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MARKETING-LEHRGANG

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Marketing-Lehrgang

Übersicht

Modul:
Einführung Marketing

Modul:
Umfeld Markt

Modul:
Strategisches Marketing

Modul:
Marktforschung

Modul:
Leistungspolitik

Modul:
Kontrahierungspolitik

Modul:
Kommunikationspolitik
Modul:
Distributionspolitik

Modul:
Kommunikation und Verkauf

Modul:
Online-Marketing

Modul:
Marketing-Budget und Controlling
Marketing-Lehrgang
Einführung Marketing
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. Alfred Löscher, MBA (2018)
Einführung Marketing

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Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
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Für den Inhalt verantwortlich:
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2
Einführung Marketing

Inhalt Seite

1 DIE ENTWICKLUNG DES MARKETING VON 1950 BIS HEUTE ........... 5

2 SKIZZIERUNG DES MARKETING-KONZEPTES .................................. 10

3 MARKETINGINSTRUMENTE NACH KOTLER ..................................... 11

4 ANWENDUNGSFELDER DES MARKETING


UND DEREN BESONDERHEITEN ...................................................... 12

4.1 BESONDERHEITEN DES KONSUMGÜTERMARKETING ........................... 12


4.2 BESONDERHEITEN DES INDUSTRIEGÜTERMARKETING......................... 13
4.3 BESONDERHEITEN DES DIENSTLEISTUNGSMARKETING........................ 14

5 NEUERE ENTWICKLUNGEN IM MARKETING ................................... 15

5.1 CRM UND ONE-TO-ONE-MARKETING ................................................... 16


5.2 EFFICIENT CONSUMER RESPONSE (ECR)
UND CATEGORY MANAGEMENT ........................................................... 18
5.3 MARKETING IM INTERNET (ECOMMERCE) .............................................. 19

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 26

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Einführung Marketing

Notizen

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Einführung Marketing

1 DIE ENTWICKLUNG DES MARKETING


VON 1950 BIS HEUTE

Abb. 1: Entwicklung des Marketings

Die 1950-er Jahre


Der Begriff des Marketing, der anfänglich grob als marktorientierte Unternehmenspolitik
aufgefasst wurde, war schrittweise aus den USA kommend in den 50er Jahren in Öster-
reich noch weitgehend unbekannt. Hauptziel der damals vor allem produktionsorientiert
denkenden Unternehmen war in der Nachkriegszeit die Befriedigung der Nachfrage im
Sinne einer optimierten Massenproduktion. Man spricht daher von einem Verkäufermarkt.
Der Engpass war die Produktion und nicht der Markt.

Marketing war damals gleichzusetzen mit Distribution, zunehmend Printwerbung (Rekla-


me). Allerdings eroberten zu dieser Zeit bereits einzelne Marken die Märkte (z. B. Coca
Cola, Persil). Das Markenimage wird zum geflügelten Wort. Definierte Zielgruppen stan-
den aber zunehmend im Vordergrund der Marketingüberlegungen. Damit war der Ansatz
gegeben, die Unternehmen durch den Markt mit seinen Anforderungen auszugestalten.
Marktsegmentierung, Marketingkonzept und Marketing- Audit, d. s. bestimmte Control-
lingaufgaben des Marketings im Unternehmen, spielen verstärkt eine wichtige Rolle.

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Einführung Marketing

Auf wissenschaftlicher Seite widmete sich Gutenberg dem Thema und verfasste die ersten
beiden Bände der „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“ unter „Die Produktion“
(1951) und „Der Absatz“ (1956). 1958 wurde in der Bundesrepublik Deutschland die Zeit-
schrift „Absatzwirtschaft“ gegründet, die heute noch ein zentrales Publikationsmedium der
Marketingwissenschaft ist.

Die 1960-er Jahre (The Roaring Sixties)


In den 60er Jahren wurde der Markt zunehmend zum Engpassfaktor. Es wandelt sich der
Verkäufermarkt zum Käufermarkt. Die Techniken im Marketing – und hier vor allem Ver-
trieb und Verkauf – standen im Vordergrund, um verloren gegangene Marktanteile wie-
derzugewinnen. Das Umsatzdenken dominierte. Der amerikanische Marketingspezialist
Mc Carty definiert die vier P's als Instrumente des Marketings (Product, Price, Promotion,
Place), also Produktpolitik, Distribution, Werbung und Preispolitik.

Die Konsumenten wurden allerdings zunehmend kritischer. Dies führte dazu, dass das
Agieren mit Marketinginstrumenten und -techniken durch Untersuchungen über das Kon-
sumentenverhalten vor allem in den USA auf eine breitere Verständnisbasis gestellt wurde
(z. B. Motivationsmodelle von Maslow, Referenzgruppenmodell von Festinger).
In der Bundesrepublik wurde von Prof. Heribert Meffert an der Universität Münster das
erste Marketinginstitut gegründet, in Österreich in Linz von Prof. Ernest Kulhavy.

Die 1970-er Jahre


Das Marketing etablierte sich allseits anerkannt als Erfolgskonzept für erfolgreiche Unter-
nehmen. Ein neues Zauberwort taucht im Marketing auf: Positionierung.
Damit ist die Notwendigkeit gemeint, einem Unternehmen ein unverwechselbares Profil
vorwiegend im Produkt- und Dienstleistungsbereich zu geben. In vielen, vor allem gro-
ßen, Unternehmen werden Marketing-Abteilungen installiert. Diese sind nur in wenigen
Fällen im gesamten Unternehmen integriert und müssen sich eine ganzheitliche Durch-
dringung des Unternehmens mit dem Marketinggedanken erst im Laufe der Jahre erkämp-
fen. Allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass Umsatz nicht gleich Ertrag war. Da-
zu trug der sich langsam entwickelnde Bereich Marketing-Controlling maßgeblich bei. Im

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Einführung Marketing

Marketing erlangte der Handel eine zunehmende Bedeutung und Marktmacht (Ziel der
Regaloptimierung, Einsatz von No-Name-Produkten).

Die Notwendigkeit eines Strategischen Marketings wurde zu dieser Zeit auch noch durch
den Ölpreisschock verstärkt. Dementsprechend wurden neue Tools für das Strategische
Marketing bzw. die Strategische Planung entwickelt, wie z. B. die Portfolioanalyse.

Die 1980-er Jahre


Verdrängungsmarketing war die Folge von gesättigten Märkten. Globales Marketing steht
im Vordergrund. Märkte sollen weltweit gesehen werden. Im Vordergrund der Überle-
gungen steht, dass große Konzerne in kleine flexible und schlagkräftige Markteinheiten
zerlegt werden sollen. Das Motto heißt: small is beautiful. Das lokale Marketing gewinnt
an Bedeutung nach dem Motto: Denke global - agiere lokal. Durch die neuen anwend-
baren Technologien Bildschirmtext, Telefax etc. beginnt sich ein neuer Erfolg verspre-
chender Trend herauszukristallisieren - Direkt Marketing. Nach Philip Kotler setzt Marke-
ting zum Sprung in Richtung Megamarketing an. Die 4 P's nach Mc Carty werden auf 6
P's ergänzt (+ PR (Öffentlichkeitsarbeit) und power (Marktmacht)).

Die 1990-er Jahre


Die 90-er Jahre sind nicht nur durch tief greifende Veränderungen im Marketing gekenn-
zeichnet, sondern auch durch Veränderungen im gesamten Management. Man spricht hier
von einem Paradigmenwechsel, d. h. grundlegende Veränderungen in den „Grunddenk-
mustern“ des Managements. Einige Beispiele für Veränderungen im Marketing sind:
• Das CIM-Marketing (Computer Integrated Manufacturing) wird sich in den 90er Jahren
stark entwickeln. Der Nutzen für den Kunden heißt, weg vom Massenartikel hin zum
individuell produzierten Produkt. Und das vom Fließband.
• Das neue Gebot der Stunde heißt Produktion von Flexibilität. Das Streben der Konsu-
menten nach Individualität und Produktmitbestimmung wird das Marketing der 90-er
nachhaltig verändern.
• Die Handelsmarken konkurrieren verstärkt den klassischen Markenartikel. Das neue
Marketing wird mehr Tempo und Variation erfordern.

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Einführung Marketing

• Lean Management hinterlässt Spuren im Marketing. Schlanke Kosten werden auch im


Marketing verstärkt eingefordert.
• Das Informationszeitalter mit seinen neuen Medien wird die Kommunikation weiter
dynamisieren. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Internet/WWW (World
Wide Web) zu nennen.

Die 2000-er Jahre


Marketing ist heute vielmehr noch als in den vergangen Jahren/Jahrzehnten ein Manage-
mentansatz, d. h. eine Denkhaltung, ein Orientierungsmuster, das die wesentlichen Leit-
linien und Führungskorridore bestimmt. Es ist aber auch eine umfangreiche „Spielwiese“
für die Entwicklung und den Einsatz von Instrumenten zur Marktbearbeitung (Marketing-
Mix).

Dementsprechend ist Marketing nicht nur die Angelegenheit von einer Abteilung im Un-
ternehmen, es ist die konsequente und vernetzte Marktorientierung aller Unternehmens-
bereiche und aller Mitarbeiter.

Die 2010-er Jahre


Vor allem das Internet und social media Marketing haben in den letzten Jahren das Marke-
ting maßgebend verändert und werden dies auch weiterhin verändern. Schlagworte wie
mobile Marketing, social media Marketing finden Eingang in den Marketing-Alltag.
In der neueren Literatur werden diese 6 P´s auf 8 P´s (people und process) erweitert.
Weitere P´s finden sich fast jährlich, setzen sich aber dzt. noch nicht durch.
Marketingphilosophie (Marketing als Königsaufgabe im Unternehmen)

Nach Gälweiler hat das Marketing die Königsaufgabe, dem Management/ Unternehmer zu
signalisieren, wo die „optimalen Probleme“ liegen, die die Unternehmung für die Kunden
mit entsprechenden Vorteilen für beide Seiten lösen kann. Erfolgreiche Unternehmen
zeichnen sich heute im Bereich des Marketings durch folgende Merkmale aus:
• Kundenorientiertes Denken (Nutzen des Kunden)
• Dicht am Kunden

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Einführung Marketing

• Flexible und schlagkräftige Organisation


• Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzustellen
(zur laufenden Organisationsentwicklung)
• Führung zugleich locker und fest
• Produktive Unternehmenskultur
• Aktives In-Frage-Stellen aller Themen
• Menschen als höchstes Kapital im Unternehmen
• Flache Hierarchie
• Teamarbeit
• Zukunfts- und Wachstumsorientierung
• Gewinnorientiert

Marketing wird als Unternehmensführung im vernetzten System (Mitarbeiter, Mitbewer-


ber, öffentliche Institutionen, Banken etc.) betrachtet. Dies bedeutet auch,

• dass ein gutes Image am Arbeitsmarkt zu entwickeln ist, um den Nachwuchs an


Fach-/Arbeitskräften und Führungskräften sicherzustellen,
• dass permanent gute Beziehungen zu unterschiedlichsten Interessensgruppen gepflegt
werden,
• über das Tagesgeschäft hinausgehend einen qualitativ guten Kontakt zu Lieferanten zu
halten und
• ein gutes Image bei Banken zu haben, um im Anlassfall problemlos Alternativen an-
wählen zu können.

Im Zentrum dieses Marketing-Netzwerkes steht der Kunde bzw. der Markt als Ausgangs-
punkt der Überlegungen. Damit wird das Denken von außen nach innen übergeführt. Der
Kunde ist nicht mehr König, sondern der Kunde ist Partner! Nur ein echtes partnerschaft-
liches Verhältnis zwischen dem Unternehmen und den Kunden, das auf einer langfristigen
Zwei-Gewinner-Strategie aufgebaut wird, hat zukunftsorientierte Erfolgschancen.

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Einführung Marketing

2 SKIZZIERUNG DES MARKETING-KONZEPTES

Der Begriff des Marketing ist heute ein sehr schillernder. Wahrscheinlich einer der schil-
lerndsten im gesamten Bereich der Managementlehre. Es wird von Guerilla-Marketing,
Self-Marketing, New Marketing etc. gesprochen.

Marketing heißt zuerst einmal:


• die Bedürfnisse Ihrer Kunden ideal zu befriedigen (Kundennutzen erbringen)
• und dies bei gleichzeitiger Erwirtschaftung eines Gewinns für das Unternehmen
• in einer systematischen und marktorientierten Unternehmensführung.

Marketing kann als die Grundhaltung bezeichnet werden, „in die Schuhe des Kunden zu
schlüpfen“, d. h. sich zu fragen, was würde ich von meinem Unternehmen erwarten, wäre
ich der Kunde.

Definition von Marketing


Marketing ist eine umfassende Stoßrichtung für alle Unternehmenstätigkeiten, bei der das
Unternehmen konsequent vom Markt her so zu führen ist, dass über eine zufriedenstel-
lende Lösung von Kundenproblemen die Unternehmensziele in hohem Maße erfüllt wer-
den.
Fazit: Erfolgreiches Marketing bringt zufriedene Kunden und Profit für das Unternehmen.
Ein Markt ist mehr wert als eine Fabrik! Und: Wer den Markt hat, hat die Erträge,
und wer die Fabrik hat, hat die Kosten! Z. B. Adidas hat keine Produktionsstätte.

Das Marketing hat damit in den Unternehmen folgenden Stellenwert:


• Marketing ist ein Leitbild für das Management. Die Ausrichtung des Unternehmens
an den Kundenbedürfnissen ist die zentrale Führungsaufgabe.
• Marketing ist eine Unternehmensfunktion und Querschnittsfunktion.
Eine Marketing-Abteilung ist im Unternehmen neben den anderen Leistungsfunktio-
nen (Produktion, Lager etc.) gleichberechtigt und koordiniert die Marketingaktivitä-
ten des Unternehmens. Gleichzeitig ist aber Marketing nicht auf diese Abteilung be-

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Einführung Marketing

schränkt, sondern Marketing umfasst im Sinne von markt- und kundenorientiertem


Denken alle Unternehmensbereiche und Mitarbeiter.
• Marketing ist ein zentrales Tool der Unternehmensführung.
Die Methoden und Mittel des Marketings bilden die Grundlage für eine zielgerich-
tete Marktbearbeitung und sollen ein Höchstmaß an Kundenzufriedenheit und Kun-
denbindung als wesentliche Voraussetzung für die Überlebensfähigkeit des Unter-
nehmens liefern.

3 MARKETINGINSTRUMENTE NACH KOTLER

Damit das Marketing auch in der Praxis die Kraft entfalten kann, braucht es Instrumente
und Techniken. Nachfolgend die 6 P's im Marketing:
• Product = Produkt-, Sortimentspolitik
Damit ist Produktqualität, Sortiment, Marke, Kundendienst, die Innovations- und Profi-
lierungskraft innerhalb der Produkt- und Sortimentspolitik gemeint.
• Price = Preispolitik (Kontrahierungspolitik)
Hier geht Kotler von der Preisfestlegung, der Rabatt- und Skontopolitik, wie auch von
der Kreditierung bzw. von Zahlungszielen aus.
• Promotion = Kommunikationspolitik
Hier sind die Instrumente Werbung im klassischen Sinn, Direkt Marketing, Verkaufs-
förderung, Event und Sponsoring gemeint.
• Place = Distributionspolitik
Damit sind die einzelnen Absatzkanäle, aber auch die Logistik, Lagerung, Transport,
Lieferzeit und der persönliche Verkauf gemeint.
• Public Relation = Öffentlichkeitsarbeit
Ein Unternehmen sollte in dieser turbulenten Umwelt, in der es tätig ist, auf Öffent-
lichkeitsarbeit ein besonderes Augenmerk legen.
• Power = Marktmacht
Das ist die Forderung an das Unternehmen, gestalterisch im gesamten Marktgesche-
hen mitzuwirken.

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Einführung Marketing

Diese 6 P`s nach Kotler und weitere Instrumente des Marketing werden als Instrumente
des Marketing-Mix nachfolgend näher erläutert. Allerdings hat sich im deutschsprachigen
Raum die Unterteilung in 4 Instrumentalbündel durchgesetzt:
• Leistungspolitik,
• Kontrahierungspolitik,
• Kommunikationspolitik,
• Distributionspolitik.

Im Folgenden werden zunächst die Anwendungsfelder des Marketings und deren Beson-
derheiten umrissen. Es geht um die Unterscheidung zwischen Konsumgütermarketing,
Investitionsgütermarketing, Dienstleistungsmarketing und das Marketing im Internet.

4 ANWENDUNGSFELDER DES MARKETING UND DEREN


BESONDERHEITEN

4.1 Besonderheiten des Konsumgütermarketing

Konsumgüter dienen Privatpersonen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Dies ist der auch
der Ausgangs- und Kernpunkt in der Entwicklung des Marketings. Man unterscheidet da-
bei auch zwischen Verbrauchsgütern (z. B. Lebensmittel) und Gebrauchsgütern (z. B. Pri-
vat-Pkws, Hifi-Anlagen etc.).

Das Konsumgütermarketing ist üblicherweise gekennzeichnet von individuellen Kaufent-


scheidungen, in selteneren Fällen von kollektiven Kaufentscheidungen (z. B. „Familien-
Rat“ beim Autokauf oder beim Hausbau). Dadurch steht auch das individuelle Kaufverhal-
ten im Vordergrund des Interesses, d. h. die Emotionen, Motivationen, Einstellungen und
Kaufprozesse des Einzelnen.

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Einführung Marketing

Bei den Marketinginstrumenten sind es zunehmend individualisierte Instrumente, die zum


Einsatz kommen (Direct Mailings, Kundenkarten etc.). Ziel ist hier vor allem durch den
Einsatz neuer Informations- und Kommunikationsinstrumente (Internet, UMTS- Handy) das
One-to-One-Marketing (Zielgruppengröße = 1). Den Schwerpunkt von Marketing-
Aktivitäten bilden aber auch heute noch vor allem kundengruppenorientierte Instrumente
(Massenwerbung, Homepages), aber der Trend geht deutlich zur personalisierten Kommu-
nikation – vor allem unter Verwendung des Internet.

Hinweis: Das vorliegende Skriptum behandelt insbesondere das Konsumgütermarketing.

4.2 Besonderheiten des Industriegütermarketing

Industriegüter werden von Unternehmen mit dem Ziel erworben, mit ihrer Hilfe Güter und
Dienstleistungen zu erstellen. Es handelt sich also um Potenzialfaktoren. Dadurch wird
vom Investitionsgütermarketing gesprochen. Neben den Investitionsgütern spricht man
dort auch von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen.

Das Industriegütermarketing weist u. a. folgende Besonderheiten auf:


• Es handelt sich meist um kollektive Kaufprozesse, d. h. es sind mehrere Personen am
Kaufprozess beteiligt. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sog. Buying
Center (siehe Kapitel 2.4).
• Es gibt sog. individuelle Transaktionen (z. B. Anlagen, Systeme, OEM-Geschäfte
(Original Equipment Manufacturer = Erstausrüster/ Fremdmarkenproduktion) und Rou-
tinetransaktionen (Produktgeschäft mit weiter gehendem – zum Teil – anonymen
Markt; Rohstoffe …).
• Im Vordergrund stehen Marketinginstrumente, wie etwa: der persönliche Verkauf, die
Angebotspolitik, die auf spezielle Problemlösungen ausgerichtete Produktpolitik.

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Einführung Marketing

4.3 Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing

Das Dienstleistungsmarketing, welches immaterielle Güter (Service, Rechte, Informatio-


nen) umfasst, betrifft entweder eine Kernleistung des Unternehmens (z. B. Banken, Unter-
nehmensberater, Friseure) oder Zusatzleistungen (z. B. Zustelldienste im Handel, Finanzie-
rungsleistungen beim Maschinenkauf).

Aufgrund der Tatsache, dass im Konsum- und Investitionsgütermarketing die Produkte oft
vergleichbar bzw. austauschbar sind, da Zertifikate, Normen und Standards eingehalten
werden müssen und Standardqualitäten von de facto allen Unternehmen angeboten wer-
den, bilden Dienstleistungen in vielen Fällen die zentrale und oft sogar einzige Möglich-
keit, sich bewusst vom Mitbewerb abzuheben. Dem kommt der Wunsch der Konsumen-
ten nach einer umfassenden Problemlösung entgegen, die bisweilen weit über ein Kern-
produkt hinausgeht. Im Extremfall wird das Kernprodukt sogar als notwendiges „Übel“
gesehen, tatsächlich wird aber die Dienstleistung zur Problemlösung nachgefragt.

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Einführung Marketing

5 NEUERE ENTWICKLUNGEN IM MARKETING

Gerade das Marketing ist in seinem Bestreben, laufend und auf innovative Art die Proble-
me der Kunden zu lösen, auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, dies effizient und ef-
fektiv zu tun. Aus diesem Streben heraus haben sich in den letzten Jahren interessante Sys-
teme entwickelt, die im Folgenden beispielhaft dargestellt werden.

One-to-one- Die Marketingkonzepte und -gedanken werden verstärkt auf die Herausarbeitung
Marketing, von Kundennutzen konzentriert, d. h. die Unternehmen versuchen, ihre Kom-
CRM (Custo- munikation mit sowie ihre Leistung an den Kunden so weit wie möglich zu indi-
mer Relations- vidualisieren. Im Speziellen umfasst CRM alle Computer-Programme zur Unter-
hip Manage- stützung der Kundenbeziehungen in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Service
ment) und Planung.
Efficient Con- ECR ist ein Konzept zur Optimierung der Wertschöpfungskette vom Hersteller
sumer Respon- über den Handel bis zum Endverbraucher. Hierbei wird jede Warengruppe als
se (ECR) strategische Einheit betrachtet. Jeder Einheit wird eine Rolle in der Beziehung/
Wirkung zum Kunden zugeschrieben. Alle Maßnahmen, Strategien und damit
auch Aufwände für diese Warengruppe oder Category müssen sich an der dieser
Rolle ausrichten.
Category Ma- CM ist ein Teilbereich des Efficient Consumer Response und bezeichnet auf Lie-
nagement feranten-, Distributoren- oder Handels-Ebene das integrierende Management
(CM) einer Gruppe verwandter Produkte von der Produktion bis zum Verbraucher.
Marketing im Unter E-Business versteht man jede Art von geschäftlicher Transaktion, bei der
Internet die Beteiligten auf elektronischem Wege miteinander verkehren. (Hoffmann/
Zilch) Electronic Commerce beschreibt die Verzahnung unterschiedlicher Wert-
schöpfungsketten auf der Grundlage des schnellen und plattformunabhängigen
Informationsaustausches über Informations- und Kommunikationstechnologien.
(Bliemel) Es geht also um ein Instrument im Supply Chain Management, dem
Management der Wertschöpfungskette(n).
Electronic Commerce ist die über Telekommunikationsnetzwerke elektronisch
realisierte Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von Geschäfts-
transaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten. (Universite Libre de Bruxelles)

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Einführung Marketing

5.1 CRM und One-to-One-Marketing

Nachdem viele Unternehmen durch geeignete Maßnahmen auf der Kostenseite dauerhaft
massive Einsparungen erzielen konnten, unternehmen sie nunmehr Anstrengungen auf der
Kundenseite. Durch den gestiegenen Wettbewerb versuchen sie vor allem ein verbessertes
Kundenservice aufzubauen, um sich so vom Wettbewerb abzuheben und eine langfristige
und erfolgreiche Verbindung zu ihren loyalsten und profitabelsten Kunden zu knüpfen.
Dazu ist es notwendig, über seine Kunden und deren Vorlieben möglichst genau Bescheid
zu wissen und eine dauerhafte Kundenbeziehung aufzubauen. Die Marketingkonzepte
und -gedanken werden verstärkt auf die Herausarbeitung von Kundennutzen konzentriert,
d. h. die Unternehmen versuchen, ihre Kommunikation mit sowie ihre Leistung an den
Kunden so weit wie möglich zu individualisieren.

Die Entwicklung in Richtung Kundenbindung lässt sich jedoch auch aus kostenseitigen
Überlegungen erklären. Anstrengungen, neue Kunden zu gewinnen, sind mit wesentlich
höheren Ausgaben verbunden, als das Halten bestehender Kunden (ca. 10- 15 x höhere
Kosten). D. h. eine vermehrte Konzentration auf Aktivitäten, die darauf abzielen, beste-
hende Kunden zu behalten, kann auch noch kostengünstiger sein als die Maßnahmen für
eine ständige Neukundengewinnung. „The era of the one-night-stand is gone. Marriage is
both necessary und more convenient.“

Das Wort „Customer Relationship Management“ findet sich seit dem Jahr 1999 vermehrt
in einschlägigen Publikationen. Nach der Ermittlung der Kundenzufriedenheit steht im
CRM die Bindung wertvoller Kunden im Vordergrund. Allgemein wird CRM als Ge-
schäftsphilosophie oder Konzeption zur Optimierung der Kundenidentifizierung, Kunden-
bestandssicherung sowie des Kundenwerts definiert, wobei der Prozessgedanke stark be-
tont wird. CRM ist wie das Marketing an sich ein Ansatz zur Unternehmensführung. Er
integriert und optimiert auf der Grundlage einer Datenbank und Software zur Marktbear-
beitung sowie eines definierten Verkaufsprozesses abteilungsübergreifend alle kundenbe-
zogenen Prozesse in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Kundendienst, F&E, Service und
Planung u. a.

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Einführung Marketing

CRM gibt es als selbständige Softwarelösungen und als Bestandteil von ERP-Systemen. Die
zentralen Fragen des CRM sind allerdings nicht grundsätzlich neu:
• „Was kennzeichnet einen Kunden, mit dem zukünftig ein hoher Deckungsbeitrag er-
wirtschaftet werden kann?“
• „Wie segmentiere ich meinen Kundenstamm, um zielgerichtet Marketingaktionen
durchführen zu können? Wie vermeide ich Streuverluste?“
• „Wie kann ich in meinem Unternehmen sicherstellen, dass sich jeder meiner Kunden
fühlt, als würde sich alles um ihn drehen?“

Um diese Fragen befriedigend beantworten zu können, hilft nur die ganzheitliche Sicht
des Kunden. Zielsetzung von CRM ist die gemeinsame Schaffung von Mehrwerten auf
Kunden- und Lieferantenseite über die Lebenszyklen von Geschäftsbeziehungen.
CRM- Konzepte enthalten demnach Vorkehrungen zur permanenten Verbesserung der
Kundenprozesse und für ein berufslebenslanges Lernen der Mitarbeiter.

Das Ziel einer umfassenden CRM-Strategie ist vor allem, die Profitabilität des einzelnen
Kunden während dessen Lebenszyklus zu optimieren, d. h. der Kunde soll einerseits dazu
gebracht werden, möglichst viele Leistungen des Unternehmens in Anspruch zu nehmen,
also Zusatzkäufe zu tätigen und andererseits soll er keinen Anreiz haben, zu einem an-
deren Anbieter zu wechseln.

Eines der Kernelemente einer CRM-Strategie ist das individuelle Adressieren von Kunden-
wünschen und Bedürfnissen. Es kann nicht zielführend sein und würde zweifelsohne un-
nötig hohe Kosten verursachen, potentiellen Kunden oder Interessenten Informationsmate-
rial über sämtliche vorhandenen Produkte zukommen zu lassen, wenn sie sich nur für ein
bestimmtes Produktsortiment wirklich interessieren. Die Parfümeriekette Douglas bei-
spielsweise unterteilt seine Kundenkartenbesitzer (2012: ca. 1,9 Mio. in etwa 10.000 un-
terschiedliche Kategorien) und bearbeitet diese jeweils individuell unterschiedlich.

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Einführung Marketing

5.2 Efficient Consumer Response (ECR) und Category Management

Efficient Consumer Response (ECR) ist ein Konzept/ Strategie zur Optimierung der Wert-
schöpfungskette vom Hersteller über den Handel bis zum Endverbraucher. Hierbei wird
jede Warengruppe als strategische Einheit betrachtet. Jeder Einheit wird eine Rolle in der
Beziehung/Wirkung zum Kunden zugeschrieben. Alle Maßnahmen, Strategien und damit
auch Aufwände für diese Warengruppe oder Category müssen sich an diesem Konzept
ausrichten.

Bei ECR erforschen Handels- und Industriepartner Methoden der engeren Zusammenar-
beit, um vermeidbare Kosten in der Distributionskette abzubauen und dem Konsumenten
besser zu dienen. Es geht um den kontinuierlichen Optimierungsprozess, der Wertschöp-
fungskette Industrie-Handel-Verbraucher mit dem Ziel, dem Wunsch des Verbrauchers
nach den richtigen Produkten, in der richtigen Qualität, in der richtigen Menge, am richti-
gen Ort, zur richtigen Zeit, im richtigen Preis-/Leistungsverhältnis zu erfüllen – unter be-
sonderer Berücksichtigung der Marketing-Strategien der Partner Industrie und Handel.

4-ECR-Basis-Strategien

CM SCM

Efficient Store Efficient Products Efficient Continous


Assortments Introductions Promotion Replenishment
Sortimentsoptimierung Optimierung der Totalsystem Zeit- und Kosten-
Bestandsoptimierung Produktentwicklung efficency von Han- optimierung
Regaloptimierung dels- und Konsu-
Optimierung der menten- Promotions - Automatisches
- Verbesserte Regal- Einführungsstrategie Bestellwesen
produktivität Minimierung der - Just in Time Lo-
- Erhöhte Um- Handlingkosten gistik
schlags- geschwin- (Administration, - Geringere Wa-
digkeit Lagerung, Trans- renverluste durch
port) Beschädigungen

Abb. 2: ECR- Basisstrategien

18
Einführung Marketing

Category Management (CM) ist ein Teilbereich des ECR und bezeichnet auf Lieferanten-,
Distributions- oder Handels-Ebene das integrierende Management einer Gruppe verwand-
ter Produkte von der Produktion bis zum Verbraucher. Der Handel betreibt aber das Cate-
gory Management in größeren Dimensionen, da er im Gegensatz zum Lieferanten mehr
Artikel pro Category zu betreuen hat. Dieser Unterschied in der Betrachtung führt oft zu
Spannungen in der Zusammenarbeit.

5.3 Marketing im Internet (eCommerce)

Man kann im Zusammenhang mit dem Marketing im Internet folgende Bereiche unter-
scheiden:

Online Business Prozess


E-Commerce
Marketing Integration
• Web-“Brochures“ • Waren • Einkauf
• Online Advertising • Dienstleistungen • Handel
• Web-Site-Promotion • Inhalte • Service
• Logistik

Online Auftritt E-Commerce-Site Shops, Plattformen,


Auktionshäuser Intra-, Extranet

Funktion Information Shopping / Handel Kom- Kommunikation


munikation Transaktion
Abb. 3: Bereiche des Marketings im Internet

Im Kern erwartet man sich durch das Marketing im Internet das technische Rüstzeug für
das sog. One-to-One-Marketing, also eine verstärkt individualisierte Kundenansprache.

• Massenmarketing • One-to-one-Marketing
- Durchschnittliche Kunden
- Kundenanonymität → - Individuelle Kunden
- Kundenprofile


- Standardprodukte - Kundenspezifische Lösungen
- Massenproduktion - Mass Customizing


- Massendistribution - Individueller Vertrieb
- Massenwerbung - Individuelle Incentives
- Einweg-Kommunikation - Zweiweg-Kommunikation
- Economies of Scale
- Marktanteil
→ - Economies of scope
- Kundenanteil
- Kundenzufriedenheit - Kundenbindung/-begeisterung
Abb. 4: Massenmarketing vs. One-to-One-Marketing

19
Einführung Marketing

Was im Marketing im Internet heute zählt ist:

• Gezielte Kundenansprache: nicht Durchsurfer und Schnäppchenjäger, sondern Kun-


den mit Zukunft sind gefragt;
Problem: Neukundengewinnung!
• Kundenbindung: eine Steigerung der Kundenbindung um 5 % bringt in manchen Be-
reichen > 25 % Gewinnsteigerung
• Vertrauensaufbau
• Flexibilität: es muss schnell und kundenspezifisch gehen
• Umfang/Struktur des Angebotes

Die konzeptionelle und technische Realisation des Marketings im Internet sollte auf jeden
Fall sorgfältig vorbereitet werden und auch sicherheitstechnische und rechtliche Aspekte
umfassend berücksichtigen. Insgesamt werden durch eCommerce eine Reihe von wettbe-
werbsentscheidenden Wirkungen erwartet bzw. sind bereits eingetreten.
In den letzten Jahren hat sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt, dass zuerst einmal
die Grundregeln des Marketing beherrscht werden müssen, dann erst macht eine Ausei-
nandersetzung mit dem Marketing im Internet (= zusätzliches Medium) Sinn.

Das Internet ist zurzeit neben dem Kommunikationsmarkt das am schnellsten wachsende
Geschäftsfeld. Dies unterstreichen die stetig steigenden Nutzerzahlen. Es werden immer
mehr Zielgruppen über das Internet angesprochen, da durch technische Innovationen
auch solche Gruppen erreicht werden können, die nicht aus dem klassischen Computer-
umfeld stammen.

Der Begriff Electronic Commerce umfasst zahlreiche Tätigkeiten und Geschäftsfelder und
ist noch nicht eindeutig festgelegt: Für die einen fällt allein das "Homeshopping" darunter,
andere verstehen den Begriff viel weiter und fassen alle Formen der elektronischen Inter-
aktion im und zwischen Unternehmen darunter.

20
Einführung Marketing

Nachfolgend einige Definitionen zum eBusiness und zum eCommerce:

• Unter eBusiness versteht man jede Art von geschäftlicher Transaktion, bei der die Be-
teiligten auf elektronischem Wege miteinander verkehren. (Hoffmann/ Zilch)
• Electronic Commerce beschreibt die Verzahnung unterschiedlicher Wertschöpfungs-
ketten auf der Grundlage des schnellen und plattformunabhängigen Informationsaus-
tausches über Informations- und Kommunikationstechnologien. (Bliemel)
• Es geht also um ein Instrument im Supply Chain Management, dem Management der
Wertschöpfungskette(n).
• Electronic Commerce ist die über Telekommunikationsnetzwerke elektronisch reali-
sierte Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von Geschäftstransaktionen zwi-
schen Wirtschaftssubjekten. (Universite Libre de Bruxelles)

Lt. NTIA (National Telecommunications und Information Administration) ist Electronic


Commerce in seiner weitesten Begriffsfassung „jegliche Nutzung der elektronischen Tech-
nik in jeglicher kommerzieller Tätigkeit“. Darunter versteht sie vor allem die Nutzung des
Internet bzw. der National Information Infastructure (NII), um folgende Funktionen auszu-
führen:

• Produkte auf den Markt zu bringen (Forschung und Entwicklung per Telekommunika-
tion)
• Verkäufer und Konsumenten zusammenzuführen (z. B. in Electronic Malls)
• Verbindung und Kommunikationsmöglichkeiten mit der Regierung in Fragen der Un-
ternehmensaktivitäten herzustellen (z. B. elektronische Steuererklärung)
• Lieferung elektronischer Güter (z. B. Software oder Information)

21
Einführung Marketing

In der folgenden Abbildung werden die einzelnen Typen des eBusiness dargestellt.

Nachfrager
der
Leistung

Consumer Business Administration

Consumer-to- Consumer-to- Consumer-to-


Consumer

Consumer Business Administration

z. B. Internet- Kleinanzei- z. B. Jobbörsen mit Anzeigen z. B. Steuerabwicklung


genmarkt von Jobsuchenden von Privatpersonen

Business-to- Business-to- Business-to-


Consumer Business Administration
Business

Anbieter
z. B. Bestellung eines Kun- z. B. Bestellung eines Unter- z. B. Steuerabwicklung
der Leistung den in einer nehmens bei einem Zuliefe- von Unternehmen
Internet Shopping Mall rer per EDI

Administration-to- Administration-to- Administration-to-


Administration

Consumer Business Administration

z. B. Abwicklung von Unter- z. B. Beschaffungs- z. B. Transaktionen zwischen


stützungsleistungen maßnahmen öffentlicher öffentlichen Institutionen im
(Sozialhilfe etc.) Institutionen In- und Ausland

Abb. 5: Typen des eBusiness (Quelle: Hermanns/Sauter 1999, S. 23)

Der elektronische Handel hat sich als Revolution bei der Internet-Nutzung herausgestellt.
Die dargestellten Zahlen suggerieren, jeder könne hier Geld verdienen, einfacher und
leichter als je zuvor. Wer da den Anschluss verpasst, hat bald kein gesundes Geschäft
mehr - so die Stimmen der Hersteller der vermeintlich richtigen Software. In der Praxis hat
sich jedoch das Internet als ein zusätzlicher Vertriebskanal etabliert.

Nur wenige Anbieter (z. B. Dell Computer) haben mit einer reinen Internet-Strategie Er-
folg. Heute sagt man vor allem jenen Unternehmen positive Zukunftschancen voraus, die
die Grundregeln der „Old Economy“ mit den Möglichkeiten der „New Economy“ verbin-
den können („Real Economy“). Eine entsprechende Prognose lieferte ebenfalls die Gartner
Group:

Zwar eröffnen sich enorme Möglichkeiten durch den elektronischen Handel,


aber eben nicht für jeden – oder zumindest nicht für jeden in gleicher Weise. Die
Euphorie verleitet einen da leicht, sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang
zu stürzen, ohne die richtigen Voraussetzungen dafür zu haben. Denn der tech-

22
Einführung Marketing

nische und personelle Aufwand ist zwar deutlich kleiner als bei einem Projekt mit
vergleichbarer Größe der Zielgruppe im konventionellen Markt, aber eben trotz-
dem nicht ganz unerheblich. Daher sollten die Methoden und Erkenntnisse des
traditionellen Marketings auch im eCommerce angewandt werden.

Insgesamt werden aber durch eCommerce eine Reihe von wettbewerbsentscheidenden


Wirkungen erwartet bzw. sind bereits eingetreten.

Kosten Zeit Absatz Wettbewerb Kunden


• Beschaffung • Entwicklungs- • Dauerhafte Markt- • Kooperationen • Kundenservice
• F&E zeiten präsenz • Differenzierung • Kundenbindung
• Produktion • Reaktionszeiten • Neue Kunden • ... • One-to-One-
• Lagerhaltung • Durchlaufzeiten • Neue Märkte Marketing
• Marketing/ • Abwicklungs- • Neue Produkte • Mass Customizing
Vertrieb zeiten • Internationale • Entertainment-
• Verwaltung • ... Markterschließung shopping
• Kundendienst • ... • ...
• ...

Kosten- Zeit- Absatzpotential- Verbesserung der Verbesserung der


einsparungen einsparungen steigerungen Wettbewerbssituation Kundenorientierung
Abb. 6: Erwartete Wettbewerbspotenziale des e-Commerce

Marketing im Internet stößt vor allem im B2C-Bereich auf folgende Akzeptanzbarrieren:

• Fehlende Benutzerfreundlichkeit
Viele Internetnutzer haben noch langsame Internetverbindungen, die komplexe Inter-
netseiten kaum in akzeptabler Zeit bewältigen können. Hinzu kommt auch noch, dass
der Kenntnisgrad im Umgang mit dem Medium in weiten Bevölkerungsteilen noch
nicht sehr hoch ist.

• Problemfeld Sicherheit und Vertrauen


Insb. bei Transaktionen, bei denen persönliche Daten wie z. B. Kreditkartennummern
etc. bekannt gegeben werden sollen; Zahlungs- und Liefersicherheit; Gewährleistung
und Garantien. In diesem Bereich sind in den letzten Jahren entscheidende Fort-
schritte erzielt worden (digitale Signatur).

23
Einführung Marketing

• Kompatibilität von Systemen, Standards


Das Internet ist ein sich rasch entwickelndes Medium. Nicht zuletzt aus diesem Grund
haben sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder vermeintliche Standards her-
ausgebildet, die sich dann doch nicht am Markt durchsetzen konnten. Dies führt mit-
unter zu Unsicherheiten oder sogar Ärgernissen bei den Usern.

Social Media Marketing


Social Media Marketing ist nicht nur ein Schlagwort: Es ist eine Lebensweise und Überle-
bensstrategie im modernen Lebensstil des Internets. Im früheren Internet drehte sich alles
nur um den Einzelnen, doch das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Un-
ter Social Media werden soziale Netzwerke verstanden, die als Plattform zum gegenseiti-
gen Austausch von Meinungen, Eindrücken und Erfahrungen dienen. Es handelt sich um
soziale Netzwerke, Blogs, Online- und Video-Zusammenarbeit. Dazu zählt auch „User
Generated Content“, also Web-Inhalte, die von den Benutzern erstellt und geteilt werden.
Dies macht aus dem bisher passiven und konsumorientierten Web eine Plattform zur akti-
ven Teilnahme.

Social Media basiert auf den Web 2.0- Technologien, wodurch eine Reihe interaktiver
Elemente entstanden sind.
Verglichen mit den bisherigen, traditionellen Möglichkeiten der Medien wie Fernsehen,
Zeitungen, Zeitschriften und Radio, bieten Social Media beinahe unbegrenzte Möglichkei-
ten, die über die Grenzen klassischer Werbung weit hinausgehen.

Social Media eröffnen sich in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen, wobei die ein-
flussreichsten Plattformen nachfolgend angeführt sind. Dazu zählen soziale Netzwerke
wie Facebook und Xing, Blogs und Microblogs wie Twitter, Media Sharing Sites wie Y-
ouTube, und Foren, wobei sich letztere mittlerweile als älteste der Plattformen herausge-
stellt haben.
In Anbetracht des Anspruches, Kundenbeziehungen auf- und auszubauen, haben Social
Media Marketing und klassisches, traditionelles Marketing vieles gemeinsam.

24
Einführung Marketing

Es zeigt sich, dass unternehmensgesteuerte Kommunikation via Social Media bereits in


vielen unterschiedlichen Branchen wiederspiegelt und einen wesentlichen Teil der Mar-
kenkommunikation übernommen hat. So liegt der Ansatz vieler renommierter Marketing-
Fachleute nicht fern, die Wirkungsstärke der Social Media Kommunikation nicht außer
Acht zu lassen und als ein bedeutendes Kommunikationsinstrument in den Marketing-Mix
einzubauen, wobei vor allem virales Marketing immer wichtiger wird.

In den letzten Jahren hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass zuerst einmal die Grund-
regeln des Marketing beherrscht werden müssen, erst dann macht eine Auseinanderset-
zung mit dem Marketing im Internet (= zusätzliches Medium) Sinn.

25
Einführung Marketing

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:

1. Was verstehen Sie unter Marketing?


2. Schildern Sie bitte die wesentlichen Entwicklungen im Marketing von 1950 bis zum
heute.
3. Geben Sie einen Überblick über die Instrumente im Marketing.
4. Welche Besonderheiten weist das Konsumgütermarketing auf?
5. Welche Besonderheiten weist das Industriegütermarketing auf?
6. Welche Besonderheiten weist das Dienstleistungsmarketing auf?
7. Was verstehen Sie unter eCommerce?
8. Welche Bereiche im eBusiness gibt es?
9. Welche Wettbewerbsentscheidenden Wirkungen werden durch eCommerce erwartet?
10. Was verstehen Sie unter CRM und welche Strategie steckt dahinter?
11. Was versteht man unter ECR und Category Management?

Literaturtipps
Backhaus K. : Investitionsgütermarketing, 4. Auflage, München 1995
Bauer, E.: Internationale Marketingforschung, München/Wien 1995
Dülfer, E.: Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbereichen, 5. Auflage,
München/Wien 1997
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

26
Marketing-Lehrgang
Umfeld und
Marktbedingungen
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. Alfred Löscher, MBA (2018)
Umfeld- und Marktbedingungen

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
© 2018, alle Rechte vorbehalten

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Umfeld- und Marktbedingungen

Inhalt Seite

1 MÄRKTE UND VERÄNDERUNGEN DER MÄRKTE ............................... 5

2 MARKTBEZOGENE BEGRIFFE............................................................... 6

3 MARKTSEGMENTIERUNG (ZIELGRUPPE) ............................................ 9

4 KAUFVERHALTEN .............................................................................. 12

4.1 INDIVIDUELLES KAUFVERHALTEN .......................................................... 12


4.1.1 BILDER VOM MENSCHEN ALS KONSUMENT ......................................... 12
4.1.2 DIE HAUPTSTRÖMUNGEN AUS DER KONSUMFORSCHUNG ............... 14
4.1.3 ERKLÄRUNGSVERSUCHE ZUM KONSUMENTENVERHALTEN ................ 15
4.2 TRENDS IM KUNDENVERHALTEN ........................................................... 22
4.3 KAUFVERHALTEN VON ORGANISATIONEN .......................................... 25

5 UMWELT-, UMFELD- UND BRANCHENVERÄNDERUNGEN ............. 27

6 VERÄNDERUNGEN IN DEN TECHNOLOGIEN .................................. 28

7 VERÄNDERTE SICHTWEISEN IM MANAGEMENT .............................. 29

8 LERNZIELE & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ............................ 35

3
Umfeld- und Marktbedingungen

Notizen

4
Umfeld- und Marktbedingungen

1 MÄRKTE UND VERÄNDERUNGEN DER MÄRKTE

Die Unternehmensumwelt ist heute von permanentem Wandel gekennzeichnet.


Man spricht von turbulenten und komplexen Umweltsituationen. Nahezu alle Rahmenbe-
dingungen haben sich in den letzten 20 bis 30 Jahren radikal verändert. Es kam zu Struk-
turverschiebungen, Krisen und Neuentwicklungen – und das alles mit zunehmender Ge-
schwindigkeit.

Wir haben es heute mit einer zunehmenden Freizeitorientierung, Hedonismus, techni-


schen Revolutionen, gestiegenen Anforderungen an Produkte, Marktveränderungen
u. v. a. m. zu tun. Wir befinden uns heute in einer Lebenssituation, die wir uns vor 20 Jah-
ren noch nicht vorstellen konnten oder die wir damals als „Hirngespinste“ oder „Science
Fiction“ bezeichnet haben. (Handy für Jeden, Internet überall, Lifestyle).

Die für das Marketing wesentliche Grundänderung der Märkte ist jene von den Verkäu-
fermärkten hin zu den Käufermärkten. In den 50er und den Anfängen der 60er Jahre war
z. B. in Österreich ein typischer Verkäufermarkt gegeben. Wer was produzieren konnte,
beherrschte den Markt. Der Handel als Machtfaktor spielte eine geringe Rolle.

Der produktionsorientierte Ansatz hieß:


Eine Fabrik war mehr wert als ein Markt.

In den späten 60er Jahren begann sich der Markt vom Verkäufer- zum Käufermarkt zu
wandeln und eine neue Marktmachtverteilung entwickelte sich. Die Industrie verlor, der
Handel gewann an Bedeutung.

Der marktorientierte Ansatz heißt:


Der Markt ist wichtiger als eine Fabrik.

5
Umfeld- und Marktbedingungen

Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen Verkäufermärken und Käufermärk-
ten:

Merkmal Verkäufermarkt Käufermarkt


wirtschaftliches Entwick- Knappheitswirtschaft Überflussgesellschaft
lungsstadium
Verhältnis Nachfrage größer Nachfrage ist kleiner
Angebot zu Nachfrage als das Angebot (Nachfrage- als das Angebot (Angebots-
überhang) Nachfrager aktiver überhang)
als Anbieter Anbieter ist aktiver als Nach-
frager
Engpass des Unterneh- Beschaffung und / oder Pro- Absatz bzw. Vertrieb
mens duktion
primäre Anstrengung rationelle Erweiterung Weckung von neuer Nachfra-
des Unternehmens der Beschaffungs- u. ge
Produktionskapazität Schaffung von Präferenzen
für das eigene Angebot
langfristige Gewichtung Art der Beschaffung, Produk- Primat des Absatzes
der betrieblichen Grund- tion
funktionen
Abb. 7: Unterschiede zwischen Verkäufermärkten und Käufermärkten

2 MARKTBEZOGENE BEGRIFFE

Im Marketing wird hinsichtlich der Marktgrößen unterschieden zwischen:


• Marktpotenzial
Das ist die maximale theoretische Absatzmenge innerhalb einer bestimmten Gesamt-
population/Markt pro Jahr.
• Marktvolumen
Darunter versteht man den/die tatsächliche Absatz/Umsatzmenge pro Jahr in einem
definierten Markt.
• Marktanteil
Dies ist der effektive Anteil eines bestimmten Unternehmens/Produktes am gesamten
Marktvolumen in %.

6
Umfeld- und Marktbedingungen

Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen den drei Größen:

Menge

Marktpotential
Mögliches Absatzpotential
potentieller Abnehmer

Marktvolumen
erzielter Absatz aller
Unternehmen im Markt

Marktanteil
erzielter Absatz eines Un-
Zeit ternehmens bezogen auf
das Marktvolumen
Abb. 8: Marktanteil/-volumen/-potenzial

Haushaltsausgaben in Österreich

Österreichische Haushalte geben laut Statistik Austria 2010 im Schnitt EUR 2.910 pro
Monat aus. Mit fast einem Viertel (23,8 %) entfällt der größte Teil dabei auf den Bereich
"Wohnen und Energie". Im Vergleich zur letzten Konsumerhebung aus dem Jahr 2004/05
sind die Haushaltsausgaben um 14,6 % gestiegen. Stärker als die gesamten Haushaltsaus-
gaben nahmen jene für den größten Posten "Wohnen und Energie" zu, nämlich um 22 %
gegenüber 2004/05. Im Jahr 2009/10 beträgt der Teilbereich Energie 4,7 % und ist somit
im Vergleich zu 2004/05 um 0,1 % angestiegen. Die Daten ändern sich somit in den letz-
ten Jahren nur marginal.

7
Umfeld- und Marktbedingungen

Abb. 9: Hauhaltsausgaben Österreich 2010

Aufgaben im Marketing:
• Abschätzung zukünftiger Marktentwicklungen
Eine zentrale Herausforderung im Marketing ist die vorausschauende Beurteilung von
Marktgrößen. Für z. B. eine Marktvolumensprognose dienen innerbetriebliche Kenn-
ziffern wie die Umsatzentwicklung der letzten Jahre; Lieferanten-/ Konkurrenzgesprä-
che, aber auch objektive externe Daten, wie Importstatistiken, Ziffern aus dem öster-
reichischen statistischen Handbuch, sowie Informationen von externen Marktfor-
schungsinstituten, wie Nielsen, market, GFK, IMAS und andere mehr.
• Bestimmung von Marktanteilen
Die Bestimmung von Marktanteilen, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen,
bereitet schon deshalb erhebliche Probleme, da die Bestimmung des Marktpotenziales
als Bezugsgröße schwierig ist (z. B. Marktanteil eines Bäckereibetriebes in einem Be-
zirk von Wien). Hier ist entweder eine Schätzung anzustellen bzw. der Markt so zu
wählen, dass der Marktanteil zumindest größenordnungsmäßig bestimmt werden
kann.
Im Gegenteil kann es sogar irreführend sein, den Marktanteil zu schätzen: Geht man

8
Umfeld- und Marktbedingungen

in einem bestimmten Markt von einem Marktpotenzial von z. B. 100 Mio. € aus, so
lassen sich gerade Gründungsunternehmen zur Aussage verleiten: „Wir wollen dabei
nur 1 % erreichen – das müsste doch drinnen sein!“ Hier wird scheinbar leicht Er-
reichbares vermittelt. Die Realität sieht dann oft gänzlich anders aus.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollten dennoch Überlegungen anstellen:


 In welchem Markt ist das Unternehmen tätig?
 Wie groß ist dieser Markt, welche Größenordnung weist er auf?
 Wer, wo und wie sind die Kunden definiert?
 Wer sind die Teilnehmer, die das Marktgeschehen bestimmen oder mit beeinflussen?
 Wie ist die Stellung des eigenen Unternehmens?
 Wie kann der Betrieb unter der derzeitigen Situation Profit erzielen?
 Wer sind die Konkurrenten?

3 MARKTSEGMENTIERUNG (ZIELGRUPPE)

Für die Marktbearbeitung ist es zielführend (Kosten, Ertrag), die Märkte in Segmente zu
teilen, wobei diese in Preis-, Produktsegmente, aber auch in Zielgruppen und andere mehr
zerlegt werden können. Marktsegmente sind Kundengruppen, die im Hinblick auf kauf-
verhaltensrelevante Kriterien in sich ähnlich sind, sich aber voneinander unterscheiden.
Als Kriterien werden herangezogen:

 Soziodemographische/-ökonomische Kriterien
Soziale Schicht
Einkommen
Schulbildung
Beruf
Familienzyklus
Geschlecht

9
Umfeld- und Marktbedingungen

Alter
Familienstand
Zahl und Alter der Kinder
Haushaltsgröße
Wohnsitz
etc.
 psychographische Kriterien
Aktivitäten
Interessen
Meinungen
Soziale Orientierung
Wagnisfreudigkeit
Wahrnehmung
Motive Einstellungen
Präferenzen
Kaufabsichten
Erfahrungen
 Kriterien des beobachtbaren Kaufverhaltens
Preisverhalten (Preisklasse – Kauf von Sonderangeboten)
Mediennutzung
Einkaufsstättenwahl
Einkaufszeitpunkte (täglich – wöchentlich)
Produktwahl (Käufer/ Nichtkäufer der Produktart, Markentreue, Markenwechsel,
Viel-/Wenigkäufer)

In den letzten Jahren kommen statt soziodemographischen Kriterien verstärkt psychogra-


phische Kriterien (z. B. Lifestyle-Typen) zum Einsatz.

10
Umfeld- und Marktbedingungen

Marktbearbeitung

Das Unternehmen hat die strategische Entscheidung zu treffen, in welcher Form die
Marktbearbeitung erfolgen soll, ob
• undifferenziert (alle Segmente, vollständiger Markt),
• konzentriert (undifferenziert, tlw. Abdeckung des Marktes),
• differenziert (unterschiedliche Segmente, vollständiger Markt) oder
• selektiv (ausgewählte Segmente, tlw. Abdeckung des Marktes).

Der Ansatz für die Entwicklung einer selektiven Marktbearbeitung ist die hochdifferenzier-
te Sicht der Kunden mit ihren verschiedenen, spezifischen Wünschen und Bedürfnissen.
Diese Klassifizierung ist eine Vorbedingung für die Erarbeitung der Strategischen Ge-
schäftsfelder (siehe Kapitel 4.4).

Weitere Klassifikationsmerkmale von Märkten

Zur Klassifikation von Märkten lassen sich weiters folgende Kriterien finden:

Transaktionsrichtung • Absatzmärkte
• Beschaffungsmärkte
Objekte • Konsumgütermärkte
• Industriegütermärkte
• Dienstleistungsmärkte
Räumliche Abgrenzung • lokale Märkte
• regionale Märkte
• nationale Märkte
• internationale Märkte
Zeitliche Abgrenzung • Vorsaisonmärkte
• Hauptsaisonmärkte
• Nachsaisonmärkte
Preisklassenbezogene Abgrenzung • Billigpreismärkte
• Mittelpreismärkte
• Hochpreismärkte
Wachstumsbezogene Abgrenzung • Gesättigte/stagnierende Märkte (0- 2 %)
(unterschiedlich nach Produkten) • Rückläufige Märkte (<0 %)
• Steigende Märkte (2- ca. 6 %)
• Explodierende/boomende Märkte (ca. > 6 %)

11
Umfeld- und Marktbedingungen

Strukturbezogene Abgrenzung • Homogene Märkte


• Heterogene, zersplitterte Märkte
Zahl der Marktteilnehmer • Monopol
• Oligopol
• Polypol
Abb. 10: Klassifikationen von Märkten

4 KAUFVERHALTEN

4.1 Individuelles Kaufverhalten

Das Verhalten von Kunden/Konsumenten steht seit vielen Jahren im Zentrum des Interes-
ses von Marketingforschern und Praktikern. Es geht dabei darum, herauszufinden, warum
Konsumenten wie handeln und wie dieses Handeln für die eigenen Unternehmensziele
beurteilt und gegebenenfalls gestaltet werden kann.

4.1.1 Bilder vom Menschen als Konsument

Menschenbildern kommt hier vor allem in Anwendungs- Handbüchern zum Marketing


eine besondere Rolle zu. So hat beispielsweise die bekannte österreichische Motivforsche-
rin Helene Karmasin in ihrem Buch "Produkte als Botschaften" folgende Menschenbilder
unterschieden:

Der „homo oeconomicus“


Dieser verhält sich absolut rational. Ihm liegt das volkswirtschaftliche Menschenbild zu-
grunde, wo der Konsument in nachvollziehbaren mathematischen Modellen das Marktge-
schehen ziemlich eindeutig prognostizierbar macht. Dieses Bild entspricht der mittlerwei-
le als veraltert geltenden mathematisch orientierten Absatztheorie. Zwar hat man auch
hier versucht, ansatzweise Handlungsspielräume vom Kunden „mitzuberechnen“, aller-
dings zeigte sich im Zuge der Marketingforschung recht bald, dass es neben rein rationa-

12
Umfeld- und Marktbedingungen

len Faktoren vor allem affektive (i. w. S. emotionale) Faktoren sind, die Kaufentscheidun-
gen beeinflussen. Provokant könnte man auch sagen „Der Homo Ökonomicus ist tot.“

Das „Konsumäffchen“
Der Mensch verhält sich hier passiv und reagiert automatisch aufgrund psychologischer
Gesetzmäßigkeiten. Er wird vor allem als emotional ansprechbares Wesen gesehen, das
triebgeschüttelt, hedonistisch etc. ist, und das durch Massenmedien fast unbegrenzt mani-
puliert werden kann. Es handelt sich hier um den oft zitierten Otto Normalverbraucher.
„... und der hat das Schicksal des Homo Oeconomicus geteilt“.

Der Konsument als „soziales Wesen“


Dieses Menschenbild geht davon aus, dass der Mensch sich vor allem von Vorbildern lei-
ten lässt. Das können einzelne Personen aber auch Referenzgruppen sein. Der Mensch
wird hier als Inhaber einer oder mehrerer sozialer Rollen gesehen. Solche Referenzgrup-
pen sind die Familie, Schulklassen, Jugendgruppen, Kollegen in den Unternehmen etc.
Jede dieser Referenzgruppen hat unterschiedliche Wahrnehmungen von und Erwartungen
an den Einzelnen in seiner Rolle. Gerade bei Jugendlichen wird versucht, sich dieses Refe-
renzgruppen-Ansatzes zu bedienen. In der Pubertät erfolgen diese Prägungen oft-
mals/meistens neu, weshalb z. B. Banken mit „Jugendkontos“ neue Kunden zu gewinnen
versuchen – da Untersuchungen zeigen, dass ein Wechsel der Bank nur bei Wohnort-
wechsel, gröberen Problemen, etc. erfolgt.
Man spricht in diesem Zusammenhang etwa vom sog. Szene-Marketing, wo für bestimmte
„Jugend-Szenen“ (Hip-Hopper, Biker, Skater, Snowboarder) Marketing-Konzepte (Produk-
te, Werbung, Events, Clubs etc.) geschnürt werden.

Der „psychoanalytische Konsument“


Hier agiert der Konsument, ohne dass er sich seiner eigentlichen Beweggründe seines
Handelns bewusst ist. Die Handlungsmotive und Wünsche sind in seinem Unterbewusst-
sein versteckt. Dahinter stehen komplexe psychologische Mechanismen, die von der For-
schung erst ansatzweise beleuchtet wurden.

13
Umfeld- und Marktbedingungen

Der „kognitive Konsument“


Der Konsument bedenkt sein Handeln und Tun in allen seinen Auswirkungen. Er bezieht
seine Erfahrungen und Erwartungen in seine Überlegungen mit ein und entscheidet be-
wusst und aktiv, was er kauft oder nicht kauft.

Der Konsument als „semiotisches Wesen“


Der Konsument entwickelt und benützt differenzierte Zeichensysteme zur Übermittlung
von Bedeutungen. Es geht ihm dabei nicht nur um den bloßen Austausch von funktionalen
Nachrichten. Er kommuniziert über diese Zeichensysteme seine Werte, Einstellungen, Le-
bensweisen und Gewohnheiten. Für diesen Konsumenten sind Produkte Träger solcher
Informationen; durch den Konsum bestimmter Produkte kommuniziert er ganz bestimmte
Botschaften.

Tatsächlich gibt es viele weitere Forschungsrichtungen und Ergebnisse zum Konsumen-


tenverhalten, wie die nachstehenden Ausführungen zeigen werden.

4.1.2 Die Hauptströmungen aus der Konsumforschung

Sozialwissenschafter und Psychologen haben in der Konsumforschung drei Hauptströ-


mungen herausgearbeitet, die das Konsumentenverhalten zu erklären versuchen.

1. Betonung des biologischen Denkens


Dieses geht davon aus, dass Erbanlagen vorprogrammiertes Verhalten verursachen
und diese langfristig auf die Entwicklungsgeschichte der Menschheit zurückgehen.
So gibt es demnach Schlüsselreize aus der Verhaltensbiologie, auf die Menschen auf-
grund ihrer genetischen Vorprogrammierung einheitlich reagieren.
2. Dominanz kognitiver Erklärung
Dabei handelt es sich vornehmlich um gedankliche Erklärungen, wobei eine Analogie
zwischen Mensch und Computer hergestellt wird. Man geht davon aus, dass das Kon-
sumentenverhalten nach festen Programmen abläuft. Dabei wird die kognitive Infor-
mationsverarbeitung als eigenständiger, nicht unmittelbar reizabhängiger Prozess be-

14
Umfeld- und Marktbedingungen

trachtet, d. h. es besteht ein aktiver gedanklicher Akt zwischen Aufnahme der Um-
weltreize und dem eigentlichen persönlichen Verhalten.
3. Dominant emotionaler Ansatz
Dieser unterstreicht das Phänomen, dass beim Kauf bestimmter Produkte, oder bei der
Inanspruchnahme einer bestimmten Dienstleistung, die Emotionen hauptverantwort-
lich für die Entscheidung sind. Beispielsweise geht man im viel zitierten erlebnisorien-
tierten Kauf von dieser emotionalen dominanten Einkaufsatmosphäre aus, die den
Kunden zum beabsichtigten Verhaltensmuster – sprich Kauf – bringen soll.

4.1.3 Erklärungsversuche zum Konsumentenverhalten

Die Bedürfnispyramide nach Maslow


Ein Klassiker unter den Theorien des Konsumentenverhaltens ist die Bedürfnishierar-
chiepyramide nach Maslow. Die Grundüberlegung ist, dass – wenn die unterste Stufe be-
friedigt ist – der Mensch die nächst höhere anstrebt. Voraussetzung für die Aktivierung der
nächst höheren Stufen ist damit stets die Befriedigung der darunter liegenden.

Bedürfnis nach
Selbstverwirklichung

Prestigebedürfnis

Soziale Bedürfnisse

Sicherheitsbedürfnisse

Physiologische Bedürfnisse

Abb. 11: Bedürfnishierarchiepyramide nach Maslow Quelle: nach Maslow 1975

15
Umfeld- und Marktbedingungen

Diese Sichtweise ist allerdings recht vereinfachend. In einer Folgeuntersuchung hat


Maslow festgestellt, dass nicht die vollständige, sondern die individuell ausreichende Er-
füllung jeder Stufe ausreicht um die nächst höhern Motive zu aktivieren.
Tatsächlich hat die Konsumforschung gezeigt, dass das Kauf- und Konsumverhalten ein
sehr viel komplexerer Prozess ist, in dem kognitive (rationale) und emotionale Prozesse
parallel ablaufen und Emotionen, Motivationen und Einstellungen begründen. Kaufent-
scheidungen laufen keineswegs ein- bzw. zweidimensional ab, sondern sind multidimen-
sional zu sehen und werden vom situativen Ansatz beeinflusst bzw. abgeleitet.

S-R-Modelle und SOR-Modelle


Zur Erklärung des individuellen Käuferverhaltens wurde lange Zeit einem klassisch- beha-
vioristischen Ansatz, dem S-R-Ansatz oder Black-Box-Ansatz, gefolgt. Dabei werden Wir-
kungen von bestimmten Marketingeinflüssen gemessen, allerdings werden die psychi-
schen Prozesse beim Konsumenten vernachlässigt und auch nicht näher erklärt. Ein Bei-
spiel für eine solche Analyse wäre beispielsweise die Messung der Veränderung des Ab-
satzes bei einer Preisänderung.

Abb. 12: Black-Box-Modell der Konsumentenforschung

Aufgrund der für viele Belange (z. B. Imageänderung durch Werbung) unzureichenden
Aussagekraft der SR-Modelle wurden dem neo-behavioristischen Ansatz folgend die
S-O-R-Modelle entwickelt.

Hier wird versucht, die Black-Box näher zu analysieren und die Gründe für ein bestimm-
tes Kaufverhalten zu erklären. Berücksichtigt wird dabei auch, dass nach Lewin das

16
Umfeld- und Marktbedingungen

menschliche Verhalten sowohl durch innere Bedingungen, durch die Persönlichkeit des
Menschen als auch durch äußere Parameter, Situations- und Umweltbedingungen beein-
flusst wird. Für das personale Verhalten gilt folgende Formel:

V = f (PU)

Das Verhalten (V) eines Menschen kann als Funktion (f) aus den Persönlichkeitsmerkma-
len (P) (=individuelle Aspekte) des Menschen und seiner Umwelt (U)
(=umgebungsbezogene Aspekte) aufgefasst werden.

Abb. 13: SOR-Modell der Konsumentenforschung

In dem skizzierten SOR-Modell wirken auf das Konsumentenverhalten vier Triebkräfte:

• Aktivierende Faktoren: Hier handelt es sich um emotionale Faktoren, die einen inne-
ren Erregungszustand beim Konsumenten hervorrufen. Sie sind verantwortlich dafür,
dass überhaupt Aufmerksamkeit entsteht.
• Kognitive Faktoren: darunter sind bewusste „Nachdenkprozesse“, also rationale Pro-
zesse beim Konsumenten zu verstehen (Informationsaufnahme, - verarbeitung,
-speicherung). Diese sind u. a. ausschlaggebend dafür, dass Emotionen bewusst erlebt
und gedeutet werden und mit einer bestimmten Motivation (etwas tun zu wollen) so-
wie Einstellung (man kann es mit dem Produkt X tun) versehen werden.

17
Umfeld- und Marktbedingungen

• Soziale Faktoren: Diese betreffen soziale Referenzgruppen, Kulturkreise, Soziale


Schichtung, demographische Faktoren etc.
• Situative Faktoren: Die Einbeziehung dieses Faktors ist insofern von Bedeutung, als
etwa ein bestimmtes Kaufverhalten nur in bestimmten Situationen auftritt. Dies betrifft
beispielsweise das sog. Involvement, d. h. ein besonderes Interesse an einem Produkt,
welches zu einer aktiveren Informationssuche führt: Spezialisten werden ihre Kaufent-
scheidungen anders treffen als Laien; oder wenn ein Problem und dessen Lösung akut
ist, werden andere Kaufkriterien gelten als wenn genügend Zeit zur Verfügung steht,
zu vergleichen, zu überlegen etc.

Betreffend aktivierender Faktoren kann man grundsätzlich zwischen angeborenen und


höheren Emotionen unterscheiden.
• Angeborene Emotionen sind beispielsweise Interesse, Freude, Überraschung, Kum-
mer, Schmerz, Zorn, Ekel, Geringschätzung, Furcht, Scham, Schuldgefühle etc.
• Höhere Emotionen: Kroeber-Riel unterscheidet besonders wirksame Antriebskräfte,
die zum Konsum oder Kauf eines Produktes führen: Das Streben nach besonderen Ge-
fühlen, Erlebnissen sind beispielsweise:
o Prestige
o Geselligkeit
o Geborgenheit
o Natürlichkeit
o Abwechslung
o Erfolg
o Überlegenheit
o Jugendlichkeit
o Individualität

Die Emotionen unterscheiden sich in Richtung (angenehm, unangenehm), Stärke/Intensität


und Erlebnisinhalten (Assoziationen durch die Reizaufnahme). Sie finden insbesondere in
der Kommunikationspolitik bzw. Werbung Einsatz, wenn die fünf Sinne des Menschen
(visuell, akustisch, haptisch, olfaktorisch, gustatorisch) angesprochen werden.

18
Umfeld- und Marktbedingungen

Auch nach dem bekannten amerikanischen Marketing-Professor Philip Kotler sind folgen-
de Faktoren für das Kundenverhalten von Bedeutung:
• Kulturelle Faktoren: wie z. B. Ideologien, Werte und Identität
• Soziale Faktoren: wie z. B. Schicht, Klasse, Bezugsgruppen, Rollen, Status etc.
• Personale Faktoren: dazu zählen Alter, Beruf, Bildung, Lebensstil, Einkommen u. a. m.
• Psychologische Faktoren: wie Motivation, Wahrnehmung, Einstellungen etc.

Im Marketing interessiert allerdings nicht nur die Analyse des Kaufverhaltens, sondern es
interessiert auch, inwieweit Kaufverhalten durch Marketing beeinflusst werden kann. Ein
Ansatz dafür ist die Theorie der klassischen Konditionierung. Nach deren Auffassung
ergibt sich das Verhalten durch ein System von Belohnungen und Bestrafungen.

Dabei gelten folgende Regeln:


• Positive Reize geben, also belohnen, hat zur Folge, dass das Verhalten gelernt und
beibehalten wird. Beispiel: Hungergefühl, Kauf einer Wurstsemmel, Sättigung und gu-
ter Geschmack, Wiederkauf folgt.
• Positive Reize nehmen, somit bestrafen, hat die Konsequenz, dass das Verhalten zu-
rückgenommen wird. Kind kommt spät nach Hause, Mutter ist wach, Hausarrest, Kind
kommt pünktlich heim.
• Negative Reize geben, also bestrafen, führt dazu, dass das Verhalten zurückgenom-
men wird. Falsches Parken, Polizist, Strafzettel, richtiges Parken folgt.
• Negative Reize nehmen, diese Art von Belohnung ergibt ein Verhalten, das gelernt
und beibehalten wird. Schmerzen, Einnahme einer Tablette, Schmerzfreiheit, Treue zu
diesem Mittel.

Die klassische Konditionierung ist durch den Versuch mit dem Pawlow'schen Hund als
klassische Theorie anerkannt. Die Koppelung von ursprünglich neutralen Produkten bzw.
Marken mit Zeichen oder Signalen wie z. B. die Milka "Lila- Kuh", auf die man automa-
tisch positiv reagiert, und die Übertragung der Reaktionen auf Produkte bzw. Marken, wie
z. B. der Esso- Tiger, lässt sich mit der klassischen Konditionierungstheorie erklären.

19
Umfeld- und Marktbedingungen

Ein wesentliches Resultat der Theorie der klassischen Konditionierung für das Marketing
ist auch, dass solche Prozesse über eine bestimmte Zeit hinweg mit ähnlichen Reizen er-
folgen müssen. Dies ist beispielsweise für die Werbeplanung relevant, da sich daraus ab-
leiten lässt, dass etwa Werbekampagnen eine bestimmte Laufzeit und Kontinuität benöti-
gen und dass sie im Sinne der Aktivierung, um wirksam sein zu können, über die untere
Wahrnehmungsgrenze hinausgehen müssen.

Im Bezug auf die Aktivierung ist allerdings zu berücksichtigen, dass es auch zu einer
Überaktivierung kommen kann. Der Mensch kann nur bis zu einem gewissen Grad in sei-
ner Leistung durch Aktivierung gesteigert werden. Wird dieser Grad überschritten,
geht die Leistung zurück. Im Extremfall geht die Leistung gegen Null (z. B. in einer Panik-
situation)

Abb. 14: Zusammenhang zwischen Aktivierung und Leistung nach Kroeber-Riel 1990

Der Kaufprozess
Schließlich interessiert im Bereich der Konsumentenforschung auch noch der Kaufprozess.
Grundsätzlich können 5 Kaufphasen unterschieden werden:
1. Anregungsphase
2. Suchphase
3. Auswahlphase
4. Kaufphase
5. Bestätigungsphase

20
Umfeld- und Marktbedingungen

Nachfolgendes Modell zeigt die Problemschichten der verschiedenen Kaufphasen aus der
Sicht des Individuums und des Kollektivs, z. B. einer Familie mit der Empfehlung von
Marketingaktivitäten, die in den einzelnen Phasen schwerpunktmäßig eingesetzt werden
sollen.

Anregungs- Such- Auswahl- Kauf- Bestätigungs-


phase phase phase phase phase

Aktivierung Informations-Arten Alternativen Kaufort Zufriedenheit


Individuum

Impuls Info-Quellen Auswahl-Kriterien Kaufmenge Anspruchs-Niveau


Idee/Wunsch Info-Inhalte Bewertung Kaufzeit Kognitive Disso-
Bedürfnisniveau Info-Verarbeitung Konsequenzen Marke nanzen

Rollenaufteilung Aufteilung der Info- Interaktions-


Kollektiv

Zuständigkeiten Prozesse im Kollektiv verhalten in der


Bekannte, Freunde Kommunikation im Familie bzw. mit
Kollektiv Anderen

Kauf-Interessent Informations- Produktexperte Kaufentscheider Konsumierer


Kaufrollen

sucher Empfehler Beteiligter Prozessvalidator


Informations- Begleitperson
verarbeiter

Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung


der Phase
Ergebnis

über Anschaffung über Produktgruppe über Produktart über Marke über Wiederkauf

Verfügbarkeit von Zeitdruck offensichtliche


Faktoren
Wichtige

Information Warenpräsenz Produktmängel


Kosten der Informati- Stimmung
on

Aufmerksamkeit Information Preis Erinnerung Nachbetreuung


Produkt- Distribution Verkaufsförderung Verkaufsförderung Service
Aktivitäten
Marketing-

innovation Kundendienst Persönlicher Ver-


Produkt- kauf
differenzierung Präsentation
Distribution Rabatte

Abb. 15: Kaufphasen

21
Umfeld- und Marktbedingungen

4.2 Trends im Kundenverhalten

Ch. Hehenberger hat 1995 im Buch „Die Zukunft fest im Griff“ die wesentlichen Trends,
die unser Leben und die Wirtschaft verändern, herausgearbeitet und in ein Modell gefasst,
welches in den Grundzügen auch aktuell noch Bestand hat.

Der Trend zur Polarität


Darunter versteht man, dass die Kunden sich in der Zukunft immer gegensätzlicher verhal-
ten werden. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Verlust der Mitte.

Der Trend zur Individualität


Auf eine Kurzformel gebracht bedeutet dieser Trend. Der Mensch möchte nicht als Masse
behandelt werden, je persönlicher, umso besser.

Der Trend zum Cocooning


Hier geht es darum, dass die Menschen sich tendenziell immer stärker in ihrem Kokon, in
ihre eigenen vier Wände, Haus oder Garten, zurückziehen.

Der Trend zum Convenience


Dienstleistungen und Produkte, die Convenience bzw. Komfortabilität bieten, werden in
der Zukunft noch stärker nachgefragt.

Der Trend zur Einsamkeit


Obwohl wir im Kommunikationszeitalter leben, wird der Anteil der Menschen, die sich
einsam fühlen, immer größer. Rund 40 % der Österreicher und Deutschen leiden unter
dem Gefühl der Einsamkeit.

Der Trend zu mehr Sicherheit


Produkte und Dienstleistungen, die ein Mehr an Sicherheit bieten, haben in der Zukunft
große Chancen.

22
Umfeld- und Marktbedingungen

Der Trend zu Genuss und Lust


Im Kundenverhalten wird in den gesättigten Märkten die Genuss- und Lustorientierung
weiter zu- nehmen.

Ähnliche Untersuchungen liefern beispielsweise die bekannten Trendforscher M. Horx, J.


Naisbitt und F. Popcorn. Horx schreibt Ende 2005 in seinem neuen Buch von der Weiter-
entwicklung des wellness-Trends als selfness.

In seinem Buch „Die Zukunft in unserer Hand“ 2003 hat Hehenberger diese Trends wie-
derum betrachtet und eine Trefferquote von ca. 80 % festgestellt. Nachfolgend einige wei-
tere beispielhafte Trends, die das Kundenverhalten in den nächsten Jahren stark beeinflus-
sen werden, entnommen aus dem 2005 von Christian Hehenberger veröffentlichtem Buch
„Den Gestaltern gehört die Zukunft“:

Der Trend zu Wellnessfood mit Gesundheitswert


Als Weiterentwicklung werden künftig Lebensmittel mit „Mehrwert“ (= Präventions-
ernährung) verstärkt Einzug in den Lebensmittelhandel halten (z. B. LC1 probiotisches Yo-
ghurt, Returnity-Getränke aus Mondsee seit 2005 im LEH).

Der Trend zu Hightech und Hightouch im Wohnbau


Mehr Technik an der Gebäudehülle, z. B. eigene Stromerzeugung, Sicherheitstechnik,
Plus-Energie-Haus und gleichzeitig mehr Naturbelassenes im Hausinneren, z. B. Voll-
holzmöbel.

Der Trend zur selektiven Luxese


Ca. 2/3 der Konsumenten werden sich bei ihnen weniger wichtigen Themen asketisch
verhalten und bei ihnen wichtigen Themen, z. B. Lifestyle in Luxus schwelgen.

