Chemie-Skript
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
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Inhaltsverzeichnis:
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1 Atombindung .............................................................................................................. 49
2 Ionische Bindung .......................................................................................................53
3 Metallische Bindung...................................................................................................55
4 Schwache Bindungen ................................................................................................56
VI Chemische Reaktionen II........................................................................................... 57
1 Die elektrolytische Dissoziation .................................................................................57
2 Definition von Säuren und Basen nach Brønsted .....................................................57
3 Das chemische Gleichgewicht ...................................................................................60
4 Störung des Gleichgewichtes – Prinzip von Le Chatelier.......................................... 62
5 Anwendung auf Säure-Base-Reaktionen .................................................................. 64
6 Redox-Reaktionen .....................................................................................................70
Elektrochemie ............................................................................................................ 72
VII Das Wasser und seine Bestandteile .......................................................................... 87
1 Vorkommen ............................................................................................................... 87
2 Eigenschaften ............................................................................................................ 87
3 Wasserchemie ...........................................................................................................90
4 Bestandteile ............................................................................................................... 94
Sauerstoff ..................................................................................................................94
Wasserstoff ................................................................................................................98
VIII Die Luft und ihre Bestandteile.................................................................................. 103
1 Zusammensetzung ..................................................................................................103
Stickstoff ..................................................................................................................103
Argon und Spuren anderer Edelgase ......................................................................104
Kohlenstoffdioxid ..................................................................................................... 105
2 Der Sauerstoffkreislauf ............................................................................................105
3 Der Stickstoffkreislauf ..............................................................................................106
Schritte des Stickstoffkreislaufes .............................................................................107
Anhang: Das Periodensystem der Elemente ..........................................................110
IX Bildquellen: .............................................................................................................. 111
X Textquellen: ............................................................................................................. 114
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Vorwort
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Laborordnung / Gefahrensymbole
Stoffe, die beim Verschlucken oder Einatmen oder bei Aufnahme durch die
Haut schwere Gesundheitsschäden oder gar den Tod bewirken können.
T: Giftig T+: Sehr giftig
Stoffe, die beim Verschlucken oder Einatmen oder bei Aufnahme durch die
Haut beschränkte Gesundheitsschäden hervorrufen können.
Xn: Gesundheitsschädlich
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Laborordnung / Sicherheitshinweise
1. Bitte berühren Sie Geräte und Chemikalien nicht ohne Erlaubnis. Die Anlagen für
elektrische Energie, Gas und Wasser dürfen nur nach Aufforderung eingeschaltet
werden.
7. Die Haare sind so zu tragen, dass sie nicht in die Brennerflamme geraten
können.
8. Der Arbeitsplatz muss stets sauber gehalten werden. Nach Beendigung des
Versuchs sind die Geräte zu reinigen.
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Die Chemie befasst sich mit den Eigenschaften der Elemente und Verbindungen. Sie
untersucht den Aufbau der Materie durch Zerlegen (Analyse) und versucht aus
verschiedenen Komponenten Materie aufzubauen (Synthese).
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heterogene Gemische
Aggregatzustände Beispiel Trennverfahren
fest-fest Kies – Sand sieben
fest-flüssig Tee im Wasser Filtrieren Niederschlag
fest-gasförmig Ruß im Abgas Filtrieren Rauch
flüssig-flüssig Fett im Wasser Scheidetrichter Emulsion
Homogene Gemische
Aggregatzustände Beispiel Trennverfahren
fest-fest Legierungen schmelzen
fest-flüssig Salzlösung Kristallisieren
flüssig-flüssig Wein Destillieren
flüssig-gasförmig Soda-Wasser Verdampfen
gasförmig- Luft verflüssigen
gasförmig
Die Zerlegung von Materie zur Analyse kann man mit folgendem Schaubild
verdeutlichen:
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2 Geschichte
Antike
Empedokles und Aristoteles beschrieben die Welt 500 v.Chr mit der sogenannten Vier-
Element-Lehre. Die gesamte Materie wird aus den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft
und Erde aufgebaut. Dieses Konzept verfolgten dann auch die Alchemisten im Mittelalter
bei ihrer Suche nach dem Stein der Weisen.
Das Teilchenmodell von Demokrit (etwa 400 v. Chr.) postulierte die Existenz von
verschiedenartigen festen, unteilbaren Teilchen, die unterschiedlich kombiniert die
bekannten Substanzen bilden. Daher kommt auch der Begriff Atom. (gr. atomos –
unteilbar)
Moderne
Das Dalton-Modell (1803) geht von kleinsten, nicht weiter teilbaren Teilchen aus, die sich
in ihrer Masse unterscheiden und bei chemischen Reaktionen neu angeordnet und in
bestimmten Anzahlverhältnissen miteinander verknüpft werden.
1853 entdeckt Plücker die Kathodenstrahlung (Elektronen), 1871 beweist Varley ihre
negative Ladung. 1886 entdeckt Goldstein die sogenannte Kanalstrahlung (Protonen).
1896 entdeckt Bequerel die Radioaktivität beim Uran.
1900 entdeckt Planck sein Wirkungsquantum und die Beziehung E=h•. 1911 macht
Rutherford seinen historischen Streuversuch und entwickelt das erste moderne
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Atommodell (1911). Nach diesem Atommodell besteht das Atom aus einem positiv
geladenen Atomkern, der nahezu die gesamte Masse des Atoms beinhaltet, und einer
Atomhülle aus Elektronen. Das Schalenmodell vereinfacht das Atom so, dass ein positiv
geladener Atomkern von Kugelschalen umgeben ist, in denen sich die Elektronen
befinden. Nur die jeweils äußerste Schale ist für die chemischen Eigenschaften des
Elements verantwortlich. Über die Bewegung der Elektronen wird keine Aussage
gemacht.
Nach dem bohrschen Atommodell (1913) besteht das Atom aus einem positiv geladenen,
massetragenden Kern und Elektronen, die diesen auf diskreten, als stabil postulierten
Bahnen umkreisen.
Nach dem Orbitalmodell (1928) besteht das Atom aus einem Kern, der von Orbitalen
umgeben ist. Die Form der Orbitale ist durch die räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit
der Elektronen gegeben. Im strengen Sinn ist ein Orbital eine Lösung der
Schrödingergleichung (ein Energiezustand).
3 Elektronenhülle
Abb. 3: Das Bohrsche Atommodell des Wasserstoffatoms (Z = 1). Beim Übergang des
Elektrons von der 3. zur 2. Kreisbahn sendet das Atom ein Photon der Energie E = h
aus.
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Bohr nahm als Ausgangspunkt das rutherfordsche Atommodell. Darin umkreisen negativ
geladene Elektronen einen positiv geladenen Kern, ähnlich wie Planeten die Sonne im
kopernikanischen System. Nach der klassischen Elektrodynamik erzeugt eine kreisende
Ladung elektromagnetische Wellen, mit denen Energie abgestrahlt wird. Folglich würde
jedes kreisende Elektron Energie verlieren und auf einer Spiralbahn in den Kern stürzen.
Stabile Atome könnte es somit nicht geben. Da es aber Atome stabiler Größe gibt, ist das
Modell in dieser Form widerlegt.
Um Atome beschreiben zu können, die trotz kreisender Elektronen stabil sind, löste sich
Bohr 1913 teilweise von der Gültigkeit der klassischen Mechanik und der Elektrodynamik.
Er nahm an, dass es für Elektronen im Atom bestimmte Bahnen gibt, auf denen sie in
stabiler Form den Kern umkreisen ohne elektromagnetische Wellen zu erzeugen, und
dass alle anderen Bahnen, die nach der klassischen Mechanik möglich sind, nicht
vorkommen. Strahlung gibt das Atom nur beim Übergang eines Elektrons von einer der
erlaubten Bahnen in eine andere ab, wobei über den genaueren Ablauf dieses
Quantensprungs aber keinerlei weitere Aussagen gemacht werden können. Damit brach
Bohr auch mit dem bis dahin geltenden Lehrsatz „die Natur macht keine Sprünge“.
Für die Auswahl der stabilen Bahnen legte Bohr drei Postulate fest. Dabei folgte er
keinem allgemeinen Prinzip, sondern ließ sich von den beobachteten Tatsachen und
stark von seiner Intuition leiten. Sein Modell zeigte erstmals, dass man durch eine
Kombination einiger Ausnahmen von der klassischen Physik und wenigen, einfach
erscheinenden neuen Bedingungen viele Eigenschaften der Atome ableiten konnte.
Diese Ergebnisse geben die Daten des Wasserstoffatoms (im Rahmen der damals
möglichen Genauigkeit) gut wieder: seine Größe, die charakteristischen Wellenlängen
des Linienspektrums, seine Ionisationsenergie. Diese Übereinstimmung mit
experimentellen Ergebnissen legitimierte die z. T. revolutionären Postulate. Das Modell
spielte daher eine überragende Rolle in der weiteren Entwicklung der Atomphysik. Mit
seiner Anschaulichkeit, die in den ansonsten wesentlich besseren Modellen nach der
Entwicklung der Quantenmechanik ab 1925 nicht mehr aufrechterhalten werden konnte,
dient das Bohrsche Atommodell auch heute noch vielfach als Grundlage zur qualitativen
Beschreibung atomarer Vorgänge.
Bohrsche Postulate
Bohr setzte an Rutherfords Vorstellung von 1911 an, wonach ein Atom aus einem positiv
geladenen, sehr kleinen und schweren Atomkern besteht, der von einer Anzahl
Elektronen umgeben ist. Er untersuchte die periodische Umlaufbewegung eines einzigen
Elektrons, wie sie sich aus den Formeln der klassischen Mechanik ergibt, wenn die Kraft
zwischen Kern und Elektronen von der elektrostatischen Anziehung herrührt. Um dieses
Modell an die beobachteten Eigenschaften des Wasserstoffatoms anzupassen,
erweiterte Bohr es um drei Postulate:
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1. Dem Elektron steht von allen klassisch möglichen Bahnen nur eine kleine Auswahl
zur Verfügung. Auf diesen Bahnen behält das Elektron seine Energie, denn es
erzeugt keine elektromagnetischen Wellen. Dies sind die stationären Zustände des
Atoms.
2. Das Elektron kann von einem stationären Zustand in einen anderen springen. Dieser
als Quantensprung bezeichnete Vorgang liegt außerhalb des Gültigkeitsbereichs der
klassischen Mechanik und der Elektrodynamik. Beim Quantensprung zwischen
stationären Zuständen mit verschiedener Energie wird Licht emittiert oder absorbiert.
Dabei wird die Frequenz der Lichtwelle nicht durch die Umlauffrequenz des
Elektrons bestimmt, sondern ausschließlich durch die Energiedifferenz nach der von
Max Planck entdeckten Formel E=h•
3. Das Produkt aus Impuls des Elektrons und Bahnumfang darf nur bestimmte Werte
annehmen: (m v ) (2r ) n h (Vielfache von h, dem planckschen Wirkungsquantum)
So konnte Bohr das Wasserstoffatom quantitativ mit seinem Modell erklären. Aber bereits
beim Helium und bei allen weiteren Elementen versagt dieses Modell.
Bahnradius:
Das Bohrsche Atommodell betrachtet das Elektron als punktförmiges Teilchen, das durch
die entgegengesetzte elektrische Ladung des Kerns angezogen wird. Diese Kraft lenkt
die Bahn des Elektrons nach den Gesetzen der klassischen Mechanik in Kreisbahnen.
Deshalb nennt man im Bohrschen Atommodell den Abstand eines Elektrons zum Kern
auch klassischen Atomradius. Der Drehimpuls L eines Teilchens mit Masse m und
Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn mit dem Radius r ist:
L m v r
Auf das Teilchen wirkt eine Zentripetalkraft
m v2
Fzentr
r
Auf das Elektron mit der Elementarladung e im elektrischen Feld des Protons gilt nach
dem Coulomb-Gesetz
e2 As
Fel e 1,6 10 19 C ; 0 8,854 10 12
4 0r 2 Vm
Die Zentripetalkraft, die das Teilchen auf der Kreisbahn hält, wird durch die Coulomb-
Kraft aufgebracht, was bedeutet, dass beide gleich groß sind:
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e2 me v 2
Fel Fzentr m e 9,109 10 31kg (Masse Elektron)
4 0r 2 r
Linienspektren im Wasserstoffatom:
Wechselt ein Elektron von einer Bahn (z.B. n=2) auf eine andere (z.B. n=1), so wird
Energie frei. Diese Energie wird als (Licht-)Strahlung gemäß E h abgegeben. Aus
den verschiedenen Übergängen ergibt sich das Linienspektrum des Wasserstoffs.
Abb. 4: Sichtbarer Bereich des Wasserstoff-Spektrums. Es sind sechs Linien der Balmer-
Serie sichtbar, da die CCD-Sensoren der Kamera auch ein wenig in den ultravioletten
Teil des Spektrums hinein empfänglich sind.
Im Coulomb-Feld des Kerns gilt für die potentielle Energie des Elektrons (bei Festlegung
des Nullpunkts im Unendlichen)
e2
E pot
4 0r
für die kinetische Energie gilt:
1
Ekin m v 2
2
e2 me v 2 1 2 e2
Aus Fel Fzentr (s. o.) gilt m e v Ekin
4 0r 2 r 2 8 0 r
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me e 4 1 1
E En2 En1 2 ,
8 0 h n1 n 2
2 2 2
wobei diese Energiedifferenz positiv ist, das heißt die Gesamtenergie des Systems durch
Energiezufuhr von außen erhöht wird, wenn n2 > n1, und ansonsten Energie emittiert
wird.
Für die Erklärung der Spektren ist man an der Frequenz interessiert, für die nach Planck
gilt E h . Die Frequenz der emittierten Strahlung beim Sprung vom n1-ten in den n2-
ten Zustand (n1 > n2) beträgt also
me e 4 1 1
2
8 0 h n1 n 2
2 3 2
Diese Voraussage entspricht bis auf die vierte Dezimale den beobachteten Werten.
Das Bohrsche Atommodell fand im Bohr-Sommerfeldschen Atommodell verschiedene
Erweiterungen. So wurde unter anderem eine zweite und dritte Quantenzahl eingefügt,
um Intensitäten und Feinstruktur-Aufspaltungen der Spektrallinien zu erklären. Der Stern-
Gerlach-Versuch erweiterte das Modell abermals um den Spin.
Mit der Quantenmechanik wurden beide Modelle abgelöst, zugleich aber auch die
Bohrschen Postulate vollständig begründet. Es wurde erkennbar, warum das Bohrsche
Modell und seine Erweiterung in vielen Bereichen Erfolge hatten, das heißt richtige
Voraussagen trafen.
De Brogli-Beziehung:
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h
mv
an.
Mit Hilfe von De Broglies Formel kann ein Beugungsverhalten von Teilchen vorhergesagt
werden, welches auch experimentell bestätigt wurde. Der Wellencharakter der Materie ist
heute auch für weitaus größere Teilchen, beispielsweise komplexe Moleküle wie
Fullerene, nachgewiesen.
Auf diesen Erkenntnissen aufbauend wurde die sogenannte Schrödingergleichung
entwickelt: ein Gleichungssystem mit partiellen Differentialgleichungen. Wenn man den
zur Lösung nötigen mathematischen Formalismus durchführt, so erhält man die
sogenannten Quantenzahlen:
Hauptquantenzahl n n 1,2,3,4,...
Nebenquantenzahl l l n 1 0,1,2,3,…
Magnetquantenzahl ml ml l -l,-l+1,…,0,…,+l-1,+l
1
Spinquantenzahl s s
2
Die Anzahl der Elektronen eines Elementes ergibt sich aus der Ordnungszahl (vgl.
Periodensystem). Elemente sind elektrisch neutrale Teilchen und somit ist die Anzahl der
Elektronen gleich der Anzahl der Protonen im Kern. Diese Elektronen verteilen sich auf
(energetisch) verschiedene Orbitale die durch die Quantenzahlen beschrieben und
charakterisiert sind. Dazu gelten folgenden Regeln:
Pauli-Verbot:
In einem Atom dürfen keine zwei Elektronen in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen.
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Hundsche Regel:
2p
2s
1s
4 Atomkern
Aufbau
Der Atomkern ist der, im Vergleich zur Atomhülle, winzig kleine Kern des Atoms. Der
Atomkern befindet sich, anschaulich gesprochen, im Zentrum des Atoms; sein
Durchmesser beträgt etwa 1/10.000 bis 1/100.000 des Durchmessers der
Elektronenhülle, konzentriert aber in sich mehr als 99,9 % der Masse des gesamten
Atoms.
Die Dichte des Kerns (das Verhältnis von Kernmasse zu Kernvolumen) ist für alle Kerne
17
annähernd gleich und beträgt rund 2 10 kg/m³, übertrifft Wasser also um das
14
2 10 fache. In Neutronensternen werden noch bis zu 10-mal höhere Dichten vermutet.
Der Kern besteht aus Protonen und Neutronen, die zusammen auch Nukleonen genannt
werden. Ihre Gesamtzahl wird die Massenzahl des Kerns genannt. Die Massenzahlen
der auf der Erde natürlich vorkommenden Atome variieren von 1 (Wasserstoff) bis 238
(Uran). Die makroskopische Dichte der kondensierten Materie dagegen variiert viel
weniger, weil der Atomradius von der Atomhülle bestimmt wird, die stärker mit dem
chemischen Charakter der Atome variiert als mit der Massenzahl. Trotzdem gehören so
genannte schwere Atomkerne auch zu umgangssprachlich/technisch schweren
Elementen. Beispielsweise hat Lithium (Massenzahlen 6 und 7) eine Dichte von 0,53
g/cm³, Gold (Massenzahl 197) dagegen von 19,3 g/cm³.
Protonen sind positiv geladen, ihre Anzahl heißt auch Kernladungszahl. Daher ist der
Atomkern positiv geladen und kann durch die Coulomb-Kraft negativ geladene
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Elektronen an sich binden. Da die elektrische Ladung des Elektrons bis auf das
Vorzeichen gleich der Ladung des Protons ist, muss ein nach außen hin elektrisch
neutrales Atom ebenso viele Elektronen in der Atomhülle besitzen wie Protonen im Kern.
Da die Atomhülle weitgehend die chemischen Eigenschaften bestimmt, legt die
Kernladungszahl auch fest, zu welchem Element das Atom gehört, Sie ist die chemische
Ordnungszahl. Neutronen haben etwa die gleiche Masse wie Protonen, besitzen aber
keine elektrische Ladung. Die Zahl der Neutronen hat daher nur geringen Einfluss auf die
chemischen Eigenschaften des Atoms, ist aber entscheidend für die Stabilität oder
Instabilität (Radioaktivität) des Kerns. Werden durch chemische oder physikalische
Effekte Elektronen entfernt oder hinzugefügt, ist das Atom nach außen hin elektrisch
geladen und wird Ion genannt. Im Atomkern ändert sich dadurch nichts. Abgesehen von
der Radioaktivität kann sich die Zahl von Protonen oder Neutronen im Kern nur durch
eine Kernreaktion ändern.
Unterscheidet man Kerne (oder ganze Atome) eines Elements, also mit gleicher
Protonenzahl, je nach Anzahl von Neutronen, spricht man von den Isotopen des
betreffenden Elements. Protonen (p), Neutronen (n) und Elektronen (e) bezeichnet man
als Elementarteilchen.
Bezeichnet werden Kerne mit dem chemischen Elementsymbol und der Massenzahl, wie
12 56
z. B. das häufigste Kohlenstoffisotop C oder das häufigste Eisenisotop Fe. Üblich,
56
aber redundant, ist auch die Schreibweise mit Massenzahl und Ordnungszahl: 26 Fe ,
N
allgemein ZX mit der Massenzahl N (n+p) und der Kernladungszahl Z (p).
Ein Element wird charakterisiert durch die Ordnungszahl. Isotope haben bei gleicher
Ordnungszahl verschiedene Massenzahlen, sind also unterschiedlich schwere Teilchen
gleicher Elemente
Radioaktivität
Radioaktivität, radioaktiver Zerfall oder Kernzerfall ist die Eigenschaft instabiler
Atomkerne, sich spontan unter Energieabgabe umzuwandeln. Die freiwerdende Energie
wird in fast allen Fällen als ionisierende Strahlung, nämlich energiereiche Teilchen
und/oder Gammastrahlung, abgegeben.
Der Begriff selbst (französisch radioactivité) wurde 1898 von Marie Curie geprägt.
Radioaktiver Zerfall
Der historisch geprägte Begriff Zerfall beschreibt treffend die Mengenabnahme des
Ausgangsstoffes nach dem Zerfallsgesetz. Diese vereinfachte Sichtweise charakterisiert
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den Vorgang jedoch unvollständig. Auf der Ebene der Atome findet vielmehr eine
gesetzmäßig definierte Umwandlung des jeweiligen einzelnen Atomkerns in einen
bestimmten anderen Atomkern statt; auch dieser Einzelvorgang wird fachsprachlich
Zerfall genannt.
