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Der kleine schwarze Fisch

Der kleine schwarze Fisch (persisch ‫ ﻣﺎﻫﯽ ﺳﯿﺎه ﮐﻮﭼﻮﻟﻮ‬Mâhī-ye Sīyāh-e Kūchūlū) ist eine
Kindergeschichte des iranischen Schriftstellers Samad Behrangi, die 1967[1] oder 1968[2] erstmals
veröffentlicht wurde. Aufgrund ihrer als versteckte Kritik und Aufruf zum Widerstand gegen das Schah-
Regime des Irans unter Mohammad Reza Pahlavi empfundenen Aussagen unterlagen zahlreiche Schriften des
Autors im Iran lange Zeit der Zensur.[2] Die Geschichte wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und erhielt
mehrere internationale Literatur-Auszeichnungen. Dieses internationale Echo ermöglichte ihre
Veröffentlichung im Iran als eine der wenigen Geschichten Behrangis zu Zeiten des Schah-Regimes. Die
Geschichte wird in ihrer Wahrnehmung verglichen mit Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ oder
Richard Bachs „Die Möwe Jonathan“.[2] Auf Deutsch erschien die Geschichte u. a. 1970, 1987 und 2011.

Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Auszeichnungen
Politische Rezeption
Kulturelle Rezeption
Literatur
Einzelnachweise

Inhalt
Bei der Geschichte handelt es sich um eine Erzählung innerhalb einer Erzählung. Die Geschichte ist
eingebettet in die Erzählung einer Fischgroßmutter am Grunde des Meeres, die ihren 12.000 Enkelfischen eine
Gute-Nacht-Geschichte erzählt:

In einem kleinen Fluss lebt ein kleiner schwarzer Fisch mit seiner Mutter. Er ist der einzige Überlebende von
10.000 anderen Eiern, die seine Mutter gelegt hatte. Der kleine Fisch beginnt sich Fragen über die Welt
außerhalb des Flusses zu stellen und äußert den Wunsch, bis zum Ende des Flusses und darüber hinaus zu
schwimmen. Er gerät darüber mit seiner Mutter und den anderen Fischen im Fluss in Streit und schwimmt
schließlich davon. Auf seiner Reise erlebt er zahlreiche Abenteuer und begegnet Tieren innerhalb und
außerhalb des Wassers, von denen ihm einige helfen und weitere Tipps und Hinweise für seine Reise geben.
Sie warnen ihn unter anderem vor dem Pelikan, dem Sägefisch und dem Kormoran. Eine Eidechse, der der
kleine Fisch unterwegs begegnet, gibt ihm einen kleinen Dolch, mit dem er sich aus dem Schnabel des
Pelikans befreien können soll. Sie erzählt von vielen kleinen Fischen, die sie bereits den Fluss hinab ins Meer
hat schwimmen sehen, und denen sie bereits geholfen habe. Diese würden mittlerweile einen großen Schwarm
bilden, und mit ihrer vereinten Kraft den Fischer, der sein Netz nach ihnen auswerfen würde, in Bedrängnis
bringen, indem sie mit vereinten Kräften gen Meeresgrund schwämmen und das Netz hinab zögen. Unterwegs
schließen sich dem kleinen Fisch andere Fische an, die von seiner Reise gehört haben und ihn bewundern. Als
sie gemeinsam vom Pelikan in dessen Schnabel gefangen werden, wollen die anderen Fische ihn jedoch
opfern, um vom Pelikan freigelassen zu werden. Dieser verschluckt sie jedoch, nachdem sie ihm vorgaukeln,
sie hätten den kleinen schwarzen Fisch, den der Pelikan als Unruhestifter identifiziert, getötet. Hierauf
zerschneidet der kleine schwarze Fisch den Schnabel mit dem Dolch, den ihm die Eidechse gab, und kann
fliehen. Schließlich kommt er im Meer an und stößt auf einen riesengroßen Fischschwarm. Er möchte mit
ihnen gemeinsam das Netz des Fischers in die Tiefe reißen, aber sie vertrösten ihn auf später. Der kleine
schwarze Fisch schwimmt zur Oberfläche, um sich umzuschauen, und wird dabei vom Kormoran gefangen,
der ihn in seinem Schnabel mit zu seinem Nest nehmen will. Er versucht, den Kormoran in ein Gespräch zu
verwickeln, damit dieser ihn aus seinem Schnabel fallen lässt, aber der Kormoran durchschaut seine List und
verschluckt ihn. Im Bauch des Kormorans begegnet er einem winzigen Fisch, dem er verspricht, ihn zu retten
und die Fische des Meeres vom Kormoran zu befreien. Es gelingt ihm, den Kormoran zu töten und den
kleinen Fisch zu befreien. Er selbst wird aber nie wieder gesehen.

