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Volkswirtschaftliche Schriften

Heft 548

Öffentliche Förderung
des Sports
Eine ordnungspolitische Analyse

Von

Mathias Langer

asdfghjk
Duncker & Humblot · Berlin

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MATHIAS LANGER

Öffentliche Förderung des Sports

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Volkswirtschaftliche Schriften
Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann

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Öffentliche Förderung
des Sports
Eine ordnungspolitische Analyse

Von

Mathias Langer

asdfghjk
Duncker & Humblot · Berlin

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Die Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften
der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Jahre 2005
als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in


der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten


# 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme und Druck:
Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin
Printed in Germany
ISSN 0505-9372
ISBN 3-428-12115-5
Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier
entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

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Meinen Eltern

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Vorwort

Nach Aristoteles beflügelt ein gesunder Körper einen gesunden Geist – der erste
Marathonläufer brach nach seiner Ankunft in Athen tot auf dem Marktplatz zu-
sammen. Coubertins Olympismus schreibt dem Sport eine völkerverbindende und
friedensstiftende Wirkung zu – Thomas Bernhard sieht die Bedeutung des Sports
für Regierungen in seiner Eigenschaft die Massen zu unterhalten, zu benebeln und
zu verdummen begründet.
Die Diskussion um die Gemeinwohlpotentiale des Sports führt zur grundsätz-
lichen Frage nach der Rechtmäßigkeit und Ausgestaltung der öffentlichen Sport-
förderung. Die Beantwortung kann aber nur aus der übergeordneten Perspektive
der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gelingen. Dies hat mich dazu bewogen,
eine ordnungspolitische Analyse der öffentlichen Sportförderung durchzuführen
und darauf aufbauend Vorschläge für eine zielführende und mit den Grundsätzen
der marktwirtschaftlichen Ordnung zu vereinbarenden Förderung zu entwickeln.
Dafür, daß die Zweifel an der ordnungspolitischen Legitimität der öffentlichen
Sportförderung nicht zu meiner eigenen Verzweifelung führten, sondern im aristo-
telischen Sinne „in richtiger Weise zur Erlangung rechter Erkenntnis“ erfolgten,
habe ich zahlreichen Personen zu danken.
Zuvorderst gilt mein Dank meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Frank Dau-
mann, der mir ein „produktives Zweifeln“ im Rahmen großzügig gewährter Frei-
räume und einer freundschaftlichen Zusammenarbeit ermöglichte. Nicht zuletzt
aufgrund seiner steten Diskussionsbereitschaft und fürsorglichen Ermunterung
gelang die zügige Verfassung der Abhandlung. Ebenso bedanke ich mich bei Herrn
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender, der nicht nur bereitwillig das Korreferat über-
nahm, sondern schon in seinem wirtschaftstheoretischen Seminar mein Interesse
an ordnungspolitischen Fragestellungen weckte.
In Momenten überwiegender Verzweiflung war es gut, auf moralische Stützen
bauen zu können. Für verständnisvollen Zuspruch, fruchtbare Diskussionen und
Ansporn, die Arbeit voranzutreiben, danke ich Christoph Brauner, Arnd Fischer,
Dr. Philipp Hoffmann und Jörg Kulzer. Wolfgang Schäff und Sebastian Schöne
gebührt darüber hinaus mein besonderer Dank für die sorgfältige Durchsicht des
Manuskripts, Daniela Eichhorn für ihre liebevolle Unterstützung.
Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mich auf meinem Lebensweg stets
uneingeschränkt unterstützten und mir aufmunternd und mit unermeßlicher Geduld
zur Seite standen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Jena, im Februar 2006 Mathias Langer

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Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

Problemstellung und Vorgehensweise 19

2. Kapitel

Methodische und terminologische Grundlagen 23

A. Methodik der Abhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

I. Wissenschaftsverständnis und Erkenntnisobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

II. Sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25


1. Methodologischer Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Institutionalistischer Erklärungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

III. Menschenbild und individualistische Bewertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

I. Spezifizierung des Begriffs „Sport“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

II. Angebotsformen des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

III. Abgrenzung und Formen der öffentlichen Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . 38

C. Sport als wirtschaftliches Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3. Kapitel

Sport und Staat:


Darstellung der öffentlichen Sportförderung 43

A. Institutionelle Arrangements im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

I. Die Entwicklung der Organisationen des Sports in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 43

II. Die heutige Organisation des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

III. Grundsätze öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

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10 Inhaltsverzeichnis

B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

C. Förderung des Sports durch die verschiedenen staatlichen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . 51

I. Problembereiche der Erfassung des öffentlichen Engagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

II. Transferleistungen durch die verschiedenen staatlichen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . 52


1. Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2. Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3. Kommunalebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4. Gesamtumfang der Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5. Sportförderung durch die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

III. Regulierungsansätze zur Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65


1. Ein-Verbands-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
2. Verbandsregelungen und staatlich geduldete Ausnahmebereiche . . . . . . . . . . . . . 67
3. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

D. Strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland . . . . . . . 71

I. Angebotsseitige, nachfrageseitige und strukturelle Entwicklungen der Sport-


anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
1. Allgemeine Trends im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2. Selbstverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3. Fremdverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4. Nichtverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
5. Situation der Sportinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

II. Finanzwirtschaftliche Entwicklung der Sportanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

E. Sport und öffentliche Sportförderung – Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

4. Kapitel

Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens 87

A. Leitbild der Marktwirtschaft als Bezugspunkt der Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

I. Grundlagen eines ordnungspolitischen Referenzrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

II. Das marktwirtschaftliche System als Ausgangspunkt ordnungspolitischer Über-


legungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

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Inhaltsverzeichnis 11

III. Zentrale Steuerungsmechanismen des marktwirtschaftlichen Systems. . . . . . . . . . . 91


1. Marktprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
2. Wettbewerbsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

IV. Ordnungspolitische Prinzipien der Marktwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien der öffentlichen Sportförderung . . . . . 99

I. Bedingungen einer ordnungspolitisch legitimen öffentlichen Sportförderung . . . 100


1. Marktversagen und sportförderungsrelevante Marktversagensfälle . . . . . . . . . . . 101
a) Öffentliche Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
b) Externe Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
c) Öffentliche Gutskomponente als externer Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
2. Wettbewerbsversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
3. Übergeordnete politisch determinierte Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

II. Kriterien ordnungspolitisch legitimer Maßnahmen der öffentlichen Sportförde-


rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
1. Zielkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
2. Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
a) Traditionelles Verständnis der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
b) Freiheitssichernde Regeln als Konformitätsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
c) Pragmatische Konkretisierung der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
3. Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

III. Zusammenfassung: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffent-


liche Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

5. Kapitel

Ordnungspolitische Analyse
der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
einer öffentlichen Sportförderung 130

A. Externe Effekte des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

I. Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

II. Sozio-edukatorische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138


1. Bildungs- / Erziehungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
2. Sozialwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
3. Sport und die Bildung von Sozialkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

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12 Inhaltsverzeichnis

III. Optionswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

IV. Prestigewert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

V. Wachstumsexternalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

I. Meritorik als Phänomen verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162


1. Ansatz der Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
2. Ansatz der öffentlichen Gutskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
3. Ansatz verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

II. Verzerrte Präferenzen zur Rechtfertigung öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . 166


1. Informationsmängel als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
2. Irrationalität als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
3. Gemeinschaftsbedürfnisse als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . 171
4. Willensschwäche als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

C. Distributionspolitische Argumente einer öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . 174

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

6. Kapitel

Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen


der öffentlichen Sportförderung 180

A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

I. Die Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180


1. Ziel- und Instrumentenebene der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . 181
2. Angebotssubventionen als Förderinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

II. Zielkonformität auf der Zielebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184


1. Formulierung der Zielstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
2. Eignung zur Gemeinwohlförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

III. Zielkonformität auf der Instrumentenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188


1. Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

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Inhaltsverzeichnis 13

2. Zielgenauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
a) Sport für alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
b) Ausmaß sportlicher Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
c) Erreichung Bedürftiger und Mitnahmeeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
d) Verteilungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

IV. Konfliktionäre Nebenziele und innere Widersprüchlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198


1. Instrumentalisierung vs. Autonomie des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
2. Selbstverwalteter Sport vs. alternative Angebotsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

B. Die öffentliche Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . 203

I. Problembereiche aus Sicht der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203


1. Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
2. Selbstbetroffenheit und Sozialisierung von Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
3. Eingriff in den Preismechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
4. Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
5. Diskriminierung in verschiedenen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
6. Staatlich bedingte Marktzutrittsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
7. Zusammenfassender Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

II. Ordnungspolitisch bedenkliche Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218


1. Auswirkungen auf das Verhalten der Akteure des selbstverwalteten Sports . . . 219
2. Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
3. Weitere Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

C. Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . 224

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

7. Kapitel

Einige Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung


der öffentlichen Sportförderung 230

A. Überleitender Rekurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

B. Grundversorgung mit Sport über den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

I. Der Markt als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

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14 Inhaltsverzeichnis

II. Möglichkeiten einer Grundversorgung über den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233


1. Förderung des Sports durch den selbstverwalteten Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
a) Potential zur Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
b) Motivation zur Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
2. Förderung des Sports durch alternative Sportanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

III. Staatlicher Handlungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238


1. Abbau staatlich bedingter Marktzutrittsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
2. Gestaltung der Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

I. Direkte Transferzahlungen an Nachfrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243


1. Grundidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
2. Sportgutscheine oder Sportgeld als mögliche Ausgestaltungsansätze . . . . . . . . 246
3. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
a) Theoretisches und technisches Problem der Abgrenzung des Geltungs-
bereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
b) Positivliste vs. Negativliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
4. Tarif, Anspruchsberechtigung und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

II. Gezielte Förderung ausgewählter Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254


1. Determinierung des Förderzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
2. Selektion förderungswürdiger Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
3. Anforderungen an die technische Ausgestaltung des Instrumentariums zur
Förderung ausgewählter Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
a) Ansatzpunkte des Förderinstrumentariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
b) Regeln zur technischen Ausgestaltung des Förderinstrumentariums . . . . . . 259

D. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

8. Kapitel

Fazit 265

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Angebotsformen des Sports nach Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . 37

Abbildung 2: Formen der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Abbildung 3: Sportausgaben des Bundes von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen
Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Abbildung 4: Sportausgaben der Länder (mit Stadtstaaten) von 1965 bis 2002 (nomi-
nal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Abbildung 5: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal, in Millio-
nen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Abbildung 6: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal und real, in
Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Abbildung 7: Öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden von


1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Abbildung 8: Öffentliche Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland von


1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl an Sportvereinen und Mitgliedschaften in


Sportvereinen von 1950 bis 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Abbildung 10: Verteilung der Sportanlagen in den Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Abbildung 11: Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der


Sportvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Abbildung 12: Öffentliche Sportförderung in der BRD – schematischer Überblick . . . . . 86

Abbildung 13: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sport-


förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

Abbildung 14: Wirkungskomplex sozio-edukatorische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Abbildung 15: Die fünf gesellschaftlichen Bereiche mit der höchsten Zahl der aktiv
Beteiligten im Jahr 1998 (in Prozent der deutschen Bevölkerung über
14 Jahre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Abbildung 16: Zwei Dimensionen des Prestigewertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Abbildung 17: Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

Abbildung 18: Systemkonformität ausgewählter Maßnahmen der öffentlichen Sport-


förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

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16 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Komposita des Begriffs „Sport“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Tabelle 2: Sportfördermittel und Sportförderaufgaben der Bundesregierung nach Res-


sorts (Soll 2002, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Tabelle 3: Ressortzuständigkeiten der Sportförderung in den Bundesländern (Stand:


Oktober 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Tabelle 4: Betreiberform der Sportanlagentypen (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Tabelle 5: Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der


Sportverbände (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

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Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz
AO Abgabenordnung
Art. Artikel
Aufl. Auflage
Bd. Band
BHO Bundeshaushaltsordnung
BRD Bundesrepublik Deutschland
BVerfGE Bundesverfassungsgerichtsentscheid
bzw. beziehungsweise
ca. circa
DFB Deutscher Fußball-Bund
DFL Deutsche Fußball Liga
d. h. das heißt
DSB Deutscher Sportbund
ebda. ebenda
Ed(s). Editor(s)
EG Europäische Gemeinschaft
EGV Vertrag der Europäischen Gemeinschaft
et al. et alii
etc. et cetera
EuGH Europäischer Gerichtshof
f. folgende
ff. fortfolgende
FISAS Finanz- und Strukturanalyse der Sportvereine
Fn. Fußnote
GG Grundgesetz
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz
Hrsg. Herausgeber
i. d. R. in der Regel
Jg. Jahrgang
Kap. Kapitel

2 Langer

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18 Abkürzungsverzeichnis

LVerf Landesverfassung
Mio. Million(en)
No. Number
NOK Nationales Olympisches Komitee
Nr. Nummer
RStV Rundfunkstaatsvertrag
S. Seite
Tsd. Tausend
u. a. und andere, unter anderem
UEFA Union des Associations Européennes de Football
usw. und so weiter
vgl. vergleiche
Vol. Volume
vs. versus
z. B. zum Beispiel

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1. Kapitel

Problemstellung und Vorgehensweise

Der aus der römischen Antike stammende Spruch „panem et circenses“1 scheint
bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren zu haben. Der Sport hat sich zu
einem wichtigen Teil der Unterhaltungsindustrie entwickelt, der regelmäßig nicht
nur Tausende von Zuschauern in die Sportarenen zieht, sondern auch ein Millio-
nenpublikum bei Fernsehübertragungen erreicht. Der große gesellschaftliche Stel-
lenwert des Sports zeigt sich heutzutage aber nicht nur am Interesse der Bevölke-
rung an sportlicher Unterhaltung, sondern gerade auch in der auf vielfältige Weise
und über alle Bevölkerungsschichten hinweg selbst aktiv ausgeübten sportlichen
Betätigung. Umfangreichen Industrien war es möglich, sich rund um das Wirt-
schaftsgut Sport zu etablieren, wodurch der Bereich des Sports zu einem in seiner
volkwirtschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzenden Wirtschaftssektor ange-
wachsen ist.
Dabei zeigt sich, daß die Bereitstellung des Sportangebotes nicht ausschließlich
auf privater Initiative basiert. Vielmehr ist eine beträchtliche staatliche Aktivität
zur Förderung des Sports auszumachen, die über die letzten Jahrzehnte stark zuge-
nommen hat und von Politikern aller Couleur betrieben wird. Somit scheinen Poli-
tiker bis heute auf „Brot und Spiele“ als politisches Instrument zu vertrauen.
Allerdings leben wir heute in der Bundesrepublik Deutschland in einem markt-
wirtschaftlich ausgerichteten System. Die nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenom-
mene ordnungspolitische Grundsatzentscheidung für eine marktliche Steuerung
des Wirtschaftsprozesses bedingt eine zurückhaltende Rolle des Staates.2 Primäre
Aufgabe des Staates ist in der Schaffung und der Durchsetzung eines Ordnungsrah-
mens zu sehen, der die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses
gewährleistet.
Insofern offenbart sich ein Spannungsverhältnis zwischen politischer Opportu-
nität hinsichtlich der öffentlichen Sportförderung und dem ordnungspolitischen
Anspruch resultierend aus dem Bekenntnis zum marktwirtschaftlichen System.
Die Frage nach der ordnungspolitischen Legitimation der öffentlichen Sportförde-
rung liegt auf der Hand.

„Brot und Spiele“, Juvenal X, 81.


1

Zur Grundsatzentscheidung für die Soziale Marktwirtschaft siehe beispielsweise die Bei-
2
träge in Stützel et al. (1981), S. 39 ff., zu den Aufgaben des Staates siehe ebda., S. 173 ff., für
einem knappen Überblick Cassel / Rauhut (1998).

2*

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20 1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise

Sicherlich mag es berechtigte Gründe für eine öffentliche Sportförderung geben.


Allerdings erfolgen die Begründungen oft sehr undifferenziert, und allgemein ak-
zeptierte Begründungsmuster werden kaum hinterfragt. Die Gemeinwohlrhetorik
seitens der Organisationen des Sports sowie der politischen Akteure mag ein Bei-
spiel sein, die Heinemann als „ein gutes Beispiel für blühende Phantasie“ bezeich-
net.3 Mit dem Versuch, Nachweise über die tatsächlichen Gemeinwohlleistungen
des Sports zu erbringen, wird immer noch Neuland betreten.4 Nur eine dezidierte
wissenschaftliche Auseinandersetzung kann aber die Frage nach der ordnungspoli-
tischen Legitimation der öffentlichen Sportförderung klären.
Es liegen bereits einige Abhandlungen zur öffentlichen Sportförderung vor,
in denen auf das ökonomische Instrumentarium zur Durchführung der Unter-
suchungen zurückgegriffen wurde.5 Wenngleich in diesen auch ordnungspolitisch
bedeutsame Aspekte umrissen werden, findet keine umfassende und systema-
tische Analyse der ordnungspolitischen Legitimation der öffentlichen Sportför-
derung statt. Zudem wird auf ausgewählte Teilaspekte der Gesamtproblematik
fokussiert, wie etwa bestimmte Maßnahmen der Förderung oder Teilbereiche des
Sports.
Dabei hat die Frage der ordnungspolitischen Legitimation aufgrund aktueller
Entwicklungen besonders auch an praktischer Relevanz gewonnen. Zum einen hat
sich die Struktur auf dem Sportmarkt in den letzten Jahren grundlegend geändert.
Mit deutlich gewandelten Präferenzen der Nachfrager etablieren sich zunehmend
neue Organisations- und Angebotsformen am Markt. Zum anderen bleibt in Zeiten
leerer staatlicher Haushaltskassen auch die Sportförderung nicht von der Diskus-
sion um Einsparpotentiale ausgenommen.
Vor dem skizzierten Hintergrund scheint eine ordnungspolitische Analyse der
öffentlichen Sportförderung als dringend erforderlich. Da diese bislang allenfalls
ansatzweise erfolgt ist, unternimmt diese Abhandlung den Versuch, einen Beitrag
zum Abbau des hier existierenden Forschungsdefizits zu leisten. Konkret verfolgt
diese Abhandlung das Ziel, eine ordnungspolitische Bewertung der öffentlichen
Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, um hierdurch
Erkenntnisse über die ordnungspolitische Legitimation der öffentlichen Sportför-
derung zu gewinnen. Darüber hinaus sollen für politische Entscheider Handlungs-
empfehlungen für die Ausgestaltung einer ordnungspolitisch legitimen und damit
mit einem marktwirtschaftlichen System zu vereinbarenden öffentlichen Sportför-
derung entwickelt werden.

3Heinemann (1999a), zitiert nach Rittner / Breuer (2000), S. 24 f.


4Vgl. Rittner / Breuer (2002), S. 272.
5 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), Daumann / Langer (2002), Engelhardt / Heinemann (2001),
Meyer / Ahlert (2000), Kubat (1998), Hockenjos (1995), Weber et al. (1995), Madl (1994),
Gärtner (1988), oder die in verschiedenen Bereichen des Sports zahlreich durchgeführten
Kosten-Nutzen-Analysen. Zu letzteren siehe statt vieler den Überblick im Kontext Olym-
pischer Spiele in Preuß (1999).

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1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise 21

Die vorliegende Analyse will sowohl das Phänomen „Sport“ als auch die Maß-
nahmen der Sportförderung in ihrer gesamten Vielfalt berücksichtigen. Dies setzt
ein gewisses Abstraktionsniveau voraus, das zu eventuellen Unschärfen im Detail
führen kann. Diese werden aber billigend in Kauf genommen, da die Vielfalt des
Sports eines seiner entscheidenden Charakteristika ist, die ordnungspolitische Ana-
lyse eine ganzheitliche Betrachtung erfordert und schließlich eine entsprechende
Vorgehensweise den aktuellen Stand der Diskussion erweitern kann.
Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Anwendung des
ökonomischen Instrumentariums auf den Bereich des Sports in keinerlei Weise als
ökonomischer Imperialismus zu verstehen ist.6 So sollen die in dieser Abhandlung
aus ordnungspolitischer Perspektive gewonnenen Erkenntnisse keinesfalls die Be-
funde anderer Wissenschaftsdisziplinen, die sich aus einem anderen Blickwinkel
mit dem Phänomen „Sport“ beschäftigen, verdrängen, sondern nur gleichberech-
tigt neben ihnen stehen dürfen. Wenn darüber die Diskussion mit anderen Fachwis-
senschaftlern angeregt werden kann, ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit erreicht.
Schließlich verliert die wissenschaftliche Spezialforschung nur dann nicht ihren
Sinn, wenn „der Weg [ . . . ] von der ,Diversitas‘ spezialisierter Forschung zur Uni-
versitas Literarum führt.“7
Um so wichtiger erscheint es, zu Beginn dieser wissenschaftlichen Abhandlung
die relevanten methodischen und terminologischen Grundlagen darzulegen. Hierzu
werden im zweiten Kapitel dieser Abhandlung das ihr zugrundeliegende erfah-
rungswissenschaftliche Verständnis der Nationalökonomie sowie die eingenom-
mene sozialwissenschaftliche Position umrissen, ehe der Untersuchungsgegenstand
konkretisiert wird. Ferner wird, um anzutreffende Mißverständnisse vorweg aus-
zuräumen, der vorgestellte ökonomische Ansatz zur Analyse des Untersuchungs-
gegenstandes gerechtfertigt.
Bevor die ordnungspolitische Beurteilung erfolgen kann, ist vorab die konkrete
Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland
zu skizzieren. Dies erfolgt im dritten Kapitel. Neben knappen historischen und
rechtlichen Aspekten steht vor allem die Frage einerseits nach Form, Ausmaß und
Trägern der Förderung sowie andererseits nach strukturellen und wirtschaftlichen
Gegebenheiten im Bereich des Sports im Vordergrund der Darstellung.
Um die öffentliche Sportförderung einer ordnungspolitischen Bewertung zu
unterziehen, bedarf es zunächst der Aufstellung eines Beurteilungsschemas. Als
ein solches wird im vierten Kapitel ein ordnungspolitischer Referenzrahmen ent-
wickelt. Bezugspunkt der Beurteilung bildet das Leitbild der Marktwirtschaft, des-
sen Heranziehung zu begründen und das inhaltlich mit seinen zentralen Steue-
rungs- und Ordnungselementen darzustellen ist. Auf dieser Basis können dann die
konkreten ordnungspolitischen Beurteilungskriterien abgeleitet werden. Dabei sind

6 Vgl. Stigler (1984).


7 Hensel (1965), S. 18.

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22 1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise

zunächst die Bedingungen zu analysieren, unter welchen überhaupt aus ordnungs-


politischer Sicht ein staatlicher Handlungsbedarf besteht und das Tätigwerden des
Staates im Rahmen der Sportförderung legitimiert werden kann. Daraufhin sind
Kriterien zu entwickeln, um die instrumentelle Ausgestaltung der Sportförderung
beurteilen zu können. Der resultierende Referenzrahmen liefert in seiner Gesamt-
heit Anforderungen, denen eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportför-
derung genügen muß.
Auf Grundlage der theoretischen Vorüberlegungen sowie der grundlegenden
Charakterisierung der öffentlichen Sportförderung kann nun eine konkrete Beurtei-
lung der praktizierten Sportförderung erfolgen. Das fünfte Kapitel konzentriert
sich inhaltlich auf die Überprüfung der Bedingungen, die einen staatlichen Hand-
lungsbedarf rechtfertigen. Neben den allokativ orientierten Argumenten, die dem
Sport eine Förderung des Gemeinwohls aufgrund von positiven externen Effekten
bescheinigen, werden meritorische und verteilungspolitische Rechtfertigungs-
ansätze konsultiert, um Aussagen über eine ordnungspolitisch legitimierte Not-
wendigkeit für eine öffentliche Sportförderung zu gewinnen.
Die Beurteilung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung ist Gegenstand
des sechsten Kapitels. Im Rahmen der Analyse der Zielkonformität sind für das
weitere Vorgehen zunächst die grundlegenden Zielbeziehungen zu klären und das
zu untersuchende Instrumentarium zu spezifizieren, ehe eine Beurteilung auf den
verschiedenen Zielebenen erfolgen kann. Die Beurteilung aus Sicht der System-
konformität, die neben dem Aufzeigen der zentralen Problembereiche auch die
ordnungspolitisch bedenklichen Folgewirkungen herausstellen soll, sowie einige
Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit schließen sich an. An dieser Stelle der Ana-
lyse liegt ein umfassendes Bild zur Legitimation der öffentlichen Sportförderung
in Deutschland aus ordnungspolitischer Perspektive vor.
Die sich in der Analyse offenbarenden ordnungspolitischen Defizite bilden den
Ausgangspunkt des siebten Kapitels. In diesem sollen einige Überlegungen zu
einer alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung angestellt wer-
den. Es wird der Versuch unternommen, auf Basis der aus dem politischen Prozeß
resultierenden Zielstellungen Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die eine den
theoretisch hergeleiteten ordnungspolitischen Anforderungen entsprechende und
damit mit einem marktwirtschaftlichen System vereinbare öffentliche Sportförde-
rung als Ergebnis haben.
Die zentralen Gedankengänge und wesentlichen Ergebnisse der Abhandlung
werden im achten Kapitel in einem abschließenden Fazit zusammengefaßt.

