatiscit/ orbis item […] Tu quoque nec coeptis Cylleni
audacibus usquam/ defueris […] Denique tu, pater ignipotens, […] Tu ma-
xime praesis/ artifici Vatique simul tua facta canenti. […] Tu princeps ope-
ris tanti. Tu carminis esto/ principium, feruens Dulcis mihi spiritus oris/
extet, eatque uirum per te, Vulcane per, ora« (Ebd. 1, 10–42). Die Reihe
schließt bezeichnend die Muse des Vergil: »Nec tu non faueas tantis aequis-
sima Votis,/ prisci perpetuum saecli decus, Heroine,/ quam circum exultant
laudata ad flumina Nymphae/ Minciades, Phoebique chorus comitatur eun-
tem,/ aut fouet Andino recubantem in gramine Manto/ laeta trium nodo
Neptem complexa sororum.« (Ebd. 1, 43–48).340
Während Furichius sich nun mühsam daran macht, ›die Kunst zu erneu-
ern‹ (CHRYS., S. 1, v. 3),341 kann Augurelli sich rühmen, als der erste
Verfasser eines lateinischen alchemischen Lehrepos unbetretene Wege zu
beschreiten: »est animus quaerentibus ultro/ dicere, quaque palam uestigia
nulla priorum/ apparent, porferre pedem.« (Augurelli, 1, 3–5).
4–5 magnae penetrare recessus/ Matris] Nach GL. 4 steht die ›Große
Mutter‹ als Antonomasie für ›Cybele‹ und hier zunächst schlicht für die
Erde, welche aus ihrem Inneren die Metalle hervorbringt.
S. 2 [2–S. 3, 3] Ambitiosa cohors … rursumque revelli] Nach GL. 2 be-
steht die ›ehrgeizige Schar‹ aus ›den Griechen und einigen von den Ara-
bern‹. Furichius verschmilzt bereits hier die Gigantomachie (vgl. GL. 5
›Γιγαντομαχία‹) mit den Bemühungen der frühen Astrologie und Astrono-
mie. Trotzdem hält er sich in der folgenden Anapher (›Ambitiosa-At-At‹)
strikt an die zeitlich korrekte Abfolge der nicht nachlassenwollenden Him-
melsstürmer:
– In den Versen 2 bis 13 sind die ›Ambitiosa cohors‹ noch die Giganten
des Mythos.
339 Vgl. »Quam si forte legens, interdum nomina diuum/ Offendes, quos uana olim co-
luisse uetustas/ Dicitur; extemplo haud renuas, sacra optima quanquam/ Exerces, ue-
ramque fidem; cultumque tueris./ Illa etenim tanquam priscis consueta uocari/ Vatibus,
enixe quos tunc imitabar, adiui/ Suppellex, et paribus curis in uota uocaui./ Materies
etiam solitum conquirere Solis/ Et Lunae auxilium necnon Vulcania uelle/ Arma uide-
batur, quorum implorare fauorem/ Fas erat: et mihi iam per te licuisse, sit id nunc/
Concessum, et uenia dignum peccasse fatenti.« (Augurelli Prol., 29–40).
340 Die ›Minciades Nymphae‹ leben im oberitalischen Flüßchen Mincio, in der Nähe von
›Andes‹ (das Adjektiv dazu: ›Andinus, -a, -um‹) – das Dorf bei Mantua, in welchem
Vergil geboren wurde.
341 In der ›Aurea Catena‹ ist es eingangs Mercurius, der »Caepit inexhaustis reparare
laboribus artem« (AVR. CAT., S. 1, 3).
– Von Vers 14 (›At nata est nova gens‹) bis Vers 27 sind es die griechi-
schen Philosophen.
– Von Vers 28 (›At tandem exorta est Arabum gens‹) bis zu Vers 3 auf
Seite 3 sind es arabische Gelehrte.
Der im ersten Abschnitt behandelte Versuch der Giganten in den Olymp ein-
zudringen, indem sie die Berge Pelion und Ossa aufeinandertürmen, scheitert
jedoch letztlich daran, daß Jupiter mit seinen Blitzen die Berge entzwei
schlägt; vgl. v. 8 f. »cum Iuppiter Ossam/ Prostravit«. Derart findet sich die
Gigantomachie etwa in OV. met. 1, 151–162. Furichius selbst verweist (GL.
5: »Vide et Vergil. lib. Georgic.«) auf Vergils Georgica; genauer auf: VERG.
georg. 1, 278–283: »tum partu Terra nefando/ Coeumque Iapetumque creat
saeuumque Typhoea/ et coniuratos caelum rescindere fratres./ ter sunt conati
imponere Pelio Ossam/ scilicet, atque Ossae frondosom inuoluere Olympum;
/ ter pater exstructos disiecit fulmine montis.« Eine diesen Kampf als Auf-
bäumen des menschlichen Hochmutes wider die Götter weisende euhemeri-
stische Deutung findet sich von Macrobius – »Gigantas autem quid aliud
fuisse credendum est quam hominum quandam impiam gentem deos negan-
tem et ideo aestimatam deos pellere de caelesti sede voluisse?« (MACR. sat.
1, 20, 8) – bis zu Natale Conti. Dieser interpretiert das Riesengeschlecht als
»imprudentes homines quibus libido et impetus animi dominatur, Deos om-
nes contemnere, ac pro suis viribus religionem euertere: cum religio sit omni
temeritati et improbitati aduersaria.« (Conti, S. 344).
Die von Furichius hier im einzelnen angeführten Mythologeme der anti-
ken Gigantomachie sind neben den genannten die folgenden:
9–12 Victoria nota Tonantis/ Enceladi … Bryareus] Den ›Donnerer‹
(›Tonans‹) Jupiter erinnert bei Claudian die über die Entführung ihrer Toch-
ter aufgebrachte Ceres, ihr Stammsitz ist Sizilien, daran, wie er mit den
Giganten Enceladus und dem hunderarmigen Riesen Briareus verfuhr –
so soll er nun auch mit diesem Räuber verfahren: »quae talia vivo/ ausa
Tonante manus? […] an vicina mihi quassatis faucibus Aetna/ protulit En-
celadum? nostros an forte penates/ adpetiit centum Briareia turba lacertis?«
(CLAVD. rapt. Pros. 3, 182–188).
12–13 suntque arma Mimantis rupta Iovi/ centumgeminiqué Aegeonis
enses] Furichius zitiert nun direkt aus Claudian. Im dritten Buch gibt dieser
eine Topographia jenes Hains in der Nähe des Ätna, in welchem Jupiter die
Waffen der vernichteten Giganten aufhing; vgl. CLAVD 3, 332–356. Es
heißt über zwei der dortigen Bäume: »haec centumgemini strictos Aegeonis
enses/ curvata vix fronde levat; […] haec arma Mimantis/ sustinet.« (Ebd.
3, 345–347). ›Mimas‹ ist einer der Giganten, ›Aegeon‹ ein anderer Name
des hundertarmigen Briareus.342
342 Zu den Namen der Giganten und Unterschieden in der Beschreibung der ›Gigantoma-
chie‹ durch antike Dichter vgl. Conti, S. 342–344.
14–27 At nata est nova gens olim … Canicula messes] Nach GL. 3 ›die
[griechischen] Astrologen‹ als neues Empörergeschlecht, welches sich im
Gegensatz zu jenem Riesengeschlecht den Himmel auf listige Weise, durch
Gebete und ohne Gewalt teilweise anzueignen vermag (vgl. v. 15: »coepit
contexere fraudem/ Quâ precibus, non vi«). Fast alle griechischen Philo-
sophen setzten sich intensiv mit der Sternkunde auseinander. Als Beginn
der abendländischen Astronomie wird gerne die erste Berechnung einer
Sonnenfinsternis durch den 639 vor Christus geborenen Thales von Milet
genannt. In der von ihm begründeten ›Ionische Schule‹ folgten seine Schü-
ler Anaximander, Anaximenes und Anaxagoras. In Unteritalien erkannte
Pythagoras (ca. 570–480 v. Chr.) die Kugelform der Erde, Plato fügte dieser
Kugel eine Achse hinzu. Nicht minder beschäftigten sich ebenso Demokrit
und Aristoteles mit der Astronomie. Die Führungsrolle auf diesem Gebiet
fiel schließlich der von König Ptolemaios Philadelphos um 300 vor Chri-
stus begründeten Akademie in Alexandria zu, vor allem unter ihrem 276
vor Christus geborenen Bibliothekar Eratosthenes.343 Im folgenden werden
in der Chryseis einige der von ihnen erfaßten Himmelserscheinungen auf-
geführt:
Neben dem Wissen über den Lauf von Phoebus vierspännigem Sonnen-
wagen (v. 20 f.) nennt Furichius:
22 Cur lucem extendant Chelae? Cur Bruma remittat] Furichius sieht
sich genötigt dem Leser zum Verständnis dieses Verses sowohl eine Glosse
(›Wendekreis des Krebses wie auch des Steinbocks‹) als auch eine Scholie
an die Hand zu geben. Nach SCHOL. bezeichnen die ›Chelae‹ hier nicht,
wie im astronomischen Kontext üblich, das Sternbild der ›Waage‹. Das
griechische Χηλαὶ wird hier mit dem lateinischen ›forceps, ipis‹ der ›Zan-
ge‹ übersetzt. Furichius verwendet sie in Analogie zu Manilius und Vergil,
welche sie ›bei Gelegenheit […] für das Sternbild des Skorpions heranzie-
hen‹ – tatsächlich ragen die ›Scheren‹ des Skorpions in das Bild der Waa-
ge344 – ebenso als ›pars pro toto‹. Bei ihm stehen sie jedoch doch für das
andere Krustentier am nächtlichen Himmel: den Krebs. Dieser, zusammen
mit dem Steinbock, steht dann auch als solcher in der hier zitierten Stelle
aus der Appendix Vergiliana – der Vers 22 bringt also das Nämliche zum
Ausdruck: daß, wenn die Sonne den Wendekreis des Krebses passiert, die
Tage länger werden; daß, wenn sie den Wendekreis des Steinbocks (›bru-
ma‹) passiert, sich die Tage verkürzen. In beiden Fällen scheint, wie Furi-
chius mit GL. 21 (›duo solstitia‹), zum Ausdruck bringt, die Sonne still-
zustehen.
diese Ausgabe des Firmicus – während der Niederschrift der Chryseis vor-
lag.
Als weitere Gegner der Weissagung aus den Sternen nennt Furichius
zunächst Joseph Justus Scaliger und den Renaissancephilosophen Pico del-
la Mirandola (1463–1494), welcher mit seinen unvollendeten Disputationes
adversus astrologiam divinatricem versuchte, dem Spuk ein Ende zu be-
reiten.357 Diesen folgt als ›Mornaeus‹ der als Politiker, religiöser Schrift-
steller sowie als reformierter Mitbereiter des Edikts von Nantes bekannte
Philippe de Mornay (1549–1623).358 Die Reihe schließt mit ›Johannes
Smetius‹. Bei letzterem scheint es sich jedoch nach dem Epitethon ›Medi-
cus et Melicus‹ – ›Arzt und lyrischer Dichter‹ um einen anderen als den
einzig auffindbaren ›Johann‹ zu handeln, denn dieser war ein recht unbe-
deutender Pastor aus Nijmegen, welcher dort 1645 verstarb.359 Näher liegt,
daß Furichius sich hier auf Henricus Smetius, genannt ›à Leda‹ bezieht. Es
ist dies ein 1537 in Flandern geborener Mediziner und Dichter, der bereits
als Jugendlicher das Griechische und Lateinische vollkommen beherrschte.
Er studierte in Löwen, Rostock und Heidelberg und wurde 1561 in Bologna
zum Doktor der Medizin promoviert. Er praktizierte zunächst in Antwerpen
und wurde später der Leibarzt von Friedrich III. Kurfürst von der Pfalz.
1585 wurde er als Professor nach Heidelberg berufen, wo er 1614 starb.
Neben lyrischen Texten, lateinischen Übertragungen griechischer Texte,
schrieb er zahlreiche medizinische Lehrschriften.360
[S. 3] 1–2 Ipsae etiam Parcae … feruntur] Das Bild der an den Himmel
gewanderten Schicksalsgöttinnen findet sich nicht bei Manilius. Conti ver-
weist darauf, daß die Parzen, da sie nun einmal den Lebensfaden spinnen,
die Geburtsumstände eines Menschen, sein ›fatum‹ versinnbildlichen, also
auch, wobei er einen gewissen Einfluß der Gestirne keineswegs abstreitet,
die astrologische Nativität.361 Daß die Parzen sich nun am hellen Firma-
ment niedergelassen hätten, steht in scharfem Kontrast zu ihrem klassischen
Aufenthaltsort: »Hae dictae sunt in spelunca quadam obscura habitare so-
litae« (Conti, S. 108).
357 Vgl. B. Copenhaver (1999b), S. 19.
358 Vgl. die Monographie H. Daussy (2002); sowie R. Evans (1997), S. 7, 16, 139, 143;
neben älteren Darstellungen wie Z.: Mornay, Philippe de. In: NBG 36 (1865), Sp.
617–623; Zedler 21 (1739), Sp. 1726–1730.
359 Vgl. Jöcher 4 (1751), Sp. 644 f.; Kestner, S. 793 f.; Zedler 38 (1743), Sp. 96 f.
360 Vgl. W. Kühlmann u. J. Telle (1985), S. 277–281; ein Auszug aus dem lyrischen Werk
und eine Kurzbiographie in W. Kühlmann u. H. Wiegand (1989), S. 138–147 u. 291 f.
361 Vgl.: »Dictae sunt Parcae stamina de colo nascentibus detrahere, quibus vniversa vitae
fortuna continentur: quia pro primo aeris temperamento, quem nascentes infantes imbi-
berunt crediti sunt à philosophis et mores, et fortunam, et actiones, et vim etiam
vitalem habere et haurire […] Fatum siue Parcam appellarunt illud […] Illud sanè
non negauerim plurimum posse in nobis aeris vim, quo nascentes primum imbuimur,
tum ad vires corporis, ad temperamentum, et ad fortunae benignitatem, quam imprimit
in nobis occulta vis siderum« (Conti, S. 108).
GL. 2 Astrologiae vel potius ᾽Αϲρομαντέιαϲ vanitas] bezieht sich auf die
Verse 1–6, in welchen auf die Auswüchse der ›Sterndeuterei‹ eingegangen
wird. Das griechische ἀϲρομαντέια ist geringschätziger als ἀϲτρολογία, von
welcher sich zur Entstehungszeit der Chryseis die Astronomie noch nicht
gänzlich als Wissenschaft abgegrenzt hatte.362
6 Satrapasqué polo] Furichius erklärt den Begriff ›Satrapas‹ erst im 4.
Buch der Chryseis durch GL., S. 53, v. 8. Es wird hier auf den von im
dritten und vierten nachchristlichen Jahrhundert von Neuplatonikern wie
Plotin, Porphyrius und Iamblichus theoretisch ausgearbeiteten und begrün-
deten Zusammenhang zwischen Astrologie und Magie angespielt. Die Pla-
neten werden in dieser – in der Renaissance zuerst von Marsilio Ficino und
seinem Schüler Pico della Mirandola erneuerten – Tradition nicht nur als
Götter, sondern als Dämonen angesehen. Jenen wiederum ist eine, in ihrem
Umfang je nach Neuplatoniker unterschiedliche, Hierarchie anderer Dämo-
nen unterstellt. Alle sind sie Intelligenzen, die gleichsam persönlich walten,
sich offenbaren und auch beschworen werden können.363 So schreibt
Agrippa von Nettesheim in 16. Kapitel des 3. Buches von De occulta philo-
sophia, das allgemein das Wesen der Dämonen betrachtend, über deren ›su-
pralunare‹ Art: »similiter pro aliarum stellarum tam nomine quàm uirtute
uarios daemones cognominant: et quia ueteres astrologi quinque supra
quinquaginta adferebant motus, hinc totidem illis adinuenerunt intelligen-
tias, siue daemones« (Nettesheim, S. 239 f.) Zu diesen gehören auch die, in
den hermetischen Schriften so zum ersten Mal bezeichneten, ›septem
mundi gubernatores‹ – die sieben Planeten.364 Von ihnen etwa ist zu Beginn
des Pimander die Rede: »Cumqué [homo] omnium in se potestatem habere
opificia septem gubernatorum animaduertit.« (Pimander, S. 1817)
GL. 7 Meteora] Mit ›meteora‹ werden üblicherweise die ›Lufterschei-
nungen‹, also die Naturerscheinungen zwischen Himmel und Erde bezeich-
net. Mit ihnen beschäftigt sich etwa die Meteorologie des Aristoteles. Eine
alchemische Meteorologie stellt das 2. Buch (der zweite Tag) in Michael
Maiers alchemischem Dialog Septimana Philosophica dar.365 Hier nennt
Furichius von den ›Meteora‹ die ›Wolken‹ (›nubes‹) und darüber in den
Versen 8 f. die ›Kometen‹.
12 Lybiae quot littus arenas] Daß Lybien, welches ab dem zweiten Buch
(vgl. CHRYS. S. 13, 0 »FO rte peragravi Lybiae deserta remotas«) der Hand-
lungsort der Chryseis ist, hier im astrologischen Kontext Erwähnung findet,
liegt auch daran, daß das Land noch vor Ägypten die Sternkunde hervor-
gebracht haben soll. Die Natur soll dies begünstigt haben, indem der wol-
kenlose lybische Himmel geradezu zur Beobachtung eingeladen hat.366
S. 3, 15–17 Vt primùm Deus ossa hominis, ceu rudera, terrâ/ Formâit
madidâ … Siculis Steropes] SCHOL. 15 weist den Ursprung dieser Vor-
stellung, daß der Mensch geschaffen wurde aus Erde und Feuer, Plato zu:
›Platonis figmentum est‹. Daneben wird auf Hippocrates De Carnibus
11, 32 verwiesen. Jenen Abschnitt gibt es nicht.
18–19 Vtque recocta … motus mediante liquore] Furichius unterstreicht
den Bezug auf die Funktionweise der Gelenke einerseits über GL. 18, in
welcher er auf Galens Kommentar zu der Schrift des Hippokrates über die
Gelenke verweist, andererseits führt er über GL. 19 (› Paracelsus barbarâ
voce Synoviam vocat.‹) die Einführung des Begriffs ›Synovia‹ für die Ge-
lenkschmiere durch Paracelsus an.367 Hinzuzufügen ist, daß die Verbindung
von ›recoquere‹ und ›ossa‹ – von ›wiederaufkochen‹ und ›Knochen‹ – ei-
gentlich nur in Verbindung mit Medea gebraucht wird; so in der Argonau-
tica des Valerius Flaccus, in welcher es über die Zauberin heißt: »Recoquit
fessos aetate parentes«368. Das nämliche Mythologem interpretiert bereits
Petrus Bonus im 11. Kapitel der Pretiosa Margerita novella alchemisch:
»Et hoc est fabula ejusdem illius senis, volentis rejuvenescere, quem Medea
docuit, membra sua omnia anatomia dividi, et decoqui in aqua usque ad
perfectam decoctionem integrè, et non ultra, et tunc membra omnia in suis
locis glutinarentur, et esset factus juvenis: sed cum custos dormiret, in
complemento decoctionis integrae, resoluta sunt omnia membra in fumum
et non reviviscit, etc.« (Bonus, S. 43).
26–32 Vt pater Oceanus … Eridanus] Der Gott Oceanus, Sohn des Him-
mels und der Erde (»Coeli et Vestae, quam terram nonnulli vocarunt«) als
in Orphischer Tradition Vater aller Götter wie auch als Vater aller Flüsse.
366 Vgl. Zedler 18 (1738), Sp. 1414: »Sie [die lybischen Weisen] seyn die ersten gewesen,
die, weil es bey ihnen immer heiter Wetter, die Astronomie aufgebracht. Sie haben am
ersten angemercket, daß der Mond kein eigenes Licht habe, sondern es von der Son-
nen empfange. Sie seyn auch die ersten gewesen, welche die Planeten, ihren Lauff und
Würckung beobachtet, bestimmt und benahmset, von welchen es erst die Egypter
gelernet«.
367 Vgl. etwa Paracelsus 5 (1931), S. 31: »dico autem quod podagra cum speciebus suis,
dolorem talem non parit, nisi tactum sit gluten, quod synovia apud chirurgicos appe-
latur.«; oder auf deutsch Ebd., S. 138: »Nun ist aber ein ander generation vorhanden,
die uber die ander all ist mit herti und schmerzen, und ist die. der gluten, der bei den
alten wundarzten synovia heißt, der ist zech und ein leim gleich dem eierklar.«
368 Vgl. Gesner 4 (1749), Sp. 96. In modernen Ausgaben lautet die Stelle anders: »mutat
agros fluviumque vias, suus alligat urgens/ cuncta sopor, recolit fessos aetate parentes«
(VAL. FL. 6, 443 f.)
369 Conti, S. 426–428. So bereits PLIN. nat. 2, 166: »est igitur in toto suo globo tellus
medio ambitu praecincta circumfluo mari«; vgl auch MACR. somn. 2, 9.
Mit diesem, seinen Söhnen teilt er die vom Mond erhaltene beständige
Bewegung und teilt sie ihnen mit (»Est enim non minùs Oceani, quam
fluuiorum perpetuus motus, cùm modò affluat, modò refluat; quod fieri
ad Lunae cursum nonnuli arbitrantur«), denn er ist ›jene Wassermasse,
welche die Erde von allen Seiten umgibt‹ – »illa aquarum moles quae
terram vndique circumdat.«369 Im folgenden nennt Furichius einige jener
Söhne, die Ausflüsse des Oceanus selbst sind.
GL. 27 Nutritio] Neben der Vergleichspartikel ›ut‹ (›ut pater Oceanus‹)
streicht Furichius den hier ausgebreiteten Vergleich von Mikro- und Ma-
krokosmos – des Blutkreislaufes im menschlichen Körper und des Was-
serkreislaufes auf der Erde370 – mit dieser Glosse heraus. Die Bildlichkeit
von Wasserläufen und der Adern wird seit jeher füreinander verwendet.
Zugleich sind die Adern im Inneren der Erde, da ›nutritio‹ ebenso ein
naturkundlicher Fachbegriff ist, auch die Adern der Metalle, welche
sich im Alchemo-Paracelsimus nähren wie sie auch wachsen. Thomas
Erastus, als entschiedener Gegner Hohenheims, faßt sie wie folgt zusam-
men: »Est autem haec suffectio partium deperditarum: siue alimenti trans-
mutati vnio [sic] naturalis. Quae ergo verè nutriuntur, alimentum ad se
attrahunt, intra se concoquunt, concoctum distributumqué particulae sin-
gulae, etiam minimae, transmutant, ac deinde vniunt, vt idem fiat eum eo,
cui additum fuit. Haec est vera nutritionis natura, et nominis huius signi-
ficatio. Sed noua nunc nobis addiscendam video grammaticam. Quippe
vna est (iuxta Paracelsum) in illis etiam, quae verè non nutriuntur.« (Eras-
tus, S. 262).
28–32 Niliacis alveîs … Eridanus] Macrobius beschreibt in seinem
Kommentar zum Somnium Scipionis die Suche nach den Quellen der Flüsse
Nil, Eridanus, Hister und Tanais371 – bei Furichius steht an seiner statt der
Ganges – als Analogie zum Erkennen der Ursachen und Ursprüngen in der
Natur wie auch im Seelenleben des Menschen:372
28 Niliacis alveîs] An erster Stelle der Nil, wobei Furichius ausführlich
auf dessen vermutete Quellen eingeht: unter dem Wendekreis des Stein-
bocks wie auch dessen Mündung(-en) (›ultraque alterum tropicum‹) unter
einem ›zweiten Wendekreis‹ – nämlich des Krebses. Hierbei wird auf die
›Exercitatatio XLVII. De Nili incremento‹ in Iulius Scaligers De subtilitate
verwiesen. Dort heißt es unter anderem: »Et eadem situs proportio fontium
sub Capricorno, et faucium sub Cancro« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 168).
370 Zum Menschen als Mikrokosmos als Zentralvorstellung des Paracelsismus vgl. CP 2,
S. 475, 555 et passim. Als wichtige Schrift hierzu gilt die ›Astronomia magna oder die
ganze Philosophia sagax der großen und kleinen Welt‹, welche 1571 von Michael
Toxites herausgegeben wurde.
371 Der heutige Don.
372 Vgl. MACR. somn. 2, 16, 24–26.
373 Vgl. PLIN. nat. 5, 48–59. Dort werden ausführlich über den Nil gehandelt. Die unter-
schiedlichen Bezeichnungen durch die dort lebenden Stämme ebd. 5, 53.
374 Vgl. G. Lusina (1960).
375 Vgl. P. Alpino (1591), S. 11v – 14r.
376 Vgl. »Ad Septentrionem et ad oppositam huic regionem mare Ponticum et glaciale
nuncupatur« (Conti, S. 427).
377 Vgl. auch PLIN. nat. 3, 117.
378 Vgl. hierzu Conti, bei welchem sie (S. 500–505) unter ›Rhea‹ behandelt wird: »Haec
eadem Dea vocata fuit variis nominibus nam et Proserpina, et Isis, et Cybele, et Idaea,
et Berecynthia, et Tellus, et Rhea, et Vesta, et Pandora, [etc.]« (Conti, S. 503); bezie-
hungsweise Giraldi, S. 186–203. Bei Boccaccio steht sie unter dem römischen Namen
›Ops‹ (vgl. Boccaccio S, 23rf.). Im DNP nun wird man bei ›Rhea‹ auf den ausführli-
chen Artikel zu ›Kybele‹ verwiesen.
379 Vgl. Boccaccio, S. 23r; u. Conti, S. 501.
6 Non emittebant ululatus Moenades] Nach der Göttin kommt ihr Ge-
folge; zunächst ihre heulenden Priesterinnen, die Mänaden. Die Bezeich-
nung wird bereits bei Catull von den Rasenden im Gefolge des Bacchus auf
diejenigen im Zug der Rhea übertragen: »sequimini/ Phrygiam ad domum
Cybe[l]es, Phrygia ad nemora deae, […] ubi capita Maenades vi iaciunt
hederigerae« (CATVLL. 62, 19–23).
7–9 Tibia … cymbala … rabiem detersit inanem] Es folgt die Schar der
Corybanten, ihrer kastrierten, sich wie wahnsinnig gebärdenden, lärmenden
Priester: »Huiusce Deae famuli et Curetes et Corybantes vocati sunt: nam
cùm insaniam, ac beluinam quandam rabiem imitarentur, vocati sunt Cory-
bantes à iacendis capitibus insanorum more.« (Conti, S. 502). Das übliche
Instrument bei den Feierlichkeiten ist die Handtrommel ›tympanum‹, des-
weiteren ertönen neben Hörnern die hier genannten Flöten (»cum magno
tibiarum cornicumqué stripitu«, Conti S. 501), und es krachen die Zim-
beln.380
11 Hinc aurum fulsit] Furichius verweist in seiner SCHOL. auf den
Scaliger der Exercitationes und zugleich auf den, dort diesbezüglich als
Unfug abgetanen, Timaeus-Kommentar des Philosophen Proklos. Diesen
verfaßte jener Vorsteher der neuplatonischen Schule von Athen (412 bis
485 n. Chr.) im Jahr 439, jedoch stellt der Timaios-Kommentar nur einen
Bruchteil von dessen – er wird der letzte Universalgelehrte der Antike
genannt – gewaltigem philosophischen und theologischen Werk dar.381 Im
Zuge der Kommentierung von Plato Ti. 18b, wo es darum geht, daß die
›Wächter‹ des Idealstaates weder Gold noch Silber besitzen sollen, spricht
Proklos über die Zugehörigkeit von Metallen und Planeten (vgl. Procl. in
Ti. 1, 14b). Bei Scaliger richtet sich der Blick Furichius’ auf den ersten
Abschnitt der 106. Exercitatio ›Quae de Metallis‹ und damit gegen die
dort vehement vertretene Meinung, die Zusammengehörigkeit der sieben
Planeten und der sieben Metalle sei das Geschwätz der ›Kohlebrenner‹ –
einer von Scaligers üblichen Schimpfnamen für Alchemiker. Also beginnt
er seine Schelte: »Solae adductae fabulae è carbonariis, secundum quorum
sententiam tot [metalla] existere scribis, quot sunt Planetae numero. Quas
ineptias Proclus quoque aut secutus est, aut instituit in Timaeo. [etc.]«
(Scaliger Exerc. ad Card., S. 386 f.). Furichius aber fühlt sich für dieses
Mal genötigt diesem seinem ›Helden‹ zu widersprechen: ›Ohne trotzdem
einen solchen Heroen anzugreifen, werden wir nicht finden, daß dies auf
unpassende Weise geschieht, sobald wir tiefer einen Blick in die Natur der
Metalle werfen. Womöglich wird sich einmal die Gelegenheit ergeben,
Mehreres über dies auszuführen, wenn jemand einen Anlaß darböte.‹ Ab-
schließend referiert er nochmals aus Scaliger, der als Beispiel für eine an-
380 Vgl. Conti, S. 504.
381 Vgl. H. Saffrey (2001).
dere Zuweisung der Metalle die Chaldäer heranzieht, diese weisen der Ven-
us das Messing zu: »orichalcum, ne sis nescius, attribuunt Chaldeaei. Hoc
ex Raziele habemus in bibliotheca nostra.« (Scaliger Exerc. ad Card.,
S. 387). Das Buch Raziel – oder: Sepher Raziel, hoc est, Liber Angelorum
– genießt den Ruf eines der ›gefürchtetsten magischen Werke des lateini-
schen Mittelalters‹ – seinen Namen hat es vom Engel ›Raziel‹, der Adam
im Paradies in die Geheimnisse der Schöpfung einweiht. Albertus Magnus
erwähnt diese Sammlung von sieben ursprünglich wahrscheinlich hebräi-
schen Texten in seinem Speculum astronomicum bereits um 1260. Es
scheint nur als Manuskript kursiert zu sein.382 Nachdem er sich derart ab-
gesichert hat, fährt Furichius in den Versen der Chryseis mit der üblichen
Zuweisung der sieben Metalle, wie er auch in GL. 10 betont, fort.
11 generoso sulphure turgens] Das Gold strotzt vom ›Schwefel‹. Der
alchemische Schwefel ist hier eines der beiden – bei Paracelsus und seinen
Nachfolgern kommt als drittes ihrer ›Tria prima‹ das ›Salz‹ hinzu383 – bei
der Entstehung der Metalle wirkenden Prinzipien (›Sulphur‹ und ›Mercuri-
us‹ und/oder ›Sal‹).384 Hier ist er das »principium formatiuum«, welches
den Metallen die Gestalt verleiht, als »informator uim plasticam habens«.385
14 Triste illinc plumbum] Das Blei als dem Planeten der Melancholiker
unterstelltes Metall.386
15 Cypridos] Venus nach ihrer wichtigsten Kultstätte als ›Zyprierin‹. An
den Gestaden der Insel betrat die Schaumgeborene das Land.387 Auch das
ihr zugehörige Kupfer ›cuprum‹ leitet sich von der Insel ab: »Cyprium aes
in Cypro insula prius repertum, unde et vocatum« (ISID. orig. 16, 20, 2);
und Maier in seinen Arcana arcanissima: »vnde et Cypria cognominatur,
aeri quasi Cyprio praefecta.« (Maier Arc., S. 111).
16–20 vivax ebullijt unda … mandata deorum] Das Quecksilber – ›ar-
gentum vivum‹ hier in Gestalt der Figura etymologica als ›unda vivax‹ –
382 Vgl. S. Gentile (1999), S. 230–237. Dort werden bis ins späte 17. Jahrhundert nur
Handschriften aufgeführt.
383 Vgl. CP 1, S. 247; sowie die Zusammenfassung Adam von Bodensteins ebd., S. 307 f.
384 Vgl. L. Abraham (1998), S. 176 f.; u. Ernsting, S. 243 u. S. 290: »der Schwefel, ist
eines von dem dreyen so genannten primis principiis Chimicorum«.
385 Vgl. Ruland, S. 454 f.
386 Zur inzwischen unüberschaubaren Literatur zum Thema ›Saturn und Melancholie‹ sei
verwiesen auf Klibansky, Raymond; Panofsky, Erwin Panofsky; u. Saxl, Fitz: Saturn
und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Re-
ligion und der Kunst. Übers. von Christa Buschendorf. Frankfurt a. M. 1990; und auf
den dem Andenken Klibanskys gewidmete Ausstellungskatalog von Clair, Jean (Hg.):
Mélancolie. Génie et folie en Occident. Paris 2005; sowie T. Reiser (2007b), S. 143–
145; zum Verhältnis zwischen Alchemie und Melancholie in der Renaissance auf N.
Brann (1985); aufschlußreich für das Melancholieverständnis im deutschen Späthuma-
nismus und an der Straßburger Akademie der Zeit W. Kühlmann (1982), S. 267–283.
387 Vgl. Conti, S. 202.
neben dem üblichen Putz der Göttin und dem Gefährt auch die Schnäbel
der Vögel vergoldet. Bei Ronsard schmückt sie wie ihr Gatte ihren Thron
und ihre Schuhe: »et Junon la matrone/ Ainsi que son espoux son beau
throne en forma/ Et dedans ses patins par rayons l’enferma:« (v. 292–294).
33 Mars Siculum petijt Rhodopeius antrum] Der ›Rhodopeische Mars‹
ist, nach dem Berg ›Rhodope‹ mitten in Thrakien benannt,391 der ›Thraki-
sche Mars‹. Mars wird als ›Thraker‹ bezeichnet, da er zum einem bei den
Thrakern, vor allem in der Stadt Creston, über alle Maßen verehrt wurde,
auch der Liebeshandel mit Venus fand in Thrakien statt – »apud Thraces
eximiè colebatur Mars […] Est etenim Crestone Thraciae ciuitas, ac Deus
Thracum Mars« (Conti, S. 82). Die ›Sizilische Grotte‹ ist, wie schon er-
wähnt, der Ort der Schmieden des Vulcanus. In der Hymne d’Or schmückt
Mars ebenso seine Waffen: »Mars en fist engraver sa hache et son boucler«
(v. 305).
S. 5, 10 Atque strias arcus] Die ›Kanneluren‹ des Bogens; auffällig ist
hier die Verwendung eines hauptsächlich aus der Architekturtheorie Vitruvs
(vgl. VITR. 4, 4 et passim) bekannten Begriffs für die erhabenen Verzierun-
gen an der Waffe des Liebesgottes, welches sich so nicht bei Ronsard
finden; dort nur: »Amour en fist son trait« (v. 301).392 Bis zur frühen Neu-
zeit hatte sich der Begriff ›striae‹ jedoch auch zur Bezeichnung der Rillen
auf der Muschelschale eingebürgert; so geht etwa Julius Caesar Scaliger in
der 220. Exercitatio auf die ›Concharum striae‹ ein.393
[S. 5, Fortsetzung] 15–29 Haec ita mortales … immenso robore vires]
Über GL. 15 ›Alchymia‹ wird bereits hervorgehoben, daß die in diesem
Abschnitt stehenden Bilder des Ackerbaus allesamt alchemische Bedeutung
haben; neben dem direkten Verweisen auf die Gerätschaften des Alchemi-
kers in den Versen 23 f.
Bilder aus dem Bereich des Ackerbaus sind der alchemischen Literatur
allenthalben anzutreffen.394 Im Traktat Gloria Mundi wird die Analogie
erläutert: Der Alchemiker wird als ein ›arator‹ bezeichnet, der eines rei-
nen/unberührten Ackers (›terra‹) bedarf wie auch der Feuchtigkeit oder
des Regens; das heißt: ›aqua Mercurii‹. Dieses sorgt sorgt dafür, daß die
ebenso reine/unberührte Saat – von verbundenem ›Mercurius et Sol‹ – sich
auflöst und wiederersteht (›putrescat et iterum reviviscat‹). Zur Reife ge-
langt die Pflanze dann durch die Wärme der Sonne (›solis calore, ut ad
stinctum est, centumque oculos nox occupat una./ excipit hoc volucrisque suae Satur-
nia pennis/ conlocat et gemmis caudam stellantibus implet.«
391 Vgl. »Rhodope mons thracie mediterraneus est« (Boccaccio, S. 138v).
392 Vgl. L. Callebat (1995), S. 220.
393 Vgl. SCALIGER Exerc. ad Card., S. 662 f.; vgl auch »STRIAE columnarum. v[el]
colomnarum striae siue cauaturae« (Ricciardi, Bd. 2, S. 225v).
394 Vgl. den Kommentar zum 6. Emblem, das einen Goldmünzen sähenden Bauern dar-
stellt, der ›Atalanta fugiens‹ Michael Maiers in H. De Jong (1969), S. 81–87.
ut limite curras,/ Icare,‹ ait ›moneo, ne, si demissior ibis,/ unda gravet
pennas, ni celsior, ignis adurat./ inter utrumque vola‹« (OV. met. 8, 203–
206). Die mannigfache Deutung und Verbreitung des Daedalus-Mythos im
16. Jahrhundert ist gerade an der Wirkung von Pieter Bruegels des Älteren
(um 1525–1569) Gemälde ›Landschaft mit pflügendem Bauern und Ikarus-
sturz‹ ersichtlich.404 Auch Conti bietet einen für seine Verhältnisse recht
umfangreichen Eintrag: S. 407–420. Dort nennt der Mythologe den Grund
für die Beliebtheit dieses Motives: »Neque alia de causa haec celebrata sunt
à poetis, nisi vt demonstrarent diuitiarum et rerum omnium excellentiam
nemini esse tutam: optimamqué esse mediocritatem, quae neque inuidiam
secum trahat plurimorum, neque tamen contemnatur quod patitur infima
hominum conditio.« (Conti, S. 420).
21–27 Nos verò ad coelos audacibus ire carinis … imas?] Dem warnen-
den Hinweis auf das Schicksal des Icarus stellt Furichius unmittelbar darauf
in Antithese, wie aus der entsprechenden Stelle der Aurea Catena ersicht-
lich wird, sein eigenes, gelingendes Wagen gegenüber: »Nos verò ad caelos
audacibus ire carinis/ Non formidamus« (AVR. CAT., S. 2, 9 f.). Die sich
durch die ganze Chryseis ziehende Bildlichkeit der Schiffahrt und des
Schiffbruchs wird hier in diejenige des Himmelssturzes geblendet.405
GL. 22 Deus ἀγραῖοϲ] Apoll als ›der die Jagd beschützende Gott‹.406
[S. 7] 2–4 et raperent Plutonia regna … Sorte Promethea, rostro fodica-
bit adunco] Das Schicksal des Prometheus, der an den Kaukasus geschmie-
det seine Marter (vgl. CONTI, S. 164–171) erlitt, wird hier von Furichius
zur Jenseitsstrafe im Reiche des Pluto, also zu seiner Bestrafung, wie sie in
den Ovidischen ›sedes scelerata‹ (vgl. OV. met. 4, 447–480) stattfindet.
