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principles of
archaeological
stratigraphy
edward harris
PRINCIPLES OF
ARCHAEOLOGICAL
STRATIGRAPHY
GERMAN EDITION
Author
Edward Cecil Harris
NATIONAL MuSEuM OF BERMuDA
Translators
Katja Kliemann & Geoffrey Carver
Second Edition
ACADEMIC PRESS LIMITED
London and San Diego, 1989
© Edward C. Harris
The true archaeological activity, the one in which the archaeologist finds his true
identity and is aware that no one can take his place to advantage, is certainly the
“establishment” of facts. In the most general and characteristic case, that of an
excavation, it is when he notes a mass of rubble, locates one wall, then the others,
and sees a plan forming…it is when he differentiates between discarded bones and
a grave, between a simple hearth and a localized or generalized blaze; it is when he
does this that he is accomplishing work that no one is better able to do, that no one
else can ever do again…He knows that, if he makes a mistake, see things wrongly,
misunderstands, his conclusions will then be irremediably falsified and cannot but
lead to other errors among those who use them.
—Paul Corbin, What is Archaeology?, 1988
Vorwort
Michael B. Schiffer
Department of Anthropology
University of Arizona
Einleitung
Die Idee, daß die Befunde einer archäologischen gefunden sind) bestehen, ist von den Prinzipien der
Ausgrabung in einem vielschichten Zustand gefunden geologischen Stratigraphie beherrscht. Einige
sollen, eine Schicht oder ein Befund auf den Anderen, in Archäologen glauben, daß geologische Prinzipien von
der Untersuchung dieser Ausgrabungen erste Bedeutung der Stratigraphie angemessen sind, da das Studium der
durch die archäologische Ausgrabung. Dieses Buch ist archäologischen Ausgrabungen bei dem Mann eine
eine Diskussion der Prinzipien von archäologischer Stratifikation machte. Sie empfehlen eine Rückkehr zu
Stratigraphie, die Archäologe auf das Studium der diesen Axiomen, die die Ideen zitieren, die in der
archäologischen Ausgrabungen wenden, sowohl Erstausgabe dieses Buchs als gefunden werden, eine
während Ausgrabungen als auch in der unnötige ‘Separatist’ Bewegung darzustellen (Farrand
Auswertungsanalyse. 1984a,b; Collcutt 1987). Solch eine Aussicht versäumt
ziehen die zusätzlich normale Wirkung den menschliche
Die Betonung dieses Buchs ist auf den chronologischen, Gesellschaft gehabt auf der Formung des Gesichts dieses
topographisch und die wiederholten oder Planeten. Es auch versäumt erklären die Tatsache so
nichthistorischen Aspekte von archäologischen meiste von den stratigraphischen Problemen in
Schichtung. Es ist angenommen, daß die archäologische Archäologie heute zurückgehen von der Tatsache, daß
Schichtung aus einer Ausgrabung als ein ähnliches wir nicht schieden uns lang vor von geologischen
körperliches Phänomen zu einem anderen vorkommt. Vorstellungen von Stratigraphie das ist ganz nutzlos in
Die Prinzipien von archäologischer Stratigraphie, die die vielen archäologischen Zusammenhängen.
Wissenschaft, von der archäologische Ausgrabungen
richtig verstanden werden können, ist, sind überall damit Als Menschen ihr Debüt auf der Erde machten, kam eine
anwendbar. Revolution in dem Prozeß der Stratifikation vor, die
hinaus bis dahin von natürlichen Vermittlungen getragen
Der Charakter der Stratifikation einer besonderen geworden war. Diese große Änderung hatte mindestens
archäologischen Ausgrabung wird sich auf den drei größere Aspekte: Menschheit fing zuerst an,
historischen und kulturellen Umständen verlassen, in Gegenstände herzustellen, die dem Prozeß der
denen er geschaffen wurde. Die einmalige, historische organischen Entwicklung durch natürliche Auslese nicht
und kulturelle Bedeutung der archäologischen entsprachen; Menschen fingen zweitens an, bevorzugte
Stratifikation ist durch allgemeine archäologische Gebiete von Verwendung von der Oberfläche von der
Methoden und durch Vergleich mit Daten von vielen Erde zu definieren; Leute fingen drittens an, in die Erde
anderen Quellen abgeleitet, z. B. historische oder zu graben, durch die kulturelle Vorliebe, eher als durch
umwelttechnische Studium. Indem sie die Tatsachen Instinkt, die die stratigraphische Schallplatte schließlich
benutzen, die von stratigraphischen Entdeckungen in einer nichtgeologischen Weise veränderte.
