Ausgabe 02–SoSe 11
Derzeit finden an vielen Universitäten dadurch aus, dass sie es schaffte sich in
österreichweit die Wahlen bzw. Hearings alle Belange einzumischen und so in bei- sich mit Beharrlichkeit und viel Durchset-
für neue Rektor_innen statt. An der TU nahe allen Lebensbereichen von Frauen zungsvermögen sehr wohl etwas ändern
Wien gibt es erstmalig eine Frau als Rek- Verbesserungen erzielen konnte. Sei es die lässt. Auch wenn dies von vielen oft nicht
torin: Sabine Seidler ist nach Ingela Bruner Berufswelt, das Familienleben, Gewalt ge- erwünscht war und Johanna Dohnal sich
(Universität für Bodenkultur, 2008-2009) gen Frauen, die Ausbildung, die Selbstbe- dadurch nicht nur Freund_innen machte.
sowie Sonja Hammerschmid (Veterinär- stimmung über den eigenen Körper, oder
medizinische Universität, seit 2010) die auch die soziale Absicherung. Sie kann getrost als Wegbereiterin der jet-
dritte Frau an der Spitze einer staatlichen zigen Frauenpolitik bezeichnet werden,
Universität. Interessanterweise sind alle Mit ihrer Politik machte sie aber auch deut- ohne die die gesellschaftliche, soziale und
an Unis mit vor allem naturwissenschaft- lich, dass die Diskriminierung von Frauen politische Situation von Frauen heute noch
licher bzw. technischer Ausrichtung, wo nicht naturgegeben ist, sondern ein ge- ganz anders aussehen würde.
es doch immer heißt, dass es gerade in sellschaftliches Konstrukt darstellt und
diesen Bereichen zu wenige Frauen gibt.
Auch an der TU Graz ist eine Frau im
Dreiervorschlag der Findungskommission.
2 linz.vsstoe.at
Vergünstigung bei studentischer
Selbstversicherung fällt weg
her nur ein Anteil von 24,93 Euro (von ins-
gesamt 49,85 Euro) monatlich.
öh-news
Bundesministerium streicht Beitrags- Stefan Etzelstorfer
förderung ÖH Vorsitzender
stefan.etzelstorfer@oeh.jku.at
soziales
Mario Dujakovic Die Vereinbarung über die vergünstigten
ÖH Sozialreferent Versicherungsbeiträge für Studierende be- Lunch Lectures #5
mario.dujakovic@oeh.jku.at stand aufgrund eines Vertrages zwischen
Bundesministerium für Wissenschaft und Über den Tellerrand des eigenen Studi-
Studierende, die keine Krankenversiche- Forschung und den Sozialversicherungs- ums hinausblicken, Raum für kritische
rung über ihre Eltern oder eine eigene träger_innen. Dieser Vertrag wurde kürz- Diskussionen bieten und namhafte Per-
Pflichtversicherung aufgrund einer Er- lich einseitig vom Ministerium aufgekün- sönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und
werbstätigkeit haben, können eine gün- digt. Damit entfällt der Bundesbeitrag zur Gesellschaft an die JKU zu bringen – das
stige, freiwillige Krankenversicherung Krankenversicherung für Studierende ab 1. war und ist die Grundidee der Lunch Lec-
abschließen. Die Begünstigung besteht in Juli 2011. Der gesamte Beitrag von 49,85 tures. Wir wollen brisante Thematiken auf
einer niedrigen Beitragsgrundlage. Zusätz- Euro muss ab diesem Zeitpunkt von den möglichst innovative und vielfältige Wei-
lich wurde bislang die Hälfte des monatlich Studierenden selbst getragen werden. se diskutieren. Im kommenden Sommer-
anfallenden Betrags vom Bundesministeri-
semester gehen die Lunch Lectures in die
um für Wissenschaft und Forschung (die Das bedeutet für selbstversicherte Studie- bereits fünfte Runde. Altbewährt bereits
zuständige Ministerin: Beatrix Karl, ÖVP) rende eine weitere zusätzliche Belastung die kostenlosen Lunch-Pakete, die alle Teil-
getragen. Auf die Studierenden entfiel da- von etwa 300,00 Euro jährlich. nehmer_innen von unseren Sponsor_in-
nen erhalten (solange der Vorrat reicht).
linz.vsstoe.at 3
Menschen zweiter Klasse?