Augurelli sieht für die Verräter an der Kunst die nämliche Strafe vor:
»Caucasea meritum uolucrique et rupe Promethea,/ quam, qui hac impru-
dens aurum inuulgauerit arte,/ dignus erit poena simul ut multetur ultra-
que?« (Augurelli, 3, 447–449).
5–20 Primum igitur … sub cortice coelum.] Von Furichius in GL. 5 als
›Mixtionis doctrina‹ ausgewiesen beschreibt dieser Abschnitt, wie nach
Aristotelischer Vorstellung aus den vier Elementen durch Vermischung
die zusammengesetzen, homogenen Körper, beispielsweise die Metalle
oder Holz, entstehen. Bei Aristoteles geschieht die ›mistio‹ durch ein fünf-
tes Element, bei Plato durch die Weltseele und bei den Astrologen durch
den Einfluß der Gestirne.407 Die Paracelsische ›mistio‹ beschreibt Erastus in
404 Vgl. etwa zur Motivgeschichte des Sturzes und Interdependenz von literarischer Quel-
le und darstellender Kunst J. Mirollo (1996); u. Ch. Vöhringer (2002).
405 Zur Schiffahrtsmetaphorik vgl. etwa E. Curtius (1967), S. 138–141; u. vor allem das
erste Kapitel von M. Hardt (1966), S. 7–18.
406 Das ihm geweihte Heiligtum in Attika bei Paus. 1, 41, 6; vgl. auch Giraldi, S. 313.
407 Vgl. A. Lumpe (1980).
seiner zweiten Disputatio wie folgt: »Paracelsi assignant omne hoc offi-
cium seminib[us] seu vitalibus principijs ex Orco seu abysso in lucem pro-
deuntibus, omni scientia seu potestate infallibili instructissimis. Haec pro-
cessura sibijpsis [so] conuenientia elementa assumere, naturisqué suis con-
gruentia corporum principia constituere: ponderibus iustis permiscere. Fieri
hoc, vitalibus tincturis per omnia penetrantibus, omniumqué virtutes secum
ducentibus, et validis vinculis sic componentib[us] vt in minima materiae
portione quauis, sensuu[]m testimonio planè similiari, omnia illa quantu-
muis diuersa comprehendantur.« (Erastus, S. 211).
Das abschließend verwandte ›Schale-Kern-Bild‹ wurde neben seiner all-
gemeinen Beliebtheit im Frühbarock besonders von den Paracelsisten pole-
misch wider die Galenisten gebraucht, da jene der Oberfläche verhaften
blieben und somit nicht zum ›inneren Kern‹ der Natur vordrangen.408
17–18 Ars Naturae vestigia legit … retexendo stamen telamque vetu-
stam] Der alte Topos der mimetischen Kunst,409 wird hier durch GL. 17
zur die Natur nachahmenden ›Chymia‹ – die Alchemie folgt der Natur,
indem sie, nach weitverbreiteter Symbolik, deren ›Gewebe‹ wiederauf-
webt.410 Darauf, daß der Alchemiker der Natur nachzuspüren habe, verwies
Petrus Bonus bereits in seinem Prolog.411 Letztlich geht es hierbei, wie
Augurelli ausführt, darum, der Natur abzuschauen, wie die Metalle hervor-
gebracht werden, und so dasselbe künstlich zu bewerkstelligen: »Iam patet
his [artificibus], ut non tantum sub montibus aurum/ natura efficiat, sed ut
id quoque prodeat arte;« (Augurelli 1, 108 f.).
19–20 Invenit majora illis, quae numina plebis/ tangunt] Das Größere,
welches die Alchemie findet, sind wie Furichius in SCHOL. 19 mitteilt:
›Die drei Principia der Chemiker.‹ In der Aurea Catena werden sie benannt:
»Sunt queis tria consignata probantur,/ Spiritus atque animae vigor et ve-
getabile corpus.« (AVR. CAT., S. 3, 2 f.). Was diese genau sind ist unklar.
Als Vertreter verschiedener Lehrmeinungen hierzu – das heißt vor allem:
zum Verhältnis der Principia zu den vier Elementen – nennt Furichius:
Sennertus, Erastus, Palmarius:
Daniel Sennert ist einer der bedeutendsten deutschen Ärzte. Er wurde
1572 in Breslau geboren, studierte in Wittenberg, Leipzig, Jena und Frank-
furt an der Oder, wurde 1601 Doktor und 1602 Professor der Medizin in
Wittenberg und später Kursächsischer Leibarzt. 1637 starb er in der Luther-
412 Vgl. Alchemie Lexikon, S. 334 f.; sowie die Würdigung in Bayle 4 (1730), S. 189–
192; Kestner, S. 779 f.; Thorndike 7 (1994), S. 203–217; Ferguson 2 (1954), S. 371–
373; W. Pagel (1958), S. 333–343; hervorzuheben der Aufsatz von W. U. Eckart
(1992).
413 Vgl. D. Sennert (1629), S. 73–85.
414 Ebd., S. 77.
415 Zu diesem ebenso griffigen wie gefährlichen Vorwurf gegen Paracelsus, vgl. etwa CP
2, S. 147 u. 489 f.
416 Vgl. W. Pagel (1958), S. 311–333; W. Kühlmann u. J. Telle (1985), S. 265–271;
J. Telle (1986c); ders (1989b) u. ders. (2008e); Ch. Gunnoe (1994); sowie Thorndike
6 (1994), S. 251 f.; Ferguson 2 (1954), S. 163.
417 T. Erastus (1677), S. 45; vgl. et passim.
418 Vgl. NBG 29 (1862), S. 818 f.; sowie Thorndike 5 (1994), S. 482 f..
419 Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 163; sowie D. Kahn (2007), 368–371, et passim.
420 Vgl. P. Palmarius (1609), S. 35–40.
421 Vgl. zur ›Fachsprachendiskussion‹ der Zeit W. Kühlmann (2002a).
sive spiritus‹ und von ›Luna‹ und ›Sol‹ durch ›Mercurius‹. An den Spitzen
des anderen Dreiecks stehen die Zahlen 10, 100 und 1000. Sie entsprechen
dem »dum dena atque iterum dena effluat hora/ Et numerus perfectus eat«
(CHRYS., S. 8, 29 f.), da sich bei dieser Verbindung ›Mercurius‹ jeweils bis
ins Unendliche verzehnfacht: »Non enim fit progressus ab unario ad cen-
tenarium et millenarium, omnium numerorum ultimum et perfectissimum
(numerato enim millenario, non datur alius numerus: sed per hunc fit pro-
gressus in infinitum) nisi per denarium.« (Tract. aur., S. 609).
Sowohl hier in der Chryseis wie auch im Tractatus werden hierfür wie-
der Bilder des Ackerbaus verwandt: »sic quoque Luna et Sol procreare non
possunt sobolem sibi similem nisi mediante Mercurio, qui loco semini eli-
citur ex amborum corporibus, inque terrae centro tamquam proprio vase
digeritur et perficitur.« (Tract. aur., S. 609) – ›Mercurius‹ als fruchtbares
Getreidekorn.
Zugleich steht die Reihe 1–10–100–1000 für die Gesamtheit der Schöp-
fung, wobei die Eins Gott bedeutet: »Denarius apud Pythagoricos sig[nifi-
cat] supercaelestem mundum. sicuti centenarius, signific[at] mundum coe-
lestem, et millenarius, signific[at] mundum elementarem. Fons, et princi-
pium Denarij est unitas, et Deus quem signific[at] vnitas, et punctum, est
fons, et principium Angelorum.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 79r).
32–S. 9, 1 Tetragono dixêre parem … elementa gravi insurgentia bello]
Das ›Viereck‹ in dessen Mitte recht göttliches Feuer ›aufblitzt‹ wird hier
durch GL. 32 ›□‹ dargestellt. Der Kommenator des Tractatus aureus zeich-
net in das ›Quadragulum secretum sapientum‹ das ›recht göttliche Feuer‹
als Strahlenkranz hinein und erklärt, was es damit auf sich hat: Die vier
Ecken des Vierecks stehen für die vier sonst unversöhnlichen Elemente,
welche durch den Mercurius (›circulus ille exiguus‹ oder bei Furichius ›ig-
nis divinior‹) ›ausgesöhnt‹ werden: »Est enim is mediator, pacem faciens
inter inimicos sive elementa, ut convenienti amplexu se invicem diligant:
Imò hic solus efficit quadraturam circuli, à multis hactenus quaesitam, à
paucis verò inventam. Radiis enim suis ferit omnes elementorum angulos,
et longa circumrotatione angularam hanc quadraturae formam vertit in cir-
cularem sibi conformem: de quo satis.« (Tract. aur., S. 610) Diese ›Quadra-
tur des Kreises‹ ist also die Angleichung der vier Elemente in den als Kreis
dargestellten Mercurius. So ist auch in der entsprechenden Stelle der Aurea
Catena statt von ›Feuer‹ von ›Hermes‹ die Rede: »In trigono tamen omne
latet, si penniger Hermes/ Primum in tetragono regnet« (AVR. CAT.,
S. 3, 23 f.).
[S. 9, Fortsetzung] 2–3 Ast triquetri … retinetque profundum] Die Stelle
ist aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich als Kommentar oder Kurzfas-
sung der im Tractatus aureus folgenden drei Dreiecke, in deren Mitte je-
weils ein Quadrat steht, zu verstehen: Eines trägt die Buchstaben ›MER-
CVRIVS‹ und hat im Viereck einen Kreis, das andere die Zahlen 1 bis 8
und das dritte die Planetenzeichen sowie einen Punkt im Quadrat. Der
Kommentator des ›Tractatus‹ bleibt jedoch jegliche Aufklärung schuldig:
»Hae tres figurae eodem significato unum tacitè pandunt arcanum, quod
non promiscuè cunctis prostituendum. Sufficiat tibi Lector, quod elicere
possis veritatem istius versiculi: ›Est in M E R C U R I O quicquid quaerunt
sapientes.‹« (Tract. aur., S. 610). Auch steht dieser in der Aurea Catena
anstelle der Erde in der Chryseis: »si penniger Hermes […] mox surgat in
altum,/ Tum praeceps detur, rursusque in origine cesset.« (AVR. CAT.,
S. 3, 23–25). Womöglich gibt Furichius mit der Angabe: ›an der Grundlinie
beginnend eine Seite hinauf, dann die andere hinunter‹ die ›Leserichtung‹
dieser Figuren an; zur kosmologischen Bedeutung der Acht wie der Sieben
vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 44, 2.
4–6 Imprimis tamen ingenii … Communem in lucem proferre] Beruht auf:
»Majora autem magisque stupenda perficiet, si centralia ista tria interius ad-
huc occultè latitantia, punctum videlicet, numerum octonarium, et circulum,
in apricum Solis sive in lucem externumque aspectum produxerit. Hoc enim
miraculosè perpetrato, sequens tandem schema prodibit ultimum, omnique
perfectione astrali, spirituali ac regali absolutum: à pluribus hactenus visum:
vix autem millesimo intellectum.« (Tract. aur., S. 611). Die Abbildung hierzu
ist ein Kreis, der ein mit der Spitze nach oben stehendes Dreieck umschließt,
in dessen Mitte wiederum ein Viereck einen Kreis umfaßt.
Diese Figur ist hinlänglich in der alchemischen Literatur der Zeit ver-
treten, so zeichnet sie in Michael Maiers Atalanta fugiens in der Pictura des
21. Emblems ein Alchemiker mit einem großen Zirkel an eine Wand, wobei
im inneren Kreis ein nacktes Paar abgebildet ist. Die Inscriptio, welche dem
Rosarium Philosophorum entstammt, lautet: »Fac ex mare et foeminum
circulum, inde quadrangulum, hinc triangulum, fac circulum et habebis
lap[idem] Philosophorum.«; die Subscriptio: »Foemina masque unus fiat
tibi circulus, ex quo/ Surgat, habens aequum forma quadrata latus./ Hinc
Trigonum ducas, omni qui parte rotundam/ In sphaeram redeat: Tum Lapi-
dis ortus erit. Si res tanta tuae non mox venit obvia menti,/ Dogma Geo-
metrae si capis, omne scies«.425 Diese Figur bedeutet von innen nach außen
gelesen den alchemischen Prozeß und faßt die bei Furichius wie im Trac-
tatus aureus vorangegangen geometrischen Figuren zusammen: Der innere
Kreis steht für die Vereinigung der Gegensätze (siehe oben zu CHRYS.
S. 8, 15 ›circulus in circo‹) der beiden Mercurii im Mercurius, das Quadrat
(siehe oben zu CHRYS. S. 9, 1 ›tetragon‹) versinnbildlicht Ausgleich zwi-
schen den vier Elementen durch den Mercurius, das Dreieck (siehe oben zu
CHRYS. S. 8, 27 ›verus trigonus‹) die Entstehung der ›Dreiheit‹ oder der
drei alchemischen Principia (›spiritus, corpus, anima‹ oder ›Sal, Sulphur,
425 H. De Jong (1969), S. 397.
Mercurius‹ etc.) aus der ›Vierheit‹ der durch Mercurius beherrschten Ele-
mente, womit man den äußeren Kreis – wiederum Mercurius – als den
Stein der Weisen erlangt und das Werk verstanden hat.426
9–14 Sed prius ê siliqua … meliore coruscum] Furichius erläutert dieses
Bild des Ackerbaus, welches die vorangegangenen Bilder desselben Sach-
bereiches variiert, in SCHOL. 9: ›Es wird über den Samen gesprochen,
welcher aus dem unversehrten Körper des Goldes hervorzulocken ist, und
in seiner Erde einzugraben ist.‹ – Beim, als (aristotelischen) unvermischten
Körper, begriffenen Gold wird die ›Mischung‹ rückgängig gemacht, wo-
durch die vier Elemente und der alchemische ›Mercurius‹ als Same bloslie-
gen. Jener wird dann in trächtige Erde gegeben: Die ›Parthenia virtus‹ (v.
13) spielt – wie aus »Intacta[] gremium, quae impuri nescia amoris,/ Par-
thenia virtute gravis« (AVR. CAT., S. 4, 1 f.) ersichtlich wird – auf eine Art
›Jungfernzeugung‹ an; nach dem Berg Parthenius – vom griechischen
›παρθένιοϲ‹ für ›jungfräulich‹ – in Arkadien »a uiriginibus denominatus:
eo quod in eodem uenari consueuerunt.« (Boccaccio, S. 138r).
15–20 Porrò penetrandum … quarta moratur] Die Verse stellen eine
Bearbeitung der die im Tractatus aureus gleichfalls auf die geometrischen
Symbole folgenden Auslegung jener Hermesworte dar: »Scitote filij sapien-
tum, quod priscorum Philosophorum aquae est divisio, quae dividit ipsam
in alia 4. Vnum duobus, et tria uni: quorum colori tertia pars est, humori
scilicet coagulanti: duae verò tertiae aquae sunt pondera sapientum.« (Tract.
aur., S. 612). Wie Furichius in GL. 16 erläutert wird mit diesen die ›All-
gemeine Zubereitung des Mercurius der Weisen‹ umschrieben; wie sie be-
reits die geometrische Figur der Verse 4–6 darstellt: Das ›Wasser‹ ist hierbei
nach CHRYS., S. 9, 17 die ›vorgenannte Erde‹ – sprich: erneut Mercuri-
us.427 Über Mercurius gelangt man demnach an die vier Elemente und
drei Principia, welche die ab CHRYS., S. 9, 24 behandelte alchemische
›Siebenzahl‹ ausmachen. So heißt es im Tractatus weiter: »Hanc in quatuor
partes dividendam [Hermes] ait: nempe unam partem in duas: tres verò
partes uni addendas. Ex quibus omnibus conjunctis septem inde partes,
tanquam sparsim in verborum contextu disseminatae, resultant. Unum
enim et duo faciunt tria: Tria et unum, quatuor: Hunc quaternarium si ad-
deris priori ternario, conficies septenarium.« (Tract. aur., S. 612). Die Vor-
trefflichkeit dieses ›Wassers‹ unterstreicht Furichius im folgenden, indem er
es auf die Ebene der Mythologie hebt und als den Nymphen angenehmen
Aufenthaltsort bezeichnet:
426 Vgl. H. De Jong (1969), S. 166–176; dort wird auch auf den hier verwandten Kom-
mentar des ›Tractatus aureus‹ eingegangen.
427 Vgl. »Quod suprà author elementorum scientiam appellavit, nunc Philosophorum
aquam nominat« (Tract. aur., S. 612); sowie meinen Kommentar zu CHRYS., S. 9,
2–3.
428 Vgl. Conti, S. 254–256; bes.: »Fluuiorum praesides Naiades dicebantur, quia fluuij
perpetuò fluerent νάειν enim fluere significat« (ebd. S. 254).
429 Erschöpfendes zur Bedeutung ›Siebenzahl‹ auf den annähernd 17 Teubner-Seiten von
MACR. somn. 1, 5, 6–1, 6, 83 u. Nettesheim, S. 114–121; A.-J. Pernety (1972), S. 332;
oder H. Meyer u. R. Suntrup (1987), S. 479–565.
430 Vgl. J. Lalamant (1571).
und Philologen Jean Lalamant aus Autun (lat. u. a. ›Hedua‹),431 der Ende
des 16. Jahrhunderts starb. Er machte sich zudem als Herausgeber und
Kommentator der Schriften Galens wie auch des Sophokles einen Na-
men.432 Dem möglichen Einwand, daß diese Hochschätzung der Siebenzahl
zu sehr nach den Hirngespinsten der Pythagoreer röche (›quod Pythagorae
somnia sapiant‹), hält Furichius den ›nüchternen‹ Aristoteles der Historia
animalium entgegen, wobei er allerdings unterschlägt, daß es sich in sei-
nem Zitat um Kerbtiere handelt: ›Die Zeit der Entwicklung vom Anfang bis
zum Ende bemißt sich bei den meisten [hier im Original: Insekten (!)]
ungefähr auf drei oder vier Wochen.‹433 Im selben Abschnitt werden dann
für die Entwicklung der Eier sieben Tage angegeben. Dasselbe gilt nach
Aristoteles, so Furichius, auch für die ›meisten‹ Krankheiten.434 Danach
räsoniert Furichius noch kurz über die Macht der Siebenzahl und ihre Be-
deutung in der Astrologie.
Weiteres zur Siebenzahl im Kommentar zu CHRYS. S. 29, 8–11.
29–30 Ipsa sagittifero … Threicius si vera refert] Furichius verweist in
SCHOL. 29 auf den Thrakischen (›Threicius‹) Sänger Orpheus. Der Vers
aus dessen Fragementen, welchen er dort als frei bearbeitete (›mutuò sump-
tus‹) Vorlage angibt, lautet übersetzt: ›Den siebenten Tag liebte der fern hin
treffende Apoll‹ – ›Απόλλων ἑκάεργοϲ‹ (›der fern hin treffende‹) ist auch
eines der gebräuchlichen Epitheta des Apoll bei Homer: »Hecaergus Apollo
à poetis, et in primis Homero cognominatus, […] quòd procul spargat ra-
dios, et eminus operet. quo loco Pindarus inducit Cyrenem nympham, ad-
mirantem Apollinem, quòd sagittis leones conficeret.« (Giraldi, S. 325).435
Das Orpheusbild der zeitgenössischen Hermetik schildert Maier in seiner
Aurea Mensa: Der Thraker, der Griechen erster Priesterkönig, Theologe, Se-
her und Gesetzgeber, soll sogar noch von Pythagoras im Ägypten des Cheops
in die Geheimnisse der Chemie eingeweiht worden sein. Seine Schriften – die
Hymnen nicht minder als seine Argonautica, in welchen er als erster vom
Goldenen Vlies berichtet – sind alchemischen Inhalts, da sie das in den Hiero-
glyphen der ägyptischen Priester verschlüsselte Wissen tradieren.436
[S. 10, Fortsetzung] 14–15 Hactenus auriferae … vannus] Furichius
klärt in SCHOL. 14 über die hier verwandte Bildlichkeit aus dem Bereich
des Ackerbaus auf: »Unserer Erde Pflug ist das Feuer, wie auch das für den
Mercurius notwendige Menstruum; die Ernte das bereitete Gold; die Fut-
terschwinge das notwendige Gefäß, welches die Araber ›Aludel‹ nennen.«
Das alchemische Gefäß namens ›Aludel‹ ist nach Ruland ein »vitrum sub-
limatorium. Ein sublimirGeschirr« (Ruland, S. 32).
20 fama aurea repsit] Die Fama des Goldes kriecht, so wie es der Ety-
mologie der ›Chryseis‹ als ›Proserpina‹ von ›proserpere‹ (stammgleich mit
›repere‹) entspricht.437 Sie fliegt nicht wie die klassische Fama Vergils,
welcher an Geschwindigkeit nichts gleich kommt; vgl.: »Extemplo Lybiae
magnas it Fama per urbes,/ Fama, malum qua non aliud uelocius ullum:«
(VERG. Aen. 4, 173 f.); oder etwa: »Et iam Fama uolans« (ebd. 11, 139).
S. 10, 21–23 Ille Seyr flavum … Apollinis unguen] Der weder bei Ernst-
ing oder Ruland noch in den verwandten Wörterbüchern verzeichnete Aus-
druck ›Seyr‹ findet sich im Tractatus aureus: »Accipe de humore unciam
unam et mediam, et de rubore meridionali, id est anima Solis, quartam
partem, id est, unciam mediam, et de Seyre citrino, similiter unciam medi-
am, et de auripigmento dimidium, quae sunt octo, id est uncia tres […]«
(Tract. aur., S. 613). Die genannten Substanzen sind nach der dortigen Scho-
lie synonym und verweisen auf die siebenmalige, letztlich achtmalige De-
stillatio des ›aqua Mercurij‹ – nach Ruland: »der lapis zerlassen/ mit seinem
eignen Wasser/ daß in dem Stein fix ist, und läufft weiß wie Wasser.«438 –
welches dann besonders rein ist: »Humor enim, Rubor meridionalis, Anima
Solis, Seyr citrinum, Auripigmentum, vitis sapientum, et vinum nihil aliud
significant, quàm aquam Mercurij septies destillatam: quae post octenam
destillationem, vi ignis vertitur in cinerem sive pulverem subtilissimum:
qui ob puritatem et perfectionem suam igni resistit.« (Tract. aur., S. 613).
In der Aurea Catena kommt das (!) ›Seyr‹ sogar zweimal vor, einmal im
Kontext der achtfachen Destillatio »Sique Seyr citrinum, et viventis Apolli-
nis aura« (AVR. CAT., S. 4, 25). Das andere Mal: »Serua igitur sublime Seyr,
thalamis sed in imis/ Quod genitum est terrae.« (Ebd., S. 6, 4 f.).
24–25 Et totidem formas … mutavit Vlyssis] Verweis auf die Kirke der
Odyssee, welche die Mannschaft des Odysseus in Schweine verwandelt,
wie sie vor deren Ankunft schon ihre anderen männlichen Gäste in Löwen
und Wölfe verzaubert hatte. Odysseus gelingt es, der Behexung durch das
ihm von Hermes gewiesene Kraut Moly zu widerstehen (vgl. Hom. Od.
10, 210–574). Auf jenes Wunderkraut kommt Furichius im vierten Buch
der Chryseis zurück; vgl. »Prisca suum quondem laudârunt secula Moly.«
(CHRYS. S. 55, 6).439
437 Vgl. »Dicunt etiam eam [Cererem] Opem, quod opere melior fiat terra: Proserpinam,
quod ex ea proserpiant fruges« (ISID. orig. 8, 11, 59 f.).
438 Ruland, S. 49.
439 Vgl. zu Circe auch im allgemeinen Conti, S. 305–309.
440 Vgl. Ernsting, S. 155: »Fixare, fix oder Feuer=beständig machen, figiren«; u. Ruland,
S. 215: »Fixatio, est rei ignem fugientis, vt eum amplius non fugiat, sed in eo fixa
permaneat, per ignem assuefactio, siue ea fiat per calcinationem […] siue tandem rei
fixae additionem perficiatur.«
441 Vgl. E. Leibenguth (2002), S. 111–116; dort zugleich weitere Literaturhinweise.
442 Vgl. zur ›Sol et Luna-‹Allegorie J. Telle (1980d), S. 47 f.; 80–96 et passim; sowie R.
Zeller (2007).
443 Vgl. MlatWB 2 2 (1999), Sp. 13 f.
444 Vgl. Gesner 3(1749), Sp. 138; und: »tollens ad sidera uultus/ et gemitu et lacrimis et
luctisono mugitu« (OV. met. 1, 732 f.).
Der italienische Arzt und Botaniker Pietro Andrea Mattioli wurde 1500
in Siena geboren. Er war zuerst kaiserlicher Leibarzt und ließ sich später in
Trident nieder, wo er 1577 an der Pest starb. Er verfaßte auch einen Dialog
zur ›Gallischen Krankheit‹ sowie weitere medizinische Lehrschriften.450 In
seinem Dioscurides-Kommentar weist er im 97. Kapitel des 5. Buches auf
den Irrtum des Plinius hin, daß die Korallen Beeren tragen: »Quandoqui-
dem, ut fatentur ij, qui corallia expiscantur, et in ijs mercaturam exercent,
nullas per se baccas edunt. Baccae enim, quae in coralliorum monilibus
cornis, ac cerasis similes uisuntur, ex ipsorum truncis torno, et lima prius
parantur.«451
Nach alchemischer Vorstellung sind in Analogie zu den Korallen – wie
Furichius es auch in SCHOL. [S. 69] S. 51, 29 hervorhebt – die Metalle an
ihrem Entstehungsort im Erdinneren weich und werden erst im Laufe der
Zeit hart.452 Die Verwendung solcher Vergleiche im naturwissenschaftli-
chen Kontext rechfertigt SCHOL. 4 mit dem Verweis auf Hippokrates
(vgl. Hp. Vict. 4, 3–5, 1). Dieser spricht sich ausdrücklich für die Verwen-
den von Analogien (in seinem Falle: Geburt-Tod wie Vermischung-Tren-
nung wie Vermehrung-Verminderung) aus.
[S. 12, Fortsetzung] 6–10 Est radius … spiritus ingens] Furichius führt
in diesem Abschnitt synkretistisch mehrere naturphilosophische Meinungen
über die Entstehung der Dinge zusammen, wie es noch mehr in der ent-
sprechenden Stelle der Aurea catena deutlich wird: »Hic radius vigor est
Mundi, quem turba magorum/ Dixit mundi animam: quem quondam Ery-
cina per omnem/ Distribuit Tellurem: ob quem manet insita vita./ Hic sa-
pientum aether: hic vera illa astrica virtus./ Spiritus altifluus sine nocte,
volansque sine alis.« (AVR. CAT., S. 5, 26–29).
Einen Ansatzpunkt zur Erläuterung dieser Stelle bieten die Platonische
wie auch die Aristotelische Vorstellung der Beziehung zwischen Form und
Materie, welche hier, wie auch ihre Wahrnehmung durch die Alchemiker,
umrissen wird:
Seit Plato, eigentlich schon bei den Vorsokratikern, reflektiert die Philo-
sophie die Problematik zwischen Form (forma, εἶδοϲ, μορφή) und Materie
(materia, ὕλη): zwischen der sichtbaren Gestalt, beziehungsweise der Be-
schaffenheit, und dem Gestalteten. So ist für Plato die Form nicht dem – an
sich gestaltlosen – Materiellen immanent sondern leitet sich aus der ihr
entsprechenden transzendenten, ewigen Idee (ἰδέα) ab: Die Dinge sind Ab-
bilder der ›ewig seienden‹ Ideen. Die Neuplatoniker sehen daran anknüp-
450 Vgl. Jöcher 3 (1751) Sp. 297; Kestner, S. 526 f.; sowie J. Telle (1986b); Thorndike 6
(1994), S. 261–263 u. D. Kahn (2007), S. 134 f. et passim.
451 P. Matthiolus (1558), S. 695.
452 So auch im 32. Emblem ›Corallus sub aquis ut crescit et aëre induratur, sic lapis‹ der
›Atalanta fugiens‹ Maiers.
fend die Materie als die unterste und somit ›schlechteste‹ aller aus der Ur-
idee, dem Einen (ἔν), hervorgehenden ›Emanationen‹ an.
Aristoteles wie auch seine Nachfolger sehen im Gegensatz hierzu so-
wohl Form als auch Materie nur in den Dingen, die werden und entstehen.
Die körperliche Welt kam nach ihnen dadurch zustande, daß aus der unbe-
stimmten Materie als solcher die vier Elemente sowie als fünftes der Äther
hervorgegangen sind. Durch Mischung (mistio, μῖξιϲ) jener fünf enstanden
dann die zusammengesetzten Körper, deren Bestandteile sich jedoch im
Zuge gänzlicher Verschmelzung einander angeglichen haben, wie man es
beispielsweise am Gold sehen kann. Die Form ist hierbei durch die Bestim-
mung der Dinge gegeben. Diese aristotelische Vorstellung der Mischung
liegt auch derjenigen der alchemischen Transmutationstheorie zugrunde.
In rinascimentaler, neuplatonischer Tradition ist dagegen die Weltseele
das allen Dingen ihre Form verleihende Prinzip, welches zugleich in allen
präsent ist – alles beseelt. Diese ›anima mundi‹ (ψυχὴ τοῦ κόϲμου) ist, von
Plato eingeführt, in analoger Vorstellung zur Seele als Lenkerin des Körpers
das bewegende Prinzip des Kosmos, welches zwischen Belebtem und Un-
belebten vermittelt. Ebenso ist sie ist die Ursache aller Bewegung. Daran
anschließend betrachten die Stoiker die Welt als Lebewesen, das von der
Weltseele, dem Geist Gottes, als feuriges Pneuma (mens, spiritus, πνεῦμα)
durchdrungen wird. Die synkretistische Meinung der Hermetiker und Al-
chemiker, welche allerdings Vieles als Pneuma bezeichnen, schließt daran
an und betrachtet das Pneuma/die Weltseele ebenso als die ›in den Dingen
verborgene Kraft, welche durch Wärme freigsetzt werden kann, Metalle
verwandelt‹ – also letztlich als den philosophischen Mercurius.453 So um-
schreibt hier auch Furichius den alchemischen Mercurius als jene ›in den
Dingen verborgene Kraft‹ – den Urheber der Vermischung. In den beiden
zugehörigen Scholien verweist er dann auf die von ihm in Entsprechung
gebrachten Philosopheme:
In SCHOL. 6, indem der vom ›calidum innatum, quod omnibus inesse,
deprehenditur, caeleste penitus, atque τὸ τῶν ἄϲτρων ϲτοιχεῖον ἀνάλογον‹
spricht, nennt Furichius eine der Grundlagen der Medizin Daniel Sennerts:
›die eingepflanzte oder eingeborene Wärme als Instrument der Seele in den
Ernährungs- und Fortpflanzungsvorgängen‹. Der Wittenberger Professor
stellte sich diese ›Wärme‹ in gewisser Weise stofflich vor, ist sie doch
Trägerin der auch aus toten und somit entseelten Lebewesen in der Pharma-
zie gewonnenen Heilkräfte. Dabei sieht er bereits in seinen eigenen Schrif-
ten die Analogie zum Stein der Weisen, welcher sich von der unreinen
Materie abscheiden läßt.454
453 Zusammengefaßt aus: C. Bormann (1972), Sp. 977 f., 982–984, 986; 1011–1013;
A. Lumpe (1980); T. Tieleman (2000); G. Verbeke (1974), Sp. 160 f.; u. J. Zachhuber
(2004), Sp. 515–518.
454 Vgl. M. Stolberg (1993), S. 51–56.
455 Vgl. R. Sharples (1996); CP 1, S. 68 f.; sowie besonders zur ›calor-Lehre‹ der Zeit
M. Mulsow (1998), S. 201–205.
456 Vgl. zu Fernel: CP 1, S. 68 f.; D. Kahn (2007), S. 181 et passim; sowie C. Saucerotte:
Fernel (Jean). In: NBG 17 (1873), Sp. 477–483; u. Thorndike 5 (1994), S. 556–560.
457 Zusammengefaßt aus Maier Mensa, S. 339–343.
458 Vgl. »Haud secus enim formarum, quae in elementis inhaerescunt, coitionem fieri
[Alexander] autumat, quàm contrarium qualitatum confusionem, quasi propriae ele-
mentorum qualitates remitti nequeant, nisi et ipsae pariter commutentur formae. Si
enim aliqua ex parte eas quispiam retundi dicat, cùm sit reliquiarum, inquit, eadem
ratio, possent quoque omnes illorum qualitates in nihilum tandem redigi, forma super-
stite et haudquaquam offensa. Id autem perquàm absurdum in natura videtur: neque
enim subsistat ignis, omnis caloris expers: neque aqua, ab omni humore destituta.«
(J. Fernel (1577)).
übertitelt ist Caloris diuisio, et modi und die Problematik noch ausführli-
cher darlegt.459
In SCHOL. 9 verweist Furichius nun konkret auf die Anhänger Platos
und nennt die beiden bedeutendsten Erneuerer platonischen Denkens: Plo-
tinos und Marsilio Ficino mit dessen Buch De vita caelitus comparanda:
Plotinos gilt als der Begründer des Neuplatonismus, er wurde 205 n. Chr.
geboren und starbt 270. Er studierte zunächst in Alexandria und war 243 im
Gefolge Kaisers Gordianus III., als dieser gegen die Perser zog. Nachdem
sein Gönner ein Jahr später ermordet worden war, begab der Philosoph sich
nach Rom und eröffnete dort seine Schule, welche 269 jedoch in Folge
eines neuerlichen Machtwechsels aufgelöst werden mußte. Plotinos zog
sich dann nach Campanien zurück. Sein bedeutendster Schüler war der
Herausgeber des Gesamtwerkes Porphyrios. Die Wiederentdeckung der
Plotinischen Lehren für die Renaissance erfolgte 1492 mit der Übersetzung
durch Ficino.460
Im von Furichius genannten dritten der drei üblicherweise De vita oder
De triplici vita genannten Bücher des Florentiners, das den Titel Marsili
Ficino Florentini Liber De Vita Coelitus Comparanda compositus ab eo
inter Commentaria eiusdem in Plotinum trägt, werden also zugleich die
Ansichten Plotins berücksichtigt. In den ersten drei Kapiteln der Schrift
wird auf das Wirken und gegenseitige Verhältnis der von Furichius genann-
ten ›anima mundi‹ als Ausführerin der ›mens divina‹ auf den materiellen
Teil der Welt (›corpus mundi‹) durch den ›spiritus mundi‹ eingegangen: Der
Göttliche Intellekt (›mens‹) enthält in sich die Ideen und teilt sie der Welt-
seele (›anima‹) mit, welche aus sich selbst den Geist (spiritus) gebiert, um
im Anschluß mit diesem die vier Elemente zu zeugen.461
In diesen Furichianischen Synkretismus fließen dann im 2. Buch der
›Chryseis‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 24, 1–25) noch die Vorstellun-
gen des Alten Testaments und der Kabbalisten ein.
11 Hunc Amor] Furichius verweist zunächst auf die ›Liebe‹ (›Amor‹ und
›Venus‹) als der Welt zugrundeliegendes und sie belebendes Prinzip: »Hanc
vnam denique mundum procreasse, et procreatum nutrire et conseruare
crediderunt« (Conti, S. 206). Als poetische Behandlungen des Themas
nennt er zunächst den Beginn De rerum natura des Lukrez: »AENEADVM
genetrix, hominum divumque voluptas,/ alma Venus, caeli subter labentia
signa/ quae mare navigerum, quae terras frugiferentis/ concelebras, per te
quoniam genus omne animantium/ concipitur visitque exortum lumina solis
[etc.]« (LVCR. 1, 1–5). Als weitere Bearbeitung und als eigenes Lieblings-
gedicht verweist Furichius dann auf das dem Catullus zugreschriebene Per-
vigilium Veneris, dessen Verse 63–67 er in seiner Scholie zitiert.462
Wie bereits anläßlich des Verses CHRYS. S. 4, 11 verweist der Straßbur-
ger erneut auf die 106. Exercitatio Quae de Metallis des Iulius Scaliger –
nur, daß er ihn nun nicht als Vertreter einer gegenteiligen Meinung, sondern
als Autorität und Gewährsmann anspricht – wobei er jedoch das erste Ko-
lon der Stelle (»Neque Veneri aes attribuerim«) unterschlägt und einzig das
folgende übernimmt: »felicissimo siderum, auspicatissimaeque parenti, non
Aeneadum modo, vt canit maxima poeta; sed, vt prisci omnes voluere,
totius quoque propagationis, atque ideo rerem aeternitas.« (SCAL. Exerc.
ad Card., S. 387).
11 Erycina] Name der Venus nach dem Berg Eryx auf Sizilien: einer der
vielen Orte, an welchen die Göttin verehrt wird.463
14 volat ille sine alis] Nach dem Ausspruch des Hermes im Tractatus
aureus: »scitote, quod caput artis est corvus, qui nigredine noctis, et clari-
tate diei volat sine alis.« (Tract. aur., S. 618). Siehe hierzu den Kommentar
zu CHRYS., S. 14, 4–14.
21 quaeret sine fine … in umbris] Der Vers ist mit ›ritu Democriti‹
glossiert: Der Alchemiker soll nach Art des Philosophen Demokritos von
Abdera (2. Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.) nach Naturerkenntnis stre-
ben. Zwar ist keines der zahlreichen Werke dieses Repräsentanten des grie-
chischen Atomismus auf und gekommen, doch ranken sich um seine Ge-
stalt – er gilt, man denke an Christoph Martin Wielands (1733–1813) Ab-
deriten (1774–1780), vor allem als Typus des nur seiner Wissenschaft le-
benden Weisen – Legenden, zudem sind alchemische Schriften unter sei-
nem Namen bekannt.464 Furichius’ Zeitgenosse Michael Maier faßt jene im
3. Buch seiner Aurea mensa zusammen.465 Dort heißt es: »quod non con-
tentus patriae suae, siue totius Graeciae sapientum doctrinis, ad exteras
regiones profectus sit: Nam non solùm in Aegyptum eam ob causam, veluti
scientiarum omnium matrem et nutricem, sed quoque in Orientem longis et
periculosis peregrinationibus, vbi à Persis et ab ipsis Indis multa didicit,
sese contulit.« (Maier Mensa, S. 91 f.) Nach diesen Reisen verkauft Demo-
krit den Großteil seines Besitzes und zieht sich in ein Häuschen in der Nähe
Abderas zurück, wo er sich ganz seinen Studien widmet.