Der Trend zur systematischen Stammkundenpflege und -rückgewinnung


Es gilt dabei B-Kunden zu A-Kunden zu entwickeln und verlorene Kunden zurückzuge-
winnen, da dies wesentlich kosteneffizienter ist als neue Kunden zu gewinnen.

23
Umfeld- und Marktbedingungen

Der Trend zum Empfehlungsmarketing


Referenzen und Empfehlungen sind die 2 tragenden Säulen dieser – immer wichtiger wer-
denden – Marktbearbeitungsmethode. Dies führt dann zum B2B-Folgegeschäft.

Der Trend zum Kauf von copyrights/Werknutzungsrechten


Anstelle von Produkten werden künftig Werknutzungsrechte in vielen Branchen das Big
Business sein.

Der Trend zur Lohnangleichung zwischen West und Ost


Bis 2015 wird der Lohnunterschied zw. West- und Osteuropa auf ca. 25 bis 35 % sinken.

In seinen zuletzt veröffentlichen Büchern werden diese Trends weiterentwickelt, es zeich-


nen sich aber nicht grundsätzlich neue Trends ab.
Aktuelle Trends findet man ebenfalls z. B. bei Hermann Simon, Mathias Horx, Zellmann,
u. a.:
• Beschleunigung der Globalisierung
• Verstärkte Einflussnahme durch die Politik
• Engere Verzahnung von Management und Kapital
• Tektonische Verschiebung in der Produktwelt
• Nachhaltig verändertes Kundenverhalten
o Vertrauensverlust
o Zukunftsangst
o Veränderung der Preiselastizität
o Höhere Bedeutung der Nutzen-/Kostenvorteile → Kommunikation harter Vorteile
o Gestauchte Zeitpräferenz
o Höherer Stellenwert der Finanzierung, Ausspielen der eigenen Finanzkraft
o Sicherheit steigt weiter an
o Ungewöhnliche Garantien, Neue Geschäfts- und Servicemodelle
o Verlängerte Probezeit für Produkte und Rücktrittsklauseln und Tauschgeschäfte
o Erfolgsabhängige Bezahlung steigt
o Vertiefung der Wertschöpfung durch angereicherte Serviceangebote

24
Umfeld- und Marktbedingungen

o Vom Produkt- zum Systemanbieter


o Bessere Ausschöpfung des „Aftermarket“
o Märkte ohne Margen meiden
• Totale Vernetzung

4.3 Kaufverhalten von Organisationen

Wie bereits im Kapitel 1.4.2 erwähnt wird im Investitionsgütermarketing das Kaufverhalten


von Organisationen von mehreren Personen/Rollen getragen. Dabei findet man dzt. vor-
wiegend das lead-buyer- und das Buying Center-Modell. Das Modell des sog. Buying Cen-
ter – ein gedankliches Konstrukt für eine „Einkaufsgruppe“ im Kundenunternehmen – un-
terschiedet sechs Rollen:
• Benutzer (User)
Das sind Organisationsmitglieder, die das gekaufte Produkt ver- bzw. anwenden. Ihre
Erfahrungen und Aussagen bestimmen im Wesentlichen, ob der Kauf als Erfolg oder
Misserfolg bewertet wird.
• Einkäufer (Buyer)
Die Einkäufer managen die Kontakte zu den Lieferanten und deren Auswahl. Sie sind
für die rechtliche und terminliche Abwicklung des Kaufes verantwortlich.
• Entscheider (Decider)
Sie wählen aufgrund ihrer Stellung und Autorisierung zwischen den alternativen Kauf-
optionen aus. Sie bestimmen schlussendlich, welches Produkt gekauft wird.
• Beeinflusser (Influencer)
Sie versuchen durch gezielte Informationspolitik den Verlauf der Kaufentscheidung in
ihrem Sinn zu beeinflussen.
• Gate-Keeper
Sie kontrollieren vor allem in der Phase der Entscheidungsvorbereitung den Zustrom
von neuen Informationen in das Einkaufsgremium.
• Initiator
Sie bringen den Kaufprozess aus den verschiedensten Gründen überhaupt erst in
Gang, d. h. sie machen auf einen bestimmten Bedarf aufmerksam.

25
Umfeld- und Marktbedingungen

Die Schwierigkeit ist die, dass oftmals der Anbieter eines Produktes oder einer Dienstleis-
tung nicht genau weiß, welche Personen im Einkaufgremium welche Rolle(n) spielen. Da-
her sind Menschen mit einem dementsprechenden Insider-Wissen für ein Unternehmen
sehr wertvoll. Dies sind auch wesentliche Informationen in einem CRM-System.

Beispiel: Ein Unternehmen möchte einen LKW anschaffen. Folgende Rollen, Personen und
mögliche Marketinginstrumente (Marketing-Mix) sind zu überlegen:

Rolle Person Marketing-Instrument

User (Verwen- LKW-Fahrer Trucker-Clubs,


der) Zeitschriften der Zielgruppe

Decider (Ent- Management, Einkauf Wirtschaftlichkeits-Kennzahlen, Be-


scheider) wertungsunterstützung, Vergleichsan-
gebote

Influencer (Be- Buchhalter, Finance Manager Unterstützung bei der Finanzierung,


einflusser) Zahlungsabwicklung,
Unkomplizierte Kaufabwicklung

Initiator LWK-Fahrer Zeitschriftenwerbung


Werkstätte Reparaturinfos
Buchhalter Mailings über Ersatzbedarf für abge-
schriebene LKWs

Gate-Keeper Sekretariat, das einkommen- Umgehung durch direkte Adressierung


(Türöffner) de Prospekte sichtet und wei- Einbeziehung durch persönliche An-
terleitet – oder auch nicht sprache, Telefonat
weiterleitet

Buyer Einkauf unkomplizierte Abwicklung des Kau-


(Käufer) fes, der Anmeldung etc.

Abb. 16: Rollen im Buying Center – Beispiel

26
Umfeld- und Marktbedingungen

Einzelne Personen können dabei verschiedene Rollen übernehmen. Wesentlich ist, dass
verschiedene Rollen verschiedene Informationsansprüche haben, die im Marketing be-
rücksichtigt werden sollten. Zentrale Herausforderung im Industriemarketing ist daher zu-
erst einmal herauszufinden, wer im Unternehmen welche Rolle innehat bzw. innehaben
könnte. Industriegütermarketing ist daher in hohem Maße Beziehungsmarketing.

5 UMWELT-, UMFELD- UND


BRANCHENVERÄNDERUNGEN

In den letzten Jahren können massive Veränderungen in den Wirtschaftssystemen, der In-
dustrieproduktion, der weltweiten Arbeitsteilung, den gesellschaftlichen Strukturen und
informationstechnologischen Rahmenbedingungen beobachtet werden, die veränderte
Sichtweisen und Schwerpunkte im Marketing erfordern. Veränderung ist heute der Nor-
malfall.

Zu berücksichtigende Veränderungen sind etwa:


• Werte- und Strukturwandel in der Gesellschaft
• Beschleunigung des Fortschritts
• Erhöhung der Ansprüche an Produkte und Leistungen
• Wandel in den Marktstrukturen
• Veränderungen in den Kommunikations- und Informationsstrukturen
etc.

Durch die „Globalisierung“ des Wettbewerbs – die in Europa beispielsweise in der euro-
päischen Integration ein deutlich sichtbares Zeichen findet – erhöht sich in fast allen Teil-
bereichen der Wirtschaft der Markt- und vor allem der Wettbewerbsdruck.
Geschützte Märkte brechen auf, hohe Gewinnspannen ziehen Konkurrenten an. Durch
die Bearbeitung bestehender Märkte mit existierenden Leistungen kann für viele Unter-
nehmen keine ausreichende langfristige Erfolgsbasis geschaffen und gesichert werden. Sie

27
Umfeld- und Marktbedingungen

sind deshalb gezwungen, neue Märkte zu erschließen und neue Produkte bzw. Leistungen
zu entwickeln.

So wird ein geschicktes Agieren in den relevanten Märkten für alle Unternehmen eine er-
folgsentscheidende Komponente ihres strategischen Verhaltens. Fehler in der Marke-
tingstrategie sind in diesem raschen Ablauf oft nicht mehr korrigierbar und können so
nicht nur den Erfolg einzelner Produkte, sondern sogar den des gesamten Unternehmens
gefährden. Ein erhöhtes Risiko ergibt sich dabei daraus, dass es beim Aufbau neuer Märkte
oft auch um den Einstieg in Auslandsmärkte geht. Dies gilt insbesondere für Unternehmen,
die in kleineren Ländern mit begrenzten lokalen und regionalen Märkten – wie etwa in
Österreich – beheimatet sind.

6 VERÄNDERUNGEN IN DEN TECHNOLOGIEN

Derzeit beschleunigt sich, nicht zuletzt bedingt durch die elektronische Revolution, der
technische Wandlungsprozess. Zeit im Sinne der möglichst raschen Eroberung des inter-
nationalen Marktes wird dabei wettbewerbsentscheidend. Neue Produkte, die von einem
Unternehmen entwickelt wurden, müssen möglichst auf breiter internationaler Basis auf
den Markt gebracht werden, da sich nur so die Entwicklungskosten amortisieren können.

Auch in vielen technologischen Bereichen ist es zu gravierenden Veränderungen und


Entwicklungen gekommen. Hier ist beispielsweise die Mikrosystemtechnik für extrem
kleine Apparaturen, die Bio- und Gentechnologie und die Nanotechnologie beispielhaft
zu nennen. Heute werden für bestimmte Anwendungen Technologien eingesetzt, die vor
einigen Jahren noch nicht denkbar oder leistbar waren (z. B. Bluetooth, z. B. Haushaltsge-
räten und PCs). Technologieführerschaft ist damit auch zu einer wesentlichen strategi-
schen Stoßrichtung für Unternehmen geworden, d. h. das Ziel, jeweils mit der neuesten
und besten Technologie die Probleme des Kunden zu lösen – und zwar zeitlich wesent-
lich vor dem Mitbewerb. Damit wird aber gleichzeitig die Fähigkeit zur Forschung und
Entwicklung (alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, Forschungsein-

28
Umfeld- und Marktbedingungen

richtungen etc.) zu einer Schlüsselfähigkeit für den Erfolg. Diese technologischen Vor-
sprünge betreffen sowohl die Anwendungstechnologie (Technologie in den Produkten) als
auch die Prozesstechnologie (für die Herstellung der Produkte).

Betrachtet man beispielsweise die modernen Informations- und Kommunikationstechno-


logien, so muss man feststellen, dass sich in den letzten Jahren Hardware, Software, das
Angebot an international zugänglichen, externen Online-Datenbanken, Kommunikations-
netzen (insb. Internet) u. v. a. m. geradezu rasend schnell entwickelt haben. Vor allem im
Bereich der Anwendungssoftware, des Internet, der Online-Datenbanken und der Midd-
leware (im Wesentlichen Instrumente zur Erstellung von Anwendungssystemen) gibt es
enorme Entwicklungssprünge zu verzeichnen.

7 VERÄNDERTE SICHTWEISEN IM MANAGEMENT

Die zentralen Sichtweisen im Management und damit auch im Marketing haben sich in
den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder verändert. Bei großen Verände-
rungen spricht man bisweilen von einem völligen Paradigmenwechsel, d. h. die zentralen
Grundannahmen, Sichtweisen und Blickwinkel haben sich verändert.

Gerade im Bereich der veränderten Sichtweisen gilt es, unterschiedliche Blickwinkel und
die dahinter stehenden zentralen Annahmen zu erwähnen:

29
Umfeld- und Marktbedingungen

Abb. 17: Blickwinkel im Management

Marktorientierter Ansatz (market based view)


Das Erfordernis einer stärkeren Marktorientierung forderte in den 60er und 70er Jahren
eine Änderung der Konzeption der Unternehmensführung. In den Mittelpunkt rückten
theoretische und praktische Anstrengungen, um die Aufmerksamkeit des Managements
verstärkt auf eine sich verändernde, ständig neue und nicht selten unangenehme Überra-
schungen bergende Umwelt zu lenken. Kernüberlegung ist, dass der Unternehmenserfolg
im Wesentlichen durch den (externen) Markt bestimmt wird und somit der Markt in den
Mittelpunkt sämtlicher unternehmerischer Entscheidungen zu stellen sei.

Ausdruck der marktorientierten Betrachtungsweise ist es, dass man sich der Frage nach der
Performance im überwiegenden von der Absatz- bzw. Marktseite aus nähert. Der ameri-
kanische Professor Michael E. Porter veröffentlichte 1980 sein Buch „Competitive Strate-
gy“, das auf außerordentliche Zustimmung stieß und somit eine Welle von Aktivitäten –
sowohl in der Wissenschaft als auch in der praktischen Umsetzung – nach sich zog. Er
leistete auf diesem Gebiet Pionierarbeit und wurde zum Hauptvertreter des marktorientier-
ten Ansatzes. Den Keim seiner Arbeiten kann man darin sehen, dass er ein geschlossenes
System zur Analyse der Wettbewerbssituation eines Unternehmens und zur Formulierung
von Strategien entwirft. Den höchsten Bekanntheitsgrad erlangte sein Modell der Wettbe-

30
Umfeld- und Marktbedingungen

werbsanalyse (siehe Kapitel 4.5.1.4), seine generischen Wettbewerbsstrategien (siehe Ka-


pitel 4.9.3) und seine Definition der Wertkette (Systematik wertschöpfender Aktivitäten im
Unternehmen, siehe Kapitel 4.9.2).

Ressourcenorientierter Ansatz (resource based view)


Der Paradigmenwechsel im strategischen Management - von dem seit Anfang der neunzi-
ger Jahre gesprochen wird - gründet darauf, dass Unternehmen die verfügbaren Ressour-
cen ausdrücklich bei der Strategiewahl und -umsetzung in die Planung mit einbeziehen
müssen.
Folgende Ressourcen werden dabei betrachtet:

• Materielle Ressourcen (physische/ tangible Ressourcen)


Bei den physischen oder tangiblen Ressourcen handelt es sich um fast alle materiellen
Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens. Sie sind meist kapazitätsmäßig be-
grenzt und nutzen sich zum Teil stark ab. Ein zusätzliches Problem stellt die relativ
einfache Substituier- bzw. Imitierbarkeit dar.
 Immaterielle Ressourcen (intangible Ressourcen)
o Immaterielle Ressourcen können hinsichtlich der Verfügungsrechte in Vermögens-
werte und in Fähigkeiten oder Kompetenzen unterschieden werden.
o Verfügungsrechte: Zu diesen zählen "intellectual property rights" wie Patente, Co-
pyrights, Geschäftsgeheimnisse oder der Firmenruf.
o Fähigkeiten (skills) beinhalten das know-how der Mitarbeiter. Im Vergleich zu phy-
sischen sind intangible Ressourcen kapazitätsmäßig weniger begrenzt, da bspw. ein
Markenname auf verschiedenste Produkte angewandt werden kann, ohne die bis-
herige Verwendung stark zu tangieren. Ferner sind sie weniger unflexibel als physi-
sche Ressourcen, da von Fähigkeiten eine gewisse Flexibilität ausgeht. Teilweise
besteht auch ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Nutzungsintensität und
Abnutzung, was bedeutet, dass sich Fähigkeiten bei intensivem Gebrauch oder in
Kombination mit anderen Fähigkeiten teilweise sogar anreichern.
• Finanzielle Ressourcen
Diese werden häufig hinsichtlich der Mittelherkunft differenziert. Als interne Mittel

31
Umfeld- und Marktbedingungen

werden hier freie Liquidität und nicht ausgenutzte Fremdkapitalkapazität bezeichnet.


Unter externen Mitteln werden Einlagenfinanzierung und Risikokapital zusammenge-
fasst. Finanzielle Ressourcen sind sehr flexibel einzusetzen, jedoch generell relativ
begrenzt vorhanden und gehen bei Gebrauch sofort vollständig unter. Neue Trends
sind dabei „venture capital und Mezzaninfinanzierung“.
• Organisationale Ressourcen
Diese bezeichnen im Wesentlichen die Managementsysteme eines Unternehmens,
wie Planungs- und Kontrollsysteme, Informationssysteme, Organisationsstruktur oder
auch die Unternehmenskultur.

Strategische Ressourcen und Fähigkeiten müssen die Nachhaltigkeit des Wettbewerbsvor-


teils gewährleisten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, werden in den Arbeiten
zum ressourcenorientierten Ansatz vier Eigenschaften genannt:
• die lang andauernde Dauerhaftigkeit bzw. geringe Abnutzbarkeit
• die geringe Übertragbarkeit
• die geringe Imitierbarkeit
• die Unersetzbarkeit

Der aus dem ressourcenorientierten Denken kommende Kernkompetenzenansatz lässt


sich als spezielle Ausformulierung des RBV interpretieren. Kernkompetenzen lassen sich
als einzigartige Ressourcenbündel definieren. Solche Bündel weisen die oben angeführten
Merkmale distinktiver Ressourcen auf, die jedoch weniger auf einzelne Ressourcen, die
Elemente der Kernkompetenz sind, zurückgeführt werden können, sondern sich aus der
Art und Weise ergeben, wie diese Ressourcen miteinander verknüpft sind und bei der
Leistungserstellung zusammenwirken. Ressourcen werden als etwas beschrieben, dass
eine Unternehmung besitzt, Kernkompetenzen hingegen beschreiben die Fähigkeit zur
Verwertung von Ressourcen. Die beiden Väter des Begriffs, Prahalad und Hamel, betrach-
ten eine Kernkompetenz als Folge von Lernprozessen.

32
Umfeld- und Marktbedingungen

Es gibt drei maßgebliche Kriterien, welche ein "Kernkompetenz" erfüllen muss:


• Leistung eines überdurchschnittlichen Beitrages zu den von Kunden wahrgenomme-
nen Vorzügen des Endproduktes,
• die Ermöglichung eines Zuganges zu einem weiten Spektrum von Märkten und
• die Abhebung von der Konkurrenz, wobei hier allerdings zwischen "notwendigen"
und "differenzierenden" Kompetenzen unterschieden werden muss.

Folge des Kernkompetenzdenkens ist, dass sich Unternehmen nur mehr auf jene Bereiche
konzentrieren, in denen Sie Kernkompetenzen haben. Alle anderen Bereiche werden ent-
weder aufgegeben oder nur mehr in Kooperation mit anderen Unternehmen bearbeitet
(z. B. als outsourcing).

Wertorientierter Ansatz (value based view)


Durch die zunehmende Globalisierung der Produkt- und Gütermärkte kommt es zu einer
stärkeren Nachfrage auf den Kapitalmärkten. Der Drang nach bzw. der Zwang zu Innova-
tion, Wachstum und Wettbewerbsvorteilen erfordern hohe Investitionen und führen zu
einer Verschärfung des Wettbewerbs der Unternehmen um Eigenkapital. Den größten Er-
folg bei der Suche nach Kapital haben diejenigen Unternehmen, welche die aussichts-
reichsten - im Sinne von höchsten - Dividenden und Wertsteigerungen für Investoren und
Eigentümer aufweisen, da ein Eigenkapitalgeber danach strebt, den Wert seines finanziel-
len Engagements in einem Unternehmen zu steigern. Man spricht in diesem Zusammen-
hang vom sog. Shareholder Value. Insbesondere das Standardwerk von Rappaport (Share-
holder Value - Ein Handbuch für Manager und Investoren) sowie die Weiterentwicklung
des Konzepts durch Copeland/Koller/Murrin (Unternehmenswert-Methoden und Strategien
für eine wertorientierte Unternehmensführung) sind hervorzuheben. Immer mehr Unter-
nehmen verwenden seitdem den Shareholder Value- Ansatz, um den Unternehmenswert
zu bestimmen, Investitions- und Strategiealternativen zu bewerten oder um die Vorteilhaf-
tigkeit von Akquisitionen zu beurteilen.

Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Schaffung von Wert für die Anteilseig-
ner (Shareholder) bzw. die Maximierung der Eigentümerrenditen als ein vorrangiges Ziel

33
Umfeld- und Marktbedingungen

des Unternehmens gesehen wird. Das wird am besten durch die Konzentration des gesam-
ten Unternehmens und jedes einzelnen Geschäftsbereichs auf die Schaffung von Wert
erreicht. Erst die Verankerung der Idee des Wertmanagement im gesamten Unternehmen
(in strategischen sowie operativen Aktivitäten) kann langfristig zur Maximierung der Ren-
diten führen. Der Shareholder Value-Ansatz – von den Börsen kommend - als "das" In-
strument des Wertmanagements konzentriert sich auf die Erhöhung des Unternehmens-
wertes und die Maximierung der Eigentümerrendite. Wert wird nur geschaffen, wenn die
Rendite der getätigten Investition oder der verfolgten Strategie größer als die Kapitalkosten
ist.

Genau diese scheinbar kompromisslose Orientierung stellt den zentralen Kritikpunkt in


der Auseinandersetzung um das Shareholder Value-Konzepts dar. Es wird vor allem re-
klamiert, dass andere Interessensgruppen (Stakeholder) zu Lasten der Eigentümer vernach-
lässigt werden. Insbesondere Vertreter der Arbeitnehmerseite setzen die wertorientierten
Rezepte mit dem kurzfristigen Streben nach Gewinn gleich. Die Forderung nach einem
Unternehmen, welches als Schnittstelle zwischen den einzelnen Anspruchsgruppen agiert
und deren Interessen koordiniert, wurde im Rahmen des Stakeholder-Ansatzes laut.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Unternehmen bei ihren Aktivitäten, auch im Marke-
ting, im Prinzip alle drei Sichtweisen berücksichtigen müssen. So stellen sich beispielswei-
se bei der Einführung eines neuen Produktes im Markt folgende Fragen:
• Gibt es einen Markt dafür? Lösen wir ein Problem eines Kunden dadurch besser als
der Mitbewerb?
• Haben wir die notwendigen Kernkompetenzen und Ressourcen, dass wir das Produkt
auch tatsächlich erfolgreich herstellen können? Trifft es unser Kerngeschäft?
• Können wir durch dieses Produkt langfristig Gewinne erwirtschaften und können wir
daher eine attraktive Rendite für die notwendigen Investitionen erzielen?

34
Umfeld- und Marktbedingungen

8 LERNZIELE & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Was beschreibt der Begriff Markt?
2. Erklären Sie bitte die Begriffe Marktpotenzial, Markvolumen und Marktanteil!
3. Welche Überlegungen kann man zur Bestimmung der Marktgröße anstellen?
4. Was versteht man unter Marktsegmentierung und wofür ist diese wichtig?
5. Welche Kriterien werden bei einer soziodemografischen Marktsegmentierung einbe-
zogen?
6. Welche Kriterien werden bei einer psychografischen Marktsegmentierung einbezo-
gen?
7. Welche Kriterien werden bei einer Marktsegmentierung bzgl. des Kaufverhaltens ein-
bezogen?
8. Welche Kriterien kann man bei einer Marktsegmentierung im B2B Geschäft einbezie-
hen?
9. Beschreiben Sie drei Bilder von „Menschen als Konsument“!
10. Was beschreibt die Bedürfnis-Pyramide nach Maslow?

Literaturtipps
Hehenberger, Chr.: Die Zukunft fest im Griff; Wien 1995
Hehenberger, Chr.: Den Gestaltern gehört die Zukunft; Gutau 2005
Horx, M.: Megatrends 2, Düsseldorf 1996
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Naisbitt, J./Aburdene, P.: Megatrends 2000, Düsseldorf
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Markcheting, 18. Auflage 1997
Popcorn, F.: Der Popcorn-Report, Münen 1992
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

35
Umfeld- und Marktbedingungen

Notizen

36
Marketing-Lehrgang
Strategisches Marketing
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. Alfred Löscher, MBA (2018)
Strategisches Marketing

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
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unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Strategisches Marketing

Inhalt Seite

1 STRATEGISCHES MARKETING ............................................................. 5

1.1 ZUSAMMENHANG ZWISCHEN STRATEGISCHER PLANUNG


UND MARKETING...................................................................................... 5
1.2 VON DER VISION ÜBER DIE STRATEGIE ZUM MARKETING-MIX ............. 9
1.3 LERNZIELE & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS .................................. 12

2 AUFBAU EINES STRATEGISCHEN MARKETINGKONZEPTES ............. 13

2.1 ARTEN DER PLANUNG ............................................................................ 13


2.2 PROZESS DER STRATEGISCHEN PLANUNG ............................................ 16
2.3 ERSTELLUNG EINES STRATEGISCHEN MARKETINGKONZEPTES ............ 18
2.4 STRATEGISCHE GESCHÄFTSFELDER ........................................................ 19
2.5 ANALYSEN ZUR UNTERSTÜTZUNG DES PLANUNGSPROZESSES .......... 22
2.5.1 EXTERNE ANALYSEN ................................................................................ 23
2.5.2 INTERNE ANALYSEN ................................................................................ 30
2.5.3 ZUKUNFTS- (TREND)ANALYSE ................................................................ 44
2.6 SWOT-ANALYSE ...................................................................................... 45
2.7 STRATEGISCHE ZIELBILDUNG ................................................................. 47
2.8 STRATEGIENSUCHE UND BEWERTUNG ................................................. 51
2.8.1 GRUNDSÄTZLICHES ZU STRATEGIEN..................................................... 51
2.8.2 EBENEN VON UNTERNEHMENSSTRATEGIEN ......................................... 52
2.9 BASISSTRATEGIEN.................................................................................... 54
2.9.1 WACHSTUMSSTRATEGIE BZW. PRODUKT/MARKT-MATRIX
VON ANSOFF .......................................................................................... 54
2.9.2 POSITIONIERUNG UND PROFILIERUNG ................................................ 56
2.9.3 FOKUS AUF STRATEGISCHE ERFOLGSFAKTOREN .................................. 58
2.9.4 STRATEGISCHE MARKENFÜHRUNG ....................................................... 60

3
Strategisches Marketing

2.10 STRATEGIEAUSWAHL UND STRATEGIEIMPLEMENTIERUNG ................. 64


2.11 STRATEGIEUMSETZUNG IM MARKETING – DER MARKETING-MIX ....... 67
2.12 KONTROLLE DER STRATEGIEUMSETZUNG ............................................ 69
2.13 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ......................................... 72

4
Strategisches Marketing

1 STRATEGISCHES MARKETING

1.1 Zusammenhang zwischen Strategischer Planung und Marketing

Dass Unternehmen auf Dauer gesehen nur dann erfolgreich wirtschaften können, wenn
ihre Handlungsweisen nicht kurzfristig und aktionistisch, sondern strategisch ausgerichtet
und angelegt sind, gilt mittlerweile als durchwegs akzeptierte Ansicht. Dies führt nahezu
zu einem Zwang zur konzeptionellen Entwicklung von Marketingaktivitäten. Marketing
erfordert heute, dass Veränderungen in der Umwelt aufgegriffen und auf deren Basis die
entsprechenden Konsequenzen gezogen werden.

Strategische Marketingentscheidungen sind langfristiger Natur, relativ schwer zu ändern


und daher immer mit Risiken behaftet. Diese Risiken lassen sich nur dann in Grenzen hal-
ten, wenn mit entsprechender Sorgfalt und Umsicht systematisch vorgegangen wird.
Nachdem das Marketing eine zentrale (aber nicht die einzige) strategische Unternehmens-
aufgabe darstellt, müssen die Unternehmen die Vernetzungen mit den anderen Aufgaben-
bereichen berücksichtigen. Dies betrifft beispielsweise die Entscheidungen über die Ge-
schäftsfelder, die bearbeitet werden sollen, den Standort/die Standorte, Kapazitäten, Inves-
titionen bzw. Desinvestitionen, die Rechtsform, die finanziellen Rahmenbedingungen und
die Unternehmensorganisation.

Alle diese strategischen Entscheidungen werden im Unternehmen allerdings nur dann


wirksam, wenn sie auch in konkrete Maßnahmenpakete übergeführt und damit auch um-
gesetzt werden. Dies bereitet den Unternehmen oft erhebliche Probleme, und zwar vor
allem dann, wenn die Unternehmensstrategie von der Führungsebene entwickelt, dann
aber nicht „in das Unternehmen hineingetragen“ wird bzw. wenn die Mitarbeiter nicht in
den Strategieentwicklungsprozess einbezogen werden. Es ist in so einem Fall nicht ver-
wunderlich, wenn Mitarbeiter über Unternehmensziele und -strategien nicht Bescheid
wissen und ihre Aktivitäten ungerichtet und ohne „gemeinsamen Nenner“ ablaufen.

5
Strategisches Marketing

Die Vision als Ausgangspunkt


Den „gemeinsamen Nenner“ eines Unternehmens, den Punkt, auf den das ganze Unter-
nehmen zusteuern will/soll und damit den Ausgangspunkt auch jeder strategischen Pla-
nung kann man als Vision bezeichnen.

Die Vision beantwortet die Frage: „Was wollen wir erreichen?“. Das Wort "video, -is, -ere,
visi, visum" aus dem Lateinischen 1:1 übersetzt heißt "ich sehe". Sie dient der Orientierung
aller im Unternehmen und ist damit sozusagen ein „Fixstern“, den alle erreichen wollen.
Sie kann als unternehmerischer Wunschtraum bezeichnet werden, durch den alle Aktivitä-
ten und Interessen in der Zukunft gebündelt werden sollen. Die Vision legt fest, wozu das
Unternehmen da ist und welchen Herausforderungen es sich in Zukunft stellen will.
Vision

ohne Vision mit Vision


Abb. 18: Die Vision als Ausgangspunkt

Die Wirkung von Visionen


• Visionen geben Sinn und Orientierung.
• Visionen motivieren.
• Visionen helfen, dass alle an einem Strang und in dieselbe Richtung ziehen.
• Visionen machen sensibel für wichtige Informationen.
• Visionen haben eine Magnetwirkung. In diesem Zusammenhang wird auch von self-
fullfilling-prophecy gesprochen.

6
Strategisches Marketing

• Visionen ändern das Verständnis vom Machbaren und Nichtmachbaren.


• Visionen verhelfen zu gezielteren Prioritäten und Maßnahmen.

Hilfestellungen für Visionäre


• Denken Sie gesamtunternehmerisch, Visionen müssen sich vom Detail lösen.
• Lassen Sie Wenn und Aber weg.
• Man sollte in Zeitperspektiven von 10 bis 12 Jahren denken und in diesen Abständen
neu erarbeiten - abhängig von der Branche.
• Visionen funktionieren nur dann, wenn man selbst daran glaubt und auch die Ande-
ren dafür gewinnen kann.
• Visionen sind meist bildhaft und sprechen viele Sinne an.
• Visionen sind einfach und daher auch leicht verständlich.
• Visionen haben symbolhafte Wirkung.
• Man sollte von der Metaebene Visionen entwickeln.

Visionen zeichnen sich nach Buchner weiters durch Folgendes aus:


• sie müssen realisierbar sein
• sie müssen glaubwürdig sein
• sie müssen einen gegebenen Zustand nachhaltig verändern wollen
• sie müssen griffig und plastisch sein
• sie müssen dem Wettbewerbsumfeld angepasst sein.

Visionen sind relativ weit entfernt liegende, noch unscharfe Zielvorstellungen. Sie werden
jedoch im Unternehmen als erreichbar und anstrebbar gesehen. Dies entscheidet sie von
Utopien und Wünschen. Wenn man die Biographien erfolgreicher Unternehmer liest,
wird man feststellen, dass am Beginn Ihrer Success-Story eine klare Vision gestanden ist.
Als Beispiele können die Unternehmen Aldi, 3M, Boeing, Ford, Apple, Microsoft, SAP,
Hewlett Packard, Walt Disney, IBM etc. genannt werden, die von „charismatischen Un-
ternehmerpersönlichkeiten mit großen Visionen“ gegründet wurden.

7
Strategisches Marketing

Ausgehend von dieser Vision, diesem Bild des Unternehmens in der Zukunft, sollen/ kön-
nen die weiteren Elemente einer Unternehmensstrategie bzw. einer Marketingstrategie
abgeleitet werden.

Das Leitbild
Das Leitbild (oder: Unternehmensgrundsätze) stellt eine kurze und prägnante Formulie-
rung der unternehmenspolitischen Grundsätze dar. Das Leitbild wird allen Mitarbeitern,
aber häufig auch der Öffentlichkeit (speziell in Unternehmensbroschüren und im Internet)
bekannt gegeben. Folgende Inhalte könnten in einem solchen Unternehmensleitbild be-
handelt werden:
• Zweck und Existenzgrund des Unternehmens bzw. der Organisation
• Tätigkeitsbereich des Unternehmens bzw. der Organisation
• Zu bearbeitender Markt, erbrachte Leistungen und eingesetzte Technologien
• Stellung in der Gesellschaft
• Einstellung und Verhalten gegenüber Mitarbeitern
• Einstellung und Verhalten gegenüber Kunden
• Einstellung und Verhalten gegenüber Mitbewerbern
• Einstellung und Verhalten gegenüber Lieferanten
• Umweltgrundsätze
• Entscheidungsgrundsätze

Das Leitbild ist die Verfassung des Unternehmens bzw. der Organisation. So wie eine
Rechtsverfassung schriftlich manifestierter Spiegel der Gesellschaft bzw. Kultur ist, ist das
Leitbild der schriftlich festgehaltene Teil der Unternehmenskultur (Corporate Cultur).
Ein geschriebenes Leitbild, das nicht gelebt wird, ist wertlos. Daher sollen möglichst viele
Mitarbeiter in den Prozess der Leitbilderstellung miteinbezogen werden. Dadurch entsteht
Kommunikation und Reflexion über die Kultur des Unternehmens.
Die Mitarbeit an der Leitbilderstellung ist als Instrument der Motivation und als Ausdruck
des Interesses vom Mitarbeiter zu sehen. Werden jedoch große Fehler bei der Mitarbeit an
der Leitbilderstellung gemacht, kann genau der umgekehrte Effekt eintreten, die Demotiva-
tion.

8
Strategisches Marketing

Dem Kunden gibt das Leitbild Sicherheit. Grundsätzlich kann er sich daran orientieren,
was das jeweilige Unternehmen in den nächsten Jahren als Zielkatalog definiert.

Das Leitbild kann auch auf einzelne Funktionsbereiche hinunter gebrochen werden und
geht dann in die Zielformulierung über. Nachfolgend ein praxisorientiertes Beispiel:

Grundlegende Marke- Marketing (-Ziel) Leitbild eines Unternehmens


ting-Ziel-Größen (für eine konkrete Produktgruppe und ein konkretes Jahr)
Marktanteil Es wird ein Marktanteil von 20 % wertmäßig und 18 % men-
genmäßig angestrebt.
Distribution Die Distribution soll sich numerisch/gewichtet auf 50/80 ein-
pendeln.
Preis (Position) Die Produktgruppe X soll im Konsummarkenbereich innerhalb
des Preisbandes von € 10,- und 15,- (EVP) angesiedelt werden.
Bekanntheitsgrad Für die Produktgruppe (Marke) X soll ein ungestützter Be-
kanntheitsgrad von 40 % erreicht werden
Image Das Produkt-/Markenprofil soll auf folgenden „Säulen“ aufge-
baut werden: natürliche Rohstoffe, neue Wirkstoff-
kombinationen K14, Unternehmen Y ist ein Spezialist.
Abb. 19: Operationalisierung eines Funktionsbereichs Marketing-Leitbildes

1.2 Von der Vision über die Strategie zum Marketing-Mix

Die Vision stellt die oberste Zielebene, die „Business Mission“, d. h. den Unterneh-
mensauftrag dar. Es geht letztendlich um die Frage, warum ein Unternehmen überhaupt
existiert, welchen Sinn es erfüllt. Dies schlägt sich im Unternehmensleitbild bzw. den Un-
ternehmensgrundsätzen nieder. Z. B. AVIS – we try harder (= besser sein als die Mitbe-
werber), Mercedes – Ihr guter Stern auf aller Straßen (= Verlässlichkeit durch Qualität),
Nivea – Ideen fürs Leben (= die kleinen Problemlösungen für das tägliche Leben).

9
Strategisches Marketing

In weiterer Folge wird dadurch das zum Unternehmensauftrag passende Geschäftsfeld und
Leistungsangebot bestimmt. Es geht hier um die Kernfähigkeiten und Kernkompetenzen
des Unternehmens und die Frage, wodurch und wie sich das Unternehmen vom Mitbe-
werb unterscheiden möchte und so langfristig erfolgreich sein kann. Es geht aber auch um
die Frage, welches Image und welche Corporate Identity (Unternehmens-„Persönlichkeit“)
ein Unternehmen nach innen und außen aufbauen möchte.

In weiterer Folge sind die Unternehmensoberziele zu bestimmen. Diese betreffen Bereiche


wie Rentabilität des Unternehmens, Umsatzziele, Gewinnziele, angestrebte Marktanteile,
Marktpositionen etc., um dann daraus die Ziele für die einzelnen Unternehmensfunktio-
nen (Marketing, Produktion, Beschaffung, Materialwirtschaft, Finanzen etc.) und die dazu-
gehörenden Maßnahmen und Instrumente festlegen zu können.

Abb. 20: Zielsystem von Unternehmen

10
Strategisches Marketing

Abb. 21: Beispiel eines Unternehmenszielsystems

Im folgenden Kapitel werden ausgehend von diesen grundsätzlichen Überlegungen der


Weg zur Entwicklung eines Marketing-Konzeptes skizziert und auch die bisher genannten
Ebenen im Zielsystem von Unternehmen weiter vertieft.

Ab dem Kapitel 6 werden die einzelnen Bereiche des Marketing-Mix dargestellt, also jene
Maßnahmenbündel, die im Marketing zur Verfügung stehen.

11
Strategisches Marketing

1.3 Lernziele & Wissensfragen, Literaturtipps

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen Strategischer Planung und Strategi-
schem Marketing.
2. Was sind Visionen und welche Wirkung haben sie?
3. Skizzieren Sie das Zielsystem in Unternehmen?

Literaturtipps
Becker, J.: Das Marketingkonzept, München 2005
Bea, F. X./ Haas, J.: Strategisches Management, Stuttgart 1997
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Kropfberger, D.: Erfolgsmanagement statt Krisenmanagement, Linz 1986
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Porter, M. E.: Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten,
3. Auflage, Frankfurt/Main, New York 1992
Porter, M. E. Wettbewerb und Strategie, München 1999
Porter, M. E.: Wettbewerbsstrategie – Methoden zur Analyse von Branchen und Konkur-
renten, 7. Auflage, Frankfurt/Main 1992
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

12
Strategisches Marketing

2 AUFBAU EINES STRATEGISCHEN


MARKETINGKONZEPTES

2.1 Arten der Planung

Planung bedeutet aktive Auseinandersetzung mit der Zukunft und ist damit eine geistige
Vorwegnahme zukünftiger Entscheidungen auf Basis einer intensiven und systematischen
Beschäftigung mit der Zukunft. Sie zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

• Planung ist zukunftsorientiert


• Planung erfolgt systematisch
• Planen setzt das Denken vor das Handeln
• Planen beinhaltet Zielbildung
• Zur Zielerreichung werden Alternativen erarbeitet
• Die am besten geeignete Alternative wird ausgewählt – dadurch wird aus einem Plan-
vorschlag ein verbindlicher Plan
• Es werden Anweisungen zur Durchsetzung des gewählten Plans erarbeitet
• Die Pläne werden schriftlich niedergelegt und laufend kontrolliert

Inhaltlich ist zuerst zwischen strategischer und operativer Planung zu unterscheiden


• Strategische Planung = „Die richtigen Dinge tun“
Bei der strategischen Unternehmensplanung geht es um den Aufbau und den Erhalt
von Erfolgspotenzialen für die Zukunft und den Abbau sowie die Verhinderung von
Misserfolgsfaktoren. Es geht also beim Marketing um Strategisches Denken. Aufbau-
end auf den vorhandenen Stärken des Unternehmens werden Prognosen über die At-
traktivität verschiedener Teilmärkte erstellt. Schwächen sollen abgebaut werden.
Den Ausgangspunkt der strategischen Planung bilden die „Vision“ und die Grobziele
des Unternehmens bzw. des Unternehmers. Der strategische Planungsprozess bein-
haltet dann folgende Teilaufgaben:
o Abgrenzung der strategischen Geschäftsfelder
o Bestimmung der strategischen Erfolgsfaktoren

13
Strategisches Marketing

o Festlegung des Planungshorizonts


o Formulierung von Strategien
• Operative Planung – „Die Dinge richtig tun“
Aufbauend auf den Ergebnissen der Strategischen Planung befasst sich die operative
Planung mit den Steuerungsgrößen Liquidität und Erfolg, welche kurz- bzw. mittelfris-
tig zu planen sind. Im Marketing geht es dabei um den zielgerichteten Einsatz der In-
strumente des Marketing-Mix und die entsprechenden Wirkungskontrollen.

Weiters lässt sich die Planung nach dem Zeithorizont unterscheiden (unterschiedlich nach
Produkten):
• Die kurzfristige Planung erstreckt sich im Regelfall auf die Dauer von maximal bis zu
einem Jahr. Üblicherweise betrifft sie die operative Planung. Die Ziele sind dabei eher
quantitativer Natur und die Planung beschäftigt sich mit den Steuerungsgrößen Erfolg
und Liquidität. Im Bereich des Marketings geht es um den Einsatz der Instrumente im
Marketing-Mix (Mediaplanung, Streuplanung, Preisaktionen, Mailings etc.).
• Eine Abgrenzung hin in Richtung einer oftmals vorgebrachten sog. mittelfristigen Pla-
nung ist schwierig. Bisweilen wird von einer Mittelfristplanung bei einem Planungsho-
rizont von bis zu einem Jahr ausgegangen, wobei dann die Kurzfristplanung nur einige
Wochen und Monate umfasst (z. B. 6 Monate im klassischen consumer-Bereich). Im
Wesentlichen betrifft auch die Mittelfristplanung die Steuerungsgrößen Erfolg und Li-
quidität.
• Die langfristige Planung ist i. d. R. eine strategische Planung und hat damit die Aufga-
be der Wahrung und Sicherung der Erfolgspotentiale. Das Ziel ist, die Existenz des
Unternehmens auch in Zukunft zu gewährleisten. Eine Technik der langfristigen Pla-
nung ist beispielsweise die Szenariotechnik. Hierbei wird über Planungszeit- räume
von zehn Jahren und mehr über mögliche Trends, die sich schon in der Gegenwart
abzeichnen, weitergesponnen. Für jedes Szenario wird eine eigene Grobstrategie
entwickelt (inkl. Best-Case- [sunshine], Worst-Case- [sunset] und Trend-Szenario), und
aus der Summe der Strategien werden jene Maßnahmen ausgewählt, welche bei allen
Szenarien Erfolg versprechend sind. Dabei verfolgt man üblicherweise das Trend-
Szenario. Siehe dazu Kapitel 4.6.

14
Strategisches Marketing

Viele Unternehmen legen die Planung als eine sog. rollende Planung mit einem Zeithori-
zont von z. B. fünf Jahren an. Das Konzept der rollenden Planung ist eine Mischform aus
kurz- und langfristiger Planung.
• Im ersten Jahr wird ein Feinplan aufgestellt, sowie ein Grobplan für die zwei bis vier
darauf folgenden Jahre. Das strategische Ziel steht als Vision am Ende der Planungs-
reihe.
• Nach dem ersten Jahr ändert sich der erste Grobplan zu einem Feinplan, der zweite
Grobplan wird überarbeitet, und man erstellt einen Grobplan für die darauf folgende
Periode u. s. w.

Planungsverfahren
Abhängig von welcher Ebene im Unternehmen die Planung ausgeht und weitergeleitet
wird, kann man zwischen retrograder oder top-down-Planung, progressiver oder bottom-
up-Planung und der Gegenstromplanung unterscheiden.

• Bei der retrograden oder top-down-Planung wird ein globaler Rahmenplan von der
Geschäftsleitung ausgearbeitet, und von oben nach unten weiter in Teilpläne zerlegt,
welche wiederum als Rahmenpläne für die nachgelagerten Stellen gelten. Der Hierar-
chie folgend entstehen aus den Rahmenbedingungen der ersten Ebene immer konkre-
tere Pläne. Der Vorteil dieser Methode liegt in dem hohen Maß der Zielerreichung der
Gesamtunternehmung. Allerdings besteht die Gefahr, dass die nachgeordneten Stellen
aufgrund fehlender Beteiligung zu wenig Information sowie unrealistische Vorgaben
erhalten, und daraus beispielsweise Demotivation der Mitarbeiter entsteht.

• Im Gegensatz zur retrograden, verläuft die Richtung der progressiven Planung von den
untersten Hierarchieebenen aufwärts. Bei diesem Verfahren erfolgt auf den unteren
und mittleren Managementebenen die Bildung operativer Pläne. Der Aggregations-
grad nimmt umso stärker zu, je höher die Planung wandert. Das heißt, zuerst werden
operative Pläne entwickelt, welche sich zunehmend in strategische wandeln. Vorteile
dieses Ansatzes liegen vor allem in der Motivation der Mitarbeiter, welche bei der
Planerstellung maßgeblich beteiligt sind – es setzt allerdings flache Hierarchien und

15
Strategisches Marketing

hohe Delegationsbereitschaft voraus. Schwierigkeiten können sich besonders bei der


Einreichung der Teilpläne bei der übergeordneten Ebene ergeben, da es zu mangeln-
der inhaltlicher Konsistenz kommen kann, bzw. die gleichzeitige Realisation der ein-
zelnen Teilpläne nicht möglich ist.

• Das Gegenstromverfahren der Planung stellt eine Mischform der beiden oben genann-
ten Methoden dar und hat sich in den letzten Jahren als das gebräuchlichste etabliert.
Zuerst wird von der Geschäftsleitung ein Rahmenplan ausgegeben, welcher sukzessi-
ve nach unten verfeinert wird (retrograd), um von der untersten Planungsebene aus
gemäß der progressiven Planung zur obersten Hierarchie zurückzulaufen. Die Kombi-
nation der oben genannten Verfahren hat den Vorteil, dass auf Grund des Rücklaufs
der Pläne eine Kontrolle hinsichtlich Erreichbarkeit der Ziele erfolgt. Sofern das
Hauptziel der Planung nicht gefährdet wird, kann auf den jeweils nachgelagerten Stu-
fen eine Korrektur der Pläne vorgenommen werden. Ein weiterer Vorteil des Gegen-
stromverfahrens liegt, wie schon beim progressiven Verfahren, in der hohen Motivati-
on der Mitarbeiter. Der einzige Nachteil besteht in dem großen Zeitaufwand, welcher
zum Erstellen solcher Pläne benötigt wird.

2.2 Prozess der strategischen Planung

Die strategische Planung stellt einen informationsverarbeitenden Prozess dar, welcher sich
wiederum in Teilprozesse gliedert. Was einerseits den Prozess- und somit auch den Pha-
sencharakter der – gewollten – strategischen Planung anbelangt, ist anzumerken, dass es
kein eindeutiges Ablaufschema solch eines Prozesses gibt.

Im Allgemeinen ist sogar davor zu warnen, Strategien faktisch „nach dem Lehrbuch“ zu
entwerfen, da es kein allgemeingültiges Rezept gibt, welches das Finden optimaler lang-
fristiger Entscheidungen garantiert. Vielmehr ist – sowohl was den Ablauf als auch die ein-
gesetzten Instrumente betrifft – auf die konkrete Situation des einzelnen Unternehmens
einzugehen.

16
Strategisches Marketing

Folgende Aufzählung der einzelnen Schritte soll keine Norm, sondern lediglich eine Rah-
menvorgabe für einen Planungsprozess darstellen.

Abb. 22: Prozess der strategischen Planung

17
Strategisches Marketing

2.3 Erstellung eines strategischen Marketingkonzeptes

Projektstrukturplan (am besten in Form eines Struktogramms)

1. Ist-Analyse
1.1 Externe Analyse
1.1.1 Marktanalyse
1.1.2 Kundenanalyse
1.1.3 Konkurrenzanalyse
1.1.4 Branchenanalyse
1.1.5 Umweltanalyse
1.1.6 Chancen/ Risken Katalog
1.2 Interne Analyse
ABC- Analyse, Lebenszyklus, Altersstruktur … Finanzsituation, 6 Ps, Innovationen,
Mitarbeiter … Organigramm,
1.2.1 Stärken/Schwächen Katalog
1.3 Marktforschung

2. Zukunfts-Analyse
2.1 Trendanalyse
2.2 Szenarien
Sunset-/Sunshine-/Trendszenario/Einflussfaktoren + Abhängigkeiten
2.3 erweiterte SWOT-Analyse
2.4 Portfolio

3. Zielplanung
Visionen/SGF + Kernkompetenzen/Leitbild/CI/Ober-/Detailziele

4. Strategien
4.1 Grundstrategien für
- Unternehmen
- SGF
- Funktionsbereiche
4.2 Positionierung
4.3 Zielgruppe(n)festlegung (= Zielmarkt)
4.4 Organisation

5. Marketing-Mix (= 6 Ps CI)
5.1 Budget
5.2 Spezialthemen (bei Bedarf, abh. von der Projektzielsetzung)

6. Umsetzung

7. Kontrolle der Umsetzung

18
Strategisches Marketing

2.4 Strategische Geschäftsfelder

= „Defining the Business“


Diese Bestimmung der Art des Geschäftes, in dem man tätig sein möchte, stellt den Aus-
gangspunkt jeder strategischen Tätigkeit dar. Man spricht dabei auch von der Positionie-
rung eines Strategischen Geschäftsfeldes (SGF). Unter einem SGF wird eine bestimmte
Produkt-Markt-Kombination verstanden, die alle Geschäftsaktivitäten zusammenfasst, die
in ihren Produkt- und/oder Markt-Kombinationen voneinander abhängig sind; dies können
z. B. Produkte, Vertriebswege, Kunden, Sparten, etc. sein. Hinter der Produkt-Markt-
Kombination steckt die Kernüberlegung, dass ein Produkt selbst keinen Wert hat, da es
seinen Wert erst durch die Nutzenstiftung beim Kunden gewinnt. In der Literatur findet
man fallweise den Begriff Strategische Geschäftseinheit (SGE). Darunter kann die entspre-
chende interne Organisationseinheit verstanden werden, aber auch die Bezeichnung SGF
findet sich in manchen Unternehmen für diese interne Organisationseinheit.

Weitere Merkmale von Strategischen Geschäftsfeldern sind:

• Eine unabhängige Marktaufgabe


• Es können geschäftsfeldspezifische Strategien ausgearbeitet werden
• Die Implementierung eines eigenständigen operativen Handlungsplans ist möglich
• Sie leisten einen eigenständigen Beitrag zur Steigerung des Erfolgspotenzials der ge-
samten Unternehmung und werden häufig als Profit-Center geführt

Im Zuge der Bestimmung der Strategischen Geschäftsfelder bewährt sich folgender Be-
zugsrahmen (SGF-Würfel) nach Abell. In diesem wird der Möglichkeitsbereich von Strate-
gischen Geschäftsfeldern anhand dreier Kriterien beschrieben, z. B. die Kunden-/ Ziel-
gruppen, die Bedürfnisse/Probleme von Kundengruppen und die einsetzbaren Technolo-
gien.

19
Strategisches Marketing

Abb. 23: Geschäftsfeldabgrenzung nach Abell

Beispiele:
 Ein Junges aufstrebendes Unternehmen im EDV-Consulting Bereich könnte sich bei den
möglichen Zielgruppen auf öffentliche Verwaltungen spezialisieren, die eine technolo-
gische Lösung für Netzwerke (Technologie) und darauf aufsetzende Dokumentenarchi-
vierungssysteme (Bedürfnis) benötigen.
 Ein anderes könnte auch auf Schulung und Support von Graphikbearbeitung (Bedürfnis)
von Werbeagenturen (Zielgruppe) mit Apple-Systemen (Technologie) spezialisieren.

Der „Suchweg“ kann dabei aus allen drei Richtungen erfolgen. Dabei könnten/sollten fol-
gende Fragen zuerst gestellt werden:
• „Welche Technologie beherrschen wir und wer könnte das wofür brauchen?“
• „Welche Kundengruppe kenne ich gut und möchte ich bedienen. Was braucht diese
Kundengruppe und wie?“
• „Bei welcher Funktion (Problemlösung) kennen wir uns aus, welche Technologien
gibt es dafür und wer braucht das?“

Auf der Grundlage der Strategischen Geschäftsfelder können dann Strategische Geschäfts-
einheiten als konkrete Produkt-Markt-Kombinationen bestimmt werden (SGE). Zudem

20
Strategisches Marketing

kann innerhalb der SGF eine weitere Aufteilung der Unternehmensaktivitäten in einzelne
Planungseinheiten (Strategische Geschäftseinheiten SGE) vorgenommen werden, für die
dann in Folge einheitliche strategische Konzepte entwickelt werden können.

Ablauf der Zielmarktauswahl


1. Alle Marktsegmente, die mit den Unternehmenszielen nicht kompatibel sind, werden
von der weiteren Betrachtung ausgeschlossen.
2. Die verbleibenden Marktsegmente werden nach Wirtschaftlichkeit, Ansprechbarkeit
und zeitlicher Stabilität analysiert.
3. Bestimmung der Anzahl der Segmente und deren Auswahl anhand unternehmensin-
terner und externer Beurteilungsfaktoren.

Für diese weiteren Schritte im Planungsprozess ist eine Reihe von Informationen notwen-
dig. Die entsprechenden Analysesysteme und Planungsschritte werden nachfolgend be-
schrieben. Diese sind eingebunden in die o. a. exemplarische Anführung des Aufbaus ei-
nes strategischen Marketingkonzeptes. Anschließend werden die weiteren Planungsschrit-
te beschrieben.

Zur Differenzierung des Angebotes bieten sich u. a. fünf grundlegende Möglichkeiten an:
• Produkt
• Service
• Identität/Image
• Distribution
• Mitarbeiter

21
Strategisches Marketing

2.5 Analysen zur Unterstützung des Planungsprozesses

Unternehmen sind heute in ein komplexes und dynamisches Umweltsystem eingebunden,


welches im Rahmen der Planung und den dabei notwendigen Informationsanalysen ent-
sprechend Berücksichtigung finden muss. Dülfer hat die Unternehmensumwelt wie folgt
systematisiert:

Abb. 24: Umwelten des Unternehmens

Im Weiteren werden ausgewählte Analysebereiche dargestellt.

22
Strategisches Marketing

2.5.1 Externe Analysen

Im Rahmen der externen Analyse lassen sich folgende Bereiche unterscheiden:


• Marktanalysen
• Kundenanalysen
• Konkurrenzanalyse
• Branchenanalyse
• Weitere Umweltanalysen (Politik/Recht, Soziales, Kultur, Technik …)

2.5.1.1 Marktanalyse

Folgende Fragen sind im Rahmen einer Marktanalyse von besonderer Bedeutung:


• Um welchen Markttyp handelt es sich? – Boomender Markt (> + 10 %) – Wachsender
Markt (> + 1 %) – Stagnierender Markt (+/- 1 %) – Rückläufiger Markt (> - 1 %)
→ je Markt unterschiedlich
• Wie groß ist der Markt (Marktpotential und Marktvolumen) wertmäßig und mengen-
mäßig?
• Wie hoch ist die Marktpenetration, -sättigung?
• Welche saisonalen Schwankungen gibt es in diesem Markt?
• Wie sind die Marktanteile des eigenen Unternehmens und die der wesentlichen Mit-
bewerber?
• Welche Zukunftsperspektive hat dieser Markt?

Hinweis: Der Bereich Marktforschung wird im Kapitel 5 als Special Topic gesondert
behandelt.

23
Strategisches Marketing

2.5.1.2 Kundenanalyse

Hier ist im Besonderen die Kundenstruktur zu unterscheiden und auch bestmöglich zu


definieren. Bei der Kundenanalyse werden gleichermaßen quantitative wie auch qualitati-
ve Daten berücksichtigt.
• Welche Zielgruppen spricht das Unternehmen an?
• Wie viele Kunden gibt es im Zielmarkt in den relevanten Zielgruppen (Marktsegmen-
tation)?
• Gibt es regionale Schwerpunkte?
• Ist es primär im Business-to-Customer- (B2C) oder im Business-to-Business-Bereich
(B2B) tätig?
• Welche Kaufmotive und welche Bedürfnisstruktur liegen bei den Kunden vor?
• Wie laufen die Kaufprozesse ab? Welches Informationsverhalten haben die Kunden?
• Welche Machtpotentiale haben die Kunden?

2.5.1.3 Konkurrenzanalyse

Im Rahmen der Konkurrenzanalyse ist jeder wichtige Mitbewerber einer sorgfältigen Ana-
lyse zu unterziehen. Im Sinne einer pragmatischen Vorgehensweise könnten die Mitbe-
werber z. B. nach 3 Kategorien sortiert werden:
• der stärkste Mitbewerb
• der aggressivste Mitbewerb
• der Newcomer im Mitbewerb, der am meisten aufhorchen lässt.

In einem eigenen Mitbewerberanalysemodell sollen mindestens die 3 wichtigsten Konkur-


renten bewertet und mit dem eigenen Unternehmen verglichen werden:

24
Strategisches Marketing

Mitbewerber Mitbewerber Mitbewerber Unser


Kriterien
A B C Unternehmen
Hauptstärken
Hauptschwächen
Gegenwärtige Marktstellung
Erkennbare Wettbewerbsvorteile
Erkennbare Strategie
Wissen/Können der Mitarbeiter
Beschaffungspolitik
Produktpolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Kostenstruktur
Gewinnsituation
Finanzkraft
Internationalisierungsgrad
Weitere Erfolgskriterien im Detail

Die dazu erforderlichen Informationen können aus öffentlich zugängigen Quellen (Medi-
enberichten, WK, Wiener Zeitung, Internet …), von ehemaligen Mitarbeitern, eigenem
Wissen, Beobachtungen etc. gewonnen werden.
Die Darstellung kann dabei auch als Profil dargestellt werden (mit/ ohne Bewertung der
Wichtigkeit), siehe Stärken-Schwächen-Analyse.

2.5.1.4 Branchenanalyse

Folgende Kriterien sind für die Branchenanalyse von Bedeutung:


• Branchenstruktur mit Anzahl der Anbieter, Art der Anbieterfirmen, Organisationsgrad
der Branche, Innovationsgrad der Branche
• Kundenstruktur: Anzahl der Kunden und Kundentypen
• Beschäftigungslage und Wettbewerbssituation, wie auch Auslastung der Kapazität und
Mitbewerbsdichte

25
Strategisches Marketing

• Der Internationalisierungsgrad wie Quasimonopol, freier Wettbewerb, Verdrängungs-


wettbewerb etc.
• Weitere Branchenspezifika: Hier handelt es sich um die Fragestellungen:
Ist die Branche bis dato in einem Marketingtiefschlaf gelegen, oder ist sie sehr innova-
tiv gewesen? Welche Margen sind in der Branche zu erzielen? Wie hoch ist das Insol-
venz- bzw. Konkursrisiko? Gibt es Sicherheiten wie Eintrittsbarrieren für neue Konkur-
renten oder Substituierbarkeiten der Leistungen als Unsicherheitsfaktor?

Porter definiert Branche als subjektive Grenzziehung zwischen einem Wettbewerber und
den fünf Wettbewerbskräften, wobei er hervorhebt, dass eine genaue Definition für die
Strategieformulierung unerheblich ist. Bedrohung können gegeben sein durch
• Neue Konkurrenten
• Wettbewerber in der Branche
• Verhandlungsmacht der Lieferanten
• Verhandlungsstärke der Abnehmer
• Rivalität unter den bestehenden Unternehmen
• Ersatzprodukte und –dienste

Abb. 25: Branchenanalyse nach Porter

26
Strategisches Marketing

Bedrohung durch potentielle Konkurrenten


Das Auftreten neuer Unternehmen in einer Branche kann für die bereits vorhandenen
Wettbewerber negative Auswirkungen haben. Es kann durch neue Konkurrenten zu Preis-
senkungen am Markt kommen. Weiters ist es möglich, dass den bestehenden Unterneh-
men Mehrkosten erwachsen. In vielen Fällen sinkt somit durch das Eintreten eines neuen
Wettbewerbers die Rentabilität der etablierten Unternehmen.
Die Gefahr des Markteintritts neuer Konkurrenten hängt von den Barrieren ab, die dem
Neueintretenden entgegenstehen. Je höher die Eintrittsbarrieren sind, desto kleiner ist die
Chance eines erfolgreichen Markteintritts. Ursachen solcher Barrieren sind "Economies of
Scale", hoher Kapitalbedarf für einen Eintritt, etc.

Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste


Ist ein Produkt von seiner Beschaffenheit her geeignet, ein anderes zu ersetzen, und weist
es ein günstigeres Preis-/Leistungsverhältnis auf, kann es zu einer Bedrohung für das ur-
sprüngliche Produkt werden. Für ein Unternehmen ist es essentiell, Substitute als Wettbe-
werbskraft zu erkennen und sie in ihrer Strategie mit zu berücksichtigen. Diese kann etwa
auf die Ausschaltung des Substituts oder eine weitergehende Differenzierung der eigenen
Produkte abzielen.

Verhandlungsstärke von Abnehmern und Lieferanten


Sind Abnehmer bzw. Lieferanten aufgrund einer Machtposition in der Lage, Preise in ih-
rem Interesse zu beeinflussen, so sinkt die Rentabilität eines Unternehmens. Gründe für
eine derartige Machtposition sind:

• hoher Konzentrationsgrad,
• hoher Anteil an den Gesamtumsätzen des unterlegenen Unternehmens, oder
• die glaubwürdige Drohung der Rückwärts-/Vorwärtsintegration.

27
Strategisches Marketing

Ein Unternehmen kann einer Machtausweitung seiner Marktpartner entgegenwirken, in-


dem es beispielsweise:
• die Produktdifferenzierung vorantreibt. Eine fortgeschrittene Produktdifferenzierung
erschwert es Lieferanten und Abnehmern, in den Markt einzutreten, und verhindert
ein einfaches Überwechseln auf Alternativprodukte.
• die Umstellungskosten in einer Branche erhöht (der Wechsel zu Alternativprodukten
und damit die schnelle Auslastung neuer Anlagen wird damit für einen neu eintreten-
den Wettbewerber erschwert).

Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern


Porter betont die intensive wechselseitige Abhängigkeit der Unternehmen einer Branche,
und zwar im Sinne von Rivalität als Folge von einander bedingenden Reaktionsmustern.
Der Grad der Rivalität lässt sich anhand von Faktoren messen, wie beispielsweise:
• Anzahl der Wettbewerber,
• Geschwindigkeit des Branchenwachstums,
• Fix- oder Lagerkostenanteil,
• Differenzierungsgrad.

Im Sinne der Branchentypologie ist zu unterscheiden zwischen einer wachsenden, einer


stagnierenden und einer rückläufigen Branchenentwicklung. Für Unternehmen empfiehlt
es sich, einen Zeithorizont von 5 Jahren anzuvisieren.

2.5.1.5 Umweltanalyse

Hier sind die über die Branche hinausgehenden Rahmenbedingungen im Fokus der Be-
obachtung, die für das Unternehmen im weitesten Sinn relevant sein können.
• Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen, z. B.
Entwicklungstendenzen des Volkseinkommens
Konjunkturschwankungen
Währungsparitäten
Inflationsrate
Entwicklung des internationalen Handels

28
Strategisches Marketing

Arbeitslosenquote
Investitionsneigung
Entwicklungsspezifisch relevanter Wirtschaftssektor etc.
• Technologie, z. B.
Produktionstechnologie
Substitutionstechnologie
Produktinnovation
• Ökologische Umwelt, z. B.
Verfügbarkeit von Energie
Umweltauflagen
Verfügbarkeit von Rohstoff
Recyclingquote
Strömungen im Umweltschutz
• Demographisch und sozialpsychologische Entwicklungstendenzen, z. B.
Bevölkerungsentwicklung
Bevölkerungswanderung
A- B- C- D- E - Schichtverteilung
Arbeitsmentalität
Streikquote
Sparneigung
Freizeitverhalten
Einstellung gegenüber der Wirtschaft
• Politik und Recht, z. B.
Globalpolitische Entwicklungstendenzen
Sozialgesetzgebung und Arbeitsrecht
Flexible Arbeitszeiten
Parteipolitische Entwicklung
Handlungsfreiheit der Unternehmen etc.

Diese Ergebnisse werden in einer Chancen-Risken-Liste/Tabelle in Stichworten zusam-


mengefasst und können dabei (für die SWOT) nach C1 … gereiht werden.

29
Strategisches Marketing

2.5.2 Interne Analysen

Zur Erstellung eines Marketingkonzeptes ist es auch notwendig, die Ist-Situation des Un-
ternehmens in einer internen Analyse zu durchleuchten.
Folgende Punkte sind dabei zusätzlich zum Vergleich in der Konkurrenzanalyse (siehe
Kapitel 4.5.1.3) empfehlenswert:

Analysebereich Inhalte der Analyse


Profil des Unternehmenstyp
Unternehmens Unternehmensgröße
Branchenzugehörigkeit
Standort
Bearbeiteter Marktraum
Eventuelle Konzerneinbindung
Kooperationen/franchising
Leistungsprofil Hauptproduktgruppen/-leistungen
Angesprochene Märkte/Hauptkundengruppen
Strategische Geschäftsfelder
(und deren strategische Geschäftseinheiten)
Potenziale Kapazitäten, Auslastung, Produktivität
Anlagen und technische Potenziale
Know-how und Fähigkeiten
Organisations- und Führungsstruktur
Strategien Bisherige strategische Stoßrichtung
Marketingstrategie
Produktionsstrategie
Forschungs- und Entwicklungsstrategie
Finanzstrategie
Personalstrategie
Wirtschaftliche Bilanzielle Entwicklung und finanzielle Situation
Situation Umsatz-, Kosten- und Ertragsentwicklung
Umsatz-, Kosten- und Ertragsstruktur
Kennzahlen
Geschäftspolitische Grundsätze und Verhaltensspielregeln
Grundsätze Wirtschaftliche Vorgaben
Bestehende Visionen und Leitbilder
Abb. 26: Interne Unternehmensanalyse

30
Strategisches Marketing

Zu diesem Zwecke gibt es im Nachfolgenden einzelne unterstützende Analyseinstrumente


im Marketing (siehe auch Marketingcontrolling, siehe Kapitel 12), die eine gute Diagnose
ermöglichen. Diese Analysen sind in allen Ps - soweit sinnvoll - durchzuführen:

• Renner-Penner-Analyse, ABC-Analyse
• Produktlebenszyklus-Analyse
• Altersstruktur-Analyse
• Weitere Analysen je nach Branche und Fragestellung, wie z. B. gap-/Sortiments-
Analyse
• Potential-Analyse
• Portfolio-Analyse
• Stärken/Schwächen-Analyse

2.5.2.1 Die GAP-Analyse

Unter GAP versteht man die strategische Lücke, als die Differenz zwischen Soll- und Ist-
wert.

Abb. 29: GAP-Analyse

31
Strategisches Marketing

2.5.2.2 Renner/Penner-Analyse (Sortimentsanalyse)

Die Renner-Penner-Analyse gibt als internes Analyseinstrument wertvolle Hinweise für die
Sortimentssteuerung:

Abb. 30: Renner-Penner-Analyse

Meist multipliziert man den durchschnittlichen Umsatzanteil mit 0,7 (einem Erfahrungs-
wert aus der ABC-Analyse, siehe unten). Bei der Ertragskraft wird meist der gewichtete
DBU verwendet.
• Renner sind sehr beliebte Produkte, haben aber einen geringen Ertrag. Diese Produkte
sind, wenn sie nicht bewusst als „Zugprodukte“ positioniert sind, möglichst in Rich-
tung Winner weiterzuentwickeln (z. B. über Zusatznutzen, Service, Variationen, etc.),
sodass ein höherer Preis mit möglichst höherem Wertschöpfungspotenzial am Markt
durchgesetzt werden kann.
• Winner sind die Top-Produkte des Unternehmens, da sie sowohl einen hohen Um-
satzanteil aufweisen als auch ertragsmäßig interessant sind.
• Penner sind Langsamdreher mit einer relativ hohen Spanne. Auch hier sollte der Ver-
such unternommen werden, sie zu Winnern zu entwickeln. Dies kann entweder
durch Preissenkungen erreicht werden (was aber z. B. aus Imagegründen problema-
tisch sein kann) oder durch Verkaufsförderungsmaßnahmen.

32
Strategisches Marketing

• Loser sind Produkte mit erheblichem Entwicklungsbedarf oder zu bereinigende Pro-


dukte, d. h. es ist zu überprüfen, ob sie umsatz- und ertragsmäßig weiterentwickelt
werden können, ob und wie sie im Sortimentsverbund mit anderen Produkten stehen
oder ob sie aus dem Sortiment herausgenommen werden können.

Es bietet sich im Hinblick auf eine laufende Weiterentwicklung des Unternehmens an, die
Renner-Penner-Analyse regelmäßig (z. B. quartalsmäßig, jährlich) durchzuführen, da
durch die Grenzziehung zwischen den einzelnen Feldern jeweils der Durchschnitt heran-
gezogen wird. Damit gibt es jedenfalls immer Loser-Produkte, die es gilt, kritisch zu hin-
terfragen (Achtung: Sortiment nicht zu sehr ausdünnen! → Sortimentsanalyse).

Es ist auch zu beachten, dass es sich um eine interne Analyse handelt und nach externen
Gesichtspunkten (Marktattraktivität, Wachstumschancen, Wettbewerbsstärke etc.) die Be-
urteilung anders ausfallen kann (siehe später bei Portfolioanalyse).

2.5.2.3 ABC-Analyse

Die ABC-Analyse ist ein sehr effektives Instrument zur Unternehmensdiagnose. Der positi-
ve Effekt ist der, dass der Aufwand für die Erstellung relativ niedrig ist, die Aussagekraft
jedoch hoch.
Außerdem wird die ABC- Analyse in den verschiedensten Unternehmens- und Entschei-
dungsbereichen verwendet (z. B. bei der Analyse des Sortiments, der Kunden, des Lagers,
der Kosten etc.)

Grundgedanke ist, dass üblicherweise mit 20 % der Bemühungen 80 % des Erfolges er-
wirtschaftet wird (Pareto-Prinzip). Im Produktbereich bedeutet dies, dass oft mit 20 % des
Sortiments 80 % des Umsatzes bzw. Ertrages erwirtschaftet wird.

33
Strategisches Marketing

Abb. 31: ABC-Analyse

Für die Einteilung in ABC- Produkte wird meist folgende Einteilung gewählt.
A-Produkte 20 % der Artikel = meistens ca. 60 - 70 % des Umsatzes
B-Produkte 20 % der Artikel = ca. weitere 20 - 25 % des Umsatzes
C-Produkte 60 % der Artikel = restlicher Umsatz

Folgende Erkenntnisse können von der ABC-Analyse aus dem nachfolgenden Beispiel ab-
geleitet werden.
Die Information aus der ABC-Analyse besagt, inwieweit das Unternehmen vom Absatz
einiger weniger Produkte abhängig ist (was entsprechende Marketingkonsequenzen hat,
wie z. B. Pflege des Produktes, Marktabsicherung, Variationen etc.) und wie viele Produk-
te es im Sortiment gibt, bei denen hoher Aufwand bei geringem Erfolg gegeben ist (C- Pro-
dukte). Außerdem sollte bezüglich der B-Produkte deren möglicher Ausbau hin zu A-
Produkten überprüft werden. Damit ist die ABC-Analyse eine sinnvolle Ergänzung z. B. für
die Renner-Penner-Analyse oder die strategische Ausrichtung.
Im Sinne der Risikostreuung sollte max. 20 % des Umsatzes mit einem Kunden getätigt
werden.

34
Strategisches Marketing

2.5.2.4 Produktlebenszyklus- und Altersstruktur-Analyse

Die Produktlebenszyklus-Analyse geht von der Überlegung aus, dass Produkte ähnlich wie
biologische Systeme einen Lebenszyklus aufweisen und in den einzelnen Phasen be-
stimmte Charakteristika aufweisen.

Einführung Wachstum Reife/Sättigung Rückgang


Eigenschaften
Umsatz Gering Schnell wachsend Langsamer wachsend Rückläufig
Gewinn Negativ Schnell wachsend Rückläufige Margen Rückläufig
Cash Flow Negativ Mittel Hoch Mittel
Strategie
Ziel Aggressiver Ausdehnung des Gewinnmaximierung Das Produkt „mel-
Markteintritt Marktanteils ken“
Maßnahmen Neue Nutzer Neue Marktsegmente Marktanteil verteidi- Kosten senken
gewinnen gewinnen gen
Wettbewerber Wenige Steigende Anzahl Viele Rückläufige Anzahl
Differenzierung Produkt- Marken Preis und Service Preis
durch Werbe- eigenschaften
verhalten
Abb. 321: Produkt/Markt-Lebenszykluskonzept

35
Strategisches Marketing

I. Einführungsphase Neueinführung eines Produktes am Markt; i. d. R. wird damit


ein Verlust erwirtschaftet, da z. B. die Forschungs- und Ent-
wicklungskosten noch nicht abgedeckt sind (plus Marktauf-
baukosten, evtl. geringerer Einführungspreis).
II. Wachstumsphase Steigende Umsätze und steigende Erträge.
III. Reifephase oder Das Produkt steht am Zenith seiner Entwicklung u.
IV. Sättigungsphase höchster möglicher Umsatz, Ertrag, Marktanteil.
V. Rückgangsphase Sinkende Umsätze und Erträge.

Das Konzept des Lebenszyklus bildet einen wesentlichen Hintergrund der Portfolio-
Analyse nach der Boston Consulting Group, denn z. B. die Einführungsphase entspricht
der Position Baby, die Wachstumsphase den Stars etc. (siehe später unter „Portfolio-
Analyse“).

Das zentrale Problem der Lebenszyklus-Analyse ist der Umstand, dass sich kein generell
gültiger Lebenszyklus für alle Produkte finden lässt. Weder die Dauer (Bsp.: Tamagochi vs.
Persil) noch der Verlauf (z. B. VW Golf durch regelmäßigen relaunch) lässt sich vorhersa-
gen.

Abb. 32: Überlappende Lebenszyklen mehrer Produkt, z. B. eines Autoherstellers

36
Strategisches Marketing

2.5.2.5 Altersstruktur-Analyse

Die nachfolgend dargestellte Altersstruktur-Analyse baut gedanklich auf dem Lebenszyklus


auf und zeigt im Wesentlichen die Struktur des Sortiments auf. Klar wird dabei, dass es ein
ausgewogenes Sortiment geben sollte, in dem genügend Produkte vorhanden sind, mit
denen Neuprodukte finanziert werden können und das Sortiment nicht zu überaltert sein
soll (was auch dem Grundgedanken der Portfolioanalyse entspricht).

Abb. 34: Altersstruktur-Analyse

37
Strategisches Marketing

2.5.2.6 Portfolio-Analyse

Dieses strategische Analyseinstrument wurde von der Boston Consulting Group entwi-
ckelt. Der Portfolio-Begriff ist durch das französische Wort „Portefeuille“ und dem italieni-
schen Begriff „portafoglio“ als Behältnis zur Aufbewahrung von Wertpapieren belegt (im
übertragenen Sinne als Wertpapier- und Wechselbestand einer Bank).

Überträgt man diese Gedanken nun auf eine Unternehmung, bedeutet dies, dass das Un-
ternehmen in Strategische Geschäftseinheiten mit jeweils eigenen Chancen und Risiken
gegliedert wird. Diese versuchen weitgehend selbstständig, ihre Marktaufgabe unter Be-
rücksichtigung der vorhandenen und zukünftigen Kundenprobleme zu lösen.
Die Annahme ist die, dass im Unternehmen verschiedene Produktgruppen existieren, die
da als strategische Geschäftseinheiten bezeichnet werden. Ein Bäcker produziert z. B.
Brot, Gebäck, Mehlspeisen, u. a. m. Diese einzelnen Produktgruppen können nun als Stra-
tegische Geschäftseinheiten für den Gewerbebetrieb definiert werden.

Als Erfolgs- und Steuergrößen dienen Umsätze, Gewinne, Deckungsbeiträge, Cash-flow


sowie deren weitere Einflussfaktoren.

Die grundsätzliche Überlegung, die allen Varianten des Portfoliokonzeptes gemeinsam ist,
lautet, dass im Sinne eines limitierten „Portefeuilles“ die Unternehmung nur ein be-
schränktes Budget zur Erschaffung und Erhaltung von Erfolgspotentialen zur Verfügung
hat. Die Budgethöhe wird aus dem Cash-flow des laufenden Betriebes bestimmt. Das vor-
handene Budget kann in verschiedene SGE/SGF (=Produkt-Markt-Kombinationen) mit un-
terschiedlichen Erträgen und Ertragschancen investiert werden. Die Mittelverwendung
sollte sich an den Ertragschancen der SGE/SGF orientieren. Die Ertragschancen von
SGE/SGF werden im Wesentlichen von zwei Dimensionen bestimmt: eine Dimension
misst die Wettbewerbsvorteile und die Unternehmenskompetenz am Markt, die zweite
Dimension misst die Attraktivität des Marktes/der Branche selbst.
Die Portfolio-Analyse nach der Boston Consulting Group (BCG) geht von zwei Kriterien,
nämlich dem relativen Marktanteil und dem Marktwachstum, aus.

