SS 2021
Lehrbücher:
Einleitung
Einleitung
Was ist Umweltchemie?
Umwelt
Der Begriff „Umwelt“ wurde in der Wissenschaft erstmalig von
Jakob von Uexküll (deutscher Biologe, 1864-1944) im Jahr 1909
verwendet:
„Umwelt ist die Summe aller Faktoren, die ein Lebewesen
umgeben und auf die es reagiert.“
1924 gründete er in Hamburg das „Institut für Umweltforschung“.
Heute ist der Begriff „Umwelt“ oftmals nicht nur auf die Umgebung eines einzelnen
Lebewesens, sondern auf die Umgebung der Gesamtheit aller auf der Erde
existierenden Lebewesen, der „Biosphäre“ gerichtet. Diese umfasst:
• die Atmosphäre bis zu ca. 25 km Höhe,
• die Ozeane bis in ca. 10 km Tiefe und
• die Erdkruste bis in ca. 3 km Tiefe.
Die Biosphäre steht mit der abiotischen (unbelebten) Umwelt und mit sich selbst (der
biotischen (belebten) Umwelt) in Wechselwirkung. Diese Wechselwirkungen werden
auch als Umweltfaktoren oder ökologische Faktoren bezeichnet.
Einleitung
Was ist Umweltchemie?
Kompartimente und Ökosysteme
Aufgrund der Komplexität der Umwelt bzw. aller Umweltfaktoren ist es zweckmäßig,
abgrenzbare Ausschnitte des Gesamtsystems „Umwelt“ als funktionale Teilbereiche
zu betrachten, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Solche Teilbereiche werden
auch als Kompartimente bezeichnet.
Wichtige Kompartimente sind z. B. die
Luft
Atmosphäre, der Boden und die Ozeane,
aber auch eine einzelne Zelle oder ein
Baum können als Kompartiment
aufgefasst werden. Menschen
Bei einer auf Lebewesen fokussierten Tiere
Betrachtungsweise werden Kompartimente Pflanzen
auch als Ökosysteme bezeichnet. Mikroorganismen
Wir wollen hier die unbelebte Umwelt in
die Kompartimente Luft, Wasser und Boden Wasser Boden
aufteilen, welche miteinander und mit der
Biosphäre in Wechselwirkung stehen.
Einleitung
Was ist Umweltchemie?
Umwelt und Mensch
Der Mensch ist Teil des Ökosystems Erde. Genau wie andere Lebewesen beeinflusst
der Mensch seine Umwelt und die Umwelt beeinflusst ihn.
Inzwischen ist der Mensch zur bestimmenden Größe in diesem Ökosystem geworden.
Er hat vor allem durch die Industrialisierung tief in den Naturhaushalt eingegriffen
und seine Umwelt stark verändert. Diese Einwirkungen auf die Umwelt werden auch
als anthropogene Umweltfaktoren bezeichnet.
Die Auswirkungen der anthropogenen Umweltfaktoren sind erst in letzter Zeit
zunehmend in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, vermutlich weil die
Veränderungen der Umwelt (Umweltbelastung und -verschmutzung) durch die
industrielle Tätigkeit des Menschen erst jetzt zunehmend sicht- und spürbar werden.
Heute haben deshalb umweltbezogene Überlegungen einen höheren Stellenwert in
unserer Gesellschaft und auch in der Industrie eingenommen.
Die weitere Entwicklung der Umwelt – und damit der Erde – hängt u. a. davon ab,
wie gut der Mensch das Systemverhalten seiner Umwelt versteht und wie gut er sich
darauf einstellen kann. Die chemische Komponente dieses Systemverhaltens ist
Gegenstand der Umweltchemie.
Einleitung
Was ist Umweltchemie?
Umweltchemie
Unter Umweltchemie (engl.: Environmental Chemistry) soll derjenige Teilbereich der
Chemie verstanden werden, der sich mit den chemischen Aspekten der Prozesse
beschäftigt, die in der Umwelt ablaufen.