geschaffen werden, werden Historiker, Anthropologen
und viele andere Studenten der Vergangenheit, sich Diese Revolution trennt archäologisch von geologischen
natürlich auf der Bedeutung einer Fundort ausdehnen, Stratigraphie, die kulturellen vom Naturellen.
wie man vom Archäologen umrissen wird. Die Archäologische Gegenstände, ungleiche
Prinzipien von der archäologischen Stratigraphie haben Auskommensspezies, haben kein festes Lebensmuster;
in solchen späteren Interpretationen außer einer ihre Anwesenheit in der Stratifikation vermengt
kleineren Rolle gehabt, wie sie sich auf die körperliche geologische Annahmen von der Entwicklung und der
Anordnung von der archäologischen Stratifikation Änderung damit, wie man durch geschichtete
beziehen und dem Archäologen erlauben, die Versteinerungsüberreste gesehen wird. Bevorzugte
verhältnismäßige chronologische Ordnung zu Gebiete von Nutzen werden verwahrte als
bestimmen, in der eine Stratifikation geschaffen wurde. Eigentumsgrenzen Familien oder nationalen
Abmessungen und stellt stratigraphisch in den
Die Prinzipien der archäologischen Stratigraphie sind zu Überresten eines gemeinsamen Gartenzauns oder in
den Ausgrabungen berichtet, in denen die Stratifikation Strukturen wie der bedeutenden Groß Mauer von China.
vorherrschend vom menschlichen Ursprung sind. Die Diese Grenzen marschieren zu unserem Willen und sich
Interpretation der archäologischen Ausgrabungen, die teilen in unnatürliche Grundstücke das Land. Wann
aus der natürlichen, oder geologischen, Stratifikation Menschheit lernen auszugraben (sicher, neben
(darin, welche menschlichen Überreste oder Artefakte Werkzeugmach, eine der größten Leistungen in der
iv Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Entwicklung unserer Spezies?) stratigraphische Befunde stratigraphischen Aufzeichnungen entstehen viele von
welches keinen geologischen Gegenwert hatte erzeugt. den Problemen in Archäologie, wie das Unvermögen
Jede Kultur entwickelte seine eigenen Formulare von der erzeugen Ausgrabungsberichte innerhalb eines
Ausgrabung schließlich, um zu den verschiedenen sinnvollen Zeitraums.
Zielen, von der Aushebung von Gruben und Gräben,
zum Erwerb von Materialien zu passen, um Städte und Obwohl archäologische Stratigraphie ist grundsätzlich zu
Städte aufzurichten. unserer Disziplin es empfangen sehr kleine
Aufmerksamkeit in jüngsten Jahrzehnten. Von den 4818
Als verschiedene Gesellschaften übersprungen von Papieren, die in der Buch Archaeology, a
einem Formular zu als der Nomade aufführte Weg zum Bibliographical Guide to the Basic Literature (Heizer et
Stadtbewohner, mit jeder Zunahme in der materiellen Al.. 1980) zitiert werden, eine großartige Gesamtzahl
Entwicklung von menschlicher Kultur, dort war ein von acht Artikeln aufgelistet unter der Titel
Begleite werden in der Dichte und Komplexität ‚Stratigraphie.’ Lehrbücher auf Archäologie widmen alle
stratigraphischen Abscheidungen in archäologischen der Aussprache der stratigraphischen Prinzipien und
Befunde. Mit jeder großen Änderung, wie der Meistem von denen, die ausgesagt werden, korrumpierte
Industrierevolution jüngsten Jahrhunderte, die Versionen beinah gegenwärtig außer einer Seite oder
stratigraphische Unterschrift von Menschenleben werden zwei von geologischen abgelegtem Kleidungsstücken ist
weniger geologische und mehr künstlich. Indem es (z.b. Barker 1977; Hester und Grady 1982; Sharer und
stratigraphisch spricht, ist es in der menschlichen auf die Ashmore 1979).