Radioaktive Strahlung
Die 4. Zerfallsreihe kommt bis auf den letzten Schritt in der Natur nicht vor, da das
namensgebende und am Anfang stehende Neptunium-237 dieser Reihe praktisch
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vollständig zerfallen ist und die meisten Zwischenprodukte kurze Halbwertszeiten haben.
Nur das letzte Radionuklid dieser Reihe, Bismut-209, ist wegen seiner extrem langen
Halbwertszeit noch vorhanden und wurde deshalb sogar lange für das Endnuklid der
Reihe gehalten, bis 2003 entdeckt wurde, dass es ein Alphastrahler mit 19 Trillionen
Jahren Halbwertszeit ist.
Abb. 8: Alphastrahlung wird durch ein Blatt Papier, Betastrahlung durch ein Metallblech
von einigen mm Dicke vollständig absorbiert; zur hinreichenden Schwächung von
Gammastrahlung braucht man eine dickere Schicht aus einem Material möglichst hoher
Dichte.
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Das Zerfallsgesetz
Radioaktiver Zerfall ist kein deterministischer Prozess. Der Zerfallszeitpunkt des
einzelnen Atomkerns ist völlig zufällig. Allerdings gibt es für jedes Radionuklid einen
festen Wert der Zerfallswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit; bei makroskopischen
Stoffmengen führt dies dazu, dass die Mengenabnahme der Substanz in guter Näherung
einem Exponentialgesetz folgt. Die Zerfallswahrscheinlichkeit kann auch durch die
Halbwertszeit( 1 2 ) ausgedrückt werden, also den Zeitraum, nach dem durchschnittlich
die Hälfte der Atomkerne einer Anfangsmenge zerfallen ist. Es gibt radioaktive
Halbwertszeiten im gesamten Bereich von Sekundenbruchteilen bis zu Milliarden von
238 235 232
Jahren. Sehr langlebig sind beispielsweise die Nuklide U, U, Thorium Th und
40
Kalium K. Je kürzer die Halbwertszeit, desto größer ist bei gegebener Substanzmenge
die Aktivität.
Ein Atomkern ist dann stabil und kann nicht weiter ohne Fremdeinwirkung zerfallen, wenn
es keine Zerfallsart gibt, die zu einem energetisch niedrigeren Zustand führen würde.
Beim Element Wasserstoff sind ein einzelnes Proton sowie das Deuteron stabile Kerne.
Beim Helium enthält das stabile Isotop Helium-3 zwei Protonen und ein Neutron, das
stabile Helium-4 zwei Protonen und zwei Neutronen. Beim Lithium und allen schwereren
Elementen müssen mindestens gleich viele Neutronen wie Protonen den Kern bilden,
damit der Kern stabil ist, und bei schwereren Kernen überwiegen immer mehr die
Neutronen. Ab einer gewissen Massenzahl gibt es nur noch instabile Atomkerne. Durch
Einwirkung von Teilchenstrahlung, insbesondere Neutronenstrahlung können stabile in
instabile Atomkerne umgewandelt werden.
Das Zerfallsgesetz
120%
N No e t
100%
80%
Anzahl Atome
60%
40%
20%
0%
0 1 2 3 4 5 6
Zeit (½)
Die Beziehung N No e t beschreibt den radioaktiven Zerfall sehr gut. Dabei ist:
N: Anzahl der nichtzerfallen Atome zum Zeitpunkt t
N0: Anzahl der Atome am Anfang der Betrachtung
t: Zeit; : Zerfallskonstante
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Häufig wird auch die Halbwertszeit 1 2 angegeben, die Zeit nach der die Hälfte der
ursprünglichen Atome zerfallen ist.
N 1 1 ln 2
e 1/ 2 ln 1 / 2 1 / 2
N0 2 2
Aufbau
Sämtliche uns umgebende Materie besteht aus Atomen. Jedes Atom besteht aus einem
Atomkern und einer Elektronenhülle. Jeder Atomkern enthält positiv geladene Protonen
(mindestens eines und derzeit bekannt bis 118), die Anzahl der Protonen wird als
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Kernladungszahl bezeichnet und dient als Ordnungszahl (OZ) für die betreffende
Atomsorte.
Jeder Atomkern ist von einer Elektronenhülle umgeben. Wenn diese Hülle genau so viele
(negativ geladene) Elektronen enthält, wie im zugehörigen Kern Protonen vorhanden
sind, befindet sich das Atom im elektrisch neutralen Zustand, da die einander
entgegengesetzten elektrischen Ladungen von Proton und Elektron gleich groß sind.
(Abb. PSE im Anhang)
Das Periodensystem bezieht sich nur auf Atome in diesem elektrisch neutralen Zustand.
Elektronen können sich im Atom nur auf solchen Bahnen befinden, die bestimmte
Abstände vom Atomkern haben; für solche zu einem Abstand gehörigen Bahnen wird
auch der Begriff Schale benutzt. Jede dieser Schalen bietet nur für eine ganz bestimmte
Anzahl Elektronen Platz (vgl. Kap. Elektronenhülle). In die innerste Schale passen nur
zwei Elektronen, also gibt es auch nur zwei chemische Elemente, die nur diese innerste
Elektronenschale haben, das sind die mit den ersten beiden Ordnungszahlen: 1
(Wasserstoff) und 2 (Helium). Sie bilden deshalb in der Darstellung des Periodensystems
die oberste Reihe.
Bei dem nächstfolgenden Atom mit drei Protonen und folglich drei Elektronen befindet
sich das dritte Elektron einzeln in einer weiter außen liegenden Elektronenschale (Lithium
mit der Ordnungszahl 3). Diese nächste Schale hat Platz für maximal acht Elektronen.
Diesem Aufbau entsprechend werden diese acht Elemente (mit insgesamt drei bis zehn
Elektronen) im Periodensystem als nächste Reihe dargestellt. Bei der Ordnungszahl 11
(Natrium) wird eine weitere Elektronenschale angefangen und mit einem Elektron
besetzt, hier ist wiederum für maximal acht Elektronen Platz; somit bilden die Elemente
bis zur Ordnungszahl 18 (Argon) auch die nächstfolgende Reihe (Zeile) bei der
Darstellung im Periodensystem.
Betrachtet man nur die Elektronen der jeweils äußersten Schale, so spricht man von den
Außenelektronen (Valenzelektronen); in der innersten Schale gibt es ein oder zwei, in
den nächsten beiden ein bis acht Außenelektronen. Vergleicht man nun die
Stoffeigenschaften von Elementen mit der gleichen Anzahl Außenelektronen (oder deren
chemischen Verbindungen mit jeweils einem beliebigen anderen Element), so finden sich
viele Übereinstimmungen, die genau darauf beruhen, dass es sich um Elemente mit der
gleichen Anzahl von Außenelektronen handelt. So sind z. B. die Elemente mit nur dem
ersten von acht Außenelektronen Alkalimetalle, die Elemente mit sieben
Außenelektronen Halogene und die mit voll aufgefüllten Elektronenschalen Edelgase. Die
Außenelektronen bestimmen also im Wesentlichen die chemischen Eigenschaften und
die wiederholen sich periodisch, was zur Darstellung der Elemente in Reihen und ihrer
Benennung mit dem Begriff Periode geführt hat. Die einander ähnlichen Elemente stehen
somit im Periodensystem untereinander und bilden jeweils eine Gruppe; das gilt auch für
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die jeweils darunter stehenden weiteren Elemente; bei den bisher besprochenen Spalten
handelt es sich um die Hauptgruppen.
Diese Systematik des Aufbaus wird in den höheren Perioden unterbrochen. In den
nächsten beiden Perioden bilden zwar auch zunächst die ersten beiden Elektronen eine
neue äußere Schale; bevor dort jedoch das dritte bis achte Elektron hinzu kommt, wird
zunächst eine darunter liegende neue Elektronenschale mit zehn Plätzen gebildet und
aufgefüllt (OZ 21 bis 30 und 39 bis 48); hier untereinander stehende Elemente werden
Nebengruppen genannt.
In den dann folgenden beiden Perioden entsteht sogar zunächst eine noch tiefer liegende
(drittäußerste) Schale mit 14 Plätzen (OZ 58 bis 71 und 91 bis 103); der Einbau der
jeweils zusätzlichen Elektronen in so tief liegende Schalen führt – erwartungsgemäß –
dazu, dass diese Elemente auch untereinander sehr ähnlich sind.
Die Anordnung der Atome im Periodensystem ist somit vollständig durch die
Elektronenkonfiguration erklärbar.
Anmerkungen:
1
Jeder Atomkern, bis auf das Wasserstoff-Isotop H, enthält elektrisch ungeladene
Neutronen, die aber für den Aufbau des Periodensystems keine Rolle spielen.
Da die Masse der Elektronen an der Gesamtmasse nur einen verschwindend kleinen
Anteil haben, ist nur die Masse der Protonen und Neutronen zusammen maßgeblich für
die Atommasse; letztere (früher Atomgewicht genannt) ist im Periodensystemen oft mit
angegeben, spielt aber für dessen Aufbau ebenfalls keine Rolle.
Periodische Eigenschaften
Einige Eigenschaften der Elemente lassen sich in bestimmten Positionen und Bereichen
des Periodensystems finden oder mit ihm voraussagen:
Masse nimmt von oben nach unten und von links nach rechts zu
(Ausnahmen: Ar vor K, Te vor I, Co vor Ni, Th vor Pa)
Atomradius nimmt von oben nach unten zu, von links nach rechts ab (bei
Hauptgruppenelementen)
Elektronegativität nimmt von oben nach unten ab, von links nach rechts zu
(Ausnahme: Edelgase)
Ionisierungsenergie nimmt von oben nach unten ab, von links nach rechts zu
Metallcharakter nimmt von oben nach unten zu, von links nach rechts ab
Basizität der Oxide nimmt von oben nach unten zu, von links nach rechts ab
Als weitere Informationen, die aber mit der Elektronenkonfiguration und daher mit der
Stellung im PSE nichts zu tun haben, sind die radioaktiven Elemente gekennzeichnet:
Das Element 82 (Blei) ist das letzte Element, von dem stabile, also nicht radioaktive
Isotope existieren. Alle nachfolgenden (Ordnungszahl 83 und höher) sind ausnahmslos
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radioaktiv und somit instabil. Dabei ist 83 (Bismut) ein Sonderfall oder Grenzfall mit einer
extrem langen Halbwertszeit. Auch innerhalb der Elemente 1 bis 82 sind zwei Stoffe
enthalten, die radioaktiv, also instabil sind: 43 (Technetium) und 61 (Promethium).
So bleiben tatsächlich nur 80 stabile Elemente übrig, die in der Natur vorkommen – alle
anderen sind radioaktive Elemente. Von den radioaktiven Elementen sind nur Bismut,
Thorium und Uran in größeren Mengen in der Natur vorhanden, da diese Elemente
Halbwertszeiten in der Größenordnung des Alters der Erde oder länger haben. Alle
anderen radioaktiven Elemente sind bis auf ein Isotop des Plutoniums entweder wie das
Radium intermediäre Zerfallsprodukte einer der drei natürlichen radioaktiven
Zerfallsreihen oder entstehen bei seltenen natürlichen Kernreaktionen oder durch
Spontanspaltung von Uran und Thorium. Elemente mit Ordnungszahlen über 94 können
nur künstlich hergestellt werden; obwohl sie ebenfalls bei der Elementsynthese in einer
Supernova entstehen, wurden aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeiten bis heute noch
keine Spuren von ihnen in der Natur gefunden.
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John Dalton formulierte das Gesetz 1808, auf dem Gesetz der konstanten Proportionen
aufbauend. Es stützte Daltons zu seiner Zeit sehr umstrittene Atomhypothese.
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Das Auftreten von 2 Volumen Produkt lässt sich nur erklären, wenn man annimmt, dass
ein Teilchen Wasserstoff(gas) und auch ein Teilchen Sauerstoff jeweils zwei Atome
enthält und das Produkt (Wasserdampf) zwei Atome Wasserstoff und ein Atom
Sauerstoff enthält. Also
2H2 O 2 2H2O
2H2 Cl2 2HCl
3H2 N2 2NH3
3 Relative Atommassen
Die Atommasse ist die Masse eines Atoms. Sie kann wie jede Masse in der SI-Einheit
Kilogramm (kg) angegeben werden. Für Berechnungen ist es aber oft praktischer, die
Atomare Masseneinheit u zu verwenden. Diese ist der zwölfte Teil der Masse eines
12
Atoms des Kohlenstoff-Isotops C. In SI-Einheiten beträgt
27
1 u = 1,660 538 921(73) × 10 kg.
Der Zahlenwert der in u angegebenen Atommasse, aber ohne die Maßeinheit, wird oft als
relative Atommasse (engl. atomic weight) bezeichnet und formal als eine eigene,
dimensionslose Größe aufgefasst, nämlich als das Massenverhältnis des jeweiligen
Atoms zu einem gedachten Atom der Masse 1 u.
Im Unterschied zu der relativen Atommasse wird die in kg, g oder u angegebene Masse
auch absolute Atommasse (engl. atomic mass) genannt.
- 30-
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Aus den relativen Atommassen, den daraus berechenbaren Molekülmassen und anhand
der daraus abgeleiteten molaren Masse lassen sich die Massen- und
Volumenverhältnisse der an einer chemischen Reaktion beteiligten Stoffe berechnen.
Historisch
Die erste Tabelle mit relativen Atommassen wurde 1805 von John Dalton veröffentlicht.
Er erhielt sie anhand der Massenverhältnisse bei chemischen Reaktionen, wobei er das
leichteste Atom, das Wasserstoffatom, als „Masseneinheit“ wählte.
1865 wurde Sauerstoff, dessen Atome im Mittel annähernd die 16-fache Masse des
Wasserstoffatoms haben, von Jean Servais Stas als Bezugselement vorgeschlagen und
ihm die Masse 16,00 zugeteilt. Da die Physiker später diesen Wert dem Sauerstoffisotop
16
O, die Chemiker jedoch dem Sauerstoff in seiner natürlichen
Isotopenzusammensetzung zuordneten, waren damit bis etwa 1960 zwei leicht
unterschiedliche Massenskalen in Gebrauch.
Seit der Entscheidung der IUPAP, die 1961 dem Vorschlag ihrer
12
Atommassenkommission von 1960 folgte, dient das Kohlenstoffisotop C als
Bezugsbasis mit der Masse von 12,00. Die relative Atommasse gibt an, wievielmal
12
größer die Masse des jeweiligen Atoms als 1/12 der Masse des C-Atoms ist. Da dieses
Atom 12 Nukleonen enthält, 6 Protonen und 6 Neutronen, entspricht die Atommasse
irgendeines Nuklids fast genau der Anzahl der in dessen Atomkern enthaltenen
Nukleonen, der Massenzahl; die geringe Abweichung wird durch den Massenunterschied
zwischen Proton und Neutron und den atomaren Massendefekt verursacht.
Die folgende Tabelle zeigt einige durchschnittliche relative Atommassen nach den vier
verschiedenen Bezugsmassen:
Bei auf der Erde vorkommenden Elementen wird in der Chemie die durchschnittliche
Atommasse des natürlichen Isotopengemisches in der Erdkruste angegeben; in
Spezialfällen muss die Herkunft des Isotopengemisches beachtet werden.
4 Die Stoffmenge
Atome und Moleküle sind sehr klein und leicht und somit direkt weder zähl- noch wiegbar.
Man geht deshalb einen Umweg über eine bestimmte Menge (Anzahl) von Teilchen: das
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Mol. Dabei muss die zugrunde gelegte Anzahl der Teilchen (insbesondere Atome und
Moleküle) genau festgelegt werden; ein Mol eines Stoffes enthält nach derzeitiger
Messgenauigkeit etwa 6,02214129(27) 10 23 mol 1 solcher Teilchen (Avogadro-Zahl NA).
Mit Stoffmenge wird die quantitative Menge für Stoffe, insbesondere in der
Stöchiometrie, bezeichnet. Diese Stoffmenge ist dabei weder Masse noch Teilchenzahl,
sondern im Internationalen Einheitensystem (SI) durch willkürliche Vereinbarung als
Basisgröße eigener Art festgelegt. Das bedeutet, sie ist auch nicht durch andere SI-
Basisgrößen darstellbar. Die Einheit der Stoffmenge ist das Mol, eine SI-Basisgröße.
Für die Stoffmenge nX und die Masse mX einer Stoffportion eines Reinstoffes X und
dessen molare Masse MX gilt folgender Zusammenhang:
m
nX X
MX
Die Berechnung aus der Masse ist über die oben angegebene Gleichung möglich.
Beispiel: Die molare Masse von Wasser beträgt 18 Gramm pro Mol. 9 Gramm Wasser
entsprechen damit einer Stoffmenge von 0,5 Mol.
mH2O 9g
nH2O 0,5mol
MH2O g
18
mol
...aus dem Volumen:
Bei Gasen lässt sich verhältnismäßig leicht die Stoffmenge aus dem Volumen
bestimmen, da ein Mol eines beliebigen Gases bei Normbedingungen(0°C, 1013hPa) in
Näherung ein Volumen von 22,4 Litern einnimmt. Dieses Volumen bezeichnet man als
molares Normvolumen (Molvolumen): Vm = 22,4 l/mol.
Beispiel: Wie viel Mol entsprechen 5 l Sauerstoff-Molekülen O2?
VO2 5l
n O2 0,22mol
Vm l
22,4
mol
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Da die Konzentration cX (mol/l) ein Konzentrationsmaß für Lösungen darstellt, das die
Stoffmenge eines Stoffes X in Beziehung zum Volumen V der Lösung stellt, kann man
diese auch auf die Stoffmenge zurückrechnen.
Beispiel:
Wie viel Mol Natriumchlorid befinden sich in 0,22 Liter einer 0,6 molaren (0,6 M) NaCl-
Lösung?
mol
nNaCl c NaCl V 0,6 0,22l 0,132mol
l
Es fällt auf, dass bei Elementen der Zahlenwert der molaren Masse mit dem Zahlenwert
der Atommasse übereinstimmt. Nur die Einheiten sind verschieden.
5 Chemische Formeln
Eine chemische Formel beschreibt die Zusammensetzung chemischer Verbindungen und
kann Informationen über den Aufbau enthalten. Eine chemische Formel enthält immer
Angaben zu den in einer Verbindung enthaltenen chemischen Elementen und zum
Zahlenverhältnis der in der Verbindung vorkommenden Teilchen.
Von den Formeln sind die Atomsymbole (Elementsymbole) zu unterscheiden: H für
Wasserstoff, Mg für Magnesium, N für Stickstoff. Verbinden sich zwei oder mehrere
Atome desselben Elements zu einem Molekül, dann wird das wiederum durch eine
(Molekül-)Formel gekennzeichnet: H2 für Wasserstoff, N2 für Stickstoff, O3 für Ozon.
Es werden verschiedene chemische Formeln unterschieden:
Verhältnisformel: Sie setzt sich aus Elementsymbolen und kleinen, tiefgestellten Zahlen
(Indizes) zusammen und gibt lediglich das Verhältnis wieder, in dem die einzelnen
chemischen Elemente in einer chemischen Verbindung enthalten sind. Dabei werden
ganzzahlige Verhältniszahlen verwendet.
Man schreibt Formeln mit kleinstmöglichen ganzzahligen (stöchiometrischen)
Verhältniszahlen.
Beispiel: Die Verhältnisformel für Benzol ist C1H1
Summenformel: Die Summenformel gibt jeweils die Anzahl der Atome der chemischen
Elemente an, die in einer Verbindung enthalten sind. Bei Molekülen wird damit auch die
tatsächliche Häufigkeit der Atome verschiedener Elemente im Molekül angegeben.
Fälschlicherweise werden viele Formeln von Salzen, die Verhältnisformeln sind, mit
Summenformeln verwechselt.
Beispiel: Die Summenformel für Benzol ist C6H6
Strukturformel: Die Strukturformel gibt, neben der Anzahl der verschiedenen Atome in
einem Molekül, auch deren Anordnung zueinander wieder, das heißt, sie gibt auch
Auskunft über die Art der Atome und die Art ihrer Verknüpfungen (Bindungen),
gegebenenfalls auch über Bindungswinkeln und Bindungslängen.
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Allgemein gilt: Bei binären Verbindungen muss die Summe in der Wertigkeit für beide
Elemente gleich sein.