Umweltchemie befasst sich mit Quellen und Senken, dem Transport (den Kreisläufen)
und der Verteilung sowie mit Reaktionen und Wirkungen von Stoffen in Wasser,
Boden und Luft und deren Einwirkungen auf Lebewesen, also Menschen, Tiere,
Pflanzen und Mikroorganismen, sowie auf Gegenstände, z. B. Bauwerke oder
Werkstoffe.
Im Mittelpunkt der Umweltchemie stehen also die Eigenschaften von Stoffen, deren
Verhalten in der Umwelt und die Erkenntnisse über die komplexen Zusammenhänge
zwischen Ursachen und Wirkungen, die sich daraus ableiten lassen.
Synonym zum Begriff „Umweltchemie“ wird manchmal auch der Begriff
„Ökologische Chemie“ verwendet.
Von der Ökotoxikologie ist die Umweltchemie allerdings abzugrenzen, da sich erstere
mit der Verbreitung und der Wirkung von chemischen Substanzen in Organismen
beschäftigt.
Einleitung
Historie der anthropogenen Umweltbeeinflussung
Luftverunreinigungen
In der Vergangenheit waren Luftverunreinigungen vor
allem durch bei Verbrennungsprozessen entstehenden
Rauch verursacht. Hauptkomponenten dieser
Verunreinigung waren Ruß und Schwefeldioxid.
Bereits die Römer beklagten die Unsauberkeit ihrer
Stadtluft. Mit Beginn des Kohleabbaus und der
Verbrennung von Kohle zum Heizen im 13 Jhd. wurden
diese Probleme noch einmal gewichtiger. Im Jahr 1578
untersagte bspw. Queen Elisabeth I. das Verbrennen
von Kohle in London, solange das Parlament tagte.
Durch die zunehmende Industrialisierung wurde die
Belastung der Luft zunehmend verstärkt. Spätestens
seit der Mitte des letzten Jahrhunderts gehen von den
unzähligen Verbrennungsmotoren im Straßen- und
Luftverkehr neue Belastungen und Gefahren (z. B.
durch Stickstoffoxide und Feinstaub) aus.
Einleitung
Historie der anthropogenen Umweltbeeinflussung
Wasserverunreinigungen
Die meisten alten Städte entsorgten noch bis ins 19. Jhd. ihre Abfälle direkt oder
indirekt in Flüssen und Seen. Erst in dieser Zeit begegnet man den ersten Versuchen,
Abwasser zu reinigen.
Zentrale Wasserversorgungsanlagen sind dagegen bereits für das ausgehende 15. Jhd.
belegt. Das Wasser aus den Brunnen war Lebensquell für die Städte, bei Belagerungen
garantierten sie eine autarke Wasserversorgung. Die Verunreinigung von Brunnen
wurde streng bestraft, in einigen Städten sogar mit dem Tod. Verboten war u. a. die
Entsorgung von Abfällen und Exkrementen, das Waschen von Wäsche und das Tränken
von Pferden.
Für die Nutzung von Flüssen, Bächen oder Seen als Transportmedium für Abfälle
wurde früher z. B. Wollmanufakturen, Wäschereien, Schmieden, Färbereien und
Schlachthäusern ein Sonderrecht eingeräumt, ihre Abfälle nachts dort zu entsorgen.
Allerdings war man sich der Problematik dieser Vorgehensweise durchaus bewusst.
So achteten z. B. die Stadtplaner von Paris darauf, dass sich solche Betriebe außerhalb
der Stadtgrenzen und flussabwärts nießerließen, wo ihre Abwässer die eigene Stadt
nicht mehr belasten konnten.
Einleitung
Historie der anthropogenen Umweltbeeinflussung
Verunreinigungen durch die Landwirtschaft
Der Mensch begann vor ca. 8000 Jahren mit dem Ackerbau und bereits zu diesem
Zeitpunkt kam es zum Einsatz von Düngemitteln, vor allem Pestiziden.