Kunststratifikation anwendbaren Geschichte aus einem
sehr frühen Punkt, die geologische Prinzipien von der Die Erstausgabe dieses Buchs war der erste Text, der in
Stratigraphie nicht mehr waren: Es ist davon frühe Zeit seiner Gesamtheit zu einer Diskussion der Prinzipien
das ein Anspruch auf archäologische Stratigraphie als von der archäologischen Stratigraphie zu übergeben,
ein getrennter, erd bildendes Prozeß kann nicht widerlegt besondere, wo menschliche Aktivitäten die Bildung von
sein. der Stratifikation beeinflußt haben, ist. Wenn Sie
glauben, wie Paul Courbin (1988: 112), daß die Aufgabe
Mit dem Anfang von städtischem Leben veränderte sich eines Archäologen ist die Errichtung von Tatsachen,
die Natur von der archäologischen Stratigraphie dann dort kann bin nichts grundsätzliches zu unserem
dramatischer. Die Rate von Abscheidung durch die Geschäft als die Errichtung stratigraphischen Tatsachen.
Konstruktion von Gebäuden großartig vergrößert genau In dieser zweiten Ausgabe von Prinzipien von der
so war die Rate von Degradation. Dies spiegelte eine archäologischen Stratigraphie habe ich versucht, den
wachsende Fähigkeit wider, die Erde einzugraben und Inhalt in der Hoffnung zu reorganisieren, daß der
die Entscheidungen in neue stratigraphische Phänomene Student die grundlegenden Methoden fertiger mehr
zu transformieren. Diese Änderung ist gegen die Welt in lernen kann, von denen die Tatsachen der Stratifikation
der Stratifikation von Ausgrabungen gezeigt und kann in einer archäologischen Ausgrabung entdeckt und
solchen modernen Aktivitäten als Tagebau oder dem aufgezeichnet werden können.
Gebäude von Wolkenkratzern gesehen werden.
In den ersten vier Kapiteln ein historischer Umriß gibt
Die städtische Revolution war in den Prozessen der von stratigraphischen Begriffen in Geologie und
geologischen und archäologischen Stratifikation zu einer Archäologie und von früheren Verfahren für
Revolution eine Partnerin. Aber während Menschen als Ausgrabung und Aufzeichnung. Kapitel 5 bringt
geologische Agenten (Sherlock 1922) anerkannt zusammen die Gesetze von der archäologischen
geworden sind, ist die stratigraphische Tragweite dieser Stratigraphie, die in der Erstausgabe zerstreut wurden: es
Rolle Kleine gewesen, die in entweder Archäologie oder ist aus Not, daß die Harris Matrize und die Ahnung von
Geologie geprüft wird. Dadurch einige Archäologen sind stratigraphische Folgen hier ebenso eingeführt werden.