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2. Kapitel

Methodische und terminologische Grundlagen

In diesem Kapitel sollen die methodischen und terminologischen Grundlagen


dieser Arbeit geklärt werden. Damit werden die Voraussetzungen aufgezeigt, vor
deren Hintergrund die zu erzielenden Resultate Geltung beanspruchen.
So werden im folgenden die wissenschaftstheoretischen Erfordernisse, denen
diese Arbeit zu genügen versucht, sowie das Erkenntnisobjekt der Ökonomie
dargestellt. Danach wird die als adäquat erachtete sozialwissenschaftliche Er-
klärungsmethode erläutert, ehe eine Darlegung des verwendeten Menschenbildes
erfolgt.
Darüber hinaus soll in diesem Kapitel der Untersuchungsgegenstand konkre-
tisiert werden. Hierzu werden die Begriffe „Sport“ und „öffentliche Förderung“
erläutert sowie die Angebotsformen des Sports charakterisiert. Ferner soll, auf-
grund häufiger Mißverständnisse, der Sport nochmals explizit als wirtschaftliches
Gut verortet werden.

A. Methodik der Abhandlung

Wissenschaftliches Arbeiten erfolgt im Rahmen eines spezifischen Verständnis-


ses der wissenschaftlichen Disziplin als auch unter der Anwendung einer aus-
zuwählenden wissenschaftlichen Methodik. Da diese maßgeblich Einfluß auf die
Ergebnisse einer solchen Arbeit nehmen können,1 sind sie im Vorfeld darzustellen.
Nur so wird die Voraussetzung geschaffen, die zu treffenden Aussagen korrekt
interpretieren und fruchtbar diskutieren zu können.
Das Einnehmen einer entsprechenden Position erfordert von Wissenschaftlern
das Fällen eines Werturteils. Dieses ist insofern aus wissenschaftstheoretischer
Sicht unproblematisch, als die Wertungen aufgedeckt und damit intersubjektiv
nachprüfbare Feststellungen von subjektiven Urteilen unterschieden werden kön-
nen. Eine daran ansetzende kritische Prüfbarkeit des eigenen Vorgehens, wie sie
auch zentraler Gegenstand des kritischen Rationalismus ist,2 setzt somit die Offen-
legung der Prämissen und Implikationen voraus. Dieser Forderung versucht die

1 Vgl. Popper (1984a), S. 78 f., Albert (1967a).


2 Vgl. Popper (1995), S. 9 f., Albert (2000), insbesondere S. 1 ff. und S. 7 ff.

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24 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

folgende Arbeit gerecht zu werden. Somit kann festgehalten werden, daß die fol-
genden Ausführungen dem methodischen Werturteil des Verfassers entsprechen.

I. Wissenschaftsverständnis und Erkenntnisobjekt

Bezüglich des Wissenschaftsverständnisses der Ökonomie lassen sich die dia-


metrale erfahrungswissenschaftliche und instrumentalistische Auffassung unter-
scheiden. Im Vordergrund der instrumentalistischen Sichtweise, wie sie u. a. von
Milton Friedmann3 vertreten wird, steht die Prognoseleistung von Aussagesyste-
men. Aus dieser Sicht kann bewußt auf realitätsnahe Beschreibungen zu Gunsten
von gesicherten Prognosen verzichtet werden. Für einen Erklärungsversuch der
Realität ergibt sich keine Notwendigkeit. Deshalb soll dieser Perspektive nicht
gefolgt,4 sondern dieser Arbeit ein erfahrungswissenschaftliches Verständnis der
Ökonomie zugrunde gelegt werden.
Ziel einer erfahrungswissenschaftlichen Ökonomie ist es, „befriedigende Erklä-
rungen zu finden für alles, was uns einer Erklärung zu bedürfen scheint.“5 Damit
rückt die Erklärung realer Phänomene ins Zentrum wissenschaftlichen Arbeitens.
Aufgabe der Wissenschaft ist somit die Annäherung an die Wahrheit,6 wobei
Wahrheit gemäß der Korrespondenztheorie als Übereinstimmung mit den Tat-
sachen verstanden wird.7 Eine solche Erklärung realer Phänomene kann nur auf
der Basis empirisch gehaltvoller nomologischer Hypothesen erfolgen.8 Damit
müssen Aussagesysteme so konstruiert werden, daß sie an der Erfahrung scheitern
können. Sie müssen dem Falsifikationskriterium genügen.9
Die Ökonomie ist eine Sozialwissenschaft und als solche „eine Wissenschaft,
welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und sei-
nen Wirkungen ursächlich erklären will.“10 Damit ist die Ökonomie eine Hand-
lungswissenschaft, die die Beziehung menschlichen Handelns zum Gegenstand
hat. Sie unterscheidet sich von den übrigen Sozialwissenschaften, indem sie so-

3 Vgl. Friedman (1953) sowie die wissenschaftstheoretische Aufarbeitung seiner Position


in Arni (1989).
4 Zur Kritik am Instrumentalismus siehe Popper (1994), S. 377, sowie die dort angegebene
Literatur.
5 Popper (1984b), S. 198 (Hervorhebung im Original).

6 „Aller Erkenntnisfortschritt besteht in der Verbesserung des vorhandenen Wissens in der


Hoffnung, der Wahrheit näher zu kommen.“ Popper (1984a), S. 73.
7 Vgl. Popper (1984a), S. 44 ff., Popper (1984c), Popper (1995b) sowie zum Wahrheits-
begriff Tarski (1936).
8 Vgl. Albert (1967a), insbesondere S. 377 f., Popper (1984b).
9 Das Falsifikationskriterium dient als Abgrenzungskriterium für Theoriesysteme. Vgl.
Popper (1994), S. 14 ff., S. 47 ff. Zur Kritik am Popper’schen Falsifikationismus siehe Laka-
tos (1974). Eine grundlegende kritische Gegenschau bietet Chalmers (2001), S. 51 ff.
10 Weber (1972), S. 1.

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A. Methodik der Abhandlung 25

ziale Erscheinungen unter dem Aspekt der Knappheit betrachtet.11 Die Knappheit
ergibt sich aus individuellen Zielen, die mit vorhandenen Gütern nicht hinreichend
realisiert werden können. Da die vorhandenen Güter verschiedenen Verwendungs-
zwecken zugeführt werden können, eröffnen sich den Individuen Handlungsalter-
nativen, deren Auswahl bei entsprechendem Handeln Auswirkungen auf die
Knappheitsbedingungen und damit die individuelle Zielerreichung hat. Insofern
läßt sich als Erkenntnisobjekt der Ökonomie das menschliche Handeln in Verbin-
dung mit knappen Gütern zur Realisierung individueller Ziele formulieren.
Der Begriff des Gutes ist sehr allgemein zu fassen. Letztlich bezeichnet er „alle
Aspekte menschlicher Lebenssituationen, die unter dem Gesichtspunkt einer zu
treffenden Entscheidung einer Bewertung unterliegen. [ . . . ] Alles Handeln ist
eo ipso Güterverwendung.“12 Personengebundene Fähigkeiten und Fertigkeiten,
Zeit, Prestige oder Anerkennung stellen somit auch knappe Güter dar.
Im Mittelpunkt der Ökonomie steht also das im sozialen Kontext auftretende
Handeln unter Knappheitsbedingungen, wobei Handeln immer das Handeln eines
Individuums bedeutet. Die hierfür geeignete sozialwissenschaftliche Erklärungs-
methode gilt es nun zu erläutern.

II. Sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode

1. Methodologischer Individualismus

Entscheidend für die Auswahl der sozialwissenschaftlichen Erklärungsmethode


ist die Frage, ob soziale Phänomene nicht nur real und begrifflich existieren, son-
dern auch mehr darstellen, als durch das Handeln und die Absichten von Indivi-
duen erklärbar und auszudrücken wäre, d. h., ob sich soziale Phänomene auf eine
individuelle Basis reduzieren lassen.13 Ist letzteres nicht möglich, bedingt dies
einen holistischen Erklärungsansatz. Ein individualistischer Erklärungsansatz er-
fordert hingegen, auf die Individuen Bezug zu nehmen.14 Da die Handlungen der
Individuen zentraler Bestandteil der Überlegungen dieser Arbeit sind, wird auf
eine individualistische Erklärungsmethode zurückgegriffen.
Der methodologische Individualismus stellt die individualistische Erklärungs-
methode dar. Dieser besagt, daß alle sozialen Phänomene auf Handlungen von
Individuen zurückführbar sind, die damit ihre eigenen, subjektiven Ziele verfol-

11 Vgl. Albert (1978), S. 66. Der Gesichtspunkt der Knappheit ist somit nicht auf einen
bestimmten Bereich des sozialen Lebens beschränkt, wie etwa „die Wirtschaft“, sondern auf-
grund der Lebenssituation des Menschen überall anwendbar. Vgl. ebda., S. 65 ff.
12 Albert (1978), S. 65.

13 Vgl. Vanberg (1975), insbesondere S. 239 – 264.

14 Zu einer wertenden Gegenüberstellung von holistischer und individualistischer Erklä-


rungsmethode siehe Daumann (1993), S. 6 ff.

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26 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

gen.15 Gesellschaftliche Tatbestände sind demzufolge einzig das Ergebnis des


Handelns und der Absichten von Individuen.16 Zur Erklärung sozialer Phänomene
wird entsprechend auf die Dispositionen von Individuen zurückgegriffen. Bevor
die individualistische Position weiter konkretisiert wird, soll noch auf ein semanti-
sches Problem mit dem methodologischen Individualismus hingewiesen werden.
Individuen bilden schon bei den schottischen Moralphilosophen, die über Adam
Smith als einer ihrer Vertreter die klassische Ökonomie geprägt haben, den Aus-
gangspunkt ihrer sozialtheoretischen und ökonomischen Analysen.17 Aber Schum-
peter ist es, der den Begriff des methodologischen Individualismus in die theoreti-
sche Diskussion einführt und ausdrücklich von der individualistischen Perspektive
in der Wissenschaft spricht.18 Der methodologische Individualismus stellt somit
ein methodisches Prinzip zur Generierung von Daten zur Theoriebildung dar, das
auf der individuellen Ebene, d. h., am Verhalten und den Absichten der Individuen
ansetzt. Damit stellt er einen für die Forschung konstruierten Leitfaden der Be-
schreibung und Erklärung dar,19 aber weniger eine Meta-Theorie über wissen-
schaftliche Methoden bezüglich des Individualismus, wie es der Begriff der
Methodologie vermuten läßt.20 Trotz dieser semantischen Ungenauigkeit soll aus
pragmatischen Gründen dennoch im folgenden der von Schumpeter geprägte Be-
griff beibehalten werden.
Ohne auf sämtliche Ausprägungen des methodologischen Individualismus weiter
einzugehen,21 soll dennoch eine gemäßigte Form, der in dieser Arbeit gefolgt wird,
kurz von einer strengen unterschieden werden. Beiden gemein ist die Ablehnung
einer Emergenz sozialer Phänomene, wodurch sie sich eindeutig von der holisti-
schen Position unterscheiden.22 Während die strenge Form gesellschaftliche Er-
scheinungen aber nur als begriffliche Konstrukte ansieht, gelten sie in der gemäßig-
ten Form als beobachtbare Tatbestände. Sie sind allerdings abhängig von der Exi-
stenz und den Eigenschaften von Individuen.23 Auch ermöglicht es ein gemäßigter

15Vgl. Vanberg (1994), S. 1.


16Vgl. Watkins (1952 / 53a), S. 186. Popper (1987), S. 123, führt aus, daß „alle kollektiven
Phänomene als auf Aktionen, Interaktionen, Zielsetzungen, Hoffnungen und Gedanken von
Individuen zurückführbar zu verstehen [ . . . ]“ sind.
17 Neben Adam Smith (1723 – 1790) gehört hierzu auch David Hume (1711 – 1776). Siehe
auch Vanberg (1975), S. 5 – 26.
18 Vgl. Schumpeter (1908), S. 88 – 98.

19 Vgl. Meran (1979), S. 35, Scott (1960 / 61), S. 331 f.

20 Zum Begriff der „Methodologie“ siehe Kastrop (1993), S. 19.

21 Zu den Vertretern des methodologischen Individualismus zählen vor allem Popper, Wat-
kins, Hayek, Menger, Mises, Buchanan, Weber. Zum Versuch einer Klassifikation der ver-
schiedenen holistischen und individualistischen Erklärungsmethoden siehe u. a. Meran
(1979), Gellner (1976), Vanberg (1975), insbesondere S. 251, Fn. 25, oder die kurze Über-
sicht in Ruckdäschel (2000), S. 38 ff.
22 Vgl. Ritsert (1976), S. 92 ff., Meran (1979), S. 39 f., S. 43 ff.

23 Vgl. Meran (1979), S. 42. Für die strenge Form spricht sich beispielsweise Hayek
(1976) aus.

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A. Methodik der Abhandlung 27

methodologischer Individualismus zur Beschreibung individuellen Verhaltens, auf


Eigenschaften zurückzugreifen, die nicht in Ausdrücken über das Verhalten eines
Individuums definiert sind.24 Als explikatorische Grundlage für gesellschaftliche
Tatbestände ist beiden die Ableitung aus individualistischen Theorieansätzen ge-
mein. Damit bedarf es einer Erklärung des individuellen Verhaltens, die sich nun
anschließt.

2. Institutionalistischer Erklärungsansatz

Zur Erklärung des individuellen Verhaltens lassen sich der reduktionistische An-
satz und der anti-reduktionistische – oder auch institutionalistische – Ansatz unter-
scheiden. Der reduktionistische Ansatz füllt die Hypothesen über das Verhalten
von Individuen mit psychologischen Gesetzen aus.25 Alle soziologischen Gesetze
lassen sich demzufolge aus allgemeinen psychologischen Verhaltensgesetzen ab-
leiten. Da damit die Erklärung von Verhaltensänderungen im Zeitablauf nicht er-
möglicht wird,26 wie es aber die vorliegende Problematik der Untersuchung erfor-
dert, soll der Versuch, individuelles Verhalten mittels Rekurs auf psychologische
Gesetze zu erläutern, nicht weiterverfolgt werden.
Grundlage dieser Abhandlung ist der methodologische Individualismus in der
Ausprägung eines institutionalistischen Erklärungsansatzes.27 Auf psychologische
Hilfe zur Erklärung individuellen Handelns wird verzichtet, das Rationalitäts-
prinzip28 wird als allgemeines Gesetz zur Erklärung herangezogen.29 Von rationalem
Handeln ist dann zu sprechen, wenn ein Individuum in der gleichen Weise gehandelt
hätte, wären ihm, bei gleichem faktischen Informationsstand, sämtliche logischen
Implikationen seines Verhaltens bewußt gewesen.30 Unter der Prämisse dieses ratio-
nalen Handelns zur Erreichung der individuellen Ziele wird dann versucht, die Hand-
lung des Individuums vollständig logisch aus seiner Situation heraus zu erklären.31

24 Dies fußt auf einer logischen Unabhängigkeit von Sätzen über die Absichten und das
Verhalten von Individuen sowie von Sätzen über soziale Phänomene. Vgl. Meran (1979),
S. 36 f., oder Ritsert (1976), S. 98. Siehe auch Vanberg (1975), S. 257, der in diesem Zusam-
menhang von deskriptiver Emergenz spricht.
25 Dieser Position entspricht insbesondere der Ansatz Homans. Siehe beispielsweise
Homans (1972).
26 So ist nach Homans (1972), S. 81 f., S. 92, das zukünftige Verhalten von der Erfah-
rungsgeschichte des Individuums determiniert. Siehe hierzu die kritische Darstellung von
Daumann (1993), S. 18.
27 Für eine ausführliche Darstellung institutionalistischer Ansätze siehe Vanberg (1975),
S. 84 ff.
28 Zum Rationalitätsprinzip siehe Popper (1995c), S. 352 ff.

29 Vgl. Meran (1979), S. 45. Popper (1987), S. 123, schreibt: „Wir können Individualisten
sein, ohne den Psychologismus zu akzeptieren.“
30 Vgl. Watkins (1952 / 53b), S. 40.

31 Popper versteht unter dieser „Situationsanalyse [ . . . ] eine [ . . . ] Erklärung einer


menschlichen Handlung aufgrund der Situation des Handelnden.“ (1984d), S. 184. Dieses

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28 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

Die vorliegenden Rahmenbedingungen der Handlung als auch deren subjektive


Einschätzung nehmen also Einfluß auf das Handeln des Individuums und müssen
zur Erklärung herangezogen werden. Diese beinhalten sowohl die individuellen
Ziele wie auch das zur Verfügung stehende Wissen. Die Handlung erfolgt dann
situationsgerecht respektive dem Rationalitätsprinzip entsprechend.32
Die folgende Untersuchung basiert auf dem dargelegten gemäßigten methodolo-
gischen Individualismus unter der Anwendung der situationslogischen Methode
zur Erklärung individuellen Handelns und sozialer Phänomene. Hinsichtlich des
Erklärungsgehaltes dieses Vorgehens ist anzumerken, daß sich individuelles Ver-
halten im konkreten Einzelfall einer detaillierten Prognose entzieht. Vielmehr wird
reduziert auf typische Individuen in typischen Situationen.33 In Anbetracht der
Fragestellung erscheint dies aber als weniger problematisch, interessiert doch ge-
rade der Rekurs auf allgemeine Verhaltensannahmen. Es werden folglich keine
Einzelereignisse erklärt. Die Erklärung beschränkt sich auf Erklärungen des Prin-
zips und führt zur Darlegung allgemeiner Muster-Voraussagen („pattern predic-
tions“).34 Allgemeine „Gesetz“-mäßigkeiten sollen aufgedeckt und bewußt getrof-
fen werden.

III. Menschenbild und individualistische


Bewertungsmethode

Gegenstand der ökonomischen Betrachtung ist das Handeln von Menschen. Des-
halb bedarf es einer konkreten Vorstellung vom Menschen, die im Menschenbild
zum Ausdruck kommt. Dieses muß sich notwendigerweise auf die Darstellung der
für die Untersuchung relevanten Grundeigenschaften beschränken, zumal eine Er-
fassung des Seins und des Wesens des Menschen im Ganzen kaum leistbar ist.35, 36
Menschen zeichnen sich durch ihre Verschiedenartigkeit aus. Diese äußert sich
in unterschiedlichen geistigen und körperlichen Konstitutionen, die heterogene
Präferenzen und Handlungen nach sich ziehen. „Jedes Individuum ist mit einer
Vernunft geschaffen, die es erlaubt, Prioritäten und Ziele festzusetzen, Mittel aus-
zuwählen und Alternativen zwischen Zielen und Mitteln zu bewerten. Wir sind
ferner mit einem Willen geschaffen, der uns in die Lage versetzt, Maßnahmen zu

Konzept hat er im wesentlichen in zwei Aufsätzen (1995c, 1997) entwickelt. Siehe hierzu
auch Watkins (1952 / 53b). Zu einer aus wissenschaftstheoretischer Sicht wertenden Darstel-
lung im Vergleich mit alternativen institutionalistischen Zugängen bei Mises, Hayek oder
Weber siehe Daumann (1993), S. 19 ff.
32 Vgl. Popper (1995c), S. 352.

33 Vgl. Popper (1995c), S. 351 ff., Watkins (1952 / 52b), S. 35.

34 Vgl. Hayek (1972), Watkins (1952 / 53b), S. 31 ff.

35 Vgl. zum wissenschaftlichen Studium von „Ganzheiten“ Popper (1987), S. 61 ff.

36 Somit sollen im folgenden nicht die Überlegungen der philosophischen Anthropologie


weiterverfolgt werden, die versucht, allgemeingültige Aussagen über den Menschen zu treffen.

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A. Methodik der Abhandlung 29

ergreifen, um unsere Ziele zu erreichen.“37 Menschen sind also hinsichtlich ihres


Willens nicht naturgesetzlich determiniert, sondern es ist davon auszugehen, daß
sie einen freien Willen haben.38 Diese Vorstellung entspricht der Vernunftbega-
bung und Willensfreiheit des Menschen im Kantianischen Sinne.39 Sie ermöglicht
es dem Menschen, selbstbestimmt, ganz im Sinne eines mündigen Bürgers, zu han-
deln. Das Handeln des Menschen äußert sich folglich als Konsequenz seines sub-
jektiven Wissens, seiner eigenen Erwartungen, Ziele und Präferenzen.
Trotz dieser Verschiedenartigkeit eint die Menschen das Streben nach einer Ver-
besserung ihrer Lebenssituation. Schon die schottischen Moralphilosophen waren
von der Vorstellung geprägt, daß die Individuen vorwiegend vom Streben nach Ei-
gennutz geleitet sind. Ganz im Gegensatz zu der Hobbes’schen pessimistischen
Auffassung „homo homini lupus est“40 gingen diese aber davon aus, daß durch das
Verfolgen seines Eigeninteresses der Handelnde die Gesellschaft weit wirksamer
fördert, als wenn er diese zu fördern beabsichtigt.41 Dieses eigeninteressierte Han-
deln ergänzt schließlich das der Arbeit zugrundeliegende individualistische Men-
schenbild.
Ein solch individualistisches Menschenbild impliziert weder ein egoistisches
noch ein isoliertes Verhalten losgelöst vom sozialen Umfeld des Menschen. Solche
Ansichten resultieren vielmehr aus unzulässigen Gleichsetzungen.42 Letztlich ent-
scheidet der einzelne Mensch, was ihm als wertvoll oder nützlich und damit er-
strebenswert erscheint. Danach richtet er sein Handeln aus. Dabei ist es sehr wohl
möglich, daß der Mensch auch aus scheinbar uneigennützigem Verhalten einen
persönlichen „Nutzen“ zieht.43 Dieses Verhalten äußert sich in der Realität, wenn

37Hoppmann (1990), S. 6.
38Vgl. Popper (1984e), S. 242 ff., zur Kritik am Determinismus. Hayek (1991), S. 20,
spricht diesbezüglich von „innerer Freiheit“, die „sich auf das Ausmaß, in dem ein Mensch in
seinen Handlungen von seinem bewußten Willen, von seiner Vernunft und seinen dauernden
Überzeugungen geleitet ist und nicht von Impulsen oder Umständen des Augenblicks [be-
zieht].“
39 Vgl. Kant (1966), S. 217 ff.
40 „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, d. h., er betrachtet alle Menschen als Feinde
und führt einen ständigen Krieg gegen diese, weshalb die Menschen, um des gesellschaft-
lichen Friedens willen, in die Unfreiheit des totalen Staates, des Leviathan, geführt werden
sollen. So die Auffassung von Thomas Hobbes (1588 – 1679) in seinem Hauptwerk. Vgl.
Hobbes (1963).
41 Vgl. Smith (1923), S. 236. Als Vorläufer kann wohl B. Mandeville gelten, der in seiner
„Bienenfabel“ die These vertrat, daß das Streben des einzelnen nach seinem individuellen
Vorteil nicht zum Nachteil der Gemeinschaft führt, sondern vielmehr allen nützliche Ergeb-
nisse hervorbringen kann. Siehe hierzu beispielsweise Vanberg (1975), S. 8 – 12, Starbatty
(1999), S. 10 ff.
42 Zur unzulässigen Gleichsetzung des Individualismus mit Egoismus und Kollektivismus
mit Altruismus siehe Streit (1995), S. 10.
43 Vgl. Kerber (1991), S. 60. Besteht das Bestreben des Altruisten jedoch darin, den Nut-
zen anderer steigern zu wollen, so zeigt Starbatty beispielhaft, wie eigeninteressiertes Han-
deln dies besser als selbstloses zu leisten vermag. Vgl. Starbatty (1999), S. 18 ff.

