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Mittwoch, 16. März 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr.

52 B1

Finanzplatz Frankfurt
Umbruch wird weitere Konsolidierungen bei Banken auslösen
Nicht Größe schafft Gefahren, sondern schlechtes Management – Geschäftsmodelle sind besonders tragfähig, wenn das Kundengeschäft im Mittelpunkt steht
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 Veränderungsprozess nur dann noch auch eine makroprudenzielle Auf- Zusammenhang zu konstatieren, Es ist zu erwarten, dass Banken zukunftsfähigen Geschäftsmodellen
Die Welt des „New Normal“ nach eine Rolle spielen, wenn sie als sicht. Zweitens Maßnahmen, die dass mit den Regierungen ein neuer, Positionen im Trading Book, bei De- stehen werden. Die Sorge, dass
der Finanzmarktkrise wird Banken Arrangeur Nutzen stiften durch Spill-over-Effekte begrenzen. Hierzu wichtiger Stakeholder am Tisch der rivaten, Verbriefungen und Proprie- durch das Entstehen größerer Ban-
dauerhaft vor große Herausforderun- Schaffung von Qualität im Prozess, gehören Stärkung der Marktinfra- Banken sitzt. Aufbau und Pflege des tary Investments konsequent zuguns- ken wiederum Instabilitäten ausge-
gen stellen. Schließlich ist kein Wirt-Exekutionssicherheit und Zugang zu struktur, Finanzsektorabgaben, In- Dialogs zu Regierungsvertretern kön- ten von renditearmen, aber liquiden löst werden, ist in diesem Zusam-
schaftszweig infolge der Krise und den passenden Investoren. solvenzregime, Sanierungs- und Re- nen nicht mehr nur am Rande erfol- Positionen wie Cash und Staatsanlei- menhang unbegründet. Nicht die
ihrer Nachwirkungen mehr dem Ohnehin müssen Banken in strukturierungsregime, Reform der gen. Umso wichtiger wird auch in hen reduzieren. Daneben wird die Größe einer Bank schafft Gefahren,
Wandel unterworfen als die Banken- Zukunft ungleich mehr investieren, Einlagensicherung. Darüber hinaus Zukunft eine konsistente, leistungs- Umschichtung von langfristiger zu sondern schlechtes Management.
um den Mehrwert ihrer gehende Initiativen wie Größenbe- starke und Vertrauen schaffende kurzfristiger Kreditvergabe erfolgen. Corporate Governance, Transpa-
Leistungen zu vermit- grenzungen von Banken, Leverage Bankenverbandsarbeit sein. Als bewusst in Kauf genommene renz, Risiko- und Liquiditätsmanage-
teln. Das in der Finanz- Ratio, Trennbankensystem („Volcker Die Auswirkungen der neuen Kapi- Nebenwirkung wird die neue, deut- ment, Konzentration auf Kernkompe-
Von marktkrise verloren Rule“) oder Vergütungsbeschränkun- talunterlegungsvorschriften indes lich risikoärmere Bankbilanz ceteris tenzen, kompetente und motivierte
Tilman Wittershagen gegangene Vertrauen gen entstammen einem kurzsichti- wirken unmittelbar auf die Fähigkeit paribus weniger Erträge erwirtschaf- Mitarbeiter und ein Vergütungssys-
wird sich erst über gen politischen Reflex und werden der Banken, profitabel zu wirtschaf- ten und somit auf die zweite Stoß- tem, das nachhaltigen Unterneh-
Jahre intensiver und nicht zum Ziel führen, sind aber in ten. Wenn die Mindestanforderung richtung der Anstrengungen – die menserfolg fördert, sind für Banken
glaubwürdiger Partner- Teilen bereits beschlossen. „Weniger für die Kernkapitalquote von 2 % auf Steigerung der Profitabilität – kon- auch in Zukunft die entscheidenden
schaft mit Kunden und ist mehr“ ist man versucht zu sagen. 7 % (inklusive Capital Conservation trär wirken. Zudem wird die Bereini- Erfolgsfaktoren.
Marktteilnehmern zu- Kluge, qualitativ hochwertige und in- Buffer) erhöht wird, gleichzeitig gung der Bilanzen in vielen Fällen Und eine der erfreulichsten Er-
rückgewinnen lassen. ternational abgestimmte Regulie- bestehende Kapitalelemente nicht noch zu einmaligen Verlusten füh- kenntnisse aus der Finanzmarktkrise
Vorstandsvorsitzender Die gute Nachricht ist, rung ist vonnöten, um das Ziel der mehr auf das Kernkapital anrechen- ren, mit entsprechender Belastung ist, dass sich Geschäftsmodelle insbe-
des Bankenverbandes dass die Voraussetzun- Systemstabilisierung zu erreichen. bar sind und zusätzlich das Risikoge- für das Eigenkapital. Umso heftiger sondere dann als tragfähig erwei-
Hessen e.V. gen dafür geradezu wicht der meisten Aktiva deutlich wird die vor uns liegende Dekade sen, wenn sie das Kundengeschäft in
ideal erscheinen. Das Neuer Stakeholder am Tisch steigen wird, sind Szenarien, in de- von Kostensenkungsmaßnahmen den Mittelpunkt stellen und auf lang-
„New Normal“ im Wirt- nen das neue regulatorische Kernka- begleitet werden, nicht zuletzt auch, fristige, partnerschaftliche Geschäfts-
branche. Die wesentlichen Treiber schaftsgeschehen dieser Dekade Wie immer die finale Ausprägung pital im einzelnen Fall bis zum Fak- um die Attraktivität des Eigenkapi- beziehungen ausgerichtet sind. Inso-
der Veränderung sind bekannt: (i) wird geprägt sein von hoher Unsi- aller Regulierungsmaßnahmen letzt- tor zehn erhöht werden muss, nicht tals von Banken wieder zu erhöhen. fern überwiegt trotz der Herausfor-
neue und schärfere Regulierung, (ii) cherheit und Schwankungsanfällig- lich aussehen wird, die organisatori- auszuschließen. Nun ist hartes Eigen- derungen die Zuversicht, dass der
Rückgewinnung von Vertrauen, (iii) keit bei für Investoren und Unter- schen Herausforderungen zur Adap- kapital für Banken eine knappe Res- Unbegründete Sorge Umbruchprozess am Ende erfolg-
auf Kundenanforderungen zuge- nehmen gleichermaßen wichtigen tion, Umsetzung und Steuerung der source und weder am Kapitalmarkt reich gestaltet werden wird. Und als
schnittene Geschäftsmodelle mit in Risikoparametern wie Liquidität, hochkomplexen Maßnahmenpakete noch durch Beiträge bestehender Es braucht daher nicht viel Fanta- Orientierungspunkt auf dem Weg
der Folge veränderten Ertrags- und Zinsen, Währungen, Rohstoffe, sind gewaltig. Und die deutlich stei- Eigentümer beliebig abrufbar. Inso- sie, um sich vorzustellen, dass der zum Ziel wird es für Marktteilneh-
Kostenstrukturen. Energiepreise, Immobilienmärkte gende Frequenz der Überprüfungen fern werden massive Anstrengungen Prozess des Umbruchs eine weitere mer wichtig sein zu sehen, dass Vor-
oder Kreditwürdigkeit von Staaten. durch die Aufsicht wird die Banken bei der Optimierung der risikoge- Konsolidierungswelle im Banken- reiter in der Branche in der Lage
Im vierten Jahr der Krise Dadurch werden die Akteure ihre zwingen, hierfür dauerhaft hochqua- wichteten Aktiva einerseits und der markt auslösen wird, an dessen sind, alle wesentlichen Regulierungs-
Entscheidungen nur mit Hilfe kom- lifizierte, teure Mitarbeiterkapazitä- Steigerung der Profitabilität anderer- Ende zwar weniger, dafür aber sta- schritte bereits bis zum Jahr 2013
Nüchtern betrachtet, befinden wir petenter und transparenter Bera- ten vorzuhalten. Es ist in diesem seits unternommen werden. bile Institute mit leistungs- und umgesetzt und etabliert zu haben.
uns im vierten Jahr der Bankenkrise. tung vornehmen können.
Dieser Zustand spiegelt auch der Das wird der entscheidende Fak-
Kapitalmarkt wider: Der Euro Stoxx tor in der Kunde-Bank-Beziehung
Banken verlor im Jahr 2010 rund sein: Vertrauen schaffen durch ehrli-
18 % an Wert, während der che Aufklärung. Und hierfür werden
Euro Stoxx 50 sein Niveau halten Kunden auch weiterhin bereit sein,
konnte und der Dax 30 sogar rund einen angemessenen Preis zu bezah-
20 % an Wert gewann. Die Geld- len. Es mutet in diesem Zusammen-
beschaffung im Interbankenmarkt hang geradezu grotesk an, dass
läuft weiterhin nicht störungsfrei, Regierungen sich aufgerufen fühlen,
und einige Marktteilnehmer sind zum Wohle der Anleger den Um-
unverändert von den Vollzuteilun- gang zwischen Kunde und Bank im
gen der Europäischen Zentralbank Detail regeln zu müssen – bis hin zur
(EZB) abhängig. Unterdessen ver- Einführung eines Registers für ca.
weilen die Liquiditätsbeschaffungs- 300 000 Bankberater in Deutsch-
kosten der Banken auf einem atem- land. Der Kunde wünscht nicht seine
beraubend hohen Niveau. Wenn eigene Entmündigung. Stattdessen
sich aber Unternehmen am Kapital- erwartet er ein Mehr an individuel-
markt ähnlich günstig wie Banken ler Beratungszeit und keine zeitfres-
refinanzieren, wird beispielsweise senden administrativen Formalitä-
ein im Wesentlichen auf Kreditver- ten wie Beratungsprotokolle. Regula-
gabe ausgerichtetes Geschäftsmo- torischer „Overkill“ am Kunden wird
dell kaum überleben können. zwangläufig nicht zu einer besseren
Erschwerend kommt hinzu, dass Qualität in der Beratung führen.
(nicht hypothekenunterlegte) Kre-
dite mit einer Laufzeit von mehr als Weniger wäre mehr
einem Jahr künftig fristenkongruent
zu refinanzieren sind und somit Im Konsens der Expertenmeinun-
wichtige Erträge aus Fristentransfor- gen gibt es zwei große Säulen, die
mation fehlen werden. In der Folge als regulatorische Initiativen geeig-
werden die Margen für langfristige net erscheinen, das Finanzsystem
Bankkredite merklich anziehen. auf Stabilität auszurichten. Erstens
Zwar wird der Markt für alternative, Maßnahmen, die die Wahrschein-
kapitalmarktorientierte Finanzie- lichkeit von Schocks reduzieren. Hie-
rungsinstrumente hiervon profitie- runter fallen Kapitalanforderungen,
ren und sich dynamisch entwickeln, Liquiditätsstandards, antizyklische
jedoch werden Banken in diesem Kapitalpuffer, Transparenz, aber

Aus dem Inhalt


Umbruch wird weitere Konsolidie- Frankfurt bleibt für die Auslands-
rungen bei Banken auslösen banken attraktiv
Von Tilman Wittershagen B1 Von Stefan Winter und
Joachim von Schorlemer B8
Regulierungen sollten Interessen In der Unternehmensfinanzierung
der Emittenten reflektieren sind klare Trends erkennbar
Von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen B 2 Von Dr. Tom Oliver Schorling und
Clemens Niedner B8
Die neuen Aufgaben der Finanz- Mit Mittelstandsanleihen erste
marktstabilisierungsanstalt Schritte am Kapitalmarkt wagen
Von Dr. Hannes Rehm B2 Von Nico Baader B9
Sonderregeln für systemrelevante Anlageklasse Aktien gewinnt
Kreditinstitute kommen voran an Popularität
Von Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler Von Klaus Schinkel B9
B4
Banken-IT der Zukunft braucht Ausländische Anleger bevorzugen
Offenheit und mehr Transparenz Büroimmobilien
Von Thomas Ullrich B5 Von Marcus Lemli B 10
Asset Management „Made in Börse Frankfurt als Impulsgeber
Germany“ wächst weiter nicht zu ersetzen
Interview mit Stefan Seip B5 Von René Parmantier B 11
Gefragter Berater und Partner Starkes Finanzzentrum bedarf
im Ausland kompetenter Berichterstattung
Von Dr. Lutz Raettig B6 Von Dr. Markus Gerhard B 11
Frankfurt – Mittelpunkt eines der Charterholder finden besser durch
dynamischsten Gebiete Europas das Dickicht der Finanzmärkte
Von Dr. Mathias Müller B6 Von Harald Bareit B 12
Globales Netzwerk der Finanzplätze
wird unabdingbar
Von Prof. Dr. Michael Heise und
Dr. Ulrich Kater B7
B 2 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Regulierungen sollten Interessen der Emittenten reflektieren


Gesetzliche Anforderungen an börsennotierte Unternehmen nicht übertreiben – Selbstregulierungen akzeptieren
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 durch geeignete Kapitalmarktregeln Unter dem Schlagwort „Krisenbewäl- Das Grundprinzip „Comply or Ex- leicht das Gegenteil beabsichtigt ist. lang auch das Angebot ausbleiben.
Ein attraktiver Finanzplatz, an dem in ausreichendem Maße zu schüt- tigung“ werden aber zurzeit auch plain“ ist damit zu 100 % erfüllt. Ent- Weitere Beispiele für regulatorische Im Extremfall käme der Ratingmarkt
reibungslos Kapital zwischen Anbie- zen, ohne die börsennotierten Unter- Regelungen diskutiert oder geän- sprechend geht die Unterstellung, Überreaktionen lassen sich im Be- zum Erliegen; wichtige Dienstleister
tern und Nachfragern vermittelt nehmen in ihren Freiheiten über Ge- dert, die in unterschiedlicher Art dass alle Kodexempfehlungen von al- reich der Fremdfinanzierungen iden- der Investoren würden ausfallen.
wird, ist für eine Volkswirtschaft ein bühr einzuschränken oder mit unnö- und Weise den Aktienmarkt, also len Unternehmen vollständig umge- tifizieren. So bestehen auf Seiten der Weder Emittenten noch Investoren
absolutes Muss. Das belegen unzäh- tiger Bürokratie zu belasten. Sonst etablierte sowie potenzielle Emitten- setzt werden müssten, an der Inten- EU-Kommission Überlegungen, die wäre damit geholfen.
lige ökonomische Studien zu den fehlt es entweder an dem einen oder ten, betreffen. Und dies leider oft in tion dieser Selbstregulierung vorbei. Vergütungsprinzipien der Rating- Die beiden Beispiele zeigen, dass
Auswirkungen der Funktionsfähig- dem anderen: dem Angebot an Kapi- einer Weise, die nicht dazu angetan Ganz im Gegenteil soll der Kodex agenturen grundsätzlich in Frage zu aus Emittentensicht die Regulierung
tal oder der Nachfrage ist, den Sprung in den Kapitalmarkt den börsennotierten Gesellschaften stellen. Diskutiert wird, ob Ratings eine wesentliche Dimension der
danach. mit Freude zu vollziehen. den notwendigen Spielraum lassen, künftig nicht mehr von den Emitten- Qualität des Finanzplatzes ist. Regu-
Die Emissionsstatistik selbst zu entscheiden, welche ten, sondern von den Investoren in lierungen müssen den komplexen
Von des vergangenen Jahres Kritik an Bewährtem Empfehlung im Einzelfall sinnvoller Wirkungszusammenhängen an den
Rüdiger von Rosen deutet eher darauf hin, Weise umgesetzt wird und welche Kapitalmärkten Rechnung tragen,
dass auf der Nachfrage- Am deutlichsten ist dies im Hin- nicht. damit Finanzplätze ihre Funktion
seite durchaus Optimie- blick auf die Corporate-Governance- Auf der Basis dieser Informatio- erfüllen können. Sonst nützen alle
rungspotenzial besteht. Debatte. Sowohl auf nationaler als nen kann sich jeder Anleger ein „Mit dem AnsFuG Argumente für die Kapitalmarkt-
Zwar wagten im Jahr auch europäischer Ebene wird die Urteil bilden, ob er mit der Qualität werden die Möglich- finanzierung, ein breites Angebot an
Geschäftsführendes 2010 wieder fünf Unter- Kritik an bewährten Instrumenten der Corporate Governance des Un- Dienstleistungen sowie eine techno-
Vorstandsmitglied nehmen im regulierten der Selbstregulierung immer lauter, ternehmens zufrieden ist. Dieses keiten des verdeckten logisch hochwertige Infrastruktur
des Deutschen Markt und weitere 33 in Urteil kann dann bei der Entschei- Aufbaus von wenig.
Aktieninstituts e. V. den Segmenten des Frei- dung, eine Aktie zu kaufen, zu hal- Beteiligungen in
in Frankfurt a. M. verkehrs den Gang auf ten oder zu verkaufen, berücksich- Beim AnsFuG gut gelungen
das Parkett. Mit einem tigt werden. börsennotierten
„Ein attraktiver
Platzierungsvolumen Der wesentliche Vorteil von Kodex- Unternehmen erheb- Man kann nicht oft genug darauf
keit der Kapitalmärkte auf die volks- von lediglich 2,3 Mrd. Euro blieb das Finanzplatz, an dem empfehlungen gegenüber starren hinweisen, dass die Rahmenbedin-
lich eingeschränkt.“
wirtschaftliche Entwicklung. erhoffte und viel beschworene Jahr reibungslos Kapital gesetzlichen Regelungen ist also die gungen die Interessen von börsenno-
Aus Sicht der kapitalmarktorien- der Börsengänge allerdings aus. zwischen Anbietern flexible Anwendung grundsätzlich tierten Unternehmen reflektieren
tierten Unternehmen manifestiert Natürlich gibt es hierfür auch an- richtiger, aber nicht in jedem Einzel- sollten, ohne dabei den Investoren-
sich die Attraktivität eines Finanz- dere Gründe, so zum Beispiel das und Nachfragern fall sinnvoller Empfehlungen. Maß- schutz aus den Augen zu verlieren.
platzes vor allem in den Bedingun- schwindende Fundament deutscher vermittelt wird, ist stab hierfür sind die unternehmens- Auftrag gegeben und bezahlt wer- Beim Gesetz zur Verbesserung des
gen, unter denen externe Finanzie- Aktionäre oder die mentalitätsbe- für eine Volkswirt- spezifischen Anforderungen und die den sollen. Damit soll Interessenkon- Anlegerschutzes und der Funktions-
rungsmittel für die Investition in dingte Zurückhaltung gegenüber Ka- Bedürfnisse der Investoren. Ein weit- flikten im bestehenden System vor- fähigkeit des Kapitalmarkts (Ans-
Wachstum und Beschäftigung einge- pitalmarktfinanzierungen unter vie- schaft ein absolutes gehender Ersatz der Kodexempfeh- gebeugt werden. FuG), das im Februar 2011 verab-
worben werden können. Je kosten- len mittelständischen Unternehmen. Muss.“ lungen durch den Gesetzgeber wider- Hintergrund der Debatte ist der schiedet wurde, ist das gut gelun-
günstiger der Zugang zu Eigen- und Zurückhaltung herrscht aber auch spricht dem Geist dieses Selbstregu- Wunsch, die Funktionsfähigkeit des gen. Mit dem AnsFuG werden die
Fremdkapital und je höher die Quali- aufgrund der Angst, dass die regula- lierungsmechanismus und beein- Ratingmarktes zu verbessern. Es Möglichkeiten des verdeckten Auf-
tät der im Zusammenhang mit dem torischen Anforderungen insbeson- trächtigt die Attraktivität der Börsen- wird jedoch übersehen, dass eine ge- baus von Beteiligungen in börsenno-
Kapitalmarktzugang erbrachten dere an Transparenz und Unterneh- so auch am Deutschen Corporate notiz sowohl für an der Börse etab- setzlich verordnete Umstellung des tierten Unternehmen erheblich ein-
Dienstleistungen und der Kapital- mensführung, die mit dem Börsen- Governance Kodex. Von verschiede- lierte Unternehmen als auch für Bör- Vergütungsmodells das praktisch un- geschränkt, da künftig neben Aktien
marktinfrastruktur sind, desto attrak- gang zu erfüllen sind, eine zu hohe nen Seiten wird insbesondere senaspiranten. lösbare Problem aufwerfen würde, und Optionen mit einem Lieferan-
tiver zeigt sich grundsätzlich auch Kostenbelastung und einen signifi- bemängelt, dass die Unternehmen wie das bislang öffentliche Gut „Ra- spruch in Aktien auch derivative
der Finanzplatz. kanten Verlust an Flexibilität darstel- den Empfehlungen zu wenig Rech- Überreaktionen festzustellen tingnote“ exklusiv für zahlende In- Instrumente mit Barausgleich von
len könnten. nung tragen würden. Diese Aussage vestoren angeboten werden kann. Meldepflichten erfasst sind. Durch
Qualität muss stimmen Diese Angst ist alles andere als un- lässt sich aber empirisch nicht bestä- Die Diskussion um den Kodex Die technologischen Möglichkeiten die Verhinderung eines „Anschlei-
begründet. Unbestritten hat das Re- tigen. Ganz im Gegenteil befolgten oder vergleichbare Regelungen in an- machen Versuche, Informationen zu- chens“ an Unternehmen wird es
Hinzu kommt eine entscheidende gulierungsrad mit der jüngsten Wirt- die Dax-Konzerne, die oftmals Ziel- deren europäischen Ländern offen- verlässig lediglich einem Kreis zah- Unternehmen wie Investoren glei-
Dimension: Die Qualität der regu- schafts- und Finanzkrise auf interna- scheibe der öffentlichen Kritik sind, bart den übertriebenen Regulie- lender Kunden zukommen zu las- chermaßen ermöglicht, sich auf
latorischen Rahmenbedingungen tionaler, europäischer und nationa- im Jahr 2010 96,3 % aller Empfeh- rungseifer des Gesetzgebers, wenn sen, heute nahezu unmöglich. Dem- Änderungen in den Beteiligungsver-
muss stimmen, damit Finanzierun- ler Ebene neuen Schwung erhalten. lungen und begründen bei den ver- es darum geht, Verhaltensregeln für entsprechend dürfte auch die Bereit- hältnissen frühzeitig einzustellen.
gen über den Kapitalmarkt im Allge- Die Initiativen, die grundsätzlich die bleibenden 3,7 %, warum genau börsennotierte Unternehmen neu zu schaft gering sein, für ein Rating zu Die Regelung trägt zudem dazu
meinen und den Aktienmarkt im Be- Stabilität des gesamten Finanzsys- diese Empfehlungen bei den betref- definieren. Der Attraktivität der zahlen. Wenn sich aber unter den In- bei, den Finanzplatz weiter zu stär-
sonderen attraktiv erscheinen. Gene- tems erhöhen sollen, betreffen zwar fenden Unternehmen nicht angemes- Börse als Finanzierungsquelle dient vestoren niemand findet, der für ein ken, denn andernorts gibt es ver-
rell bedeutet dies, die Investoren zum größten Teil den Bankensektor. sen oder sinnvoll anwendbar sind. das gerade nicht, auch wenn viel- Rating zahlt, wird über kurz oder gleichbare Regelungen schon lange.

