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Kapitel 15.

Lösung linearer
Gleichungssysteme
Lineare Gleichungssysteme

Wir befassen uns nun mit der Lösung — im allgemeinen nichtho-


mogener — linearer Gleichungssysteme in zweifacher Hinsicht.

Wir studieren einmal


• den begrifflichen Aspekt, d.h. befassen uns mit der Struktur
der Lösungsmenge eines beliebigen linearen Gleichungssystems;
Zum anderen untersuchen wir
• den praktischen Aspekt, d.h. algorithmische Verfahren zur
schnellen Lösung eines konkreten Systems.

Wir werden sehen, dass schon mit geringem begrifflichen Aufwand


die praktische Lösung solcher Gleichungssysteme gelingt.

1
Koeffizientenmatrix und erweiterte Matrix

Ein lineares Gleichungssystem


a11 x1 + a12 x2 + · · · + a1nxn = b1
a21 x1 + a22 x2 + · · · + a2nxn = b2
... ... ... ...
am1 x1 + am2 x2 + · · · + amnxn = bm
aus m Gleichungen in den n Unbekannten x1 , x2 , . . . , xn, ist bestimmt durch seine
Koeffizientenmatrix
   
a11 ··· a1n b1
A =  ... ... ...  und die rechte Seite b =  ...  .
am1 ··· amn bm

Durch Zusammenfassen erhalten wir die erweiterte Matrix


 
a11 · · · a1n b1
[A|b] =  ... ... ... ...  .
amn · · · a1n bm

2
Matrizenschreibweise

Das lineare Gleichungssystem mit erweiterter Koeffizientenmatrix


[A | b] schreiben wir in kompakter Matrizenschreibweise als

A · x = b.
Wir interessieren uns für die Lösungsmenge

L = {x ∈ Rn| A · x = b}.

Spezialfall: Falls A = En die n×n-Einheitsmatrix ist, hat das System


die Form
En · x = b.
Wegen En · x = x ist in diesem Fall das System somit eindeutig
lösbar mit der einzigen Lösung x = b.
3
Die Struktur der Lösungsmenge von A · x = b

Satz. A sei eine m × n-Matrix vom Rang r und b ∈ Rm . Dann gilt

(a) Das lineare Gleichungssystem A · x = b ist genau dann lösbar , wenn sich b
als Linearkombination der Spalten a1 , a2 , . . . , an von A schreiben lässt.
(b) Die Lösungen des zugehörigen homogenen Gleichungssystems A · x = 0 bilden
einen Unterraum H des Rn von der Dimension n − r.
(c) Ist x0 eine Lösung von A · x = b, so gilt:
x ist genau dann ebenfalls eine Lösung von A · x = b, wenn
x = x0 + h mit h ∈ H gilt.
Mit anderen Worten:
Entweder ist L = ∅ oder L = x0 + H := {x0 + h| A · h = 0}
für eine spezielle Lösung x0 .

4
Beweis des Struktursatzes

Beweis. Zu (a): Das behauptete Lösbarkeitskriterium folgt sofort


aus A · x = n
P
i=1 xi.ai.

Zu (b): Es ist H gerade der Kern der linearen Abbildung

f : Rn → Rm , x 7→ A · x;
insbesondere ist H ein Unterraum von Rn.
Der Rang von f ist gleich dem Rang von A; nach Rangsatz hat H
folglich die Dimension n − r.

Zu (c): Nach Voraussetzung ist A · x0 = b.


Folglich ist A · x = b genau dann, wenn A · (x − x0) = 0, äquivalent
wenn x − x0 ∈ H gilt. 
5
Was bedeutet Lösen eines linearen
Gleichungssystems?

Zunächst einmal die Feststellung, ob das System A · x = b lösbar ist


oder nicht.

Falls das System lösbar ist, besteht eine Lösung aus folgenden
Daten:
(a) einer speziellen Lösung x0 ,
(b) einer Basis h1, . . . , hn−r des Lösungsraums des homogenen
Systems A · h = 0.

Achtung: Falls das System lösbar, aber nicht eindeutig lösbar ist,
können sehr verschiedene Auswahlen zu (a) und (b) völlig gleich-
wertige Lösungen sein!
6
Vorschau: Gauß-Algorithmus

Die praktische Lösung eines numerisch gegebenen linearen Glei-


chungssystems A · x = b erfolgt mittels des Gauß-Algorithmus ∗.