ruhig versucht entwirren archäologische Stratifikation Kapitel 6 und 7 sind Paar: man bespricht Anzahlungen in
nach Regeln die ausgedacht hinüber einem Jahrhundert archäologischen Stratifikation und den, anderen die
vor für das Studium Schicht gebildet unter sedimentären Vorstellung der Schnittstelle, welche ist die
Zuständen vor viele Millionen Jahre. Trennungslinie zwischen Anzahlungen oder, umgekehrt,
ihre Oberflächen. Die nächsten zwei Kapitel befassen
Die stratigraphischen Aufzeichnungen vieler sich mit den Aufzeichnungsmethoden des Abschnitts
Ausgrabungen, besondere die auf komplexen städtischen und der Planzeichnungen. Kapitel 10 und 11 Umriß die
Ausgrabungen, sind mit unzureichenden Richtlinien Stufen von abstimmen und die Analyse von Artefakten
damit kompiliert geworden, die auf geologischen im Verhältnis zu stratigraphischen Folgen. Im letzten
Vorstellungen basieren. Für die stratigraphischen Kapitel ein Überblick gibt von den einfachen Verfahren,
Archive die folgen aus vielen von diesen Ausgrabungen die wenn durchgeführt mit Fleiß, sicherstellen daß sogar
das Adjektiv chaotisch ist vielleicht nicht eine extreme ein bescheidener Anfänger mit einer kleinen Ausbildung
Beschreibung. Aus diesen unzureichenden kann gründen die stratigraphischen Tatbestände einer
Der Begriff Stratigraphie in der Geologie v
archäologischen Ausgrabung.
Als Sir Charles Lyell um 1830 sein klassisches Buch Formen bewahrt wurden.
Principles of Geology publizierte, stand der Begriff
Stratigraphie in der Geologie zum größten Teil fest. Hinsichtlich der Anwesenheit von Fossilien im Gebirge,
Diese Festlegungen bezogen sich speziell auf Aspekte wiederholte Steno die damals verbreitete Meinung, dass
wie Fossilien, Schichten und Interfaces. Sie waren sie auf hohen und trockenen Böden deponiert waren,
allgemein anwendbar in bezug auf die Gesetze der nachdem die Sintflut zurückgegangen war. Indem er aus
Stratigraphie und deren Beziehungen untereinander, auf den Annales von Tacitus zitierte, deutete er jedoch auf
die Chronologie und auf die Stratigraphie selbst, das eine alternative Theorie: Die Felsen mitsamt der darin
heißt, auf die Schichten und Interfaces oder enthaltenen Reste könnten ihre Lage geändert haben.
Diskordanzen zwischen ihnen.
Im gleichen Jahr wurden während der
Die Entdeckungen, die dem Begriff Stratigraphie ein Nacht zwölf Städte in Kleinasien durch ein
modernes Gepräge gaben, befanden sich in Widerspruch Erdbeben zerstört... man sagte, dass hohe
zu den vorherrschenden Ansichten über Fossilien und Berge dem Boden gleich gemacht wurden ,
Stratifikation. Erstere wurden als Laune der Natur dass sich das flache Land in steile Berge
betrachtet, letztere als Ablagerungen der Sintflut. Ein verwandelte und dass Feuer unter den
weiteres Hindernis bei der Entwicklung von Ruinen ausbrach (Garboe 1958, 19).
geologischen Theorien war das Alter der Erde, das
aufgrund von biblischen Hinweisen auf nicht mehr als Zur Unterstützung dieser Theorie veröffentlichte Steno
6000 Jahre berechnet wurde. eines der frühesten Beispiele eines idealisierten
geologischen Profils (White 1965, Tafel XI). Es wurde
Steno und die Haifischzähne in einem bekannten Ort der Karstgegend Italiens
aufgenommen, wo die Höhlen oft einstürzen und kleine
Ende des 17. Jh. machte der Däne Nils Steensen (Steno) Täler bilden (Tomkeieff 1962, 385).