Die neuen Aufgaben der


Finanzmarktstabilisierungsanstalt
Vom Sanierer und Stabilisierer zum Träger von Restrukturierungsmaßnahmen
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 den Instituten beteiligte. Dazu war zu verzeichnen. Vier Institute erhiel-
Der Jahresbeginn 2011 ist eine ein Rahmen von maximal 80 Mrd. ten Eigenkapital in Höhe von insge-
Zäsur für die Aufgaben der Bundes- Euro vorhanden. samt 29 Mrd. Euro. Von der Mög-
anstalt für Finanzmarktstabilisie- Die Leistungen dienten als tem- lichkeit, eine Abwicklungsanstalt
rung (FMSA). Mit Inkrafttreten des poräre Soforthilfen. Sie folgten dem zu gründen, haben zwei Institute –
Restrukturierungsgesetzes hat der Prinzip „keine Leistung ohne Gegen- die WestLB mit der Ersten Abwick-
Gesetzgeber der FMSA mit der Ver- leistung“ und waren daher immer lungsanstalt und die Hypo Real
waltung des Restrukturierungsfonds mit marktüblichen Gebühren und Estate mit der FMS Wertmanage-
zusätzlich mit Auflagen ment – Gebrauch gemacht. Insge-
verbunden. Darüber samt haben beide Institute mehr als
hinaus verfügte der 250 Mrd. Euro an Risikopositionen
Von SoFFin durch das soge- auf die Abwicklungsanstalten über-
Hannes Rehm nannte Bad-Bank-Ge- tragen.
setz seit Mitte 2009
über die Möglichkeit, Nicht akzeptable Situation
Institute durch einen ge-
ordneten, wertschonen- Die Krisenbewältigung war eine
Sprecher des den Abbau von Risiko- Seite der Herausforderung. Die
Leitungsausschusses positionen zu stabilisie- Finanzkrise hat aber auch verdeut-
der Bundesanstalt ren. Die Banken konn- licht, dass der Staat mit dem Argu-
für Finanzmarktstabili- ten mit hohen Risiken ment „too big to fail“ zum Lender of
sierung behaftete sowie nicht Last Resort wird. Diese Situation
länger zu ihrem Kernge- war auf Dauer nicht akzeptabel.
schäft zählende Portfo- Eine Antwort auf diese Herausforde-
und der Erhebung und Verwaltung lien auf Abwicklungsanstalten unter rung gibt das Restrukturierungs-
der Bankenabgabe neue Aufgaben dem Dach der FMSA auslagern und gesetz. Welche Veränderungen
übertragen. damit in ihren Bilanzen gebundenes bringt dieser Ansatz für die Tätigkeit
Vor über zwei Jahren wurden am Eigenkapital freisetzen. Am Rande der FMSA?
17. Oktober 2008 der Sonderfonds bleibt anzumerken, dass diese soge- Das im Restrukturierungsgesetz
Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) nannten „bad banks“ weder „bad“ vorgesehene mehrstufige Verfahren
und die FMSA gegründet, um mögli- noch „banks“ sind: Sie sind vielmehr hilft, Kreditinstitute mit wirtschaftli-
chen systemischen Rückwirkungen nützliche Vehikel ohne Banklizenz. chen Schwierigkeiten zu sanieren
der internationalen Finanzmarkt- und zu reorganisieren. Dabei kann
krise auf die deutsche Bankwirt- Zehn Institute unterstützt die Geschäftsführung des Instituts
schaft vorzubeugen. Nach dem Zu- zunächst freiwillig Sanierungsmaß-
sammenbruch der US-Investment- Mit den Maßnahmen des SoFFin nahmen ergreifen, um die Krise ei-
bank Lehman Brothers im Septem- war kein dauerhaftes Engagement genverantwortlich zu bewältigen.
ber 2008 erreichte der Vertrauens- des Staates beabsichtigt. Daher sind Sofern die Sanierungsbemühungen
schwund auf dem Interbankenmarkt seit Jahresende 2010 keine neuen nicht ausreichen, um die Gefahren
seinen Höhepunkt und die Liquidi- Stabilisierungsmaßnahmen des für die Stabilität des Finanzsystems
täts- und Kapitalprobleme der Ban- SoFFin mehr zulässig. Gewisse Aus- abzuwenden, verfügt die Bankenauf-
ken spitzten sich zu. nahmen gibt es für bereits beste- sicht nunmehr über stärkere staatli-
Zur Wiederherstellung der Stabili- hende Abwicklungsanstalten und che Eingriffsmöglichkeiten.
tät des Finanzsektors gab der Gesetz- Beteiligungen. Selbstverständlich Die BaFin ist berechtigt, bei be-
geber dem SoFFin eine Palette von nimmt der SoFFin weiter die aus standsgefährdeten Instituten, von
zeitlich befristeten Stabilisierungs- den bestehenden Maßnahmen re- denen eine Gefahr für die Stabilität
maßnahmen an die Hand. Diese hal- sultierenden Verantwortlichkeiten des gesamten Finanzsystems aus-
fen den Banken, ihren Liquiditätszu- wahr. Bis zum Jahresende 2010 er- geht, Restrukturierungsmaßnahmen
gang zu verbessern, die Eigenkapital- hielten insgesamt zehn Institute Un- anzuordnen, sofern zuvor mildere
basis zu stärken und ihre Bilanzen terstützung. Einige der Institute ha- Mittel ausgeschöpft wurden. Das
zu bereinigen. Mittels Garantien des ben dabei nur Garantien zur Liquidi- Instrument ist eine Übertragungsan-
SoFFin konnten die Institute ihre tätsbeschaffung in Anspruch genom- ordnung, mit der der systemrele-
Refinanzierungsgeschäfte absichern. men. Die vertraglich vereinbarten vante Teil des Kreditinstituts auf
Für diese Maßnahme wurde ein Rah- Garantien beliefen sich Ende 2010 einen neuen Rechtsträger übertra-
men von maximal 400 Mrd. Euro be- noch auf 63 Mrd. Euro. Auf dem gen wird. Dann kommt die FMSA ins
reitgestellt. Der Fonds konnte Höchststand Anfang Oktober 2010 Spiel, da dieser Rechtsträger ein be-
zudem Finanzinstitute rekapitalisie- hatten sie noch über 170 Mrd. Euro stehendes Institut oder eine von der
ren, indem er sich über neu bege- ausgemacht. Bisher sind keine Aus- FMSA für diesen Anlass errichtete
bene Aktien oder stille Einlagen an fälle bei den gewährten Garantien Fortsetzung Seite B 4
B 4 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Sonderregeln für systemrelevante Kreditinstitute kommen voran


Konkrete Vorschläge des FSB und des Baseler Ausschusses für zusätzliche Anforderungen an Sifis sind bis Mitte 2011 zu erwarten
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 ser Finanzierungsvehikel bei den lity Board) und das Baseler Komitee „marktschonender Marktaustritt“, ter Umsetzung entweder eine klare festgestellt hat – etwaige nationale
Die schwere Finanzkrise der Jahre Großkreditregeln und einen Selbst- widmen, betrifft die Arbeit an zusätz- also Restrukturierung (international Definition des Begriffs international Sonderabgaben bei der Gesamtkal-
2007 ff. hat das Bewusstsein der behalt bei marktbasierter Verbrie- lichen Regeln für große internatio- resolution regimes). systemrelevanter Institute voraus, kulation eines Aufschlags zu berück-
Finanzmarktakteure tiefgreifend ver- fung. nal vernetzte und systemrelevante Bei alldem sollte nicht übersehen oder die Maßnahmen müssen auf sichtigen. Auch diese Problematik
ändert. Was der 11. September 2001 Im Dezember 2010 wurde nach Institute, die sogenannten Sifis (Sys- werden, dass auch die jüngsten Base- der Basis einer internationalen Peer spricht im Übrigen dafür, einen Zu-
für die Einschätzung der politischen nur einjähriger Bearbeitungszeit die temically Important Financial Institu- ler Regeln bereits zu „side effects“ Review von den nationalen Aufse- schlag nicht als Bestandteil der bank-
Sicherheitslage bedeutete, war der „zweite und dritte“ Baustelle weit- tions). für die Sifis führen. In der Summe hern im Wege der „Säule II“ erlassen aufsichtlichen „Säule I“, sondern im
15. September 2008 (der – wie wir gehend geschlossen: die neuen Re- werden die neuen Regeln zu einer Er- werden (sogenannter Guided-Discre- Wege der Guided Discretion vorzuse-
heute wissen: vermeidbare – Zusam- geln für höheres und härteres Kapi- Ziele der Sifi-Regeln höhung der Kapitalunterlegung im tion-Ansatz). hen, allerdings – zur Vermeidung
tal als Herzstück der Handelsbuch um das Drei- bis Vier- von Misstrauen und Intransparenz –
Neuordnung und die Einigkeit herrscht über das Ziel er- fache führen; hiervon sind fast aus- Krise verdeutlichte es begleitet von einer weitgehenden
Liquiditätsregeln, mit gänzender Regelungen für die Sifis. schließlich die großen, internationa- Peer Review auf internationaler
Von denen international Neu- Die von international systemrelevan- len Investmentbanken betroffen. Die Krise hat gezeigt, dass eine Ebene.
Franz-Christoph Zeitler land betreten wird. ten Instituten in einer Krise ausge- Auch die Beschlüsse zum Gegenpar- präzise und für alle Fälle gültige Nur schrittweise wird man sich
Das Jahr 2011 wird henden externen Effekte (Too-big- teirisiko (counterparty credit risk) Ex-ante-Definition eines systemrele- dem schwierigsten, aber gleichwohl
geprägt sein von der Um- to-fail-Problematik) sollen durch gehen in die gleiche Richtung. Sie vanten Instituts kaum möglich ist, notwendigen Bereich, der Schaf-
setzung der getroffenen eine erhöhte Verlustabsorptionsfä- enthalten unter anderem verschärfte da die Vertrauenseffekte im Vorfeld fung eines internationalen Resolu-
Beschlüsse in europäi- higkeit und damit größere Krisenre- von Krisen kaum zu taxieren sind. tion Regime, nähern können. Ein
sches und nationales sistenz dieser Institute ausgeglichen Für die internationale Ebene reichen wichtiger Bestandteil internationa-
Recht; vor allem wird werden. Die öffentliche Diskussion deshalb die Vorschläge von einer ler Abmachungen wäre die Koordi-
Vizepräsident ein wachsames Auge auf dreht sich meist nur um das Thema „Listenlösung“ für eindeutig system- nation nationaler Restrukturie-
der Deutschen die Beachtung des von „Kapitalzuschlag“ (surcharge); es ist „Ein Thema für relevante Institute über Balance rungssysteme, wie sie in Deutsch-
Bundesbank den G 20 in Seoul zugesi- aber daran zu erinnern, dass das internationale Score Cards mit zahlreichen Indika- land seit Beginn dieses Jahres vom
cherten Level Playing Ziel, zusätzliche „Schockabsorber“ toren bis hin zu komplexen Funktio- Gesetzgeber geschaffen worden
Field, der Umsetzung bei Sifis zu installieren, breiter ange-
Koordinierung und sind. Dies könnte durch grenzüber-
nen. Dass wichtige Kriterien wie
menbruch der Investmentbank der betroffenen Beschlüsse in allen legt ist und auch andere „tools“ um- Absprachen sind auch „Vernetztheit“ oder „Ersetzbarkeit“ schreitende Koordination (über die
Lehman) für die Einschätzung der großen Finanzzentren, zu lenken fasst: So geht es unter anderem auch Vorgaben für (substitutability) nicht einfach zu aufsichtlichen Colleges) begleitet
Finanzstabilität. sein. Die Umsetzung der Handels- um die Begrenzung von Großkredi- präzisieren sind, leuchtet unmittel- werden.
Im Bereich der Bankenaufsicht buchbeschlüsse wird ein erster „Test“ ten zwischen Finanzinstitutionen ,living wills‘, also
bar ein. Aber auch das scheinbar
hat die internationale Staatenge- für den Willen zur gemeinsamen Um- und damit eines potenziellen Infekti- Vorkehrungen eines operable Kriterium der Größe eines Event of default-Problematik
meinschaft schnell reagiert und setzung der getroffenen Beschlüsse. onskanals in Zeiten der Krise. An- Instituts für den Instituts setzt zunächst eine Bereini-
Konsequenzen gezogen. Von den ders als auf der europäischen Ebene gung der unterschiedlichen Bilanzie- Ein zentraler Punkt für eine
vier großen „Baustellen“ bankauf- fehlen bisher weltweit umsetzbare ,Fall X‘.“ internationale Regelung und zu-
Offene „vierte Baustelle“ rungssysteme (weitergehendes Net-
sichtlicher Regelungen wurden zu- Großkreditregeln, die über allge- ting nach US-GAAP im Vergleich zu gleich auch Voraussetzung für das
nächst die unmittelbar „krisenrele- Daneben geht es um die Konkreti- meine Postulate hinausgingen. Nach IFRS) und Klarheit über die Berück- volle Funktionieren nationaler
vanten“ Bereiche von der EU ange- sierung der in Basel noch offen ge- den im FSB getroffenen Beschlüssen sichtigung außerbilanzieller Positio- Restrukturierungsgesetze ist eine
gangen: die Beseitigung der Arbitra- bliebenen Punkte, etwa im Bereich geht es darüber hinaus auch um die Kapitalanforderungen bei Geschäfts- nen voraus. Lösung der „Event of default“-Proble-
gemöglichkeiten zwischen Han- der Liquidität, wo es um die prakti- Schaffung robuster Marktinfrastruk- beziehungen mit größeren Institu- matik. Gegenwärtig sehen die Klau-
dels- und Bankbuch und die Kapital- schen Details der nicht zuletzt von turen (zum Beispiel mandatorische ten, durch die die höhere Wahr- Höhe des Zuschlags seln internationaler Kreditverträge
unterlegung komplexer Verbriefun- deutscher Seite erreichten Anerken- Inanspruchnahme von zentralen Ge- scheinlichkeit einer gleichzeitigen weitgehend vor, dass Gläubiger bei
gen mit den Beschlüssen im Juli nung privater Wertpapiere als Liqui- genparteien für bestimmte deriva- Schieflage (asset value correlation) Beim Instrument des Kapitalzu- einem „default“, wozu auch das Hin-
2009 zum Handelsbuch und Markt- ditätspuffer bei der sogenannten tive Geschäfte). Es geht um eine In- abgedeckt werden soll. schlags spricht viel für eine einheitli- zutreten eines Treuhänders oder
risiko. Auf EU-Ebene wurden diese Liquidity Coverage Ratio (monatli- tensivierung der Aufsicht, die einer Da die künftigen Regeln für global che „Messlatte“ im Sinne einer „Ge- Reorganisationsbeauftragten zählt,
Regeln ergänzt um Vorschriften für che Liquiditätskennziffer) geht. Peer Review (Überwachung auf agierende systemrelevante Institute samtmehrbelastung“ in einer Grö- ihre Positionen fällig stellen können.
die Kapitalunterlegung von Liquidi- Eines der wichtigsten Themen auf Basis international einheitlicher jedenfalls auch „surcharges“, also ßenordnung von 1 bis 2 %. Genauso Dies kann wiederum bei den Ge-
tätslinien an SPVs (Special Purpose der noch offenen „vierten Baustelle“, Grundsätze) unterliegen soll, und es Kapitalzuschläge vorsehen werden, wichtig ist aber die Frage, aus wel- schäftspartnern Liquiditäts- und Ab-
Vehicles), die Berücksichtigung die- dem sich das FSB (Financial Stabi- geht nicht zuletzt um das Thema setzt dies bei rechtsstaatlich korrek- chen Kapitalbestandteilen ein sol- schreibungsbedarf in einer Größen-
cher Puffer bestehen soll und wie er ordnung auslösen, die eine Krise be-
im Verhältnis zu den anderen Kapi- schleunigen könnte und damit dem
talelementen (hartes Kernkapital, Ziel der Restrukturierungsbemühun-
Kapitalerhaltungspuffer) zu positio- gen direkt widerspräche.
nieren ist. Ein Thema für internationale Koor-
Für die erste Frage erscheint es dinierung und Absprachen sind auch
sinnvoll, auch an „contingent capi- Vorgaben für „living wills“, also Vor-
tal“ zu denken, also Fremdkapital, kehrungen eines Instituts für den
das in „guten Zeiten“ nicht Bestand- „Fall X“. Trotz vieler Schwierigkei-
teil der Eigenkapitalunterlegung ist ten im Detail sollte der ordnungspoli-
– und somit in Boomphasen nicht tische Wert solcher Vorkehrungen
zum prozyklischen Aufbau von Posi- nicht übersehen werden, der in dem
tionen dient –, das aber in schlech- Anreiz liegt, zu hohe Komplexität in-
ten Jahren, bei Unterschreiten be- ternationaler Finanzinstitute zu ver-
stimmter Kapitalschwellen, in har- meiden und damit ihre Krisenresis-
tes Kernkapital umgewandelt wird. tenz zu erhöhen.
Der deutsche Gesetzgeber ist der-
zeit – nicht zuletzt auch auf Anre- Zeitplan und Fortschritt
gung der Bundesbank – dabei, die
gesellschaftsrechtlichen Vorausset- Das FSB und der Baseler Aus-
zungen für solche Wandelanleihen schuss planen, bis zur Mitte des Jah-
zu schaffen, die auf eine Entschei- res konkrete Vorschläge zur Identifi-
dung des ausgebenden Unterneh- kation und für zusätzliche Anforde-
mens und/oder der Aufsicht hin um- rungen an Sifis vorzulegen, die an-
zuwandeln sind. Für die sicherlich schließend auf Ebene der Finanzmi-
erst schrittweise herzustellende nister und Staats- und Regierungs-
Marktakzeptanz solcher Instru- chefs zu behandeln sind. Bei der Um-
mente ist es sinnvoll, das Trigger- setzung eines Kapitalzuschlags auf
Niveau, die Kapitalschwelle für eine der Zeitachse wird auch auf eine In-
solche Umwandlung, nicht zu hoch tegration in die sorgfältig austarier-
festzulegen. ten Übergangsfristen der neuen Base-
ler Kapitalanforderungen zu achten
Sonderabgaben beachten sein, insbesondere auf eine Abstim-
mung mit den Vorschriften zur
Eine einheitliche Messlatte für die schrittweisen Einführung des für
Erhebung eines Kapitalzuschlags alle Kreditinstitute unabhängig von
darf nicht verwechselt werden mit ihrer Größe geltenden Kapitalerhal-
einem fixen Kapitalzuschlag. Denn tungspuffers.
aus Gründen der Wettbewerbsgleich-
heit sind – wie der Baseler Ausschuss Abgeschlossen am 24. Februar 2011