462 Die Forschung ist sich bis heute über die genaue Zuordnung des Textes uneins, eine
gewisse Einhelligkeit besteht jedoch hinsichtlich einer Datierung um das Ende des
vierten nachchristlichen Jahrhunderts; vgl. P. Schmidt (2000).
463 Vgl. »Erix siciliae mons est: drapano propinquus: cuius in summitate fuit olim erici-
niae ueneris templum a erice euisdem filio.« (Boccaccio, S. 135v); ebenso: Conti,
S. 209.
464 Vgl. den Eintrag ›Demokrit, pseudo-Demokrit‹ im Alchemie Lexikon, S. 108–110;
sowie CP 2, S. 122.
465 Vgl. MAIER Mensa, S. 90–138; bes. S. 90–99.
466 Eine solche findet sich etwa als ›Georgii Riplei duodecim portarum axiomata philo-
sophica.‹ in: TC 2 (1613), S. 115–30[=130].
467 Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 276–278; sowie Thorndike 4 (1994), S. 351–354 et passim;
Alchemie Lexikon, S. 305 f.; einmal mehr J. Telle (1995b) – zu jenem: Morgante
8, 74, 7 f. – eine zeitgenössische Würdigung der ›Twelve Gates‹ in Maier Mensa,
S. 463–467.
468 Vgl. A. Debus (1967), S. XLII.
469 Vgl. auch M. Gabriele (1997), S. 70 f.
sed vivum est, Philosophicum, hoc est, arte coadjuvante natura ritè praepa-
ratum.« (Tract. aur., S. 616) – und an anderer Stelle, unter Bezug auf die
zitierte Stelle bei Ripley: »Nam Riplaeus Anglus, Philosophus acutissimus,
inquit: Philosophi vocant argentum vivum, et non vulgare, sine quo nullum
existens esse potest.« Der Passus findet sich auch in Michael Maiers Kurz-
darstellung Ripleys in lateinischer Übertragung: »sed dat plurima vbique
monita ad clauium acquisitionem spectantia: Quocirca in principio, ego
profecto te docebo, inquit, ut Mercurios esse tres, qui sunt CLAVES scien-
tiae, quos Raymundus sua menstrua vocat […]« (Maier Mensa, S. 464).
31 velut ovi albugo vitello] Vgl. zum Ei den Kommentar zu CHRYS.,
S. 42, 6.
32 Cinnabarin dicunt, miniumvé rubentius Ostro] In SCHOL. wird – wie
in Vers 25 hinsichtlich des ›Quecksilbers‹ – ausgeführt, daß ›Drachenblut
und purpurrotglühender Bergzinnober‹ nicht als die als Farbpigment in der
Malerei oder dem Apotheker bekannte Substanzen aufzufassen sind, sprich
als der mineralische Bergzinnober und das vom Drachenblutbaum gewon-
nene und getrocknete Harz.470 Ebensowenig meint Furichius ›illud tritum
recentium ex plumbo calcinato factum‹ – also das ebenso bezeichnete »ge-
brandt Bley« (Ruland, S. 336).
[S. 13] 3–19 Delicium est … turgescat aristis] Der letzte Abschnitt des 1.
Buches wird durch GL. 3 als ›invectio in avaros‹ – als ›Schelte wider die
Geizigen‹ – ausgewiesen. Gemeint sind diejenigen, welche die Alchemie
nur aus Geldgier und ohne den nötigen Erkenntniswillen betreiben. Das
Rosarium philosophorum versteht unter ›avarus‹ zudem den zu den nötigen
Ausgaben Unwilligen und kontrastiert weitere von dessen Lastern mit den
Charakterstärken des wahren Alchemikers: »Non autem ad ipsam indagan-
dam accedat artifex grosso ingenio et duro repletus, nec cupidus nec auarus,
in sumptibus vel expensis. Nec vir duplex animo, sine felle et ceruice, vel
mente variabilis, nec nimis festinus aut capitosus: Sed doctrinae filius, vir
subtilissimo ingenio decoratus, sufficienter locuples, largus, sanus, firmus
in proposito et constans, patiens, mitis, longanimis et temparatus.« (Rosa-
rium, S. 28).
11–12 Non secus … Aeolus.] Der Windbeherrscher Aeolus, Sohn des
Hippotes, Herr über die Äolischen Inseln, schenkt Odysseus einen Sack
mit Winden für die Heimfahrt (vgl. Hom. Od. 10, 1–27) und läßt auf Ver-
langen der Iuno seine Winde auf die Schiffe des Aeneas los (vgl. VERG.
Aen. 1, 50–101), so daß Aeneas ausruft: »o terque quaterque beati,/ quis
ante ora patrum Troiae sub moenibus altis/ contingit oppetere!« (Ebd.,
470 Vgl. »Rubeum, vt Sandarca et minium, suntque gleabae non magnae. Vtuntur Venetiis
illis pictores, quia sanguinem colore imitatur, et vtuntur illis etiam Medici ad antidota«
(Ruland, S. 150), u. ebd., S. 149–153; sowie Ernsting, S. 94 f.; MlatWB 2 (1999), Sp.
584.
[S. 13] Argumentum IN cipit] Als Subjekt ist, wie im Argumentum des 1.
Buches, der Verfasser gemeint; vgl. CHRYS., S. 1, Argumentum: »AU thor
exorditur«.
totius operis in Mercurio praeparando] Das ganze alchemische Werk
kreist so sehr um den ›Mercurius‹, daß Ruland in seinem Lexicon bemerkte:
»Mercurius ist in allen Chymistischen Büchern vorn und hinden/ er hat
alles gethan/ macht jedermann viel zu schaffen/ greifft manchem dieff in
Seckel und in das Gehirn.« (Ruland, S. 331).474 Die entsprechenden Verse
in der Aurea catena lauten: »Mercurius proin est caput, arx, cor, meta,
torusque/ In quo cepit opus, medium finemque capessit./ Hic soluit Py-
roum, quum verò abiecerit alas./ Cum Pyroo tranquillus agit, thalamisque
475 Vgl. »ea pars orationis, per quam argumentando nostrae causae fidem et auctoriatem et
firmamentum adiungit oratio« (Ernesti: lat., S. 81).
476 Der Vers ist ohne das Folgende übernommen als CHRYS., S. 52, 23.
exit:« (AVR. CAT., S. 50, 16–18) – ein Bild, welches zugleich die ›Zedern
Libanons‹ der Heiligen Schrift evoziert.477
Zudem ist die Wüste der Ort der göttlichen Offenbarung schlechthin und
der Ort der Heiligen, wie ihn für das Abendland grundlegend Eucherius
von Lyon (gest. um 450)478 in seinem Traktat De laude heremi beschreibt:
»ut arbitror, heremum sanctis [Deus] parauit. credo his illam locupletem in
fructibus uoluit et pro indulgentioris naturae uice hanc sanctorum dare fe-
cundam« (EVCHER. laud. her. 5). Sie ist somit der ideale Ort für das
spätere Auftreten des heiligen Einsiedlers wie für auch für die spätere Vi-
sion.479
Im Gegensatz hierzu ist der Schauplatz der Rahmenhandlung der Vision
im Novum lumen des Sendivogius, auf welches sich Furichius an anderer
Stelle bezieht,480 nicht die trockene Wüste, sondern ein feuchtes Gestade,
an welchem der Erzähler als rastlos Umhersegelnder anlangt: »Evenit ali-
quando cùm per tot annos vitae meae navigarem à Polo Arctico ad Polum
Antarcticum, ut singulari Dei nutu ejicerer ad litus magni cujusdam maris
[…]« (Novum lumen, S. 583).
4–14 summo vulturnum … excipe dextra] Diese Passage stellt eine freie
metrische Bearbeitung einer Stelle das Hermes Trismegistos zugeschriebe-
nen Tractatus aureus dar. Dort heißt es im 1. Kapitel: »Scitote ergo rumori
inquisitores, et sapientiae filij, quod vultur super montem existens, clamat
voce magna: Ego sum albus nigri, et rubeus albi, et citrinus rubei, et certè
veridicus sum Et scitote, quod caput artis est corvus, qui in nigredine noc-
tis, et claritate diei volat sine alis. Ex amaritudine in gutture existente,
coloratio accipitur: à suo verò corpore rubor exiit, de suo dorso mera
aqua accipitur.« (Tract. aur., S. 618).
Diese Hermesworte liegen etwa auch dem 43. Emblem der Atalanta
fugiens Michael Maiers zugrunde. Dessen Inscriptio ist: »Audi loquacem
vulturem, qui neutiquam te decipit.«; die Subscriptio: »Montis in excelso
constitit vertice vultur,/ Assiduè clamans; Albus ego atque niger, citrinus,
rubeusque feror nil mentior: idem est/ Corvus, qui pennis absque volare
solet/ Nocte tenebrosaâ, mediâque in luce diei,/ Namque artis caput est
ille vel iste tuae.«481 Der ›Rabe‹ des Tractatus aureus findet sich auch als
477 Vgl. etwa »iustus ut palma florebit ut cedrus in Libano multiplicabitur« (Ps 91, 13), et
passim.
478 Zu Person und Wirkung vgl. L. Cristiani (1961), Sp. 1653–1654, 1657, u. F. Prinz
(1965), S. 52 f., et passim.
479 Die Literatur zum Themenkomplex ›Wüste und Einsamkeit‹ ist kaum zu überblicken,
neben Eucherius sei auf den jüngeren Sammelband A. u. J. Assmann (2000) verwiesen,
sowie die Einführung durch Ch. Mohrmann (1974); ebenso auf meinen Beitrag zu
Eucherius von Lyon und den ersten Eremiten: Th. Reiser (2009a).
480 Vgl. SCHOL. [S. 69], S. 46, 30: »Facetus est dialogus, qui tractatui, cui inscriptio est,
›Novum lumen Chymicum‹, annexus est«.
481 H. De Jong (1969), S. 419; zur Erläuterung vgl. ebd. S. 268–272.
num quòd sicut Tyranni nocturno vt plurimum consilio vti solent« (Ricciar-
di, Bd. 1, S. 95r).
10–12 Mox postquam … seu purpura Lecti] Nach SCHOL. 10 ist das
hier vom Raben gekostete ›Bittere‹ das alchemische Menstruum – »Men-
struum universale, ein algemein Solvens, welches alle Cörper in ihre erste
Materia verwandelt.« (Ernsting, S. 210) – dessen Wirkung erst die Farben
im Werk hervorbringt. Neben ›scharlachrot‹ vergleicht Furichius den Farb-
ton der Rubedo dem Purpur der an Purpurschnecken reichen Insel Lecton,
wobei er in SCHOL. 12 auf Aristoteles Schrift De Generatione Animalium
verweist. Dort findet sich jedoch keine diesbezügliche Anmerkung.487
15–S. 16, 6 Non tamen ascendes … luce corruscent] Die Winke, welche
der Rabe im Folgenden gibt – wie die Schlange einzuschläfern, auf den
Gipfel und an ihn selbst zu kommen sei – kündigt bereits der Tractatus
Aureus an: »Sed post ingressum, ascendendo montem, vultur sive corvus
tibi monstrabit iter, quo sit eundum.« (Tract. aur., S. 620).
In der folgenden Übersicht werden, um exemplarisch die Art der Bear-
beitung durch Furichius aufzuzeigen, die Worte des Raben auf den Seiten
14 bis 16 der Chryseis den zugrundeliegenden Stellen der Scholie des Trac-
tatus aureus gegenübergestellt:
Chryseis [S. 14–16] Tractatus aureus [S. 619 u. 620]
[S. 14] 15 u. [S. 15] 1 Qui, plenus est oculorum, et partim clausis, et
quum centeno custodit lumine partim apertis dormit oculis, adeò inten-
montis/ Nocte diéque fores, tus est assiduis vigliliis in custodiendo
nulli dat adire roganti montis ostio, ne forte indignus ingredia-
tur
2–6 Ergo soporifero primùm Sed impossibile est quempiam per hoc
medicamine in altum/ Dandus ostium intrare posse, nisi Draco, clausis
erit somnum, ne si de corpore oculis omnibus, suavi et placido sopore
magno/ Torporem abstergat le- correptus penitus indormiscat. […] ne
nem, nova bella revolvat/ Te- ante justum tempus è somnis excitata,
que adeò in medio deprendens artifici intranti, et de monte rursus des-
limite portae/ Virosâ perimat cendenti, et per ostium exire volenti no-
caudâ, praedâmque resumat. ceat, et praesentissimo suo veneno, quod
in postrema caudae parte absconditum
gestat, miserè hominem enectet
10–15 Tu de Thessalicis Circea Primùm praeparandae sunt arte Chymica
venena tabernis/ Collige, quae pilulae mercuriales ex argento vivo cru-
superent aconita sapore cruenta./ do et aloëpatica Chymicè praeparatis et
Succum aufer, miscequé una depuratis, quibus adde in parva quanti-
488 Das ›f.‹ der Vorlage wird hier als pharmazeutische Abkürzung aufgelöst; vgl. A. Cap-
pelli (2001), S. 133.
489 Durch ›electuarium‹ wird Latwerge bezeichnet: Arznei in Form eines festen Breies.
cantéque potens anima se im- ex croco Martis, et foliis auri cum ex-
misceat acri./ Haec redige in tracto rosarum rubrarum, et tantillo spi-
pilulas, et anhelis faucibus of- ritus vitrioli, ad aciditatis suavitatem
fer; conciliandam. Ex hoc electuario tres fin-
ges bolos satis grandes, pro bestiae fau-
cium capacitate
34 – [S. 16] 3 Vix ventri immit- posteà inde destillabis aquam, cujus fa-
tet, cum somnum sentiet artus/ cultas erit confortandi cor, et suadendi
Permulcere novum, et virtutem somnum. Nam si de ea hauserit uncias
afferre recentem./ Ast ubi stra- duodecim, quae faciunt libram unam,
tus jam viridanti in gramine tam profundissimum subitò incurret
stertet,/ somnum, ut per diem et noctem inte-
Tu sensim penetra montem, gram continuo somno oppressus requi-
nunc obice rupto,/ Omnia per- escat: […] Interea temporis tutus erit et
lustrans, et cuncta impunè liber introitus per ostium montis, et om-
pererrans. nis periculi vacuus.
Hierzu noch die folgenden Erläuterungen:
15 hac fastigia rupis] GL. weist diesen Ort als ›terra maledicta‹ aus. Als
›verdammte Erde‹ (auch: ›terra damnata, mortua‹ oder ›caput mortuum‹)
wird »von den Chimicis der Rest oder Nachbleibsel […] genannt, von
diesen oder jenen Dinge, darinnen nichts mehr zu hoffen ist, weder Krafft
noch Safft, und das letzte ›principium passivum‹, daraus alles Nutzbare
gemacht worden ist« (Ernsting, S. 295) – also das, was nach gänzlich voll-
endetem alchemischem Werk zurückbleibt.
16 draconis] Der Drache ist hier nach GL. nicht, wie einige fälschlich
glauben, das ›Antimon‹490 sondern Ripleys ›ignis contra naturam‹: »Fower
Fyers there be whych you must understond,/ Naturall, Innaturall, against
Nature, alsoe/ Elementall whych doth bren the brond;/ These foure Fyres
use we and no mo:/ Fyre against Nature must doe thy bodyes wo;/ That ys
our Dragon as I thee tell,/ Fersely brennyng as Fyre of Hell.« (Ripley,
S. 142) – dieser ›Drache‹ mit allen seinen Eigenschaften ist der ›Mercurius
vivus‹.491 Über der genannten Porta magica steht dementsprechend:
»HORTI MAGICI INGRESSUM HESPERIUS CUSTODIT DRACO ET/
SINE ALCIDE COLCHIAS DELICIAS NON GUSTASSET IASON«.492
17 centeno … lumine] Furichius gestaltet, stärker noch als der Tractatus
aureus, den Drachen in Anlehnung an den hundertäugigen Argus der Me-
tamorphosen.493 Ein ›Drache‹ (anguis, draco, serpens) als Bewacher mysti-
490 Vgl. Ernsting, S. 135; Ruland, S. 44 f.
491 Vgl. Ernsting, S. 135 f.
492 M. Gabriele (1997), S. 135.
493 Vgl. »Arge, iaces, quodque in tot lumina lumen habebas,/ exstinctum est, centumque
oculos nox occupat una.« (OV. met. 1, 720 f.).
scher Stätten und Schätze findet sich allenthalben in der Literatur. Macro-
bius nennt als eine Ursache des Motivs das (sonnen-)scharfe Auge der
Reptilien: »esse autem draconem inter praecipua solis argumenta etiam
nominis fictione monstratur, quod sit nuncupatus ἀπὸ τοῦ δέρκειν id est
videre. nam ferunt hunc serpentem acie acutissima et pervigili naturam
sideris huius imitari, atque ideo aedium adytorum oraculorum thesaurorum
custodiam draconibus adsignari.« (MACR. sat. 1, 20, 3).494
[S. 15] 2–17 Ergo soporifero primùm medicamine … Soliqué expone
micanti] Die Verse behandeln, wie GL. 2 ausweist, die Bereitung und An-
wendung des geeigneten Menstruum, welches hier wie der Kloß, mit wel-
chem die Sibylle der Aeneis den Höllenhund einschläfert, beschrieben wird:
»Cerberus haec ingens latratu regna trifauci/ personat adverso recubans
immanis in antro./ cui vates horrere videns iam colla colubris/ melle sopo-
ratam et medicatis frugibus offam/ obicit. ille fame rabida tria guttura pan-
dens/ corripit obiectam, atque immania terga resoluit/ fusus humi totoque
ingens extenditur antro.« (VERG. Aen. 6, 417–423). Nicht minder klingt
jedoch, zumal in Vers 10 von ›Thessalischen‹ Giften die Rede ist, die Art
an, wie Iason mit Hilfe der Medea den Drachen bezwingt: »Pervigilem
superest herbis sopire draconem,/ qui crista linguisque tribus praesignis et
uncis/ dentibus horrendus custos erat arboris aureae. hunc postquam sparsit
Lethaei gramine suci/ verbaque ter dixit placidos facientia somnos, […]
somnus in ignotos oculos ubi venit, et auro/ heros Aesonius potitur spolio-
que superbus/ muneris auctorem secum, spolia altera, portans, victor Iolcia-
cos tetigit cum coniuge portus.« (OV. met. 7, 149–158).
2 soporifero … medicamine] Der Drache wird entsprechend GL. durch
das ›geeignete Menstruum‹ eingeschläfert. Für gewöhnlich aber wird in
alchemischer Literatur der Drache erschlagen – gemäß dem Motto des 25.
Emblems der Atalanta fugiens, welches wiederum dem Rosarium ent-
stammt:495 »Hermes: Draco moritur nisi cum fratre et sorore sua interficia-
tur, non per vnum solum, sed per ambo simul, scilicet per Solem et Lu-
nam.« (Rosarium, S. 41).
6 Virosâ perimat caudâ] Der Giftschwanz des Drachen verweist nach
SCHOL. auf die Giftigkeit des bloßen ›Mercurius‹, auf welche auch Ruland
als eine von dessen Eigenschaft verweist: »Mercurius ist das Gifft aller
Metallen/ ja aller Ding/ er frischt vnd zerreisset die Geschirrn/ alles
schwimmet in ihme empor ohne das Gold/ vnd dasselbig zeucht er zu
sich/ vnd reinigets« (Ruland, S. 333).
494 Eine Zusammenschau der wichtigsten Referenztexte aus Antike und Mittelalters findet
sich etwa in M. Arianis u. M. Gabrieles Kommentar zur Hypnerotomachia; vgl. Poli-
philo, Bd. 2, S. 655 f.
495 Vgl. H. De Jong (1969), S. 191–195 u. S. 401.
8 Nec clava Alcidae juvat hic, si desit Vlyssis] Der ›Sohn des Alcides‹
Hercules findet sich alchemisch gedeutet im ganzen fünften Buch der Ar-
cana arcanissima (S. 209–244) Michael Maiers, welches dessen zwölf Auf-
gaben gewidmet ist. Die Lernäische Hydra (vgl. ebd. S. 223–255) entspricht
dort dem ›Drachen‹ der Chryseis: »Haec lacerta et serpens et hydra nostra
est, quae si non rité occiditur, reviviscit, hoc est, volatilis fit, et viva per-
manet; Draco enim non occiditur nisi suo fratre et sorore simul:« (Maier
Arc., S. 225). Bei den ›Goldenen Äpfeln der Hesperiden‹ verweist Maier
auf seine Deutung im Rahmen des Iason-Mythos.496 Doch ein solcher He-
ros richtet nichts aus, sofern, da höchste Umsicht geboten ist – wie GL. 7
›Cautela circa menstruum‹ nochmals hervorhebt – er keinen verschlagenen
Odysseus an seiner Seite hat. Maier teilt diese Ansicht: »Restat nunc Vlys-
sis reditum et errores breviter percurrere, cum ille, vt dictum, sit Artificis
persona, ingenio, valens tantum, quantum Hercules viribus.« (Maier Arc.,
S. 281) – Augurelli, gänzlich an der Argonautenfahrt festhaltend, stellt Her-
cules im Verbund mit Iason dar: »nec timuit [heroum pubes] tantos per
fluctus quaerere summis/ tum ducibus ditem sub Iasone et Hercule Col-
chon.« (Augurelli, 2, 355 f.).497
10–13 de Thessalicis … auro] Nach GL. 10 werden hier die Bestandteile
des Menstruum genannt, wodurch die Materie ›abgetötet‹ wird: Nigredo;
oder mit den Worten von SCHOL. 10 ›quod terram, quam vocant, male-
dictam eluit‹ – wodurch das Unbrauchbare ›ausgewaschen‹ wird. In der
Vorlage sind die ›Thessalischen‹ Gifte »extractum absynthij et extractum
centaurij ad amaritudinem in ipsis augendam« (Tract. aur., S. 619) In der
Aurea Catena ist es dann »ingratis herbis aloe miscenda« (AVR. CAT.,
S. 7, 12). Die Verbindung von Mythologie und Alchemie ist an dieser Stelle
in der Verbindung der beiden großen Hexen und Giftmischerinnen der My-
thologie Kirke und Medea498 mit dem alchemischen Merkur greifbar.
S. 15, 14–15 bis binas forma glomeramine pastas … auro] Aus dem
einem Kloß (›glomeramen‹)499 werden vier ›Teigstücke‹ im Gegensatz zu
den vier ›kleinen Kanonkugeln‹ des Tractatus aureus500 – gemacht, und
dann mit Blattgold überzogen, wie es bis ins 19. Jahrhundert Apotheker
mit manchen Pillen taten.501
keinem Pflanzenbewuchs die Rede ist; man befindet sich in der Lybischen
Wüste – wird hier auf den unreifen Zustand vor der Vollendung in der
Rubedo verwiesen.507 Im Tracatus aureus wir davor der Schlange noch
eine dritte ›Medizin‹ verabreicht, welche Furichius hier ausläßt: »acceden-
dum igitur erit ad tertium et ultimum remedium, quod est aqua in hunc
modum destillata […]« (Tract. aur., S. 620).
4–6 me claro auferre triumpho … innumera dum tandem luce corrus-
cent] Bezieht sich auf den Schritt der Multiplicatio oder Augmentatio, in
welchem der alchemische Mercurius beträchtlich vermehrt wird. Im Rosa-
rium werden zwei Vorgehensweisen unterschieden: »Multiplicatio elixir fit
duobus modis, vna per reiterariam solutionem et coagulationem lapidis
secunda per proiectionem primi lapidis elixir super corpus, aut album aut
rubeum tali quantitate quod idem corpus, etiam conuertetur in medicinam«
(Rosarium, S. 152). Diesbezüglich heißt es in der Aurea Catena: »Dumque
tenes possessor opes melioribus auge/ Viribus Elixir, etiam per millia mul-
ta,/ Si liceat graduum« (AVR. CAT., S. 8, 7–9).
7–12 in varias visa est discedere formas … superaverit omnem] Die
Passage nimmt Bezug auf den zweiten Absatz der obengenannten Scholie
des Tractatus aureus. Dort wird weiter ausgeführt, daß es nicht lediglich ein
Rabe ist, der einem auf dem Berg begegnet, sondern daß vielmehr zu jeder
der drei Farben – nach GL. 8 ebenso vier; wobei ›citrinitas‹ und ›rubedo‹
zusammenfallen – des Opus ein Rabe entsprechenden Federkleids gehört.
So spricht auch die Aurea Catena, die hierin näher an der Vorlage bleibt,
von der »triplex ea Apollinis ales« (AVR. CAT., S. 8, 10). Nun versinnbild-
lichen die drei Raben nicht nur durch ihr Äußeres das Werk, sondern sie
bilden gleichermaßen das Gelingen des Werkes im Klang ihrer Stimmen ab:
So wie der alchemische Mercurius von ›unrein‹ über ›rein‹ schließlich
›vollkommen rein‹ wird, so klingt der ›Rabengesang‹ zunehmend heller
und vollkommener: »Hi igitur tres corvi, ut et antea praemonui, tibi prae-
monstrabunt viam voce sive clamore suo. […] Primus equidem ex amari-
tudine in gutture suo existente, rauca et inconcinna voce sua aditum tibi
parabit ad album. Hic verò suaviori edito vocis sono promovebit te ad
summum et ultimum rubeum, qui angelico suo et suavissimo cantu, omnes
canoras avicularum, luscinarium, et cygnorum voces facile superante, te
amicè excipiet, et harmonia dulcissima te ad laudem ac gloriam DEI canen-
dum excitabit« (Tract. aur., S. 621).
10 cygnosqué … Caystri] Furichius weist die Schwäne nicht, wie seine
Vorlage, nach ihrem wunderschönen Sterbegesang der Rubedo zu, sondern
ihrer Farbe nach der Albedo und spielt dabei auf den an Wasservögeln
reichen Fluß Kleinasiens Caystrus an: »iam variae pelagi volucres et quae
da der Heilige die Stimme des Herrn vernimmt: »Si autem vere quiescere
cupis, vade nunc in interius desertum.« (EVAGR. vita Anton., Sp. 148c).509
Zugleich ist die Gestalt des Greises eine Weiterentwicklung des Prota-
gonisten der Aurea Catena als Vorstufe der Chryseis. Dieser wird dort in
der ersten Zeile mit den Worten einführt: »PO stquam Mercurius seris in-
canuit annis,/ Ingenijque iubar magis increvisse putavit,/ Caepit inexhaustis
reparare laboribus artem […]« (AVR. CAT., S. 1, 1–3). Später wendet er
sich aus dem Text an die Leser mit den Worten: »Haeredes estote mei,
Pyroumque notate […]« (AVR. CAT., S. 10, 21); wie auch: »Nec enim te
vana docebo/ Exulet ambitio: nec si te cana senectus/ Aggrauet, indignum
statuas addiscere quicquam […]« (AVR. CAT., S. 27, 16–18) – die Verse
finden sich dann im Munde des Senex wieder: »nec enim te vana docebo:/
Exulet ambitio: non, si te cana senectus/ Obruat, indignum credas addiscere
quicquam.« (CHRYS. S. 55, 16–18).
Sowohl die gemeinsame Hauptquelle der Aurea Catena und Chryseis,
der anonym kommentierte Tractatus aureus, also Sentenzen des legendären
Hermes Trismegistos, wie auch der Handlungsort der Chryseis als ›Lybi-
sche Wüste‹ in Anlehnung an den Hermetischen Dialog Asclepius sprechen
– ebenso wie die Tradition des alchemischen Schrifttums an sich – für eine
Identifizierung des Greises mit dem Trismegist; seine Gestaltung nach dem
Vorbild frühchristlicher Eremiten und das ›nur‹ zweihundertjähriges Ver-
weilen in der Wüste jedoch dagegen, denn Hermes, als Zeitgenosse des
Moses, müßte mindestens dreitausend Jahre alt sein.510 Zudem rückt Furi-
chius selbst die Chryseis – über GL. S. 17, 8 ›Ita quoque Ariostus Senes
vatidicos introducit‹ – in den Kontext Ariosts. Das Verbindende ist hierbei
neben dem heiligmäßigen Wandel, die prophetische Gabe, wie sie in den
Worten »Sed scio. Namque mihi data mens est gnara futuri.« (S. 17, v. 8)
ausgesprochen wird. Es liegt nahe, hierbei an eine der Magier- und Ein-
siedlergestalten aus dem Orlando furioso zu denken, welche den verirrten
oder verzweifelten Helden im rechten Augenblick ihre Hilfe anbieten. Auch
die gemeinsame epische Form spricht dafür.511 Im Rasenden Roland kommt
zum einen die Gestalt des mythischen Zauberers Merlin in Frage: »Artur,
509 Dort heißt es programmatisch: »Deus universitatis rerumque Dominus te in adoptio-
nem uocat […] Atque ad hanc obtinendam, tu non invias terrae solitudines, nec lon-
ginqui maris incerta penetrabis?« (EVCHER. epist. ad. Val. p., Sp. 715a). Zum Typus
des Heiligen Einsiedlers vgl. B. Steidle (1956), zu dessen Gewand A. Dihle (1979).
510 Aus der Vielzahl der Literatur zur Gestalt des Trismegist seien herausgehoben F. Ebe-
ling (2005); sowie der Sammelband M. Mulsow (2002); zur Bildtradition beispiels-
weise das 8. Kapitel ›Hermes Christianus‹ in M. Gabriele (1997), S. 107–120, oder
ders. (2006), S. 24 u. 34; und zu Furichius zeitgenössisch Maier Mensa, S. 5–31.
511 Eine weitere, auch vom Wortlaut, nähere – jedoch bitterböse – Entsprechung wären die
Worte von Ariosts Negromante in der gleichnamigen Komödie, mit welchen dieser
Scharlatan am Beginn des dritten Aktes den ratsuchenden Liebeskranken Cintio, wel-
chen er zu schröpfen gedenkt, begrüßt: »Cintio, siate pur certo che narratomi/ voi non
avete cosa che benissimo/ io non sapessi prima;« (Negromante v. 878–880).
ch’impresa ancor senza consiglio/ del profeta Merlin non fece mai,/ di
Merlin, dico, del demonio figlio,/ che del futuro antivedeva assai« (Orlando
33, 9) – zum anderen der Einsiedler, welcher sich des nach einem Seesturm
gestrandeten Paladins Ruggiero annimmt: »Nel solitario scoglio uscì Rug-
giero,/ come all’alta Bontà divina piacque. […] Non era cento passi andato
inante,/ che vide d’anni e d’astinenze afflitto/ uom ch’avea d’eremita abito
e segno,/ di molta riverenza e d’onor degno;« (Orlando 41, 51–52). Dieser
hatte ihn schon erwartet, da sich ihm Ankunft des Paladins in einer gött-
lichen Vision mitgeteilt hatte: »E seguitò il santissimo eremita,/ il qual la
notte inanzi avuto avea/ in visio da Dio, che con sua aita/ allo scoglio
Ruggier giunger dovea:/ e di lui tutta la passata vita,/ e la futura, e ancor
la morte rea,/ figli e nipoti ed ogni discendente/ gli avea Dio rivelato inter-
amente.« (Orlando 41, 54).
Angefügt werden kann zudem, daß ebenso wie hier in der Bugia des
Massimiliano Palombara, nachdem der Alchemiker aus den Worten des
Raben nicht klug wird und schon verzweifelt, ein Greis erscheint, um
ihm das Geschaute zu deuten: »e rivoltato il passo sconsoltao ed afflitto
pensavo di ritornarmene con le mani vote, mesto e dolente, quando che
all’improvviso mi veggio comparire avanti un vecchio alto ed asciutto
con barba assai grande che con voce maestosa mi parlò dicendo: ›Non ti
disanimare, o figlio […]‹« (S. 55v).
[S. 16, Fortsetzung] 20 Ne Chrysanthe, time] Man erfährt zum ersten
Mal den Namen des Ich-Erzählers: Chrysanthus. Eine Anspielung auf eine
historische oder mythische Person ist weitestgehend auszuschließen, sofern
Furichius nicht die ›Chrysanthis‹ im Sinne hatte, welche Paus. 1, 14, 2 der
Demeter vom Raub der Proserpina berichtet. Für die Antike sind nur ein
Neuplatoniker ›Chrysanthios‹ aus dem 4. Jahrhundert und als ›Chrysan-
thos‹ lediglich ein Bischof Konstantinopels (412–419) bekannt, neben ei-
nem Märtyrer des 3. Jahrhunderts.512 Der Name setzt sich zusammen aus
dem χρυϲόϲ (›Gold‹) und dem Verb ἀνθέιν für ›blühen‹ – das Adjektiv
χρυϲανθήϲ, -έϲ bedeutet soviel wie ›mit goldfarbiger Blüte‹; man denke
an die ›Chrysantheme‹ – oder auch ›leuchten, strahlen‹, wobei stets der
Aspekt jugendlicher Frische mitschwingt.513 Dieser ›Chrysanthus‹ wird
zum Jünger der ›Goldenen‹ Chryseis und ist Suchender des ›Goldenen
Steines‹ Chrysolith (vgl. CHRYS., S. 18, 25 et passim). Chrysanthus ist,
wie der ›Aufidius‹ des einleitenden Epigramms (vgl. CHRYS., S. A1v, 2),
dem, was er sucht, etymologisch verwandt. Pseudonyme und Personenna-
men mit präfigiertem Chrys- sind naturgemäß in der spagyrischen Literatur
512 Vgl. Jöcher 1 (1750), Sp. 1901; Pauly 3 (1899), Sp. 2483 f.; Zedler 5 (1733), Sp. 2277.
513 Vgl. GEL, S. 139, 2009.
514 Vgl. Ferguson 1 (1954), S. 155 f.; zu Guglielmo Grataroli (1516–1568) und der Schrift
›Chrysorrhoas‹ vgl. CP 2, S. 701–703.
515 In Scaligers Maniliuskommentar findet sich leider zur ›Cynosura‹ keine Anmerkung.
516 Vgl. Conti, S. 428–430.
517 Vgl. »o altitudo divitiarum sapientiae et scientiae Dei/ quam inconprehensibilia sunt
iudicia eius/ et investigabiles viae eius/ quis enim cognovit sensum Domini aut quis
»Orto autem hoc lumine, mox cum Hermete Trismegisto exclamando fate-
beris: Deum esse visibilem mundum, mundum verò esse visibilem Deum:
et cum D[omino] Paulo ad Rom. 11. Ex ipso: et per ipsum: et in ipso esse
omnia.« (S. 629) Entsprechend heißt es auch in der Aurea Catena: »Sic in
vtroque morans, nec ab vlla parte recedens,/ In mundoque Deum, inque
Deo lege mystica mundi.« (AVR. CAT., S. 11, 15 f.).518
S. 17, 28–32 Magni olim proceres … Consceleretqué animos] Daß die
Hieroglyphen (›mirae figurae‹) und, da diese jene darstellen, auch die Göt-
ter und Helden des Mythos ursprünglich alchemische Geheimnisse (die
›aurea medicina‹) bedeuten, ist schlechterdings ›die‹ Grundüberzeugung
der Mythoalchemie. Doch es wurde, da die Weisen und Priester als Bilder
Tiere und Götter wählten, von späteren Generationen das Verbergende für
das Verborgene gehalten, so daß durch diesen Irrtum die verderbten Kulte
der Antike zustandekamen. So referiert es jedenfalls Michael Maier einlei-
tend in den Arcana arcanissima: »Nos vt fundamentum Aegyptiae doctri-
nae statuamus, ex innumeris indiciis exploratum habemus, in Aegypto
scientiam quandam arcanissima naturae opera docentem, siue MEDICI-
NAM AUREAM, non ex auro, sed auro millies preciosiorem, in vsu ex-
titisse, praesertim apud Philosophos, Sacerdotes, et Reges antquissimos,
quae vt posteris sapientioribus tradi posset, vulgo autem ignota maneret,
pro scriptione occultas ab animalibus desumptas notas a Graecis postea
Hierogylphicas dictas; pro declaratione verò rerum Allegorias à personis
fictis earumque rebus gestis translatas passim vsurpàrunt: Hinc succedenti-
bus temporibus, superstitione hominum ignarorum preaoccuppante mentes,
personae illae pro Diis aut regibus habitae, animalia pro sacris et inviola-
bilibus culta sunt« (Maier Arc., S. 2).519
[S. 18] 1 praecordia mystica] Diese sind hier – nach der griechischen
Bedeutung: μυϲτικόϲ auch als ›die Eingeweihten der Geheimnislehren be-
treffend‹ – ›die Brust der Eingeweihten‹.
4–6 In proprium vertit … transverberent ictu] Die sich in den Schwanz
beißende Schlange Ouroboros als Symbol des alchemischen Mercurius,
consiliarius eius fuit/ aut quis prior dedit illi et retribuetur ei/ quoniam ex ipso et per
ipsum et in ipso omnia/ ipsi gloria in saecula amen« (Rm 11, 33–36).
518 Zum Erkennen des Schöpfers in der Schöpfung (und vice versa) mit einem Überblick
dessen historischer Metaphorik und die jeweiligen ontologischen Implikationen vgl. F.
Hallyn (2005).