6 Chemische Gleichungen
In der Chemie ist eine Reaktionsgleichung die Kurzschreibweise für eine chemische
Reaktion. Sie gibt die Edukte und Produkte einer Stoffumwandlung in
Formelschreibweise wieder, ist international einheitlich und wird von allen Chemikern
verstanden.
Der Aufbau einer Reaktionsgleichung folgt in der Chemie bestimmten Regeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Auf der linken Seite stehen die chemischen Summenformeln der Ausgangsstoffe
(Edukte) – auf der rechten die Summenformeln der Produkte. Dazwischen wird ein
Reaktionspfeil geschrieben (z. B. ), der kennzeichnet, in welche Richtung die
Reaktion abläuft. Vor die Formeln setzt man zudem groß geschriebene Zahlen, die
angeben, wie viele Moleküle des jeweiligen Stoffes oder wie viel Stoffmenge (in Mol)
jeweils benötigt, verbraucht oder erzeugt werden. Man bezeichnet sie als
stöchiometrische Zahlen (oder stöchiometrische Koeffizienten) der beteiligten Stoffe. Sie
müssen so gewählt werden, dass die Stoffmengen-Verhältnisse der Reaktionspartner
(ihre stöchiometrischen Bedingungen) korrekt wiedergegeben werden: Für jedes
chemische Element müssen auf der linken Seite einer Reaktionsgleichung gleich viele
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Atome wie auf der rechten Seite vorhanden sein (Gesetz der Erhaltung der Massen). Die
Zahl „Eins“ als stöchiometrische Zahl wird nicht geschrieben.
Beispielsweise wird die Verbrennung von Methangas (Formel: CH4) und Sauerstoffgas
(Formel: O2) zu Kohlenstoffdioxid und Wasser durch die Gleichung
CH4 2O 2 CO 2 2H2 O
beschrieben. In diesem Beispiel sind für Kohlenstoff C je ein Atom (links in CH4 und
rechts in CO2), für Wasserstoff H je vier Atome (links in CH4 und rechts je 2 in beiden
H2O), sowie für Sauerstoff O ebenfalls je vier Atome (links je zwei in beiden O2 und
rechts zwei in CO2 und je eines in beiden H2O) vorhanden.
Gleichungen geben das Ergebnis von Experimenten wieder; nicht alles was auf dem
Papier formuliert werden kann, geht auch im Reagenzglas!!
Beispiel :
Chlorgas wird durch Einwirkung von Salzsäure auf Braunstein hergestellt. Wie viel g HCl
werden zur Reaktion mit 43,5g MnO2 benötigt?
MnO 2 4HCl MnCl2 Cl2 H2O
mMnO 2
MMnO 2 55g 2 16g 87g ; MHCl 35,5g 1g 36,5g ; nMnO2 0,5mol
MMnO 2
Aus der Gleichung erhält man: nMnO2 : nHCl 1 : 4 und da nMnO2 0,5mol ist, ist
nHCl 2mol . Man benötigt 2 mol = 73 g HCl.
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IV Thermodynamik
1 Allgemein
Die Thermodynamik, auch als Wärmelehre bezeichnet, ist ein Teilgebiet der
klassischen Physik. Sie beschäftigt sich mit der Möglichkeit, durch Umverteilen von
Energie zwischen ihren verschiedenen Erscheinungsformen Arbeit zu verrichten. Die
Grundlagen der Thermodynamik wurden aus dem Studium der Volumen-, Druck-,
Temperaturverhältnisse bei Dampfmaschinen entwickelt.
Man unterscheidet zwischen offenen, geschlossenen und abgeschlossenen (isolierten)
thermodynamischen Systemen. Bei einem offenen System fließt – im Gegensatz zum
geschlossenen – Materie über die Systemgrenze, abgeschlossene Systeme sind auch
energiedicht. Nach dem Energieerhaltungssatz bleibt darin die Summe aller
Energieformen (thermische, chemische, Federspannung, Magnetisierung usw.) konstant.
Die Thermodynamik bringt die Prozessgrößen Wärme und Arbeit an der Systemgrenze
mit den Zustandsgrößen in Zusammenhang, welche den Zustand des Systems
beschreiben. Dabei wird zwischen intensiven – von der Masse unabhängigen -
Zustandsgrößen (beispielsweise Temperatur (T), Druck (p), beispielsweise Volumen (V))
und extensiven – von der Masse abhängigen - Zustandsgrößen (Konzentration (c) und
Teilchenzahl (N)) unterschieden.
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daher große Bedeutung für das Verständnis und die Planung von Prozessen in
Chemieanlagen, bei Wärmekraftmaschinen sowie in der Heizungs- und Klimatechnik.
Wenn ein System A sich mit einem System B sowie B sich mit einem System C im
thermischen Gleichgewicht befindet, so befindet sich auch A mit C im thermischen
Gleichgewicht.
Beispiel: Ein Thermometer ist selbst ein System und soll als B bezeichnet werden. Wenn
B die gleiche Temperatur für ein System A, wie auch für ein System C anzeigt, lässt sich
daraus schließen, dass auch A und C untereinander im thermischen Gleichgewicht
stehen werden, wenn man sie in Kontakt bringt.
Dieses Gesetz wurde erst nach den drei anderen Hauptsätzen formuliert. Da es aber
eine wichtige Basis bildet, wurde es später als „nullter“ Hauptsatz bezeichnet.
1. Hauptsatz:
2. Hauptsatz:
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ersten Hauptsatzes über die Gleichwertigkeit von Wärme und Arbeit ein und ist damit
eines der Fundamente der Thermodynamik, wird aber im Rahmen dieser Theorie nicht
begründet.
Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in einfachen Formulierungen
zusammengefasst:
Wärme kann nicht von selbst von einem Körper niedriger Temperatur auf einen
Körper höherer Temperatur übergehen.
Wärme kann nicht vollständig in Arbeit umgewandelt werden. Dies wäre eine
Realisierung eines Perpetuum Mobile zweiter Art.
Alle spontan (in eine Richtung) ablaufenden Prozesse sind irreversibel.
Alle Prozesse, bei denen Reibung stattfindet, sind irreversibel.
Ausgleichs- und Mischungsvorgänge sind irreversibel.
In einem geschlossenen adiabaten System kann die Entropie nicht abnehmen,
sie nimmt in der Regel zu. Nur bei reversiblen Prozessen bleibt sie konstant.
Das Gleichgewicht isolierter thermodynamischer Systeme ist durch ein
Maximalprinzip der Entropie ausgezeichnet.
3. Hauptsatz:
3 Gasgleichung
Die thermische Zustandsgleichung idealer Gase wird oft auch unpräzise als
allgemeine Gasgleichung bezeichnet. Sie vereint die experimentellen Einzelergebnisse
und die hieraus abgeleiteten Gasgesetze zu einer allgemeingültigen Zustandsgleichung.
Die Gleichung beschreibt den Zustand des idealen Gases bezüglich der Zustandsgrößen
Druck p, Volumen V, Temperatur T und Stoffmenge n (bzw. Teilchenzahl N oder Masse
m).
Die Gleichung stellt den Grenzfall der thermischen Zustandsgleichungen für
verschwindende Dichte dar, das heißt für verschwindenden Druck bei genügend hoher
Temperatur. In diesem Fall kann man das Eigenvolumen der Gasmoleküle und die
Kohäsion – die anziehende Kraft zwischen den Molekülen – vernachlässigen. Die
Gleichung ist für viele Gase wie zum Beispiel wasserdampfungesättigte Luft auch bei
Normalbedingungen eine gute Näherung.
Das Gesetz von Boyle-Mariotte sagt aus, dass der Druck idealer Gase bei
gleichbleibender Temperatur (isotherme Zustandsänderung) und gleichbleibender
Stoffmenge umgekehrt proportional zum Volumen ist. Erhöht man den Druck auf ein
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Gaspaket, wird durch den erhöhten Druck das Volumen verkleinert. Verringert man den
Druck, so dehnt es sich aus. Dieses Gesetz wurde unabhängig von zwei Physikern
entdeckt, dem Iren Robert Boyle (1662) und dem Franzosen Edme Mariotte (1676).
Für T = const und n = const gilt:
1 p1 V2
p~ p V const
V p 2 V1
Das erste Gesetz von Gay-Lussac besagt, dass das Volumen idealer Gase bei
gleichbleibendem Druck (isobare Zustandänderung) und gleichbleibender Stoffmenge
direkt proportional zur Temperatur ist. Ein Gas dehnt sich also bei einer Erwärmung aus
und zieht sich bei einer Abkühlung zusammen. Dieser Zusammenhang wurde 1787 von
Jacques Charles und 1802 von Joseph Louis Gay-Lussac erkannt.
Für p = const und n = const gilt:
V V1 T1
V~T const
T V2 T2
Das eigentliche Gesetz von Gay-Lussac (obiges ist nur der Teil, den man meist als das
Gesetz von Charles bezeichnet) lautet:
1
V() V0 (1 0 ) 0
273,15C
Hierbei ist die gesuchte Temperatur in °C. Analog ist V das Volumen bei , V0 das
Volumen bei =0°C und 0 der Volumenausdehnungskoeffizient bei =0°C, wobei für
ideale Gase über den gesamten Temperaturbereich konstant und für alle Gase gleich
ist.
Aus dieser Gleichung kann man folgern, dass es einen absoluten Temperaturnullpunkt
geben muss, da die Gleichung für diesen ein Volumen von Null voraussagt und das
Volumen nicht negativ werden kann. Ihre empirische Basis ist daher auch Grundlage für
die absolute Temperaturskala Kelvins, da hierüber durch Extrapolation der
Temperaturnullpunkt bestimmt werden konnte. Für Kelvins Temperaturskala gilt:
T 273,15 Die Einheit ist Kelvin (K)
Das Gesetz von Amontons, oft auch 2. Gesetz von Gay-Lussac, sagt aus, dass der
Druck idealer Gase bei gleichbleibendem Volumen (isochore Zustandsänderung) und
gleichbleibender Stoffmenge direkt proportional zur Temperatur ist. Bei einer Erwärmung
des Gases erhöht sich also der Druck und bei einer Abkühlung wird er geringer. Dieser
Zusammenhang wurde von Guillaume Amontons entdeckt.
Für V = const und n = const gilt:
p p1 T1
p~T const
T p 2 T2
Analog zum Gesetz von Gay-Lussac gilt hierbei auch:
p() p 0 (1 0 )
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Das Gesetz der Homogenität sagt aus, dass ein ideales Gas durch und durch homogen,
das heißt gleichförmig, ist, dass es also überall dieselbe Dichte hat. Wenn in einem
großen Behälter mit einem homogenen Stoff, zum Beispiel mit einem Gas, an einer Stelle
eine Teilmenge V1 eingeschlossen wird, so enthält diese dieselbe Stoffmenge wie eine
Teilmenge mit demselben Volumen V1 an anderer Stelle. Teilt man die gesamte
Stoffmenge auf zwei gleichgroße Volumina auf, so enthalten sie die gleiche Stoffmenge,
nämlich die Hälfte der ursprünglichen. Daraus folgt:
Das Volumen ist bei gleichbleibendem Druck und gleichbleibender Temperatur
proportional zur Stoffmenge.
Für T = const und p = const gilt:
V V1 n1
V ~n const
n V2 n 2
Diese Gesetze gelten für alle homogenen Stoffe, solange Temperatur und Druck
unverändert bleiben, und eben auch für ideale Gase. (vgl. auch Gesetz von Avogadro)
Das Gesetz von Avogadro sagt aus, dass zwei gleich große Gasvolumina, die unter
demselben Druck stehen und die dieselbe Temperatur haben, auch dieselbe
Teilchenzahl einschließen. Dies gilt sogar dann, wenn die Volumina verschiedene Gase
enthalten.
Fasst man die Erkenntnisse aus den obigen Beziehungen zusammen, so erhält man die
Zustandsgleichung für ideale Gase:
Hierbei stehen die einzelnen Formelzeichen für folgende Größen:
R - universelle oder molare Gaskonstante
- Dichte
vm - molares Volumen
V - Volumen
N - Teilchenzahl
n - Stoffmenge
m - Masse
M - Molare Masse
T - Temperatur (in Kelvin)
p - Druck
Betrachtet man zunächst eine isochore Zustandsänderung (V = const) nach dem Gesetz
von Amontons. Der Ausgangspunkt ist hierbei der Zustand 1 mit p1, V1 und T1. Endpunkt
ist Zustand 2 mit p2, V2 (=V1) und T2.
p1 T1 p T
und somit für T2 2 1
p 2 T2 p1
Es folgt eine isobare Zustandsänderung (p = const) nach dem Gesetz von Gay-Lussac
von Zustand 2 nach Zustand 3 mit p3 (=p2), V3 und T3.
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V3 T3 V2T3
und somit für V3
V2 T2 T2
Setzt man nun den Ausdruck für T2 aus obiger Gleichung in den Ausdruck für T2 aus
unterer Gleichung ein und stellt um, wobei man p3 = p2 und V2 = V1 berücksichtigen
muss, so erhält man als Resultat die Beziehung (bei konstanter Stoffenge n):
p1V1 p3 V3 p V
und allgemein const
T1 T3 T
Als letzten Schritt muss man die Konstante im rechten Term des obigen Ausdrucks
ermitteln. Geht man davon aus, dass ein Mol bei 273,15 Kelvin (0°C) und 101,325
Kilopascal (1.013,25 hPa) genau 22,414 Liter einnimmt, also das Gesetz von Avogadro
gültig ist, so kann man auch davon ausgehen, dass n Mol eines idealen Gases genau
n 22,414 Liter einnehmen. Wenn man dies in obige Gleichung einsetzt, erhält man:
101,325 10 3 Pa 22,414 l
mol n p 3 V3
273,15K T3
Stellt man die Gleichung etwas um, so erhält man:
101,325 10 3 Pa 22,414 l
mol n T p V
3 3 3
273,15K
Der linke Bruch ist eine konstante Zahl, man definiert diese als die Gaskonstante R und
berechnet dessen Zahlenwert.
101,325 10 3 Pa 22,414 l J
R : mol 8,31447
273,15K mol K
Streicht man nun die Indizes, so erhält man die gesuchte allgemeine Gasgleichung für
ideale Gase:
p V nR T
Als ideales Gas bezeichnet man in der Physik und Physikalischen Chemie eine
bestimmte idealisierte Modellvorstellung eines realen Gases. Obwohl es eine starke
Vereinfachung darstellt, lassen sich mit diesem Modell bereits viele thermodynamische
Prozesse von Gasen verstehen und mathematisch beschreiben.
Im Modell des idealen Gases werden alle Gasteilchen als ausdehnungslose
Massepunkte angenommen, welche sich frei durch das ihnen zur Verfügung stehende
Volumen bewegen können. Mit frei ist gemeint, dass die Teilchen keinerlei Kräfte
verspüren. Allerdings dürfen (und müssen) sich die Teilchen untereinander und an der
Wand des Volumens stoßen. Ein Gasteilchen bewegt sich also geradlinig mit einer
konstanten Geschwindigkeit, bis ein Stoß es in eine andere Richtung lenken und dabei
beschleunigen oder abbremsen kann.
Es gibt viele verschiedene Zustandsfunktionen in der Thermodynamik. Gerne wird der
Zustand eines Systems über Energie-Begriffe beschrieben. Wir werden hier noch die
Enthalpie H und die freie Enthalpie G betrachten, da diese für die Betrachtung von
chemischen Reaktionen hilfreich sind.
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4 Enthalpie H
Die Enthalpie, auch Wärmeinhalt genannt, ist ein Maß für die Energie eines
thermodynamischen Systems. Sie wird in der Regel durch den Buchstaben H (Einheit:
Joule, J) symbolisiert, wobei das H vom englischen heat content abgeleitet ist.
Die Enthalpie beschreibt die bei gleichbleibendem Druck und konstanter Temperatur
auftretende Energie. Die bei einer chemischen Reaktion auftretende Energieänderung
heißt Reaktionsenthalpie H (Enthalpieänderung) und wird normalerweise bei
Standardbedingungen (1013 hPa; 298 K) angegeben.
Standardbildungsenthalpie
Die Standardbildungsenthalpie ist die Energie, die bei der Bildung von einem Mol einer
Substanz aus der stabilsten Form der reinen Elemente unter Standardbedingungen
(1013 hPa; 298 K) frei wird (exotherme Reaktion, H0f 0 ) oder zur Bildung erforderlich
ist (endotherme Reaktion, H0f 0 ). Sie wird in Kilojoule pro Mol angegeben und
symbolisch mit H0f bezeichnet (f von engl. formation, Bildung; der Exponent Null steht
für Standardbedingungen).
Ist sie negativ, so wird bei der Bildung der Substanz aus den Elementen Energie frei, ist
sie dagegen positiv, so muss Energie zur Bildung der Substanz aus ihren
Ausgangselementen aufgewendet werden. Stark negative Werte der
Standardbildungsenthalpie sind ein Kennzeichen chemisch besonders stabiler
Verbindungen (d. h. bei ihrer Bildung wird viel Energie frei und zur Zerstörung der
Bindungen muss auch wieder viel Energie aufgewendet werden). Die
Standardbildungsenthalpie der chemischen Elemente in ihrem stabilsten Zustand (H2,
He, Li, ...) ist per Definition auf 0 kJ/mol festgesetzt.
Verdampfungsenthalpie: VH ist die Energie, die erforderlich ist, um ein Mol einer
Substanz isotherm und isobar vom flüssigen in den
gasförmigen Zustand zu transportieren. Sie ist immer
positiv.
Kondensationsenthalpie KH ist die Energie, die frei wird, wenn ein Mol einer
Substanz kondensiert (isotherm und isobar), also vom
gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand übergeht.
Sie trägt immer ein negatives Vorzeichen.
Schmelzenthalpie: ist die Energie, die benötigt wird, um ein Mol einer
Substanz zum Schmelzen zu bringen.
Kristallisationsenthalpie: ist die Energie, die frei wird, wenn ein Mol Substanz
kristallisiert.
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Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass die Bildungsenthalpie eines Stoffes unter
Normalbedingungen nur vom Stoff selbst, und nicht von dem Weg seiner Herstellung
abhängt. Die Bildungsenthalpie ist also eine thermodynamische Zustandsgröße. Alle
Werte beziehen sich auf das thermodynamische Gleichgewicht, da sonst die Temperatur
nicht definiert wäre.
Die Standardbildungsenthalpie kann indirekt, unter Zuhilfenahme des Satzes von Hess,
aus Enthalpien von Reaktionen bestimmt werden, bei denen der jeweilige Stoff als Edukt
oder Produkt teilnimmt.
In vielen Fällen können Produkte einer chemischen Reaktion auf verschiedenen Wegen
entstehen. Der Reaktionsweg hat dabei nach dem Energieerhaltungssatz keinen Einfluss
auf die Energie, die bei einer Reaktion aufgenommen oder abgegeben wird. Für die
Enthalpie einer chemischen Reaktion gilt dasselbe.
Die Enthalpieänderung H eines Gesamtprozesses ist die Summe der
Enthalpieänderungen der einzelnen Prozessschritte.
Aus diesem Satz folgt, dass die Reaktionsenthalpie unabhängig vom Reaktionsweg ist
und nur vom Anfangs- und vom Endzustand des Systems abhängt.
Beispiel:
Graphit kann direkt zu Kohlenstoffdioxid verbrannt werden (1) oder indirekt über die
Zwischenstufe Kohlenstoffmonoxid (2), (3). Die Gesamtreaktionsenthalpie RH ist in
beiden Fällen gleich:
(1) C(Graphit ) O 2 (g) CO 2 (g) RH1 393kJ / mol
1
(2) C(Graphit ) O 2 (g) CO(g) RH2 111kJ / mol
2
1
(3) CO(g) O 2 (g) CO 2 (g) RH3 282kJ / mol
2
RH1 RH2 RH3 111kJ / mol ( 282kJ / mol) 393kJ / mol
Bei Kenntnis der Standardbildungsenthalpien von Edukten und Produkten lässt sich eine
mögliche chemische Reaktion energetisch grob bilanzieren. Die wichtigste Frage ist oft,
ob ein Prozess endotherm oder exotherm verläuft und wie stark.
0
HRe aktion H 0
f , Pr odukte H 0
f , Edukte
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Berechnungsbeispiel:
Zur Berechnung vergleicht man die Summe der Bildungsenthalpien der Produkte mit der
der Edukte. Die Differenz ist die Reaktionsenthalpie.
2 mol * ( 411) kJ/mol 2 mol * 0 kJ/mol 1 mol * 0 kJ/mol = 822 kJ (NaCl, 25 °C). Also
verläuft die Reaktion exotherm.