Die neuen Aufgaben


Fortsetzung von Seite B 2 lem die Geschäfte belastet, welche
die systemische Relevanz des Institu-
Brückenbank sein kann. Mit dieser tes erhöhen. Die Ausrichtung der
Maßnahme soll der systemrelevante Bankenabgabe an der Struktur der
Teil der Bank zukunftsfähig ausge- Passivseite der Bankbilanzen führt
richtet werden. Der übrige, nicht sys- zu einer differenzierenden Belastung
temrelevante Teil wird dagegen ge- der einzelnen Institutsgruppen. Spar-
ordnet abgewickelt. kassen und Genossenschaftsbanken
Um die Brückenbank mit den not- werden relativ schwächer belastet.
wendigen finanziellen Mitteln auszu- Das Motiv der Bankenabgabe ist we-
statten, ist zum Jahresbeginn der niger eine nachholende Belastung
von der FMSA verwaltete Restruktu- der Institute mit den Kosten der Kri-
rierungsfonds errichtet worden. Er senbewältigung. Diese ist vielmehr
kann neben Garantien für Schuldver- in die Zukunft gerichtet und spiegelt
schreibungen auch Eigenkapital- das Interesse jeder deutschen Bank
hilfen vergeben. Im Gegensatz zu an der Stabilität des Systems wider.
den Leistungen des SoFFin ist der
Empfängerkreis der Stützungsmaß- Finanzsektor trägt Kosten
nahmen des Restrukturierungsfonds
jedoch eng begrenzt. Lediglich der Zudem stellt die Bankenabgabe
den systemrelevanten Teil überneh- sicher, dass die Kosten der Stüt-
mende Rechtsträger kann Mittel des zungsmaßnahmen künftig durch
Fonds erhalten. den Finanzsektor selbst und nicht
Zur Finanzierung des Restrukturie- mehr ausschließlich vom Steuerzah-
rungsfonds müssen ab 1. Januar ler getragen werden. War die FMSA
2011 die Banken in Deutschland mit den Möglichkeiten des Finanz-
eine Bankenabgabe entrichten. Diese marktstabilisierungsgesetzes ein In-
orientiert sich an der Größe der Bank strument der Sanierung und Stabili-
und dem Grad ihrer Vernetzung im sierung, wird sie nun zum Träger
Kapitalmarkt. Damit werden vor al- von Restrukturierungsmaßnahmen.
Mittwoch, 16. März 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 52 B5

Banken-IT der Zukunft braucht Offenheit und mehr Transparenz


Individuelle Produkte, Dialogfähigkeit und Bearbeitung in Echtzeit nicht zu vergessen – Erste sektorenübergreifende Lösungen bereits im Einsatz
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 setzliche Regelungen, die zu zusätzli- sehr rasch für den Kunden spürbar zeigt beispielsweise das 2010 abge- den in Zukunft bei Bankgeschäften Zum Zweiten setzt die im Banking
Die Zukunft der Banken-IT wird chen Kosten und Belastungen für die werden. Erste sektorenübergrei- schlossene Projekt GenoSysWP. In einbringen wollen? Wie sehr möch- 2.0 so entscheidende Transparenz
immer stärker bestimmt durch die Banken führen werden. Es ist die fende Lösungen sind schon heute im einem der größten IT-Projekte in ten sie bei der Ausgestaltung der Pro- und Dialogfähigkeit zum Kunden
absehbaren Auswirkungen von politi- Aufgabe der IT in den Banken, hier Einsatz, wie etwa die einheitliche Deutschland wurde der Wertpa- dukte mitreden? Zunächst wird Ban- auch interne Vernetzung und Kom-
schen und regulatorischen, aber gegenzusteuern und eine führende Wertpapierabwicklung WP2 der pierprozess in der genossenschaftli- king 2.0 nicht primär eine technische munikation voraus. Die Finanzindus-
auch gesellschaftlichen Anforderun- Rolle in der Frage der Kosteneffi- dwpbank für die privaten Banken, chen FinanzGruppe über die beteilig- Plattform oder eine neue Anwen- trie sollte gut vorbereitet sein, wenn
gen der Gegenwart. Dabei gibt es zienz zu übernehmen. Kernelemente den Sparkassensektor und die genos- ten Zentralbanken DZ Bank und dung im Internet sein. Es wird im Kundendialog Fragen zu Produkt-
drei wichtige Themenfelder, die die der Kostensenkung sind Kooperatio- senschaftliche FinanzGruppe. WGZ Bank sowie die IT-Dienstleister darum gehen, zunächst dem Kunden bausteinen ebenso wie Einschätzun-
Banken-IT in den nächsten fünf bis nen zur Aufteilung der Kosten. Dazu Effizienzüberlegungen und die der Genossenschaftsbanken opti- über eine deutlich intensivere gen des Marktes aus dem Research
zehn Jahren maßgeblich beeinflus- Suche nach Skaleneffek- miert und auf das Wertpapier-Ab- direkte Kommunikation umfassend oder die Anlagestrategie aus dem
sen werden. An erster Stelle stehen ten sind die treibenden wicklungssystem WP2 der dwpbank zur Verfügung zu stehen: über die Treasury zur Sprache kommen.
die Regulierungsanforderungen, die Einflussfaktoren für die umgestellt. Mit GenoSysWP gibt es nahtlose Integration von Internet, Die Banken-IT der Zukunft dürfte
sich schon jetzt vor dem Hintergrund Von Weiterentwicklung der nun in allen 14 000 Zweigstellen der Filiale, Handy und weiterer Kanäle einerseits bestimmt werden durch
von Basel III zu einem wichtigen Trei- Thomas Ullrich heutigen großen Bank- Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie eine ständige Servicebereit- die weiter fortschreitenden Regulie-
ber der Ausgestaltung der IT-Infra- systeme. Diese werden einen standardisierten Prozess trotz schaft – dann, wenn der Kunde sie rungsanforderungen und die damit
struktur in den Banken entwickeln. funktional so weit ausge- des weiterhin unterschiedlichen Pro- braucht. Die rasante Verbreitung von verbundenen hohen Umsetzungskos-
Und es ist davon auszugehen, dass baut, dass sie umfang- duktangebots, das sich aber weiter in Smartphones der neuesten Genera- ten. Die IT ist gefordert, hier in weit-
dieser Einfluss auch in den kommen- reich parametrisiert und der Verantwortung jeder einzelnen tion und des iPad verstärkt den Hand- aus stärkerem Maße auf die Verände-
den Jahren eher noch steigen dürfte. in nahezu allen Banken Genossenschaftsbank befindet. lungsdruck für die Banken. Banking rungen und den Anforderungsdruck
An zweiter Stelle folgt die fort- eingesetzt werden kön- 2.0 setzt aber gleichermaßen die zu reagieren. Investitionen in Verbes-
schreitende Industrialisierung der nen. Diese Systeme wer- Schnelle Umsetzung Geschwindigkeit in der Produktent- serungen müssen verstärkt durch zu-
IT: Ein Angebot für die Bankkunden Vorstandsmitglied den zunehmend durch wicklung und den Prozessabläufen erst vorangehende Sparanstrengun-
über die Kontoinformationen hi- der DZ Bank AG IT-Dienstleister entwi- Kunden wie Banken können voraus, die heute bei den Handels- gen selber „verdient“ werden. Eine
naus, wie das Abrufen von Kreditkar- ckelt und betrieben, die damit gleichermaßen sicher sein, prozessen des Internets üblich ist. gute Möglichkeit ist die bessere Ver-
tenumsätzen, Depotauszügen oder sich auch um optimierte dass etwa Gesetzesvorgaben schnell Während Banken aktuell viel über teilung der Lasten durch engere
auch von Steuerbescheinigungen, müssen insbesondere Standardisie- Prozesse kümmern. Die Banken sind und umfassend umgesetzt werden, das Lebensumfeld des Kunden wis- Kooperation – sektorenübergreifend.
wird in Zukunft nur über eine ein- rungen erheblich weiter vorangetrie- Kunden, geben die Schwerpunkte gleich ob im IT-System des Bankbera- sen, werden die Kunden des Banking
heitliche Vernetzung der IT möglich ben werden. Im Blickfeld sind dabei der Weiterentwicklung vor und zah- ters oder im Online-Brokerage-Sys- 2.0 zunehmend auch mehr Informa- An Erwartungen anpassen
und sektorenübergreifend bezahlbar die außerhalb des Wettbewerbs ste- len für die individuelle Nutzung der tem zu Hause. Die sektorenübergrei- tionen über die Bank einfordern. Der
sein. Das dritte Themenfeld steht henden Funktionen: vom Melde- Systeme und Infrastrukturen. Bereits fende Größe und Bedeutung des jederzeitige Status von laufenden Andererseits investieren die Ban-
nicht nur für die Weiterentwicklung recht bis zum Verbraucherschutz seit mehreren Jahren ist eine Konzen- WP2-Systems wird es zudem erlau- Abwicklungsprozessen, die aktuellen ken heute bereits stark in die
der Schnittstelle zu den Kunden und der Geldwäscheverhinderung. tration der Banksysteme und Dienst- ben, in Zukunft bei der Weiterent- Konditionen, die Kriterien, die zu Beschleunigung und die Durchgän-
durch den Einfluss von Web 2.0, son- Die IT der Zukunft wird sich mit leister in Deutschland zu beobachten. wicklung ein deutlich höheres Inno- den Konditionen geführt haben, Pro- gigkeit ihrer IT-Prozesse. Es gilt zu-
dern umfasst auch den Einfluss der der Standardisierung von Schnittstel- Die große Kundenanzahl pro System vationstempo an den Tag zu legen. visionsmodelle und Provisionsemp- nächst, mit Hilfe der IT und der über-
Social Networks auf ein zukünftiges len und Formaten auseinanderset- ist eine der Voraussetzungen, um Die größte Unbekannte in der Wei- fänger, Anlagestrategien und Anlage- all verfügbaren Infrastruktur des In-
„Banking 2.0“. zen und allgemein verfügbare Funk- kostengünstig auch branchenüber- terentwicklung der Banken-IT ist die ziele der Bank, alles das gehört zu ternets die heute möglichen Schritte
Treibende Kraft für die Finanz- tionen in die jeweiligen Prozesse der greifend zwischen Industrie und Umgestaltung der Schnittstelle zum Informationen, die die Kunden mor- der Beschleunigung durchzuführen.
institute und damit auch deren IT verschiedenen Institute einbinden. Banken Prozesse zu koppeln und elek- Kunden. Welche Veränderungen for- gen noch stärker interessieren wer- Fortschritte sind bereits deutlich zu
sind schon jetzt die fortgesetzten Nebenbei bewirkt die Standardi- tronisch durchgängig zu machen. dern Kunden, die mit Web 2.0 und den als heute. Die Umsetzung der sehen, insbesondere in den nachgela-
Änderungen in der Gesetzgebung. sierung, dass gesetzliche Änderun- Wie ein Prozess mit über mehrere umfassend verfügbaren Social Net- Ideen des Banking 2.0 in den tägli- gerten Abwicklungsprozessen.
Mit Basel III erwarten den Finanzsek- gen häufig deutlich zügiger um- Unternehmen hinweg verteilten Pro- works groß geworden sind? Für chen Bankbetrieb dürfte allerdings Darüber darf aber nicht vergessen
tor weitere, noch nicht fixierte ge- gesetzt werden können und somit zessbausteinen funktionieren kann, diese zukünftig immer stärker als nur langsam vorangehen. Das liegt werden, die entscheidende Dreh-
Kunden auftretende Generation ist erstens an den vorhandenen Kunden- scheibe, den Umgang mit dem Kun-
Kommunikation nicht an bestimmte strukturen der Banken. Diese wer- den, zu verbessern und an die sich
Orte oder eine bestimmte Zeit gebun- den vor dem demografischen Hinter- verändernden Erwartungen des Kun-
Interview mit Stefan Seip den. Und sie sind es gewohnt, ihre Er- grund größtenteils von einer Genera- den anzupassen. Offenheit, stärkere
lebnisse und ihre Meinungen zu tei- tion bestimmt, die mit Facebook und Transparenz, Dialogfähigkeit, kun-
len sowie Dienstleistungen und Pro- Twitter nicht aufgewachsen ist. denindividuelle Produkte und Bear-
dukte zunächst umfassend zu verglei- Diese finanzkräftige Kundenschicht beitung in Echtzeit, daran hat auch
Asset Management chen. Doch wie wird sich das heutige
Schlagwort „Banking 2.0“ mit Inhalt
erwartet von ihrer Bank die Ver-
traulichkeit eines persönlichen
die IT ihren wichtigen Anteil und
genau daran wird die Banken-IT der

„Made in Germany“ wächst weiter füllen? Wie stark werden sich Kun- Gesprächs. Zukunft gemessen werden.

Stärken müssen erhalten und noch ausgebaut werden


Börsen-Zeitung, 16.3.2011 fonds ein echtes Produkt-Asset, um Publikumsfonds besser vermarktbar
das uns andere Plätze beneiden. seien. Dafür hat Luxemburg aller-
Herr Seip, wo steht der Finanz- Das Jahr 2010 war für Spezialfonds dings auch viel an internationalen
platz Frankfurt im Asset Manage- mit über 70 Mrd. Euro Nettomittel- Marketingaktivitäten investiert und
ment? zufluss das beste Jahr der Ge- einen internationalen „Brand“ auf-
Die Konzentration auf den Raum schichte überhaupt, und wir haben gebaut, der weltweit Anerkennung
Frankfurt ist im Asset Management schon viele gute Spezialfonds-Jahre genießt. Davon profitieren auch
vergleichsweise stark, deutlich stär- gesehen. Spezialfonds sind inzwi- deutsche Asset Manager mit ihren
ker als bei Versicherungsunterneh- schen das stärkste Standbein unse- luxemburgischen Fonds, und umge-
men und Kreditinstituten. Im Rhein- rer Branche. kehrt profitiert natürlich auch der
Main-Gebiet sind 50 der 83 Mitglie- Standort Luxemburg von uns.
der des BVI ansässig. Das von diesen Was sind Ihrer Meinung nach die
gemanagte Vermögen beträgt etwa wichtigsten Argumente, die für Was könnte die Politik tun, um
drei Viertel des gesamten Branchen- Frankfurt sprechen? den Finanzplatz für das Asset
volumens in Deutschland. Rund Frankfurt bietet hervorragende Management noch attraktiver zu
10 000 der insgesamt etwa 12 000 Voraussetzungen dafür, dass Asset machen?
Management „Made in Die Politik sollte Rahmenbedingun-
Germany“ weiter wach- gen dafür setzen, dass unsere Stär-
sen wird: Ideal ist die ken erhalten bleiben und weiter aus-
verkehrsgünstige Lage gebaut werden können. Ein Beispiel
mitten in Deutschland dafür sind die schon erwähnten Spe-
zialfonds. Die AIFM-Richtlinie stellte
Stefan Seip mit einem der größten
anfangs eine ernste Bedrohung für
Flughäfen Europas, der Spezialfonds dar. Diese Bedrohung
noch dazu in einer Vier- ist jetzt zum Glück gebannt. Bei der
telstunde vom Stadtzen- Umsetzung der Richtlinie in deut-
trum aus mit öffentli- sches Recht sollten Spezialfonds
chen Verkehrsmitteln er- möglichst genauso reguliert werden
Hauptgeschäftsführer reicht werden kann. wie bisher. Das liegt nicht zuletzt im
des BVI Bundesver- Kurze Wege in der Interesse der institutionellen Investo-
band Investment und Stadt, der Sitz von ren, wie Versicherungen, Pensions-
Bundesbank, EZB und kassen und Versorgungswerke. Die
Asset Management
des Bereichs Wertpa- Politik sollte außerdem schnell rea-
pieraufsicht der BaFin gieren, wenn es neue Bedürfnisse
sind weitere Vorteile gibt, die durch geänderte Rahmenbe-
Mitarbeiter der deutschen Invest- von Gewicht. Zudem profitiert
mentfondsbranche arbeiten in Frankfurt von einer weltweit führen- dingungen befriedigt werden kön-
nen. Das gilt besonders dann, wenn
Frankfurt, wo seit 1970 auch der den Wertpapiertechnik und -infra- es nichts kostet, also keine Haus-
BVI sitzt. Aber auch an anderen struktur, die gerade von auslän- haltsmittel eingesetzt werden müs-
Standorten in Deutschland, wie dischen Marktteilnehmern hoch sen und auch keine Steuerausfälle
München, Hamburg, Köln oder Stutt- geschätzt wird. Hinzu kommen die drohen.
gart, wird in unserer Branche erfolg- in den vergangenen Jahren erheb-
reich gearbeitet. lich ausgebauten, hervorragenden Gibt es dafür ein aktuelles Bei-
Ausbildungsangebote öffentlicher spiel?
Und wie beurteilen Sie die inter- Ja, ein Beispiel dafür ist die Bereit-
und privater Hochschulen, die für
nationale Bedeutung des Finanz- stellung eines Pooling-Vehikels zur
gut qualifizierten Berufsnachwuchs
platzes für Ihre Branche? Bündelung der Altersvorsorgevermö-
sorgen.
Im Spektrum der unterschiedlichen gen von Pensionseinrichtungen inter-
Disziplinen der Finanzdienstleis- Dennoch weisen internationale national tätiger Konzerne. Auf die-
tungsindustrie hat der Standort Statistiken Deutschland nicht ge- ses Bedürfnis der Konzerne haben
Frankfurt im Asset Management in rade als Exportstandort für Publi- schon mehrere Länder reagiert. Es
den vergangenen Jahren internatio- kumsfonds aus. Warum? ist ein für den Finanzplatz lohnen-
nal an relativer Bedeutung gewon- Die Zahlen, die zum Beispiel von des Ziel, auch hierzulande die not-
nen. Das lässt sich bekanntermaßen der Efama veröffentlicht werden, wendigen Regeln zu schaffen, um
nicht von allen Sektoren behaupten. ordnen die Vermögen dem Fondsdo- von der Zusammenlegung hoher
Im Vergleich zu anderen europäi- mizil, also dem rechtlichen Sitz, zu. Pensionsvermögen zu profitieren.
schen Ländern hat sich die Branche Viele in Frankfurt und Deutschland Die Alternative wäre, dass Pensions-
in Deutschland zudem deutlich verwaltete Fonds erscheinen daher gelder in Milliardenhöhe ins Aus-
schneller von den Wirkungen der Fi- in den Statistiken anderer Stand- land abwandern. Es kann nicht im In-
nanzkrise erholt. Das verwaltete orte, vor allem Luxemburg ist hier teresse der Politik sein, wenn Vermö-
genswerte zur Abdeckung der Pensi-
Vermögen hat das Vorkrisenniveau zu nennen. Bei den Publikumsfonds onsansprüche deutscher Arbeitneh-
von 2007 bereits deutlich übertrof- betrifft das mehr als die Hälfte des mer ins Ausland transferiert und der
fen und ist auf einem neuen Rekord- Volumens. Allerdings findet der deutschen Investmentaufsicht entzo-
stand. Zunehmend werden von hier größte Teil der Wertschöpfung auch gen würden. Vor allem aber bringt
aus auch Vermögen für Kunden au- dieser Produkte, vor allem das Port- das Pooling hierzulande Arbeits-
ßerhalb Deutschlands verwaltet. foliomanagement und meist auch plätze und Steueraufkommen, und
Die Performance-Ergebnisse wie der Vertrieb, in Frankfurt bezie- das sollte das Ziel jeder Finanzplatz-
auch die Produktinnovationen deut- hungsweise aus Frankfurt heraus politik sein.
scher Asset Manager können sich in- statt. Was das Fondsdomizil angeht,
ternational mit der Spitze messen. hat sich die Meinung durchgesetzt, Das Interview führte
Zudem haben wir mit dem Spezial- dass international luxemburgische Claudia Weippert-Stemmer.
B 6 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Gefragter Berater und Partner im Ausland