einen ersten Versuch, das Wesen der Schichtung
systematisch zu analysieren. Steno postulierte eine Steno widersetzte sich der überlieferten Meinung mit der
direkte Beziehung zwischen den Zähnen von Haien und Behauptung, dass Fossilien uralte Überreste seien und
den damals in den Kreidefelsen von Malta zahlreich dass Schichten weder statische Bildungen noch
gefundenen "Zungensteinen": Ablagerungen der Sintflut waren. Seine Forschungen
veranlassten ihn auch, die geologischen Gesetze der
Da die Form der Zungensteine den Überlagerung und der ursprünglichen Kontinuität
Zähnen der Haie wie ein Ei dem anderen darzulegen (White 1968, 229).
gleicht und da weder ihre Anzahl noch
ihre Lage im Boden dagegen sprechen, Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden zwei weitere
erscheint mir die Behauptung nicht weit
von der Wahrheit entfernt, dass die Fortschritte in der Theorie der geologischen
Zungensteine Haizähne sind (Garboe Stratigraphie erreicht: der eine betraf die allgemeine
1954, 45). Beziehung zwischen Fossilien und Schichten, der andere
konzentrierte sich auf einen besonderen Aspekt der
Er kam außerdem zu dem Ergebnis, dass Objekte, die Stratifikation, nämlich den der Interfaces zwischen den
sich aufgrund langsamen Wachstums ausdehnen, Risse Schichten.
im Gestein erzeugen können; auch in alten Mauern
eindringende Baumwurzeln können diese zerstören. Die Wechselbeziehung zwischen den Schichten
Dieser Prozess würde diese Objekte ebenfalls umformen.
Die ähnliche Form der Zungensteine veranlasste Steno Zum ersten Punkt erzielte William Smith wertvolle
zu der Annahme, dass der Boden während der Bildung Erkenntnisse. Bei der Ausschachtung und Aufnahme
der Fossilien nicht verdichtet gewesen war (Garboe eines Kanals im südlichen England beobachtete er, dass
1958, 15). Aus diesem Grunde regte er an, dass die die Schichten in diesem Landesteil einem gleichmäßigen
Felsen, in denen die Fossilien vorkamen, ursprünglich Überlagerungsmuster folgten und begann, aus jeder
Wassersedimente gewesen waren. Die Ablagerung der einzelnen Fossilien zu sammeln. Dabei stellte er fest,
Sedimente deckte die bereits gebildeten Fossilien mit dass jede Schicht spezifische organische Überreste
flüssigem Schlamm ab, so dass ihre ursprünglichen enthielt (Smith 1816, ii). Dies war eine Entdeckung von
2 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
überragender Bedeutung, weil damit den Geologen die der Evolution ausgestorben waren. Diese Prinzipien
Erkennung von zeitgleichen Ablagerungen an führten zum historischen Charakter der geologischen
unterschiedlichen Orten ermöglichte, insbesondere dann, Stratifikation. Sie sind, aber, ohne Bezug auf die
wenn andere Merkmale wie z. B. lithologische ahistorischen, bzw. zyklischen Aspekte der
Affinitäten fehlten. Sie lieferte außerdem den Schlüssel Stratifikation, von geringem Wert.
zur chronologischen Beziehung der geologischen
Schichten überall in der Welt. Geologische Prozesse
Von da an trug Smith seine stratigraphisch geordnete Die geologische Stratifikation entsteht in einem
Sammlung zusammen. Die Fossilien wurden auf Regale zyklischen Prozess von Ablagerung oder Abtragung, von
geordnet, entsprechend ihre Lage in der Schicht, in der Erhebung der Landmassen oder ihrer Absenkung in den
sie gefunden wurden (Eyles 1967, 180). Seine Meeren. Einmal verdichtet, kann die Stratifikation
Sammlung wurde auch gewissenhaft katalogisiert, so umgestürzt, abgebrochen und zerstört werden oder auf
dass jedes Fossil nach Gattung, Spezies und Herkunft andere Weise ihren ursprünglichen Zustand verändern.
gekennzeichnet wurde. Dieser Vorgang kann nachgewiesen werden, wenn
Fossilien oder mineralische Bruchstücke aus einer
Dieses dreifache Klassifizierungssystem frühen Formation in spätere Ablagerungen gelangen, z.
erlaubt, die Proben zu vergleichen und es B. durch Erosion. Diese Änderungen spiegeln sich im
zeigt übersichtlich, an welchen Orten das immateriellen Aspekt der Stratifikation wider, in den
gleiche Fossil gefunden wurde. Diese Diskordanzen oder Interfaces zwischen einzelnen
Methode ist für alle klassifizierten Ablagerungen oder Gruppen von Ablagerungen.