519 Zu Maier im Kontext der Ägyptenrezeption der frühen Neuzeit vgl. E. Iversen (1961),
S. 88 f. Eine ebenso kurze wie gute Einführung zur Renaissancehieroglyphik im all-
gemeinen, mit der neueren Forschung, bieten A. Bässler (2003), S. 187–212; sowie
M.-L. Demonet (1992), S. 399–408; angestoßen wurde die wissenschaftliche Beschäf-
tigung mit jenen Bildersprachen durch K. Giehlow (1915) und L. Volkmann (1923),
welcher dem Komplex zu größerer Bekanntheit verhalf; zum bedeutendsten Hierogly-
phenbuch, den ›Hierogylphica‹ des Pierio Valeriano vgl. zudem meinen Kommentar
zu CHRYS. S. 36, 25 – S. 37, 1.
welcher für den Unkundigen zugleich das tödlichste Gift ist, wird hier zum
Bild für diejenigen Gottesverächter (›gens malesana‹ v. 2), welche sich
selbst ihr Verderben durch die falsche und folgenschwere – das heißt:
ohne göttliche Gnade – Auffassung und Ausübung der Kunst bereiten.520
8 tumidas extollere cristas] Wie im Deutschen steht das ›Schwellen des
Kammes‹ sprichwörtlich für Hochmut; vgl. »et tamen illi/ surgebant cristae.
nihil est quod credere de se/ non possit cum laudatur dis aequa potestas«
(IVV. 4, 69–71); vgl. auch Erasmus Adagia 1, 8, 69.521
SCHOL. 12] Zum Bild des Pythagoras in der alchemischen Tradition
wiederum Maiers Aurea Mensa: Dort gilt er als der erste griechische Philo-
soph, welchen von den Ägyptischen Priestern in die Geheimnisse der Che-
mie eingeweiht wurde, zudem machte er sich auf seinen Reisen mit den
Astrologischen Kenntnissen der Chaldäer und dem Wissen der indischen
Brahmanen vertraut. Neben dem Mathematiker Pythagoras, sind es vor
allem die Gestalt des Magiers und des Alchemikers, welche die Hermetiker
des 16. Jahrhunderts bewegen, so kursieren Legenden über Weissagungen,
Wunderheilungen und Dämonenbeschwörung. Daß Pythagoras um das Ge-
heimnis der Transmutation wußte, begründet Maier mit dem hier angespro-
chenen Schweigegebot der Schüler – »quod tam strictè silentium suis dis-
cipulis imposuerit per quinquennale spatium, more Aegyptiorum et Brach-
manum« (Maier Mensa, S. 117). So ist die pythagoreische Seelenwande-
rung alchemisch interpretierbar: »animae transmigrationem in alia corpora
cum iisdem tradiderit. Cum enim anima quasi auri, hoc est, forma et tinc-
tura in imperfecta mittitur corpora metallica, haec est vera quaedam μετεμ-
ψύχωϲιϲ« (Maier Mensa, S. 117). Schließlich versteigt er sich dahin, im
Vegetarismus, der den Verzehr von Bohnen einschloß, Alchemisches zu
erkennen: die Bohne als alchemisches Ei; vgl. »itaque Pythagoras ouum
philosphicum per fabam intellexit, causam videtur habuisse, cur praecepe-
rit, ›fabam ne comedas‹ [etc.]« (Maier Mensa, S. 118).522
19 sapientum perlege scripta] Die Stelle verweist mit GL. 17 ›Lectio
auctorum.‹ auf das beständige und meditierende Lesen der alchemischen
Autoritäten, wie sie etwa am Beginn des Rosarium – als Leküre des näm-
lichen Florilegiums – als unabdingbar dargestellt wird: »Qui desiderant
artis Philosophicae scientiae maioris cognitionem uerissimam habere, libel-
lum hunc diligentius inspiciant, et saepissime perlegant, et optatum prospe-
rum consequentur.« (Rosarium, S. 3).
GL. 20 Improbatur τὸ ἀυτὸϲ ἒφα] Das berüchtigte ›ipse dixit‹ der Py-
thagoreer, welches seit Cicero als Topos blinden und unkritischen Autori-
tätsglaubens in der Welt ist und gerade in der Renaissance gegen die mittel-
alterliche Scholastik und deren Aristotelesverehrung wie auch jede andere
Form von Schriftgläubigkeit Verwendung fand; vgl. »Nec vero probare
soleo id quod Pythagoreis accepimus, quos ferunt, si quid adfirmarent in
disputando, cum ex iis quaereretur quare ita esset, respondere solitos ›Ipse
dixit‹ [etc.]« (CIC. nat. deor. 1, 10).
24 ala accisa volanti] Das ›Fliegen ohne Flügel‹ ist eines der üblichen
scheinbar paradoxen Attribute des Mercurius, wie Hermes sie im Tractatus
aureus dem besagten Raben beimißt: »Et scitote, quod caput artis est cor-
vus, qui in nigredine noctis, et claritate diei volat sine alis.« (Tract. aur.,
S. 618). In der Aurea Catena steht noch im Kontext, das heißt unmittelbar
nach der Einführung, des alchemischen Raben: »In summo montis vultur-
nus vertice clamat: […] caligine noctis/ Ereptus petit apricum, volitatque
sine alis.« (AVR. CAT., S. 6, 24–28).
29 At nunc exponam … denotet omen] An dieser Stelle beginnt, wie
Furichius in GL. anmerkt die ›expositio phasmatis‹ – die ›Auslegung der
Erscheinung‹ – durch den Greis, womit hier die Erscheinung und die Worte
des alchemischen Raben gemeint sind; Mehreres zu den Begriffen ›omen‹
und ›phasma‹ in meinem Kommentar zu CHRYS., S. 26, 1–9.
33 subrepta] ›Sub-repere‹ spielt – ebenso wie »fama aurea repsit«
(CHRYS., S. 10, 20) mit der Etymologie von ›Pro-serpina‹.
[S. 19] 1–2 Cocytia … Flumina] Der Cocytus ist als ›Jammerstrom‹ der
Unterwelt; »dictus uero Cocytus παρὰ τὸ κωκύω, lugeo.« (Giraldi,
S. 297).523
2–4 cum cepit fastidia … distincto pariter prurivit amore] Über den Neid
des Pluto auf die vielen Buhlschaften seines Bruders Iupiter, dort noch mit
einem Blick auf den anderen Bruder Neptun, heißt es bei Claudian: »Nereia
glauco/ Neptunum gremio conplectitur Amphitrite;/ te consanguineo recipit
post fulmina fessum/ Iuno sinu. quid enim narrem Latonia furta,/ quid
Cererem magnamque Themin? tibi tanta creandi/ copia; te felix natorum
turba coronat./ ast ego deserta maerens inglorius aula/ inplacidas nullo so-
labor pignore curas?« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 103–110). Auffällig ist bei
Furichius das leicht obszöne ›prurivit amore‹ (v. 4) – so merkt Martial ein-
mal, sich ironisch entschuldigend, zu seinen schlüpfrigeren Epigrammen
an: »lex haec carminibus data est iocosis,/ ne possint, nisi pruriant, iuvare.«
(MART. 1, 35, 10 f.). Bei Claudian heißt es gelinder: »Dux Erebi quondam
tumidas exarsit in iras/ proelia moturus superis quod solus egeret/ conubiis
sterilesque diu consumeret annos/ inpatiens nescire totum nullasque mariti/
inlecebras nec dulce patris cognoscere nomen.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 32–
36).
523 Vgl. auch Boccaccio, S. 147v.
5–6 Atque hos … Chryseida natu] Der eigentliche Raub wird lediglich
gestreift und führt in Vers 7 zur Praeteritio, daß es zu lange wäre, alles zu
erzählen. Bei Claudian wird der Raub mit epischen Vergleichen als die
kosmische Ordnung, ja die Götter erschütterndes Ereignis über gut hundert
Verse dramatisch geschildert; vgl. CLAVD. rapt. Pros. 2, 151–246. Furi-
chius nimmt jedoch die Gelegenheit wahr, in GL. 6 den – außer bei ihm
nicht für Proserpina verwandten524 – Namen ›Chryseis‹ über die Etymo-
logie zu χρυϲόϲ zu erläutern.
Die ›Chryseis‹ (Χρυϲηίϲ) der antiken Literatur ist eigentlich patrony-
misch Astynome, die Tochter des Apollopriesters Chryses, die während
der Belagerung Trojas von Achilles erbeutet wird, doch Agamemnon zu-
fällt, woraufhin der Gott durch die Pest ihre Herausgabe erzwingt (vgl.
Hom. Il. 1, 182–184). Des weiteren ist in den Homerischen Hymnen, im
Demterhymnus, eine ›Chryseis‹ eine von vielen Gespielinnen der Proserpi-
na (vgl. Hom. Hymni. 2, 417–421).525 Bei Claudian jedoch tritt sie nicht in
Erscheinung, und während Proserpina bei ihm im dritten Buch noch als
›Persephone‹ bezeichnet wird – »Persephone nusquam.« (CLAVD. 3, 244)
– nennt sie Furichius ausschließlich ›Chryseis‹ und ›Proserpina‹.
8–21 patriae non immemor aedia … dona novissima saxo] Im Proserpi-
na-Mythos ist es die halbjährliche Rückkehr als Erntegöttin. Jupiter findet
so einen Kompromiß zwischen dem Anspruch Plutos und dem zähen Be-
harren der Ceres: »At medius fratrisque sui maestaeque sororis/ Iuppiter ex
aequo volventem dividit annum:/ nunc dea, regnorum numen commune
duorum,/ cum matre est totidem, totidem cum coniuge menses.« (OV.
met. 5, 564–567).526
Furichius vergleicht diese Rückkehr allerdings durch ›vatidicoqué sonat
terrore‹ (v. 10) und der dazugehörigen Glosse (›ut spectra sepulchralia so-
lent‹) einer Geistererscheinung. Paracelsus etwa spricht bezüglich solchen
Spuks in seinem fragmentarisch erhaltenen Liber de animabus hominum
post mortem apparentibus von ›rumpelgeistern‹ und meint: »dan es müs-
sent alle ding widergolten werden und gemessen hin wider mit aufgehaufter
maß. als dan so ist der ingang zum reich gottes und darvor nicht. doruf
verstanden das klopfen der toten, alein zu vergleichen ir ubels gegen den
nechsten.«527 In der Literatur sieht man sie zudem als ›larvae‹ ihren Spuk
treiben; vgl. »LARVAE siu[e] Maniae vel Maiolae. in sepulchris, signific
[ant] Spiritus malos, qui uiris bonis sunt terriculamento, sed malis sunt
noxiae, et apponebantur sepulchris, vt terrerent, homines, qui forte sepul-
chrum violare uellent.« (Ricciardi, Bd. 1, S. 338r). Zugleich überblendet
524 Dieser findet sich übrigens nicht im entsprechenden Kapitel bei Conti; vgl. Conti,
S. 127–130. Auch der akribische Giraldi führt nichts an; vgl. Giraldi, S. 273–284.
525 Vgl. R. Bloch (1997); Pauly 3 (1899), Sp. 2494.
526 Vgl. auch Conti, S. 129 f.; u. W. Kühlmann (1984), S. 134 f.
527 Paracelsus 14 (1933), S. 302.
tus: Et sic natura facit de corpore spiritum: et sic facit ascendere à terra in
coelum, id est rem corporalem facit spiritualem, et postea circulando rem
spiritualem facit corporalem, et sic de coelo descendit in terram.« (Albertus,
S. 30[=130]f.).
Chryseis schließlich, welche hier als Stein der Weisen gleich der ›aristo-
telischen Form‹ des Goldes agiert, veredelt abschließend das Erzeugnis
ihrer Gehilfinnen: Die ›materia prima‹ wird Gold; ein Vorgang welcher
hier der Färbung (›auri tingebat honore‹) verglichen wird.529
[S. 20, Fortsetzung] 8–26 Ales enim … summa ornamenta notari] Er-
neut werden, wie GL. 17 ausweist, die drei Farben im alchemischen Werk,
wie sie sich am Raben und im Gesang des Raben offenbarten, durchgegan-
gen und durch Vergleiche erläutert: Verse 11 bis 16 die Nigredo; 17 bis 22
die Albedo; und 23 bis 26 die Rubedo. Hierbei ist lexikalisch zu klären:
12–13 magnetem … Magnesia] Nach SCHOL. 12 sind ›magnes‹ und
›Magnesia‹ sowie ›terra hispanica‹ und ebenso ›terra Adami‹ synonym.
Letzteres bezeichnet nach Furichius eine Art von Erdreich, welches bei
Verona sowohl in fast rubinroter Farbe als auch schwarz vorkommt. Die
Bedeutung dieser Erde geht allerdings über das Naturkundliche und die
Geographie Italiens hinaus: »Terra adamea, auch Terra Damascena, die
Damascaner-Erde, ist eine röthlichte Erde, so in Assirien und Damasco
gefunden wird. Von dieser Erde soll den Vorgeben nach Adam der erste
Mensche gemacht worden seyn, daher auch der Nahme kommt.« (Ernsting,
S. 295) Unter »Terra Hispanica, id est, vitriolum« (Ruland, S. 467) wird
ebenso der alchemische Mercurius (die ›materies gemmae‹ aus Vers 10)
verstanden, wie ›magnes‹ und ›magnesia‹ Bilder für ihn sind. Als ›Magnet‹
und ›Magnesia‹ werden hierbei sowohl der zum Nordpol weisende ›lapis
nauticus‹ wie auch verschiedene schwarze, rote und weiße Mineralien be-
griffen.530
14 Tymbraeus Apollo] Wegen der schwarzen Farbe wird der Mercurius
nach der Krähe benannt, welche hier Apoll als ›Platzregenbringer‹ – »ϴυμ-
βραῖοϲ ᾽Απόλλων […] quod est deus imbricitor« (MACR. Sat. 1, 17, 49) –
heilig ist. Eine andere Erklärung wäre: nach der Stätte ›Tymbra‹ bei Troia,
»pleno thymbrae herbae, in quo eius est nemus et templum, ubi à Paride
Achilles occisus, unde fingitur manu Apollinis uulneratus.« (Giraldi,
S. 237). Doch ist hier, da im Folgenden vom ›imber‹ als dem Werk unbe-
dingt nötigem ›Regenguß‹ (CHRYS., S. 27, 8; 41, 18; 46, 10) gesprochen
wird, die erste Epiklese gemeint. Zugleich wird auf OV. Met. 2, 531–632
angespielt. In dieser Episode bestraft Apoll den schwatzhaften Raben, der
ihn zur Tötung seiner Geliebten, der Nymphe Coronis, verleitete, damit,
529 Vgl. zu ›materia prima‹ Ruland, S. 322–326; sowie zu ›tinctura‹ ebd., S. 474 f.; Ernst-
ing, S. 298 f.; sowie CP 1, S. 281 f., et passim.
530 Vgl. Ruland, S. 314–316.
daß er ihn aus dem Kreise der ursprünglich weißen Vögel ausstößt: »inter
albas aves vetuit consistere corvum« (OV. met. 2, 632).
19–20 tabulae procedat eburnae … doctis in vasibus ignem] Die Phar-
mazie der Zeit kannte zwei Arten von gebranntem Elfenbein: eines, das im
offenen Feuer weiß wird, und ein anderes, welches, »[w]enn man es aber in
einem zugedeckten Tiegel calciniret, bleibet es kohl schwartz.«531
21–22 lac alitis … Alpes] Erklärt nach GL. 21 ›Was die Milch des Flü-
gelgängers bei den Chemikern ist‹ und spielt zugleich im Kontext des im-
mer schöner ›singenden‹ Raben mit der Semantik von ›lac‹; wodurch einer-
seits die Milch, zum anderen übertragen – im Anklang an die Formel ›mel
et lac‹ – ein ›süßer Gesang‹ bezeichnet wird. Zur Farbe der Milch kommen
als Vergleich der verwandte grauweiße ›Milchstein‹ (›galactites‹ vom Grie-
chischen τό γάλα), welcher sich in einen ›milchigen, süßen Saft‹ auflösen
läßt,532 und die für ihre schneeiges Weiß berühmten Alpen hinzu. Zugleich
ist auch, wie aus der Aurea Catena ersichtlich wird, die ›lac alitis‹ wieder-
um Mercurius: »Lapis hic […] vario se nomine prodit: Nempe saliva alijs:
alijs Magnesia dictus […] aequipare volebant:/ Lacti alij alituum« (AVR.
CAT., S. 10, 3–7).
27 Immanis serpens] Zur ›immanis serpens‹ als Ouroboros verweist Fu-
richius in SCHOL. auf die jambischen Verse eines ›gewissen Griechleins
Theophrast‹, welche in der Übersetzung lauten: ›Und dieser ist der Ouro-
boros oder der Drache,/ Ein weißes Gesicht und eine gefleckte Haut/ Hat
er.‹ Es handelt sich hierbei um den byzantinischen Gelehrten Theophrastos,
der während der Regierungszeit Theodosius III. (715–725) eine ›neue al-
chemische Sammlung zusammenstellte‹, zu der ein gewisser Heliodoros
um die Jahre 716 und 717 ›vier einleitende Gedichte beisteuert, welche
hernach in die Sammlung aufgenommen wurden‹.533 Furichius ordnet hier
das Gedicht, in Unkenntnis der verworrenen Überlieferungsgeschichte,534
nach dessen Titel ›ϴεοφράϲτου φιλοϲόφου περὶ τὴϲ αὐτῆϲ θείαϲ τέχνηϲ
διὰ ϲτίχων ἱάμβων‹ (›Des Weisen Theophrastos über die nämliche Göttliche
Kunst in jambischen Versen [Gedicht]‹) dem Herausgeber der Sammlung
zu. Maier dagegen nennt in seinem Überblick über die griechischen Alche-
miker den wahren Autor: »Heliodorus, qui ad Theodosium Imperatorem de
Chymicis scripsit.« (Maier Mensa, S. 129).
[S. 21] 6 ne salvum emitte celeusma] Mit ›celeusma, -atis‹ (verbreiteter
ist die Form ›celeuma‹) wird, wie Furichius selbst in GL. ›Symbolum nau-
ticum‹ andeutet, ursprünglich das Lied bezeichnet, welches Ruderer singen,
um im Takt zu bleiben.535
7 furiosi flumina Ponti] Das sturmgepeitschte Schwarze Meer, der Pon-
tus, klassisch beschrieben etwa im 2. Kapitel des ersten Buches von Ovids
Tristia; wo ausgerufen wird: »me miserum, quanti montes volvuntur aqua-
rum!/ iam iam tacturos sidera summa putes./ quantae diducto subsidunt
aequore valles!/ iam iam tacturas Tartara nigra putes./ quocumque aspicio,
nihil est, nisi pontus et aer,/ fluctibus hic tumidus, nubibus ille minax.«
(OV. trist. 1, 2, 19–24).
10 Hîc opus hîc labor est] Das berühmten Wort der Sybille aus dem 6.
Buch der Aeneis, als sie den Helden über die Risiken eines Abstiegs in die
Unterwelt aufklärt: »facilis descensus Averno:/ noctes atque dies patet atri
ianua Ditis;/ sed revocare gradum superasque evadere ad auras,/ hoc opus,
hic labor est.« (VERG. Aen. 6, 127–129). Somit wird die Gefahr, welche
der Alchemiker eingeht, nicht nur der waghalsigsten Seefahrt, sondern der
auch dem gewagtesten Unterfangen der antiken Epik gleichgestellt.
Dasselbe Zitat findet sich im nämlichen Kontext bei Augurelli: »Hoc
opus, hic labor est, hic exercentur inanes/ artificum curae, uariis hic deni-
que nugis/ sese ipsos, aliosque simul frustrantur inertes.« (Augurelli,
2, 363–365). Jener vergleicht auch, wie im folgenden Furichius, das alche-
mische Beginnen, neben den Taten des Herkules, mit der Fahrt der Argo-
nauten: »Nec timuit tantos per fluctus quaerere summis/ Tum ducibus ditem
sub Iasone et Hercule Colchon./ Alter inauratum noto de uertice pellem,/
Principium uelut ostendit, quod sumere possis:/ Alter onus quantum subeas,
quantumque laborem/ Impendas crassam circa molem, et rude pondus,/
Edocuit« (Ebd, 2, 355–361). Hinsichtlich des Drachens erinnert an jene
Mahnung der Prophetin ebenso der Tractatus aureus: »Hoc opus, hic labor
est, invenire scilicet modum sive remedium aliquod, quo bestia ista circum-
venta, in tam profundum incidat somnum« (Tract. aur., S. 619).
10–12 Si te vult diva potiri/ Auricomo spolio … fata videre] Das Gelin-
gen liegt in beiden Wagnissen – dem Gang in die Unterwelt wie dem al-
chemischen Opus – fast gänzlich in der Hand einer Gottheit, welche nur die
Wenigsten begünstigt. So sagt die Seherin weiter: »pauci, quos aequus
amavit/ Iuppiter aut ardens evexit ad aethera virtus,/ dis geniti potuere.«
(VERG. Aen. 6, 129 f.). Das ›auricomum spolium‹ steht metonymisch für
das Goldene Vlies, Furichius fügt derart den bereits genannten Seeabenteu-
ern noch die Argonautenfahrt hinzu, zu welcher auch der folgende Ver-
gleich mit Medea gehört:
15–17 ut quondam viscera … stulta juvencum] Die Lektüre mancher,
allzu metaphernreicher alchemischer Schriften wird in ihrer Wirkung auf
den Verstand des Lesers dem verglichen, was Medea, als sie aus Liebe zu
Jason ihre Heimat verrät, mit ihrem Bruder anstellt: Sie zerstückelt den
Arglosen und wirft die Leichenteile, um den sie verfolgenden Vater aufzu-
halten, ins Meer: »protinus ignari nec quicquam tale timentis/ innocuum
rigido perforat ense latus,/ atque ita divellit divulsaque membra per agros/
dissipat in multis invenienda locis./ neu pater ignoret, scopulo proponit in
alto/ pallentesque manus sanguineumque caput,/ ut genitor luctuque novo
tardetur et, artus/ dum legit extinctos, triste moretur iter.« (OV. trist. 3, 9,
25–32).536
25–27 Concinnes alas humeris … Naturae per inane vagae] Furichius
verweist in SCHOL. 26 gelehrt auf den Hermetischen Dialog Poemander
und damit auf eine griechische, gedruckte Ausgabe; also nicht auf die la-
teinische Übersetzung durch Ficino, welche Pimander genannt wird. Hatte
der Florentiner seine Übertragung, nach eigener Aussage im April 1463
abgeschlossen, so erschien die Editio princeps des Originaltexts unter
dem Titel Mercurii Trismegisti Poemander, seu de potestate ac sapientia
diuina. Aesculapii Definitiones ad Ammonem regem herausgegeben von
Adrien Turnèbe 1554 in Paris.537 Nichtsdestotrotz richtet in der Ficinoüber-
setzung zu Beginn der titelgebende Pimander, welcher sich als ›mens divi-
nae potentiae‹ vorstellt, die folgenden, hier zitierten Worte an den nachsin-
nenden Hermes Trismegistos: »Quid est ô Mercuri, quod et audire, et in-
tueri desideras? Quid est, quod discere, atque intelligere cupis?« und dieser
erwidert: »Cupio, inquam, rerum naturam discere, Deumqué cognoscere.«
(Pimander, S. 837).
Zugleich bezieht das geistige Durchdringen der ›großen Leere der un-
steten Natur‹ (›magnum inane vagae naturae‹) auf Lukrez, für welchen die
Natur aus zwei Dingen besteht: »natura duabus/ constitit in rebus; nam
corpora sunt et inane,/ haec in quo sita sunt et qua diversa moventur.«
(LVCR. 1, 419–421) – wobei die ›Leere‹ erst das Dasein und die Bewegung
der Dinge ermöglicht: »tum porro locus ac spatium, quod inane vocamus,/
si nullum foret, haud usquam sita corpora possent/ esse neque omnino
quoquam diversa meare« (ebd. 1, 426–427); oder: »sin intactile erit, nulla
de parte quod ullam/ rem prohibere queat per se transire meantem,/ scilicet
hoc id erit, vacuum quod inane vocamus.« (LVCR. 1, 437–439).
32 Clothus] Diejenige der drei Parzen, welche den Lebensfaden spinnt;
getreu dem Merksatz: »Clotho colum retinet, Lachesis net, et Atropos oc-
cat.« (Giraldi, S. 284).538
[S. 22] 1–3 Vivificans rerum virtus … foecunda minutis] Wie GL. 1 be-
reits andeutet und SCHOL. 3 nochmals hervorhebt, wird hier die Lehre
Platos von der Weltseele und der Erschaffung der Götter sowie der Vertei-
lung der Seelen und deren Bindung an die Körper berührt (vgl. Pl. Ti. 39e-
40a; u. 41d-44d): ›Die Weltseele, sagt Plato, erzeugt die Götter aus Feuer,
wie auch die gleichsam überzähligen Götter. Diese umschließen die Ideen
der Seelen, durch welche die Lebewesen bestehen, welche von der Welt-
seele empfangene Seelen [sind,] mit der Hülle des Körpers.‹
7–9 Adversa ut … monstrosas cedere forams] Verweist mit GL. 8 ›Un-
geheuer gebären nicht‹ darauf, daß die Natur, sofern es doch einmal zu
Zwitterwesen oder Mißgeburten kommt, diese zur Fortpflanzung unfähig
hervorbringt. Sie entstehen – so Ambroise Paré im 2. Kapitel ›De monstris
ex seminis uberiore copia causam habentibus‹ seiner Schrift De monstris et
prodigiis – wie Mehrlinge, durch eine zu große Menge an Samen bei der
Befruchtung. Außerdem sind sie äußerst kurzlebig; der Natur, den anderen
Lebewesen und sich selbst zuwider: »ferè enim fit vt breuis admodum vitae
sint, quod vt inuita natura nascuntur, sic et viuant. Adde quòd sibi admo-
dum displiceant, quòd reliquis mortalibus ludibrio sint, itaque vitam sibi
acerbam putant.«539; deutlicher doch in De rerum natura: »Multaque tum
tellus etiam portenta creare/ conatast mira facie membrisque coorta,/ andro-
gynum, interutrasque nec utrum, utrimque remotum,/ orba pedum partim,
manuum viduata vicissim,/ muta sine ore etiam, sine vultu caeca reperta,/
vinctaque membrorum per totum corpus adhaesu,/ nec facere ut possent
quicquam nec cedere quoquam/ nec vitare malum nec sumere quod foret
usu./ cetera de genere hoc monstra ac portenta creabat,/ nequiquam, quo-
niam natura absterruit auctum/ nec potuere cupitum aetatis tangere florem/
nec reperire cibum nec iungi per Veneris res.« (LVCR. 5, 837–848).
10–11 Est igitur … in corpore fixae] Wie GL. 11 (›die ewigen und
unveränderlichen Gestalten‹) und SCHOL. 10 (›Er nannte die ewigen For-
men: die Formen jedoch, welche er die geringeren nannte, werden durch
das Accidens verdorben‹) erläutern geht es hier weiterhin um die Platoni-
sche Ideenlehre: Bei Plato selbst ist die ›Ideenlehre‹ als solche nirgends
explizit abgehandelt, sondern sie wurde von seinen Nachfolgern, vor allem
Cicero, aus als ›genuin das Platonische Denken repräsentierenden‹ Vorstel-
des Aristoteles entstammen und den in der Natur wirkenden Eros als Ur-
erzeuger zum Gegenstand haben.
S. 22, 23 Pronuba Iuno] Diesem Eros entspricht in der Chryseis Juno mit
dem Beinamen ›Pronuba‹ – als Beschützerin des Ehestandes, welche die
Brautleute zusammenführt; vgl.: »Pronuba dicta, eo quod nubentibus
praeest, quaeque nubentem viro coniungit.« (ISID. orig. 9, 7, 8) und bei-
spielsweise: »non pronuba Iuno,/ non Hymenaeus adest, non illi Gratia
lecto« (OV. met. 6, 428 f.).
Desweiteren werden über GL. 26 nochmals Fernels De abditis rerum
causis (vgl. Kommentar zu S. 6, 6–10) sowie über SCHOL. 27 Paracelsus
ins Spiel gebracht, dessen ›animus‹ – als Mittler zwischen Corpus und
Spiritus – den nämlichen Eros bezeichnet, welchem die das Fette im Körper
erzeugende Wärme Hippokrates (vgl. Hp. carn. 4, 1) entspricht. Diesem
wiederum entspricht nach GL. 30 der alchemische Schwefel.
[S. 23] 6–7 his ut subsidiis … odorqué veniret] Diese Hilfmittel sind
nach GL. 6 die Paracelsischen ›qualitates secundae‹: Eine solche Unter-
scheidung zwischen ›primären‹ und ›sekundären Qualitäten‹ wurde haupt-
sächlich von Paracelsus und seinen Schülern eingeführt und beruht wahr-
scheinlich auf der Lehre Galens-Hippokrates. Dieser nennt das ›Warme,
Kalte, Feuchte und Trockene‹ die elementaren und verändernden Qualitäten
der Dinge. Sie sind tastbar. Aus ihrer Vermischung entstehen die sekundä-
ren, mit den anderen Sinnen wahrnehmbaren Qualitäten.546
10 ê carcere noctis] Wie GL. 10 explizit ausführt: Das häufig gebrauchte
Bild von Kerker und Gefangenschaft, welches demjenigen des Grabes aufs
engste verwandt ist, für die alchemische Putrefactio.547
12 Findor, an] Die in GL. angeführte Persiusstelle ist: »turgescit uitrea
bilis:/ findor, ut Arcadiae pecuaria rudere credas.« (PERS. 3, 8 f.)
14–26 Haec vis in cunctis … minus ignibus obstant] Beschreibt unter
Verwendung der Begrifflichkeit von Oleum beziehungsweise Sulphur
(vgl. GL. 16) die Sublimierung des Mercurius, wie sie CHRYS.,
S. 24, 20–24 ebenso dem Zinnober (›minium‹) sowie weiter unten dem Sa-
lamander – vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 35, 2 und 5 – verglichen wird.
Zur alchemischen Vorstellung der hier behandelten Öle – sprich Schwe-
fel, da diese alles ›Fette‹ bezeichnen – vgl. Adam von Bodensteins Zusam-
menfassung der Prinzipien und Qualitätenlehre für Cosimo de’ Medici aus
dem Jahre 1563: »Sulphur est omne pingue quod incendi potest ac in ten-
uissimam conuerti substantiam sulphuream, Mercurius omnis liquor est qui
[S. 25] Argumetum Satyrica elusione] Das ›eludere‹ gehört zum ›repercu-
tere‹: zum verbalen Schlagen mit den eigenen Waffen: »retorquemus dic-
teria in eos ipsos, qui ea in nos iecerant« (Ernesti: Lat., S. 330); durch eine
sitzende Replik (»Elusit Cassius Seuerus, obieciente quodam quod ei domo
sua Proculeius interdixisset, respondendo ›numquid ergo illud accedo?‹«;
QVINT. inst. 6, 3, 79), eine noch größere Dreistigkeit oder ironische Zu-
stimmung; hier also mit Mitteln der Satire.552
[S. 26] 1–9 Ast ego … micare capillis] Chrysanthus träumt in dieser
Nacht zweimal: Zuerst erscheinen ihm unmittelbar nach dem Einschlafen
wilde Traumgesichter – »Vix connixi oculis, agitant cum somnia mentem«
– aus welchen er sogleich wieder aufschrickt (v. 1–3), und nach einer län-
geren Phase der Schlaflosigkeit (v. 4–7), während der beginnenden Mor-
genröte, ein anderes Mal (v. 8 f.); diesmal in einer Art Halbschlaf: »verso
insomnis nova somnia mecum« (v. 8).
Macrobius unterscheidet in seinem Kommentar des Somnium Scipionis
grundlegend fünf Arten des Träumens: 1. ›somnium‹ oder ὄνειροϲ; 2. ›vi-
sio‹ oder ὅραμα; 3. ›oraculum‹ oder χρηματιϲμόϲ; 4. ›insomnium‹ oder
ἐνύπνιον; und 5. ›visum‹ oder φάνταϲμα. Den letzten beiden mißt er keinen
prophetischen Gehalt bei, er schreibt das ›insomnium‹ der Erschöpfung zu
und sieht das ›visum‹ bloß als die ›prima somni nebula‹ des noch nicht
richtig Schlafenden an. Beim ›oraculum‹ erscheint im Traum ein Verstor-
bener oder ein Gott. In der ›visio‹ ist man selbst Teil des Geschehens. Als
›somnium‹ wird bezeichnet, »quod tegit figuris et velat ambagibus non nisi
interpretatione intellegendam significationem rei quae demonstratur«
(MACR. somn. 1, 3, 10) – das ›somnium‹ ist demnach uneigentlich. Es
bedarf der Deutung. Es läßt sich weiter in fünf Unterarten einteilen, deren
letzte offenbart als ›somnium generale‹ etwas über die Beschaffenheit des
Kosmos. Der Traum des Scipio stellt demzufolge eine Mischform aus jenen
drei Arten dar: Er ist ein ›oraculum‹, weil Verstorbene auftreten, eine ›vi-
sio‹, weil der träumende Scipio sich selbst unter die Sterne versetzt sieht,
ein ›somnium‹, weil das Geschaute ohne Kommentar, welchen Macrobius
zu leisten sich anschickt, nicht verständlich ist.553
Die nämlichen Kriterien gelten für den Traum des Chrysanthus: Götter
treten auf, er ist Teil des Geschehens, das Geschaute selbst ist hochgradig
allegorisch und muß durch den Greis gedeutet werden, der Inhalt als alche-
mischer ist kosmologisch. Ließe man diesen freilich beiseite, wäre das
Träumen des Chrysanthus – Furichius gebraucht hier zweimal ›somnium‹
und später variiert er mit ›phantasma‹ und ›omen‹554 – den bedeutungslosen
›visa‹ und ›insomnia‹ zuzuschlagen. Entscheidend sind hierbei die Begleit-
umstände: nach einer unruhigen Nacht und während der Morgenröte. Diese
teilt der Traum in der Chryseis mit der umfangreichsten wie wirkungsmäch-
tigsten Traumbeschreibung der Renaissance, der Hypnerotomachia Poliphili
(Erstdruck: Venedig 1499) des Francesco Colonna (1433–1527).555 Der
Held Poliphilo fällt zu Beginn des Werkes ebenso nach längerer, mit kum-
mervollem Grübeln zugebrachter Schlaflosigkeit,in einen ›philosophischen‹
Traum: »In quella medesima hora che gli colorati fiori dal ueniente figliolo
di Hyperione [d. h. Helios], el calore ancora non temeano noceuole. Ma
delle fresche lachryme de Aurora irrorati et fluidi erano et gli uirenti prati.
553 Zusammengefaßt aus MACR. somn. 1, 3, 1–13.
554 Der Protagonist der Vision bei Sendivogius schläft einfach und ohne Zeitangabe ein:
»Dum autem in littore Melosynas [d. h. Meerweibchen, Melusinen] hinc inde natantes
cum Nymphis conspicio, fessus etiam à praecedentibus laboribus, et cogitationibus
variis gravatus, ab aquarum murmur somno corripior: et dum suaviter obdormisco,
occurit mihi in somnis visio mirabilis [etc.]« (Novum lumen, S. 585).
555 Vgl. auch Poliphilo, Bd. 2, S. 501 f.; mit einem Verzeichnis weitere Stellen der antiken
wie italienischen Literatur.
[…] Io Poliphilo sopra el lectulo mio iacendo, opportuno amico del corpo
lasso […] Hora li madidi ochii uno pocho tra le rubente palpebre rachiusi,
Sencia dimorare tra uita acerba, et suaue morte. Fue inuasata et quella parte
occupata et da uno dolce somno oppressa, […] Ad me parue de essere in
una spatiosa planitie, laquale tutta uirente, et di multiplici fiori uariamente
dipincta [etc.]« (Poliphilo, Bd. 1, S. 11–13).
Zu erläutern ist noch:
3 Phobetor] Derjenige aus dem großen Gefolge des Morpheus, welcher
dem Schlafenden Tiergestalten vorgaukelt: »at alter/ fit fera, fit volucris, fit
longo corpore serpens:/ hunc Icelon superi, mortale Phobetora vulgus/ no-
minat;« (OV. met. 11, 638–641).556
6–7 Vergilias vix video … persolvere passis] Verweist, zumal Furichius
selbst in GL. 6 ›Ita Plaut[us] in Amphitruone.‹ den Bezug herstellt, auf:
»nec Iugulae neque Vesperugo neque Vergiliae occidunt./ ita statim stant
signa, neque nox quoquam cocedit die.« (PLAVT. Amph. 275 f.). Mit sol-
chen Worten verleiht der getäuschte Sklave Sosia, dessen Gestalt sich Mer-
kur bemächtigt, seinem Erstaunen (»credo ego hac noctu Nocturnum ob-
dormiuisse ebrium« (PLAVT. Amph. 272) darüber Ausdruck, daß die Göt-
ter den Lauf der nächtlichen Gestirne und somit auch der Nacht angehalten
haben. Dies geschieht, um Jupiter in der Gestalt des Amphitruo die Liebes-
nacht mit Alkmene zu ermöglichen und andauern zu lassen. Für die Hand-
lung der Chryseis bedeutet dies, daß in dieser Nacht für Chrysanthus der
nächtliche Himmel stillsteht: Die Götter haben auch hier ihre Hand im
Spiel.
7 Iugulas] ›Iugulae, -arum‹ bezeichnet den aus drei nebeneinander ste-
henden Sternen (›iugulus‹ von ›iunctus‹) bestehenden Gürtel des Orion,
welchen ich hier, um im Bild zu bleiben, mit ›Dreigestirn‹ übersetze.
11 signatae ad germina quercus] Die Eiche ist dem Jupiter heilig, im
Land der Molosser stehen sie als seine Orakelbäume,557 von ihren Früchten
ernähren sich die Menschen des Goldenen Zeitalters (vgl. OV. met. 1, 106).
Sie ist einerseits der ›Inbegriff des Heiligen Baumes‹, zum anderen ist sie,
wie jeder Baum, im alchemischen Kontext ein ›arbor philosophorum‹ – wie
der ›Metallbaum‹ des Hades (vgl. CLAVD. rapt. Pros. 2, 282–291), wie der
Korallenstrauch (vgl. CHRYS., S. 12, 2 f.),558 wie das chemische, an ein
Gewächs erinnernde Kunststück ›arbor Hermetis‹; vgl. SCHOL. [S. 69],
S. 51, 29.
32–33 mihi non Cytheria Cypros/ Iam dat tecta] Das ›Cythereische‹
Zypern betont als Heimatinsel der Venus, welche nach der Insel Cythera,
dort sie dem Meere entstieg, auch ›Cytherea‹ genannt wird.564
[S. 27] 1–3 Vis quidem ab axe data est … Exsolvit vires] Nach GL. 1 ist
diese Kraft ›non obscura‹: Sie ist hinlänglich bekannt, und es ist nichts
Geheimnisvolles an ihr. Sie ist die von Furichius synkretistisch dargestellte
Aristotelische Form (des Goldes) als alchemischer Mercurius, welche nur
durch die Materie (›vilis supellex‹) gebunden ist. Mit ähnlichem Hinweis
auf Aufklärung schließt auch die Scholie des Tractatus aureus: »Quibus
peractis omnibus, invisibile factum fuit visibile, et occultum manifestum.«
(Tract. aur., S. 675).