38
Strategisches Marketing

Abb. 35: Portfolio-Analyse nach der Boston Consulting Group

Die Hintergrundüberlegung bei der Portfolio-Analyse ist die, dass eine neue Produktgrup-
pe als Baby beginnt, durch gute Marktaufbereitung zum Star wird, sich im Lebenszyklus
zur Cash Cow (Melkkuh) und in weiterer Folge zum Poor Dog (armen Hund) entwickelt.
In diesem letzten Stadium soll dann das Produkt aus dem Sortiment zum richtigen Zeit-
punkt eliminiert werden. Ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil besteht nun nach den Aus-
sagen der Boston Consulting Group dann, wenn der relative Marktanteil einer SGE/SGF
der Unternehmung >= 1,5 ist, d. h. man ist selbst Marktführer und erreicht einen absolu-
ten Marktanteil, der um mindestens 50 % größer ist als der des nächst größten Wettbe-
werbers am Markt.

Für die vier Felder des Portfolios werden folgende strategische Überlegungen (sog. Norm-
strategien) angestellt.
 Babies: Nachwuchsprodukte mit hohem Wachstum
sind zu fördern und in Richtung Stars weiterzuentwickeln; binden Kapi-
tal → Vorsicht: ewige Babies sind „Cash-Fallen“
 Stars: sind zu halten und mit entsprechenden Investitionen zu unterstützen;
Bergen die Gefahr in sich, zu Cash Cows „abzurutschen“

39
Strategisches Marketing

 Cash Cows: Sind die „Cash-Maschinen“ im Unternehmen, die die notwendigen fi-
nanziellen Reserven für die Babies und die Stars liefern; max. Ersatzin-
vestitionen, keine Neuinvestitionen, oder wieder (zumindest teilweise)
als Star zurückzugewinnen
 Poor Dogs: vernichten Cash, Sortimentsbereinigung ist zu überlegen; evtl. relaunch
einzelner Bereiche.

Wichtig für den Unternehmer ist es, dass die Aufteilung der strategischen Geschäftseinhei-
ten zwischen Baby, Star, usw. gut ausgewogen ist. Bedrohlich wäre es, wenn beispiels-
weise nur mehr Poor Dogs und Cash-Cows im Produkt- oder Sortimentsbereich wären.

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Portfolio nach der Boston Consulting Group
eher für größere Unternehmen und tendenziell für Kostenführer (siehe später Wettbe-
werbsstrategien nach Porter, Kapitel 4.9.3) geeignet ist.

In einer Erweiterung von McKinsey für das amerikanische Unternehmen General Electric
wird das Marktwachstum durch das Kriterium der Marktattraktivität ersetzt (z. B. Risikosi-
tuation, Konkurrenzdruck, Marktpotential → Branchen-, Produkt- und Unternehmensspe-
zifisch zu sehen) und der Marktanteil durch eigene Wettbewerbsstärke (Know-how, tech-
nische Leistungsfähigkeit, etc.).

In der folgenden Abbildung werden das 9-Felder-Portfolio und die dazugehörenden stra-
tegischen Empfehlungen dargestellt.

Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, gibt es wieder Normstrategien, die denen des BCG-
Konzepts ähnlich sind. Allerdings gibt es drei Bereiche, nämlich die Zone der Mittelbin-
dung, die der Mittelfreisetzung und die der selektiven Strategien.
Auch wird eine Neun-Felder-Matrix eingeführt anstelle der Vier-Felder-Matrix, da bei bei-
den Bewertungsachsen die Möglichkeit einer Durchschnittsbewertung vorgesehen ist.

40
Strategisches Marketing

Abb. 36: Portfolio nach McKinsey

Bei der kritischen Würdigung dieses Konzeptes muss festgestellt werden, dass dieselben
Nachteile bestehen wie bei der 4-Felder-Matrix der BCG, außer dass neben den Faktoren
Marktwachstum und Marktanteil eine große Anzahl weiterer Faktoren, welche die um-
welt- und unternehmensbezogenen Erfolgspotentiale repräsentieren, miteinbezogen wer-
den. Jedoch lässt diese hohe Anzahl von Subfaktoren und Einzelindikatoren das System als
unüberschaubar erscheinen. Auch erfolgt die Bestimmung des Erfolgsfaktorenkatalogs für
die beiden Basisdimensionen und die Gewichtung und Zusammenführung von einzelnen
Kriterien nach subjektivem Empfinden und damit willkürlich. Eine Verbesserung der Aus-
sagekraft ist durch entsprechende Marktforschungsergebnisse möglich.

41
Strategisches Marketing

2.5.2.7 Stärken/Schwächen-Analyse

Ausgangspunkt der Stärken/Schwäche-Analyse ist eine kritische Gegenüberstellung der


eigenen Leistungsfähigkeit mit der Leistungsfähigkeit der Konkurrenz. Beurteilungsmaßstab
ist dabei die Kundeneinschätzung. Diese gewinnt man – wie die Konkurrenzanalyse – am
Besten über eine gezielte Primär Marktforschung.

• Strategische Stärken besitzt ein Unternehmen dann, wenn es einen besonderen wett-
bewerbspolitischen Vorsprung hat, der von der Konkurrenz nicht oder nur sehr
schwer einholbar ist.

• Strategische Schwächen sind Wettbewerbsnachteile gegenüber der Konkurrenz, die


vom Unternehmen selbst nicht oder nur sehr schlecht einholbar sind.

Durch die Stärken/ Schwächen-Analyse soll sichergestellt werden, dass von vornherein
nur solche Strategien entwickelt werden, die bestehende Stärken ausnutzen. Keinesfalls
sollten Strategien auf Schwächen aufbauen, weil hier der Misserfolg vorprogrammiert ist.
Ansonsten soll man Schwächen dann abbauen, wenn sie das Unternehmen hindern, seine
Stärken auszuspielen. Sind die Schwächen nicht abbaubar, soll das Unternehmen Märkte
suchen und Strategien entwickeln, bei denen diese Schwächen keine Rolle spielen.

Die Stärken-Schwachen-Analyse wird oft in zwei Formen durchgeführt,

• als Stärken-Schwächen-Katalog und


• als Stärken-Schwächen-Profil

Im Stärken/ Schwächen-Katalog können die einzelnen Stärken und Schwächen detailliert


beschrieben werden und für eine Form der SWOT mit S1 … bezeichnet werden.

Im Stärken/ Schwächen-Profil wird das Unternehmen anhand von verschiedenen Beurtei-


lungskriterien gemessen. Üblicherweise wird dabei eine Skala von mindestens 1 bis 5
(Schulnotensystem) angewendet. Zuerst wird das eigene Unternehmen unabhängig von

42
Strategisches Marketing

der Konkurrenz beurteilt, anschließend auch die Konkurrenz nach demselben Beurtei-
lungsschema. In einem Stärken-Schwächen-Katalog werden die einzelnen Wettbewerbs-
vorteile und -nachteile qualitativ, verbal beschrieben. In der folgenden Abbildung wird
beides in einem dargestellt, um Potentiale besser erkennen zu können.

Abb. 37: Stärken-Schwächen-Analyse

43
Strategisches Marketing

2.5.3 Zukunfts- (Trend)analyse

Neben der Analyse des Ist-Zustandes im Unternehmen ist es von ebenso hoher Bedeu-
tung, die zukünftigen Entwicklungen, die die bestehenden Angebotsformen des Unter-
nehmens bedrohen oder positiv verstärken, zu analysieren.
Dass es in diesem Bereich ein sehr großes Defizit in der österreichischen Wirtschaft gibt,
ist Faktum. Eine Studie von Prof. Prahalad und Prof. Hamel zeigte, dass auch in den USA
Unternehmer und Manager nur 3 % ihrer Arbeitszeit dafür verwenden, um sich mit zu-
künftigen Entwicklungen zu beschäftigen.

Die 6 Trendblöcke – die 6 T's


Nach Ch. Hehenberger 1995 soll jedes Unternehmen bei der Analyse von Trends folgen-
de 6 Trendblöcke berücksichtigen (siehe auch Kapitel 2.4):
• Trends im Kundenverhalten
• Gesellschafts-Trends
• Ökologie-Trends
• Techno-Trends
• Marketing-Trends
• Internationale Trends
• branchenspezifische Trends
Hehenberger 2005 nennt zusätzlich weitere Trends (siehe dazu Kapitel 2.5.2).

Sind die wesentlichen zukünftigen Entwicklungen dem Unternehmen bekannt, dann folgt
der nächste Schritt. Die Unterscheidung in Trendverstärker und Trendfilter.
• Unter Trendverstärker versteht man jene zukünftigen Entwicklungen, die das beste-
hende Leistungsangebot des Unternehmens positiv beeinflussen.
• Trendfilter sind jene Kräfte der Zukunft, die die vorhandenen Angebotsformen des Un-
ternehmens bedrohen.

Eine notwendige Voraussetzung für das Erkennen der relevanten Trends und der Selektion
von Trendverstärkern und Trendfiltern ist die Durchführung eines Trendmonitoring.

44
Strategisches Marketing

Trendmonitoring
Dieser Ansatz bedient sich unterschiedlichster Quellen bzw. Instrumente. Nachfolgend
dazu eine kurze Übersicht:
• Analyse von frühen Medien, Trendletters etc.
• Aufbau und Nutzung eines internationalen Informationsnetzwerkes
• Führung von Expertengesprächen
• Internationale Studienreisen
• Analyse von Primär- und Sekundärforschungen inkl. Auswertung deren Prognosen
• Arbeiten in und mit Szenariotechniken
• Schaffung eines Trendpools
• Speicherung der Informationsvielfalt und Auswertung mittels einer leistungsfähigen
EDV
• Einsatz von gewichteten Bewertungsverfahren

2.6 SWOT-Analyse

Die SWOT-Analyse ist im Wesentlichen eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem
bisherigen Analyseprozess und veranschaulicht folgende Bereiche:

• Strength (Stärken)
• Weaknesses (Schwächen)
• Opportunities (Chancen)
• Threats (Bedrohungen)

Mit ihrer Hilfe sollen die wesentlichen Strategiepotentiale eines Unternehmens eruiert
werden. Sie bildet damit eine sinnvolle Grundlage für die anschließende strategische Ziel-
bildung.

45
Strategisches Marketing

Abb. 39: SWOT-Analyse

Erweiterte SWOT-Analyse
Um die Stärken/Schwächen/Chancen/Risken besser miteinander in Beziehung zu bringen
verwendet man häufig folgende Darstellung. Aus dem Quadranten Chancen-Stärken lässt
sich in weiterer Folge leicht Positionierung und USP/ UMP ableiten.

externe Analyse
Chancen Risken
Stärken Ch R
interne Analyse

St St
Schwächen Ch R

Sch Sch
Abb. 40: erweiterte SWOT-Analyse

In einer anderen Form werden die einzelnen Ergebnisse der o. a. Listen S1 + C3, … in
dieser Darstellungsform verbunden und anschließend im Detail mit Schlussfolgerungen
erläutert.

46
Strategisches Marketing

2.7 Strategische Zielbildung

Ein zentraler Schritt im Planungsprozess ist, aus den unternehmerischen Grundsätzen (Kul-
tur, Philosophie) und den Ergebnissen der vorhergegangenen Untersuchungen Ziele abzu-
leiten. Die Zielbildung sollte von der Hierarchie bei der Vision beginnen, und bis zu den
Zielen einzelner Funktionsbereiche operationalisiert (quantifizierbar, messbar, wider-
spruchsfrei, eindeutig, erreichbar) werden.

Ziel sind Aussagen über anzustrebende Zustände. Sie definieren Maßstäbe, die zur Beur-
teilung und Rechtfertigung von Maßnahmen und zur Kontrolle der erreichten Ergebnisse
dienen.

Im Allgemeinen lässt sich bezüglich der Ziele sagen, dass sie messbar sein sollen, sowie
einen klar definierten Inhalt sowie einen zeitlichen und räumlichen Bezug aufweisen müs-
sen. Für die Umsetzung im Unternehmen muss dann auch noch geklärt werden, wie das
Ziel erreicht wird, wer für die Erreichung verantwortlich ist und vor allem, warum es sinn-
voll erscheint, dieses Ziel zu verfolgen. Anders ausgedrückt geht es um die Frage:
Was muss in welchem Ausmaß bis wann, wo und von wem mit welchen Mitteln und vor
allem warum gemacht werden?

Das oberste Ziel jeder Unternehmung ist jenes nach (hypothetischer) Gewinn- bzw. Ren-
tabilitätsmaximierung bei Sicherstellung der laufenden Liquidität (sog. Formalziele). Den
Ursprung dieser Hypothese findet man in der Mikroökonomie. Im statischen Monopolmo-
dell bestimmt der Unternehmer den Verkaufspreis so, dass er langfristig seinen Gewinn
maximiert. Das Konzept der Gewinnmaximierung ist allerdings nur ein hypothetisches
Zielideal, und das Bestreben des Managements sollte es sein, sich diesem Ideal so weit als
möglich anzunähern. Man spricht davon, dass Neu gegründete Unternehmen spätestens
nach 5 Jahren eine Eigenkapitalquote von 20 – 25 % ausweisen sollen. Etablierte Unter-
nehmen sollten eine Eigenkapitalquote von mindestens etwa 20 – 35 % haben. Der cash
flow sollte dabei mindestens 10 % vom Umsatz betragen.

47
Strategisches Marketing

Abgesehen von marktwirtschaftlichen Zielen sind aber auch nicht-monetäre Zielsetzungen


wie Macht, Prestige, Umweltschutz etc. unbestrittener Weise zu berücksichtigen (sog.
Sachziele). Diese psycho-sozialen, politischen oder ökologischen Ziele werden oft bei
genauerer Betrachtung ebenfalls von einem monetären Charakter geprägt, denn, leisten sie
- langfristig gesehen - keinen eigenständigen Beitrag zur Steigerung des Erfolgs (-potentials)
(beispielsweise Image, Bekanntheitsgrad, Marke) einer Unternehmung, werden sie bei der
Planung unberücksichtigt bleiben.

Zu unterscheiden ist des Weiteren die horizontale sowie die vertikale Rangordnung. Sind
die Zielelemente gleichwertig, so entspringen sie einer horizontalen Rangordnung. Die
vertikale Rangordnung hingegen legt die Beziehung zwischen Ober- und Unterzielen fest.

Ziele können zueinander komplementär sein, neutral oder konfliktär.

• Zielkomplementarität
Die Erreichung eines Zieles bedeutet zugleich eine bessere Erfüllung eines anderen
Zieles. Das Ziel, den Marktanteil um 20 % zu erhöhen, ist komplementär zum Ziel,
die Stückgesamtkosten zu senken.

• Zielneutralität
Die Erreichung eines Zieles hat keine Auswirkung auf die Erreichung eines anderen
Zieles. Beispiel: Der Wunsch einen bestimmten Deckungsbeitrag für ein Produkt zu
erreichen, wirkt neutral auf das Ziel, den Bekanntheitsgrad des Unternehmens auf
70 % zu steigern.

• Zielkonflikt
Die Erreichung eines Ziels behindert bzw. verhindert die Erreichung eines anderen.
Beispiel: Eine Preis-Mengen-Strategie verhindert die Zielerreichung höchste Marken-
qualität.

48
Strategisches Marketing

Beim Prozess der Zielbildung werden die abstrakten Ziele der Unternehmung operationa-
lisiert. Ausgehend vom Grundauftrag besteht die Möglichkeit des Bezugs zweier unter-
schiedlicher Positionen, um ein Zielsystem zu formulieren. Hierbei handelt es sich einer-
seits um Unternehmen, die gewinnorientiert handeln, oder aber um Nonprofit- Organisa-
tionen. Bei der Formulierung ist auf die Interessen verschiedenster Gruppen (Stakeholder)
einzugehen, sowie auf gesetzliche Rahmenbedingungen zu achten. Ist unter Berücksichti-
gung aller Faktoren ein Ziel gebildet worden, besteht der nächste Schritt in der Suche und
anschließender Bewertung einer Strategie.

Überprüfung der Zielerreichung


Wie auch im Teil Marketing und Controlling herausgearbeitet, sind Ziele nur so gut, so gut
sie auch einem Soll-Ist-Vergleich zugeführt werden können.

Die Ziele werden nach


• Inhalt,
• Ausmaß und
• zeitlichem Bezug
festgelegt bzw. gemessen.

Stellung von Marketingzielen


In einem typischen Verkäufermarkt treten Beschaffungs- und Produktionsziele deutlicher
in den Vordergrund, in einem klassischen Käufermarkt sind die Marketingziele das oberste
Primat.
• Unternehmensziele
• Beschaffungsziele
• Produktionsziele
• Marketingziele
• etc.

49
Strategisches Marketing

Im Wesentlichen ist zwischen quantitativen und qualitativen Marketingzielen zu unter-


scheiden. Quantitative Marketingziele sind beispielsweise
• Umsatzziele
• Deckungsbeitragsziele
• Gewinnziele
• Marktanteilsziele
• Absatzziele
• Quadratmeterumsatz
• Umsatz pro beschäftigter Person
• Cash-flow in Prozent der Betriebsleistung
• Produktmix-Steuerung

Grundlegende Marke- Marketing-Ziele eines Unternehmens (für eine konkrete Pro-


ting-Ziel-Größen duktgruppe/SGF und ein konkretes Jahr)
Marktanteil Es wird ein Marktanteil von 20 % wertmäßig und 18 % men-
genmäßig angestrebt.
Distribution Die Distribution soll sich numerisch/gewichtet auf 50/80 ein-
pendeln.
Preis (Position) Die Produktgruppe X soll im Konsummarkenbereich innerhalb
des Preisbandes von € 10,- und 15,- (EVP) angesiedelt werden.
Bekanntheitsgrad Für die Produktgruppe (Marke) X soll ein ungestützter Bekannt-
heitsgrad von 40 % erreicht werden
Image Das Produkt-/Markenprofil soll auf folgenden „Säulen“ aufge-
baut werden: natürliche Rohstoffe, neue Wirkstoffkombinatio-
nen K14, Unternehmen Y ist ein Spezialist.
Abb. 41: Operationalisierung eines SGF

Qualitative Marketingziele sind etwa:


• Bekanntheitsgrad
• Image
• Beeinflussung des Verhaltens der Marktpartner
• Verstärkung der Kaufabsicht und Aufbau von Präferenzen
• Soziale Ziele wie Arbeitsplatzsicherung
• Ökologische Ziele, z. B. Umweltschonung, 100%iger Recyclinganteil, etc.

50
Strategisches Marketing

2.8 Strategiensuche und Bewertung

2.8.1 Grundsätzliches zu Strategien

Damit die Vision, das Leitbild und die Ziele des Unternehmens tatsächlich umgesetzt
werden, müssen sie in Strategien „herunter gebrochen“ werden. Strategien sind Bündel
von mittelfristigen, handlungswirksamen Unternehmenszielen, Maßnahmenpaketen zur
Zielerreichung und Kontrollpunkten (Meilensteinen).

Strategien sind Maßnahmen zur Sicherung des langfristigen Erfolgs eines Unternehmens.
Das Wort Strategie hat seinen Ursprung im militärischen Bereich und leitet sich von den
griechischen Wörtern "stratos" zu deutsch "Heer" und "agos" übersetzt "Führer" ab. Das
Anliegen eines jeden Strategen war es, ein System von Grundregeln der Kriegsführung zu
schaffen. Zwei historische Bücher zur Kriegsführung finden sich wegen ihre guten Über-
tragbarkeit auf die Situation in Unternehmen in den Buchhandlungen auch meistens in der
Rubrik Managementliteratur, nämlich von Clausewitz mit dem Buch „Vom Kriege“, und
Sun Tsu mit „Die Kunst des Krieges“. Folgende Standpunkte haben sich dabei u. a. her-
ausentwickelt:
• Wähle den optimalen Kampfort, um die Stärken bestmöglich zu entfalten.
• Konzentriere die Stärken auf etwaige Schwächen des Gegners.
• Überrasche den Gegner! Sei innovativ!
• Stimme das Ziel mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sorgfältig aufeinander ab.
• Verliere nie das Ziel aus den Augen.
• Wähle den Weg, den der Gegner am wenigsten erwartet.
• Studiere den Gegner genauestens.

Viele dieser militärgeschichtlichen Anregungen haben davon in der Managementpraxis


und -theorie ihren Niederschlag gefunden. In der jüngeren Marketingliteratur definiert Be-
cker vier grundlegende Arten von Marketingstrategien.

51
Strategisches Marketing

2.8.2 Ebenen von Unternehmensstrategien

Unternehmensstrategien lassen sich in die drei Ebenen Unternehmensstrategie, Geschäfts-


bereichsstrategie und Funktionsbereichsstrategie untergliedern.

• Unternehmensstrategien geben die generelle Stoßrichtung des Unternehmens an. Sie


entscheiden, ob expandiert, stabilisiert oder deinvestiert wird. Wichtig ist bei einer
Wachstumsstrategie die Ausnützung von Synergien. Ob sich diese Synergieeffekte in
Kostensenkungen, Transfer von know- how oder auf einen gemeinsamen Kunden-
dienst beziehen, ist strategieabhängig.
Die Stabilisierungsstrategie ist auf Positionssicherung ausgelegt. Das heißt, Marktantei-
le sollen gehalten werden, auf einen Ausbau der Kunden wird momentan verzichtet.
Diese Strategie wird häufig als Übergangsstrategie verwendet, um Risiken zu minimie-
ren und abzuwarten wie der Mitbewerb agiert. Zu einer Desinvestitionsstrategie wird
sich das Management entschließen, wenn sich eine Unternehmung beispielsweise -
bezugnehmend auf ihre Kernkompetenzen - „gesundschrumpfen“ möchte.

• Die Geschäftsbereichsstrategien sollen den von der Unternehmensleitung ausgegebe-


nen strategischen Rahmen ausfüllen. Sie widmen sich den Fragen wie die Marktgren-
ze gezogen, und wie der Wettbewerb ausgetragen werden soll. Porters Modell der ge-
nerischen Wettbewerbsstrategien stellt im Wesentlichen drei Grundstrategien zur
Auswahl. Dies sind Kostenführer, Differenzierer und Nischenanbieter. Die Geschäfts-
bereichsstrategien legen somit fest, in welche Richtung Wettbewerbsvorteile ange-
strebt werden sollen. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Richtung, bedarf es
strategischer Potentiale. Diese Leistungspotentiale werden über die Funktionsbereich-
strategien entwickelt und genutzt.

• Der Prozess der Strategiewahl ist mit dem Bereich der Funktionsbereichsstrategien
hierarchisch gesehen auf der untersten Ebene angelangt. Dieser Prozess befasst sich
im Sinne von Leistungspotentialnutzung und -entwicklung mit folgenden Strategien:

52
Strategisches Marketing

Beschaffungsstrategien, Produktionsstrategien, Marketingstrategien, Finanzierungsstra-


tegien, Personalstrategien und Technologiestrategien.

Michael E. Porter hat zur Systematisierung von Unternehmensstrategien bzw. Funktionsbe-


reichsstrategie sowie zur Aufdeckung und Gestaltung strategischer Wettbewerbsvorteile
bzw. Differenzierungspotentiale zur Abgrenzung vom Mitbewerb das Modell der Wert-
schöpfungskette (auch oft Wertkette bezeichnet) entwickelt. In diesem Modell werden die
wert schöpfenden Tätigkeiten eines Unternehmens in neun Bereiche (fünf primäre und
vier unterstützenden Aktivitäten) gegliedert.

Abb. 42: Wertekette nach Porter Quelle: Porter (1985)

Eine dermaßen detaillierte Untersuchung Wert schöpfender Teilbereiche ist nötig, da die
tatsächliche Wertschöpfung nicht nur als Differenz zwischen Verkaufspreis und Rohstoff-
kosten gesehen werden kann, sondern vielmehr einen komplexen unternehmerischen Ge-
staltungsprozess darstellt. Der von Porter gezeigte Vorschlag ist mehr ein Gestaltungsrah-
men, in welchem sich die bewegen.

53
Strategisches Marketing

2.9 Basisstrategien

2.9.1 Wachstumsstrategie bzw. Produkt/Markt-Matrix von Ansoff

Die Produkt/Markt-Matrix von Igor Ansoff liefert einen ersten grundlegenden Rahmen, in
welche Richtung das Unternehmen zu führen ist. Er entwickelte im Jahr 1965 eine Matrix,
welche sich mit den Fragen befasst, was (Produkt) wem (Markt) angeboten werden soll.

Durch die gedankliche Verknüpfung von Produkten und Märkten lassen sich Grundstrate-
gien ableiten:
• Die Marktdurchdringungsstrategie soll den Marktanteil der Unternehmung vergrößern.
Hierbei ist zu beachten, dass ab einer gewissen Marktsättigung ein Wachstum nur
mehr durch Abwerben der Kunden vom Mitbewerb möglich ist.
• Bei der Marktentwicklungsstrategie steht das Bestreben im Vordergrund, bestehende
Produkte auf neuen Märkten abzusetzen.
• Die Strategie der Produktentwicklung sichert das Wachstum der Unternehmung durch
Innovation sowie F&E (Forschung und Entwicklung). Hierbei ist zwischen echter Inno-
vation, Innovationen, die an bereits bestehende Produkte anschließen, und me- too
Produkte zu unterscheiden.
• Die Diversifikation eignet sich zum „Ausbrechen“ aus den Heimatmärkten/
-produkten, sowie zur Risikosteuerung und -streuung. Man unterscheidet zwischen
horizontaler, vertikaler und lateraler Diversifikation.

54
Strategisches Marketing

gegenwärtige neue
Märkte Märkte

Produktentwicklung Diversifikation
• Innovationen • auf gleicher Verarbeitungs-
• Differenzierung stufe
neue
• Übernahme • auf vor-/nachgelagerter Ver-
Produkte • Lizenzkauf etc. arbeitungsstufe
• ohne Bezug zum bisherigen
Geschäft

Marktdurchdringung Marktentwicklung
• Verstärkung des Außen- • neue Anwendungen er-
dienstes schließen
gegenwärtige Pro-
• Wettbewerbsverdrängung • regionale Ausweitung
dukte • Neukundengewinnung • individualisierter Dialog
• Produktvariationen
• Zweitmarkenstrategie

Abb. 433: Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff

Die Erfolgschancen und der erforderliche Resourceneinsatz in den einzelnen Bereichen


werden von Cuno Pümpin folgendermaßen beurteilt:

Erfolgschancen Resourceneinsatz
Marktdurchdringung 50 % 100 %
Produktentwicklung 33 % 400 %
Marktentwicklung 20 % 800 %
Diversifikation/Ausbruch 5% 1200 – 1600 %

55
Strategisches Marketing

2.9.2 Positionierung und Profilierung

M. Porter hat in den 80er Jahren seine mittlerweile „berühmten“ Wettbewerbsstrategien


entwickelt. Er versuchte damit zu zeigen, welche Arten von Unternehmen erfolgreich sind
(hohe Rentabilität) und welche keinen Erfolg haben. Er ist zu der im Prinzip bestechend
einfachen Erkenntnis gekommen, dass es zwei Erfolg versprechende Wettbewerbsstrate-
gien gibt, die ein Unternehmen einnehmen kann (= Strategische Positionierung), nämlich
die Strategie der Kosten-/Preisführerschaft und jene der Qualitätsführer-
schaft/Differenzierung. Siehe dazu auch Kapitel 6.1.5.

Abb. 44: Wettbewerbsstrategien nach Porter

56
Strategisches Marketing

Kostenführerschaft besteht im Erlangen von Kostenvorsprung gegenüber dem Wettbewerb


einer Branche. Basis dafür ist die Analyse, in welcher Weise Kostenantriebskräfte das Kos-
tenverhalten bestimmter Aktivitäten beeinflussen. Kostenantriebskräfte sind kostenwirksa-
me Strukturfaktoren, wie betriebsgrößenbedingte Kostendegression, Lernvorgänge, Ver-
knüpfungen, Integration, etc. Weiters ist es von Bedeutung, herauszufinden, wie die relati-
ve Kostenposition gegenüber der Konkurrenz verbessert werden kann. Dabei ist es nötig,
die Kostenantriebskräfte einer intensiven Kontrolle zu unterziehen und die eigene Wert-
kette neu zu strukturieren. Dennoch darf die Kostenführerstrategie nie dazu verleiten,
auch die Qualität des Produktes, zwecks Erreichen eines niedrigeren Kostenniveaus, her-
abzusetzen. ("Cost leadership starts with a good product"). Z. B. haben Produkte von Aldi/
Hofer ein hohes Qualitätsimage, McDonalds hat extrem strenge Qualitätsprüfungen/-
standards.

Qualitätsführerschaft heißt, dem Abnehmer im Vergleich zu Konkurrenzprodukten einen


zusätzlichen Wert zu schaffen, durch den ein Preisprämium durchgesetzt werden kann.
Die Differenzierung führt dann zu Spitzenleistungen, wenn der höhere Preis über den zu-
sätzlichen Kosten der Einmaligkeit liegt, d. h. relativ zu den Wettbewerbern die Gewinn-
spanne gleich bleibt oder größer wird.

Schwerpunktbildung (Nischenstrategie) bedeutet, sich entweder als Kostenführer oder als


Anbieter eines differenzierten Produktes auf die ganz speziellen Bedürfnisse eines Ab-
nehmersegmentes innerhalb einer Branche (= Nische) zu konzentrieren (differenzierte
Marktbearbeitung). Eine derartige Strategie ist immer dann empfehlenswert, wenn ein auf
eine Marktnische konzentriertes Unternehmen den spezifischen Bedürfnissen des Seg-
ments besser gerecht werden kann als Unternehmen, die sich auf den Gesamtmarkt ausge-
richtet haben.
Mögliche Marktsegmentierungskriterien nach Berekoven sind: (siehe dazu Kapitel 2.2)
Die Segmentierung führt zu im Weiteren zur Präferenz- oder Preis-Mengen-Strategie.

57
Strategisches Marketing

Abb. 45: Markt/ und Abnehmerschichten und grundlegende marktstimulierungsstrategische Optionen

In weiterer Folge können in der Unternehmensstrategie andere sog. strategische Erfolgsfak-


toren Berücksichtigung finden, die eine bestimmte Positionierung am Markt und Profilie-
rung gegenüber der Konkurrenz erlauben. Diese werden bei der Konkurrenzanalyse eben-
falls betrachtet.

2.9.3 Fokus auf strategische Erfolgsfaktoren

Neben der Forderung von Porter nach Qualitäts- oder Kostenvorteilen gibt es noch weite-
rer Erfolgsfaktoren. Diese sind u. a.
• der Erfolgsfaktor Zeit und
• der Erfolgsfaktor Information

Zeit als strategischer Erfolgsfaktor


Wie schon festgehalten wurde, werden die Produktlebenszyklen immer kürzer. Als Ursa-
chen dafür können z. B. der globale Wettbewerb, kürzere Forschungs- und Entwicklungs-
zeiten als auch die ständigen Lernprozesse bei den Verbrauchern angeführt werden. Aus
eben diesen Gründen ist eine effizientere Ausnützung der (stark verkürzten) Lebensphasen
der Produkte und Dienstleistungen vonnöten. Grundsätzlich gilt Folgendes: Je kürzer die

58
Strategisches Marketing

Lebensdauer eines Produktes, desto wichtiger wird der Wettlauf gegen die Zeit bzw. die
Konkurrenz. Diskutiert wird die zunehmende Geschwindigkeit unter dem Begriff Econo-
mies of Speed. Neben der Geschwindigkeit wird hierunter auch noch die Zeitersparnis
verstanden, d. h. dass bestimmte Tätigkeiten oder Handlungen in einer kürzeren als der
ursprünglich geplanten Zeitdauer zu erledigen sind. So sollte ein Unternehmen mit den
Marketing- und Vertriebsaktivitäten schon lange vor der tatsächlichen Markteinführung
des Produktes beginnen. Des Weiteren kann schon Monate bevor das erste Produkt auf
Band läuft mit der Bereitstellung der dafür benötigten Kapazitäten begonnen werden (Auf-
bau von Fabriken, Einkauf von Rohmaterialien usw.).

Der obige Aspekt der Geschwindigkeit bzw. des frühesten möglichen Zeitpunkts wird in
bestimmten Situationen durch die Wahl des richtigen bzw. optimalen Zeitpunkts ersetzt,
denn es hat verheerende Auswirkungen, wenn eine Innovation zwar sehr schnell in ein
entsprechendes Produkt umgemünzt werden kann, der Markt jedoch in modischer, wirt-
schaftlicher oder technologischer Hinsicht noch nicht bereit dafür ist. Das Erkennen des
richtigen Augenblicks ist vor allem der Intuition und dem Gespür der Unternehmensfüh-
rung zuzuschreiben. Letztere zählen somit zu den wichtigsten Eigenschaften eines weite-
ren wesentlichen strategischen Erfolgfaktors, nämlich dem Management. Das richtige
Zeitgefühl des Managers wird unter dem Begriff Economies of Time beschrieben. Es gibt
zwar einige mathematische Modelle, die den optimalen Zeitpunkt der Produkteinführung
zu erforschen versuchen, deren Bedeutung in der Praxis muss aber als äußerst marginal
eingeschätzt werden. Um so mehr ist jedoch eine möglichst große Kundennähe sowie
eine kontinuierliche Beobachtung der Mitbewerber neben dem Gefühl für den richtigen
Augenblick von besonderer Wichtigkeit, um mögliche Zukunftstrends und Modeerschei-
nungen frühzeitig zu erkennen und zu interpretieren.

Information als strategischer Erfolgsfaktor


Um das Leistungspotenzial eines Unternehmens optimal ausschöpfen zu können, benötigt
man auch Informationen. Als Information in betriebswirtschaftlicher Hinsicht versteht man
Wissen über Vorgänge der Realität, das in die Planung eines Unternehmens einfließt. Ge-
wöhnlich assistiert von EDV-Systemen, erfüllt die betriebliche Informationswirtschaft somit

59
Strategisches Marketing

eine wichtige Querschnittsfunktion im Unternehmen. Mancherorts spricht man sogar vom


vierten Produktionsfaktor Information. Eine wirksame betriebliche Informationswirtschaft
setzt bestimmte Qualitätsanforderungen an Informationen voraus, nämlich:
• Problemrelevanz • Bestätigungsgrad
• Informationsgehalt • Überprüfbarkeit
• Wahrscheinlichkeit • Aktualität

Für die Unternehmensführung stellt sich daher die entscheidende Frage, wie Informatio-
nen übermittelt, gespeichert und verarbeitet werden müssen. Eine Lösung bietet das so
genannte Informationsmanagement, das nun im Folgenden ausführlicher analysiert wird.
„Informationsmanagement bedeutet eine bewusste Gestaltung des Umgangs mit Informa-
tion, um Organisationen leistungsfähiger und schlagkräftiger im Wettbewerb zu machen.
Dazu muss man nicht nur wissen, wie Informationen verwendet werden, sondern auch
wo und warum sie benötigt werden.“ Daraus lässt sich im Grunde genommen auch schon
die Bedeutung von Information als strategischer Erfolgsfaktor ableiten. Nur dasjenige Un-
ternehmen, dem es im Vergleich zur Konkurrenz gelingt, den gesteigerten Informationsbe-
darf und die daraus resultierende Informationsflut schneller zu verarbeiten bzw. zu ver-
dichten, wird auf lange Sicht gesehen überleben, denn „[Informations- und somit] Wis-
sensvorsprünge bringen Macht“.

2.9.4 Strategische Markenführung

Unter Markenführung versteht man den Aufbau und das Pflegen einer Marke. Marken ha-
ben für die Imagebildung eine tragende Rolle.

„Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine


Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten
prägen.“
Franz Rudolf Esch
Marken bzw. Markenführung ist auch aus strategischer Sicht bedeutend, denn Marken:
• geben Kunden Orientierung und unterstützen die Kaufentscheidungen

60
Strategisches Marketing

• signalisieren Qualität, schaffen Vertrauen und reduzieren das Kaufrisiko


• erleichtern die Umsetzung von Preis-Premiums
• schaffen eine Profilierung gegenüber dem Mitbewerb
• fördern die Kundenbindung (Markentreue)
• und letztlich lassen sich neue Produkte auf Grund des schon bestehenden Bekannt-
heitsgrades einer Marke rascher und leichter einführen

Unter strategischer Markenführung versteht man die Planung, Koordination und Kontrolle
der Maßnahmen, die zur Markenbildung beitragen. Diese ursächliche Aufgabe der Marke
und ihrer geschickten Führung ist es, Unternehmen die Position in ihren Bereichen zu si-
chern und diese zu halten; das gilt vor allem in gesättigten, von Wettbewerbsdruck ge-
prägten Märkten.

Basis der Markenführung


• Image
• Corporate Identity (CI)
• Leitbild
• Grundgesetze der Markentechnik

Image
Unter Image wird das Bild des Unternehmens verstanden, dass sich in den Köpfen der
Kunden gebildet hat. Ebenfalls versteht man darunter das Bild, das sich die Marktpartner
des Unternehmens gebildet haben.
Nicht relevant für das Image ist dagegen, wie das Unternehmen intern das eigene Image
bewerten. Ausschlaggebend ist einzig die Wahrnehmung der Zielgruppe.

Corporate Identity bzw. CI


Corporate = Unternehmen, Gesellschaft, Gruppe, Verein
Identity = Identität, Gleichheit, Individualität, Persönlichkeit
CI ist das schlüssige Zusammenwirken von Erscheinungsbild, Worten und Taten eines Un-
ternehmens.

61
Strategisches Marketing

Definition nach Birkigt/Stadler:


„CI ist die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltens-
weise des Unternehmens nach innen und außen auf Basis von:
• definiertem (Soll-) Image
• festgelegter Unternehmensphilosophie
• formulierten Zielen
• mit dem Willen, alle Handlungsinstrumente in einheitlichem Rahmen zur Wirkung zu
bringen.“

CI ist eine langfristige strategische Aufgabe, die das Verhalten, die Kommunikation und
das optische Erscheinungsbild klar regelt. Das Idealziel ist eine völlige Übereinstimmung
zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild (Image) einer Organisation. Das Unterneh-
men muss in seiner Gesamtheit, in seinem Selbstverständnis wirkungsvoll nach innen und
nach außen auftreten und einmalig sein. CI sollte als Leitstrategie für alle unternehmeri-
schen und kommunikativen Einzelmaßnahmen begriffen, akzeptiert und angewandt wer-
den.

CI als Basis für die Markenbildung


Konsequente CI-Politik schafft eine Vermarktungsplattform des Unternehmens als Ganzes
mit drei Schwerpunkten:
• Schaffung eines „Wir-Bewusstseins“ bei Beschäftigen und Management
• Schaffung eines Kooperationsbewusstseins am Kapital-, Arbeits- und Rohstoffmarkt
• Etablierung einer Vertrauensplattform

Leitbild
Das Leitbild stellt eine kurze und prägnante Formulierung der unternehmenspolitischen
Grundsätze dar. Das Leitbild ist die sozusagen die Verfassung des Unternehmens.

Die Wirkung eines Leitbildes entsteht erst durch das „gelebt werden“. Brillant formulierte
Leitbilder, die nur auf dem Papier existieren sind wirkungslos. Ein gelebtes Leitbild gibt
dem Kunden Sicherheit, denn im Leitbild sind sicherheits-stiftende Aspekte festgehalten:

62
Strategisches Marketing

• Zweck und Existenzgrund des Unternehmens bzw. der Organisation


• Tätigkeitsbereich des Unternehmens bzw. der Organisation
• Einstellung und Verhalten gegenüber Mitarbeitern
• Einstellung und Verhalten gegenüber Kunden
• Einstellung und Verhalten gegenüber Mitbewerbern
• Einstellung und Verhalten gegenüber Lieferanten
• Umweltgrundsätze
• Entscheidungsgrundsätze

Grundgesetze der Markentechnik


Die Grundgesetze der Markentechnik wurden erstmals vom Werbepsychologe Hans Gus-
tav Domizlaff (1892 - 1971) formuliert. In seinem Buch „Die Gewinnung des öffentlichen
Vertrauens“ (1939) hielt er fest, dass die Voraussetzung der natürlichen Markenbildung
eine gute Warenqualität ist. Nicht die Preisfrage entscheidet, sondern das Vertrauen in die
Qualität.

Ausgewählte Grundgesetze nach Domizlaff:


• Strengste Gleichmäßigkeit der Beschaffenheit der Ware ist die Vorbedingung für die
Lebenssicherheit einer Markenware
• Die Gleichförmigkeit der Verpackung oder Aufmachung bedeutet eine augenscheinli-
che Sicherheit
• Die Unveränderlichkeit einer sachlich und psychologisch gewonnenen Preiseinheit ist
ein wichtiger Bestandteil
• Das Vorrecht auf einen Markenartikel muss durch eine Bezeichnung geschützt wer-
den, die nicht nachgeahmt werden kann
• Eine Markenware ist das Erzeugnis einer Persönlichkeit und wird am stärksten durch
den Stempel einer Persönlichkeit gestützt
• Die Verwendung eines Namens muss auf ein einziges Erzeugnis oder auf eine mög-
lichst konzentrierte Idee beschränkt werden
• Ein geschriebener oder gedruckter Name bedarf einer optischen Ergänzung von be-
sonderer Eindringlichkeit

63
Strategisches Marketing

• Der Markt beweist durch seine eigenen Wertprägungen eine Vorliebe für einfache Be-
zeichnungen von Marken, die in einem sinnfälligen Zusammenhang mit der Ware
stehen.

2.10 Strategieauswahl und Strategieimplementierung

Um eine Strategie zielgerecht auswählen zu können, müssen die zuvor gewählten Alterna-
tiven bewertet werden. Ein großes Problem entsteht durch die Schwierigkeit, Strategien
quantitativ zu erfassen. Geradezu charakteristisch für die strategische Planung ist die Tat-
sache, dass sowohl die Zielsetzung als auch die Entscheidungssituation eher qualitativ
beschrieben wird.

Prinzipiell stehen zwei Lösungsverfahren zur Verfügung. Das beispielsweise aus den Port-
foliotechniken (siehe Kapitel 4.5.2.6) bekannte, aber nicht unumstrittene Modell der
Normstrategien und der Einsatz von Planungsmodellen. Die Planungsmodelle stellen im
Gegensatz zu den Normstrategien Lösungsverfahren zur Verfügung. Man kann zwischen
analytischen und heuristischen Modellen (wie der oben skizzierte Planungsprozess) unter-
scheiden, bei welchen einerseits durch Algorithmen (analytische Modelle) andererseits
durch strukturierte Vorgehensweise (heuristische Modelle), eine Strategiewahl getroffen
wird. Trotz aller methodischen Behelfe kann auf die Erfahrung und Intuition des Auswäh-
lenden nicht verzichtet werden.

Bei der Implementierung der vorliegenden Strategie kommt es zu zwei Fragestellungen:


1. Wer soll wie informiert werden?
2. Wie sollen die getroffenen Entscheidungen umgesetzt werden?

Die Dokumente, welche zu diesem Zeitpunkt bei der Geschäftsleitung vorliegen (Grund-
strategie, Geschäftsbereichsstrategie, Funktionsbereichstrategie), müssen für die jeweiligen
Interessensgruppen aufbereitet und ihnen zugestellt werden.

64
Strategisches Marketing

• Die Grundstrategie stellt ein streng vertrauliches Dokument dar, weshalb dieses nur
der obersten Managementebene und seinen engsten Mitarbeitern zur Verfügung ste-
hen wird.
• Bei den Geschäftsbereichstrategien handelt es sich um die Arbeitsblätter des Topma-
nagements, welches einzelne Strategien den Bereichsleitern weitergeben muss. Neben
den bereits erwähnten Gruppen benötigen natürlich auch die Funktionsbereichsleiter
entsprechende strategische Vorgaben, welche sie von den Bereichsleitern erhalten.
• Um eine möglichst homogene Umsetzung der Strategien zu erreichen, müssen neben
den genannten Managementebenen auch das mittlere und untere Management mit
den Strategien vertraut gemacht werden. Dies ist beispielsweise über so genannte Ar-
beitsblätter und Aktionspläne zu erreichen. Hierbei handelt es sich um Konzentrate
vor allem der funktionalen Strategien.

Damit die Unternehmensziele und -strategien im gesamten Unternehmen „gelebt“ wer-


den, ist es unumgänglich, den Denkprozess, welcher zur Strategie führte, „miterlebt“ zu
haben. Dies kann bei den mittleren und unteren Managementebenen sowie bei den Mit-
arbeitern durch gemeinsame Workshops und Schulungen erreicht werden.

Gerade für die Umsetzung von Strategien im Unternehmen ist in den letzten Jahren die
sog. Balanced Scorecard (BSC) auf große Beachtung und steigende Anwendung gestoßen.
Bei der Balanced Scorecard wird die Unternehmensstrategie von vier Perspektiven aus
gesehen:
• die Finanzperspektive
• die Kunden- und Marktperspektive
• die Prozessperspektive
• die Organisations- und Lernperspektive.
In jeder dieser Perspektiven werden zentrale Ziele, Mess- und Steuerungsparameter, Ziel-
vorgaben und Maßnahmenpakete dargestellt. Dies kann sowohl auf Gesamtunterneh-
mensebene als auch abgestimmt darauf für unterschiedliche Unternehmensbereiche erfol-
gen. Details zur BSC findet man vor allem in der Literatur zum Thema Controlling.

65
Strategisches Marketing

Abb. 46: Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton 1997

66
Strategisches Marketing

2.11 Strategieumsetzung im Marketing – Der Marketing-Mix

Eine marktorientierte Unternehmensführung erfordert eine systematische Auswahl und


Ausgestaltung der Instrumente der Marktbearbeitung. Damit nun die in der strategischen
Unternehmensplanung (= in weiten Bereichen eine strategische Marketing- Planung) fest-
gelegten Strategien (möglicherweise sogar in Form einer Balanced Scorecard) auch im
Marketing umgesetzt werden können, stehen einen Reihe von Marketing-Instrumenten zur
Verfügung. Dieses Bündel von Instrumenten wird als Marketing-Mix bezeichnet.

Der Marketing-Mix bezeichnet die zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffene Auswahl


von Marketingaktivitäten in einer bestimmten Ausprägung. Grundsätzlich lässt sich zum
Marketing-Mix festhalten:

• Ein Marketingkonzept ist nur so gut, wie konsequent auch die Umsetzung ist.
• Die einzelnen Marketinginstrumente haben isoliert betrachtet keine Wirkung. Erst sei-
ne überlegte Abstimmung und das sinnvolle Zusammenspiel der verschiedenen In-
strumente im Marketing-Mix bringen das Marketing erfolgreich in Gang.
• Es gibt kein Rezept für die richtige Auswahl und Dosierung beim Einsatz des Marke-
ting-Mix.
• Bei der Gestaltung des Marketing-Mix geht es um:
o eine sinnvolle Auswahl und Abstimmung der einzelnen Instrumente
o eine richtige Verteilung der Budgets
o eine laufende Überprüfung der Sinnhaftigkeit des Instrumenteneinsatzes und gege-
benenfalls die Durchführung notwendiger Anpassungen
o die Erhaltung von Flexibilität in Ausnahmefällen (z. B. bei „drohender“ Abwande-
rung von Großkunden)

67
Strategisches Marketing

In der folgenden Abbildung wird der sog. Marketing-Mix kurz skizziert. Die einzelnen In-
strumente werden nachfolgend weiter vertieft.

Abb. 47: Instrumente im Marketing-Mix

68
Strategisches Marketing

Die relative Bedeutung einzelner marketingpolitischer Instrumente im Konsumgüter-/ In-


vestitionsgüter- und Dienstleistungsmarketing lässt sich für die Bereiche Investitionsgüter-
/Konsumgüter- und Dienstleistungsmarketing tendenziell wie folgt darstellen.

Abb. 48: Bedeutung von absatzpolitischen Instrumenten im KGM, IGM und DLM nach Meffert 1998

2.12 Kontrolle der Strategieumsetzung

Der Kontrolle kommt eine sehr wichtige Aufgabe im Planungsprozess zuteil. Sie darf nicht
an der letzten Stelle dieses gesehen werden, sondern als Prozess begleitend. Kontrolle ist
ein laufender systematischer Prozess zur Ermittlung von Abweichungen zwischen Plan
und Ist. Eine tiefer gehende Behandlung erfolgt dazu in der Literatur im Bereich Control-
ling.

69
Strategisches Marketing

Soll-Ist-Vergleich
Aus der Sicht des Marketings ist die Messbarkeit der erbrachten Leistungen von besonde-
rer Bedeutung. Daher stehen im Marketing die quantitativen Soll-Ist-Vergleiche im Vor-
dergrund. Ob das Marketing den gewünschten Erfolg zeitigt, wird mit Hilfe von ausge-
wählten Kennziffern gemessen, wie z. B.:
• Umsatzwachstum
• Deckungsbeitragsplus
• Gewinnwachstum
• Marktanteilsgewinne
• Erhöhung der Produktionsauslastung
• etc.

Natürlich werden auch qualitative Aspekte in den Soll-Ist-Vergleich miteinbezogen. Diese


könnten beispielsweise sein:
• Veränderung einzelner Imagewerte
• Erhöhung des Bekanntheitsgrades
• Steigerung des Sympathiewertes für das Unternehmen
• etc.

Soll-Wird-Vergleich
Im Soll- Wird- Vergleich werden die bisherigen Ergebnisse aus dem Einsatz der Marketing-
Instrumente (z. B. Umsatz in einzelnen Kundensegmenten) in die Zukunft fortgeschrieben
(Frage: „Wenn die nächsten Quartale so verlaufen wie das erste und das zweite, wo liegen
wir dann am Ende des Jahres?). Wenn sich hier am Ende des Jahres bzw. der Planungspe-
riode eine deutliche, insb. negative, Abweichung zum Soll-Wert abzeichnet, ist entspre-
chender Bedarf zur Gegensteuerung gegeben.

Ist-Ist-Vergleich
Es hat auch Sinn, im Rahmen eines Ist- Ist- Vergleiches beispielsweise die Umsätze, De-
ckungsbeiträge etc. der laufenden Periode mit jenen der vorherigen Periode(n) zu verglei-
chen und daraus Entwicklungen aufzuzeigen.

70
Strategisches Marketing

Unternehmen müssen in der Lage sein, äußere wie innere Störungen zu bewältigen. Dazu
bestehen zwei Möglichkeiten:
1. Stabilisation der Situation
2. Anpassung an die geänderte Situation

Durch die Tatsache, dass weder die erste noch die zweite Möglichkeit automatisch ge-
schieht, braucht man einen Anpassungsmechanismus. Diesen kann man als kyberneti-
schen Regelkreis bezeichnen:

Abb. 49: Kybernetischer Regelkreis der Planung

71
Strategisches Marketing

2.13 Lern- & Wissensfragen, Literaturtipps

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Welche Arten der Planung gibt es?
2. Skizzieren Sie den Prozess der Strategischen Planung.
3. Was sind Strategische Geschäftsfelder?
4. Welche Unternehmensumwelten gibt es?
5. Beschreiben Sie die Instrumente der externen Analyse.
6. Beschreiben Sie die Instrumente der internen Analyse.
7. Was verstehen Sie unter Trend- Monitoring?
8. Was ist eine SWOT- Analyse?
9. Welche Ebenen von Unternehmensstrategien gibt es?
10. Welche Arten von Strategien gibt es?
11. Welche Produkt- Markt- Kombinationen hat Ansoff beschrieben?
12. Beschreiben Sie die Wettbewerbsstrategien nach Porter.
13. Diskutieren Sie mögliche Erfolgsfaktoren von Unternehmen.
14. Beschreiben Sie die Balanced Scorecard.
15. Geben Sie einen Überblick über die Instrumente im Marketing-Mix.
16. Was sind Abweichungsanalysen und welche gibt es?

Literaturtipps
Bea, F.X./ Haas, J.: Strategisches Management, Stuttgart 1997
Becker, J.: Das Marketingkonzept, München 2005
Ehrmann, H. Unternehmensplanung, Kiehl 1999
Kotler, Ph./ Armstrong, G./ Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Kropfberger, D.: Erfolgsmanagement statt Krisenmanagement, Linz 1986
Kropfberger, D./ Winterheller, M.: Controlling, Wien 2000
Lang, W.: Die Marketing- Konzeption, Düsseldorf 2000
Levinson J./ Godin S.: Das Guerilla Marketing Handbuch, München 2000
Lüttgens; M.R.: Marketing- Planung, Bern 2000
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997

72
Strategisches Marketing

Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000


Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 3. Auf-
lage, Frankfurt/Main, New York 1992
Porter, M.E. Wettbewerb und Strategie, München 1999
Porter, M.E.: Wettbewerbsstrategie – Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurren-
ten, 7. Auflage, Frankfurt/Main 1992
Schriftenreihe des Wifi, Zukunftsplanung mit Scenariotechnik, Nr. 206, Wien
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

73
Strategisches Marketing

Notizen

74
Marketing-Lehrgang
Marktforschung
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Dr. Toni Monsberger (2018)
Marktforschung

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
© 2018, alle Rechte vorbehalten

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Marktforschung

Inhalt Seite

1 AUFGABE DER MARKTFORSCHUNG .................................................. 5

2 INSTRUMENTE DER MARKTFORSCHUNG .......................................... 5

3 SEKUNDÄRMARKTFORSCHUNG ........................................................ 6

4 PRIMÄRMARKTFORSCHUNG .............................................................. 8

4.1 MARKTERKUNDUNG ................................................................................ 9


4.2 MARKTBEOBACHTUNG/EXPERIMENT..................................................... 10
4.3 BEFRAGUNG ............................................................................................ 13
4.4 AUSWAHLVERFAHREN............................................................................ 16
4.4.1 RANDOM- (ZUFALLS-) VERFAHREN ........................................................ 17
4.4.2 QUOTA-VERFAHREN ............................................................................... 17
4.4.3 PANEL-FORSCHUNG ............................................................................... 18
4.4.4 KUNDENDATEN DURCH PROFILING ..................................................... 19

5 MESSUNG DER KUNDENZUFRIEDENHEIT ....................................... 21

6 AUSWERTUNG VON PRIMÄRDATEN ............................................... 25

7 KONZEPTION EINES MARKTFORSCHUNGSPROJEKTES ................... 27

8 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 29

3
Marktforschung

Notizen

4
Marktforschung

1 AUFGABE DER MARKTFORSCHUNG

„Marktforschung ist der systematische Prozess der Gewinnung und Analyse von Daten für
Marketing-Entscheidungen“ (Hüttner 1999)

Die Marktforschung erfüllt für die Entwicklung von Marketing- Konzepten eine Reihe ent-
scheidender Aufgaben:
• Beschreibung (Deskription) der Realität
• Erklärung (Exploration) der Realität, d. h. Test von Hypothesen
• Gestaltung der Wirtschaftsrealität (Praxeologie), d. h. Aufzeigen von Vor- und Nach-
teilen von Maßnahmen, die auf der Grundlage der bestätigten (nicht verworfenen)
Hypothesen gesetzt werden.

und hat damit:


• Anregungsfunktion: Impulse für die Initiierung von Marketingentscheidungen
• Prognosefunktion: Chancen und Entwicklungen am Markt abschätzen
• Bewertungsfunktion: Bewertung und Auswahl von Entscheidungsalternativen im Mar-
keting
• Kontrollfunktion: systematische Analyse der derzeitigen Marktsituation sowie der
Wirksamkeit einzelner Marketinginstrumente
• Bestätigungsfunktion: Aufdecken von Ursachen für Erfolge/ Misserfolge von Marketin-
gentscheidungen

2 INSTRUMENTE DER MARKTFORSCHUNG

Grundsätzlich ist zwischen Primärmarktforschung und Sekundärmarktforschung (Desk


Research) als Erhebungsform zu unterscheiden. Bei der Primärmarktforschung werden für
eine spezifische Analyse Daten neu erhoben. Die Sekundärmarktforschung hat die Be-
schaffung, Zusammenstellung und Auswertung bereits vorhandenen Materials zum Ge-
genstand.

5
Marktforschung

Grundsätzliche Fragen zur Wahl der Erhebungsform von Marktdaten sind:


• Welche Informationen werden benötigt?
• Wie sollen die Daten erhoben werden und welches Budget steht zur Verfügung?
• Wie, durch wen und wie rasch sollen die Daten ausgewertet werden?
• Wer interpretiert die Daten und wem soll die Interpretation als Entscheidungsgrundla-
ge dienen?

3 SEKUNDÄRMARKTFORSCHUNG

Unter Sekundärmarktforschung versteht man die Aufbereitung, Analyse und Auswertung


von Daten, die bereits vorhanden sind und früher für andere Zielsetzungen bereits erho-
ben wurden. Dafür können unternehmensinterne und unternehmensexterne Datenquellen
zu Verfügung stehen.

Unternehmensinterne Datenquellen
Hier stehen die Statistiken aus Rechnungswesen, Beschaffung, Absatz, Produktion, Finan-
zen, Personal- und Sozialwesen im Vordergrund. Den Marketingkennziffern kommt hier
eine besondere Bedeutung zu (z. B. Anfragen- und Angebotsstatistiken, Auftragseingangs-
und Umsatzstatistiken, Außendienstberichte, Reklamationsstatistiken).

Unternehmensexterne Datenquellen
Hier gibt es einmal den Block der allgemeinen Quellen der amtlichen Statistiken, wie z. B.
das Österreichische Statistische Zentralamt in Wien bzw. das Statistische Bundesamt in
Wiesbaden, die statistischen Landesämter und die kommunalen statistischen Ämter.

Weitere sekundärstatistische Quellen sind:


• Verbandsstatistiken wie z. B. die ÖVA,
• Nielsen-Daten,
• Publikationen von Marktforschungsinstituten: Regioplan, GfK, market, IMAS, Fessel
• Firmenveröffentlichungen,

6
Marktforschung

• Verlagsuntersuchungen,
• Media- Analysen,
• Branchenstudien,
• Adressenverlage aber auch
• ausländische bzw. internationale Statistiken wie zur Exportmarktforschung u. a. m.,
Veröffentlichungen der internationalen Organisationen, wie z. B. der EU, UNO,
OECD und Weltbank
• Banken
• Wirtschaftsforschungsinstitute
• Wirtschaftskammer, Interessenvertretungen, Verbände
• Informationsdienste
• Info-Datenbanken
• Firmen-Geschäftsberichte
• Messekataloge
• Fachzeitschriften
• Hochschulen
• Nachschlagewerke
• Internet

Von entscheidender Bedeutung im Rahmen der Sekundärmarktanalyse sind die Fragen


nach der Qualität der Daten:
• Ist die Datenquelle seriös?
• Trifft die verfügbare Untersuchung die Themenstellung?
• Wie genau wird die eigene Fragestellung getroffen?
• Werden Umfang der Daten und die Verfahren zur Datengewinnung offen gelegt?
• Wie aktuell, repräsentativ, gültig und zuverlässig sind die Daten?

7
Marktforschung

Die Vor- und Nachteile der Sekundärmarktforschung:


• Vorteile
schnelle Verfügbarkeit
kostengünstig
Referenzen, Querbezüge zu ähnlichen Arbeiten vorteilhaft
ermöglichen Forscherkontakte
• Nachteile
Daten oft veraltet
Datenquelle of schwierig auszumachen
Daten oft auf die Thematik nicht zugeschnitten
Fehler in der ursprünglichen Primärerhebung enthalten
keine Geheimhaltung

4 PRIMÄRMARKTFORSCHUNG

Unter Primärmarktforschung versteht man die Aufbereitung, Analyse und Auswertung von
Daten, die für eine konkrete Aufgabenstellung erstmalig und exklusiv erhoben werden.

Der wesentliche Vorteil der Primärmarktforschung ist, dass das Forschungsdesign speziell
auf Untersuchungsgegenstand nach Inhalt, Raum/ Region, Zeit und Repräsentativität abge-
stimmt werden kann. Auch bei Vergabe an externe Marktforschungsinstitute kann durch
die Geheimhaltungsverpflichtung ein Wissensvorsprung und somit ein Wettbewerbsvorteil
erzielt werden.
Als Nachteile der Primärmarktforschung sind zu nennen:
• Managementpower wird durch die notwendige Briefingarbeit im Unternehmen gebun-
den.
• Die Forschungsergebnisse sind nicht prompt verfügbar.
• Im Durchschnitt dauert die Feldarbeit inkl. Auswertung der Ergebnisse bei einer reprä-
sentativen Untersuchung sechs Wochen.
• Die Kosten sind in der Regel deutlich höher als bei der Sekundärmarktforschung.

8
Marktforschung

Die Formen der Primärmarktforschung, die in weiter Folge näher beschrieben werden,
sind vor allem:
• Markterkundung
• Marktbeobachtung
• Befragung
o schriftlich (Fragebogen, Internet, Handy)
o mündlich (Face-to-Face, Telefon)
• Erhebungsprogramme
• Panel- Forschung
• Internet (z. B. www.Marketagent.at)

4.1 Markterkundung

Markterkundungen werden oft im Vorfeld von Marktforschungen durchgeführt, um die


Untersuchungsbereiche und Hypothesen abzustecken.

Instrumente für die Durchführung von Markterkundungen sind Vor-Ort-Gespräche am


POS (Point of Sale), Beobachtungen und Gruppendiskussionen mit Mitgliedern der Ziel-
gruppe.
Eine gängige Form der Markterkundung sind auch die sog. Expertengespräche. Hier wird
eine kleine Anzahl wirklich gut informierter Fachleute zu einem Problemgebiet befragt.
Die Befragung kann wiederum schriftlich oder mündlich erfolgen. In der Regel sind es nur
10 - 15 Interviews. Die Experten können in dreierlei Hinsicht helfen:
• Sie können oftmals Datenmaterial und Datenquellen nennen, auf die man zurückgrei-
fen sollte.
• Sie können die bisherigen Forschungsergebnisse bewerten, kommentieren, interpretie-
ren und neue Denkanstöße liefern.
• Sie können oftmals prognostische Ansichten mit relativ guter Genauigkeit äußern, weil
sie ihren Markt besonders gut kennen.

9
Marktforschung

Experteninterviews zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:


• eingeschränktes Spektrum von Meinungen, aber mit großer fachlicher Aussagekraft
• schnell durchführbar
• schnell fassbar und schnell verwertbar
• hohe Ansprüche an die Interviewer
• als Spezialverfahren üblich (z. B. Delphi-Untersuchungen)

Ein weiteres Instrument stellen Gruppeninterviews (auch als Expertengruppen) dar:


• Welche ein breites Spektrum von Meinungen, Ansichten und Ideen von mehreren
Personen im gemeinsamen Gespräch zutage fördern (z. B. T- factory für Jugendliche)
• ideal: 6 - 10 Gruppenmitglieder unter Leitung eines qualifizierten Moderators
• Protokollierung mittels Tonband oder Video
• schwach strukturierter Themenkatalog
• Situation, die der normalen alltäglichen Gesprächssituation entspricht
• Kleingruppeneffekte provozierend: Hemmnisse beseitigt, gegenseitige Anregung zu
Äußerungen
• Problem des gruppendynamischen Kontrollmechanismus

4.2 Marktbeobachtung/Experiment

Marktbeobachtungen/ Experimente sind systematischer als die Markterkundung und erfol-


gen meist unter Zuhilfenahme technischer Geräte. Wird im Labor oder am Markt/POS
durchgeführt, teilnehmend oder nicht teilnehmend, persönlich oder nicht persönlich.

Die Beobachtung als Marktforschungsinstrument wird man dort der Befragung vorziehen,
wo die Beobachtung
• einfacher und billiger ist,
• rascher Informationen liefert,
• zuverlässigere Resultate als die Befragung liefert.

10
Marktforschung

So kann man beispielsweise durch Beobachtung und einfaches Zählen feststellen, wie
viele Passanten und welche Passantenkategorien im Laufe des Tages ein bestimmtes Stra-
ßenstück begehen, wenn es beispielsweise um einen geeigneten Standort für ein Detailge-
schäft geht. (z. B. ist ein Erfahrungswert 1.000 Passanten/ Stunde Öffnungszeit je m² für
eine erfolgreiche Fußgängerzone)

Beobachtung dient aber auch zum Teil zur Feststellung von Reaktionen des Publikums auf
Absatzmaßnahmen. So ist es etwa denkbar, dass man den Aufmerksamkeitswert von
Schaufensterauslagen oder Hinweise auf Sonderangebote mit Hilfe von versteckten Kame-
ras überprüft. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet war Paco Underhill, welcher durch
Kundenbeobachtungen eine effiziente Verbesserung der Warenpräsentation und Kunden-
ströme im Einzelhandel nachweisen konnte.

Die Vorteile der Beobachtung/ des Experiments sind:


• Geschehnisse werden in „Echtzeit“ festgehalten
• spezifische Umweltsituationen werden aufgenommen
• unabhängig von der Verkaufsbereitschaft
• kein Interviewereinfluss

Die Nachteile der Beobachtung/ des Experiments sind:


• zeitpunktbezogen oder nur kurzer Zeitraum
• „Beobachtungseffekte“
• subjektive Wahrnehmung
• eingeschränkte Repräsentativität

Die Verfahren der Beobachtung/des Experiments sind:


• Einmalige oder laufende Beobachtung/ Experiment (Panel)
• Marktbeobachtung/ POS- Beobachtung/ Labor
• nach Objekt (Produkt, Preis, Namen, Geschmack, etc...)
• Testpersonen (Konsumenten, potenzielle Konsumenten, Experten), z. B. Geschmacks-
tests

11
Marktforschung

• Kurzzeit-/ Langzeit- Unersuchungen


• Voll- oder Teiltest

Die Instrumente der Beobachtung/des Experiments sind u. a.:


• Einzel- oder Vergleichstest
• regional, lokal, international
• Einkaufsverhalten: Zählverfahren, Kundenlaufstudie
• Handhabungsbeobachtung
• Blickregistrierung
• Stimmfrequenzanalyse
• Pupillometrie
• Tachistoscop (Augenbewegungskamera)
• etc.

Bei Experimenten werden die Untersuchungen meist doppelt durchgeführt, nämlich bei
einer Testgruppe und einer Kontrollgruppe, um dann die Ergebnisse vergleichen zu kön-
nen.

Abb. 50: Vorgehensweise bei experimentellen Marktforschungen

Ein wichtiges Anwendungsgebiet für Marktforschungsexperimente sind Testmarktuntersu-


chungen. Hier werden abgegrenzte Marktgebiete ausgesucht, in denen dann der Effekt
bestimmter Absatzmaßnahmen getestet und mit den Ergebnissen von Kontrollmärkten ver-
glichen wird.

12
Marktforschung

Eine weiteres wichtiges Anwendungsfeld sind Produkttests:


• Bei Produkteinführung bzw. -änderung:
o Verkaufschancen des Produkts
o Auswirkungen ggf. auf die gesamte Produktfamilie
o Auswirkungen auf Konkurrenzprodukte
o Eignung von Packung und Verpackung (Größe, Format, Gestaltung)
o optimale Preisfestsetzung
• Bei eingeführten Produkten:
o Verkaufsauswirkungen von Sonderplatzierungen bzw. Veränderungen von Plazie-
rungsflächen
o Verkaufsauswirkungen von Promotion- Maßnahmen (Zugaben, Sonderausstattun-
gen, Displays, Sonderpreise, usw.)
o Auswirkungen von Verbundangeboten

4.3 Befragung

Die Befragung von Konsumenten, Käufern, Händlern und anderen potenziellen Zielgrup-
pen ist zweifellos die am häufigsten angewandte Methode der Primärerhebung in der
Marktforschung.

Durch Befragung lassen sich insbesondere Informationen gewinnen über:


• das bisherige Verhalten
• das beabsichtigte und zukünftige Verhalten
• Meinungen und Einstellungen

Folgende Formen der Befragung lassen sich unterscheiden:


Befragte - Personenbefragung (Konsumenten, Experten etc.)
- Gruppenbefragung (Familien etc.)
Befragungsträger - Eigenbefragung
- Fremdbefragung

13
Marktforschung

Vorteil Nachteil
• bessere Marktkenntnis • Arbeitsbelastung
• schnellerer Start • fehlendes Marktforschungs-
Eigenbefragung
• evtl. Geheimhaltung Know-how
• i.d.R. geringere Kosten • „Schönfärberei“
• Marktforschungsexperten im • Schulung notwendig
Einsatz • Interviewer unbekannt
• u. U. größere Akzeptanz • scheinbar höhere Kosten
Fremdbefragung
• größere Objektivität
• Auswertungs-Know-how vor-
handen

Methode - Ein-/ Mehrthemen


- qualitativ/quantitativ
Intervalle - einmalig
- regelmäßig (Panel, Welle)
Befragungsart - persönlich (face- to- face, telefonisch)
- unpersönlich (schriftlich, TED, Computer/Internet)
- standardisiert/ nicht- standardisiert

Kriterien schriftlich telefonisch mündlich Internet


Rücklaufquote unterschiedlich hoch hoch hoch

Beeinflussbarkeit durch
möglich kaum möglich kaum möglich nicht möglich
Dritte

Umfang der Befragung mittelgroß klein groß mittelgroß

Interviewereinfluss nicht möglich klein groß nicht möglich

Genauigkeit gering unterschiedlich hoch unterschiedlich

Zuverlässigkeit unterschiedlich relativ hoch hoch relativ hoch

Geschwindigkeit der
relativ niedrig hoch niedrig hoch
Durchführung

Kosten niedrig relativ niedrig hoch relativ niedrig

Erklärung der Fragen nicht möglich möglich möglich unterschiedlich

Abb. 51: Alternative Befragungsarten

14
Marktforschung

Das mündliche (face-to-face-) Interview


Am häufigsten wird das persönliche face-to-face-Interview durchgeführt. Es wird auch
strukturiertes Interview genannt, weil die Befragung anhand eines Fragebogens mit genau
formulierten Fragen in festgelegter Reihenfolge durchgeführt wird. Der Inhalt und die Rei-
henfolge der Fragen werden im Voraus getestet, um Fehlerquellen auszuschalten.

Fragestellung, -formulierungen und die Reihenfolge der Fragen erfordern ein größeres Maß
an Erfahrung. Ratschläge aus der Literatur können daher nur gewisse Anhaltspunkte ge-
ben.

In der Umfrageforschung kommt der Frageformulierung eine außerordentlich große Be-


deutung zu. Sogar scheinbar ganz geringfügige Unterschiede in der Fragestellung wie et-
wa:
„Glauben Sie, dass .....“ und
„Glauben Sie, oder glauben Sie nicht, dass ......

Diese führen zu großen Antwortdifferenzen. Relativ unempfindlich sind lediglich Fakten-


fragen.

Tipps zur Frageformulierung:


• Vermeiden Sie Wörter mit Doppelbedeutung.
• Lange Fragen sollen vermieden werden.
• Fragen zu unvertrauten Problemen sollten mit einer Erklärung oder einem Beispiel be-
gleitet werden.
• Entweder werden alle Antwortalternativen, an die der Befragte bei seiner Antwort
denken soll, vorgegeben, oder gar keine.
• Allgemeine Fragen, die an unmittelbare Erfahrungen der Befragten anknüpfen, sind
zielführend.

15
Marktforschung

Von der Fragetechnik her lassen sich folgende Unterscheidungen treffen:


• direkt/ indirekt
• geschlossen (fixe Antwortkategorien, z. B. ja/ nein) oder
offen (Aussage des Interviewten wird aufgezeichnet)
• Rangreihen, Rating (Skala z. B. 1..5), Bipolar (z. B. ja/nein)
• Aufwärmfragen, die zum Thema und zur Untersuchungsmethode „hinführen“
• Fragen zur Person/zum Unternehmen
• Einführungs-/Hinführungsfragen
• Kernfragen, Sachfragen
• Filterfragen
• Motivations-/Erholungsfragen
• Kontrollfragen

4.4 Auswahlverfahren

Neben der Bestimmung der Befragungsmethode ist die Auswahl der zu befragenden Per-
sonen für den Erfolg der Befragung von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich kann man
zwischen Vollerhebung und Stichprobenerhebung unterscheiden. Bei der Vollerhebung
werden sämtliche Marktpartner befragt.

Die einzige Vollerhebung, die in Österreich noch durchgeführt wird, ist die Volkszählung,
die alle 10 Jahre durchgeführt wird (zuletzt 2001). Aus wirtschaftlichen Überlegungen und
aus Praktikabilitätsgründen bedient man sich in der Marktforschung der Stichprobenerhe-
bung.

Bei der Auswahl von Stichproben ist die Zufalls- oder Randomauswahl von der Quoten-
auswahl (Quota) zu unterscheiden. Beide Verfahren produzieren so genannte repräsenta-
tive Stichproben. Damit ist gemeint, dass die Zusammensetzung der Stichprobe der Zu-
sammensetzung der Grundgesamtheit entspricht.

16
Marktforschung

4.4.1 Random- (Zufalls-) Verfahren

Beim Randomverfahren werden nach den Regeln der Zufälligkeit Zieladressen aus einer
Kartei ermittelt. Das Zufallsprinzip ist die einzige Absicherung der Stichprobe gegen Ver-
zerrungen.

In der Praxis zeigt es sich aber oft, dass Adressenstichproben ungeeignet sind, auch wenn
das nötige Adressenmaterial vorhanden ist. Neben dem großen Organisationsaufwand
ergibt sich für den Interviewer das Problem, dass er eine Zielgruppe nicht erreichen kann
oder diese ein Interview strikt ablehnt. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu errei-
chen, werden die Interviewer angehalten, mindestens drei Kontaktbesuche bei nicht ange-
troffenen Personen zu machen, was zeitaufwendig ist und honoriert werden muss.

Das Hauptproblem bei Interviewbesuchen in Privathaushalten nach dem Randomverfah-


ren liegt jedoch in der Überalterung der Stichprobe. Ältere Zielpersonen werden mit einer
viel höheren Wahrscheinlichkeit zu Hause angetroffen, als die jüngeren und mobileren
Bevölkerungsschichten. Man läuft daher bei jeder Adressenumfrage Gefahr, dass die
Stichprobe eine verzerrte Alters- und Mobilitätsstruktur aufweist.

Die Konsequenz davon ist, dass fast jede Adressenstichprobe vor der Analyse gewichtet
werden muss.

4.4.2 Quota-Verfahren

Sehr häufig existiert kein Adressenmaterial und dann wird in der Regel mit dem Quotasys-
tem gearbeitet. Der Interviewer sucht sich die Zielpersonen selber aus, allerdings nach
genauen Vorgaben von bestimmten Merkmalen, den Quoten. Diese schreiben ihm genau
vor, wie viele Männer, wie viele Frauen, er zu befragen hat, in welchen Altersgruppen
und aus welchen Berufskreisen.

Die Quoten werden nach vorliegenden, amtlichen oder anderen Statistiken so berechnet,
dass die Geschlechter, Altersgruppen, etc. in ihrem richtigen Verhältnis in der Stichprobe

17
Marktforschung

vertreten sind, sodass die Markforschung als repräsentativ bezeichnet werden und für dar-
aus ableitbare Schlüsse verwendet werden kann.

Die Stichprobengröße oder die Genauigkeit von Untersuchungsergebnissen:


Neben der Repräsentativität ist die Genauigkeit der Ergebnisse der zweite wichtige Quali-
tätsfaktor einer Forschung. Hier gilt ein statistischer Zusammenhang, der folgendermaßen
lautet: Die Ergebnisgenauigkeit lässt sich verdoppeln, indem die Anzahl der Befragten ver-
vierfacht wird. Folglich ist die gewünschte Genauigkeit ein wesentlicher Kostenfaktor.

4.4.3 Panel-Forschung

Das Einfachinterview sieht eine einmalige Befragung des Antwortenden vor. Im Gegensatz
dazu werden die Mitglieder eines Panels immer wieder angesprochen. Ein Panel ist also
eine Art permanente Stichprobe, ein stehendes Sample.
Diese Methode wird häufig für Konsumenten-Einkaufspanels angewendet, wo/ was er zu
welchem Preis einkauft, etc. Die Panelmitglieder füllen täglich oder wöchentlich Reports
aus, in denen all diese Informationen enthalten sind.

Das Handelspanel von Nielsen


Nielsen erhebt in periodischen Abständen (normalerweise zweimonatlich) Handelsdaten.
Die Hauptinformationen sind:
• Kaufverhalten des Kunden am point of sale
• Kauf- und Angebotsverhalten des Handels
• Messung von Marketingmix-Faktoren am POS
(z. B. Distribution, Bevorratung, Preis etc.)

Die Erhebungsmethode erfolgt nach dem Inventurverfahren, auch separat für jeden ge-
wünschten Artikel. Diese Daten sind sowohl für den Handel bei seiner Sortimentsgestal-
tung, als auch für die Industrie bei der Produktliniendefinition von großer Bedeutung.