Die Befremdlichkeit des österreichischen
Fremdenrechts
Es vergeht mittlerweile kaum eine Woche, in der das österreichische Fremdenrecht nicht für kontrover-
se Diskussionen sorgt. Menschen mit Einwanderungsgeschichte erfahren in beinahe allen gesellschaft-
lichen Bereichen Diskriminierungen. Faktum ist, dass der Umgang mit Migrant_innen in Österreich als
sehr problematisch zu erachten ist und gerade mit den jüngsten Verschärfungen ein neuer Tiefpunkt
erreicht wurde.
Die Zahl der Einbürgerungen ist in den ver- ter. Die Zwillingsschwestern gingen ord- nach dem Bekanntwerden der inhumanen
gangenen Jahren stark im Sinken begriffen. nungsgemäß zur Schule und beherrschten Fälle des Vorjahres zu handeln. Im Gegenteil:
2010 wurden 6180 Staatsbürger_innen- die deutsche Sprache mitsamt typisch-ös- Im Februar 2011 wurde ein Fremdenrechts-
schaften verliehen. Vergleicht man hier mit terreichischem Dialekt. In einem weiteren paket beschlossen, das weitere Verschär-
dem Jahr 2003, entspricht das einer Verrin- Fall droht nun einer tschetschenischen Frau fungen vorsieht. Die wohl fragwürdigste
gerung um 80 %. Hauptverantwortlich da- die Abschiebung. Nach 4 (!) Jahren Aufent- Änderung des Fremdenrechts ist die Einfüh-
für ist zweifelsohne ein seit Jahren strenger halt in Österreich wurde festgestellt, dass rung einer 7-tägigen „Mitwirkungspflicht“.
werdendes Fremdenrecht. Dabei findet sich eigentlich die polnischen Behörden für das Tatsächlich bedeutet diese Mitwirkungs-
wohl kaum ein_e Demographieexpert_in, Asylverfahren zuständig sind. bzw. Anwesenheitspflicht nichts anderes,
die nicht auf die Wichtigkeit von Migration als dass Asylwerber_innen nun bis zu 7 Tage
für einen Sozialstaat wie Österreich hin- Der endgültige Abschiebungsbescheid kam kaserniert werden können; auch gegen ihren
weist. Die offensichtliche Xenophobie, die in beiden Fällen zu einem Zeitpunkt, an dem Willen.
die innenpolitische Praxis in Österreich seit die Familien schon jahrelang in Österreich
Jahren beherrscht, weitet sich zunehmend wohnhaft waren und dieses Land als ihre Die Bestimmungen für Schubhaft sind nach
auf alle Bereiche der Gesellschaft aus. Heimat betrachteten. Diese beiden Fälle zei- wie vor höchst bedenklich. Unmündige Min-
gen auf, wie undurchschaubar und vor allem derjährige dürfen grundsätzlich nicht in
Das Jahr 2010 - Ein neuer Tiefpunkt wird unmenschlich unser Asyl- und Fremden- Schubhaft genommen werden. Die Eltern
erreicht recht gestaltet ist. Bedauerlich ist, dass nur können jedoch verlangen, dass die Kinder sie
ein Bruchteil aller derartigen Unmenschlich- in Schubhaft „begleiten“. Ansonsten wer-
Es vergeht mittlerweile kaum ein Monat, keiten das mediale Tageslicht erreicht. den diese den staatlichen Behörden überge-
in dem es nicht zu unmenschlichen Ab- ben. Zudem darf in Zukunft auch über 16-18
schiebungen oder gar Inhaftierungen von 2011 – weitere Verschärfungen folgen Jährige, anstatt wie bisher nur über Volljäh-
Kindern kommt. Man erinnere sich etwa an rige, Schubhaft verhängt werden.