Standardverbrennungsenthalpie
Auch die Verbrennung ist eine chemische Reaktion. Die Reaktionsenthalpie der
Verbrennungsreaktion bzw. die Standardverbrennungsenthalpie eines Stoffes ist die
Enthalpieänderung, die auftritt, wenn ein Stoff unter O2-Überschuss (O2-Überdruck) und
Standardbedingungen (1013 hPa; 298 K) vollständig verbrennt. Definitionsgemäß bezieht
sich diese Verbrennungswärme auf die Bildung von gasförmigem Kohlendioxid und
flüssigem Wasser (bzw. N2) als Endprodukte; unter Sauerstoffüberdruck kann sich kein
gasförmiges Wasser bilden. Sie wird mit VH° bezeichnet.
In einem Autoklaven-Rohr wird folgende Reaktion mit Sauerstoffüberdruck durchgeführt:
VH0 3 393,5 4 285,8 kJ / mol 1 103,2 5 0kJ / mol 2.220kJ / mol
H0 3 393,5 4 241,8 kJ / mol 1 103,2 5 0kJ / mol 2.040kJ / mol
5 Freie Energie G
Die Gibbs-Energie G, benannt nach dem US-amerikanischen Physiker Josiah Willard
Gibbs, ist ein thermodynamisches Potential mit den natürlichen unabhängigen Variablen
Temperatur T, Druck p und Stoffmenge n. Im deutschen Sprachraum wird die Gibbs-
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Energie meist als Freie Enthalpie bezeichnet; gebräuchlich sind auch Gibbssche freie
Energie oder Gibbs-Potential. Die Einheit der Gibbs-Energie ist Joule.
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Abb. 12: Durch Diffusion vermischen sich verschiedene Gase von selbst und die Entropie
nimmt zu.
Oft hat man es mit Systemen zu tun, wo Stoffmenge (n), Druck (p) und Temperatur
konstant sind. Für derartige, geschlossene Systeme gilt das Prinzip der minimalen Freien
Enthalpie G( G 0 ) Für ihre Änderung G während einer Reaktion gilt
G < 0: exergone Reaktion, die unter den gegebenen Bedingungen
(Konzentrationen) freiwillig abläuft;
G = 0: Gleichgewichtssituation, keine Reaktion;
G > 0: endergone Reaktion, deren Ablauf in der angegebenen Richtung
Energiezufuhr erfordern würde.
Formuliert wurde das mit der Gibbs-Helmholz-Gleichung: G H TS
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V Chemische Bindung
Die chemische Bindung ist ein physikalisch-chemisches Phänomen, durch das zwei
oder mehrere Atome oder Ionen fest zu chemischen Verbindungen aneinander gebunden
sind. Dieses beruht darauf, dass es für die meisten Atome oder Ionen energetisch
günstiger ist, an geeignete Bindungspartner gebunden zu sein, anstatt als einzelnes
(ungebundenes) Teilchen vorzuliegen.
Grundlage der Bindung sind elektrostatische Wechselwirkungen oder Wechselwirkungen
der Elektronen zweier oder mehrerer Atome. In vielen Fällen spielen beide
Bindungsmechanismen eine Rolle. Parameter, die zur Beschreibung einer Bindung
wichtig sind und sich experimentell untersuchen lassen, sind die Bindungslänge als Maß
für den Abstand zweier Atomkerne und die Bindungsenergie, die die Stärke einer
Bindung angibt. Die chemische Bindung ist die Grundlage dafür, dass sich Moleküle und
damit überhaupt chemische Verbindungen bilden können und ist somit eine der
wichtigsten Grundlagen der Chemie.
Chemische Bindungen können in verschiedene Typen eingeteilt werden. In
Ionenkristallen herrscht die auf elektrostatischen Wechselwirkungen beruhende
Ionenbindung vor, in Metallen die auf frei beweglichen Elektronen beruhende metallische
Bindung. Die Bildung von Molekülen beruht dagegen auf lokalisierten Bindungen, die auf
der Bildung von Elektronenpaaren beruhen. Mitunter werden schwache
Wechselwirkungen, wie die Van-der-Waals-Wechselwirkungen, Dipol-Wechselwirkungen
und die Wasserstoffbrückenbindung zu den chemischen Bindungen gezählt. Jedoch sind
diese keine festen chemischen Bindungen, sondern schwache Anziehungskräfte, die
zwischen einzelnen Molekülen wirken.
Für die Beschreibung der Bindungen in Molekülen wurden in der theoretischen Chemie
verschiedene Theorien aufgestellt, die jedoch alle nur möglichst exakte Näherungen der
tatsächlichen Bindungssituation sind. Zu ihnen zählen die Valenzstruktur- und die
Molekülorbitaltheorie.
1 Atombindung
Die Atombindung (auch kovalente Bindung, Elektronenpaarbindung oder
homöopolare Bindung) ist eine Form der chemischen Bindungen und ist als solche für
den festen Zusammenhalt von Atomen in molekular aufgebauten chemischen
Verbindungen verantwortlich. Atombindungen bilden sich besonders zwischen den
Atomen von Nichtmetallen aus. In Ionenkristallen wirken dagegen vorwiegend ionische
und in Metallen metallische Bindungen.
Bei Atombindungen spielt die Wechselwirkung der Außenelektronen (Valenzelektronen)
mit den Atomkernen der beteiligten Atome die tragende Rolle. Die Atome bilden zwischen
sich mindestens ein Elektronenpaar aus. Dieses Elektronenpaar hält die zwei Atome
zusammen, ist also bindend und wird daher bindendes Elektronenpaar genannt. Neben
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Edelgasregel
Nach Lewis und Kossel (1916) sind chemische Verbindungen besonders stabil, wenn die
beteiligten Atome die im Periodensystem nächstgelegene Edelgaskonfiguration
erreichen. Das nächstgelegene Edelgas für Wasserstoff ist Helium mit nur zwei
Elektronen. Für Wasserstoff ist die Regel daher mit nur zwei Elektronen erfüllt und liegt
dementsprechend als Molekül vor, das durch eine Atombindung (H H)
zusammengehalten wird.
Lewis-Konzept
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Unter Nichtmetallen findet man Verbindungen, die das Oktett (formal) überschreiten.
Dazu zählen Verbindungen von Fluoriden mit Elementen der 5., 6. und 7. Hauptgruppe.
Umgekehrt sind es die elektropositiven (elektronenarmen) Übergangsmetalle, die häufig
Elektronenmangelbindungen bilden. Typische Beispiele sind die Borwasserstoffe.
Einfachbindung
Doppelbindung
Dreifachbindung
Formalladungen
Die elektronenanziehende Kräfte (Elektronegativität) sind ein Maß für die Fähigkeit eines
Atoms in einer chemischen Bindung die Bindungselektronen an sich zu ziehen. Die
Elektronegativität von Bindungspartnern ist nur bei Elementmolekülen exakt gleich und
nur hier liegen ideale Atombindungen vor. Streng genommen können nur diese
Bindungen unpolar oder auch homöopolar genannt werden.
Unterscheiden sich die Bindungspartner in ihrer Elektronegativität, liegen dagegen polare
Atombindungen vor. Die bindenden Elektronen sind mehr oder weniger ungleichmäßig
zwischen den Bindungspartnern verteilt. Ihr Schwerpunkt ist in Richtung des
elektronegativeren Partners verschoben. Das Atom mit der größeren Elektronegativität
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zieht die Bindungselektronen näher zu sich heran. Dadurch erhält dieser Bindungspartner
eine negative Partialladung, die durch symbolisiert wird. Die Elektronenhülle des
Atoms am anderen Ende der Bindung verarmt entsprechend an negativer Ladungsdichte
+
und das Atom erhält eine positive Partialladung ( ). Man nennt solche Atombindungen
polare Bindungen, da Pole mit unterschiedlichen Teilladungen entstehen.
Bei sehr polaren Atombindungen können Bindungselektronen weitgehend einem
Bindungspartner zugeordnet werden. Es liegt der Grenzfall zu ionischen Bindungen vor
und in manchen Fällen ist es sinnvoll, die Verbindung als ionisch zu beschreiben.
Beispiele
Dipolmoment
Polare Bindungen können dazu führen, dass das gesamte Molekül polar ist: das Molekül
trägt dann ein Dipolmoment und liegt als Dipol-Molekül vor. Ob ein Molekül ein
(messbares) Dipolmoment besitzt, hängt aber nicht nur von der Polarität der Bindungen,
sondern auch vom Molekülbau ab. Die Dipolmomente verschiedener Bindungen im
Molekül addieren sich richtungsabhängig (vektoriell) und können sich daher gegenseitig
aufheben. Fluorwasserstoff trägt als zweiatomige, heteronucleare Verbindung ein
Dipolmoment. Kohlenstoffdioxid hat ein Gesamtdipolmoment von Null, da die
Bindungsdipole entgegengesetzt ausgerichtet sind und sich aufheben. Wasser hat ein
größeres Gesamtdipolmoment als Fluorwasserstoff, obwohl die Polarität der O–H-
Bindung kleiner als die der H–F-Bindung ist. Die Ursache liegt in der Addition der zwei
O–H-Bindungsdipole, die in einem Bindungswinkel von etwa 105° zueinander stehen.
Geometrie
Drei miteinander verbundene Atome in einem Atomgitter, Molekül oder Komplex stehen
in einem bestimmten Bindungswinkel zueinander. Die Kenntnis über Bindungswinkel
erlaubt die Aufstellung der Strukturformel einer Verbindung. Aus Kenntnis über bindende
und nichtbindende Elektronenpaare in einer Verbindung lassen sich Bindungswinkel mit
Hilfe des Elektronenpaarabstoßungsmodells abschätzen. Die Bindungswinkel ergeben
sich aus einer Anordnung der Elektronenwolken in einem möglichst großen Abstand
zueinander. Eine Elektronenwolke kann aus einem einzelnen Elektron (bei Radikalen),
einem nichtbindenden Elektronenpaar oder Einfachbindungen bestehen. Für eine
einfache Schätzung können Zweifach- und Dreifachbindungen gedanklich als eine
einzige Wolke aufgefasst werden.
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Beispiele
2 Ionische Bindung
Die ionische Bindung ist eine ungerichtete Bindung mit großer Reichweite, die in allen
Raumrichtungen gleich stark wirkt. Sie ist die vorherrschende Bindungsart bei Salzen,
also Verbindungen von Metallen und Nichtmetallen, die periodisch in Gittern angeordnet
sind. Bei der Reaktion von Metallen und Nichtmetallen kommt es durch die große
Elektronegativitätsdifferenz zu einer Übertragung von Valenzelektronen des Metalls auf
das Nichtmetall und damit zu elektrisch geladenen Atomen, den so genannten Ionen. Je
stärker die Elektronegativitätsdifferenz ist, desto stärker werden die Valenzelektronen
übertragen und desto ionischer ist die Bindung. Jedoch sind bei allen ionischen
Bindungen auch kovalente Anteile an der Bindung vorhanden. Bei schwachen
Differenzen kommt es nur zu einer geringen Übertragung und es ist für die Beschreibung
der Bindung nötig, beide Anteile zu berücksichtigen.
Die Atome streben durch Aufnahme oder Abgabe von Elektronen danach, für ihre
äußerste besetzte Schale die Edelgaskonfiguration und den energieärmsten Zustand zu
erreichen. Dies wird entweder durch Elektronenabgabe seitens der Elemente mit
geringerer Elektronegativität erreicht (links im PSE), dabei entstehen einfach oder auch
mehrfach positiv geladene Kationen, oder im anderen Fall durch Elektronenaufnahme
seitens der Elemente mit höherer Elektronegativität und dadurch hoher Elektronenaffinität
(im PSE rechts stehende Elemente), dabei entstehen einfach oder mehrfach negativ
geladene Anionen.
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Die ionische Bindung ist eine starke Bindung. Typische Werte für Gitterenergien ionischer
Stoffe liegen bei 787 kJ/mol für Natriumchlorid und 3850 kJ/mol (für das höher geladene
Magnesiumoxid. Dies bedingt die hohen Schmelztemperaturen vieler ionisch aufgebauter
Substanzen. Da die Bindung ungerichtet ist, ist sie jedoch nicht stärker als viele
kovalente Bindungen, die nur innerhalb eines Moleküls und nicht zwischen den
Molekülen eines Stoffes wirken. Die elektrostatische Natur der Ionenbindung bedingt die
Sprödigkeit vieler Ionenkristalle, da bei Verschiebungen zwischen den Ionen leicht
gleichgeladene Ionen aneinandergrenzen, die sich abstoßen und so den Kristall
auseinandersprengen.
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Ionenkristalle sind oft farblos, da die Valenzelektronen meist stark gebunden sind
und nur durch Photonen höherer Energie als die des sichtbaren Lichtes angeregt
werden können.
Salze dissoziieren in wässeriger Lösung in ihre entsprechenden Ionen;
Ionenverbindungen sind also in Wasser löslich – allerdings in sehr
unterschiedlichem Maß. So ist zum Beispiel Natriumchlorid sehr gut in Wasser
löslich, Silberchlorid dagegen nahezu unlöslich.
3 Metallische Bindung
Bei der metallischen Bindung liegen im Gegensatz zur ionischen oder kovalenten
Bindung frei bewegliche Elektronen vor, die nicht an ein bestimmtes Atom gebunden
sind. Ein einfaches Modell ist das des Elektronengases, bei dem die Valenzelektronen
ein negativ geladenes „Gas“ bilden, das die positiv geladenen „Atomrümpfe“ eines
Metallgitters vollständig umgibt und für den Ladungsausgleich sorgt.
Abb. 15: Metallgitter: positive Atomrümpfe umgeben von frei beweglichen Elektronen
Der Energiegewinn bei Ausbildung einer metallischen Bindung resultiert vorwiegend auf
der starken Reduzierung der kinetischen Energie der Teilchen im Elektronengas. Ein
stabiles metallisches Gitter ergibt sich durch Überlagerung und Summierung der
Abstoßung zwischen den Atomrümpfen sowie der Anziehung zwischen dem
Elektronengas und den positiv geladenen Metall-Kationen in einem
Gleichgewichtsabstand der Atomrümpfe. Im festen Zustand sind diese in der dichtest-
möglichen Packung angeordnet.
Ein genaueres Modell der metallischen Bindung ist das aus der Molekülorbitaltheorie
ableitbare Bändermodell, das vorwiegend zur Beschreibung von Metallen verwendet
wird, jedoch auch Eigenschaften von Salzen und Halbleitern erklären kann. Dabei
werden aus den Valenzorbitalen bindende und antibindende Molekülorbitale gebildet. Auf
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Grund des Pauli-Prinzips besitzt jedes Atomorbital eine geringfügig andere Energie, so
dass die Molekülorbitale im Metall breite Bänder bilden. Die aus verschiedenen
Molekülorbitalen gebildeten Bänder können sich überlappen oder es bilden sich
Bandlücken zwischen ihnen.
Die Elektronen füllen die Bänder bis zu einem bestimmten Niveau, dem Fermi-Niveau.
Liegt dieses innerhalb eines Bandes, so braucht es für den Übergang eines Elektrons
von den besetzten in die unbesetzten Niveaus fast keine Energie und es liegt ein Metall
mit der typischen Leitfähigkeit vor. Liegt das Fermi-Niveau gerade an einer Bandlücke, so
ist dieser einfache Übergang eines Elektrons in das Leitungsband nicht mehr möglich,
der Stoff ist nicht leitend. Bei kleinen Bandlücken ist es aber möglich, dass durch äußere
Zufuhr an Energie, etwa in Form von Wärme, die Elektronen die Lücke trotzdem
überwinden können und ein derartiger Stoff leitend wird. Diese Stoffe werden daher
Halbleiter genannt.
4 Schwache Bindungen
Schwache Bindungen werden manchmal auch zu den Bindungen gezählt, sind jedoch
keine eigentlichen Bindungen innerhalb von Molekülen, sondern Wechselwirkungen, die
zwischen verschiedenen Molekülen wirken und schon mit geringer Energiezufuhr
gebrochen werden können. In der Regel reicht die Bewegungsenergie der Atome und
Moleküle aus, um eine solche Bindung schon nach sehr kurzer Zeit wieder zu brechen.
Die stärkste der schwachen Bindungen ist die Wasserstoffbrückenbindung. Diese
bildet sich zwischen an Stickstoff, Sauerstoff oder Fluor gebundenen und durch die große
Elektronegativitätsdifferenz stark positiv teilgeladenen Wasserstoffatomen und freien
Elektronenpaaren dieser Elemente aus. Die bekannteste Verbindung, die
Wasserstoffbrücken ausbildet, ist Wasser. Aber auch Ammoniak, Fluorwasserstoff und
andere Verbindungen, die N-H- oder O-H- Bindungen besitzen, wie beispielsweise
Aminosäuren oder DNA, sind dazu in der Lage. Auf Grund ihrer Stärke beeinflusst die
Wasserstoffbrückenbindung die Eigenschaften eines Stoffes stark. Ihre Wirkung
zwischen Wassermolekülen ist unter anderem für den ungewöhnlich hohen
Schmelzpunkt des Wassers verantwortlich.
Deutlich schwächer sind Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen Teilchen die aufgrund
von Elektronegativitätsunterschieden einen permanenten Dipol darstellen. Am
schwächsten sind die Van-der-Waals-Wechselwirkungen. Diese Kräfte lassen sich mit
spontanen und induzierten Dipolen bzw. dauerhaften Dipolen erklären, die zwischen den
Molekülen der jeweiligen Stoffe wirken. Deshalb können auch Substanzen, die unpolare
Moleküle enthalten bei Standardbedingungen als Flüssigkeit oder Feststoff vorliegen.
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VI Chemische Reaktionen II
1 Die elektrolytische Dissoziation
Natriumchlorid (NaCl), das in Leitungs- oder destilliertem Wasser gelöst wird, löst sich in
Form positiv geladener Natrium-Ionen und negativ geladener Chlor-Anionen. Diese Ionen
liegen dissoziiert, d. h. voneinander räumlich getrennt und mit einer elektrischen Ladung
vor. Solche Lösungen nennt man Elektrolyte. Da die positiv geladenen Teilchen zur
(negativen) Kathode wandern, werden sie als Kationen bezeichnet. Die negativen Ionen
wandern zur (positiven) Anode und werden Anionen genannt.
NaCl ist ein starker Elektrolyt, da die Ionen fast völlig getrennt in der Lösung vorliegen.
Essigessenz, die aus den Inhaltsstoffen Essigsäure und Wasser besteht, liegt ebenfalls
partiell in Form von Ionen und zwar als Oxonium-Ionen und Acetat-Anionen, vor. Doch
die Essigsäure ist nicht vollständig in Ionen dissoziiert, nur ca. 0,3% der
Essigsäuremoleküle (bei 1 mol/l) liegen in dissoziierter Form vor. Essigsäure ist ein
schwacher Elektrolyt. Je nach Art der gelösten Teilchen findet man alle Übergänge
zwischen starken und schwachen Elektrolyten.
Die elektrolytische Dissoziation ist der reversible Zerfall einer Verbindung in Anionen
und Kationen in einem Lösungsmittel. Der Anteil der dissoziierten Ionen zum Anteil der
undissoziierten und dissoziierten Ionen der gleichen Sorte heißt Dissoziationsgrad. Er
hängt von der Konzentration im Lösungsmittel ab. Bei sehr hoher Verdünnung ist auch
die Essigsäure vollständig in Acetat- und Oxonium-Ionen dissoziiert, bei hoher
Konzentration gibt es noch einen großen Anteil undissoziierter Essigsäure. Die
Dissoziation oder genauer der Dissoziationsgrad von Salzen oder organischen Molekülen
kann durch elektrische Leitfähigkeitsmessungen und durch pH-Messungen von
wässrigen Lösungen ermittelt werden.
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Protolyse
pH-Wert
Der pH-Wert ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen
Lösung. Der pH-Wert ist eine dimensionslose Zahl. Er ist der negative dekadische
Logarithmus (= „Zehnerlogarithmus“) der Wasserstoff-Ionen-Konzentration:
pH log(c H ) oder auch cH 10 pH
3O 3O
Analog zum pH-Wert wurde ein pOH-Wert definiert. Dies ist der negative dekadische
Logarithmus der OH -Konzentration.
pOH log(c OH )
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neutral
Menschlicher Speichel 6,5-7,4
Blut 7,4
Wasser (je nach Härte) 6,0-8,5
Meerwasser 7,5-8,4
Darmsaft 8,3
alkalisch
Seife 9,0-10,0
Beton 12,6
Natronlauge 13,5-14
Neutralisation
Einen Sonderfall der Säure-Base-Reaktion stellt die Neutralisation dar, bei der eine saure
Lösung mit einer basischen Lösung zu einer neutralen Lösung reagiert. Die eigentliche
neutralisierende Reaktion besteht darin, dass Oxonium-Ionen der Säure als
Protonendonatoren mit Hydroxid-Ionen der Base als Protonenakzeptoren zu neutralem
Wasser reagieren: H3 O OH 2H2O
Ein weiteres Beispiel: Chlorwasserstoffgas reagiert mit Ammoniakgas zu festem
Ammoniumchlorid. HCl NH3 NH4Cl
Titration
Diese Neutralisationsreaktion kann man zur quantitativen Bestimmung von Säuren oder
Basen verwenden.