18
Marktforschung

Andere Panels
Neben dem Handelspanel gibt es noch eine Vielzahl von Untersuchungsgegenständen,
die dem Marketingexperten angeboten werden, wie beispielsweise die Untersuchung des
TV-Verhaltens. Ein weiteres Beispiel ist die Kaufkraftanalyse, die insbesondere für eine
Standortwahl im Handel von hoher Bedeutung ist.

Neben den genannten Aufgaben der „klassischen“ Marktforschung bietet das Internet eine
Reihe interessanter Möglichkeiten, Informationen über die bestehenden Kunden und User
zu generieren. Diese werden im Weiteren unter dem Titel „Profiling“ skizziert.

4.4.4 Kundendaten durch Profiling

Eine Kundendatenbank ist eine zentrale Sammelstelle für kunden- und vertriebsrelevante
Informationen und beschreibt die Beziehung eines Unternehmens mit seinen Kunden. Seit
dem Siegeszug des Internets und entsprechender EDV-Systeme ist dies erst in großem Um-
fang möglich geworden. In einer solchen Datenbank befinden sich Geschäftsabschlüsse,
Preise, Produkte, geschätzter Bedarf etc. Für das Marketing werden demographische Krite-
rien, psychologische Angaben, Kaufverhalten etc. immer interessanter, um strategische
aber auch operative Schritte setzen zu können.

Als Kontaktkanäle für die Datenbank kann man folgende Faktoren benennen:
• Außendienst
• Direkter Kontakt
• Call Center
• Internet, Mail, Fax
• Handelspartner
• Kiosks

Eine Datenerhebung aus dem Internet und die Nutzung dieser Daten bietet dem Unter-
nehmen nie da gewesene Methoden und Tools für das Marketing
(Stichwort: Customer Relationship Management, Kapitel 1.5.1).

19
Marktforschung

Datenerhebung über das Internet


Grundsätzlich gibt es die Aufgabe, alle Kundendaten zu sammeln, auszuwerten und diese
zu schützen. Kundendaten kann man grundsätzlich in drei Hauptarten unterscheiden:

Stammdaten werden von Internet-Nutzern meistens freiwillig angegeben. In der Praxis


werden die „Stammdaten“ als Opt-in Methode bezeichnet. Zu diesen Daten gehören etwa
Name, Adresse, Abrechnungsangaben, Beruf, Bildungsgrad, Familienstand, Haushaltsein-
kommen, Interessensschwerpunkte und allgemeine Nutzungsgewohnheiten. Hierbei han-
delt es sich um Angaben, die freiwillig bei Registrierung, Bestellung oder Umfrage ge-
macht worden sind. Allerdings gibt nicht jeder User gerne seine persönlichen Daten wei-
ter. Deshalb muss sich das Unternehmen etwas Besonderes einfallen lassen, was für den
User einen Mehrwert ergibt. Beispielsweise sind dies Gratisservices wie freier Internetzu-
gang: Hierbei muss man mehrere Formulare zur eigenen Person ausfüllen und sich damit
einverstanden erklären, dass Werbung auf seinen Computer gesendet wird. Dies wird
durch ein PDO ermöglicht. Ein PDO ist ein Permanent Desktop Objective, das man nicht
wegklicken kann. Es ist jederzeit am Bildschirm aktiv.

Bei den zwei weiteren Hauptarten sieht die Situation schon etwas schwieriger in Bezug
auf rechtliche Bestimmungen und Kundensensibilität aus.

Bewegungsdaten sind personenbezogene Informationen über die Nutzungsgewohnheiten


der User auf der Website. Durch die Koppelung von Cookies (siehe weiter unten) oder
Login/ Passwort kann eine Verbindung zwischen Stammdaten und Bewegungsdaten her-
gestellt werden. Folgende Fragen können dadurch beantwortet werden:
 Wann wird ein bestimmtes Angebot genutzt?
 Wie häufig ?
 Wie ist die durchschnittliche Verweildauer? etc.

Inhaltsdaten können dabei mit den Bewegungsdaten durch Logfiles kombiniert werden.
Somit kann man auch sagen, auf welchen Seiten der User sich bewegt hat. Mit z. B. Coo-
kies (siehe unten) ist es möglich, Benutzerprofile zu erstellen, User immer wieder zu iden-

20
Marktforschung

tifizieren, seine gesamten Aktionen im Internet zu beobachten und in die Datenbank zu


übernehmen. Über leistungsfähige Benutzerprofile sind Anbieter in der Lage, den Benut-
zer richtiggehend wieder zu erkennen und individuell zu bedienen (Konzept „Tante-
Emma-Laden im Internet“).

→ Heute findet das Internet die User in immer häufigerem Ausmaß.

5 MESSUNG DER KUNDENZUFRIEDENHEIT

Ein besonderer Anwendungsfall von Marktforschung ist die Messung der Kundenzufrie-
denheit.

Kundenzufriedenheit ist ein Schlagwort, das in Mode gekommen ist. Welches Unterneh-
men hat nicht gern zufriedene Kunden. Schließlich wollen Unternehmen durch die Erfül-
lung der Kundenwünsche, Lösung der Kundenprobleme und hohe Kundenzufriedenheit
eine langfristige Erfolgsbasis schaffen sowie Gewinne schreiben.

Abb. 52: Wirkung von Kundenzufriedenheit

21
Marktforschung

Die Gedankenkette ist eigentlich relativ einfach: Kundenzufriedenheit schafft Kundenbin-


dung, und Kundenbindung bringt Erfolg und damit Gewinn. Aber: Wie lässt sich heraus-
finden, ob die eigenen Kunden wirklich zufrieden sind? Die verfügbare umfangreiche
Fachliteratur zu diesem Thema wird täglich um einen neuen Beitrag reicher, und der Prak-
tiker ist oft überfordert, wenn er angesichts der offensichtlich komplexen Materie ein
schnell umsetzbares Instrument zur Messung der Kundenzufriedenheit erstellen soll.

Die Zielsetzungen der Unternehmen bei der Einführung eines Instruments zur Messung
der Kundenzufriedenheit können im Einzelfall unterschiedlich sein, wesentlich sind im
Allgemeinen die folgenden Ziele:
• Verbesserung der Qualität der "Produkte"
(Dienstleistungen, technische Produkte oder generell Kundennutzen),
• Verbesserung der Kompetenz der Mitarbeiter (fachlich und sozial),
• Verbesserung des Prozesses der Leistungs- und/ oder Produkterstellung.

Die genannten Zielsetzungen sind heute in vielen Unternehmen in einem Qualitätsma-


nagementhandbuch festgeschrieben, das die Basis der Zertifizierung z. B. nach DIN EN
ISO 9000 ff. ist. Ein Instrument zur Messung der Kundenzufriedenheit ist dann oft sogar
Bestandteil dieses Handbuchs.

Unabhängig von der formalen Institutionalisierung der Messung der Kundenzufriedenheit


steht die Kundenorientierung als zentrale strategische Zielsetzung bei vielen Unterneh-
men, die sich unter wettbewerbsintensiven Bedingungen am Markt bewähren müssen, im
Vordergrund. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn über die "Befindlichkeit"
des bzw. der Kunden Klarheit besteht. Die Einstellung: „Unsere Kunden sind zufrieden,
sonst würden sie sich beschweren“, gehört längst der Vergangenheit an und ist einer Ein-
stellung gewichen, die den Kunden in den Mittelpunkt unternehmerischen Interesses und
Handelns stellt.

Die Verfolgung des unternehmerischen Ziels der "Kundenorientierung" auf der Grundlage
einer Messung der Kundenzufriedenheit erfordert in erster Linie eine angemessene Infor-

22
Marktforschung

mationsbasis. Aussagefähige Informationen über die Zufriedenheit der Kunden sind einer-
seits bereits im Unternehmen vorhanden, andererseits sind bestimmte Anforderungen zu
erfüllen, wenn der Kunde über seine Zufriedenheit Auskunft geben soll.

Kundenzufriedenheit entsteht aus dem Vergleich ... zwischen den Erwartungen


- Individuelle Ansprüche
- Image des Anbieters
- Leistungsversprechen des Anbieters
- Wissen um Alternativen etc.
und den wahrgenommenen Leistungen
- Aktuelle Erfahrungen
- Individuelle Problemlösung
- Subjektive Wahrnehmung der Leistung etc.

Entspricht die wahrgenommene Leistung der Erwartung spricht man von „Zufriedenheit“,
wird die Leistung unter der Erwartung wahrgenommen von „Unzufriedenheit“, wird die
Leistung höher wahrgenommen von „Begeisterten Kunden“ (→ aktive Mundpropaganda
ist zu erwarten).

Hinzu kommt auch noch, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens bestimmte Vorstellun-
gen darüber haben, was die Kundenzufriedenheit fördert. Kundenzufriedenheitsanalysen
setzen idealerweise an allen der genannten Punkte an und zeigen Diskrepanzen auf.

23
Marktforschung

Abb. 53: Bereiche umfangreicher Systeme zur Analyse von Kundenzufriedenheit

Gerade in diesem Bereich wird in der Praxis sehr viel „herumgepfuscht“ und Unternehmer
verlassen sich auf vage oder schlichtweg falsche Aussagen. Kern der Analyse bzw. Mes-
sung der Kundenzufriedenheit ist ein unternehmensspezifisches, einfühlendes Beobachten
der Kunden. Nur durch eine konsequente, laufende, systematische und zeitnahe, rasche
Erfassung der Kundenwünsche und -beurteilungen ist es möglich, die Kundenzufriedenheit
zu messen, möglichst rasch Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und über geeignete Ak-
tivitäten die Kundenzufriedenheit zu steigern.

Kundenzufriedenheitsanalysen werden meist in Form schriftlicher Befragungen durchge-


führt (z. B. im Hotel ein Fragebogen für die Gäste, der am Abend vor der Abreise mit der
Bitte um Beantwortung verteilt wird).

24
Marktforschung

6 AUSWERTUNG VON PRIMÄRDATEN

Für eine tiefer gehende Auswertung von Marktforschungsdaten ist es mit einer Strichliste
in der Regel nicht getan. Man erhält mit Strichlisten nur einen sehr oberflächlichen Ein-
druck von den Ergebnissen. Darüber hinaus ist das "Herausstricheln" sehr mühsam und
zeitaufwendig.

Zweckmäßig ist die Nutzung von speziellen Auswertungsprogrammen. Es gibt mittlerweile


eine große Zahl von unkomplizierten und kostengünstigen PC-Programmen. Hinzu ist
noch Software für die Erstellung von Graphiken und professionellen Präsentationen und
Berichten zu empfehlender Standard.

Die Grundauswertungen weisen üblicherweise die prozentuellen und absoluten Häufig-


keiten der ermittelten Variablen aus (tabellarisch oder graphisch). Kombiniert man ver-
schiedene Variablen, so spricht man von einer Kreuztabellierung (z. B. Antworten unter-
schiedlich nach Frauen und Männern).

Abb. 54: Beispiele für Häufigkeitsauszählungen und Kreuztabellen

25
Marktforschung

Weiters können aus einer breiten Palette statistischer Verfahren der Datenanalyse folgende
zur Anwendung kommen:
• Statistische Testverfahren, z. B. T-Test zur Analyse von systematischen Unterschieden
zwischen Stichproben (Fragestellung: „Urteilen Frauen und Männer bezüglich der
Fragestellung tatsächlich unterschiedlich?“)
• Korrelations- und Regressionsanalysen zur Offenlegung von Zusammenhängen (z. B.
gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Urteil zu bestimmten Fragestellungen
und dem Alter und wie stark ist dieser Zusammenhang)
• Varianzanalysen zur Untersuchung des Einflusses eines Faktors auf einen anderen
Faktor
• Diskriminanzanalysen zur Unterscheidung von Gruppeneigenschaften
• Faktorenanalysen zur Verdichtung von Untersuchungsergebnissen (z. B. wenn in einer
Untersuchung zu einem Thema 20 Fragen gestellt wurden und man nun die Antwor-
ten auf 3 bis 5 Einstellungsfaktoren „dahinter“ verdichten möchte)
• Clusteranalysen zur Bestimmung von Gruppen von Antwortenden, die bezüglich ein-
zelner Antworten ähnlich beurteilt haben
• Conjoint-Analysen um beispielsweise herauszufinden, inwieweit eine einzelne ange-
botene Serviceleistung die Gesamtbeurteilung einer Serviceleistung beeinflusst und
wie sich eine Veränderung dieser Serviceleistung auf das Gesamturteil auswirkt

Weitere Verfahren, die immer stärker zum Einsatz kommen, sind beispielsweise die Mul-
tidimensionale Skalierung (MDS), die z. B. Einstellungen zu bestimmten Produkten in ei-
ner Art „Einstellungslandkarte“ veranschaulicht, oder die Pfad-Analysen (LISREL), wo
komplexe Zusammenhänge zwischen Einzelfaktoren wie in einem Netzplan veranschau-
licht werden.

Eine wirklich eingehende Datenanalyse mit diesen Verfahren setzt hohe statistische
Kenntnisse voraus. So muss beispielsweise immer vor einer Analyse die Güte der Datenla-
ge und die Sinnhaftigkeit des Einsatzes einzelner Verfahren (z. B. des Skalenniveaus der
Daten) überprüft werden.

26
Marktforschung

Bei unsachgemäßem Einsatz von statistischen Verfahren können ansonsten falsche


Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen gezogen werden. Daneben ist gerade mit Statistik
die Möglichkeit gegeben, bestimmte Sachverhalte so darzustellen, wie man es eben haben
möchte (unter dem Motto: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“)

7 KONZEPTION EINES MARKTFORSCHUNGSPROJEKTES

Ähnlich wie beim Planungsprozess lässt sich für ein Marktforschungsprojekt grob folgende
Ablaufstruktur finden:

Abb. 55: Genereller Ablauf eines Marktforschungsprojektes

Je nach Untersuchungsanordnung wird es spezielle Projektschritte geben. Die


Abfolge einer schriftlichen Befragung lässt sich wie folgt skizzieren:

27
Marktforschung

1. Festlegung der Aufgabenstellung


2. Festlegung der Erhebungsmethode und der begleitenden Methoden (auch Stichprobe)
3. Festlegung der Fragearten und Fragen sowie der Antwortarten
4. Festlegung des Fragebogenverlaufes
5. Festlegung des Fragebogenlayouts
6. Fragebogenüberprüfung nach Länge, Zielgenauigkeit, Layout und Umfang
7. Genehmigung durch den Auftraggeber
8. Pretest und gegebenenfalls Überarbeitung
9. Vorbereitung Feldphase (Interviewerfestlegung und Einschulung, Fragebogenverviel-
fältigung, Kontaktierungen)
10. Durchführung

Eine zentrale Frage ist auch, ob die Marktforschung selbst (Eigenmarktforschung) durchge-
führt oder fremd vergeben (Fremdmarktforschung) wird. Die Entscheidung sollte anhand
folgender Kriterien getroffen werden:
• Methodenkenntnis
• Problemkenntnis
• Objektivität
• Sicherheit/Diskretion
• Kosten
• Ressourcen

Wird die Marktforschung fremd vergeben, ist ein exaktes Briefing des Marktforschungsin-
stitutes notwendig:
• Exakte Projektbeschreibung
• methodische Überlegungen/Anforderungen
• Zielgruppen
• Kostenrahmen
• eigene Jobübernahme
• Termin Angebotsabgabe, Projekttermine
• Sonderbedingungen

28
Marktforschung

8 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Welche Arten der Marktforschung gibt es?
2. Geben Sie einen Überblick über die Instrumente der Marktforschung.
3. Beschreiben Sie das Instrument der Markterkundung.
4. Beschreiben Sie das Instrument der Befragung.
5. Welche Auswahlverfahren gibt es in der Primärforschung für Stichproben?
6. Beschreiben Sie die Messung der Kundenzufriedenheit.
7. Wie werden Primärdaten ausgewertet?
8. Skizzieren Sie den Ablauf eines Marktforschungsprojektes.

Literaturtipps
Backhaus, K./ Erichson, B./ Plinke, W./Weiber, R.: Multivariate Analysemethoden, 8. Auf-
lage, Berlin 1996
Green, P./ Tull, D.: Methoden und Techniken der Marktforschung; 4. Auflage, Stuttgart
1982
Herrmann, A./Homburg, Chr.: Marktforschung, Wiesbaden 1999
Kastin K.: Marktforschung mit einfachen Mitteln, München 1995
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 3. Auflage,
Frankfurt/ Main, New York 1992
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999
Underhill, P.: Warum Kaufen wir?; München 2000

29
Marktforschung

Notizen

30
Marketing-Lehrgang
Leistungspolitik
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Dr. Toni Monsberger (2018)
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
© 2018, alle Rechte vorbehalten

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Inhalt Seite

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE ................................................................ 5

1.1 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN....................................................... 5


1.2 PRODUKTBEGRIFF UND GÜTERTYPOLOGIE ........................................... 7
1.2.1 SACHGÜTER UND DIENSTLEISTUNGEN................................................... 8
1.2.2 GEBRAUCHSGÜTER UND VERBRAUCHSGÜTER ...................................... 9
1.2.3 CONVENIENCE-GOODS, SHOPPING-GOODS, SPECIALITY-GOODS....... 9
1.2.4 ROH-, HILFS- UND BETRIEBSSTOFFE, ANLAGEGÜTER,
INVESTIVE DIENSTLEISTUNGEN .............................................................. 10
1.3 PROGRAMMPOLITIK ............................................................................... 10
1.4 SORTIMENTSPOLITIK ............................................................................... 12
1.5 POSITIONIERUNG UND ZIELGRUPPEN .................................................. 12

2 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ .............................................. 18

2.1 PRODUKTGESTALTUNG UND PRODUKTMODIFIKATION .................... 18


2.2 PRODUKTINNOVATION (-ENTWICKLUNG) UND
INNOVATIONSMANAGEMENT ............................................................... 20
2.2.1 KREATIVITÄTSTECHNIKEN....................................................................... 24
2.3 PRODUKTELIMINATION.......................................................................... 26
2.4 MARKENPOLITIK ...................................................................................... 27
2.5 VERPACKUNG ......................................................................................... 30
2.6 KUNDENDIENST-/ SERVICEPOLITIK......................................................... 31
2.7 GARANTIELEISTUNGSPOLITIK ................................................................ 32
2.8 PRODUKTHAFTUNG ............................................................................... 33

3 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 35

3
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Notizen

4
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE

1.1 Grundsätzliche Überlegungen

Erfolgreiches Marketing ist mittel- und langfristig nur dann möglich, wenn eine systema-
tisch geplante Produktpolitik zugrunde liegt. Diese umfasst im weiteren Sinne folgende
Bereiche:

Produktpolitik im weiteren Sinn

Die Produktpolitik ist mit einem Fundament zu vergleichen, auf dem das Marketinghaus
errichtet wird. Gibt es hier große Material- oder Konzeptionsfehler, wird der Unterneh-
menserfolg stets auf einer höchst wackeligen Basis stehen. Hier kommt dem Marketing
eine – wenn nicht die – Schlüsselrolle zu, die Produktpolitik auf die Anforderungen des
Marktes ideal abzustimmen, d. h. das Marketing trägt die Ansprüche des Marktes in das
Unternehmen hinein – eine faszinierende, aber oft nicht leichte Aufgabe.

Die Leistungspolitik umfasst alle Entscheidungstatbestände, welche sich auf die marktge-
rechte Gestaltung des Leistungsprogrammes einer Unternehmung unter gleichzeitiger Be-
rücksichtigung von Unternehmenszielen beziehen.

Marketing darf allerdings nicht erst bei der Vermarktung der Produkte und Dienstleistun-
gen ansetzen. Vielmehr muss erfolgreiches Marketing bereits in den Forschungs- und Ent-

5
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

wicklungsprozess miteingebunden werden. Somit hat der Marketer eine richtungweisende


Aufgabe in der Ausgestaltung der Produktpolitik wahrzunehmen.

Im Marketing wird im Zusammenhang mit der Leistungspolitik auch oft vom sog. Pro-
duktmanagement gesprochen. Dabei geht es um:
• Entwicklung und Gestaltung von bedürfnisgerechten Erzeugnissen (u. a. Design) als
zentrales Anliegen des Produktmanagement
• Generierung von Absatz beziehungsweise Umsatz durch die Bedürfnisgerechtigkeit der
Produkte
• Erzielung von Gewinn durch die Entwicklung und Gestaltung von bedürfnisgerechten
Gütern unter Berücksichtigung der Kosten.

Kurzum: Es geht um die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller Maß-
nahmen, die auf eine erfolgreiche Konzipierung und Vermarktung des Leistungsprogram-
mes eines Unternehmens ausgerichtet sind. Das Produktmanagement ist gleichzeitig auch
Schnittstellenmanagement hin zu anderen Unternehmensfunktionen, wie die folgende
Abbildung zeigt.

6
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Abb. 56: Produktmanagement als Schnittstellenmanagement

1.2 Produktbegriff und Gütertypologie

Nach Philip Kotler ist ein Produkt alles, was einem Markt als Objekt der Aufmerksamkeit,
zum Erwerb oder zum Konsum angeboten werden kann; der Begriff umfasst konkrete Ge-
genstände, Dienstleistungen, Personen, Orte, Organisationen und Ideen.

In der folgenden Abbildung werden die einzelnen Bereiche einer Leistung (Produkt und
Serviceleistungen) dargestellt. Es wird dabei deutlich, dass Material, Verarbeitung bzw. die
Sachfunktionen nur einen Teil der Leistung darstellen.

7
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Abb. 57: Ebenen des Produktbegriffes

Grundsätzlich unterscheidet man folgende Typen von Gütern:


• Sachgüter und Dienstleistungen
• Gebrauchsgüter und Verbrauchsgüter
• Convenience- goods, Shopping- goods, Speciality- goods
• Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Anlagegüter, Investive Dienstleistungen

1.2.1 Sachgüter und Dienstleistungen

Produkte sind Sachgüter, die im Gegensatz zu Dienstleistungen immer materieller Natur


sind. Dienstleistungen wie beispielsweise Transporte oder Marktforschung sind immateri-
eller Natur und werden in engem Zusammenspiel zwischen dem Dienstleistungsgeber
und dem Dienstleistungsnehmer erbracht. Dienstleistungen sind - ähnlich wie die Zeit -
nicht lagerfähig.
In diesem Zusammenhang ist der Trend des Extra- Value- Proposition (EVP) von besonde-
rer Bedeutung. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, Produkte mit zusätzlichen
Dienstleistungen anzubieten. Zum einen entspricht dies den Kundenwünschen und zum
anderen ist damit eine direkte Preisvergleichbarkeit mit dem Mitbewerb schwer bis über-
haupt nicht möglich.

8
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

1.2.2 Gebrauchsgüter und Verbrauchsgüter

In dieser Typologie werden die Produkte nach der Art und Dauer des Konsumationspro-
zesses unterschieden.

Gebrauchsgüter sind beispielsweise Autos, Sportgeräte oder Kleidung. Diese materiellen


Produkte überdauern im Regelfall mehrere Verwendungseinsätze und fordern meist einen
intensiven Verkaufsaufwand und umfangreiche Garantieleistungen des Anbieters. Darüber
hinaus sind diese Produkte ihrer Natur nach eher erklärungsbedürftiger als Verbrauchsgü-
ter.

Verbrauchsgüter sind beispielsweise Getränke, Pflegemittel oder Genussmittel. Hier han-


delt es sich um kurzlebige Produkte, die im Regelfall im Laufe eines oder mehrerer Ver-
wendungseinsätze konsumiert werden. Diese Güter werden relativ rasch verbraucht und
werden gerne auch als Low-Interest-Produkte bezeichnet.

1.2.3 Convenience-Goods, Shopping-Goods, Speciality-Goods

Convenience-Goods sind Produkte des täglichen Bedarfs. Der Konsument erwirbt sie mit
minimalen Vergleichs- und Einkaufsaufwand. Convenience-Produkte sind Güter des Re-
gelkaufs, Güter des Spontankaufs und Güter des Dringlichkeitskaufes.

Shopping-Goods sind Güter des Such- und Vergleichskaufes, wie z. B. Kleider, Möbel
usw. Hier durchläuft der Kunde Such-, Vergleichs- und Auswahlprozesse, bevor er kauft.

Speciality-Goods sind Produkte wie Autos, wie aber auch z. B. Taucherausrüstungen, An-
tiquitäten u. a. m. Entweder steht ein hohes Investitionsvolumen im Vordergrund, oder es
sind tatsächlich spezielle Produkte, die primär von kleinen Zielgruppen oder Freaks nach-
gefragt werden.

9
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

1.2.4 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Anlagegüter,


Investive Dienstleistungen

Rohstoffe fließen direkt in die Erzeugnisse und Produkte ein und bilden einen wesentli-
chen Bestandteil. Zum Beispiel Holz bei Möbeln, Erdöl bei Benzin, Fleisch bei der
Wurstwarenerzeugung u.a.m.
Hilfsstoffe werden ebenfalls unmittelbar Bestandteil der Produkte. Sie dienen z. B. der
Verbindung oder Sicherung der Erzeugnisse wie Leim, Nägel, Schrauben etc. Sie sind da-
her im Gegensatz zu den Rohstoffen keine wesentlichen Bestandteile.
Betriebsstoffe sind Stoffe, die den Fertigungsprozess ermöglichen, wie beispielsweise
Schmiermittel oder Reinigungsmittel. Betriebsstoffe fließen nicht in die Erzeugnisse ein.
Anlagegüter sind Güter, die nicht in das Endprodukt eingehen, jedoch die Grundlage für
ihre Fertigung darstellen. Ihre Anschaffungskosten werden in der Regel bilanziell aktiviert
und gehen nur indirekt über die Verrechnung von Abschreibungen und über Finanzie-
rungskosten bzw. Mietkosten in die Gesamtkosten des Endproduktes ein.

Investive Dienstleistungen, dazu gehören Wartungs- und Reparaturdienste, aber auch Be-
triebsberatungsdienste.

1.3 Programmpolitik

Bei der Programmpolitik geht es im Wesentlichen um:


• Umfang und Struktur der Angebotspalette
• Veränderung der Angebotspalette
• Diversifikation der Unternehmensleistung
• Bündelung von Gütern und Diensten

10
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Das Produktionsprogramm kann nach Produktlinien und nach Programmbreite und -tiefe
strukturiert werden
• Die Programmbreite gibt Auskunft darüber, wie viele Produktlinien im Produktpro-
gramm enthalten sind. Eine Produktlinie (Produktgruppe) ist dabei eine Gruppe von
Produkten, die aufgrund bestimmter Kriterien (z. B. Bedarfszusammenhang, Produkti-
onszusammenhang) in enger Beziehung zueinander stehen, z. B. Kosmetikartikel,
Waschmittel.
• Die Programmtiefe gibt Auskunft über die Anzahl der verschiedenen Ausführungen
innerhalb der Produktlinie.

Produktlinie A Produktlinie B Produktlinie C Produktlinie D


A1 B1 C1 D1
A2 B2 D2
A3 D3
A4 D4

Abb. 58: Breite und Tiefe des Sortiments

11
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

1.4 Sortimentspolitik

Was für einen Hersteller die Programmpolitik ist, ist für den Handel die Sortimentspolitik.
Hier wird unterschieden zwischen
• Warengruppen
• Artikel
• Sorten

Auch hier können die einzelnen Warengruppen nach ihrer Breite und Tiefe unterschied-
lich definiert werden. Bei der Platzierung der Ware ist insbesondere auf die Warengrup-
pennachbarschaft zu achten.

Arten der Sortimentszusammenstellung:


• Material- bzw. Herkunftsorientierung: z. B. Eisenwarengeschäft
• Preisorientierung: z. B. Diskonter
• Kunden-Bedarfsorientierung: Es werden Produkte zusammengefasst, die die Konsu-
menten zusammen verwenden z. B. Baumärkte.
• Orientierung an der Selbstverkäuflichkeit der Ware (bestimmt auch den Distributi-
onsweg)
o problemlose Ware = Selbstbedienung, Automaten, Versandhäuser, Internet
o problemvolle Ware = Bedienung, individuelle Beratung, z. B. im Fachhandel

1.5 Positionierung und Zielgruppen

Unternehmer und Manager erkennen, dass die Produkte zunehmend ähnlicher werden
und damit die Gefahr der Austauschbarkeit enorm steigt. Die Differenzierbarkeit eines
Produktes von der funktionalen Seite wird immer geringer, demnach bleibt als Chancen-
potenzial nur mehr die psychologische Differenzierung/ Positionierung.

12
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Wird nun ein neues Produkt bzw. Produktprogramm am Markt eingeführt oder ein beste-
hendes Produkt weiterentwickelt, gilt es in Abstimmung mit der Positionierung des Ge-
samtunternehmens (vgl. Kapitel 4.9) zu entscheiden, welche unverwechselbare, eindeuti-
ge Positionierung bei ihrer Zielgruppe angestrebt werden soll. Ein neues Produkt soll bei
der Einführung zu einer eindeutigen Produktpersönlichkeit werden, wobei unter dem
Strich die Beurteilung seitens der Zielgruppe zählt und nicht die des Unternehmens.

Komplex wird die Positionierung dadurch, dass die Zielgruppe mehrheitlich das Pro-
dukt/Unternehmen vom subjektiven Gefühl heraus einordnet, und kühle rationale Beurtei-
lungsmuster deutlich im Hintergrund bleiben (siehe Kaufverhalten Kapitel 2.5).

Dies setzt jedoch voraus, dass die Grundmechanik der Nutzentheorie verstanden wird, die
anzusprechende Zielgruppe ziemlich genau bekannt ist, sowie das Positionierungsprofil
abgestimmt mit den eigenen Unternehmenszielen klar festgelegt und umgesetzt wird.
Im Marketing unterscheiden wir:
• Grundnutzen
• Zusatznutzen
• Psychologischer Zusatznutzen

Die Chancen für das Unternehmen, sich eindeutig zu profilieren und Stellung zu bezie-
hen, sprich sich zu positionieren, läuft hauptsächlich über den psychologischen Zusatz-
nutzen (nimmt seit ca. 1970/80 den Hauptbereich der Bewerbung ein). Wichtig ist hier ein
Profil anzustreben, das die Zielgruppe dem Produkt/Unternehmen auch zutraut, erwartet
und das glaubwürdig wirkt.

13
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Produktgattung Grundnutzen Zusatznutzen Psychol. Zusatznutzen


MP3-Player tragbar Musik SuperSound ähn- das Gefühl, den Mercedes un-
hören lich wie Hifi ter den tragbaren zu haben,
frei sein, innovativ sein
Müsli Riegel essen gesünder ernäh- Bewusst leben, "Ich bin Ich"
ren
Cola-Getränk Durst löschen schmackhaft jung zu sein und zur neuen
Generation zu gehören
Auto fahren Sportlich Ieger Gefühl, elegant und innovativ
zu sein, zur Elite zu gehören
Kosmetika Feuchtigkeit für Straffere Haut Hoffnung auf Schönheit, Ju-
die Haut gendlichkeit, Anerkennung

Strategische Erfolgspotenziale und Unique Selling Proposition


Bezugnehmend auf die Nutzentheorie sind zwei weitere Bereiche des Marketing von be-
sonderer Bedeutung:
1. Das strategische ErfoIgspotenzial (SEP) und die
2. Unique Selling Proposition (USP), also das einzigartige Verkaufsversprechen.
Mit beiden Kriterien kann eine Unterscheidung des eigenen Unternehmens/ Produktes
gegenüber den Mitbewerbern auf der Ebene der Leistungen/ Nutzen vorgenommen
werden.

Unter strategischen Erfolgspotenzialen (SEP) versteht man langfristige Wettbewerbsvortei-


le, die sich z. B. aus Nutzenmerkmalen ergeben können. Ein SEP liegt nur dann vor, wenn
dieser Vorteil tatsächlich auf längere Zeit beibehalten werden kann. Ein Beispiel dafür wä-
re die jahrhundertealte Tradition eines Brauhauses oder der Standort eines Restaurants
mitten im Zentrum der Stadt. Ein Unternehmen hat gewöhnlich nur sehr wenige wirkliche
SEPs.

Unter der Unique Selling Proposition versteht man das einzigartige Verkaufsversprechen.
Es bezeichnet eine Nutzenkomponente, die nur durch ein Unternehmen erbracht werden
kann, das sich dadurch von allen anderen Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Pro-
dukte anbieten, unterscheidet.

14
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Beim USP wird in der Praxis zwischen einem faktischen und einem psychologisch einzig-
artigen Verkaufsversprechen unterschieden. Dies wird häufig mit dem Begriff Produk-
timage bezeichnet. In der neueren Marketingliteratur wurde der USP zum UMP erweitert.
Darunter versteht man das einzigartige Marketingversprechen und umfasst alle Kompo-
nenten des Marketings, welche das Unternehmen einzigartig gegenüber dem Kunden dar-
stellt.

Ein Beispiel für Produktpositionierungen (eig. Markenpositionierungen) in der Autoindust-


rie liefert Prof. Meffert, wie in der folgenden Abbildung dargestellt.
(Hinweis: Es handelt sich dabei um eine Momentaufnahme von vor einigen Jahren)

Abb. 59: Positionierungen von Automobilmarken nach Meffert (2000)

Eine andere häufig verwendete Form ist die „Positionierungsspinne“, welche gerne im
Vergleich mit Mitbewerbern/ Konkurrenzprodukten die Potentiale deutlich macht.

15
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Abb. 60: Beispiel einer Positionierungsspinne

Bedeutsam ist darüber hinaus auch noch, dass eine bestimmte Positionierung auf die je-
weilige Zielgruppe abgestimmt sein muss. Solche Zielgruppen (siehe Marktsegmentierung,
Kapitel 2.2) lassen sich durch folgende Kriterien beschreiben:

16
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Ein Beispiel:

Zielgruppenbestimmung und Positionierung für Freizeit- und Sportbekleidung:

Demographische Merkmale
• individuell und sozial
• männlich/weiblich annähernd ausgeglichen (55 %/45 %)
• aktiver Sportler mit gehobenem Einkommen (ca. 75 %)
• Haushaltsnettoeinkommen € 1.500,-- durchschnittlich
• Alter der Kernzielgruppe 18 - 40 Jahre
• primär ledig (60 %)
• Haushaltgröße 1 - 4 Personen (70 %)
• geographisch primär Bewohner größerer Orte (mehr als 15.000 Einwohner) und Ein-
wohner von Fremdenverkehrsorten

Psychologische Merkmale
• Qualitätsbewusstsein
• Markenbewusstsein
• stark an modischen Fragen interessiert

Positionierung
• qualitativ hochwertiges Produkt für Freizeit und Sport
• Consumer benefits
• Freizeit- und Sportbekleidung zum beträchtlichen Zusatznutzen (hohe Qualität und
Lebensdauer), Aktivierung des psychologischen Zusatznutzens durch das Exklusivitäts-
image, z. B. von Lacoste.

17
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

2 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ

In der folgenden Abbildung werden ein generelles Phasenschema für die Leistungspolitik
sowie einige dabei bedeutsame Instrumente dargestellt.

Abb. 61: Entscheidungsbereiche der Leistungspolitik

2.1 Produktgestaltung und Produktmodifikation

Ein erheblicher Teil der Produktpolitik bezieht sich auf die Anpassung bestehender Pro-
dukte an die veränderten Marktkonstellationen.

Produktgestaltung
In der Produktgestaltung geht es um Technik, Form, Farbe, Struktur, Oberfläche, physikali-
sche Eigenschaften, Akustik etc., also um den Einsatz gestalterischer Elemente von Produk-
ten.

18
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

In weiterer Folge geht es aber oft um die systematische Weiterentwicklung bestehender


Erzeugnisse. Sie kommt in zwei verschiedenen Formen vor:

Produktmodifikation
Bei der Produktmodifikation wird ein neues Produkt anstelle eines bisherigen Produktes in
das Sortiment aufgenommen.
Das Produktionsprogramm wird dadurch nicht ausgeweitet. Gegenstand der Modifikation
kann sowohl die Veränderung der technischen Funktionen wie auch eine Veränderung
des Produktäußeren (Form, Farbe, Namen, Verpackung) sein. Während im ersten Fall der
Grundnutzen erhöht wird, erhöht beispielsweise ein gelungenes Produktdesign den Zu-
satznutzen. Die Frage eines verkaufsfördernden Designs ist vor allem bei Gebrauchsgütern
wichtig, bei denen keine wesentlichen Steigerungen des Grundnutzens möglich erschei-
nen. Z. B. Golf relaunch im 3. Modelljahr
Ziel: stärkere Marktdurchdringung

Produktvariation (Produktdifferenzierung)
Die Produktgestaltung kann auch dazu führen, dass ein verändertes Produkt zusätzlich in
das bisherige Leistungsprogramm aufgenommen wird. Es vergrößert sich dadurch die Zahl
der angebotenen Varianten eines Grundtyps. Diese Produktvariation wird auch gelegent-
lich als Produktdifferenzierung bezeichnet. Dabei wird mit dem „alten“ Produkt der be-
stehende Kundenstamm weiterbedient, wobei eine klare Abgrenzung zwischen altem und
neuem Produkt für den Erfolg unabdingbar ist. Z. B. Golf und Golf GTI, Waschpulver
Ziel: Markterweiterung

Achtung: Der Begriff der Differenzierung wird auch oft für den Fall verwendet, bei dem
ein Produkt auf verschiedenen Märkten zu unterschiedlichen Preisen (Preisdif-
ferenzierung) angeboten wird.

19
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Modifikation und Variation entspringen in der Regel unterschiedlichen Marktstrategien.


Während die Modifikation darauf abzielt, das Nachfragepotenzial eines ganz bestimmten
Teilmarktes zu befriedigen und den Markt zu erhalten, zielt die Variation auf die Aus-
schöpfung des Potenzials eines Gesamtmarktes.

Die Gefahr liegt darin, dass eine unkontrollierte Produktvariation zu einer großzügigen
Ausweitung des Leistungsprogramms führt, in deren Folge häufig unwirtschaftliche Ferti-
gungsgrößen in Kauf genommen werden müssen.

Produktdiversifikation
Die Einführung völlig neuer Produkte und Dienstleistungen in neuen Märkten ist dann
sinnvoll, wenn
• das Ertragspotenzial im Markt ausgeschöpft ist,
• der Marktanteil ständig sinkt,
• eine starke Position (z. B. Finanzen) vorhanden ist; .z. B. Voest Alpine Stahl Aufbau
des Bereiches motion (als Vorwärtsintegration)
Ziel: Wachstum (Ausbruchsstrategie)

2.2 Produktinnovation (-entwicklung) und Innovationsmanagement

Für Unternehmen wird es aufgrund der Marktdynamiken immer wichtiger, in verhältnis-


mäßig kurzer Zeit neue Produkte bzw. neue Problemlösungen in ausreichender Zahl auf
den Markt zu bringen. Dies stellt vor allem hohe Anforderungen an das Management und
die Mitarbeiter. Die Best-of-Companies in Europa und USA erzielen 7 % ihres Jahresum-
satzes mit Produkten/ Dienstleistungen, welche sie vor 1 Jahr noch nicht hatten.

Beweggründe für Innovationen im Unternehmen sind:


• Die Lebenszyklen der Produkte werden immer kürzer.
• Die Kapitalknappheit der Unternehmen ist vakant.
• Eine neue Produktentwicklung verursacht sehr hohe Kosten.

20
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

• Ohne Innovationen sind keine Wettbewerbsvorteile zu erwirtschaften.


• Gesetzliche Auflagen machen Innovationen notwendig.

Allein aus diesen Überlegungen wird klar, wie wichtig es für ein Unternehmen ist, sich
möglichst aktiv und systematisch mit der Entwicklung von Innovationen auseinander zu
setzen.

Erfolgsvoraussetzungen für Innovationen sind u. a.:


• Beherrschung der Technologie
• Höherer Nutzen für den Kunden im Vergleich zu Vergleichsprodukten/ -technologien
• Leadership oder Early Follower
• Systematisches Innovationsmanagement (Prozess und Organisation)

Organisatorische Voraussetzungen
Hinzu kommt auch noch, dass in den Unternehmen eine entsprechende innovationsorien-
tierte Unternehmenskultur vorhanden sein muss. Das Wissen, welches im Unternehmen
vorhanden ist, muss sich in den organisatorischen Strukturen entsprechend verwirklichen
können.

In diesem Zusammenhang ist auch noch auf das sog. Promotorenmodell hinzuweisen.
Untersuchungen von Hauschild, Gemünden u. a. haben ergeben, dass Unternehmen dann
innovativer sind als andere, wenn Personen in den Unternehmen bestimmte Rollen im
Innovationsprozess übernehmen. Diese sind:
• Fachpromotor (fachliche Fähigkeiten)
• Machtpromotor (Kompetenz zur Ressourcenzuteilung, unternehmenspolitische Rü-
ckendeckung)
• Prozesspromotor (Steuerung des Innovationsprozesses zwischen Fach- und Macht-
promotoren)
• Beziehungspromotor (Kontakte zu Forschungs- und Innovationspartnern außerhalb
des Unternehmens)

21
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Aus Untersuchungen ist bekannt, dass speziell in großen Organisatoren rund 91 % der
Mitarbeiter Bremser und Bewahrer und nur 9 % Promotoren und Veränderungswillige
sind. Die Auswahl der Mitarbeiter, welche eine Promotorenrolle übernehmen ist somit
eine substantielle Frage der Unternehmensführung.

Der Ablauf von Innovationsprozessen gestaltet sich generell wie folgt:

1. Ideengenerierung
Bei der Suchfeldbestimmung geht es um die Frage, in welchen Bereichen überhaupt inno-
viert werden soll. Instrumente der Marktforschung und die Konkurrenzbeobachtung liefern
hierzu beispielsweise wertvolle Hinweise.
Fortschrittliche Unternehmen verschmelzen bei der Suchfeldbestimmung bereits mit ihren
Kunden, um so zu praxisorientierten Innovationen zu kommen.
Im Bereich der Ideenfindung sollen möglichst viele Lösungsansätze und Alternativen ge-
funden werden. Hier ist die kreative Phase von besonderer Bedeutung.
Der Einsatz von Kreativitätstechniken spielt dabei eine bedeutende Rolle.

2. Ideenakzeptierung
In dieser zweiten Hauptphase geht es um Prüfung aller gesammelten Ideen auf Machbar-
keit und Wirtschaftlichkeit und um die Entscheidung, welche Ideen realisiert werden sol-
len.

3. Ideenrealisierung
In der Realisierungsphase wird zwischen Planung, Umsetzung und Kontrolle unterschie-
den. Ziel ist es, den Erfolgsgrad bzw. das Misserfolgspotential in der Umsetzung zu mes-
sen. In dieser Phase finden sich die Einzelschritte: Produktkonzeption, Entwicklung/ Kon-
struktion, Prototypenerstellung, Erstellen der Fertigungsunterlagen, 0- Serien Produktion,
Typenprüfungen, Baufreigabe, etc. z. B. Beetle

22
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Quellen für neue Produktideen


Hier sind unternehmensinterne und unternehmensexterne Grundsatzquellen zu unter-
scheiden.
• Unternehmensinterne Quellen für neue Produktideen
Eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen
Patentabteilung
Produktionsabteilung
Marketingabteilung
Außendienst
Marktforschung
Produktmanager
Betriebliches Vorschlagswesen, KVP usw.
• Unternehmensexterne Ideenquellen
Kunden
Partnerunternehmen
Groß- und Einzelhandel
Erfinder
Forschungsinstitute
Lieferanten
Konkurrenzunternehmungen
Marktneuheiten von anderen Märkten
Produkte anderer Branchen
Hersteller von Komplementärprodukten
Marktforschungsinstitute
Werbeagenturen
Unternehmensberater
Wirtschaftsverbände
Staatliche Institutionen
etc.

23
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

2.2.1 Kreativitätstechniken

Kreativität wird einer der wesentlichen Wettbewerbsfaktoren in der Zukunft sein. Auch für
die Entwicklung neuer Problemlösungen für den Kunden bedienen sich Unternehmen ver-
schiedenster Unterstützungstechniken zur Ideengewinnung. Diese unterteilt man in:
• Kollektionsverfahren
• Assoziationsmethoden
• Analogiemethoden
• Methoden der Zufallsanregung (Reizworte)
• Imaginationsmethoden
• Methoden der systematischen Bedingungsvariation

Nachfolgend einige Kreativitätstechniken, die in der Praxis häufig angewandt werden:


• Brainstorming (Assoziation)
Eine Gruppe von etwa 6 - 8 Personen entwirft nach einer klaren Problem-/ Zieldefini-
tion kreative Gedanken zum Thema, die ein Moderator auf einem Flip-Chart oder ei-
ner Pinn-Wand festhält, also visualisiert.
In der Praxis wird sehr oft der Fehler gemacht, dass nach den ersten Ideen bereits eine
Wertung erfolgt und eine Diskussion über eine konkrete Idee entfacht wird, die das
Brainstorming im Keim erstickt. Daher der Grundsatz: In dieser Phase des Brainstor-
mings nie werten!
Im zweiten Schritt sollen dann die unstrukturierten, kreativen Gedanken des Brainst-
ormings ranggereiht und gewertet werden.

Beim Brainstorming sind folgende Grundregeln zu beachten:


1. Gleichberechtigung der Teilnehmer.
2. Sitzungsdauer zwischen 15 und 30 Minuten.
3. Ideenäußerung ist frei und ungezwungen.
4. Quantität geht vor Qualität.
5. Es darf keine Kritik an eingebrachten Ideen geübt werden, also keine Killerphrasen.
6. Die eingebrachten Ideen dürfen nicht begründet oder bewertet werden.

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Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

• Ideenkartensystem (Kollektion)
Eine gute Möglichkeit zur permanenten Sammlung von Ideen bietet das Ideenkarten-
system. Es lässt sich sehr leicht an die speziellen Gegebenheiten des Unternehmens
anpassen und ist sehr kostengünstig. Obendrein bietet es den Vorteil der Ideenaufbe-
wahrung. Nachfolgend nun ein Muster zu diesem Ideenkartensystem.
Die Idee stammt von:
Datum:
Idee:
Kurzbeschreibung:
Skizze:
Checkliste:

• Brainpool (Assoziation)
Hier sitzt eine Arbeitsgruppe an einem Round Table und schreibt individuell die Ge-
danken zum definierten Thema auf ein geeignetes Blatt nieder. Es sind jedoch zwei
Blätter mehr als Teilnehmer vorhanden, die in der Mitte zur freien Entnahme und zum
Austausch vorgesehen sind. Stößt nun ein Teilnehmer an seine Grenzen der kreativen
Ideenentwicklung, tauscht er einfach sein Papier gegen eines vom Pool, in der Hoff-
nung, dass die hier niedergeschriebenen Ideen des anderen Teilnehmers ihn zu neuen
Ideen führen. Dieser gegenseitige Austauschprozess hat sich oftmals in der Praxis sehr
gut bewährt.

• 6-3-5-Methode (Assoziation)
Diese ist in der Praxis eine sehr beliebte Methode, da sie innerhalb von 30 Minuten
bis zu 90 Ideen liefern kann.
6 – steht für 6 Teilnehmer
3 – steht für 3 Ideen pro Durchgang
5 – steht für 5 Minuten Bearbeitungszeit
In einem Kreis sitzend schreiben die 6 Teilnehmer innerhalb von je 5 Minuten auf ei-
nem 6-3-5-Arbeitsblatt in der ersten Zeile 3 Ideen zur Aufgabenstellung nieder. Nach
diesem Zeitraum wird das Blatt weitergegeben, das in weiterer Folge 5 x kreist, sodass
die Ideen der vorangegangenen Kollegen sukzessive weiter mitverarbeitet werden
können.

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Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

• Morphologischer Kasten (syst. Bedingungsvariation)


Bei diesem Verfahren werden die wichtigsten Dimensionen eines Problems herausge-
arbeitet. Für jede Dimension werden sodann alternative Lösungsmöglichkeiten ge-
sucht und in den morphologischen Kasten eingetragen. Anschließend werden die ein-
getragenen Alternativen sinnvoll zu kreativen Gesamtlösungen kombiniert. Die Mor-
phologie basiert damit auf dem Prinzip der totalen Strukturanalyse eines Problems un-
ter systematischer Kombination aller Elemente des Problems.
Beispiel: Der morphologische Kasten zur Konstruktion einer Kaffeemaschine

3 Parameter (Funk- Mögliche Lösungsformen


tionen)
1 2 3
Wasser kochen Heizplatte (außen) Heizplatte (innen) Induktionserhitzung
Kaffee filtern Filterpapier poröses Material Zentrifuge
Kaffee warm halten Wärmezufuhr Isolierung Wärmehaube
Kaffee ausschenken Zweitbehälter zum Pumpe zum Ausge- Hahn zum Aus-
Ausgießen ben schenken
Anschließend an die Ideengewinnung (Erleuchtung) werden alle gesammelten Ideen
nach strukturierten Vorgaben (z. B. Rosinenkonzept, Checklisten) auf ihre Umsetzbar-
keit geprüft (siehe oben: Ablauf eines Innovationsprozesses Punkt 2 und 3).

2.3 Produktelimination

Wie bereits erwähnt, unterliegen Erzeugnisse und Dienstleistungen wie Lebewesen dem
Gesetz des Werdens und Vergehens. Sie werden geboren, wachsen, werden alt und ster-
ben (siehe im Kapitel 4.5.2.4 zum Produktlebenszyklus).

Unter Elimination versteht man die Aussonderung von Produkten aus dem Leistungspro-
gramm. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Produkte in die Rückgangsphase eingetreten
sind oder gar nicht erst in die Wachstumsphase kommen (siehe auch Portfolio).
Quantitative Eliminationskriterien sind z. B.:
• Deckungsbeitrag

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Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

• Absatzmenge
• Umsatz
• Marktanteil
• Umschlagshäufigkeit
• Rentabilität

Daneben gilt es aber auch, qualitative Eliminationskriterien zu berücksichtigen, z. B:


• Image
• gesetzliche Vorschriften
• Änderung der Bedarfsstruktur
• Veralterung des technischen Standards
• Konkurrenzprodukte

Ziel: Aktualität des Sortiments und optimale Ertragsgestaltung

2.4 Markenpolitik

Nach der klassischen Definition von Mellerowicz prägen folgende Merkmale den Mar-
kenartikel
• Markierung
• für den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren
• gleichbleibende bzw. verbesserte Qualität
• gleichbleibende Menge
• gleichbleibende Aufmachung
• größerer Absatzraum
• Verbraucherwerbung
• Anerkennung im Markt

Für die Schaffung eines Markenartikels reicht es nicht, ein Logo zu entwerfen und dieses
auf dem Produkt anzubringen. Es wäre ein großes Missverständnis zu glauben, der Entwurf

27
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

eines Markennamens oder einer Etikette bildet einen Markenartikel. Der Markenartikel
wird nur durch konsequenten Einsatz des Marketinginstrumentariums möglich (= Marken-
führung). Man spricht dabei von einer Präferenzstrategie.

Ziel ist es dabei, durch den Markenartikel eine Beziehungsebene zum Kunden aufzubau-
en. Der Markenartikel schafft Vertrauen beim Kunden. Auch wenn die Markentreue durch
flexible Verhaltensmuster der Kunden abnimmt, ist der Markenartikel weiter von Bedeu-
tung.

Gerade in einer dynamisch turbulenten Zeit sucht der Kunde im Sinne der Ankertheorie
Sicherheit, Zuverlässigkeit und Vertrauen. All dies bietet der Markenartikel beim Kauf des
Produktes bzw. der Dienstleistung.

Nach Prof. Meffert hat die Markenartikelwerbung folgende Aufgaben zu erfüllen:


1. Aktualität für die Marke erzeugen
2. Markenbindung erhöhen
3. Emotionen für die Marke auslösen
4. Konkurrenzdifferenzierung schaffen
5. Markenimage verbessern
6. Markenbekanntheit fördern
7. Informationen über die Marke vermitteln

Markenartikel versus Handelsmarke


Durch das immer stärker werdende Machtpotenzial des Handels steht der klassische Mar-
kenartikel vor einer enormen Herausforderung. Nicht nur, dass die Listungen im "bott-
leneck" Handel immer schwieriger und teurer werden, die Handelsketten selbst bauen
verstärkt auf Eigenmarken, oftmals auch Handelsmarken genannt. Faktum ist, dass der
klassische Markenartikel durch die Handelsmarken zukünftig stärker unter Druck gerät.
Beispiele dafür sind:
• „ja natürlich“ von Billa
• „Escape Snowboards“ von Intersport
• „American Cola“ von Spar

28
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Der Wettbewerb zwischen den klassischen Markenartikeln und den Handelsmarken wird
umso intensiver, je stärker das Machtpotenzial des Handels wird.

Markenartikel versus No Name


Folgende Unterscheidungskriterien von Marke und No Name sind aus der Sicht des Mar-
keting von Bedeutung:

Bestimmungsfaktoren Marke No Name


Preis hoch - mittel Günstig, sehr günstig
Bekanntheitsgrad hoch nieder
Image ausgeprägt schlecht
Distribution hohe Verfügbarkeit punktuelle Verfügbarkeit
Werbung intensiv gelegentlich
Verkaufsförderung österreichweit lokal
Servicegrad hoch nieder
Produkte innovativ Massenprodukte
Qualität hoch mittel - nieder
Design durchgestylt herkömmlich - schlecht

Dachmarke und/oder Einzelmarke


Eine strategische Marketingentscheidung ist der Einsatz von Dachmarken (vereinen Sub-
marken unter einem „Markendach“) oder Einzelmarken bzw. deren Verbindungsgrad.

Beispiele für eine Dachmarke sind:


• Unilever
• Audi
• Philips

Beispiele für eine Einzel- oder Monomarke sind:


• Thea
• Marlboro
• iPhon

29
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Die Einsatzlandschaft von Dach- bzw. Einzelmarken wird sich in den nächsten Jahren be-
deutend verändern. Das Chancen- und Floppotenzial dabei ist beträchtlich.

2.5 Verpackung

Die Verpackung (Packaging) umfasst alle Maßnahmen für die Gestaltung und Herstellung
eines Behälters oder einer Umhüllung für ein Produkt.

Grundsätzlich unterscheidet man folgende Verpackungsarten:


• primäre Verpackung z. B. die Flasche (Flakon), in dem sich das Parfum befindet.
• sekundäre Verpackung z. B. der weiblich gestaltete Karton, der die Grundverpackung
schützt und vom Endverbraucher weggeworfen wird.
• tertiäre Verpackung z. B. Versandverpackung, Überkarton, u. a. m.

Durch das verstärkte Ökobewusstsein und den geänderten gesetzlichen Rahmenbedin-


gungen unterlag das Packaging in den letzten Jahren einem revolutionären Überdenken.
So werden intensive Forschungsarbeiten für kompostierbare Verpackungen vorangetrie-
ben.

Goretex München beispielsweise schreibt auf den Bestellungen: "Wichtigstes Ziel ist die
Abfallvermeidung. Gore bittet unter Berücksichtigung der Verpackungsverordnung die
Waren ausschließlich in Mehrwegverpackungen anzuliefern. Einwegverpackungen wer-
den nur mehr in Ausnahmefällen akzeptiert und wenn es sich um sortenreines, recycling-
fähiges Material handelt, das entsprechend gekennzeichnet ist. Generell wird kein PVC
und keine Styroporfüllung mehr angenommen."
Im Getränkebereich ist die Frage Einweg- oder Mehrwegverpackung einer ökologischen
Bilanz und betriebswirtschaftlichen Rechnung gesondert zuzuführen. Berücksichtigt man
den Logistikaufwand bei Mehrwegflaschen, so kann eine Einwegverpackung durchaus
ökologisch sinnvoll sein, wenn sie dem Recycling zugeführt wird.

30
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

In Zukunft werden sich erfolgreiche Verpackungen an folgenden Überlegungen orientie-


ren:
• Schutz und Sicherung der Produkte
• die Funktionalität
• Information über den Inhalt
• Dimensionierung für den Verkaufsvorgang
• Präsentation in der Einkaufsstätte
• die werbliche Gestaltung wie Farbe, Form, usw.
• Gebrauchserleichterung beim Konsum/ Handel
• Vermittlung eines Zusatznutzens
• Rationalisierung der Warenwirtschaft, die Kostengünstigkeit in Produktion und Logis-
tik
• Erfüllung ökologischer Anforderungen wie Müllvermeidung (Mehrweg), Recyclingfä-
higkeit, Einbau im natürlichen Kreislauf, Nachfüllbarkeit etc.

Die Verpackung kann in Zukunft mehr denn je zu einem entscheidenden Wettbewerbs-


vorteil werden, d. h. es geht der Trend weg vom reinen Transportschutz hin zur Verpa-
ckung als Kaufargument.

2.6 Kundendienst-/ Servicepolitik

Der Kundendienst bedeutet nicht nur technische Serviceleistung, sondern gewinnt im


kommerziellen Bereich mehr und mehr an Bedeutung. Eine konsequente Servicegestal-
tung, die auf das Produkt oder die Dienstleistung abgestimmt ist, kann einen wirklichen
Wettbewerbsvorsprung schaffen. Mit dem After Sales Service besteht beispielsweise die
Chance, die Kundenbindung zu erhöhen (ein besonders geeignetes Instrument dafür ist
das Direkt Marketing, das auf einer Stammkundendatei aufbaut).

Im Rahmen der Servicepolitik können Pre- und Aftersale-Services sowie kaufmännischer


und technischer Service unterschieden werden.

31
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Kaufmännischer Service Technischer Service

• Angebotserstellung • Zeichnungen
• Finanzierungsberatung • Dokumentationen
• Bestelldienst • Technische Vorprüfung
Presale • Schulung • Probelieferung
• Kfm. Beratung • Einweisung von Technikern
• Dokumentation • Techn. Beratung
• Erarbeitung von Projektlösungen
• Umtauschservice • Montage
• Garantieleistung • Inbetriebnahme
• Versicherungsdienste • Techn. Einschulung
• Updates • Handbücher/schriftl. Anleitungen
Aftersale • Hotline • Nachkontrolle
• Kundenschulung • Wartung/ Reparatur
• Beschwerdemanagement • Ersatzteile
• Entsorgung

2.7 Garantieleistungspolitik

Eine Garantie ist die Übernahme bestimmter Risken durch den Hersteller oder Händler für
einen bestimmten Zeitraum und ist meist in den allgemeinen Lieferbedingungen enthalten.
Durch die Gewährung von über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Garan-
tiezusagen versucht man einen Vorteil gegenüber dem Mitbewerb zu erlangen. Dies kön-
nen Sach-, Funktions-, Zeitgarantien oder aber auch Beschwerdemanagement und Rekla-
mationsbearbeitung, sowie Umtausch- und Rückgaberechte sein, die der Hersteller/ Händ-
ler dem Kunden gewährt.

Beispiele:
• Frischegarantie für Lebensmittel bis zum „Ablaufdatum“ (= Empfohlene Aufbrauch-
frist)
• Geschmacksgarantie für Schokoladeprodukte
• Durchrostungsgarantie für Autos auf tragende Teile innerhalb der ersten 6 Jahre

32
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Garantie bedeutet aber nicht Gewährleistung!

Garantie Gewährleistung

Frei in der Festlegung, nicht zum Rechtlich limitiert (ABGB)


Nachteil des Konsumenten Funkti-
Umfang
onsgarantie (z. B. Umtauschrecht,
24 h Service)
Frei in der Festlegung, nicht zum Rechtlich limitiert (ABGB)
Zeitlicher Rahmen
Nachteil des Konsumenten
Differenzierungsmöglichkeit und Schutz des Konsumenten
Ziel
Wettbewerbsvorteil
Voraussetzung für die sachgemäße Verwendung Mängelrüge
Inanspruchnahme

2.8 Produkthaftung

Das Produkthaftungsgesetz (PHG) bringt eine vom Verschulden unabhängige Haftung.


Folgende Punkte sind dabei u. a. beachtenswert:

• Sie ist die Verpflichtung des Erzeugers eines fehlerhaften Produktes, für die vom Pro-
dukt verursachten Schäden Ersatz zu leisten.
• Die Haftung erfolgt für Personen- oder Sachschäden; diese müssen aber jedenfalls au-
ßerhalb des Produktes liegen.
• Mangelhaftigkeit der gelieferten Sache selbst ist ein Problem der Gewährleistung und
Garantie und keines der Produkthaftung.
• PHG befasst sich nicht mit "Minderqualität", sondern mit der Gefährlichkeit des Pro-
duktes für Personen und Sachen.
• Auch Außenstehende Dritte sind geschützt ("innocent bystander").
• Der Erzeuger haftet für den verursachten Schaden, wenn durch einen Fehler des Pro-
duktes ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder eine von dem Produkt verschiede-
ne körperliche Sache beschädigt wird.

33
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

• Haftbar werden nur Unternehmer, also Personen, die eine organisierte, wirtschaftliche
Tätigkeit entfalten. Die Sache muss vom Unternehmer in Verkehr gesetzt werden.
• Neben dem Unternehmer haftet auch der Importeur. Es haftet auch der Lieferant und
Händler, wenn er dem Geschädigten, den Produzenten oder Importeur, nicht namhaft
machen kann.

34
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

3 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Beschreiben Sie die Instrumente der Leistungspolitik im Überblick.
2. Was ist Produkt-Management?
3. Welche Güterarten gibt es?
4. Welche Entscheidungen sind im Rahmen der Programm- bzw. Sortimentspolitik zu
treffen?
5. Welche Nutzenarten gibt es und warum sind diese von Bedeutung?
6. Was ist der USP?
7. Was ist Produktmodifikation?
8. Was ist bei Innovationen zu beachten?
9. Beschreiben Sie Kreativitätstechniken zur Innovationsfindung.
10. Welche Gründe und Kriterien für Produkteliminierungen kennen Sie?
11. Beschreiben Sie die Markenpolitik eines Unternehmens.
12. Welche Arten von Service gibt es und warum ist Service wichtig?

Literaturtipps
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./ Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999
Koppelmann, U.: Produktmarketing, München 2000

35
Leistungspolitik (Produkt- und Programmpolitik)

Notizen

36
Marketing-Lehrgang
Kontrahierungspolitik
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Dr. Toni Monsberger (2018)
Kontrahierungspolitik

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gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Kontrahierungspolitik

Inhalt Seite

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE ................................................................ 5

2 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ ................................................ 6

2.1 PREISPOSITIONIERUNG............................................................................. 6
2.1.1 PENETRATIONSSTRATEGIE ........................................................................ 7
2.1.2 ABSCHÖPFUNGSPREISPOLITIK ................................................................. 8
2.1.3 PREISDIFFERENZIERUNG ........................................................................... 9
2.1.4 PROMOTIONSPREIS-STRATEGIE ................................................................ 9
2.2 PSYCHOLOGISCHE ASPEKTE DES PREISES .............................................. 10
2.3 METHODEN DER PRAXISORIENTIERTEN PREISFESTSETZUNG ............... 11
2.3.1 KOSTENORIENTIERTE PREISBESTIMMUNG ............................................. 12
2.3.2 NACHFRAGEORIENTIERTE PREISFESTSETZUNG ..................................... 13
2.3.3 KONKURRENZORIENTIERTE PREISFESTLEGUNG .................................... 15

3 RABATTPOLITIK ................................................................................. 16

3.1 LEISTUNGSRABATTE ................................................................................ 16


3.2 WETTBEWERBSRABATTE ......................................................................... 17

4 LIEFER- UND ZAHLUNGSBEDINGUNGEN ....................................... 17

5 ABSATZFINANZIERUNG .................................................................... 18

5.1 FINANZIERUNGSPOLITIK GEGENÜBER ABSATZORGANEN ................... 18


5.2 FINANZIERUNGSPOLITIK GEGENÜBER KONSUMENTEN....................... 19

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 20

3
Kontrahierungspolitik

Notizen

4
Kontrahierungspolitik

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE

Das Kräftespiel zwischen Angebot und Nachfrage auf den Absatzmärkten fordert unter-
nehmerisches Handeln in einer Marktwirtschaft geradezu heraus. Die langfristige Gewinn-
sicherung ist die vordergründigste Aufgabe eines Unternehmens. Die Erschließung neuer
Märkte und die Festigung traditioneller Märkte wird bei einer ständig zunehmenden
Wandlung vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt immer problematischer.

Aus der Markt- und Kostenentwicklung leitet sich somit die Bedeutung einer erfolgreichen
Preispolitik zwangsläufig ab. Eine kostenorientierte Preispolitik ist somit wesentlicher Be-
standteil einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise.

Der Terminus „Politik“ setzt voraus, dass der Anbieter einen Spielraum hat. Die Grenzen
für Handlungsspielräume sind jedoch eng. Möglichkeiten bei der Bestimmung einer Preis-
forderung:
1. Ableitung der optimalen Preisforderung aus dem Zusammenspiel von Angebot und
Nachfrage am Markt
2. Ausrichtung des Preises ausschließlich an den Kosten
3. Ausrichtung des Preises ausschließlich an den Konkurrenzpreisen

5
Kontrahierungspolitik

Ausgangspunkt ist stets die Frage, welcher Preis unter den gegebenen Marktverhältnissen
für den einzelnen Anbieter optimal ist, das heißt die Zielgröße (z. B. Gewinn) „maxi-
miert“. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Produktes ist umso höher einzuschätzen, je mehr
es sich im positiven Sinne von seinem Konkurrenzprodukt unterscheidet, d. h. z. B. einen
technologischen Vorsprung besitzt. Die Weitergabe von Kosten im Preis und damit die
Erzielung von Gewinnen haben dann gute Chancen.

G=E-K=PxX-KxX
Gewinn = Erlöse - Kosten = Preis x Menge - Kosten x Menge

Bei der Erschließung neuer Märkte treten preispolitische Entscheidungen in den Vorder-
grund der Marketingpolitik (Einführungsstrategien).

Die Ziele der Preispolitik sind:


• Preisimage/ Positionierung
• Hoher Marktanteil
• Marktabschöpfung
• Hoher Cash flow
• Befriedigende Rendite

2 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ

2.1 Preispositionierung

Die Frage der Preispositionierung ist, wie die der Produktpositionierung, eine strategische
und muss in sich schlüssig sein.
Innerhalb einzelner Märkte unterscheiden sich die Produkte hinsichtlich ihrer Qualität
bzw. der Qualitätsniveaus. Mit diesen Qualitätsniveaus korrespondieren die einzelnen
Preislagen. In der Marktforschung werden bestimmte Angebotsgruppen in so genannten
Preisklassen zusammengefasst und dargestellt.

6
Kontrahierungspolitik

Durch den Preis wird eine Einordnung des Produktes am Markt hervorgerufen. Der Preis
ist damit ein wesentlicher Bestandteil innerhalb der Positionierung und ein geeignetes In-
strument zur Differenzierung.

In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Beispielen mit unterschiedlichen Preispositionie-
rungen. Denken Sie dabei exemplarisch an folgende Märkte: Bier - Zigaretten - Beklei-
dung - Brot - Kosmetik - Reisen. Im Grunde liegt auch der Preispositionierung das Modell
der Marktsegmentierung zugrunde.

Was kann mit Hilfe der Preispositionierung gelingen?


Der Anbieter kann dem intensiv bearbeiteten Massenmarkt ausweichen und sich in einer
Marktnische ansiedeln. In dieser Marktnische kann ein auf spezielle Kundenbedürfnisse
zugeschnittenes Angebot entwickelt werden. Für dieses spezielle Angebot können Präfe-
renzen aufgebaut werden. Höhere Präferenzen ermöglichen die Durchsetzung höherer
Preise bei den Konsumenten, die weniger preisinteressiert und -sensibel sind. Auf der an-
deren Seite kann das Unternehmen feststellen, dass es mit einer Preispositionierung nach
unten ein schnelleres Wachstum schafft.

In jedem Fall hat die Preispositionierung auf die Marketingziele Bezug zu nehmen. Nach-
folgend sind drei Varianten für eine Preispositionierung bei der Einführung von neuen
Produkten dargestellt.

Im Bereich der Preispositionierung können vier Positionierungsstrategien unterschieden


werden.

2.1.1 Penetrationsstrategie

Im Rahmen der Penetrationspolitik sollen mit relativ niedrigen Preisen schnell Massen-
märkte erschlossen werden. Ziel sind große Absatzmengen und damit verbunden niedrige
Stückkosten. Später sollen die Preise sukzessive angehoben werden.

7
Kontrahierungspolitik

Die Penetrationspolitik ist zweckmäßig unter folgenden Voraussetzungen:


• Schnelle Reaktion der Nachfrager auf Preisunterschiede
• Es gibt wenige Konsumenten, die bereit sind, einen höheren Preis dafür zu bezahlen,
dass sie das "Neueste vom Neuen" haben.
• Die Möglichkeit besteht, dass Mitbewerber innerhalb kurzer Zeit mit einem ähnlichen
Produkt am Markt auftreten. Mit der Penetrationspolitik sollen sie vom Markt fernge-
halten werden.

Die Nachteile dieser Strategie sind allerdings:


• Break Even Point wird später erreicht
• Konsumentenmeinung über das Preis-Leistungsverhältnis kann negative Folgen haben
• Probleme bei notwendigen Preisänderungen. Der Preisspielraum nach unten ist klein,
bei Preiserhöhungen ist ein Absatzrückgang wahrscheinlich.

2.1.2 Abschöpfungspreispolitik

In der Einführungsphase wird ein relativ hoher Produktpreis gefordert, der mit zunehmen-
der Markterschließung gesenkt wird.

Die Abschöpfungspolitik ist dann zweckmäßig, wenn


• genügend Konsumenten vorhanden sind, die preisunempfindlich reagieren.
• durch hohen Einführungspreis hohe Deckungsbeiträge (DB) erzielt werden.
• kaum Vergleiche des Produktes mit Konkurrenzprodukten möglich sind.
• rasche Veralterungsgefahr des Produktes besteht.
• beschränkte Kapazitäten vorhanden sind.

Die Nachteile sind dabei


• Anlocken der Konkurrenz
• Verärgerung der "frühen Käufer" durch nachfolgende Preissenkungen

8
Kontrahierungspolitik

2.1.3 Preisdifferenzierung

Von Preisdifferenzierung wird gesprochen, wenn ein Anbieter für ein bestimmtes Produkt
bzw. eine Dienstleistung von verschiedenen Käufern unterschiedliche Preise fordert. Das
Ziel der Preisdifferenzierung ist die optimale Ausschöpfung des Marktes. Eine Preisdiffe-
renzierung ist insbesondere in Märkten mit unterschiedlichen Segmenten Erfolg verspre-
chend. Und das sind viele.

Die Arten der Preisdifferenzierung sind:


• Räumliche Preisdifferenzierung
• Zeitliche Preisdifferenzierung
• Personelle Preisdifferenzierung
• Preisdifferenzierung nach Produktvariationen
• Mengenmäßige Preisdifferenzierung
• Preisdifferenzierung nach dem Verwendungszweck

Die Preisdifferenzierung ist eine Aufgabe, die mit unterschiedlichen Methoden angegan-
gen werden kann. Die Bandbreite reicht dabei von reiner Intuition bis hin zu hochkom-
plexen Verfahren der Marktforschung. Von purer Intuition ist jedoch abzuraten.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Preisdifferenzierung ist das Vorhandensein von unter-
schiedlichen Marktsegmenten.

2.1.4 Promotionspreis-Strategie

Hier soll längerfristig ein Preis beibehalten werden, der unter dem Durchschnittspreis
liegt. Dies wird z. B. von Diskontern als Profilierungsstrategie eingesetzt.

9
Kontrahierungspolitik

2.2 Psychologische Aspekte des Preises

Die Preiswahrnehmung kann sich auf die absolute Preishöhe beziehen oder an Bezugs-
größen wie dem bisherigen Preis oder den Preisen von Konkurrenzprodukten orientieren.

In der Preisbeurteilung kann zwischen einem Preiswürdigkeitsurteil und einem Preisgüns-


tigkeitsurteil unterschieden werden. Beim Preiswürdigkeitsurteil wird der Preis in Relation
zum erwarteten Nutzen gesetzt. Wird die Preisbeurteilung über einen Vergleich mit den
Preisen der Konkurrenzprodukte oder früheren Preisen des Produktes vorgenommen, liegt
ein Preisgünstigkeitsurteil vor. (Ist ein Produkt austauschbar, dann entscheidet- wenn keine
psychologische Markenprämisse vorliegt meist der Preis. Ansonsten entscheidet der „Net-
tonutzen“ des Produkts.)

Die Rolle des Preises als Qualitätsindikator stellt einen der wichtigsten psychologischen
Aspekte der Preisbildung dar: Die Vielfalt und Komplexität des modernen Warenangebo-
tes setzen Käufer häufig außerstande, sich ein zutreffendes Urteil über objektive Qualitä-
ten zu bilden. In dieser Situation neigen die Käufer dazu, den Preis zur Einschätzung der
Produktqualität zu verwenden. Kunden bezahlen höhere Preise, weil
• Hoher Preis eine hohe Qualität impliziert
• Kunden die Produktionskosten für den Haupteinflussfaktor des Preises halten
• sie beim Kauf kein Risiko eingehen wollen

Unterhalb einer unteren Preisschwelle liegende Angebote werden als qualitativ nicht bzw.
wenig entsprechend angesehen.

Gleichzeitig ist die Gefahr eines „sich Hinauspreisens aus dem Markt“ durch Überziehen
der Preisspirale evident. Schwellenwerte variieren nach demographischen Merkmalen wie
Alter, Geschlecht, sozialer Schicht etc. und nach psychographischen Merkmalen bzw.
Faktoren des Lebensstils.

10
Kontrahierungspolitik

Einige psychologische Tricks der Preisbildung


• Gebrochene Preise: € 9,90
• Schlüsselworte: Jetzt, Nur noch …, Neu!, Sie sparen …, Ihr Vorteil, etc.
• Durchgestrichene Preise (Achtung: alter Preis muss bei Klage nachweisbar sein – sonst
spricht man von „Mondscheinpreisen“)

Eckpreise oder Paketpreise – All inclusive


Eckpreise sind Niedrigstpreise für ein qualitativ stark abgemagertes Angebot. Für weitere
Leistungen werden Aufschläge bezahlt.

Beispiele aus der Tourismusbranche


Eckpreise tragen nicht dem Bedürfnis der Gäste nach einem Komplettangebot, nach einer
Paketlösung Rechnung.

Pauschalangebote sollen nicht eine bloße Aneinanderreihung von Einzelaktivitäten sein,


sondern ein Paket von aufeinander abgestimmten und im Urlaubszeitraum sinnvoll zu
konsumierenden Leistungen sein.

All- inclusive-Angebote versprechen dem Gast ein definiertes Full Service zu einem vorab
bekannt gegebenen Preis. Die All-inclusive-Angebote werden in Zukunft stark an Bedeu-
tung gewinnen, da dadurch die Nebenkosten signifikant reduziert bzw. überschaubar
werden.

2.3 Methoden der praxisorientierten Preisfestsetzung

Die Praxis zeigt, dass viele Unternehmen oftmals nur eine oder zwei Dimensionen inner-
halb der Preisfestlegung berücksichtigen. Der richtige Ansatz ist der, dass die drei nachfol-
genden Parameter gemeinsam berücksichtigt werden.

11
Kontrahierungspolitik

2.3.1 Kostenorientierte Preisbestimmung

Die kostenorientierte Preisbestimmung gibt in der betriebsinternen Kalkulation die Ant-


wort, ob sich der jeweilige Angebotspreis für das Unternehmen rechnet oder nicht. Vo-
raussetzung dafür ist eine gut funktionierende Kostenrechnung. Für das Marketing sind
dabei nachstehende Themenkreise von besonderer Wichtigkeit - die im Detail nicht in
diesem Skriptum behandelt werden.
• Kalkulationsschemata
• Deckungsbeitragsrechnung
• Break Even Point
• Vollkostenrechnung

Im Rahmen einer erfolgreichen Preispolitik sind folgende wesentlichen Kostenverursacher


zu bewerten:
• Lebensdauer des Produktes (Kosten aus Änderungen durch Wertanalyse)
• inflationsbedingte Kostenveränderungen
• sozial- und tarifpolitische Auseinandersetzungen
• Einflüsse der Konsumseite (Kaufkrafttheorie)
• Investitionsentscheidungen (Abschreibungen, Zinsen)
• Kosten der Materialbeschaffung
• Rohstoffmärkte (Risikofaktoren, siehe OPEC- Kartell)

Im Bereich der Kalkulation lassen sich die Zuschlagskalkulation, die Maschinensatzrech-


nung, die Äquivalenzziffernkalkulation, die Kuppelproduktkalkulation und die Divisions-
kalkulation unterscheiden; und die sowohl zu Vollkosten, als auch zu Teil-/Grenzkosten.