Dieser Algorithmus fußt auf zwei Säulen:


(1) Der Beobachtung, dass gewisse elementare Abänderungen die
Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems nicht ändern.
(2) Der Möglichkeit, durch solche Abänderungen jedes Gleichungs-
system auf sogenannte Zeilenstufenform zu bringen.

Nach diesen Änderungen sind Lösbarkeit und gegebenenfalls die


Lösungsmenge automatisch ablesbar.
∗ Benannt
nach Carl Friedrich Gauß (1777-1855), der uns schon bei der Gaußschen
Zahlenebene begegnete.)
7
Elementare Zeilenoperationen

Die Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems ändert sich


nicht bei einer der folgenden Operationen

(a) Vertauschen zweier Gleichungen.


(b) Multiplikation beider Seiten einer Gleichung mit einem Faktor
6= 0.
(c) Addition eines Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen Glei-
chung.

Ein gegebenes System werden wir daher mit solchen elementaren


Zeilenumformungen solange vereinfachen, bis wir die Lösungsmen-
ge des vereinfachten — und damit auch des ursprünglichen —
Systems ablesen können.
8
Beweis

Beweis. (a), (b) sind klar, nur (c) bedarf der Begründung. Seien also i 6= k aus
dem Bereich 1, . . . , m. Wir betrachten die i-te und die k-te Gleichung:
(1) ai1 x1 + ai2 x2 + · · · + ainxn = bi
(2) ak1 x1 + ak2 x2 + · · · + aknxn = bk .
Jede Lösung der Gleichungen (1) und (2) ist auch eine Lösung von:
(3) (ai1 + aak1 )x1 + (ai2 + aak2 )x2 + · · · + (ain + aakn)xn = bi + abk
und damit der beiden Gleichungen:
(4) (ai1 + aak1 )x1 + (ai2 + aak2 )x2 + · · · + (ain + aakn)xn = bi + abk
(5) ak1 x1 + ak2 x2 + · · · + aknxn = bk .
Halten wir fest: Jede Lösung von (1) und (2) ist auch eine von (4) und (5).

Aus (4) und (5) erhalten wir aber (1) und (2) zurück, indem wir das (−a)-fache
der Gleichung (5) zur Gleichung (4) addieren. Mit obigem Schluss ist jede Lösung
von (4) und (5) dann auch eine von (1) und (2). 

9
Elementare Zeilenumformungen

Für die zugehörige erweiterte Matrix [A|b] des Gleichungssystems


A · x = b liest sich das so:
Jede Operation vom Typ
• Vertauschen zweier Zeilen,

• Multiplikation einer Zeile mit einem Faktor 6= 0,

• Addition eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile,


macht aus [A, b] eine neue “erweiterte” Matrix [A0|b0], für welche das
zugeordnete Gleichungssystem A0 · x = b0 dieselbe Lösungsmenge
hat wie das System A · x = b. 

10
Vorläufiger Lösungsansatz

Da wir Gleichungen der Form E · x = b, E die n × n-Einheitsmatrix,


trivialerweise lösen durch x = b können, werden wir zu folgendem
— allerdings vorläufigem — Lösungsansatz für ein lineares Glei-
chungssystem A · x = b mit quadratischer Matrix A geführt:

Idee: Forme [A|b] solange durch elementare Zeilenumformungen


um bis die Form
[E|c]
erreicht ist, wobei E die n × n-Einheitsmatrix ist. In diesem Fall ist

x=c
die eindeutig bestimmte Lösung von A · x = b.
11
Überprüfung der Idee I

Häufig klappt’s: Das lineare Gleichungssystem


1x1 + 2x2 + 0x3 = 1
2x1 + 3x2 + 0x3 = 1
3x1 + 4x2 + 1x3 = 3
führt zur erweiterten Matrix
     
1 2 0 1 1 2 0 1 1 2 0 1
 2 3 0 1  7→  0 −1 0 −1  7→  0 −1 0 −1 
3 4 1 3 3 4 1 3 0 −2 1 0
     