die Verhängung der Schubhaft über einen Die Bundesregierung und insbesondere In-
Familienvater mitsamt seiner beiden Töch- nenministerin Fekter sahen keinen Anlass, Fragwürdig ist vor allem jene Bestimmung,
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wonach sich Migrant_innen nun schon vor Weiterentwicklung des Bildungsstandorts innen anpassen müssen, ausgegangen. Das
deren Einreise Deutschkenntnisse aneignen Österreich nicht dienlich ist. Ziel derartiger Integrationskonzepte ist die
müssen. Zuwander_innen finden in ihren Schaffung von Chancengleichheit und Barri-
Herkunftsländern oft nicht die infrastruk- Der Status Quo in der Integrationspolitik erefreiheit. Ein Individuum soll unabhängig
turellen Mittel vor, die deutsche Sprache zu seines Geschlechts oder seiner Herkunft die
erlernen. Nahezu zynisch ist hier Innenmi- Das neue Fremdenrechtspaket ist vor gleichen Startvoraussetzungen haben und
nisterin Maria Fekters Vorschlag, Deutsch allem eines: unmenschlich. Wieder schien ungehindert ein selbstbestimmtes Leben
könne doch mittlerweile sehr gut via Inter- es das einzige Ziel zu sein, Migrant_innen führen können. Das Stichwort lautet „Di-
net gelernt werden. einem Spießrutenlauf in Form von unzäh- versity“, also eine Förderung der und Beken-
ligen, teils fragwürdigen, Verpflichtungen nung zur Unterschiedlichkeit der Individuen.
Einen auf den ersten Blick zu begrüßenden auszusetzen. Dabei wäre es dringend not-
Schritt stellt die Neuregelung der Rechtsbe- wendig einen Diskurs über den Umgang Neben dem Gesetzgeber müssen vor allem
ratung für Migrant_innen dar. Es stellt sich mit Migration und die Vorstellungen von öffentliche Institutionen ihren Beitrag
jedoch die Frage, wie die Unabhängigkeit der Integration zu starten. Ein gutes Integra- leisten. Diese sind in Gestaltung und Lei-
Beratung in der Praxis sichergestellt werden tionskonzept kann vor allem nicht Assi- stungserbringung so umzugestalten, dass
soll, wo doch die Rechtsberater_innen im In- milation als Ziel verfolgen. In Wahrheit die jeweilige Herkunft keine Barriere dar-
teresse des Innenministeriums handeln. laufen jedoch alle Integrationskonzepte stellt. Die Institutionen sind als Spiegelbild
genau darauf hinaus, Migrant_innen „ös- einer von Individualitäten geprägten Ge-
Fremdenrecht und Hochschulpolitik terreichischer“ zu machen als den_die Ös- sellschaft zu gestalten. Keineswegs sollen
terreicher_in selbst. Migrant_innen haben sie sich an einem fiktiven Ideal orientieren,
Die Härten des österreichischen Fremden- sich an ein Ideal anzupassen, welchem oft welches bestimmte Personengruppen per
rechts ziehen sich durch alle gesellschaft- nicht einmal Österreicher_innen entspre- se ausschließt.
lichen Bereiche. Der universitäre Bereich chen.
kann hier nicht ausgenommen werden. Wie sich der Diskurs um Migration und In-
Beispielsweise gilt die Studiengebührenbe- Die meisten der uns bekannten Integrati- tegration entwickelt, hängt ganz entschei-
freiung für viele ausländische Studierende onskonzepte setzen bei der „Fremdheit“ dend von der Wahrnehmung der tatsäch-
nicht, was ihre soziale Lage dramatisch ver- der Migrant_innen an. „Fremdheit“ wird lichen Lebensrealität ab. Wir leben in einer
schlechtert. Der Beginn eines Studiums wird dabei in der Regel als Handicap angese- Gesellschaft voller unterschiedlicher Indi-
daher leider viel zu oft gar nicht in Erwägung hen, welches abgelegt werden müsse. viduen, und genau diese Vielfalt der Indivi-
gezogen. Dies ist auch darauf zurückzufüh- Merkt man den Zugewanderten ihren duen gilt es in Zukunft zu fördern.