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30 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

beispielsweise, und damit auch aus materieller Perspektive absolut uneigennützig,


benachteiligte Personen unterstützt werden mit dem persönlichen Ziel, deren
Lebenssituation zu verbessern.44 Somit wird selbstloses Handeln Gegenstand der
Handlungsziele des Menschen. Also sind auch altruistische Handlungen vom
Eigeninteresse des Menschen geleitet.
Außerdem darf die Tatsache nicht übersehen werden, daß die subjektiven Ziele
des Menschen von seinem gesellschaftlichen Umfeld geprägt sind und auch häu-
fig nur durch Kooperation mit den Mitmenschen realisiert werden können.45 Die
Existenz der Institution Markt, über den sich Austauschhandlungen vollziehen und
der damit zur Realisierung individueller Ziele beiträgt, ist schon ein Beispiel für
die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit der Menschen. Dabei ist die Beachtung
gesellschaftlich anerkannter Normen und Werte Voraussetzung für eine einwand-
freie Funktionsfähigkeit, wodurch diese wiederum Einfluß auf das individuelle
Handeln nehmen. Die Kooperations- und Austauschprozesse müssen in keinerlei
Weise unpersönlich ablaufen, sondern sind oft von freundschaftlichen Beziehungen
begleitet. Gerade durch die individuelle Entscheidung zur Zusammenarbeit, die
auf dem freien Willen und nicht einem auferlegten Zwang beruht, kann echtes
gemeinschaftliches Verhalten erst entstehen.46 Insofern stellt ein individualisti-
sches Menschenbild weder eine Abkehr von selbstlosem Verhalten noch eine Ab-
sage an menschliche Zusammenarbeit und persönliche Beziehungen dar.
Das hier zugrunde gelegte individualistische Menschenbild geht von mündigen
Bürgern aus, die die Souveränität besitzen, selbst über ihre subjektiven Bedürfnisse
zu entscheiden und diese auf ihre persönliche Weise zu befriedigen. Da aber nie-
mand die Bedürfnisse und die Mittel zur Befriedigung in seiner Gesamtheit kennen
kann, hat dies Konsequenzen für normative Fragestellungen. Wünschenswert er-
scheint demnach einzig, was den Interessen und Zielsetzungen der Individuen ent-
spricht.47 Damit kann ein Bewertungsmaßstab nicht von außen eingebracht wer-
den. Das Individuum ist als einzige Quelle von Wertungen anzusehen; somit findet
der normative Individualismus Anwendung in dieser Arbeit.48

44 Ein Beispiel wären Spendenaktionen zur Errichtung einer Sportanlage in einem Land
der Dritten Welt, an der sich zahlreiche Privatpersonen beteiligen. Ein Menschenbild, das
altruistisches Verhalten per se exkludierte, wäre folglich schon aufgrund empirischer Be-
obachtungen äußerst realitätsfern.
45 Vgl. Kerber (1991), S. 66 ff.

46 Zu einer kritischen Stellungnahme zum Vorwurf der Entpersönlichung und Entfrem-


dung des Menschen siehe Hoppmann (1990), S. 9 f.
47 Vgl. Vanberg (1994), S. 1.

48 Zum Begriff „normativer Individualismus“ siehe Vanberg (1994), S. 1.

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B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes 31

B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes

Gegenstand der Untersuchung bildet die öffentliche Förderung eines ausgewähl-


ten Bereichs des gesellschaftlichen Lebens, des Sports. Dies macht es erforderlich,
zunächst die dieser Arbeit zugrundeliegende begriffliche Belegung des Sports auf-
zuzeigen. Mit den folgenden Ausführungen ist damit nicht beabsichtigt, sämtliche
in der Literatur auffindbaren Definitionsversuche des Begriffs „Sport“ darzu-
stellen, zu systematisieren oder hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit zu bewerten. Viel-
mehr soll die Breite dieses Bereichs verdeutlicht werden, um dann anhand der
weitgehend übereinstimmenden Merkmale den in dieser Arbeit verwendeten Ter-
minus „Sport“ zweckmäßig zu bestimmen.
Da der Begriff „Sport“ ein abstraktes Phänomen bezeichnet, können nur die
real handelnden Individuen im Sport eine Förderung erfahren. Zur Ermöglichung
der sportlichen Betätigung kooperieren diese, weshalb die resultierenden Ange-
botsformen als Ansatzpunkt der öffentlichen Sportförderung zu charakterisieren
sind.
Im Anschluß daran ist es erforderlich, die öffentliche Förderung von weiteren
Formen der Förderung abzugrenzen. Auch ist ein einheitliches Begriffsverständnis
hinsichtlich der Formen der Förderung zu schaffen.

I. Spezifizierung des Begriffs „Sport“

An dieser Stelle soll der Sport nicht aus einer essentialistischen Perspektive de-
finiert werden. Diese zielte darauf ab, die Sache selbst zu erklären, also das Wesen
des Begriffs „Sport“ herauszustellen. Dazu wäre es erforderlich, daß das Definien-
dum vollständig in seinem Wesen durch das Definiens beschrieben wird, womit es
zugleich einen Wahrheitsanspruch geltend macht. Eine solch erschöpfende Defini-
tion ist aber nicht zu leisten, da jede Beschreibung notwendig selektiv erfolgen
muß.49 Ferner impliziert die Darstellung des „Wesens“ eines Begriffs eine onto-
logische Sicht, die sich Begriffe als ideale Seiende vorstellt und die damit die
Sprache metaphysisch erhöht.50 Deshalb ist es hier das Ziel, mittels einer Nominal-
definition den Gebrauch des Wortes „Sport“ festzulegen und damit ein einheit-
liches Verständnis zu schaffen. Diese nominalistische Sichtweise dient also der
sprachlichen Vereinfachung und versucht, eine zweckmäßige Festsetzung des
Sprachgebrauchs zu liefern. Den Sinn einer Definition beläßt sie rein auf der
semantischen Ebene.51

49 Vgl. Popper (1987), S. 62. Zur Essentialismuskritik siehe ebda., S. 21 ff., S. 61 ff., so-
wie Popper (1992), S. 15 ff.
50 Vgl. Popper (1992), S. 15 ff.

51 Siehe hierzu Popper (1987), S. 23: „Nominalisten betrachten Worte nur als zur Beschrei-
bung nützliche Instrumente.“ (Hervorhebung im Original).

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32 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

Bei einer ersten Annäherung an den Begriff „Sport“ wird deutlich, daß sich die-
ser durch eine Vielgestaltigkeit auszeichnet. Der Sport weist zahlreiche Erschei-
nungsformen auf, seine Teilbereiche sind durch Heterogenität gekennzeichnet. Es
wird in der Literatur immer wieder angeführt, daß deshalb auch noch keine all-
gemein anerkannte Definition vorliegt respektive nicht zu leisten ist.52 Folglich
kann an dieser Stelle auf eine solche nicht zurückgegriffen werden.
Die vielfältigen Erscheinungsformen des Sports werden insbesondere gegenwär-
tig in den Komposita, die mit dem Ausdruck „Sport“ gebildet werden können.
Diese lassen sich anhand verschiedener Kriterien in vielfältigen Klassifikations-
schemata systematisieren. Im Zusammenhang mit der hier relevanten Fragestel-
lung sind die Kriterien Ziel des Sports, Sportarten, Angebotsform sowie Qualifika-
tion der Sportakteure von Relevanz, wie die späteren Ausführungen noch zeigen
werden (vgl. Tabelle 1).53

Tabelle 1
Komposita des Begriffs „Sport“

Kriterium Komposita
Sportziel Aktiv Ausgleichssport, Fitneßsport, Gesundheitssport,
Berufssport, Leistungssport, Erholungssport
Passiv Zuschauersport
Sportart Anzahl Teilnehmer Mannschaftssport, Individualsport
Körperkontakt Körperkontaktsport, körperkontaktloser Sport
Ausübungsort Hallensport, Natursport, anlagengebundener
Sport, nicht anlagengebundener Sport
Akteursqualifikation Freizeitsport, Breitensport, Spitzensport
Angebotsform Selbstverwalteter Sport, fremdverwalteter Sport,
nichtverwalteter Sport, obligatorischer Sport

Quelle: Eigene Darstellung.

Alle die zu bildenden Ausdrücke stellen eine Vielzahl verschiedener Formen der
Sportausübung und Sportarten dar. Dies steht aber in keinem Widerspruch, eine für
alle diese anwendbare Definition zu geben.54 Um sie mit einer Definition zu erfas-

52 Zu dieser Sichtweise siehe u. a. die Ausführungen bei Grupe / Krüger (1995), S. 118,
Steinkamp (1983), S. 7. Vielfach findet sich auch die Auffassung, daß gerade aufgrund der
vielfältigen Erscheinungsformen eine Definition nicht für möglich gehalten wird. Siehe
hierzu u. a. Röthig (1992), S. 420, Waldhauser (1999), S. 53. Der Deutsche Sportbund hält
eine sachliche Festlegung für wenig sinnvoll. Vgl. Deutscher Sportbund (1980), S. 437.
53 Ähnlich Hockenjos (1995), S. 106 f. Zu den Komposita siehe auch Holzke (2001),
S. 154 ff.
54 Vgl. Holzke (2001), S. 154 ff.

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B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes 33

sen, sollen daher die häufigsten in der Literatur auffindbaren Begriffsmerkmale


kurz skizziert und hinterfragt werden, die im Zusammenhang mit dem Versuch
einer Definition oder Beschreibung des Sports angeführt werden:55 körperliche
Aktivität, Wettkampf, Regeln und Organisationsformen, Zweckfreiheit. Hierbei
geht es allerdings nicht um die Bestimmung der Wesensmerkmale des Sports. Viel-
mehr soll zum einen die Zweckmäßigkeit der Begriffsmerkmale für eine Nominal-
definition erörtert und im Rahmen dieser Diskussion zum anderen die Erschei-
nungsvielfalt des Sports nochmals verdeutlicht werden.
Wird die körperliche Betätigung als zwingendes Kriterium des Sports heran-
gezogen,56 so bleiben viele Formen des Sports ausgeschlossen, die allgemein als
Sport anerkannt sind. Zu nennen sind Sportarten wie Schach, Billard oder Dart.
Die Anerkennung dieser Formen als Sport findet sich nicht nur im allgemeinen
Sprachgebrauch wieder, sondern auch in der Eingliederung in die Organisationen
des Sports.57 Insbesondere lassen sich zahlreiche Beispiele an Charaktereigen-
schaften anführen, die diese körperlich passiven Sportarten mit den körperliche
Aktivität erfordernden Sportarten gemein haben.58 Eine Sportdefinition, die aus-
schließlich auf die körperliche Betätigung abstellt, ist demnach zu eng gefaßt.
Gegen das Kriterium Wettkampf59 lassen sich ebenfalls erhebliche Einwände
vorbringen. Es macht den Leistungsgedanken sowie den Leistungsvergleich im
Rahmen einer sportlichen Auseinandersetzung zum notwendigen Merkmal des
Sports. Auch hierbei werden zahlreiche, im allgemeinen Sprachgebrauch als Sport
verstandene Betätigungen ausgeschlossen, wie z. B. Joggen, Schwimmen, Ski fah-
ren oder Turnen.60 Hinzu kommt, daß Sportler in ihrer Trainingsphase weder ihre
Leistung mit anderen messen noch einen Wettkampf durchführen.61 Folglich wür-
den diese Tätigkeiten nicht dem Sport zugerechnet werden. Dies scheint in An-
betracht der herrschenden Auffassung sowie der Gemeinsamkeiten mit den ent-
sprechenden wettkampfmäßig betriebenen Sportarten als nicht angebracht. Gerade

55 Vgl. u. a. Heinemann (1998), Ketteler (1997), Röthig (1992), Carl et al. (1984), Stein-
kamp (1983), Deutscher Sportbund (1980). Eine wertende Darstellung verschiedener Be-
griffsbestimmungen findet sich auch in Holzke (2001), S. 91 ff., oder Bundesministerium der
Finanzen (1988), S. 127 ff.
56 Vgl. u. a. Röthig (1992), S. 421, Ketteler (1997), S. 73 f., Steinkamp (1983), S. 16 ff.,
Heinemann (1998), S. 34, Carl et al. (1984), S. 6 f.
57 Ebenso wie Schach ist auch Bridge 1999 vom IOC gemäß Art. 29 der Olympischen
Charta in die Olympische Bewegung aufgenommen worden.
58 So z. B. allgemeine Fertigkeiten für den Erfolg, Wettkampfvor- und -nachbereitung,
Talentfindung etc. Siehe hierzu die ausführliche Diskussion am Beispiel Schach bei Holzke
(2001), S. 92 ff.
59 Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Steinkamp (1983), S. 26 ff., Röthig (1992), S. 421,
Ketteler (1997), S. 74, Carl et al. (1984), S. 8.
60 Wenngleich diese auch auf Wettkampfebene ausgeführt werden können.

61 Vgl. Holzke (2001), S. 103. Er gesteht aber ein, daß diese Tätigkeit der Vorbereitung
von Wettkämpfen dienen und somit in enge Verbindung mit diesem Merkmal gebracht wer-
den kann.

3 Langer

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34 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

aus dem Leistungsgedanken resultiert ein kritischer Grenzbereich, inwieweit bei-


spielsweise der Gesundheits- oder Fitneßsport, soweit nicht wettkampfmäßig be-
trieben, als Sport zu bezeichnen ist.
Vielfach wird auf die Regeln als das den Sport kennzeichnende Kriterium ab-
gestellt.62 Damit eng verbunden ist der Aspekt der Organisation des Sports. Ein
(international) einheitliches Regelwerk für einen entsprechenden Leistungsver-
gleich setzt eine entsprechende Normierung voraus. Hierzu bedarf es einer Institu-
tionalisierung des Sports, die sich in den Organisationsformen des Sports wieder-
findet.63 Die Regeln weisen als Abgrenzungskriterium aber die gleichen Mängel
wie das Merkmal Wettkampf auf. Die gleichen sportlichen Betätigungen würden
ausgeschlossen.64
Die Zweckfreiheit des Sports grenzt den Sport von anderen Tätigkeiten dahin-
gehend ab, daß sportliche Betätigungen lediglich dem Selbstzweck dienten und
ansonsten unproduktiv seien.65 Hierbei liegt sowohl eine Unschärfe im Trenn-
kriterium als auch wiederum eine unverhältnismäßige Einschränkung vor. Zum
einen verschwimmt durch die steigende Kommerzialisierung und Professiona-
lisierung des Sports zunehmend die Grenze zwischen Sport und Beruf. Zum an-
deren dient die Sportausübung immer mehr der Realisierung von Zielen wie Ge-
sundheit respektive körperliches Wohlbefinden, Freizeitgestaltung oder sozialer
Kontakte.
Die diskutierten Kriterien müssen zur Bestimmung des Begriffs Sport nicht
zwingend erfüllt sein. Holzke hat durch eine disjunktionale Verkettung der Krite-
rien eine Definition geschaffen, die das Alltagsphänomen Sport treffend charakte-
risiert.66 Sport ist ein mehrdeutiger Ausdruck, der „Körpersport“ und / oder „Wett-
kampfsport“ umfaßt. Das Merkmal der Zweckfreiheit wird dahingehend konkre-
tisiert, daß die Betätigung keinen Nutzen außerhalb des Wettkampfes hat. Regeln
sind nur dann erforderlich, wenn ein Leistungsvergleich im Wettkampf erfolgen
soll, der einer entsprechenden Organisation bedarf. Berücksichtigt man noch die
Tatsache, daß sich Sport auf eine menschliche Betätigung bezieht, ergibt sich
für den Wettkampfsport eine „menschliche Betätigung, mit der in einem nach
(inter)nationalen Regeln organisierten Wettkampf das Erreichen von Leistungen
erstrebt wird, die außerhalb des Wettkampfs keinen Nutzen haben.“67 Der Körper-
sport ist dann eine „menschliche Betätigung, die eine körperliche Kraftentfaltung

62Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Röthig (1992), S. 421, Ketteler (1997), S. 74 f.


63Vgl. ähnlich Steinkamp (1983), S. 35 ff., Carl et al. (1984), S. 8.
64 Gerade die freie sportliche Betätigung ist aber auch expliziter Gegenstand der Sport-
förderung. Siehe hierzu Ketteler (1997), S. 75.
65 Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Ketteler (1997), S. 75, Steinkamp (1983), S. 62 ff.,
im Zusammenhang mit dem „Spiel“ Carl et al. (1984), S. 7 f. Siehe auch schon Diem (1949),
S. 10 ff.
66 Vgl. Holzke (2001), insbesondere S. 132 ff.

67 Holzke (2001), S. 145.

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B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes 35

oder eine besondere körperliche Koordination erfordert und als Wettkampfsport


oder in Anlehnung an eine Wettkampfsportart oder zur Verbesserung der körper-
lichen Leistungsfähigkeit betrieben wird.“68 Der Körpersport inkludiert also einen
gegebenenfalls existenten Zweck der körperlichen Betätigung im Sinne der körper-
lichen Leistungsfähigkeit, worunter sich auch eine Verbesserung der Gesundheit
verbirgt.
Somit ist das Verständnis des für diese Arbeit gültigen Sportbegriffes geklärt.
Wie schon angedeutet, lassen sich keine universell gültigen Trennkriterien for-
mulieren, so daß stets Residuen hinsichtlich Sport oder Nicht-Sport bleiben. Die
Extension der hier vorgestellten Sport-Definition stimmt aber weitgehend mit der
Extension des allgemeinen Sprachgebrauchs überein und reduziert zudem die Zahl
der Zweifelsfälle auf ein Minimum.69 Darüber hinaus steht sie in keinem Wider-
spruch zu Rechtsauffassungen oder Verordnungen, die den Sport im allgemeinen
sowie dessen öffentliche Förderungen im besonderen betreffen.70
Es sei noch ergänzt, daß das mit dem Begriff „Sport“ definierte abstrakte Phäno-
men Sport Handlungen und Interaktionen beschreibt, die durch real agierende und
interagierende Individuen ausgeführt werden. Dabei handelt es sich um Individuen
mit vielfältigsten Handlungsmotivationen und Handlungsrestriktionen. Wird im
weiteren Verlauf dieser Abhandlung der Begriff „Sport“ verwendet, so bezieht er
sich auf die real handelnden Individuen in einem mit der abstrakten Spezifizierung
des Begriffs „Sport“ verbundenen Interaktionsbereich. Wird nur ein Teilbereich
der umfassend beschriebenen Handlungen und Akteure im Sport angesprochen,
wird dies entsprechend kenntlich gemacht.

II. Angebotsformen des Sports

Die sportliche Betätigung ist völlig individualistisch ohne eine Beziehung zu


oder Interaktion mit anderen Individuen möglich. Das Gros der Sportausübung
basiert aber auf Interaktionen zwischen den Akteuren im Sport. Um diese zweck-
gerichtet zu ermöglichen, kommt es zur Kooperation zwischen den Individuen.
Die einzelnen Akteure legen individuelle Ressourcen zusammen, um so überhaupt
erst das Angebot für die vielfältigen Formen der Sportausübung zu schaffen. Hier-
bei ist es denkbar, daß die Kooperation aus gewinnorientierten oder anderen Moti-
ven ein Angebot für Dritte im Rahmen einer Leistungs-Gegenleistungsbeziehung
offeriert. Ebenso kann die Kooperation die Ermöglichung der Sportausübung aus-
schließlich für ihre eigenen Mitglieder zum Ziel haben. Die verschiedenen Mög-
lichkeiten der Kooperation finden ihren Ausdruck in unterschiedlichen Organisa-

Holzke (2001), S. 146.


68

Dabei wird nicht der Anspruch erhoben, den Sprachgebrauch exakt abzubilden. Die
69
Frage nach der Richtigkeit der Definition kann somit nicht gestellt werden.
70 Vgl. Holzke (2001), S. 149 ff., S. 161 ff.

3*

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36 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

tionsstrukturen des Sportangebotes. Das Phänomen „Sport“ läßt sich demzufolge


anhand der Organisationsstruktur des Angebots differenziert betrachten, wobei vier
Angebotsformen zu unterscheiden sind.
Der nichtverwaltete Sport beschreibt den nicht-institutionalisierten Sport in
formloser Art. Sport wird aus Eigeninteresse betrieben, Mitgliedschaften sind nicht
erforderlich. Die Ausübung findet in informellen Sportgruppen oder der individu-
ellen Nutzung von Bewegungsräumen statt.
Der obligatorische Sport ist von einem Ausübungszwang gekennzeichnet. Damit
orientiert er sich primär an den Interessen derer, die den Zwang ausüben. Er unter-
scheidet sich damit von den anderen Organisationsformen durch die fehlende Frei-
willigkeit der Sportausübung. Als Beispiele seien der Schul- oder Berufssport an-
geführt.
Der fremdverwaltete Sport stellt den aus organisatorischer Sicht vielschichtig-
sten Bereich dar. Als Angebotsform ist er gekennzeichnet durch erwerbswirt-
schaftliche Sportanbieter wie Fitneßstudios, Tanzkursanbieter oder Physiothera-
peuten. Diese privatwirtschaftlichen Unternehmen sind in aller Regel an Formal-
zielen wie Gewinnmaximierung ausgerichtet. Des weiteren sind Nonprofit-Orga-
nisationen charakteristisch für den fremdverwalteten Sport. Sie unterscheiden sich
von den Forprofit-Anbietern zum einen durch ihre Sachzieldominanz, zum ande-
ren durch das Verbot der Gewinnausschüttung.71 Der Gewinn steht also nicht
im Mittelpunkt des Unternehmensinteresses, zudem haben die Mitglieder keinen
Anspruch auf eventuell anfallende Gewinne.72 Nonprofit-Organisationen lassen
sich wiederum in private und öffentliche Organisationen unterscheiden.73 Letz-
tere werden durch einen öffentlichen Rechtsakt errichtet, sind durch bürokratisch-
hierarchische Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet, dienen der Erfüllung staat-
licher Aufgaben, und die Leistungserstellung erfolgt ausschließlich für Dritte.74
Beispiele hierfür sind Sportangebote von Krankenkassen, Volkshochschulen oder
auch Sportämtern.
Private Nonprofit-Organisationen sind insbesondere durch ihre demokratischen
Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet. Sofern sie Leistungen für Dritte respek-
tive die Allgemeinheit bereitstellen, wie z. B. karitative Organisationen,75 sind sie
charakteristisch für den fremdverwalteten Sport. Davon ist schließlich der selbst-
verwaltete Sport abzugrenzen, der von Angeboten gekennzeichnet ist, die sich an

71 Vgl. Wilkens (1996), S. 52 ff. Das Verbot der Gewinnausschüttung wird in der Literatur
als sogenannte non-distribution-constraint bezeichnet.
72 In gewissen Grenzen können immer auch Gewinne erwirtschaftet werden, was der Be-
griff „Not-For-Profit-Organisation“ treffender zum Ausdruck bringt. Vgl. Weisbrod (1988),
S. 16.
73 Vgl. Badelt (1997), S. 10 ff. Für einen Überblick über die verschiedenen möglichen
Typenbildungen siehe auch Weisbrod (1988), S. 9 ff., Schwarz et al. (2002), S. 19 ff.
74 Vgl. Wilkens (1996), S. 54 f.

75 So z. B. Gymnastik-Angebote der Arbeiterwohlfahrt für Senioren.

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B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes 37

den Interessen und dem Bedarf der Mitglieder orientieren.76 Da er zentraler An-
knüpfungspunkt der öffentlichen Sportförderung ist, werden seine Strukturen wei-
ter unten noch detailliert erörtert.
Es sei darauf hingewiesen, daß die Angebotsform des selbstverwalteten Sports
nach diesem Verständnis nicht ausschließlich vom Deutschen Sportbund (DSB)
mit seinen Mitgliedern und Mitgliedsorganisationen gekennzeichnet ist. Vielmehr
gibt es weitere Sportanbieter, die der selbstverwalteten Angebotsform zuzurechnen
sind, wie eben nicht im DSB organisierte selbstverwaltete Sportvereine. Da letztere
aber eine zu vernachlässigende Ausnahme bilden, steht im weiteren Verlauf der
selbstverwaltete Sport synonym für den DSB und alle ihm angeschlossenen Ak-
teure des Sports. Sollte eine Differenzierung innerhalb des selbstverwalteten Sports
zwischen dem DSB und seinen Nicht-Mitgliedern zur Erkenntnisgewinnung von-
nöten sein, wird darauf explizit hingewiesen.
Abbildung 1 verdeutlicht zusammenfassend nochmals die Angebotsformen des
Sports nach Organisationsstrukturen.

Organisationsstruktur des Sports

Nicht-Institu-
Institutionalisiert
tionalisiert

Freiwillig Obligatorisch

Nonprofit Forprofit

Privat Öffentlich

Mitglieder-
Fremdorientiert Fremdorientiert
orientiert

Selbstverwalteter Fremdverwalteter Obligatorischer Nichtverwalteter


Sport Sport Sport Sport

Angebotsform des Sports

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 1: Angebotsformen des Sports nach Organisationsstrukturen

76 Damit zeichnet sich die Angebotsform des selbstverwalteten Sports durch Rolleniden-
tität der Anbieter und Nachfrager aus, da die Mitglieder der Sportorganisation das Angebot
organisieren und zugleich im Rahmen der Ausübung des Sports nachfragen, also sowohl die
Rolle des Produzenten als auch des Konsumenten einnehmen. Siehe hierzu beispielsweise
Nagel (2003), S. 2 f.