12
Kontrahierungspolitik

2.3.2 Nachfrageorientierte Preisfestsetzung

Diese Art von Preisfestlegung orientiert sich an Marktdaten bzw. Nachfrageverhältnissen:

Struktur der Nachfrager


• Größe von Marktpotenzial, Marktvolumen, Marktanteil
• Verfügbares Einkommen
• Räumliche Verhältnisse
Preisbewusstsein
• Kaufkraft
• Preisvergleiche
• Dringlichkeit des Bedarfs
• Zuordnung in eine bestimmte Preisklasse
• "Gebrochener" oder "runder" Preis
Eigenschaften des Absatzmittlers
• Spannen
• Übernommene Funktionen
Kaufverhalten der Nachfrager
• Einschätzung der Qualität
• Preis/Qualitätszusammenhang
• Rolle von objektiven und subjektiven Gesichtspunkten
• Mitläufer-Effekt
• Image von Produkten
• Marken-, Geschäfts-, Einkaufsstättentreue
Eigenschaften des Produktes
• Problemlösung beim Kunden
• Substitutionsgüter
• Komplementärgüter
• Verbundeffekte

13
Kontrahierungspolitik

Kunden werden bei Präferenz- /Markenartikeln tendenziell einen höheren Preis akzeptie-
ren. Deshalb versuchen Anbieter über Markenpflege eine Präferenz zu erreichen (siehe
auch Kapitel 6.2.4).

Die in diesem Zusammenhang zu beachtende Preiselastizität ist eine Messzahl für die Re-
aktion der Abnehmer auf Preisänderungen. Vor allem im Bereich der Verkaufsförderung
(Preisreduktion) ist die Preiselastizität von großer Bedeutung. Sie spiegelt das Verhältnis
zwischen Mengenänderung und Preisänderung wider.

Folgende Fragen werden dabei im Detail behandelt:


• Wie stark erhöht sich der Absatz bei einer Preissenkung von X Prozent?
• Welcher Absatzrückgang wäre bei einer Preiserhöhung von Y Prozent zu erwarten?
• Was sagt die Höhe einer Preiselastizität grundsätzlich aus?

Abb. 62: Preiselastizitäten der Nachfrage

14
Kontrahierungspolitik

Die Preiselastizität der Nachfrage errechnet sich:

Preiselastizität = Veränderung der Nachfragemenge in %


Preisänderung in %

Dieser Koeffizient wird gewöhnlich mit einem Minuszeichen dargestellt, damit sich bei
einer „normalen“ Reaktion (= Nachfragesteigerung bei Preissenkung) ein negativer Wert
und vice versa ein positiver Wert ergibt.

Beispiel:
Bei einer Abnahme der Nachfrage um 10 % bei einer Preiserhöhung von 2 % ergibt sich
danach eine Elastizität von 5. Elastizitätswerte von > 1 repräsentieren eine elastische, sol-
che von < 1 eine unelastische Nachfrage. Grundsätzlich gilt bei der Preiselastizität: Je
elastischer (unelastischer) die Nachfrage reagiert, desto eher werden Anbieter einen nied-
rigeren (höheren) Preis überlegen. Ist e = - 1, so bleibt der Umsatz als Produkt aus neuem
Preis und abgesetzter Menge unverändert.

2.3.3 Konkurrenzorientierte Preisfestlegung

Bei der Preisbildung wird hier das Hauptaugenmerk auf die Preise der Konkurrenz gelegt.
Die Folgen sind nicht unbedingt gleiche Preise. Es existiert ein so genannter Leitpreis um
den die Preise aller Anbieter schwanken können.

Unter einem Leitpreis versteht man den Preis des Marktführers oder auch den Durch-
schnittspreis der Branche. Der Leitpreis erfüllt eine sehr wesentliche Orientierungsfunktion
im gesamten Marktgeschehen.

Das Unternehmen als Marktleader übernimmt die Rolle eines aktiven Preissettings. Die
übrigen Anbieter versuchen durch geschickte Preispositionierung eine Risikominderung.
Diese machen ein so genanntes passives Preissetting.

15
Kontrahierungspolitik

3 RABATTPOLITIK

Gerade wenn es nicht Sinn machen würde, eine Preisdifferenzierung (d. h. unterschiedli-
che Grundpreise für verschiedene Kunden, z. B. Einzelhandel - Endkonsumenten, durch-
zuführen, kann die Rabattpolitik Abhilfe schaffen. Diese kann den Kunden meist einfacher
verständlich gemacht werden als unterschiedliche Grundpreise.

3.1 Leistungsrabatte

Der Anbieter vergütet eine besondere Leistung des Abnehmers (in der Regel kostenmäßig
begründet).

• Funktionsrabatte
o Pauschalfunktionsrabatte (Großhandel, Einzelhandel)
o Absatzfunktionsrabatte (Auftragserledigung, Auftragserlangung)
o Finanzierungsfunktionsrabatt (wird dem Handel eingeräumt, der den Rabatt wieder
an die Kunden weitergeben kann)
• Mengenrabatte
o Einzelauftragsrabatt (Auftragsvolumen)
o Abschlussrabatt
o Umsatzrabatt
• Zeitrabatte
o Vorbestellungsrabatt
o Saisonrabatt (Vorsaisonrabatt, Saisonschlussrabatt)
o Einführungsrabatt
o Auslaufrabatt
• Treuerabatte
o Jahresbonus/-rückvergütung
o Stammkunden

16
Kontrahierungspolitik

3.2 Wettbewerbsrabatte

Der Rabatt ist vom Markt begründet (in der Regel nicht kostenmäßig begründet).
• Sachrabatte
• Zugaben
• Warendraufgabe
• Warendreingabe
• Geldrabatte
• Sofortrabatte (offener Preisabschlag, unechter Skontorabatt)
• Rabattmarken
• Rückvergütungen
beide mit festen oder aushandelbaren Rabattsätzen

4 LIEFER- UND ZAHLUNGSBEDINGUNGEN

Liefer- und Zahlungsbedingungen regeln Inhalt und Bezahlung der erbrachten Leistungen.
Bei den Lieferbedingungen werden im Besonderen auf Warenübergabe, Umtauschrecht,
Konventionalstrafen bei verspäteter Lieferung und Mindermengenzuschläge zu geachtet.
Die Zahlungsbedingungen umfassen u. a. die Zahlungsweise wie Vorauszahlung, Teilzah-
lung, Barzahlung, die Zahlungsabwicklung, Zahlungssicherung, Gegengeschäfte, Inzah-
lungnahme und Zahlungsfristen. Im internationalen Handel verwendet man zur Vereinfa-
chung INCO-Terms.

17
Kontrahierungspolitik

5 ABSATZFINANZIERUNG

Darunter wird die Einflussnahme von Hersteller und Handel auf den Nachfrager verstan-
den, mit dem Ziel diesen entweder überhaupt oder früher zum Kauf zu bewegen. Dabei
ist die Beeinflussung des Absatzes durch Stärkung der Kaufkraft das Ziel. Unterschieden
wird dabei in:
• Absatzfinanzierung gegenüber Absatzorganen (z. B. Handel) und Konsumenten
• Absatz ohne Kreditgewährung durch den Anbieter (z. B. leasing)

Allgemein kann in Allein-, Re- und Drittfinanzierung unterschieden werden. Alleinfinan-


zierung: Anschreibekredit, Buchkredit, Kreditkarte; Anzahlung und Raten; Wechselfinan-
zierung (dzt. eher unüblich, früher sehr häufig)

5.1 Finanzierungspolitik gegenüber Absatzorganen

Gebräuchliche Formen sind:


• Lieferantenkredit oder Stundung; in vielen Bereichen ist üblich:
o 3 % Skonto bei Zahlung binnen 10 Tagen
o netto von 10 bis 30 Tagen
o später Verzugszinsen
• Factoring; Lieferant verkauft seine Forderung an ein Factoringinstitut mit einem Nach-
lass der Verzinsung, Gewinn und Risiko der Einbringung umfasst. Dadurch ist eine Er-
höhung der Liquidität, Bilanzentlastung und ein höheres Kreditvolumen beim Verkäu-
fer möglich. Lt. Dt. Factoring Bank sollten folgende Voraussetzungen vorliegen:
o Jahresumsatz mind. 2 Mio. €
o Factor kauft nur Forderungen an Unternehmen
o Weitgehend konstanter Kundenstamm
o Zahlungsziele: Inland max. 90 Tage, Ausland max. 120 Tage
o Forderung auf voll erfüllte Leistungen/Lieferungen (Ausnahmen sind möglich
werden aber besonders kritisch geprüft

18
Kontrahierungspolitik

• Forfaitierung, ist ähnlich dem Factoring und betrifft Forderungen aus einem Exportge-
schäft, wobei zusätzlich der Forfaiteur das Delkredere-, Zinsänderungs- und Wechsel-
kursrisiko trägt.
• Leasing; der Kaufpreis wird in Anzahlung, laufende Mietzahlungen und tlw. Restzah-
lung bei Kauf umgewandelt. Speziell Banktöchter) haben sich auf diese Form speziali-
siert. Bei Leasing haben sich u. a. verschiedene Formen in den letzten Jahren entwi-
ckelt: Vollamortisation, Teilamortisation, Reines Finanzierungsleasing, Full-Service-
Leasing, sale and lease back, buy and lease, erect and lesase, Festzins-Leasing, Lea-
sing mit variablem Zins.

Vorteile für Verkäufer:


o Gesteigerter Absatz
o Geringeres Kreditrisiko
o Höhere Produktionsauslastung

Vorteile für Leasingnehmer:


o Erhöhung der Liquidität
o Schutz vor Überalterung der Anlagen (z. B. PCs)
o Inanspruchnahme ohne Kapitalbindung
o Steuerliche Vorteile

5.2 Finanzierungspolitik gegenüber Konsumenten

Grundsätzlich werden – außer Forfaitierung – dieselben Formen wie im Bereich Investiti-


onsgüter eingesetzt. Beispiele sind:
Möbelhäuser: jetzt kaufen und erst nächstes Jahr zahlen
Pkw-Leasing, Drittelfinanzierung (in Ö werden bereits mehr als 8 0% der Neuwagen dzt.
geleast)

19
Kontrahierungspolitik

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Geben Sie einen Überblick über die Instrumente der Kontrahierungspolitik.
2. Beschreiben Sie die Preispositionierung und Preisstrategien?
3. Welche psychologischen Aspekte des Preises sind zu beachten?
4. Welche Arten der Preisbestimmung gibt es?
5. Welche Preiskonditionen können Kunden eingeräumt werden?
6. Was sind Liefer- und Zahlungsbedingungen?

Literaturtipps
Kotler, Ph./ Armstrong, G./ Saunders, J./ Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

20
Marketing-Lehrgang
Kommunikationspolitik
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Gerald Garms, MSc (2018)
Kommunikationspolitik

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ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
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Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Kommunikationspolitik

Inhalt Seite

1 GRUNDÜBERLEGUNGEN UND ENTSCHEIDUNGSBEREICHE ........... 5

1.1 WERBUNG IN ÖSTERREICH ...................................................................... 5


1.2 WAHRNEHMUNGSWIRKUNG DER WERBUNG ....................................... 6

2 WERBEPLANUNGSPROZESS .............................................................. 10

3 INSTRUMENTE ................................................................................... 11

3.1 KLASSISCHE WERBUNG .......................................................................... 11


3.1.1 ARTEN DER WERBUNG ........................................................................... 12
3.1.2 INHALTLICHE ASPEKTE DER GESTALTUNG VON WERBEMITTELN ........ 14
3.1.3 PSYCHOLOGISCHE ASPEKTE DER GESTALTUNG VON WERBEMITTELN 18
3.1.4 WERBEMITTEL UND WERBETRÄGER ....................................................... 22
3.1.5 MEDIAPLANUNG ..................................................................................... 32
3.1.6 WERBEKONZEPTION ............................................................................... 34
3.2 WERBEZEITRAUM/SCHALTFREQUENZ .................................................... 37
3.2.1 HINWEISE ZUR PRAXISORIENTIERTEN WERBEBUDGETIERUNG ............ 39
3.3 DIREKT MARKETING ................................................................................ 41
3.3.1 INSTRUMENTE IM DIREKT MARKETING .................................................. 41
3.3.2 GRUNDLAGEN FÜR ERFOLGREICHES DIREKT MARKETING .................. 42
3.3.3 GESTALTUNGSTIPPS FÜR DAS DIRECT MAIL .......................................... 44
3.3.4 DIE 12 GEBOTE FÜR KREATIVES DIREKT MARKETING ............................ 45
3.3.5 ZIELGRUPPEN BZW. ADRESSEN .............................................................. 47
3.4 WEITERE WERBEMITTEL ........................................................................... 48
3.4.1 PROSPEKT ................................................................................................ 48
3.4.2 EMPFEHLUNGSMARKETING .................................................................... 48
3.4.3 DAS WERBEGESCHENK ........................................................................... 49
3.4.4 VIDEOS .................................................................................................... 49

3
Kommunikationspolitik

3.4.5 DAS SCHAUFENSTER............................................................................... 49

4 CORPORATE IDENTITY ..................................................................... 50

5 VERKAUFSFÖRDERUNG .................................................................... 52

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 56

4
Kommunikationspolitik

1 GRUNDÜBERLEGUNGEN
UND ENTSCHEIDUNGSBEREICHE

1.1 Werbung in Österreich

Wie in den bisherigen Ausführungen bereits deutlich gemacht wurde, ist heute oft nicht
mehr die technische Gestaltung und Leistungsfähigkeit eines Produktes wettbewerbsent-
scheidend, sondern sein psychologischer Zusatznutzen, sein Image etc. Diese Bereiche
funktionieren als Kaufargument aber nur dann, wenn sie entsprechend kommuniziert
werden. In Zukunft werden sich dementsprechend die Unternehmen stärker im Kommu-
nikationswettbewerb als im Produktwettbewerb bewähren müssen.

Werbung ist die Schokoladeseite des Marketings. Jedes Unternehmen muss seine Ange-
botsform bei der Zielgruppe bekannt machen, um Absatzchancen realisieren zu können.
Die Kommunikation inkl. des persönlichen Verkaufs sind da die wichtigsten Instrumente.
Da in fast allen Märkten die Produkte immer ähnlicher und austauschbarer werden, ist die
Kommunikationspolitik oft der einzige Differenzierungsbereich.

Im Zeitalter der Informationsüberflutung wird es für jedes Unternehmen eine essentielle


Frage sein, wie die jeweilige Angebotsform aus einer Vielzahl von Werbeimpulsen her-
ausgehoben werden kann. Allein durch die Werbung treffen den Konsumenten pro Tag
derzeit etwa 4.000 Kommunikationsimpulse. Pro Jahr erhält jeder Österreicher / jede
Österreicherin durchschnittlich ca. 80.000 Stück Werbematerial. Produkte in einem Post-
wurf werden von ca. 70 % der ÖstereicherInnen wahrgenommen. Tendenziell steigen
diese Werte weiterhin.

5
Kommunikationspolitik

1.2 Wahrnehmungswirkung der Werbung

Nach E.J. Gibson ist die Wahrnehmung ein Prozess, der nicht Addition, sondern Redukti-
on beinhaltet. Der Aufmerksamkeitsprozess hat Einfluss auf die Informationsaufnahme.
Aufmerksamkeit ist immer die Auswahl biologisch bedeutsamer und gleichzeitig die
Hemmung unwichtiger Reize.

Für die Werbung und Kommunikation sind folgende Parameter von besonderer Bedeu-
tung:
• Aufmerksamkeitsreaktionen
Diese werden beispielsweise durch intensive Reize wie Farben, Lautstärke, physische
Größen etc. verursacht.

• Schlüsselreize
Schlüsselreize rufen Orientierungsreaktionen im Menschen hervor, die nahezu auto-
matisch ablaufen.
Sex in der Werbung erhöht zwar die Aufmerksamkeit, lenkt aber häufig vom eigentli-
chen Werbeinhalt ab. Man spricht in diesem Zusammenhang von „Kannibalisierung“
der eigentlichen Botschaft. Weitere Schlüsselreize sind zum Beispiel Kindchensche-
mata, die Augen des Menschen, etc.

• Denkmechanismen
Aufgrund sprachlicher Lernprozesse entwickeln sich feste Gewohnheiten, bestimmte
Wörter miteinander zu verknüpfen, z. B. „Entweder Sie haben eine, oder Sie brauchen
eine.“

• Informationsinterpretation
Die Interpretation erfolgt vorwiegend nach subjektiven Mustern. Somit schafft sich je-
der Mensch seine Wirklichkeit selbst.

6
Kommunikationspolitik

• Wahrnehmung
Nach W. Staehle umfasst das Wahrnehmungsmodell folgende Phasen:

Abb. 63: Wahrnehmungsmodell nach Staehle

Insgesamt ist die Wahrnehmung ein sehr komplexer Prozess, der sowohl bewusst, als
auch unterbewusst abläuft. Das sichtbare, personale Verhalten kann, muss jedoch
nicht, mit den unsichtbaren Faktoren übereinstimmen.

• Gedächtnispsychologie
Grundsätzlich gibt es drei unterschiedliche Zeitgedächtnisse beim Menschen.
o Das Ultrakurzzeitgedächtnis
Die Funktion des Ultrakurzzeitgedächtnisses liegt darin, das Reizmaterial über die
objektive Zeit hinaus verfügbar zu halten, sodass die relativ zeitaufwendigen Pro-
zesse der Selektion und Organisation stattfinden können. Der sensorische Speicher,
wie das Ultrakurzzeitgedächtnis auch genannt wird, nimmt zwar Vieles auf, behält
es jedoch nur kurz. Visuelle Reize werden ca. 250 Millisekunden gespeichert,
akustische Reize werden dagegen länger, nämlich durchschnittlich 2 Sekunden,
behalten.

7
Kommunikationspolitik

o Kurzzeitgedächtnis
Der Kurzzeitspeicher besitzt eng begrenzte Kapazitäten. In der Regel können 7 Ein-
zelinformationen ohne größeren Aufwand behalten werden. Die Speicherdauer des
Kurzzeitgedächtnisses beträgt etwa 15 Sekunden.
o Langzeitgedächtnis
Das Langzeitgedächtnis ist das eigentliche Gedächtnis des Menschen. Alle Reize
die in diesen Speicher gelangen, müssen dort verankert werden, sonst werden sie
gleich wieder von den nächsten Impulsen überschrieben. Aber auch verankerte In-
formationen sind im Langzeitgedächtnis vom Vergessen bedroht.

• Vergessenswirkung
Besonders wichtig im Zusammenhang mit dem Gedächtnis ist die Vergessenswirkung.
Je nach dem, um welche Art von Informationen oder, um es allgemeiner auszudrü-
cken, von Reizen es sich handelt, vergisst man schnell oder langsam.

Bei einem Werbeaufkommen von mehr als ca. € 5 Mrd./ Jahr ist es primär die Aufgabe,
mit seinem Produkt bzw. Dienstleistungsangebot herauszuragen. Folgende robuste Werbe-
formel kann eine Orientierungshilfe für die Begutachtung von Werbevorschlägen sein:

Die AIDA- Regel


• A .... steht für Attention, Aufmerksamkeit
• I .... steht für Interest, Interesse
• D.... steht für Desire, Wunsch
• A .... steht für Action, Handlung
Die Annahme in der AIDA-Regel ist die, dass zuerst die Aufmerksamkeit erregt werden
muss, damit die weiteren Schritte überhaupt folgen können.
In der Literatur findet man auch häufig die Erweiterung auf die AIDAS-Regel, womit die
Kundenzufriedenheit im Sinne eines ganzheitlichen Marketings berücksichtigt wird.
• S .… steht für Satisfaction, Zufriedenheit / Begeisterung

Im Idealfall löst die Werbung alle 5 obig beschriebenen Schritte beim Konsumenten aus.

8
Kommunikationspolitik

Subliminale Werbung
Die unterschwellige Werbung ist im Juni 1956 von der Sunday Times aufgegriffen worden.
Hier wurde über ein Experiment berichtet, wo extrem kurzzeitig (1 Bild von 24 je Sekun-
de) dargebotene visuelle Stimuli eingesetzt wurden. Diese von den Kinobesuchern nicht
bewusst erkennbaren Einblendungen von Werbeaussagen während einer Filmvorführung
sollten zu einem erhöhten Verkauf des beworbenen Produkts nach der Vorführung geführt
haben.

Konkret wurden während Kinofilmvorführungen Werbespots für Coca Cola und Popcorn
mit sehr kurzen Darbietungszeiten eingeblendet. Diese Spots konnten von den Kinobesu-
chern nicht wahrgenommen werden. Trotzdem seien im Verlauf einer sechswöchigen
Untersuchungsdauer die Verkaufsraten für beide Produkte – Coca Cola um 57 %, Popcorn
um 18 % angestiegen.

Genaue und zuverlässige Angaben über die Versuchsbedingungen und die Methodik der
so genannten Vicary-Studie liegen allerdings nicht vor. Faktum ist aber, dass die sublimi-
nale Werbung verboten ist.

9
Kommunikationspolitik

2 WERBEPLANUNGSPROZESS

Abb. 64: Stufen der Werbeplanung

10
Kommunikationspolitik

3 INSTRUMENTE

3.1 Klassische Werbung

Neben Verkaufsförderung und Public Relations ist die Absatzwerbung das bedeutendste
Marketing-Instrument der Kommunikationspolitik.

Bei den älteren Definitionsversuchen wird Werbung meist als eine „Form der Beeinflus-
sung“ (R. Seyffert und K.C. Behrens) verstanden. Diese Begriffsbestimmung befriedigt
nicht, weil sie den finalen Zweck der Werbung überbetont. Es wird nicht bestritten, dass
Werbung beeinflussen kann und soll; aber wenn Werbung beeinflusst, dann nur als integ-
raler Bestandteil im Rahmen des gesamten Marketing-Mix. Das typische Merkmal der
Absatzwerbung ist nicht die Beeinflussung, sondern die Informationsübermittlung über die
Existenz und Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen.

Dabei werden zweifellos nicht nur rationale und sachliche, sondern häufig auch emotio-
nale und einseitige Informationen vermittelt. Das Verwerfliche ist demnach erst dort zu
sehen, wo eine gewollte Irreführung der potentiellen Käufer oder ein diesbezüglicher
bedingter Vorsatz vorliegt. Daher verstehen wir unter Werbung die Kommunikation von
rationalen und emotionalen Informationen über Existenz und Eigenschaften von
Produkten.

Aufgabe der Absatzwerbung


Den potenziellen Käufer über das Produkt zu informieren.

Ziel der Absatzwerbung


Eine zweckgebundene Information im Sinne des Herstellers oder Vertreibers zu verbreiten.
Weiter kann man sagen, die Absatzwerbung ist Kommunikation, die darauf abzielt, den
bereits erreichten Informationsstand bei den potenziellen Kunden zu verbessern.

11
Kommunikationspolitik

Bei der Werbung handelt es sich um eine bewusst einseitige Information. Dabei sind
zunächst einmal nachfolgende Punkte zu klären:
• Wer soll informiert werden?
• Über welche Medien ist die Information auszustrahlen?
• Wie kann die Zielerreichung kontrolliert werden?

3.1.1 Arten der Werbung

Die Werbung kann nach verschiedenen Unterscheidungsmerkmalen unterteilt werden:


Nach der Marktorientierung ist zwischen Beschaffungs- und Absatzwerbung zu unter-
scheiden, wobei die Absatzwerbung wegen der Schwierigkeit und Bedeutung der Leis-
tungsabgabe ungleich wichtiger und vielschichtiger ist als die Beschaffungswerbung.
Wendet sich die Werbung an ein bestimmtes Werbesubjekt, so spricht man von Einzel-
umwerbung.

Ist die Werbung dagegen an mehrere oder eine Vielzahl von Werbesubjekten gerichtet,
kann von Mengenumwerbung oder Reklame gesprochen werden. Der Begriff „Reklame“
hat zwar in der Nachkriegszeit einen negativ gefärbten Begriffsinhalt bekommen; er wird
heute meist abwertend im Sinne einer aufdringlichen und marktschreierischen Werbung
interpretiert, während vor dem zweiten Weltkrieg von Reklame und kaum von Werbung
gesprochen wurde.

Abhängig von den Zielen werden Werbemaßnamen unterschiedlich konzipiert.

Arten der Werbung Werbeziele


Einführungswerbung Neues Produkt bekannt machen
Durchsetzungswerbung Marktanteil steigern
Verdrängungswerbung Marktanteil zu Lasten der Konkurrenz steigern
Expansionswerbung Neue Märkte / Marktsegmente erobern

12
Kommunikationspolitik

Je nachdem, ob Werbung ein Investitions- oder Konsumgut zum Gegenstand hat, handelt
es sich um Investitions- oder Konsumgüterwerbung. Ist an einer Werbeaktion nur ein
Werbeträger beteiligt, dann spricht man von Einzelwerbung.

Haben sich mehrere Werbeträger zu einer gemeinsamen Werbeaktion zusammenge-


schlossen, dann liegt eine Kollektivwerbung vor, die in drei Arten als Gemeinschaftswer-
bung, Verbund- oder Sammelbewerbung erfolgen kann.

Bei der Gemeinschaftswerbung ist ein horizontaler Zusammenschluss mehrerer Werbeträ-


ger in Form einer Werbegemeinschaft oder eines Verbandes gegeben, durch den eine
bestimmte Werbeidee verbreitet werden soll (z. B. „Aus deutschen Landen frisch auf den
Tisch“; „Ohne Teppich kein Zuhause“; „Zwei Worte - Ein Bier“; „Ihr Tischler macht’s
persönlich“ usw.).

Schließen sich mehrere Werbungstreibende, die unterschiedliche, inhomogene aber doch


irgendwie komplementäre Produkte anbieten, zusammen, dann spricht man von Ver-
bundwerbung (z.B. Bosch und Calgonit).

Bei der Sammelwerbung führen mehrere Werbeträger aus einem bestimmten Anlass eine
gemeinsame Werbeaktion durch, wobei jeder Beteiligte eine individuelle Werbeaussage
verbreitet (z.B. Handwerkerwerbung bei der Einweihung eines staatlichen Gebäudes;
Anzeigen in Messe- und Ausstellungskatalogen).

Eine Sonderform der Gemeinschaftswerbung findet man im Einzelhandel, wenn sich Liefe-
ranten mit Werbekostenzuschüssen (WKZ) an der Werbung des Einzelhandels beteiligen.
Dies ist neben dem Lebensmittehandel unter anderem auch im Bereich Sport, Elektronik,
etc. üblich und deckt oft bis zu 25% (in Einzelfällen aber auch mehr) der Kosten einzelner
Werbemittel, speziell von Prospekten.

13
Kommunikationspolitik

3.1.2 Inhaltliche Aspekte der Gestaltung von Werbemitteln

Die inhaltlichen Gestaltungskriterien stehen in enger Beziehung zur Motivationsfunktion


der Werbung. Getrennt wird üblicherweise in emotionale und rationale Appelle.

• Die Glaubwürdigkeit
Werbung will beeinflussen. Je glaubwürdiger der Auftritt ist, umso größer ist die Be-
einflussungswirkung. Verschiedene Techniken erzeugen höhere Glaubwürdigkeit.

• Die zweiseitige Argumentation


Eine Möglichkeit, die Glaubwürdigkeit zu steigern, ist die zweiseitige Argumentation.
Dazu drei Beispiele:
o Kaffee gibt Ihnen das beste Aroma, wenn es Ihnen nichts ausmacht, etwas mehr
zu bezahlen.
o Seife hat die beste Deodorant-Wirkung, wenn auch das Abspülen etwas länger
dauert.
o Crisan ist sauteuer, aber es wirkt.

Die zweiseitige Argumentation ist besonders wirksam, wenn es sich um eine anspruchs-
volle Zielgruppe handelt, die möglicherweise zum Produkt auch leicht kritisch eingestellt
ist. Interessanterweise kommt in der Werbung eine zweiseitige Argumentation kaum vor.
Es wird nur auf die Produktvorteile, jedoch kaum auf die Nachteile Bezug genommen.

• Werbung mit Warentest-Ergebnissen


Häufig werden Testergebnisse von angesehenen Institutionen in der Werbung zitiert.
Wie wirksam diese Strategie ist, wurde noch nicht ausführlich untersucht. Faktum ist
jedoch, dass Prof. Kroeber-Riel ein tendenziell sinkendes Interesse an Testberichten in
der breiten Bevölkerung feststellen konnte.

14
Kommunikationspolitik

• Vergleichende Werbung
Hier besteht noch große Unsicherheit, ob Glaubwürdigkeit durch vergleichende Wer-
bung tatsächlich erreicht werden kann.

Wichtig: Vergleichende Werbung ist in Österreich erlaubt, solange die verglei-


chende Firma nicht herabgesetzt wird und objektiv gleiche Produkte ver-
glichen wer- den (z. B. Hartlauer Optik mit Optikern). Im Gegensatz dazu
liefern sich US- Amerikanische Unternehmen gelegentlich richtige, nicht
gerade zimperliche „Werbeschlachten“.

• Der Vertrautheitseffekt
Werbung arbeitet sehr oft mit einer vertrauten Szenerie. Hier geht man von der Über-
legung aus, dass alles, was uns vertraut ist, uns auch grundsätzlich willkommen ist.
Dem Vertrauten wenden wir uns eher zu, als dem Unbekannten.

Bekanntes Beispiel / Testimonial: Ein vertrautes Gesicht in der Menge. Man wendet
sich automatisch diesem Gesicht zu, es folgt also eine Orientierungsreaktion. Das
Phänomen Vertrautheit erklärt auch die Erfolge von PräsenterInnen (sog. Celebrity En-
dorsement) in der TV-Werbung. Beispiele dafür sind Thomas Gottschalk als Präsenter
für Haribo, Uschi Glas für Teekanne, Franz Klammer für die Volksbanken Gruppe,
Marcel Hirscher oder Hermann Maier für Raiffeisen, George Clooney für Nespresso.

• Die Neuartigkeit
Einerseits stützt sich der Mustererkennungsprozess auf die Wirkung von vertrauten
Mustern, andererseits wirkt Neues interessant und induziert eine Stimulusselektion.
Hier besteht kein Widerspruch. Ausschlaggebend ist der wirkliche Grad der Neuartig-
keit. Die stärkste Wirkung resultiert aus Reizen, die etwas Vertrautes darstellen, sich
davon aber gerade so stark unterscheiden, dass sie „interessant“ wirken. Wir sind
Dingen gegenüber gleichgültig, die unserer Meinung nach entweder zu fern oder zu
vertraut sind.

15
Kommunikationspolitik

Veränderung, Überraschung und Inkongruenz stehen in enger Beziehung zur Neuar-


tigkeit. Neuartigkeit als werbliches Gestaltungselement mit dem Ziel der Aufmerksam-
keitsgewinnung kann nicht nach dem Motto „je neuartiger und origineller, desto bes-
ser“ eingesetzt werden.

Zu kreative, aufmerksamkeitserregende Werbebestandteile können so die Aufmerk-


samkeit zentrieren, dass sie vom eigentlichen Werbeinhalt ablenken. Die Gefahr be-
steht vor allem, wenn zwischen dem Aufhänger und dem Werbeinhalt kein direkter
Zusammenhang besteht.

• Humor
Der Humor- Effekt basiert auf verschiedensten Reizeigenschaften, wie beispielsweise:
o Witze
o Wortspiele
o Unter- oder Übertreibung
o Verdrehung der Aussagen
o Doppelbedeutungen
o Satire
o Ironie
o Unvereinbarkeiten

Humor soll Aktivierung auslösen und so die Aufnahme und Akzeptanz der Kommuni-
kationsbotschaft erleichtern. Die aufmerksamkeitsgewinnende Wirkung humorvoller
Werbung ist unbestritten. Ein Hauptrisiko ist jedoch die Verständlichkeit bzw. die zum
Teil recht unterschiedliche Auslegung von Humor. Auch hier ist ein Kannibalisie-
rungseffekt festzustellen.

Es scheint, als würde die Wirkung von Humor in der Werbung etwas überschätzt, zu-
mindest mangelt es noch an eindeutig empirischen Belegen.

16
Kommunikationspolitik

• Erotik
Erwartungen, die die Werbepraxis an die Verwendung von sexuell ausgerichteten Il-
lustrationen knüpft, haben sich nur zu einem sehr geringen Teil empirisch belegen
lassen. Die damit erzielbare Aufmerksamkeitswirkung lenkt häufig von der eigentli-
chen Werbebotschaft ab.

Beispiel: PKW-Werbung. Tatsächlich zeigten sich bei der Anzeige für einen PKW, in
der außer dem Fahrzeug ein attraktives, weibliches Modell aus dem Playboy mit ab-
gebildet war, deutliche Unterschiede gegenüber der Wahrnehmung des „nackten“ Au-
tos durch die Kontrollgruppe. Die Versuchsgruppe bezeichnete das Auto als anspre-
chender, lebendiger, jugendlicher und als schöner im Design. Außerdem wurde es als
teurer, schneller, mit mehr PS, aber auch weniger sicher wahrgenommen. Diese Aus-
sagen galten interessanterweise für männliche und weibliche Betrachter gleicherma-
ßen. Wobei in der Forschung festgestellt wurde, dass sich die Pupillen von Männern
bei der Betrachtung von attraktiven weiblichen Modellen um ca. 18 % weiten, bei
Frauen weiten sich diese um weniger als 10 %.

• Angstappelle
Weder schwache noch sehr starke Furchtappelle sind werbewirksam. Eine mittlere
Dosis von Angstappellen entfaltet die beste Wirksamkeit. Zu schwache Appelle erre-
gen zu wenig Aufmerksamkeit. Zu starken Appellen entziehen sich die Empfänger, das
Phänomen der Reaktanz tritt ein. Einfluss auf die Wirkung haben auch die Kommuni-
katoren. Sehr glaubwürdige Sender haben eine größere Beeinflussungskraft.

Starke Furchtappelle haben eine größere Wirkung auf Personen mit hohem Selbstver-
trauen und eine geringere auf Personen mit wenig Selbstvertrauen. Personen mit ho-
hem Selbstvertrauen aktivieren eher Prozesse der Gefahrenkontrolle, d.h. reagieren
eher gemäß den in der Botschaft nahegelegten Verhaltensweisen. Angstappelle wer-
den häufig in der politischen Werbung eingesetzt, haben dort aber häufig keine oder
oft sogar eine kontraproduktive Wirkung.

17
Kommunikationspolitik

• Prestige
Das Prestige-Motiv ist ein eher unauffälliges Gestaltungselement, das weniger der
Aufmerksamkeitsgewinnung dient, als vielmehr der Beeinflussung des Produktimages.

Zum Prestigeaspekt gibt es verschiedene Zugänge:


o Die psychologische Sicht des Prestige-Motivs basiert auf menschlichem Kontakt
und Anerkennungsbedürfnissen.
o Auf der soziologischen Ebene geht es um die Gewinnung von Einfluss bei Bezugs-
gruppen durch demonstrativen Konsum und um Aspekte des sozialen Status.

Bei der Einbeziehung von Prestigeelementen für die werbliche Gestaltung, gibt es zwei
Hauptansatzpunkte:
o Das Prestigeelement kann sich erstens direkt auf die Produktgestaltung beziehen.
o Zweitens kann aber auch die Beeinflussung von Bezugsgruppen und deren Nor-
men, Hauptziel der Prestigewerbung sein.

Bezugsgruppen vermitteln Konsumnormen und sanktionieren die Normeneinhaltung.


Bestrafung und Belohnung bestehen hauptsächlich aus sozialer Missbilligung und sozialer
Anerkennung. Insgesamt soll dem Produkt zusätzlich zu dessen Grundnutzen ein Gel-
tungsnutzen verliehen werden.

3.1.3 Psychologische Aspekte der Gestaltung von Werbemitteln

Wenn eine Werbung gefällt, bedeutet dies noch nicht zwingend, dass sie auch wirkt.
Gerade bei der Werbebeurteilung dominiert aber sehr oft das Gefallen.

Zwei größere Gruppen von Gestaltungskomponenten sind für die psychologische Gestal-
tungswirkung von Werbung verantwortlich. Es handelt sich dabei um formale und um
inhaltliche Wirkfaktoren.

18
Kommunikationspolitik

• Typographische Aspekte
Bei der von Schrift ausgelösten Art von Anmutungen handelt es sich um einen
„Code“, der unter verschiedenen Bedingungen und bei unterschiedlichen Personen
sehr voneinander abweichende Interpretationen erzeugen kann. Das Schriftbild ver-
mittelt gefühlsbetonte Eindrücke, ist gleichzeitig aber auch für die Lesbarkeit verant-
wortlich.

• Sprachliche Komponenten
Für die Praxis der Werbung ist die Abstimmung der Zielgruppensprache auf das jewei-
lige soziale Umfeld sehr wichtig. Aktiv formulierte Sätze werden besser verstanden als
passive Formulierungen. Folgende Eigenschaften sind für die Verständlichkeit von
Texten ausschlaggebend:

o Einfachheit
im Sinne der Verwendung geläufiger Wörter, kurze Sätze (max. 18 Wörter), konkre-
te und anschauliche Ausdrucksweise. Der dargestellte Sachverhalt selbst kann da-
bei einfach oder schwierig sein, hier geht es um die Art der Darstellung.
o Gliederung
in Bezug auf innere Folgerichtigkeit der Informationsdarbietung und äußere Über-
sichtlichkeit.
o Kürze und Prägnanz
im Sinne von Verzicht auf sprachliche Weitschweifigkeit und Beschränkung auf das
Wesentliche.
o Zusätzliche Stimulanz
in Bezug auf Merkmale mit belebender und anregender Motivierung, die eine per-
sönliche Anteilnahme und Anregung hervorrufen sollen.
o Das KISS-Prinzip
Keep it short and simple – entspricht dem Prinzip von Kürze und Prägnanz und ist
ein grundlegendes Prinzip in der Gestaltung aller Werbeaussagen.

19
Kommunikationspolitik

• Headline versus Fließtext


Im Durchschnitt wird die Headline einer Anzeige etwa fünfmal häufiger gelesen als
der Fließtext. Hieraus folgt, dass man 90 Prozent des Geldes beim Fenster hinauswirft,
wenn das Produkt nicht bereits über die Headline verkauft wird. Dies ist auch eines
der Erfolgsprinzipien der österreichischen Kronen Zeitung.

• Die Verwendung von Farben


Farben tragen einerseits dazu bei, Aufmerksamkeit zu erregen. Andererseits aber,
wenn unbegrenzt viele Farben verwendet werden, verschlechtert sich der Erinne-
rungswert. Grundsätzlich gilt: Der Einsatz von Vierfarbdruck rechtfertigt eine tenden-
zielle Verkleinerung der Formatgröße. Ein etwas kleineres Inserat mit Schmuckfarbe
oder Vierfarbdruck wirkt stärker, als ein etwas größeres Schwarz-Weiß-Format.

• Musik
Musik dient als Werbefaktor meist der Umrahmung oder Untermalung. Durch eine
leicht zu erkennende Melodie (Jingle) kann die Werbung unterstützt und das Wieder-
erkennen erleichtert werden.

• Visuals
Ein Bild kann mit seiner Aussage tausend Worte und mehr wert sein. Die Cowboyfo-
tos von Marlboro oder die Camel-Anzeigen, die Freiheit und Naturverbundenheit
vermitteln, sind dafür gute Beispiele. Bilder sprechen unser visuelles Gedächtnis an.
Da sich der Konsument zu wenig Zeit zum Lesen der Texte nimmt, ist die Bildinfor-
mation für die Werbung unglaublich wichtig.

Soll beispielsweise eine Müsli-Packung kommunizieren, dass es sich um ein naturna-


hes Produkt handelt, das zubereitet gut und saftig schmeckt, dann sollte ein gelunge-
nes Bild diese Botschaft transportieren. Der Text „Naturrein“ auf der Packung wäre
weniger glaubhaft und wird beim flüchtigen Hinsehen automatisch überlesen.

20
Kommunikationspolitik

• Weitere Gestaltungsaspekte
Nur schöne Fotos alleine bringen aber auch keine Werbewirkung. Bildinhalt und
Werbeinhalt müssen übereinstimmen. Bildinformationen sind aber den Textinformati-
onen aufgrund folgender Effekte überlegen:

o Bilder werden gewohnheitsmäßig als erstes fixiert, dadurch werden sie besser erin-
nert.
o Bilder schaffen ein höheres Aktivierungspotenzial als Texte.
o Bilder haben eine höhere Glaubwürdigkeit und stärkere Überzeugungskraft.

• Platzierung
Die unterschiedliche Platzierung im Werbeträger hat einen wesentlichen Einfluss auf
Erinnerungswerte. Hier gilt beispielsweise folgende Rangfolge bei Anzeigen:

o Vordere Umschlagseite außen (U1, nur bei wenigen Medien möglich)


o Hintere Umschlagseite außen (U4)
o Vordere Umschlagseite innen (U2)
o Hintere Umschlagseite innen (U3)
o Erstes, zweites, drittes und viertes Viertel des Heftes / der Zeitung
o Rechte vor linker Seite

• Format
Verschiedene Studien, die zu diesem Thema gemacht wurden, kamen zu folgenden
Ergebnissen: 12 bis 44 Prozent der Erinnerungswirkung erklärt sich aus dem Format,
also aus der Größe.
Ähnliche Fragen ergeben sich für Radio- und Fernsehspots hinsichtlich ihrer zeitlichen
Länge. Hier besteht die Tendenz, die Spotlänge zu verkürzen, um anstelle dessen die
Wiederholungshäufigkeit und damit den Lerneffekt zu steigern. Untersuchungen
konnten belegen, dass beispielsweise beim Fernsehen eine Verkürzung der Spotlänge
von 60 auf 30 Sekunden nur einen Wirkverlust von 20 Prozent erzeugt, bei entspre-
chenden Kosteneinsparungen. Damit resultiert aus dieser Maßnahme ein positiver

21
Kommunikationspolitik

Nettoeffekt. Dass die Größe der Anzeigen eine wesentliche Rolle spielt, gilt als erwie-
sen. Es stellt sich nunmehr die Frage, welche Bedeutung hat die Anzeigengröße im
Verhältnis zu anderen Wirkfaktoren.

Das direkte Umfeld (= andere Inserate [wenn dieses kleiner als eine ganze Seite ist])
ist ein weiterer Wirkfaktor auf die Erinnerung und Aufmerksamkeitswirkung eines In-
serates. Derselbe Effekt wirkt auch bei Plakat, Radio, TV, usw. sodass vor einer Ent-
scheidung für ein Sujet dieses immer im Umfeld getestet werde sollte.

• Überfrachtungseffekt
Seit Jahren wird darauf hingewiesen, dass nicht zu viele Informationen in die Wer-
bung gepackt werden sollen. Begründungen dafür sind der Information-Overload, die
unglaublich leichte Ablenkbarkeit des Menschen oder die Schwierigkeit, einem Ande-
ren überhaupt etwas verständlich zu machen, sofern es sich nicht um sehr einfache
Sachverhalte handelt.

3.1.4 Werbemittel und Werbeträger

Werbeträger ist das Medium <-> Werbemittel ist z. B. das Inserat.

Wahl der Werbemittel (z. B. Inserat)


Hierbei stellt sich vor allem die Frage, in welcher Form die Werbeargumente gebracht
werden und wo/wie/wann die Zielgruppe erreicht werden kann. Die Begriffe Werbemittel
und Werbeträger sind eng miteinander verknüpft. Werbemittel sind dabei die Instrumente,
die der Übermittlung der Werbebotschaft an den Empfänger dienen. Bezüglich der Wer-
bemittel kann unter einer Vielzahl von Alternativen: Werbeplakate, Bogenanschläge (z. B.
an Plakatsäulen), Daueranschläge (z.B. an Hauswänden oder Fahrzeugen), Sonderan-
schläge (z. B. an Fesselballons), Werbeanzeigen, Werbedrucke (Handzettel, Flugblätter),
Werbebriefe (Direkt-Werbung, E-Mails), Leuchtwerbemittel gewählt werden.

22
Kommunikationspolitik

Wahl der Werbeträger (Medien)


Die Bezeichnung Werbeträger steht für die Übermittlungsinstrumente der Werbung. Als
Werbeträger (Werbemedien) kommen u. a. in Betracht:
• Zeitungen
• Zeitschriften
• Radiosender
• Fernsehsender
• Kinos
• Träger der Außenwerbung (Litfaßsäulen, Plakatwände, Hauswände, usw.)
• Verkehrsmittel (Busse, Straßenbahnen, Eisenbahn, Flugzeuge, usw.)
• Verkaufsstätten
• Post (Werbebriefe, Postwurfsendungen, usw.)
• PC (Internet)

Bei der Auswahl zwischen alternativen Werbeträgern sind zunächst qualitative Unter-
schiede zu beachten:
o Umgebung der einzelnen Werbemittel im Werbeträger (werbliches Umfeld)
o Image des Werbeträgers bei den Werbegemeinten
o Eigenschaften und Verhaltensweisen der vom Werbeträger erreichten Personen

1. Fernsehwerbung
Durch ihren multisensorischen Charakter, der sich aus der gleichzeitigen Ansprache des
optischen wie des akustischen Sinnes ergibt, bietet die Fernsehwerbung günstige mediale
Werbemöglichkeiten. Untersuchungen zeigen, dass mindestens eine Woche mit täglich 2
bis 3 Schaltungen, für einen merkbaren Werbeerfolg notwendig ist.

Die Produktion einer Fernsehwerbung erfolgt üblicherweise in enger Zusammenarbeit


zwischen Auftraggeber, Werbeagentur und Filmproduktionsfirma. Der Produzent von TV-
Spots muss sich an die Weisungen und Vorstellungen der Werbeagentur halten. Im Film-
atelier werden die geistigen und zeichnerischen Gedankenentwürfe der Werbefachleute in

23
Kommunikationspolitik

die Wirklichkeit umgesetzt. Als Anhaltsvorlagen werden dabei Exposé, Manuskript, Dreh-
buch und Storyboard herangezogen.

Das Exposé ist ein erster Grobentwurf der Agentur. Die wesentlichsten Handlungskomple-
xe werden vom Skriptwriter klar und anschaulich dargestellt.

Das Manuskript oder Treatment ordnet den Inhalt des Exposés in die wesentlichen Einzel-
heiten, sodass der Handlungsablauf klar erkennbar wird.

Im Drehbuch werden sämtliche gestalterischen Details lückenlos und ausführlich festge-


halten. Es enthält Richtlinien für das Produktionspersonal, eine effektive Schilderung der
einzelnen Szenen, Dialoge und Handlungen.

Der ideale Commercial-Schriftsteller sollte verschiedenste Erfahrungen aufweisen:


o Schöpferisches Geschick für grafische Ideen und diese Anderen vermitteln können
o Künstlerische und werbetechnische Erfahrung

Er sollte Werbefachmann sein, die Eigenarten des Verkaufsobjektes kennen und über den
Markt, die Vertriebskanäle und die Konkurrenzsituation informiert sein.

Diese Fähigkeiten werden kaum in einer Person vorgefunden, daher haben große Agentu-
ren so genannte Creative Teams (Projektgruppen) geschaffen, welche sich aus mehreren
Spezialisten zusammensetzen.

Das Storyboard ist eine bildliche Darstellung des Drehbuchs und besteht normalerweise
aus drei Kolonnen:
1. Kolonne: Beschreibung der sinnlich wahrnehmbaren Vorgänge, Ziele, Ideen des Autors
2. Kolonne: Ablauf der Handlung in Bildern
3. Kolonne: Wort und Toneffekte

Aus Kostengründen wird die Produktion von Storyboards oftmals unterlassen.

24
Kommunikationspolitik

Teaser-Kampagnen
Unter einer Teaser-Kampagne versteht man wortwörtlich übersetzt eine „Verlockungs-
kampagne“. Im Bereich der Werbung ist damit eine gut durchdachte Rätselkampagne
gemeint. Der Kunde weiß im ersten Ansatz / Insertion nicht wirklich, worum es geht.
Dieser Effekt soll Aufmerksamkeit, Interesse und Spannung beim Rezipienten erwecken.
Durch die Wirkungsdauer des ungelösten Rätsels ist ein „Abdriften der Aufmerksamkeit“
die Folge. Mit einer kompakten Auflösung des Rätsels und einem komprimierten Einsatz
des Medien-Mix wird dann ein zweiter werblicher Paukenschlag gesetzt.

2. Printwerbung
Anzeigenarten
Während Plakat und Fernsehkampagnen relativ langfristig geplant werden müssen, ist eine
besondere Eigenschaft der Anzeige die Schnelligkeit.

Folgende Anzeigenarten werden unterschieden:


• Die Standardanzeige
Sie besteht aus einer beherrschenden Abbildung, einer großen Schlagzeile, einem
Textblock und dem Namen des Erzeugnisses oder der Firma. Der Nachteil dieser An-
zeigenart liegt in der Alltäglichkeit.
• Reine Textanzeige
Die Schlagzeile übernimmt hier die Rolle der Illustration. Die Aufgabe einer Textan-
zeige ist die Übermittlung einer wichtigen Neuigkeit.
• Die Bildanzeige
Sie setzt sich aus einer Kombination mehrerer Abbildungen, anstelle eines einzelnen,
beherrschenden Bildes, zusammen. Jedes Bild ist dabei mit einem kurzen Text
versehen.
• Die Bildergeschichte
Hier erzählt ein Bildstreifen eine Geschichte, die sich aus aufeinander folgenden Sze-
nen und Episoden zusammensetzt. Comics wie die Red Bull-Werbung sind eine spe-
zielle Form davon. Diese wirken dank ihrer Einzigartigkeit und Durchgängigkeit in al-
len Medien hervorragend.

25
Kommunikationspolitik

• Die Karikatur
Als Hauptillustration dient eine pointierte Zeichnung. Der Leser erwartet sich weder
Information noch Belehrung, sondern Unterhaltung.
• Die plakative Anzeige
Sie besteht aus einer einzigen, großen Abbildung, einigen Worten und einem Mar-
kennamen oder Warenzeichen.
• Kuponanzeigen
Durch den Einbau eines Kupons oder Gutscheins in der Anzeige ist die Möglichkeit
einer Wirkungskontrolle gegeben.
• Anzeigen mit Warenproben
Diese recht kostenintensive Art der Anzeige ist sehr auffallend, wird stark erinnert und
führt zu verhältnismäßig schnellen Verkaufserfolgen.
• Redaktionell gestaltete Anzeigen
Gewohnheiten der Zeitung im Textstil, Layout, in der Illustration, etc. möglichst genau
nachzuahmen, werden dabei verwendet. Diese Anzeigen sind durch Zusätze wie z.B.
„bezahlte Anzeige“ oder „PR“ kenntlich zu machen. Die Glaubwürdigkeit dieser Ge-
staltungsform ist deutlich höher und kann weiter gesteigert werden, wenn die Schal-
tung im redaktionellen Umfeld erfolgt.

Hauptwirkfaktoren einer Anzeige


• Größe und Farbe der Anzeige
Diese Faktoren entscheiden in einem hohen Maß darüber, wie viel Aufmerksamkeit
erzielt wird. Jedoch generiert eine 1/1 Seite beispielsweise nicht die doppelte Wirkung
einer 1/2 Seite.

• Platzierung
Ganzseitige Anzeigen haben den besten Platz auf den Umschlagsseiten. Ebenfalls soll-
te das Anzeigenumfeld beachtet werden. Lässt sich die Anzeige thematisch einbinden,
so steigert dies die Wirkung.

26
Kommunikationspolitik

Nachfolgend wesentliche Werbewirkfaktoren von ganzseitigen Anzeigen, untersucht vom


deutschen Marketingprofessor Meyer-Heutschel:
1. Die Anzeige muss aktivieren.
2. Die erste und wichtigste Frage, die man sich stellen sollte, lautet: „Hat diese Anzeige
eine realistische Chance, von den Zielgruppen überhaupt gesehen zu werden?“
3. Anzeigen müssen eigenständig sein.
4. Bild und Headline sollen stark aktivieren.
5. Der „Absender“ muss klar und prägnant sein.
6. Headline, Fließtext und Gesamtanzeige sollen ohne Umwege gestaltet sein und darauf
abzielen, ein schnelles und richtiges Verständnis zu fördern.
7. Fließtexte sollen kurze Sätze beinhalten, die maximale Wortanzahl liegt bei 15 bis
max. 18.
8. Eine Anzeige muss innerhalb von 2 Sekunden die Aussage kommunizieren, denn da
liegt die „Wahrnehmungs-Schallmauer“.

Charakteristika der Anzeigenwerbung


• Der Leser kann das Tempo, mit der er eine Anzeige aufnehmen möchte, selbst be-
stimmen.
• Man kann eine Information mehrmals lesen, wenn Interesse besteht.
• Print kann zu besseren Erinnerungswerten führen, weil Lesen eine aktive Informati-
onsaufnahme fordert.
• Das Involvement fordert die Gedächtnisleistung.
• Anzeigen sprechen das visuelle Gedächtnis an. Dies besitzt die größte Merkfähigkeit.
• Einen Nachteil bei der Beeinflussung von Meinungen scheinen Druckmedien dadurch
zu haben, dass sie der Rezipient besonders selektiv und im Sinne einer eigenen, vor-
geprägten Meinung wahrnehmen kann.
• Die erste Selektion vollzieht sich bereits beim Kauf einer bestimmten Zeitung am
Kiosk oder bei der Entscheidung für das Abonnement einer bestimmten Tageszeitung.
Beim Lesen selbst kann der Leser dann in einer zweiten Selektion all jenen Artikeln
und Themen ausweichen, die ihn eine Dissonanz mit seinen Ansichten und Empfin-
dungen befürchten lassen.

27
Kommunikationspolitik

3. Das Plakat
Plakate gehören zu den ältesten und traditionsreichsten Werbemitteln. Trotzdem sind sie
noch lange nicht überholt, im Gegenteil: Die große psychologische Wirkung von Plakaten
ist unumstritten und die zunehmende Verplakatierung der Städte zeigt, dass trotz des
Anreizes der elektronischen Medien die Attraktivität der Plakate als Werbemittel weiterhin
als hoch einzustufen ist.

Die Besonderheit des Plakates liegt darin, dass es sich im Straßenverkehr gegen andere
Reize durchsetzen muss und oft nur mit einem raschen Blick gestreift wird. Kaum ein
Mensch nimmt sich die Zeit, um vor einem Plakat stehen zu bleiben und dessen Inhalt zu
betrachten. Deshalb kommt es hier besonders auf die Fernwirkung an, d.h. Text und Bild
müssen so gestaltet sein, dass auch ein kurzer Blick genügt, um dem Betrachter die Aussa-
ge des Plakates, auch von einer Entfernung von 100 Metern, nahe zu bringen.

Folgende Plakatarten werden unterschieden:

• Außenplakat
Wird im Freien verwendet mit Bild und/oder Text, kleinformatige Plakate für Konzert-
und Theaterveranstaltungen, usw. bis hin zur großen Plakatwand. Da es hier auf die
Momentwirkung ankommt, ist die Kürze und Übersichtlichkeit wichtig. Das am häu-
figsten verwendete Format des Außenplakates ist 16 Bogen. Weiter Formate sind 8, 24
und 32 Bogen – in Einzelfällen bis 64 Bogen. Dabei sollen ca. 1,5 bis 2% der im regi-
onalen Bereich vorhandenen Plakate gebucht werden, um einen nachweisbaren Wer-
beerfolg zu erzielen.

• Innenplakat
Wird oft als Schild in örtlichen/regionalen Verkehrsmitteln, Warteräumen und ande-
ren stark frequentierten Räumen verwendet. Hier können auch mehr Informationen
transportiert werden, da man ein Innenplakat meist länger betrachten kann.

28
Kommunikationspolitik

• Bildplakat
Hier besteht der Inhalt nur aus einem Bild. Diese Plakate kommen heute sehr selten
vor und sind auch nur beschränkt einsetzbar.

• Schrift- und Textplakate


Der Inhalt besteht nur aus einem Text. Da solche Plakate recht unattraktiv sind, muss
bei der Gestaltung auf größte Eindringlichkeit und Originalität Wert gelegt werden.
Das Schriftplakat soll in seiner Gesamtheit auf wenige Zeilen beschränkt werden, es
sei denn, dass der Betrachter durch einen interessanten Inhalt oder ein Schlagwort
zum Lesen stimuliert wird. Diese Form wird häufig bei Teaser-Plakaten eingesetzt.

• Bildschriftplakat
Hier wirken Bild und Schrift gemeinsam. Normalerweise ist das Bild der dominieren-
de Faktor, wobei der Schrift die Aufgabe zukommt, in wenigen Worten die Werbebot-
schaft zu übermitteln. Wichtig ist das Zusammenwirken von Bild und Text, die Les-
barkeit, die Fernwirkung, die Farbe, die Schrift und der Hintergrund.

Empfehlungen für die Plakatgestaltung


Eng verbunden mit der künstlerischen ist auch die psychologische Gestaltung eines Plaka-
tes. Wie bereits erwähnt, ist die Aufgabe der Plakatgestaltung, im vorüberhastenden Ver-
kehr die Menschen anzusprechen und ihnen einen starken Eindruck zu vermitteln. Dazu
müssen im Wesentlichen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

• Beschränkung auf das Notwendigste


• Prägnanz der Beschriftung
• Einfachheit
• Klarer Umriss
• Auffallende Farben
• Originalität in der Form

29
Kommunikationspolitik

Zu empfehlen ist die Gestaltung von sympathischen Plakaten. Zwar erregen schockieren-
de Plakate mehr Aufmerksamkeit, werden dafür aber schneller wieder vergessen / ver-
drängt, da der Mensch eher das Angenehme in Erinnerung behält. Weiters ist auf eine gute
Fernwirkung der Schrift zu achten, die aus ca. 100 Metern Entfernung noch lesbar sein
sollte. Größe, Farbe und Hintergrund stellen dabei wichtige Faktoren dar.

Charakteristika des Plakats


• Das Plakat eignet sich bestens für die Darstellung einfacher Inhalte.
• Es ist als bildhaftes Medium zu betrachten, darf aber nicht wie eine Anzeige behandelt
werden.
• Dem Plakat kann man nur schwer Ausweichen. Dieses Werbemittel garantiert daher
eine hohe Anzahl von Kontakten.
• Als visuelles Medium erzielt man mit dem Plakat sehr hohe Lernerfolge.
• Mit dem Plakat erreicht man mobile, junge Zielgruppen.
• Das Plakat ermöglicht regionalen Einsatz. Somit besteht ein relativ geringer Streuver-
lust.

4. Radiowerbung
Radiowerbung ist an den Zeitverlauf der jeweiligen Sendungen gebunden. Neben öster-
reichweiten Sendern sind, vor allem für regionale Werbetreibende, auch die entsprechen-
den regionalen Anbieter und/oder Zielgruppensender (z.B. Life-Radio in OÖ, FM4) zu
überlegen. Untersuchungen zeigen, dass je Sender mindestens 5 bis 6 Spots pro Tag erfor-
derlich sind. Für eine Erhöhung der Wirkung sollte mindestens an 5 aufeinander folgenden
Tagen geschaltet werden. Ein zu lange eingesetzter Spot (ab ca. 2 Wochen) verliert wieder
an Wirkung. Deshalb sollten bei längeren Kampagnen mehrere Spots zum Einsatz
kommen.

30
Kommunikationspolitik

Die Hauptelemente der Radiowerbung sind:

Die Sprache
In der nur auf akustische Eindrücke angewiesenen Radiowerbung kommt neben dem
Inhalt des Spots, der Sprecherstimme eine besondere Bedeutung zu.
Radiowerbung muss mehr als bloßes Vorlesen eines Werbetextes sein.
Die Schaffung eines Wirklichkeitseindrucks wird mit der Sprecherstimme und speziellen
Geräuschen erreicht.

Die Musik
Ein Großteil der Werbesendungen im Radio verwendeten Musik als zusätzliche Stimuli.
Dabei ergeben sich drei verschiedene Nutzungsmöglichkeiten:
• Musikalisches Erkennungssignal
• Musikuntermalung
• Kurze Einblendungen

Der Slogan
Als mitunter wichtigster Textbestandteil einer Werbesendung ist der Slogan zu betrachten.
Darunter versteht man eine kurze, sprecherisch isolierte Textzeile, die meist längere Zeit
benutzt wird, damit diese Aussage und der Produktname im Gedächtnis bleiben. Als
wichtigste Satzform erweisen sich Behauptungs- und Aufforderungssätze, in denen Aussa-
gen über das Produkt formuliert werden.

Die Sloganwirkung beginnt jedoch tendenziell abzunehmen. Lediglich Slogans, die be-
sonders originell sind, mit einem hohen Werbebudget penetriert und kontinuierlich einge-
setzt werden, haben eine starke Werbewirkung: z.B. „Red Bull verleiht Flügel“, der Alm-
dudler-Slogan, „Römerquelle belebt die Sinne“, etc.

31
Kommunikationspolitik

Charakteristika des Hörfunks


• Der Radiospot vermittelt bei den Rezipienten das Gefühl einer persönlichen
Ansprache.
• Der Hörfunk ist das aktuellste, „schnellste“ Medium.
• Ein Handicap des Hörfunks bei der Beeinflussung von Meinungen liegt darin, dass
man ihn nebenbei, also nur mit halber Aufmerksamkeit verfolgt. Die Informationen
werden flüchtig wahrgenommen und sind für den Hörer nicht mehr beliebig wieder-
holbar.
• Eine weitere Problemzone heißt: Der Mensch besitzt ein vergleichsweise schlechtes
Gedächtnis für das gesprochene Wort. Im Hörfunk können daher nur einfache Bot-
schaften kommuniziert werden.
• Um den Lernerfolg zu steigern, bedarf es einer kreativen Spotgestaltung. Gute Effekte
lassen sich über Jingles, oftmals auch Ohrwürmer, oder Bizarres erreichen.
• Für den Werber ist der Hörfunk kein Basis- sondern ein Mixmedium. Er entfaltet erst
im Zusammenspiel mit anderen Werbeträgern seine volle Wirkung.

3.1.5 Mediaplanung

Die Mediaplanung ist für die richtige Auswahl und Schalthäufigkeit der Werbeträger ver-
antwortlich. Die Kommunikation zwischen Werbemedien und Zielgruppen soll möglichst
effizient gestaltet werden. Die Herausforderungen der Mediaplanung bestehen darin, die
richtigen Werbeträger auszuwählen, in denen geworben werden soll und gleichzeitig das
beste Preis-/Leistungsverhältnis sicherzustellen.

Der Werbeträger-Kontakt
Kontakt mit den Werbeträgern heißt, dass der Betrachter die Zeitung oder Zeitschrift, in
der die Anzeige geschaltet ist, in der Hand gehabt hat, um darin zu lesen oder zu blättern.

Kontaktwahrscheinlichkeit
Darunter sind Nutzungswahrscheinlichkeiten zu verstehen, mit denen man die zu erwar-
tenden Leser-, Seher- bzw. Hörerschaften bestimmen kann. Ein einfaches Beispiel: Wenn

32
Kommunikationspolitik

jemand drei von sechs Ausgaben einer Tageszeitung liest, dann hat er eine Kontaktwahr-
scheinlichkeit von 0,5 Lesern. Es geht deshalb diese Tageszeitung auch nur mit einer
Gewichtung von 0,5 in die Leserschaft ein.

Reichweite
Unter Reichweite versteht man jene Zahl von Personen, die von einem Werbekontakt
erreicht werden können.

Externe Überschneidungen
Diese ergeben sich dadurch, dass Leser mehr als nur eine Zeitschrift nutzen.

Interne Überschneidungen
Das sind jene Überschneidungen, die zwischen den Leserschaften der verschiedenen
Nummern derselben Zeitschrift auftreten.

Projektion
Darunter versteht man die Hochrechnung der Reichweite auf die Gesamtbevölkerung.

Durchschnittskontakte
Das ist die durchschnittliche Berührungshäufigkeit mit dem Werbeträger, die englische
Bezeichnung dafür heißt „opportunity to see" (OTS)

GRP
Die Cross Rating Points (GRP) sind ein Maß für den Werbedruck auf alle vorhandenen
Personen einer Zielgruppe; Reichweite mal OTS = GRP

Weitere Begriffe sind im Glossarium enthalten.

33
Kommunikationspolitik

3.1.6 Werbekonzeption

Nachfolgende Elemente sind Bestandteile einer Werbekonzeption.


• wer Werbetreibender
• sagt was Werbebotschaft
• zu wem Werbesubjekt, Zielgruppe
• über welche Gegenstände Werbeobjekte
• unter welchen Bedingungen Umweltsituation
• zu welcher Zeit Timing
• in welcher Form Werbemittel
• durch welche Kanäle Werbeträger (Medien)
• mit welcher Intensität Werbebudget
• mit welchen Wirkungen Werbeerfolg

Das Werbebriefing
Eine Werbekonzeption sollte nur auf Basis eines soliden Briefings erstellt werden. Der
Unternehmer bzw. Marketingmanager soll im Briefinggespräch der Werbeagentur oder
dem Freelancer die wichtigsten Informationen und Ziele mitteilen. Die Qualität der Wer-
bekonzeption hängt sehr stark vom Werbebriefing ab. Hier ist in der ersten Phase insbe-
sondere der Unternehmer bzw. das Marketing gefordert.

Folgende Elemente sollte ein Werbebriefing beinhalten:

• Marktdaten
Hier sollte der Agentur ein gestraffter Überblick über den stückmäßigen und wertmä-
ßigen Markt gegeben werden. Die Marktanteile und die Stellung des eigenen Unter-
nehmens in diesem Markt sollten ebenso aufgezeigt werden.

• Marketingziele
Die übergreifenden Marketingziele vom Unternehmen oder der Division sollen präg-
nant dargestellt werden, um die Werbeziele definieren zu können.

34
Kommunikationspolitik

• Das zu bewerbende Produkt bzw. die zu bewerbende Dienstleistung


In diesem Teil sollen die Stärken und Schwächen des Angebotes klar und ohne
„Schönfärberei" präsentiert werden. Bei technischen Produkten sollte man sich auf die
wesentliche Beschreibung beschränken.

• Marktforschungsergebnisse
Sofern Erkenntnisse aus der Marktforschung vorliegen, sollen die relevanten Ergebnis-
se der Agentur bekannt gegeben werden.

• Konkurrenz
Wichtig ist für die Agentur, die Stärken und Schwächen der Mitbewerber zu kennen.
Nur so ist eine eigenständige und unverwechselbare Positionierung des zu bewerben-
den Angebotes möglich. Aufgabe der Agentur ist es dann, die Werbekonzepte der
wichtigsten Konkurrenten zu analysieren. In diesem Zusammenhang soll auch der ef-
fektive Werbeaufwand der letzten Jahre bei den wichtigsten Konkurrenten studiert
werden.

• Definition der Zielgruppe


Hier soll eine analytische Zielgruppenbeschreibung im ersten Ansatz nach folgenden
Gesichtspunkten erfolgen:
o Soziodemographische Merkmale
o Psychologische Merkmale
o Lifestyle-Typologien
o Ökologische Merkmale

• Formulierung der Angebotsvorteile


Bezugnehmend auf die Zielgruppe soll ein erster Versuch unternommen werden, die
besonderen Angebotsvorteile herauszuarbeiten. Ein möglicher USP ist potenzieller
Anwärter für die zentrale Werbebotschaft.

35
Kommunikationspolitik

• Die Positionierung des Produkts bzw. des Unternehmens


Soweit eine Positionierung bereits vorliegt, ist diese der Agentur unbedingt bekannt zu
geben. In weiterer Folge ist es durchaus denkbar, dass es in Zusammenarbeit mit Auf-
traggeber und Agentur zu einer Optimierung oder Weiterentwicklung der Positionie-
rung kommt. Falls diese Positionierung fehlt, sollte sie gemeinsam so rasch als mög-
lich erarbeitet werden.

• Der Werbezeitraum/Timing
Der Auftraggeber sollte grob seine Vorstellung über den Werbezeitraum definieren.
Ob die Werbung pro- oder antizyklisch Sinn macht, ist von der Agentur im Detail
auszuarbeiten.

• Die Auswahl der Werbeträger


Diese korrelieren mit den Werbezielen, der werblichen Umsetzung und dem Werbe-
budget. Grundsätzlich ist hier die Agentur aufgerufen, einige sinnvolle Alternativen für
den Auftraggeber zu entwerfen. Voraussetzung dafür ist jedoch das Wissen über die
Höhe des Werbeetats.

• Das Werbebudget
Das Werbebudget muss vom Auftraggeber rahmenartig bekannt gegeben werden. Fol-
gender Etatsplit ist dabei zu beachten:
o Kosten für die Produktion von Werbemitteln
o Agenturhonorar
o Kosten für die Streuung bzw. Schaltung
o Eventuelle Marktforschungskosten
Die Summe dieser Teilbudgets ergibt das gesamte Werbebudget.

Der Auftraggeber sollte das Werbebriefing schriftlich erstellen und in einem persönlichen
Gespräch der Werbeagentur übergeben. Ein Umfang von 15 bis 40 Seiten und mehr ist für
ein solides Briefing durchaus üblich.

36
Kommunikationspolitik

Unternehmen, die kein schriftliches Briefing erstellen wollen oder können, sollen ein sehr
ausführliches Gespräch mit ihrer Agentur suchen und eine schriftliche Zusammenfassung
verlangen. Dieser Ansatz erfordert sicherlich mehrere Rebriefinggespräche und kostet
daher zusätzlich Zeit und Geld.

Ursachen für Spannungsfelder bei der Erstellung einer Werbekonzeption


• Das Briefing wird nicht ernst genommen, manchmal nicht einmal richtig gelesen.
• Wesentliche Informationen fehlen im Briefing. Der Interpretationsspielraum der Agen-
tur wird dadurch erhöht. Damit ist ein Zielkonflikt oftmals vorprogrammiert.
• Der Unternehmer hat keine Vorstellung von einer kreativen Strategie, noch viel weni-
ger von einer kreativen Umsetzung. Meist hat er aber genaue Vorstellungen darüber,
was er nicht will.
• Das Briefing wird fehlerhaft bzw. unvollständig übermittelt.
• Unklare, komplizierte und nebulose Strategien führen zu Bruchstellen.
• Das personale Spannungsfeld zwischen Entscheidungsträgern im Unternehmen und
der Werbeagentur.
• Schlechte Kommunikation agenturintern.

3.2 Werbezeitraum/Schaltfrequenz

Auch der konkrete Werbezeitraum, die Intensität, Dauer und Häufigkeit/Wiederholung


einer Werbeaktion ist auf Grund der Daten aus dem Marketing- und Werbecontrolling
seitens des Unternehmens (gemeinsam mit der Agentur) zu planen. Der Festlegung des
Werbeetats, der Werbebotschaft(en), Werbemittel und der Werbeträger muss die Auswahl
des Werbezeitraums folgen. Die Werbewirkung hängt wesentlich von der Wahl des richti-
gen Zeitpunkts ab. Grundsätzlich bestehen folgende Möglichkeiten:
• Einmalig, begrenzt
• Kontinuierlich
• Intermittierend
• Eine Kombination daraus

37
Kommunikationspolitik

Der Erinnerungswert ist dabei – speziell für den Aufbau / die Pflege einer Marke – ein
wichtiger Punkt.

Abb. 65: Erinnerungswerte der Werbung

Die Wirkungskurven sprechen für eine gleichmäßige Streuung im Zeitablauf (ca. alle
4 Wochen ein Schwerpunkt). Die Kurve I wird man z. B. bei einer Neueinführung wählen.
Die Kurve II bei einer Markenpflege / Steigerung der Bekanntheit / Imageänderung.
Will man die Werbeaktivitäten nicht gleichmäßig über den Werbezeitraum verteilen, so
bieten sich folgende Alternativen, welche vom Business des Unternehmens abhängen:
• Prosaisonal
• Antisaisonal

Forschungen haben nachgewiesen, dass es zwischen der Anzahl der Kontakte und dem
Werbeerfolg eine Korrelation gibt, welche sich als Werbewirkungskurve darstellen lässt.
Daraus wird z. B. die Frequenz bei Radiospots abgeleitet.

Abb. 66: Anzahl der Werbekontakte und Werbeerfolg

38
Kommunikationspolitik

3.2.1 Hinweise zur praxisorientierten Werbebudgetierung

Erfolgreiche Unternehmen wählen bei der Festsetzung ihres Werbebudgets einen multidi-
mensionalen Ansatz. Dabei werden folgende Faktoren berücksichtigt:

1. Eigene Marketing- und Werbeziele


Setzt sich das Unternehmen zum Ziel, Marktanteile zu gewinnen, muss sich diese Of-
fensive auch im Werbebudget wiederfinden.

2. Branchenübliche Werbeausgaben
Je nach Branche und Art des Unternehmens, ob Produktionsbetrieb, Handel oder
Dienstleister, sind die Werbeausgaben zum Teil sehr unterschiedlich. Bei dauerhaften
Konsumgütern investieren Produktionsbetriebe zwischen 3% und 5% ihres Umsatzes
in die Werbung. In der Kosmetikbranche sind 10% und mehr vom Umsatz gerechnet
durchaus übliche Werbeetats. Im Handel werden im Durchschnitt 2% bis 3% des
Umsatzes als Werbebudget eingesetzt (fallweise bei Expansionsstrategien sogar bis
zu 10%).

3. Konkurrenzorientierte Werbebudgetierung
Zu den definierten Werbezielen sind die Werbeausgaben der unmittelbaren und
wichtigsten Konkurrenten ins Kalkül zu ziehen. Diese findet man für größere Unter-
nehmen häufig in Publikationen von Marktforschungsinstituten oder in Fachmedien.

4. Kostenorientierte Werbebudgetierung
Hier geht es um die Frage, welchen Werbeetat sich das Unternehmen mittelfristig und
langfristig leisten will bzw. kann.
Die ganzheitliche Betrachtung der obig genannten vier Werbebudgetierungsebenen
soll die Basis für die Festlegung des Werbeetats im jeweiligen Unternehmen sein. Dies
führt in der Praxis zu einem Streu- und Schaltplan, welcher nachfolgend in einem Bei-
spiel dargestellt ist.

39
Kommunikationspolitik

Abb. 67: Mediaplanung und Mediabudget

40
Kommunikationspolitik

3.3 Direkt Marketing

Direkt Marketing ist ein stark wachsendes Kommunikationssegment in der Werbeland-


schaft. CRM ist davon eine unternehmensumfassende Weiterentwicklung. Unter Direkt
Marketing versteht man die Auswahl einer speziell definierten Zielgruppe, der in Form
eines selbständigen Werbemittels, ohne Einschaltung eines Massenmediums, eine Werbe-
botschaft direkt übermittelt wird.

Abgrenzung zur klassischen Werbung


Direkt Marketing ermöglicht eine exakte Zielgruppenselektion, während sich die klassi-
sche Werbung mittels der Massenkommunikationsmittel an eine unbekannte Personen-
menge richtet.

3.3.1 Instrumente im Direkt Marketing

Folgende Instrumente im Direkt Marketing sind in der Praxis u.a. üblich:


• Persönlich adressierter Werbebrief
• Kuvert
• Gutscheine
• Coupons
• Folder
• Flyer
• Katalog
• Telefon
• E-Mail

41
Kommunikationspolitik

3.3.2 Grundlagen für erfolgreiches Direkt Marketing

Ziel des Direkt Marketing (DM)


Das Ziel im DM ist es, den Kunden zum Stammkunden zu machen und sein Potenzial
möglichst auszuschöpfen. Holland spricht dabei von der Loyalitätsleiter:
1. Keine Kenntnisse
2. Kenntnisse
3. Produktinteresse
4. Kaufinteresse
5. Erstkauf
6. Folgekauf
7. Mehrfachkauf
8. Stammkunde

Unterschiedliche Stufen werden dabei mit unterschiedlichen Marketing-Instrumenten


bearbeitet.
• Stufe 1-3: klassisches Marketing
• Stufe 2-6: mehrstufige DM-Aktionen
• Stufe 6-8: einstufige DM-Aktionen

Die systematische Planung


Direkt Marketing kann nur erfolgreich sein, wenn es systematisch geplant ist. In der Regel
sind 4 bis 6 Direkt Marketing-Wellen bei den definierten Zielgruppen pro Jahr notwendig.
Dabei kommt der Kontinuität eine besondere Bedeutung zu. Um die wirkliche Kraft des
Direkt Marketing zu entfalten, ist es zielführend, 3 Jahre hindurch 4 bis 6 Wellen p.a.
umzusetzen.

Die Mehrzahl der Direkt Marketing-Wellen sollen zyklisch sein, d.h. den Saisonspitzen
entsprechen. Es kann aber auch durchaus Sinn machen, ein bis zwei Wellen antizyklisch
zu versenden.

42
Kommunikationspolitik

Die Individualität muss im Vordergrund stehen


Direkt Marketing wird dann erfolgreich sein, wenn die Individualität des Empfängers tat-
sächlich gegeben ist. Der Kunde von heute und morgen will nicht als Masse behandelt
werden.

Attraktivitätsfaktoren im Direkt Marketing


Vermeiden Sie in jedem Fall 08/15 Direkt Marketing-Wellen, die für Kunden keinen oder
kaum einen Anreiz bieten. Daher ist im Direkt Marketing Kreativität besonders gefragt, um
immer wieder neue Attraktivitätsfaktoren zu finden.