Zahlreiche Chemikalien sind im Laufe der Geschichte gegen Schädlinge eingesetzt
worden. Die Verwendung von Öl, „brennendem Schwefel“ (SO2) und Arsenik (As2O3)
durch die Griechen und die Römer ist belegt.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts kamen neue anorganische Verbindungen hinzu, wie
bspw. „Pariser Grün“ (auch: „Schweinfurter Grün“), welches gegen Heuschrecken
wirksam war:
3 Cu(AsO2)2 · Cu(CH3COO)2
Pariser Grün
Erde Erdkruste
Angaben in Ma.-%
Aufbau der Erde
Erdinneres und Erdkruste
Erdoberfläche
Gesamtoberfläche der Erde: 510 Mio. km2
Flächenanteil, %
Ozeane 70,8
Oberflächenwasser (Flüsse und Seen) 0,4
Festland 28,8
Wald 7,7
Wüsten, Halbwüsten 5,8
Grünland 4,6
Ackerland 2,5
Antarktis 2,3
bebaute Gebiete 2,1
Tundra 0,9
sonstige Gebiete 2,9
Aufbau der Erde
Hydrosphäre
Die Hydrosphäre
97% des Oberflächenwassers der Erde ist Salzwasser
Aufbau der Erde
Hydrosphäre
Die Hydrosphäre
Pascal’sches Gesetz:
ph ρ g h p 0
Barometrische Höhenformel:
h h0
Mg
ph p 0 e RT
Verdampfungswärme
2,26 MJ/kg
(40,657 kJ/mol)
latente Wärme
Schmelzwärme
333,5 kJ/kg
(6,01 kJ/mol)
Aufbau der Erde
Atmosphäre
Atmosphärischer Wärmegradient
Einstrahlende Sonnenenergie wird dazu genutzt, Oberflächenwasser zu verdampfen.
Die Energie wird dabei als latente Energie im gasförmigen Zustand gespeichert. In
höheren Bereichen der Atmosphäre kondensiert das Wasser aufgrund der
Umgebungstemperatur und gibt die gespeicherte Wärme an die Umgebung ab.
trockenadiabatischer feuchtadiabatischer
Wärmegradient Wärmegradient
Aufbau der Erde
Atmosphäre
Luftfeuchtigkeit
absolute Feuchte:
mW Masse Wasserdampf
f
V Luftvolumen
Sättigungsmenge:
mW ,max mW (T )
f max
V V
relative Feuchte:
f
f max
Wohlbefinden: ρ = [50%..60%]
ρ < 50%: Austrocknung von Haut und Schleimhäuten
ρ > 60%: Behinderung der Wärmeregulation durch Transpiration
Aufbau der Erde
Globale Stoffkreisläufe
Globaler Wasserkreislauf
Aufbau der Erde
Globale Stoffkreisläufe
Kohlenstoffkreislauf
Aufbau der Erde
Globale Stoffkreisläufe
Stoffkreisläufe im Ökosystem Erde
Aufbau der Erde
Globale Stoffkreisläufe
Quellen und Senken im Stoffkreislauf
Kompartimente mit Transportfunktion: Atmosphäre und Flüsse
Kompartimente mit Speicherfunktion: Boden und Ozeane
Bilanzierung:
AB > BA + BF
AO + FO > OA
Anreicherung im Boden/Ozean
Senken
AB < BA + BF
AO + FO < OA
Abreicherung im Boden/Ozean
Quellen
Aufbau der Erde
Globale Stoffkreisläufe
Quellen und Senken im Stoffkreislauf
Element AB BA BF = FO OA AO
O (in 1017 kg/a) 1,0 0,7 0,3 3,7 3,4
C (in 1014 kg/a) 1,2 1,27 < 0,01 0,10 0,10
S (in 1014 kg/a) 0,7 1,6 2,1 1,6 2,6
P (in 109 kg/a) 3,2 4,3 19 0,3 1,4
Pb (in 108 kg/a) 3,2 4,7 7,8 < 0,01 1,4
Cu (in 107 kg/a) 6,2 7,1 632 < 0,01 1,3
Industrie-
Wärme
anlagen
Belastungen
landwirt- stoffliche physikalische
durch
schaftliche Belastungen Belastungen Lärm
Verbrauch von
Nutzung der Umwelt der Umwelt
Lebensraum
Verkehr,
Wohnen, Strahlung
Freizeit