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38 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

III. Abgrenzung und Formen


der öffentlichen Förderung des Sports

Nachdem der Begriff „Sport“ und seine Angebotsformen im Verständnis der


vorliegenden Abhandlung konkretisiert wurde, ist nun der Ausdruck „öffentliche
Förderung“ hinsichtlich seiner beiden Termini zu erläutern. „Öffentliche“ Sportför-
derung bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit auf die Förderung des Sports durch
den Staat, in der föderativen Bundesrepublik Deutschland also durch Bund, Land
und Kommune. Die Begriffe „öffentlich“ und „staatlich“ werden in diesem Zusam-
menhang synonym verwendet. Davon abzugrenzen sind alternative Quellen der
Sportförderung seitens der Privatwirtschaft. Hierunter sind sowohl Sponsoren77 als
auch Mäzene78 oder weitere Nachfrager des Sports in Form von Einzelpersonen
oder privatwirtschaftlichen Institutionen zu subsumieren.
Die öffentliche „Förderung“ des Sports ist darauf ausgerichtet, die Handlungs-
möglichkeiten innerhalb des Sports zu erweitern.79 Primärer Ansatzpunkt hierzu
sind die Handlungsbeschränkungen der Individuen. Die Sportförderung versucht
also, die Restriktionen, denen die im Sport agierenden Individuen unterworfen
sind, zu verringern oder zu beseitigen. Ein sekundärer Ansatzpunkt ist die indivi-
duelle Handlungsmotivation. Über die öffentliche Einflußnahme auf die Präferen-
zen, die individuelles Handeln bedingen, können sich erweiterte Handlungsmög-
lichkeiten im Sport auftun.80
Die Formen der öffentlichen Förderung des Sports sind vielfältig. Der Staat
kann in freie Märkte eingreifen, um damit ausgewählten Marktteilnehmern, in die-
sem Fall Sportlern respektive Institutionen des Sports, zu einem für sie vorteilhaf-
teren Marktergebnis zu verhelfen, als dies ohne sein Eingreifen zu erzielen wäre.
Dazu bietet sich als Ansatzpunkt ein Eingriff in die Marktstruktur, das Verhalten
der Marktteilnehmer oder direkt in das Ergebnis des Marktprozesses an. Da dieses
Vorgehen prinzipiell der staatlichen Regulierungspraxis gleichkommt, sei von Re-
gulierungsansätzen gesprochen.81

77 Für eine Definition des Begriffs „Sponsor“ bzw. „Sponsoring“ siehe Hermanns (1997),
S. 36 f., zu einer Entwicklung des Begriffsverständnisses Drees (1992), S. 13 ff.
78 Zum Begriff siehe Drees (1992), S. 7 f.; eine Abgrenzung des Mäzenatentums zum
Sponsoring nimmt Schalk (1993), S. 9 ff., vor.
79 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 255.

80 Öffentlich beeinflußte und damit veränderte Präferenzen führen zu einer veränderten


Nachfrage nach Sport, die Anbietern des Sports neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Die
resultierenden Sportangebote erweitern wiederum die Handlungsoptionen der Nachfrager,
denen die Nutzung eines veränderten Sportangebotes ermöglicht wird.
81 Eine allgemeingültige Umschreibung, was unter dem Begriff „Regulierung“ zu ver-
stehen ist, gibt es nicht, ebensowenig eine unumstrittene Theorie. Verschiedene Zugänge lie-
fert Bögelein (1990), S. 10 ff. Im vorliegenden Kontext ist eher von einer engen Definition
der Regulierung auszugehen. Danach bezeichnet staatliche Regulierung die unmittelbare
staatliche Festlegung einzelner Elemente unternehmerischer Wirtschaftspläne. Vgl. Eickhof
(1985), S. 64. Im weiteren Sinne ist unter Regulierung beispielsweise nach Phillips in Mül-

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B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes 39

Dem Staat steht ferner offen, den Sport mittels Transferleistungen zu unter-
stützen. Zum einen können diese mittelbar erfolgen, d. h., der Staat verzichtet auf
Einnahmen, beispielsweise in Form von Steuervergünstigungen. Hiervon zu unter-
scheiden sind zum anderen unmittelbare Förderungen, die direkt in den öffent-
lichen Haushalten wirksam werden. Letztere sind weiter zu differenzieren in mo-
netäre und reale Transferleistungen. Unmittelbar aus den öffentlichen Haushalten
werden also einerseits Gelder an den Sport transferiert. Andererseits werden haus-
haltswirksam dem Sport Güter zur Verfügung gestellt, deren Kosten die öffentliche
Hand trägt. Diese können sowohl personelle als auch materielle Leistungen um-
fassen. Abbildung 2 verdeutlicht nochmals diese begrifflichen Festlegungen.

Art der
Förderung

Regulierungs-
Transferleistung
ansatz

Marktstruktur- Marktverhaltens- Marktergebnis- Mittelbare Unmittelbare


eingriff eingriff eingriff Transferleistung Transferleistung

Monetär-
Realtransfer
transfer

Direkter
Indirekter Finanzstrom
Finanzstrom

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 2: Formen der öffentlichen Sportförderung

Die Erfassung der staatlichen Sportförderung zielt weitgehend auf direkte Fi-
nanzströme ab.82 Diese umfassen nach obigem Begriffsverständnis nur die un-

ler / Vogelsang (1979), S. 19, „jede Einschränkung der Gewerbe- und Vertragsfreiheit durch
solche staatlichen Eingriffe zu verstehen, die nicht die für alle geltenden Spielregeln der
Marktwirtschaft festlegen.“ Weite Definitionen können neben staatlichen Geboten und Ver-
boten auch die Subventionierung, Besteuerung oder Verstaatlichung umfassen. Siehe hierzu
Müller / Vogelsang (1979), S. 197 ff. Gerade die Bereiche Besteuerung und Subventionierung
werden in der vorliegenden Arbeit aber getrennt im Rahmen der staatlichen Transferleistun-
gen abgebildet, da sonst mit dem Begriff „Regulierung“ sehr ungleichartige Maßnahmen er-
faßt würden. Abzugrenzen von staatlicher Regulierung sind wettbewerbspolitische Bereichs-
ausnahmen bzw. kartellrechtliche Branchenfreistellungen. Hierbei handelt es sich um kartell-
rechtliche Ausnahmebereiche, d. h., Wirtschaftsbereiche, die von den generellen Regeln des
GWB ganz oder teilweise freigestellt sind. Vgl. Eickhof (1993), S. 205, sowie die dort ange-
gebene Literatur.
82 Vgl. Anders (1996), S. 365 ff.

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40 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

mittelbaren monetären Transfers. Alle weiteren Formen der staatlichen Förderung


stellen indirekte Finanzströme dar. Als solche sollen auch die Regulierungsansätze
verstanden werden. Sie ermöglichen verbesserte Marktergebnisse in Form höherer
Erträge oder geringerer Kosten, was letztlich einer finanziellen Besserstellung
gleichkommt, für die die öffentliche Hand verantwortlich zeichnet.
In dieser Arbeit sollen alle skizzierten Formen der öffentlichen Förderung Be-
rücksichtigung finden. Lediglich die Förderung des Schulsports, der insbesondere
durch die bereitzustellende Infrastruktur als auch entsprechendes Lehrpersonal
einen quantitativ bedeutenden Bereich der Förderung darstellt, wird weitgehend
ausgeklammert. Schulsport als solcher ist obligatorisch und damit nicht frei von
Zwang. Er entzieht sich damit einer freien Entscheidung des Menschen für Sport,
wie sie im Mittelpunkt dieser Arbeit steht. Soweit es Interdependenzen mit anderen
Bereichen des Sports gibt, wie dies im Fall der Infrastrukturnutzung gegeben
ist, werden diese aber berücksichtigt.

C. Sport als wirtschaftliches Gut

Immer wieder lassen sich in der öffentlichen Diskussion Vorbehalte ausmachen,


sich dem Phänomen „Sport“ mit Instrumenten und Methoden der Ökonomik zu
nähern. Der Sport wird als Eigenwelt oder zumindest als ein Teil der Gesellschaft
gesehen, dessen Bewertung sich nicht (ausschließlich) in ökonomischen Katego-
rien vollziehen läßt.
Wie in Kulturkreisen „l’art pour l’art“ propagiert wird, so soll auch im Bereich
des Sports der Sport an sich und damit die sportliche Leistung im Vordergrund ste-
hen, sozusagen „le sport pour le sport“. Das Erbringen sportlicher Leistungen und
die Organisation von Sportveranstaltungen müsse um des Sportes willen und damit
nicht aus ökonomischen Interessen erfolgen. Sonst begebe sich der Sport in eine
Gefahr, die sich mit den Worten Antoine de Saint-Exupérys beschreiben ließe:
„Eine auf dem Profit beruhende Industrie ist bestrebt, Menschen für den Kaugummi
und nicht Kaugummi für den Menschen hervorzubringen.“83 Zwar läßt sich mit
dem Sport auch Geld verdienen, aber der Sport ist eben mehr als ein „normales“
Gut. Der Sport reicht also über ökonomische Kalküle hinaus.84 Sind demzufolge
Sportgüter bzw. -leistungen etwa nicht als wirtschaftliche Güter zu begreifen?
Deutlich bringt dies die „Kritische Sporttheorie“ der „Neuen Linken“ zum Aus-
druck, die sich in den späten 60er und frühen 70er Jahren in Anlehnung an die

Zitiert im gleichen Kontext nach Schmidt-Volkmar (2000), S. 12.


83

Für die heute noch zu erkennende Idealisierung des Sports als nicht-wirtschaftliche
84
Tätigkeit sowie die Vorstellung vom Sport als einem „höheren Gut“ führt Madl (1994),
S. 151 ff., drei Gründe an: das griechische Vorbild des Sports mit seiner Verurteilung des Er-
werbsstrebens, dessen Fortschreibung in den Amateurklauseln sowie die Nähe des Sports zur
Religion.

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C. Sport als wirtschaftliches Gut 41

„Kritische Theorie“ der Frankfurter Schule85 entwickelt hat. Aus Sicht der „Neuen
Linken“ sind Sportler zu Trägern von Leistungen geworden, die sich verkaufen
lassen. Die sportliche Spitzenleistung erscheint „als ein Erzeugnis, das zur Ware
verdinglicht und zum Verkauf angeboten werden kann.“86 Der Sportler und seine
sportliche Leistung werden zur attraktiven Ware degeneriert.87 Dies impliziert zu-
gleich, daß der „eigentliche“ Sport keine Ware sein kann. Denkt man dies kon-
sequent zu Ende, so kann aus Sicht der „Neuen Linken“ der Sport kein wirtschaft-
liches Gut sein.
Auf der anderen Seite werden die gleichen Argumente herangezogen, um sich
für eine Förderung des Sports durch den Staat auszusprechen. Es wird als öffent-
liche Aufgabe gesehen, den Sport um seiner selbst willen zu ermöglichen und hier-
für entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Inwieweit ist nun also der Sport als
wirtschaftliches Gut zu verorten?
Ein wirtschaftliches Gut ist grundsätzlich durch zwei Charakteristika gekenn-
zeichnet: Nutzenstiftung und Knappheit.88 Diese Merkmale liegen beim Sport
zweifelsohne vor. Sportgüter stehen nicht allen potentiellen Konsumenten bis zur
Sättigungsgrenze zur Verfügung. Um Sport auszuüben oder sich als Zuschauer von
ihm unterhalten zu lassen, sind Inputfaktoren wie Sportmaterialien, Sportinfra-
struktur, Trainer oder auch der Sportler sui generis erforderlich.89 Der Konsum von
Sport, sei es aktiv oder passiv, dient den Menschen zu ihrer Bedürfnisbefriedigung.
Insofern stiften die knappen Güter den Menschen Nutzen, Sport ist als wirtschaft-
liches Gut zu beurteilen.
Mit der Erfüllung der Charakteristika von wirtschaftlichen Gütern ist jedoch
noch keine Aussage getroffen, inwieweit das Gut auf Märkten von privaten Insti-
tutionen angeboten werden sollte oder vom Staat bereitzustellen ist. Auch ist da-
mit keinerlei Forderung nach einer „Kommerzialisierung“ des Sports zu verste-
hen, wie auch immer dieser Terminus zu begreifen ist. Es bedeutet lediglich, daß
sich auch im Bereich des Sports die grundlegenden ökonomischen Probleme stel-
len und zu lösen sind. Hierunter fallen beispielsweise die ökonomischen Fragen
nach der Beseitigung der Knappheit, welche Sportgüter in welchen Mengen zu
erzeugen sind, wie diese zu bewerten sind oder von wem die Güter zu produzieren
sind. Zur Lösung solcher Fragen bietet sich der Blick aus der ökonomischen Per-
spektive an. Damit ist noch keine Aussage für oder gegen eine staatliche Förde-
rung getroffen.

Vgl. u. a. Habermas (1975), Horkheimer / Adorno (1983).


85

Bernett (1982), S. 231.


86

87 Zu einer zusammenfassenden Kritik der „Neuen Linken“ mit zahlreichen Literaturhin-


weisen sowohl zu deren Kritik als auch Anti-Kritik siehe Bernett (1982). Aber auch Autoren
wie Grupe / Krüger schreiben, daß durch die aktuellen Entwicklungen der Sport „zu einer Art
,Ware‘“ wird. Grupe / Krüger (1991), S. 122.
88 Vgl. Bartling / Luzius (2002), S. 3 f., Woll (2000), S. 48 f.

89 Zur Produktion von Sport siehe Benner (1992) oder Kappler / Wadsack (1996), S. 80 ff.

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42 2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen

Ebenso liegt ein Mißverständnis vor, was die Forderung nach staatlicher Unter-
stützung betrifft. Wäre der Sport kein wirtschaftliches Gut, wie in der populären
Auffassung oft behauptet wird, so würde daraus gerade nicht folgen, daß der Staat
unterstützend aktiv werden muß. Aus der Vorstellung, daß Sportgüter nicht knapp
seien und von jedem in beliebigem Maße nachgefragt werden könnten, bis die Sät-
tigungsmenge erreicht ist, ergäbe sich gerade keine Notwendigkeit für den Staat,
tätig zu werden. Bei Sport im Überfluß ist die Frage nach der Bereitstellung und
Förderung bedeutungslos.
Neben dieser konkreten Verortung des Sports als Wirtschaftsgut ist darüber hin-
aus auch aus wissenschaftstheoretischer Sicht ein Vorbehalt gegen eine Unter-
suchung des Sports mit Instrumenten und Methoden der Ökonomik abzuweisen.
Jedes soziale Phänomen läßt sich mit der hier vorgestellten Methodik der Öko-
nomik untersuchen.90 Damit ist auch das soziale Phänomen Sport einer ökono-
mischen Analyse zugänglich. Die Entscheidung darüber, gerade diesen Ausschnitt
der sozialen Wirklichkeit mit der Methodik der Ökonomik zu untersuchen, stellt
ein Werturteil des Wissenschaftlers dar. Eine solch normative Entscheidung ist
aber ganz im Sinne der Freiheit der Forschung und methodologisch unproble-
matisch.91
Es bleibt festzustellen, daß Sport ein wirtschaftliches Gut darstellt mit den dar-
aus resultierenden ökonomischen Problemen. Mit dieser Klärung scheint die öko-
nomische Perspektive zur Analyse der öffentlichen Sportförderung als gerecht-
fertigt. Diese kann nun angegangen werden.

90Vgl. Albert (1978), S. 65 ff.


91Hierbei handelt es sich nach Albert (1967b), S. 151 ff., um den Aspekt der Wertbasis,
die in keiner Wissenschaft wertfrei sein kann. Auch wenn die Selektion von Problemen
durchaus von Wertungen beeinflußt ist, ist damit nicht die Objektivität der Wissenschaft
gefährdet. Entsprechende Entscheidungen unterliegen zum einen kritischer Überprüfung und
führen zum anderen nicht zu Werturteilen innerhalb wissenschaftlicher Aussagensysteme. Im
gleichen Zusammenhang kann man nach Popper (1997), S. 90, dem Wissenschaftler „nicht
seine Wertungen verbieten und zerstören, ohne ihn als Menschen und als Wissenschaftler zu
zerstören.“ (Hervorhebung im Original).

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3. Kapitel

Sport und Staat:


Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Die Darstellung der öffentlichen Sportförderung der Bundesrepublik Deutsch-


land beginnt mit einem kurzen historischen Abriß über die Entwicklung des Sports
in Deutschland, seiner institutionellen Ausgestaltung sowie seinem Verhältnis zur
Politik. Anschließend werden die rechtlichen Grundlagen der öffentlichen Sport-
förderung skizziert, ehe die Formen und der Umfang der Förderung dargelegt
werden. Hierzu ist das öffentliche Engagement auf den verschiedenen staatlichen
Ebenen zu betrachten.
Der Darstellung der öffentlichen Förderung folgt die genauere Analyse der Insti-
tutionen des Sports selbst. Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen wird
deren strukturelle und wirtschaftliche Situation aufgezeigt, wobei der Schwerpunkt
der Betrachtung auf der Bereitstellung des Sportangebotes sowie dessen Finanzie-
rung liegt. Daraus ergibt sich zusammenfassend ein Bild über die aktuelle öffent-
liche Sportförderpraxis in Deutschland.

A. Institutionelle Arrangements im Sport

Die aktuellen Strukturen im deutschen Sport sind nur im Kontext ihrer Entste-
hungsgeschichte verständlich. Diese bestimmt auch maßgeblich das Verhältnis von
Sport und Politik in Deutschland. Deshalb sollen die institutionellen Arrangements
im Sport sowie das Verhältnis von Sport und Politik auf Basis der historischen Ent-
wicklung skizziert werden.

I. Die Entwicklung der Organisationen


des Sports in Deutschland

Die Entwicklung des Turnens, der deutschen Variante des frühen Sports,1 war
eng mit der Entstehung von Clubs und der Organisationsform des Sports verbun-

1 Der heutige Sport in der Bundesrepublik Deutschland geht sowohl auf das zu Beginn des
19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig Jahn (1778 – 1852) begründete Turnen als auch auf

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44 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

den. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Turnanstalt die Organisationsform für
den Sport dieser Zeit. Dort ging es zum einen um die Wehrertüchtigung der jungen
Männer für den Kampf gegen Napoleons Truppen und damit für nationale Frei-
heit.2 Zum anderen bildeten die damaligen Sportclubs nach den erfolgreichen
Befreiungskriegen einen wichtigen Ort zur Stärkung der nationalen Identität und
waren damit Gegenstand der national-liberalen revolutionären Bewegung.3 Hier-
durch wurde die Turnbewegung aber zugleich nach den Siegen über Napoleon von
der Aristokratie der deutschen Staaten als für ihren Bestand gefährlich ein-
geschätzt, weshalb schon ab etwa 1819 das Turnen verboten und strafrechtlich
verfolgt wurde bzw. nur eine streng reglementierte Ausführung gestattet war.4
Folglich zogen sich die Sportclubs, wie auch weitere Clubs und Bewegungen des
Bürgertums, zurück von der politischen Bühne und nahmen Abstand von verdacht-
erregenden politischen Aktivitäten.5
In der Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. (1888 – 1918) erfuhr die deutsche
Turn- und Sportbewegung um die Jahrhundertwende einen neuen Bedeutungs-
gewinn.6 Das Schulturnen wurde von staatlicher Seite massiv gefördert wie auch
die Verbreitung des Sports im allgemeinen. 7 Die Folge war die Gründung zahl-
reicher neuer Clubs sowie ein rapider Anstieg der Zahl der Mitgliedschaften. Der
Club in Form eines basisdemokratisch organisierten, freien und dauerhaften Zu-
sammenschlusses aktiver und passiver Mitglieder blieb die Normalform der Orga-
nisation. Er verstand sich als eine Gemeinschaft von Menschen gleicher Überzeu-
gungen und Interessen, die ihren Ausdruck in immer mannigfaltigeren sportlichen
Aktivitäten fanden, weit über das ursprüngliche „Turnen“ hinaus. Ehrenamtliches
Engagement gehörte hierzu ebenso wie der Gemeinschaftsgedanke oder bürger-
liche Solidarität.
Zu dieser Zeit war das Modell der nach wirtschaftlichen Grundsätzen von pri-
vaten Anbietern geleiteten Turnanstalten schon lange überholt. Der Staat hatte eine
bedeutende Rolle als Anbieter des Sports übernommen. Die Clubs und Verbände

den zu Ausgang des 19. Jahrhunderts in Deutschland an Einfluß gewinnenden englischen


Sport zurück. Mit Sport und Turnen begründete Differenzen in der historischen Entwicklung
hin zum heutigen Sport werden hier weitgehend ausgeklammert, da sie für die zu treffenden
Aussagen nicht von Relevanz sind.
2 Vgl. Langenfeld (1988), S. 20.

3 Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 26 f.

4 Vgl. Langenfeld (1988), S. 20.

5 Daran änderte auch das im Rahmen der gescheiterten bürgerlichen Revolution von 1848
nochmals kurzzeitige Aufleben der Sportclubs auf der politischen Ebene nichts. Zur Entwick-
lung des Sports siehe Langewiesche (1990).
6 Vgl. Langenfeld (1988), S. 26 ff.

7 So wurden beispielsweise drei Turnstunden pro Woche an Jugendschulen vorgeschrieben


oder neugebaute Schulen mit Turnhallen ausgestattet. Des weiteren wurde auf politischer
Ebene ein „Zentralausschuß zur Förderung der Volks- und Jugendspiele“ etabliert. Vgl. Lan-
genfeld (1988), S. 27.

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A. Institutionelle Arrangements im Sport 45

waren darüber hinaus auf Spender angewiesen. Sie zeichneten sich jedoch weiter-
hin durch politische Neutralität aus.
Drastische Änderungen erfuhr die Sportorganisation im nationalsozialistischen
Deutschland. Bis 1933 war für den Sport seine staatliche Unabhängigkeit und die
Vielfalt seiner Organisationen charakteristisch, die unter anderem die bürgerliche
Turn- und Sportbewegung, die traditionsreiche Arbeitersportbewegung, kirchliche
Sportverbände oder Sportorganisationen für Juden umfaßte. Mit der Machtüber-
nahme durch die Nationalsozialisten wurde auch der Sport von deren Weltanschau-
ung durchdrungen. Sportorganisationen der Arbeiter und der Kirche wurden auf-
gelöst, die bürgerlichen Sportvereine „gleichgeschaltet“ und in einen Einheits-
sportverband, den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen, zusam-
mengeführt.8 Dem „Führerprinzip“ entsprechend wurden Ämter nicht durch Wahl
von der Basis her, sondern von oben besetzt. Die demokratischen Strukturen gin-
gen damit verloren.9
Die Führung im totalitären Staat nutzte die Sportorganisation zu Zwecken der
politischen Massenindoktrination. Die Sportvereine dienten der Steigerung der Ar-
beitskraft und Wehrfähigkeit der Bevölkerung. Darüber hinaus kam dem Spitzen-
sport die Funktion der nationalen Repräsentation sowie der Demonstration der
Systemüberlegenheit zu. Mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936 in
Berlin gelang es, das Vertrauen der Welt in das totalitäre Regime zu gewinnen und
von den massiven Kriegsvorbereitungen abzulenken.10
„Nur vor diesem Hintergrund der Erfahrungen der totalen Unterwerfung des
Sports unter eine faschistische Sportpolitik und damit einer weitgehenden poli-
tischen Instrumentalisierung des Sports zwischen 1933 und 1945 läßt sich die
staatliche Sportpolitik erklären, die in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949,
also seit ihrer Gründung verfolgt wurde.“11 Die daraus resultierenden institutionel-
len Arrangements im Sport sowie sein Verhältnis zur Politik gilt es nun zu zeigen.