Vermeiden Sie Filter - Setzen Sie auf Verstärker


Im Bereich der Gestaltung, der Textierung, dem gesamten Outfit der einzelnen Direkt
Marketing-Welle ist es von hoher Bedeutung, Filter zu vermeiden und möglichst viele
Direkt Marketing-Verstärker einzusetzen. Beispiele dazu finden Sie bei den Gestaltungs-
tipps zum Direkt Marketing.

Konsequenz, Genauigkeit und Fleiß als wesentliche Erfolgsparameter


Direkt Marketing kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Umsetzung genau und konse-
quent erfolgt. Möchte man beispielsweise die rund 2.000 Sägewerke in Österreich mit
einem konkreten Direct Mail anschreiben, so müssen die Ressourcen dafür entweder
firmenintern freigemacht oder diese zugekauft werden. Faktum ist, dass die Produktion,
das Handling wie z.B. Falzen der Briefe, die Kuvertierung etc. und die Postversandferti-
gung eine Menge Arbeit bedeutet. Daher ist auch eine dementsprechende Planung mit
ausreichenden Zeitpuffern notwendig.

Erfolgskontrolle
Direkt Marketing hat den großen Vorteil, dass der Response, d.h. die Rücklaufquote eines
Mailings, gemessen werden kann. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass eine
Rücklaufquote von 3% bei Neukunden bereits als Erfolg gewertet werden kann.

43
Kommunikationspolitik

Versenden Sie ein Direct Mailing an Ihre Stammkunden bzw. heiße Adressen, wie es
Professor Vögele nennt, dann ist eine Rücklaufquote von 15 bis 25% als Erfolgsmaßstab
anzunehmen.

Grundsätzlich gilt, je interaktiver ein Mailing aufgebaut wird, umso besser. Das heißt, das
Direkt Marketing bietet die große Chance, einen Kommunikationsdialog mit den Kunden
zu initialisieren. Diese Möglichkeit sollte bestmöglich genutzt werden. Möglichkeiten
dazu sind bereits vorausgefüllte Antwortpostkarten oder Bestellformulare.

3.3.3 Gestaltungstipps für das Direct Mail

Nachdem der Leser sich innerhalb von 5 Sekunden durch das Direct Mail angesprochen
fühlen muss, sind einige Regeln zu beachten:

• Der Kunde interessiert sich für sich selbst, daher muss das Mailing ihn persönlich und
direkt ansprechen.
• Bleiben Sie kurz, kompakt und prägnant in Ihren Botschaften.
• Wichtige Informationen sollen am Beginn des Mailings stehen.
• Eine Schlagzeile oder geschickte Fragestellungen am Anfang stimulieren den
Empfänger.
• Machen Sie kurze, einfache, verständliche Sätze.
• Die maximale Satzlänge soll 10 bis 15 Worte betragen.
• Die Werbung lebt von der Wiederholung, so auch das Direkt Marketing. Wiederholen
Sie ihr Hauptanliegen im Mailing.
• Vermeiden Sie Gedankensprünge.
• Achten Sie darauf, dass das Outfit Ihres Mailings zur Positionierung passt.
• Versuchen Sie, sympathisch im Gesamteindruck zu wirken.
• Trauen Sie sich, klare Handlungsaufforderungen im Mailing zu machen.
• Ein Werbebrief soll nicht zu lange sein, maximal 30 Zeilen.
• Kündigen Sie Reaktionen auf Kundenanfragen innerhalb von 8 Tagen an und halten
Sie diese Ankündigung ein.

44
Kommunikationspolitik

• Vermeiden Sie den Blocksatz. Setzen Sie den Flattersatz ein.


• Die Rückseite des Werbebriefs muss frei bleiben.
• Verwenden Sie eine gut lesbare Schrift, eine geeignete Zeilenlänge und
Zeilenabstände.
• Setzen Sie Fettdruck ein und vermeiden Sie Unterstreichungen.
• Verwenden Sie das P.S. („Colombo-Effekt“ – Die wichtigste Information kommt zum
Schluss und erzeugt die höchste Aufmerksamkeitswirkung)
• Vermeiden Sie die „Wir-itis“. D.h. das Verhältnis der „Sie“-Ansprache zur „Wir“- Dar-
stellung soll 3:1 sein und nicht umgekehrt.

3.3.4 Die 12 Gebote für kreatives Direkt Marketing

1. Kreativität ist wichtig – aber:


Der Erfolg hat viele Väter: Produkt und Preis, Jahreszeit, Wirtschaftslage, Werbemittel
und Adressliste. Auch die einfallsreichste Werbebotschaft hat nur begrenzten Stellen-
wert. Sie ist nur eine von mehreren Faktoren.

2. Entscheiden Sie, wer Sie sein wollen und bleiben Sie dabei.
Geben Sie sich ein Profil und setzen Sie es auch durch – in Ihrer Produktpolitik und in
der Kommunikation. Machen Sie sich unverwechselbar. Die erfolgreichsten Firmen
haben ein eigenes Gesicht. Unterwerfen Sie jeden Text und jeden Entwurf zuerst der
Frage: Ist das unser Stil?

3. Nehmen Sie den Kunden als Freund und nehmen Sie ihn ernst.
Der Computer lässt uns hinter Codes und Konten den Kunden vergessen. Ihre Wer-
bung soll mit jeder Zeile spüren lassen, dass Ihnen vor allem daran gelegen ist, den
Kunden glücklich zu machen. Versäumen Sie keine Gelegenheit, Ihren Kunden per-
sönlich anzusprechen.

45
Kommunikationspolitik

4. Versprechen Sie nicht mehr, als Sie halten können.


Die vorteilhafte Produktpräsentation ist unabdingbar. Aber es ist leichter, die Leute ins
Theater zu locken, als sie darin zufrieden zu stellen. Lügen haben kurze Beine – ent-
täuschte Kunden kaufen nur einmal.

5. Seien Sie menschlich!


Nur die Post darf Direktwerbung als Massendrucksache ansehen. Ein Werbebrief ist
Ihr Statthalter. Er spricht zu einem Einzelnen. Gute Briefe sind persönlich, menschlich,
engagiert und deshalb überzeugend.

6. Machen Sie die Botschaft mundgerecht.


Niemand kann einen Kuchen auf einmal essen. Damit die Werbung als Ganzes ver-
standen wird, muss man sie in leichtverdauliche Häppchen teilen. Kurze Sätze in der
Umgangssprache sind wichtiger als literarische Aussprüche.
(KISS = Keep it short and simple)

7. Nutzen Sie fremde Erfahrungen.


Eigene Erfahrungen sind die teuersten. Wer die Fehler und Erfolge anderer beachtet,
zahlt weniger Lehrgeld.

8. Lassen Sie Andere für Sie sprechen.


Zufriedene Kunden sind mitteilsam. Sorgen Sie dafür, dass Andere es erfahren! Kun-
denbriefe bezeugen, was Sie nur behaupten. Sie sind glaubwürdiger als jeder Werbe-
text. Testimonials, Patente und Gutachten auf die Sie sich stützen können, sind Gold
wert.

9. Glauben Sie dem Kunden.


Er allein entscheidet, ob Ihre Werbung ankommt, nicht der Texter. Werbung ist gut,
wenn sie verkauft. Alles andere ist entweder Kunst oder nur teuer.

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Kommunikationspolitik

10. Never change a winning horse.


Ändern Sie nichts, was sich bewährt hat. Solange das Werbemittel erfolgreich ist, soll-
ten Sie es auf keinen Fall wesentlich verändern. Es sei denn, Sie sichern sich durch
Tests ab.

11. Testen Sie!


Erfahrung lässt sich am sichersten im Test gewinnen. Testen kann man fast alles: Wer-
beaussagen, Farben, Falz, Format, Preis, Produkt und Zielgruppe. Minimale Abwei-
chungen im Ergebnis können zufällig sein. Und vor allem: Testen Sie nicht alles zur
gleichen Zeit und vergessen Sie nicht das Verkaufen. Direktwerbung ist ein kommuni-
katives Medium, keine mathematische Disziplin.

12. Nehmen Sie sich Zeit.


Die weitaus meisten Werbeaktionen entstehen unter Zeitdruck. Man versteht, dass Li-
thos, Auflagendruck und Postversand nicht in weniger als drei Wochen zu haben sind.
Gute Ideen kommen nicht auf Kommando.

3.3.5 Zielgruppen bzw. Adressen

Grundsätzlich ist zwischen dem Adressenmaterial, das firmenintern und dem, das extern
am Markt verfügbar bzw. zugekauft werden kann, zu unterscheiden. Von der Direkt Mar-
keting- Konzeption hängt es ab, welche potentiellen Kunden in welchen Häufigkeiten und
Zeiträumen angeschrieben werden sollen.

Im B2B-Bereich können Adressen über namhafte Verlage bezogen werden. Eine weitere
Quelle ist die Wirtschaftskammer.

Im B2C-Bereich liegen oft Adressen von Kunden im Unternehmen auf, können von Institu-
ten oder z.B. von Versandhandelsunternehmen angekauft werden.

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Kommunikationspolitik

3.4 Weitere Werbemittel

3.4.1 Prospekt

Das Prospekt unterscheidet sich vom Werbebrief oder von einem Folder bzw. Flyer durch
seine Informationsdichte.

Aus unterschiedlichen Marktforschungsstudien zeigt sich, dass der Kunde von einem
Prospekt bzw. von einem Produktkatalog sehr wohl mehrere Informationen über die An-
gebotsform erwartet. Bei technischen Produkten sollten die Features in eigens dafür vorge-
sehenen technischen Tabellen präsentiert werden.

Insgesamt soll jedoch auch bei der Prospektgestaltung ein Information-Overload vermie-
den werden. Der Einsatz von Bildern bzw. von grafischen Darstellungen ist zielführend.

Die Verteilung an die Konsumenten erfolgt über Verteilerfirmen, Post oder als Zeitungsbei-
lage. Bei einer Zeitungsbeilage ist in Österreich die häufig vereinbarte Branchenexklusivi-
tät am Beilagetag zu berücksichtigen, weshalb ein längerfristiger Reservierungsvorlauf in
manchen Branchen erforderlich ist.

3.4.2 Empfehlungsmarketing

Grundsätzlich gibt es die Erfahrung, dass Mundpropaganda noch immer die beste Wer-
bung ist. Viele Firmen arbeiten höchst erfolgreich damit, dass sie von zufriedenen Kunden
weiterempfohlen werden.

Bei manchen Unternehmen erhalten der Empfehler – bei manchen die Neukunden – bei
manchen Beide einen Vorteil/Bonus/etc. Dies kann bis zu 5% der Auftragssumme bei
einer nachgewiesenen Vermittlung eines Auftrages betragen. Der begeisterte/zufriedene
Kunde wird somit zum Botschafter und Akquisiteur des Unternehmens.

48
Kommunikationspolitik

3.4.3 Das Werbegeschenk

Je individueller, phantasiereicher und anwendbarer Werbegeschenke sind, desto wir-


kungsvoller sind sie. Die zeitlich antizyklische Verteilung von solchen „Give Aways“ kann
durchaus Sinn machen.

3.4.4 Videos

Damit lassen sich komplizierte Vorgänge oder auch eine Unternehmenspräsentation ver-
ständlich und anschaulich darstellen.

3.4.5 Das Schaufenster

Ist das Hauptwerbemittel des Einzelhandels. Seine Stärke liegt darin, dass es die zum Kauf
angebotenen Waren vor den Augen des Publikums darbietet, ohne dass ein Betreten des
Ladens notwendig ist.

Eine wesentliche Rolle spielen hier Dekoration, Beleuchtung, Fassade, Eingangszone, das
gesamte äußere Erscheinungsbild und natürlich der Standort.

49
Kommunikationspolitik

4 CORPORATE IDENTITY

Corporate Identity steht für die Persönlichkeit bzw. das Selbstbild einer Unternehmung. Es
ist der Ausdruck für das gezielte Bemühen der Unternehmensleitung, alle Verhaltenswei-
sen und Kommunikationen des Unternehmens unter ein einheitliches Konzept zu stellen.
Sie findet ihren Ausdruck in drei Komponenten:
• Unternehmenserscheinungsbild bzw. Corporate Design
• Unternehmenskommunikation bzw. Corporate Communication
• Unternehmensverhalten bzw. Corporate Behavior

Corporate Design
Als Corporate Design (CD) wird die Schaffung eines optisch einheitlichen Erscheinungs-
bildes bezeichnet. Einige Unternehmen investieren große Summen in ihr Erscheinungs-
bild.

Der wesentliche Bestandteil des CD ist das Firmenzeichen in seiner farblichen und typo-
grafischen Gestaltung. Das Firmenzeichen (Logo) bildet die Basis für die einheitliche Ge-
staltung der Geschäftspapiere, Kommunikationsmittel, Fahrzeugbeschriftung und der
Dienstbekleidung und nicht zuletzt der Informations- und Messestände sowie der Ge-
schäftsräume, sei es ein Ladenlokal oder eben ein Büroraum.

Für die einheitliche Darstellung muss ein Gestaltungssystem mit klaren Regeln für alle
relevanten Bereiche, die sich mittelbar und unmittelbar auf das Corporate Design bezie-
hen, erarbeitet werden. Diese Regeln werden in CD-Handbüchern festgelegt. Die verbind-
liche Einhaltung der CD-Richtlinien muss von den verantwortlichen Stellen innerhalb des
Unternehmens oder der Unternehmensgruppe gewährleistet werden. Die CD-Handbücher
bilden ein zentrales Nachschlagewerk. Ihnen liegen Schrift- und Farbmuster sowie Druck-,
Layout- und Reprovorlagen für Firmenzeichen, Dokumentationen und Beschriftungen bei.
Die CD-Handbücher enthalten Vorgaben für alle Bereiche, die einen direkten oder indi-
rekten Einfluss auf das Unternehmensimage haben. Darunter versteht man auch die archi-
tektonische Gestaltung aller Gebäude.

50
Kommunikationspolitik

Corporate Communication
Im Marketing wird die in- und externe Kommunikationskultur dem CI-Teilbereich Corpo-
rate Communication (CC) zugeordnet. Corporate Communication verfolgt das Ziel, die
Einstellung der Öffentlichkeit im Sinne des Unternehmens zu steuern.
Gemeint ist damit auch die aktive Kommunikation zwischen Auftraggeber und Unterneh-
men. Der Kunde muss optimal über Angebot, Leistung und Stärken des Unternehmens
informiert sein.

Corporate Behavior
Unter Corporate Behavior (CB) wird im Wesentlichen die Kultur, die Verhaltensweisen,
die Einstellungen etc. des Systems „Unternehmen“ verstanden. Diese Kultur betrifft sowohl
das Agieren im Unternehmen als auch mit den entsprechenden Marktpartnern (Lieferan-
ten, Kunden, Behörden etc.).

Corporate Design, Corporate Communication und Corporate Behavior ergeben in Sum-


me die Corporate Identity und sind nur in ihrer Gesamtheit wirksam. Sie erst geben dem
Unternehmen ein Gesicht. Ein Gesicht, das sich einprägt und unverwechselbar wird. Der
Erfolg namhafter Unternehmen aus verschiedenen Branchen zeigt, wie das konsequente
Umsetzen einer zeitgemäßen Corporate Identity den Unternehmenserfolg maßgeblich
beeinflussen kann.

Image
Unter Image wird das Bild des Unternehmens verstanden, dass sich in den Köpfen der
Kunden gebildet hat, das bedeutet, man muss sich das Image verdienen. Ebenfalls versteht
man darunter das Bild, das sich alle Marktpartner des Unternehmens gebildet haben.
Mittels einer Marktforschung kann dies erhoben werden und sollte je nach Branche alle
zwei bis fünf Jahre erhoben und überprüft werden, um Fehlentwicklungen gegensteuern
zu können. Deutliche Veränderungen des Images bedeuten meist auch eine Veränderung
des Corporate Design.

51
Kommunikationspolitik

5 VERKAUFSFÖRDERUNG

Die Verkaufsförderung umfasst alle Maßnahmen zur Unterstützung und positiven Beein-
flussung von Außendienstmitarbeitern und Händlern, sowie eine gezielte Ansprache des
Verbrauchers über/durch den Handel.

Die Verkaufsförderung hat demnach zwei Hauptaufgaben:

1. Eine wirksame Unterstützung der herstellereigenen Verkaufsorganisation und


„Hineinverkauf“ in den Handel.
2. Das Unterstützen des Handels im „Hinausverkauf“ an den Endkunden.

Die Verkaufsförderung kann allgemein in drei Gruppen eingeteilt werden:

• Konsumorientierte Verkaufsförderung
• Verkaufspersonalorientierte Verkaufsförderung
• Handelsorientierte Verkaufsförderung

Unter Verkaufsförderung, auch Sales Promotion genannt, versteht man alle Maßnahmen,
welche Absatzbemühungen der eigenen Verkaufsorgane und des Handels unterstützen,
indem sie neben den propagierten Produkteigenschaften zusätzliche Kaufanreize auslösen
sollen. Die verkaufsfördernden Maßnahmen, die hier in Betracht kommen, werden nach-
folgend in einer katalogartigen Aufzählung angeführt, die keinen Anspruch auf Vollstän-
digkeit erhebt:

52
Kommunikationspolitik

Maßnahmen der Verkaufsförderung sind:


1. Personal Selling
• Schulung des herstellereigenen Außendienstes
• Unterweisung der Wiederverkäufer (Verkäufer-Seminare, Symposien)

2. Merchandising
• Information des Kunden durch den Kontakt mit dem Produkt selbst (größte Bedeu-
tung im Konsumgüterbereich). Regalpflege, massive Präsentation der Waren
• Wirkungseffekte (Display), Dekoration
• Kostproben (Degustationen)

3. Verkaufstätigkeit bei den eigenen Abnehmern unterstützen, d. h. indirekt den eigenen


Absatz fördern.

3. Push- und Pull-Strategie


Hersteller sorgt für entsprechende Bevorratung bei den Wiederverkäufern (push) und
für eine entsprechende Nachfrage (pull) durch aktive Kundenbewerbung, z.B. Coca
Cola Weihnachtspromotion (Sonderverpackung und -rabatt für den Handel und Pro-
motions [St. Claus-Truck] / Medienwerbung für Endkonsumenten).

Alle Maßnahmen, die darauf abzielen, diese Sogwirkung durch den Verbraucher aus-
zulösen, werden unter dem Begriff der Verkaufsförderung oder „Sales Promotion“ zu-
sammengefasst.

53
Kommunikationspolitik

Beispiele für konsumorientierte Verkaufsförderung


• Kostenlose Proben: Angebot an den Verbraucher, das Produkt kostenlos zu probieren
• Gutschein bzw. Coupon: Bescheinigung, die dem Besitzer einen bestimmten Kaufvor-
teil garantieren
• Rückerstattungsangebote: Rücknahme des Produkts und/oder Erstattung des vollen
oder teilweisen Preises bei Unzufriedenheit des Käufers – auch nach einmaligem Ge-
brauch, z.B. Intersport: Umtauschrecht nach Probefahrt bei Ski
• Preisreduktion und Sonderpreise: Senkung des „normalen“ Preises um einen bestimm-
ten Betrag
• Prämien: Angebot einer Kaufvergünstigung für ein anderes, zusätzliches Produkt,
z.B. Kauf 3, Zahl 2
• Preisausschreiben: Mögliche Teilnahme an Verlosungen, Spielen oder sonstigen
Wettbewerben mit Aussicht auf Gewinn
• Sammelmarken: Eine Art Prämie in Abhängigkeit vom Wert der gekauften Produkte,
die ab einer bestimmten Höhe in Geld oder gegen zur Wahl stehende Waren einge-
tauscht werden, z.B. BILLA-Treuepunkte, SPAR-Rabattmarken
• Vorführungen: Demonstration der Produktverwendung im Einzelhandelsgeschäft oder
im Einkaufszentrum

Hier spricht man auch von einer POS- oder POP-Philosophie. Speziell im Einzelhandel ist
es wichtig, immer daran zu denken, dass ca. 20% der Kunden 80% des Umsatzes bringen.
Die Wichtigkeit wird dadurch unterstrichen, dass etwa 80% der Kaufentscheidungen erst
im Geschäft getroffen werden, ca. 27% der Lebensmittelkäufer eine ungefähre Einkaufs-
planung (Zettel mit Produkten ohne Marke/Qualität) haben und 53% eine spontane Kau-
fentscheidung treffen (Quelle: Nestle-Untersuchungen 2005, 2010).

54
Kommunikationspolitik

Beispiele für verkaufspersonalorientierte Verkaufsförderung


• Außendienstwettbewerbe: Bei Erreichen vorgegebener Umsätze/Abschlüsse können
Sachpreise/Reisen/etc. zusätzlich zur Entlohnung erhalten werden, z.B. die 200 Mitar-
beiter eines Finanzdienstleisters mit den höchsten Steigerungsraten des Umsatzes im
Vergleich zum Vorjahr nahmen an einem 2-wöchigen Urlaub auf den Malediven teil.
• Bonus: Zusätzliche finanzielle Vergütung bei außergewöhnlichen Leistungen für jeden
Außendienstmitarbeiter
• Verkaufstreffen: Erfahrungsaustausch, Information und Schulung des Außendienstes
• Verkaufsunterlagen und Verkaufshandbücher: Umfassendes und leicht umsetzbares
Informations- und Argumentationsmaterial, das außer produktspezifischen Daten auch
Hinweise auf die Verwendung von Produkten enthält

Beispiele für handelsorientierte Verkaufsförderung


• Kaufnachlass: Zeitlich begrenztes Angebot für den Einkauf zu reduzierten Preisen
• Umsatznachlass: Vergütung für die Umschlagsgeschwindigkeit lagernder Produkte
• Wiederkaufnachlass: Reduzierung der Summe beim zweiten Einkauf, wenn vorher ein
Abschluss aufgrund einer Förderungsmaßnahme erfolgte
• Kostenlose Güter: Zusätzliche Produkte werden ab einer bestimmten Einkaufsmenge
an Stelle von Preisnachlässen angeboten, sog. Naturalrabatt
• Kooperative Werbung: Gewährung eines Werbenachlasses je Einkaufseinheit bzw.
eines Werbekostenzuschusses seitens des Herstellers, für dessen Gegenwert der Händ-
ler lokale Werbung (z.B. Inserat, Abbildung in Händlerprospekt) macht, oder Bereit-
stellung von Werbe- und Informationsmaterial

55
Kommunikationspolitik

6 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Beschreiben Sie die Wahrnehmungswirkung der Werbung?
2. Was ist die AIDA-Regel?
3. Beschreiben Sie die Instrumente der „klassischen“ Werbung.
4. Welche Aspekte sind bei der Werbegestaltung zu berücksichtigen?
5. Welche Werbemittel und Werbeträger kennen Sie?
6. Welche Instrumente der Print-Werbung kennen Sie?
7. Welche Punkte sind bei einer Werbekonzeption und bei einem Werbebriefing zu
berücksichtigen?
8. Was ist Direkt Marketing?
9. Beschreiben Sie die Abkürzungen PR, CD, CB, CC und CI.
10. Welche Instrumente der Verkaufsförderung kennen Sie?

Literaturtipps
Bruhn, M.: Kommunikationspolitik, 9. Auflage, 2018
Bruhn, M.: Marketing, Grundlagen für Studium und Praxis, 13. Auflage, 2016
Bruhn, M.: Relationship Marketing, Das Management von Kundenbeziehungen, 5. Aufla-
ge, 2016
Bruhn, M. / Homburg, C.: Handbuch Kundenbindungsmanagement, Strategien und In-
strumente für ein erfolgreiches CRM, 9. Auflage, 2017
Dallmer, H.: Das Handbuch Direct Marketing & More, 8. Auflage, 2012
Esch, F.-R.: Strategie und Technik der Markenführung, 9. Auflage, 2017
Häusel, H. G.: Brain View, 4. Auflage, 2016
Holland, H.: Dialogmarketing, Offline- und Online-Marketing, Mobile- und Social Media-
Marketing, 4. Auflage, 2016
Kotler, P. / Armstrong, G. / Harris, L. C. / Piercy, N.: Grundlagen des Marketing, 6. Aufla-
ge, 2016
Pepels, W.: Professionelles Marketing, Von den Grundlagen bis zum Marketingplan, 2013
Poth, L. G. / Poth, G. S. / Pradel, M.: Gabler Kompakt-Lexikon Marketing, 2008
Scheier, C. / Held, D.: Wie Werbung wirkt, Erkenntnisse aus dem Neuromarketing,
3. Auflage, 2018
Springer Fachmedien Wiesbaden: Kompakt-Lexikon Marketingpraxis, 2013

56
Kommunikationspolitik

Vögele, S.: Dialogmethode, Das Verkaufsgespräch per Brief und Antwortkarte, 2002
Weis, H. C.: Marketing, 17. Auflage, 2015
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, Fundamente für die marktorientierte Unterneh-
mensführung, 8. Auflage, 2013

57
Kommunikationspolitik

Notizen

58
Marketing-Lehrgang
Distributionspolitik
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. Alfred Löscher, MBA (2018)
Distributionspolitik

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Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Distributionspolitik

Inhalt Seite

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE ................................................................ 5

2 ZIELE DER DISTRIBUTIONSPOLITIK.................................................... 6

3 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ ................................................ 6

3.1 WAHL DER DISTRIBUTION


- EINE STRATEGISCHE MARKETINGENTSCHEIDUNG ............................... 6
3.2 ABSATZWEGE ............................................................................................ 7
3.3 UNTERNEHMENSEIGENE ABSATZORGANE ............................................ 10
3.3.1 REISENDE ................................................................................................. 10
3.3.2 MITGLIEDER DER GESCHÄFTSLEITUNG .................................................. 10
3.3.3 VERKAUFSNIEDERLASSUNG ................................................................... 11
3.4 UNTERNEHMENSEXTERNE ABSATZORGANE ......................................... 12
3.4.1 HANDELSVERTRETER ............................................................................... 12
3.4.2 KOMMISSIONÄR ...................................................................................... 13
3.5 FRANCHISING ......................................................................................... 13
3.6 AKQUISITIONS- UND SELEKTIONSANSÄTZE .......................................... 15
3.7 PERSÖNLICHER VERKAUF ....................................................................... 17
3.8 VERTRIEBSPOLITIK ................................................................................... 19
3.8.1 DIE KOOPERATION DER MARKETING- UND VERTRIEBSLEITUNG ......... 19
3.8.2 INSTRUMENTARIUM DER AUßENDIENSTSTEUERUNG .......................... 19
3.8.3 DIE ENTLOHNUNGS- UND ANREIZPOLITIK IM AUßENDIENST ............. 22
3.8.4 HAUPTFEHLER UND SCHWÄCHEN VIELER VERKÄUFER ........................ 22
3.9 TELEFONVERKAUF ................................................................................... 23
3.10 MESSEN .................................................................................................... 24

3
Distributionspolitik

4 MARKETING-LOGISTIK ...................................................................... 25

4.1 EIGEN- ODER FREMDLAGER ................................................................... 26


4.2 EIGEN- ODER FREMDTRANSPORT .......................................................... 27
4.3 STANDORT .............................................................................................. 27

5 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS ................................... 28

4
Distributionspolitik

1 ENTSCHEIDUNGSBEREICHE

Die Distributionspolitik beschäftigt sich mit allen Entscheidungen, die im Zusammenhang


mit dem Weg eines Produktes oder einer Leistung vom Produzenten zum Endverbraucher
oder Verwender gefällt werden müssen.

Distributionspolitik

Hauptaufgaben der Distributionspolitik sind die Bestimmung und Gestaltung der:

• Absatzwege, d.h. auf welchem Weg sollen die Produkte vom Hersteller zum Verwen-
der oder Verbraucher gelangen?
• Absatzform
• Physische Verteilung, d.h. Logistik: also Lagerhaltung, Transport, Lieferservice sind
zentrale Fragestellungen. Dabei ist sicherzustellen, dass die angebotenen Produkte
bzw. Leistungen zur richtigen Zeit, im richtigen Zustand, in der erforderlichen Menge
und zu optimalen Kosten dem Abnehmer bzw. Verwender zur Verfügung stehen.

5
Distributionspolitik

2 ZIELE DER DISTRIBUTIONSPOLITIK

Wie bei den anderen absatzpolitischen Instrumenten sind im Hinblick auf die Unterneh-
mens- und Marketingziele strategische und operationale Zielsetzungen zu formulieren.

Folgende Fragestellungen sind von Bedeutung:


• Welcher Umsatz soll im definierten Markt erreicht werden?
• Wie hoch wurde der Marktanteil definiert?
• Welcher numerische Distributionsgrad soll erzielt werden?
• In welcher Höhe wurde die gewichtete Distribution vereinbart?
• Ist das Image des Absatzkanals produktiv oder kontraproduktiv?
• Inwieweit ist der jeweilige Distributionskanal kooperationsbereit oder nicht?
• Welche Aufbaudauer ist für den einzelnen Distributionskanal einzuplanen?
• Wie flexibel ist der Absatzmittler?
• etc.

3 INSTRUMENTE UND DEREN EINSATZ

3.1 Wahl der Distribution


- eine strategische Marketingentscheidung

Das Marketing eines Unternehmens wird stark von der Distributionsentscheidung beein-
flusst – auch wenn diese häufig erst zu einem späten Zeitpunkt bearbeitet werde, denn:
• durch die distributionspolitischen Entscheidungen bindet sich das Unternehmen für
längere Zeit gegenüber ihren Abnehmern;
• die gewählte Distributionspolitik bestimmt im hohen Maße das Erscheinungsbild des
Unternehmens bei den Kunden.

6
Distributionspolitik

Hat sich z. B. eine Unternehmung dafür entschieden, ihre Produkte an den Endabnehmer
direkt weiterzuverkaufen, so kann eine kurzfristige Umstellung der Distribution auf Groß-
händ- ler oder Einzelhändler nicht stattfinden. Die Interessenskonflikte sind vorprogram-
miert.

Die Distribution erfordert daher besonders intensive Überlegungen und viel Sorgfalt. Vor
allem auch deshalb, weil die Distributionskosten z. B. bei Nahrungsmittel bis zu 35 %
und mehr (z. B. wird Milch in Österreich durchschnittlich 450 km zwischen Erzeugung
und Konsumation transportiert) des Endpreises betragen können. Bei anderen Gütern z. B.
Maschinen liegen die Logistikkosten oft unter 10 %. Vergessen darf dabei auch nicht auf
die Kosten des Vertriebes (z. B. Außendienstmitarbeiter) werden.

Oftmals ist es durch staatliche Förderungen für ein Unternehmen günstiger im Ausland zu
produzieren oder einzelne Produktionsschritte in unterschiedlichen Ländern anzusiedeln
(Kartoffeln aus dem Waldviertel werden in Italien gewaschen, in Holland zu Pommes ver-
arbeitet und in Österreich verkauft).

3.2 Absatzwege

Mit der Festlegung des Absatzweges, d.h. der Art und Zahl von Absatzmittlern, die ein
Produkt vom Hersteller bis zum Endabnehmer durchläuft, wird – wie bereits erwähnt -
eine Entscheidung getroffen, die kurzfristig nur schwer zu ändern ist.

Aus der Vielzahl der möglichen Absatzwege sind für den Hersteller im Prinzip folgende
Absatzwege grundsätzlich denkbar, wobei die spezifischen Gegebenheiten zu berücksich-
tigen sind:

7
Distributionspolitik

Abb. 68: Absatzwege für Konsum-, Gebrauchs- und Investitionsgüter

Bei der endgültigen Auswahl der Absatzwege sind u.a. folgende Kriterien zu berück-
sichtigen:
• Umfang und Art des Verkaufsprogrammes
Der Umfang und die Art des Verkaufsprogrammes eines Unternehmens sind oft ent-
scheidend für den einzuschlagenden Absatzweg. Je nach Zielsetzung des Unterneh-
mens ist durch das Verkaufsprogramm auch die Frage des intensiven, selektiven oder
exklusiven Vertriebs zu klären.
Beispiele aus der Praxis zeigen, dass es bestimmten Unternehmen, wie z. B. Master-
foods distributionsmäßig zu wenig ist, mit ihren Markenprodukten wie Mars, Bounty
etc. „nur“ im Lebensmittelhandel präsent zu sein. Eine Distributionserweiterung er-
folgt durch den Verkauf der Produkte über Tankstellen, Rasthäuser, Kinobuffets u.a.m.
Andere Unternehmen wählen wiederum ganz bewusst den selektiven oder exklusiven
Vertrieb.
• Größe des Unternehmens
Die Größe eines Unternehmens, die in der Regel auch mit den Angebotsmengen und
der Finanzkraft in engem Zusammenhang steht, ist ein weiterer Parameter, der be-

8
Distributionspolitik

rücksichtigt werden soll. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Handels-


konzentration, wie auch strategische Allianzen in Produktion, Vertrieb etc. zu sehen.
• Konkurrenzsituation
Als Kriterien sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Anzahl der Mitbewer-
ber und ihre Marktbedeutung, die Art der Konkurrenzprodukte und die Angebotsmo-
dalitäten zu nennen. Die jeweilige Konkurrenzsituation auf dem Markt kann sowohl
dazu führen, dass neben eingeführten Absatzwegen, die weiter benutzt werden müs-
sen, auch neue Absatzwege gesucht werden.
• Anzahl und Struktur der Abnehmer
Die Anzahl und Struktur der Abnehmer ist eine wesentliche Bestimmungsgröße des
Absatzweges. So fordert eine große Zahl von Nachfragern mit unterschiedlichem Ein-
kaufsrhythmus und z. B. geringerem Einkaufswert pro Kauf den indirekten Absatz. An-
dererseits begünstigt eine geringe Zahl von Nachfragern mit großem Einkaufswert pro
Kauf, große Einkaufshäufigkeit, den Direktabsatz. Sind die Abnehmer selbst Weiter-
verarbeiter oder ist die Zahl der Abnehmer sehr klein, so spricht dieser Umstand für
den Direktabsatz.
Weitere Kriterien sind die geographische Verteilung, die Einkaufsgewohnheiten bzw.
Listungsauflagen und Aufgeschlossenheit gegenüber Verkaufsmethoden.
• Kosten- bzw. Erlössituation
Die Kosten- bzw. Erlossituation muss stets bei jeder Entscheidung berücksichtigt wer-
den, so auch in der Distribution.
Werden nämlich Groß- und Einzelhandel in den Absatzweg eingeschaltet, so sinken
die Erlöse des Herstellers um die jeweiligen Handelsspannen. Dazu kommt noch, dass
der Hersteller - mit Ausnahme der preisgebundenen Produkte und vertraglichen Ver-
einbarungen (empfohlener Verkaufspreis) - keinen direkten Einfluss auf den Abgabe-
preis an die Konsumenten hat (Kartellgesetz!!).
Beim Direktabsatz an den Endverbraucher werden zwar in der Regel höhere Erlöse er-
zielt, die jedoch auch mit höheren Absatzkosten wie Außendienst-, Transport-, Lager-
kosten verbunden sind.
Letztlich muss jedes Unternehmen aufgrund der individuellen Situation sich für den jewei-
lig besten Absatzweg entscheiden.

9
Distributionspolitik

3.3 Unternehmenseigene Absatzorgane

3.3.1 Reisende

Der Reisende (Verkäufer im Außendienst) ist Angestellter eines Unternehmens. Juristisch


gesehen ist er Handlungsgehilfe. Inwieweit ein Reisender ein Unternehmen rechtlich ver-
treten kann, ist intern vertraglich im Einzelfall zu regeln.

Liegt eine Abschlussvollmacht vor, so kann er Geschäfte für sein Unternehmen abschlie-
ßen. Sofern keine Abschlussvollmacht vorliegt, können nur Geschäfte vermittelt und Be-
stellungen entgegengenommen werden. Der Vertragsabschluss kommt mit der Auftragsbe-
stätigung des Unternehmens zustande.

Zu den wesentlichen Aufgaben von Reisenden gehören:


• Die Kunden und Niederlassungen regelmäßig persönlich zu betreuen
• Sie über Neuheiten zu informieren
• Sie technisch und marketingmäßig zu beraten
• Ihre Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen
• Aufträge einzuholen
• Die Aktivitäten der Konkurrenz zu überwachen
• Serviceleistungen durchzuführen

Die Vergütung des Reisenden besteht in der Zahlung eines Fixums, zu dem noch Provisi-
onen und Prämien kommen können.

3.3.2 Mitglieder der Geschäftsleitung

Der Verkauf durch Mitglieder der Geschäftsleitung ist nicht selten in der Investitionsgüter-
industrie, in der Bekleidungsindustrie und in vielen Zulieferunternehmen anzutreffen.

10
Distributionspolitik

Oft bahnen auch noch bei kleinen Unternehmen, deren Kundenanzahl begrenzt ist, die
Inhaber die Geschäfte selbst an. Dies ist auch meist der Fall, wenn es sich um größere
Gegengeschäfte handelt.

Speziell im Industriegüterbereich findet man auch OEM (original equipment manufacto-


ring). Dabei werden Originalteile eines Markenherstellers in Produkte einer anderen Mar-
ke eingebaut ohne dort kenntlich gemacht zu werden. Bekanntes Beispiel ist ein BMW-
Dieselmotor in einen Ford.

3.3.3 Verkaufsniederlassung

Viele große Unternehmen haben Niederlassungen bzw. Verkaufsstellen aufgebaut, um


direkt die verschiedenen Abnehmer im In- und Ausland in der richtigen Form beraten und
ihre Produkte ohne Zwischenschaltung Dritter verkaufen zu können, zB. konnten H&M/
C&A/ etc. dadurch wesentliche Vorteile gegenüber dem traditionellen Textileinzelhandel
erlangen.

Vorteile:
• Weisungsgebundenheit
• Direkter Kontakt zu Abnehmern
• Berichtswesen
• Marktkenntnisse

Nachteile:
• Hohe Fixkosten
• Geringe Flexibilität

11
Distributionspolitik

3.4 Unternehmensexterne Absatzorgane

3.4.1 Handelsvertreter

Als Handelsvertreter wird ein selbständiger Gewerbetreibender bezeichnet, der ständig


damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen
Namen abzuschließen.

Seine Selbständigkeit erstreckt sich im Wesentlichen auf die freie Gestaltung seiner Tätig-
keit, sowie seiner Arbeitszeit, sofern vertraglich keine anderen Vereinbarungen getroffen
wurden.

Der Handelsvertreter übt verschiedene ähnliche Funktionen, wie Kontakt- und Informa-
tionsfunktion usw., für das von ihm vertretene Unternehmen aus.

Vorteile:
• Verursacht nur variable Kosten
• Verfügt üblicherweise über bestehende Geschäftsverbindungen
• Ist selbständiger Unternehmer und damit verantwortungs- und kostenbewusst sowie
ergebnisorientiert.

Nachteile:
• Geringe Einflussmöglichkeit
• Ist nicht weisungsgebunden
• Geringer Informationsaustausch

12
Distributionspolitik

3.4.2 Kommissionär

Der Kommissionär unterscheidet sich dadurch vom Handelsvertreter, dass er als selbstän-
diger Gewerbetreibender im eigenen Namen für Rechnung seines Auftraggebers handelt.
Für diesen kauft und verkauft er Waren und Wertpapiere, ohne dass die Objekte in sein
Eigentum übergehen.

Als Vergütung erhält er eine umsatzabhängige Provision. Insgesamt ist diese Form von
stark abnehmender Bedeutung, da sie einer aktiven Marktgestaltung hinderlich ist. Diese
Form trifft man nur mehr selten an, z. B. im Bereich Spedition, an der Börse

3.5 Franchising

Franchising ist ein aus den USA stammendes Absatzsystem, das seit Ende der sechziger
Jahre in Europa Fuß gefasst hat und zunehmend an Bedeutung gewinnt. Franchising ist ein
Sonderfall der exklusiven Marktbedienung. Das Franchising ist dadurch gekennzeichnet,
dass ein Hersteller ein Produkt, einschließlich Marktstrategie, entwickelt, das Ausbeu-
tungsrecht, in der Regel Produktion und Vertrieb, an selbständige Unternehmen vergibt
(Lizenz), die auf regional getrennten Märkten operieren. Diese Sondervertriebsform ist
meistens im Einzelhandel anzutreffen.
Franchising ist in einer Vielzahl von Ausgestaltungen möglich. Die gebräuchlichste Vari-
ante ist das Betriebsfranchising. Dabei überträgt der Franchisegeber dem Franchisenehmer
den Vertrieb seiner Produkte oder Dienstleistungen unter Verwendung eines gemeinsamen
CI:
• gemeinsamen Warenzeichens
• gemeinsamen Symbols
• gemeinsamen Namens
• gemeinsamer Marke
• gleichartige Ausgestaltung der Verkaufsräume
• etc.

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Distributionspolitik

Außenstehenden Dritten erscheint der Betrieb des Franchisenehmers im Prinzip wie eine
Filiale des Franchisegebers.

Der Franchisegeber verpflichtet sich, die für den Absatz der Waren oder Dienstleistungen
erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Betriebsgeheimnisse, das so genannte know-
how, dem Franchisenehmer zu vermitteln, ihn zu beraten und zu unterstützen.
Dafür zahlt der Franchisenehmer eine Vergütung, die meistens in Prozent vom Umsatz (10
– 25 %) festgelegt wird. Zusätzlich sind häufig Vergütungen für die gemeinsame Werbung
(bis zu 10 %), etc. Teil der Vereinbarung. Oft wird mit dem Abschluss des Vertrages die
Zahlung einer einmaligen Abschlussgebühr fällig.

Das Franchisesystem bietet sowohl dem Franchisegeber als auch dem Franchisenehmer
Vorteile.
Vorteile für den Franchisegeber
• Schnellere Expansion
• Vermeidung von hohen Fixkosten
• Kontrollmöglichkeiten des Absatzsystems
• Kein Konkursrisiko
• Keine Haftung für Schulden des Franchisenehmers
• Umsatzabhängige Einnahmen
Vorteile für den Franchisenehmer
• Weitgehende Selbständigkeit im Rahmen des Vertrages
• Unterstützung und Beratung in der Betriebsführung
• Vorteile aus dem Image des Franchisegebers
• Abzuführende Gebühren sind variable Kosten

Ein Franchisesystem geht über ein Lizenzsystem hinaus, weil es ein bestimmtes Vertriebs-
system in allen Einzelheiten beinhaltet. 1992 wurde der Ehrenkodex des Österreichischen
Franchiseverbandes in Wien beschlossen und in Abstimmung mit der EU-Kommission in
Brüssel erarbeitet.

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Distributionspolitik

Darin sind beispielsweise folgende Inhalte geregelt:


• Begriffsdefinition des Franchisings
• Leitsätze
• Pflichten des Franchisegebers
• Pflichten des einzelnen Franchisenehmers
• Partnerwerbung und -gewinnung
• Auswahl der einzelnen Franchisenehmer
• Franchisevertrag
• Verhaltenskodex
• Ergänzende Bestimmungen

Bekannte internationale Beispiele für Franchising sind: Coca Cola, McDonalds, Body
Shop, Jet-Tankstellen, Jones, Benetton, Pizza Mann

3.6 Akquisitions- und Selektionsansätze

Für den Produzenten ist der Hineinverkauf, das „sell-in", der erste wichtige Schritt. Jedoch
erwartet der Handel von der Industrie, dass sich der Produzent gleichermaßen um den
Hinausverkauf bemüht. Die Pull-Push-Methode (siehe auch Kapitel 8.5) zeigt dieses Spekt-
rum auf.

• Pull-Methode
Bei der Pull-Methode versucht der Hersteller, das abzusetzende Produkt durch eine
massive, direkt an den Bedarfsträger gerichtete, Kommunikationspolitik nachfragen zu
lassen. Über Werbung und Verbraucher-Promotions wird die Nachfrage aktiviert. Die
stimulierende Nachfrage soll das Interesse des Handels zusätzlich wecken und
schließlich einen „Quasizwang“ zur Aufnahme des Produktes in das Sortiment schaf-
fen. Dieses Vorgehen kann sehr zielführend sein, ist aber mit hohen Marketing-
Vorinvestitionen verbunden.

15
Distributionspolitik

• Push-Methode
Kennzeichen der Push-Methode ist das Bemühen, die betreffende Ware durch Maß-
nahmen der handelsorientierten Verkaufsförderung und durch Gewährung günstiger
Konditionen in die Absatzkanäle hineinzuverkaufen.
Zum Anreizkatalog kann eine Vielfalt von Serviceangeboten an den Handel gehören.
Der Handel seinerseits hat mit wachsender Marktbedeutung den Druck auf die Produ-
zenten verstärkt. Immer mehr Industriebetriebe übernehmen klassische Handelsteil-
funktionen, um die Listung zu schaffen, beispiels- weise durch den Einsatz von Mer-
chandisern, Regalbetreuern, etc.

• Kombination aus Pull und Push


Die Praxis hat gezeigt, dass eine überlegte Kombination aus der Pull-Push-Methode
die größte Wirkung zeigt.

Abb. 69: Push-Pull-Prinzip im Vertrieb

16
Distributionspolitik

3.7 Persönlicher Verkauf

In der Marketingliteratur wird der persönliche Verkauf einmal der Kommunikationspolitik,


ein andermal der Distribution zugeordnet.

Der persönliche Verkauf tritt in vielerlei Formen auf. Als Beispiele seien hier Verkaufsbe-
suche beim Kunden (Außendienstverkauf, auf organisierten Einladungen, Messeverkauf),
direkt im Einzelhandelsgeschäft, der Verkauf an den Endverbraucher, Beratung durch den
Verkäufer beim Großhandel (Wiederverkäufer), sowie Verkaufsverhandlungen auf Ma-
nagementebene genannt.

Abb. 70: Formen des persönlichen Verkaufs

Ziel des persönlichen Verkaufes ist es, durch Verkaufsgespräche einen Verkaufsabschluss
zu bewirken. Der persönliche Verkauf ist ein aktiver Vorgang zwischen mindestens zwei
Personen, Verkäufer und Käufer, dem ein Sender- Empfänger- Effekt zugrunde liegt.

Beim persönlichen Verkauf ist es von außerordentlicher Bedeutung, zwischen rationaler


und emotionaler Sender- und Empfänger-Beziehungsebene zu unterscheiden.

Im Durchschnitt über alle Branchen kann davon ausgegangen werden, dass etwa 20 %
des Verkaufsgespräches auf der rationalen Ebene und 80 % auf der emotionalen Bezie-
hungsebene geführt wird.

17
Distributionspolitik

Man verkauft
• keinen Obstsaft - sondern Gesundheit, Vitalitat, Jugendlichkeit;
• keine Bademoden - sondern das Gefühl, am Strand umworben zu werden;
• keine Bohrmaschine - sondern saubere Löcher in die Wand.

→ Unternehmen verkaufen kein Produkte, sondern ideale Lösungen für den Kunden!

Die Philosophie des kundenorientierten Verkaufens


Ein erfolgreicher Verkäufer ist in der Lage, sich primär in die Rolle des Käufers hineinzu-
denken. Folgende Schritte sind für ein kundenorientiertes Verhalten des Verkäufers not-
wendig:
• Welche Ziele hat mein potenzieller Käufer und wie kann ich ihm helfen, seine Ziele
zu erreichen?
• Der zweite Schritt heißt, welchen Nutzen kann der Verkäufer dem Kunden anbieten,
um seine Wunsche zu erfüllen?
• Daran anschließend werden Merkmale des anzubietenden Produktes präsentiert, die
den gewünschten Nutzen - abgestimmt auf Kundenziele - erfüllen helfen.

Um dieses kundenorientiertes Verkaufen in der Praxis umsetzen zu können, sind weiters


erforderlich:
• die Planung und Vorbereitung des Verkaufsgespräches
• die wesentlichen Kommunikationstechniken
• die Berücksichtigung der Phasen eines Verkaufsgespräches
• die taktische Führung eines Verkaufsgespräches
• der flexible Einsatz der Verkaufsinstrumente

18
Distributionspolitik

3.8 Vertriebspolitik

3.8.1 Die Kooperation der Marketing- und Vertriebsleitung

Eine effiziente Außendienststeuerung kann nur dann realisiert werden, wenn Marketing-
und Vertriebsleitung bei der gemeinsamen Marktanteils- und Verkaufszielsetzung offen
und produktiv zusammenarbeiten.

Das Marketing hat hier die Aufgabe, eine realistische Situationsdarlegung über Entwick-
lung der Märkte, der eigenen Leistungsfähigkeit (Produkt- bzw. Preispolitik, etc.) und die
der zu erwartenden Konkurrenz zu geben. Die für das Unternehmen notwendigen Markt-
anteilszielsetzungen und die finanzielle Ergebnisstrukturentwicklung sind der Verkaufslei-
tung zu präsentieren.
Die Verkaufsleitung hat von den Marketingzielen die Verkaufsteilziele abzuleiten und
über etwaige signifikante Soll/ Ist- Abweichungen bzw. Ressourcenengpässe zu berichten
oder für zusätzlich notwendige Marketingmaßnahmen in einen konstruktiven Dialog mit
der Marketingleitung einzutreten.

Ist diese Basis geschaffen, so ist erst die Voraussetzung für eine seriöse und systematische
Steuerung des Außendienstes gegeben.

3.8.2 Instrumentarium der Außendienststeuerung

Entwicklung der Verkaufsziele mengen- und wertmäßig


Abgeleitet vom Marktvolumen und dem angestrebten Marktanteil können von der Ver-
kaufsleitung nach einem Gebietsschlüssel die Gebietsverkaufsteilziele (unter Berücksichti-
gung der Kaufkraft) hochgerechnet werden. Nachfolgendes Beispiel soll dies verdeutli-
chen:

19
Distributionspolitik

Produkt- Marktvolumen Marktanteils- Verkaufsziel Verkaufs- Verkaufsziel


gruppe in Stück ziel in % in Stück preis in Euro
X 250.000 20 % 50.000 1.000,- 50.000.000,-

Region Marktanteil in % Verkaufsziel in Stück Verkaufsziel in Euro


Wien 33 % 16.500 16.500.000,-
Ost 14 % 7.500 7.500.000,-
Süd 17 % 8.500 8.500.000,-
OÖ und Salzburg 21 % 10.500 10.500.000,-
West 14 % 7.000 7.000.000,-
Österreich gesamt 100 % 50.000 50.000.000,-

Diese Art von Verkaufsplanung muss top-down geschehen, darf aber andererseits den Rei-
senden aus Motivationsüberlegungen nicht aufgezwungen werden.

Für das Geschäftsjahr soll parallel eine bottom-up-Planung von den einzelnen Reisenden
in Zusammenarbeit mit der Verkaufsleitung aus der Kundensicht (Was vertragt mein Kun-
de?) gemacht werden. Voraussetzung ist die Vorinformation der Marktentwicklungen und
der geplanten Marketingschwerpunktaktivitäten.

Um die Motivation der Reisenden hochzuhalten bzw. hochzubringen, ist es eine Schlüs-
selaufgabe der Verkaufsleitung, die top-down- und bottom-up-Planung auf einen gemein-
samen Nenner mit den Reisenden zu bringen, in der Form, dass sie das Gefühl einer ge-
meinsamen Zielvereinbarung und nicht eines Zielerlasses verspüren.

Voraussetzung dafür ist, dass die Reisenden einen kooperativen Führungsstil erfahren ha-
ben und nicht Jahre hindurch als Befehlsempfänger unter einem autoritären Verkaufsleiter
gearbeitet haben.

20
Distributionspolitik

Kundenstrukturanalyse und Kundenplanung


Mit Hilfe der ABC- Analyse soll jeder Reisende über die Gewichtung des einzelnen Kun-
den an seinem Verkaufsziel Bescheid wissen und davon die Besuchsfrequenz ableiten.
Die Verkaufsleitung soll hier österreichweit den Kundenstrukturüberblick haben und ge-
zielte Kundenforcierung bzw. -bremsung in Zusammenarbeit mit den Reisenden betrei-
ben.

Beispiel einer vereinfachten österreichweiten Kunden-ABC-Analyse


In dieser Analyse sollen durchschnittliche Umsätze und Deckungsbeitrage ebenso aufge-
reiht werden, wie die durchschnittlichen Kosten des Außendienstes pro Besuch gegen-
übergestellt werden.

Kundentyp Anzahl Besuchsfrequenz p. a.


A- Kunden 120 16 mal
B - Kunden 200 12 mal
C - Kunden 322 10 mal
D - Kunden 450 6 mal
Neukunden 80 12 mal

Kennziffern im Außendienst
Mögliche Verkaufstage eines Reisenden pro Jahr
Tage pa ...................................................................... 365
52 Wochenenden ....................................................... - 104
Gesetzliche Feiertage .................................................. - 12
Gesetzliche Urlaubstage ............................................. - 25
Sonderurlaub .............................................................. - 1
Krankheit .................................................................... - 7
Interne Besprechungen ............................................... - 16
Summe der möglichen Verkaufstage ........................... 200

21
Distributionspolitik

Ermittlung der Außendienstmitarbeiterzahl (ADMA)

Zahl der Kunden x Besuchsfrequenz


ADMA =
Tagesbesuchsrate x Zahl der Arbeitstage

3.8.3 Die Entlohnungs- und Anreizpolitik im Außendienst

Hier sind verschiedene Ansätze, wie Entlohnung durch Fixum, Umsatz- bzw. Deckungs-
beitragsprovision oder auch Prämie, in der Praxis üblich. In vielen Fällen wird eine Kom-
bination aus Fixum und Provision oder Prämie bezahlt. Zusätzlich werden Reisekostenent-
schädigungen durch km-Geld plus Diäten gezahlt.

Bezugnehmend auf die persönliche Motivation des Reisenden wird oft Geld als der
Hauptmotivator genannt. Erfolgreiche und aufgeschlossene Unternehmen gehen immer
öfter von Geldanreizen ab und suchen durch Incentives, die im nichtmonetären Bereich
liegen, die Arbeitslust zu erhöhen.

3.8.4 Hauptfehler und Schwächen vieler Verkäufer

• Mangelnde Zielsetzung
• Fehlender Erfolgswille
• Mangelnde Produktkenntnisse über die eigenen bzw. die Konkurrenz- Produkte
• Mangelhaftes Basiswissen
• Zuwenig analysieren, meiden der Verkaufsplanung
• Zuwenig Kunden-„Voraus"- Informationen sammeln
• Mangelnder Takt
• Keine Überraschung und Faszination bei der Gesprächseröffnung
• Fehlende Fakten für die Hauptpräsentationsphase
• Stellen den Kundennutzen nicht genügend heraus
• Können selten gut zuhören und gezielte Fragen stellen
• Kennen die Standardmethoden der Einwandbehandlung nicht

22
Distributionspolitik

• Kundenwünsche werden nicht entdeckt und geweckt


• Unpräzise und mangelnde Angebotsvorschläge
• Fehlende Kontroll- und Zustimmungsfragen
• Versagen leicht in der Abschlussfrage
• Bieten zuwenig Service- und Abverkaufshilfen an
• Keine gekonnte Verabschiedung
• Vor lauter Hektik zuwenig Überprüfung und Selbstkontrolle
• Setzen sich nur leicht zu erreichende Ziele

3.9 Telefonverkauf

Durch die stetig steigenden Kosten im Außendienst gehen immer mehr Unternehmen da-
zu über, mittels telefonischen Schwerpunktaktivitäten zu verkaufen oder Ihre C/D- Kunden
mit Direkt Marketing zu akquirieren. Neben den Vorteilen, wie rasche Erreichbarkeit einer
großen Kundengruppe, sprechen vorwiegend die vergleichsweise zum klassischen Au-
ßendienst geringen Kosten eine deutliche Sprache. In diesem Fall spricht man von out-
bound. Wen Kunden zur Bestellung anrufen bezeichnet man dies als inbound.

Die Erfahrungswerte mit dem Telefonverkauf weisen oftmals nur etwa 4 % der Kosten pro
Besuch eines klassischen Reisenden aus.

Kosten eines Kundenkontakts


Messe 150 € Brief 1,00 €
Außendienst 130 € SMS 0,06 €
Filiale 15 € E-Mail 0,02 €
Telefon 5 € Web 0,001 €

23
Distributionspolitik

3.10 Messen

Messen sind Veranstaltungen mit Marktcharakter, die ein umfassendes Angebot eines oder
mehrerer Wirtschaftszweige bieten.

Messen verursachen für den Unternehmer meist sehr beträchtliche Kosten. Dieses Instru-
ment ist aber, z. B. im Investitionsgüterbereich, das wichtigste Kommunikations-, Informa-
tions- und Verkaufsmedium. Je nach Branche und Marktstellung muss jedes Unternehmen
die Vor- und Nachteile von Teilnahmen an Messen selbst abwägen.

Aus Kostenüberlegungen versuchen Unternehmen verstärkt Hausmessen anzubieten, dies


aber mit unterschiedlichem Erfolg.

Entscheidet sich ein Unternehmen an einer Messe teilzunehmen, sind folgende wesentli-
che Punkte zu klären:
• Einladung der potenziellen Zielgruppen wie Kunden, Journalisten, etc.
• Größe des Messestandes und dessen Platzierung im Gelände.
• Kosten pro Quadratmeter für die Standmiete und Betriebskosten.
• Ausgestaltung des Messestandes (Präsentationsflächen, Kojen für Besprechungen, de-
korative Elemente, Beleuchtung, Präsentationsmittel usw.).
• Welche Produkte sollen ausgestellt werden und was sind davon die besonderen Mes-
seattraktivitäten?
• Kommerzielle Angebote, die möglicherweise nur auf der Messe gültig sind.
• Ausreichendes Informationsmaterial für die Besucher.
• Messewerbung, Bewirtungsprogramm und -modalitäten.
• Personaleinsatzplan unter besonderer Berücksichtigung, dass das Geschäft in der Fir-
ma weiter läuft.
• Motivation der Mitarbeiter (Spesenregelung, Überstundenvereinbarung etc.)
• Messeverantwortlichen nominieren.
• Zeitplan und Messebudget definieren.

24
Distributionspolitik

4 MARKETING-LOGISTIK

Bei der Marketing-Logistik geht es darum, dass die richtigen Produkte/ Leistungen, zur
richtigen Zeit, am schnellsten und kostengünstigsten Weg/ Transportmittel in der richtigen
Menge zum Kunden kommen.

Unter den Experten besteht die Überzeugung, dass in der Marketing-Logistik hohe Einspa-
rungsmöglichkeiten in den Unternehmen vorhanden sind.

Die Bedeutung einer gut funktionierenden Logistik für den Verkauf ist außerordentlich
groß. In vielen Fällen hängt die Erlangung eines Auftrages weniger von Qualität und
Preiswürdigkeit ab, sondern vielmehr von der Schnelligkeit, mit der Produkte geliefert
werden können.

Zentrale Aufgabe der Marketing-Logistik ist demnach, das richtige Produkt zur richtigen
Zeit und am richtigen Ort zu den optimalen Kosten verfügbar zu machen.

Im Handel versucht man durch geschlossene Warenwirtschaftssysteme die Lagerkosten


niedrig zu halten und die Lagerumschlagshäufigkeit zu erhöhen. Als Maßzahl dafür dient
die Lagerumschlaggeschwindigkeit (LUG), welche aus Gründen der Finanzierung mög-
lichst hoch gehalten werden soll.

Bedenkt man, dass bei langlebigen Konsumgütern der Handel eine Lagerumschlagshäufig-
keit von vier pro Jahr hat (z. B. Skitextilien ca. 0,8, Milch ca. 300), wird die Bedeutung der
Logistik klar. Durch immer kürzer werdende Produktlebenszyklen wird ein ausgeklügeltes
Logistik-System immer wichtiger.

In den letzten Jahren hat das outsourcing von Nicht- Kernleistungen deutlich zugenom-
men - darunter ist die Logistik häufig zu finden. Viele Speditionen haben ihr Leistungsan-
gebot um diese Bereiche erweitert (z. B. daily- Tiefkühllogistik, Haas [PEZ- Bonbons]).

25
Distributionspolitik

4.1 Eigen- oder Fremdlager

Mit der break-even-Analyse (siehe Kapitel 11.2) werden die Kosten von Eigen- und Fremd-
lager verglichen.

Weiters ist die Zahl der Lager unter dem Gesichtspunkt der Kosten zu optimieren.

Abb. 71: Distributionskosten und Anzahl der Lager

Eigenlager, wenn Fremdlager, wenn


Stabile Nachfrage Schwankende Nachfrage (z. B. saisonal)
Stark konzentrierte Märkte Verstreute/wechselnde Märkte
Hoher Lagerdurchsatz Wechselnde Transportmittel
Direkte Kontrolle erforderlich Produktneueinführungsphase
Spezialwissen/Ausrüstung zur Handhabung
Spezielle Produktbehandlung vor Auslieferung

26
Distributionspolitik

4.2 Eigen- oder Fremdtransport

Hierbei geht es um die Grundsatzentscheidung mit welchem Transportmittel die Produkte


zum Kunden/ Handel gelange. Auch hier setzt sich outsourcing im Sinne schlanker Unter-
nehmen immer mehr durch. Dabei ist vor allem die termingerechte Lieferung (daraus ab-
geleitet „Imageschäden“, Konventionalstrafen und ev. entfallen von Folgeaufträgen) neben
den Kosten zu überlegen.

Dabei bedient man sich ähnlicher Verfahren wie beim Vergleich Eigen- /Fremdlager. Eine
weitere wichtige Überlegung ist noch die Mindestauftrags-/Liefergröße.

4.3 Standort

Zu den wichtigsten Entscheidungen der Logistik gehört die Festlegung von Standorten von
Verkaufsniederlassungen/ Produktionsstätten. Dazu bedient man sich häufig externer Bera-
ter, die über entsprechendes Fachwissen verfügen. (z. B. Standort & Markt oder regioplan
in Österreich)

27
Distributionspolitik

5 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Beschreiben Sie, worum es im Bereich Vertriebspolitik grundsätzlich geht!
2. Was versteht man unter direktem bzw. indirektem Vertrieb? Was sind die Vor- und
Nachteile der jeweiligen Vertriebsart?
3. Nennen Sie Bespiele für den direkten Vertrieb und führen Sie jeweilige Vor- und
Nachteile an!
4. Nennen Sie Bespiele für den in-direkten Vertrieb und führen Sie jeweilige Vor- und
Nachteile an!
5. Was ist Franchising?
6. Welche Möglichkeiten der Kundenbewertung kennen Sie? Beschreiben Sie diese!

Literaturtipps
Kotler, Ph./ Armstrong, G./ Saunders, J./ Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 1997
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Schwarz, T.: Erfolgreiches Onlinemarketing, Planegg/München, 2008
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

28
Marketing-Lehrgang
Kommunikation, Verkauf
und Präsentation
Autor: Dr. Toni Monsberger (2018)
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Impressum:
Hersteller:
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(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen,


Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Marketing Lehrgang
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Mag. Dr. Toni Monsberger

Kommunikation und Verkauf


Verkauf ist eine besondere Kommunikationssituation.
Die besonderen Aufgaben hinsichtlich Kommunikation
sind dabei:

• eine „Beziehung“ zum Kunden aufzubauen


• herauszufinden, was der Kunde möchte
• den Kunden zeigen, dass unser Angebot als Lösung
passend sein kann
• einen Abschluss des Verkaufsgesprächs – mit oder
ohne Verkauf – zu machen

3
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Grundsätze der Kommunikation

• Der Mensch kann nicht


nicht kommunizieren!
• Jeder Mensch hört und
sieht subjektiv!
• Wahr ist nicht was der
Sender sagt, sondern
was der Empfänger
versteht!

Sender-Empfänger-Modell
Kommunikation ist das Senden und Empfangen von
Botschaften zwischen mindestens zwei Menschen.
Dies findet auf verbaler Ebene (Sachebene), wie
auch auf nicht-verbaler Ebene (Gefühls- bzw.
Beziehungsebene) statt. Der „Sender“ schickt
Botschaften aus, der „Empfänger“ reagiert darauf.

Botschaft

4
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Wahrnehmung
Wahrnehmung ist all das, was wir über unsere fünf
Sinne von der Umwelt in uns aufnehmen.
• sehen – über die Augen
• hören - über die Ohren
• riechen – über die Nase
• schmecken – über die Zunge
• tasten – über Hände (bzw. Körper)
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von
Kommunikationskanälen. Nicht alle Kanäle sind „gleich
geschärft“, d.h. für die Kommunikation sensibilisiert.

Aufnahme von Botschaften


Die aufgenommene Botschaft wird mit eigenen Werten
und Erfahrungen „vermischt“. Man kann auch sagen,
dass wir mit „verschiedenen Ohren hinhören“.

5
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Selbstwahrnehmung

mir bekannt mir unbekannt

Anderen
öffentliche Person Blinder Fleck
bekannt

Anderen Privatperson Unbewusstes


unbekannt

ICH-Botschaften
ICH-Botschaften führen zu einem entspannten Gesprächsklima.

DU‐Botschaft ICH‐Botschaft
„Musst du eigentlich immer „Ich ärgere mich, wenn man
dazwischenreden.“ mich unterbricht.“

„Dir kann man wirklich nichts „Mir ist es peinlich, wenn alle
anvertrauen.“ andere davon erfahren.“

„Mit dieser Hose machst du „Ich finde die Hose un-


dich lächerlich.“ passend. Damit würde ich
mich schämen.

6
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Fragetechniken
Offene Frage
Man kann sie NICHT mit Ja oder Nein beantworten. Es
gehört eine erklärende und erzählende Antwort dazu.

Geschlossene Frage
Man kann diese mit Ja oder Nein beantworten.

Suggestive (rhetorische) Frage


Diese hat einen lenkenden Charakter, weil man den Gesprächs-
partner in eine von uns gewünschte Richtung bringen kann.

Alternativfrage
Diese gibt Möglichkeiten vor und verfolgt das Ziel der Entscheidung.

Aktives Zuhören
Damit ist die umfassende Zuwendung zum Gesprächs-
partner hin gemeint. Der andere fühlt sich dadurch
wahrgenommen, ernst genommen und verstanden.

Zeigt sich durch:


• offene und zugewandte Körpersprache
• paraphrasieren
• verbalisieren

7
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Beziehungsaufbau im Verkauf
Verkaufsgespräche brauchen (in den meisten Fällen)
eine gute Beziehungsebene. Diese erreicht man durch

• eine positive Einstellung zu Verkauf und Menschen


• offene Körpersprache
• Blickkontakt
• Freundlichkeit – Einstellung „Ich bin OK, du bist OK!“
• Interesse zeigen

Kundenbedürfnisse erkennen
Hinter jeder Verkaufsabsicht steht ein „Problem“ des
Kunden. Mit dem Kauf des Produktes oder der Dienst-
leistung möchte der Kunde dieses Problem für ihn
passend lösen. Dieses Kundenbedürfnis muss oft erst
gemeinsam mit dem Kunden herausgearbeitet
werden.
In der Kundenkommunikation sind dafür hilfreich
• Fragen zu stellen
• aktives Zuhören
• die „entscheidende“ Information auszufiltern

8
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Produktpräsentation
Weiß man, welches Bedürfnis der Kunde hat, so kann
man eine passende Lösung präsentieren.
In der Kundenkommunikation sind dafür hilfreich
• die „Sprache“ des Kunden zu sprechen
• in ICH-Botschaften zu sprechen
• die Kundensicht erfragen
• nachfragen, warum eine Lösung eventuell nicht passt
Bei Preisverhandlungen im Zuge der Präsentation
• Wert des Produkts dem „Lösungsbeitrag“
gegenüberstellen
• eine Ablehnung wegen des Preises „erforschen“

Gesprächsabschluss
Nicht jedes Verkaufsgespräch endet in einen Verkaufs-
abschluss. Es ist wichtig, den Kunden auch ohne Kauf
„positiv“ aus dem Gespräch zu verabschieden.

In der Kundenkommunikation sind dafür hilfreich


• Kundenmeinung zulassen
• ICH-Botschaften
• Verständnis zeigen

9
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Feedback geben

Was ist Rhetorik …

... die Lehre von der


Wirkung des Menschen!!

10
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Ebenen der Kommunikation


• Rational (Sachebene)
– Austausch sachlicher Informationen
• Emotional (Beziehungsebene)
– Gefühlsebene, bewusste und unbewusste
Wahrnehmung von Gefühlen, Beziehungsebene
• Extern (Verfahrensebene)
– Rahmenbedingungen als Voraussetzung

Das Rezept guter Rhetorik …

11
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Körpersprache …

Abstandszonen …
Intimzone Persönliche Gesellschaftliche Öffentliche
Zone Zone Zone
(15-45cm) (45cm-1,2m) (1,2-3,6m) (über 3,6m)

Die verschiedenen Abstandszonen

normale Gesprächsdistanz zu nahe: Rückzug der Frau

12
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Handhaltung …
Sichtbare Handflächen:
Ergebenheitsposition

Gespreizte Finger:
Friedfertigkeit

Offene Körperhaltung:
nichts zu verbergen

Hauptsignale Ablehnung …
Gesicht und Körper abgewandt

Seitenblick bei leicht geneigtem Kopf:


Missbilligung

Augenbrauen zusammengezogen: Zorn

Arme vor Körper verschränkt:


Defensive

Herabhängende Mundwinkel

13
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Hauptsignale Aggression …

Hände auf den Hüften Daumen im Gürtel

Hauptsignale Inkongruenz …
Selbst(un)sicheres Lächeln

Arm vor dem Körper, Spielen


mit der Uhr:
partielle Barriere

Lächeln:
auch Ausdruck von Angst:
Unsicherheit

14
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Hauptsignale Lüge …
Hand vor den Mund

Nasenreiben

Nasenjucken

Augenreiben

Hand ans Ohr

Kragenzupfen

Finger im Mund

Sprache

15
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Verständlichkeit …

einfach übersichtlich

prägnant anschaulich

Der Sender trägt die Verantwortung für die Klarheit der Mitteilung!

Sprache
• Modulation
• Artikulation
• Tempo/Pausen
• Lautstärke
• Bogensätze
• Sprachniveau
• Bildhafte Sprache

16
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Merksätze für den Sprechstil


• Ich spreche langsam und deutlich
• Ich bilde kurze Sätze und senke am Satzende
meine Stimme
• Ich setze bewusste Pausen
• Ich verwende einfache Worte
• Ich verwende Bilder
• Ich setze meine Stimme bewusst ein

Fehler …

17
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Fehler Powerpoint …
Wenn Sie einen Text, den Sie sich 
vorher genau überlegt haben und 
den Sie möglichst GENAU
AUFGESCHRIEBEN haben, IN 
GANZEN SÄTZEN AUF DIE FOLIE 
ÜBERTRAGEN, können Sie nichts 
vergessen. Bis Sie den Text übrigens 
vorgelesen haben, ist das 
Publikum längst fertig oder hat Sie 
verlassen.

Übrigens: Ihre Kompetentz als 
Fahcfrau ist nicht infragegestellt, wen 
sie Rechtschreibfehler machen.
Wenn Sie ein Platzproblem haben,  können  Sie immerhin zu einer kleineren Schrift 
greifen. Macht nichts, wenn man das in den hinteren Sitzreihen nicht lesen kann. Sie 

Texte von links einfliegen


können  es immerhin vorlesen, am besten mit dem Rücken zum Publikum.

Fehler Powerpoint …

18
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Fehler innere Einstellung …


Nicht an der Zielgruppe orientieren

• Interessen, Erwartungen, Ängste, Vorwissen: lächerlich!

• sich nicht die Frage stellen: „What makes them tick?“

• nicht die Sprache des Publikums sprechen

• nur Beispiele aus der eigenen Interessenswelt

Fehler Verhalten …
Ihr Auftritt:

• Sprechen, bevor Sie Ihr Ziel erreicht haben


• keine Begrüßung und Agenda
• „Eins-zwo-drei. Können Sie mich hören?“,
„Können Sie das lesen?“
Ihr Abgang:

• Lassen Sie sich selbst überraschen


• „Danke für Ihre Aufmerksamkeit!“

19
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Fehler Verhalten …
Während der Präsentation:

• 3 Punkte ankündigen, aber …


• Manuskript in beide Hände, DIN A4
• Die Frage, worum es geht, nicht oder spät beantworten
• Zeit überziehen
• ausgiebig von Überlegungen und Vorarbeiten berichten
• keine Checkfragen
• Vorlesung halten
• nur nicht einfache Hauptsätze

Nach der Präsentation:


• Nur ja kein Feedback einholen!

Lampenfieber
• sehr, sehr gut vorbereiten
• die ersten Sätze gut einprägen
• sich vorher Bewegung verschaffen
• sich vorher durch lautes Sprechen befreien
• sich vorher mit dem Raum und der Technik
vertraut machen
• sich mental in Stimmung bringen
• Atemtechnik – ein 1, 2 – aus 1, 2, 3, 4

20
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Lampenfieber
• am Beginn betont langsam und ruhig sprechen
• vorher eine ruhigen Ort aufsuchen – Störungen
vermeiden – Gürtel öffnen
• Hilfsmittel einsetzen
• ins Publikum gehen
• vor Beginn Small Talk betreiben
• am Beginn zu diesen Personen Blickkontakt suchen

Stichwortkonzept
• Karton statt Papier
• Karteikarten A6 und kleiner
• nur einseitig beschreiben
• Blätter laufend und groß nummerieren
• große Schrift, viel Zwischenraum
• Einleitung und Schluss intensiv einprägen!

21
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Umgang mit Störungen

Umgang mit Störungen


Unruhe im Publikum

• mit dem Beginn zuwarten, leichte Störungen


ignorieren
• anhaltende Störung: kurz lauter und dann leiser
werden
• freundlich nachfragen: „Ich habe das Gefühl …!
Woran könnte das liegen?“

22
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Umgang mit Störungen


Steckenbleiben

• kurze Pause, durchatmen, Blick auf die Unterlagen


• begründet den Platz verändern (Wasserglas)
• Zusammenfassung ankündigen: „Ich fasse
zusammen …! Ich wiederhole …!“

Umgang mit Störungen


Entfallener Begriff

• „Hier den korrekten Ausdruck zu finden, ist nicht


einfach …“
• „Bitte helfen Sie mir, hier den richtigen Ausdruck zu
finden …“
• „Wie kann ich es noch genauer ausdrücken …“

23
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Umgang mit Störungen


Verunglückte Formulierungen

• Harmloses ignorieren!
• Lachen Sie mit, wenn das Publikum lacht!
• „Lassen Sie es mich treffender formulieren …“
• für Mutige: Zur Seite treten, auf den ehemaligen
Standpunkt blicken: „Nein, ich würde so etwas nie
sagen!“

Umgang mit Störungen


Zwischenrufe, Zwischenfragen
• wenn sachlich und zum Thema passend:
beantworten, auf später verschieben
• unsachlich, beleidigend: nicht reagieren,
weitersprechen
• ansonsten:
- Frage an das Publikum weitergeben
- Wendetaktik (absurde Zustimmung): „Gewiss, jedoch …“
„Sie haben Recht, jedoch …“
- Aufschiebetaktik: „Ich darf noch darauf zurückkommen …“

24
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Redearten
Informationspräsentation Überzeugungspräsentation
Ziel: Darstellung von Sach- Ziel: Handlung, Tat
verhalten, am Ende: Appell
Wissensvermittlung für ein Problem des anderen
Wissenschaftsbereich eine Lösung anbieten
bevorzugter Kanal: bevorzugter Kanal:
linkshirnig, Verstand rechtshirnig, Gefühl, Wille
Inhalte: wertfrei Inhalte: subjektiv
Auf Vorgang (Entwicklung) Auf Zielsatz (Appell) hin
hin orientiert orientiert

Wichtiges zum Flipchart


• Überschrift
• Schrift mind. 3 cm
• Symbole, Zeichnungen so groß wie möglich
• Raue Seite des Papiers verwenden
• Richtiger Stift
• Richtige Stifthaltung
• Maximal 3 Farben verwenden
• Ergebnispapiere aufhängen

25
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Checkliste
• Zu wem rede ich?
• Wie viele Zuhörer?
• Rededauer?
• Habe ich genügend Material?
• Was erwarten die Zuhörer?
• Redeziel?

Checkliste
• Zitate, Redewendungen?
• Stichwortzettel?
• Gliederung?
• Besondere Einleitung?
• Schluss als Höhepunkt?
• Hilfsmittel?
• Welches Outfit?

26
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Viel Erfolg!