3–4 alias mea numina cunctae … Sentirent fabricae] Die dazugehörige
SCHOL. 3 (›In flore aeris aliquam tingendi vim inesse, multi jam Chemici
experti sunt.‹) ist doppeldeutig: ›Flos aeris‹ nennt man zum einen »[d]ie
Körner/ so da herauß springen auß dem abgelöschten Ertz/ oder das schön
rothe kleine/ das am Kupffer hänget«, welche in der Medizin Verwendung
finden, als auch das – hier wohl gemeinte – »Kupffergrün oder Spungrün«:
der Grünspan als Farbstoff, dessen ›verfärbende Wirkung‹ allgemein be-
kannt ist.565 – Andererseits heißt es zu ›flos‹ (›Blüte‹) in der Alchemie:
»Flos aeris, Ist das coagulum, Beyß oder Lipp/ der Mann/ so über das Weibe
wircket/ ist der Geist deß Mannes/ der das Werck vollendet. Flos, Blum/ ist
das extract.« (Ruland, S. 216). In diesem Sinne ist ›flos‹ eine weitere Be-
zeichnung für den vollkommenen ›Mercurius‹, welcher über die ›schwachen
Metalle‹ (nach GL. 5: alle außer Gold und Silber) ausgegossen, diese in
Gold (Phoebus) umwandelt.566 Und die in SCHOL. 3 genannten ›Chemici‹
sind die ›wahren‹ Alchemiker, welchen das Werk geglückt ist, und nicht
diejenigen, welche mit Grünspan herumexperimentieren.
8–9 cum copula Amoris … me junxit forte Gradivo] Auf der Ebene der
antiken Mythologie der berühmte Ehebruch von Venus und Mars (vgl.
Hom. Od. 8, 266–366; oder OV. met. 4, 169–189), woraus üblicherweise
die Göttin Harmonia, die später dem Cadmus vermählt wird, hervorgeht.567
Hier ist die Verbindung – GL. 9 erklärt zudem Mars als ›ferrum‹ – my-
thoalchemische Allegorie im Sinne der chemischen Hochzeit und bedeutet
die ›Zeugung‹ eines ›Knaben‹. Dieser ist erneut Mercurius, nach GL. 10
›spiritus ex vitriolo utriusque destillatum‹: Er ist das ›metallische Salz‹ und
der Ausgangsstoff für den Stein der Weisen. Auch wird von manchen Al-
564 Vgl. »Communior tamen sententia fuit, quod è mari et è spuma nata fuerit, quodqué ad
Cytherum montem primum appulerit, atque inde in Cyprum, sub cuius pedibus flores
oriebantur, vnde dicta fuit Cytherea« (Boccaccio, S. 203r).
565 Vgl. Ruland, S. 12, 216, 480.
566 Vgl. L. Abraham (1998), S. 79 f.
567 Vgl. Conti, S. 519–521.
dorem tribuat: merito quoque hunc coeli regem, et mundi principem vene-
remur, ipsique subditi et devincti maneamus in aeternum. […] Festinete
igitur, et unusquisque vestrum, quod acceptum tenet, ei quoque lubens me-
ritoque rursus offerat.« (Tract. aur., S. 674).
Als ›Balsam‹ wird in Paracelsischer Tradition die Substanz, sowohl im
Inneren des Körpers als auch zur äußeren Anwendung, bezeichnet, welche
diesen vor der Verwesung bewahrt: »Est substantia corporum a putrefac-
tione conseruans. Est internus et externus. [etc.]« (Ruland, S. 99) – als
solcher wird er hier auf der Handlungsebene zur Wiederbelebung des Ohn-
mächtigen verwandt. Auf der Ebene der Metallumwandlung ist mit den
›balsama‹ der einzelnen Metallgottheiten jeweils der ›Mercurialische Saft‹
der Elemente, das wiederherstellende, die Putrefactio ablösende, der drei
Principia gemeint; letztlich die Quintessenz.580
29–30 Effundit lumen […] miranda luce clienteis] Phoebus – nun im
Zuge der Rubedo – wirkt zurück auf die anderen Metalle. Im Tractatus
aureus heißt es: »Rex igitur hactenus occultatus in umbra mortis, gloria
et honore pristino recuperatis, sine mora prodit in lucem, et viribus longè
majoribus auctus distribuit varia in fratres dona, et beneficiorum memor,
quibus ab ipsis multipliciter fuit affectus, aequè ipsos regiis honoribus or-
nandos seriò mandat, vult, iubet, imperat.« (Tract. aur., S. 674). SCHOL. 30
klärt hierzu auf: ›Loquitur de tinctura.‹ Die Tinctura ist nach dem Lexicon
alchemiae – auch wenn hier das gleiche gemeint ist – eher ›umwandelnd‹
denn ›färbend‹: »Tinctura est arcanum specificum cum essentia qualitati-
busque formalibus etiam colorem rei habens, vt in sui similem tingere pos-
sit.« (Ruland, S. 474).581
31 – S. 29, 1 Haec ego dum video … specieque elabor inani] In der
Traum-Vision des Sendivogius wird, nicht ohne Ironie, das Erwachen da-
durch ausgelöst, daß der erklärende Gott Saturn, dem das ständige Nach-
ragen des Schlafenden lästig zu werden beginnt, diesen so anfährt, daß er
aus dem Schlaf aufschrickt: »At ille sublata voce clamavit, ut me è somno
excitaret: ideò non amplius poteram quaerere, nec ille ulteriùs mihi respon-
dere voluit« (Novum lumen, S. 588).
[S. 29] 11 Ipse Planeta notat bis trina unumque metalla] Mit GL. 9 als –
nach dem ›Lob der Siebenzahl‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS. S. 9, 24-
S. 10, 13) – weitere Ausführung zur alchemischen Zahlensymbolik, wobei
SCHOL. auf die Deutung der Zahl als Mercurius, der zweimal drei Metalle
verbindet, verweist sowie den Leser auf weitere Auskünfte im Folgenden
vertröstet; vgl. hierzu Kommentar zu S. 51, 8.
580 Vgl. weiter »Balsamus elementorum externus est liquor Mercurii externi, i[d] e[st]
elementorum mumia externorum, vnum ex tribus rerum principiis, rerum firmamenta-
lis essentia, alias quinta.« (Ruland, S. 99 f.).
581 Vgl. auch CP 1, S. 281.
586 Faßt auf deutsch den ersten Eintrag zu ›Sulphur‹ bei Ruland, S. 453 zusammen.
587 H. Khunrath (1609), 2. Schema zwischen S. 144 u. S. 145.
588 Zu den Alaunen vgl. Ruland, S. 32–36.
punkten gilt er als Stärker der Lebens- wie der Finanzkraft, was er mit dem
Stein der Weisen gemein hat; vgl. »Hic viret pre omnibus rebus virentibus.
[…] Si reverenter portetur, fugat caducum morbum et morbum qui emitri-
ceus dicitur. Visum etiam refocillat et purgat oculos [etc.]« (Cantimpraten-
sis 14, 57); oder: »substantiam pecuniae adaugere solet.« (Neckam 91).591
Zudem nehmen GL. 22 und 25 sowie SCHOL. 25 Bezug zur ›linea
viridis‹ und deren Identifizierung mit dem Ficinianischen ›spiritus mundi‹
– zu beidem vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 12, 6–10 und zu S. 24, 1–
25. Der Vergleich schlägt somit um in die Gleichsetzung: Der Stein der
Weisen ist der Weltgeist.
23 vaga … gramina Tempe] Das sprichwörtlich schöne – saftig grüne –
Tal Tempe in Thessalien; vgl. etwa »Laudabunt alii claram Rhodon aut
Mytilenen […] vel Apolline Delphos/ insignis aut Thessala Tempe«
(HOR. carm. 1, 7, 1–4).
29 non est in corpore vili] Mit GL. 29 ›Materia Lapidis in caeteris me-
tallis non existit.‹ ist in der Terminologie verwirrend, da ›corpus‹ und ›ma-
teria‹ dasselbe sein können. Eine Auflösung ist: »alles/ was fix ist/ wirdt
corpus genennet.« (Ruland, S. 174 f.); die ›materia Lapidis‹ ist hier die be-
sagte ›forma‹ des Goldes.
[S. 31] 8 Aurea prima aetas erat] Hier wird die wohl berühmteste Schil-
derung des Goldenen Zeitalters aufgerufen, nämlich »Aurea prima sata est
aetas, quae vindice nullo,/ sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat
[etc.]« (OV. met. 1, 89 f.). Furichius nennt diese – wohl, da der Bezug allzu
offensichtlich ist – in SCHOL. allerdings nicht, sondern zitiert VERG. ge-
org. 2, 538–540 und verweist auf VERG. ecl. 3, deren Hirtenwettstreit in
bukolischer Landschaft wie eine Episode aus dem Goldenen Zeitalter an-
mutet.
S. 31, 9–10 homines grandes … nunc, pumiliones] Mit GL. 9 wird auf
die zu jener Zeit unter Gelehrten herrschende ›Dekadenzhypothese‹ ange-
spielt, welche je nach Denkart vergangene kulturelle und moralische Größe
als unwiederbringlich verloren ansieht, oder, sofern eine zyklische Ge-
schichtsauffassung zugrunde liegt, die Gegenwart im Verfall begreift.592
Zugleich klingt der seit Bernhard von Chartres immer wieder auftau-
chende Gemeinplatz an, sich und die Zeitgenossen als ›Zwerge auf den
Schultern von Riesen‹ zu bezeichnen, welchen es ob der dürftigen eigenen
591 Vgl. auch »The alchemists’ raw material or unclean matter is described as being ›green
gold‹, the fertile matter from which gold may be grown. […] Green in alchemy in-
dicates that the matter in the vessel is in a state of unripeness, immaturity or youth, just
as in nature green fruit is unripe fruit.«; L. Abraham (1998), S. 91.
592 Vgl. zu den entsprechenden Geschichtsphilosophien, vor allem am Beispiel des die
Straßburger Akademie prägenden Matthias Bernegger (1582–1640) W. Kühlmann
(1982), S. 118–135; zu Bemühungen, diese zu überwinden ebd., S. 136–188.
geistigen Leistung nötig sei, sich auf die Autoritäten der Vergangenheit zu
stützten.593
11 Lachesis] Diejenige der drei Parzen, welche den Faden spinnt,594 ließ
sich noch Zeit. Daher wird auch in GL auf das ›lange Leben‹ der ersten
Menschen verwiesen.
13–14 Erynnis … Furiae] Nach Conti sind ›Erynnien‹ und ›Furien‹ die-
selben Rachegottheiten, nämlich die ›Eumeniden‹. Ihr Ursprung variiert
von den Töchtern der Nachtgöttin bis zur Abstammung von Saturn – die
jedes ungesühnte wie unbeobachtete Verbrechen verfolgen. Vor allem Orest
hat es mit ihnen zu tun, zuerst treiben sie ihn in den Wahnsinn, vor dem
Göttergericht sorgt Athene für seinen Freispruch. Im Lateinischen heißen
sie ›Furiae‹ von ›furor‹, im Griechischen ›Erinnien‹ als ›Grollende‹ und als
besänftigte, wohlwollende ›Eumeniden‹ (von εὐμενέω – ›wohlwollend
sein‹); vgl. »Dictae sunt autem Furiae à furore, quo sontes homines ob
conscientiam scelerum exagitantur. Erinnyes ab ἐριννύω, quod indignari
ac magnopere commoueri significat […] Eumenides dictae sunt ab Oreste,
quia Palladis consilio illas Argos profectus placasset, à beneuolentia et
mansuetudine cùm prius ab indignatione Erinnyes dicerentur« (Conti,
S. 111). Zugleich sind sie die schwarzgewandeten Gottheiten, deren Namen
man aus abergläubischer Furcht nicht nennen darf, so nennt Orest sie auch
die ἀνωνύμουϲ θεὰϲ.595 Hier nun drücken sie aus, daß in einer Zeit, in
welcher keine Rachegöttinnen nötig waren, auch kein Verbrechen herrschte.
17 testa innatum servabat odorem] Spielt an auf »quo semel est imbuta
recens servabit odorem/ testa diu.« (HOR. epist. 1, 2, 69 f.). Horaz verdeut-
licht mit diesem Vergleich, neben der Lernfähigkeit des Fohlens und des
Welpens (vgl. HOR. epist. 1, 2, 64–68), daß man sich in der Jugend Wissen
und Werte leicht einzuprägen vermag. Bezüglich des Verses heißt dies, daß
im Goldenen Zeitalter, im Gegensatz zu den späteren und gegewärtigen, die
Menschen sich moralische Normen aneigneten und sogar behielten.596
19 Iam verò postquam pravo deperdita luxu] Furichius verweist in
SCHOL. auf Boethius, welcher in De consolatione Philosophiae die Be-
dürfnis- und damit einhergehende Sorglosigkeit der ›aurea aetas‹ preist:
»Felix nimium prior aetas/ contenta fidelibus arvis/ nec inerti perdita
luxu,/ facili quae sera solebat/ ieiunia solvere glande.« (BOETH. cons.
2, 5, 1–5).
32 Annon explodes, fundesque e splene cachinnos] Es sind dies zwei
Reaktionen auf äußerst unliebsame und unsinnige Darbietungen: zum ei-
über ihn lustig, bitten ihn aber dann mit der demütigenden Panscherei auf-
zuhören. Als der experimentierende Dummkopf dies wahrnimmt, be-
schließt er, jenen so lange mit Exkrementen zu ›foltern‹, bis dieser ihm
sein Geheimnis offenbart, doch erpreßt er nur hermetische Lehrsätze: »Al-
chem[ista:] Nihil mihi dicis ad meas quaestiones. Video ergo, quod tu me
tantum parabolas vis eludere. Uxor, affer stercus porcinum, ego istum Mer-
curium novis modis tractabo, donec mihi dicat quomodo Lapis Philosophi-
cus sit faciendus ex illo.« (Novum lumen, S. 598).
9–11 Audebit tentare chaos … catenatum sensim diffibulat orbem] Furi-
chius verweist zusammen mit SCHOL. 11 auf die gängigsten Vorstellungen
ursprünglicher kosmischer Unordnung sowie einer – vertikalen und stufen-
weisen – Ordnung: das Chaos und ihm antithetisch gegenüberstehend die
Harmonia Mundi, synonym gesetzt mit den Platonischen Ringen und der
Goldenen Kette Homers; als Aurea Catena zugleich Titel seines ersten
Lehrgedichtes. Derselbe chaotische Urzustand dräut ebenso in Claudians
Epos, da es während der gewaltvollen Brautfahrt des Unterweltgottes
über die Sternbilder heißt: »pressis haesere lupatis/ attoniti meliore polo
rursusque verendum/ in Chaos obliquo certant temone reverti.« (CLAVD.
rapt. Pros. 2, 194–196).
Ricciardi setzt in seinen Commentaria Symbolica das Chaos zu den ›tria
principia‹ in Bezug, als den drei Urgründen der Kosmos, wie sie auch in
der Chryseis allgegenwärtig sind; vgl. etwa den Kommentar CHRYS.,
S. 7, 19–20; oder Furichius’ Verszusammenschau der Vorsokratischen Vor-
stellungen in SCHOL., [S. 62], S. 22, 15. Zuerst steht zwar in den Commen-
taria die kabbalistisch-synkretistische Deutung des Chaos als Engel der
Schöpfung: »apud antiquos Theol[ogos] dicentes chaos terram et amorem
existere. signifi[cant] per chaos Angelum. per terram. signifi[cant] illius
firmitudinem. amorem esse post choas. signif[cant] desiderium naturale,
quod habet Angelus uiuendi et intelligendi« (Ricciardi, Bd. 1, S. 147r). Die-
sem folgt jedoch die Kosmogonie nach Hesiodisch-Ägyptischer Tradition,
welche das Chaos als Ursprung der ›tria principia‹ annimmt, welche sind:
Tartarus oder Typhon, Terra oder Isis mit Amor oder Osiris; vgl. ebd. Dann
folgen ausdrücklich drei weitere alchemische Zuordnungen: das Paracelsi-
stische ›corpus physicum‹, der aus ›drei Pulvern‹ zusammengesetzte und in
sich wiederum die vier Elemente bergende ›lapis benedictus‹ und abschlie-
ßend die ursprüngliche ›confusio Elementorum‹ zusammen mit der unmit-
telbar folgenden ›distinctio‹ derselben, als Übergang vom ungeordneten
zum sich ordnenden Kosmos; vgl. ebd.600
601 Ausführlich ebenso behandelt bei MACR. somn. 1, 14; eine weitere alchemische Deu-
tung in Maier Arc., S. 96; stellvertretend für die zahlreiche Forschung: CP 1, S. 144;
W. Fauth (1974); M. Gabriele (1997), S. 25–26; W. Kühlmann (1984), 124 f.; A. O.
Lovejoy (1957); J. Telle (2008a); sowie F. Ohly (1995), der S. 600–602, Anm. 1 eine
umfassende Bibliographie zum Thema bietet.
602 Vgl. F. Ohly (1995), S. 612 f. u. 629–634.
Michael Maier, der Arnald ebenso das Rosarium zuschrieb, nannte den
um 1240 in Aragon geborenen, 1311 bei einem Schiffbruch vor Genua
umgekommenen, Arzt, Laientheologen und Astrologen den ersten und
größten Hermetiker der Franzosen und widmete ihm dementsprechend
Raum.605
19–25 coeli spaciosa volumina formis/ Plena, sui in terras simulacra
simillima fundunt … capistro] Wie GL. 19 ›Comparatio‹ – hier wahrlich
als: »[figura] qua res et personae inter se contrariae comparantur« (Ernesti:
lat., S. 71) – andeutet, verhalten die eben genannten Schwefel sich – grob
gesprochen – zueinander wie die Platonischen Ideen im Himmel sich zu
ihren irdischen Abbildern: Das Himmlische gleicht sich das Irdische an –
der weiße Schwefel wird letztlich dem roten Schwefel anverwandelt: »sul-
phur album per citrinum est aurum, quamobrem sulphur in eo est sulphur
rubeum, ignis substantia, qui hoc album plus digessit, et sic sulphur album
et rubeum ex vtraque parte existit in sole, quare ignis est perfectio eius et in
in igne generantum est« (Rosarium, S. 103).
21–22 Terra sinum roseum … reducta … tergora plantis] Das Verb ›re-
ducere‹ ist zugleich gebräuchlicher alchemischer Terminus: »Reducere est
inserere vel interare, impraegnare et sublimare.«606; oder: »Reduciren, heist
trucken machen/ widerbringen/ Feyst/ als Butter/ das fleust wie Wachß. In
trincken nähren das heissen sie Wasser auf die dürre Erde giessen« (Ruland,
S. 403).
In der Aurea Catena bedeckt sich die Erde statt mit Blüten mit Sternen:
»Sic quoque terra sinum veniunte reducta marito/ Intumet, et varijs con-
spergit tergora stellis« (AVR. CAT., S. 7, 1 f.).
26 ignem … ab aethere raptum] Furichius führt in in SCHOL. aus, daß
er ›hier auf den Mythos von Prometheus anspielt, von dem man sagt, er
habe das Feuer aus dem Himmel geraubt, wie Hesiod [vgl. Hes. Th. 565–
569] es singt. Diese Tat muß der Chemiker nachahmen, nicht dadurch, daß
er Sonnenwärme dem Werk zukommen läßt, sondern den nämlichen Grad
des Feuers nachahmt.‹ Das Prometheische Feuer nämlich stammt vom Son-
nenwagen. Als Jupiter im Zorn über einen Opferbetrug von Iapetus Sohn
dessen Geschöpfen, den Menschen, das Feuer entreißt, »fertur Prometheus
Mineruae auxilio ascendisse in coelum, ibiqué ferula ad currum Solis ad-
mota igne rursus in terras detulisse« (Conti, S. 165); so auch: »audax omnia
perpeti/ gens humana ruit per vetitum nefas./ audax Iapeti genus/ ignem
fraude mala gentibus intulit.« (HOR. carm. 1, 3, 25–28).
605 Vgl. Maier Mensa, S. 318–331; zu Arnald desweiteren G. Keil (1978) sowie G. Jüttner
u. R. Manselli (1980).
606 Du Cange 5 (1710), Sp. 649.
607 Vgl. ›Mutatio‹, in: Ernesti: lat., S. 258; beziehungsweise ›᾽Αλλοίωϲιϲ‹, in: Ernesti: gr.,
S. 13.
608 Vgl. P. Alpino (1592), S. 63r-67v.
609 Vgl. R. Evans (1997), S. 204; sonst nur Jöcher 2 (1750), Sp. 1240; Kestner, S. 367;
kein Eintrag im DBI.
610 Vgl. Jöcher 3 (1751), Sp. 93; Kestner, S. 507; M. Palumbo (2007); sowie CP 1,
S. 538 f.
611 Vgl. Manardus, S. 132; sowie dessen Ausführungen zum Theriak (3. Brief des 6.
Buches) ebd., S. 74.
pauciores dies mensem conficiunt istum, qui definri solet secundum natu-
ram rei et absolutionem operis« (Ruland, S. 330). Zweimal fünf bedeuteten
hier etwa einen Zeitraum von höchstens dreihundert oder vierhundert Ta-
gen, also gut einem Jahr. Man beachte jedoch: »Ein Philosophisches Jahr/
ist ein gewöhnlicher Monat« (Ruland, S. 43) – im Bildfeld zugleich der 10.
Monat der Geburt beim Menschen; ebenso als Zahl der Vollendung: »Nu-
merus denarius, sign[ificat] temporum perfectionem, quòd sit numerus per-
fectus, per quem et in quem omnes numeri terminantur« (Ricciardi, Bd. 2,
S. 79r).
GL. 18 Allusio markiert das Übergehen der landwirtschaftlichen in die
fötalen Bilder.
23–25 Procedit suboles … virtutibus ipsum] GL. 23 weist den Sproß als
›Stein der Weisen‹ aus; zu dessen ›Vater‹ SCHOL. 24: ›Saturn, das heißt
das Blei. Zu beobachten ist, daß man in den bleiernen Schlacken eine er-
staunliche Menge Gold findet; und noch dazu größer als bei anderen [Me-
tallen]. Daher kann er wahrhaftig des Goldes Erzeuger genannt werden.‹
26 quem dico, Tyrannus] In der Aurea Catena heißt es: »Ille metallorum
summus, quem dico, Monarcha« (AVR. CAT., S. 8, 22); an anderer Stelle
jedoch ebenso: »metallorum […] Tyrannus.« (AVR. CAT., S. 7, 13); also:
der ›Phoebus‹ der Chryseis und der ›Rex‹ des Tractatus aureus. Diese
Gleichsetzung, zusammen mit Amor nach Lucretius und dem Orphischen
Phanes, findet sich ebenso in der Mythologie: »Tyrannus Cupido à Platone
dictus est, quòd in generosos et nobiles bacchari et saeuire, tyrannidemque
exercere uideatur, id quod et Euripides illo uersiculo, quem et Abderitae
deliri canebant, ostendit […] Id est, Tuqué ô deûm tyranne et hominum
Cupido. quin etiam Proculus in Platonis sophista, Amorem magnum apel-
lavit, ut supra dictum est« (Giraldi, S. 562).
30 lymphas de fonte perennes] Mit GL. 30 zugleich ›fontes perennantes‹:
sowohl ›Dauer besitzend‹ als auch – im Latein der Kirchenväter – ›Dauer
verleihend‹.615 Es ist dieselbe Flüssigkeit, welche der Rabe im 2. Buch mit
den Worten ankündigt: »Ecce ego post aliquos soles de tergore puras/ Ef-
fundam lymphas, quas, si sapis, excipe dextra« (CHRYS., S. 13, 13 f.).
31–S. 35, 7 iterum atque iterum coelum fundumque … sidere possit] Der
Abschnitt behandelt die philosophische Sublimatio oder Solutio, welcher
sich die Coagulatio, als »Solutio corporis et coagulatio sunt duo, sed habent
vnam operationem« (Rosarium, S. 57), anschließt:
GL. 32 ›Sublimatio saepius repetenda‹ hebt zu Anfang heraus, daß die
›Sublimierung‹ mehrmals zu wiederholen ist, jene wird definiert als »eine
chimische Arbeit, vermöge welcher die groben und unreinen Theile von
615 Vgl. ThLL 10,1 (1995), Sp. 1325: »trans[itivum] i[dem est] q[uod] perennem facere,
perpetuare.«
den guten gesondert, und die bey der sublimation erhebende Theile dadurch
vereiniget werden« (Ernsting, S. 288) – neben dieser technischen Sublimie-
rung, gibt es die hier mehrmals zu vollziehende (Reiteratio) oft zweistufige
›sublimatio nostra‹: »Quod ex multiplici reiteratione inibitionis cum contri-
tione et leni aflatione aqueitatis eius maior pars deletur, haec est ergo sub-
limatio primi gradus, per quam aqueum mercurij deletur, postea in aludel
vase, […] ista tota substantia spergatur, in ipsius fundo, deinde ignis au-
geatur, […] donec ipsius pars, albissimam praecellens niuem, sua albedine
quasi mortua, spondilibus a[lu]del adhaerat, et haec est sublimatio nostra
per quam terrea foetulentia et partes sulphuris cum fecibus in fundo rema-
net, et in ea natura eius purificatur, et ab hinc cum fixionis modo figatur id
est fermentetur, quia quod fixum est figit id est fermentum, deinde ad
fimum ponatur, sequitur, donec in ignis asperitate quiescat, et hic secundus
praeparationis id est sublimationis gradus appellatur.« (Rosarium, S. 160 f.).
[S. 34] 2–3 Extrahimus verò …. operis primordia nostri] Mit GL. 2
›Extractio fit certis mensuris‹. Diese bezeichnet hier nicht die ›Ausziehung‹
von Essenzen aus Kräutern, wie Ernsting (S. 148 f.) und Ruland sie an er-
ster Stelle verzeichnen, sondern eine »segregatio essentiae, qua e corpore
suo extrahitur« (Ruland, S. 203) – aristotelisch gesprochen: die Loslösung
der Form von der Materie – oder dasselbe wie die alchemische Sublimatio
und Destillatio (vgl. Ernsting, S. 149).
6–10 immotum corpus, flatus … et mors invisa fugetur] In Antithese
zum ›corpus‹ steht ›flatus‹ hier wie das ›flamen‹ (v.7) im Sinne von ›anima‹
als Hauchseele, welche durch die Menstrua von der Materie zu lösen ist.
Mercurius muß aus dieser, in welcher wie in einem Kerker sitzt, befreit
werden, gleichzeitig müssen das hierbei freiwerdende ›männliche‹ Agens
und weibliche ›Patiens‹ in der chemischen Hochzeit vereinigt werden, der
so erzeugte ›Hermaphrodit‹ wird so lange wiederum – ›crebris vicibus‹ (v.
9) – getötet und gereinigt, bis er rein ist.616 Diese Reinheit besteht nach GL.
9 darin, daß die ›Wärme‹, arabisch ›Cambar‹ – eigentlich ›qinbar‹ vom
griechischen κιννάβαριϲ; dasselbe wie der Zinnober ›cinnabaris‹617 – als
Urache der Unreinheit schwindet,618 und der ›Tod‹ (v. 10) vertrieben wird.
Alchemisch heißt es zu ›mors‹: »wirdts genennet in der Faulung/ der
Cörper stirbt wen die See wegfähret/ die Farb vergehet/ der Geist/ das
Wasser wirdt außgezogen/ wann mans ihm wider gibt/ wirdt er aufferweckt
und lebendig/ hell/ und darnach unsterblich.« (Ruland, S. 340).
13–17 radius … habet Venerem] Mit ›radius‹ – das Weible/ weiß hell.«
(Ruland, S. 401) – wird hier das – wie GL. 17 ›Volatile in Mercurio vocatur
Venus‹ darlegt – das Reine und Flüchtige (vgl. Ernsting, S. 311) bezeichnet,
welches vom Unreinen und Festen getrennt wird; im mythologischen Ver-
gleich: ›alitis instar‹ (v. 13) – als ›ales‹ wird ein Augurvogel bezeichnet,
dessen Flug gedeutet wird.
16 contra fiat durabilis Orcum] Hier synonym zu ›mors‹; im Sinne von
»in Orci gulam incidere poruerb[ialiter] dictum, signif[ificat] in perniciem
et extremum exitium cadere.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 104v); sowie als Or-
phisch-Hippokratischer ›Orcus‹ wie in SCHOL. [S. 67], S. 35, 10.
19–20 More aquilae spuriae … collineat ortum] Das Flüchtige im Mer-
curius, hier ›Venus‹ genannt, flieht die Hitze ›radiantis fulgura Phoebi‹ (v.
17) – wie das ›unechte Adlerweibchen‹ die Sonne – und sucht sie nicht wie
der ›echte‹ (vgl. GL. 19) Adler des Göttervaters.
Zur Erklärung verweist Furichius auf die Naturgeschichte des Aristote-
les, wobei er ausgiebig aus Arist. HA 9, 32 (=618b) schöpft. Von den dort
aufgeführten sechs Greifvogelarten, wobei fünf als ›unechte‹ Kreuzungen
gelten, nennt er vier: den Weißschwanz oder Fasenentöter, den Plángos
oder Ententöter, den Mórphnos oder Schwarzadler oder Hasentöter, sowie
den Schwarzflügler. Letzterem, der die Sonne nicht verträgt, tut es nach
SCHOL. 19 der Mercurius gleich. Allein, in der Aristotelesstelle ist von
dergleichen nicht die Rede; ebensowenig bei der römischen Entsprechung
PLIN. hist. nat. 10, 6–18. Erst Autoren wie Cantimpré oder Neckham oder
später die Barockemblematik – Horapoll und mit ihm Valerian dagegen
nicht619 – kennen den Adler, der sein Auge an der Sonne weidet, sonnen-
empfindliche Jungen aus dem Nest wirft, und sich sogar in den Sonnen-
strahlen verjüngt; vgl. »Aquila etiam pullos suos radiis solaris fulgoris ex-
ponit, ut illos qui irreverbata luminum acie jubar solare sustinent, educet et
sibi reservet, tanquam avitae nobilitatis imitatores. Eos vero quos natura
potenti efficacia acuminis visus destituisse visa est, nido proturbat mater
quasi degeneres et contemnit.« (Neckam, S. 71); und: »Aquila, ut dicit Au-
gustinus, avis est nobilissima utpote avium regina. Grandis est, preda et
carnibus vivit. Visum oculorum adeo acutum et firmum habet, ut irreverbe-
rata acie solis radios intueri possit. Unde libenter conversa ad solem sedet.
Hec pullos suos unguibus suspensos radiis solis obicit. Quos cum immobi-
lem tenere viderit [etc.]« (Cantimpratensis 5, 2, 3).620 Letzterer zitiert hier-
bei Isidor von Sevilla: »Aquila ab acumine oculorum vocata. […] Nam et
619 Obwohl gerne darauf hingewiesen wird, ist im 19. Buch von Valerians ›Hierogylphica‹
zwar durchgehend vom Adler, aber nicht von seinem Verhältnis zur Sonne die Rede.
620 Vgl. auch Henkel-Schöne, S. 775.
contra radium solis fertur obtutum non flectere; unde et pullos suos ungue
suspensos radiis solis obicit [etc.]« (ISID. orig. 12, 7, 10 f.).
Furichius dient einmal mehr der Kommentator des Tractatus aureus als
Gewährsmann, dem er gleichsam die Aristotelische Autorität unterschiebt.
Die Hermesworte sind: »Fili extrahe à radio umbram suam, et sordidum, eo
quod nebulae ei supereminent [etc.]« (Tract. aur., S. 633) – ihre Erklärung:
»Quemadmodum in Sole ambulantis corpus continuò sequitur umbra, tam-
quam comes individua, sic hermaphroditus noster Adamicus, quamvis in
forma masculi appareat, semper tamen in corpore occultam Evam sive foe-
minam suam secum circumfert. Haec vicem tenet patientis, ille agentis.
Cum verò illa ob sexus imbecillitatem, vel potius insufficientem digestio-
nem, impura adhuc et vitiosa, ac nativi splendoris perfectione orbata, ignis
examen sustinere nequit: non secus ac aquila spuria, quae adversus solem
volans, splendorem ejus ferre nequit: Degneres enim lux arguit.« (Tract.
aur., S. 633 f.).
Und in der Aurea Catena: »Semper habet Venerem teneris in carnibus
Hermes,/ Quae aduersus Solis lucem inconstantior extat,/ More aquilae
spuriae, quae, quum radiauit Apollo/ Aera, non oculos audet convertere
ad ortum./ Sic quoque nostra Venus, cuius cum visus hebescit,/ Incrementa
eius capit irradiante marito.« (AVR. CAT., S. 12, 18–23).
21–22 Sic etiam enervata Venus … marito] Die eben aus der Aurea
Catena zitierte Venus bezeichnet das obengenannte (weibliche) ›volatile‹
bei der Sublimatio, wobei der stärkende Phoebus als die Hitze am Destilla-
tionsgefäß verstanden werden kann.
27–28 spirantibus Euris … incendia Cancri] Der vor allem in den Ar-
gonautica des Valerius Flaccus – etwa: »illam huc atque illuc nunc torquens
verberat Eurus« (VAL. FL. 1, 639; vgl. auch 2, 58; 2, 365, et passim) – ge-
fährlich anstürmende (Süd-)Ostwind Eurus, die beißende Winterskälte und
die größtmögliche Hitze (vgl. etwa CHRYS., S. 31, 33) vermögen nun nicht
mehr zu schaden.
31–32 demere pinnas … cum sulfure jungi] Das Bild der Beschneidung
der Schwingen des Mercurius für die Coagulatio oder Fixatio: »est rei
ignem fugiens, vt eum amplius non fugiat, sed in eo fixa permaneat, per
ignem assuefactio, siue ea fiat per calcinationem siue per decoctionem len-
tam, et diuturnam, siue per crebram sublimationem, siue per crebo reitera-
tam solutionem et coagulationem, siue tandem per rei fixae additionem
perficiatur.« (Ruland, S. 215); vgl. auch CHRYS., S. 28, 1–4.
[S. 35] 2 non ut Salamandra triumphet] SCHOL. verweist unter Beru-
fung auf Aristoteles (HA 5, 19=552b), Aelianus (Ael. NA 2, 31)621 und
621 Dort wird berichtet, wie der Lurch das Feuer wie einen Widersacher anzugreifen
pflegt: »Ex animalibus tametsi Salamandra non est quae ex igni nascuntur, quales
Plinius (PLIN. nat. 10, 188)622 auf die Annahme, das Tier widerstünde dem
Feuer.623 Dieser stellt Furichius das Experiment des Matthiolus, der selbst
Lurche fing, die ihm dann verbrannten, gegenüber; wie dieser es in seinem
Dioskurideskommentar (2. Buch, 56. Kapitel) schildert: »in agro Tridentino
copiosae inueniuntur […]. Vanum est ergo credere (ut etiam Dioscorides
inquit) igne eam minimè absumi posse, eóque uicitare, ut chamaeleon aere:
quandoquidem facto periculo, igne exustam breui salamandram uidimus.«
(Matthiolus, S. 221). Die alte Lehrmeinung und die praktische Erfahrung
verbindet, so Furichius, von Aetius ausgehend, Paré im Buches von De
venenis: »Penetrat, inquit, hoc animal per ignem ardentem, nihilqué laedi-
tur, dissecta et discedente ab eo flamma. Si verò per tempus aliquod in ipso
igne moretur, consumpto frigido in eo humore consumitur, nigricat Sala-
mandra, maculis flauis stellatim distincta.« (Pareus Venenis, S. 597).
Zu Aelianus: Gemeint ist Claudius Ailianos, ein in der ersten Hälfte des
2. nachchristlichen Jahrhunderts lebender, stoisch geprägter Schriftsteller
aus Rom. Neben seiner Natura animalium, verfaßte er mythographische
Schriften, Lehrbriefe und Gedichte.624
Aetius ist der griechische Arzt Aëtios aus Armida, welcher in der ersten
Hälfte des 6. Jahrhunderts lebte. Er erhielt seine Ausbildung in Alexandria
und wirkte später am Byzantiner Hof, seine Hauptschrift sind De re medica
sowie die De cognoscendis et curandis morbis sermones.625 Der Salaman-
der wird im 52. Kapitel des 13. Sermo behandelt: »Salamandra animal
simile est stellioni, asperius et scabrum magis quàm lacerta uenenata. Pene-
trat autem hoc animal per ignem ardentem […] Si uero per tempus aliquod
in igne immoretur, consumpto frigido in eo humore, exuritur« (Aetius,
S. 384).
In der Giftigkeit ähneln sich in den Bestiarien Basilisk und Salamander,
zudem ist das ›Krankheitsbild‹ einer Vergiftung durchaus in seinem Farben-
spiel ›alchemisch‹: »Scribit Aetius his qui Salamandrae veneno interfecti
sint, quasdam corporis partes per ambitum liuescere […] Primum quidem
maculas albas per corpus apparere, deinde rubras, postea nigras cum putre-
factione« (Pareus Venenis, S. 597).
In der Literatur wird zum Salamander gerne das 10. Emblem mit dem
Salamander in qualmenden, knisternden Flammen, welche ein antikisierend
halbnackter Mann – der alchemische Neptunus; vgl. Kommentar zu
sunt Pyrigoni: contra tamen hunc ire audet, contraque illius flammam veniens, tan-
quam ad aduersus hostem quendam, sic eam expugnare aggreditur [etc.]«; nach der
Gesnerschen Übersetzung in C. Aelianus (1611), S. 109.
622 Vgl. »sicut salamandrae, animal lacertae figura, stellatum, numquam nisi magnis im-
bribus proveniens et serenitate desinens. huic tantus rigor, ut ignem tactu restinguat
non alio modo quam glacies.« (PLIN. nat. 10, 188).
623 Vgl. auch Ch. Hünemörder (2001a).
624 Vgl. B. Ewen (1996).
625 Vgl. V. Nutton (1996).
genannten (vgl. CHRYS., S. 20, 14) Mythos der Coronis: »colorem nigrum
Soli dedicatum: quòd eius calore humana etiam corpora fusciora nigriora-
qué reddantur, sitqué Coruus inter aues maximè niger, manifesta est causa
cur is Apollini sacer habetur […] Aue autem eam Apollini priùs familiarem
fuisse, neque non insigni candore praeditam Apollinis mox indignatione,
quòd ad se dilectae Coronidis crimen detulisset, in eam nigritiam demuta-
tam fabularum scriptores, Hesiodum secuti, meminere.« (Valerian, S. 236).
Zudem gilt sein Gekrächze als Ankündigung von Regen: »In augurijs Co-
ruuus, perinde ac Cornix, de qua dictum alibi, imbrium significationem
habet« (Valerian, S. 235).628
Furichius läßt seinen Raben daraufhin alchemisch – entgegen dem Ovi-
dischen, welcher weiß war und schwarz wird; vgl. »inter aves albas vetuit
consistere corvum« (OV. met. 2, 632) – zum Schwan werden: Die Albedo
folgt der Nigredo. Der Schwan ist als ›undarum decus‹ (v. 10) ein Symbol
glücklicher Schiffahrt (›navigatio secunda‹); vgl. Valerian, S. 230 f. Haupt-
sächlich wird er jedoch mit seinem Sterbegesang in Verbindung gebracht:
»Cygnos tum magis dulciusque canere affirmat, cum se breui praesentiunt
morituros, quasi laetantes Deo gratias agere videantur« (Valerian, S. 228).