1 2 0 1 1 0 0 −1 1 0 0 −1
7→  0 1 0 1  7→  0 1 0 1  7→  0 1 0 1 
0 −2 1 0 0 −2 1 0 0 0 1 2
und den markierten elementaren Zeilenumformungen. Folglich ist das Gleichungs-
system eindeutig lösbar mit Lösung
   
x1 −1
 x2  =  1  .
x3 2

12
Überprüfung der Idee II

Mitunter klappt’s nicht: Das lineare Gleichungssystem


3x1 + 1x2 + 6x3 = 18
2x1 + 1x2 + 4x3 = 13
1x1 + 1x2 + 2x3 = 10
führt zur erweiterten Matrix
     
3 1 6 18 1 1 2 10 1 1 2 10
 2 1 4 13  7→  2 1 4 13  7→  0 −1 0 −7 
1 1 2 10 3 1 6 18 0 −2 0 −12
   
1 1 2 10 1 0 2 3
7→  0 1 0 7  7→  0 1 0 7 
0 2 0 12 0 0 0 −2
und den markierten elementaren Zeilenumformungen. Die erhaltene Matrix [A0 , b0 ]
lässt sich nicht auf die Form [E|c] bringen.
Grund: Das zu [A0 |b0 ] gehörige Gleichungssystem ist nicht lösbar, da schon allein
seine letzte Gleichung 0x1 + 0x2 + 0x3 = −2 nicht lösbar ist.

13
Bewertung der Beispiele

Unsere Idee ‘Umformung in Richtung Einheitsmatrix’ war zu opti-


mistisch. Nur für eindeutig lösbare Systeme kann die Reduktion der
erweiterten Matrix auf die Form [E|c] überhaupt gelingen.

Gleichwohl zeigt Beispiel II, dass die eingeschlagene Strategie auch


dort trägt, wo die eindeutige Lösbarkeit nicht gegeben ist. Sogar
die Nichtlösbarkeit eines Systems konnten wir auf diesem Wege ent-
scheiden.

Neue Umformstrategie : Bringe die erweiterte Matrix auf eine Form,


die der Einheitsmatrix möglichst nahe kommt. Dies Ziel werden wir
mit der Zeilenstufenform erreichen.

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Matrizen in Zeilenstufenform

Wir sehen hier ein typisches Beispiel einer m × n-Matrix in Zeilenstufenform.


|1 ∗ 0 ∗ ∗ 0 ∗ 0 ∗
 
0 0
 0 0 0 0 |1 ∗ ∗ 0 ∗ 0 ∗ 
 0 0 0 0 0 0 0 |1 ∗ 0 ∗ 
 
A=  0 0 0 0 0 0 0 0 0 |1 ∗ 
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
i1 i2 i3 i4
Eine Treppenlinie trennt einen unteren Bereich ab, der nur aus Nulleinträgen
besteht.

In unserem Fall haben wir r = 4 Stufen an den Positionen


1 ≤ i1 < i2 < · · · < ir ≤ n.

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Eigenschaften der Stufenform

(S1) In den r Stufen der Treppe, d.h. an den markierten Stel-


len i1, i2, . . . , ir stehen der Reihe nach die Einheitsvektoren
e1, e2, . . . , er .
(S2) Die übrigen Einträge des oberen Bereichs können beliebig
gewählt werden. Im Bereich unterhalb der Treppenlinie gibt es
nur Einträge gleich Null.
(S3) Die zu den Stufen i1, i2, . . . , ir gehörigen Spalten erzeugen alle
anderen Spalten von A.
(S4) Der Rang von A ist folglich gleich der Anzahl r der Stufen
der Matrix von Stufenform.
(S5) Kein Stufenvektor lässt sich aus den vorangehenden Spalten
erzeugen.

16
Elementare Zeilenumformungen und
Zeilenstufenform

Satz. Jede m × n-Matrix lässt sich durch elementare Zeilenumfor-


mungen auf Zeilenstufenform bringen.

Wir üben das Verfahren zunächst an Beispielen und diskutieren An-


wendungen, bevor wir den generellen Beweis führen.

Vorschau: Es wird sich herausstellen, dass die entsprechende Um-


formung in Zeilenstufenform genau die Technik ist, die wir zur
vollständigen Lösung eines linearen Gleichungssystems benötigen.

