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Zukunft des Wohnens – eine textliche und bildliche Auseinandersetzung

Ayse Yürükcü Bsc.


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Ich denke der Klimawandel wird uns zwingen radikalere Entscheidungen bezüglich unserer
Stadt zu treffen und die Natur zurück zu holen. Die Gebäude müssen sich der Natur integrieren
und wieder ein Teil davon werden, damit die Natur wieder ein Teil von uns wird. Die Zukunft
des Wohnens ist eng verwoben mit der zukünftigen Stadtplanung. Die Möglichkeit so hoch,
großflächig und umfassend in kürzester Zeit zu bauen, eröffnet uns viele Lebensweisen, die
wir als kollektiv aber noch nicht ganz erfasst haben. Die heutigen Ansätze mit der
Fassadenbegrünung gehen zwar in die richtige Richtung, aber sie sind noch viel zu kostspielig,
umständlich und halbherzig. Dies ist vielleicht eine gute Lösung für Bestandsgebäude, da die
Fassadenbegrünung noch am wenigsten invasiv wäre. Bei Neubauten jedoch, müssten wir
eine neue Linie verfolgen. Da müssten wir noch Wege finden dies noch intuitiver und
praktischer zu gestalten. Ein guter Ansatz wäre die Stadt auch in ihrer dritten Dimension
erfahrbar zu machen. Im Moment kleben wir alle auf dem Boden und die Gebäude ragen hoch
hinauf. Eine Möglichkeit wäre es die Dächer der Gebäude begehbar zu machen und zu
begrünen. Darunter stell ich mir eher weniger die Standard Dachbegrünungen vor, die man
erst erreicht, wenn man 10 Stockwerke mit dem Lift fährt, sondern eher Dächer, die direkt
vom öffentlichen Raum erschlossen werden. Wir definieren immer noch das Gebäude
getrennt von der Straße und den Aufenthaltsbereich getrennt von der Bewegungszone. Dabei
sind wir inzwischen in der Lage ein Komplex zu bauen, welches alles beinhaltet und
miteinander so verschmelzen kann, dass wir nicht mehr die Natur aus unseren Städten
heraushalten müssen (und sollten!). Dadurch sind die Gebäude nicht mehr von der Umgebung
getrennte Objekte, die wir beliebig einsetzen und wieder entfernen können, sondern, sie
verschmelzen mit ihrer Umgebung.

Wenn wir uns Bilder und Zeichnungen von den frühen industriellen Städten anschauen, da
fragen wir uns meist: Wie haben die Menschen in all diesem Dreck und Rauch und
Verschmutzung gelebt? Ich hoffe genau diese Frage werden sich auch die kommenden
Generationen fragen, wenn sie Bilder und Videos unserer Städte sehen.
Zumindest haben wir inzwischen gemerkt, dass die Trennung der Nutzungsarten Wohnen und
Arbeiten nicht vorteilhaft für die Stadt ist. Deshalb sind reine Wohnanlagen, die tagsüber wie
verlassen wirken, eine Lösung, die der Vergangenheit angehören sollte. Wenn man nun die
Funktionen miteinander vermischt und das Stadtleben in die Wohnquartiere hineinholt stellt
sich die Frage wie man das Verkehr und den Transport ermöglichen will. Mit den derzeitigen
Stadtmodellen und der „autogerechten“ Stadt wird das kaum gut möglich sein. Das Auto, so
wie wir es heute kennen, muss aus dem engen Viertel, wo Wohnen und Arbeiten sattfindet,
verbannt werden. Das heißt aber nicht, dass wir nur noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad
unterwegs sein müssen. Es müssen Transportmittel her, die sogar noch bequemer als das Auto
sind, damit die breite Masse gewillt ist ihre Gewohnheiten zu ändern. Granstudios Design von
einem „Mobject“ – also moving object – kann hier als ein tolles Beispiel herangezogen werden.
Das Objekt passt super ins Stadtbild und kann flexibel genutzt werden. Das ist ein Objekt,
welches meiner Meinung nach in der Zukunft zum Aussehen unserer öffentlichen Räume dazu
gehören wird. Sie kombiniert perfekt die Vorteile von PKWs mit den Vorteilen von E-Scootern
und den öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch die neuen elektronischen Fortbewegungsmittel
wie E-Roller und E-Fahrräder sind legitime Fortbewegungsmittel, die – unter der
Voraussetzung der Beibehaltung von Geschwindigkeitsgrenzen – das Stadtleben bereichern
und das Auto immer mehr als das unattraktivere Fahrzeug darstellen. Mit der Verbannung der
Autos und der Rückeroberung der Straße verschwimmen auch immer mehr die klaren Grenzen
zwischen Privat und öffentlich und es entstehen halböffentliche Bereiche die sich die Anrainer
aneignen.