Fossilien der Sammlung angewendet
worden. Jede Schicht ist ein Teil des Dieser geologische Zyklus wurde in den 90er Jahren des
Ganzen, und die Fossilien darin sind von 18. Jhs. durch James Hutton in Schottland entdeckt.
den anderen getrennt gekennzeichnet Seine Theorie war unvollständig ohne den Gedanken der
(Eyles 1967, 203). "Diskordanz", das heißt, des Interfaces zwischen zwei
unterschiedlich orientierten Schichten, bei der die eine
Smiths Entdeckung - jede Schicht enthält ihre auf der anderen diskontinuierlich aufliegt. Hutton
spezifischen Fossilienreste - wirkte sich erst Jahrzehnte definierte die Diskordanz als die abgelaufene Zeit
später unmittelbare auf die Chronologie: Sir Charles zwischen Erhebung und Erosion einer Formation, ihre
Lyell stellte eine Methode vor, mit der die relative Versenkung im Meer und dem Zeitpunkt, wo sich neue
Sequenz der geologischen Schichten anhand von Ablagerungen über dieser Formation bildeten.
Fossilien bestimmt werden konnte. Sie beruhte auf dem
Verhältnis zwischen den Fossilien einer vorgegebenen Hutton hat dieses geologische Element wohl beim
Schicht und den lebenden Spezies. Er war der Meinung, Schreiben seines 1795 publizierten Buches Theory of the
dass in den ältesten Schichten folgendes zu finden sein Earth herausgefunden; an dieser Aufgabe waren seine
müsste: Vorgänger und Zeitgenossen bislang gescheitert, weil sie
trotz detaillierter Beobachtungen der Erdoberfläche
eine mit derzeit lebenden Spezies "keine einzige Diskordanz erkannt hatten" (Tomkeieff
identifizierbare , extrem kleine Anzahl von 1962, 392-93). Einer davon war John Strachey, dessen
Fossilien; dagegen wird die Anzahl an berühmtes Profil in Stratification for the Archaeologist
Resten von jüngeren testacea größer, je (Pyddoke 1961, Abb. 1) abgebildet ist. Bei der
weiter ma n sich d en ob eren Besprechung der im Profil sichtbaren Diskordanz setzt
Ansammlungen nähert (Lyell 1964, 268). sich auch Pyddoke nicht mit dem Begriff Interface
auseinander, vermutlich weil er seine Bedeutung für die
Somit waren in den älteren Phasen des Tertiärs nur 3,5 archäologische Stratigraphie übersah.
% der Fossilien mit lebenden Spezies vergleichbar und
erst in den jüngeren Phasen stieg der Prozentsatz auf 90 Nach Huttons Theorie verkörpern Diskordanzen und
% (Lyell 1964, 273). andere Arten von geologischen Interfaces Zeitabschnitte
die, analog zu den Schichten, welche sie abgrenzen, eine
Zusammenfassend hatten Stenos, Smiths und Lyells beträchtliche Dauer aufweisen können. Die Schichten
Entdeckungen zu folgenden Erkenntnissen geführt: bilden unterdessen durch Erhebung, Erosion und
Fossilien und Schichten waren zwar unterschiedlich, Versenkung neue Meeresgründe, auf denen ihrerseits
aber aufgrund natürlicher Prozesse entstanden und weitere Schichten durch Ablagerung entstehen können.