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Umformung in Zeilenstufenform

     
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
 1 2 1 1 1   0 1 0 0 0   0 1 0 0 0 
7 
→ 7 

 1 1 1 0 1  0 0 0 −1 0  0 1 0 −1 0 
2 3 2 1 2 0 1 0 −1 0 0 0 0 −1 0

|1 0 1 0 1
     
1 0 1 1 1 1 0 1 1 1
 0 1 0 0 0   0 1 0 0 0   0 |1 0 0 0 
7 
→ 7 
→ 7→ 
0 0 0 −1 0  0 0 0 1 0  0 0 0 |1 0 
0 0 0 −1 0 0 0 0 −1 0 0 0 0 0 0
Die letzte Matrix ist in Zeilenstufenform mit drei Stufen in den Spalten 1, 2 und
4. Sie hat daher den Rang drei .

Wir werden gleich sehen, dass dann auch die anderen Matrizen den Rang drei
haben.

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Zeilenumformungen und Rang

Satz. Elementare Zeilenumformungen bewahren den Rang.

Beweis. Die Matrix B entstehe aus der m × n-Matrix A durch ele-


mentare Zeilenumformungen. Die homogenen linearen Gleichungs-
systeme A·x = 0 und B·x = 0 gehen dann ebenfalls durch elementare
Zeilenumformungen auseinander hervor und haben daher denselben
Lösungsraum H.

Der Rangsatz für Matrizen sagt dann, dass die Matrizen A und B
jeweils denselben Rang n − dim H haben. 

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Lösbarkeitskriterium

Satz. Das lineare Gleichungssystem A · x = b ist genau dann lösbar,


wenn nach Umformung der erweiterten Matrix [A|b] in Treppenform
[B|c] die letzte Spalte c kein Stufenvektor ist.

Beweis. Da sich die Lösungsmenge durch elementare Zeilenum-


formungen nicht verändert, ist A · x = b genau dann lösbar, wenn
B · x = c lösbar ist. Dies ist äquivalent dazu, dass sich c aus den
Spaltenvektoren von B linear kombinieren lässt.

Nach (S3) und (S5) ist dies genau dann der Fall, wenn c kein
Stufenvektor ist. 

Wir werden gleich sehen, wie wir im lösbaren Fall eine spezielle
Lösung finden.
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Finden einer speziellen Lösung

A sei eine m × n-Matrix und b eine n-Spalte. Die erweiterte Matrix


[A|b] befinde sich in Zeilenstufenform, wobei sich die Stufen in den
Positionen 1 ≤ i1 < i2 < · · · < ir ≤ n befinden, also b kein Stufenvek-
tor ist.
Weglassen aller Nullzeilen führt zu einer r×(n+1)-Matrix, mit r ≤ n.

Wir füllen nun die resultierende Matrix solange mit Nullzeilen auf,
bis in der i-ten Stufe stets der Einheitsvektor ei steht (für alle
i = 1, . . . , r) und wir insgesamt n Zeilen haben. Dies liefert eine
erweiterte Matrix [B|c], wobei B das Format n × n hat.

Achtung: Falls der i-te Eintrag ci 6= 0, so ist die i-te Spalte von B
eine Stufe, also gleich ei.
Es folgt, dass x = c eine spezielle Lösung des Systems ist .
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Anwendungsbeispiel spezielle Lösung

Die erweiterte Matrix


|1 0 1 0 1
 
3
 0 |1 0 0 0 −1 

[A|b] = 
0 0 0 |1 0
−1 

0 0 0 0 0 0

befindet sich schon in Zeilenstufenform. Die letzte Spalte ist keine Stufe, daher
ist das System lösbar. Auffüllen mit Nullzeilen liefert das äquivalente System:
 
|1 0 1 0 1 3
 0 |1 0 0 0 −1 
0 0
 
[A |b ] =  0 0 0 |0 0 0 


 0 0 0 |1 0 −1 

0 0 0 0 0 0
Wir beachten, dass Nullen in der Hauptdiagonalen von A0 in derselben Zeile einen
Nulleintrag in b0 hervorrufen.
Es folgt: b0 ist eine spezielle Lösung von A · x = b.