Bei einer Säure-Base-Titration wird eine abgemessene saure oder basische Probelösung
mit einer Maßlösung bekannter Konzentration aus einer Bürette versetzt, um die
unbekannte Konzentration der Probelösung zu bestimmen. Ein sprunghafter Anstieg der
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Titrationskurve oder ein Farbumschlag des Indikators zeigt das Erreichen des
Äquivalenz- bzw. Endpunktes der Titration an.
Abb. 18: Titration mit einer Maßlösung und Aufzeichnung der Titrationskurve
Säuren sind im engeren Sinne alle chemischen Verbindungen, die in der Lage sind,
+
Protonen (H ) an einen Reaktionspartner zu übertragen – sie können als
Protonendonator fungieren. In wässriger Lösung ist der Reaktionspartner im
+
Wesentlichen Wasser. Es bilden sich Oxonium-Ionen (H3O ), der pH-Wert der Lösung
wird damit gesenkt. Säuren reagieren mit Basen unter Bildung von Wasser und Salzen.
Eine Base ist somit das Gegenstück zu einer Säure und vermag diese zu neutralisieren.
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Eine chemische Reaktion befindet sich im Gleichgewicht, wenn sich nach einer gewissen
Zeit die Konzentrationen an Edukten und an Produkten im Reaktionsgefäß nicht mehr
ändern. Es ist ein stationärer Zustand erreicht, der bestehen bleibt, solange keine
äußeren Einflüsse (Änderung von Temperatur, Druck, Stoffmenge,…) wirken. Das
bedeutet nicht, dass die Reaktion zum Stillstand gekommen ist. Es bedeutet, dass die
gebildeten Produkte (C, D) ihrerseits zu den Edukten (A, B) zurück reagieren.
Im Verlauf einer Gleichgewichtsreaktion nimmt die Konzentration der Edukte ständig ab.
Dadurch verringert sich auch die Geschwindigkeit der Hinreaktion. Gleichzeitig nimmt die
Konzentration der Produkte ständig zu. Dadurch vergrößert sich die Geschwindigkeit der
Rückreaktion. Sind schließlich beide Reaktionsgeschwindigkeiten gleich, wird in gleichen
Zeitspannen ebenso viel Produkt wie Edukt gebildet: Das Gleichgewicht ist erreicht.
In der Reaktionsgleichung wird der Gleichgewichtspfeil zur Beschreibung verwendet:
A+B⇌C+D
Die Geschwindigkeit der chemischen Hinreaktion vhin bzw. der chemischen Rückreaktion
vrück lautet dabei:
v hin k hin c A c B und v rück k rück c C c D
Dabei ist khin die Geschwindigkeitskonstante der Hinreaktion und krück die
Geschwindigkeitskonstante der Rückreaktion.
Im Gleichgewichtszustand sind die Geschwindigkeiten der Hin- und der Rückreaktion
gleich groß:
v hin v rück und somit k hin c A c B k rück c C c D
Daraus folgt für die Gleichgewichtskonstante Kc das sogenannte Massenwirkungsgesetz:
k hin c c
C D Kc
k rück c A c B
Da die Geschwindigkeitskonstanten für Hin- und Rückreaktion khin und krück
temperaturabhängig sind, ist auch die Gleichgewichtskonstante Kc von der Temperatur
abhängig.
Gleichgewichtslage
Im Gleichgewichtszustand ist der Quotient aus dem Produkt der Konzentrationen der
Produkte und dem Produkt der Konzentrationen der Edukte konstant. Die Konzentration
der Reaktionspartner im Gleichgewicht wird Gleichgewichtskonzentration genannt.
Der Wert dieser Gleichgewichtskonstanten ist temperaturabhängig und für jede Reaktion
charakteristisch. Sie ist bei homogenen Reaktionen in Lösungen aber auch davon
abhängig, in welchem Lösungsmittel die Reaktion abläuft.
Obwohl Hin- und Rückreaktion beständig ablaufen, also Edukte in Produkte und diese
wiederum in Edukte umgewandelt werden, verändern sich im Gleichgewicht die
Konzentrationen der Edukte und Produkte nicht.
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Beispiele:
K4 Die Konzentration der Produkte ist doppelt so hoch wie die der Edukte
4
K 10 Die Konzentration der Produkte ist hundertmal so hoch wie die der Edukte
K 10 4 Die Konzentration der Edukte ist hundertmal so hoch wie die der Produkte
Ein Katalysator beschleunigt bzw. bremst Hin- und Rückreaktion auf die gleiche Weise.
Er verändert damit nicht die Gleichgewichtskonzentrationen der Edukte und Produkte,
bewirkt aber, dass sich der Gleichgewichtszustand schneller einstellt. Die Funktion eines
Katalysators beruht auf der Eröffnung eines neuen Reaktionsweges, der über andere
Elementarreaktionen läuft als die unkatalysierte Reaktion. An diesen
Elementarreaktionen ist der Katalysator zwar selbst beteiligt, jedoch verlässt er selbst
den Vorgang (chemisch) unverändert.
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„Prinzip vom kleinsten Zwang“: Der „Zwang“, der dem Gleichgewicht durch die Störung
auferlegt wird, wird durch die beschleunigte Reaktion kompensiert.
Störungen können sein:
Konzentrationsänderungen bzw. Änderungen der Stoffmengen (durch Zugabe
oder Entfernen eines der am Gleichgewicht beteiligten Stoffe)
Zufuhr bzw. Entzug von Wärme bzw. Temperaturänderungen
Änderung des Druckes
Änderung des Volumens bei Gasreaktionen
Konzentrationsänderungen
Durch Zufuhr bzw. Wegnahme eines Reaktionspartners wird das Gleichgewicht gestört,
die Reaktion läuft folglich, bis das Gleichgewicht wieder erreicht ist, vermehrt in eine
Richtung. Verändert man die Konzentration von einem der am Gleichgewicht beteiligten
Stoffe, ändern sich dadurch auch die Konzentrationen aller anderen Partner. Soll eine
Gleichgewichtsreaktion vollständig zugunsten eines Produkts ablaufen, genügt es, eines
der Edukte aus dem Reaktionsgemisch zu vervielfachen oder eines der Produkte aus
dem Reaktionsgemisch zu entfernen. Die Rückreaktion wird dadurch solange
unterbunden, bis das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist.
Da das Gleichgewicht nur von der Temperatur und gegebenenfalls vom Druck abhängt,
erfolgt die Reaktion nach der Veränderung der Konzentration so, dass das ursprüngliche
Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Für eine Gleichgewichtsreaktion:
A+B⇌C+D
mit
c C cD
Kc
c A cB
lassen sich dabei folgende Fälle unterscheiden:
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Das chemische Gleichgewicht von Reaktionen, an denen keine Gase beteiligt sind, wird
kaum durch eine von außen bewirkte Volumenänderung beeinflusst. Sind hingegen
gasförmige Stoffe beteiligt, wird das Gleichgewicht nur dann beeinflusst, wenn sich die
Teilchenzahl in der Gasphase durch die Gleichgewichtsverschiebung ändert.
Eine Druckänderung wirkt sich nur in einem geschlossenen System auf das
Gleichgewicht aus. Je nach Reaktionsbedingung kann man eine Druckänderung oder
eine Volumenänderung feststellen: Das System verringert den durch eine
Volumenverkleinerung erzeugten Druck, indem es zugunsten der Seite abläuft, die die
geringere Teilchenzahl aufweist und somit das kleinere Volumen benötigt. Dadurch fällt
die Druckerhöhung weniger stark aus als wenn die Gase zu keiner Reaktion fähig wären.
Entsprechend verschiebt eine Volumenvergrößerung das Gleichgewicht in Richtung
größerer Teilchenzahlen.
Die Lage des Gleichgewichts kann durch eine Druckerhöhung von außen beeinflusst
werden:
bei konstantem Reaktionsvolumen durch weitere Zufuhr von Edukten
bei veränderlichem Reaktionsvolumen durch Kompression.
Findet die Reaktion in einem offenen System statt, kann das bei der Reaktion
entstehende Gas ständig entweichen. Dadurch wird ständig neues Gas produziert, das
wiederum entweicht. Diese Störung des Gleichgewichts führt dazu, dass es sich nicht
einstellen kann: die Reaktion verläuft vollständig zur Produktseite.
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Nach dem Massenwirkungsgesetz wird die Lage des Gleichgewichtes durch die
Gleichgewichtskonstante K beschrieben:
cH O c A
Kc 3
c HA c H2 O
Da die Konzentration von Wasser (c H2 O ) als Lösungsmittel bei der Reaktion praktisch
konstant bleibt, lässt sich c H 2 O in die Konstante Kc einbeziehen. Damit ergibt sich
Bei einer Leitfähigkeitsmessung von destilliertem Wasser tritt ein geringer Stromfluss auf.
Dieses ist ein Hinweis auf Ionen im Wasser, die nur durch die Autoprotolyse des Wassers
entstanden sein können, gemäß folgender Reaktion:
H2O H2O ⇌ H3O OH
Auf das Protolysegleichgewicht lässt sich das Massenwirkungsgesetz anwenden:
c H O c OH
K 3 2
c H2O
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Da die Konzentration des Wassers auch bei einer Verschiebung des Gleichgewichts fast
konstant bleibt (55,5 mol/l), kann man den Wert in die Konstante mit einbeziehen.
K c H2 2O c H O c OH K W
3
und beides zu einer neuen Konstante vereinigen, dem Kw-Wert (Ionenprodukt), der das
Produkt aus den jeweiligen Konzentrationen der Oxonium- und der Hydroxid-Ionen ist:
14
Bei 25 °C gilt Kw=10 (mol/l)². Damit liegt das Gleichgewicht sehr stark auf der Seite des
+
undissoziierten Wassers. Die Konzentrationen von H3O und OH -Ionen betragen jeweils
7
10 mol/L. Der pH-Wert ist also 7.
Wird die Konzentration einer der beiden Ionen erhöht, bleibt das Ionenprodukt von
14
10 (mol/l)² erhalten, d. h., die Konzentration des anderen Ions sinkt. Die Summe von
pH- und pOH-Wert muss deshalb immer 14 sein.
pH pOH 14
Der pKW des Wassers ändert sich in Abhängigkeit von der Temperatur.
0 20 25 40 80
T in °C
Mit Kenntnis des Ionenproduktes von Wasser lassen sich die pH-Werte von gelösten
Salzen, Säuren, Basen in Wasser (z. B. Natriumacetat, Natriumkarbonat, Kalziumoxid,
Salzsäure, Schwefelsäure, Natronlauge) berechnen.
Mehrprotonige Säuren
Säuren, die mehrere Protonen abspalten können, nennt man mehrprotonige Säuren oder
auch mehrbasige Säuren. Schwefelsäure (H2SO4) ist eine zweiprotonige (auch
diprotonige), Phosphorsäure (H3PO4) eine dreiprotonige (auch triprotonige) Säure. Das
Bestreben der Abgabe der einzelnen Protonen (Protolyse) ist unterschiedlich groß und
lässt sich durch die Säurekonstante (Ks) beschreiben. Für die einzelnen Protolyseschritte
gilt allgemein: Ks(I) > Ks(II) > Ks(III) (bzw. pKS(I) < pKS(II) < pKS(III)).
Für Phosphorsäure gilt:
Betrachtet man die Hydrolysegleichgewichte der Säure HA und ihrer Base A , so kann
man formulieren:
HA H2O ⇌ H3O A und A H2O ⇌ HA OH
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cH cA c HA c OH
3O
KS und KB
c HA c A
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Massenerhaltungssatz: c 0 c HA c A
Ladungserhaltungssatz: c H O c A c OH
3
Betrachtet man die Dissoziation der Säure HA, so fällt auf, dass aus jedem
dissozierendem Säureteilchen je ein H3O - und ein A -Teilchen entsteht. Es gilt
demnach:
c H2
3O
c H O c A und angewandt auf KS KS
3 c HA
Da schwache Säuren nur wenig dissoziieren, ist die Konzentration an HA im
Gleichgewicht nahezu gleich der Ausgangskonzentration c0 vor Gleichgewichts-
einstellung.
1
c HA c 0 und damit cH KS c0 oder pH (pK s lg c 0 )
3O 2
Der Dissoziationsgrad ist definiert als das Verhältnis der Zahl der dissoziierten Teilchen
zu der Gesamtzahl der Teilchen. (dissoziiert und undissoziiert) Angewendet auf die
Dissoziation der Säure HA ergibt sich für die Gleichgewichtskonzentrationen der
beteiligten Teilchen:
2
c HA (1 ) c 0 ; c H O c A c 0 und für KS KS c0
3 (1 )
Bei schwachen Säuren ist <<1 und man bekommt als Näherungslösung für den
Dissoziationsgrad:
KS
c0
Puffersysteme
Ein Puffer ist ein Stoffgemisch, dessen pH-Wert sich bei Zugabe einer Säure oder einer
Base wesentlich weniger stark ändert, als dies in einem ungepufferten System der Fall
wäre. Die Wirkung des Puffers beruht auf der Umsetzung der durch die Säure bzw. Base
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+
zugeführten Oxonium-Ionen (H3O ) bzw. der Hydroxid-Ionen (OH ) zu schwachen Säuren
+
bzw. Basen, die selbst nur wenig zur Bildung von H3O bzw. OH -Ionen neigen.
Puffer sind die in der Chemie gezielt hergestellten, wässrigen Pufferlösungen.
Komplexere Puffersysteme liegen in Körperflüssigkeiten wie dem Blut, oder auch in
Grundwässern, die beispielsweise mit Humus in Wechselwirkung stehen, vor.
Pufferlösungen enthalten eine Mischung aus einer schwachen Säure und ihrer
korrespondierenden Base (bzw. des jeweiligen Salzes) oder einer schwachen Base und
ihrer korrespondierenden Säure. Auch Ampholyte (bifunktionale Moleküle) können als
Puffer dienen. Der den pH-Wert bestimmende Faktor ist das Verhältnis bzw. das
Protolysegleichgewicht des Pufferpaares.
Für das Säure-Base-Gleichgewicht einer Säure HA gilt:
cH O c A
KS 3
c HA
Durch Umformen erhält man:
c c HA
c H O K S HA bzw. pH pK S lg
3 c A cA
Mit dieser Gleichung lässt sich bei bekanntem pKS-Wert für einen bestimmten pH-Wert
das Konzentrationsverhältnis an Säure und Base ermitteln. Je höher die Konzentrationen
sind, desto geringer wirken sich Zugaben von Säuren oder Basen aus. Die Menge an
starker Base (oder Säure), die durch eine Pufferlösung ohne wesentliche Änderung des
pH-Wertes aufgenommen werden kann, wird durch die Pufferkapazität ausgedrückt.
Beispiele für Pufferlösungen sind der Essigsäure/Acetat-Puffer oder der Ammoniumpuffer
aus Ammonium-Ionen und Ammoniak.
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6 Redox-Reaktionen
Eine Redox-Reaktion ist eine chemische Reaktion, bei der ein Reaktionspartner
Elektronen auf den anderen überträgt. Bei einer solchen Elektronenübertragungs-
Reaktion finden also eine Elektronenabgabe (Oxidation) durch einen Stoff sowie eine
Elektronenaufnahme (Reduktion) statt. Redox-Reaktionen sind von grundlegender
Bedeutung in der Chemie: Viele Stoffwechsel- und Verbrennungsvorgänge, technische
Produktionsprozesse und Nachweisreaktionen basieren auf solchen
Elektronenübertragungs-Reaktionen.
Bei jeder Redox-Reaktion reagiert ein Stoff A, der Elektronen abgibt (Reduktionsmittel,
Donator genannt) mit mindestens einem Stoff B, der diese Elektronen aufnimmt
(Oxidationsmittel, Akzeptor). Die allgemeinen Reaktionsschemata lauten:
Oxidation: Stoff A gibt als Reduktionsmittel ein Elektron ab.
A A e
Reduktion: Stoff B nimmt als Oxidationsmittel ein Elektron auf.
B e B
Redox-Reaktion: Stoff A gibt ein Elektron an Stoff B ab.
A B A B
Oxidationszahl
Um herauszufinden, welcher Stoff in einer Reaktion oxidiert oder reduziert wird, kann die
formale Oxidationszahl angewandt werden.
2H2 O 2 2H2O
Die Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff ist eine Oxidation im ursprünglichen Sinn. In
den entstehenden Wassermolekülen liegt keine Ionenbindung, sondern eine polare
Atombindung vor, d. h., bei der Reaktion findet keine vollständige Elektronenübertragung
statt. Um auch hier die erweiterten Redox-Definitionen anwenden zu können, stellt man
sich vor, die bindenden Elektronen einer polaren Atombindung seien an das stärker
elektronegative Atom abgegeben. Den Atomen wird damit eine formale Ladung, die
Oxidationszahl, zugeordnet. Man erhält sie, indem man die Anzahl der dann
vorhandenen Elektronen von der Anzahl der Elektronen des ungebundenen Atoms
subtrahiert.
Die Oxidationszahl eines Atoms in einem Teilchen gibt die gedachte Ladung an, die
dieses Atom erhält, wenn man sich das Teilchen nur aus Atom-Ionen aufgebaut
denkt.
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Beispiele:
I V II I VII II I VI II I VI II I I III I
H3 P O 4 K Mn O 4 H2 S O 4 K 2 Cr O 4 H Cl N H3
Formulierung von Redox-Gleichungen. Durch die Einführung der Oxidationszahl
können auch komplizierte Redox-Gleichungen leicht formuliert werden, da sich mit Hilfe
der Oxidationszahlen erkennen lässt, welches Atom bei einer Redox-Reaktion oxidiert,
welches reduziert wird und wie viele Elektronen bei der Reaktion übergehen.
Beispiele
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Elektrochemie
Die Elektrochemie ist das Teilgebiet der physikalischen Chemie, welches sich mit dem
Zusammenhang zwischen elektrischen und chemischen Vorgängen befasst. Wenn daher
eine Redox-Reaktion durch einen elektrischen Strom erzwungen wird oder einen solchen
liefert, so ist dies ein elektrochemischer Vorgang. Die für die Elektrochemie
entscheidenden Vorgänge laufen dabei an der Phasengrenze ab. Die Elektrochemie ist
also die Wissenschaft der Vorgänge zwischen einem Elektronenleiter (Elektrode) und
einem Ionenleiter (Elektrolyt). Von zentraler Bedeutung ist die Nernst-Gleichung, welche
die Konzentrationsabhängigkeit des Elektrodenpotentials beschreibt.
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Beispiel:
Kaliumpermanganat ist ein starkes Oxidationsmittel, die Oxidationskraft und damit das
Redox-Potential hängen aber beträchtlich vom pH-Wert ab. Wird Kaliumpermanganat mit
einem Reduktionsmittel versetzt, so entstehen bei pH = 1 Mangan-(II)-Kationen ( Mn 2 ),
bei pH = 7 Mangan(IV)-oxid (Braunstein, MnO 2 ) und bei pH = 14 Manganat-(VI)-Ionen
( MnO 4 ).
Elektrochemische Spannungsreihe
Die elektrochemische Spannungsreihe ist eine Auflistung von Redox-Paaren nach ihrem
Standardelektrodenpotential (Redox-Potential unter Standardbedingungen). Vor allem bei
Metallen wird sie auch Redox-Reihe genannt.
Aus der elektrochemischen Spannungsreihe lässt sich das Redox-Verhalten eines
Stoffes ableiten.
Jede Redox-Reaktion kann man so durch zwei Paare beschreiben und aus der
elektrochemischen Spannungsreihe die Richtung von Reaktionen voraussagen.
Die elektrochemische Spannungsreihe erlaubt die Berechnung der Spannungen, die
Batterien und Akkumulatoren maximal liefern können. Im Umkehrschluss sind das die
Spannungen, die mindestens für das Antreiben von Elektrolysen bzw. Laden der
Akkumulatoren angelegt werden müssen.