Frankfurt Main Finance forciert Ausbau traditionell gewachsener Stärken – Übersichtskarte navigiert durch das Leistungsangebot
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 verkraften. Das Fundament für Stabi- friedengibt. Im Gegenteil: Die jahr- ten etwa der europäischen Wettbe- main GmbH oder die Wirtschaftsför- nung erfahren. Auch in den Berei-
Der Finanzplatz Frankfurt hat die lität und Stärke bildet die Verknüp- hundertelange Tradition des hiesi- werber Paris Europlace und City of derung Frankfurt – bündelt mittler- chen der klassischen Stärken sind
Krisenzeiten genutzt, um seine Posi- fung zwischen Finanzwirtschaft und gen Finanzplatzes können wir heute London Corporation ein deutliches weile die finanzplatzrelevanten Akti- viele zentrale Kompetenzträger – ge-
tion zu festigen. Das Ansehen des Realwirtschaft. wirksam zur Vermarktung gegen- Plus an Nutzwert. Dass dieser Mehr- vitäten bei Frankfurt Main Finance. rade mittelständische Unternehmen
wichtigsten deutschen Finanzplat- Dass diese Verbindung gerade in über ausländischen Dialogpartnern wert wertgeschätzt wird, belegen Die breite Unterstützung relevanter – noch weitgehend unbekannt. Und
zes bei Wettbewerbern und Dialog- Deutschland stark ausgeprägt ist, einsetzen. Gerade die Asiaten wis- die Nutzerzahlen eindeutig. Sowohl Player hat sich ganz besonders bei nicht zuletzt beinhaltet ein Finanz-
partnern ist noch einmal gestiegen. kristallisiert sich am Finanzplatz sen den über so lange Zeit erbrach- eine steigende Zahl von Stammnut- der von Frankfurt Main Finance initi- platz wie Frankfurt eine ganze Reihe
Die meisten schätzen vor allem die Frankfurt besonders heraus. Dies ten „Track Record“ als Garanten für zern als auch Gelegenheitsbesucher ierten Gründung des Frankfurter von Infrastruktur-Dienstleistungen
zeigt sich beispielsweise Leistungskraft und Verlässlichkeit in haben dafür gesorgt, dass die Zahl Instituts für Risikomanagement und und „Zulieferern“, die ebenfalls ent-
daran, dass die Finanz- der Gegenwart zu schätzen. der Seitenzugriffe im vierten Quar- Regulierung (FIRM) manifestiert. So scheidend zur Leistungsfähigkeit des
branche hier schon im- tal 2010 gegenüber dem ersten Quar- sind sechs der zwölf Gründungsmit- Finanzzentrums beitragen – auch
Von mer den Aspekt der Kapi- Finanzplatz-Portal gefragt tal um knapp 200 % gesteigert wer- glieder von Frankfurt Main Finance diese werden oft noch kaum in die
Lutz Raettig talbereitstellung in den den konnte. Im gesamten Jahr 2010 – sowie auch die Initiative selbst – Betrachtung mit einbezogen. Dies zu
Vordergrund gestellt Zudem lässt sich auch gegenüber verzeichnete www.frankfurt-main-fi- unter den Mitgliedern des Trägerver- ändern, ist aktuell eines der wichtigs-
hat – etwa anhand des der breiten Öffentlichkeit anhand nance.de mehr als 3,3 Millionen Sei- eins von FIRM vertreten. ten Vorhaben des Finanzplatzes.
Anleihegeschäfts. So gilt der Historie illustrieren, dass der tenzugriffe. Darüber hinaus konnten so nam-
Frankfurt bereits seit Finanzplatz sich schon seit langem Das Konzept der Homepage steht hafte Institutionen wie die KfW, An der Dynamik partizipieren
Mitte des 18. Jahrhun- als Motor einer starken Volkswirt- dabei zugleich als Sinnbild für die McKinsey, der Bundesverband deut-
derts als das europäi- schaft erweist. Aus diesen Gründen Arbeitsweise von Frankfurt Main scher Banken oder Boston Consul- So hat Frankfurt Main Finance
Sprecher des sche Zentrum für die widmet Frankfurt Main Finance der Finance: durch den intelligenten Ein- ting für FIRM gewonnen werden. gemeinsam mit der Beratungsgesell-
Präsidiums von Emission von und den Geschichte des Finanzplatzes einen satz begrenzter Mittel und durch Die Gründung von FIRM ist dabei schaft Roland Berger ein Modell des
Frankfurt Main Finance Handel mit Staatsanlei- vollständigen eigenen Bereich des Bündelung vorhandener Kräfte ge- auch zu verstehen als ein wichtiger Finanzplatzes Frankfurt entwickelt,
hen. Zunächst erfüllten Finanzplatz-Portals (www.frank- zielte Wirkung entfalten. Dieser An- Baustein der Entwicklung Frankfurts anhand dessen solche Kooperations-
die absolutistischen furt-main-finance.de). Dieser ist ent- satz scheint am Finanzplatz zu über- zu einem internationalen Center of potenziale erschlossen werden kön-
traditionell gewachsenen Stärken. Staaten des europäischen Konti- standen aus der intensiven Zusam- zeugen. Nicht umsonst konnte Frank- Excellence für Risikomanagement nen. In vier Schritten wird von
Gefragt ist zudem die Expertise nents ihren großen Kreditbedarf menarbeit zwischen Frankfurt Main furt Main Finance die Zahl seiner und Regulierung. einem allgemeinen Modell über die
Frankfurts in Risikomanagement- über den Frankfurter Anleihemarkt, Finance und dem Institut für bank- Mitglieder mehr als verdoppeln. Im Die Grundlagen dafür sind am einzelnen Marktsektoren sowie
und Regulierungsfragen. Frankfurt und gegen Mitte des 19. Jahrhun- historische Forschung (IBF), das mit August 2008 mit 12 Mitgliedern ge- Standort so bedeutender Institutio- deren Wertschöpfungsketten bis hin
Main Finance treibt den Ausbau der derts nahmen dann auch Emissio- dem Aufriss der Finanzplatz-Histo- startet, engagieren sich nunmehr 30 nen der Finanzarchitektur – wie Bun- zu einzelnen Marktteilnehmern und
Stärken gezielt voran und nutzt sie nen amerikanischer Anleihen zu, für rie einen überaus wertvollen Beitrag Mitglieder in der Initiative. Noch desbank, Europäischer Zentralbank deren Interaktionen eine detaillierte
für die internationale Vermarktung. die Frankfurt zu dieser Zeit führend zur Vermarktung im Inland und im wichtiger als diese bloßen Zahlen ist (EZB), European Systemic Risk Übersicht über die Leistungsfähig-
war. Ausland leistet. aber die Tatsache, dass damit eine Board (ESRB) oder European Insu- keit des Finanzplatzes erarbeitet.
Stabil und verlässlich Einen weiteren Beitrag zur star- Das Finanzplatz-Portal ist zu- deutliche Verbreiterung der Mitglie- rance and Occupational Pensions Das Ergebnis ist eine Art Übersichts-
ken Position Frankfurts im interna- gleich ein herausragendes Beispiel derbasis einhergeht. Neben Banken, Authority (EIOPA) – jedenfalls opti- karte, die es erlaubt, übersichtlich
Unter den Finanzzentren dieser tionalen Anleihegeschäft leistete dafür, wie wir mit einem überaus ef- Börse, Land Hessen und Stadt Frank- mal. Dass Frankfurt in den Berei- durch das Leistungsangebot des
Welt ist es ähnlich wie in der Auto- nach dem Zweiten Weltkrieg die An- fizienten Einsatz der vorhandenen furt zählen nunmehr auch verschie- chen Risikomanagement und Regu- Finanzplatzes zu navigieren und so
mobilindustrie: Deutschland über- siedlung der Bundesbank. Diese Mittel das optimale Ergebnis errei- dene andere Dienstleister des Finanz- lierung schon heute auf beachtliche den Partnern anderer Finanzzentren
zeugt durch ausgereifte, stabile und sorgte mit einer besonders stabilitäts- chen können. Denn: Mit dem Portal platzes sowie wissenschaftliche Insti- Erfolge verweisen kann, gilt in In- Anknüpfungspunkte für die Zusam-
verlässliche Wertarbeit. So zählen orientierten Ausrichtung – und in ist dem Finanzplatz Frankfurt nicht tutionen zu den Mitgliedern. land und Ausland als unzweifelhaft. menarbeit aufzuzeigen. Das Ziel ist
die Autoren des Global Financial Kombination mit der aufstrebenden weniger gelungen, als auf einen Auch die Führungsrolle bei der es, den Finanzplatz Frankfurt als
Centres Index (GFCI) Frankfurt zu Wirtschaftskraft Deutschlands – da- Schlag ein absolutes Alleinstellungs- Namhafte Adressen für FIRM Markt- und Börseninfrastruktur, den Berater und Partner für aufstre-
der Gruppe der „stabilen“ Finanz- für, dass die D-Mark zu einer der ge- merkmal unter den führenden IT- und Backoffice-Dienstleistungen bende Finanzplätze aus Asien, Süd-
plätze. Nur sieben weitere Finanz- fragtesten Währungen aufstieg. Eine Finanzplätzen der Welt aufzubauen. Diese breite Rückendeckung ist oder den Zahlungsverkehrstechnolo- amerika oder Osteuropa zu positio-
zentren rund um den Globus gehö- Folge der Attraktivität der D-Mark So bietet die Homepage den Stake- von großem Wert beim Anstoß, der gien wird weltweit geschätzt. nieren. Dies ermöglicht es uns, un-
ren dieser Gruppe an. Überdies war die zunehmende internationale holdern des Finanzplatzes nicht nur Finanzierung und der konsequenten Doch zugleich verfügt der wich- sere gewachsene Stabilitätskultur zu
schwankte Frankfurts Punktzahl im Nachfrage nach deutschen Staatsan- einen übersichtlichen Zugang zu vie- Umsetzung von Projekten. Auch ein tigste deutsche Finanzplatz über wei- bewahren und zugleich an der massi-
GFCI über die Krise hinweg maximal leihen, die dem Standort Frankfurt len nützlichen Informationen – son- Großteil der anderen Standortver- tere Stärken, die rund um den Glo- ven Dynamik der aufstrebenden Fi-
um 11 Punkte. Zum Vergleich: Bei ei- einen weiteren Bedeutungsschub dern auf den Seiten laufen zugleich markter – etwa die Frankfurt Rhein- bus noch nicht angemessen Anerken- nanzzentren zu partizipieren.
nigen Wettbewerbern aus Asien lag verlieh. alle relevanten Nachrichten, Ter-
die Volatilität mehr als zehnmal so Der Verweis auf solche aus Tradi- mine und wissenschaftlichen Bei-
hoch. Auch die europäischen Kolle- tion gewachsenen Stärken bedeutet träge zum Finanzplatz zusammen.
gen aus London und Paris mussten mitnichten, dass der Finanzplatz Damit bietet das Portal im direk-
teils weitaus stärkere Rückschläge Frankfurt sich mit dem Erreichten zu- ten Vergleich mit den Internetauftrit- Frankfurt – Mittelpunkt eines der
dynamischsten Gebiete Europas
In der Metropolregion versammelt sich alles von Rang und Namen
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 sem produktiven Umfeld mit seinem furtRheinMain fragt, wird mit hoher
Der Finanzplatz Frankfurt genießt internationalen Branchenmix florie- Wahrscheinlichkeit einen Hinweis
national und international einen erst- ren Unternehmen jeder Größe, vom auf die hervorragende Infrastruktur
klassigen Ruf. Diese Wertschätzung multinationalen Industriekonzern erhalten. FrankfurtRheinMain hat
gründet sich auf stabile Wirtschafts- bis zum kleinen Softwareentwickler. mit seinem Flughafen, dem dichten
und Sozialstrukturen mit verlässli- Menschen aus mehr als 180 Ländern Straßen- und Schienenverkehrsnetz
chem Rechtsrahmen unserer Volks- sind in Frankfurt zu Hause. ein Pfund, mit dem es im internatio-
wirtschaft, eine erstklassige Infra- Dabei ist die Stadt bei aller Vielsei-nalen Standortwettbewerb um die
struktur sowie auf ein großes Kun- tigkeit eine überschaubare Metro- Ansiedlung von Unternehmen wu-
den- und Geschäftspotenzial mit aus- chern kann. Auf Straße,
gezeichneten Entwicklungsmöglich- auf Schiene, zu Wasser
keiten. Frankfurt gehört zu den wich- und zu Luft – hier be-
tigsten Finanzplätzen der Welt und Von wegt sich was. Überall
hat in Europa eine Schlüsselrolle. Mathias Müller und in alle Richtungen.
Das Zusammengehen von Deutsche Die Verkehrsknoten-
Börse und Nyse Euronext schafft den punkte der Region set-
führenden Börsenkonzern der Welt. zen Maßstäbe. So ist der
Die Transaktion wird Frankfurt und internationale Flugha-
New York als bedeutende Finanzzen- fen Frankfurt am Main
tren stärken. In Frankfurt ist auch das Drehkreuz auf dem
der Sitz der Europäischen Zentral- europäischen Festland.
bank, der Bundesbank, der Eurex Präsident der Der Frankfurter Haupt-
Deutschland und des Sekretariats IHK Frankfurt am Main bahnhof ist der verkehrs-
von EIOPA (European Insurance and reichste Bahnhof in
Occupational Pensions Authority). Deutschland. Der öffent-
pole geblieben, in der sich „New- liche Nahverkehr in FrankfurtRhein-
Finanzwirtschaftlich versiert comer“ gut orientieren können und Main zählt zu den größten deut-
schnell heimisch fühlen. schen Verkehrsverbünden. Am
Mit dem House of Finance und vie- Trotz turbulenter Veränderungen Frankfurter Kreuz kommen die bei-
len benachbarten Universitäten und in den letzten Jahren, trotz oder den am stärksten befahrenen Auto-
Fachhochschulen entwickelt sich auch wegen betriebsinterner Um- bahnen zusammen. Und die beiden
Frankfurt zum Wissenschaftsstand- strukturierung und Produktionsver- Flüsse Rhein und Main bilden die
ort mit insbesondere hoher finanz- lagerung ist Frankfurt noch immer ei- wichtigsten Binnenwasserstraßen
wirtschaftlicher Kompetenz und ist ner der führenden Industriestand- Europas.
so attraktiv wie selten zuvor. Des- orte Deutschlands und Europas. In FrankfurtRheinMain fließen
halb siedeln sich immer mehr pri- nicht nur Verkehrs-, Güter- und Geld-
vate Vermögensverwalter, Rating- Kreativ und innovativ ströme in alle Himmelsrichtungen.
agenturen, Unternehmensberater Auch Daten rasen von hier aus über
und internationale Anwaltskanz- Von den 100 größten Industrieun- innovative Datenautobahnen in alle
leien an. Auch sie prägen einen ternehmen Deutschlands haben 14 Welt. Frankfurt am Main ist die
Finanzplatz, und der Finanzplatz ihre Zentralen im Großraum Frank- Hauptstadt der Telekommunikation.
prägt den Wohlstand der ganzen Re- furt. Die konzentrierte Industrie- Hier gibt es einzigartige Datennetze
gion FrankfurtRheinMain. Für aus- struktur sorgt für Beschäftigung – be- und telekommunikative Infrastruktu-
ländische Investoren gilt die Stadt sonders in der verarbeitenden Indus- ren. Das liegt zum einen daran, dass
als Tor zur größten Volkswirtschaft trie. Namhafte Institute, ein dichtes sich nahezu alle führenden interna-
in Europa. Insbesondere wegen ih- Netzwerk an renommierten Hoch- tionalen Telefongesellschaften in
rer zentralen Lage in Europa spielt schulen und forschungsintensive Un- Frankfurt am Main repräsentieren.
die Stadt eine große Rolle für Aktivi- ternehmen sichern eine enge Verzah- Zum anderen laufen hier täglich
täten auch über Deutschland hinaus. nung von Forschung und Wirtschaft. Börsen- und Finanztransaktionen,
Frankfurt ist aber mehr als ein Das Ergebnis: kreative und innova- die ein immenses Potenzial an siche-
Finanzplatz. Die Stadt ist das Zen- tive Impulse, die die Wirtschaft nach ren Highspeed-Datenleitungen benö-
trum einer der produktivsten und vorn bringen. In den Sektoren „New tigen.
dynamischsten Regionen im Herzen Economy“, insbesondere Nachrich-
Europas. Der Standort bezieht seine tentechnik, Kommunikation, Infor- Gesunde Mischung
Kraft nicht nur aus den internationa- matikdienste sowie „Urbane Dienst-
len Geld- und Kapitalströmen, Frank- leistungen“, vor allem Handel, Im- Frankfurt am Main ist die deut-
furt ist auch das Herz einer pulsieren- mobilien, Finanzen, Gastgewerbe, sche Stadt, in der sich gesellschaft-
den Wirtschaftsregion. liegt die Produktivität der Region lich-wirtschaftliche Veränderungen
deutlich über dem EU-Durchschnitt; am frühesten abzeichnen, und man
Produktives Umfeld in den Bereichen Verkehr und Infor- hat stets von einer gesunden
mation belegt sie den deutschenSpit- Mischung aus Industrie und Hand-
Hier ist in beeindruckender Dichte zenplatz. werk, Handel und Dienstleistung
alles versammelt, was in der Wirt- Wer Außenstehende nach den profitiert. Bei alldem ist der Sog und
schaft Rang und Namen hat. In die- Stärken der Wirtschaftsregion Frank- Fortsetzung Seite B 7
Mittwoch, 16. März 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 52 B7