Die Geschichte wechselt erneut in die Erzählung der Fischgroßmutter, die jetzt ihre Fischenkel ins Bett
schickt. Alle Fische, auch die Großmutter, schlafen ein, nur ein kleiner roter Fisch unter den Enkeln findet
keine Ruhe und denkt die ganze Nacht lang an das Meer.

Auszeichnungen
1969 Bologna Ragazzi Award[3]
1969 Bratislava Literatur Biennale[3]
1974 Hans Christian Andersen Preis für die Illustrationen von Farshid Mesghali[1]

Politische Rezeption
Behrangi wurde in seinem Werk stark durch sozialistische und revolutionäre Ideen der lateinamerikanischen
Guerilla und maoistischen Revolutionäre seiner Zeit beeinflusst.[1][2] So ist die Quintessenz von „Der kleine
schwarze Fisch“ die Erzählung eines mutigen „Niemand“, der sein Leben opfert, um Unterdrückung zu
beenden. Er sieht auf seinem Weg ins Meer alle möglichen Konstellationen von Unrecht und Unterdrückung
seiner Mitfische und entwickelt daraus ein Verantwortungsgefühl dafür, dieses Unrecht und die Unterdrückung
zu bekämpfen.[2] Auch kann die Einbettung in eine Geschichte mit Fischen als Anspielung auf Mao Zedongs
Satz über Revolutionäre, die unerkannt im Volk schwimmen sollten, wie ein Fisch im Wasser, verstanden
werden. Ebenso wie Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ oder Lewis Carrolls Geschichte Alice im Wunderland
ist „Der kleine schwarze Fisch“ nur vordergründig eine Kindergeschichte, sondern richtet sich mit ihrer
Grundaussage auch an Erwachsene.[2]

Kulturelle Rezeption
Die Geschichte wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und auch für Theaterbühnen adaptiert.[4] Sie gilt als
eine von Behrangis beliebtesten und bekanntesten Geschichten.[1][2] Ahmet Haluk Ünal, Ezel Akay und
Serpil Güler bezogen sich bei ihrem Film „Kleine schwarze Fische“ (Küçük Kara Balıklar) über Geschichten
türkischer Kinder im Südosten der Türkei auf diese Geschichte Behrangis.[5] Sema Poyraz und Sofoklis
Adamidis verfilmten die Geschichte 1977 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.[6] Der
iranische Filmemacher Reza Allamehzadeh drehte 1980 einen Dokumentarfilm namens Mahi-ye Siah-e
Kuchulu-ye Dana („Der weise kleine schwarze Fisch“) über Samad Behrangi, der allerdings aufgrund der
iranischen Zensur nicht veröffentlicht werden konnte.[7]

Literatur
Mehrzad Boroujerdi „Iranian Intellectuals and the West: The Tormented Triumph of Nativism“,
Syracuse University Press, 1996
Nafisa Abdelsadek „The effects of social and political dislocation on persianate children's
literature: change and continuity“ 2011

Einzelnachweise
1. Bahareh Ebrahimi: „Kinderbücher in Iran (https://www.sueddeutsche.de/kultur/literarischer-mar
kplatz-kinderbuecher-in-iran-1.3221803)“ in Süddeutsche Zeitung, 27. Oktober 2016
(abgerufen am 9. November 2020)
2. Mehrzad Boroujerdi „Iranian Intellectuals and the West: The Tormented Triumph of Nativism“,
Syracuse University Press, 1996
3. Nafisa Abdelsadek „The effects of social and political dislocation on persianate children's
literature: change and continuity“ 2011
4. Eine zauberhafte, fremde Welt entdecken (https://www.wz.de/nrw/wuppertal/kultur/glanzstoffstu
dio-begeistert-mit-seiner-premier-von-der-kleine-schwarze-fisch-_aid-35163509) in
Westdeutsche Zeitung vom 16. Dezember 2018 (abgerufen am 9. November 2020)
5. Kleine schwarze Fische (http://www.filmstarts.de/kritiken/232193.html) auf Filmstarts
6. Kleiner schwarzer Fisch (https://dffb-archiv.de/dffb/kleiner-schwarzer-fisch) im Archiv der
Deutschen Film- und Fernsehakademie
7. Hamid Naficy „An Accented Cinema: Exilic and Diasporic Filmmaking“, Princeton University
Press, 2001

Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Der_kleine_schwarze_Fisch&oldid=209688087“

Diese Seite wurde zuletzt am 11. März 2021 um 16:42 Uhr bearbeitet.

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