22
Kommentar: spezielle Lösung(en)

Zusammenfassung: Falls [A, b] Zeilenstufenform hat und die letz-


te Spalte keine Stufe ist, erhalten wir nach geeignetem Streichen
und Neueinfügen von Nullzeilen eine erweiterte Matrix [A0|b0], deren
rechte Seite b0 eine Lösung von A · x = b ist.

Hinweis: Dieses einfache Rezept zum Finden einer speziellen Lösung


darf nicht zum Schluss verleiten, b0 sei die einzige Lösung von A · x =
b.

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Homogene Systeme in Zeilenstufenform

Wir nehmen jetzt an, dass A eine Matrix in Zeilenstufenform ist. Durch Strei-
chen und Neueinfügen von Nullzeilen sei schon erreicht, dass A quadratisch, vom
Format n × n ist und die Stufenvektoren ihre Eins in der Hauptdiagonalen haben.

Wir wissen, dass die Anzahl der Stufen(vektoren) gleich dem Rang r von A ist.
Ferner ist nach Konstruktion A eine obere Dreiecksmatrix.

Entsprechend hat das homogene lineare Gleichungssystem A · x = b


einen Lösungsraum H ⊆ Rn der Dimension n − r.

Wir können jetzt eine Basis von H wie folgt angeben: Die n − r
Spalten von A, die nicht Stufenvektoren von A sind, haben sämtlich
als Hauptdiagonaleintrag eine Null. Ersetzen wir in diesen Spalten
jeweils den Hauptdiagonaleintrag 0 durch -1 , so erhalten wir n − r
Vektoren h1, h2, . . . , hn−r , die eine Basis von H bilden.
24
Nachweis: Lösungen von A · x = 0

Klar ist zunächst, dass die Spaltenvektoren h1, h2, . . . , hn−r ein linear
unabhängiges System bilden.
Ferner ist jedes hi tatsächlich eine Lösung von A · x = 0: Hierzu beachten wir, wie
hi aus einem Nichtstufenvektor, sagen wir der Spalte aj , hervorgeht.

Nach (S3) ist aj eine Linearkombination der Stufenvektoren; die auftretenden


Koeffizienten sind gerade die Koeffizienten aij von aj . Somit gilt
aj = ai1 .a1 + · · · + ai j−1 .aj−1 + ai j+1 .aj+1 + . . . + ai n.an.

Indem wir aj , behaftet mit dem Faktor −1 , auf die rechte Seite der Gleichung
bringen, folgt A · hi = 0.

Wir schließen, dass h1, h2, . . . , hn−r ein linear unabhängiges System
im n − r-dimensionalen Lösungsraum H ist. Es folgt mit einem
Dimensionsargument, dass dieses System eine Basis von H ist. 
25
Der Gauß-Algorithmus I

Wir haben damit alle Bausteine für den Gauß-Algorithmus beisam-


men:

Schritt 1: Die erweiterte Matrix [A|b] des zu untersuchenden linea-


ren Gleichungssystems wird zunächst durch elementare Zeilenumfor-
mungen auf Zeilenstufenform [A0|b0] gebracht. Falls die letzte Spalte
b0 ein Stufenvektor ist, ist das System A · x = b nicht lösbar, andern-
falls ist es lösbar.

Schritt 2: Durch geeignetes Streichen und Auffüllen von Nullzei-


len wird [A0|b0] so zu [A00|b00] umgeformt, dass A00 eine quadratische
Matrix ist und die Einsen der Stufenvektoren in der Hauptdiagonale
von A0 stehen. Es ist dann b00 eine spezielle Lösung von A · x = b.
26
Der Gauß-Algorithmus II

Schritt 3: Wir ersetzen die Hauptdiagonaleinträge Null von A00 in


den Spalten, die nicht Stufenvektoren sind, jeweils durch −1 und
erhalten ein System von n − r (r=Anzahl der Stufenvektoren) Spal-
tenvektoren h1, h2, . . . , hn−r , welches eine Basis des Lösungsraums
H des homogenen Gleichungssystems A · x = 0 bildet.

Die ’allgemeine Lösung’ des Gleichungssystems A · x = b hat dann


die Form
n−r
x = b00 +
X
αi.hi, mit beliebigen Skalaren αi.
i=1

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