27
Kommunikation, Verkauf und Präsentation

Notizen

28
Marketing-Lehrgang
Online-Marketing
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. Dipl.-Ing. Walter Harrich (2018)
Online-Marketing

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
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unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Online-Marketing

Inhalt Seite

1 EINFÜHRUNG ...................................................................................... 8

1.1 LERNZIELE .................................................................................................. 8


1.2 EINFÜHRUNG UND GRUNDBEGRIFFE DES E-MARKETING ..................... 8
1.3 ABGRENZUNG MARKETING, E-MARKETING UND E-BUSINESS ............. 13
1.4 ONE-TO-ONE MARKETING ..................................................................... 14
1.5 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 15
1.6 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 16

2 BESONDERHEITEN IM E-MARKETING ............................................... 17

2.1 LERNZIELE ................................................................................................ 17


2.2 EINFLUSSFAKTOREN AUF DAS STRATEGISCHE MANAGEMENT ............ 17
2.2.1 INTENSIVIERUNG DES WETTBEWERBS ................................................... 18
2.2.2 VIRTUALISIERUNGSGRAD BEI PRODUKTEN .......................................... 21
2.2.3 ZUNAHME DER KOMPLEXITÄT ............................................................... 23
2.2.4 VERÄNDERUNG DES KUNDENVERHALTENS ......................................... 24
2.3 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 25
2.4 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 25

3 VON DEN 4P’S ZU DEN 4C’S............................................................. 26

3.1 PRODUKTINNOVATIONEN UND PRODUKTVARIATIONEN .................. 29


3.2 PRODUKT-/SORTIMENTSPRÄSENTATIONEN .......................................... 30
3.3 INDIVIDUELLE PRODUKTKONZEPTIONEN ............................................ 31
3.3.1 MASS CUSTOMIZATION.......................................................................... 31
3.3.2 PRODUKTKONFIGURATOR .................................................................... 32

3
Online-Marketing

3.4 DIE E-BUSINESS ORIENTIERTEN ASPEKTE


DER ABSATZWEGEPOLITIK ..................................................................... 33
3.5 DIE E-BUSINESS ORIENTIERTEN ASPEKTE
DER HANDELSPOLITIK ............................................................................ 34
3.6 DIE WEBSEITE ALS ÜBERGREIFENDES
KOMMUNIKATIONSMEDIUM ................................................................. 35
3.7 GESCHÄFTSMODELLE FÜR E-MARKETING ............................................. 36
3.7.1 NEUERUNGEN IN EM-GESCHÄFTSMODELLEN ...................................... 36
3.7.2 KLASSIFIKATION VON GESCHÄFTSMODELLEN ..................................... 37
3.7.3 PREISFINDUNG ....................................................................................... 38
3.7.4 PROTOTYP GESCHÄFTSMODELLANSÄTZE ............................................ 38
3.8 ELEKTRONISCHE MARKTFORSCHUNG .................................................. 39
3.9 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 40
3.10 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 40

4 DER INTERNET-KUNDE ..................................................................... 41

4.1 LERNZIELE ................................................................................................ 41


4.2 TIPPS ZUR KUNDENGEWINNUNG IM INTERNET .................................. 41
4.3 INTERNETNUTZUNG IN ÖSTERREICH .................................................... 43
4.4 NUTZERVERHALTEN ............................................................................... 43
4.4.1 ONLINE SURFER ...................................................................................... 44
4.4.2 ONLINE CONSUMER ............................................................................... 44
4.4.3 ONLINE PROSUMER ................................................................................ 44
4.4.4 ONLINE BUYER........................................................................................ 44
4.4.5 ONLINE KEY CUSTOMER ........................................................................ 45
4.5 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 45
4.6 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 45

4
Online-Marketing

5 E-MAIL UND PERMISSION-MARKETING ........................................... 46

5.1 LERNZIELE ................................................................................................ 47


5.2 ONLINE-WERBUNG ................................................................................. 48
5.3 PERSONALISIERUNG, ONE-TO-ONE MARKETING .................................. 49
5.4 E-MAIL-, PERMISSION-, VIRAL-MARKETING ............................................ 50
5.5 VOR-/NACHTEILE VON PERMISSION MARKETING ................................. 52
5.6 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 52
5.7 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 52

6 ZAHLUNGSSYSTEME IM WEB............................................................ 53

6.1 LERNZIELE ................................................................................................ 53


6.2 STATUS QUO ........................................................................................... 53
6.3 MARKTÜBERSICHT .................................................................................. 55
6.4 VORAUSKASSE UND NACHNAHME ....................................................... 55
6.5 LASTSCHRIFTEN ....................................................................................... 55
6.6 KREDITKARTEN ........................................................................................ 56
6.7 RECHNUNG ............................................................................................. 56
6.8 ANFORDERUNGEN AN NEUE ZAHLUNGSSYSTEME .............................. 57
6.9 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 57
6.10 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 57

7 SEM = SEO + SEA + SMM ................................................................... 58

7.1 DER MULTIOPTIONALE KUNDE IM WEB ................................................ 58


7.2 MARKTENTWICKLUNG IM ONLINE-MARKETING ................................... 59
7.3 MULTICHANNEL MARKETING ................................................................ 60
7.4 SUCHMASCHINENMARKETING .............................................................. 63
7.5 AFFILIATE MARKETING ............................................................................ 64
7.6 WEB-CONTROLLING, WEB-MINING ....................................................... 65

5
Online-Marketing

7.7 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 65


7.8 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 65

8 BESTANDTEILE EINER ONLINE MARKETING STRATEGIE ................ 66

8.1 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 67


8.2 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 67

9 MOBILE MARKETING ......................................................................... 68

9.1 GRUNDLAGEN ........................................................................................ 69


9.2 DAS HANDY ALS MASSENMEDIUM........................................................ 69
9.3 TIPPS FÜR MOBILE-MARKETING ............................................................. 70
9.4 SPEZIELLE FORMEN DES MOBILE MARKETING ....................................... 70
9.5 MOBILE GEWINNSPIELE .......................................................................... 71
9.6 SYSTEMATISIERUNG DES GELERNTEN .................................................... 72
9.7 ÜBERLEGUNGEN ZUR ANWENDBARKEIT DER INHALTE
IN DER PRAXIS ......................................................................................... 72

10 LITERATUR ......................................................................................... 73

6
Online-Marketing

VORWORT
In Unternehmen werden sukzessive alle Geschäftsprozesse durch die neuen Medien be-
einflusst. Dies gilt sowohl für die Geschäftsprozesse zu externen Partnern wie Lieferanten,
Banken oder Kunden als auch für die vielfältigen internen Prozesse. Praktische Beispiele
aus dem Unternehmensbereich sind elektronische Marktplätze, elektronische Beschaf-
fungssysteme, Online-Shops oder auch die elektronische Sendungsverfolgung im Rahmen
der Distributionspolitik. Es wird somit deutlich, dass sowohl im Bereich des Handels mit
Privatkunden als auch im Rahmen des Handels zwischen Unternehmen die neuen Medien
eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung und Abwicklung der Geschäftsprozesse spielen.
Dies bedeutet aber, dass sich die Unternehmen unabhängig von ihrem Zielgruppenfokus
über die Einsatzmöglichkeiten der neuen Medien und hier insbesondere des Internets Ge-
danken machen müssen. Dabei sind alle Bestandteile der Wertschöpfungskette in diese
Überlegungen mit einzubeziehen. Zum einen soll der Einsatz der neuen Medien das ak-
quisitorische Potenzial des Unternehmens stärken und zum anderen Rationalisierungspo-
tenziale realisieren.

Ziel des vorliegenden Skriptums ist es, die Möglichkeiten des Einsatzes der neuen Medien
möglichst praxisnah bei der letzten Stufe der betrieblichen Wertschöpfungskette – dem
Marketing – systematisch und umfassend aufzuzeigen. Dabei liegt der Schwerpunkt ein-
deutig auf der betriebswirtschaftlichen Seite; technische Fragen werden allenfalls – bei
Interesse – rudimentär behandelt. Weiterhin erfolgt eine Konzentration auf die Einsatz-
möglichkeiten der neuen Medien innerhalb des Marketing-Mix.

Das vorliegende Skriptum ist darüber hinaus mit der Zielsetzung entstanden, einen kom-
pakten Überblick zum Thema E-Marketing für alle zu geben, die sich beruflich oder wäh-
rend ihres Studiums mit E-Marketing auseinander zu setzen haben, aber auch für diejeni-
gen, die sich aus persönlichen Gründen für E-Marketing interessieren. Mit dieser Zielset-
zung geht einher, dass die Inhalte dieses Skriptums laufend optimiert und aktualisiert wer-
den (müssen). Aktuellste Neuerungen und Ereignisse fließen thematisch abgestimmt dy-
namisch in die Vorlesung ein.

7
Online-Marketing

1 EINFÜHRUNG

1.1 Lernziele

Die TeilnehmerInnen werden am Ende dieser Veranstaltung das "Phänomen Internet" als
Grundlage des elektronischen Geschäftsverkehrs beurteilen können. Darüber hinaus wer-
den sie verstehen, wie E-Marketing-Strategien entwickelt werden und welche Auswirkun-
gen innovative Internettechnologien auf den Einkaufs- bzw. Absatzprozess in Unterneh-
men haben. Darüber hinaus erwerben die TeilnehmerInnen die Fähigkeit, E-Marketing-
Geschäftsmodelle aufzustellen, Erfolgsfaktoren elektronischer Geschäftsprozesse zu er-
kennen und sind somit am Ende dieser Vorlesung über Betriebs- und volkswirtschaftliche
Fragestellungen im Rahmen des E-Marketings informiert.
Die TeilnehmerInnen werden am Ende dieser Veranstaltung die Praxisbedeutung des E-
Marketings abschätzen sowie auch eine inhaltliche und fachliche Abgrenzung zu ver-
wandten Themen (z.B. E-Business, E-Commerce) durchführen können.

Am Ende dieses Kapitels sind die TeilnehmerInnen mit den zahlreichen Begriffsdefinitio-
nen im Rahmen des E-Marketings vertraut und können diese auch im inhaltlichen Zu-
sammenhang richtig wiedergeben. Darüber hinaus können die TeilnehmerInnen die aktu-
elle unternehmerische Bedeutung von E-Marketing beurteilen und abschätzen.
Das Kapitel 1 schließt (wie auch alle folgenden Kapitel) mit Überlegungen zur Anwend-
barkeit der Inhalte in der Praxis ab.

1.2 Einführung und Grundbegriffe des E-Marketing

Electronic Commerce, E-Commerce, EC


Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien für die elektronische Ab-
wicklung von Transaktionen. Unter EC versteht man auch die internetbasierte Pflege von
effizienten Handelsbeziehungen und -transaktionen mit Kunden unter Anpassung der in-
ternen Geschäftsabläufe.

8
Online-Marketing

Diese Definition betont drei wesentliche Aspekte des EC:


1. der Einsatz von Internettechnologien (technologischer Enabler)
2. die Optimierung der internen Geschäftsprozesse
3. die neuen Möglichkeiten des Kunden- und Beziehungsmanagement

Mit dem Schlagwort E-Commerce verbindet man weiters das Konzept des elektronischen
Marktplatzes. Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit,
1. sich im Internet über Waren und Dienstleistungen zu informieren
2. diese dann über das Netz bestellen und
3. auch über das Netz bezahlen zu können.

Electronic Procurement, E-Procurement


Internetbasierte Abbildung des Einkaufsprozesses von Produkten und Dienstleistungen
zwischen bestellenden Unternehmen und Lieferanten.

ERP (Enterprise Resource Planning)


ERP-Systeme sorgen für die unternehmensweite Ressourcen-Planung (Produktion, Dienst-
leistungen, Personal, Finanzen und Vertrieb) mit gezieltem Workflow-Management.

Electronic Business, E-Business


Der Sammelbegriff E-Business, der definiert wird als "die Unterstützung der Beziehungen
und Prozesse eines Unternehmens mit seinen Geschäftspartnern, Mitarbeitern und Kunden
durch elektronische Medien", umfasst drei Ausprägungen:

1. E-Commerce ist als Teilfunktion von E-Business zu verstehen.


(Marktteilnehmer sind hier Unternehmer und Kunde, Medium = Internet)
2. Im E-Procurement geht es um die Pflege der Beziehungen zu den Lieferanten.
(Medium = Extranet)
3. In der E-Organization (ERP) geht es um die Optimierung und Anpassung der internen
Geschäftsabläufe. (Medium = Intranet)

9
Online-Marketing

E-Marketing
Als Electronic-Marketing, kurz E-Marketing, bezeichnet man die innovative Nutzung der
neuen, interaktiven, digitalen Informations- und Kommunikationsmedien im Marketing.
Statt von E-Marketing wird häufig auch von Online-Marketing gesprochen. Dies wird bei-
spielsweise definiert als interaktives Marketing über elektronische Netzwerke oder Nut-
zung von Online-Medien für das Marketing.
Im Mittelpunkt des E-Marketing steht die Frage: "Welche Bedürfnisse haben unsere Kun-
den und wie können wir diese Bedürfnisse mit den neuen Technologien besser befriedi-
gen als bisher und damit Wettbewerbsvorteile erzielen".

Durch die Neuausrichtung der Geschäftsmodelle von Unternehmen auf das Konzept des
Electronic Business ist es erforderlich, auch das Marketing auf diese neue Art des Kunden-
kontaktes beziehungsweise des Prozesses der Befriedigung der Kundenbedürfnisse anzu-
passen.

Kernaufgabe des Marketings ist es, aufbauend auf den Ergebnissen der Marktforschung
den Marketing-Mix möglichst optimal zu gestalten. Hierbei muss der Kunde/Interessent
über seinen gesamten Entscheidungsprozess begleitet werden. Korrespondierend zu die-
sem Entscheidungsprozess hat das Unternehmen einen entsprechenden begleitenden Pro-
zess aus der eigenen Sichtweise für diesen Vorgang zu definieren, so dass eine Schnittstel-
le/Kontaktstelle zwischen den beiden Institutionen Kunde - Unternehmen geschaffen wer-
den kann.

Geht man zur Ebene der Prozessgestaltung über, so stehen dem Marketing in der folgen-
den Tabelle aufgeführte Instrumente zur Verfügung, die hier bereits auch aus E-
Marketinggesichtspunkten dargestellt werden sollen.

10
Online-Marketing

Instrumente des Marketing E-Marketing orientierte Beispiele


Marktforschung Desk Research im Internet
Online Befragungen
Produkt- und Sortimentspolitik Virtuelle Kataloge
Produkt-Konfiguratoren
Kontrahierungspolitik Online Versteigerungen
Virtuelle Agenten
Online Zahlungssysteme
Distributionspolitik Malls, virtuelle Shops
Elektronischer Versand
Tracking Systeme
Kommunikationspolitik Home-Pages
Pull/Push Werbung im Netz
Advertainment
Virtuelle Hauptversammlungen

Eine Marketingkonzeption gleich welcher Art und gleich welcher Mediennutzung sollte
immer den Anspruch haben, erfolgsorientiert ausgerichtet zu sein, so dass sich die Bedürf-
niseruierungsphase bzw. die Kundenbedürfnisbefriedigungsphase durch einen Mehrwert
für die Unternehmung niederschlägt. (siehe auch Kapitel 3: von den 4Ps zu den 4Cs)

Hierzu ist es unter anderem erforderlich, die Vor- aber auch die Nachteile des jeweiligen
Mediums zu kennen, um dieses erfolgsorientiert einsetzen zu können. Dabei gilt es, die
Vorteile entsprechend auszubauen und zu nutzen.

Erfolgsorientiertes E-Marketing

Vorteile
E-Marketing
Erfolgreiches
E-Marketing
Nachteile
E-Marketing

11
Online-Marketing

Vorteile des E-Marketings:


• Aufhebung geographischer Schranken der Kommunikation und damit weltweite Prä-
senz
• Rund-um-die-Uhr-Präsentation und Transaktionsmöglichkeiten (24/7)
• Chancen der Individualisierung des Marketing, d.h. vom Mass-Marketing hin zum Re-
lationship-Marketing oder One-to-One-Marketing (z. B. personalisierte Web-Sites)
• Interaktivität (!)
• Verbesserte Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten durch multimediale An-
sprache

Nachteile des E-Marketings:


• Schwellenängste bestimmter Zielgruppen gegenüber neuen Technologien
• Bestimmte Zielgruppen sind noch nicht erreichbar
(aber: bestimmte Zielgruppen sind nur dadurch erreichbar!)
• Sicherheitsbedenken bezüglich Datenschutz, Zahlungsabwicklung
• Starke Pull-Orientierung (Interessent als Initiator)
• Erhöhte Marketingaufwendungen durch Parallelität alter und neuer Medien
• Verstärkte Transparenz und damit erhöhter Wettbewerbsdruck

Die aufgezeigten Vor- und Nachteile des E-Marketing machen deutlich, dass die Gestal-
tung von E-Marketing-Systemen sorgfältig in die Unternehmensstrategie eingepasst und
mit den klassischen Marketing-Maßnahmen abgestimmt werden muss, um geschäftspro-
zessbeeinflussende Prozessbrüche zu vermeiden. Dabei sollten bei der Konzipierung von
E-Marketing-Auftritten folgende Spielregeln für ein erfolgreiches E-Marketing beachtet
werden:

1. Pull-Marketing, (Internet ist ein Pull-Medium: der Nutzer entscheidet selbst) d.h. der
Interessent initiiert den Kommunikationsprozess; Push-Strategien sowohl über die
klassischen als auch über die neuen Medien (Banner-Werbung) dienen als sogenannte
door-opener (Holen statt Bringen – vom Push zum Pull-Medium
(push ... stoßen, schieben | pull ... ziehen)

12
Online-Marketing

2. Integriertes Marketing, d. h. sowohl Einbindung in das klassische Marketing als auch


Abstimmung aller Unternehmensfunktionen auf die Anforderungen des E-Marketing
(z. B. Logistik, Produktion)
3. Vernetztes Marketing, indem Allianzen mit anderen Unternehmen aber auch Such-
maschinen eingegangen werden, um den eigenen Web-Auftritt bekannt zu machen
(Link Building)
4. Value-added Marketing; der Interessent muss einen Zusatznutzen durch das Angebot
erhalten (z. B. Online-Spiele oder detaillierte Informationen)

1.3 Abgrenzung Marketing, E-Marketing und E-Business

Der Begriff E-Marketing wird häufig synonym verwendet mit: Internet-Marketing, Netz-
Marketing, Online-Marketing, Multimedia-Marketing, computergestütztes Marketing, Cy-
ber-Marketing. Als unternehmerische Vorteile von E-Marketing gelten

• Erweiterung der klassischen Kanäle (Printmedien, Telefon, etc.) des Kundenkontaktes


(Ansprache, Werbung, etc.) um die Möglichkeit, Informationen per Internet oder
E-Mail multimedial (Text, Bild, Video, Ton, Animation) anschaulich darzustellen
• Der Online-Shop eröffnet einen neuen Vertriebsweg (Distribution):
der Kunde wählt Waren aus einem Online-Katalog, legt sie in einen virtuellen Wa-
renkorb und bestellt sie
• Verbesserte Pflege von persönlichen Kundenbeziehungen, z. B. mittels Chat, Forum
oder E-Mail-Newsletter, CRM
• Das Angebot (Produkt, Information, Warenkatalog) steht rund um die Uhr öffentlich
bereit und kann sofort aktualisiert werden
• Senkung der Kosten durch automatische Datenverarbeitung

13
Online-Marketing

Als Voraussetzungen für ein effektives E-Marketing gelten


• Beziehungsfähigkeit: im E-Marketing ist nichts wichtiger und Erfolg versprechender,
als Kunden an sich zu binden, ihnen nicht nur beliebige Produkte ins Netz zu stellen,
sondern sich ihnen als vertrauenswürdiger, integrer Geschäfts- und Dienstleistungs-
partner zu präsentieren.
• Konkrete Zielsetzung: diese könnten sein: personalisierte Ansprache einzelner Kun-
den (One-to-One Marketing), kürzere Bearbeitungszeiten von Kundenanfragen, Ver-
einfachung von Einkauf und Beschaffung.
• Zielgruppenorientierung: eine unternehmenseigene Website sollte nicht nur attraktiv
gestaltet und intuitiv bedienbar sein, sondern mittels einer konzeptionellen und somit
in das Gesamt-Marketing eingebetteten Kommunikationsstrategie die Zielgruppe auch
tatsächlich erreichen.
• Public Relations: die (potenziellen) Kunden müssen über das Webangebot informiert
werden
• Qualifikation: die Mitarbeiter und auch die Unternehmensführung sollten fundierte
Kenntnisse haben in den Bereichen klassisches und Electronic-Marketing sowie mit
den erforderlichen Anwenderprogrammen (Website, Browser, E-Mail, ggf. Online-
Shop)

1.4 One-To-One Marketing

Ziel aller Marketingaktivitäten ist die Generierung von Wettbewerbsvorteilen, so dass eine
Unternehmung sich am Markt gegenüber seinen Mitbewerbern etablieren bzw. positionie-
ren kann. Insbesondere neue Beziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager durch die
neuen Medien eignen sich für 1:1-Marketingkonzeptionen.

Das One-To-One-Marketing stellt eine Symbiose zwischen Individualmarketing und inter-


aktionsorientierten Gesichtspunkten des potenziellen Kunden dar.

14
Online-Marketing

1.5 Systematisierung des Gelernten

E-Marketing ist mehr als reine Web-Promotion! Es geht darum, nicht nur Werbung für die
eigene Web-Präsenz zu machen, sondern auch den Geschäftserfolg im Auge zu behalten.
Besucher sind eben noch keine Kunden.

Das 4P-Modell des Marketingmix gilt auch (und im besonderen Maße) im E-Marketing.
Das oberste Ziel des E-Marketings muss daher sein, eine eigene Marke mit der entspre-
chenden Corporate Identity aufzubauen. Dazu bedient es sich der 4P.

Obwohl sich viele Aufgaben und Instrumente mit dem klassischen Marketing decken,
existieren doch gravierende Unterschiede. E-Marketing ermöglicht durch Targeting (!)
zwar sehr viel gezieltere Kampagnen, verringert die Streuverluste und erlaubt eine genaue
Erfolgskontrolle, sieht sich jedoch einer veränderten Kommunikationssituation gegenüber,
denn das Internet als Marketinginstrument funktioniert größtenteils nach dem Pull-Prinzip.
Während traditionelle Werbung auf den Berieselungseffekt setzt, entscheidet der Online-
Nutzer selbst, wann – wie lange – wo – wie er sich mit einem Online-Auftritt befassen will
(Pull). Zudem entstehen ihm hierbei Kosten, weshalb der Nutzen oder Mehrwert für die
Zielgruppe eines der entscheidenden Kriterien für eine erfolgreiche Marketingkampagne
darstellt! Der Auftritt muss daher so interessant gestaltet werden, dass die Besucher immer
wieder auf die Webseite zurückkehren.

Auch dem E-Business Geschäftsmodell kommt im Online-Marketingmix eine wichtige


Bedeutung zu. Das Unternehmen muss Strategien entwickeln, wie die Vorteile des Medi-
ums hinsichtlich der Verfügbarkeit und Aktualität für den eigenen Erfolg genutzt werden
sollen, und wie die Nachteile der fehlenden persönlichen Kundenbeziehung ausgeglichen
werden können.

Das Medium Internet ist dabei für die Unternehmen, die sich an seinen Erfolg anhängen
wollen, nicht ohne Risiko. Es ist als Marketinginstrument für die meisten Unternehmen
noch ein unbeschriebenes Blatt und birgt zahlreiche Gefahren, die nicht immer ohne wei-
teres erkennbar sind.

15
Online-Marketing

Der richtige Online-Marketingmix hat 3 Aufgaben zu bewältigen:


1. Interessenten finden
2. Interessenten zu Kunden machen
3. Kunden binden und zu Stammkunden machen

1.6 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

16
Online-Marketing

2 BESONDERHEITEN IM E-MARKETING

2.1 Lernziele

Am Ende dieses Kapitels sollen die TeilnehmerInnen die technologieinduzierten Änderun-


gen im Umfeld von Unternehmen erkennen und deren Ursachen verstehen können. Im
Speziellen soll auf die Auswirkungen der zunehmenden Vernetzung der Unternehmen,
der Konsumenten und Interessensgemeinschaften auf E-Business und E-Marketing relevan-
te Fragestellungen eingegangen werden.

2.2 Einflussfaktoren auf das Strategische Management

Unternehmen, die im Bereich der Internetökonomie agieren, sehen sich mit einem hoch-
dynamischen Wettbewerbsumfeld konfrontiert. Vor diesem Hintergrund wird insbesonde-
re das strategische Management vor besondere Herausforderungen gestellt. Eine Analyse
der Veränderungen im strategischen Wettbewerbsumfeld ist daher wichtige Voraussetzung
des strategischen Handelns.

Die im Internetbereich zu beobachtenden Veränderungen im Unternehmensumfeld kön-


nen im Besonderen auf vier Entwicklungstendenzen zurückgeführt werden. Dies ist zu-
nächst die Intensivierung des Wettbewerbs (2.2.1) auf den betrachteten Märkten und wei-
terhin der zunehmenden Virtualisierung (2.2.2) von Produkten und Dienstleistungen. Als
dritte Entwicklungstendenz kann die Zunahme der Komplexität im ökonomischen Umfeld
(2.2.3) beobachtet werden und als vierte sind nachhaltige Veränderungen im Konsumen-
tenverhalten (2.2.4) zu konstatieren.

17
Online-Marketing

Abbildung: Einflussfaktoren auf Unternehmen durch zunehmende Vernetzung (siehe auch Radio/TV/Youtube/…)

2.2.1 Intensivierung des Wettbewerbs

Zunahme der Markttransparenz


Ausgangssituation ist die Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer. In der
digitalen Ökonomie können Käufer leicht und schnell zu produktspezifischen Informatio-
nen kommen. Käufer verfügen über die notwendige Technologie und haben das Know-
How diese auch optimal einzusetzen. Kunden können somit unter Verzicht auf „gefilterte
Informationen“ des Verkäufers ihren Informationsgrad steigern (reverse Märkte).

Problem
Zugang zu ungefilterter und nicht bewerteter Information erfordert jedoch Fachwissen, um
zumindest die Quelle zu bewerten, Kunde überblickt nicht die Vielfalt von Informationen
und dessen Quellen. Dies kann zum Information Overload führen und den Vorteil der
Markttransparenz tlw. kompensieren.

Abbau von Wechselbarrieren


Technologische Wechselbarrieren entstehen durch mangelnde technologische Kompatibi-
lität (z. B. Apple Macintosh). Durch die stärkere Verbreitung von Produktstandards (aber
auch Standardprodukte) nehmen die technologischen Wechselbarrieren ab.

18
Online-Marketing

Ausbildungsbezogene Wechselbarrieren entstehen durch den Aufbau von anwendungsbe-


zogenen Erfahrungen und Lerneffekte, welche bei einem Systemwechsel verloren gehen
würden.
Die heute vorherrschende Informationsgesellschaft verfügt bereits über ein, im Vergleich
mit vorherigen Generationen, breites spezifisches Wissen, vor allem bei der Nutzung der
IuK-Technologie. Aus diesem Grund sinken tendenziell auch die ausbildungsbezogenen
Wechselbarrieren.
Psychologische Wechselbarrieren entstehen durch die Bindung an eine Marke. Durch zu-
nehmende Homogenisierung des Produktangebotes und der zunehmenden Anonymität
der Kunden-Lieferanten Beziehung wird der Produktpreis zum primären Selektionskriteri-
um. Dies führt tendenziell zu einer Abnahme der Kundenloyalität aufgrund gesunkener
psychologischer Wechselbarrieren.

Abbau von Markteintrittsbarrieren


Arten von Markteintrittsbarrieren:
• Strukturelle Barrieren: Fixkosten und Anfangsinvestitionen (Automobilbranche)
• Strategische Barrieren: Insider/Outsider Problematik
(Schulterschluss von Konkurrenten)
• Institutionelle Barrieren: Regulatorische Gegebenheiten (Mobilfunk Branche)

In der digitalen Ökonomie sind immer stärker homogene Produktangebote zu finden, die-
se können tlw. substituierend nachgefragt werden. Um eine entsprechend hohe Diffusi-
onsgeschwindigkeit zu erreichen wird immer einheitliche Technologie aufgesetzt,
wodurch sich langfristig die Anfangsinvestitionen reduzieren.

19
Online-Marketing

Beispiel 1
Die Initialkosten für den Aufbau eines flächendeckenden Filialnetzes sind erheblich grö-
ßer als die Kosten zum Aufbau einer Online Shop Lösung. Strategische und institutionelle
Barrieren werden nur indirekt beeinflusst.
Durch den Abbau struktureller Markteintrittsbarrieren steigt die Anzahl von Unternehmen
einer Branche wodurch der Wettbewerb zwischen den Unternehmen verstärkt wird.

Effekt der Disintermediation


Die Wertschöpfungskette kann in 3 Stufen eingeteilt werden:
1. Zulieferung: Produktion der Komponenten
2. Produktion: Aggregation der Komponenten zu einem marktfähigen Produkt
3. Handel: Verfügbarmachen des Produktes für den Kunden

Die Aufgabe des Handels ist die räumliche (Ort, Vertriebsstruktur), zeitliche (Lagerwirt-
schaft zur kontinuierlichen Warenversorgung), quantitative (bedürfnisgerechte Mengen)
und qualitative (Sortimente bei einem Partner) Transformation von Produkten. Der Handel
hat eine mächtige Position, da dieser über den Zugang zum Kunden verfügt. Der Ausbau
dieser Machtposition wird Intermediation genannt.

Mit Hilfe des Internets können Hersteller tlw. Aufgaben des Handels erfüllen
(Disintermediation):
- Räumliche Transformation: Der Konsument kann unabhängig vom Ort das ge-
wünschte Produkt analysieren und kaufen
- Qualitative Transformation: Der Konsument kann durch die Teilnahme an elektroni-
schen Marktplätzen zu einer Vielfalt von Produkten bei einem Transaktionspartner
gelangen

Anreiz für den Produzenten an der Disintermediation:


- Margen des Handels gehen an den Produzenten
- Direkter Kundenzugang

20
Online-Marketing

2.2.2 Virtualisierungsgrad bei Produkten

Die wesentlichen Kostentreiber im Zuge der Herstellung von physischen Gütern sind:
- Produktions- und Herstellungskosten
- Distributionskosten

Unternehmen stellen materielle Produkte her, der Anteil der immateriellen Wertschöpfung
vergrößert sich ständig (z. B. Mechanische vs. elektronische Motorsteuerung). Produkte
mit einem hohen Anteil immaterieller Wertschöpfung lassen sich leichter an den Kunden
anpassen und sind kostengünstig über elektronische Netzwerke auslieferbar (z. B. Chip-
Tuning). Durch die Nutzung des Internets bei der Distribution von immateriellen Produkt-
teilen kann das Produkt kurzfristig kostenfrei angeboten werden.

Beispiel
Die Distributionskosten von Software auf CD-ROM sind gering, der Download derselben
verursacht jedoch keine Distributionskosten.
Durch einen immer größeren Anteil immaterieller Produktbestandteile an Produkten sin-
ken die Reproduktionskosten wodurch eine rasche Diffusion derartiger Produkte ermög-
licht wird.

Abbildung: Durchschnittskostenverlauf in Abhängigkeit der digitalen Wertschöpfung

21
Online-Marketing

Mit zunehmenden Virtualisierungsgrades (bzw. Anteil an virtueller Wertschöpfung) des


Produktes bewegt sich die Kurve zum Ursprung

Virtualisierungsgrad bei Organisationen


Virtuelle Produkte ermöglichen die Virtualisierung von Organisationen, folgende Treiber
ermöglichen diese Entwicklung:
• Steigender Anteil an immateriellen Produktbestandteilen
• Verteilungsfähigkeit von Halbfertig- und Fertigprodukten steigt an
• Ausnutzen geografischer Zeitzonen
Dies führt zu sinkenden Koordinationskosten im Rahmen der Fertigung und zur stärkeren
Spezialisierung (und Arbeitsteilung).

Abbildung: Verschiebung der Koordinationskosten

22
Online-Marketing

2.2.3 Zunahme der Komplexität

Zunehmende Innovationsgeschwindigkeit
Die hohe Geschwindigkeit mit welcher sich die verfügbare Hard- und Software weiter-
entwickelt ist der primäre Treiber der Innovationsgeschwindigkeit.

Unternehmen sind in die Lage versetzt, neue Produkte, Lösungen und Konzepte immer
schneller zu entwickeln. Durch diese Entwicklung reduziert sich der Zeitraum, in wel-
chem die Produkte konkurrenzfähig bleiben und Unternehmen haben immer weniger Zeit
die getätigten Investitionen zu amortisieren.

Fragmentierung der Märkte


Die Konsumpräferenzen der Marktteilnehmer verschieben sich in Richtung Individualisie-
rung und Einzigartigkeit von Produkten.

Konsequenzen für Marketing und Produktentwicklung:


• Individuellere Kundenpräferenzen müssen erfasst und analysiert werden
• Zur Kundenakquisition und Kundenbindung muss die Individualisierungsbestrebung
der Kunden im Konzept der Marktbearbeitung verankert sein

Instrumente
• 1:1 Marketing: auf Bedürfnisse des Kunden angepasste Direktansprache
• Individualisierung der Produktentwicklung: Mass Customization
• Segment-of-One: Ein Produkt für einen Kunden (www.my.yahoo.com,
www.mydisc.de )

Durch individualisierte Produkte kommt es zur Weitergabe von Anforderungen und Erwar-
tungen (Proliferationseffekt).

23
Online-Marketing

Abbildung: Systematik des Proliferationseffekts

2.2.4 Veränderung des Kundenverhaltens

Zunahme der Marktmacht des Nachfragers


Die Nutzung verbesserter Koordinationsmechanismen ist nicht auf die Unternehmen be-
schränkt, auch die Konsumenten können sich verbessert koordinieren, um dadurch ihre
Marktmacht zu steigern.

Dies kann durch virtuelle Communities erfolgen. VC sind langfristig angelegte Interes-
sensgemeinschaften von Nachfragern, die ihre Informationen oder Erfahrungen zu einem
Produkt einbringen (www.pff-online.de, Beispiel für die Macht von VC:
www.starbucked.com).

Nutzen der VCs für Unternehmen:


• Ansprache homogener Zielgruppe (Werbung, Angebote, Produktinformationen)
• Präferenzen der Nachfrager
• Feedback zum Produkt

Der Zusammenschluss von Konsumenten zu einem Nachfrageaggregator (Powerselling)


ist ein weiteres Beispiel für die gestiegene Marktmacht des Nachfragers. Die meisten

24
Online-Marketing

Nachfrageaggregatoren bieten eine mengenabhängige Preisstaffelung an


(www.letsbuyit.com, www.primusonline.de).

Abnahme der Kundenloyalität


Ein weiterer Effekt ist die stetige Abnahme der Kundenloyalität.
Diese hat ihren Ursprung in:
• erhöhten Informationsgrad des Konsumenten durch gestiegene Markttransparenz
• Steigerung des Marktangebotes durch gesunkene Markteintrittsbarrieren

Die Menge von Produktkategorien und Marken im Bewusstsein des Kunden wird als
Evoked-Set bezeichnet. Die Vergrößerung des Evoked-Set und die Ausweitung des Ange-
botes bewirken ein verändertes Kundenverhalten.

Die Nachfrager sind zunehmend nutzenoptimierend und wägen die angebotenen Produk-
te sorgfältig ab, wodurch die Kundenfluktuation (Churn rate: Die Abwanderungsquote
oder -rate (engl. churn rate) ist ein Begriff der Wirtschaftswissenschaften, der vor allem aus
der Telekommunikation bekannt ist und auch im Bereich der Abonnementverkäufe und
im Internetmarketing seinen Platz gefunden hat.) ansteigt und die Kundenloyalität ab-
nimmt.

2.3 Systematisierung des Gelernten

• Einflussfaktoren auf strategisches Unternehmensumfeld


• Intensivierung des Wettbewerbs
• Virtualisierung von Produkten und Organisationen
• Zunahme der Komplexität
• Veränderungen im Kundenverhalten

2.4 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

25
Online-Marketing

3 VON DEN 4P’S ZU DEN 4C’S

Das Internet verändert den Ausprägungsgrad und die eingesetzten Methoden der klassi-
schen 4P’s des Marketing-Mix. Darüber hinaus werden diese 4P’s durch internetspezifi-
sche Ausprägungen ergänzt. Zu diesen 4P’s des klassischen Marketings gesellen sich 4
analoge Ausprägungen im Internet-Business:

Product → Consumer Value, Content


Price → Consumer Costs, Customer Care
Promotion → Communication
Place → Convenience, Commerce

Das Internet beeinflusst die Ausprägungen dieser 4Ps und generiert darüber hinaus ein
eigenes Set an zu beachtenden Handlungsfeldern bzw. Bereichen (eben die 4Cs).

Zu Product → Consumer Value respective Content zählen die Themen


• Produktqualität
• Sortimentspolitik
• Markenpolitik
• Kundendienst

Einige offensichtliche Beispiele an Geschäftsbereichen, welche Content als das eigentliche


Produkt kreieren wären zum Beispiel Webseiten der APA oder des Wall Street Journals
(wsj.com), wo Abonnenten sich relevante Inhalte zusammenstellen können.
Im Rahmen der Produktpolitik werden zum einen Entscheidungen über die Ausgestaltung
der Eigenschaften eines einzelnen Produktes und zum anderen über das Pro-
gramm/Sortiment, also die Innovation, Variation und Elimination von Leistungsarten ge-
troffen. Es gilt in diesem Zusammenhang die Frage zu beantworten, welche Leistungen
bzw. welche Problemlösungen mit welchen Eigenschaften am Markt angeboten werden
sollen, um einer Bedürfnisbefriedigung des Kunden nachzukommen.

26
Online-Marketing

Neben dem originären Produktnutzen (Leistungen und Problemlösungen des Produktes)


ist dem Nutzer ein Zusatznutzen (Added Value, Begleiteigenschaften des Produktes) zu
bieten, um einen Erwerb nachträglich zu untermauern, so dass aus einem Käufer ein dau-
erhafter, zufriedener Kunde wird.

Zu Price → Consumer Costs, Customer Care zählen die Themen


• Preispolitik
• Rabattpolitik
• Liefer- und Zahlungsbedingungen

Geschäftsrelevante Informationen zu managen wird immer herausfordernder, da der Fak-


tor Zeit ein immer wesentliches Kriterium bei den Konsumenten wird. Schnelle und rasche
Informationsbeschaffung wird eine Voraussetzung in der Informationsgesellschaft („time is
money“).

Zu Promotion → Communication zählen die Themen


• Eintragung in Suchmaschinen
• Bannerwerbung
• Bannertauschprogramme
• Sponsoring
• E-Mail-Werbung
• Newsletter
• Beiträge in Diskussionsgruppen
• Partnerprogramme
• Kundenbindungsprogramme
• Pressearbeit
• 1:1 Kommunikation

Das Internet ist als Kommunikationsmedium bei den Konsumenten wie auch in Unter-
nehmen akzeptiert. Die Verbreitung bei der Nutzung der Medien Radio und Fernsehen
hatte eine viel längere Zeitspanne zur Verfügung. Das Internet geht aber über den reinen

27
Online-Marketing

„Kommunikationskanal“ hinaus. Stichworte: Interaktion, how to reach 50 Mio.


Users/customers (siehe ergänzende PPT aus der Vorlesung!)

Die Kommunikationspolitik als E-Marketinginstrument


Unter der Kommunikationspolitik versteht man alle Maßnahmen, die eine Unternehmung
zur Übermittlung von Informationen über das Unternehmen und/oder sein Leistungsange-
bot mit dem Ziel der Steuerung von Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der
Zielgruppen einsetzen kann. Sie dient demzufolge dazu, Kontakte zum Markt an sich und
zu den unternehmensspezifischen Abnehmern herzustellen.

Man unterscheidet im Rahmen der Kommunikationspolitik die nachfolgenden vier Teilge-


biete:
• Werbung
• Direktmarketing
• Verkaufsförderung inklusive des persönlichen Verkaufs
• Public Relations

Kommunikationspolitik

Werbung Direktmarketing Verkaufsförderung PR

Werbemodelle Kataloge Eventmarketing Pressemappen


Sponsoring Handzettel Proben Lobbyismus
Broschüren E-Mail Kundenkarten Geschäftsberichte
Prospekte Voice-Mail Telefonischer Verkauf Reden und Vorträge
Mediaselektion Telemarketing Preisausschreiben Sponsorenauftritt

Im Rahmen einer E-Marketing Konzeption sind im Besonderen die Konzepte des Direkt-
marketings, der Verkaufsförderung aber auch der Public Relations zu beachten, da hier
das Internet seine Vorteile, unter anderem die Interaktivität und Schnelligkeit ausspielen
kann. Selbstverständlich kann man die Werbung in den neuen Medien nicht vernachlässi-
gen, doch zeigen diverse Studien, dass sich Internet-Nutzer durch die neuen Werbefor-
men, wie Banner, eher gestört als begeistert zeigen, so dass hier die Werbung teilweise
eher kontraproduktiv wirkt. Aber: Banner + Adwords + Affiliate (Online Werbung i.a)

28
Online-Marketing

Zu Place → Convenience, Commerce zählen die Themen


• Virtuelle Marktplätze
• E-Shops
• 24/7

Das Internet ist – und wird auch immer sein – ein virtueller Marktplatz. Es reflektiert die
physische Welt der „shopping malls“. Darüber hinaus ist es ein von der physischen Welt
getrennter Bereich mit eigenen Regeln, Verhaltensweisen und Kommunikationsmustern.
Beispiel: amazon.com

3.1 Produktinnovationen und Produktvariationen

Infolge der immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen vieler technischer Güter aber
auch durch die immer weiter voranschreitende Angleichungstendenz bei Dienstleistungen
und Produkten kommt dem Entwicklungs- aber auch Variationsprozess von Gütern und
Produkten eine immer wichtigere Rolle zu.

Durch die neuen Medien werden diese produktspezifischen Neu- und Weiterentwick-
lungsmöglichkeiten für eine Unternehmung immer mehr zu einem kritischen Erfolgsfaktor.
Weiterhin wird über die neuen Medien dem Kunden eine Angebotsvielfalt präsentiert, so
dass dieser für ein und denselben Bedürfnisbefriedigungsprozess mehrere Produkte unter-
schiedlicher Anbieter übersichtlich auf dem heimischen Monitor zur Verfügung hat.
In diesem Zusammenhang sind folgende Entwicklungen hinsichtlich der Produktneu-
/Produktweiterentwicklungen zu beobachten:

• Tendenz zu höheren Innovationsraten


• Drastische Reduzierung der Zeit bis zur Markteinführung (Time-To-Market)
• Notwendigkeit hoher Produktqualität bereits bei der Markteinführung
• Möglichst frühzeitige Einbindung von externen Partnern (Kunden, Lieferanten)
• Verstärktes Outsourcing von Entwicklungsleistungen

29
Online-Marketing

• Teamorientiertes Arbeiten (Standortfrage hat sekundäre Bedeutung)


• Verstärkter Rationalisierungsdruck beim Entwicklungsprozess
• Möglichst geringe Reibungsverluste an den einzelnen Schnittstellen (Optimierung der
internen sowie der externen Geschäftsprozesse)

3.2 Produkt-/Sortimentspräsentationen

Ein weiterer Anwendungsschwerpunkt der neuen Medien in der Produktpolitik ist die Pro-
dukt- bzw. Sortimentspräsentation. Die Produkt- bzw. Sortimentspräsentation erfolgt im
Sinne der neuen Medien mittels CD-ROM, über das Internet, über die Mobilkommunika-
tion, über Kiosksysteme oder über das Fernsehen (eventuell interaktiv).

Der Einsatz der neuen Medien in der Produktpräsentation bietet eine Reihe von Vorteilen;
der Hauptvorteil besteht jedoch in der Möglichkeit des multimedialen Präsentierens. Unter
Multimedia versteht man die kombinierte Präsentation unterschiedlicher Medien - wie
Bilder, Text, Grafik, Sprache, Musik, Video - über ein System.

Bereits bei der Produktpräsentation ist darauf zu achten, dass man dem Betrachter weitere
Leistungen zu dem Produkt direkt offeriert, welche den potenziellen Kunden einen Zu-
satznutzen bieten.
Hier kann das DIME-Konzept mit seinen integrativen Bestandteilen

D Dialog
I Interaktion
M Mehrwert
E Einzigartigkeit

Berücksichtigung finden.

30
Online-Marketing

3.3 Individuelle Produktkonzeptionen

Im Rahmen einer E-Business Konzeption vollzieht sich ein Übergang der Geschäftsphilo-
sophie von einer mengenorientierten Produktausrichtung für den anonymen Markt hin zu
einer personalisierten, sprich auf den potenziellen Kunden ausgerichteten Produktgestal-
tungsform. Ein Kunde, unabhängig von der Tatsache ob es sich hierbei um einen Erst-,
Stamm-, temporär ausgerichteten oder um einen zukünftigen handelt, möchte durch auf
ihn zugeschnittene Maßnahmen gleich welcher Art betreut werden. Dies geht von der
Ansprache, über die Produktbeeinflussung bis hin zur Abwicklung der Geschäftstransakti-
onen mit anschließender Betreuung. Durch diese personalisierte Form der Kundenan-
sprache und Kundenbetreuung über einen gesamten Kunden-Unternehmen-
Geschäftsprozess generiert man vielfach eine dauerhafte Kundenbindung, die dann ein
nachhaltiges Umsatzpotenzial für die Unternehmung repräsentiert. Personalisierte Kun-
denbeziehungen zahlen sich aus! Ziel einer jeden Geschäftsphilosophie muss es sein,
zufriedene und immer wiederkehrende Kunden an das Unternehmen zu binden, denn
nur so kann ein dauerhafter Unternehmenserfolg garantiert werden.

Gerade im E-Business sind Stammkunden ein Garant für die gewinnorientierte Ausrich-
tung des Unternehmens, da hier Konkurrenzunternehmen ohne großen Aufwand von der
potenziellen Kundengruppe über das Internet kontaktiert werden können.
Infolge der Transparenz des Internets bzw. der neuen Medien im Allgemeinen ist zur Rea-
lisierung einer dauerhaften Kundenzufriedenheit und Kundenbindung ein erhöhter Marke-
tingaufwand vonnöten (Kaufanreize, Personalisierung, Inhaltsattraktivität). (Exkurs: CRM)

3.3.1 Mass Customization

Das Konzept der Mass Customization, sprich das der kundenindividuellen Massenferti-
gung fungiert als Zusammenstellung zweier sich widersprechender Begriffe, da es die an
sich gegensätzlichen Konzepte der Massenproduktion und der kundenindividuellen Pro-
duktion miteinander verbindet. Es symbolisiert eine Fertigungsform zwischen der klassi-
schen Massenproduktion, welche auf hohe Stückzahlen bei wenigen Varianten ausgerich-
tet ist, und der kundenindividuellen Fertigung von Einzelstücken.

31
Online-Marketing

Für die individuellen Produktgestaltungsmöglichkeiten sind die neuen Medien im Allge-


meinen prädestiniert, da sie eine kundenindividuelle Ausgestaltung des Produktes durch
ihre Interaktionsmöglichkeiten mit gleichzeitiger Visualisierung unterstützen.

Gleichzeitig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine völlig in der Kundenhand liegende
Produktgestaltung durch technische Produktionsgrenzen vielfach nicht möglich ist, so dass
man dem Kunden in der Regel nur gewisse Module zur individuellen Kombination zur
Verfügung stellt. Dennoch erfolgt durch diese Vorgehensweise eine sehr starke Personali-
sierung auf die Kundenbedürfnisse, was ganz im Sinne des vorgestellten One-To-One
Marketings ist.

3.3.2 Produktkonfigurator

Um eine individuelle Produktgestaltung im Sinne der Mass Customization vornehmen zu


können, sind sogenannte Produktkonfiguratoren sinnvoll, damit der Kunde die Möglich-
keiten der Modularisierung nutzen kann.

Ein Charakteristikum des Konzepts der kundenindividuellen Massenfertigung liegt in der


Forderung begründet, dass die Zusammenstellung und Auswahl von Produktkombinati-
onsmöglichkeiten (Erhebung der Kundenwünsche) ohne Komplexität und Mühe für den
Kunden abzulaufen hat. Durch die Produktkonfiguratoren wird diesen ein Hilfsmittel zur
Verfügung gestellt, welches aus einer überschaubaren Anzahl möglicher Lösungen auf-
grund der spezifischen Kundenwünsche und Kundenanforderungen eine sinnvolle und
geeignete Lösung findet. Ein Produktkonfigurator ist somit ein Instrument, das den poten-
ziellen Kunden hinsichtlich der Umsetzung seiner Produktwunschvorstellungen durch
unternehmensseitige Restriktionen bezogen auf den Produktherstellungsprozess führt.

32
Online-Marketing

3.4 Die E-Business orientierten Aspekte der Absatzwegepolitik

Die Absatzwegepolitik sucht dabei nach Wegen und optimalen Bereitstellungsmöglichkei-


ten für die anzubietenden Produkte, wohingegen die Handelspolitik sich mit Fragen der
Integration weiterer Handelspartner in das Marketingkonzept befasst. Als Bindeglied zwi-
schen der Produktion und der Absatzseite einer Unternehmung fungiert die Distributions-
logistik, welche alle Lager- und Transportvorgänge von Waren zum Abnehmer sowie die
damit verbundenen Informations-, Steuerungs- und Kontrolltätigkeiten umfasst. Es geht
hier also um den Aspekt der optimalen Bedienung der gewählten Absatzwege.

Distributionspolitik

Absatzwegepolitik Handelspolitik Distributionslogistik

Traditionell

Lieferpolitik Einzelhandelspolitik Direktbelieferung


Niederlassungspolitik Großhandelspolitik Lagerhaltungspolitik
Kooperationen Selektive Handelspolitik Auslieferungspolitik
Strategische Allianzen Agenturpolitik Standortpolitik

E-Business spezifisch

E-Portale Kanalkonflikte E-Logistik


E-Shops Multi-Channel-Strategie E-Fulfillment
E-Procurement Value Added Services
Virtuelle Marktplätze After-Sales-Service

Um die angebotenen Produkte optimal bereitstellen zu können, ist es notwendig, einen


Absatzweg, auch als Distributionskanal bezeichnet, zum Kunden hin zu definieren. Dabei
verkörpert dieser Distributionskanal die Gesamtheit aller ineinandergreifenden Organisa-
tionen, welche am Prozess beteiligt sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zur
Verwendung oder zum Verbrauch verfügbar zu machen.

33
Online-Marketing

Durch die Vermarktung der Produkte mittels Internet oder auch mobilen Kommunikati-
onsmedien wird der traditionelle Vertriebskanal durch einen elektronischen erweitert oder
aber auch ersetzt. Der elektronische Vertriebskanal kann sowohl im B2B-Bereich als auch
im B2C-Bereich realisiert werden.

Vorteile des Online-Vertriebs:


• 24h-Service, 7 Tage in der Woche (24*7-Verfügbarkeit)
• Ortsungebundener und flexibler Zugriff auf den virtuellen Shop
• Wegfall des Anfahrtsweges und der Parkplatzsuche
• Zeitersparnis
• Direkte Vergleichsmöglichkeiten von Synonymprodukten
• Keine Kaufbeeinflussung durch Verkaufspersonal
• Direkte Belieferungsmöglichkeiten bei digitalen Produkten
• Inanspruchnahme von Value Added Services (Produktinformationen)

3.5 Die E-Business orientierten Aspekte der Handelspolitik

Um der Integration von Handelspartnern in die E-Marketingkonzeption eines Unterneh-


mens gerecht zu werden, muss man sich zwingend mit dem Themengebiet der Handels-
konflikte oder auch Kanalkonflikte innerhalb der E-Distributionslogistik beschäftigen.
Den Herstellern von Konsum- und Gebrauchsgütern für den Endverbraucher bzw. End-
verwender ermöglicht der elektronische Vertriebsweg den Direktvertrieb ihrer Waren.
Nicht elektronische Handelskette:
Hersteller → Zwischenhändler → Kunde
Elektronische Handelskette:
Hersteller → Kunde

Es ist darauf zu achten, dass durch die direkte Interaktions- und Kommunikationsmöglich-
keit verschiedene Stufen der Wertschöpfungskette nicht übergangen werden, so dass Ka-
nalkonflikte vermieden werden.

34
Online-Marketing

3.6 Die Webseite als übergreifendes Kommunikationsmedium

Die Webseite einer Unternehmung repräsentiert das wichtigste Instrument der E-


Kommunikationspolitik. Sie stellt die grundlegende Marketingmitteilung im Internet dar
und besteht in der Regel aus einer Homepage und dahinter liegenden Seiten. Das Unter-
nehmen kann auf seinen Webseiten die Zielgruppen des Informationsangebotes differen-
ziert mit produkt- und unternehmensspezifischen Informationen versorgen, beispielsweise
über aktuelle Sonderangebote, News für Investoren im Rahmen der Investor Relationship
oder aktuelle Stellenangebote im Unternehmen bereitstellen.

Erfolgreiche Web-Angebote zeigen eine durchgängige Reihe von Merkmalen:


• Value Added Services
• Erreichbarkeit
• Designqualität
• Aktualität (bzw. RELEVANZ)

Die Webseite sollte wirtschaftlich betrieben werden (d.h. die Kosten sind durch Zusatzer-
löse oder durch Kostenersparnisse auszugleichen). Die Webseite sollte Kunden binden
helfen (Kommunikationsverbesserung). Die Webseite soll neue Kunden akquirieren helfen
(Erstinformationen bereitstellen, Neugier wecken). Die Webseite soll die Qualität der an-
gebotenen Leistungen erhöhen (Personalisierungsmöglichkeiten).

Allgemein ist zu bemerken, dass für eine erfolgreiche Webseitengestaltung dem Nutzer
personalisierte Webseiten zur Verfügung gestellt werden sollten. Diese vermitteln dem
Kunden ein Gefühl von Exklusivität sowie Vertrauen und sprechen ganz gezielt auch seine
persönlichen Bedürfnisse an (1:1 Marketing).

35
Online-Marketing

3.7 Geschäftsmodelle für E-Marketing

Viele E-Business Lösungen hatten in den letzten Jahren scheinbar eher experimentellen
Charakter. Heute ist es auch im Hinblick auf zurückhaltende Risikokapitalgeber immer
wichtiger, E-Business-Konzepte besser zu fundieren und zugrundeliegende Geschäftsmo-
delle zu konsolidieren. In diesem Kapitel wird zunächst eine Systematisierung von EC-
Geschäftsmodellen durchgeführt, bevor eine Reihe von prototypischen Modellen disku-
tiert und einige exemplarisch weiter detailliert dargestellt werden.

Nachdem in der Literatur der Begriff "Geschäftsmodell" oft unterschiedlich oder unscharf
formuliert ist, wird hier eine Definition nach Timmers verwendet, in der ein Geschäfts-
modell (für E-Business) folgende Komponenten enthält:
• Eine Architektur für Waren-, Service- und Informationsfluss, einschließlich der Be-
schreibung der einzelnen Akteure und ihrer Rollen.
• Eine Beschreibung der potenziellen Vorteile für die einzelnen Akteure.
• Eine Beschreibung der Einkunftsquellen.

3.7.1 Neuerungen in EM-Geschäftsmodellen

Grundlegende Unterschiede zwischen etablierten und neuen, für E-Business eingeführten


Geschäftsmodellen lassen sich meist auf die interaktiven und informationsorientierten
Möglichkeiten des Internets zurückführen und sind im Einzelnen:
• Klassische Wertschöpfungsketten wie beispielsweise Hersteller-Großhändler-
Einzelhändler werden aufgelöst, bzw. neue Arten von Zwischenhändlern, so genannte
Intermediäre, entstehen. Der Kunde agiert gegebenenfalls direkt mit dem Hersteller.
• Eine neue Fragmentierung und Modularisierung von Gliedern der Wertschöpfungsket-
te durch technologische Möglichkeiten des Internets (beispielsweise Application Ser-
vice Provider ASP) entsteht.
• Der Wertschöpfungsprozess wird verstärkt durch eine direkte Kundennachfrage initi-
iert.

36
Online-Marketing

• Die Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden ändert sich. Die Interaktion wird
personalisiert, jeder Kunde wird individuell angesprochen (1:1 Marketing).
• Marktmechanismen lassen sich auch in kleinen virtuellen Umgebungen einfach und
effizient realisieren.
• Content ist ein dominierendes Produkt
• Virtuelle Umgebungen für spezifische Bedürfnisse können schnell geschaffen werden.

3.7.2 Klassifikation von Geschäftsmodellen

Geschäftsmodelle lassen sich durch eine Reihe von Charakteristika klassifizieren:


• Zielgruppe:
Sie beschreibt die Beteiligten in den bilateralen Handelsbeziehungen (Geschäftskun-
den (business) B, Privatkunden (consumer) C, Verwaltung (administration) A)
• Objekte des Handels:
Was wird gehandelt, Content, Dienstleistungen oder physische Produkte?
• Preisfindungsmodelle:
Wie wird der Preis festgestellt, Festpreis bzw. Katalogmodell, Auktion?
• Interaktion:
Gibt es eine direkte Interaktion oder sind Vermittler zwischengeschaltet, wie bei-
spielsweise in Marktplätzen oder virtuellen Malls?
• Art der Einkünfte:
Welcher Art sind die Einkunftsquellen? Werbung, Subskription oder Gewinnmargen
beim Verkauf?
• E-Commerce-Phasen:
Ein typischer E-Commerce Transaktionsprozess lässt sich in eine Informationsphase,
eine Preisfindungsphase, eine Bezahlphase und eine Abwicklungsphase untergliedern.
Geschäftsmodelle setzen für die einzelnen Phasen unterschiedliche Schwerpunkte.

37
Online-Marketing

3.7.3 Preisfindung

Für Geschäftsmodelle ist die Preisfindung ein wesentliches Charakteristikum. Der Festpreis
ist zwar immer noch der einfachste, aber inflexibelste Ansatz. Durch innovative Software-
lösungen wird zunehmend die Realisierung von aufwendigeren Marktmechanismen zur
Preisfindung ermöglicht. Im Folgenden sind die wichtigsten Modelle skizziert.
• Im Katalogmodell wird meist von feststehenden Preisen ausgegangen.
• Bei einer Auktion wird ein Produkt zu einem Mindestpreis angeboten, der von Interes-
senten innerhalb einer vordefinierten Zeit sukzessive überboten werden kann, bis der
Meistbietende den Zuschlag erhält.
• Bei einer Ausschreibung gibt der potenzielle Käufer ein Kaufgesuch ab, auf das poten-
zielle Anbieter reagieren können.
• Bei einer Börse wird der Preis kontinuierlich und sehr zeitnah durch Angebot und
Nachfrage bestimmt.
• Group Buying ist das Modell von Einkaufsgemeinschaften, bei denen eine Menge von
meist kleineren Nachfragen zusammengefasst wird, um Mengenrabatte bei Anbietern
ausnutzen zu können.

3.7.4 Prototyp Geschäftsmodellansätze

Im Folgenden werden verschiedene prototypische Geschäftsmodellansätze beschrieben,


die primär nach den bilateralen Handelsbeziehungen B2C und B2B sortiert sind.

B2C-Geschäftsmodelle
Was ist das Besondere an Business-to-Consumer-Geschäftsmodellen? Böse Zungen könn-
ten behaupten, dass es das Fehlen eines ganz entscheidenden Details sei, nämlich der
Beschreibung der Einkünfte. (siehe Def. von Geschäftsmodellen)
Eine Spezies von Geschäftsmodellen lässt sich als Händlermodelle charakterisieren, in
denen die Interaktion direkt zwischen Händler und Endkunden erfolgt und die oftmals in
Analogie zu klassischen Geschäftsmodellen entstanden sind. Die Einkünfte basieren we-
sentlich auf der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis des Händlers.

38
Online-Marketing

Unter diese Kategorie (B2C) fallen auch die Vermittlermodelle (initiieren von Handelsbe-
ziehungen), Werbungsmodelle (Werbung als Haupteinnahmequelle) sowie die Subskrip-
tionsmodelle (elektronische Zeitschriften).

B2B-Geschäftsmodelle
Gerade für eine Diskussion von B2B-Geschäftsmodellen ist eine Analyse von Wertschöp-
fungsketten bezüglich ihres Potenzials zur Abbildung von überbetrieblichen Interaktionen
hilfreich. Betrachtet man beispielsweise die Wertschöpfungskette: Marketing, Auftragsbe-
arbeitung, Bestandsmanagement, Lagerung, Distributionsplanung, Versand, Transport,
Anlieferung und Customer-Service, so ergeben sich viele Ansätze für den Einsatz von E-
Business für die Verzahnung der Wertschöpfungskette zu Lieferanten, Distributoren, Part-
nern, Logistikdienstleistern oder Kunden.
B2B-Marktplätze vermitteln Handelspartner, Informationen über Angebot und Nachfrage,
unterstützen die Preisfindung und möglicherweise die Bezahlung.
E-Procurement-Lösungen sind spezialisierte B2B-Einkaufslösungen.
Das Internet bzw. Geschäftstransaktionen generieren eine unübersichtliche Menge von
Informationen. Das Prinzip des Information Brokerage beruht auf der Zustellung von auf-
bereiteten, analysierten und gefilterten Informationen. Beispiele hierfür sind Suchmaschi-
nen, Monitoring und E-Commerce Seiten, Beratung für Kapitalanalyse oder Analyse von
Kundenprofilen. Derartige Informations- und Beratungsdienste werden meistens auf einer
transaktions- oder subskriptionsorientierten Basis bezahlt.

3.8 Elektronische Marktforschung

Bei der Informationsgewinnung unterscheidet man zwischen der Sekundärforschung oder


desk research und der Primärforschung, auch field research genannt.

Sekundäre E-Marktforschung
Für die Sekundärforschung bilden die weltweiten Datennetze eine wahre Fundgrube an
externen Informationen, welche zu Marktforschungszwecken im Hinblick auf das Konkur-

39
Online-Marketing

renzverhalten aber auch auf Kundenpotenziale sowie die makroökonomischen Aspekte


herangezogen werden können.

Primäre E-Marktforschung
Auch im Bereich der Primärforschung lassen sich die neuen Medien sinnvoll einsetzen. Im
Zuge der durchgeführten Informationserhebung unterscheidet man zwischen versteckter
(im Besonderen durch Beobachtung) und offener Informationsgewinnung. Dabei liefern
die versteckte Informationsgewinnungsmethode sogenannte Nutzungsprofile, wohingegen
der offene elektronische Informationsprozess zu expliziten Nutzerprofilen führt.

Abschließende Gegenüberstellung: das 4C- und 4P-Modell

Product (Produktpolitik) → Content


Price (Preispolitik) → Cost to the customer
Promotion (Absatzförderung) → Communication
Place (Distributionspolitik) → Convenience

3.9 Systematisierung des Gelernten

Diskussion im Plenum!

3.10 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

40
Online-Marketing

4 DER INTERNET-KUNDE

4.1 Lernziele

Der Internetkunde hat wenig Geduld – schließlich ist die ganze Welt nur einen Mausklick
entfernt. Am Ende dieses Kapitels sollen die TeilnehmerInnen einige Besonderheiten des
Internetkunden aufzählen und deren Hintergründe erklären können.

4.2 Tipps zur Kundengewinnung im Internet

Der Internetkunde hat wenig Geduld - schließlich ist die ganze Welt nur einen Mausklick
entfernt. Umso wichtiger ist es also, Ihre Seiten so attraktiv zu machen, dass sie den Kun-
den fesseln und zum Weiterlesen animieren.

Ihre Homepage ist der Schlüssel zur Kundengewinnung im Internet. Sie müssen den Kun-
den binnen Sekunden davon überzeugen, dass er auf Ihren Online-Seiten genau richtig ist.
Bieten Sie auf den ersten Blick Anreize, die zum Verweilen animieren, dann 'gehört' der
Kunde schon fast Ihnen. Nehmen Sie die folgenden 5 Tipps zur Kundengewinnung im
Internet als Anregung, wie Sie Ihre Webbesucher direkt erreichen und Ihre Online- Erfolge
steigern:

Tipp zur Kundengewinnung im Internet Nr.1: Wegweiser direkt am Eingang


Erfolgreiche US-Online-Shops gehen voran, immer mehr Shops folgen: Verzichten Sie auf
aufwändige Bilder und lange Beschreibungen auf der Homepage Ihres Shops. Ein Weg-
weiser – eine so genannte Sitemap – auf der Startseite führt mit einem Klick an jede ge-
wünschte Stelle Ihrer Website. Ein Erfolg versprechender Nebeneffekt ist, dass Google und
andere Suchmaschinen Sitemaps sehr positiv bewerten, was Ihre Suchmaschinenpositio-
nierung verbessert.

41
Online-Marketing

Tipp zur Kundengewinnung im Internet Nr.2: Emotionale Beschreibungen


Gut, Fakten müssen sein. Aber muss die Beschreibung immer technokratisch daherkom-
men? Ein Flatscreen, ein Rasenmäher oder ein USB-Stick sind doch wunderbar dazu ge-
eignet, ein wenig Leben in den Text zu bringen und somit das Potenzial der Kundenge-
winnung Ihrer Seiten zu stärken. Wie es emotionaler geht, zeigt zum Beispiel der Web-
2.0-Shop www.schutzgeld.de. Unter dem Motto 'Ein Tag – ein Produkt – ein Preis' wird
jeden Tag ein einziges Sonderangebot präsentiert. Das macht Lust aufs Kaufen, nicht nur
wegen des überragenden Preises.

Tipp zur Kundengewinnung im Internet Nr.3: Zeigen Sie Powerangebote


Sie haben doch garantiert etwas Tolles anzubieten: das Monatsgewinnspiel, kostenlose
Lieferung, einen unschlagbaren Top-Preis. Warum schüchtern verstecken? Genau diese
Angebote führen den noch unschlüssigen Besucher zum Klick in Ihren Shop. Also: ab ins
obere Drittel Ihrer Seite, noch über den 'Wegweiser'.

Tipp zur Kundengewinnung im Internet Nr. 4: Lassen Sie Kunden sprechen


Sie kennen die Kommentare unter den Amazon-Produkten oder die Firefox-User-Galerie?
In der neuen Web-2.0-Shop-Generation geht es noch basisdemokratischer und authenti-
scher zu.
Hier hauchen, wie zum Beispiel im Fashion Shop 'A Better Tomorrow', echte Kommenta-
re und vor allem die 'Produkt-Nutzungsbilder' dem Shop Leben und Emotionen ein.

Tipp zur Kundengewinnung im Internet Nr.5: Nach dem Kauf ist vor dem Kauf
Nutzen Sie jede Gelegenheit, auch nach dem Kauf, sich ordentlich (und persönlich!) zu
bedanken, die Kaufentscheidung Ihres Kunden zu bestätigen. Das machen Sie per E-Mail,
Lieferankündigungsmail, Paketbeilage, Telefon-Nachfrage. Klingt einfach, wird aber in der
Hektik des Online-Alltags meist trotzdem vergessen. Die Grundlinie heißt also: noch nä-
her an den Kunden. Eine uralte Marketingweisheit, die scheinbar erst im digitalen Zeitalter
zu 100 % umgesetzt werden kann.

42
Online-Marketing

4.3 Internetnutzung in Österreich

Medien sind vielfältig, daher listen wir hier nur die meistgenutzten auf. Mehr erfahren Sie
bei manchen Institutionen der Kommunikationsbranche (Angaben in Prozent). Gfk-Daten
(Online Monitor)

4.4 Nutzerverhalten

Weltweit lassen sich Internetnutzer in folgende Typologien unterteilen:


• Online Surfer
• Online Consumer
• Online Prosumer
• Online Buyer
• Online Key Customer

43
Online-Marketing

4.4.1 Online Surfer

Online Surfer sind verspielte Typen. Sie surfen emotional im Internet, schauen kurz mal
vorbei, stoßen eher zufällig auf neue Webseiten, nutzen passiv das Angebot im Internet.
Für diesen Internet-User gilt es (aus Sicht des Anbieters), Anreize zu schaffen sowie den
Bekanntheitsgrad der eigenen Webseite zu erhöhen. Dies lässt sich z.B. durch Verlinkun-
gen, klassische Werbung, durch ein attraktives Erscheinungsbild bewerkstelligen.

4.4.2 Online Consumer

Online Surfer sind neugierige Typen. Sie zeigen gegenüber den Online Surfern schon ein
aktiveres Verhalten. Sie surfen interaktiv durch die vorhandene Produkt- und Dienstleis-
tungspalette und pflegen ihre „Favoriten“.
Der Anbieter begegnet hier den Herausforderungen, die Nutzererwartung zu erfüllen so-
wie hat das Ziel, die Verweildauer des Online Consumers zu erhöhen.

4.4.3 Online Prosumer

Online Prosumer involvieren sich, sind aktive Konsumenten und zeigen persönliches En-
gagement. Online Prosumer wünschen den Dialog mit dem Anbieter und zeigt hohes Inte-
resse am Produktportfolio. Der Anbieter liegt richtig, wenn er hier die Möglichkeiten der
Interaktivität des Internets nutzt sowie den Konsumenten in die Geschäftsprozesse einbin-
det. Durchdachte Navigationsmöglichkeiten unterstützen hier die Bedürfnisse des Prosu-
mers.

4.4.4 Online Buyer

Beim Online Buyer ist der Prozess vom Interessenten zum Käufer vollzogen. Der Anbieter
ist hier gefordert, das Vertrauen (TRUST) mit der Webseite zu stärken, die Kundenbindung
zu fördern sowie laufend die Zahlungsmöglichkeiten zu verbessern. Hier wird (wie auch
in der offline-Welt) empfohlen, den „Kunden dort abzuholen, wo er sich befindet“.

44
Online-Marketing

4.4.5 Online Key Customer

Der Online Key Customer zeigt die Bereitschaft zu Wiederholungskäufen, ist hoch moti-
viert und zeigt ein ausgeprägtes Treueverhalten gegenüber dem Anbieter. Hier ist es essen-
tiell, einen persönlichen Zusatznutzen anzubieten sowie die persönliche Kommunikation
zu fördern.

4.5 Systematisierung des Gelernten

Rückblick Kapitel 4 in Stichworten!

4.6 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

45
Online-Marketing

5 E-MAIL UND PERMISSION-MARKETING

Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind wesentliche Innova-


tionsmotoren und zugleich Indikatoren des wirtschaftlichen Wachstums. Ungeachtet einer
möglichen Flaute wird der langfristige Bedarf an diesen Technologien weiter zunehmen.
Längst ist das Internet für viele Unternehmen geradezu existenzentscheidend. Gut x Milli-
arden Web-Seiten sind heute im „Netz der Netze“ zu finden und täglich werden hier mehr
als y Milliarden E-Mails versandt. Die übertragene Datenmenge nimmt enorm zu. Doch
das ist erst der Anfang. Vom Informationsmedium wandelt sich das Internet zunehmend
zur allumfassenden Quelle für Services jeder Art. Daher wird weltweit das Internet weiter-
entwickelt hin zu größerer Kapazität und Sicherheit. Vor allem das drahtlose (mobile) In-
ternet soll alle bisherigen Innovationsschübe weit übertreffen.

Mit der Fortentwicklung der Mobilfunk- und Netzwerktechnik wird zugleich der Wettbe-
werb zwischen den verschiedenen Anbietern im Internet an Schärfe deutlich zunehmen.
Mehr noch: Der Wettbewerbsdruck wird umso mehr zum Existenzkampf, je mehr sich die
technischen Eigenschaften der Unternehmensprodukte – wie auch soziale und gesundheit-
liche Leistungen – angleichen. Viele Unternehmen setzen daher auf Kooperationen, Fusi-
onen und Rationalisierungen, um kurz- und langfristig am Markt zu bestehen.

Doch um zu überleben, sind nicht nur Schlankheitskuren vonnöten, sondern auch Kun-
denorientierung. Die zunehmenden Wahlmöglichkeiten und aggressives Preisdumping der
Wettbewerber machen den Kunden anspruchsvoller und ihm das Wechseln leichter.
Bestehende Kunden zu binden und neue zu gewinnen, das ist das zentrale Ziel im strate-
gischen Marketing. Der Trend im strategischen Marketing geht dahin, mit jedem einzelnen
(potenziellen) Kunden individuell (1:1) zu kommunizieren. Je persönlicher die Ansprache
eines Kunden ist, desto größer ist auch seine Bindung an das jeweilige Unternehmen. Die
Frage ist nur, wie man nützliche Informationen über Kunden gewinnt und wie man mit
ihnen individuell kommuniziert.

46
Online-Marketing

Elektronisches Marketing, kurz E-Marketing, eröffnet neue Wege, dieser Herausforderung


zu begegnen. E-Marketing ist jedoch mehr als nur traditionelles Marketing mit Internet-
Technologie. Es ermöglicht eine völlig neue Beziehung zum Kunden.

E-Marketing hat die gleichen Ziele wie klassisches Marketing, aber es folgt einer neuen
Wirtschaftsordnung und nutzt andere Werkzeuge, insbesondere innovative Informations-
und Kommunikationstechnologien auf Netzwerkbasis. Grundsätzlich kann E-Marketing
beschrieben werden als das Management von Kundenbeziehungen in einer hypermedia-
len Umgebung mit dem Ziel, sowohl die Kunden als auch das Unternehmen in ihrer Zu-
friedenheit zu fördern. (Exkurs: CRM)

5.1 Lernziele

In diesem Kapitel lernen die TeilnehmerInnen E-Marketing als systematische und zielori-
entierte Planung, Steuerung und Kontrolle des Einsatzes der klassischen vier Elemente des
Marketing-Mix, als da sind
• Produktpolitik, u. a. Entwicklung, Planung, Steuerung
• Preispolitik, u. a. gesellschaftliche Entwicklungen, Steuer
• Distributionspolitik, u. a. Einkauf und Beschaffung, Vertrieb
• Kommunikationspolitik, u. a. Werbung, Kundenbindung
in Bezug auf die Möglichkeiten elektronischer Medien (E-Mail und Internet) kennen. Im
speziellen wird auf die Besonderheiten des Permission Marketing eingegangen.

Diese Definition von E-Marketing macht bereits die Überlappung der elektronischen und
des klassischen Marketing deutlich. Das E-Marketing ist in der Regel ein integrierter Be-
standteil des gesamten Marketing-Mix. Das Verhältnis von E- zu klassischem Marketing
muss indes jedes Unternehmen individuell erarbeiten, umsetzen und ständig aktualisieren.
Welchen Raum das E-Marketing im gesamten Marketing-Mix eines Unternehmens ein-
nehmen soll, entscheiden letztlich die Branche (Markt, Mitbewerber), das Produkt (z. B.
geeigneter Vertriebsweg) sowie die Bedürfnisse der Zielgruppen (Kunden).

47
Online-Marketing

Ziel dieser Einheit ist, den TeilnehmerInnen in Diskussionsform Begriffe, welche in Zu-
sammenhang (bzw. inhaltlich) mit E-Marketing-Strategien vorkommen (im speziellen:
Permission Marketing), vorzustellen und hinsichtlich Ihrer Bedeutung zu hinterfragen.

5.2 Online-Werbung

Während Werbeschaltungen in Zeitungen und TV vor allem auf Breitenwirkung angewie-


sen sind, reduziert sich der Streufaktor im Internet erheblich. Und die Entwicklung der
letzten Jahre zeige deutlich, dass Online-Werbung immer individueller und unterhaltsa-
mer wird.

Unterstützt durch neue technische Möglichkeiten verstärkt sich derzeit der Trend zu
Crossmedia-Werbekampagnen. Parallel zum Internet hat sich Online-Werbung als effizi-
enter Weg etabliert, um Kunden anzusprechen. Ebenso wie das Netz ist Online-Werbung
den Kinderschuhen entwachsen und eine feste Größe im Marketing-Mix der Unternehmen
geworden. Der Erfolg der Internet-Werbung ist eng verknüpft mit den neuen technischen
Möglichkeiten. Was mit statischen Bannern begann, hat sich zu Multimedia-Formaten
entwickelt, die Bild und Ton kombinieren und den Bildschirm als Spielfeld für kreative
Ideen nutzen.

Online-Werber müssen die größeren Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um Online-


Werbung noch attraktiver zu machen. Denn wie in jedem etablierten Medium stößt Wer-
bung nicht auf ungeteilte Zustimmung - Nutzer lehnen allzu aufdringliche Pop-ups und
Banner ab. Experten raten daher dazu, den Unterhaltungsfaktor von Werbung stärker zu
betonen, sie zielgruppengenau einzusetzen und etwa über Buttons Interaktionsmöglich-
keiten zu geben. Gerade Multimedia-Formate ermöglichen, Werbung emotionaler zu ge-
stalten und damit Kunden besser zu erreichen.

Ob Kampagnen bei ihrer Zielgruppe angekommen sind, lässt sich bei Online-Werbung
durch Klickraten messen. Hinzu kommen repräsentative Analysen, mit denen sich Ziel-

48
Online-Marketing

gruppen und ihr Surfverhalten genau untersuchen lassen. Die Messbarkeit des Erfolgs ist
für Online-Werber in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Argument geworden
und hat dazu beigetragen, dass sich die Bedeutung einzelner Mediengattungen zugunsten
der Online-Werbung verschoben hat.

Doch auch wenn Online-Werbung wichtig geworden ist, erzielen Werbetreibende den
größten Erfolg mit integrierten Kampagnen, die On- und Offline verbinden. So zeigen Un-
tersuchungen, dass Kombinationen aus TV- und Online-Einsatz die Werbewirkung ver-
doppeln und die Sympathiewerte einer Marke deutlich erhöhen können. Künftig kommt es
daher immer stärker auf einen optimalen Media-Mix an. Online-Spezialisten und klassi-
sche Werber müssen ihre Arbeit noch enger verzahnen und eine einheitliche Bild- und
Formensprache schaffen, die Botschaften medienübergreifend transportiert.