Globales Netzwerk der Finanzplätze wird unabdingbar


Plattform, die den Dialog der Finanzindustrie als Ganzes mit Gesellschaft und Politik ermöglicht, erscheint wichtiger denn je
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 beaufsichtigt werden, letztlich über temrelevanter Institute“ bis hin zum Europäischen Stabilitätsmechanis- timation europäischer Wirtschafts- zu verhindern. Aus dieser Perspek-
Die Finanzkrise hat den Wettbewerb die Zukunftsfähigkeit des gesamten Modus Operandi der neuen europäi- mus sind ein Schritt in diese Rich- und Finanzpolitik noch sehr tive wird als nächster logischer
zwischen den Finanzstandorten Euroraums und seiner Finanzplätze schen Aufsichtsbehörden gibt es der- tung, wenn diese Institutionen nicht schwach ist. Eine solche Ordnung Schritt ein globales Netzwerk der
grundlegend verändert, gerade auch mitentscheidet. Wenn die Finanz- zeit noch viele offene Fragen. gleich zu Beginn wieder verwässert muss diesen einzigartigen Umstän- Finanzplätze unabdingbar werden.
in Europa. Bis zum Fall von Nor- krise etwas gezeigt hat, dann die Ver- werden. den Rechnung tragen, das bedeutet: Denn die aufstrebenden Finanzplätze
thern Rock galt auch hier das olympi- netzung und damit Verletzbarkeit Es steht viel auf dem Spiel – Das Schwergewicht neuer An- so viel Wettbewerb wie möglich, so sind heute nicht in Europa, sondern
sche Motto: schneller, höher, weiter. der einzelnen Spieler im Gewebe passungsmaßnahmen muss in den viel Solidarität wie nötig. in Asien, Nahost oder Lateinamerika
Je größer die Umsätze, desto besser. des internationalen Finanzsystems. Daneben ist die Lösung der euro- Anstrengungen zur Selbstkorrektur Nachdem die europäische Politik zu finden. Getragen vom stürmi-
„Moderne“ Finanzmarktregulierung Dieser Paradigmenwechsel bleibt päischen Staatsschuldenkrise eine in den betroffenen Regionen liegen, in den vergangenen Monaten trotz schen Wachstum ihrer Heimatmärkte
natürlich nicht ohne existenzielle Aufgabe, die Politik hartnäckiger Bemühun- herrscht dort jetzt die Wachstumseu-
Konsequenzen für die und Finanzindustrie nur gemeinsam gen das Misstrauen der phorie, die Europa in den Jahren
Finanzplatzförderung. bewältigen können. Der bisher rela- Kapitalmärkte gegen- nach der Euro-Einführung kennzeich-
Von Deren Ausrichtung wird tiv bescheidene Ertrag der Rettungs- . . . und über dem Euro nicht zer- nete. Dieselben Fehler aber, Umsätze
Michael Heise . . . zwangsläufig politischer bemühungen ist zum Teil auch Folge Ulrich Kater streuen konnte, ist nun auf Kosten der Stabilität zu erzeugen,
und europäischer. Risi- der fehlenden Kommunikation, des das Bewusstsein gereift, können hoffentlich vermieden wer-
ken stehen im Vorder- gegenseitigen Unverständnisses der dass eine neue Qualität den. Dazu kann ein enger Austausch
grund, während die Ent- jeweiligen Handlungslogiken. Für wirtschaftspolitischer der Finanzplätze beitragen.
wicklung neuer Ge- den Finanzstandort Deutschland Zusammenarbeit im
schäfts- und Produkt- steht dabei viel auf dem Spiel: Seine Euro-Währungsraum Heimatmarkt beachten
Chefvolkswirt und ideen (vorläufig) in den Zukunft ist heute unlösbar mit der notwendig ist. Die gegen-
Leiter der Unterneh- Hintergrund tritt. Frage nach der langfristigen Stabili- wärtig verhandelten Bei aller notwendigen Internatio-
mensentwicklung Überflüssig wird Fi- tät des Euro verknüpft. Verlöre der Chefvolkswirt Maßnahmen im Rah- nalisierung der Finanzplatzförde-
bei Allianz SE nanzplatzförderung des- Euro weltweit an Vertrauen, verdüs- der DekaBank men eines Paktes für rung darf der Heimatmarkt nicht aus
halb jedoch nicht. Denn terten sich die Aussichten für den Fi- Wettbewerbsfähigkeit dem Blick geraten. Verloren gegan-
trotz aller schmerzvol- nanzstandort ebenso. Institutionelle gehen in die richtige genes Vertrauen wird die Finanzin-
rühmte sich ihres „light touch“; ihre len Erfahrungen der letzten Jahre Reformen im Euroraum sind unab- das bedeutet in der Erhöhung der Richtung. Die zu erwartenden Be- dustrie nicht in internationalen
Aufgabe lag vornehmlich darin, Ge- bleibt der Finanzstandort ein unver- dingbar, wobei die folgenden Wettbewerbsfähigkeit. Ein Transfer- schlüsse werden die Euro-Krise bis Foren und nicht allein mit neuen Vor-
schäfte und Innovationen nicht zu zichtbarer Motor für Wachstum und Punkte entscheidend sind: system, wie es sich Deutschland mit auf Weiteres beenden.Stärker als in schriften zurückgewinnen. Dies
behindern – denn im Zweifelsfall ver- Beschäftigung in Deutschland. Dies – An vorderster Stelle steht die dem Bundesländerfinanzausgleich früheren Jahren wird Finanzplatzför- gelingt nur im täglichen Kontakt mit
stünden die Experten der Finanzhäu- gilt heute vielleicht sogar mehr denn Stärkung der finanz- und wirtschafts- leistet, ist da keine Lösung. Es birgt derung in Zukunft auch über den lo- den Kunden vor Ort. Dies ist in ers-
ser die Produkte, mit denen sie täg- je. Die vor uns liegenden Herausfor- politischen Koordination innerhalb erhebliche Ineffizienzen, wie man kalen und nationalen Tellerrand hi- ter Linie eine Aufgabe, die jedes ein-
lich handelten, ja doch besser als derungen – von der Konsolidierung des Euroraums unter Beachtung von auch in Deutschland immer wieder nausschauen und stattdessen den zelne Institut für sich bewältigen
jede Aufsichtsbehörde, so die dama- der Staatsfinanzen über die Anpas- Effizienzgesichtspunkten. Die von feststellt. Andererseits muss es aber Schulterschluss zu anderen Finanz- muss. Aber auch hier kann effektive
lige Überzeugung. Diese Bedingun- sung an eine alternde Gesellschaft den Gründungsvätern des Euro er- auch Solidaritätselemente zwischen plätzen in Europa suchen müssen. Da- Finanzplatzförderung ihren Beitrag
gen des Standortwettbewerbs erlaub- bis zum Umgang mit neuen Techno- dachten Korrekturmechanismen für den Mitgliedsländern der Währungs- bei stehen nicht nur die „big player“ leisten, indem sie mithilft, die allge-
ten es zum Beispiel Dublin, als Hoch- logien und Klimawandel – lassen Ungleichgewichte innerhalb des Eu- union geben, wie sie etwa im Falle London und Paris im Fokus, sondern meinen Grundlagen der Kundenbe-
burg der „Schattenbanken“ zu ei- sich besser mit der, nicht gegen die roraums haben sich als unzurei- der Kreditmechanismen gegenüber auch die Standorte „am Rande“. ziehungen, die Bedeutung von Ver-
nem europäischen Finanzzentrum Finanzindustrie lösen. Neben not- chend erwiesen. Der Stabilitäts- und einigen Peripheriestaaten bereits in Europa sollte nicht noch einmal braucherschutz nach der Finanz-
zu werden. wendigen Maßnahmen zur Stabilisie- Wachstumspakt hat nicht verhin- Kraft sind. den Fehler begehen, „periphere“ Ent- krise, neu zu bestimmen.
Nach zwei Jahren Finanzkrise, rung des Finanzsektors dürfen die dern können, dass sich übermäßige wicklungen als irrelevant fürs Ge- Auch unter den veränderten Gege-
Rezession und Staatsschuldenkrise Bemühungen um eine neue Finanz- Defizite in Staatshaushalten oder Die Richtung stimmt samtsystem einzuschätzen. Ein Netz- benheiten der Finanzwelt post Leh-
ist von diesem Vertrauen ins unge- architektur dieses Ziel, den positiven Leistungsbilanzen der Mitgliedstaa- werk aller europäischen Finanz- man bleiben also genug Aufgaben für
bremste Wachstum der Finanz- Wachstumsbeitrag der Finanzindus- ten aufgebaut haben. Daher muss Kurz gesagt: Es geht um die plätze, das derzeit im Entstehen ist, die Finanzplatzförderung. Eine Platt-
märkte wenig geblieben. Heute trie zu sichern, nicht aus den Augen die Verbindlichkeit von Korrekturme- Entwicklung einer fiskalischen föde- könnte in Zukunft ein wertvolles Kor- form, die den Dialog der Finanzindus-
dreht sich die finanzpolitische Dis- verlieren. chanismen erhöht werden. Die ge- ralen Ordnung für Europa. Diese Auf- rektiv werden, um einen möglichen trie als Ganzes mit Gesellschaft und
kussion nicht mehr darum, neue planten Insolvenzklauseln in Verbin- gabe geschieht vor dem besonderen Rückfall in den ungehemmten Stand- Politik ermöglicht und kanalisiert,
Chancen zu nutzen und Wachstums- Kein Themenmangel dung mit dem ab 2013 geplanten Hintergrund, dass die politische Legi- ortwettbewerb der Vor-Krisen-Jahre erscheint heute wichtiger denn je.
kräfte zu entfesseln, sondern um die
Bändigung der Risiken an den Effektive Finanzplatzförderung
Finanzmärkten. Eine umfassende post Lehman muss daher zuvorderst
Reform der europäischen Finanz- einen konstruktiven Dialog zwi-
marktarchitektur ist erforderlich, schen den Entscheidungsträgern in
um auf einen nachhaltigeren Wachs- Politik und Finanzwelt in Gang set-
tumspfad zurückzufinden. zen – jenseits gegenseitiger Schuld-
zuweisungen. Dies ist essenziell. Auf
Im selben europäischen Boot dieser Grundlage wird es möglich,
die spezifischen Stärken des Finanz-
Damit erscheint auch das Verhält- standorts Deutschlands, seine von
nis der Finanzplätze untereinander Langfristigkeit sowie langjährigen
in einem anderen Licht. Der Wettbe- und gewachsenen Geschäftsbezie-
werb um Umsätze weicht der Ein- hungen geprägte Finanzkultur, über-
sicht, dass alle im selben europäi- zeugend in die europäische und in-
schen Boot sitzen. Was in Dublin ternationale Debatte zur Neuord-
oder Athen geschieht, ist auch für nung der Finanzmärkte einzubrin-
Frankfurt von großer Relevanz; und gen. Themenmangel herrscht dabei
nicht allein unter dem Aspekt mögli- kaum, von der konkreten Umset-
cher Geschäftsverlagerungen, son- zung der neuen Regulierungsvor-
dern vor allem deshalb, weil die Art, schriften wie Basel III oder Sol-
wie Geschäfte dort strukturiert und vency II über die Behandlung „sys-

Dynamisches Gebiet
Fortsetzung von Seite B 6 einzelne Städte: Weltweit gewinnen
urbane Ballungsregionen rasant an
Motor des Banken- und Börsenplat- Bedeutung. Zwischen diesen Metro-
zes Frankfurt noch gar nicht ange- polregionen besteht der eigentliche
sprochen, nichts gesagt von Frank- Wettbewerb. FrankfurtRheinMain
furter Leitmessen wie Ambiente, ist wirtschaftlich stark, wissenschaft-
Buchmesse oder IAA, nichts von den lich exzellent aufgestellt, hat einen
zahllosen Fachtagungen mit interna- hohen Freizeitwert und eine weltof-
tionaler Besetzung, der Informati- fene, tolerante Bevölkerung. Die
onsarbeit der vielen in Frankfurt an- Menschen zieht es in metropolnahe
sässigen Industrieverbände. Kommu- Räume, die wirtschaftliche, technolo-
nikation, das professionelle Networ- gische und kulturelle Vielfalt sowie
king werden großgeschrieben in der einen hohen Freizeitwert bieten. Ein-
Region. zelne Gemeinden und Städte der
Rhein-Main-Region können für sich
„Place to be“ genommen diese Vielfalt nicht vor-
halten – nur durch regionale Koope-
Eine wesentliche Stärke des Stand- rationen lassen sich „High Poten-
orts ist die Vernetzungskompetenz tials“ anziehen, denen dann oft auch
der hier ansässigen Unternehmens- die Unternehmen folgen. Die vorhan-
dienstleister. Das Anbahnen, Planen denen Strukturen sind leistungs-
und schließlich Anschieben komple- fähig, können aber weiter als Netz-
xer Projekte erfordert räumliche, werk optimiert werden, wobei die
professionelle und kulturelle Nähe. Zukunftsfelder zu definieren und in
Darum ist das Projektemachen an optimierter Zusammenarbeit entwi-
reale Orte gebunden. An Orte mit ho- ckelt werden müssen.
her professioneller Kontaktdichte, in
denen zufällige Treffen geradezu un- Günstige Ausgangslage
ausweichlich sind: in Lokalen, auf
Empfängen, in Clubs, bei Kongres- Die Ausgangslage der Metropol-
sen, beim Gang durch die City. Ori- region mit ihren drei ökonomischen
entierungskontakte verringern nicht Standbeinen ist hervorragend: Inter-
nur geschäftliche Risiken; in den nationaler Verkehrsknoten, europäi-
Clustern verwandter, interdiszipli- scher Finanzplatz und leistungsfähi-
när kooperierender Firmen verbrei- ges Industriezentrum – dieses Kon-
ten sich Nachrichten und Gerüchte zept von koordinierten Zentrums-
rascher, finden ständig neue, auch funktionen hat sich als sehr tragfä-
unerwartete Lernprozesse statt, ent- hig erwiesen und ist Vorbild für an-
wickeln sich Wertvorstellungen und dere Regionen geworden. Die Re-
Ziele. Deshalb ist Frankfurt „Place to gion kann aber nur dann Potenzial
be“. Nicht allein wegen der hier ver- entfalten, wenn sie geschlossen auf-
sammelten Headquarterfunktionen, tritt und als Einheit wahrgenommen
mehr noch wegen der hochkonzen- wird. Die Region ist die Stadt der Zu-
trierten Kompetenzen für komplexe kunft. Nachhaltiges Wachstum wird
Unternehmensdienstleistungen. in FrankfurtRheinMain vor allem da-
Wer hier Geschäfte macht, kommuni- durch entstehen, dass die regionale
ziert mit der Welt. Heute konkurrie- Kooperation und Integration eine
ren Metropolregionen – nicht mehr neue Qualität erreicht.
B 8 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Frankfurt bleibt für die Auslandsbanken attraktiv


Im Wettbewerb der Finanzmetropolen kann man weder von Siegern noch von Verlierern sprechen – Aussagewert von Rankings ist nur von kurzer Dauer
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 Institute größtenteils mit Deutsch- Insofern ist und bleibt der Finanz- nehmen. Dies heißt für den hiesigen ser Vorgehensweise in den zurück- öffneten Möglichkeiten zur Ver-
Die kürzlich von der Landesbank land in Verbindung stehen. Hinge- platz also attraktiv. Gleichwohl ha- Finanzplatz vor allem zweierlei: Ers- liegenden Krisenmonaten abwich, schmelzung von Investmentfonds
Hessen-Thüringen in Kooperation gen ist London eher ein Offshore- ben aber fast alle an der Studie Betei- tens als Onshore-Finanzplatz Kon- war zwar angesichts der politischen über die Grenzen innerhalb der EU
mit dem Verband der Auslandsban- Finanzplatz, da ein Großteil der ligten bei der Beurteilung der euro- zentration auf die eigenen Stärken Allgemeinstimmung nachvollzieh- steuerlich nicht begleitet.
ken erstellte Studie „Finanzplatz finanziellen Dienstleistungen die bri- päischen Finanzplätze London vor wie Kundennähe und Infrastruktur bar und im Grundsatz vielfach akzep- Im Ergebnis haben wir es mit ei-
Frankfurt: Magnet für Auslandsban- tische Wirtschaft nicht betrifft. Frankfurt und Paris die größte Be- und zweitens stetige Weiterentwick- tabel. nem nicht endenden Wettbewerb zu
ken“ bewertet Frankfurt als nach Gerade dieses Merkmal ist einer deutung zugemessen. Bedeutet dies, lung der Rahmenbedingungen, um Gleichwohl darf man sich auch in tun, der sich nicht an harten Kenn-
wie vor attraktiven Standort für die der wesentlichen Gründe, warum den Wettlauf der Finanzmärkte für weiterhin auch neue, nachhaltige Zukunft nicht der Erkenntnis ver- zahlen festmachen lässt. Die Heraus-
nicht, wie verschiedent- entschieden zu erklären? Dies wäre schließen, dass Insellö- bildung neuer Finanzzentren in den
lich prognostiziert, die der falsche Schluss. In der vergange- sungen in der global ver- vergangenen Jahren macht dies deut-
„Ausländer“ den Finanz- nen Dekade haben Zentren wie Sin- netzten Finanzwelt im lich. Dem hiesigen Finanzplatz kann
Von platz verlassen haben. gapur, Shanghai, Hongkong und Se- . . . und Ergebnis wenig Positi- man über die letzten Jahre hinweg
Stefan Winter . . . Deutschland als die oul enorm an Bedeutung – und Ein- Joachim ves bewirken. Hier ein gutes Zeugnis ausstellen, die kon-
größte Volkswirtschaft fluss – gewonnen. Einige der nach Bi- von Schorlemer muss insbesondere stante Präsenz der Verbandsmitglie-
Europas, deren massive lanzsumme und Börsenkapitalisie- Europa wieder zusam- der, stabile Mitarbeiterzahlen und
wirtschaftliche Erho- rung größten Banken weltweit, die menfinden, sonst wer- die positiven Geschäftsaussichten
lung vor einem Jahr früher vollständig an der Wall Street den Wettbewerbsverzer- sind ein deutlicher Beleg.
noch kaum jemand und in der Londoner City ansässig Stellvertretender rungen zunehmend die
Vorstandsvorsitzender vorauszusagen wagte, waren, lokalisiert man heute in Vorstandsvorsitzender unerwünschte Folge Asien im Auge behalten
des Verbands der bietet den Auslandsban- Asien. Und selbst in Kontinentaleu- des Verbands der sein. Die nationalen Re-
Auslandsbanken in ken und -fonds nach ropa gab und gibt es beachtenswerte Auslandsbanken in gelungen zur Bankenab- Das heißt aber nicht, die Hände in
Deutschland e.V. (VAB) wie vor ein sehr attrak- Zusammenschlüsse von Banken zu Deutschland e.V. (VAB) gabe sind hierfür ein den Schoß zu legen. Gerade im steu-
tives Umfeld, ihren neuen „global players“, wie es sich deutliches Beispiel, da erlichen Bereich ist noch hinrei-
Kunden und der Wirt- etwa in Frankreich, Italien und Spa- Anwendungsbereich, chend Potenzial vorhanden, wobei
Neuansiedlung ausländischer Fi- schaft insgesamt Finanzdienstleis- nien gezeigt hat. Dienstleistungen und Produkte ent- Zielrichtung und Bemessungsgrund- jedoch – dies sei abschließend ange-
nanzdienstleister. Belegt wird diese tungen in Deutschland anzubieten. wickeln zu können, ohne im Konkur- lagen zu einer sehr unterschied- merkt – auf die Einführung einer
Einschätzung durch die Tatsache, Auch die Erwartungen im Hinblick Kein Stillstand renzkampf mit (vermeintlichen?) lichen Abgabenlast und – was gegen- Finanztransaktionssteuer verzichtet
dass trotz der Verwerfungen auf den auf den aktuell stattfindenden Wettbewerbern den Blick für das We- wärtig nicht auszuschließen ist – zu werden sollte, unabhängig davon,
Finanzmärkten die Anzahl der Aus- Strukturwandel in der deutschen Auch in anderen Bereichen der Fi- sentliche zu verlieren. Doppelbelastungen nicht nur in ob national, in wenigen oder in al-
landsbanken insgesamt stabil geblie- Kreditwirtschaft gehen dahin, dass nanzwirtschaft hat es erhebliche Ver- Die Standortfrage ist eng mit den Deutschland führen können. len Euro- oder EU-Mitgliedstaaten.
ben ist, denn die Geschäftsaussich- änderungen gegeben, hiervon zeu- regulatorischen Rahmenbedingun- Auf der anderen Seite werden Denn selbst bei einer Einführung ei-
ten am hiesigen Finanzplatz werden gen die aktuellen Fusionen von Bör- gen verknüpft: Um überbordendem aber auch gelegentlich nationale ner solchen Steuer auf EU-Ebene
auch vom Ausland aus weiterhin sen und anderer Handelsplattfor- Wettbewerb der Finanzplätze im Zei- Spielräume nur unzureichend ge- dürfte die nationale Abgabenlast
sehr positiv bewertet. men. Neben den klassischen Börsen chen der Aufsichtsarbitrage entge- nutzt, die sich oft aufgrund des Bud- wegen der unterschiedlichen Steuer-
„Im Ergebnis haben und dem OTC-Handel haben sich genzuwirken, sollte die Politik daher getrechts der Mitgliedstaaten gerade systeme stark divergieren. Bei den
„Hier sind unsere Kunden“ wir es mit einem heute nicht nur spezialisierte Han- schnellstmöglich auf den Weg der in- in steuerlicher Sicht ergeben und die Diskussionen sollte daher sorgfältig
nicht endenden delsplattformen etabliert, sondern ternationalen Harmonisierung zu- letztlich für die Attraktivität eines zwischen Nutzen, Wirkung und
Woran liegt dies? Einer der es wurden auch zahlreiche neue Fi- rückkehren. Gerade die europäische Finanzplatzes mitentscheidend sind. Belastung abgewogen werden. Zu-
Gründe ist sicherlich die Antwort Wettbewerb zu tun, nanzprodukte entwickelt. Ein Still- Vereinheitlichung der Aufsichtsre- Dies ist beispielsweise gerade im Be- dem sind nicht nur Finanzplätze wie
zahlreicher an der Studie Beteiligter der sich nicht an stand ist nicht zu erkennen, und gime ist eine wesentliche Ursache reich des Investmentsteuerrechts zu London und New York, sondern
auf die Frage, warum sie nach Frank- harten Kennzahlen man kann daher im Ergebnis eigent- für die Neuansiedlung von Finanz- beobachten, das die neuen, mit der auch solche in Asien im Auge zu
furt gekommen sind: „Weil hier un- lich nur festhalten, dass man im instituten. Dass die Politik von die- sogenannten OGAW-IV-Richtlinie er- behalten.
sere Kunden sind.“ Und an dieser festmachen lässt.“ Wettbewerb der Finanzplätze weder
Stelle kann man auch auf die Diffe- von Siegern noch von Verlierern
renzierung zwischen Frankfurt und sprechen kann und auch der Aussa-
London verweisen, die der langjäh- gewert von Rankings nur von kurzer
rige Verbandsvorsitzende, Dr. Hans-
Georg Engel, vor zehn Jahren in der
der Finanzplatz künftig zahlreiche
Betätigungsfelder für ausländische
Dauer ist.
Vielmehr sollte der sicherlich statt-
In der Unternehmensfinanzierung
gleichen Sonderbeilage dieser Zei-
tung beschrieb: Im Gegensatz zu
London ist Frankfurt ein „Onshore“-
Institute bieten wird. Zudem be-
steht begründete Aussicht, kurz- bis
mittelfristig auch in verschiedenen
findende und auch notwendige Wett-
bewerb Anlass geben, Standortbedin-
gungen kontinuierlich zu prüfen
sind klare Trends erkennbar
Finanzplatz, weil die Transaktionen Marktsegmenten neue Kunden zu und erforderliche Anpassungen zum
der hier ansässigen ausländischen finden. Nutzen aller Marktteilnehmer vorzu- Laufzeitgebundene Betriebsmittelfinanzierung auf dem Vormarsch
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 mens erschwert, wenn nicht sogar ist jedoch absehbar und unerläss-
Die Deutsche Börse AG und die New unmöglich gemacht. Aus anwaltli- lich. Sowohl im Bereich der Akquisi-
Yorker Nyse Euronext werden ihre cher Sicht bedeutet das die ver- tionsfinanzierung als auch bei Mittel-
Geschäftsbereiche zusammenlegen. mehrte Anwendung der im Londo- stands- und Großunternehmen er-
Seitdem machen Befürchtungen die ner Markt entwickelten Muster- warten wir eine stark wachsende Be-
Runde, dass der hiesige Finanzplatz kreditverträge auch auf rein deutsche deutung von Anleihen. Der Finanz-
an Bedeutung verlieren könnte. Finanzierungssachverhalte. Diese platz Frankfurt – Banken und Bera-
Der Finanzplatz Frankfurt ist fort- werden in der Regel aber nach deut- ter – sollte alles daransetzen, an die-
währenden Veränderungen ausge- schem Recht und in deutscher Spra- sem Produkt vermehrt teilzuhaben
che abgeschlossen. Ein und den Finanzierungsbedarf der
erhöhter Dokumenta- deutschen Unternehmen in Frank-
tionsaufwand sowie stär- furt zu befriedigen.
Von kere Auflagen und Infor-
Tom Oliver mationspflichten bedin- Mehr vom Kuchen ergattern
Schorling . . . gen eine intensivere Kre-
ditbetreuung. Doch die Den deutschen Finanzinstituten
Strukturen der ausführ- stehen hier drei Bereiche offen:
lichen Konsortialkredite Arrangierung, Listing und Vertrieb.
führen in der Regel nur Im Bereich des Listing haben Luxem-
Partner im Bank- und bei der ersten Anwen- burg (Euro NTF) und Dublin die
Finanzrecht der dung im Unternehmen Nase vorn. Für die Arrangierung und
Sozietät White & Case zu Mehraufwand. Sind den Vertrieb belegt London unange-
in Frankfurt am Main diese eingeführt, ist die fochten den Spitzenplatz – beru-
Übertragung auf nach- hend vor allem auf dem Platzierungs-
folgende Finanzierun- potenzial im Londoner Markt. Die
setzt. Wenige Wirtschaftsbereiche gen relativ problemlos möglich. Auf rechtlichen Rahmenbedingungen in
sind ähnlich globalisiert und mobil. Berater- und Bankenseite besteht Deutschland genügen den internatio-
Wie steht es dabei um Unterneh- nicht nur am Finanzplatz Frankfurt nalen Anforderungen, und das
mensfinanzierungen im Corporate- umfangreiches Know-how. Know-how am Finanzplatz Frank-
und Private-Equity-Bereich? Welche Derzeit nehmen sowohl Großun- furt rechtfertigt es, ein größeres
Trends zeichnen sich ab, und wie ternehmen als auch Mittelständler Stück dieses Kuchens zu ergattern.
kann sich Frankfurt positionieren, vermehrt die Bürde der laufzeitge- Wie ein erfolgreicher Angriff auf
um hieran teilzuhaben? bundenen Konsortialfinanzierung etablierte Marktsegmente gelingen
auf sich. Denn die Krise der vergan- kann, hat die Börse Stuttgart gerade
Schwachstellen identifiziert genen Jahre hat den Unternehmen vorgemacht und mit „Bondm“ eine
eigene Handelsplatt-
Betrachtet man die Außenfremd- form für Mittelstandsan-
finanzierung sowie aktuelle Marktent- leihen kreiert. Hierüber
wicklungen, fallen zwei Trends auf. . . . und sind Arrangierung, Lis-
Der klassische deutsche Kredit wird Clemens Niedner ting und Vertrieb gesi-
von Banken „bis auf weiteres“ und chert. Die Börse Stutt-
im bilateralen Verhältnis zu individu- gart kann bereits erste
ellen Konditionen zur Verfügung ge- Erfolge feiern. Auch
stellt. Der Dokumentationsaufwand wenn andere deutsche
ist gering und gewährt für die Ver- Börsen zwischenzeitlich
tragsparteien große Flexibilität. Oft Partner im Bank- und nachgezogen haben,
geht man auch über Schuldscheindar- Finanzrecht der hat Stuttgart mit den
lehen mit festen Laufzeiten und ab- Sozietät White & Case klaren Vorgaben zu Ra-
weichenden Auflagen. Diese viel- in Frankfurt am Main ting und Stückelung der
gliedrige Unternehmensfinanzierung Anleihen und in erster
ist zunehmend auf dem Rückzug. Linie mit den bankenun-
Unternehmen entscheiden sich gezeigt, wie entscheidend eine be- abhängigen Vertriebs- und Handels-
vermehrt – und sei es auch unter lastbare Fremdkapitalstruktur sein plattformen einen entscheidenden
sanftem Druck der Banken – für ei- kann. Auch für die Banken bringt die Wettbewerbsvorteil vor den übrigen
nen Konsortialkredit. Die Gründe laufzeitgebundene Finanzierung (ne- deutschen Börsen.
sind vielfältig. Zum einen ist es wirt- ben attraktiven Arrangement Fees) Die Fusion der Börsen ist als
schaftlich sinnvoll, die gegenwärtig zusätzliche Sicherheit und Stabilität schlagzeilenträchtiges Ereignis nur
immer noch relativ niedrigen Zins- im Kreditgeschäft. ein Faktor. Der Erfolg des Finanzplat-
sätze für eine fixe Laufzeit festzu- Verschärfte Anforderungen an die zes wird durch viele einzelne Finanz-
schreiben. Wichtiger aber sind Risi- Banken (Basel III) führen zu einer produkte und eine flexible Anpas-
kogesichtspunkte. Die vergangenen deutlich erhöhten Inanspruchnahme sung an die Finanzierungsbedürf-
Jahre der Finanzkrise haben die der Kapitalmärkte für Zwecke der nisse der deutschen und europäi-
Schwachstellen der alten Finanzie- Unternehmensfinanzierungen. Zwar schen Unternehmen bestimmt. Für
rungsstrategien offenbart. Die Viel- sind am Kapitalmarkt begebene An- den Finanzplatz Frankfurt gilt, was
zahl von bilateralen und inhaltlich leihen kaum zur Finanzierung des der italienische Schriftsteller Tomasi
nicht aufeinander abgestimmten Kre- fluktuierenden Betriebsmittelbe- di Lampedusa schon im vergange-
ditverhältnissen zwischen den betei- darfs der Emittenten geeignet. Ein nen Jahrhundert als Maxime vor-
ligten Banken hat in vielen Fällen ausgeweitetes Angebot von Unter- gab: „Wenn wir wollen, dass alles so
die finanzielle Restrukturierung des nehmensanleihen für die Investiti- bleibt, müssen wir zulassen, dass
in Schieflage geratenen Unterneh- ons- und Akquisitionsfinanzierung sich alles verändert.“
Mittwoch, 16. März 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 52 B9