In SCHOL. 11 entschuldigt Furichius sich mit dichterischer Freiheit dafür,
daß er den Vogel entgegen der Meinung Scaligers singen läßt. Dieser will
in der 232. Exercitatio solche Geschichten aus dem ›Lügenland‹ der Grie-
chen aus der Welt schaffen: »De Cycni vero cantu suauissimo, quem cum
mendaciorum parente Graecia iactare ausus es, ad Luciani tribunal apud
quem aliquid noui dicas, statuo te. Multitudo ingens ad Carantonum
fluuium. Quid dicam tibi? Anseres sunt.« (Scaliger Exerc. ad Card.,
S. 690). Zum ›in die Sonne blickenden Adler des Jupiter‹ vgl. zudem
CHRYS., S. 34, 19 f.
Der Flug des Mercurius ist so schnell und so hoch, daß es sich für den
Beobachter nur um (einen) Genius handeln kann. So wird als ›genius‹ der
Sohn Jupiters und der Erde bezeichnet: »Hic sine foeminae congressu è
semine Iouis in terram per somnum profuso natus ess dicitur, figura quidem
humana, sed ambiguo sexu« (Conti, S. 153); hierfür spräche Mercurius als
Hermaphrodit. Daneben gibt es die beiden Genien, die man bei der Geburt
erhält: »atque crediderunt singulos homines, statim atque nati fuissent, dae-
mones duos habere, alterum malum alterum bonum, quorum nos sub tutela
essemus, quos ambos Genios vocarunt, et putarunt nobiscum esse natos.«
(Conti, S. 153). Ebenso gibt es den Genius als Sokratischen Daimon: »Hic
creditur nobis clam nunc suadens, nunc dissuadens, vniversam vitam no-
stram gubernare, essequé mentis et voluntatis nostrae propè moderatorem.«
(Conti, S. 154); sowie als Planetendaimon: »Alii occultam vim planetarum,
qua ad singulas res gerendas impellimur.« (Conti, S. 155). Der Sitz all die-
ser lenkenden Genien ist die Stirn – »Genio frontem praecipuè esse dica-
tam« (Conti, S. 155) – als Sitz des Urteilsvermögens.
15 vaga discursamina mentis] Ein Wort ›discursamen‹ ist für das klassi-
sche Latein nicht überliefert. Es findet sich auch nicht bei Blaise, Gesner,
oder im MlatWB. Forcellini kennt nur ›discursatio‹ als ›il correre qua e là,
scorreria‹.629
GL. 16 ἀνακεφαλαίωϲιϲ weist diesen letzten Abschnitt (bis CHRYS.,
S. 37, 1) als Recapitulatio aus: eine Zusammenfassung in anderen Worten;
vgl. Ernsting: Gr., S. 19.
17 verborum syrmata mittam] Das griechische ›ϲύρμα‹ bezeichnet jed-
wede Art von Schleppe oder Schleppkleid. Seneca ist es, der den Begriff in
die römische Sprache einführt, indem er so das Prunkgewandgewand des
Bacchus bezeichnet; vgl. »Non erubescit Bacchus […] cum parum forti
gradu/ auro decorum syrma barbarico trahit« (SEN. Herc. f. 472–475).630
GL. 19 cellâ vinariâ] kann hier durchaus im Sinne der Bibelexegese
verstanden werden: »Cella vinaria, vt est Cant[ico Canticorum] 2 signific[at]
aeterniatis arcanam contemplationem« (Ricciardi, Bd. 1, S. 143r); dort: »in-
troduxit me in cellam vinariam ordinavit in me caritatem« (Ct. 2, 4).
23 fabrique minantis] Das Verb ›minare‹ hier in der Bedeutung von
›Stollen anlegen‹ (›cuniculos facere‹); vgl. Forcellini 5 (1871), S. 391.
25–S. 37, 1 Non secus ac serpens … spectabilis ostrea fuco] Bilder der
alchemischen Circulatio und des Zirkuliergefäßes: der Ouroboros und der
sich die Brust öffnende Pelikan; sowie die Bruthöhle der Auster. Drache
und Vogel werden ebenso im Tractatus aureus in einem Zuge genannt: »Et
sic Draco devoravit caudam suam: et Pelicanus proprio suo sanguine, è
pectore emisso, pullis suis mortuis restituit vitam.« (S. 737 [=637]) – beiden
gemeinsam ist die Kreisform.
In SCHOL. 25 verweist Furichius auf die Hieroglyphica. Diese sind das
Hauptwerk des 1477 im Friaul geborenen Humanisten Giovanni Pierio Va-
leriano Bolzanio; üblicherweise nur Pierio Valeriano. Hatte er bereits seit
1492 in Venedig an Klassikerausgaben mitgearbeitet sowie eigene lateini-
sche Lyrik publiziert, wurde er um 1510, als Günstling der Medici, Proto-
notar der Kurie in Rom und Lehrer der Redekunst. Neben weiteren philo-
logischen Tätigkeiten veröffentlichte er 1531 seine Defensio pro sacerdo-
tum barbis, obgleich selbst glattrasiert, als fundierten Beitrag zur inner-
kirchlichen Reaktionen auf Reformatorische Kritik. 1546 kehre er nach
Venedig zurück, wo 1550 zwei weitere Gedichtbände erschienen. 1558
starb er in Padua. Seine vielfach nachgedruckten Hieroglyphica, das Werk
der Renaissancehieroglyphik schlechthin – das heißt aus dem Geiste des
cernitur« (CIC. fin. 5, 15, 43)636 – so evoziert der folgende Vers den wich-
tigsten Prätext der Chryseis und mit diesem erneut die Traumszene des
Phoebus im Bade. In der entsprechenden Scholie des Tractatus aureus
macht Luna ihren Geschwistern mit der nämlichen Redewendung Hoff-
nung: »sed unum est, quod me solatur, ne prorsus abjecto animo desperem:
nempe hoc quod communi dicti proverbio: ›Post nubila Phoebus‹: Expe-
rientia enim me subinde edocuit hujus dicit veritatem. Quoties enim vidi
fratrem, densissimis obscuratum nubibus, qui nihilominus tamen igneo suo
ac radioso splendore illa penitus discussit, et tandem eluctatus, rursus au-
ream nobis et fulgentem capitis comam benignus ostendit?« (Tract. aur.,
S. 673). Der dem deutschen ›auf Regen folgt Sonnenschein‹ entsprechende
Ausdruck stammt wahrscheinlich aus dem Doctrinale minus des Alanus ab
Insulis: »Clarior est solito, post nubila, Phoebus,/ Post inimicitias, clarior
est et amor.« (Alanus Doctrinale 1, 33 f.).637
Hier nun entsprechen die ›Wolken‹ den Verunreinigungen und Trübun-
gen durch die Menstrua während der Solutio: »Nubes, et nubulum [sic]
apud Chimistas sig[nificant] argentum uiuum v[el] unguentum solutum.«
(Ricciardi, Bd. 2, S. 62v); oder, wenn weiter oben in der Chryseis in Ana-
logie heißt, die Schlacken behinderten die Kräfte des Steines: »ceu nubila
solem« (CHRYS., S. 19, 29). Wenn diese sich verzogen haben, kommt das
alchemische Gold, sprich Mercurius, hervor. Dieser gilt ja als der herma-
phroditische Sproß der hier genannten Sol und Luna. Neben dem ›Abneh-
men der Kopfbedeckung‹ als Bild eines ›Sich-zu-erkennen-Gebens‹ ver-
wundert aber die Haube auf dem Kopf der Mond- oder Jagdgöttin: Das
›galerum‹ ist üblicherweise eine Fellkappe, wie sie etwa Priester und Kö-
nige tragen, als Attribut steht sie – vgl. »Cyllenius adstitit ales/ somniferam
quatiens virgam tectusque galero.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 77 f.) – fast aus-
schließlich dem Gott Mercurius zu; vgl. ThLL 6, 2 (1925–1934), Sp. 1677 f.
Wenn nun Luna die ›rostfarbige Kappe des Mercurius‹ ablegt, so heißt dies
›alchemice‹, daß sie durch die metonymische Mütze geläutert ist – ›ferrugo‹
ist eigentlich Eisenrost ›ferri rubigo‹ (vgl. Ernsting, S. 151); so sagt auch
Mercurius von sich selbst in einer Parabola des Rosarium »Omnia corpora
mei indigent, eo quod ea liquefacio, eorum rubiginem deleo, et substantiam
extraho.« (Rosarium, S. 40). Zugleich ist eine Luna, welche unter dem ›ga-
lerum‹ als der Kappe des Götterboten steckt, dann bereits zu Mercurius
geworden.
16–S. 40, 15 Est aqua … aurêo locupletior Ozo] Wie GL. 16 ›Menstrua‹
und GL. 25 ›Qualis sint menstrua‹ ausweisen, wird in diesem Abschnitt
bildreich das Philosophische Menstruum beschrieben, wobei die Vergleiche
mit Wasser und mythischen Gewässern – wie bereits ›vielmehr ein Abbild
von fließendem Naß‹ (v. 16) klärt – als solche verstanden werden wollen.
Aller Tertium comparationis ist hierbei das ›Goldbringende‹.
SCHOL. 16 Varia solvendo auro menstrua sunt inventa] weist darauf
hin, daß es neben dem alchemischen Menstruum (mit Decknamen) natür-
lich auch experimentelle Möglichkeiten gibt, Gold mit Königswasser
(›aqua regia‹) aufzulösen und nennt Hartmannus: Johann Hartmann
(1568–1631) gilt als der erste deutsche Professor für Chemie. Der vermut-
lich in Amberg Geborene studierte in Marburg Philosophie, wo er seit 1592
einen Lehrstuhl für Mathematik und, nachdem er 1606 zum Doktor der
Medizin promoviert worden war, ab 1609 besagten für Chemie innehatte.
Unter dem Pseudonym ›Christophorus Glückradt‹ kommentierte er ausführ-
lich Jean Béguins Tyrocinium; vgl. Kommentar zu CHRYS, S. 46, 20.638
In seiner eigenen Praxis Chymiatrica beschreibt er unter dem Aurum
potabile anglicum die Herstellung der hierfür notwendigen Säure: »Aqua
Regis fit ex Aquae fortis libra i. Salis armoniaci unciis iiij simul per retor-
tam in arenam distillatis« (Hartmannus, S. 21)639 – mit einem anderem Ver-
hältnis beschreibt es Ernsting in seinem Lexicon chymicum, gibt jedoch die
etymologische Auskunft: Die heute noch unter demselben Namen verwand-
te Mischung aus Salpetersäure (Scheidewasser, ›aqua fortis‹) und Salmiak
(›sal armoniacum‹) »wird deswegen Königs=Wasser genannt, weil es den
König der Metallen, nemlich das Gold auflöset, und also gemacht wird: 1)
Man nimmt aqua fortis [libram] i. darin solviret man Sali armoniac[i] [un-
ciam] j. andere nemen [etc.]« (Ernsting, S. 29).
Der in SCHOL. zudem genannte Fioravanti – bis auf einige lateinische
und spanische Gedichte am Ende des Werkes klammert er den spirituellen
Teil der Alchemie gänzlich aus – beschreibt im 4. Kapitel Del modo di
solver l’oro in un subitio fisicamente im vierten Buch seines Werkes Della
Fisica, wie er in Spanien zum ersten Male die Wirkung von Königswasser
beobachteten konnte: »pigliassimo uno scudo d’oro laminato sottile, et lo
mettesimo dentro l’acqua forte, che lo mangiò tutto [etc.]« (S. 364).
SCHOL. schließt mit dem erneuten Verweis auf das ›wahre Menstruum‹
in Ripleys Twelve Gates; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 12, 25.
20–22 Exterges labem … Perduces luci] In der Aurea Catena wirkt der
Stein: »Extergit labem, quicquidque ignobile vires/ Impedit, exturbat: a
carcere formam/ Liberat.« (AVR. CAT., S. 21, 20–22); wie es auch im Trac-
tatus aureus vom ›philosophischen Wasser‹ heißt: »Magna vis ac potestas
inest aquae Philosophicae, adeò ut merito benedicta dicatur. Satis enim
laudari, aut verborum encomiis depraedicari vix potest. Sicut enim aqua
638 Vgl. Alchemie Lexikon, S. 167 f.; B. Mahlmann-Bauer (2004), S. 54 f.; J. Paulus
(1994), S. 360; R. Evans (1997), S. 200 et passim; Ferguson 1 (1954), S. 365 f.; Thorn-
dike 8 (1994), S. 116–118; sowie Kestner, S. 376 f.
639 Um der Lesbarkeit willen wurden in diesem Zitat stillschweigend alle chemischen
Abkürzungen aufgelöst. Sie finden sich G. Geßmann (1959), Tafel 50 u. 101.
fontana sordes rerum abluit externas: ita haec aqua elementa non tantum
dissolvit, sed quoque internas corporum impuritates aufert, et juncta aceto
Philosophico, elicit ex ipsis sulphur incombustibile, quod per projectionem
imperfecta metalla tingit in aurum et argentum. Haec aqua est clavis artis,
qua quoniam saepius aperiuntur, hoc est, solvuntur corpora, eò magis coa-
gulantur, eoque fiunt nobiliora, praestantiora et perfectiora: adeò ut nullum
prorsus vestigium mortis, nigredinis et imperfectionis amplius in ipsis re-
maneat.« (Tract. aur., S. 655).
24 Vnda Tagi, seu Pactoli] Der hispanische Fluß Tagus – vgl. CATVLL
29, 19 – und der lybische Pactolus – vgl. »Tagus auriferis harenis celebratur
[etc.]« (PLIN. nat. 4, 115) – sind ob ihres Gehaltes an Goldsand sprichwört-
lich für Reichtum geworden; vgl. etwa »tibique Pactolus fluat« (HOR.
epod. 15, 20).640
28 latet haec quoque tecta sub umbris] Wie im folgenden die Schlange
Cerastes »notas fugit indignatus ad umbras« (CHRYS., S. 48, 27).
29 tumidis reddunt spiracula buccis?] Nach »non quae uerborum con-
positione frondescat sint alii diserti, laudentur, ut uolunt, et inflatis buccis
spumantia uerba trutinentur« (HIER. epist. 36, 14) – wie die Rede des Kir-
chenmannes nicht sein soll – im Sinne von ›den Mund vollnehmen‹.641
[S. 40] 9 balnea quae colubri reptatum imitantur] In SCHOL. verweist
Furichius auf das ob seiner Form ›serpentina‹ genannte chemische Gerät,
eine Art von ›Schlangenleitung‹ wie man sie aus römischen Fußbodenhei-
zungen kennt.642 Auch dies bereitet schon die Schlangenepisode vor.
10 unda Tonantis] Mit zwei Glossen: Zum einem wird sie ›Azoth‹ ge-
nannt – »Azoth est argentum vivum […] et proprie Mercurius corporeus,
Mercurius corporis metallici […] aqua nostra« (Ruland, S. 96 f.) – zum
anderen zitiert Furichius in SCHOL. aus dem Trinummus des Plautus;
und zwar aus dieser Komödie um einen verborgenen Schatz (im Argumen-
tum ein Gespräch der Allegorien von Luxuria und Inopia) den Vers: »ad
caput amnis, quod de caelo exoritur sub solio Iovis.« (PLAVT. Trin. 4, 2,
98). Am Fuße des Thrones Jupiters entspringt demnach ein Fluß, welchen
Furichius mit Scaligers Kommentar zum Pflanzenbuch des Aristoteles in
Verbindung bringt: Nach Scaliger ist diese Woge Neptunus, welchen er
im Verhältnis zu Iupiter wie folgt deutet: »Primùm igitur igitur est rebus
communicata vita. Hoc sanè Iuppiter agnoscitur, vitalis autor spiritus (om-
nibus origo eadem, ζεὺϲ, ζῇν, ζεῖν) ac forma ipsa. Deinde Neptunus, qui
esset materia. Nam quae η Graecis dicitur, sapientibus Chaldaeis priscis
aquam significauit, cuius autor ille peculiari numine nuncupatur.« (Scaliger
Plantis, S. 8). Furichius fügt in SCHOL. die alchemische Deutung hinzu:
›Es wird gesagt, dieser Fluß sei das Philosophische Menstruum, auf allego-
rische Weise, aufgrund der Vortrefflichkeit.‹ Neptunus ist also das alchemi-
sche Wasser – »Neptunus, ein Gott des Meeres, darunter aber wird Sal
armoniacum verstanden« (Ernsting, S. 225) – wie auch die Aristotelische
Hyle.643 Daher tritt in der Vision bei Sendivogius dem Träumenden auch
zuerst, der bei Furichius sonst nicht genannte und auch keinem Metall
zugehörige Neptunus entgegen: »Video è mari nostro venerandae canitiei
Senem Neptunum cum tridente egredientem, qui me post amicam saluta-
tionem in Insulam deducit amoenissimam [etc.]« (Novum lumen, S. 585).
11 insani non improba dextra Agyrtae] Unter dem Lemma ›Agyrta‹ ver-
zeichnet Zedler: »Agyrta, Circumforaneus, Circulator, ein Storger, Quack-
salber, Marcktschreyer, Land= und Leut=Betrüger, Schlangenfänger,
Wurm=Krämer, der auf den Märckten herumziehet, und seine quacksalbe-
rischen Arzeneyen mit vielem Schreyen und Aufschneiden dem ihn angaf-
fenden Volcke anpreiset«; Zedler 1 (1732), Sp. 846. Das griechische ὁ
ἀγύρτηϲ bezeichnet ursprünglich ob ihrer Bettelei einen Cybelepriester,
wie auch Gesindel im allgemeinen. Die Straßburger ›Agyrtae‹ waren Furi-
chius zur Entstehungszeit der Chryseis besonders verhaßt; vgl. den Stamm-
buchbrief aus dem Album Morsianum im biographische Teil der Einleitung;
siehe oben.
14 Non ê compactis … metallis] Mit SCHOL. ›Auf die Art wie gesagt
wird, er sei bezüglich der Metalle flüssig, wird er durch die Kraft des
Feuers aus dem zu den Metallen Gehörigen destilliert, nicht aus den Me-
tallen selbst.‹ – Das ›metallicum‹ bezeichnet die ›massa metalli vel partes
metallorum continens‹644 oder schlicht ›quod ad metallum pertinet‹.645
15 aurêo locupletior Ozo] Neben den bereits genannten Tagus und Pac-
tolus ein dritter ob seines Goldgehalts berühmter Fluß, wobei Furichius in
SCHOL. erneut auf den pseudo-Aristotelischen De admirandis auditioni-
bus commentariolus verweist: »Flumen Ozum, quod in Bactris est, auri
plures glebas deferre memoriae proditum est« (Arist. de admir., S. 123r).
[S. 40, Fortsetzung] 16 ululat Thysasus trepidante boatu] In SCHOL.
führt Furichius aus, daß ›tiasus‹ viele Bedeutung hat: als ›Gastmahl‹ oder
als θυμίαϲμα – ›Räucherwerk‹. Hier jedoch möchte er es ausdrücklich als
zu Ehren des Bacchus aufgeführten Reigen verstanden wissen; vgl. »Daph-
nis thiasos inducere Bacchi/ et foliis lentas intexere mollibus hastas.«
(VERG. ecl. 5, 30 f.); wie auch »tum quorum attonitae Baccho nemora
avia matres/ insultant thiasis« (VERG. Aen. 7, 580 f.). Bei diesen Orgien
tanzen die Thyaden (von griech. θυάζειν – rasend toben), seine Priesterin-
nen: »Huius Dei sacerdotes foeminae plerunque fuerunt, quae nunc ab in-
sania Menades, nunc ab impetu furore Thyades […] nunc ab intemperantia,
morumqué prauitate, Bacchae vocabantur.« (Conti, S. 262). Ausschlagge-
bend scheint hier jedoch gewesen zu sein, daß Thysiaden oder Thyaden
ebenso Frauen genannt werden, die sich der Proserpina – unserer Chryseis –
geweiht haben; vgl. »Thysiades nymphae […] sed et hoc eodem nomine
sacratae quaedam Proserpinae mulieres dicebantur.« (Giraldi, S. 241).
22 color est argenteus] In SCHOL. wird bezüglich der ›silbernen Far-
be‹ – nach GL. die ›Farbe des Menstruum‹ – auf den 11. Abschnitt der 325.
Exercitatio, De Coloribus Scaligers verwiesen, welcher die Farbe Weiß
ausführlich behandelt: »Albi est, aqueus, vitreus, niueus, lacteus, candidus,
marmoreus, papaueratus, eburneus, κνάκων, argenteus, vt in quibusdam sit
splendor, in nonnullis pelluciditas.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 991); ge-
nau bei der Unterscheidung der Eigenschaft ›candor‹ (als Beispiel: ›calx
candida‹) von ›splendor‹: »Candidus autem ab albo, splendore differt,
quem ei addit: qualis in niue, argento polito, margarita« (Scaliger Exerc.
ad Card., S. 993) – dementsprechend gleicht des alchemische Menstruum in
seiner Farbe dem Glanz von ›Schnee, poliertem Silber, der Perle‹.
29 solóque arcano sandyce sandyx] Nach GL. bringt die ›reine Tinktur
des Goldes‹ die reinen Farben hervor, das ›schneeige Schneeweiß‹ v. 28
und ein Rot wie reine ›sandyx‹, welches SCHOL. mit Vergils Eklogen in
Verbindung bringt: »nec varios discet mentiri lana colores,/ ipse sed in
pratis aries iam suave rubenti/ murice, iam croceo mutabit vellera luto;/
sponte sua sandyx pascentis vestiet agnos« (VERG. ecl. 4, 42–45). Dort
nimmt die Wolle von Schafen durch den Kontakt mit der scharlachroten
Staude Sandyx – vgl. »herba, de qua sandicius tinguitur color« (SERV.
ecl. 4, 45) – deren Farbe an. Zudem führt SCHOL. unter erneutem Bezug
auf Scaligers 325. Exercitatio die übertragene Bedeutung als Metallfarbe
(eine Art Mennige) an. Dort wird im 13. Abschnitt Ruber, rubidus, rubi-
cundus, rutilus [etc.] ›sandix‹ als gleichfarbig mit ›minium‹ (und ›cinna-
bar‹)646 geführt: »Item coccinus à cocco baphico id est: grano tinctorio.
Quod legunt prouinciales: atque ex eius aggestis cumulis aspersis eliciunt
quod tincturae seruent. Chermes vocant Arabes. vnde nos Chermesinum
[…] A Sandyce quoque, et Sandaracha, et Minio, et Cinnabari, et Sanguine
draconis, et Caneamo deducere possit ars, si patiatur vsus.« (Scal. Exc.
S. 997 f.); zu meiner Übersetzung in der Chryseis als Pflanze vgl. den Kom-
mentar zu CHRYS., S. 46, 23.
32 adflaverit ipsa Chymaera] Die Chymaere, Sproß der Vereinigung der
Echidna (halb Jungfrau halb Schlange; gebiert ebenso den Cerberus und die
Hydra) und des Typhon, ist das berühmteste Monster der Antike. Nicht
zuletzt Aeneas’ Widersacher – »cui triplici crinita iuba galea alta Chimae-
ram/ sustinet.« (VERG. Aen. 7, 785 f.) – führt sie als Helmzier. Für ge-
wöhnlich wird sie als dreigestaltiges Mischwesen aus Löwe, Ziege und
Schlange, dargestellt, welches aus Rachen und Nüstern Feuer bläst; vgl.
»Chimaera iugo mediis in partibus ignem,/ pectus et ora leae, cauda serpen-
tis habebat« (OV. met. 9, 647 f.); oder »qui fieri potuit, triplici cum corpore
ut una,/ prima leo, postrema draco, media ipsa, Chimaera/ ore foras acrem
flaret de corpore flammam?« (LVCR. 5, 904–906). Schließlich sandte man
in die Heimat des Untieres Lybien den Bellerophon, um ihm den Garaus zu
machen.647 Später wurde sie – auch als nur zweigestaltige Bestie – zu
einem Lieblingsgegenstand christlicher Allegorese.648
[S. 41] 7–13 Hic jucunda dies … addidit alas] In diesen Versen entwik-
kelt Furichius eine eigene Ikonographie des Mercurius als ›rex alchemicus‹,
wie er aus der Badepisode des 3. Buches hervorgeht, welcher hier mit
Attributen (dort den ›balsama‹) der übrigen (Metall-) Götter versehen
wird, zumal er nach GL. 9 ›die Tugenden aller in sich vereinigt‹.
Die Erscheinung dieses alchemischen Königs speist sich – unter Berück-
sichtigung von SCHOL. 7 – aus drei Überlieferungen: der Bildtradition des
alchemischen Hermaphroditen, derjenigen des Apokalyptischen Weibes, und
dies im Verbund mit den Marslegenden um das Florentiner Baptisterium.649
Zunächst das Apokalyptische Weib: Seit der Patristik wird das soge-
nannte Apokalyptische Weib, eine in der Offenbarung des Johannes er-
scheinende Schwangere, in die Sonne gehüllt, den Mond zu ihren Füßen,
mit Sternen gekrönt – vgl. »et signum magnum paruit in caelo mulier amic-
ta sole et luna sub pedibus eius et in capite eius corona stellarum duodecim/
et in utero habens et clamat parturiens et cruciatur ut pariat« (Apc. 12, 1 f.) –
mit der Gottesmutter in Verbindung gebracht. Im 12. Jahrhundert etablierte
es sich fest als ikonographischer Typus der Madonnendarstellung. Im Ba-
rock fand es – wobei die Grenzen zum Typus der ebenso auf der Mond-
sichel stehenden ›Immaculata‹ immer mehr verwischen – vom gegenrefor-
matorischen Spanien kommend in der Ausprägung als ›Sichelmadonna‹
schließlich seinen festen Platz im Bilderschatz der Kirche. Als bekanntestes
Beispiel sei die Gottesmutter von Hubert Gerhard auf der Münchner Ma-
riensäule (entstanden 1598–1613) genannt.650
Es ist auszuschließen, daß der von Jugend an antipapistisch erzogene
Furichius direkt an diese römische Tradition anknüpft oder sie gar par-
647 Vgl. die aufeinanderfolgenden Einträge ›De Chimaera‹ und ›De Bellerophonte‹ in:
Conti, S. 496–500.
648 Vgl. etwa F. Knapp (1972), S. 338.
649 Für Ratschläge von kunsthistorischer Seite und den Hinweis auf die Marstempelthese
danke ich Uta Schedler.
650 Vgl. Eu. Othmar (1988); u. G. Martin (1994).
odiert. Zwar ist auch eine antike Göttin Luna, welche auf der Sichel stünde,
nicht belegt, vielmehr trägt sie den Halbmond stets auf dem Scheitel; in der
Art von Hörnern, mit den Sichelenden nach oben,651 zwar bleibt der Bezug
auf Marianisches offensichtlich – Ricciardi, der auch die alchemische Sym-
bolik abdeckt, verweist in seinem gewaltigen Symbollexikon ohne Um-
schweife auf die besagte Offenbarungsstelle: »Luna, quae est sub pedibus
mulieris amictae Sole sig[nificat] carnem, siue carnalem plebem, seu tran-
situm huius mundi: et aduerte haec ominia in bonam partem accipienda
[etc.]« (Ricciardi, Bd. 1, S. 363v) – doch stand bereits vor der Entstehungs-
zeit der Chryseis die besagte, bildlich der Mondsichelmadonna engstens
verwandte Immaculata, die Unbefleckte Empfängnis, als christlicher Bild-
typus der ›virgo gravida‹ Patin für den alchemischen Bildtypus der ›terra
gravida‹: Wie die Jungfrau in sich den Erlöser trägt, so trägt die Erde in sich
den Stein der Weisen; gemäß der Tabula Smaragdina: »Pater ejus Sol est,
Mater Luna, Ventus in utero gestavit, Nutrix ejus est terra, Mater omnis
perfectionis« (Tabula). So findet sie sich in der Züricher illustrierten Hand-
schrift der Aurora Consurgens, die im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts
entstand, und deren 36 Abbildungen die hermetische Bildtradition maßgeb-
lich beeinflußten, als 24. Illustration: Eine als Mohrin mit grünen Schwin-
gen dargestellte Terra; die Füße auf dem Mond, von der Sonne hinter ihrem
Rücken umstrahlt, öffnet sie mit den Händen ihr weißes Kleid und offen-
bart dem Betrachter den Stein der Weisen in der Mandorla ihres schwan-
geren Leibes.652
Besonders ausgeprägt ist die Verbindung Marianischer Ikonographie mit
Hermetischem im ebenso in zahlreichen illuminierten Handschriften über-
lieferten Liber Sanctae Trinitatis aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhun-
derts. Die Bildzyklen dieses Werkes zeigen auch zum ersten Mal den al-
chemischen Hermaphroditen als Sinnbild des Lapis:653 Die Füße des, ge-
flügelten wie gekrönten, Hermaphroditen (in drei illustrierten Handschriften
des Liber Sanctae Trinitatis)654 stehen – ganz wie der Zwitter in Michael
Maiers Emblem 38 ›Rebis, Hermaphroditus, nascitur ex duobus montibus,
Mercurii et Veneris‹ – auf zwei Felsen: »i piedi dell’androgino poggiano su
due monticelli: il piede destro della figura maschile su quello ›rosso‹ o
›aureo‹, il sinistro della donna su quello ›bianco‹ o ›argenteo‹«,655 auch
entspringen aus den Felsen die beiden Ströme, welche jeweils den Baum
von Sol und Luna gießen. In einer vierten illustrierten Handschrift, dem
651 Vgl. etwa die Abbildung Conti, S. 140.
652 Dort MS. Rh. 172; ein Kommentar aller Abbildungen in: M. Gabriele (1997), S. 49–
96; die ›Terra gravida‹ S. 88–91, Abb. 80; sowie grundlegend B. Obrist (1982),
S. 183–245.
653 Vgl. M. Gabriele (1997), S. 45–48; sowie B. Obrist (1982), S. 117–182; Spielarten des
Hermaphroditen dort S. 152–182.
654 Vgl. Gabriele (1997), Abb. 53–55.
655 Gabriele (1997) S. 46.
Das alchemische Gefäß funktioniert also – und mit allen Implikationen der
Allegorese – wie die vom Tau befruchtete Auster; vgl.: »Porro tempore
coitus, si vna cum rore incidit in hiantem conacharum radius solis, vniones
rubedine tinguntur, sicuti fieri videmus.« (Ruland, S. 319).
21–33 Hac porrò … dicta sophorum] Das durch die Glossen mit Bildern
und Bezügen angereicherte alchemische Principium.662
[S. 42] 1–2 Phlegetonteam … Styiis quasi sit polluta venenis] Die nach
den beiden, hier in Cognominatio stehenden,663 Flüssen der Unterwelt be-
nannte Flüssigkeit »Aqua stygia, ist Aqua fortis« (Ernsting, S. 30) – Schei-
dewasser oder Salpetersäure. Ihm wohnt dieselbe zerfressende und zerset-
zende Kraft inne – »violentis ignibus distillatur, igneam vim in corrodendo
validam habens: Quae validissima est, Stygia vocatur« (Ruland, S 48) – wie
dem Styx im Reiche des Hades: »potus perniciosus est omnibus animali-
bus. Sed neque illis solum perniciosa est aqua, verum etiam omnia metall-
orum genera ab ea solui dicebatur, neque vllum erat vas quod aequae vim
sustinere posset.« (Conti, S. 100). Der Phlegeton ist der dortige Feuer-
strom – »cum rapidissimis flammarum vndis Phlegeton deuoluitur« (Conti,
2, 9; S. 91), wobei die ›unda Phlegetontea‹ Claudians ›ripae Phlegetonteae‹
(vgl. CLAVD. rapt. Pros. 1, 88) anklingen läßt.
3 alia haec unda est] Furichius betont nochmals, das es ihm nicht um
das Scheidewasser geht, sondern, wie er in SCHOL. ausführt, um das al-
chemische Menstruum – und zwar das erste, welches Ripley nennt: ›Es sind
drei Menstrua, die beim Werk zu beachten sind, wie Ripley lehrt in den
Twelve gates. Hier wird das erste beschrieben, der Zerfressung nicht unfä-
hige, wie sehr auch die Unkundigen es verwerfen mögen. Die in dieses
getane Materie des Steines nennt man das Ei des hinfälligen Hahnes, wor-
aus, wie man albern fabelt, der Basilisk hervorgebracht würde.‹ Als Beleg
gegen diesen Aberglauben verweist SCHOL. auf Julius Caesar Baricellus;
den aus der Neapler Gegend stammenden Arzt Giulio Cesare Baricelli (er-
662 Vgl. CP 1, S. 247; oder M. Fumagalli (2000), S. 195; L. Abraham (1998), S. 176 f.
663 Bei der Cognominatio oder Synonymie ist – im Gegensatz zur Tautologie – jedes
zusätzliche Wort zugleich Bedeutungserweiternd; vgl. »In synonymia enim singulas
partes ex ordine idem significantes poni, in hac autem [d. h. tautologia] vnius nominis
aut verbi prius positi vim deinceps pluribus verbis explicari« (Ernesti: lat, S. 61 f.).
664 Vgl. Jöcher 1 (1750), Sp. 787; Kestner, S. 82; NBG 4 (1859), Sp. 504 f.; Zedler 3
(1733), Sp. 465; sowie Thorndike 8 (1994), S. 267–269; Ferguson 2 (1954), S. 72.
Im DBI findet sich leider kein Artikel.
665 Vgl. V. Nutton (1998a).
666 In: Galen 14 (1997), S. 295–310.
667 Vgl. M. Fantuzzi (2000).
SCHOL. nennt zudem ›von den Neueren‹ Paré und Scaliger: Das 19. Ka-
pitel De Basilisco von des Erstgenannten De venenis beginnt, übrigens
unter Nennung derselben Autoritäten wie SCHOL.: »Serpentum genera
omnia veneni diritate Basiliscus facilè superat. Itaque à Nicandro proditum
est, quod [etc.] […] Basiliscum serpentem esse flauum scribit Galenus […]
Scribit Solinus mortui basilisci cadaueri admirandas etiam vires inesse […]
Scribit Erasistratus percussos à Basiliso demorsae partis aurem flauitiem
comitari […] At Aetius superfluum esse putat contra basiliscum auxilia
scribere, quando conspectus modo, et sibilans auditus, eos qui ipsum au-
diunt tollat, similiterqué ab ipso conspectos.« (Pareus Venenis, S. 596).
Ambrosius Pareus ist der französische, reformierte Militärarzt Ambroise
Paré (1517–1590). Er hatte sich so sehr um die Chirurgie in Frankreich
verdient gemacht, daß Karl IX., dessen Leibarzt er war, ihn während der
Bartholomäusnacht bei sich einschloß. Sein 1573 zum ersten Mal in Paris
erschienenes und mit vielen Kupfern illustriertes Buch De la génération des
monstres erlebte zahlreiche Nachdrucke.668
Scaliger steuert im 4. Abschnitt der 246. Exercitatio zum Basilisken die
Vertreibung eines solchen aus Rom durch den Heiligen Vater bei: »In trans-
cursu, quoniam de Basilisco quae narrantur, fabulosa nonnulli suspicati
sunt, quae apud recentiores legi scribam. Leone Pontefice maximo ad ae-
dem Luciae sub fornice stabulatum Basiliscum: cuius afflatu magna lue
affecta Roma fuerit eumque illius precibus extinctum.« (Scaliger Exerc.
ad Card., S. 716).
SCHOL. schließt mit der Erklärung des Basilisken als alchemischen Ter-
minus über das Tertium comparationis: die ›verwunderungerregende Säure‹.
Bei Valerian ist es übrigens kein Hühnerei, aus welchem der Basilisk
schlüpft, sondern als Hieroglyphe für den ›schlechten Ausgang einer gut
begonnenen Unternehmung‹ das Ei des Ibis: »Malum ex bonis initiis sub-
sectutum. Perniciem aliquam ex institutis optimis sanoque consilio subse-
cutam, Aegyptij significare si voluissent Ibin, et Basliliscum facere con-
sueuerunt: siquidem ex Ibidis ouo Basiliscum nasci [etc.]« (Valerian,
S. 175).669
5 thalamos decurrere Phoebi] Ambiger Ausdruck: Die ›Schlafkammern‹
des Phoebus sind mythologisch gesprochen eigentlich das Meer, der Okea-
nos; wie etwa in »tum Sol pallentis haud umquam discutit umbras,/ nec
cum invectus equis altum petit aethera, nec cum/ praecipitem Oceani rubro
lauit aequore currum.« (VERG. georg. 3, 357–359)670 – da jedoch »[s]aepe
apud Poëtas Coniugium ›thalami‹ mentione indicatur« (Gesner 4 (1749),
668 Vgl. D. Kahn (2007), S. 76 et passim; Kestner, S. 618 f.; u. NBG 39 (1865), Sp. 192–
196.
669 Vgl. auch M. Gabriele (1997), S. 75 f.
670 Vgl. zum nächtlichen Verbleib der Sonne im Mythos Conti, S. 288–290.
Sp. 779), ist wiederum die alchemische Hochzeit, die Vereinigung von Sol
und Luna bedeutet.