ren, dass Drittstaatsangehörige nur unter „Migrationshintergrund“ nicht an, so wird
bestimmten Voraussetzungen eine Studi- die Integration als gelungen betrachtet.
enberechtigungsprüfung ablegen dürfen. Man muss sich jedoch die berechtigte Fra-
Zudem ist der Zugang zu Beihilfen für viele ge stellen, ob ein derartiges Konzept über-
Studierende aus Drittstaaten schwerer als haupt den Grundsätzen einer modernen
für inländische Studierende beziehungweise Demokratie entspricht.
unmöglich.
Barrierefreiheit statt Barrierenschaffung
Demokratiepolitisch bedenklich ist, dass
Studierende ohne österreichische Staatsbür- Neuere Integrationsmodelle erkennen die
ger_innenschaft kein passives Wahlrecht bei prinzipielle Unterschiedlichkeit der Indivi-
den ÖH-Wahlen haben. Es steht außer Frage, duen an. Es wird also nicht von einer ge-
dass eine derartige Politik der nachhaltigen sellschaftlichen Norm, der sich Migrant_
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Das Bildungs(un)wesen
hen. Ein hohes Bildungsniveau ermächtigt der 25- bis 64-jährigen weisen lediglich 18
Menschen, entscheidet aber auch über den Prozent einen Tertiärabschluss auf, während
aktuellen und zukünftigen Wohlstand einer es im EU-Durchschnitt über 25 Prozent sind.
Gesellschaft. Gute Wirtschaftsstandorte
werden immer mehr mit Forschung und Soziale Selektion
bipol Wissen gleichgesetzt. Bisher verweilen rund
Hannah Stögermüller 80 Prozent der 15- bis 19-jährigen im EU- Ein weiteres, österreichisches Spezifikum
VSStÖ Vorsitzende Durchschnitt noch im Bildungssystem. Ös- stellt der hohe Grad an sozialer Selektion
hannah.stoegermueller@oeh.jku.at terreich liegt mit 79 Prozent knapp darunter. im tertiären Bereich dar. Das bedeutet, dass
es einen starken Zusammenhang zwischen
Höherer Bildung kommt im internationa- Ab dem Tertiärbereich – also im Bereich sozialer Herkunft und Bildungslaufbahn
len Vergleich allein aus wirtschaftlichen der Fachhochschulen, Universitäten und gibt. Über 25 Prozent der österreichischen
Gründen immer größere Bedeutung zu. Vor Hochschulen – sinkt die Bildungsbeteili- Studierenden kommen aus einer Familie
kurzem wurden von der Statistik Austria die gung rapide auf ein Viertel bis ein Fünftel in der mindestens ein Elternteil einen aka-
neuesten Analysen und Indikatoren zum ös- der Bevölkerung. Gerade Österreich weist demischen Abschluss aufweist. Setzt man
terreichischen Bildungswesen – „Bildung in in dieser Altersgruppe mit 22,5 Prozent ei- diesen Anteil in Vergleich mit der gesamten
Zahlen“ veröffentlicht. nen vergleichsweise geringen Wert auf. Zum österreichischen Wohnbevölkerung, so wird
Vergleich: im EU-Durchschnitt beträgt der klar, dass Akademiker_innenkinder unter
Den Mitgliedsländern der Europäischen Uni- Wert über 25 Prozent. Dazu kommt, dass den Studierenden stark überrepräsentiert
on ist es ein großes Anliegen den Anteil der Österreich eine sehr niedrige Akademiker_ sind. Lediglich ein Prozent der Studierenden
Menschen mit höherer Sekundär- und Terti- innenquote und daher viel aufzuholen hat. kommen aus einer „Arbeiter_innenfamilie“.
ärausbildung in ihrer Bevölkerung zu erhö- In der österreichischen Bevölkerungsgruppe
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achtung satire! gut-böse-jenseits
das nie gesehene Facebook-Profil von Incognito
Karl-Theodor zu Guttenberg Expertin für eh alles.
Jenseits
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