Mit Mittelstandsanleihen erste Schritte am Kapitalmarkt wagen


Vom Entry Standard der Frankfurter Börse ist noch einiges zu erwarten – Mittelständler machen ihre Finanzierungsstruktur bankenunabhängiger
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 king Capital und des kurzfristig auf- deten „mittelstandsmarkt“ der Börse zweiten Jahreshälfte 2010 immer Anleihe für Investoren aufgrund des Wird die Anleihe in einem der
Am deutschen Anleihemarkt tretenden Finanzierungsbedarfs. Düsseldorf. Für die Einbeziehung mehr Anleihen auch von kleineren geringeren Liquiditätsrisikos steigt. Handelssegmente einbezogen, wer-
herrscht derzeit ein regelrechter Dies ist während der Finanzkrise be- einer Anleihe in eines der Handels- mittelständischen Unternehmen mit Ein weiterer Vorteil besteht darin, den die Börsenneulinge erstmals mit
Emissionsboom von Anleihen mittel- sonders deutlich geworden, als viele segmente muss der Emittent be- geringen Emissionsvolumina von un- dass die Unternehmen ihre neue An- den höheren Anforderungen in Be-
ständischer Unternehmen. Ursache Unternehmen aufgrund eines restrik- stimmte, in den Geschäftsbedingun- ter 25 Mill. Euro begeben wurden. leihe nicht nur über die Gesellschaft zug auf Publizität und Transparenz
dieser Entwicklung ist nicht nur das tiveren Kreditvergabeverhaltens der gen der jeweiligen Börse fest- Diese Mittelstandsanleihen sind selbst und – sofern es sich nicht um konfrontiert. Unterstützung erhal-
aktuell günstige Marktumfeld mit ei- Banken auf den Anleihemarkt ausge- gesetzte Voraussetzungen sowie Fol- abhängig von der Bonität des Emit- eine Eigenemission handelt – über ten die Emittenten nicht nur bei der
nem relativ niedrigen Zinsniveau. wichen sind, um sich über die Plat- gepflichten erfüllen. tenten mit Kupons zwischen 6 und die begleitenden Banken platzieren Erfüllung der Folgepflichten. Viel-
Vielmehr ziehen auch viele Mittel- zierung von Unternehmensanleihen 9 % ausgestattet und besitzen in den können. Vielmehr steht auch Privat- mehr stehen ihnen insbesondere bei
ständler ihre Lehren aus der Finanz- (Corporate Bonds) Kapital zu be- Zulassungsvoraussetzungen meisten Fällen eine Laufzeit von fünf investoren über die entsprechenden der Strukturierung und der Durch-
schaffen. Jahren. Investoren in Mittelstands- Funktionalitäten der jeweiligen führung einer Anleiheemission erfah-
Während im Jahr Zu den Zulassungsvoraussetzun- anleihen sind bisher vor allem Pri- Börse eine einfache Möglichkeit zur rene Investmentbanken oder spezia-
2009 überwiegend gen zählen unter anderem die Vor- vatinvestoren, Vermögensverwalter, Zeichnung der Anleihe zur Verfü- lisierte Beratungsunternehmen mit
Von Großunternehmen mit lage eines gebilligten Wertpapierpro- kleine Versicherungen und Kapitalan- gung. ihrer Expertise zur Verfügung. Emit-
Nico Baader einem international spekts, die Veröffentlichung eines lagegesellschaften. Das Engagement Bei den mittelständischen Emitten- tenten sollten in diesem Zusammen-
anerkannten Invest- Emittentenratings (zum Beispiel Cre- größerer institutioneller Anleger ist ten handelt es sich immer öfter um hang die Rolle einer spezialisierten
ment-Grade-Rating An- ditreform oder Euler Hermes) sowie derzeit noch relativ verhalten, da nicht börsennotierte Unternehmen, Bank als Mittler zwischen Unterneh-
leihen emittierten, nutz- die Mandatierung eines Kapital- diese in der Regel neben einer guten men und Investoren nicht unter-
ten von 2010 an immer markt- beziehungsweise Emissions- Bonität des Emittenten ein Emissions- schätzen.
mehr mittelständische experten für die Dauer der Notie- volumen von mindestens 150 Mill. Nicht zu vernachlässigen ist auch
Unternehmen die Gunst rung der Anleihe. Zudem muss die Euro und ein Rating einer der gro- „Die Mittelstands- der Umstand, dass eine größere
der Stunde, die das nied- Anleihe ein bestimmtes Mindestvolu- ßen Ratingagenturen Moody’s, Stan- Unabhängigkeit von der Kreditfinan-
Vorstandsmitglied der rige Zinsniveau geboten men (nicht im Entry Standard) und dard & Poor’s oder Fitch einfordern. anleihen weisen zierung mehr Freiräume für das
Baader Bank AG hat und immer noch bie- eine Mindeststückelung von maxi- vergleichsweise eigentliche Tagesgeschäft schafft.
tet. So nahmen seitdem mal 1 000 Euro aufweisen. Breiterer Investorenkreis geringe Emissions- Der Finanzchef eines Unternehmens
eine ganze Reihe von Fir- Bei den Folgepflichten der Emit- muss dann weniger die Berichts-
krise und machen sich daran, ihre men am Kapitalmarkt über die Aus- tenten handelt es sich im Wesentli- Mit der Notierungsaufnahme der
volumina zwischen pflichten gegenüber den finanzieren-
Finanzierungsstruktur bankenunab- gabe von „Mittelstandsanleihen“ chen um die Veröffentlichung von Anleihe in einem Handelssegment 10 und 200 Mill. den Banken erfüllen, sondern die
hängiger zu gestalten. Dabei kann Fremdkapital auf, um ihre Bankkre- Jahresabschlüssen und unterjähri- sind verschiedene Vorteile verbun- Euro auf.“ standardisierbaren, weniger aufwen-
die Platzierung von Unternehmens- dite zu refinanzieren. Für Unterneh- gen Zwischenberichten (nicht im den. Durch die erweiterten Publizi- digen Anforderungen der Börse.
anleihen in Verbindung mit der Bör- men, deren Aktien nicht bereits an m:access), die Vorlage eines Folgera- täts- und Transparenzpflichten erhö- Zusammengefasst lässt sich fest-
sennotiz an einem der neuen Han- der Börse gelistet sind, spielt dabei tings sowie die Veröffentlichung al- hen sich nicht nur die Visibilität ei- halten, dass sich durch eine erstma-
delssegmente eine Möglichkeit sein, eine wichtige Rolle, dass bei einer ler kursrelevanten Unternehmens- ner Anleihe und der Bekanntheits- für die die Ausgabe von Corporate lige Anleiheemission die Vorteile ei-
erste, wertvolle Erfahrungen am Ka- Anleiheemission im Gegensatz zu ei- nachrichten und eines Unterneh- grad des Unternehmens am Kapital- Bonds den ersten Schritt in Richtung ner günstigen, unbesicherten und
pitalmarkt zu sammeln. Schließlich ner Eigenkapitalfinanzierung über menskalenders. Für ein Listing im markt, sondern potenziellen Investo- Kapitalmarkt darstellt. Folglich ist weitestgehend mittelverwendungs-
ist dies ein Weg, sich mit den bei ei- den Kapitalmarkt, also einer Aktien- Frankfurter Entry Standard ist sogar ren wird auch ein besserer Zugang neben den bereits beschriebenen zweckfreien Finanzierung mit der
ner Kapitalmarktfinanzierung einzu- platzierung, kein Kontrollverlust die Erfüllung der gerade veröffent- zu Unternehmensinformationen er- Vorteilen mit der Börsennotiz einer Notwendigkeit, sich den Herausfor-
haltenden Publizitäts- und Transpa- durch die Abgabe von Stimmrechts- lichten „Mindeststandards für Bond- öffnet, auf deren Basis sie ihre Anla- Anleihe auch der positive Effekt derungen der Börse in puncto Trans-
renzpflichten auseinanderzusetzen. anteilen für die Anteilseigner ent- kommunikation“ der DVFA Deut- geentscheidungen treffen können. verbunden, dass Unternehmen eine parenz und Publizität zu stellen, ver-
Obwohl der Hausbankbeziehung steht. sche Vereinigung für Finanzanalyse So wird die Grundlage für den Zu- erste Kapitalmarkthistorie auf- binden lassen. So können die Unter-
bei der Finanzierung des deutschen Unternehmen können ihre Anlei- und Asset Management verpflich- gang zu einem breiteren Investoren- bauen und die Weichen für einen nehmen prüfen, ob der öffentliche
Mittelstands traditionell eine hohe hen in dem erst kürzlich für mittel- tend, was hier einen entscheidenden kreis geschaffen. Zudem ermöglicht langfristigen Zugang zum Kapital- Kapitalmarkt auch zukünftig als
Bedeutung zukommt, ist dennoch ständische Anleihen geöffneten En- Vorteil im Anlegerschutz bedeutet. die Notiz an der Börse eine kontinu- markt stellen können. So gesehen ist Fremdkapitalgeber oder sogar als Ei-
eine Veränderung in der Finanzie- try Standard der Frankfurter Börse, Die Mittelstandsanleihen weisen ierliche Preisfindung und einen fort- die Emission einer Unternehmensan- genkapitalgeber via Börsengang in
rungsstruktur mittelständischer Un- einem Segment, von dem noch eini- vergleichsweise geringe Emissionsvo- laufenden Handel der Anleihe, wo- leihe auch so etwas wie ein Test für Betracht zu ziehen ist. Denn schließ-
ternehmen zu erkennen. Die Haus- ges zu erwarten ist, notieren lassen, lumina zwischen 10 und 200 Mill. durch die Attraktivität der Anleihe mögliche zukünftige Kapitalmarkt- lich muss jede Anleihe früher oder
bankbeziehung wird nicht mehr vor- im eigens für Anleihen mittelständi- Euro auf. Es fällt auf, dass in der gegenüber einer nicht gehandelten finanzierungen. später zurückbezahlt werden.
wiegend zur Deckung des langfristi- scher Unternehmen geschaffenen
gen Finanzierungsbedarfs und zur Fi- Handelssegment Bondm der Börse
nanzierung von Wachstumsstrate- Stuttgart, im bisher nur Aktien vorbe-
gien genutzt, sondern immer mehr haltenen Segment m:access der
zur Finanzierung des volatilen Wor- Börse München oder im neu gegrün-

Anlageklasse Aktien
gewinnt an Popularität
2011 positive Bedingungen für Börsengänge
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 ist dementsprechend groß, insbeson-
Der Aufwärtstrend am europäischen dere bei Transaktionen, die entspre-
Aktienmarkt hat sich wieder stabili- chende Liquidität bieten. Folglich
siert. Trotz der Unsicherheit über sind die Rahmenbedingungen für Ak-
die Situation in Libyen und die Ölver- tienplatzierungen gut, wir sehen da-
sorgung wurden die Befürchtungen her positive Bedingungen für Börsen-
an den Märkten von positiven Daten gänge.
des US-Arbeitsmarktes und von gu- Ein Ende 2010 von der Royal Bank
ten Unternehmenszahlen verdrängt. of Scotland (RBS) in Auftrag gege-
Auch die europäische Schuldenpro- bener Investor Survey zur Lage des
Initial-Public-Offering
(IPO)-Marktes in Europa
macht deutlich: Das Inte-
Von resse von Anlegern an
Klaus Schinkel einer IPO-Beteiligung ist
erheblich. Entscheiden-
de Kriterien für eine
Investition sind dabei so-
lides Wachstum, Stabili-
Head of Equity Capital tät, Visibilität des opera-
Markets Germany, tiven Ergebnisses sowie
Austria & Switzerland ein kompetentes Ma-
bei der Royal Bank of nagement mit erfolgrei-
Scotland chem Track Record. Die
Umfrage belegt aller-
dings auch, dass für In-
blematik, die im vergangenen Jahr vestoren das Thema Bewertung wei-
auf dem europäischen Aktienmarkt terhin eine sehr wichtige Rolle spielt.
lastete, scheint die Investitionsbereit-
schaft der Anleger nicht nachhaltig Zweiter Anlauf geplant
zu hemmen.
In den ersten zwei Monaten dieses Gleichzeitig wagen immer mehr
Jahres nutzten die Verkäufer das Unternehmen nach einem misslunge-
günstige Umfeld für Platzierungen nen IPO in den vergangenen Jahren
von Aktienpaketen auf dem Markt. erneut den Schritt an die Börse. Ein
Das führte zu einer Reihe von Trans- Beispiel ist die GSW Immobilien AG:
aktionen, die mit sehr kleinen Ab- Im Mai 2010 wurde der Börsengang
schlägen platziert werden konnten. wegen hoher Volatilität und somit
Trotz eines kurzfristigen Rückgangs ausgeprägter Unsicherheit an den
der Platzierungen aufgrund der poli- globalen Aktienmärkten verscho-
tischen Ereignisse im Nahen Osten ben. Für den kommenden April ist
und Nordafrika und des damit ein- nun der zweite Versuch geplant.
hergehenden Anstiegs der Volatilität Die Verkäufer dieser Assets su-
erwarten wir aber, dass die Aktivitä- chen Strukturen, die eine gewisse
ten in einem ruhigeren Marktumfeld Absicherung bieten. Der Deal muss
wieder zunehmen. auch für sie zu einer akzeptablen Be-
wertung stattfinden. Daraus resul-
Interesse an Aktienfonds tiert unter anderem die unverändert
recht hohe Anzahl an sogenannten
Seit Ende 2010 ist besonders ein Dual Tracks. Dual Tracks sind paral-
Trend zu beobachten: Aktien als lele Verkaufsprozesse an Aktienin-
Investitionsklasse sind attraktiver vestoren sowie an strategische Anle-
geworden. Die Gründe liegen vor ger und Finanzinvestoren. Der erste
allem in der Unterbewertung gegen- Härtetest steht dem IPO-Markt in
über Anleihen und dem insgesamt diesem Jahr allerdings noch bevor:
besser gewordenen makroökonomi- Die ersten Transaktionen sind
schen Umfeld. Das belegen auch die voraussichtlich Ende März zu erwar-
hohen Zuflüsse in Aktienfonds. ten. Auch für die Frankfurter Börse
Die Nachfrage von institutionel- ist momentan eine spannende Zeit.
len Investoren bei Aktienemissionen Fortsetzung Seite B 10
B 10 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Ausländische Anleger bevorzugen Büroimmobilien