5.3 Personalisierung, One-to-One Marketing

Definition „Personalisierung“:
„Mehrwertiges Kundenbindungsinstrument, bei dem in der Regel informationelle Vorteile
durch individuelle Anpassung von Angeboten und Informationen auf der Basis eines per-
sönlichen Nutzerprofils versprochen werden. Kann auch zur Aufwandsminimierung für
den Kunden führen.“
Personalisierung beruht auf dem Konzept des 1:1 Marketing.

1:1 Marketing
One-to-One Marketing ist eine Form der Kundenansprache, in der marketingpolitische
Entscheidungen (insbesondere kommunikativer Art) nicht mehr auf eher grobe Zielgrup-
pen, sondern erheblich gezielter auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden bezogen ge-
troffen und umgesetzt werden. Dazu sind allerdings tiefere Kenntnisse über demographi-
sche und psychographische Rahmendaten der Kunden wie Lebenssituation, Präferenzen,
Kaufgewohnheiten usw. sowie deren systematische Auswertung notwendig. Da Marketing
auch Produktplanung umfasst, fällt zudem die im Konsumgüterbereich neuartige, maßge-

49
Online-Marketing

rechte Anpassung eines Produktes an die Kundenbedürfnisse unter diesen Begriff. (Exkurs:
„Geo-Marketing“)

1:1 Marketing ist erst in letzter Zeit aufgrund erheblich ausgeweiteter Hard- und Software-
Möglichkeiten in Hinsicht auf Datengewinnung und Datenverknüpfung (vgl. Datamining)
sowie computergesteuerter Fertigungsverfahren mit geringen Rüstzeiten und -kosten mög-
lich geworden.

5.4 E-Mail-, Permission-, Viral-Marketing

E-Mail-Marketing:
Verkaufszahlen erhöhen, die Markenbekanntheit erhöhen, Kunden für ein neues Projekt
gewinnen oder einfach nur wiederkehrende Besucher gewinnen. Email als Kommunikati-
onsmittel lässt sich zu all diesen Zwecken einsetzen, was dann im Allgemeinen unter der
Bezeichnung "E-Mail-Marketing" läuft.

Mit hinein spielt ein anderer Komplex: das Permission Marketing (Permission = "Erlaub-
nis"), also Werbung mit vorheriger Einverständniserklärung des Empfangenden. Im Internet
bedient sich Permission Marketing fast ausschließlich der Email als Träger. Interessanter-
weise ist seriöses Email-Marketing gleichzeitig Permission Marketing - Spam, also unge-
wollte Werbung, versenden nur die unseriösen Unternehmen.
In der konkreten Erscheinungsform handelt es sich sowohl bei Email-Marketing als auch
bei Permission Marketing häufig um Newsletter, also mehr oder minder regelmäßig er-
scheinende, an mehrere Empfänger gerichtete Publikationen. Newsletter können auch
durchaus personalisiert (gezielt) sein, also beispielsweise nur über zwei bestimmte Pro-
duktgruppen berichten.

Das Hauptaugenmerk beim Permission-Marketing liegt darauf, dass der Anbieter Kontakt
mit dem Kunden aufnimmt und eine langfristige, freiwillige Beziehung mit dem Kunden
anstrebt. Der erste Schritt – nachdem der Kunde Interesse am Anbieter gewonnen hat – ist

50
Online-Marketing

die Registrierung des Kunden beim Unternehmen. Der Anbieter verschickt nur dann In-
formation, wenn der Kunde sein Einverständnis gegeben hat. Im zweiten Schritt erhält der
Kunde personalisierte Information vom Unternehmen, mit dem Ziel, eine nachhaltige Be-
ziehung zum Empfänger der Nachricht aufzubauen. Dies geschieht meist mit Hilfe von E-
Mails oder Newslettern.

Viral-Marketing
Als Viral-Marketing bezeichnet man alle Techniken, Kunden zu animieren, angebotene
Produkte und Dienstleistungen weiter zu empfehlen. Eine anfänglich überraschende, un-
erwartete, möglicherweise sogar (für die Zielgruppe) sensationelle Botschaft verbreitet sich
von Mund zu Mund wie ein Virus. Viral-Marketing geht davon aus, dass der Mundpropa-
ganda eine große, oft zu Unrecht vernachlässigte Bedeutung zukommt und unterstützt die
spontane Mundpropaganda von Kunden aktiv, indem sie zur Mundpropaganda auffordert
und den Kunden Mittel dafür zur Verfügung stellt. (Negative Ausprägung: „Hilfiger“)

Mundpropaganda im Internet lässt sich zum Teil leichter beobachten und auch beeinflus-
sen als die Kommunikation zwischen Kunden außerhalb des Internets. Websites wie
eComplaints versuchen Beschwerden, also negative Mundpropaganda, von Kunden zu
moderieren, aufzufangen, zu bewerten und den Unternehmen kostenpflichtig zur Verfü-
gung zu stellen. Wer sich von einem Unternehmen schlecht behandelt fühlt, kann dort
seine Erfahrung veröffentlichen. eComplaints leitet eingehende Beschwerden an die be-
troffenen Unternehmen und hilft den Beschwerdeführern mit Formulierungshilfen, Links
zu amtlichen Stellen und Infos über ihre Rechte. Unternehmen können von eComplaints
allgemeine oder Branchendaten kaufen bis hin zu detaillierten Statistiken über die Zahl
und Art der Beschwerden und die Reklamationsbearbeitung des betroffenen Unterneh-
mens.

Techniken des Viral-Marketing spielen bei der Promotion von Websites eine besondere
Rolle, da Nutzer von Websites überwiegend durch Empfehlungen gewonnen werden. Sie
werden von vielen Websites erfolgreich genutzt (Beispiel: Bollwerk mit Meckerkasten).

51
Online-Marketing

5.5 Vor-/Nachteile von Permission Marketing

Beim Permission Marketing gibt es folgende Vor- und Nachteile:

Vorteile:
• Rasche, qualitative Kundendaten generieren
• Kostengünstig
• Imageverbesserung
• Hohe Responseraten
• Gute Messbarkeit
• Zeit/ortsunabhängig

Nachteile:
• Rechtliche Bedingungen bei Datengewinnung
• Robinsonliste berücksichtigen
• Aufwendig bei Umsetzung
• Gefahr von Spam

5.6 Systematisierung des Gelernten

Rückblick Kapitel 5 in Stichworten!

5.7 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

52
Online-Marketing

6 ZAHLUNGSSYSTEME IM WEB

6.1 Lernziele

In den letzten 24 Monaten sind zahlreiche kühne Prognosen zum Bereich des e-
Commerce und der zu erwartenden Umsätze getroffen worden. Oft war dabei von Milli-
arden-Umsätzen die Rede, ohne konkret zu erläutern, welche Verfahren zur Bezahlung
dem Kunden als auch dem Verkäufer zum Erhalt des Geldes zur Verfügung stehen. Neben
den „traditionellen“ Verfahren von Rechnung, Nachnahme und Bankeinzug gibt es im
Internet zahlreiche Systeme, die um die Gunst der Nutzer buhlen. Für den Betreiber des
Shops stellt sich damit die Frage nach dem optimalen System, dass sowohl Sicherheit und
Nutzerfreundlichkeit gekoppelt mit einem hohen Bekanntheitsgrad verbindet. Kritisch sind
ebenfalls die Abrechnungsmodelle der Anbieter, wenn völlig überzogene Provisionen den
zu erwartenden Gewinn auffressen.

In der Regel bieten Wep-Shops Ihren Kunden eine Reihe von Zahlungsalternativen an. Die
Auswahl der konkreten Bezahl-Methode erfolgt dann vom Online-Shopper selbst. Aber
auf welchen Kriterien basiert nun die Wahl der bevorzugten Bezahl-Option?
Besonderheiten um diesen Themenkreis sind Thema dieses Kapitels.

6.2 Status Quo

Gegenwärtig dominieren immer noch die klassischen Zahlungssysteme. Nach einer Studie
der Europa-Universität Viadrina kommen neuere Bezahlungssysteme nur in sehr geringem
Umfang zum Einsatz.
Im Bereich der neuen Verfahren liegt ein Fokus auf den sog. Micropayment-Verfahren.
Dabei geht es im Schwerpunkt um die Abrechnung von Umsätzen im Bereich geringwer-
tiger Konsumgüter (Bücher, CDs, Tickets). Micropayment-Lösungen umfassen die Verfah-
ren zur Kreditkartenabrechnung, das elektronische Geld oder andere Techniken, wie die
Abrechnung über die Telefonrechnung.

53
Online-Marketing

Akzeptanz: E-Payment-Systeme haben im Internet die höchste Akzeptanz, wenn sie keine
Kosten nach sich ziehen und leicht zu handhaben sind

Eine Besonderheit stellen dabei die sog. Wallets dar. Um den Kunden die Transaktion so
einfach wie möglich zu gestalten, wurden Anwendungen entwickelt, die typische Informa-
tionen wie Bankverbindung oder Kreditkarteninformationen mit der Gegenstelle austau-
schen. Problematisch dabei ist, dass viele Hersteller von Wallet-Lösungen ihre „eigenen
Brote“ backen und die Lösungen damit inkompatibel wurden. Dies war und ist kontrapro-
duktiv im Hinblick auf eine einfache und zuverlässige Kundenlösung, wenn berücksichtigt
wird, dass Kunden ein hohes Maß an Einfachheit, Komfort und Sicherheit erwarten. Ein
Bezahlen über verschiedene Formulare plus zusätzlicher Registrierung bei einem oder
sogar mehreren Anbietern von Zahlungssystemen ist für den „modernen“ Kunden nicht
akzeptabel. „Internet-Kunden“ wollen einfache Systeme.

Die Auswahl der Bezahl-Alternative hängt vor allem von der einfachen und unkomplizier-
ten Handhabung (65,5 Prozent), der Kostenbelastung (63,1 Prozent) und des Belastungs-
zeitpunktes (56,0 Prozent) ab. Dennoch erwartet der Online-Shopper ein System, welches
leicht zu bedienen ist, keine oder nur geringe Mehrkosten verursacht und eine Belastung
erst nach Erhalt der Ware verursacht. Dem Zeitaufwand für die Abwicklung der Bezahlung
wird hingegen weniger Bedeutung beigemessen.

54
Online-Marketing

6.3 Marktübersicht

Mit diesem Kapitel soll dem Ziel, einen Überblick über die aktuell auf dem Markt relevan-
ten Bezahlsysteme für Internet und Mobilfunk zu geben, Rechnung getragen werden.
Immer mehr Firmen wollen das Internet nicht nur als Werbe- und Informationsträger, son-
dern auch als Vertriebsmedium nutzen, indem sie ihre Produkt im Netz online zum Ver-
kauf anbieten. Doch dabei muss besonders auf Datenschutz und Datensicherheit geachtet
werden. Denn Nachrichten, die über das Internet geschickt werden, können abgefangen
und manipuliert werden, die Gültigkeit von Dokumenten (wie Online-Kaufverträge) kann
angefochten und persönliche Daten können unerlaubt gesammelt werden. Auch der Ver-
kauf von Waren, die online geliefert werden, wie Informationen und Software, ist proble-
matisch, da deren Bezahlung noch vor der Übermittlung des Digitalen Gutes bestätigt
werden soll.

6.4 Vorauskasse und Nachnahme

Vorkasse und Nachnahme werden aufgrund der Zahlungssicherheit genutzt. In beiden


Fällen hat der Händler die Garantie, das Geld zu erhalten bevor der Kunde die Ware er-
hält. Er minimiert dadurch sein Ausfallrisiko. Obwohl das Nachnahmesystem relativ kos-
tenintensiv ist, nutzt es der Händler aus zweierlei Gründen: Die Kunden sind an das Sys-
tem gewöhnt, und die zusätzlich entstehenden Kosten können prinzipiell an sie weiterge-
geben werden.

6.5 Lastschriften

Lastschriften sind bei den Konsumenten beliebt und werden zur Zufriedenheit der Kunden
eingesetzt. Dies ist beachtlich, da Lastschriften ohne physikalische Unterschrift eigentlich
von den Banken nicht akzeptiert werden dürften. Außerdem können Lastschriften von den
Kunden innerhalb von 6 Wochen ohne jede Begründung rückgängig gemacht werden.

55
Online-Marketing

Der Händler hat die Kosten dieser Stornierung zu tragen und muss anderweitig für sein
Entgelt sorgen. Offenbar ist die kriminelle Energie so gering, dass diese Risiken aus Händ-
lersicht kalkulierbar werden.

6.6 Kreditkarten

Ähnlich wie Lastschriftverfahren sind die Kreditkarten bei den Verbrauchern beliebt, und
die Nutzung ist vertraut. Dies ist jedoch nicht der ausschlaggebende Punkt für die Akzep-
tanz von Kreditkarten. Händler setzen Kreditkarten in erster Linie wegen ihrer Internatio-
nalität ein. Jedoch ist für viele Händler der Einsatz von Kreditkarten im Internet noch im-
mer kritisch. Denn auch wenn Kreditkartennummer, Ablaufdatum und Inhabername mit
einem sicheren Kryptoverfahren vor Abhörversuchen geschützt werden, bleibt vor allem
für den Händler ein Restrisiko bestehen: Informationen können gefälscht sein oder die
Karte gestohlen und womöglich bereits gesperrt worden sein. Dies lässt sich online nur
durch eine Rückfrage beim Kreditkarteninstitut ausschalten. Dazu sind teure Online-
Verbindungen und die entsprechende sichere Infrastruktur notwendig. Außerdem mag
oder kann sich nicht jeder Händler als Akzeptanzstelle für Kreditkarten registrieren lassen.

6.7 Rechnung

Rechnungen werden in den meisten Fällen für Stammkunden und Behörden angeboten.
Neukunden kommen selten in den Genuss dieser Option. Die Begründung für die Leis-
tung auf Rechnung ist zweischichtig. Erstens wird dies von Stammkunden verlangt und
zweitens gliedert es sich Händler- und Kunden-seitig in die bestehenden Geschäftsprozes-
se ein.

56
Online-Marketing

6.8 Anforderungen an neue Zahlungssysteme

In erster Linie geht es um die nötige Sicherheit bei dem Einsatz solcher Systeme. Die neu-
en Zahlungsmodule müssen sowohl für den Händler als auch aus der subjektiven Sicht
des Kunden sicher sein. Sicherheit für den Händler impliziert in diesem Fall sowohl Zah-
lungssicherheit (das heißt Zahlungsgarantie) als auch eine unverfälschte Übertragung der
Informationen über das Netz.
Für Händler ist es im Hinblick auf nicht zu unterschätzende Investitionen im Hard- und
Softwarebereich immens wichtig, dass die angebotenen Zahlungssysteme eine weite Ver-
breitung und Akzeptanz bei den Kunden findet. Denn zur Zeit bekennt sich keiner der
involvierten Marktakteure offensichtlich zu einem neuen Zahlungsmittel und wartet vor-
erst den Trend ab.
Weiterhin sollen die neuen Zahlungswege zu einer Umsatzsteigerung der Online-
Produkte führen, da der bisherige Umsatz im Internet so gering war, das sich weitere In-
vestitionen in einzelne Module es Internet-Shops nicht rentierten.
Auch die Kosten für sowohl den Betrieb und die Installation der Zahlungssoftware als
auch die anfallenden Kosten pro Transaktion spielen eine wichtige Rolle.

6.9 Systematisierung des Gelernten

Neben den klassischen Zahlungssystemen (siehe dieses Kapitel) gibt es neuartige Modelle,
die sich aber erst am Markt etablieren müssen.

Rückblick Kapitel 6 in Stichworten!

6.10 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

57
Online-Marketing

7 SEM = SEO + SEA + SMM

Kein Marketinginstrument entwickelt sich so rasch wie das Internet. Und kein Marke-
tingthema hat in den letzten 10 Jahren so viel neues Wissen produziert wie Online-
Marketing. Dieses Wissen zusammenzuführen, war längst überfällig! Die folgenden Kapi-
tel sollen dem Leser den Eindruck vermitteln, wie vielfältig und vielschichtig dieses Thema
mittlerweile geworden ist.

7.1 Der multioptionale Kunde im Web

Vom Laborexperiment zum Alltagsbestandteil von hunderten Millionen von Menschen


binnen knapp 15 Jahren: Kein anderes Medium, keine andere technische Innovation hat
sich so rasant verbreitet wie das World Wide Web. Das Internet ist ein ideales, sich selbst
verstärkendes System – vor allem dank sogenannter Netzeffekte. Netzeffekte werden dann
positiv wirksam, wenn in einem vernetzten System wie Telefon, Fax oder eben Internet
jeder weitere Nutzer zur Erweiterung des Netzes führt und dadurch den Wert desselben
steigert – beim Internet inzwischen ins Unermessliche.

Thema: Entwicklung der Internetnutzung im Zehnjahresvergleich!


- Über 96% der Jugendlichen sind online
- Internet ist oft ein Grund einen PC zu kaufen
- Mehr Zeit für Internet als für Zeitschriften
- Online-Sozialisation (Orientierung → Kommunikation → Initiation)

Modernes Marketing heißt, den Kunden mit Hilfe von digitalen Interaktionskanälen und
Dialogangeboten in Unternehmensabläufe einzubeziehen. Der Kunde wird sich jenem
Unternehmen zuwenden, die ihre Abläufe kundenorientiert gestalten und ihm dadurch
einen Mehrwert schaffen. Unabhängig von der Form des Mehrwertes (materiell, Zeiter-
sparnis,etc,), ist der vom Kunden wahrgenommene Prozessnutzen der erfolgsentscheiden-
de Faktor.

58
Online-Marketing

Wann sind Sie zuletzt an der Kasse eines Geschäftes nach der E-Mail-Adresse gefragt wor-
den? In den USA ist dies bereits praktizierter Multichannel-Standard.

7.2 Marktentwicklung im Online-Marketing

Der Online-Marketing-Markt überschlägt sich in den letzten Quartalen immer wieder mit
neuen Zahlen und das Wachstum scheint unendlich zu sein. Gerade erst veröffentlichte
Forrester eine EU-Studie, nach der sich das Online-Marketing-Volumen in Europa in den
nächsten fünf Jahren verfünffachen wird. Der Onlinewerbung gehört die Zukunft – zumin-
dest in diesem Punkt sind sich alle Beteiligten einig. Uneinigkeit herrscht bei den Statisti-
ken und Prognosen hinsichtlich der Höhe der Werbeausgaben.
Stichworte:
- Über eine Milliarde Euro für Suchmaschinenmarketing
- Ungenauigkeiten bei den tatsächlich ausgelieferten AdImpressions
- Umsätze aus Mobile Marketing sowie Rubriken- und Kleinanzeigen sollen folgen.

Geschäftsmodelle im Internet:
- Transaktion – Verkauf oder Vermietung
- Werbung
- Im Internet Geld verdienen – aber wie?
- Märkte sind Gespräche!
- Speed kills? Awareness kills!
Schneller Aufbau von Reichweite entscheidet über den Erfolg.

59
Online-Marketing

7.3 Multichannel Marketing

Online werben
Wer den besten Content anzubieten hat, ist der effizienteste Werbeplatz!
Online werben – zwischen Effizienz und Chaos
- Internet wird für Markenaufbau und Markenpflege vernachlässigt
- Klare Fakten über Werbewirkung fehlen
- Youtube
- Trends: Brand Communities, Web 2.0, Mobiles Internet, Generation 50plus, Konver-
genz der Medien, Psychographie und Demographie

Crossmedia orchestrieren
Drei fundamentale Schritte sind notwendig, um in der neuen Ära der Massenindividual-
kommunikation zu bestehen: Glaubwürdigkeit der Botschaften, Orchestrierung der Maß-
nahmen und Tempo in der Ausführung.
- Glaubwürdigkeit: Unternehmen, die sich nicht daran halten, sehen sich umgehend an
den öffentlichen Pranger von Blogs und Empfehlungsseiten gestellt.
- Orchestrierung: Marken, denen es gelingt, alle Instrumente in einem Orchester gleich
zu führen, können dafür einen besonderen Mehrwert erreichen: Das Echo des Inter-
nets versteht das Grundthema und verstärkt es. Auf YouTube lässt sich wunderbar fest-
stellen: Ist meine Marke sauber gestimmt oder kann das Publikum keine Grundmelo-
die heraushören.
- Tempo: Marketing muss in Zukunft nicht nur glaubwürdig und orchestriert sein, son-
dern auch schnell. Internetgerüchte halten sich nicht an Halbjahresplanungen. Sie
können innerhalb von Stunden zu Massenphänomenen wuchern. Das zwingt Marken
dazu, eine bislang kaum geübte Intensität bei der Medienbeobachtung zu entwickeln.

Anforderungen an Crossmedia-Kampagnen
Der Mediennutzer erhebt sich aus dem Sessel und wird aktiv. Die hohe Fragmentierung
der Mediennutzung bei gleichzeitiger Reizüberflutung zwingt zu crossmedialer Anspra-
che.

60
Online-Marketing

→ Neue Herausforderungen für Werbetreibende:


- Mediennutzer agieren heute hoch selektiv und komponieren sich ihren ganz persönli-
chen crossmedialen Mix
- Kunden nehmen sich das Recht heraus, im Internet Bewertungen zu den Leistungen
eines Dienstleisters, bzw. zu der Qualität der Handhabung eines gekauften Gegen-
standes abzugeben (und andere glauben dem Urteil)

Eine gute Crossmedia-Kampagne hat eine zentrale Leitidee und zeichnet sich aus durch:
- Zeitlich aufeinander abgestimmten Einsatz
- Miteinander inhaltlich verknüpften Kommunikationsmaßnahmen
- Verschiedenen Medienkanälen
- Ausnutzung der jeweiligen Möglichkeiten der Kanäle
- Die richtige Dosierung pro Werbekanal
- Einbindung unternehmenseigener Kommunikationskanäle

Nur wenn alle Bedingungen erfüllt sind, kann eine crossmediale Kampagne erfolgreich
sein. Von Crossmedia-Kampagnen spricht man, wenn mindestens drei verschiedene Me-
dien berücksichtigt werden.

Onlinewerbung und Offlineleben


- Kaufberater Internet (Suchanfragen)
- Der Kunde kommt auf vielen Wegen (Kanalwechsler)
- Offline säen und online ernten
- Kunden aus der Online-Welt in die Filiale holen
- Nachkaufen kann man im Internet (Vertrauen!)

Die Kommunikationskanäle
Kunden wählen den für Sie bequemsten Kanal. Unternehmen stehen daher vor der Her-
ausforderung, die Kommunikationskanäle zu erkennen, die durch die eigenen Zielgruppen
genutzt werden, die Kommunikation in diesen Kanälen adäquat zu gestalten und die Syn-
chronisation der Kanäle untereinander sicherzustellen.

61
Online-Marketing

Einteilung der Kommunikationskanäle: Seite 92 (Leitfaden Online-Marketing)

Direct Marketing im Wandel


Die technologische Entwicklung im Medienbereich ist einer der einflussreichsten Treiber
für den Wandel in der Marketing-Kommunikation (siehe YouTube – Beispiel!)
Expertensysteme führen Datawarehouse-basiert zu objektivierten Entscheidungsempfeh-
lungen für den Direct-Marketing-Anwender im Unternehmen.
→ Wandel der Nachfrage, Wandel des Verbrauchs
- Gleichgesinnte verschaffen vermeintliche Sicherheit, das Richtige zu tun
(community, convenience, simplicity)
- Wandel der Märkte
- Wandel der Rahmenbedingungen
- Wandel des Angebots
- Wandel der Methoden

Direktmarketingkanäle
Direktmarketing braucht einen Rückkanal, über den Interessenten auf Werbung reagieren
(telefonische Rückmeldungen sind am beliebtesten).
- Fax
- Mail
- Telefonmarketing
- Adressierte Werbesendungen

Online-Marketing für KMUs


- Ohne Streuverluste und teure Experten
- Webdesign (preiswerte CMS)
- Suchmaschinenmarketing (sich als Experte positionieren!)
- E-Mail-Marketing

Guerilla Marketing
Einfach- Überraschend – Anders – www.gibsnisch.de

62
Online-Marketing

7.4 Suchmaschinenmarketing

Suchmaschinenmarketing ist der Bereich im Online-Marketing, der mit den höchsten Zu-
wachsraten glänzt. Immer mehr Unternehmen erkennen die Chancen, hier ohne Streuver-
lust neue Kunden anzusprechen und zu gewinnen.
Für Unternehmen ist es wichtig präsent zu sein, wenn Kunden etwas suchen, denn hinter
jeder dritten Suchanfrage steckt heute eine Kaufabsicht. Suchmaschinenmarketing ist heu-
te das neue Direktmarketing.

Hier stehen zwei Wege zur Auswahl:


- Kurzfristig sind das bezahlte Suchanzeigen (AdWords, Keyword-Advertising)
- Langfristig angelegt ist jedoch die Suchmaschinenoptimierung. Sie verfolgt das Ziel,
im natürlichen Index möglichst weit oben zu stehen.

Suchmaschinen:
- Präsent sein, wenn Kunden etwas suchen!
- Hinter jeden dritten Suchanfrage steckt eine Kaufabsicht
- Online-Besucher sind wirklich interessiert
- Suchwortvermarktung – Hauptumsatzbringer im Online-Marketing
- Absatz-(Conversions) und Brandingziele (Impressions)
- Relevante Inhalte stehen oben (Maximierung der Relevanz)
- Empfehlungen zählen
- Tricks werden bestraft
- CPC + andere Kennzahlen!
Struktur Seite 323 (Online Marketing Leitfaden)

Suchmaschinenoptimierung:
Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) behandelt die Art und Weise, wie man eine be-
stimmte Webseite für einen bestimmten Begriff, ein Keyword, bei einer von einem Nutzer
durchgeführten Suche möglichst prominent platziert, ohne dafür an den Suchmaschinen-
betreiber Geld zu zahlen.

63
Online-Marketing

Um das Ziel, ganz oben zu stehen, zu erreichen, muss man die Seiten möglichst gut auf
die Algorithmen der Suchmaschinen zuschneiden, da diese bei der Bewertung einer Seite
mehr als 100 Faktoren kennen und nutzen.
Man unterscheidet dabei OnPage- von OnSite-Faktoren, die man als Seitenbetreiber direkt
beeinflussen kann. Da die Verlinkung heutzutage eine sehr große Rolle spielt, wird auf
diesen Bereich genauer und losgelöst eingegangen.

a. OnPage-Optimierung:
Die OnPage-Optimierung einer Seite beschreibt all das, was man durch die Anzeige
des Quelltextes oder beim Betrachten einer Seite beobachten kann. Hierbei handelt es
sich nicht nur um grafische Formatierungen, sondern auch um Angaben, die haupt-
sächlich für Suchmaschinen gemacht wurden. Die OnPage-Faktoren (Head; Title, Me-
ta-Keywords, Meta-Description, Body) haben jedoch in den letzten Jahren durch die
hohe Gewichtung von Links an Bedeutung verloren.
b. OnSite-Optimierung:
Die OnSite-Optimierung behandelt alle Entscheidungen, die ein Webmaster auf seiner
Domain treffen kann, um möglichst gut in den Suchmaschinen platziert zu sein. Im
Unterschied zur Onpage-Optimierung können diese Maßnahmen nicht immer direkt
im Seitenquelltext gesehen werden.
Dazu gehören die Wahl der richtigen Domain, über die technische Plattform bis hin
zur internen Verlinkung einer Vielzahl von Faktoren.
(SessionIDs, Redirects (Problem für Suchmaschinen), Technologien (Flash, etc.))

7.5 Affiliate Marketing

Monetarisierung von Online-Traffic (Cost per Sale/Cost per Lead) durch “Partner-
programme”.
“Basarprinzip” – adaptiert in die Online-Welt reden wir hier über Betreiber vieler kleiner
und großer Websites im WWW, die durch Mehrwerte in den Bereichen Content, Com-
munity und Commerce einen Point of Information/Point of Interest für ihre User darstellen

64
Online-Marketing

und sich damit in einer exzellenten Situation befinden, um inhaltlich affine Produkte und
Leistungen eines Anbieters empfehlen zu können. Diese Website-Betreiber, im Affiliate-
Marketing auch Publisher, Affiliates oder einfach Partner genannt, platzieren Produktemp-
fehlungen auf ihren Websites, verlinken diese zu den entsprechenden Anbietern, auch
Advertiser oder Merchant genannt, und werden nach Vertragsabschluss erfolgsorientiert
für ihre Empfehlung vergütet (10 bis 30 % vom erzielten Umsatz).
Wesentlich ist (wie auch bei AdWords) die passenden LandingPage auszuwählen (was ist
das Ziel?).

7.6 Web-Controlling, Web-Mining

Im Online-Marketing kann man sehr genau messen, wie viel gute Kunden welches Wer-
bemittel bringt. Das wird als Performance Marketing bezeichnet.
- Zielgrößen sind unmittelbar messbar
- Eindeutigkeit der Responsedaten
- Kennzahlen (KPI: Page Impression, AdImpression, CTR, CPC, CPL)
- Werbeträger werden nur für Responseerfolge bezahlt (Cost per Sale)

Web-Mining: die Daten quälen, bis sie gestehen (Relevanz generieren, Produktaffinitäten
bestimmen, Interessenten ermitteln)

7.7 Systematisierung des Gelernten

Rückblick Kapitel 7 in Stichworten!

7.8 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

65
Online-Marketing

8 BESTANDTEILE EINER
ONLINE MARKETING STRATEGIE

Einleitung
 Der multioptionale Kunde im Web / Begriffe
 15 Jahre Web-Marketing
Multichannel-Marketing
 Online werben
 Guerilla Marketing
Nutzer und Verhalten
 Nutzer und Nutzung des Internets
 Die Zielgruppe 50plus im Netz
Webdesign
 Usability und Stickyness, Landing Pages
 Corporate Wording
Onlinewerbung
 Banner, Adwords, Affiliate
 Markenwerbung im Internet
Suchmaschinenmarketing
 SEO
 Keyword-Analyse
Affiliate Marketing
 Monetarisierung des Online-Traffics
 Erfolgsfaktoren von Partnerprogrammen
E-Mail-Marketing
 Permission Marketing, RSS ergänzt E-Mail-Marketing
 Professionelle Newsletter
Mobile Marketing
 Mobile E-Mail-Marketing
 Mobile Lifestyle

66
Online-Marketing

CRM
 Management von Kundenbeziehungen
 Personalisierte Angebote
Web Analytics
 Performance Marketing
 Web-Controlling und Web-Mining
Kommunikation und PR
 Blogmonitoring
 Viral Marketing
Web 2.0
 Social Media
 Social Commerce
Recht
 ECG
 E-Mail-Marketing

8.1 Systematisierung des Gelernten

Rückblick Kapitel 8 in Stichworten!

8.2 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

67
Online-Marketing

9 MOBILE MARKETING

In der letzten Zeit wurde das Schlagwort Mobile Marketing oft verwendet, es hat aufgrund
von gleichermaßen unterschiedlichen, wie unrichtigen Interpretationen in der einschlägi-
gen Literatur, großes Potential ein Hype Thema zu werden.

Im Wesentlichen muss im Kontext von Mobile Marketing Klarheit vorliegen, wie und
wodurch ein potentieller Mehrwert gestiftet wird. Während im weiteren Sinne des Wortes
in der einschlägigen Literatur noch unterschiedlichste Definitionen vorherrschen, so ist im
engeren Wortsinn, die Übermittlung von Informationen, Daten oder Werbebotschaften
über/an ein mobiles Endgerät der Inhalt von Mobile Marketing. Zumeist erfolgt diese
Übermittlung über ein öffentliches Mobilfunknetz.

Der Empfang von Informationen, Daten oder Werbebotschaften bedingt eine Willenserklä-
rung des Empfängers. Diese kann auf verschiedensten Kanälen zustande kommen bzw.
unterschiedliche Niveaus annehmen.

Folgende Niveaus können unterschieden werden:


- Opt-In: Ein Interessent gibt sein Einverständnis Daten oder Werbung zu bekommen.
- Double Opt-In: Ein Interessent gibt sein Einverständnis Daten oder Werbung zu be-
kommen und bestätigt dieses vor der erstmaligen Übermittlung nochmals.
- Real Opt-In: Ein Interessent gibt sein Einverständnis Daten oder Werbung zu bekom-
men, dieses Einverständnis beruht auf Interesse an den Daten oder Werbebotschaften.

Es ist zu erwarten, dass dieser Bereich aufgrund der immer weiter steigenden Mobilfunk-
penetration und der erhöhten Normalität der Nutzung diesbezüglicher Endgeräte, weiter
an Relevanz in der operativen Kommunikationspolitik gewinnt.

68
Online-Marketing

9.1 Grundlagen

Mobile-Marketing ist nachweislich das vielseitigste Medium. Mit einem mobilen Endgerät
kann man telefonieren, fernsehen, Videos filmen, fotografieren, Filme ansehen, Radio und
Musik hören, E-Mailen und im Web surfen, Termine notieren, spielen, bezahlen, navigie-
ren, usw. All das kann man mit diesem Medium jederzeit und überall.

Information und Unterhaltung


Mobile-Marketing bietet den Kunden den entscheidenden Mehrwert in Form von Unter-
haltung und Information und schafft so die Basis für eine effiziente Erreichung Ihrer Mar-
ketingziele.

Personalisierte Ansprache
Das Mobiltelefon ist ein sehr persönliches Gut, das auf individuelle Bedürfnisse zuge-
schnitten wird. Die Möglichkeiten zur personalisierten Kundenansprache (z. B. Ticketing,
Couponing) scheinen fast unbegrenzt, was den Aufmerksamkeitsfaktor erhöht.

9.2 Das Handy als Massenmedium

Fast jeder besitzt ein Handy. Manche Menschen haben sogar zwei oder drei. Die Reich-
weite ist somit größer als bei anderen Medien. Das Mobiltelefon ist DAS Massenmedium
unserer Zeit.

Dialog statt Einweg-Kommunikation


Mittels Kommunikation über das Handy können Sie Ihre Konsumenten zu einer dauerhaf-
ten Interaktion bewegen. Mobile-Marketing bietet aber mehr als den einen klassischen
Dialog. Im Gegensatz zu anderen Medien können Empfänger von SMS bzw. MMS orts-
und zeitunabhängig erreicht werden.

69
Online-Marketing

9.3 Tipps für Mobile-Marketing

Viele Regeln aus dem E-Mail-Marketing gelten auch beim Mobile-Marketing.


- Schicken Sie nur dann eine Nachricht auf ein Handy, wenn Sie vom Empfänger die
Erlaubnis dazu haben. Der Empfänger wird zuerst den Absender prüfen, bevor er eine
Meldung lesen wird.
- Welche Zielgruppe ist für solche Aktionen am ehesten geeignet? Sicherlich die Jünge-
ren, welche den Umgang mit SMS und MMS gewohnt sind.
- Kaufen Sie keine Telefonnummern ein, sondern gewinnen Sie diese mit kreativen Ak-
tionen wie z. B. Wettbewerben oder Abstimmungen.
- Die Botschaft muss der Zielgruppe angepasst sein. Sprechen Sie die Sprache Ihrer
Zielgruppe.
- Die Botschaft sollte einen Nutzen generieren. Wenn jemand beim Betreten eines Wa-
renhauses einen Gutschein auf dem Handy erhält, dann ist die Wahrscheinlichkeit
höher, dass dieser eingelöst wird, sehr viel höher, als wenn der Empfänger sich bei-
spielsweise auf einer Bergtour aufhält.
- Respektieren Sie auch hier den Datenschutz. Lassen Sie die Benutzer jederzeit austra-
gen, wenn Sie keine Nachrichten mehr erhalten möchten.

9.4 Spezielle Formen des Mobile Marketing

Mobile Couponing
Rabatt-Karten und Coupons sind ein gut funktionierendes Kundenbindungsmittel. Bonus-
punkte sammeln ist in einigen Kundenkreisen sehr beliebt. Anstatt nun mit Karten und
bedruckten Zetteln kann man auch den Kunden digitale Coupons auf seinem virtuellen
Bonuspunkte-Konto automatisiert sammeln lassen. Dazu fotografiert der Kunde mit seinem
Kamera-Handy ein Objekt und verschickt dieses Foto an eine zentrale Adresse. Dafür kas-
siert er vom Anbieter Bonuspunkte. Der technische Hintergrund ist eine Objekterken-
nungssoftware, die vordefinierte Objekte auf einem Foto erkennen kann.

70
Online-Marketing

Mobile Tickets
Ähnlich wie bei den Coupons dient die Nachricht auf dem Handy als Berechtigung z. B.
zum Eintritt in ein Konzert oder zu einem Event. Diese Tickets können im Rahmen einer
Promotion kostenlos oder aber auch käuflich sein.

Mobilfunk werbefinanziert
Die einfachste Form von Mobile Marketing ist es, dem Kunden die Gebühren seiner mobi-
len Kommunikation zu bezahlen. Zum Beispiel in Form von Rabatt- oder Sammelpunkten,
für die es Geschenke gibt. Benutzerdaten können erfasst und später dem Kauf zugeordnet
werden. Es entsteht ein Käuferprofil.
Eine andere Form ist, die Werbung mit Diensten zu unterlegen. Dadurch werden sie für
den Nutzer kostenlos. Die Dienste können zum Beispiel Videotelefonie, SMS, Spiele oder
Klingeltöne sein. Besonders Jugendliche lieben Werbung, wenn sie mit Videos und Musik
unterlegt ist. Über MMS und Bluetooth schicken sie sich gegenseitig die neuesten Film-
chen zu.

Lokales Marketing mit Bluetooth-Beamer


Der Bluetooth-Beamer verschickt kostenlose Inhalte an alle Handys im Umkreis von we-
nigen Metern. Sofern der Handy-Nutzer Bluetooth eingeschaltet hat, kann er dem Emp-
fang zustimmen.
Als Inhalte eignen sich Klingeltöne und Kurzfilme, die besonders bei Jugendlichen beliebt
sin. Es lassen sich aber auch Coupons verteilen, die im Laden oder Online-Shop einlösbar
sind. Vorteile dieser Coupons, sind immer dabei, wenn auch das Handy dabei ist!

9.5 Mobile Gewinnspiele

Bei dieser Form ersetzt die SMS die klassische „Postkarte“ bei Gewinnspielen und bietet
die Möglichkeit einer direkten Benachrichtigung in Echtzeit. Die generierten Adressen
können zum Aufbau eines Dialogs mit dem User genutzt werden. Meist wird das Gewinn-
spiel über andere Medien beworben, der Erstkontakt kann aber auch bereits über SMS
(Adresspool) erfolgen.

71
Online-Marketing

9.6 Systematisierung des Gelernten

Rückblick Kapitel 9 in Stichworten!

9.7 Überlegungen zur Anwendbarkeit der Inhalte in der Praxis

Diskussion im Plenum!

72
Online-Marketing

10 LITERATUR

Andreas Böhm, Elisabeth Felt, e-commerce kompakt, Spektrum Verlag


Ellen Reid Smith, Der e-loyale Kunde, Financial Times Deutschland
Michael Rebstock, Knut Hildebrand, E-Business für Manager, mitp
Volker Warschburger, Christian Jost, Nachhaltig erfolgreiches E-Marketing, vieweg
Bernd Wirtz, Medien- und Internetmanagement, Gabler Verlag
Wolfgang Fritz, Internet-Marketing und Electronic Commerce, 3. Auflage, Gabler Verlag
Uwe Manschwetuns / Andrea Rumler (Hrsg.), Strategisches Internetmarketing, Gabler Ver-
lag
Torsten Schwarz, Leitfaden Online Marketing, marketing Börse
Neue Medien im Vertrieb:
http://scholar.google.at/scholar?q=neue+medien+im+vertrieb&hl=de&um=1&ie=UTF-
8&oi=scholart

73
Online-Marketing

Notizen

74
Marketing-Lehrgang
Marketingbudget
und Controlling
Autor: Univ.-Prof. Dr. Gernot Mödritscher
Überarbeitung: Ing. Mag. Helmut Weiß, MBA (2013)
Mag. (FH) Hannelore Strommer (2018)
Marketingbudget und Controlling

Impressum:
Hersteller:
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Steiermark
(WIFI Steiermark)
Für den Inhalt verantwortlich:
WIFI Steiermark
A-8021 Graz, Körblergasse 111-113
© 2018, alle Rechte vorbehalten

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
ohne Zustimmung des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark ist
unzulässig.

Das gilt insbesondere für Fotokopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun-


gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

2
Marketingbudget und Controlling

Inhalt Seite

1 MARKETINGBUDGET........................................................................... 5

1.1 FESTLEGUNG DES MARKETINGBUDGETS ................................................ 6


1.2 ABLAUF DER PLANUNG ............................................................................ 7
1.3 BEISPIEL EINER MARKETINGBUDGETIERUNG .......................................... 9
1.4 MARKETINGBUDGETIERUNG NACH DER SZENARIORECHNUNG ........ 12
1.5 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS .......................................... 13

2 MARKETINGCONTROLLING ............................................................. 14

2.1 BEGRIFFSDEFINITIONEN MARKETINGCONTROLLING ........................... 14


2.2 ANFORDERUNGEN AN DAS CONTROLLING
IM MARKETINGPROZESS ......................................................................... 14
2.3 ARTEN DES CONTROLLINGS .................................................................. 17
2.3.1 STRATEGISCHES CONTROLLING ............................................................ 18
2.4 KONTROLLE DER STRATEGIEUMSETZUNG ............................................ 22
2.4.1 OPERATIVES CONTROLLING .................................................................. 24
2.4.2 TAKTISCHES CONTROLLING ................................................................... 25
2.5 LERN- & WISSENSFRAGEN, LITERATURTIPPS .......................................... 27

3
Marketingbudget und Controlling

Notizen

4
Marketingbudget und Controlling

1 MARKETINGBUDGET

Dabei werden alle im Marketingkonzept erarbeiteten Punkte zu Zielen und mittels Zahlen
operationalisiert, sodass mittels des Marketing- Controlling eine Zielerreichung überprüft
werden kann.

In der Praxis wird das Marketingbudget meist nach den subjektiv zur Verfügung stehenden
Finanzmitteln bestimmt, was falsch aber durchaus verständlich ist (siehe Werbebudgetie-
rung), da das Ziel den Weg bestimmt (siehe Kapitel 8.3.2.1). Die Ausrichtung des Marke-
tingbudgets sollte immer nach den zu realisierenden Marketingzielen erfolgen. Berück-
sichtigt werden muss dabei immer auch das Budget der Konkurrenz, damit der Share of
Voice (An- teil der Werbeausgaben gemessen am gesamten Werbevolumen des Marktes)
in einem an- gemessenem Verhältnis steht.

Bei einer Nichtfinanzierbarkeit der Maßnahmen zur Zielerreichung, müssen die Ziele so
korrigiert werden, dass kleinere Maßnahmen auch die einer später angesetzte Kürzung des
Budgets immer auch eine Reduktion der Zielerwartung bewirken.

Eine erfolgreiche Marketingstrategie ist stark abhängig von der Höhe des Marketingbud-
gets und des Konkurrenzdruckes. Bei der Budgetplanung müssen folgende Punkte berück-
sichtigt werden:

• realisierbare Ziele im Markt (zufolge von Kennziffern, Erfahrungen)


• erforderliche Maßnahmen für die Zielerreichung
• die Situation am Markt (Share of voice der Konkurrenz, Substitutionsgefahren)
• die finanziellen Ressourcen, sowie die eigene Investitionsbereitschaft

Starken Einfluss auf die Budgetverteilung übt die Push-/Pull-Relation aus. Bei stärkerem
Auftreten der Nachfrage (Pull), werden mehr Mittel für nachfragewirksame Maßnahmen
(Werbung, Promotion, etc.) zur Verfügung gestellt. Im anderen Fall werden mehr Mittel für
verkaufs- und abverkaufsfördernde Maßnahmen (Push) eingeplant.

5
Marketingbudget und Controlling

Mit der Planung des Marketingbudgets wird die Höhe des Budgets, die Verteilung des
Budgets auf Zielebenen/Zielgruppen, sowie die Budgetverteilung auf Marketinginstrumen-
te und Maßnahmen festgelegt. Dies führt zur Erkennung folgender Planungs-Eckwerte in
einem kurz-, mittel- und langfristigen zeitlichen Überblick.

Hauptpositionen eines Marketingbudgets:


• Einnahmen:
o Die geplanten Ergebniswerte nach Produkten (DB II, Break Even, Pay-Back) zufolge
der Verkaufsplanung
• Ausgaben:
o Die Kosten der Marketingmaßnahmen nach Instrumenten und Zielebenen.
o Kosten für den Markteintritt (Listungsgebühren, Markteintrittsgebühren)
o Kosten für die Marktforschung
o Kosten für Werbung/ Kommunikation (Media – siehe Mediaplanung), Verkaufsför-
derung, PR, Sponsoring, events, Internet (social media, homepage, etc.)
o Spezialmaßnahmen der Kommunikation, wie zB. Sponsoring, Events, Promotion,
Placement, Messen/Ausstellungen
o Sonderkosten für Verkaufs- (Vertriebs-) maßnahmen (spezielle Logistikkosten, Pro-
motion/ Verkaufsförderung, Schulungen von kunden/ Mitarbeitern)
o Investitionen in den Markenaufbau, CI, etc.

1.1 Festlegung des Marketingbudgets

In der Theorie wird zwischen wirkungsgestützten Verfahren, die eine Messung und Prog-
nose erfordern und den Zusammenhang von Budgethöhe und Zielerreichung abbilden
und nichtwirkungsgestützten Verfahren, die im Wesentlichen auf Erfahrungswerte der
Vergangenheit aufbauen, unterschieden. (Meffert, 2005, S. 725)

6
Marketingbudget und Controlling

• Wirkungsgestützte Methoden
Werbeanteil – Marktanteilmethode – Share of Voice: Die eigenen Mediaausgaben
werden in Relation zu den gesamten Mediaausgaben der Branche gesetzt und mit
dem eigenen Marktanteil verglichen. Wird eine Absatzsteigerung angestrebt, so sollte
der „share of voice“ größer sein als der Marktanteil.
Beispiel: Gibt die Branche insgesamt 100 Mio aus und unser Beispielunternehmen hat
einen Marktanteil von 1 %, so müsste das Unternehmen, wenn eine Absatzsteigerung
angestrebt wird die Ausgaben auf > 1 % anheben.

• Nicht wirkungsgestützte Methoden


o Ausrichtung am Wert des Umsatzes oder an den abgesetzten Mengen
Der Etat wird als fester Prozentsatz des vergangenen, derzeitigen oder künftig er-
warteten Umsatzes bestimmt. Die Höhe des Prozentsatzes kann dabei z. B. nach
den Erfahrungen des Unternehmens in der Vergangenheit oder den Werten des
unmittelbaren Mitbewerbs festgelegt werden.
o Gewinnorientierte Methode
Hierbei wird das Budget als bestimmter Prozentsatz vom Gewinn festgelegt.
o Die verfügbaren finanziellen Mittel
Die Bestimmung des Etats erfolgt auf Basis der verfügbaren finanziellen Mittel, die
über einen geforderten Mindestgewinn hinausgehen.
o Ausrichtung der Aufwendungen am Mitbewerb
Für die Ermittlung des Budgets werden entweder die Ausgaben eines vergleichba-
ren Konkurrenzunternehmens oder durchschnittliche, branchenübliche Vergan-
genheitswerte berücksichtigt.

1.2 Ablauf der Planung

Jedes Unternehmen muss bei der Aufstellung des Marketing-Budgets qualitativ


festlegen, welche Bereiche bzw. Tätigkeiten dem Marketing zuzuordnen sind und
darauf aufbauend das Marketing-Budget quantitativ ermitteln.

7
Marketingbudget und Controlling

Grundlage für die Budgetierung bilden die Unternehmensziele, abgeleitet aus der langfris-
tigen Unternehmensplanung. Das Budget kann in zwei Schritten erstellt werden:
• „bottom up“: das Gesamtbudget entsteht als Summe der Vorstellungen der Unter-
nehmensbereiche. Dieser zustande kommende Erfolg ist der Einstieg in die zentrale
Budgetierungsphase, in der die Möglichkeiten der Ergebnisverbesserung erarbeitet
werden.
• „top-down“: das endgültige Budget wird in seine Bestandteile zerlegt und den einzel-
nen Bereichen als verbindliche Richtschnur für das Planjahr vorgelegt.

Als Hilfestellung für die Überlegungen zur Budgetierung könnten folgende Marketing-
kennziffern und Berechnungen dienen:
• Marktgröße
• mengenmäßiges und wertmäßiges Marktvolumen
• Marktanteilsziel
• Absatzziel in Menge, Stk., Tonnagen u.a.m.
• durchschnittlicher Nettoerlös pro Mengeneinheit
• Festlegung des Produkt- Mix
• Umsatzziel
• Einkaufspreis- bzw. Herstellpreiszielsetzung pro Produkt, Dienstleistung/
Warengruppe
• Deckungsbeitragsziele
• Kundenumsatzplanung
• Kundendeckungsbeitrag
• Vertriebskosten
• Klassisches Werbebudget (Kosten der Entwicklung und der Schaltung)
o Festlegung der Werbeziele (Zahl der Kontakte, Schaffen von Bekanntheitsgrad,
Imagepflege...)
o Entwicklung eines detaillierten Werbekonzeptes
o Abstimmung des Werbeetats mit den Vertriebs-, Herstell- und Finanzierungskosten
o Verkaufsförderungskosten
o Direkt Marketing-Budget

8
Marketingbudget und Controlling

• PR- und Good- will- Etat


• Saisonverteilung
• Umsatz pro Jahr, Monat, Woche, Tag (im Handel)
• Definition der numerischen und gewichteten Distribution
• Gewinnzielsetzung je Produkt/ Produktgruppe/ gesamt
• Berechnung der jeweiligen Break Even Points
• Konkurrenzaktivitäten (aus den vergangenen Jahren, erwartet für die Planperioden)
Weitere Kennziffern sind von der Branche und dem einzelnen Unternehmen abhängig zu
entwickeln.

Zu bedenken sind auch:


• Regelung der Budgetverantwortung
• Festlegung von Standards wie z. B.:
o Kosten pro Anfrage
o Kosten pro Auftrag
o Kosten pro Euro Umsatz
o Kosten pro Kunde

1.3 Beispiel einer Marketingbudgetierung

Diese basiert – wie das Marketingkonzept – auf dem operationalisierten Leitbild (siehe
Kapitel 3.2). Die Daten für die Budgetierung können aus dem internen Rechnungswe-
sen/interne Statistiken/Erfahrungswerten/Marktforschungen/etc. entnommen werden (siehe
auch Kapitel 12.2).

Im nachfolgenden Beispiel soll die einnahmenseitige Budgetierung (Umsatz und Ertrags-


planung) aus der Sicht eines Handelsunternehmens betrachtet werden. Ähnlich dem Wer-
bebudget und dem folgenden Beispiel werden alle 6 P´s unter Berücksichtigung obiger
Kennziffern - welche vielfach Kostenpositionen sind - dargestellt, welche in der Summe
dann das gesamte Marketingbudget ergeben, welches der Unternehmensleitung zur Ent-

9
Marketingbudget und Controlling

scheidung vorgelegt wird und in den Business Plan einfließt (Vorlage eines Business Pla-
nes unter www.wko.at).

Folgende Annahmen liegen dem nachfolgenden Beispiel zugrunde:

Insgesamt gibt es 3 Warengruppen, wobei die Warengruppe „Trendy“ aus 3 Produkten,


die Warengruppe "Klassiker" aus 4 Artikeln und die Warengruppe "Schnelldreher" aus 3
Produkten bestehen.

Bekannt sind der Nettoverkaufspreis exkl. USt, der Einstandspreis pro Stück, sowie der
Verkaufsplan für das kommende Geschäftsjahr. Zu ermitteln ist neben der Umsatz- und
Deckungsbeitragsplanung auch der Break Even Point.

Personalkosten liegen in der Höhe von 3,7 Mio. GE vor, die Logistikkosten betragen
550.000,- GE, die AfA 500.000,- GE, Zinskosten p. a. 380.000,- GE, sonstige Kosten
560.000,- GE. Somit hätte dieser Handelsbetrieb Fixkosten in der Höhe von 5.690.000,-
GE. (GE = Geldeinheiten)

Aufgabe:
Zu ermitteln ist der Break Even Point nach Menge und Umsatz.

10
Marketingbudget und Controlling

Der Break Even Point (BEP)


Die Gewinnschwellenanalyse oder der Break Even Point lässt sich rechnerisch wie folgt
eruieren:

• Mengenmäßige Berechnung

Fixkosten
Break Even Menge =
DB 1 pro Stück

• Wertmäßige Berechnung

Fixkosten
Break Even Umsatz =
DBU (Deckungsbeitrag je Umsatzeinheit)

In unserem Fallbeispiel beträgt daher der


BEP (Mengenmäßig) = 5.690.000/61,80 = 92.017 Stück
BEP (Umsatzmäßig) = (5.690.000/61,80) * 281,73 = 23.939.219,- GE

11
Marketingbudget und Controlling

1.4 Marketingbudgetierung nach der Szenariorechnung

Für die Praxis ist es sehr wertvoll, das jeweilige Marketingbudget nach 3 Szenarien (siehe
dazu Szenarioentwicklung) aufzubauen, dem
• Realistisch-optimistischen Szenario (= Best Case oder sun shine).
• Realistischen Szenario (Trend),
• Worst-Case-Szenario (sun set),

Das realistisch-optimistische Szenario sollte das Erstrebenswerte sein und beim Zusam-
menfallen positiver Umfeldfaktoren sowie dem vollen Einsatz des Unternehmens erzielbar
sein.

Das realistische Szenario sollte die Minimalanforderung an das Management sein, das es
heißt, im Geschäftsjahr zu erreichen. Ein weiterer Referenzpunkt für dieses realistische
Szenario ist das Heranziehen der Vorjahresabsatz, -umsatz und -deckungsbeitragswerte.
Natürlich ist in diesem Zusammenhang auf den Markttyp besonders Bezug zu nehmen.

Das Worst-Case-Szenario stellt den zu erwartenden schlechtesten kommerziellen Fall für


das Unternehmen dar. Würde dieser in Kraft treten, ist neben einem forcierten Kostenma-
nagement gleichzeitig das Hochziehen der bestehenden Verkaufsanstrengungen unbe-
dingt notwendig.

In jedem Fall ist Marketing und Controlling voneinander und untereinander kausal abhän-
gig. Auch hier gilt: Nichts motiviert soviel, wie der Erfolg. Stimmen die Ergebnisse im
Marketing, macht die Arbeit im Controlling Freude.

12
Marketingbudget und Controlling

1.5 Lern- & Wissensfragen, Literaturtipps

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Welche Methoden der Marketingbudgetierung haben Sie kennengelernt?
2. Wie wird eine Marketingbudgetierung durchgeführt?

Literaturtipps
Egger, A./ Winterheller, M.: Kurzfristige Unternehmensplanung- Budgetierung, 13. Auflage
Wien
Kotler, Ph./ Armstrong, G./ Saunders, J./ Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Lüttgens, M.: Marketing Planung, 3. erweiterte Auflage Bern 2000
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 2005
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Preissner, A.: Marketing- und Vertriebssteuerung, München 2000
Stelling, J.: Kostenmanagement, München 2003
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

13
Marketingbudget und Controlling

2 MARKETINGCONTROLLING

Die zentrale Herausforderung im Marketingcontrolling liegt in der koordinierten Bereitstel-


lung planungs- und kontrollrelevanter Informationen. Daher wird unter dem „Marketing-
Controlling“ heute mehrheitlich eine Steuerungshilfe für das Marketingmanagement durch
eine koordinierte Informationsversorgung verstanden (Bruhn, 2004, S. 291).

2.1 Begriffsdefinitionen Marketingcontrolling

Definition des Marketing-Controlling nach Bruhn:


Das Marketing-Controlling beinhaltet die koordinierte und aufgabenadäquate Informati-
onsversorgung unterschiedlicher Funktionen und Ebenen des Marketingmanagements.
Nach Meffert kommt dem Marketing-Controlling auch eine Frühwarnfunktion zu. Sie be-
zieht sich auf das möglichst frühzeitige Erkennen strategisch bedeutsamer Veränderungen
und Diskontinuitäten im marketingrelevanten Unternehmensumfeld (2005, S. 1136 ff.)

2.2 Anforderungen an das Controlling im Marketingprozess

Zwischen Marketing und Controlling gibt es in der Praxis sehr wesentliche Schnittstellen.
Erfolgreiches Marketing ist ohne Controlling kaum möglich. Controlling ohne Marketing
kann ebenso nur von kurzer Dauer sein, denn ein Unternehmen, das nicht marktorientiert
geführt wird, hat nur geringe Überlebenschancen.

Die im Kapitel 4 (Aufbau eines strategischen Marketingkonzeptes) angeführten Analysen


(ABC, Lebenszyklus, Portfolio, etc.) sind ebenfalls mindestens jährlich zu wiederholen und
als Basis für die nächste Planung/ Budgetierung auszuwerten.

14
Marketingbudget und Controlling

Das Marketingcontrolling ist ein Unterstützungssystem für das Marketing- Management in


den Bereichen
• Planung
• Analyse
• Steuerung

Hierzu sind entscheidungs- und benutzerrelevante Informationen bereitzustellen und zu


koordinieren.

Gegenüberstellung von Marketing und Controlling:

Marketing ist Controlling ist

kundenorientiert und zielorientiert zielorientiert

prozessorientiert engpassorientiert

vorwiegend gegenwarts- und vergangenheits-, gegenwarts- und


zukunftsorientiert zukunftsbezogen
qualitativ und quantitativ orientiert quantitative Daten stehen im Vordergrund

gewinnorientiert betriebsübergreifend an der Zufriedenheit


aller Mitarbeiter interessiert
teambezogen

aktivitätsorientiert aktivitätsorientiert

markterfahren firmenintern erfahren

marketingbudgetorientiert für alle Budgets wie auch z. B.


Finanzierung, Liquidität, etc. steuernd tätig
personell oftmals extrovertiert personell oftmals introvertiert

Abb. 72: Gegenüberstellung von Marketing und Controlling

15
Marketingbudget und Controlling

Für ein funktionierendes Marketing und Controlling sind folgende Voraussetzungen


notwendig:

• Klar definierte und gemeinsam vereinbarte Ziele.


• Abstimmung der Art, wie der Soll- Ist- Vergleich durchgeführt wird.
• Konsens in den wesentlichen strategischen und operativen Überlegungen der Unter-
nehmensführung.
• Korrektes Reporting.
• Konfliktfähigkeit und Bereitschaft, die Argumente des Marketers bzw. Controllers zu
verstehen.

Eine gemeinsame Marketing- und Controlling-Arbeitsplattform stellt der Zielkatalog dar.


Dabei ist eine schriftlich formulierte Zielbestimmung unbedingt zu empfehlen. Nach
Hofmeister/ Stiegler sollten folgende Zielebenen in der Planung abgedeckt werden:

• Zielinhalt
Was soll erreicht werden?

• Zieldimension
In welchem Ausmaß soll das Ziel erreicht werden?

• Zielgebiet
Wo, d. h. in welcher Region bzw. bei welcher Zielgruppe soll das Ziel erreicht wer-
den?

• Zielfristigkeit
Wann bzw. in welchem Zeitraum soll das Ziel erreicht werden?

16
Marketingbudget und Controlling

Zielfelder Elemente der Zielsetzung


nach Handlungs-
Parametern Zielinhalt Zieldimensionen Zielgebiet Zielfristigkeit
Leistungs- Weitere Entwicklung zu zwei ertragsfähigen für den innerhalb
programm von Produkten Produkten Europamarkt eines Jahres.

Marktanteil bei Ab- um 10 % steigern auf dem nach 2 Jahren.


Markt nehmergruppe XY Weltmarkt
Erlösschmälerung um 15 % senken im Inland innerhalb
Preis für Produktgruppe C eines Quartals.
Bekanntheitsgrad zur Gewinnung von im Bezirk B innerhalb
Absatz-
steigern 25 Neukunden/ eines Quartals.
förderung neue Absatzmittler
Marketing- Außendienst-Kosten um 12 % senken in allen innerhalb
Organisation Absatzgebieten eines Jahres.

Abb. 73: Beispiel einer Marketing-Zielsetzung nach Lessing-Groeger

2.3 Arten des Controllings

Grundsätzlich wird zwischen dem strategischen, dem operativen und dem taktischen
Controlling unterschieden.

Die beiden wesentlichen Erscheinungsformen sind das strategische und das operative
Marketing-Controlling, die angeführten Arten des Controllings unterscheiden sich durch
die zu steuernden Zielgrößen, die Variablen der Planung und den Zeithorizont (Meffert,
2005, S. 1134).

17
Marketingbudget und Controlling

2.3.1 Strategisches Controlling

Insbesondere die Informationsversorgungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben sind


im strategischen Marketing-Controlling von Bedeutung.
Die Informationsversorgungsfunktion wird als wichtigste Aufgabe des strategischen
Marketing-Controlling angesehen. Sie erstreckt sich auf die Steuerung der Informationsbe-
schaffung, auf die Interpretation und Bewertung der Informationen für die strategische
Marketingplanung sowie auf die Durchführung von Spezialanalysen, die durch das beste-
hende Marketinginformationssystem nicht unmittelbar bereitgestellt werden können (Mef-
fert, 2005, S. 1135).

Die Kontrollfunktion baut unmittelbar auf der Informationsfunktion auf. Es sollen Fehlent-
wicklungen innerhalb der Marketingplanungs- und Realisationsprozesse und hinsichtlich
des gesamten Marketingsystems aufgedeckt werden. Als Kontrollgrößen dienen hier zu-
nächst die strategischen Marketingziele. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit einer
Kontrolle der Prämissen, die in den strategischen Marketingplänen unterstellt wurden. Die
Prämissenkontrolle erfolgt durch einen Vergleich mit den bei der Frühaufklärung festge-
stellten Veränderungen im Unternehmensumfeld. Erweisen sich dabei die ursprünglich
getroffenen Annahmen (Prämissen) als überholt, muss das gesamte Marketingsystem einer
umfassenden Kontrolle unterzogen werden.

Die Koordinationsaufgaben des strategischen Marketing-Controlling beziehen sich zum


einen auf die formale (organisatorische und prozessuale Abstimmung der Marketingpläne)
und inhaltliche Koordination der verschiedenen Teilpläne innerhalb des strategischen
Marketing (durch ergebnisorientierte Informationen die Prioritätensteuern).

18
Marketingbudget und Controlling

Ausgewählte Instrumente des strategischen Controlling sind:

Abb.: Ausgewählte Instrumente des strategischen Marketingcontrollings in Anlehnung an Link/Weiser 2006, S. 29

Exkurs Balanced Scorecard


Über die Kennziffern zu den Funktionen und Attributen der betrachteten Objekte in der
BSC wird es möglich, die Entwicklung der Geschäftsvision zu verfolgen. Auf diese Weise
ermöglicht die BSC dem Management, nicht nur die finanziellen Aspekte zu betrachten,
sondern auch strukturelle Frühindikatoren für den Geschäftserfolg zu steuern. Mit den Me-
thoden der BSC soll also das Blickfeld des Managements von einer traditionellen, durch
finanzielle Aspekte gekennzeichneten Unternehmenssicht auf alle relevanten Teile gelenkt
werden und so zu einem ausgewogenen (englisch „balanced“) Bild führen. Die umfassen-
dere Sicht ermöglicht dann konkretere Maßnahmen zur Ausrichtung der Organisation an
den vorgegebenen Zielen.

19
Marketingbudget und Controlling

Gerade für die Umsetzung von Strategien im Unternehmen ist in den letzten Jahren die
sog. Balanced Scorecard (BSC) auf große Beachtung und steigende Anwendung gestoßen.
Bei der Balanced Scorecard wird die Unternehmensstrategie von vier Perspektiven aus
gesehen:
• die Finanzperspektive
• die Kunden- und Marktperspektive
• die Prozessperspektive
• die Organisations- und Lernperspektive.

In jeder dieser Perspektiven werden zentrale Ziele, Mess- und Steuerungsparameter, Ziel-
vorgaben und Maßnahmenpakete dargestellt. Dies kann sowohl auf Gesamtunterneh-
mensebene als auch abgestimmt darauf für unterschiedliche Unternehmensbereiche erfol-
gen.

Finanzperspektive: Kennzahlen zum Erreichen der finanziellen Ziele.


Umsatz pro Vertriebsbeauftragtem: Unterstützt das Wachstum des Unternehmens, nicht
notwendigerweise die Profitabilität.
Kosten pro Stück: Unterstützt das Kostenbewusstsein, hohe Volumina – steht aber der
Qualität entgegen.

Kundenperspektive: hier liegt der Schwerpunkt auf dem Identifizieren der Kunden- und
Marktsegmente auf denen man wettbewerbsfähig sein möchte. Die identifizierten Kunden-
und Marktsegmente sind anschließend die Quelle für die finanzwirtschaftlichen Ziele.
Ergebniskennzahlen, auch Kernkennzahlengruppe genannt, sind nach Kaplan bei allen
Firmen gleich: Marktanteil, Kundentreue, Kundenakquisition, Kundenzufriedenheit und
Kundenrentabilität.
Leistungstreiber sind das Wertangebot des Unternehmens. Da diese von Unternehmen zu
Unternehmen unterschiedlich sind, werden nur Eigenschaftsklassen aufgezählt.
• Produkt- und Dienstleistungseigenschaften
• Kundenbeziehungen
• Image und Reputation

20
Marketingbudget und Controlling

Interne Prozessperspektive zum Erreichen der internen Prozess- und Produktionsziele


Prozessqualität: Unterstützt die ausgelieferte Qualität, nicht notwendigerweise einen ef-
fektiven und effizienten Produktionsprozess.
• Prozessdurchlaufzeit: Unterstützt schnelle Durchlaufzeiten, geringe Kapitalbindung und
wenig Zwischenlager. Kann mittels Process Performance Management detailliert und
kontinuierlich ausgewertet werden.
Mitarbeiter-, Potenzial- bzw. Lern- und Wachstumsperspektive: Kennzahlen zum Errei-
chen der (langfristigen) Überlebensziele der Organisation
• Umsatzverhältnis neuer Produkte zu alten Produkten:
Unterstützt schnelle Neu- und Weiterentwicklung von Produkten.
• Fluktuation von Leistungsträgern aus der Organisation heraus:
Unterstützt die langfristige Beschäftigung von Leistungsträgern in der Organisation, för-
dert Leistungsdifferenzierung, kann Querdenker blockieren.

Einbinden von Beteiligten und Betroffenen


Um das BSC-Diagramm sinnvoll zu entwickeln, sollten idealerweise Interessenvertreter
aus allen Unternehmensbereichen sowie Kunden, Lieferanten und andere Dritte einbezo-
gen werden. Dadurch kann die BSC eine Rolle in einem Veränderungsprozess spielen.
Wenn viele Betroffene in die Entwicklung der BSC eingebunden werden, wird die Strate-
gie besser akzeptiert und die vorgesehenen Maßnahmen lassen sich besser umsetzen.

Für jede der Perspektiven werden Kennzahlen ausgewählt, die die Annäherung an die
strategischen Ziele messen. Die Herausforderung liegt in der Auswahl weniger und zu-
gleich relevanter Kennzahlen, die sich idealerweise in den verschiedenen Sichtweisen
auch direkt beeinflussen. Beispielsweise sollte ein Kundenindikator so gewählt werden,
dass seine Erreichung einen positiven Beitrag auf den übergeordneten Finanzindikator hat.

Komplexitätsreduktion
In der BSC sollen die Ziele ausgewogen verfolgt werden. Um dies zu erreichen, werden
die Auswirkungen der Maßnahmen auf alle Ziele wiederholt bewertet. Aus psychologi-
scher Sicht erfordert dies eine möglichst geringe Anzahl gleichzeitig zu betrachtender

21
Marketingbudget und Controlling

Kennzahlen, typischerweise ein bis zwei pro Perspektive. Insgesamt sollte eine BSC nicht
mehr als 20 Kennzahlen haben. An der konsequenten Auswahl und Reduzierung auf we-
nige Kennzahlen scheitern viele BSCs. Ziel sollte deshalb sein, in einer Scorecard den ge-
samten Bogen von der übergreifenden Story bis zu den wenigen wirklich entscheidenden
Erfolgsfaktoren, Messgrößen und Maßnahmen auf der untersten Ebene zu schaffen, sodass
das Unternehmenskonzept in seinem Alleinstellungsanspruch auf einen Blick nachvoll-
ziehbar wird.

Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton

2.4 Kontrolle der Strategieumsetzung

Der Kontrolle kommt eine sehr wichtige Aufgabe im Planungsprozess zuteil. Sie darf nicht
an der letzten Stelle dieses gesehen werden, sondern als Prozess begleitend. Kontrolle ist
ein laufender systematischer Prozess zur Ermittlung von Abweichungen zwischen Plan
und Ist. Eine tiefer gehende Behandlung erfolgt dazu in der Literatur im Bereich Control-
ling.

22
Marketingbudget und Controlling

Soll- Ist- Vergleich


Aus der Sicht des Marketings ist die Messbarkeit der erbrachten Leistungen von besonde-
rer Bedeutung. Daher stehen im Marketing die quantitativen Soll- Ist- Vergleiche im Vor-
dergrund. Ob das Marketing den gewünschten Erfolg zeitigt, wird mit Hilfe von ausge-
wählten Kennziffern gemessen, wie z. B.:
• Umsatzwachstum
• Deckungsbeitragsplus
• Gewinnwachstum
• Marktanteilsgewinne
• Erhöhung der Produktionsauslastung
• etc.

Natürlich werden auch qualitative Aspekte in den Soll- Ist- Vergleich miteinbezogen.
Diese könnten beispielsweise sein:
• Veränderung einzelner Imagewerte
• Erhöhung des Bekanntheitsgrades
• Steigerung des Sympathiewertes für das Unternehmen
• etc.

Soll- Wird- Vergleich


Im Soll- Wird- Vergleich werden die bisherigen Ergebnisse aus dem Einsatz der Marketing-
Instrumente (z. B. Umsatz in einzelnen Kundensegmenten) in die Zukunft fortgeschrieben
(Frage: „Wenn die nächsten Quartale so verlaufen wie das erste und das zweite, wo liegen
wir dann am Ende des Jahres?). Wenn sich hier am Ende des Jahres bzw. der Planungspe-
riode eine deutliche, insb. negative, Abweichung zum Soll- Wert abzeichnet, ist entspre-
chender Bedarf zur Gegensteuerung gegeben.

Ist- Ist- Vergleich


Es hat auch Sinn, im Rahmen eines Ist- Ist- Vergleiches beispielsweise die Umsätze, De-
ckungsbeiträge etc. der laufenden Periode mit jenen der vorherigen Periode(n) zu verglei-
chen und daraus Entwicklungen aufzuzeigen.

23
Marketingbudget und Controlling

Unternehmen müssen in der Lage sein, äußere wie innere Störungen zu bewältigen. Dazu
bestehen zwei Möglichkeiten:
1. Stabilisation der Situation
2. Anpassung an die geänderte Situation

Durch die Tatsache, dass weder die erste noch die zweite Möglichkeit automatisch ge-
schieht, braucht man einen Anpassungsmechanismus. Diesen kann man als kyberneti-
schen Regelkreis bezeichnen:

Abb.: Kybernetischer Regelkreis der Planung

2.4.1 Operatives Controlling

Dieses steuert mittelfristig mit einem Planungshorizont von 1 bis 3 Jahren Erfolg, Liquidität
und Wirtschaftlichkeit.
Die Funktionen des strategischen Controllings sind auch im Rahmen des operativen
Marketing-Controlling zu erfüllen. Jedoch ist die Informationsfunktion von untergeordne-
ter Bedeutung, sofern ein umfassend aufgebautes Marketinginformationssystem besteht.
Ähnliches gilt für die Koordinationsfunktion. Die Koordination der laufenden Marketingak-

24
Marketingbudget und Controlling

tivitäten ist nur in Ausnahmefällen als Aufgabe des Marketing-Controlling anzusehen. Sie
muss sich vielmehr innerhalb des Marketing-Management vollziehen. Damit wird deut-
lich, dass die Hauptaufgabe des operativen Marketing-Controlling in der Kontrolle der
Marketingaktivitäten, in der Analyse von Abweichungsursachen und in der Initiierung von
Anpassungsmaßnahmen liegt. Im Rahmen der Marketingkontrolle sollen dabei sowohl der
gesamte Marketing-Mix als auch die einzelnen Marketinginstrumente einer eingehenden
Überprüfung unterzogen werden (Meffert, 2005, S. 1138).

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über ausgewählte Instrumente des operativen
Controllings:

Abb.: Ausgewählte Instrumente des operativen Controllings in Anlehnung an Link/Weiser 2006, S. 29

2.4.2 Taktisches Controlling

Hier wird kurzfristiges Controlling gefragt. Dabei geht es um die unmittelbare Steuerung
des Unternehmensgeschehens. Instrumente dafür sind Statistiken, Kennzahlen, Termin-
kontrollen im Leistungsbereich, operative Analysen etc. Eine wesentliche Tätigkeit des
Controllings ist auch die Prognoseerstellung.

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Marketingbudget und Controlling

Nachfolgend ein Überblick über Umsatzprognose – Methoden für ausgewählte Betriebs-


strukturen:

Produktions- Handels- Transport- Dienstleistungs-


betriebe betriebe betriebe betriebe

• Verkäuferschätzung • Verkäuferschätzung • Verkäuferschätzung • Verkäuferschätzung


• Auftragseingänge • Konjunktur- • mögliche • geplanter Verkauf
entwicklung Kapazitätsnutzung pro verfügbarer
• Aufträge in
Kapazitätseinheit
Verhandlung und • Entwicklung der • Verkaufspreis pro
durchschnittliche unmittelbaren km/pro Leistungs- • geplanter Verkauf
Abschlussquote Konkurrenten std./Tag/pro Tonne pro verfügbarer
Nutzlast Kapazitätseinheit
• Produktionskapazi- • Werbeaktivitäten
(üblicherweise
täten und deren • geplante Verkaufs-
• Abverkaufserfolge Personalstunden)
Verkaufswert (über mengen (km, etc.)
der Abnehmer
Stundensätze, etc.) • Stammkunden-
(beim Großhandel) • saisonale
entwicklung
• Lagerreduktions- Entwicklungen
• vergangene
und Lageraufbau- • Preisentwicklung
und saisonale • Entwicklungs-
pläne pro Kapazitäts-
Entwicklungen tendenzen bei den
einheit
• neue Produkte und Hauptabnehmern
• Trendverstärker
deren Entwicklung (Management, • Angebots-
& -filter
am Markt Werksverkehr, entwicklung
• Hochrechnung der Konkurrenz,
• saisonale • Trendverstärker
Kennzahlen (z. B. Marktentwicklung
Unterschiede & -filter
durchschnittlicher beim Abnehmer)
• Trendverstärker Umsatz pro Ver-
• internationale Res-
& -filter käufer, pro m² Ver-
triktionen (Fahrt-
kaufsfläche, etc.)
bewilligungen etc.)
• Trendverstärker
& -filter
Abb. 74: Kriterien für Umsatzprognosen (Quelle: Hofmeister, Stiegler, Controlling)

Gibt es Sollunterschreitungen bzw. Zielkonflikte, steht die Zusammenarbeit zwischen


Marketing und Controlling auf einem besonderen Prüfstand.

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Marketingbudget und Controlling

2.5 Lern- & Wissensfragen, Literaturtipps

Nach diesem Kapitel sollten Sie folgende Fragen beantworten können:


1. Was ist Controlling und welche Arten gibt es?
2. Welche Instrumente des strategischen Controllings kennen Sie?
3. Erläutern Sie bitte die Balanced Scorecard
4. Was sind Abweichungsanalysen und welche gibt es?
5. Geben Sie Beispiele für Kennziffern im Marketing-Controlling.

Literaturtipps
Bruhn M.; Marketing - Grundlagen für Studium und Praxis, 7. Auflage, September 2004,
Wiesbaden
Link J./Weiser C.; Marketing-Controlling, Systeme und Methoden für mehr Markt- und Un-
ternehmenserfolg; vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2006, München
Horvath & Partners, Das Controllingkonzept, München 2003
Kotler, Ph./ Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V.: Grundlagen des Marketing, 2. Auflage,
München u.a., 1999
Meffert, H.: Lexikon der aktuellen Marketing-Begriffe, 2005
Meffert, H.: Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2000
Meyer, A./ Davidson, J.H.: Offensives Marketing
Nieschlag, R./ Dichtl, E./ Hörschgen, H.: Marketing, 18. Auflage 1997
Preissner, A.: Marketing- und Vertriebssteuerung, München 2000
Stelling, J.: Kostenmanagement, München 2003
Weis, H. Chr.: Marketing, Kiehl 1999
Weis, H. Chr.: Verkauf, 5. Auflage, Kiehl, 2000
Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, München u.a. 1999

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Notizen

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