Weiterhin sind die Berechnung von Reaktionsrichtung und -stärke möglich. Mischt man
zwei Redox-Paare in einer Reaktionslösung, so wird für das Paar mit dem höheren
Redox-Potential die Reduktion ablaufen, für das Paar mit dem niedrigeren Redox-
Potential die Oxidation. Taucht man z. B. ein Zink-Blech in eine CuSO4-Lösung, so wird
Zink aufgrund seines niedrigeren Redox-Potentials ( 0,76 V) oxidiert und geht als Zink-
Ionen in Lösung, wohingegen gleichzeitig Kupfer-Ionen (+0,35 V) reduziert werden und
sich als Kupfer-Überzug auf dem Zink-Blech abscheiden. (Dieses gern zitierte Beispiel
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missachtet die Forderung nach Standardbedingungen. So wird sich auch ein Kupfer-
Blech, das in eine ZnSO4-Lösung eintaucht, ein wenig mit Zink überziehen, weil zunächst
2+
kein Zink vorhanden und die Cu -Konzentration null sind. Der Effekt ist aber unmessbar
klein, sodass das Beispiel eine gewisse Berechtigung hat.) Ein Maß für die Stärke der
Reaktion ist die Gibbs-Energie (freie Enthalpie) der zugehörigen Reaktion, die nach
G0 z F E0
berechnet werden kann. Darin sind z die Zahl der ausgetauschten Elektronen,
1
F = 96.485 C mol die Faraday-Konstante und E° die Differenz der Standardpotentiale
0 0
E Ered E 0ox .
Die reduzierte Form eines Redox-Paares mit sehr negativem Standardpotential stellt ein
sehr starkes Reduktionsmittel dar, weil es zur Elektronenabgabe bestrebt ist (z. B.
Natrium). Dagegen ist die oxidierte Form eines Redox-Paares mit sehr positivem
Standardpotential ein starkes Oxidationsmittel (z. B. Fluor als stärkstes bekanntes
Oxidationsmittel, d. h. mit höchstem Standardpotential), weil es nach
Elektronenaufnahme strebt. Die elektrochemische Spannungsreihe ist damit eine
Auflistung von Oxidationsmitteln nach Oxidationsstärke bzw. gleichzeitig eine
umgekehrte Auflistung von Reduktionsmitteln nach Reduktionsstärke.
Außerdem enthält die elektrochemische Spannungsreihe eine Abstufung der Metalle
(„sehr edles Metall“, „edles Metall“, „weniger edles Metall“, „unedles Metall“, „sehr
unedles Metall“) nach ihrem Bestreben, sich in Säuren oxidieren zu lassen. Die
Standardpotentiale der edlen Metalle haben ein positives Vorzeichen, die der unedlen
+
dagegen ein negatives. Unedle Metalle lösen sich daher in Säuren auf, weil Säuren H
enthalten. (Die Argumente zum Beispiel Zn/Cu gelten analog.)
Edle Metalle lösen sich hingegen nur in oxidierenden Säuren auf.
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Bei Metallen bildet das Metall selbst und sein zugehöriges Ion ein Redox-Paar. Im
Beispiel
Cu2 2e ⇌ Cu
2+
ist Cu die reduzierte Form („Red“) und Cu die oxidierte Form („Ox“). Das Redox-
Potential ist ein Maß für die Bereitschaft der Ionen, die Elektronen aufzunehmen. Die
Ionen der Edelmetalle nehmen bereitwilliger Elektronen auf als die Ionen unedler Metalle,
2+
weshalb unter Standardbedingungen das Redox-Potential des Cu/Cu -Paares mit
2+
+0,35 V deutlich positiver ist, als das des Zn/Zn -Paares mit 0,76 V. Und das heißt
wiederum, dass Zn zu den unedleren Metallen gehört und ein stärkeres Reduktionsmittel
ist, also seinen Reaktionsteilnehmer reduziert und selbst oxidiert wird und Elektronen
abgibt.
Redox-Potentiale selbst sind nicht messbar. Messbar ist dagegen die Differenz von zwei
Elektrodenpotentialen. Eine Elektrode unter Standardbedingungen wird einfach realisiert
durch das Eintauchen eines Metalls in eine Lösung, die seine Ionen in einer
Konzentration von 1 mol/l enthält. Werden zwei solche Elektroden elektrisch leitend
verbunden (Ionenbrücke), entsteht eine galvanische Zelle und man kann zwischen den
Metallen eine Spannung messen. Diese Spannung ist gleich der Differenz der
Standardelektrodenpotentiale, die zu den Redox-Paaren in den Elektrodenräumen
gehören und in der elektrochemischen Spannungsreihe tabelliert sind. Für das Beispiel
2+ 2+
der Kombination der Redox-Paare Cu/Cu und Zn/Zn entsteht ein Daniell-Element mit
der Spannung 1,11 V.
Normal-Wasserstoffelektrode
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+
reproduzierbares Potential. Da das Redox-Paar H2/2H außerdem die Wirkung von
Säuren beschreibt (es taucht immer bei der Auflösung von Metallen in Säuren auf: z. B.
+ 2+
Mg + 2H ® Mg + H2), wurde das Standardpotential der Normal-Wasserstoffelektrode
aus praktischen Gründen als null definiert.
Alle anderen Standardpotentiale sind daher die Spannungen, die man in einer
galvanischen Zelle misst, wenn links die Normal-Wasserstoffelektrode und rechts
die Elektrode des Redox-Paares zusammengeschlossen sind. (Jeweils unter
Standardbedingungen!)
Nernst-Gleichung
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Konzentrationselemente
Ein Konzentrationselement besteht aus zwei Halbzellen, die Elektrolyte mit den gleichen
Bestandteilen enthalten, aber mit unterschiedlicher Ionenkonzentration. Es eignet sich
daher besonders zur Demonstration der Nernst-Gleichung.
Ein Beispiel ist ein Kupfer-Konzentrationselement aus zwei Kupferelektroden und zwei
Kupfersulfatlösungen, die sich nur in der Konzentration unterscheiden. Bei Stromfluss
gleichen sich dann die Konzentrationen in den Zellen an, denn es laufen dann folgende
Reaktionen ab:
Die Reduktion in der Halbzelle mit der größeren Kupfer-Ionenkonzentration cg:
2+
Cu (cg) + 2e Cu
Die Oxidation in der Halbzelle mit der kleineren Kupfer-Ionenkonzentration ck:
2+
Cu Cu (ck) + 2e
Anhand der Nernst-Gleichungen für die Teilreaktionen oder mit der allgemeinen Nernst-
Gleichung der Gesamtreaktion erhält man für die Spannung E des Kupfer-
Konzentrationselements:
2
RT c g (Cu )
E ln
2F c k (Cu2 )
Galvanische Zellen
Eine galvanische Zelle oder galvanisches Element ist eine Vorrichtung zur spontanen
Umwandlung von chemischer in elektrische Energie. Jede Kombination von zwei
verschiedenen Elektroden und einem Elektrolyten bezeichnet man als galvanisches
Element, und sie dienen als Gleichspannungsquellen.
Der Name geht auf den italienischen Arzt Luigi Galvani zurück. Er entdeckte, dass ein mit
Instrumenten aus verschiedenartigen Metallen berührter Froschschenkel-Nerv
Muskelzuckungen auslöst, da das so gebildete Redox-System als galvanisches Element
Spannung aufbaut, so dass Strom fließt.
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Klassifizierung
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Beispiele
Eine galvanische Zelle wird auch manchmal in verkürzter Schreibweise beschrieben. Das
oben grafisch dargestellte Daniell-Element sähe in dieser Schreibweise folgendermaßen
aus:
mol 2 mol
Zn / Zn 2 1 // Cu 1 / Cu
l l
Beide Halbzellen werden in einer galvanischen Zelle durch ein Diaphragma, also eine
dünne, halb durchlässige Membran (semipermeable Membran) getrennt. Durch diese
Membran werden fast ausschließlich die negativ geladenen Anionen hindurchgelassen.
Im Falle des Daniell-Elements sind das SO 24 -Ionen (Sulfat-Ionen), welche in den
Salzlösungen beider Halbzellen vorhanden sind.
Dieses Diaphragma wird in der verkürzten Schreibweise durch den doppelten Strich //
dargestellt. Rechts und links von diesem doppelten Strich werden die beiden Halbzellen
der galvanischen Zelle und die darin stattfindenden Reaktionen verkürzt dargestellt.
Zudem wird die Konzentration der Metallsalzlösung, also die Konzentration der gelösten
Metalle in beiden Halbzellen angegeben. Die Anodenhalbzelle steht üblicherweise links.
Das Leclanché-Element
Das Leclanché-Element ist ein historisches galvanisches Element, das von Georges
Leclanché entwickelt und 1866 patentiert wurde. Es stellt eine elektrische Batterie
(Primärelement) dar und war in der ursprünglichen Form mit flüssigem Elektrolyt
ausgestattet. Es zählt damit zu den heute nicht mehr verwendeten „Nassbatterien“.
Verbesserungen führten zu einem gelierten Elektrolyt und es stellt einen Vorläufer der
Trockenbatterien wie dem Zink-Braunstein-Element und der Alkali-Mangan-Batterie dar.
Das Leclanché-Element weist eine Klemmenspannung von 1,5 V auf und besteht aus
einer Anode aus Zink, die den negativen Anschluss darstellt, einem Elektrolyt aus
Ammoniumchlorid, und einer Kathode aus Graphit, die den positiven Anschluss der Zelle
darstellt. Die Kathode ist zum Elektrolyt hin durch Mangandioxid (Braunstein) umgeben,
der als Depolarisator wirkt.
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Das Leclanché-Element war wirtschaftlich über viele Jahrzehnte erfolgreich und wurde
unter anderem zur Versorgung von Eisenbahntelegraphen und Hausklingeln eingesetzt.
Dabei durchlief das Element über Jahre laufende Verbesserungen: Eine wesentliche
Verbesserung und erster Schritt zum Trockenelement erfolgte durch den Ersatz des
flüssigen Elektrolyts durch mit Ammoniumchlorid getränktes Weizenmehl. In weiterer
Folge wurde der gelierte Elektrolyt durch dünne Separatorpapiere in Sektoren aufgeteilt
und durch Beigabe von Zinkchlorid die Energiedichte erhöht. Im Bereich der Zinkanode
kamen verschiedene Metalllegierungen und Verschlusssysteme zum Einsatz, um die
Wasserstoffentwicklung bei der Entladung zu reduzieren bzw. durch Luftabschluss die
Lagerfähigkeit der Elemente zu erhöhen.
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Der Blei-Akkumulator
Bei einem Bleiakkumulator (kurz Bleiakku) handelt es sich um eine Ausführung des
Akkumulators, bei der die Elektroden im geladenen Zustand aus Blei und Bleidioxid und
der Elektrolyt aus verdünnter Schwefelsäure (Batteriesäure) bestehen.
Bleiakkumulatoren gelten für eine Lebensdauer von einigen Jahren als zuverlässig und
preisgünstig. Im Vergleich mit anderen Akkumulatortechnologien sind sie jedoch ziemlich
schwer und weisen eine geringe Energiedichte von nur 0,11 MJ/kg auf. Die bekannteste
Anwendung ist die Starterbatterie für Kraftfahrzeuge. Sie wurden unter anderem auch als
Energiespeicher für Elektrofahrzeuge eingesetzt, haben sich aufgrund des hohen
Gewichtes und ihrer Temperaturabhängigkeit nur in Spezialfällen (Gabelstapler mit Pb-
Akku gleichzeitig als Ausgleichsgewicht) bewährt.
Aufbau
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Abb. 28: Schema einer Zelle eines Bleiakkumulators. Bei einem 12 V Akkumulator sind 6
Zellen in Reihe geschaltet.
Ein Bleiakkumulator besteht im Prinzip aus einem säurefesten Gehäuse und zwei
Bleiplatten bzw. Plattengruppen, von denen die eine als positiv und die andere als
negativ gepolte Elektrode dienen, sowie eine Füllung von 38-prozentiger Schwefelsäure
(H2SO4) als Elektrolyt. Bei der handelsüblichen Ausführung sind die Elektrodenplatten
dicht ineinander geschachtelt, dazwischen befinden sich Separatoren zum Beispiel aus
perforiertem, gewelltem Polyvinylchlorid, die eine direkte gegenseitige Berührung
(Kurzschluss) verhindern. Die Anschlüsse und Verbindungslaschen bestehen u. a. bei
Starterbatterien aus metallischem Blei.
Im entladenen bzw. neutralen Zustand lagert sich an beiden Elektrodengruppen eine
Schicht aus Blei(II)-sulfat (PbSO4) an. Im aufgeladenen Zustand bestehen die positiven
Elektroden aus Blei(IV)-oxid (PbO2), die negativ gepolten Elektroden aus fein verteiltem,
porösem Blei (Bleischwamm). Die Säuredichte stellt gleichzeitig ein Maß für den
Ladezustand dar.
Wirkungsweise:
Die Wirkungsweise des Bleiakkumulators lässt sich anhand der bei der Ladung und
Entladung bzw. der Stromentnahme ablaufenden chemischen Prozesse darstellen.
Bei der Entladung laufen folgende chemische Vorgänge ab:
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Negativer Pol:
Pb SO 24 PbSO 4 2e
Positiver Pol:
PbO 2 SO 24 4H3 O 2e PbSO 4 6H2O
Beim Laden laufen die Vorgänge in Gegenrichtung ab.
Die Gesamtreaktion:
Pb PbO 2 2H2SO 4 ⇌ 2PbSO 4 2H2O elektrische Energie
Nach rechts findet unter Energieabgabe die Entladung des Bleiakkus statt, nach links
unter Energiezufuhr die Aufladung.
Aus der elektrochemischen Spannungsreihe kann man nun die Potentialdifferenz, also
letztlich die elektrische Spannung, die entsteht, berechnen.
Pb SO 24 PbSO 4 2e 0,36 V
PbO 2 SO 24 4H3 O 2e PbSO 4 6H2O 1,68 V
E 0Ges 1,68 V ( 0,36 V ) 2,04 V
Selbstentladung:
Nickel-Metallhydrid-Akkumulator
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Die Energiedichte einer NiMH-Zelle beträgt etwa 80 Wh/kg und ist damit fast so groß wie
die einer Alkali-Mangan-Batterie und mehr als doppelt so groß wie die eines Akkus auf
NiCd-Basis. Für die Baugröße AA sind Kapazitäten von 1300 bis 2850 mAh erhältlich, für
Ersatzzwecke zum Austausch der mittlerweile nicht mehr erhältlichen NiCd-Zellen gibt es
auch Sonderausführungen mit nur 600 bis 900 mAh. Diese sollen mit alten
Ladeschaltungen besser verträglich sein. Für die Größe AAA gibt es Akkus mit bis zu
1100 mAh (Stand 2009).
Die niederohmigen NiMH-Akkus (geringerer Innenwiderstand gegenüber Batterien)
können im Unterschied zu Zink-Kohle-Zellen ihre gespeicherte Energie innerhalb kurzer
Zeit mit nahezu gleichbleibender Spannung abgeben. NiMH-Akkumulatoren haben wie
NiCd-Akkus eine nominale Spannung von 1,2 Volt.
Elektrochemie:
+
Beim Ladevorgang werden am Minuspol H -Ionen (Protonen) zu Wasserstoff reduziert,
der reversibel von der Metalllegierung gebunden und als Metallhydrid gespeichert wird.
+ 0
Beim Entladen wird das Metallhydrid (M H ) zu Metall der Oxidationsstufe 0 (M ) und
+
einem Proton (H ) oxidiert.
0
2M H 2OH 2 M 2H2O 2e 0,83 V
Die entstehenden Protonen reagieren mit den OH -Ionen (Hydroxid-Ionen) der Kalilauge
zu Wasser. Das Redox-Potential bei pH 14 beträgt ca. 0,83 V. Durch die ebenfalls bei
der Reaktion entstehenden freien Elektronen wird dieser Pol zum Minuspol. Am Pluspol
wird beim Ladevorgang Nickel der Oxidationsstufe +II (in Form von Nickel(II)-hydroxid) zu
Nickel der Oxidationsstufe III (zu Nickel(III)oxidhydrat NiO(OH)) oxidiert.
Am anderen Pol wird Nickel der Oxidationsstufe +III (NiO(OH) oder Ni2O3 H2O) zu Nickel
der Oxidationsstufe +II (Ni(OH)2) reduziert. Dabei werden freie Elektronen gebunden, so
dass dieser Pol zum Plus-Pol wird.
2NiO(OH) 2H2O 2e 2Ni(OH)2 2OH 0,49 V
Die Redox-Spannung beträgt ca. +0,49 V. Die Gesamtreaktion für den Entlade- und
Ladevorgang lautet:
0
2M H 2NiO(OH) ⇌ 2 M 2Ni(OH)2 1,32 V
Die Gesamtspannung der Summen-Reaktion beträgt 1,32 V.
Damit gegen Ende der Entladung nicht das Metall statt des Wasserstoffs oxidiert, verbaut
man eine negative Elektrode, die viel größer ist als die positive Elektrode. Letztere
bestimmt damit die Kapazität des Akkumulators: Das Nickel(III)-oxidhydrat an der
kleineren positiven Elektrode ist erschöpft, bevor der Wasserstoff an der größeren
negativen Elektrode vollständig aufgebraucht ist.
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Abb. 31: Eisberg, hier liegen drei Aggregatzustände des Wassers nebeneinander vor.
2 Eigenschaften
Die Eigenschaften des Wassers haben eine grundlegende Bedeutung für das Leben auf
der Erde. Diese physikalischen, chemischen, elektrischen und optischen Eigenschaften
beruhen auf dem Aufbau des Wassermoleküls und den daraus resultierenden
Verkettungen und Wechselwirkungen der Wassermoleküle untereinander über
Wasserstoffbrückenbindungen, elektrische Dipolkräfte und weitere Kräfte wie Van-der-
Waals-Kräfte.
In der Natur kommt Wasser nicht als Reinstoff vor, es enthält praktisch immer gelöste
Stoffe (vorwiegend Ionen von Salzen), wenn auch möglicherweise in kaum messbarer
Konzentration. Durch solche gelösten Beimengungen verändern sich die Eigenschaften
des Wassers. Sehr reines Wasser wird im Labor durch Destillation hergestellt und daher
destilliertes Wasser genannt.
Physikalische Eigenschaften
Vollkommen reines Wasser besitzt eine molare Masse von 18,0153 g/mol.
Die Eigenschaften des Wassers sind besonders von der dreidimensionalen Verkettung
der Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen bestimmt, ohne die eine
Substanz mit einer so geringen molaren Masse wie Wasser ganz andere Eigenschaften
hätte. Das gilt besonders für den hohen Schmelz- und Siedepunkt sowie für die Dichte.
Wasser besteht aus Molekülen, gebildet aus je zwei Wasserstoffatomen und einem
Sauerstoffatom. Sauerstoff hat auf der Pauling-Skala mit 3,5 eine höhere
Elektronegativität als Wasserstoff mit 2,1. Das Wassermolekül weist dadurch
ausgeprägte Partialladungen auf, mit einer negativen Polarität auf der Seite des
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Sauerstoffs und einer positiven auf der Seite der beiden Wasserstoffatome. Es resultiert
ein Dipol.
Geometrisch ist das Wassermolekül gewinkelt, wobei die beiden Wasserstoffatome und
die beiden Elektronenpaare in die Ecken eines gedachten Tetraeders gerichtet sind. Der
Winkel, den die beiden O-H-Bindungen einschließen, beträgt 104,45°. Er weicht aufgrund
des erhöhten Platzbedarfs der freien Elektronenpaare vom idealen Tetraederwinkel
(~109,47°) ab. Die Bindungslänge der O-H-Bindungen beträgt jeweils 95,84 pm.
Dabei handelt es sich nicht um beständige, feste Verkettungen. Der Verbund über
Wasserstoffbrückenbindungen besteht nur für Bruchteile von Sekunden, wonach sich die
einzelnen Moleküle wieder aus dem Verbund lösen und sich in einem ebenso kurzen
Zeitraum erneut - mit anderen Wassermolekülen - verketten. Dieser Vorgang wiederholt
sich ständig und führt letztendlich zur Ausbildung von variablen Clustern. Diese Vorgänge
bewirken die besonderen Eigenschaften des Wassers:
Wasser hat
eine Dichte von 1000 kg/m³ (ursprünglich die Definition des Kilogramms), exakt
999,975 kg/m³ bei 3,98 °C. Als Dichteanomalie bezeichnet man die auf der
Wasserstoffbrückenbindung beruhende Eigenschaft, dass Wasser bei dieser
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Temperatur die höchste Dichte hat und beim Abkühlen unter diese Temperatur
kontinuierlich und beim Gefrieren sogar sprunghaft an Volumen zunimmt, also an
Dichte verliert, so dass Eis auf Wasser schwimmt,
-1 -1
die höchste Wärmekapazität aller Flüssigkeiten (75,366 J mol K entsprechend
-1 -1
4,18 kJ kg K bei 20°C) (so dass Ozeane gute Wärmespeicher sind),
die größte Oberflächenspannung aller Flüssigkeiten (mit Ausnahme des
Quecksilbers); bei Wasser beträgt sie in feuchter Luft 72 mN/m bei +20 °C, so
dass die Tröpfchenbildung erleichtert wird,
die größte spezifische Verdampfungsenthalpie aller Flüssigkeiten (44,2 kJ/mol
entsprechend 2453 kJ/kg bei 20°C; daher rührt der kühlende Effekt bei der
Transpiration) sowie die hohe Schmelzenthalpie (6,01 kJ/mol entsprechend
333 kJ/kg; so dass Salzwasser eine nur geringe Gefrierpunktserniedrigung im
Vergleich zu reinem Wasser zeigt) und
eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit (0,6 W/(m K) bei 20° C).