Attraktive Renditen – Mainmetropole hat sehr gute Karten unter den deutschen Immobilienhochburgen – „Green Buildings“ geschätzt
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 Das Käuferspektrum war 2010 re- Auch auf dem Vermietungsmarkt len Bekanntheit als Finanzplatz, sei-
Der Büromarkt kommt deutschland- lativ breit gefächert. Sehr aktiv zeig- der deutschen Finanzmetropole be- ner bundesweit einmaligen Skyline
weit in Schwung. Die Nutzer zeigen ten sich eigenkapitalstarke Investo- stimmen Umzugsbereitschaft und und der hohen Qualität der Mieter
sich umzugsfreudig, aufgrund erfreu- ren, wie zum Beispiel geschlossene Expansion die Strategie zahlreicher eines der Hauptinvestitionsziele.
licher Rahmendaten wird Deutsch- Fonds (mit einem Anteil von knapp Unternehmen. Der befürchtete Neben diesen eher auf Core-Immo-
land wieder zum attraktiven Invest- 20 % am gesamten Transaktionsvolu- Crash am Vermietungsmarkt als bilien fokussierten Investorengrup-
mentmarkt auch bei Büroimmo- men) und Versicherungen/Pensions- Folge der Finanz- und Wirtschafts- pen werfen auch opportunistisch
bilien. Von der guten Laune der Mie- kassen, die zusammen auf einen An- krise ist ausgeblieben. Schneller als orientierte internationale Invest-
teil von um die 14 % ka- gedacht haben sich beide erholt und ment-Manager wieder zunehmend
men. Letztere werden Fahrt aufgenommen. Das gilt auch ein Auge auf sich ergebende Gelegen-
wahrscheinlich bereits für den Investmentmarkt Frank- heiten.
Von in diesem Jahr mit den furts. Mit einem Transaktionsvo-
Marcus Lemli ersten Auswirkungen lumen von 1,8 Mrd. Euro endete das Geringeres Risiko
der geplanten Risiko- Investmentjahr für Deutschlands
Richtlinien für Versiche- Finanzmetropole durchaus erfreu- Das verstärkte Interesse internatio-
rungen (Solvency II) lich, hinter den Hochzeiten vergan- naler Investoren am deutschen
konfrontiert werden. gener Jahre mit Transaktionsvolu- Markt generell und am Frankfurter
Dies wird das Anlagever- mina von jenseits der 6 Mrd. Euro im Besonderen basiert auf einer im
halten dieser Gruppe in allerdings noch Lichtjahre entfernt internationalen Vergleich attrakti-
Leiter Leasing & Capital den nächsten beiden und damit zurück aus fernen Gala- ven Rendite. Nach einem deutlichen
Markets bei Jones Lang Jahren beeinflussen. xien, quasi. Rückgang der Renditen in Märkten
LaSalle Deutschland Auch am Main werden wie London und Paris sind die Rendi-
die Auswirkungen zu Die imposante Frankfurter Skyline ten für Prime-Objekte in Frankfurt ri-
Zurück zur Normalität
spüren sein, allerdings sikoangepasst interessant. Aufgrund
ter und Anleger profitiert auch ohne Änderung der Fließrichtung. Der Markt ist auf dem Weg zurück der guten wirtschaftlichen Rahmen-
Hessens Immobilienhochburg: „Aus- Derzeit werden zwar direkte Immobi- zur Normalität. So wurden fast 83 % orientierten Anforderungsprofils 2010 wieder zu. Für die hessische bedingungen, der sich weiter verbes-
länder ante portas“. lienanlagen gegenüber der indirek- aller Transaktionen in der zweiten macht sich als Folge der globalen Immobilienhochburg konnte mit ei- sernden immobilen Fundamentalda-
ten Beteiligung in Bezug auf die ge- Jahreshälfte 2010 getätigt. Letztlich Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise nem Anteil von 44 % am gesamten ten sowie der in der Krise gezeigten
Stabilisierung zu verzeichnen forderte Eigenkapitalhinterlegung lag das 2010 erzielte Ergebnis damit noch immer bemerkbar. Gesucht Transaktionsvolumen in Frankfurt relativ geringeren Volatilität weisen
bevorzugt, dennoch bleibt zunächst um 143 % höher als noch im Vor- werden Investitionen in Objekte nach Berlin das zweitstärkste auslän- die deutschen Märkte ein geringeres
Die deutschen Büromärkte haben abzuwarten, welche genauen Vor- jahr. Vor allem drei Transaktionen ohne Leerstand und damit ohne Ver- dische Engagement notiert werden. Risiko als vergleichbare andere
sich im zurückliegenden Jahr deut- schriften letztendlich in Kraft treten jenseits der 100 Mill. Euro sorgten mietungsrisiko. Die aber sind Man- Sieben Transaktionen insgesamt Märkte auf.
lich stabilisiert. Ein Umsatzvolumen werden und mit welchen Konsequen- für Wohlfühleffekte. Darunter die gelware in Frankfurt, sind deswegen liefen über die Bücher internationa-
von rund 2,6 Mill. qm in den sechs zen für Investoren zu rechnen sein größte bundesweit überhaupt: der auch entlang des Mains überdurch- ler Investoren. Frankfurts Domäne „Green“ immer beliebter
Immobilienhochburgen Berlin, Düs- wird. Erst dann lässt sich die Attrakti- Kauf des Opernturms in der Banken- schnittlich gefragt. Erst langsam auch bei ausländischen Investoren
seldorf, Frankfurt, Hamburg, Mün- vität der Asset-Klasse „Immobilien“ lage durch einen internationalen trauen sich Investoren wieder mehr ist das Büroimmobilien-Investment. Dieser Trend wird sich 2011 fort-
chen und Stuttgart, dazu auf gegenüber Aktien, Unternehmens- Asset Manager mit einem investier- auf der Vermietungsseite zu, und Mit einem Anteil von 89 % am Trans- setzen. Die Mainmetropole, in
Deutschland verteilt nahezu 20 und Staatsanleihen beurteilen. ten Volumen von weit über 500 Mill. auch das DevelopmentGeschäft er- aktionsvolumen, entsprechend rund Deutschland in puncto „Internatio-
Mrd. Euro in Immobilien investier- Euro. wacht langsam wieder. 1,61 Mrd. Euro, liegt diese Asset- nalität“ vor allem des Großflug-
tes Kapital. Allein im vierten Quar- Zuversicht am Main Neben vier weiteren Investments Klasse deutlich im Fokus der Anle- hafens wegen nicht zu überbieten,
tal 2010 konnten gewerblich ge- zwischen 50 und 100 Mill. Euro gab Ausländer ante portas ger. Einzelhandels- und Logistik-Im- hat dabei sehr gute Karten unter
nutzte Immobilien im Gesamtwert Zuversicht nach einem erfreuli- es vorzugsweise Transaktionen im mobilien kommen demgegenüber Deutschlands Immobilienhochbur-
von 5,8 Mrd. Euro veräußert wer- chen Investment- und Vermietungs- mittleren Größensegment. Der Im Unterschied zu 2009, als der auf einen marginalen Anteil von 5 gen. Und gerade von den bei Auslän-
den. Oktober bis Dezember 2010 jahr begleitete den Büromarkt der Grund dafür ist höchst einfach: Es deutsche Investmentmarkt fast kom- bzw. 3 %. dern beliebtesten Investments, den
waren damit die transaktionsstärks- hessischen Immobilienhochburg ins fehlt an geeigneten Investment- plett durch einheimische Anleger ge- Büroimmobilien, hat die Metropole
ten Monate seit dem ersten Quartal Jahr 2011. Die Marktteilnehmer möglichkeiten am Main. Die Ver- prägt war, nahm das investive Enga- Frankfurt auf dem Bildschirm am Main viel zu bieten – nicht zu-
2008. sind durchaus positiv gestimmt. stärkung des traditionell sicherheits- gement ausländischer Investoren letzt bei den von internationalen
Internationale Anleger haben Unternehmen als „State of the Art“
Deutschland und vor allem Frank- identifizierten „Green Buildings“.
furt grundsätzlich wieder auf dem Deren Standards gelten in Frankfurt
Bildschirm. Hinter Berlin hat Frank- quasi bei allen größeren Neubauvor-
furt bereits jetzt das höchste Transak- haben.
tionsvolumen ausländischer Investo- Denn die Farbe „Green“ wird
ren in Deutschland überhaupt zu ver- mehr und mehr zur Grundvorausset-
zeichnen. Erstmals seit Juli 2007 zung für die Bereitschaft vor allem
drängen neue internationale Investo- internationalerer Investoren, sich
ren in einem größeren Umfang auf überhaupt mit der Frage eines Invest-
den Markt, die Deutschland bislang ments zu beschäftigen. Analysen aus
noch nicht im Visier hatten. Dieses den USA bescheinigen nämlich ent-
Investmentinteresse kommt von sprechend zertifizierten Objekten
Staatsfonds, Versorgungskassen so- eine um bis zu 60 % höhere Wertent-
wie einigen Privatinvestoren aus Län- wicklung gegenüber konventionel-
dern wie China, Indien, Malaysia, len Investments. Und an diesen be-
Singapur, Südkorea, Saudi-Arabien, eindruckenden Statistiken kommt
Abu Dhabi und Norwegen. Frankfurt der Markt auch in Frankfurt ganz ein-
ist für sie aufgrund der internationa- fach nicht mehr vorbei.

Anlageklasse Aktien
Fortsetzung von Seite B 9 sitions (M & A) getrieben werden.
Durch moderate Bewertungen und
Die Fusion der Deutschen Börse mit günstige Finanzierungen lassen sich
der Nyse Euronext wird von Investo- mit Übernahmen derzeit mehr
ren mit Argusaugen beobachtet. Die Werte heben als in starken Jahren.
möglichen Auswirkungen sind der- Zusätzlich werden auch vermehrt
zeit schwer abzuschätzen. Share Buybacks in Betracht gezogen.
In diesem Umfeld ist ein weiterer
Trend erkennbar: Unternehmen Deals in Schwellenländern
ziehen vermehrt Alternativen zu den
traditionellen Listing-Plätzen in Laut einem White Paper der RBS
Europa in Betracht. Das Listing soll in Zusammenarbeit mit der Boston
in einigen Fällen auch dazu dienen, Consulting Group plant dieses Jahr
die eigene Marke in neuen Märkten, eines von sechs Unternehmen einen
speziell in Asien, zu stärken. Hierbei Zukauf im Volumen von mehr als
stellt sich Hongkong als beliebte 0,5 Mrd. Euro. Fast zwei Drittel der
Alternative im Luxusgütersektor Unternehmen beabsichtigen Deals
heraus – siehe das L’Occitane-Listing in den Schwellenländern. Dies un-
terstreicht ebenso eine weitere
RBS-Umfrage: Nach der bevorzug-
ten Anlageklasse befragt, entschie-
„Für Emittenten den sich insgesamt 45 % der Teil-
kann es sich also nehmer für Aktien oder Schwellen-
länder-Aktien.
auszahlen, rechtzei- Eine Ausnahme bildet der Ban-
tig gut vorbereitet kensektor, der von den Vorbereitun-
zu sein, um ein gen auf strengere Core-Tier-1-Defini-
tionen und Regeln zu Kapitalerhö-
vielversprechendes hungen in den nächsten Jahren be-
Emissionsumfeld lastet sein wird. Ab 2013 müssen
zu nutzen.“ Banken mindestens 3,5 % hartes
Kernkapital vorhalten, statt bislang
2 %. Eigenkapitalinstrumente, die
die Basel-III-Kriterien nicht erfüllen,
im November 2010. Auch Samso- werden schrittweise aberkannt.
nite hat dort kürzlich ein geplantes 2013 werden sie nur noch zu 90 %
Listing bekannt gegeben. Ein solcher akzeptiert, endgültig abgeschafft
Schritt ist allerdings tendenziell werden sie 2022.
eher für Unternehmen geeignet, die
bereits über eine starke Präsenz in Rechtzeitig reagieren
Asien verfügen. Dient das Listing ins-
besondere dazu, einen potenziellen Generell sehen wir den Ausblick
Bewertungsvorteil zu erzielen, wird für den Aktienmarkt 2011 sehr posi-
es von Investoren kritisch bewertet. tiv. Allerdings können sich Emissi-
Die Mehrheit der europäischen Un- onsfenster in Zeiten wirtschaftlicher
ternehmen kann indes abseits des und politischer Unsicherheit schnell
IPO-Marktes starke Bilanzen und wieder schließen. Für Emittenten
hohe Liquidität vorweisen. Es ist da- kann es sich also auszahlen, rechtzei-
her damit zu rechnen, dass Kapitaler- tig gut vorbereitet zu sein, um ein
höhungen im Corporate-Sektor vielversprechendes Emissionsum-
hauptsächlich von Mergers & Acqui- feld zu nutzen.
Mittwoch, 16. März 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 52 B 11

Börse Frankfurt als Impulsgeber nicht zu ersetzen


Hier trifft Tradition auf Zukunftstechnik – Exponierte Marktstellung nicht nur im Inland – Handelsplatz setzt weiterhin weltweit Standards
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 Während der Weimarer Republik
In den vergangenen Jahrhunderten bedeutete die Hyperinflation auch ei-
konnte die Frankfurter Wertpapier- nen Rückschlag für die Bedeutung
börse (FWB) immer wieder wichtige der Frankfurter Börse. Dieser war je-
Standards setzen. Dass die FWB ihre doch nicht von Dauer, und der Ak-
lokalen Wettbewerber hinsichtlich tienhandel gab dem Handelsplatz
der Geschäftsgröße deutlich über- anschließend seine Bedeutung zu-
ragt, ist nicht nur in der Finanzwelt rück. Das traurige Kapitel der Welt-
geschichte zwischen
1939 und 1945 ging
auch an der FWB nicht
Von spurlos vorbei. Mit

Fotos: Gruppe Deutsche Börse


René Parmantier Kriegsende wurde der
Handel eingestellt – je-
doch nicht auf Dauer.
Bereits im September
1945 fand die Wiederer-
öffnung der Frankfurter
Börse statt. Dies ist ins-
Vorstandsvorsitzender besondere vor dem Hin-
der Close Brothers tergrund, dass die Wäh-
Seydler Bank AG rungsreform erst 1948 Sitz der Frankfurter Wertpapierbörse Moderner Handelssaal
umgesetzt wurde, ein
weiterer Beleg für die den Personen. Die Frankfurter Skon- Ich erlaube mir an dieser Stelle, ren Finanzplätzen als Impulsgeber Wertpapierangebot runden das Port-
bekannt. Weniger offensichtlich ist: Dynamik des schon damals an Tradi- troführer, die fortan nicht mehr nur ein ausgezeichnetes Zitat von Dr. die Richtung gewiesen und dabei folio ab. Der historische Exkurs zu
Auch in puncto der vorhandenen Tra- tionen reichen Börsenplatzes Frank- (Wertpapier-) Spezialisten sind, son- Lutz Raettig, langjähriger und von eine exponierte Marktstellung er- Beginn verbildlicht, dass die Frank-
dition stellt der hessische Finanz- furt. dern sich auch so nennen dürfen, ha- mir hoch geschätzter Vorsitzender obert hat. Im Inland und global. furter Börse in einer langen Zeit ste-
platz alle nationalen und wohl auch Im Jahr 1969 – geprägt von den ben sich zuletzt als echte Einheit ge- des Börsenrates, anlässlich dieser Fu- ten Wandels durchgehender Garant
die allermeisten internationalen Bör- Protesten der damaligen Studenten zeigt. Während sie über Jahrzehnte sion wiederzugeben: „Globale Prä- Stagnation ist Rückschritt für qualitativ hochwertigen Handel
sen weit in den Schatten. – kam es innerhalb der FWB zu einer konträre Interessen vertraten, spre- senz ist die Voraussetzung für Trans- war. Technisch immer auf der Höhe
Als im Jahre 1150 die erste Händ- Optimierung des Handels. Auch chen sie wieder mit einer Stimme. parenz, Effizienz und Attraktivität Als Mitglied des Börsenrates unter- der Zeit und gleichermaßen im
lermesse für Waren und Rohstoffe in wenn diese für wenig Aufsehen Das war der richtige Ruck zur rech- des Angebotes. Doch Globalisierung stützte ich diese technische Weiter- Sinne der Emittenten sowie der Anle-
Frankfurt stattfand, ahnte niemand, sorgte, hatte sie eine immens innova- ten Zeit. Es ist das Auftreten, was und lokale Verankerung sind zwei entwicklung und bin fest davon über- ger handelnd. So war es immer, so
dass dies der Beginn einer langen tive und zukunftsweisende Bedeu- der Frankfurter Börse, auch jetzt Seiten der gleichen Medaille. Die zeugt, dass die exponierte Marktstel- wird es bleiben, unabhängig vom
Börsen-Tradition sein würde. Das tung: Am 1. Februar dieses Jahres noch mit großem Abstand deutscher Stärke der Frankfurter Wertpapier- lung als Deutschlands Referenzbörse Wandel der Zeit. Dafür steht auch
war nur der indirekte Beginn der Ge- begann das digitale Zeitalter in Marktführer, würdig ist. Das bereitet börse basiert auch auf ihrer Einbet- weiter Bestand haben wird. So er- die Institution des Frankfurter Bör-
schichte der FWB. Doch da sich Frankfurt durch die elektronische mir, als gebürtigem Frankfurter, tung in den Finanzplatz Frankfurt, hoffe ich mir vom bereits erwähnten senrats, welcher von dem einen oder
Europa zu dieser Zeit noch im tiefs- Datenverarbeitung. Jeder, der weiß, eine tiefe Freude. ihrer Verwurzelung und Vernet- Spezialisten-Modell der FWB ab anderen Generationswechsel ge-
ten Mittelalter befand, ist diese Epi- wie wichtig die Verarbeitung der Un- Doch so wichtig diese Migration zung. Diesen Erfolgsgaranten gilt es 23. Mai 2011 eine echte Weiterent- prägt, aber stets von einem einzigar-
sode in der Tat bemerkenswert. mengen von Daten im Handelsge- auch ist, für deren erfolgreiche auch in der größeren Einheit zu be- wicklung, infolge derer der Handel tigen Commitment der Entschei-
Die eigentliche Geburtsstunde der schäft ist, dem ist bewusst, wie nach- Durchführung sich viele betroffene wahren und zu sichern.“ höchsten internationalen Standards dungsträger geprägt war und sein
Börse war 1585. In den Jahrhunder- haltig dieser Schritt für den Finanz- Marktteilnehmer lange Zeit erfolg- gerecht wird. So beinhaltet das neue wird.
ten zuvor erhielt die Stadt erst das platz war. reich eingesetzt haben: Mit der vo- Modernste Technologie Handelsmodell dank der niedrigen Vergessen Sie nicht: Es geht nicht
Silber-, dann das Goldmünzrecht. raussichtlich 2011 und 2012 stattfin- Kostenstruktur höchste Attraktivität. nur um die Wichtigkeit des Standorts
Im Jahr, in dem Sixtus V. zum Papst Das Beste aus zwei Welten denden Fusion der Deutschen Börse Denn mit zukunftsfähigen Konzep- Die (von Spezialisten garantierte) Frankfurt als Finanzplatz. Vielmehr
ernannt wurde und der achte Huge- mit dem US-Handelsplatz Nyse ste- ten und dank modernster Technolo- hohe Liquidität wird zu einer ausge- ist dieser Ort die Herzkammer der
nottenkrieg seinen Anfang fand, Ein ebenso wichtiger und rich- hen wir alle vor einem weiteren Mei- gie setzt die FWB auch weiterhin sprochen hohen Order-Ausführungs- Wachstums- und Jobmaschine
kam es in Frankfurt zum entschei- tungsweisender Schritt war die Ein- lenstein der aufregenden Geschichte weltweit Standards für den Handel wahrscheinlichkeit führen. Die inter- Deutschland. Gerade der deutsche
denden Schritt nach vorne. 1585 wa- führung des elektronischen Handels- des Finanzplatzes Frankfurt. Wir wis- mit Wertpapieren. Es erfüllt mich als national anerkannte Handelsüberwa- Mittelstand, dank seiner Stärke nach
ren es genau 84 Frankfurter Kauf- systems Xetra 1997. In puncto Leis- sen alle, dass der Weg zur abge- Frankfurter und CEO der seit jeher chungsstelle ist der Garant für die der Krise wieder von der ganzen Welt
leute, die seinerzeit zur Herbstmesse tungsfähigkeit und technologischer schlossenen Fusion lang und steinig fest in Frankfurt verwurzelten Close wohl beste im Sinne einer effizien- geachtet, braucht ein funktionieren-
einheitliche Wechselkurse festgelegt Kompetenz gelang der FWB hier ein ist sowie über Brüssel führt. Doch Brothers Seydler Bank AG mit Stolz, ten Regulierung. Die breite interna- des deutsches Finanzzentrum. Und
hatten und somit den imaginären absoluter Meilenstein. Die Einfüh- schon jetzt gilt es über die Konse- wie stark dieser Börsenplatz ande- tionale Anbindung und das große dieses kann nur in Frankfurt liegen.
Grundstein für die Frankfurter Börse rung von Xetra für den Parketthan- quenzen dieser globalen Allianz laut
gelegt haben. del erfolgt am 23. Mai 2011. Das ist nachzudenken.
ein wichtiger Schritt. Hierbei han-
Physischer Grundstein delt es sich nicht um eine vollkom- Profitables Unternehmen
mene Verlagerung des Handels von
Der physische Grundstein wurde Mensch zu Maschine. Vielmehr Ausgesprochen wichtig erscheint
1879 gelegt: Der Börsenhandel fand könnte es der FWB sogar gelingen, eins: Die Frankfurter Wertpapier-
erstmals in einem heute noch jedem das Beste aus zwei Welten zusam- börse und der Handel mit Aktien
Frankfurter bestens bekannten Ge- menzuführen: Der Mensch und die und Renten im Herzen der deut-
bäude der Innenstadt statt: dem sei- Präsenzpflicht bleiben. Die nun „Spe- schen Finanzwelt dürfen durch eine
nerzeit als „Neue Börse“ umschriebe- zialisten“ genannten Händler, zuvor Fusion nicht geschwächt werden.
nen Bau, der heute ironischerweise „Skontroführer“, sorgen ab sofort Ganz im Gegenteil: Der Börsenplatz
als „Alte Börse“ zahlreichen TV-Zu- für die besten Preise und die beste Frankfurt muss gestärkt aus diesem
schauern rund um den Globus be- Ausführungsqualität. So lautet der Szenario hervorgehen. Schließlich
kannt ist. Mit dem Gebäude wurde Anspruch. Und es besteht kein Zwei- ist die Deutsche Börse AG, der Trä-
der Handel nicht nur wetterfest. fel, dass diese Umsetzung gelingen ger der FWB, ein bilanziell gesundes
Auch militärischen Konflikten hielt wird. Gemeint sind die Organschaft und ertragsseitig hoch profitables
der Handelsplatz stand. und die Summe der dort handeln- Unternehmen.