II. Die heutige Organisation des Sports

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden alle faschistischen Organisationen


eliminiert und damit auch die Aktivitäten der Sportorganisationen aufgelöst. Somit
begann ein kompletter Neuaufbau des Sportsystems in Deutschland, der wesentlich
von den Erfahrungen und der Instrumentalisierung des Sports im Dritten Reich
geprägt war.12

8 Vgl. Bernett (1983), S. 7 ff.


9 Vgl. Langenfeld (1988), S. 32 f.
10 Vgl. Teichler (1991), S. 163 ff.

11 Heinemann (1996), S. 179.

12 Somit hatte auch der Sport vom „Nullpunkt“ zu beginnen. Vgl. Sorg (1955).

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46 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Nach Auflösung der Sportorganisation durch die Alliierten gestatteten diese


dennoch nichtmilitärische Sportorganisationen lokalen Charakters.13 Mit der Grün-
dung der Bundesrepublik Deutschland wurde dann den Sportorganisationen Auto-
nomie gegenüber staatlicher Politik garantiert. Sie können unabhängig von der
Politik und in Eigenverantwortung den Interessen ihrer Mitglieder nachgehen, ihre
Aufgaben bestimmen und deren Erfüllung realisieren. Der Sport verwaltet sich
selbst.
Diese formale Trennung von autonom organisiertem Sport und staatlicher Poli-
tik bedeutet jedoch nicht, daß nicht auch der Sport Gegenstand staatlicher Politik
ist, wie gerade die Diskussion um staatliche Sportförderung zeigt. Schon ab den
sechziger Jahren wurde das Konzept der Autonomie um das Konzept der partner-
schaftlichen Zusammenarbeit ergänzt.14 Der selbstverwaltete Sport übernimmt
gesellschaftspolitische Aufgaben des Staates und erfüllt die Bedürfnisse der Bürger
nach Sport. Für diese „Auftragsarbeit“ erwartet er als Gegenleistung staatliche För-
derung.15
Die Basis des selbstverwalteten Sports bilden die Sportvereine, in denen die
Sportler aus freiem Entscheid Mitglied werden. Jeder Sportverein ist i. d. R. zwei-
fach organisiert: zum einen über sportartspezifische Fachverbände über die Ebene
Kreis-, Bezirks- und Landesfachverbände bis zu den Fachverbänden auf Bundes-
ebene (Spitzenverbände), zum anderen in sportartübergreifenden Landessport-
bünden über die Ebene der Stadt-, Kreis- und Bezirkssportbünde. Die Dachorgani-
sation des selbstverwalteten Sports in Deutschland bildet der Deutsche Sportbund
(DSB), der 1950 gegründet wurde.16 Ihm gehören neben den 16 Landessport-
bünden und Spitzenverbänden (Bundesfachverbände) noch Sportverbände mit be-
sonderer Aufgabenstellung, Verbände für Wissenschaft und Bildung sowie Förder-
verbände an.17 Mit nahezu 27 Millionen Mitgliedern stellt er numerisch die größte
Organisation der Bundesrepublik Deutschland dar.18
Vor dem Hintergrund der Autonomie seiner Mitgliedsverbände ist es Aufgabe
des DSB, den Sport zu fördern, die gemeinschaftlichen Interessen der Mitglieds-
organisationen gegenüber dem Staat und in der Öffentlichkeit zu vertreten sowie
den Sport in überverbandlichen und überfachlichen Angelegenheiten im In- und

13Vgl. Gieseler (1988), S. 35.


14So wird schon in der „Charta des deutschen Sports“ des DSB von 1966 das „Programm
der Partnerschaft“ explizit formuliert. Siehe hierzu Deutscher Sportbund (1991a), S. 11.
15 Vgl. hierzu sowie zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit im allgemeinen Gebauer
et al. (1999), S. 50, sowie die dort angegebene Literatur. Siehe auch Deutscher Sportbund
(2003a), S. 70.
16 Zur Gründung und Entwicklung der Sportselbstverwaltung siehe Gieseler (1988), zur
heutigen Struktur siehe Deutscher Sportbund (2003a), S. 11 ff.
17 Vgl. § 5 Nr. 1 und 2 Satzung DSB.

18 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Für eine umfassende Darstellung des DSB siehe
Deutscher Sportbund (2003a), S. 17 ff.

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A. Institutionelle Arrangements im Sport 47

Ausland zu vertreten.19 Die Landessportverbände nehmen vergleichbare Aufgaben


auf Länderebene wahr.
Der DSB vertritt letztlich alle in Sportvereinen organisierten Sportler. Er nimmt
für sich in Anspruch, der einzige Repräsentant des deutschen Sports zu sein. Diese
Monopolstellung als einziger Agent des Sports in der Gesellschaft sieht der DSB
als notwendigen Schutz vor einer neuerlichen politischen Vereinnahmung an.20
Neben diesem Monopol der Interessenvertretung gegenüber dem Staat verfügt er
traditionell weitgehend über ein Angebotsmonopol als Anbieter von Möglichkeiten
der Sportausübung sowie sportlichen Leistungen. Der fremdverwaltete Sport als
alternative Angebotsform des Sporttreibens gewann erst in den letzten Jahren an
Bedeutung, ebenso der nichtverwaltete Sport.21 Mit der Zunahme der Anbieter und
Nachfrager für alternative Angebotsformen erodiert aber zugleich das Angebots-
monopol des selbstverwalteten Sports.

III. Grundsätze öffentlicher Sportförderung

Die öffentliche Sportförderung basiert in der Bundesrepublik Deutschland im


wesentlichen auf drei Grundsätzen: Autonomie des Sports, partnerschaftliche Zu-
sammenarbeit von Sport und Staat sowie Subsidiarität der öffentlichen Sportför-
derung.22
Die Autonomie des Sports bezeichnet die Unabhängigkeit und Selbstverwaltung
des Sports. Der Sport organisiert sich selbst und regelt seine Angelegenheiten in
eigener Verantwortung autonom. Dieser Grundsatz läßt sich aus dem Grundgesetz
ableiten, das garantiert, daß individuelle Interessen und Rechte in freien, auto-
nomen Organisationen wahrgenommen und verwirklicht werden können.23
Für eine erfolgreiche Kooperation zwischen dem Sport und dem Staat wird eine
partnerschaftliche Zusammenarbeit angestrebt.24 Diese erstreckt sich von der Kon-
zeption über die Erarbeitung gemeinsamer Vorstellungen und operativer Maßnah-
men hinsichtlich der Förderung bis hin zu Beteiligungen des Sports bei wichtigen
internationalen Treffen.
Mit dem Grundsatz der Subsidiarität wird deutlich, daß der Staat dem Sport
„Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten will.25 Die Organisationen des Sports sollen eigen-

Vgl. Deutscher Sportbund (2003a), S. 17.


19

Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 30.


20

21 Detaillierte Informationen zur Entwicklung finden sich in diesem 3. Kap., D. I.

22 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15.

23 Vgl. Heinemann (1996), S. 179.

24 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15.

25 Der Begriff der Subsidiarität geht auf die katholische Soziallehre zurück. Siehe hierzu
Nell-Breuning (1968).

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48 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

ständig und ohne staatliche Steuerung ihre Belange regeln. Der Staat unterstützt
die Organisationen des selbstverwalteten Sports nur dort, wo sie ihre selbstgewähl-
ten Aufgaben alleine nicht bewältigen können.26 Er greift ein, wenn die Finan-
zierungsmöglichkeiten des Sports bereits erschöpft sind und der Sport dadurch in
seiner Funktionsfähigkeit gestört wird. Damit gesteht der Staat dem selbstverwal-
teten Sport zugleich zu, öffentliche Interessen zu verfolgen und „Träger öffent-
licher Belange“ zu sein.27
Die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Hinblick auf die Übernahme von
Aufgaben des Staates durch den Sport bei gleichzeitig subsidiärer Unterstützung
des Sports durch den Staat birgt allerdings Konfliktpotentiale bezüglich der Auto-
nomie des Sports.28 Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie
des selbstverwalteten Sports stellt die finanzielle Förderung letztlich das zentrale
dem Staat zur Verfügung stehende Instrument zur Einflußnahme gegenüber dem
Sport dar. So wird die Autonomie zunehmend durch die Bereitstellung staatlicher
zweckgebundener Mittel eingeschränkt. Verbände erhalten die „öffentlichen
Zuschüsse mit der Begründung [ . . . ], die im öffentlichen Interesse liegenden Auf-
gaben zu erfüllen.“29
Verantwortlich für die Förderung des Sports ist die öffentliche Sportverwaltung
des Sports, die damit die „staatliche Seite des deutschen Sports bildet.“30 Nach
Auffassung des Staates bildet die öffentliche Sportverwaltung zusammen mit der
Selbstverwaltung des Sports die beiden Pfeiler der Sportverwaltung. Damit be-
ziehen sich auch alle Angaben im Sportbericht der Bundesregierung ausschließlich
auf den selbstverwalteten Sport. Andere Formen des Sportangebotes wie z. B. der
erwerbswirtschaftliche Sport finden keine Erwähnung.31
Die öffentliche Sportverwaltung wird entsprechend des föderativen Aufbaus der
Bundesrepublik Deutschland von Bund, Ländern und Kommunen getragen. Ihre
Erscheinungsform ist sehr vielfältig und differenziert, weshalb auf eine detaillierte
Beschreibung an dieser Stelle verzichtet werden soll. Bevor deren Förderaktivi-
täten nun näher dargestellt werden, gilt es, noch kurz die rechtlichen Grundlagen
für die öffentliche Sportförderung abzustecken.

26 Vgl. Deutscher Sportbund (2003a), S. 70 ff.


27 Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 132.
28 Vgl. Heinemann (1996).
29 Trosien (1999), S. 71.
30 Gebauer et al. (1999), S. 51.
31 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15 ff.

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B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung 49

B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung

Im folgenden sollen die rechtlichen Grundsätze der öffentlichen Sportförderung


kurz skizziert werden. Hierüber können Erkenntnisse über die Rechtsgrundlage
staatlicher Sportförderung sowie die Aufteilung der Kompetenzen zwischen den
drei staatlichen Ebenen Bund, Land und Kommune gewonnen werden.32
Das deutsche Grundgesetz enthält keine ausdrückliche Kompetenz für die
Sportförderung des Bundes. Nach Artikel 30 GG, der die Zuständigkeit von Bund
und Ländern regelt, ist Sport grundsätzlich Sache der Länder. Es existieren jedoch
einige Bestimmungen im Grundgesetz, aus denen sich für Teilbereiche des Sports
Bundeskompetenzen ableiten lassen.33
Gegenstandsbereiche, die über die Interessen eines einzelnen Bundeslandes hin-
ausreichen und von zentraler Bedeutung für die gesamte Bundesrepublik sind, wer-
den als Aufgabe vom Bund wahrgenommen.34 Dies sind primär die gesamtstaat-
liche Repräsentation durch den Sport (Olympische Spiele, Weltmeisterschaften
etc.), Auslandsbeziehungen sowie die Förderung nicht-staatlicher zentraler Organi-
sationen, die für das Bundesgebiet als Ganzes von Bedeutung sind (DSB, NOK,
Bundesfachverbände etc.). Darüber hinaus kann der Bund den Sport in seinem
eigenen Dienstbereich fördern.35
Der Bund hat mit seiner Gesetzgebungskompetenz eine weitere Möglichkeit der
Sportförderung. Durch den Erlaß entsprechender Gesetze ist es ihm möglich, die
Rahmenbedingungen für den Sport festzulegen. Dabei sind insbesondere die Steu-
er- und Sozialgesetzgebung, die Raumordnung und der Städtebau von Bedeutung.
Da je nach Gesetzesvorlage eine Zustimmung durch den Bundestag erforderlich
sein kann, ist damit auch der Kompetenzbereich der Länder angesprochen.
Mit Artikel 30 GG werden die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfül-
lung staatlicher Aufgaben den Ländern zugewiesen. Die Sportförderung ist für
diese eine freiwillige Aufgabe. Deshalb haben drei Bundesländer schon in den

32Vgl. Tettinger (1987), S. 38 ff.


33Die sogenannten „geschriebenen grundgesetzlichen Zuständigkeiten“ sind im einzelnen:
– Art. 32 GG für die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten,
– Art. 91a GG für den Hochschulbau und die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruk-
tur,
– Art. 91b GG für die Bildungsplanung und die überregionale Forschungsförderung,
– Art. 104a Abs. 4 GG für Finanzhilfen im Zusammenhang mit dem Städtebauförderungs-
gesetz.
Darüber hinaus ist sportliche Betätigung verfassungsrechtlich geschützt mit dem Grund-
recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Ferner können sich Sport-
vereine und -verbände sowie Sportler selbst auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)
berufen. Zu einer weiteren Darstellung und Analyse siehe Hölzl (2002), S. 67 ff.
34 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15. Hierbei handelt es sich um die „unge-
schriebenen Zuständigkeiten aus der Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhangs.“
35 Damit sind insbesondere die Bundeswehr und der Bundesgrenzschutz angesprochen.

4 Langer

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50 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

siebziger Jahren Sportfördergesetze erlassen, um eine politische Selbstverpflich-


tung sowie allgemeine Regelungen für die Förderung zu schaffen.36 Drei der neuen
Bundesländer gingen ebenfalls diesen Schritt.37 Indem die Sportförderung unter
Haushaltsvorbehalte gestellt wird, bleibt darin aber der Anspruch des Sports be-
züglich seiner Finanzierung offen.38
Das Bundesland Hessen hat 2002 als vierzehntes Land die Sportförderung in der
Landesverfassung verankert. Damit wurde die Förderung des Sports als Staatsauf-
gabe in allen Landesverfassungen bis auf Hamburg und Sachsen aufgenommen.
Dort bringen die Länder explizit zum Ausdruck, daß der Sport durch Land, Ge-
meinde und Gemeindeverbände zu schützen, zu pflegen und zu fördern sei.39
Die Förderung des Sports als kommunale Aufgabe läßt sich explizit in keinem
Gesetz finden. Das Sportengagement der Kommunen ist aber aus Artikel 28 Ab-
satz 2 GG abzuleiten, der den Gemeinden gewährleistet, alle Belange der örtlichen
Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in Eigenverantwortung zu regeln. Deshalb
finden sich Bestimmungen über die kommunale Sportförderung häufig, gerade bei
größeren Gemeinden, in entsprechenden Richtlinien wieder.40
Die Hauptaufgabe der Kommunen liegt im Bau und Unterhalt der Sportstätten.
Darüber hinaus existieren sehr vielfältige und heterogene Programme und Maß-
nahmen zur Förderung des selbstverwalteten Sports.
Abschließend soll noch kurz der Sport im Kontext des europäischen Rechts be-
leuchtet werden. Ähnlich wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland,
findet der Sport im Wortlaut des EG-Vertrages keine Berücksichtigung. Damit er-
fährt der Sport einen gemeinschaftsrechtlichen Status allenfalls mittelbar und über
solche Bestimmungen, die im Rahmen ihrer allgemeinen Zwecksetzungen sport-
liche Sachverhalte miterfassen.41 Darauf basiert dann auch die Rechtsprechung

36 Landesgesetz über die öffentliche Förderung von Sport und Spiel in Rheinland-Pfalz
(9.12.1974), Gesetz zur Förderung des Sports im Lande Bremen (5.7.1976), Gesetz zur För-
derung des Sports im Lande Berlin (12.10.1978). Zu einer näheren Kommentierung und Ana-
lyse der Gesetzestexte siehe Güldenpfennig (1980), S. 106 ff.
37 Gesetz über die Sportförderung im Land Brandenburg (10.12.1992), Thüringer
Sportfördergesetz (8.7.1994), Gesetz zur Sportförderung in Mecklenburg-Vorpommern (9.11.
2002).
38 Vgl. Güldenpfennig (1980), S. 146 f.

39 Art. 3c Abs. 1 LVerf Baden-Württemberg, Art. 140 Abs. 3 LVerf Bayern, Art. 32 LVerf
Berlin, Art. 35 LVerf Brandenburg, Art. 35a LVerf Bremen, Art. 62a LVerf Hessen, Art. 16
Abs. 1 LVerf Mecklenburg-Vorpommern, Art. 6 LVerf Niedersachsen, Art. 18 Abs. 3 LVerf
Nordrhein-Westfalen, Art. 40 Abs. 4 LVerf Rheinland-Pfalz, Art. 34a LVerf Saarland, Art. 36
Abs. 1 und 3 LVerf Sachsen-Anhalt, Art. 9 Abs. 3 LVerf Schleswig-Holstein, Art. 30 Abs. 3
LVerf Thüringen. Eine Darstellung und knappe Kommentierung der Sportförderklauseln bie-
tet Hölzl (2002), S. 42 ff.
40 Vgl. Hockenjos (1995), S. 20, S. 25 ff.

41 Folgende Regelungen aus dem EG-Vertrag haben eine Wirkung auf den Sport:
– Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39),

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 51

des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wie beispielsweise die Diskussion um


die Arbeitnehmerfreizügigkeit bzw. Sportlerfreizügigkeit im Fall Bosman verdeut-
licht.42
Der Sport erfuhr auf europäischer Ebene allerdings eine Aufwertung durch die
Erklärung Nr. 29 zum Sport im Amsterdamer Vertrag, in der die gesellschaftliche
Bedeutung des Sports betont wird und deshalb die Gremien der Europäischen
Union zur Anhörung der Sportverbände bei wichtigen, den Sport betreffenden Fra-
gen unter der besonderen Berücksichtigung der Besonderheiten des Amateursports
aufgefordert werden.43 Mit dem Beschluß der Staats- und Regierungschefs der
Europäischen Union, den Sport in die Europäische Verfassung aufzunehmen,
würde im Falle der noch ausstehenden Ratifizierung die Europäische Union erst-
mals eine Rechtsgrundlage haben, den Sport zu fördern.

C. Förderung des Sports durch


die verschiedenen staatlichen Ebenen

Im folgenden sollen Formen und Umfang der staatlichen Sportförderung dar-


gestellt werden. Hierzu ist zunächst auf einige Problembereiche bei der Erfassung
des öffentlichen Engagements einzugehen, ehe die staatlichen Transferleistungen,
unterschieden nach den staatlichen Ebenen, dargestellt werden. Anschließend ist
auf die Regulierungsansätze einzugehen.

I. Problembereiche der Erfassung


des öffentlichen Engagements

Bei der Erfassung des Umfangs der staatlichen Sportförderung ergeben sich ins-
besondere zwei Problembereiche: die Abgrenzung der Sportförderung sowie die
Quantifizierung der Förderung.
Wie schon weiter oben erläutert, liegt kein einheitliches Verständnis von „Sport“
respektive den mit diesem Begriff beschriebenen Aktivitäten vor.44 Manchmal wer-
den Wandern, Fischen, Tanzen oder andere Aktivitäten dem Sport zugerechnet,
manchmal sind diese Aktivitäten aber auch ausgeschlossen. Insbesondere die

– Freier Dienstleistungsverkehr (Art. 49 und 50),


– Niederlassungsfreiheit (Art. 43).
Zum Schutz des Sports durch EU-Grundrechte und Grundfreiheiten siehe Hölzl (2002),
S. 143 ff.
42 Zum Fall Bosman siehe die Ausführungen in diesem 3. Kap., C. III. 2.

43 Vgl. Europäische Gemeinschaften (1997), S. 136.

44 Vgl. 2. Kap., B. I.

4*

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52 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Abgrenzung der Sportförderung zur Förderung alternativer Formen der Freizeit-


gestaltung oder Erholung gestaltet sich schwierig.45 Ist dies schon im nationalen
Kontext ein Problembereich, so erst recht im internationalen Vergleich der Sport-
förderung.46
Die Quantifizierung des Volumens der Sportförderung in ihrer vollen Breite ist
ein mühsames, wenn nicht unmögliches Unterfangen. Werden die öffentlichen
Transferleistungen betrachtet, so findet nur ein Teil davon unmittelbar in den
öffentlichen Haushalten seinen Ausdruck. Zahlreiche Förderleistungen in Form
von Einnahmeverzichten sind kaum verläßlich zu erfassen. Deshalb soll ein Ver-
such der Quantifizierung entsprechender Förderleistungen auch im Rahmen dieser
Arbeit unterbleiben. Sie werden qualitativ beschrieben und nur, sofern Schätzwerte
oder vergleichbare Erkenntnisse bekannt sind, mit quantitativem Wissen punktuell
angereichert.
Der quantitative Umfang der staatlichen Sportförderung durch Regulierungs-
ansätze ist ebenfalls schwer zu ermitteln. Neben der problematischen Zurechnung
der Kosten der Durchführung der Regulierung wäre es erforderlich, das Markt-
ergebnis durch Regulierung mit dem Marktergebnis ohne Regulierung zu verglei-
chen und aus der Differenz der jeweiligen Marktergebnisse die Höhe der Förde-
rung abzuleiten. Aufgrund der zahlreichen Interdependenzen, Dynamik und damit
verbundenen Komplexität von Märkten würde dies den Rahmen dieser Arbeit
sprengen. Deshalb soll nach der Darstellung der staatlichen Transferleistungen eine
qualitative Beschreibung der Regulierungsansätze erfolgen.

II. Transferleistungen durch


die verschiedenen staatlichen Ebenen

Im folgenden sollen für die einzelnen staatlichen Ebenen die Trägerschaft der
Sportförderung, qualitative Aspekte der unmittelbaren und mittelbaren Transfer-
leistungen sowie, soweit dies die oben gemachten Einschränkungen zulassen,
quantitative Aspekte der staatlichen Sportförderung dargelegt werden.

1. Bundesebene

Träger der Sportförderung sind auf Bundesebene im wesentlichen die Bundes-


regierung und der Bundestag. Wenngleich die Aufgaben der Sportförderung auf
insgesamt zehn Ressorts verteilt sind, so übernimmt das Bundesministerium des

45 Dies zeigt sich beispielsweise im Rahmen der Erfassung der Ausgaben der öffentlichen
Haushalte durch das Statistische Bundesamt, das die Ausgaben für Sport und Erholung auch
konsolidiert abbildet und im Aufgabenbereich „Sonstiges“ entsprechende Grenzfälle abbildet.
46 Vgl. Anders (1996), S. 368 f., Andreff (1996).

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 53

Innern als das für den Sport auf Bundesebene zuständige Bundesministerium eine
koordinierende Funktion (vgl. Tabelle 2). Dem Bundesministerium des Innern
nachgeordnet ist das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), das sportwissen-
schaftliche Aufgaben fördert und koordiniert. Auf legislativer Ebene zeichnet der
Sportausschuß des Deutschen Bundestags für die Sportförderung verantwortlich.
Die unmittelbaren Zuwendungen des Bundes an den Sport sind äußerst facetten-
reich geartet, wie aus Tabelle 2 schon zu entnehmen ist.47 Einen wesentlichen Teil
der Förderung erfahren der Hochleistungssport respektive die jeweiligen Spitzen-
verbände.48 Trainingsstätten in Form von Leistungszentren und Stützpunkten, der
Sportstättenbau im allgemeinen, Sportgeräte, technische Hilfsmittel sowie qualifi-
zierte Personalausstattung werden mitfinanziert. Ferner beteiligt sich der Bund an
den Kosten der Talentsuche und -förderung, der medizinischen Betreuung der
Sportler sowie der sportwissenschaftlichen Forschung. Wettkampfteilnahmen und
die Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen werden ebenso finanziell unter-
stützt wie die international repräsentativen Organe der deutschen Sportselbstver-
waltung. Der Breitensport erfährt nur dort unmittelbare Transferzahlungen des
Bundes, wo die Maßnahmen von zentraler Bedeutung für die gesamte Bundesrepu-
blik Deutschland sind und von einzelnen Ländern nicht wirksam gefördert werden
können.49
Der Bund fördert den Sport mittelbar im Rahmen der Steuergesetzgebung.
Wenngleich die Entscheidungen über Steuererleichterungen auf Bundesebene ge-
troffen werden, sind davon nicht weniger die Länder und Kommunen betroffen,
die auf potentielle Steuereinnahmen verzichten müssen.50 Entscheidend für die
steuerrechtliche Behandlung von Vereinen des selbstverwalteten Sports ist der
Status der Gemeinnützigkeit.51 Wird die Gemeinnützigkeit dem Sportverein zu-
erkannt, kommt er in den Genuß zahlreicher steuerlicher Vergünstigungen.52 Die
diversen Steuererleichterungen gestalten sich im wesentlichen derart, daß der

47 Zur Sportförderpolitik und den Sportfördermitteln des Bundes siehe auch Büch (1999),
S. 169 ff., oder Schmidt (1987), S. 26 ff.
48 Einen umfassenden Überblick über die Sportförderung des Hochleistungssports durch
den Bund findet sich in Bundesministerium des Innern (2002), S. 27 ff.
49 Zu entsprechenden Maßnahmen des Bundes siehe Bundesministerium des Innern
(2002), S. 71 ff.
50 Dies ergibt sich aus der Steuerertragshoheit (Art. 106, 107 GG) und dabei insbesondere
aus den Gemeinschaftssteuern, d. h., solchen, deren Aufkommen Bund, Ländern und Ge-
meinden gemeinsam zusteht (Art. 106 III GG). So teilen sich Bund und Länder die Körper-
schaftssteuereinnahmen hälftig, die Umsatzsteuerverteilung entspricht aktuell einem Verhält-
nis von etwa 51,41 zu 46,52 zu 2,07 zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Auch wenn
die Gewerbesteuererträge grundsätzlich den Gemeinden zustehen, haben diese eine Gewer-
besteuerumlage an Bund und Länder zu leisten.
51 Das Gemeinnützigkeitsrecht ist in der Abgabenordnung geregelt: §§ 51 bis 68 AO.