Je nach Isotopenzusammensetzung des Wassermoleküls unterscheidet man normales
„leichtes Wasser“ (zwei Atome Wasserstoff: H2O), „schweres Wasser“ (zwei Atome
Deuterium: D2O) und „überschweres Wasser“ (zwei Atome Tritium: T2O).
Aggregatzustände
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3 Wasserchemie
Die Wasserchemie befasst sich mit den Eigenschaften des Wassers, seinen
Inhaltsstoffen und mit den Umwandlungen, die im Wasser stattfinden oder durch das
Wasser verursacht werden, sowie mit dem Stoffhaushalt der Gewässer. Sie behandelt
Reaktionen und Auswirkungen im Zusammenhang mit der Herkunft und Beschaffenheit
der unterschiedlichen Wassertypen. Sie beschäftigt sich mit allen Bereichen des
Wasserkreislaufs und berücksichtigt damit die Atmosphäre und den Boden. Dabei
beschäftigt sie sich unter anderem mit der Analyse von im Wasser gelösten Stoffen, den
Eigenschaften des Wassers, dessen Nutzung, dessen Verhaltensweise in verschiedenen
Zusammenhängen. Wasser ist ein Lösungsmittel für viele Stoffe, für Ionenverbindungen,
aber auch für hydrophile Gase und hydrophile organische Verbindungen. Sogar
gemeinhin als in Wasser unlöslich geltende Verbindungen sind in Spuren im Wasser
enthalten. Daher liegt Wasser auf der Erde nirgends in reinem Zustand vor. Es hat je
nach Herkunft die unterschiedlichsten Stoffe in mehr oder weniger großen
Konzentrationen in sich gelöst. In der Wasseranalytik unterscheidet man unter anderem
folgende Wassertypen:
Trinkwasser
Mineralwasser
Tafelwasser
Süßwasser/Meerwasser/Salzwasser/Brackwasser
Reinstwasser/Demineralisiertes Wasser/Destilliertes Wasser
Regenwasser
Grundwasser
Oberflächenwasser (Fließ- und Stehgewässer),
Eine wichtige Anwendung der Wasseranalytik ist die Bestimmung der Wasserhärte.
Wasserhärte ist ein Begriffssystem der angewandten Chemie, das sich aus den
Bedürfnissen des Gebrauchs natürlichen Wassers mit seinen gelösten Inhaltsstoffen
entwickelt hat. Konkret wird mit Wasserhärte die Äquivalentkonzentration der im Wasser
gelösten Ionen der Erdalkalimetalle (2. Hauptgruppe), in speziellen Zusammenhängen
aber auch deren anionischer Partner bezeichnet. Zu den „Härtebildnern“ zählen im
Wesentlichen Calcium- und Magnesium-Ionen. Die gelösten Härtebildner können
unlösliche Verbindungen bilden, vor allem Kalk und Kalkseifen. Diese Tendenz zur
Bildung von unlöslichen Verbindungen ist der Grund für die Beachtung der gelösten
Erdalkalien, die zur Entstehung des Begriffs- und Theoriesystems um die Wasserhärte
geführt hat.
Weiches Wasser ist günstiger für alle Anwendungen, bei denen das Wasser
erhitzt wird, zum Waschen, zum Gießen von Zimmerpflanzen etc. Nachteilig sind
jedoch die starke Schaumbildung bei Waschmitteln und die schlechte
Entfernbarkeit von Seife z. B. beim Händewaschen. Weiches Wasser steht in
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Abb. 35: Wasserhahn mit Strahlregler: Hier ist die Härte des Leitungswassers sichtbar
geworden. Der Kalk hat sich am tropfenden Hahn angesetzt.
Entstehung
Die Wasserhärte entsteht beim Durchtritt von Wasser durch Böden. Deshalb hängt es
stark vom geologischen Untergrund ab, welche und wie viel Härtebildner in Lösung
gehen können. Dem entspricht die geografische Verteilung der Wasserhärte.
Magnesium- und Calcium-Ionen können am einfachsten durch den Lösungsvorgang in
das Wasser gelangen, etwa durch Auflösungen von Gips (CaSO4 × 2 H2O). Grundwässer
aus gipshaltigen Schichten können im Extremfall die Sättigungskonzentration für Gips
erreichen, die einer Härte von 14,0 mmol/l entspricht.
Der überwiegende Teil der Wasserhärte entsteht jedoch normalerweise als
Carbonathärte durch Auflösung von Kalk (CaCO3) bzw. Dolomit (Ca-Mg-Mischcarbonat)
durch Kohlensäure unter Bildung löslicher Hydrogencarbonate (HCO3 ). Das
Kohlenstoffdioxid stammt überwiegend aus der Atmung der Organismen im Boden, wo
vor allem der mikrobielle Abbau organischer Substanz erhöhte CO2-Konzentrationen
liefert.
Beispielsweise folgt die Auflösung reinen Kalksteins folgender Summenformel:
CaCO3 CO2 H2O Ca2 2HCO3
Daneben können auch die in sauren Niederschlägen enthaltenen Säuren, die durch den
Begriff saurer Regen bekannt geworden sind, ebenfalls zu einem Härteanstieg führen.
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
Beteiligt sind vor allem Schwefelsäure (H2SO4), die über Schwefeldioxid und die Bildung
von schwefeliger Säure bei der Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe entsteht, und
Salpetersäure (HNO3), die über die Zwischenstufe der Stickoxide bei besonders heißen
Verbrennungen gebildet wird. Durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung (z. B.
Rauchgasentschwefelung und die Auspuffkatalysatoren) sind diese Belastungen in den
vergangenen Jahrzehnten drastisch reduziert worden.
Beim Zerfall von Pflanzenmasse (tote Wurzeln, Falllaub, untergepflügte Halme) im Boden
oder bei der Ausbringung landwirtschaftlichen Düngers wird der darin enthaltene
+
Stickstoff zunächst als Ammonium (NH4 ) freigesetzt. Daran schließt sich ein bakterieller
Oxidationsprozess an, die sog. Nitrifikation. Das Ammonium wird zuerst zu salpetriger
Säure (HNO2) und schließlich zu Salpetersäure (HNO3) oxidiert. Diese Salpetersäure löst
aus Kalk – und beim Fehlen von Kalk aus Tonmineralen – Härtebildner auf. Deshalb
drohen landwirtschaftlich genutzte Böden ohne Kalk zu versauern. In diesen Fällen ist
eine Kalkdüngung erforderlich. Auch diese kann für den Härteanstieg in Grundwässern
mitverantwortlich sein.
In Grundwässern, die durch landwirtschaftliche Aktivitäten beeinflusst sind, kann die
Härte auf über 5 mmol/l, in Einzelfällen sogar auf über 7 mmol/, ansteigen. Dies geht
sowohl auf vermehrte Kohlensäurebildung als auch auf vermehrte Nitrifikation zurück.
Regenwasser kann nur ausnahmsweise dann Härtebildner aufnehmen, wenn die
Atmosphäre kalkhaltige Staubpartikel enthält. Üblicherweise liegt deshalb die Härte von
Regenwasser nahe Null. Auch Trinkwasser-Talsperren und Bergseen enthalten selbst in
kalkreichen Gegenden oft Wasser von geringer Härte, wenn ihr Einzugsgebiet eine
geringe geografische Fläche umfasst und das Regenwasser hauptsächlich oberflächlich
zufließt.
Einteilung
Was man unter dem Begriff Wasserhärte subsumiert, ist ein System verschiedener
miteinander gekoppelter chemischer Gleichgewichte. Diese sind zum einen die
Löslichkeitsgleichgewichte zwischen den verschiedenen Erdalkali-Ionen und den
zugehörigen Carbonat- und Sulfat-Fällungsprodukten (Calcit, Dolomit, Schwerspat, Gips
etc.). Untrennbar damit gekoppelt ist zum anderen das Lösungs- und
Dissoziationsgleichgewicht des Kohlenstoffdioxid-Kohlensäure-Carbonat-Systems. Die im
Folgenden dargestellte gängige Einteilung der Härte in verschiedene Unterbegriffe greift
einzelne Teilaspekte dieses komplexen Gleichgewichtssystems heraus und benennt
jeweils deren quantitativen Anteil.
Gesamthärte
Die Gesamthärte gibt die Summe der Konzentrationen der Kationen von
Erdalkalimetallen in Wasser an. Diese Kationen haben eine große, positive
physiologische Bedeutung, stören jedoch bei einigen Verwendungen des Wassers. So
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bilden ins Wasser eingebrachte Seifen mit diesen Kationen unlösliche Kalkseifen, die
über keine Reinigungswirkung mehr verfügen. Beim Waschen von Textilien in Wasser mit
hoher Gesamtwasserhärte führen die Kalkseifen zu einer Verunreinigung der Textilen.
Seifen zählen zu den anionischen Tensiden und sind besonders empfindlich gegenüber
hartem Wasser. Die Waschleistung von anderen, modernen Tensiden in Waschmitteln
wird dagegen kaum von der Wasserhärte beeinträchtigt. Trotzdem enthalten die
Waschmittel zu etwa 30 % Substanzen, die hartes Wasser enthärten.
Carbonat-Härte
In Bezug auf die Wasserhärte ist die Konzentration des Anions Hydrogencarbonat
(HCO3 ) von spezieller Bedeutung. Man bezeichnet die Konzentration an
Hydrogencarbonat-Ionen bzw. den hierzu äquivalenten Teil der Erdalkalimetall-Ionen als
Carbonat-, temporäre oder vorübergehende Härte. Wird diesem Wasser
Kohlenstoffdioxid entzogen (z.B. durch Erwärmen), bilden sich schwer lösliche
Verbindungen wie Calcit und Dolomit als besonders schwer lösliches Mischcarbonat
(Kesselstein, Seekreide).
Ca 2 2HCO3 CaCO3 H2 O CO 2
Erwärmen
Nichtcarbonat-Härte
Als Nichtcarbonat-, permanente oder bleibende Härte bezeichnet man den Teil der
Gesamtwasserhärte, der nicht an Hydrogencarbonat bzw. Carbonat gebunden ist und
daher prinzipiell nicht als Calcium- oder Magnesiumcarbonat aus dem Wasser entfernt
werden kann. Dieser nicht entfernbare Anteil ist durch Anionen wie z. B. Chloride, Nitrate
und Sulfate ausgeglichen („gebunden“). In welchen unterschiedlichen Konzentrationen
diese Anionen genau vorliegen, spielt in Bezug auf die Wasserhärte keine Rolle, gibt
aber Auskunft über die Herkunft dieser Anteile.
Oft werden auch die Konzentrationen von Magnesium- und Calcium-Ionen getrennt
bestimmt und dann als „Magnesiumhärte“ bzw. „Calciumhärte“ bezeichnet. Ihre Summe
entspricht in guter Näherung der Gesamtwasserhärte.
Nach dem SI-Maßsystem wird der Gehalt der Erdalkali-Ionen, also die Gesamthärte in
Mol pro Liter, bzw. angesichts der geringen Konzentrationen in Millimol pro Liter (mmol/l)
angegeben.
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
Die Wasserhärte wurde früher in Grad deutscher Härte (°dH) angegeben. Dabei war
1 °dH formal als 10 mg CaO je einem Liter Wasser definiert. Die anderen Härtebildner
wie Magnesium wurden als hierzu äquivalente Menge (7,19 mg MgO pro Liter) definiert.
Heute sind gesetzlich die oben genannten molaren Angaben gefordert, ungeachtet der
praktischen Erfordernisse. In anderen Ländern waren oder sind andere Maßeinheiten in
Gebrauch, die jedoch nur eingeschränkt vergleichbar sind.
4 Bestandteile
Wasser ist das Oxidationsprodukt des Wasserstoffs und besteht aus 2
Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom.
2H2 O 2 H2O
Sauerstoff
Sauerstoff ist das häufigste Element auf der Erde. Elementar tritt Sauerstoff überwiegend
in Form eines kovalenten Homodimers auf, also einer Verbindung aus zwei Sauerstoff-
Atomen und mit der Summenformel O2, bezeichnet als molekularer Sauerstoff, Dioxygen
oder Disauerstoff. Es ist ein farb- und geruchloses Gas, das in der Luft zu 20,942 Vol%
enthalten ist. Es ist an vielen Verbrennungs- und Korrosionsvorgängen beteiligt. Fast alle
Lebewesen benötigen Sauerstoff zum Leben (in der Regel geben Pflanzen aber während
der Photosynthese mehr Sauerstoff ab als sie verbrauchen). Sie entnehmen ihn meistens
durch Atmung aus der Luft oder durch Resorption aus Wasser (gelöster Sauerstoff). In
hohen Konzentrationen dagegen ist er für die meisten Lebewesen giftig.
Vorkommen
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Sauerstoff ist das häufigste und am weitesten verbreitete Element auf der Erde. Es
kommt sowohl in der Erdatmosphäre, als auch in der Lithosphäre, der Hydrosphäre und
der Biosphäre vor. Sauerstoff hat einen Massenanteil von 50,5 % an der Erde (bis 16 km
Tiefe, einschließlich Hydro- und Atmosphäre). An der Luft beträgt sein Massenanteil
23,16 %, an Wasser 88,8 % (Meerwasser: 86 %, da dort größere Mengen Ionen gelöst
sind).
Zumeist kommt Sauerstoff in seinen Verbindungen auf und in der Erde vor. In der
Erdhülle sind neben Wasser fast alle Minerale und damit Gesteine sauerstoffhaltig. Zu
den wichtigsten Mineralen zählen die Silicate, wie Feldspäte, Glimmer und Olivine), die
Carbonate, wie das Calciumcarbonat im Kalkstein und Oxide wie Siliciumdioxid als
Quarz.
In elementarem Zustand befindet sich Sauerstoff in Form von O2 gasförmig in der
Atmosphäre und gelöst in Gewässern. Die Menge des relativ reaktionsfreudigen
elementaren Sauerstoffs bleibt auf Dauer nur konstant, weil Sauerstoff produzierende
Pflanzen soviel nachliefern, wie von aerob atmenden Lebewesen wieder verbraucht wird.
Ohne diesen biologischen Kreislauf würde Sauerstoff nur in Verbindungen vorkommen,
elementarer Sauerstoff existiert also in einem Fließgleichgewicht.
Technisch wird Sauerstoff heute fast ausschließlich durch Rektifikation von Luft
gewonnen. Das Verfahren wurde 1902 zunächst von Carl von Linde entwickelt (Linde-
Verfahren) und von Georges Claude wirtschaftlich rentabel gestaltet. Geringe Mengen
ergeben sich als Nebenprodukt bei der Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse von
Wasser.
Zur Sauerstoffgewinnung nach dem Claude-Verfahren wird zunächst die durch Filter von
Kohlenstoffdioxid, Luftfeuchtigkeit und anderen Gasen befreite Luft mit Hilfe von
Verdichtern auf 5–6 bar verdichtet. Die dabei entstehende Wärme kann dabei zunächst in
mechanische und über Generatoren in elektrische Energie umgewandelt werden und so
sinnvoll genutzt werden. Dadurch wird das Verfahren – im Gegensatz zum Linde-
Verfahren, bei dem die Wärme durch Wasserkühlung abgeführt wird – deutlich
wirtschaftlicher. Die verdichtete Luft wird durch vorbeiströmende Gase aus dem Prozess
auf eine Temperatur nahe dem Siedepunkt abgekühlt.
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
Die eigentliche Trennung von Stickstoff und Sauerstoff erfolgt durch Destillation in zwei
Rektifikationskolonnen mit unterschiedlichen Drücken. Die Destillation erfolgt dabei im
Gegenstromprinzip, das heißt durch die Kondensationswärme verdampftes Gas strömt
nach oben, kondensierte Flüssigkeit tropft nach unten. Da Sauerstoff einen höheren
Siedepunkt als Stickstoff besitzt, kondensiert er leichter und sammelt sich so am Boden,
Stickstoff am Kopf der Kolonne. Die Trennung erfolgt zunächst bei 5–6 bar in der
sogenannten Mitteldruckkolonne. Die dabei entstehende sauerstoffangereicherte
Flüssigkeit wird anschließend in der Niederdruckkolonne (Druck etwa 0,5 bar) weiter
getrennt. Durch den flüssigen Sauerstoff der Niederdruckkolonne wird gasförmiger
Stickstoff der Hochdruckkolonne geleitet. Dabei verflüssigt sich dieser und erwärmt mit
der abgegebenen Kondensationswärme die Flüssigkeit. Der leichter flüchtige Stickstoff
wird bevorzugt abgegeben und es bleibt gereinigter flüssiger Sauerstoff zurück. Dieser
enthält noch die Edelgase Krypton und Xenon, die in einer separaten Kolonne abgetrennt
werden.
Um kleinere Mengen Sauerstoff zu produzieren, kann Sauerstoff aus der Luft durch
Adsorption von anderen Gasen getrennt werden. Dazu strömt Luft durch Molekularsiebe.
Dabei werden Stickstoff und Kohlenstoffdioxid adsorbiert und nur Sauerstoff und Argon
gelangen hindurch.
Reinen Sauerstoff kann man mittels Elektrolyse von 30%iger Kalilauge an
Nickelelektroden erhalten. Dabei entstehen Wasserstoff und Sauerstoff getrennt
voneinander.
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Eigenschaften
Molekularer Sauerstoff ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas, welches bei
182,97 °C zu einer farblosen Flüssigkeit kondensiert. In dicken Schichten zeigt
gasförmiger und flüssiger Sauerstoff eine blaue Farbe. Unterhalb 218,75 °C erstarrt
Sauerstoff zu blauen Kristallen. Sauerstoff ist in Wasser wenig löslich. Die Löslichkeit ist
abhängig vom Druck und der Temperatur. Sie steigt mit abnehmender Temperatur und
zunehmendem Druck. Bei 0 °C und einem Sauerstoffpartialdruck der Luft von 212 hPa
lösen sich in reinem Wasser 14,16 mg/l Sauerstoff.
Sauerstoff reagiert mit den meisten Elementen des Periodensystems direkt. Es gibt
einige Ausnahmen, insbesondere unter den Nichtmetallen und Edelmetallen. Mit
Stickstoff sind Reaktionen nur unter speziellen Bedingungen, etwa bei Blitzen, aber auch
im Verbrennungsmotor möglich. Fluor bildet nur bei tiefen Temperaturen unter
elektrischen Entladungen die Verbindung Disauerstoffdifluorid (O2F2). Das edelste Metall
Gold, die Halogene Chlor, Brom und Iod, sowie die Edelgase reagieren nicht direkt mit
Sauerstoff. Einige weitere Edelmetalle wie Platin und Silber reagieren nur schlecht mit
Sauerstoff.
Reaktionen mit Sauerstoff sind fast immer Redox-Reaktionen, bei denen Sauerstoff in
der Regel zwei Elektronen aufnimmt und so zum Oxid reduziert wird. Das Element zählt
somit zu den Oxidationsmitteln. Häufig verlaufen diese Reaktionen bedingt durch die
große freiwerdende Bindungs- oder Gitterenergie unter starker Wärmeabgabe. Es gibt
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Wasserstoff
Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum, jedoch nicht in der
Erdrinde. Er ist Bestandteil des Wassers und beinah aller organischen Verbindungen.
Somit kommt gebundener Wasserstoff auch in sämtlichen lebenden Organismen vor.
Wasserstoff ist das leichteste der chemischen Elemente. Das häufigste Isotop enthält
kein Neutron, besteht aus nur einem Proton sowie einem Elektron und wird auch Protium
genannt. Unter Bedingungen, die normalerweise auf der Erde herrschen (siehe auch
Normalbedingungen), kommt dieser atomare Wasserstoff nicht vor, stattdessen liegt
Wasserstoff in der dimerisierten Form vor, dem molekularen Wasserstoff H2, einem farb-
und geruchlosen Gas. Dennoch kommt es vor, dass bei bestimmten chemischen
Reaktionen Wasserstoff sehr kurz atomar als H auftritt und in dieser hochreaktiven Form
besonders gut mit anderen Verbindungen oder Elementen reagiert.