Nun an dieser Stelle könnte man sich fragen: Wenn unsere technologischen Entwicklungen
und Errungenschaften uns ermöglichen ganz andere Gebäude und Stadtstrukturen zu bauen,
soll man nun ganze Areale abreißen und ganz neue Stadtteile bauen? Hat die alte Bausubstanz
keine Bedeutung und keinen Wert? Ist die alte Stadt wirklich nur eine Ansammlung von
Architektur, die nur dadurch verschmelzen kann, wenn man beide von Grund auf neu plant?
In unserer heutigen Zeit sind es die Megakonzerne, die sich meist an Megaprojekte wagen.
Google mit ihrem Smart City wäre hier ein Beispiel, dem Amazon und Apple sicher auch
irgendwann folgen werden. Die Stadt sollte jedoch in öffentlicher bleiben und von ihren
Einwohnern beeinflusst werden. Dies wird es in wichtigen europäischen Städten wie Paris,
Rom, Wien etc. nicht in der Form geben, denke ich. Denn diese Städte passen auf ihr
kulturelles Erbe auf und bauen nicht wahllos Wolkenkratzer. Das heißt nicht, dass wir nun
weiterhin nur Gebäude wie in der Gründerzeit bauen und den technologischen Fortschritt
ignorieren sollten. Ich denke auch keineswegs, dass es gut ist ganze Areale neu zu planen und
die alten Strukturen und Lebensweisen zu ignorieren, oder zu verbannen. Um ernsthafte
Stadtentwicklung zu betreiben braucht es auch einen Entwicklungsplan für bestehende
Strukturen um eine sensible Transformation der Stadt, der Menschen und ihrer Lebensweisen
und Kulturen zu ermöglichen. Dies würde gewährleisten, dass der Charakter einer Stadt und
die Essenz ihrer Traditionen und Kultur bestehen bleibt und sich nur den neuen Umständen
anpasst. Somit wird die zukünftige europäische Stadt hoffentlich ein Gemisch aus sanierten
Altbauten und High-Tech Neubauten sein. Dies machen wir Momentan eher weniger, weil die
Neubauten meist noch an das Aussehen der Umgebung angepasst werden, aber ich schätze
wir werden an ein Punkt gelangen, wo wir verstehen werden, dass wir nicht mehr so bauen
müssen und dass wir mehr Möglichkeiten haben.