6 illum immersum … dicitur ovum] Das ›Philosophische Ei‹ ist demnach
das in SCHOL. 3 beschriebene Ei, welchem der Basilisk entschlüpf. Für
sich genommen steht das Ei sowohl für den ›lapis benedictus‹ wie auch die
›eiförmige‹ sowie zum ›Ausbrüten‹ des Steins verwandte Retorte des Al-
chemikers; vgl. Ruland, S. 357. Neben älteren Überlieferungen bis zur Or-
phik und davor, welche das Ei als mikrokosmisches Abbild des Makro-
kosmos ansehen – wie Macrobius in den Saturnaliengesprächen bei der
Erörterung der Frage, ob das Ei zuerst gewesen sei oder die Henne, aus-
führt: »et ne videar plus nimio extulisse ovum elementi vocabulo, consule
initiatos sacris Liberi patris, in quibus hac veneratione ovum colitur ut ex
forma tereti ac paene sphaerali atque undique versum clausa et includente
intra se vitam, mundi simulacrum vocetur, mundum autem consensu om-
nium constat universitatis esse principium [etc.]« (MACR. sat. 7, 16, 8) –
wird für die Alchemie im allgemeinen die 4. Rede der Turba Philosopho-
rum als Hauptquelle angeführt.671 In dieser wird das Ei dem Werk wie dem
Stein verglichen, da jenes gleich der Welt in sich die vier Elemente verei-
nigt: »exemplum est ovum, in quo quatuor [elementa] conjuncta sunt, ejus
cortex apparens, est terra: et albedo aqua, cortex verò tenuissimus cortici
junctus est separans inter terram et aquam, sicut significavi vobis, quod aër
est separans terram ab aqua. Rubeum quoque ovi, est ignis, cortex qui
rubeum continet, est aër, aquam serparans ab igne […] In ovo igitur facta
sunt quatuor, terra, aqua, aër, et ignis: solis autem punctus, his exceptis
quatuor, in medio rubei, qui est pullus. Ideoque omnes philosophi in hac
excellentissima arta ovum descripserunt exemplum, quod ipsum suo operi
posuerunt.« (Turba, S. 3 f.) – das Basiliskenei der SCHOL. 3 kann in die-
sem Kontext als Kommentar zur später im 61. Sermo der Turba aufgewor-
fenen, doch unbeantworteten Frage, was für ein Ei es denn sei, und wer es
gelegt hätte, gelesen werden; vgl. »Amplius Philosophi jam dixerunt, po-
nite instrumenta ex ovo, non tamen narraverunt quod sit ovum nec cujus
avis.« (Turba, S. 45).672
Diese Vorstellungen liegen auch dem alchemische Ei im 8. Emblem der
Atalanta fugiens mit dem Motto ›Accipe ovum et igneo percute gladio‹
zugrunde. Aus jenem wird von Mars mit glühendem Schwert der ›avis
sublimior omnibus‹ – Mercurius – befreit; zu weiteren Deutungsmöglich-
keiten vgl. Tract. aur., S. 641–643.
9–11 Hinc etiam … innupta marito] Furichius klärt hier über die – mit
Aristotelesverweis in GL. 10; vgl. Arist. HA 7, 2 – übertragene Bedeutung
der ›monatlichen Reinigung‹ als alchemisches Menstruum auf. Daß dieses
671 Vgl. H. De Jong (1969), S. 98–100; u. M. Gabriele (1997), S. 74 f.
672 Vgl. auch, allerdings Jungianisch geprägt, H. Sheppard (1957).
in seiner Wirkung dem Basilisken oder den ätzenden und brennenden Un-
terweltflüssen verglichen werden kann, beruht auf Vorstellungen, wie sie
sich in der Renaissancemagie finden: Nettesheim etwa führt das Monster,
dessen Blut, zusammen mit dem Blut der Menstruation – neben dem Er-
brochenen der Hyäne und anderen appetitlichen Dingen – im 42. Kapitel,
des 1. Buches von De occulta philosophia unter De quorundam ueneficio-
rum admirandis uirtutibus: »Ex eis igitur sunt sanguis menstruus, qui quan-
tas in ueneficio uries habeat, uideamus: Nam ut dicunt, acescunt eius super-
uentu musta nouella, uitis eius tactu in perpetuum laeditur, sterilescunt
tactae fruges, […] speculorum fulgor aspectu ipso hebetatur, et acies ferri
in cultris tonsoriis eborisque nitor perstringuntur, etiam ferrum rubigine
protinus corrumpitur. […] Basilisci quoque sanguinem, quem et Saturni
sanguinem uocant, tantas in ueneficio uires habere ferunt, ut gerenti ipsum,
tribuat successus petitionem à potestatibus, tum etiam à diis precum, mor-
borumque remedia et beneficiorum munera.« (Nettesheim, S. 47–49).
14–19 Providus esto circa fermenta … caseus urceo] Die alchemischen
Fermente sind die Menstrua, das Gift, der Theriak des Steines; sie sorgen
für »rechte Auffschliessung oder Auflösung, der in den vegetabilibus ent-
haltenen Theile« (Ernsting, S. 150); vgl. auch Ruland, S. 471. Wie Hefe
lassen sie den Stein aufgehen, bringen ihn zu Vollkommenheit; vgl. »Fer-
mentum lapidis philosophor[um] die Guhr des Steins der Weisen. So er in
der Bereitung aufblehet. Daher sagen die Philosophi er schwillet auf wie
eine Kröte« (Ernsting, S. 151). Hier werden Vergleiche zu Gärungsprozes-
sen, dem Aufgehen des Brotteigs und dem Gerinnen der Milch bei der
Käseherstellung gezogen. Ähnliches findet sich mit der Glosse ›Fermen-
tum‹ im Rosarium: »Ex perfecto nihil fit quia iam perfectum est, prout
ista natura seu artificium, habemus exemplum in pane. Panis fermentatus
et coctus, est perfectus in suo statu seu esse, et ad suum vltimum finem
peruenit, nec ex eo plus poterit fermentari sicut est in auro, aurum purum
deductum est per examen ignis in corpus firmum ex fixum, et cum eo
amplius fermentare omnino impossibile est apud Philosophos.« (Rosarium,
S. 35).673
20 conservat aromata muscus] Spielt an auf die Erzeugung des intensiv
riechenden Moschus in der Moschusdrüse, die aus Asien getrocknet an die
Apotheken Europas geliefert wurde: »Bisam, Moschus. Eine lohfarbige
oder braune, wie getrocknete Blutklümpchen krümliche, trockne, etwas fet-
tig anzufühlende und schmierigte, gummöse, aber zerreibliche, in keiner
Flüssigkeit sich völlig auflösende, brennbare, einen sehr starken, druchdrin-
genden, in der Nähe fast unausstehlichen, in der Entfernung aber sehr lieb-
lichen Geruch verbreitende, schärflich und bitterlich schmeckende Masse,
welche in ohngefähr 3 Zoll langen und 2 Zoll breiten, mit kurzen, borsten-
artigen, braunen Haaren besetzten […] Beuteln in der Nabelgegend eines
[…] rehartigen Säugetieres männlichen Geschlechts mit Namen: Bisamt-
hier, Moschusthier (Moschus moschiferus L[atine]) enthalten ist. Im leben-
den Thiere hat diese Masse eine flüssige, so wie sie zu uns kömmt, aber die
gedachte Beschaffenheit.« (Pharmakologisches Lexikon 2 (1800), S. 136).
21 – S. 43, 22 Haec si perpendas … penitosque recessus] Diese Verse
führen die Bedeutung der ›imaginatio‹ im alchemischen Werk vor Augen:
›Imagination‹ als – nach dem Verständnis der Zeit – Vorstellungskraft: als
das Vermögen der Seele (›anima‹) Bilder zu erschaffen. Die alchemischen
Metaphern und Vergleiche sind das Erzeugnis der Anima desjenigen, wel-
cher die ihm gelungene Transmutation mittels Analogie nun in (Sprach-)
Bilder zu fassen imstande ist.
Theoretisch wird dies etwa von Paracelsus, welcher der wahren ›imagi-
natio‹ als ›astrum‹ genanntes magisches Schöpfungsvermögen der men-
schlichen Seele große Bedeutung zuweist sowie Sendivogius (vgl. MH,
S. 617 f.) thematisiert, ebenso wird es vom Paracelsisten Ruland wieder
aufgegriffen: »Imaginatio, est astrum in homine, coeleste siue supracoeleste
corpus, Das Gestirn im Menschen/ der himmlische oder uberhimmlische
Leib.« (Ruland, S 264). Allen ist gemein, daß sie für die ›imaginatio‹ die
besagte erkenntnistheoretische Funktion beanspruchen und sie gegen son-
stige Phantastereien abgrenzen. Nicht zuletzt ist sie für das Gelingen des
alchemischen Werkes unabdingbar: Sie ist sowohl Mittel der Einsicht als
auch, wie hier in der Chryseis, das Mittel der Unterweisung: Im Prozeß des
Erschaffens alchemischer Bilder wie in deren Aneignung wird die Grenze
zwischen handelndem Alchemiker und alchemischer Materie aufgelöst: die
Seele (›anima‹) als Trägerin der ›imaginatio‹ vollzieht den Weg der Trans-
mutation nach.674
Die Funktionsweise dieser Didaxe auf der Handlungsebene des Lehrge-
dichts wird hier in der Rede des Senex offenbar, indem er in seiner Rede
Bilder entwirft, durch deren geistige Aneignung Chrysanthus in die Myste-
rien der Chryseis eingeweiht wird, doch zugleich den Prozeß ihrer Erzeu-
gung durch seine eigene Anima durchblicken läßt. Vier mal geht es mehr
oder minder, mit dem entsprechenden mythologischen Vokabular, darum
›wie die Sonne aufsteigend den der aufgeheizten Erde entquollenen Dunst
gleißend durchbricht‹ – wobei sich die, mittels der vorangegangenen Bilder
der Gärung gewonnen Einsicht, ›unde meet quadriga colorum, dum vapor
aetherius [etc.]‹ (v. 21–26), auf die Vorgänge innerhalb des über SCHOL. 3
ins Gedächtnis gerufenen alchemischen Eies – als funktionsfähiges Modell
des Makrokosmos und Retorte (als Mikrokosmos) – bezieht.
674 Die Überlegungen stützen sich auf diejenigen M. Gabrieles (1997), S. 34–40; dort
auch weitere Literaturangaben; vgl. zudem CP 1, S. 160 f.
– Daß dem so ist, und keine Schilderung in der freien Natur beobachtbaren
Geschehnisse vorliegt, versteht sich allerdings erst durch die Ver-
gleichspartikel ›veluti‹ (v. 26) – stünde ein ›et‹ könnte die Verse 23–31
schlicht als Variatio gelesen werden. Sie wollen jedoch als Gleichnis der
vorherigen verstanden werden, beziehungsweise als Abbild des mikro-
kosmischen Geschehens im Makrokosmos.
– Diesen beiden kosmologischen Beschreibungen entspricht das alchemi-
sche Opus – ›sic opifex bonus urget opus‹ (v. 32) – wobei dieser als
Handelnder der nun eindeutig mythoalchemischen Eos zu altem Glanz
verhilft.
– Allein, in den Versen 10–14 sticht die Verwendung der ersten Person
›Altius adscendam‹ und ›clarique rotas imitabor Eoi‹ heraus: Die Grenze
zwischen dem Greis, als Handelnder wie den Weg Weisender, und be-
handelter Materie verwischt. Die ›quadriga‹ der Eos schließlich ist nicht
zuletzt durch die Wiederholung die besagte ›quadriga colorum‹ (vgl.
v. 22). Die ›imitatio Eoi‹ wird somit zu einer ›imitatio Mercurii‹ oder
›imitatio operis‹ seitens der Anima. Hinter all dem steht die neuplatoni-
sche Vorstellung des Seelenaufstiegs als Weg der Erkenntnis.
– Daß dies der übliche Weg zur Aneignung der alchemischen Kunst ist,
kommt ab Vers 18 ›sic agit ars animos‹ zum Ausdruck: die Bilder von
Mikro- und Makrokosmos, sowie der eigenen Imaginatio, sind letztlich
das Wesen und Geheimnis der alchemischen Kunst. So wird das von
Furichius am Anfang gegebene Versprechen – wohlgemerkt mit den sel-
ben Bildern: ›penetrare recessus‹ und Weichen der Finsternis – eingelöst:
»Incipio immensis reparare laboribus artem/ Quae docuit totos magnae
penetrare recessus/ Matris, et ignotis animam defendere ab umbris«
(CHRYS., S. 1, v. 3–5).
Lexikalisches:
S. 43, GL. 1 Quae Electri colorem referat] Damit die Glosse auch in der
Übersetzung ihre erklärende Funktion behält, variiere ich im Text ›Bern-
stein‹ mit dem alten ›Agstein‹.675
33–S. 43, 15 surgentis Eoi … Pyroenta, et Eoum] Eos ist die Römische
Aurora, Tochter des Hyperion und der Thia, Schwester von Sol und Luna,
sieht fährt hier in Vergilianischer Tradition vierspännig; vgl. »Hac vice
sermonum roseis Aurora quadrigis/ iam medium aetherio cursu traiecerat
axem« (VERG. Aen. 6, 535 f.). Sonst ziehen ihren Wagen der Pegasus oder
ein Zweigespann. Die beiden hier genannten Pferde der Morgenröte sind
eigentlich Tiere des Phoebus, wie sie sich bei Ovid finden – vgl. »interea
675 Vgl. Grimm 1 (1854), S. 190: »der bernstein wurde im mittelalter oft mit achat, gagat
und magnet vermengt und danach benannt«.
oder guter Töpffer=Erde gemacht worden seyn« (Ernsting, S. 274 f.); vgl.
auch Ruland, S. 432 f.
[S. 46] 1 altera grandinea] Als Quelle dieser Farbbezeichnung verweist
Furichius erneut auf Arnald von Villanova, dessen Farbvergleich somit
auch der Aurea Catena zugrundeliegt; vgl. »Haec dispensatrix lapidum
mens vna duorum./ Nam cui grandineus color emicuit, ille citrinum,/ Ille
rubentem eitam non delirante sequela/ Possidet.« (AVR. CAT., S. 31, 2–5).
Hagel versinnbildlicht zudem die Reinheit alchemischen Wassers; vgl.
»Grandine. Acqua pura ottenuta dalla grandine disciolta.«680
7–10 Annon ridebis … arvum] Vergleich des Lapis mit dem Hernach-
wachsen von Wein, roter und weißer Trauben, wobei ›Trauben‹ zugleich
Frucht des – weiter unten ausführlich besprochenen – philosophischen Bau-
mes sind.681
20 Sorbeat … de spiramine Bacchi] Mit GL. ist der ›Atem des Bacchus‹
der alchemische ›Spiritus vini‹ – wie ihn ›Beguinus facit‹. Jener ist der
Ende des 17. Jahrhunderts lebenden Pariser Arzt und Alchemiker Jean Bé-
guin oder Johannes Beguinus. Er durchreiste Deutschland, Ungarn und Ita-
lien, um sich dort die Bergwerke anzusehen. Zudem gab er 1608 das No-
vum lumen des Sendivogius heraus.682 In seinem zuerst 1608 in Paris er-
schienenen Tyrocinium Chemicum führt er die Bereitung von ›Spiritus vini‹
zu Beginn des 4. Kapitels De spiritibus im 2. Buch aus: »Spiritus vini./
Digere vinum generosum α in fimo, vel ejus vicario, in vasis circulatoriis,
β justae amplitudinis, per octo vel decem dies: postea, vase refrigerato,
effunde illud in cucurbitas altas, γ quibus superpone alembicos rostratos,
juncturas vesicis porcinis, vel bovinis, benè muniendo, destilla, ut artis est,
per B[alneun] M[ariae].683 Primò egrediatur spiritus, (qui quadragesima
plus minùs pars est vini generosi. Reliquum enim est aqua ardens; quae à
spiritu, sapore gratiore, quem ea habet, dstingitur, oleum, sal, caput mortu-
um) [etc.]« (Beguinus, S. 115 [=125]-182[=128]).
Wie SCHOL. fortfährt, wird dieser ›Spiritus vini‹ auch ›Aurora Philo-
sphorum‹ genannt; die besagte ›Aurora‹ der Chryseis. Somit ist dement-
sprechend das Rezept des Tyrocinium keine einfache Anleitung – bezie-
hungsweise wird nicht als solche verstanden – sondern die verschlüsselte
Anweisung zur Gewinnung des ›alkoholischen Weingeistes als Quintessenz
des Weines, als geistig subtiles Arkanum‹.684
685 Vgl. »luteam putant a luto herba dictam, quam ipsam caeruleo subtritam pro chryso-
colla inducunt; vilissimo genere atque falacissimo.« (PLIN. nat. 33, 91).
686 Vgl. auch ThLL 6, 2 (1925–1934), 1811 f.
687 Vgl. Novum Lumen, S. 590–600.
15–23 Ast uxor Phoebi … miscuit ostro] Die Stelle ist eine Ausarbeitung
von: »Semicruenta modò est, mox dum magis vrget Olympus,/ Erubuit tota,
et regnat tibi gemma coruscans./ Hic leo, quem modo terricolae videre
virentem,/ Sanguine conspersus se totum miscuit ostro.« (AVR. CAT.,
S. 25, 12–15). Aus GL. 15 wird ersichtlich, daß die ›Gattin‹ des Phoebus,
welche hier in Bildern der Defloration für die alchemische Rubedo darge-
stellt wird, der Stein der Weisen, unser Mercurius ist. Verglichen wird der
Lapis dem Karfunkel: Ein Edelstein von feurig roter Farbe: »nomen ab
ignis similitudine, cum ipse ignem non sentiat, propterea apyrusta dicitur,
vel apyrocus« (Ruland, S. 132); auch Pyropus, im Mythos – vgl. »clara
micante auro flammasque imitante pyropo« (OV. met. 2, 2) – der Stein,
aus welchem der Palast des Phoebus errichtet ist. Neben verschiedenen
Identifizierungen mit Mineralien (vgl. Plin. 37, 8) gilt er bis ins Mittelalter
– vgl. etwa im Herzog Ernst B »Ernst der edele wîgant/ einen stein dar
under sach/ den er ûz dem velse brach./ der stein gap vil liehten glast./
den brâchte sît der werde gast/ ûz der vil starken freise. […] er ist noch
hiute wol bekant./ ins rîches krône man in siht.« (HE B v. 4456–4465) – als
selbstleuchtende, wunderwirkende Pretiose: »testatur, Carbunculum anthra-
cem dici a Graecis, et illum lucere in tenebris tamquam carbonem superfusa
aqua limpida clara, in vase vitreo, mundo, polito, eiusque species varias
esse secundum patriam, et ipsum splendorem ipsamque substantiam. Porro
habere eum virtutem omnium lapidum aliorum: praecipue contra venenum
et toxica.« (Ruland, S. 133).
21-S. 48, 2 Tibi sed fortasse leonis … visus fuit ingenerâsse] Mercurius
als die besagte Gattin des Phoebus wie auch als der Stein Karfunkel ist
ebenso der Grüne Löwe der Alchemiker; vgl. den Kommentar zu CHRYS.,
S. 24, 1–25. Die Verbindung mit dem rotem Purpur, der ihm hier als Blut
entquillt, wird in der Illustration des Rosarium als das Verschlingen der
Sonne dargestellt; vgl. die Abbildung Rosarium, S. 173, mit dem Text:
»Ich bin der war grün vnnd guldisch Löwe ohn sorgen/ Inn mir steckt
alle heimlichkeyt der Philosophen verborgen«. Im 37. Emblem der Atalanta
fugiens heißt es zur bekränzten, traulich dreinblickenden Großkatze: »Aes
Hermetis at est viridis LEO, petraque nota/ Librorum capitlis, Fumus et
albus aqua.« Ähnliches findet sich in alchemischen Lexika: »Aes Hermetis,
Mercurius solis, Mercurius philiosophorum, Antimonium, Vitriolium roma-
num« (Ernsting, S. 194); vgl. auch Ruland, S. 303 sowie in den Twelve
Gates: »Bodyes wyth the fyrst we Calcene naturally/ Perfyt, but none
whych be unclene,/ Except one whych usually/ Namyd by Phylosophers
the Lyon Greene,/ He ys the meane the Soon and Moone betweene:/ Of
joynyng Tynctures wyth perfytnes,/ As Geber thereto beryth wytnes.« (Ri-
pley, S. 125). Hierbei sind – wie GL. 24 nochmals betont – ›Vitriol‹ (Kup-
ferwasser) und die anderen Begriffe nur Synonyme für Mercurius; und
sicut festucis, morsu eius interficit. et haec cornua sunt illa, quae sudare
dicuntur praesente veneno.« (Ardoinus, S. 352[=350]–351).
Neben diesen Werken interessiert hier vor allem der Verweis auf Alpino.
Dieser beschreibt im 4. Buch von De Medicina Aegyptiorum im 10. Kapitel
In quo Aegyptiorum theriacae descriptio differat ab ea, quae ab Androma-
cho Seniore olim memoriae fuit prodita693 die Bereitung des Ägyptischen
Theriak aus Schlangenfleisch: »Tahyr serpens est longitudine duorum ad
summum cubitorum, corporis magnitudine, colore, figura, vt nuper etiam
dictum est, viperis à nostris uocatis, proximis, hoc excepto, quod caput
habent magis latum ac depressum, atque in eo cornua alba gestant, mas
unum et foemina duo, in sincipite, non secus quam acus acutissimos, ex
quibus aliqui iudicarunt, illum serpentem veram esse cerastem«694
Die Schlange Cerastes wird hier für das Menstruum gesetzt, aufgrund
der Wirkung ihres Giftes695 – zugleich ist sie der Grundbestandteil des
›Theriak‹ als Allheilmittel und Panazee, im iatrochemischen wie im alche-
mischen Sinne: Sie ist demnach gleichbedeutend mit ›fermentum‹ – vgl.
»Theriaca, Gifft Ferment materi, lapis« (Ruland, S. 471) – und ›menstruum‹
– und sie entspricht letztlich dem Saturnus der Visio.696
Bonus behandelt den ›Theriak‹ als ebenso gängiges wie dunkles ›Gift‹
für die Nigredo im 13. Kapitel seiner Margarita pretiosa: »Quia antiqui
Philosophi assignaverunt in compositione sui lapidis venenum et Tyriacam,
et ipsum comparaverunt eis vel è conversio, sicut venenum et Tyriacam
humano corpori, et sunt haec de terminis occultissimis hujus artis; nec
possit lapis perfici et compleri […] sine cognitione praediciti fermenti
[…] Sunt quidam sicut mos est, et fuit hanc artem secundum verborum
scripturam et sonum inquirentes, et operantes, qui credunt interficere Mer-
curium cum rebus venenosis: unde quidam ipsorum acceperunt venenum ex
vegetabilibus, ut ex napellis aut cicura, et sibi similibus: quidam autem ex
animalibus. ut ex bufonis et serpentibus« (Bonus, S. 49) – zu letzteren ge-
hört hier, allerdings nur dichterisch, Furichius.
13 vicino … arcu] Phoebus und die Schlange sind alchemisch gesehen
›verwandt‹, da es sich um den ›Saturnus‹ und ›Phoebus‹ des Traumes han-
delt, zudem ist die Schlange ›cerastes‹ wie Apoll ein Schütze.
14 Cynthius] Als andere Bezeichnung für ›Delius‹; vgl. »Delos autem
insula inter Cyclades celeberrima est, ut apud Apollonium Rhodium notant
interpretes, sacra in primis Apollini, quae et Asterie nuncupata à figura,
item Ortygie a sorore Latonae: temetsi in hoc uariant scriptores. Delos et
693 Vgl. P. Alpino (1591), S. 136r-139v.
694 Ebd. S, 136r.
695 Welches allerdings von Alpino, der Zeuge eines harmlos verlaufenden Schlangenbis-
ses wurde, als nicht immer tödlich beschrieben wird: »vnum certo scio, non esse
illorum morsorum vsqueadeo exitiosum« (ebd.)
696 Vgl. Ruland, S. 471.
Cynthus uocata fuit, teste Stephano, unde et Cynthius Apollo. dicta verò à
Cyntho, Oceani filio.« (Giraldi, S. 305).
14–15 cerastis missile virus/ Eructat] Auf den Pythonbezwinger – vgl.
OV. met. 1, 416–451 – wird zurückgeschossen, und die beiden Schützen
bringen sich gegenseitig zur Strecke. Furichius erklärt dies in GL. 15 ›Ac-
tio, et passio auri et menstrui‹ als wechselseitiges Wirken von ›aurum‹ und
Menstruum.
17–21 Ille novis positus … aestivo supponat utrique calorem] Als Vor-
lage deutlich erkennbar: »Ambo igitur mortificati, et in vitrum aliud mun-
dum inditi poantur ad solem per alium mensem philosophicum: vel si hye-
mis tempore, solis calor sit remissior: similem in hypocausto.« (Tract. aur.,
S. 665).
19–20 Sub die … fruantur/ Aestivo] In der Aurea Catena: »Vase recen-
tato, teneatur apricus uterque:/ Et rex et serpens, ambo vna morte sepulti:«
(AVR. CAT., S. 26, 16 f.).
23 redidivus aget Titanius heros] In der Aurea Catena heißt es noch:
»rediuivus agit natus diademate cinctus« (AVR. CAT., S. 26, 6) – ›Titanius‹
vom Sonnengott Titan.
26–27 emissas impos perferre sagittas … notas fugit indignatus ad um-
bras] Die ›notae umbrae‹ sind auch im Tractatus aureus der bevorzugte
Lebensraum der Kriechtiere: »Serpentes autem et Dracones gaudent potius
locis subterraneis, petrosis et obscuris speluncis, quàm luce solis sive diei
propatulo.« (Tract. aur., S. 664).
In der Aurea Catena sind es statt der Pfeile des Phoebus (als Jäger) die
Strahlen der aufgehenden Sonne: »Postquam igitur Titan rutilante oriente
resurgit,/ Disparet noctis species, et diffugit anguis:/ Nec valet infractus
radios perferre vibratos:/ Silbilat, et notas fugit indignatus ad umbras.«
(AVR. CAT., S. 26, 2–5)
31 toxica] Als ›Pfeilgifte‹ die treffende Bezeichnung.
[S. 49] GL. 14 Λεπτομερεία operis] Sowohl in Galenischer Tradition die
›Feinteiligkeit‹ oder ›Subtilität‹ eines Stoffes als auch rhetorisch eine detail-
lierte und fein gegliederte Beschreibung.
22–23 Naturae ambiguae … Hermaphroditus utrumque] Zur Doppelna-
tur des alchemischen Hermaphroditen vgl. neben SCHOL. 22 den Kom-
mentar zu S. 34, 6–10; S. 36, 7–15; und S. 41, 7–13.
25–S. 50, 7 Inspice Iuniperi … conferre levamen] Allegorie des Wach-
holderstrauchs, vom Samen bis zum Öl als Panazee für das alchemische
Opus; vom Senex Vers 24 als ›minor‹ – und somit als einfacher nachzu-
vollziehendes Gleichnis (GL. 25 ›Comparatio‹) angekündigt. Quelle hierfür
ist wiederum eine Scholie des Tractatus aureus; vgl. Tract. aur., S. 653 f.
[S. 50, Fortsetzung] 17 Est alius namque] Spielt mit SCHOL. auf das
›ignis artificialis‹ Ripleys als Menstruum an; vgl. Kommentar zu S. 14, 16
u. S. 35, 10.
19 furnos extrinsecus] Der Ofen ist nach GL. der Athanor – vgl. Ernst-
ing, S. 41 oder die Baubeschreibung bei Ruland, S. 76–78 – welcher ebenso
durch das Ei versinnbildlicht wird;697 vgl. Kommentar zu CHRYS.,
S. 37, 11.
25–27 lilia fundens … beneolentia anetha] Die Farbsymbolik und Duft-
symbolik – weiße Lilie698 und rote (Rose, Hyazinthe) Blumen; sowie des
Duftes von Narde und Anis – hat ihre Entsprechung in der Schilderung der
Circulatio; vgl. CHRYS., S. 44, 12–13.
Ist auch eine direkte Quelle für Narde und Anis noch unbekannt, so
findet eine, viele Pflanzen, nur nicht diese, deutende, alchemische Botanik
sich in Maiers Septimana Philosophica als Quarta Dies: De Vegetabilibus
(vgl. MAIER Sept., S. 113–154).
30 Septima namque] In SCHOL. wird auf das bereits zur Siebenzahl
Genannte verwiesen, dem Furichius als weitere Referenz das Hieroglyphen-
buch Valerians – dort den 37. Abschnitt zu den Zahlen – hinzufügt, da die
Alten durch diese, die Sieben, wegen ihrer Eigenschaften als Primzahl, Gott
darstellten: »Non erat autem otiosum Septenarij nomen, quod hieroglyphi-
cum esse Dei Philolaus asseuerat: quippe quod ea sit eius numeri praero-
gatiua, ut ipse sibi similis, alter ab alijs sit, ueluti Deus, dux et princeps,
uniuersorum solus semper singularis et immobilis. Inter enim ea quae in-
tellectu percipiuntur, septenarius sine motu est, neque quicquam patitur
[etc.]« (Valerian, S. 388).
In diesem Sinne auch die Commentaria symbolica: »Septenarius, signif
[icat] creatorem et creaturam. Nam constat ex ternario et quaternario, ter-
narius signif[icat] artificem inuisibilem, et quaternarius, signif[icat] visibilis
materiae primarias substantias, vt ternarius signif[icat] creatorem ob sanc-
tissimam Triadem, et quaternarius, signif[icat] creaturam ob quatuor ele-
menta, quae rerum omnium causae sunt et semina.« (Ricciardi, Bd. 2, 75v).
33 Hunc Saturno … sacravit] Zum Verhältnis von Chronos und Sieben-
zahl, vgl: »Septenarius sign[ificat] Saturnum qui est septimus ascendendo,
et signifi[cat] requiem, cui septimus dies addictus erat, qui interpretatur
requies.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 76v). So auch der Tractatus: »ita Saturnus
nostrae magnesiae, ultimam manum imponit operi, et ab eo quoque die
Philosophorum septimo quiescit.« (Tract. aur., S. 634).
697 Vgl. auch B. Meitzner (1995), S. 165–172 mit Abbildungen beziehungsweise S. 138–
142 des Nachdrucks.
698 Zur Lilie vgl. etwa L. Abraham (1998), S. 117 f.
[S. 51] 8–21 Ergo incrementum … examine pensat] Nach den Verzehn-
fachungen von CHRYS., S. 8, 27–30 wird hier die Erzeugung des Steines
und seine Vermehrung als ›Pythagorica supputatio‹ geschildert und in GL.
12 schematisch dargestellt.
Dieselbe ›Rechnung‹ findet sich als Prosatext im ›Tractatus aureus‹:
»Componitur enim septenarius ex ternario et quaternario, quorum charac-
teres vulgo exprimuntur per 3. et 4. quasi dicas, ter quatuor, quae faciunt
duodecim: ita ut in idem recidant septenarius et duodenarius, qui simul per
multiplicatum Naturae artificium sumpti proferunt octuaginta quatuor: quo-
rum characteres sunt 8. et 4. qui duo numeri per simplicem additionem
redeunt in suum principium, nempe in duodenarium et septenarium. Octo
enim et quatuor faciunt duodecim. Duodecim ante resolvuntur in ter qua-
tuor. qui per characteres hosce 3. et 4. revertuntur in septenarium nume-
rum.« (Tract. aur., S. 634 f.). Durch die Zahlenreihe und ihr Verständnis
werden ›omnia in omnibus‹ begriffen, da durch sie »magicè et ex interna
sua anatomia, in partes suas sive membras refectus, repraesentat quodam-
modo universal quoddam et essentiale tàm Creatoris, quam creaturae no-
men: ita ut unus septenarius omnem caeterorum numerorum vim ac virtu-
tem plenariè complectantur.« (Tract. aur., S. 634)
Die Sieben wird in diesem Kontext doppelt verstanden: himmlisch und ele-
mentar. Der Tractatus verdeutlicht dies in zwei Reihen: ›O O O – O – O O O‹
für die Himmlischen Principia und die Planetenzeichen in der Folge: ›Saturn,
Iupiter, Mars – Sol – Mercurius, Venus, Luna‹ für die elementaren; zu den
Principia vgl. Kommentar zu S. 7, 19–20. Die (ebenso doppelten) himmli-
schen werden durch die Einzahl ›unitas copulativa‹ zusammengehalten, wie
die Metalle oder Planeten durch die Sonne oder das Gold.
Die Sieben als Summe von Drei und Vier bedeutet weiterhin die Welt, da
diese aus den drei Principia und den vier Elementen zusammenfügt ist.
Neben der Addition steht die Multiplikation, man gelangt zur 12: Die
Zwölf kann begriffen werden als die Summe von Vier und Acht: die vier
Elemente und die acht Planetensphären; vgl. »Numerus duodenarius qui
iuxta priscorum sententiam est numerus spherarum celestium, octo et qua-
tuor elementorum« (Ricciardi, Bd. 2, S. 80r); sowie als Anzahl der Monate,
neuplatonischer Dämonenhierarchien, Sternzeichen, Apostel, heidnischer
Götter, etc.; vgl. Ricciardi, Bd. 2, S. 80r-81r.
Dann die erneute Multiplikation mit der Sieben: die 84. Diese symboli-
siert in hermetischer Tradition die Zahl der Orphischen Hymnen, sowie für
die Kabbalisten diejenige der Psalme Davids, in welchen das jeweilige –
synkretistisch entsprechende – kosmologische Wissen enthalten sowie aus
ihnen ableitbar ist; vgl. »Septenarius multiplicatus complicatus et in seipso
explicatus facit octuaginata quatuor. Nam septem constant ex tribus et qua-
tuor. Et multiplicando ter quatuor efficiunt 12. qui 12. explicati per septem
conficiunt 84. qui est numerus Orphicorum Hymnorum, in quibus explica-
tur tota magia naturalis, sicuti in Dauidicis psalmis tota cabala continetur.
Et iste septenarius signif[icat] omnem diuinitorem, et omnem absolutissi-
mam perfectionem.« (Ricciardi, Bd. 2, 75v).
Zu all dem kommt SCHOL. 8, welche erklärt, daß diese Zahlenreihe
ebenso ›arbor Hermetis‹ heißt. Hierunter – auch vor dem Hintergrund der
besagten Reihe der Metalle im Tractatus aureus – wird »die Vergleichung
der Metalle mit einem Baum [verstanden]: Der Stamm ist Mars. Die Wurzel
ist Saturnus. Die äußerste Rinde ist Stannum. Die inwendige Rinde ist
Mercurius viv[us]. Die Blätter sind Venus. Die Blumen sind Argentum.«
(Ernsting, S. 33).699
Als ersten Eintrag führt das Lexicon chymicum jedoch das eindrucks-
volle Experiment des ›Arbor philosophorum‹ auf. Thomas Mann beschreibt
am Ende des vierten Kapitels seines Doctor Faustus als chemisches Kunst-
stück von Vater Leverkühn: ›gewisse unglaubliche und geisterhafte Natu-
rerzeugnisse, die dem Vater in sonderbarster Kultur zu züchten gelungen
waren‹ – nämlich aus Kali und Kupfersulphat im Kristallisationsgefäß eine
»fragwürdige Sippschaft, Pilze, phallische Polypenstengel, Bäumchen und
Alpengräser«.700
Auf diesen ›Baum‹ wird Furichius in SCHOL. 29 noch zurückkommen.
22 Ter denas autem luces] Dieses Drei-mal-zehn – für einen Monat –
rührt, so SCHOL. aus den Jamben des Heliodoros her: ›Eine dreifache
nämlich im Feuer in drei Tagen/ Ist die ganze Weißmachung ins Gelbfar-
bene.‹ (vgl. Theophrast. graec., v. 127 f.) – also einem Drei-mal-drei, wobei
mit GL. 26 gilt, daß die alchemischen Zeitangaben nicht wortgetreu zu
begreifen seien.
SCHOL. 29 Tu plantam] Furichius nimmt die hier einsetzende Recapi-
tulatio zum Anlaß, kurz zur zeitgenössischen Diskussion, ob den Metallen
Leben zuzusprechen sei, Stellung zu beziehen. Ohne – wie er sagt – den
alten Streit aufwärmen zu wollen, berichtet er: ›Ich selbst sah Silber in
einem Gefäß (man nennt es Matracium [sprich: ein Weithalskolben])701
sprießen, mit wunderschönen Zweiglein, wobei rotes Pulver die Wurzel
deckte, und gleichsam als neuer Nährstoff wiederholentlich hinreichte.‹ Er
meint damit den obigen ›Arbor Hermetis‹ aus SCHOL. 8. Nach seinem
eigenen Rezeptes für das Experiment schließt er – mit Andreas Dudithius
und Petrus Monavius – gegen Bartoletus Mantuanus sowie den Antipara-
celsisten schlechthin, Erastus, daß den Metallen durchaus Leben zuzuspre-
chen ist. Jener führt etwa in seiner Disputatio altera unter De uita lapidum
fässe dem Mist/ und in den andern die Materia stelltet so man darin setzten
oder tractiren will.« (Ernsting, S. 304).
32 corruda tenerrima plantae] Mit GL. ›surculus‹ – vgl. ThLL 4 (1906–
1909), Sp. 1048: »nomen herbae« – hauptsächlich von wildem Spargel;
vgl. etwa PLIN. nat. 19, 145.
[S. 52] 22 Occinimus] Das Verb ›occinere‹ (von ›canere‹) bezieht sich
üblicherweise auf Vögel; besonders weissagende.
24–S. 53, 18 Iam non est quicquam … detestandiqué ministri] Die
Traumdeutung endet hier, der Greis wendet sich nun wieder an Chrysanthus
und beginnt mit dessen direkter Vorbereitung auf die kommende Initiation
in die, v. 25 ›Orgia‹ genannten, Mysterien. Diese gehören zur ›sancta ma-
ter‹ (v. 28 f.) Cybele; vgl. Kommentar zu S. 4, 4–9 u. S. 17, 9.
Die Göttin wird hier ausdrücklich als Gottheit der Eleusinischen Myste-
rien (v. 29) bezeichnet.
Sie hatte zusammen mit ihrer Tochter Proserpina in Eleusis bei Athen
den ältesten Tempel auf griechischem Boden, nachdem der Kult aus Ägyp-
ten eingeführt worden war. Von allen Mysterienkulten war der Eleusinische
der geheimnisvollste und verborgenste. Doch weiß man, daß bei Feierlich-
keiten Fackeln verwandt wurden, mit welchen gewissermaßen die Suche
der Ceres nach ihrer geraubten Tochter nachgespielt wurde. Hierauf bezieht
sich auch Claudian in De raptu Proserpinae mit den Versen: »iam mihi
cernuntur trepidis delubra moveri/ sedibus et claram dispergere lumina lu-
cem/ adventum testata dei: iam magnus ab imis/ auditur strepitus terris
templumque remugit/ Cecropium sanctas faces attollit Eleusin.« (CLAVD.
rapt. Pros. 1, 7–11); vgl. Giraldi, S. 589 f.
Die spagyrischen Mysterien der Chryseis werden somit gleichwertig mit
den Eleusischen, wenn jene nicht gar als in ihrem Wesen seit jeher alche-
misch angesehen werden, wie es eine Deutung der Cybele ihre Deutung als
Bewahrerin der Geheimnisse der Natur bei Conti, S. 504 nahelegt, oder in
Maiers Arcana arcanissima (vgl. Maier Arc., S. 178–183) ausformuliert ist.
29–S. 53, 2 Salve dilecte Sacerdos … aspergine tinxit] Der Greis bringt
in direkter Rede die weyland – erinnert wird an seine Lebensgeschichte –
von der Göttin an ihn gerichteten Worte, er zitiert die Epiphanie der Chrys-
eis und nimmt zugleich vorweg, was Chrysanthus erwartet.