Geschichte
Entdeckt wurde Wasserstoff vom englischen Chemiker und Physiker Henry Cavendish im
Jahre 1766, als er mit Metallen (Eisen, Zink und Zinn) und Säuren experimentierte.
Cavendish nannte das dabei entstandene Gas wegen seiner Brennbarkeit "inflammable
air". Er untersuchte das Gas eingehend und veröffentlichte seine Erkenntnisse darüber
noch im selben Jahr.
Abb. 40: Antoine Laurent de Lavoisier. Er gab dem Wasserstoff seinen Namen
Eine genauere Analyse geschah durch Antoine Laurent de Lavoisier, der dem
Wasserstoff auch seinen Namen gab. Der französische Chemiker entdeckte das Gas im
Jahr 1787 unabhängig von Cavendish, als er in einem Experiment zeigen wollte, dass bei
chemischen Reaktionen keine Masse verloren geht oder erzeugt wird. Er leitete
Wasserdampf in einer abgeschlossenen Apparatur über glühende Eisenspäne und ließ
ihn an anderer Stelle kondensieren. Dabei stellte er fest, dass die Masse des
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kondensierten Wassers etwas geringer war als die der ursprünglichen Menge. Dafür
entstand ein Gas, dessen Masse zusammen mit dem Gewichtszuwachs des oxidierten
Eisens genau der „verlorengegangenen“ Wassermenge entsprach. Sein eigentliches
Experiment war also erfolgreich.
Lavoisier untersuchte das entstandene Gas weiter und führte die heute als Knallgasprobe
bekannte Untersuchung durch, wobei das Gas verbrannte. Er nannte es daher zunächst
„brennbare Luft“. Als er in weiteren Experimenten zeigte, dass sich aus dem Gas
umgekehrt auch Wasser erzeugen lässt, taufte er es hydro-gène (griechisch: hydro =
Wasser; genes = erzeugend). Das Wort bedeutet demnach: „Wasserbildner“. Die
deutsche Bezeichnung lässt auf die gleiche Begriffsherkunft schließen.
Vorkommen
Wasserstoff ist das häufigste chemische Element in der Sonne und den großen
Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, die über 99,99 % der Masse des
Sonnensystems in sich vereinen. Wasserstoff stellt 75 % der gesamten Masse
beziehungsweise 93 % aller Atome des Sonnensystems.
Auf der Erde ist der Massenanteil wesentlich geringer. Bezogen auf die Erd-
Gesamtmasse bestehen etwa 0,12 % und bezogen auf die Erdkruste etwa 2,9 % aus
Wasserstoff. Außerdem liegt der irdische Wasserstoff im Gegensatz zu den Vorkommen
im All überwiegend gebunden und nur selten in reiner Form als unvermischtes Gas vor.
Die bekannteste und am häufigsten auftretende Verbindung ist das Wasser. Neben
diesem sind auch Erdgase wie z. B. Methan sowie das Erdöl wichtige wasserstoffhaltige
Verbindungen auf der Erde. Auch in mehr als der Hälfte aller bisher bekannten Minerale
ist Wasserstoff enthalten.
Der größte Anteil irdischen Wasserstoffs kommt in der Verbindung Wasser vor. In dieser
Form bedeckt er über zwei Drittel der Erdoberfläche. Davon entfallen 96,5 % auf
Salzwasser in den Ozeanen. Die verbliebenen 3,5 % liegen als Süßwasser vor. Davon
befindet sich wiederum der größte Teil im festen Aggregatzustand: in Form von Eis in der
Arktis und Antarktis sowie in den Permafrostböden vor allem in Sibirien. Der geringe
restliche Anteil ist flüssiges Süßwasser und findet sich meist in Seen und Flüssen, aber
auch in unterirdischen Vorkommen, etwa als Grundwasser.
In der Erdatmosphäre liegt Wasserstoff hauptsächlich chemisch gebunden in Form von
Wasserdampf vor. Dessen Anteil an der Luft schwankt stark und liegt bei bis zu über 4
Volumenprozenten. Er wird als relative Luftfeuchtigkeit gemessen. Diese gibt den Anteil
an Wasserdampf im Verhältnis zum temperaturabhängigen Sättigungsdampfdruck an.
Beispielsweise entsprechen bei 30 °C Lufttemperatur 100 % Luftfeuchtigkeit
4,2 Volumenprozent Wasserdampf in der Luft.
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
Gewinnung
Einfache chemische Prozesse zur Produktion von H2 sind die Reaktion verdünnter
Säuren mit unedlen Metallen (z. B. Zink) oder die Zersetzung des Wassers durch
Alkalimetalle. Diese, im chemischen Laboratorium für kleine Mengen üblichen Methoden,
sind aber für die industrielle Herstellung ungeeignet und unwirtschaftlich.
Eine Methode zur industriellen Gewinnung von molekularem Wasserstoff ist die
Dampfreformierung. Unter hoher Temperatur und hohem Druck werden
Kohlenwasserstoffe mit Wasser umgesetzt. Dabei entsteht Synthesegas, ein Gemisch
aus Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff. Diese Methode wird hauptsächlich für
industrielle Hochdrucksynthesen eingesetzt. Die zweite gängige Methode in der Industrie
ist die partielle Oxidation. Hierbei reagiert meistens Erdgas mit Sauerstoff unter Bildung
von H2 und Kohlenmonoxid.
Eine alte und effiziente Möglichkeit zur Wasserstoffgewinnung ist die Elektrolyse von
Wasser. Dabei wird Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und
Sauerstoff gespalten.
2H2O(l) 2H2 (g) O 2 (g)
Elektrolys e
Meist wird dem Wasser ein wenig Säure zur Katalyse der Reaktion zugesetzt. An der
Kathode entsteht Wasserstoffgas, an der Anode Sauerstoffgas, im Mol- und
Volumenverhältnis 2:1.
Diese Methode wird heute allerdings nur noch in sehr geringem Umfang eingesetzt, vor
allem zur Gewinnung von „schwerem Wasser“, das sich bei der Elektrolyse im nicht
umgesetzten Rest anreichert.
Eigenschaften
Wasserstoff ist das Element mit der geringsten Dichte. Molekularer Wasserstoff (H2, ein
Molekül besteht also jeweils aus 2 Wasserstoffatomen) ist etwa 14,4-mal leichter als Luft.
Sein Siedepunkt liegt bei 20,27 Kelvin (-253°C), der Schmelzpunkt bei 14,02 Kelvin
( 259 °C). Die Löslichkeit von Wasserstoff in Wasser beträgt 1,6 mg/l.
Abb. 4 Sichtbarer Bereich des Wasserstoff-Spektrums. Es sind sechs Linien der Balmer-
Serie sichtbar, da die CCD-Sensoren der Kamera auch ein wenig in den ultravioletten
Teil des Spektrums hinein empfänglich sind.
Wasserstoff hat ein Linienspektrum und je nach Temperatur des Gases auch im
sichtbaren Bereich ein mehr oder weniger ausgeprägtes kontinuierliches Spektrum.
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Abb. 42: Tank für flüssigen Wasserstoff der Firma Linde, Museum Autovision in
Altlußheim
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Stickstoff
Elementar tritt Stickstoff nur in Form zweiatomiger Moleküle auf (molekularer Stickstoff,
auch Distickstoff, Summenformel N2). In der Erdkruste kommt anorganisch gebundener
Stickstoff selten vor; von Bedeutung ist er nur in Salpetervorkommen.
Im Laufe der Evolution hat sich ein Stickstoffkreislauf der Ökosysteme ausgebildet: Als
Bestandteil von Proteinen und vielen anderen Naturstoffen ist Stickstoff essentiell für
Lebewesen, die ihn in einem energieintensiven Prozess (Stickstofffixierung) organisch
binden und bioverfügbar machen.
Eigenschaften
Molekularer Stickstoff ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas, welches bei tiefen
Temperaturen ( 196 °C) zu einer farblosen Flüssigkeit kondensiert. Stickstoff ist in
Wasser wenig löslich (23,2 ml Stickstoff in 1 l Wasser bei 0 °C) und nicht brennbar.
Stickstoff geht in seinen Verbindungen vorzugsweise kovalente Bindungen ein.
Der in der Natur vorkommende molekulare Distickstoff N2 ist durch die im
Stickstoffmolekül vorhandene stabile Dreifachbindung und die damit verbundene hohe
Bindungsdissoziationsenergie von 942 kJ/mol sehr reaktionsträge. Deswegen braucht es
in der Regel einen hohen Energieaufwand, um diese Verbindung zu trennen und
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Primär wird Stickstoff heute durch die fraktionierte Destillation verflüssigter Luft in
Luftzerlegungsanlagen nach dem Linde-Verfahren mit einer Reinheit von bis zu
99,99999% gewonnen.
Stickstoff mit einem Reinheitsgrad von ca. 99 % wird wesentlich kostengünstiger durch
mehrstufige Adsorption/Desorption an Zeolithen erhalten. Eine weitere Methode zur
dezentralen Gewinnung von Stickstoff ist das Membranverfahren. Hierbei wird Druckluft
mit einem Druck von 5 bis 13 bar durch eine Kunststoffmembran gepresst.
Die Diffusionsgeschwindigkeit von Stickstoff und Argon durch diese Membran ist deutlich
langsamer als jene von Sauerstoff, Wasser und Kohlendioxid, dadurch wird der Gasstrom
auf der Innenseite der Membran mit Stickstoff angereichert. Durch Anpassung der
Durchströmgeschwindigkeit kann die Reinheit des Stickstoffs gesteuert werden (bis
99,995 % bei Kleinstmengen, 99% bei industriellen Maßstäben.)
Im Labor kann reiner Stickstoff durch Erhitzen einer wässrigen Ammoniumnitritlösung
oder einer Lösung des Gemisches Ammoniumchlorid/Natriumnitrit auf etwa 70 °C
dargestellt werden:
T
NH4NO 2
2H2O N2
Alternativ ist eine Thermolyse von Natriumazid möglich, die zur Herstellung von
spektroskopisch reinem Stickstoff verwendet wird.
T
2NaN3
2Na 3N2
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Argon entsteht langsam durch radioaktiven Zerfall von Kalium-40, ist stabil und dichter
als Luft und verbleibt daher in der Atmosphäre. Aus manchem Gestein dringt als Glied
radioaktiver Zerfallsreihen Radon, das sich wegen seiner hohen Dichte in Kellern
anreichern kann und strahlend weiter zerfällt.
Helium wird bei jedem radioaktiven Alpha-Zerfall frei, das kleine Atom ist sehr beweglich,
sickert aus der Erde, ist viel leichter als Luft und entweicht in den Weltraum - wo es
häufig ist. Auch das zweitleichteste Edelgas Neon verflüchtigt sich dorthin, sodass von
diesen beiden nur Spuren in der Atmosphäre vorkommen. Helium über Luftverflüssigung
zu gewinnen ist extrem teuer. Es staut sich beim Aufstieg aus der Erde verschiedentlich
in Erdgaslagerstätten und wird längst mit aufwendigen Anlagen als Erdgasbeiprodukt
gewonnen. Nur mit Helium lassen sich tiefste Temperaturen erzeugen, es ist das
unbrennbare Traggas für Ballons.
Kohlenstoffdioxid
Die biologische Hauptbedeutung des Kohlenstoffdioxids (umgangssprachlich oft auch als
Kohlendioxid bezeichnet) liegt in seiner Rolle als Kohlenstofflieferant für die
Photosynthese. Die atmosphärische Kohlenstoffdioxidkonzentration wirkt stark auf das
Pflanzenwachstum. Durch den lichtabhängigen Stoffwechselzyklus der Pflanzen, also die
Wechselbeziehung zwischen Atmung und Photosynthese, schwanken die bodennahen
CO2-Konzentrationen im Tagesgang. Es zeigt sich bei ausreichender Pflanzendecke ein
nächtliches Maximum und dementsprechend ein Minimum am Tag. Der gleiche Effekt ist
im Jahresverlauf vorhanden, da die außertropische Vegetation ausgeprägte
Vegetationsperioden besitzt. Auf der Nordhalbkugel besteht ein Maximum im Zeitraum
März bis April und ein Minimum im Oktober oder November. Auch anthropogene (vom
Menschen herbeigeführte) Emissionszyklen können eine Rolle spielen, zum Beispiel mit
dem Einsetzen der Heizperiode bei sinkenden Temperaturen.
2 Der Sauerstoffkreislauf
Fotosynthese bezeichnet die Erzeugung von energiereichen Stoffen aus energieärmeren
Stoffen mit Hilfe von Lichtenergie. Sie wird von Pflanzen, Algen- und einigen
Bakteriengruppen betrieben. Bei diesem biochemischen Vorgang wird zunächst mit Hilfe
von lichtabsorbierenden Farbstoffen, meistens Chlorophyllen, Lichtenergie in chemische
Energie umgewandelt. Diese wird dann unter anderem zur Fixierung von
Kohlenstoffdioxid verwendet: Aus energiearmen, anorganischen Stoffen, hauptsächlich
Kohlenstoffdioxid CO2 und Wasser H2O, werden dabei energiereiche organische
Verbindungen – Kohlenhydrate – synthetisiert.
Man unterscheidet zwischen oxygener und anoxygener Photosynthese. Bei der
oxygenen wird Sauerstoff O2 freigesetzt, bei der anoxygenen nicht.
Die oxygene Photosynthese ist nicht nur der bedeutendste biogeochemische Prozess der
Erde, sondern auch einer der ältesten. Sie treibt durch die Bildung organischer Stoffe
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
mittels Sonnenenergie direkt und indirekt nahezu alle bestehenden Ökosysteme an, da
sie anderen Lebewesen energiereiche Baustoff- und Energiequellen liefert. Außerdem
wird dabei Sauerstoff erzeugt, der für die meisten Lebewesen lebensnotwendig ist.
Dieser Prozess wird auch als Kohlenstoffdioxid-Assimilation bezeichnet.
Da das Leben auf der Erde auf der chemischen Vielfalt der Kohlenstoffverbindungen
beruht, d. h. alle Lebewesen Kohlenstoff für ihre Zellbestandteile und den Stoffwechsel
benötigen, ist die Fähigkeit von Autotrophen, nämlich Pflanzen, vielen Bakterien und
Archaeen, organische Kohlenstoffverbindungen ausschließlich aus anorganischen
Stoffen zu synthetisieren, die Voraussetzung für die Existenz von heterotrophen
Lebensformen, die auf die Verfügbarkeit von organischen Stoffen angewiesen sind.
CO2 + H2O +
Kohlehydrate Energie
+ Sauerstoff
Assimilation
Blattfarbstoff Pflanzen
3 Der Stickstoffkreislauf
Der Stickstoffkreislauf oder Stickstoffzyklus ist die stetige Wanderung und
biogeochemische Umsetzung des Bioelementes Stickstoff in der Erdatmosphäre, in
Gewässern, in Böden und in Biomasse.
Stickstoff wird von allen Lebewesen benötigt, da er Bestandteil von Aminosäuren in
Proteinen, von Nukleinsäuren und von anderen essentiellen chemischen Stoffen der
Lebewesen ist. Lebewesen nehmen deshalb bei ihrem Wachstum Stickstoff aus der
Umgebung auf (Stickstoff-Assimilation) und er wird nach ihrem Absterben aus der toten
Biomasse wieder freigesetzt. Lebewesen sind so ein bedeutender Faktor im Kreislauf des
Stickstoffs in den Oberflächenschichten der Erde.
Dass dieser Kreislauf trotz seiner Engpässe funktioniert, zeigen Stoffbilanzen und
Abschätzungen. Demnach wurde der verfügbare Stickstoff während der Erdgeschichte im
Durchschnitt schon 900- bis 1000-mal von Lebewesen in ihren Körper eingebaut und
wieder ausgeschieden, während er jedoch rund 900.000-mal ein- und ausgeatmet wurde,
ohne dass er dabei chemisch verändert wurde. Zum Vergleich: Der Luft- und ozeanische
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Sauerstoff der Erde wurde bisher im Durchschnitt rund 60-mal von der „Fabrik Leben“
benutzt, in Biomasse eingebaut und wieder ausgeschieden.
Die Moleküle des Luftstickstoffs N2 (Dinitrogen) bestehen aus je zwei kovalent über eine
Dreifachbindung mit einander verbundenen Stickstoffatomen. Da diese Dreifachbindung
nur unter sehr hohem Energieaufwand aufgebrochen werden kann, ist N2 sehr
reaktionsträge und kann weder von Pflanzen noch von Tieren direkt für die Biosynthese
etwa von Proteinen genutzt werden. Nur spezielle Bakterien, insbesondere
Cyanobakterien, Knöllchenbakterien, und – durch Symbiose mit derartigen Bakterien an
bzw. in ihren Wurzeln – auch einige wenige Pflanzen können N2-Stickstoff nutzen. Alle
anderen Pflanzen und die Tiere sind auf Stickstoffverbindungen, beispielsweise
+
Ammonium (NH4 )- und Nitrat (NO3 )-Ionen, als Stickstoffquelle angewiesen. In der
15
Erdatmosphäre befinden sich 10 Tonnen Stickstoff, jedoch fast ausschließlich als N2
(Dinitrogen).
Drei Gruppen von Prokaryoten aus der Domäne der Bakterien sind zur Stickstofffixierung
in der Lage:
Blaugrüne Bakterien (Cyanobakterien, früher auch als „Blaugrüne Algen“ oder
„Blaualgen“ bezeichnet),
Bakterien der Gattung Frankia (Ordnung Actinomycetales),
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
Nitrifikation
Stickstoffassimilation
Ammonifikation
Nitratreduktion zu Nitrit
Unter anoxischen Bedingungen können bestimmte Bakterien Nitrat als Oxidans anstelle
von Sauerstoff (O2) für die Oxidation von organischen Stoffen oder elementarem
Wasserstoff (H2) als Energie liefernde Reaktion nutzen. Nitrat wird dabei zu Nitrit (NO2 )
reduziert. Nitrit wirkt auf viele Organismen giftig.
Denitrifikation
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
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IX Bildquellen:
Abbildung Urheber Lizenz Quelle
Abb. 1 Dirk Beyer GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Campfire_4213.jpg&filetimestamp=
20050902074047
Abb. 2 Dr. Michael Egghart Privatarchiv
Abb. 3 JabberWok GFDL http://en.wikipedia.org/wiki/File:Bohr-
atom-PAR.svg
Abb. 4 Jan Homann GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Visible_spectrum_of_hydrogen.jpg
&filetimestamp=20090412185300
Abb. 5 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:AOs-3D-
dots.png&filetimestamp=2006121900464
1
Abb. 6 Dr. Michael Egghart Privatarchiv
Abb. 7 Wächter GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:HahnM%C3%BCnze.jpg&filetimest
amp=20100220105158
Abb. 8 Stannered GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Alfa_beta_gamma_radiation.svg&fil
etimestamp=20091227215834
Abb. 9 Dr. Michael Egghart Privatarchiv
Abb. 10 Emoscopes GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Triple_expansion_engine_animatio
n.gif&filetimestamp=20060917235947
Abb. 11 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Three-systems-for-zeroth-law-of-
thermodynamics.svg&filetimestamp=2011
0219171118
Abb. 12 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Diffusionsexperiment.svg&filetimest
amp=20101223180245
Abb. 13 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:NaCl-Obtenci%C3%B3n-
2.svg&filetimestamp=20060226074018
Abb. 14 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:NaCl_polyhedra.png&filetimestamp
=20080407140702
Abb. 15 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Nuvola_di_elettroni.svg&filetimesta
mp=20061203105836
Abb. 16 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:B%C3%A4ndermodell.svg&filetime
stamp=20081220125546
Abb. 17 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Hydrochloric_acid_ammonia.jpg&fil
etimestamp=20050402214151
Abb. 18 Gemeinfrei http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Titolazione.gif&filetimestamp=2006
0328130707
Abb. 19 Roland.chem. GFDL http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=
Datei:Puffer-Indikator-
plot.svg&filetimestamp=20100123210518
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
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Lizenzen:
GFDL http://de.wikipedia.org/wiki/GNU-
Lizenz_f%C3%BCr_freie_Dokumentation
cc-by-sa-2.0 http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de
cc-by-sa-2.5 http://creativecommons.org/licenses/by-
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cc-by-sa-3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-
sa/3.0/deed.de
cc-by-nc-nd-3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-nc-
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Internationales Studien- und Sprachenkolleg Universität Mainz Dr. Michael Egghart
X Textquellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reinstoff
http://de.wikipedia.org/wiki/Chemie
http://de.wikipedia.org/wiki/Trennverfahren_(Verfahrenstechnik)
http://de.wikipedia.org/wiki/Materie
http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrsches_Atommodell
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Atommodelle
http://de.wikipedia.org/wiki/Atomh%C3%BClle
http://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingergleichung
http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unsch%C3%A4rferelation
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