Ich freue mich darauf, dass die Stadt der Zukunft große technologische Fortschritte beinhalten
wird, welche auch auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sind. Die Stadt wird nicht
mehr ein gefährlicher Ort, wo wir Angst haben unsere Kinder auf der Straße spielen zu lassen.
Ich hoffe darauf, dass Menschen ein Grundeinkommen haben und sich nicht mehr um ihre
Existenz sorgen müssen und wo einfache Tätigkeiten von Robotern übernommen werden. Ich
hoffe darauf, dass die Konsumgesellschaft / Wegwerfgesellschaft nicht mehr besteht und wir
wieder anfangen Dinge zu reparieren. Ich hoffe wir beginnen wieder damit die Dinge, die wir
besitzen wertzuschätzen und am Ende ihrer Lebensdauer vielleicht in etwas anderes
umfunktionieren. Ich hoffe die Menschen beginnen wieder mit den Ressourcen der Erde
achtsamer umzugehen. All diese Hoffnungen haben ich und viele meiner Altersgenossen,
obwohl wir mit Dystopien aufgewachsen sind. Wir sind mit Geschichten aufgewachsen, dass
die Welt bald untergeht, sehen jedoch gleichzeitig, dass die Menschen nichts dagegen
machen. Wir brauchen diese Hoffnungen um gegen das bestehende System etwas zu
unternehmen und um alternative Möglichkeiten aufzuzeigen. In den nächsten 10-20 Jahren
werden wir sehen, ob die Utopien, die unsere Hoffnungen schmücken Wirklichkeit werden,
oder die Dystopien, die uns die Fakten aufzeigen.

Die jetzige Covid-19 Pandemie und die Flüchtlingskrise von 2015 beweist wie schlecht wir als
Gesellschaft auf globale Erscheinungen vorbereitet sind. Ich denke wir als Kollektiv haben
unsere heutige „globale Welt“ noch nicht erfassen können. Die technologischen
Entwicklungen passierten so schnell, dass wir noch gar nicht verstehen wie sehr die Welt
eigentlich zum Dorf geworden ist. Unterbewusst klingt es für uns immer noch absurd, dass das
was ein Mensch auf der anderen Seite der Erde isst, einen Einfluss auf mich haben könnte.
Durch diesen Virus wird uns klar, wie vernetzt unsere Welt eigentlich ist, denn in naher
Zukunft drohen uns auch Engpässe bei Medikamenten, weil sie alle in China produziert
werden. Ich finde es schön, dass derzeit eine Solidarisierung auf der Welt stattfindet und die
Menschen ihr Zuhause nicht verlassen um die Schwächsten unter Ihnen zu schützen. Natürlich
gibt es Ausnahmen, aber die meisten Menschen halten sich an die Vorgaben. Wir verstehen,
dass wir jetzt solche Maßnahmen treffen müssen, auch wenn sie unseren Karrieren und der
Wirtschaft schaden werden. Aber das zeigt uns wieder folgendes: Menschen verstehen
Krankheiten, weil sie es an ihrem eigenen Leib schon einmal gespürt haben. Wenn man
bedenkt, dass der Klimawandel viel mehr Menschenleben kosten wird, vielleicht sogar unser
aller Leben, doch die Menschheit macht trotzdem nichts. Früher hätte man vielleicht sagen
können, dass der Mensch nicht so weit in die Zukunft denken kann und es nicht verstehen
wird, solange sie den Klimawandel nicht „spürt“ – also wie eine Krankheit. Jedoch sind wir an
einen Punkt gelangt, wo bereits Jede/r Veränderungen im Klima wahrnimmt. Wir haben
Messwerte und Fotos und trotzdem verschließen wir unsere Augen. Vielleicht aus Angst,
vielleicht aus Ignoranz, vielleicht aber sind wir einfach überwältigt von dieser Herkules
Aufgabe „die Welt zu retten“. Ich hoffe auf das Gute in den Menschen und wünsche mir, dass
wir den Klimawandel in Zukunft genauso ernst nehmen wie Covid-19.

Natürlich ist es nicht leicht so große Erneuerungen, Entwicklungen und Verwandlungen


gesellschaftlich durchzumachen ohne die Wurzeln und das Wesen einer Stadt komplett zu
verändern. Ich denke aber, dass dies auch niemand erwartet. Falls die Klimawandlung unsere
Städte nicht zerstört und wir rechtzeitig noch Maßnahmen ergreifen, sodass wir in 50 Jahren
noch auf dieser Erde leben können, dann wird dies nur Möglich sein, wenn wir unser Leben
rechtzeitig verändern.

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