52 Zur Besteuerung von Vereinen siehe Engelsing / Littkemann (2002), S. 55 ff., sowie die
dort angegebene Literatur. Allgemein zur steuer- sowie zivilrechtlichen Sonderstellung des
Sportvereins siehe Madl (1994), S. 7 ff.

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54 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Tabelle 2
Sportfördermittel und Sportförderaufgaben der Bundesregierung
nach Ressorts (Soll 2002, in Millionen Euro)

Ressort Aufgabe Soll


Auswärtiges Amt Sportförderung im Rahmen
2,8
der auswärtigen Kulturpolitik
Bundesministerium des Innern* Förderung Hochleistungs- und Behindertensport,
Sportstättenbau, Sportwissenschaft,
internationale Angelegenheiten, Sport im 205,5
Bundesgrenzschutz, Sport für Aussiedler / Aus-
länder / benachteiligte Jugendliche
Bundesministerium Steuerliche Behandlung des Sports,
1,4
der Finanzen Sport der Zollverwaltung, Postsport
Bundesministerium für Arbeit Versehrten- und Behindertensportförderung
und Sozialordnung im Rahmen der Rehabilitation, 1,7
Sport im Arbeitsleben
Bundesministerium Spitzensportförderung in der Bundeswehr,
34,0
für Verteidigung Dienst- und Ausgleichssport
Bundesministerium für Fragen zu Sport und Umwelt,
Umwelt, Naturschutz und Projektfinanzierung, rechtliche Regelungen 0,3
Reaktorsicherheit
Bundesministerium für Familie, Jugendsport-, Frauen- und Mädchensport-,
Senioren, Frauen und Jugend Familiensport- und Alterssportförderung, 6,6
Sport im Zivildienst
Bundesministerium für wirt- Sportförderung im Rahmen
schaftliche Zusammenarbeit der Entwicklungspolitik 0,1
und Entwicklung
Bundesministerium für Bildung Sport im Rahmen des Bildungswesens,
1,1
und Forschung Hochschulsport
Bundesministerium Sport im Rahmen der Gesundheitsvorsorge
für Gesundheit **

Bundesministerium für Verkehr, Förderung der Eisenbahnersportvereine


Bau- und Wohnungswesen **

Summe 253,5

* einschließlich Bundesgrenzschutz und Bundesinstitut für Sportwissenschaft.


** kein eigener Ausweis in Haushaltsplänen des Bundes.
Quelle: Bundesministerium des Innern (2002), S. 16 ff., S. 22.

gemeinnützige Verein von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit ist und
daß bei der Umsatzsteuer verschiedene Steuerermäßigungen gelten. Darüber hin-
aus kann der Verein Spendenquittungen ausstellen, womit der steuerliche Abzug

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 55

der Spende für den Spender ermöglicht wird. Übungsleiter im gemeinnützigen


Bereich sind, sofern sie für ihre nebenberufliche Tätigkeit ein Entgelt erhalten, bis
zu einem Höchstsatz von der Einkommenssteuer befreit.53
Die quantitativen Aspekte der unmittelbaren Förderung des Sports durch den
Bund, wie auch in den folgenden Abschnitten durch die Länder und Kommunen,
erfolgt auf Basis der Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte, wie diese
vom Statistischen Bundesamt dokumentiert werden.54 Hierbei handelt es sich,
sofern nicht anders vermerkt, um nominale Werte.
Die unmittelbare Sportförderung des Bundes ist von weitgehender Stetigkeit
gekennzeichnet (vgl. Abbildung 3). Die Ausgaben für den Sport sind von 1965
bis 1990 um mehr als das Dreieinhalbfache gestiegen. Dann ergab sich im Zuge
der Wiedervereinigung eine sprunghafte Erhöhung der Ausgaben, die sich in der
Folge auf etwa doppeltem Niveau zu 1990 einpendelten. Bereits in den Jahren
1970 bis 1973 gab es Abweichungen von der konstanten Entwicklung, die auf
der Förderung besonders des Sportstättenbaus im Rahmen der Olympischen
Spiele 1972 in München beruhen. Für das Jahr 2000 ermittelte das Statistische
Bundesamt Ausgaben in Höhe von rund 121 Millionen Euro.55 Die neuerlichen
Abweichungen in den Jahren 2001 und 2002 gehen auf die Förderung des Aus-
baus von Stadien im Rahmen der Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft
2006 zurück,56 so daß die Sportförderung des Bundes im Jahre 2002 rund 228
Millionen Euro betrug.
Schließlich ist die mittelbare Förderung noch nicht berücksichtigt. Über deren
monetären Umfang liegen nach Kenntnisstand des Autors keine gesicherten
Erkenntnisse vor. Beispielsweise ermittelten Heinemann / Schubert, daß aus der
steuerlichen Spendenabzugsfähigkeit eine mittelbare Transferleistung des Staates

53Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 23.


54Die Zahlen stammen aus folgenden Reihen des Statistischen Bundesamtes, Finanzen
und Steuern:
– 1965 bis 1969: Fachserie L, Reihe 5, Sonderbeiträge zur Finanzstatistik, Aufwendungen
von Bund, Ländern und Gemeinden (GV) für Gesundheitspflege und Sport,
– 1970 bis 1973: Fachserie L, Reihe 5, Sonderbeiträge zur Finanzstatistik, Ausgaben der
öffentlichen Haushalte für Gesundheit, Sport und Erholung,
– 1974 bis 1979: Fachserie 14, Reihe 3.6, Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte
für Gesundheit, Sport und Erholung,
– ab 1980: Fachserie 14, Reihe 3.5, Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte für
soziale Sicherung und für Gesundheit, Sport und Erholung.
55 Dieser Wert liegt deutlich unter dem Wert der für Sport verausgabten Mittel nach dem
Sportbericht der Bundesregierung. Ein Großteil dieser Abweichung läßt sich damit erklären,
daß in letzterem die sportorientierten Mittel aller Einzelpläne enthalten sind. So liegen gene-
rell die Werte nach Angabe des Statistischen Bundesamtes unter den in den Sportberichten
der Bundesregierung ausgewiesenen Werten.
56 Der Bund stellte für den Ausbau des Olympiastadions in Berlin und des Zentralstadions
in Leipzig insgesamt 247 Millionen Euro an Bundesfördermitteln bereit. Vgl. Bundesministe-
rium des Innern (2002), S. 70.

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56 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

in Höhe von fast 53 Millionen Euro resultiert.57 Eine weitere Quantifizierung ge-
staltet sich aufgrund von Zurechnungsschwierigkeiten und Wirkungsinterdepen-
denzen äußerst problematisch und würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es
bleibt aber festzuhalten, daß der quantitative Gesamtumfang der Sportförderung
durch den Bund erheblich höher liegen dürfte als dargestellt.

350

300

250
Mio. Euro

200

150

100

50

0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr
Förderung des Sports Sportstätten Nettosportausgaben

Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).

Abbildung 3: Sportausgaben des Bundes von 1965 bis 2002


(nominal, in Millionen Euro)58

2. Landesebene

Die Ressortzuständigkeiten für die Sportförderung sind uneinheitlich in den ein-


zelnen Bundesländern und wechseln auch zuweilen. Neben den in Tabelle 3 dar-
gestellten federführenden Ministerien sind häufig noch andere Ressorts mit Auf-
gaben des Sports betraut.
Die Koordinierung der Sportförderung in den Ländern und die Wahrung der
Länderinteressen im Sport auf nationaler und internationaler Ebene ist Aufgabe
der Ständigen Konferenz der Sportminister der Länder in der Bundesrepublik

57 Unter Annahme der von Heinemann / Schubert (1994), S. 276, ermittelten Höhe der
Spendeneinnahme von rund 132 Millionen Euro und einem durchschnittlichen Steuersatz von
40 Prozent ergibt sich eine mittelbare Transferleistung des Staates in Höhe von fast
53 Millionen Euro.
58 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Bundes-
ebene erst seit 1970.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 57

Deutschland (SMK).59 Sie behandelt seit ihrer ersten Konferenz 1977 Angelegen-
heiten des Sports der Länder mit überregionaler Bedeutung. Ihr gehören die 16 für
den Sport zuständigen Landesminister / -senatoren an. Als Gäste wirken der Bun-
desminister des Innern, der Deutsche Sportbund, kommunale Spitzenverbände wie
auch die Kultusministerkonferenz an der Beschlußfassung mit.

Tabelle 3
Ressortzuständigkeiten der Sportförderung in den Bundesländern
(Stand: Oktober 2004)

Bundesland Ressort
Baden-Württemberg Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Bayern Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Berlin Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport
Brandenburg Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Bremen Senator für Inneres und Sport
Hamburg Behörde für Bildung und Sport
Hessen Ministerium des Innern und für Sport
Mecklenburg-Vorpommern Sozialministerium
Niedersachsen Ministerium für Inneres und Sport
Nordrhein-Westfalen Ministerium für Städtebau und Wohnen,
Kultur und Sport
Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport
Saarland Ministerium für Inneres, Familien, Frauen und Sport
Sachsen Staatsministerium für Kultus
Sachsen-Anhalt Ministerium für Gesundheit und Soziales
Schleswig-Holstein Innenministerium
Thüringen Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit

Quelle: Eigene Erhebung.

Die Sportförderpolitik ist in den einzelnen Ländern äußerst uneinheitlich, die


Fördermaßnahmen sind differenziert und vielfältig. Trotz struktureller Unter-

59 Darüber hinaus haben sich auf Landesebene Landessportkonferenzen etabliert, in denen


staatliche und kommunale Stellen sowie Vertreter der Parteien mit Vertretern aus dem selbst-
verwalteten Sport an der Meinungsbildung und Entscheidungsvorbereitung in Fragen der
Sportpolitik und -förderung mitwirken.

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58 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

schiede und verschiedener Priorisierung im Detail lassen sich dennoch einige Ge-
meinsamkeiten über die Bundesländer hinweg erkennen.60 Ein Großteil der für die
Sportförderung bereitgestellten Landesmittel sind Zweckzuweisungen und Zu-
schüsse für den kommunalen wie auch den vereinseigenen Sportstättenbau. Ferner
bauen und unterhalten die Länder Leistungszentren und Trainingsstützpunkte, die
insbesondere der Nachwuchs- und Spitzensportförderung dienen. Sie bezuschussen
erforderliche Trainer und stellen die medizinische Versorgung bereit. Der Vereins-
sport erfährt eine laufende Förderung seines Übungsbetriebs durch Landesmittel,
die in aller Regel der Anschaffung von Sportgeräten, Finanzierung der Wettkampf-
teilnahme sowie zu einem bedeutenden Teil der Entlohnung, Aus- und Fortbildung
der Übungsleiter zufließen. Darüber hinaus fördern die Länder gezielt besondere
Zielgruppen und Projekte. Hier seien beispielhaft die direkten Zuwendungen an
die Landesverbände des Behindertensports, die sogenannten „Fan-Projekte“ zur
Betreuung von Anhängern einer Sportart oder andere Initiativen und Projekte für
den Sport mit Kranken, Arbeitslosen, Jugendlichen, Strafgefangenen oder Aus-
ländern genannt. Der Sport an Schulen und Hochschulen, im besonderen der Bau
entsprechender Sportstätten sowie die Besoldung von Lehrern und Dozenten, ist
ebenfalls Aufgabe der Länder.
Die Bundesländer verzichten auf Einnahmen aus den Sportwetten und Lotte-
rien zugunsten des Sports. Die Lotterien unterliegen in Deutschland der Länder-
hoheit. Für sie gilt das jeweilige Landesrecht, sie stehen unter staatlicher Auf-
sicht, ihre Organisation ist länderspezifisch, wenngleich immer von einer öffent-
lichen Beteiligung geprägt. Von den erwirtschafteten Beträgen sind umsatzabhän-
gige Zweckerträge bzw. Konzessionen an die Landeshaushalte oder direkt an
bestimmte Destinatäre mit gemeinnützigem Charakter abzuführen. Die Höhe und
Aufteilung sind entsprechend länderspezifischer Regelungen nicht einheitlich,
wenngleich neben sozialen und kulturellen Einrichtungen insbesondere der Sport
von diesen Geldern profitiert.61 So konnten 1998 kumuliert über alle Bundes-
länder rund 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, die den gemeinnützigen
Destinatären, und unter ihnen in besonderem Maße den sportlichen, direkt zu-
geflossen sind bzw. für eine entsprechende Verwendung in die Landeshaushalte
eingestellt wurden.62
Ferner darf nicht übersehen werden, daß erhebliche Landesmittel für Perso-
nalkosten staatlicher Sportbehörden aufgebracht werden.63 Als ein Beispiel sei
nur der umfangreiche Polizeieinsatz bei Sportgroßveranstaltungen angeführt, ein

Vgl. Kemper (1999), S. 156 ff., Schmidt (1987), S. 22 ff.


60

Zu den umsatzabhängigen Abgaben über die verschiedenen Spielarten in den einzelnen


61
Ländern siehe Leonhardt (1999), S. 183 ff.
62 Vgl. Leonhardt (1999), S. 204, S. 206 f. Da die Lotterie-Einnahmen teilweise in die
Landeshaushalte eingestellt werden und dem Sport in Form monetärer Transfers als direkter
Finanzstrom zufließen, soll die Förderung durch Lotterien auch als unmittelbare, monetäre
Transferleistung verstanden werden.
63 Vgl. Schmidt (1987), S. 26.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 59

„Sicherheitsservice“, an dessen Kosten die veranstaltenden Sportorganisationen


nicht beteiligt werden.
Da die mittelbare Förderung auf Landesebene von untergeordneter Bedeutung
ist, kann die Entwicklung der Ausgaben für die unmittelbare Sportförderung durch
die Länder näher betrachtet werden (vgl. Abbildung 4). Diese weisen im Trend
einen Anstieg auf und lagen im Jahr 2002 bei rund 641 Millionen Euro. Aufgrund
der Wiedervereinigung wurden ab dem Rechnungsjahr 1992 die neuen Bundes-
länder mit erfaßt, wodurch die ausgewiesenen Länderausgaben um fast 30 Prozent
stiegen. Der deutliche Einbruch im Jahr 1998 ist weitgehend durch die Stadt Berlin
bedingt, die ihre Sportausgaben drastisch kürzte.64 Während die Ausgaben für die
Sportförderung, von einer Trendabweichung Mitte der 70er Jahre abgesehen, einen
relativ kontinuierlichen Verlauf aufweisen, bedingt insbesondere die Förderung
der Sportstätten, auf Landesebene primär investiver Natur, die Schwankungen der
Nettoausgaben.

800

600
Mio. Euro

400

200

0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr
Förderung des Sports Sportstätten
Badeanstalten Nettosportausgaben

Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).

Abbildung 4: Sportausgaben der Länder (mit Stadtstaaten) von 1965 bis 2002
(nominal, in Millionen Euro)65

Auch auf Landesebene ist die Quantifizierung wieder problembehaftet. Die


mittelbare Förderung findet ebenso wenig Berücksichtigung wie ein Großteil der

64 Die Haushalte der Stadtstaaten rechnet das Statistische Bundesamt den Länderhaus-
halten zu.
65 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Landes-
ebene erst seit 1970, ebenso werden Landesmittel für Badeanstalten erst seit 1970 ausge-
wiesen.

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60 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Lotterie-Transfers. Zurechnungsschwierigkeiten werden am Beispiel der Polizei-


einsätze deutlich, womit vergleichbare Ausgaben in den ausgewiesenen Zahlen
nicht enthalten sind. Damit kann auch auf Landesebene von einem tatsächlich höher
liegenden Umfang der öffentlichen Förderung als dargestellt ausgegangen werden.

3. Kommunalebene

Entscheidungen zur Sportförderung werden auf kommunaler Ebene in den Ge-


meindeverwaltungen vorbereitet und von den Gemeinderäten getroffen. Die hierfür
geschaffenen Verwaltungsinstanzen variieren in ihrem Umfang und ihren Entschei-
dungskompetenzen.66 Sie reichen von eigenen Sportämtern und -dezernaten vor
allem in Großstädten über die Bündelung der Aufgaben zusammen mit dem
Sozial-, Jugend- oder Kulturbereich bis hin zur reinen Aufgabenmitverwaltung in
kleinen Gemeinden.
Die kommunale Sportförderpraxis ist sehr heterogen und insbesondere abhängig
von lokalen Gegebenheiten und Traditionen sowie der jeweiligen örtlichen Finanz-
kraft. In den einzelnen Kommunen werden verschiedene Maßnahmen gefördert.
Selbst bei übereinstimmenden förderungswürdigen Maßnahmen differieren doch
häufig Umfang und Priorität.67 Dennoch lassen sich einige allgemeine Aussagen
zu den Schwerpunkten der kommunalen Förderung treffen.68 Wesentlicher Gegen-
stand der Förderung sind Sportstätten. Im Rahmen der monetären Transferleistun-
gen erhält der selbstverwaltete Sport zum einen Baukostenzuschüsse, zum anderen
Unterhaltszuschüsse für im eigenen Besitz befindliche Sportstätten. Auch für die
Anschaffung von technischen Gerätschaften und Sportgeräten erhalten die Vereine
Gelder von den Kommunen. Darüber hinaus wird das lokale Sportangebot durch
Beteiligung an den Übungsleiterkosten oder anderen im Zusammenhang mit der
Sportausübung stehenden Kosten gefördert. Die Ausrichtung von Sportveranstal-
tungen wird häufig ebenso bezuschußt wie die Teilnahme von Sportlern an solchen
Veranstaltungen. Ortsansässige Vereine können eine allgemeine Förderung ent-
sprechend der Anzahl ihrer Mitglieder erhalten. Gratifikationen und Ehrungen bei
besonderen sportlichen Erfolgen oder Jubiläen runden die Förderpalette ab.
Bei den Realtransfers spielen Sportstätten ebenfalls eine zentrale Rolle. Eine
Vielzahl der Sportstätten befindet sich im Besitz der Kommunen. Die Kommunen
stellen die Sportstätten bereit, sorgen für deren Instandhaltung und überlassen sie
den Sportvereinen meist unentgeltlich oder für einen sehr niedrigen Preis, der eher
symbolischen Charakter hat. Gemeindepersonal wird zur Pflege der vereinseigenen
Anlagen eingesetzt oder unterstützt die Vereine in technischen und organisatori-
schen Angelegenheiten.

Vgl. Hockenjos (1995), S. 19 f.


66

Vgl. die umfassende Analyse von Hockenjos (1995), S. 28 ff.


67

68 Vgl. Schmidt (1987), S. 19 ff. Zu einer detaillierten Darstellung der Arten kommunaler
Sportförderung siehe Hockenjos (1999).

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 61

Die Kommunen stehen den Vereinen ebenfalls durch die Beteiligung an Risiken
bei. Viele bieten die Übernahme von Ausfallbürgschaften oder die Abgabe von
Defizitgarantien an, die bei der Veranstaltung von Großsportereignissen von Rele-
vanz sind. Diese lassen sich als unmittelbare Transferleistungen verstehen.
Langfristig ist bei den kommunalen Sportausgaben ein Anstieg zu erkennen
(vgl. Abbildung 5). Die deutliche Steigerung der Sportförderung 1973 / 74 dürfte
in Zusammenhang mit der deutschen Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft
1974, der Anstieg 1992 mit der erstmals mit in die Rechnung aufgenommenen
Ausgaben der neuen Bundesländer stehen. 1965 verausgabten die Kommunen rund
249 Millionen Euro für den Sport. Dieser Wert belief sich zum Vergleich auf über
3,1 Milliarden Euro im Jahre 2002 und damit auf mehr als das Zwölffache. Werden
hiervon die unmittelbaren Einnahmen abgezogen, die weit über die Hälfte aus den
Badeanstalten resultieren, so ergibt sich ein kommunaler Zuschußbedarf von über
2,4 Milliarden Euro.

3500
3000
2500
Mio. Euro

2000
1500
1000
500
0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr
Förderung des Sports Sportstätten
Badeanstalten Nettosportausgaben

Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).

Abbildung 5: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002


(nominal, in Millionen Euro)69

Nicht alle Positionen der mittelbaren Förderung, insbesondere die Realtransfers,


werden dem Sport zugerechnet, ebenso fehlen quantitative Angaben zur unmittel-
baren Förderung. Folglich unterschätzen die ausgewiesenen Zahlen wiederum die
Höhe der tatsächlichen kommunalen Ausgaben zur Sportförderung.

69 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Kom-
munalebene erst seit 1974. Für die Jahre 1965 bis 1973 wurde deshalb auf die von Hockenjos
(1995), S. 176 f., geschätzten Anteile auf Basis der Durchschnittswerte der Folgejahre zu-
rückgegriffen.

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62 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Der langfristige Trend steigender Sportausgaben der Kommunen muß relativiert


werden, wenn die nominalen mit den realen Ausgaben einem Vergleich unterzogen
werden (vgl. Abbildung 6). Auch die realen Ausgaben stiegen bis Anfang der 80er
Jahre, von einer Konsolidierung Mitte der 70er abgesehen, enorm an. Das Anfang
der 80er Jahre realisierte Niveau wurde, einen erneuten Peak durch die Wiederver-
einigung vernachlässigend, seitdem nicht mehr erreicht. Somit könnte von einer
tendenziellen Stagnation der realen kommunalen Sportausgaben in den letzten bei-
den Jahrzehnten gesprochen werden.

3500
3000
2500
Mio. Euro

2000
1500
1000
500
0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr

nominal real

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002),
Konsumentenpreisindex-Deflator.

Abbildung 6: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002


(nominal und real, in Millionen Euro)

4. Gesamtumfang der Sportförderung

Die gesamte unmittelbare Sportförderung gemäß der vorgenommenen Abgren-


zung belief sich im Jahr 2002 netto auf über 3,9 Milliarden Euro (vgl. Abbil-
dung 7).70 Werden darüber hinaus die Ausgaben für Schul- und Hochschulsport
sowie weitere, nicht in den Sporteinzelplänen explizit aufgeführte Mittel berück-
sichtigt, dürfte das Gesamtvolumen der unmittelbaren öffentlichen Sportförderung
in Deutschland bei über sechs Milliarden Euro liegen.71

70 Darin nicht enthalten sind die Ausgaben der Zweckverbände, die sich auf rund zehn
Millionen Euro beliefen.
71 Vgl. hierzu auch Bundesministerium des Innern (2002), S. 21.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 63

Den größten Teil der öffentlichen Sportförderung tragen, vorbehaltlich der vor-
genommenen Abgrenzung der Quantifizierung, die Kommunen mit rund 78 Pro-
zent. Der Anteil der kommunalen Sportförderung war im Zeitablauf kontinuierlich
gestiegen, lag in den 80er Jahren auf deutlich über 80 Prozent und sank mit der
Wiedervereinigung wieder auf unter 80 Prozent. Unter einer partiellen Berücksich-
tigung der Ausgaben der Stadtstaaten, die in den dargestellten Werten in vollem
Umfang den Ländern zugerechnet sind, dürfte der Anteil der Kommunen aber
schon immer deutlich höher liegen. Eine leichte Relativierung ergibt sich unter
Berücksichtigung der mittelbaren Transfers in Form der von Bund und Land ge-
tragenen Steuervergünstigungen sowie des Einnahmeverzichts der Länder auf die
Lotterieeinnahmen zugunsten des selbstverwalteten Sports. Dennoch bestätigen
diese Werte die Sportförderung als primär kommunale Aufgabe in Deutschland.

4000
3500
3000
2500
Mio. Euro

2000
1500
1000
500
0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr
Bund Länder Kommunen Nettosportausgaben gesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).

Abbildung 7: Öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden


von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro)

Entsprechend dem hohen Anteil kommunaler Transferleistungen weist das reale


Gesamtvolumen der unmittelbaren öffentlichen Sportförderung einen ähnlichen
Entwicklungsverlauf wie die realen kommunalen Sportausgaben auf. Abgesehen
vom Höchstniveau der Gesamtförderung im Zuge der Wiedervereinigung in der
ersten Hälfte der 90er Jahre, ist der reale Höchststand von 1980 bis heute nicht
mehr erreicht worden (vgl. Abbildung 8). Haben sich die Transferleistungen nomi-
nal seit 1965 bis ins Jahr 2002 mehr als verzehnfacht, stiegen diese real um 350
Prozent. Allerdings vollzog sich der enorme reale Anstieg bereits bis zum Jahr
1980.

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64 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

4000
3500
3000
Mio. Euro

2500
2000
1500
1000
500
0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Jahr

nominal real

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002),
Konsumentenpreisindex-Deflator.