Starkes Finanzzentrum bedarf


kompetenter Berichterstattung
Steigendes Wissensniveau nötig – Finanzkenntnisse verständlich vermitteln
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 krise schmerzhafte Vermögensver- nen Ausbruch der Krise schlecht gear-
Wie funktioniert die private Alters- luste hinnehmen, nicht zuletzt des- beitet hat. Dem Befund der Studie zu-
vorsorge? Wozu werden Banken ge- halb, weil sie die komplexen Pro- folge sind auch die besten Tageszei-
braucht, und wie funktioniert ein Ak- duktstrukturen, die ihnen seitens tungen erst mit dem Ausbruch der
tienfonds? Bereits einfache finanz- der Banken vermittelt wurden, nicht weltweiten Finanzkrise publizistisch
wirtschaftliche Fragen überfordern wirklich verstanden hatten. Selbst und journalistisch „erwacht“. In den
oft den durchschnittlichen Bundes- junge Erwachsene, die eine gute Aus- regionalen Zeitungen spielt die Aus-
bürger. Dies gilt umso mehr für kom- bildung haben, sind überfordert, einandersetzung mit Finanzthemen
wenn sie die richtigen ohnehin eine untergeordnete Rolle.
Produkte für ihre Vermö- In ihren Schlussfolgerungen betonen
gensanlage oder ihre die Autoren, dass in der Aus- und
Von private Altersvorsorge Weiterbildung von Finanzjournalis-
Markus Gerhard auswählen müssen. ten stärker als bisher darauf geachtet
Einer der Gründe hier- werden muss, dass neben der reinen
für ist – das ist unbestrit- Vermittlung von Fachkenntnissen
ten –, dass die Themen auch das Herstellen von Zusammen-
Ökonomie und Finanz- hängen trainiert werden muss.
märkte in der Schulbil-
Programm-Direktor dung ein Schattenda- Renommierte Universitäten
der Frankfurt School sein führen. Kann es
of Finance & Manage- aber – darüber hinaus – Zweifellos konzentriert sich hier
ment auch daran liegen, dass am Finanzplatz Frankfurt genügend
Finanzwissen in den ökonomisches und finanzwirtschaft-
Medien schlecht vermit- liches Fachwissen. Mehr als 75 000
plexere Sachverhalte wie etwa Ursa- telt wird? Hans-Jürgen Arlt und Menschen arbeiten für die in Frank-
chen und Folgen der Finanzmarkt- Wolfgang Storz haben in ihrer Stu- furt ansässigen Kreditinstitute; zu-
krise. Geht es um die ökonomische die der Otto Brenner Stiftung „Wirt- dem verfügt die Rhein-Main-Region
und finanzwirtschaftliche Allgemein- schaftsjournalismus in der Krise – über renommierte Universitäten mit
bildung, ist das Wissensniveau der Zum massenmedialen Umgang mit hoher Forschungs- und Lehrkompe-
Deutschen nicht ausreichend, sogar der Finanzkrise“ eindrucksvoll tenz im Bereich Wirtschaftswissen-
mangelhaft, wie Studien leider ge- gezeigt, dass auch die Qualität des schaften. Das am Finanzplatz vor-
zeigt haben. Wirtschafts- und Finanzjournalis- handene Wissen muss der Bevölke-
mus in der Zeit vor und während der rung aber auch zugänglich gemacht
Oftmals überfordert Krise gesunken ist. werden. Es ist die wichtige Aufgabe
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Wirtschafts- und Finanzjournalis-
Dabei ist gerade seit der Finanz- der im März 2010 veröffentlichten ten als Vermittler und Übersetzer
krise die Forderung nach einem Studie ist, dass der tagesaktuelle den Verbrauchern das relevante
verbesserten Finanzwissen der Ver- deutsche Wirtschaftsjournalismus Finanzwissen verständlich zu vermit-
braucher immer stärker in den Fo- als Beobachter, Berichterstatter und teln. Genau diese Zielsetzung ver-
kus der Öffentlichkeit gerückt. Viele Kommentator des Finanzmarktes folgt der im Jahr 2007 gemeinsam
Privatanleger mussten in der Finanz- und der Finanzpolitik bis zum offe- Fortsetzung Seite B 12
B 12 Börsen-Zeitung Nr. 52 Sonderbeilage Mittwoch, 16. März 2011

Charterholder finden besser durch das Dickicht der Finanzmärkte


International hoch anerkannt – Mit mehr Wissen auch mehr Klarheit schaffen – Höhere Bildung sichert Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
Börsen-Zeitung, 16.3.2011 Weil die Finanzwelt so global ist wie Jahren Berufserfahrung) die Berech- Bei allem Bekenntnis zu globaler dard an, der als Gütesiegel die einzel- Goethe Business School bereits im
Im Zuge der Finanzkrise ist deutlich wenig andere Industrien, kann sich tigung erworben, offiziell den Titel Standardisierung wäre es jedoch nen Marktteilnehmer auszeichnet – Studium einen Großteil der Inhalte
geworden: Professionelles Handeln ein solcher ungeschriebener Kodex CFA zu tragen und ihn auf Visiten- naiv zu glauben, Finanzplätze stün- unabhängig von ihrem Arbeitgeber. des CFA vermittelt.
braucht über den regulatorischen natürlich auch nur durch eine global karten oder Marktkommentaren den nicht miteinander im Wettbe- Der Chartered Financial Analyst ist Anspruchsvolle Aus- und Weiter-
Rahmen hinaus auch eine ethische harmonisierte Ausbildung durchset- direkt hinter den Namen zu schrei- werb. Wenn etwa der Global Finan- ein solcher Titel: anspruchsvoll, in- bildung fördert aber nicht nur die
Fundierung. Denn viele der bekannt zen. Auch dies leistet die Ausbildung ben. Treibende Organisation der Aus- cial Centres Index (GFCI), der zwei- ternational und weltweit hoch aner- einzelnen Teilnehmer. Ausgebildete
gewordenen Verwerfungen mögen zum CFA. Als Charterholder ist man bildung und Prüfung ist das CFA mal im Jahr ein Ranking der Wettbe- kannt. Fachleute finden sich im Dickicht
durch legales Handeln entstanden Teil einer weltweiten Community, Institute, das heute durch die loka- werbsfähigkeit von Finanzplätzen Damit verbunden sind nicht selten der Finanzmärkte besser zurecht
kann sich für gemein- len Verbände wie etwa die German weltweit erstellt, eine zentrale Bot- höhere Gehälter als bei den Kollegen und können so Chancen und Risiken
same Ziele engagieren CFA Society in über 130 Ländern schaft hat, dann diese: Der Finanz- ohne Charter, denn der CFA signali- besser einschätzen. Davon profitie-
und sich weiterbilden weltweit vertreten ist. platz Hongkong hat die traditionell siert Fachwissen, Motivation und
Von über Fachveranstaltun- führenden Zentren London und New vor allem Belastbarkeit. Allein 2010
Harald Bareit gen der lokalen CFA Ver- Breiter Themenkatalog York bereits im Visier! Frankfurt nahmen weltweit insgesamt 110 000
bände, wie etwa der Ger- zählt im GFCI zur Gruppe der „stabi- Kandidaten an der Prüfung teil, in „Damit verbunden
man CFA Society. So ent- Gleichzeitig arbeitet das CFA Insti- len“ Finanzplätze, der neben Frank- Deutschland waren Ende 2010 rund
steht ein globales Netz- tute mit an der Weiterentwicklung furt nur sechs weitere Finanzzentren 1 600 Charterholder registriert. Da- sind nicht selten
werk, das über ähnliche von Rechnungslegungsstandards, angehören. Zudem wird Frankfurt mit ist die German CFA Society, die höhere Gehälter als
– und damit vergleich- der Schaffung von Handelstrans- weiterhin dem exklusiven Kreis der Charterholder und Kandidaten lokal bei den Kollegen
bare – Werte verfügt parenz und der Offenlegung von Inte- „Global Leaders“ zugerechnet – ins- vertritt, heute die größte unabhän-
und nicht zuletzt einem ressenkonflikten – um nur drei The- gesamt nur acht Zentren weltweit ge- gige Berufsvereinigung der Finanzin- ohne Charter, denn
Vorstandsmitglied der Charterholder Ortswech- men aus dem großen Katalog der ge- nießen diesen Status. dustrie in Deutschland. der CFA signalisiert
German CFA Society sel im Rahmen einer glo- sellschaftlich relevanten Tätigkeit Wenn dies so bleiben soll, ist pro- Fachwissen, Motiva-
balen Karriere erleich- des Instituts zu nennen. Gemeinsa- fessionelle Berufsbildung ein wesent- Zeitbedarf große Hürde
tert. Zudem erneuert je- licher Erfolgsfaktor. Besonders seit tion und vor allem
sein; legitim war es nicht immer. der CFA Charterholder einmal im der Finanzkrise werden an Spezialis- Eine große Hürde zum CFA sehen Belastbarkeit.“
Hier muss die Ausbildung von Invest- Jahr seine Mitgliedschaft beim CFA ten der Finanzindustrie wie Analys- viele Kandidaten im Zeitbedarf von
mentprofis ansetzen. Zur Ausbil- Institute und dokumentiert damit „Viele Arbeitgeber ten oder Portfoliomanager immer 300 Stunden pro Prüfung. Viele
dung als „Chartered Financial Ana- ausdrücklich seine Identifikation mit unterstützen ihre mehr Anforderungen gestellt – sei es Arbeitgeber unterstützen jedoch
lyst“ (CFA) gehört zum Beispiel die den branchenweit anerkannten ethi- Mitarbeiter mit aus der erweiterten Analyse von Risi- ihre Mitarbeiter mit Freistellungen ren alle Marktteilnehmer. Ziel aller
intensive Beschäftigung mit Dilem- schen Grundregeln. ken, der Veränderung der internatio- und übernehmen die Prüfungsgebüh- Weiterbildungsangebote ist es, mit
masituationen, in denen der Rück-
Freistellungen und nalen Standards für die Rechnungs- ren. Eine weitere Möglichkeit be- mehr Wissen auch mehr Klarheit zu
griff auf Gesetze und andere Nor- Drei Prüfungen übernehmen die legung, der Implementierung von eu- steht darin, den CFA in das Studium schaffen. Darüber hinaus sichert
men keine eindeutige Auskunft für Prüfungsgebühren.“ ropaweiten Standards wie der Mifid zu integrieren. Dank einer Partner- eine höhere Bildung die Wettbe-
richtiges oder falsches Verhalten Über 100 000 Charterholder welt- oder auch der Überarbeitung finanz- schaft mit dem CFA Institute bekom- werbsfähigkeit des Finanzplatzes
gibt. weit haben das berufsbegleitende, wirtschaftlicher Modelle. men seit Sommer 2010 Studierende Deutschland und minimiert das
In dem Maße, wie immer mehr In- breit angelegte Wirtschaftsstudium Da der Gesetzgeber hierzulande der Universität Mannheim, der Euro- Risiko erneuter Verwerfungen in der
vestmentprofis diese Schulung mit Schwerpunkt auf Finanzmarkt- mer Nenner dieser Aktivitäten ist das bislang keine Mindestanforderun- pean Business School (EBS) und der Finanzindustrie.
durchlaufen, wird sich ein Standard themen absolviert und nach drei Prü- Interesse des Investors. Er soll in die gen für die Aus- und Weiterbildung
professionellen Verhaltens entwi- fungen (zusammen mit einem Nach- Lage versetzt werden, auf der Basis der Kapitalmarktprofis formuliert
ckeln, der die Lücken eines rein nor- weis über ein akademisches Stu- möglichst vollständiger Informatio- hat, bietet sich als Lösung der Rück-
mativen Ansatzes schließen hilft. dium und einem Minimum von vier nen seine Entscheidungen zu treffen. griff auf einen existierenden Stan- Analysten und Asset Manager

In Frankfurt zuhause
Finanzzentrum bedarf kompetenter Berichterstattung cw – Die German CFA Society
wurde im September 2000 als
Zu den wichtigen Aufgaben des
Vereins gehören neben der Förde-
Fortsetzung von Seite B 11 verständlich zu kommunizieren. In schaft zu tragen. Wir sind auf funk- stein der „Education Industry“ am Lokalverband des CFA Institute rung und Weiterentwicklung der
mehreren Unterrichtseinheiten, wie tionierende Finanzmärkte und eine Finanzplatz Frankfurt. Es werden gegründet. Nach Großbritannien ethischen Grundsätze und Standes-
von der Frankfurt School of Finance zum Beispiel der Berichterstattung stabile Wirtschaft angewiesen – diejenigen Mitarbeiter ausgebildet, und der Schweiz ist die German richtlinien des CFA Institute in
& Management und der Hessischen zu Unternehmen, Banken und auch am Finanzplatz muss das Ver- die nicht nur in der Lage sein wer- CFA Society die drittgrößte CFA- Deutschland unter anderem die
Landesregierung initiierte einjäh- Finanzmärkten, lehren Fachleute trauen in das Finanzsystem wieder- den, die Brücke zwischen Finanz- Vereinigung in Europa. Mitglieder Intensivierung des Bekanntheits-
rige, berufsbegleitende Weiterbil- des Finanzplatzes – Professoren der hergestellt werden. Dies beginnt mit dienstleistern und der Öffentlichkeit sind in erster Linie Analysten und grades des CFA-Titels wie auch die
dungsstudiengang „Finance Journa- Frankfurt School und erfahrene Jour- einer offenen und transparenten zu schlagen, sondern auch Finanz- Asset Manager mit Chartered- Schaffung einer Plattform für den
lism“: Studierende sollen sowohl nalisten –, wie Finanzthemen aufge- und Wirtschaftsthemen so vermit- Financial-Analyst-Qualifikation. Erfahrungsaustausch innerhalb der
fachlich im Bereich Wirtschaft und arbeitet werden müssen, damit teln zu können, dass auch Laien sie Der Verband hat seinen Sitz in deutschen Investment-Branche.
Finanzen weitergebildet werden, Leser sie verstehen und einen Nut- verstehen. Eine qualifizierte Bericht- Frankfurt am Main. (Börsen-Zeitung, 16.3.2011)
aber auch kompakte, praxisnahe zen daraus ziehen können. erstattung über Akteure und Ereig-
und finanzjournalistische Kompeten- „Seit jeher besteht nisse in der Finanzwirtschaft sowie
zen vermittelt bekommen. Darüber Zusammenhänge verstehen am Finanzplatz über finanzpolitische Themen trägt
hinaus fördert der Studiengang den Frankfurt eine maßgeblich dazu bei, den Finanz-
Dialog zwischen Finanzjournalisten Seit jeher besteht am Finanzplatz platz Frankfurt insgesamt zu stärken
und Öffentlichkeitsabteilungen von Frankfurt eine enge Verbindung zwi- enge Verbindung und im internationalen Wettbewerb
Unternehmen. Denn Untersuchun- schen der Real- und Finanzwirt- zwischen der Real- zu positionieren. Impressum
gen haben gezeigt, dass Finanzjour-
nalisten die Meldungen und Präsen-
schaft. Für dieses komplexe Bezie-
hungsgefüge fehlt vielen Menschen
und Finanzwirt- Börsen-Zeitung
schaft.“ Leistungsstipendien Sonderbeilage
tationen von Unternehmen nur zu das Verständnis. Für eine gute Zu-
66 % als präzise und nachvollzieh- kunft des Finanzstandorts Frankfurt Deshalb führte das Land Hessen Finanzplatz Frankfurt
bar bewerten. Hier leistet der Studi- ist es wichtig, dass die Bürger diese im Rahmen seines Engagements für Am 16. März 2011
engang einen Beitrag, die beste- Zusammenhänge verstehen. An die- den Finanzplatz gemeinsam mit der
hende Diskrepanz zu verringern. ser Stelle stehen die wesentlichen Kommunikation. Der Finanzplatz Frankfurt School dieses Studienpro-
Akteure des Finanzplatzes in der Frankfurt braucht daher sowohl eine gramm ein und fördert die Teilneh- Redaktion: Claudia Weippert-Stemmer
Dem Leser Nutzen stiften Pflicht, Kompetenz und Wissen zur glaubwürdige Berichterstattung von mer mit Leistungsstipendien. So- Anzeigen: Dr. Jens Zinke (verantwortlich)
Verfügung zu stellen sowie für eine Unternehmen und Banken als auch wohl auf Seiten der finanzjournalisti- Andrea Kineke
Wer professionell und kompetent offene und transparente Kommuni- einen guten Wirtschafts- und Finanz- schen Medien wie auf Seiten der Un- Technik: Tom Maier
über Finanzthemen berichten und kation zu sorgen. journalismus. ternehmenskommunikation hat die Typografische Umsetzung: Daniela Störkel
dem Leser einen Nutzen stiften will, Für einen starken Finanzplatz Aus- und Weiterbildung in diesem
muss tiefgehende Kenntnisse über sind die Akzeptanz und das Ver- Zusammenhang eine große Bedeu- Verlag der Börsen-Zeitung in der Herausgebergemeinschaft WERTPAPIER-
Zwölfmonatiges Programm MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG, Düsseldorfer Straße 16,
die Finanzmärkte, die komplizierten ständnis der Bevölkerung für die tung. Mit der Vergabe der Leistungs-
Verbindungen der Finanzwelt mit komplexen Vorgänge unerlässlich. Als essenzieller Standortfaktor für stipendien unterstreicht das Hessi- 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069/2732-0, (Anzeigen) Tel.: 069/2732-115,
der realen Ökonomie sowie über Gerade durch die Krise wurde das den Finanzplatz Frankfurt ist das sche Wirtschaftsministerium nicht Fax: 069/233702, (Vertrieb) 069/234173.
komplexe Finanzprodukte haben. Er- Vertrauen der Menschen in die Fi- Studienprogramm „Finance Journa- nur die Bedeutung des Programms, Geschäftsführer: Ernst Padberg
forderlich ist aber nicht nur die intel- nanzbranche erschüttert. Die Folgen lism“ nicht nur ein Investment in die sondern leistet einen wichtigen Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH;
lektuelle Durchdringung der kompli- dieses Vertrauensverlustes haben Zukunft der Branche. Das zwölfmo- Beitrag zur journalistischen Nach- Kurhessenstraße 4–6, 64546 Mörfelden-Walldorf
zierten Materie, sondern auch die Fä- nicht nur die Finanzbranche, son- natige berufsbegleitende Weiterbil- wuchsförderung am Finanzstandort
higkeit, dies dann transparent und dern auch die Politik und die Gesell- dungsprogramm ist ein weiterer Bau- Frankfurt.

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