1 caepe sacram … tiaram] Die Tiara oder Mitra als Priestermütze in der
Art eines niedrigen Turbans aus Batist, versinnbildlicht sittliche Reinheit
und Weisheit; vgl. »mitra, uel cidaris, qui erat pileus sacerdotalis ex bysso,
signific[at] integram, et incolumem [sic] pudiciam, propter fascias, quae id
gestaminis praeligatur, vel secundum Hesichium, sign[ificat] sapientiam,
propterea quod in capite cerebrum sapientiae est organum.« (Ricciardi,
Bd. 2, S. 248v).
705 Vgl. »In evocatione vmbrarum, fumigamus cum sanguine recenti, cum ossibus mor-
tuorum [etc.]« (H. Nettesheim (1970), Bd. 1, S. 560).
706 Der – unter anderem der Traumdeutung Sigmund Freuds als Motto vorangestellte –
ingrimmige Vorsatz Junos, als sie Jupiter nicht gegen Aeneas gewinnen kann: »flectere
si nequeo superos, Acheronta mouebo« (VERG. Aen. 7, 312).
707 Vgl. K. Schottenloher (1926); zudem Th. Verweyen (1979) u. J. Trapp (1986); zu den
›poeta laureati‹ Maximilians I. (1459–1519) vgl. A. Schmidt (1989), zu ihrer Rolle im
›literarischen Feld‹ des 16. Jahrhunderts vgl. A. Schirrmeister (2003).
708 Nach meiner Übersetzung; vgl. S. von Birken (1973), S. 517–523.
Die Seiten des Originals stehen am Ende der Gedichte in eckigen Klam-
mern, Hervorhebungen wurden aus der Vorlage übernommen.
Ad Eundem./ * Anagramma
Arcam dum vacuam tibi mitto vel offero; ne me
Fallere velle rudi spe speciéque puta:
Auri nanque [sic] loco suppono ignobile carmen;
Auri tu tamen id collige, quaeso vice.
[5] Et si conclusi donatam carmina in arcam:
* Carmina in Arca antehâc clausa fuêre tamen,
Spem facit * Arca tamen, quod sit tibi * cara futura:
O utinam non sit spes specisque nihil!
* Anagramma [S. A2v]
Ad Amicum.
O si possem aperire meum tibi pectus, ut intra est!
Monstrarem soli mystica claustra tibi.
Hoc nequeo quia, signato pro concipe signum:
Formata â niveo pectore verba cape. [S. A3v]
–
Avaritia.
Quo potum plus est auri, plus inde sititur:
Auri hinc sacra sitis, non erit illa fames. [S. A3v]
–
In Mundos Democriti.
Plures immundos, et non, Democrite Mundos
Esse, fide certâ dignius esse reor. [S. A3v]
De Intellectu.
Nil mortale facit, nisi quod mortale fit. Ergo
Astra Intellectum quî generare queunt? [S. A3v]
–
Ad Eliam Prophetam.
Elysias quando Elia veheris in oras,
In Patriam veheres, unde vocatus eras. [S. A5r]
–
Ad Medicos.
Linea cum postrema venit, Mors horrida, rerum:
Exeat Hippocrates, atqué agat Harpocratem. [S. A7v.]
–
In Jesuitas.
Dum bene larvatos tam sancto nomine Vulpes
Se rentur: Vox en clamitat ipsa scelus!
Littera namque tenens medium vocalis ut esset:
Consona sic versâ nata superficie est.
[5] Sic quasi qui IESVM VITAT, IES-VITA vocandus:
Cernitis, ut facinus quodque patescat? Ehò! [S. A7vf.]
–
[S. 745] Dudum tibi, Clarissime Morsi, vocem expressissem audaculis hisce
meis litteris, nisi mendacissima fama supremi fati tui annuncia-
tione silentium nobis imperasset. Quum verò paucos ante dies
verba mihi erant cum magno illo Reipubl[icae] nostrae litterariae dicta-
[5] tore Matthiae Berneggero, rescivi, eo gavisus sum, salvum te esse, adeoque
visus es â mortuis animo meo resuscitatus, instar novi cuiusdam Eri
Armenij, si Platoni credimus; aut Enarchi, si Plutarcho: aut denique,
Aristoi Proconesij, si Herodoto. Ubi verò terrarum haereas, nondum
certus sum. Non stetisti promissis, ut speraveram, de litterarum tuarum
[10] certitudine. Tuum est animis nostris sompnium [sic] eximere, quare id
factum non sit; non, quod nesciam abunde esse quod te aliunde occupet, quia
tamen tantum tui amorem in nobis excitasti, debitas saltem flagran-
ti ferum tui desiderium verbo sublevâsse. Recordaris procul dubio, quòd
cum adhuc nobiscum uno coelo fruebaris, injectum â te mentionem fuisse poë-
[15] matis cuiusdam mei, Patauij conscripti, de famoso illo Philosophorum lapide, quod
tum temporis κέντρονα νεοιϲ dixisses. Exscriptum enim est typis
Italicis, ut sub calamo nascebatur, variorum authorum lectione obstetricante.
Tua tamen operâ opusculum illud in manus resumsi, recognovi, refinxi,
Saepe stylum vertens, iterum, quae digna legi sunt,
Scripturus:721
[20] tum tandem tale, quale videbis, prodierit. Debuissem quidem prius, ut
Poeta monet,
Cum tabulis animum censoris sumere honesti:722
Quippe quòd
Membranis intus positis delere liceret,
[25] Quod non ediderim.723
At cum cogitabam, tenuiori olim habitu ausum fuisse coràm censorum
oculis comparere, jam parum ornatiori non debere subterfugere, jussu
imprimis tuo, cui tota fabula peracta est. Accipe igitur, quod tuum est,
visu, enim, eo jussu fecisti tuum. Et, siquid vel verbis, vel rebus ipsis erratum
[30] est, de quo profecto neutiquam dubito, utere ingenue censoria virgula
quam in tanto labyrintho fili cuiusdam Ariadnis loco agnoscam. Utinam
ut in hoc, ita in alijs meis studijs et meditationibus liceret. Certè demum
720 Für die Auflösung der griechischen ›Einsprengsel‹ bin ich Peter Habermehl, Berlin, zu
großem Dank verpflichtet.
721 Nach HOR. sat. 1, 10, 72 f.
722 Nach HOR. epist. 2, 2, 110.
723 Nach HOR. ars. 389 f.
vivere disco, et verso, ut ita dicam, calcaneo novam inire viam, incertus
tamen pede, ut illi solent, qui somno expergefacti ad iter sese accingunt,
[35] multo adhuc crepusculo: incipio inquam fastidire plebeios illos ani-
mos: quorum dictafacta non hominum sunt sed myrmeciorum:
Findor ut Arcadiae pecuaria rudere dicas.724
Usque adeò meliores sese adlatrant, et irrequieti ipsi, omnem requiem ganni-
tibus suis interturbant. Illud quod Deo debemus, sibi attribuant. Hariola-
[40] ris quid velim? Sed quid metricis illis involvo? Asinos citius volare fe-
cero aut Aethiopem dealbavero, quàm istos mutavero. Quare dum licet,
emergamus ab isto hominum caeno, et clariorem in lucem animos nostros
statuamus: vivamus regia majestati celsiores in sublimi sanctae veritatis
throno locati. Strata nobis via est: explanata â multis, secreta tamen
[S. 746] habita, et nonnisi ardenter cupientibus ostensa: cognita, ut ajunt siquae est,
cuidam dictae ῾ροδοϲταυραδελφοτητι. Cuius fama, et celebritas si dictis
et factis non respondet, posset â te, ab alijs incipere. Mirandum equidem
in modum tua de sacris sententia placuit, tantóque magis, quantò pro-
[5] pius ad Deum evehit mortalem, et relictis sordidis hisce corporis exuuijs
animum ad altiora impellit, urgente subtus, vel potius evocante Dej amore.
Veteres viam aliquam nobis straverunt. Docuerunt namque feliciter
adspernari ea, quae hominis non sunt, ut tantò curiosius illud excolamus,
quod verè hominem esse facit. Saepe miratus sum Epicteti lumen in tantis
[10] tenebris, et felicem apud me praedicavi, qui ea cogitaverit, feliciorem se fe-
cerit: nos aequè felices, si imitemur, imò foeliciores, quòd aeternum ineffa-
bilis Dei nostri filium habeamus, qui supra haec beatiora animi tragemata
offert: ipsum Dei verbum immensae sapientiae divinae latifundium adpor[tat,]725
ipse Amor, amorem annunciavit, conciliavit, excitavit: imò spiritu suo
[15] συμπανολβίου animis nostris nectaream suam dulcedinem singulis mo-
mentis propinat. Haec est Philosophia nostra: aut siquae alia, ad hanc re-
feratur. Sic, post scientiarum ferè omnium exhaustas subtilitates in sola
sacrarum litterarum lectione acquiesisse fertur Marsilius Ficinus. Si tamen
praeterea quicquam sectamur faciamus omnia ad Dei nostri gloriam promul-
[20] gandam, bonitatem divulgandam, potentiam extollendam. O quantum huius
temporis malè absumptum est tot viris in re litteraria illustribus. Nam
quantum humanae sapientiae datum est, tantum demptum est divinae.
Plerique ex aliorum supinitate laudem quaerimus, aut alieni nominis ruina
vel castigatione nostrum exaedificamus. Sed redeundum ad nos, ne pariter in
[25] aliorum praepostera diligentia recitanda operosi nimis videamur. Velim
siquid merui, tuarum rerum particeps fieri. An Vulcano sacra facias?
An experiaris aliquid in cienda illa auri animâ? Si idem in principia sua solvendum
modum nôsti saltem ut adferas. Ego hactenus nihil tentavi, quamvis persuasum
habeam aliquid effecturum, si adgrediar. Interea pharmaca elicio undecumque, et
[30] cum Gallo Aesopico etiam ex fimeto gemmas effodio, et quod aliàs igni non
edere creditum est cuius imperio obsequi facio. Omnia, (fatendum enim est)
ad medicinam quaestuariam accomodata, idque ex necessitate. Crescit familia
necdum haereditas ulla ex parte accessit, urget annona: tribuendum uel aliquid
praesidio militum. Medicorum nostratium filij numerum eò usque auxêre, ut propè
[35] quot aegroti tot medici. Et quod omnium maximè pudendum agyrtarum
more, medic[i]nam faciunt meretriciam: stercora aurum contra divendunt:
verbis expugnant morbos, non herbis. Tum demum tumidi spirant
mendacia folles. Breviter: Omnia ita sursum deorsum miscentur,
ut rectè cum poeta exclamaveram:
[40] O mores hominum! ô quantum est in rebus inane!726
Haec tamen ferenda. Si namque, ut Comicus ait, di immortales id voluêre,
nos hanc aerumnam exsequi decet id pati aequo animo, si id faciemus,
levior labor erit. Est quippe, ut alibi docet, animus aequus optimum aerum-
nae condimentum. Sed haec doctrina rectius ex oraculis servatoris nostri
[S. 747] capienda erat. His omnibus accedit communis calamitas, belli injuria, quae usque
adeò ingravescit, ut sola fama omnes consternati deditionem tantum non pare-
mus. Felices equidem saepe judico Magdeburgenses, et vix mihi tempero, quin cum
Aenea apud Vergilium exlamem:
[5] – – O terque quaterque beati,
queis ante ora patrum Trojae sub manibus altis
contigit oppetere.727
Si statum Reipub[licae] nostrae intueor, inevitabile praesentio periculum: si cives [bellum
intestinum: quod si non armis disceptetur, animis tamen simultas haeret imme-
[10] dicabilis. Si rationes dixero, ipse fateberis. Audio vestrates in eodem luto
haesisse. Dî bonam mentem concilient. Sed quid ad nos isthaec omnia. Non sunt,
nisi opinione, mala. Studendum est beate illi Stoicorum virtute, quam ἀνα[ι]σθηϲίαν
vocant, animusque ad sese revocandus. Tu haec omnia melius. Mihi tantum â meipso
haec inculcanda erant, te praesertim arbitro, utpote, qui multa superaddere possis,
[15] uti certò fore confido, proximis litteris, nisi magnopere negotijs districtus fueris.
Vale, ita tamen, ut mox salveam. Dabam Argent[orati] 17. Septemb[ris] Anno
Salutis 1631.
T[uae] Clar[itudinis]
colentiss[imus]
Ioh[annes] Nicolaus Furichius
Med[icinae] D[octor] et P[oeta] Caes[areus]
RECTOR
ACADEMIAE ARGENTORATENSIS,
JOHANNES SCHMIDT
SACROSANCTAE THEOLOGIAE DOCTOR,
PROFESSOR PVBLICVS ET CONVENTVS
ECCLESIASTICI PRAESES,
Civibus Academicis S[alutem] P[lurimam] D[icit].
Die Titel antiker lateinischer Schriften sind abgekürzt gemäß dem Index des Thesaurus
Linguae Latinae; die Titel lateinischer Schriften des Mittelalters, soweit sie dort verzeich-
net sind, gemäß dem Index des Mittellateinischen Wörterbuchs; griechische Schriften der
Antike nach dem Abkürzungsverzeichnis des Oxford Greek-English Lexicon (= GEL);
von Furichius in den Glossen und Scholien der Chryseis häufig zitierte Schriften der
Renaissance und des Barock in Anlehnung an die dortigen Abkürzungen.
Anzuini, Carlo Alberto: Introduzione. In: Percolla, Vincenzo: Auriloquio. Nel quale si
tratta dello ascoso secreto dell’Alchimia. Trattato manoscritto del ’500 d’interpreta-
zione alchemica dei miti greci et romani. Hg. von Carlo Alberto Anzuini. Paris-Mai-
land 1996. (Textes et Travaux de Chrysopeia; 2), S. V-XVIII.
Appendix Vergiliana. Hg. von Wendell Vernon Clausen [et al.]. Oxford 1966. (Oxford
Classical Texts).
Ardoinus = Santis Ardoyni Pisaurensis medici et philosophi praestantissimi opus de vene-
nis, a multis hactenus desideratum, et nunc tandem castigatissimè editum. In quo na-
turalis primùm historia venenatorum omnium, siue natura siue arte constent […]. Basel
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Ariani (1999), Marco: Il sogno filosofico. In: Poliphilo, Bd. 2, S. XXXI-LXI.
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(Collection des Universités de France).
Arist. Pr. = Aristote: Problèmes. Hg. und übers. von Pierre Louis. 3 Bde. Paris 1991–
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Ars Chemica, quod sit licita recte exercentibus, probationes doctissimorum Iurisconsulto-
rum. Septem tractatvs seu capitula Hermetis Trismegisti, aurei. Eiusdem Tabvla Sma-
ragdina, in ipsius sepulchro inuenta, cum commento Hortulani Philosophi. Studium
consilii coniugij de massa Solis et Lunae. Opuscvla, studiosis artis secretissimae, ut
summè necessaria, ita lectu iucundissima. Straßburg 1566.
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tonico interprete. In: M. Ficino (1983), Bd. 2, S. 1858–1873.
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730 Zweder von Martels, dessen Neuedition der ›Chrysopoeia‹ zeitgleich zu dieser Arbeit
entsteht, stellte mir freundlicherweise sein Typoskript zur Verfügung, welches sich auf
die bisher in der Forschung verwandte Ausgabe Venedig 1515 stützt. Der leichter
zugängliche Abdruck im ›Theatrum Chemicum‹ hat den Nachteil, daß dort die Verse
nicht gezählt sind.
– (1986b): Zum Hermaphroditen in der Sinnbildkunst der Alchemisten. In: Ch. Meinel
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Averroes-Arist. = Aristotelis omnia quae extant Opera. Selectis translationibus, collatisque
cum graecis emendatissimis, ac vetustissimis exemplaribus, illustrata, praestantissimo-
rumqué aetatis nostrae Philosophorum industria diligentissime recognita. Averrois Cor-
dubensis in ea opera omnes, qui ad haecvsque tempora peruenere, commentarij […]. 9
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Baricellus = Thesauriolus Secretorum: Das ist/ Bewärtes Schatzkämmerlein allerley Ge-
heymnussen/ darinnen nicht allein auß der Philosophia, sondern auch der fürtrefflich-
sten Medicorum, vnd anderer Gelärten Schrifften die Eygenschafft fast aller Sachen/ so
in der Natur zu finden/ kürzlich tractirt werden: Von dem Ehrnbesten und Hochgelärten
Herrn Julio Caesare Baricello von S[an] Marco […]. Frankfurt am Main 1620.
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1622.732 [Abk. LIBELLI]
– (1624): Poemata Miscellanea. Lyrica, Epigrammata, Satyrae, Eclogae, Alia. Straßburg
1624
– (1627): Aurea Catena siue Hermes poeticus de Lapide Philosophorum. Padua 1627.733
[Abk. AVR. CAT.]
– (1628): Disceptatio de Phrenetide. Straßburg 1628.
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matibus nonnullis aliis. Straßburg 1631.734 [Abk. CHRYS.]
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– (1986b): Il giardino di Hermes. Massimiliano Palombara alchimista e rosacroce nella
Roma del Seicento. Con la prima edizione del codice autografo della ›Bugia‹ – 1656.
Rom 1986. (Labirinti. Collana di scienze sociali delle religioni diretta da Arnaldo
Nesti; 6).
– (1997): Alchimia e Iconologia. Udine 1997. (Fonti e testi. Raccolta di Archeologia e
Storia dell’arte).735
– (1999): Il viaggio dell’anima. In: Poliphilo, Bd. 2, S. IX-XXX.
732 Exemplar des Stadtarchivs Weißenburg, Sign. 784/3.
733 Die zugrundeliegende Ausgabe ist diejenige der Universität Padua (Sign. Ba 1074/3).
Die Verse wurden für Zitate nachträglich abgezählt.
734 Exemplar der Bibliothèque Municipale de Strasbourg, Sign. ALS A 57697.
735 Neuauflage ebd. 2008.
Horatius, Quintus Flaccus: Ars Poetica. Die Dichtkunst. Lateinisch/Deutsch. Hg. und
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Jamsthaler, Herbrandt: Viatorium Spagyricum. Das ist: Ein Gebenedeyter Spagyrischer
Wegweiser/ in den edlen Sonnengarten der Hesperidum zu kommen/ vnnd daselbst
den Güldenen Tinctur Zweig deß vniversals (sonsten Lapis Philosophorum genandt.)
zu erlangen. Alles in einem Historico-Poetischen Discurs sampt Erzehlung deß Autho-
ris ganzem Leben. Frankfurt/Main 1625.
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Hg. von dems. u. Wolfgang Neuber. Frankfurt/M. 1994 ( Frühneuzeit-Studien; 2),
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Hommages à Jacques Ridé. Hg. von Jean-Marie Valentin. Paris 1995. (Sonderheft der
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– (2002a): Rätsel der Wörter. Zur Diskussion von ›Fachsprache‹ und Lexikographie im
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Vilmos Ágel [et al.]. Tübingen 2002, S. 245–262.
– (2002b): Sinnbilder der Transmutationskunst. Einblicke in die mytho-alchemische
Ovidrezeption von Petrus Bonus bis Michael Maier. In: Metamorphosen. Wandlungen
und Verwandlungen in Literatur, Sprache und Kunst von der Antike bis zur Gegen-
wart. Festschrift für Bodo Guthmüller zum 65. Geburtstag. Hg. von Heidi Marek,
Anne Neuschäfer und Susanne Tichy. Wiesbaden 2002, S. 163–175.
– (2004): Vorbemerkungen zum Themenkomplex ›Alchemie‹. In: B. Mahlmann-Bauer
(2004), Bd. 2, S. 631–639.
– (2005a): Anmerkungen zum Verhältnis von Natur und Kunst im Theroriezusammen-
hang des paracelsischen Hermetismus. In: Der Naturbegriff in der Frühen Neuzeit.
Semantische Perspektiven zwischen 1500 und 1700. Hg. von Thomas Leinkauf. Unter
Mitwirkung von Karin Hartbecke. Tübingen 2005 (Frühe Neuzeit; 110), S. 87–108.
– (2005b): Begriffshermetik und Signaturen. Grundzüge und Probleme der naturkundli-
chen Hermeneutik im frühneuzeitlichen Paracelsismus. In: Geschichte der Hermeneu-
tik und die Methode der textinterpretierenden Disziplinen. Hg. von Jörg Schönert und
Friedrich Vollhardt. Berlin 2005. (Historia Hermeneutica; 1), S. 15–42.
– (2006a): Das häretische Potential des Paracelsismus – gesehen im Licht seiner Gegner.
In: Heterodoxie in der Frühen Neuzeit. Hg. von Hartmut Laufhütte und Michael Titz-
mann. Tübingen (2006). (Frühe Neuzeit; 117), S. 217–242.
– (2006b): Vom Humanismus zur Spätaufklärung. Ästhetische und kulturgeschichtliche
Dimensionen der frühneuzeitlichen Lyrik und Verspublizistik in Deutschland. Hg. von
Joachim Telle, Friedrich Vollhardt und Hermann Wiegand. Tübingen 2006.
– (2007a): Education in Early Modern Germany. In: Early Modern German Literature
1350–1700. Hg. von Max Reinhart. Rochester 2007. (Camden House History of Ger-
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– u. Schäfer, Walter: Frühbarocke Stadtkultur am Oberrhein. Studien zum literarischen
Werdegang J. M. Moscheroschs. Berlin 1983. (Philologische Studien und Quellen;
109).
– u. Schäfer, Walter: Literatur im Elsaß von Fischart bis Moscherosch. Gesammelte
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– u. Telle, Joachim: Humanismus und Medizin an der Universität Heidelberg im
16. Jahrhundert. In: Semper Apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität
Heidelberg 1386–1986. Festschrift in sechs Bänden. Bd. I: Mittelalter und Frühe Neu-
zeit 1386–1803. Hg. von Wilhelm Doerr [et al.]. Heidelberg etc. 1986, S. 255–289.
– u. Telle, Joachim (Hgg.): Oswald Crollius: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Mit
dem wissenschaftlichen Briefwechsel herausgegeben, übersetzt und kommentiert. [bis-
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methodo distributus. In: TC 4 (1622), S. 705–808.
Lalamant, Jean: Hippocratis de septimestri partu libellus. Cum Ioannis Lalamantij Haedui
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septimestri: Item et de octimestri Partu. Accessere problemata aliquot ab hac tracta-
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enarratore. Genf 1571, S. 113–213.
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738 Zur Klärung des lange umstrittenen Druckorts vgl. E. Leibenguth (2002), S. 489 f.
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mica lingua: Tum de antiquissima Aegyptiorum, caeterarumqué Gentium Orphica Phi-
losophia: Tum ex Sacrosancta ueteri Mosaica, et Prophetica, nec non Coelesti noua
Christiana Apostolica, et Sanctorum patrum Euangelica Theologia, deprompta sunt.
Praeterea quae etiam Celeberrimorum vatum figmentis, et denique in Chimistarum
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741 Das Typoskript wurde mir freundlicherweise von W. Kühlmann und J. Telle zur Ver-
fügung gestellt.
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Zinner, Ernst: Geschichte und Bibliographie der astronomischen Literatur in Deutschland
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An erster Stelle möchte ich meine tiefe Dankbarkeit Herrn Prof. Dr. Wil-
helm Kühlmann gegenüber ausdrücken – dafür, daß er mir die Herausforde-
rung der Chryseis bot und sich, stets der Lage gemäß, meiner als väterlicher
Gastgeber oder anspornender Doktorvater annahm, mir nicht minder jedoch
Zeiten von ›Einsamkeit und Freiheit‹ zugestand. Für Vermittlung und
Freundschaft sorgte dabei stets die Poetessa Hanna Leybrand. Zu gedenken
ist ebenso meines früheren Betreuers Herrn Prof. Dr. Wolfgang Harms, der
mich diesem, da ich mich aus der Sphäre der Germanistischen Mediävistik
in diejenige der Hermetismen zu verlieren drohte, anempfohlen hatte.
In herzlicher Erinnerung bleibt mir Herr Prof. Dr. Roland Reuß als sym-
pathischer Leiter der Prüfungskommission. In Dankbarkeit zu erwähnen ist
die Förderung meines Promotionsvorhabens durch ein Stipendium der Gra-
duiertenakademie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Ohne die folgenden Institutionen und ihre Mitarbeiter wäre ein solches,
die Fachgrenzen sprengendes Projekt nicht zu bewältigen gewesen: Die
Bibliothek der Hansestadt Lübeck, Abteilung Wissenschaftliche Dienste
und Projekte, Sammlungen und alte Bestände, das Stadtarchiv Weißenburg
in Bayern, namentlich der äußerst zuvorkommende Herr Rainer Kammerl.
Das unermüdliche Füllen meines Bücherwagens durch Herrn Bernd Nieb-
ling vom Lesesaal Altes Buch der Universitätsbibliothek München ist zu
rühmen; ingleichen die Schützenhilfe durch Frau Silvia Baar von der Bi-
bliothek der Münchner Germanistik und durch Frau Gabriele Rasch, Ge-
schäftsführerin der Dezentralen Bibliotheken, wie auch das Personal des
Rara-Lesesaals der Bibliothek des Deutschen Museums. In besonderer Wei-
se bin ich jedoch den Damen und Herren vom Zentralinstitut für Kunst-
geschichte München, sowohl der Bibliothek an sich als auch dem Hause
einschließlich des Museums für Abgüsse, vor allem Herrn Thomas Ginzel,
der Archäologie und der damaligen Cafeteria, in welchen ich den Großteil
meiner Arbeit meditierte und niederschrieb, verbunden. Nicht zuletzt hiel-
ten jedoch Frau Uta Weber von Tabak Sommer München, Herr Richard,
Herrencoiffeur, und die Damen Maria Heckmüller, Helene Gillhuber und
Heike Richter, M. A., vom nahen und exzellenten Weinladen im Schwarz-
wälder meine Arbeit in Fluß.
Et enfin, je remercie de tout coeur Madame Agathe Bischoff-Morales de
la Bibliothèque Municipale de Strasbourg et ses charmantes assistantes
Aurélie Lapre et Mireille Petry: sans leur aide toujours prompte, évitant les
lourdeurs bureaucratiques, la juste édition de ›notre bouquin‹ aurait été
impossible. Come ancora ringraziare vorrei il tanto colto quanto cordiale
Vicedirettore della Biblioteca universitaria di Padova il Dott. Pietro Gnan.
Viel mehr denn Dankbarkeit empfinde ich gegenüber den beiden Wid-
mungsträgern dieser Veröffentlichung, welche mir in den letzten drei Jahren
von Begleitern meines akademischen Weges zu Freunden wurden: meine
Mentorin Frau Prof. Dr. Uta Schedler, die mich nach Kräften förderte und
von kunsthistorischer, philosophiegeschichtlicher und menschlicher Seite
beriet, und Prof. Dr. Mino Gabriele, dessen Schriften meine Hinwendung
zur Renaissanceforschung beförderten, und der mir als Gastfreund für Vie-
les die Augen öffnete.
Nicht minder bin ich Herrn Prof. Dr. Fritz Wagner, als unermüdlicher
Gutachter, Herausgeber meiner Aufsätze und Ratgeber, sehr, sehr verpflich-
tet. Beim Knacken zahlreicher Nüsse half mir der stets inspirierende Dr.
habil. Peter ›Petronius‹ Habermehl. Herr Dr. Zweder von Martels über-
sandte mir freundlicherweise sein Typoskript der Neuedition von Augurel-
lis Chrysopoeia – Frau Prof. Dr. Yasmin Haskell Winke von ihren Anti-
poden. Prof. Dr. Ernst Homburg schließlich gewährte einem ursprünglich
für den Anhang bestimmten Text in der Zeitschrift Ambix Unterkunft.
Zu preisen ist kaum minder Frau Birgitta Zeller-Ebert vom Niemeyer
Verlag für ihre Unterstützung und ihr Entgegenkommen; nicht weniger
Frau Susanne Mang von der Herstellung. Libationes sind dem anonymen
Mäzen der Druckkosten darzubringen.
Von den zahlreichen Freunden und Gefährten seien genannt: Dr. Laura
Benzi und Prof. Dr. Marco Lombardi mit Kindern, Prof. Dr. Young-Ae
Chon, Dr. habil. Andreas Grüner, Anja Jezierska, M. A., Corinna Kauth,
M. A., Dominik Köppl, StR., Dr. Bettina Krogemann, Romina Nowack,
M. A., (wie stets) Susanne Paulus, M. A., mit Benedikt Uebe, und schließ-
lich Dr. Kamila Podniesinska.
Für materielle wie immaterielle Unterstützung bin ich schließlich meiner
Mutter Inge Reiser und meinem Großvater Heinz Reiser (gerade in den
Zynismen) zutiefst verbunden.
Es folgen ein Sach- und ein Personenindex. Metall- und Planetengottheiten werden my-
thoalchemisch bei den Personen geführt; dort ingleichen anonyme Werke. Stellenangaben,
welche eine Erläuterung (Aitiologie, Biographie, Etymologie etc.) bieten oder ein Lemma
exemplifizieren sind kursiviert.
Edition und Übersetzung werden hierbei, da sie sich durch den Kommentar erschlie-
ßen lassen, nicht erfaßt.
1. Sachregister
Winke: Auf Zahlensymbolik wird (nach dem bewährten Schema Ricciardis) unter ›nume-
rus 1.‹ etc. verwiesen. Definitionen und Deutungen von Farbtönen stehen unter ›color
argenteus‹ etc. Geistliche Orden, philosophische Schulen wie auch Völkerschaften finden
sich hier; Untiere wie häretische Sekten ebenso.
Aristotelismus 10, 17, 34, 36, 198, 222, calcinatio 242, 328
225, 238, 261 calidum innatum/calor 238–240, 270–
Artillerie(-dichtung) 30, 56 273, 299, 304, 309, 337, 341–342
Arzthumanismus 221–222 Calvinisten (häret. Sekte) 33, 200
Asbest 303 calx 315, 328
aspargus 342 cambar 299
Astrologie/Astronomie 3, 5, 7–8, 12–13, canicula 209–210
18, 61, 199–200, 206–212, 223, 239, Caphareus (geogr.) 244
258, 260, 288–289, 296, 303, 318–319 caput mortuum → terra maledicta/mortua
astrum (bei Paracelsus) 325 carcer (alch.) 273, 312
astrum Mercurii 303 cauda pavonis → pavo
Atheismen 221–222, 260 Caystrus (geogr.) 254–255
augmentatio 254, 303 cedrus 245–246
aurea catena 292–294 Centaurus 252
aureum vellus 22, 202–203, 233, 268 Cerastes 57, 313, 333, 334–335
auripigmentum 55 Cerberus 251, 315
Aurora Philosophorum → spiritus vini chalcantum → vitriolum
Auster → ostrea Chaldäer 209, 218, 260, 313
Autoritäten (Problematik) 260–261, 289– Chaos 271, 276, 292–294, 305, 306
290 Chelae → Skorpion
avaritia 243 Chemieatrie 15
axis 274, 280 chermes 315
azoth 313 chrisma 291
Chrysantheme 257
baca/bacca 308, 329, 333, 337 Chrysolith 257, 263
Bad des Phoebus 281–282, 311, 316, Chymaere 315–316
333–335 cibatio 242
balneum Mariae 329 Ciceronianismus 198
balsamum 284–285, 291, 296–297, 311, cinnabaris 243, 297, 299, 309, 315
316 Cinyphus (geogr.) 337
Bartholomäusnacht 200, 322 circulatio 308, 309, 325–327, 329, 338,
Barttracht 308 341–342
Basilisk 302–303, 320–322, 323–324 citrinitas 254, 340
Benediktiner 318 coagulatio 282, 298, 299, 301, 303
Bernstein → electrum coccum 315
Bessi (Volksstamm) 201 coctio 324
Bibel (alch. Deutung) 22, 26, 28, 62, 308, Cocytus 261
309, 316–318, 332 color argenteus 315
Bisam 324–325 color caeruleus 55, 327–328
Blattgold (pharm.) 252, 253 color candidus 315
Blei (sonst → Saturnus) 218, 243 color coccinus/croceus 315, 327
Blitz 347 color flavus 247
Blut → sanguis color furvus 247
Blutkreislauf 36, 214, 235–236 color grandineus 329
Bohne → faba color hyacinthinus 338
borago 344 color liliaceus 338
Botanik (alch.) 337–338 color luteus 330
Brahmanen 260, 275 color niveus 247, 315
bufo 324, 335 color purpureus 248, 332
Byzanz 11, 13, 18–19, 202, 204, 209, color roseus 338
302 color ruber/rubedus/rubens 247, 315, 332
color viridis 253–254, 274, 288–289,
cacumen (techn.) 235 317, 332–333
calces metallorum 328 colores operis 327–328
Quadrat (alch. Geometrie) 60, 227, 229, Semiotik (explizit) 26, 328
276 Sensus-Lehre (alch.) 21–22
Quadratur des Kreises (alch.) 229–231 separatio 242
quadriga colorum 326 Septem artes 14
qualitates secundae 273 serpens → draco
Quecksilber → argentum vivum serpentina (techn.) 313
quercus 278 Seyr 57, 234
quinbar 299 Siena, Dom 255
Quintessenz → essentia quinta sigillum Hermetis 309, 328–329
Skorpion (astr.) 208
Rabe → corvus smaragdus 288–289
reductio 295 solstitium 208
Reinheitsgrade 286, 329 solutio 242, 298–299, 303, 311
reiteratio 288, 299 somnium 277
Retorte 22, 323, 325–326, 338 Spargel → asparagus
Rhipaeus/Riphaeus 303 spiramen Bacchi → spiritus vini
Rhodope 220 spiritus mundi 240, 274–275, 289
ros → ostrea spiritus vini 329, 332–333
rosa/Rose 253, 338 splen 290–291
Rosenkreutzer 16–18, 36–43, 197, 244 stannum 284, 340
Rost → ferrugo Steinbock (astr.) 208, 214
Rota Vergilii 6 stellificare 345
Ruach 274–275 stercus 291–292, 299, 329, 341
rubedo 247, 254, 265, 284–285, 315, Stoizismus, antiker 238
327, 337 Stoizismus, Neu- 42, 346
Straßburger Akademie 29, 33–34, 39–46,
sal/Salz 218, 226, 228, 230, 280–281, 196, 271
287, 303, 314, 319, 329 Straßburger Goldschmiedezunft 36–37
salamandra 273, 301–302 Styx 271, 320
Salpetersäure → aqua fortis sublimatio 242, 295, 298–299, 303
Same → Ackerbau Suda → Suidas (im Personenregister)
sandaracha 315 sulphur 26, 218, 226, 230, 273, 286–288,
sandyx 315 291, 294, 295, 303
sanguis 309 surculus 342
sanguis Phoebi 284 surculus Libani 245–246
sanguis Saturni 324 Sympathienlehre 318–319, 345
Satire 21, 30, 276, 285–287, 291–292, Synonymenenreihen 226, 328
309, 330 synovia 213
Saturnalia 264, 282–283 Syphilis 6, 237
Schale-Kern (Bild)
Scharlach → color coccinus/croceus Taenarus (geogr.) 306
Scheidewasser → aqua fortis Tagus 313
Schiffahrt (Bild) 223, 244, 246, 257–258, Tahyr/Thahir → Cerastes
267–268, 301, 307 Tanais 214
Schlesische Mystik 18, 38 Tartarus (auch → Hades) 292
Scholastik 261 Tau → ostrea/ros
Schwan → cygnus Täufer (häret. Sekte) 18
Schwarzpulver → Artillerie tellus (auch → terra) 328
Schwefel → sulphur Tempe 289
Schweigegebot 12, 54, 258, 260, 347 terra 57, 219–220, 228, 231, 242, 292,
Schweinsblase → vesica porcina 294–295, 337
Schwenckfeldianer (häret. Sekte) 16, 18 terra Adamia/Damascena/Hispania 265,
sedes scelerata 223, 264 297
Seelenlehre 293, 326 terra gravida 317
terra maledicta/mortua 250, 252, 328– Vision 20–21, 31, 246, 256–257, 276,
329 277–278, 331, 333–334
terra pinguis/unctuosa 287 vitriolum 253, 265, 280–281, 332–333
terra sigillata 328–329 vitriolum romanum 332
Theater (Bild) 235 volare sine alis 41, 261, 300–301, 323
Theophrastica Sancta (häret. Sekte) 43 Volgare-Diskussion 52
Theriak 201, 220, 283, 321, 324, 335 Volturnus/vulturnus 52, 57, 247, 306
Thron Jupiters 313–314 vomitus → Hyäne
Thyasus 314–315 Vorsokratiker 3, 62, 237, 270–271, 292
tiara 342
Tiger/tigris 333 Waage (astr.) 208
tinctura/tingere 285–286, 287, 303, 330 Wachholder → iuniperus
Traum 20–21, 276, 277–278, 311, 314, Wärme → calidum innatum/calor
331, 333–334 Wasser (auch → aqua/imber/unda bzw.
turba trecentis 344 Neptunus/Thetis im Personenregister)
Tymbra 265 231, 232
Typhon 253, 292, 315 Wein(-bau) → baca/bacca
tyrannicidium 344 Weingeist → spiritus vini
Weithalskolben → matracium
unda 218–219, 313, 328 Weltgeist → spiritus mundi
unguentum → Balsam Weltseele → anima mundi
unitas copulativa 339
Unsterblichkeitsdebatte 9, 222 Zahlenreihen (alch.) 328 (GL. 18 u. 26),
Urin → lotium 339–340
Ursprungslehre → principia Zeder → cedrus
Zeitalter, Ovidianische 216, 263, 289–
Velamismus 22 290
venter equinus 341–342 Zeitrechnung (alch.) 297–298, 337, 340
Vergiliae → Plejaden Zinn → stannum
vesica porcina (et al.) 329 Zinnober → minium
Vesperugo (astr.) 278 Zwerge auf den Schultern von Riesen
Vier-Sensus-Lehre → Sensus-Lehre 289–290
virgo gravida 317
2. Personenregister
Dieses Verzeichnis enthält mythologische (Epiklesen und Epitheta separat) und histori-
sche Gestalten − die fließenden Übergänge werden von mir in einer späteren Schrift zu
Giambattista Vico und Ernst Jünger dargelegt werden − wie auch literarische Figuren
neben herausragenden Gelehrten. Bemerkenswerte anonyme Werke, zum Beispiel die
Turba Philosophorum, sind kursiviert aufgenommen, wohingegen andere Schriften unter
den Autoren oder der Zuschreibung subsummiert sind. Beiseite gelassen wurde aus greif-
baren Gründen Johannes Nicolaus Furichius.