Abbildung 8: Öffentliche Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland


von 1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro)

5. Sportförderung durch die Europäische Union

Zur Komplettierung der Sportförderung soll noch kurz die Sportförderung durch
die Europäische Union skizziert werden. Vergleichbar mit der Sportministerkon-
ferenz haben sich auf europäischer Ebene eine Europäische Sportministerkon-
ferenz sowie regelmäßige informelle Sportministerbegegnungen etabliert. Diese
wirken als Impulsgeber der europäischen Sport(förder)politik und legen deren
grundsätzliche Richtung fest. Die politischen Beschlüsse werden dann durch die
Europäische Kommission umgesetzt, die ferner als „Hüter der Verträge“ fungiert
sowie die Finanzmittel und Fonds und damit auch die Gelder für den Sport der
Europäischen Union verwaltet. Zuständig für den Sport bei der Kommission ist die
Generaldirektion Bildung und Kultur und dort im speziellen die 1998 eingerichtete
sogenannte „Sport Unit“.
Von der Unterstützung in der Doping-Problematik abgesehen, gibt es gegen-
wärtig kein direktes Sportförderprogramm der Europäischen Union. Eurathlon als
ein solches ist mangels rechtlicher Grundlage ausgelaufen.72 Eurathlon richtete
sich ausschließlich an Institutionen des selbstverwalteten Sports, Einrichtungen
der öffentlichen Sportverwaltung sowie Schulen und Hochschulen, die die Sport-
förderung zu ihren satzungsgemäßen Zielen zählen. Für die Förderung insbeson-
dere von integrationsfördernden Austauschprogrammen, der gemeinsamen Sport-

72 Vgl. Eulering (2001), S. 273 f.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 65

aus- und Weiterbildung sowie von sportlicher Betätigung im Interesse der Gesund-
heit standen 1997 zwei Millionen Euro für 175 Projekte zur Verfügung.
Auch wenn der Europäischen Union die rechtliche Basis zur Sportförderung
fehlt, d. h., sie weder über spezifische Kompetenzen noch finanzielle Mittel ver-
fügt, kann der Sport dennoch in übergreifenden Programmen und Aktionen mit-
gefördert werden.73 Des weiteren deklarierte die Europäische Union das Jahr 2004
zum Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport und stellte dafür über elf Millio-
nen Euro zur Verfügung.74
Insgesamt bleibt die finanzielle Förderung des Sports durch die Europäische
Union im Vergleich zur nationalen öffentlichen Förderung kaum beachtenswert.

III. Regulierungsansätze zur Sportförderung

Im folgenden soll erörtert werden, wie der Staat durch regulierende Eingriffe in
den Markt zur Förderung des Sports beiträgt. Hierbei können nicht alle staatlichen
Regulierungen vollständig beschrieben werden, die sich auf das im Bereich des
Sports erzielte Marktergebnis positiv auswirken. Es sollen aber entsprechend der
Möglichkeiten eines Eingriffs in die Marktstruktur, das Marktverhalten oder das
Marktergebnis die drei zentralen Regulierungsansätze exemplarisch herausgegrif-
fen werden, um so zu verdeutlichen, daß die öffentliche Sportförderung weit über
staatliche Transferleistungen hinausreicht. Ein Eingriff in die Marktstruktur erfolgt
durch die Anerkennung nur eines Sportverbandes seitens des Staates, ein Eingriff
in das Marktverhalten durch die Duldung mittels Verbandsregeln geschaffener und
dem Bereich des Sports zuzurechnender Ausnahmebereiche und ein Eingriff in
das Marktergebnis im Rahmen der Sportberichterstattung im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk.75

1. Ein-Verbands-Prinzip

Sportverbände haben in der Bundesrepublik Deutschland als Anbieter des Sports


eine Monopolstellung. Zwar stehen die Sportverbände untereinander im Wett-
bewerb bezüglich der Sportarten und müssen sich gegen andere Formen der Frei-
zeitgestaltung und weiteren Unterhaltungsgüteranbieter behaupten.76 Allerdings

73 Als mögliche Finanzierungsquellen wären hier der Europäische Fonds für Regionale
Entwicklung, der Europäische Sozialfonds, der Europäische Ausgleichs- und Garantiefonds
für Landwirtschaft oder die Gemeinschaftsinitiativen der Europäischen Union zu nennen.
Siehe hierzu auch Eulering (2001), S. 274.
74 Vgl. Europäisches Parlament / Europäischer Rat (2003).

75 Die Förderung des Sports über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk basiert zugleich auf
einem Eingriff in die Marktstruktur, da die Struktur des dualen Rundfunksystems weitgehend
staatlich determiniert und reguliert ist.
76 Bei der Frage nach den Wettbewerbern handelt es sich letztlich um das Problem der
Abgrenzung des relevanten Marktes. Siehe hierzu Oberender (1975).

5 Langer

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66 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

liegen hierbei nur bedingt Substitutionsbeziehungen vor. Auch wenn zunehmend


alternative Angebotsformen zum selbstverwalteten Sport an Bedeutung gewin-
nen,77 stehen insbesondere die Spitzen- und Wettkampfsportler als Inputfaktoren
der sportlichen Leistungserstellung einem Nachfragemonopol gegenüber.78 Dabei
interessiert an dieser Stelle weniger, inwieweit diese Marktstruktur durch Markt-
leistungen seitens der Sportverbände bedingt ist.79 Vielmehr ist zu zeigen, daß
durch staatliche Markteingriffe Marktzutrittsschranken geschaffen werden.
Sportverbände und öffentliche Hand stehen durch die finanzielle Unterstützung
im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips in enger Beziehung zueinander. Um den
Vorteil staatlicher Unterstützung nutzen zu können, müssen die Sportverbände
offiziell anerkannt sein. In Deutschland ist der DSB der offizielle, von staatlicher
Seite anerkannte Dachverband des Sports. Da der Staat nur einen Verband aner-
kennt, kommt dieser, inklusive seiner angeschlossenen Mitgliedsverbände, als ein-
ziger in den Genuß der staatlichen Förderung.80
Innerhalb des DSB gilt ebenfalls das Ein-Verbands-Prinzip.81 Sowohl im DSB
als auch in den Landessportbünden steht für jedes Fachgebiet nur jeweils ein Mit-
gliedsplatz zur Verfügung.82 Damit kann nur ein Fachverband Mitglied im DSB
werden, als solches in die staatliche Anerkennung gelangen und damit an der
öffentlichen Sportförderung partizipieren. Dies gilt ebenso für die internationalen
Sportverbände. Auch diese wenden das Ein-Verbands-Prinzip an und erkennen so-
mit in jeder Sportart lediglich einen nationalen Sportverband an.83 Damit ist das
Monopol der jeweiligen Fachverbände national sowie international geschützt.
Die nicht offiziell vom DSB respektive Staat anerkannten Verbände oder Orga-
nisationen des Sports können für sich keine staatlichen Transferleistungen in An-
spruch nehmen. Dies bezieht sich sowohl auf die unmittelbaren Zahlungen als auch
mittelbaren Leistungen beispielsweise durch die unentgeltliche Nutzung öffent-
licher Sportstätten. Damit hat der Staat eine Markteintrittsbarriere geschaffen, die

77Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 3. Kap., D. I.


78Zwar haben die Sportler Wahlfreiheit zwischen konkurrierenden Sportvereinen, unter-
liegen aber bei der Produktion der sportlichen Leistung durch Kooperation auf Sportver-
anstaltungen den jeweiligen Verbandsregelungen. Zum Modell der Produktion sportlicher
Leistung siehe Benner (1992), Kappler / Wadsack (1996), S. 80 ff.
79 Vgl. ausführlich zu den Determinanten der Monopolstellung der Sportverbände Kubat
(1998), S. 43 ff.
80 Durch diesen sogenannten „Sportvorbehalt“ erhalten Sportdachverbände eine Sonder-
stellung bei der Förderung sowie der juristischen Rechtsauslegung. Vgl. Kirsch / Kempf
(2002), S. 257.
81 Auch wenn im deutschen Sportverbandswesen hierfür die Bezeichnung „Ein-Platz-Prin-
zip“ verbreitet ist, wird der Anschaulichkeit wegen der Begriff „Ein-Verbands-Prinzip“ prä-
feriert. Siehe ebenso Vieweg (1990), S. 61.
82 § 5 Nr. 2 und 3 Satzung DSB.

83 Vgl. Vieweg (1990), S. 58, S. 61 ff., sowie die Ausführungen am Beispiel Fußball von
Parlasca (1993), S. 218 f.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 67

neuen, nicht offiziell anerkannten Sportanbietern den Zutritt zum Markt erschwert
und damit die Anbieter des selbstverwalteten Sports vor Konkurrenten schützt.
Das Prinzip der staatlichen Anerkennung von nur einem Sportverband ist eine
Ursache für die Monopolstellung der Sportverbände.84
Verbunden mit der Monopolstellung der Sportverbände ist Marktmacht.85 Mit-
tels der Marktmacht können die Sportverbände Monopolrenten erzielen. Es findet
eine Umverteilung der Renten, sowohl von den Inputfaktoren der sportlichen Lei-
stungserstellung, insbesondere den Spitzensportlern, als auch von den Nachfragern
nach sportlichen Leistungen als Unterhaltungsgut, also den Konsumenten vor Ort
bzw. den Medien, statt.86 Gerade durch die Schaffung von Marktzutrittsschranken
fördert der Staat die Marktmacht der Verbände und unterstützt damit indirekt die
daraus resultierenden Konsequenzen in Form von sportlichen bzw. wirtschaftlichen
Regelungen durch die Sportverbände zur Erzielung von Monopolrente. Diese Re-
gelungen sollen nun explizit betrachtet werden.

2. Verbandsregelungen und staatlich geduldete Ausnahmebereiche

Die Regelungen der Sportverbände sind sehr vielfältig und betreffen sowohl die
Input- als auch die Outputmärkte.87 Diese Regelungen greifen in Marktprozesse in
einer Form ein, wie sie anderen Marktteilnehmern staatlich nicht gestattet werden.
Somit werden den Sportverbänden durch relativ erweiterte Handlungsspielräume
privilegierte Marktverhaltensweisen zugestanden. Es werden dem Bereichs des
Sports zurechenbare Ausnahmebereiche akzeptiert bzw. definiert, die es den Sport-
verbänden ermöglichen, Marktmacht zu entwickeln. Dabei stehen zwei Bereiche
besonders in der Diskussion und haben schon staatliches Handeln nach sich ge-
zogen, weshalb diese näher zu beleuchten sind: die Vermarktung der Fernseh-
übertragungsrechte als auch Mobilitätsbeschränkungen der Spieler durch das
Transfersystem sowie durch Ausländerbegrenzungen.
Die Diskussion um die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte soll exem-
plarisch am Fußball dargestellt werden. Die Vermarktung der Übertragungsrechte
erfolgte bis 2001 durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB), seitdem durch die
neugegründete Deutsche Fußball Liga (DFL). Diese traten bzw. treten als Mono-
polisten auf und vermarkten die Rechte zentral. Dieses Vorgehen erfährt sowohl
von ökonomischer als auch juristischer Seite erhebliche Kritik, da die Fußball-
Bundesliga ein Vermarktungskartell bildet.88

Vgl. ebenso Kubat (1998), S. 46 ff.


84

Vgl. Franck (1995), S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 98 ff., Kubat (1998), S. 49 ff.
85
86 Das Ausmaß der Umverteilung der Renten hängt dabei insbesondere von den Regelun-
gen ab, die von den jeweiligen Sportverbänden getroffen werden. Siehe hierzu Franck (1995),
S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 105 ff., Kubat (1998), S. 49 ff.
87 Vgl. Franck (1995), S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 105 ff., Kubat (1998), S. 49 ff.

5*

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68 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Im Fall der Rechte an den europäischen Pokalspielen (UEFA-Pokal) wurde die


zentrale Vermarktung bereits 1997 vom Bundesgerichtshof untersagt.89 Folglich
mußte der DFB damit rechnen, daß auch die zentrale Vermarktung der Fußball-
Bundesliga-Spiele gegen nationales und europäisches Kartellrecht verstößt. Damit
dieser Fall nicht eintritt, hat die Bundesregierung 1998 Änderungen im Gesetz
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgenommen. Die Spitzensportver-
bände wurden vom Kartellierungsverbot freigestellt und somit auch die zentrale
Vermarktung legitimiert. So wurde im GWB ein weiterer kartellrechtlicher Aus-
nahmebereich geschaffen, d. h., die Spitzensportverbände sind von den generellen
Regeln des GWB partiell freigestellt und können grundsätzlich verbotene private
Wettbewerbsbeschränkungen vornehmen.90 Es ist allerdings noch offen, ob diese
Lösung auch vor dem europäischen Kartellrecht Bestand hat.
Im Falle der verbandlichen Arbeitsmarktregulierung im Rahmen des Transfer-
systems und der Ausländerbeschränkung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)
bereits ein im Spitzensport grundlegende Veränderungen hervorrufendes Urteil ge-
fällt.91 Bis zu diesem sogenannten Bosman-Urteil92 im Dezember 1995 mußte für
professionelle Fußballspieler auch nach Ablauf ihrer Vertragszeit bei einem Ver-
einswechsel der neue Verein eine Ablösesumme an den alten Verein zahlen. Be-
gründet wurde dies mit der Refinanzierung der Ausbildungsinvestitionen, die vom
bisherigen Verein für den Spieler getätigt worden waren.93 Auch sollten die finan-
ziell schwächeren Vereine damit gegenüber den finanzstarken gefördert werden,
um die Ausgeglichenheit der Liga nicht zu gefährden.94 Da der abgebende Verein
die Ablösesumme weitgehend selbst bestimmen konnte,95 war es ihm möglich,
durch entsprechend hohe Forderungen den Spieler für potentiell interessierte neue

88 Vgl. Parlasca (1993), S. 140 ff., Hausmann (1994), Franck (1995), S. 110 ff., Klodt
(1998), Erning (2000), S. 141 ff. Zu einer etwas differenzierteren Sicht siehe Schellhaaß / En-
derle (1998).
89 Vgl. Erning (2000), S. 139 f., sowie allgemein zur Entwicklung der Vermarktung der
Übertragungsrechte ebda., S. 134 ff.
90 Zur Problematik der Branchenfreistellungen siehe Eickhof (1993) sowie die dort ange-
gebene Literatur.
91 EuGH C-415 / 93. Zum Inhalt siehe auch Büch (1998), S. 283 f.

92 Der belgische Profi-Fußballer Jean-Marc Bosman klagte beim EuGH gegen seinen da-
maligen Sportverein, den RFC Lüttich, der den beabsichtigten Wechsel Bosmans zum fran-
zösischen Verein US Dünkirchen verhinderte, indem er ihm trotz Beendigung seines Arbeits-
vertrages die für einen Wechsel erforderliche Freigabeerklärung gegenüber dem belgischen
Fußballverband verweigerte.
93 Vgl. Büch / Schellhaaß (1978), S. 257 ff., Büch (1998), S. 286 ff., Schellhaaß (1984).

94 Vgl. Wertenbruch (1996), S. 375 f.

95 Bis 1980 konnte in der Fußball-Bundesliga die Ablösesumme beliebig hoch angesetzt
werden. Da damit aber ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG, der die Freiheit der Arbeits-
platzwahl garantiert, vorlag, wurden daraufhin die Transferregelungen weniger restriktiv ge-
staltet, wenngleich sie immer noch wettbewerbsbeschränkende Elemente beinhalteten. Siehe
hierzu Parlasca (1993), S. 183 ff., sowie die dort angegebene Literatur.

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C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen 69

Vereine uninteressant zu machen.96 Darin sah der EuGH einen Verstoß gegen die
im EG-Vertrag geregelte Arbeitnehmerfreizügigkeit. 97 Ablösesummen sind somit
nur noch bei Vereinswechseln während der Vertragslaufzeit statthaft.
Obgleich das Urteil in Verbindung mit einem Fußballspieler gefällt wurde, be-
zieht es sich auf alle professionellen Sportler, die wie jeder andere europäische
Arbeitnehmer zu bewerten sind, und hatte damit auch enorme Auswirkungen auf
die anderen Sportverbände.
In Verbindung mit der Transferregelung wurde im gleichen Urteil die bis dahin
bestehende Ausländerbegrenzung als rechtswidrig erklärt. Bis 1995 war den Ver-
einen lediglich der Einsatz einer im Rahmen der Ausländerklausel i. d. R. auf drei
Spieler beschränkten Anzahl ausländischer Spieler erlaubt. Damit sollte die natio-
nale Identität der Ligen gewahrt bleiben und der deutsche Nachwuchs vor auslän-
discher Konkurrenz geschützt werden.98 Auch hierin sah der EuGH einen Verstoß
gegen das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer.99 Letztlich handelt es sich
bei den Ausländerklauseln um rein protektionistische Maßnahmen zum Schutz
deutscher Sportler, die somit ein auf freien Märkten aus dem Zusammenspiel von
Angebot und Nachfrage nach professionellen Sportlern sich einstellendes Markt-
ergebnis verhindern.100
Mit dem Urteil des EuGH zur Abschaffung der Mobilitätsbeschränkungen der
Sportler durch Transfersummen und Ausländerbeschränkungen ist ein wegweisen-
der Schritt unternommen worden, die unter anderem aus staatlichen Marktzutritts-
schranken resultierenden Marktregulierungen durch die Sportverbände zu unter-
binden und für mehr Wettbewerb zu sorgen.

3. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Eine weitere Förderung erfährt der Sport im Rahmen des öffentlich-rechtlichen


Rundfunks. Auf dem staatlich regulierten dualen deutschen Rundfunkmarkt
kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Aufgabe der Grundversorgung
zu.101 Grundversorgung meint „Empfangbarkeit für alle“102 sowie die Erfüllung
des klassischen Rundfunkauftrags, der Meinungs- und politische Willensbildung,

96Vgl. Franck (1995), S. 96.


97EuGH C-415 / 93, in Bezug auf Art. 39 EGV (alte Fassung: Art. 48 EGV).
98 Vgl. Frick / Wagner (1996), S. 611.

99 EuGH C-415 / 93.

100 Vgl. Parlasca (1993), S. 191 f., Frick / Wagner (1996), S. 613 f., Erning (2000), S. 184.
101 Zur dualen Rundfunkordnung im marktwirtschaftlichen Kontext siehe u. a. Bardt
(2002), Hoffmann-Riem (2000), Schellhaaß (2000), Knorr / Winkler (2000) oder die Beiträge
in Mestmäcker (1988), S. 161 ff.
102 BVerfGE 74, 297 (326).

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70 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

Unterhaltung, Information und kulturelle Verantwortung umfaßt.103 Diese wird nur


den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, nicht aber den
privaten Rundfunkanstalten zugetraut, da letztere aufgrund der privatwirtschaftlich
organisierten Finanzierung der Aufgabe umfassender Information nicht gerecht
werden könnten.104
Der Sport gehört zu dem Bereich, über den der öffentlich-rechtliche Rundfunk
zu berichten hat.105 Zum einen stellt der Sport einen zentralen Bereich des öffent-
lichen Lebens der Bundesrepublik Deutschland dar, zum anderen ist er ein zentra-
ler Faktor kulturellen Lebens. Allerdings ergibt sich aus der Gebührenfinanzie-
rung, daß über die gesamte Bandbreite des Sports zu berichten sowie die föderale
und regionale Vielfalt zu berücksichtigen ist.106 Aufgabe des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks ist es damit, gerade die von den privaten Sendeanstalten vernachlässig-
ten, da ökonomisch wenig attraktiven, Sportarten in die Berichterstattung mit ein-
zubinden. Damit können auch die weniger nachgefragten Sportarten Rundfunkprä-
senz erhalten. Dies schließt aber keineswegs die Berichterstattung von sportlichen
Großereignissen aus, was sich schon aus der Informationsaufgabe ergibt.
Die Sportberichterstattung nimmt einen bedeutenden Teil der Sendezeit im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.107 Die reale Verteilung der Sendezeit zeigt
eine Priorisierung von wenigen, attraktiven Sportarten, insbesondere des Fuß-
balls.108 Ähnlich verhält es sich mit den sportlichen Großereignissen, die aufgrund
ihrer erheblichen gesellschaftlichen Bedeutung auf einer Schutzliste stehen und
damit im Free-TV empfangbar bleiben sollen.109 Aufgrund der enorm gestiege-
nen Kosten für die Fernsehübertragungsrechte müssen die öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten für diese wenigen Ereignisse enorme Summen aufwenden, obwohl
für erheblich weniger Geld mehr Sportarten gezeigt werden könnten.110

103BVerfGE 73, 157 f.


104Vgl. Voß (2000), S. 16 f.
105 Vgl. Dörr (2000), S. 40 ff.

106 Vgl. Dörr (2000), S. 54 ff.

107 So sendeten ARD und ZDF im Jahr 1998 gegenüber den privaten Rundfunkanstalten
SAT.1 und RTL jeweils die rund dreifache Stundenzahl an Sportberichten. Abgesehen vom
Deutschen Sportfernsehen (DSF) auf Rang zwei, lagen Eurosport auf Rang eins sowie die
weiteren öffentlich-rechtlichen Anbieter ZDF, ARD und deren Dritte Programme auf Rang
drei bis neun der „Top Ten“-Sender der Sportberichterstattung nach zeitlicher Dauer. SAT.1,
RTL und die weiteren privaten Rundfunkanstalten folgten dahinter. Zu diesen Zahlen siehe
Morhart (2000), S. 50 ff.
108 Vgl. Schauerte (2002), S. 85 ff.

109 „Großereignisse“ im Sinne des § 5a II S. 1 RStV sind im einzelnen:


– Olympische Sommer- und Winterspiele,
– Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften mit deutscher Beteiligung, sowie, unabhängig
von deutscher Beteiligung, das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele sowie das Endspiel,
– DFB-Pokal-Finale,
– Heim- und Auswärtsspiele der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft,
– Endspiele der europäischen Vereinswettbewerbe im Fußball bei deutscher Beteiligung.

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D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland 71

Mit jeder Medienpräsenz können für die jeweiligen Sportarten ökonomische


Vorteile verbunden sein. So sind bereits mit der unentgeltlichen Kurzberichterstat-
tung über Sportereignisse,111 einer maximal 90 Sekunden dauernden nachrichten-
formatigen Sportberichterstattung, Multiplikator-Effekte für Werbebotschaften so-
wie Werbung für die jeweilige Sportart sui generis verbunden.112 Damit sollte
deutlich geworden sein, daß über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedingt eine
indirekte Finanzierung von Sportvereinen und -verbänden erfolgen kann.113
Die finanzielle Besserstellung der Sportvereine und -verbände ist also auch das
Ergebnis der Struktur auf dem Rundfunkmarkt. Die Marktstruktur des dualen
Rundfunksystems ist allerdings weitgehend staatlich determiniert und reguliert,
insbesondere im Zusammenhang mit der positiven Rundfunkordnung. Hierdurch
wird es ermöglicht, von politischer Seite Einfluß auf Programminhalte und damit
das Ergebnis des Marktprozesses zu nehmen.114 Insofern erfährt der Sport eine
Förderung durch den staatlich regulierten Rundfunkmarkt über den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk.

D. Strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung


des Sports in Deutschland

Nach der vorangegangenen Darstellung der Förderung des Sports durch die ver-
schiedenen staatlichen Ebenen stehen nun die Sportanbieter im Fokus der Betrach-
tung. Dabei wird zunächst deren strukturelle Entwicklung und dann deren finanz-
wirtschaftliche Lage erläutert.

110 Für knapp über vier Millionen Euro konnten ARD und ZDF über vier Jahre lang
von 1999 bis 2003 von insgesamt 31 Sportarten berichten, während zur gleichen Zeit alleine
für einzelne Europameisterschafts-Qualifikationsspiele der Fußball-Nationalmannschaft ein
deutlich höherer Preis zu entrichten war. Siehe hierzu Morhart (2000), S. 57.
111 Das Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung über Sportereignisse wird vom
Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 228) bezüglich berufsmäßig durchgeführter Ver-
anstaltungen verneint.
112 Vgl. Kruse (1991).

113 Vgl. Bardt (2002), S. 30 ff. Zur Werbung für Sportarten, die mit der Fernsehpräsenz
verbunden ist, siehe auch Kruse (1991), S. 59 ff.
114 Zu einer Kritik an der dualen Rundfunkordnung aufgrund der fehlenden Staats- und
Gruppenferne der binnenpluralistischen Rundfunkaufsicht und damit möglicher Einfluß-
nahmen auf Programminhalte siehe Knorr / Winkler (2000), S. 334 ff.

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72 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

I. Angebotsseitige, nachfrageseitige und


strukturelle Entwicklungen der Sportanbieter

Die wirtschaftliche Situation der Sportanbieter, die hier differenziert nach den
Angebotsformen nichtverwalteter Sport, fremdverwalteter Sport und selbstverwal-
teter Sport zu betrachten ist, wird nicht nur von der gerade beschriebenen Förde-
rung durch die öffentliche Hand bestimmt, sondern auch von angebotsseitigen und
nachfrageseitigen Entwicklungen. Diese gilt es nun kurz darzustellen, wobei einige
allgemeine Trends im Sport den Überlegungen vorangestellt werden.

1. Allgemeine Trends im Sport

Der Sport ist ein bedeutendes gesellschaftliches Phänomen. Im Zuge gesell-


schaftlicher Veränderungen unterliegt auch der Sport einem Wandel, der in der
Nachfrage nach Sport wie auch dem entsprechenden Angebot seinen Ausdruck fin-
det, soweit diese dem freien Spiel des Marktes überlassen bleiben.
Die Nachfrage nach Sport hat sich durch einen erweiterten Dispositionsspiel-
raum des einzelnen verändert. Dieser resultiert aus dem anhaltenden gesellschaft-
lichen Wandel.115 Die Arbeitszeit ist bei steigender Lebenserwartung rückläufig,
wodurch der einzelne zunehmend mehr Zeit zu seiner freien Verfügung hat.
Gleichzeitig erfolgt aber auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Damit steigt
generell die geforderte Flexibilität, starre Zeitpläne nehmen ab. Diese Entwicklun-
gen gehen einher mit einem wachsenden Wohlstand, so daß dem einzelnen mehr
Mittel zur Verfügung stehen, die nicht unmittelbar zur Sicherung des Lebensunter-
haltes benötigt werden.
Mit dem gesellschaftlichen Wandel ist auch eine Pluralisierung der Wertvorstel-
lungen verbunden.116 Der Bezug zu den gesellschaftlich vorgegebenen traditionel-
len Werten nimmt ab. Statt allgemein verbindlicher gesellschaftlicher Werte bleibt
dem einzelnen zunehmend die Entwicklung eigener Normen und Lebensentwürfe
überlassen. Damit werden traditionelle Vorstellungen mit vielfältigen neuen, ins-
besondere „Hier- und Jetzt-Wertorientierungen“ ergänzt oder substituiert.
Ausdruck dieses allgemeinen Lebenswandels sind auch die Motive für das
Sporttreiben. Im traditionellen Sport standen Leistung, Wettkampf und Erfolgs-
orientierung im Vordergrund, unabhängig vom Niveau der sportlichen Leistung.
Heute dominieren hingegen Spaß, Fitneß und Gesundheit.117

115 Zum gesellschaftlichen Wandel in Bezug auf den Freizeitbereich siehe Opaschowski
(1995), S. 13 ff., zu den wesentlichen Zukunftstrends Opaschowski (2001), S. 28 ff., speziell
zum Sport ebda., S. 152 ff.
116 Vgl. Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 15 ff.

117 Vgl. Veltins (2002), S. 8. Diese Aussage gilt sicherlich primär für den Bereich des
Breitensports.

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D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland 73

Aus dem Anstieg verfügbarer Ressourcen sowie aus pluralisierten Wertorientie-


rungen resultieren eine zunehmende Individualisierung und Differenzierung der
Lebensstile.118 Es gibt immer weniger starre Biographien. Sowohl berufliche Kar-
riere als auch Privatleben werden immer weniger planbar und prognostizierbar.119
Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Sportnachfragetrends.
Sport bietet die Möglichkeit, Bestandteil sowie Ausdruck des eigenen Lebensstils
zu sein. Somit wird Sport instrumentalisiert zur Stilisierung des eigenen Lebens.120
Im Zuge der Flexibilisierung und Individualisierung geht der Trend zu regel-
ungebundenen Sportarten wie Joggen oder Radfahren sowie zu einer nicht-insti-
tutionalisierten Ausübung. Gestiegener Wohlstand und Wertewandel bedingen eine
Abkehr vom reinen Versorgungskonsum hin zu einem Erlebniskonsum, bei dem das
eigene Erleben im Mittelpunkt steht.121 Die vielfältigen Bedürfnisse führen zu einer
Ausdifferenzierung der Sportarten. Gleichzeitig nimmt die Spezialisierung in ein-
zelnen Sportarten ab und der spontane Wechsel der ausgeübten Sportart zu.122
Das Sportangebot hat sich auf die nachfrageseitigen Konsequenzen der zuneh-
menden Individualisierung und Differenzierung einzustellen. Neben dem klassi-
schen Vereins- und Verbandsangebot, also dem selbstverwalteten Sport, haben sich
weitere Institutionen als Sportanbieter am Markt erfolgreich etabliert. Sowohl die
Angebotsformen als auch die angebotenen Sportarten unterliegen dem Prozeß der
Anpassung an die veränderten Bedürfnisse.
In Anbetracht der entstandenen Vielfalt des Angebotes und der steigenden Kon-
kurrenz gewinnt ein attraktives Angebot für Kunden bzw. Mitglieder und eine
schnelle Anpassung an veränderte Bedürfnisse mehr und mehr an Bedeutung. Die
ökonomische Rationalität hält zunehmend Einzug im Sport.
Die Kommerzialisierung des Sports, die mit der ökonomischen Rationalität im
Sport bereits angesprochen ist, stellt eine weitere bedeutende Entwicklungstendenz
im Sport dar.123 Zum einen hat das Aufkommen profitorientierter Anbieter des
fremdverwalteten Sports zu einer verstärkten Marktorientierung des Sportangebo-
tes geführt. Zum anderen hat sich besonders der Zuschauersport zu einem Unter-
haltungsgut entwickelt, das Gegenstand wirtschaftlicher Interessen ist. Schließlich
hat der beschriebene gesellschaftliche Wandel erst die Voraussetzung zur wirt-
schaftlichen Verwertung des Sports geschaffen, die sich auch auf, teils neuent-
standenen, vor- und nachgelagerten „Supportmärkten“ vollzieht.124

118Vgl. Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 15 f., Schwier (1996), S. 86 ff.


119Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 46 ff.
120 Vgl. Schwier (1996), S. 89.

121 Vgl. Opaschowski (1995), S. 138 ff., Deutsche Gesellschaft für Freizeit (1999), S. 34 ff.

122 Engelhardt / Heinemann (2001), S. 49, sprechen hier treffend von „Sport-Hopping“.
Zum allgemeinen Freizeittrend des „Sowohl-als-auch“ siehe Deutsche Gesellschaft für Frei-
zeit (1999), S. 31 ff.
123 Vgl. Brandmaier / Schimany (1998), Henze (1991).

124 Vgl. Daumann / Langer (2003), S. 4 ff.

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74 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

2. Selbstverwalteter Sport

Zur Situation des selbstverwalteten Sports liegt gutes Datenmaterial vor: zum
einen in Form der Mitgliederstatistiken der Sportverbände, zum anderen durch
umfangreiche Untersuchungen zu den Sportvereinen, insbesondere den Finanz-
und Strukturanalysen der Sportvereine (FISAS). So waren im Jahr 2003
23.524.760 Mitglieder über die Landessportbünde sowie zusätzlich knapp 3,4
Millionen über weitere Mitgliedsorganisationen im DSB organisiert.125 Dies ent-
spricht einem Anteil von 28,5 Prozent respektive 32,6 Prozent der bundesdeut-
schen Bevölkerung.
Bei einer Betrachtung der Entwicklung der Mitgliederzahlen als auch der
Anzahl an Sportvereinen seit 1950 zeigt sich ein stetiges Wachstum (vgl. Abbil-
dung 9).126 Dieses setzte sich unabhängig des zusätzlichen Schubs durch die Auf-
nahme der Landessportbünde der fünf neuen Bundesländer 1990 fort. Die Anzahl
der Mitglieder ist bis zum Jahr 2003 um mehr als das Achtfache gegenüber 1950
gestiegen, die Anzahl der Vereine um 450 Prozent. Das durchschnittliche Wach-
stum der Mitgliedschaften liegt bei über vier Prozent per annum. Nach Jahren star-
ker Mitgliederzuwächse ist die Wachstumskurve seit Ende der 90er Jahre ab-
geflacht. Es sind aber weiterhin Zuwächse zu verzeichnen: im Jahr 2003 stieg die
Mitgliederzahl um 0,07 Prozent (2002: 0,22%), die Anzahl der Sportvereine er-
höhte sich um 0,39 Prozent (2002: 0,48%).127
Das Angebot und die Nachfrage nach Sportarten und deren Ausübungsformen
ist sehr vielschichtig. Die fünf mitgliederstärksten Fachverbände sind der Deutsche
Fußball-Bund (6,27 Mio. Mitglieder), der Deutsche Turner Bund (5,07 Mio.),
der Deutsche Tennis Bund (1,84 Mio.), der Deutsche Schützenbund (1,55 Mio.)
sowie der Deutsche Leichtathletik Verband (0,87 Mio.).128 Bezüglich des relativen
Mitgliederzuwachses lag im Jahr 2003 der Deutsche Verband für Modernen
Fünfkampf (21,63 %) vor der International Taekwon-Do Federation Deutschland

125 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Die zusätzlich knapp 3,4 Millionen Mitglieder sind
teilweise in den Landessportbünden registriert und damit bedingt doppelt erfaßt. Grundsätz-
lich weisen die Verbandsstatistiken einige methodische Probleme auf, um die Zahl der kumu-
lativen Netto-Mitglieder zu bestimmen. Hierzu gehören Mehrfachmitgliedschaften, Zuord-
nungsschwierigkeiten und unterlassene Mitgliedschaftsmeldungen. Vgl. Hartmann-Tews
(1996), S. 95 ff., S. 105 f. Auch ist zwischen sportlich aktiven und passiven Mitgliedern zu
unterscheiden.
126 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Der einmalige enorme Mitgliederrückgang im
Jahr 1991 resultiert aus der Datentransformation der Mitgliedschaften in den neuen Bundes-
ländern. Aufgrund des Aufbaus des bundesrepublikanischen Bestandserhebungsmodells
wird in diesen ein „statistischer“ Mitgliederrückgang von fast einer Million Mitgliedern
ausgewiesen.
127 Werden ausschließlich die über die Landessportbünde im DSB organisierten Mitglieder
berücksichtigt, so sanken im Jahr 2003 die Mitgliederzahlen. Der Rückgang belief sich auf
0,07 Prozent.
128 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b).

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D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland 75

(17,71 %) und dem Deutschen Sportakrobatik Bund (13,70 %).129 Von den im Rah-
men der FISAS 1996 befragten 3024 Sportvereinen bieten mehr als zehn Prozent
folgende Sportarten an: Fußball (32 % der Sportvereine), Turnen (32 %), Tisch-
tennis (17 %), Volleyball (14 %), Tennis (12%), Leichtathletik (11 %).130 Insgesamt
wurden mehr als 8000 Sportangebote genannt, die sich auf über 600 verschiedene
Angebotsformen verteilen. Darunter dominieren wettkampfbezogene Sportange-
bote, insbesondere Sportspiele, mit rund 85 Prozent. Innerhalb der nicht wett-
kampfbezogenen Sportangebote sind primär Fitneß-, Wellneß- und Gesundheits-
sportangebote vertreten. Darüber hinaus organisieren 87 Prozent der Sportvereine
zusätzliche außersportliche Angebote.131 Knapp die Hälfte aller Vereine hat min-
destens zwei Abteilungen, in denen die vielfältigen Angebote organisiert sind.132

30 200
180
25
160
140
Mitglieder (Mio.)

20

Vereine (Tsd.)
120
15 100
80
10
60
40
5
20
0 0
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
Mitglieder West (Mio.) Mitglieder gesamt (Mio.)
Vereine West (Tsd.) Vereine gesamt (Tsd.)

Quelle: Deutscher Sportbund (2003b).

Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl an Sportvereinen und Mitgliedschaften


in Sportvereinen von 1950 bis 2003

Sowohl die Mitglieder- als auch die Vereinszahlen im selbstverwalteten Sport


steigen weiter an. Der zunehmenden Konkurrenz und den gesellschaftlichen Ten-

129 Im Vorjahr (2002) lag der Deutsche Golf Verband (7,7 %) vor dem American Football
Verband Deutschland (7,3 %) und dem Deutschen Rollsport und Inline-Verband (4,91 %).
Vgl. Deutscher Sportbund (2003b).
130 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 16, S. 207 f.

131 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 16 f., S. 208 ff.

132 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 14, S. 189 ff.

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76 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

denzen entsprechend paßt auch der selbstverwaltete Sport sein Angebot an. Dazu
verfolgt er verschiedene Strategien, die zu einem vermehrt fremdorientierten An-
gebot und damit weg von der klassischen Mitgliederinteressenorientierung führen,
in anderen Fällen aber auch die Rückbesinnung auf die traditionelle Mitglieder-
orientierung forcieren.133
Betrachtet man die Nachfrager, also Nutzer des selbstverwalteten Sportange-
botes, nach soziodemographischen Merkmalen, so ist zunächst festzustellen, daß
Jugendliche im Alter von sieben bis 18 Jahren entsprechend ihrem Anteil an der
Wohnbevölkerung deutlich überrepräsentiert sind.134 Ferner sind Frauen weniger
in Sportvereinen zum aktiven Sporttreiben organisiert als Männer, wenngleich ihr
Anteil von gut zehn Prozent im Jahr 1950 auf 37,9 Prozent im Jahr 2003 gestiegen
ist. Deutlichere Unterschiede lassen sich hinsichtlich des Bildungsniveaus erken-
nen, das bei den Mitgliedern in Sportvereinen überdurchschnittlich hoch ist.135
Umgekehrt ausgedrückt sind untere soziale Schichten in Sportvereinen unterreprä-
sentiert.136
Im speziellen Fall der überrepräsentierten Jugendlichen nehmen in den 6. Klas-
sen in Nordrhein-Westfalen über vier Fünftel der Gymnasiasten an den Sportange-
boten der Vereine teil, während dies nur knapp 40 Prozent der Hauptschüler tun.137
Neben den Unterschieden im Bildungsniveau sind auch in dieser Gruppe deutlich
mehr Jungen als Mädchen im Sportverein organisiert, wenngleich die Diskrepanz
etwas geringer ausfällt als in der Gesamtbevölkerung.
Bezüglich des selbstverwalteten Sports ist festzuhalten, daß das offerierte Sport-
angebot sowohl in seiner Vielfalt als auch der Anzahl der Vereine quantitativ weiter
steigt, als auch die Zahl der Mitglieder der Sportverbände weiter zunimmt. Dabei
repräsentieren Sportvereine nur bedingt die Bevölkerung: Jugendliche, Männer
und höhere soziale Schichten dominieren.138

133 Für eine aktuelle Bestandsaufnahme bei den Sportvereinen siehe Nagel (2003). Zu ver-
schiedenen Szenarien der Entwicklung von Sportvereinen siehe die Beiträge von Schwier,
Bädeker, Jütting und Dieckert in Wopp (1996), S. 86 ff.
134 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 195 ff.

135 Siehe hierzu beispielsweise die Untersuchung im Großraum Köln, als deren Ergebnis
Sporttreibende in Vereinen die höchste Schulbildung haben im Vergleich zu Nutzern alter-
nativer Sportanbieter. Vgl. Mrazek (1988), S. 192 f. Hinsichtlich Jugendlicher im Land Nord-
rhein-Westfalen siehe Kurz et al. (1996), S. 82.
136 In einer aktuellen Untersuchung kommt Kellermann (2003) zu dem Ergebnis, daß Fuß-
baller nach Bildungsmaßstäben in der oberen Mittelschicht oder gar der Oberschicht zu ver-
orten seien. Siehe auch die Ergebnisse der Wohlfahrtssurvey nach Schöb (1999), S. 9 f., oder
Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 48; hinsichtlich Jugendlicher im Land Nordrhein-
Westfalen siehe Kurz / Sonneck (1996), S. 81.
137 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 83 ff., wenngleich die Zahl der im Sportverein
aktiven Gymnasiasten im späteren Schulalter auf gut 54 Prozent in den zehnten Klassen fällt.
138 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 87 ff.

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D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland 77

3. Fremdverwalteter Sport

Neben den Entwicklungen innerhalb des selbstverwalteten Sports bedingt die


Etablierung einer Vielfalt alternativer Angebote und Formen des Sporttreibens im
Rahmen des fremdverwalteten Sports weitere strukturelle Veränderungen des
Sports. Hierzu gehören Sportangebote der Städte und Kommunen, von Bildungs-
werken und Volkshochschulen oder den kommerziellen Sportanbietern, beispiels-
weise in Form multifunktionaler Sportanlagen oder Fitneßstudios.
Bewegungs- und sportbezogene Angebote der Volkshochschulen erfreuten sich
einer deutlichen Nachfragesteigerung. Die Teilnehmerzahlen haben sich ebenso
wie die entsprechenden Kurse von 1977 bis 1992 verdreifacht auf rund 75.500
Kurse mit ca. 1,2 Millionen Teilnehmern.139 Eine Erhebung unter Sportlern im
Großraum Köln ergab, daß über 23 Prozent von ihnen in Kursen von Volkshoch-
schulen oder Bildungswerken sportlich aktiv sind.140 Dabei wurde festgestellt, daß
unter den Nutzern das Verhältnis von Frauen zu Männern mit zwei zu eins sich
exakt reziprok zu dem in Sportvereinen verhält. Überwiegend ältere Menschen mit
hoher Schulbildung präferieren das Angebot von Bildungswerken und Volkshoch-
schulen.
Den deutlichsten Mitgliederzuwachs konnten in den vergangenen Jahren die
Sportstudios verzeichnen. In seiner Bestandserhebung von 2001 hat der Deutsche
Sportstudio Verband eine Anzahl von 6.550 Fitneß-Anlagen mit 5,39 Millionen
Mitgliedern registriert.141 Dabei stieg die Anzahl der Mitglieder absolut um durch-
schnittlich 359.000 per annum in den vergangenen zehn Jahren. Der Verband geht
für die nächsten Jahre von einem Mitgliederwachstum auf sieben Millionen aus,
was einem Anteil der Bevölkerung von knapp neun Prozent entspräche.
Die vielfältigen Bedürfnisse der Nachfrager bedienen die Sportstudios mit
einem differenzierten Sportangebot. Das Angebot bietet die erforderliche Flexi-
bilität und schafft Raum für Individualität. Statt reinem Bodybuilding stehen der
Fitneß-, Gesundheits- und Spaßaspekt im Zentrum des Angebotes in Form zahl-
reicher, vielschichtiger Kurse oder anderer Übungsformen. Dies zeigt sich auch
bei der Entwicklung der Sportanlagen, bei denen das kleine Segment der Free-
Climbing- und Inlineskating-Anlagen die höchsten Wachstumsraten verzeichnet,
oder den erfolgreich am Markt etablierten Indoor-Skihallen.142
Auch wenn der selbstverwaltete Sport, bezogen auf die Mitgliederzahl, über
fünfmal mehr aktive Sportler repräsentiert als die Sportstudios, so weisen letztere
die deutlich größeren Zuwachsraten auf. Zieht man die weiteren Angebote des

Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 177.


139

Vgl. Mrazek (1988), S. 192 f. Aufgrund der spezifischen Bevölkerungsstruktur im


140
Großraum Köln ist eine Verallgemeinerung der Ergebnisse dieser Erhebung allerdings mit
Vorsicht zu genießen.
141 Vgl. Focus-Marktstudie (2002a), S. 10.

142 Vgl. Focus-Marktstudie (2002a), S. 12.

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78 3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung

fremdverwalteten Sports mit in die Betrachtung ein, so hat dieser dem selbstver-
walteten Sport trotz aller Förderung seine traditionelle Monopolstellung bereits
strittig gemacht.

4. Nichtverwalteter Sport

Die bisher betrachteten Mitgliederbestände im selbst- bzw. fremdverwalteten


Sport spiegeln noch nicht das gesamte Bild aller Sporttreibenden wider. Um dieses
zu vervollständigen, können die vorliegenden Ergebnisse zahlreicher Bevölke-
rungsumfragen zur Sportpartizipation herangezogen werden.
Das generelle Sportinteresse ist steigend: Interessierten sich 1994 bereits 73 Pro-
zent aller Einwohner über 14 Jahre in Deutschland für Sport, so waren es 2000
bereits 89 Prozent.143 Darin enthalten sind neben den aktiv Sporttreibenden auch
die passiven Sportkonsumenten. Aber auch der Anteil der Bevölkerung, der regel-
mäßig bzw. gelegentlich Sport treibt, steigt.144 So liegt dieser Anteil bei der über
14jährigen Bevölkerung in Deutschland bei über 60 Prozent.145 Aus der Differenz
zu dem im selbst- und fremdverwalteten Sport organisierten Anteil der Bevölke-
rung ergibt sich eine große Anzahl Sporttreibender, die Sport ohne jede Anbindung
an eine bestimmte Organisation ausüben.
Die nach Bevölkerungsumfragen von den Deutschen mit Abstand am meisten
betriebenen Sportarten sind Radfahren, Schwimmen und Joggen.146 Dabei handelt
es sich um Individualsportarten, die problemlos ohne die Anbindung an eine Orga-
nisation ausgeübt werden können und außer den erforderlichen Sportgeräten und
der notwendigen Sportausrüstung zwingend keinerlei weiterer spezifischer Infra-
struktur bedürfen.147 Ein bedeutender Anteil der diese Sportarten ausübenden
Bevölkerung ist weder Mitglied in Sportvereinen noch bei kommerziellen Sport-
anbietern.148
Der stark ausgeprägte nichtverwaltete Sport, der ohne Anbindung an Organisa-
tionen individuell oder in informellen Gruppen betrieben wird, scheint letztlich die
bereits skizzierten allgemeinen gesellschaftlichen Trends insbesondere der Indivi-
dualisierung und Flexibilisierung widerzuspiegeln.

Vgl. UFA (2000), S. 10.


143

Vgl. den Überblick über verschiedene Studien in Hartmann-Tews (1996), S. 107.


144

145 Im Rahmen der Focus-Marktstudie (2002a), S. 8, liegt dieser Anteil gar bei über 70
Prozent.
146 Vgl. Veltins (2001), S. 8, Focus-Marktstudie (2002a), S. 9.

147 Davon ausgenommen sind gegebenenfalls Schwimmbäder, ausgewiesene Jogging- oder


Trimmpfade sowie Radwege.
148 Vgl. Veltins (2001), S. 8.

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D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland 79

5. Situation der Sportinfrastruktur

Abschließend soll noch kurz der Flächendeckungsgrad sowie der allgemeine Zu-
stand und die Betreiberschaft von Sportanlagen skizziert werden.
Es läßt sich feststellen, daß Sportanlagen eine breite räumliche Streuung haben
und flächendeckend über das gesamte Bundesgebiet vorhanden sind (vgl. Abbil-
dung 10). Mit ausschlaggebend hierfür ist der von der Deutschen Olympischen
Gesellschaft in Abstimmung mit dem DSB erarbeitete und 1960 verabschiedete
sogenannte „Goldene Plan“. Dieser legt Richtwerte für die Ausstattung von Kom-
munen verschiedener Größen mit Sportstätten fest und wurde zum Orientierungs-
rahmen der Sportförderpolitik im Sportstättenbau. Bereits nach 15 Jahren wurden
so 14.700 Sportplätze, 15.900 Sporthallen, 3.000 Hallenbäder, 2.400 Freibäder und
31.000 Kinderspielplätze durch die öffentliche Hand geschaffen.149

Anzahl Sportanlagen
741

7.401
14.723
21.353

3.943
7.935

3.095
3.978

4.408
22.027

1.667
10.189
2.719
1.852
18.556

6.096
4.036
100%

80%

60%

40%

20%

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Berlin Bremen HessenVorp WestfalenPfalz
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H

ØBaden- Schleswig
de nd

Nordrhein
nl
Ba Bu

Sc h
w
c
M
Ø

dr

Ungedeckte Anlagen Sporthallen Bäder


Tennisanlagen Schießsportanlagen Sonstige

Quelle: Sportministerkonferenz (2002), S. 12.

Abbildung 10: Verteilung der Sportanlagen in den Bundesländern

Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung hat der Deutsche Sportbund den


„Goldenen Plan Ost“ entwickelt und 1992 vorgestellt. Mit diesem soll der Mangel
an Sportstätten in den neuen Bundesländern überwunden und eine Angleichung

149 Vgl. Heinemann (1996), S. 184.

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der Sportstätten in Anzahl und Qualität an das West-Niveau erreicht werden. Seit
1999 stellt hierfür auch der Bund umfangreiche Mittel bereit. Zusammen mit den
Aufwendungen der Länder und Kommunen flossen von 1999 bis 2003 über 200
Millionen Euro in rund 350 Projekte.150
Nach der aktuellen Sportstättenstatistik der Länder umfaßt die Grundinfrastruk-
tur 126.962 Sportstätten in D