abgelagert; die Schichten enthielten bestimmte Fossilien, Diese Ansicht setzte sich bald durch, aber erst als „Der
die ursprünglich nur dort anzutreffen waren; und diese Ursprung der Arten“ erschien, wurde die Forderung
Fossilien erlaubten eine relative Datierung der Schichten nach einer größeren Zeitdauer anderer Typen von
aufgrund der Tatsache, dass gewisse Spezies im Laufe Interfaces gestellt, analog zu den Zeiträumen, die für die
Der Begriff Stratigraphie in der Geologie 3
Ablagerung von Schichten erforderlich waren (Toulmin Verschiebung und Verwerfung. Das Gesetz der
und Goodfield 1965, 222). Eine Entstehungszeit von Überlagerung kann in diesem Fall und bis zur
Millionen von Jahren, um Stratifikation entstehen zu Festlegung der Ablagerungsfolge nicht angewendet
lassen, ließ sich nicht mit dem biblischen Alter von 6000 werden.
Jahren in Einklang bringen. Die daraus entstandene
Kontroverse konnte nur mit der Einführung der 14 C- Zusätzlich zu diesen Gesetzen wurden die Begriffe
Datierung im 20. Jh. beendet werden. Diese Methode Schicht, Stratifikation, lithologisches Interface sowie
erlaubt den Geologen, das absolute Alter zu bestimmen Fossil, bzw. weitere Bestandteile der Schichten,
und eine Folge von Schichten jahrgenau zu datieren. definiert. Schichten wurden als Gesteinslagen
identifiziert, die aufgrund von Ablagerungsprozessen
Die relative Datierung zeigt, im Gegensatz zur oder -umständen einer Änderung in ihrer
absoluten, die Reihenfolge der stratigraphischen Zusammensetzung ausgesetzt wurden; Stratifikation war
Ereignisse an. Solche Folgen können ohne Angabe der ihrerseits die Gesamtheit von Schichten und Interfaces
Umfang oder Dauer der Zeit erstellt werden (Kitts 1975, (Dunbar und Rodgers 1957, 97). Lithologischen
363). Die relative Abfolge der Schichten auf der Erde Interfaces, z. B. Diskordanzen, die die Grenze zwischen
konnte in den 30er Jahren des 19. Jhs. bestimmt werden, den Ablagerungen bildeten, wurden die gleiche
zu einem Zeitpunkt als die Hauptgrundsätze der Bedeutung beigemessen wie den Schichten selbst (ISSC
geologischen Stratigraphie festlagen. Diese Prinzipien 1976, 11). Fossilien erkannte man als Überreste von
werden anschließend zusammengefasst. uralten Lebewesen. Andere Schichtinhalte, wie z. B.
Gesteinsfragmente aus einer früheren Formation, wurden
Die Gesetze der geologischen Stratigraphie als Beweis für ältere Zeiten gesehen (Donovan 1966,
17).
Drei Axiome wurden auf Gesteinsschichten angewandt:
die Gesetze der Überlagerung, der ursprünglichen Die Geologie hat sich durch die Anwendung dieser
Horizontalität und der ursprünglichen Kontinuität. Das Grundbegriffe und Gesetze der Stratigraphie zu einer
erste Gesetz setzt voraus, dass die obersten Schichten Wissenschaft mit vielen Fächern, z. B. der
von stratifizierten Erdmassen jünger und die unteren Paläontologie, entwickelt. Diese Grundsätze wurden
älter sind. Das zweite Gesetz besagt, dass unter Wasser jedoch überwiegend für Gesteinsschichten entwickelt,
entstandene Schichten überwiegend waagerechte die durch einen Prozess der Ablagerung entstanden sind.
Oberflächen besitzen; folglich sind heutzutage Obwohl die meisten archäologischen Schichten im
anzutreffende schräge Schichten ein Ergebnis jüngerer klassischen Sinn des Wortes nicht sedimentären
Erdbewegungen. Der dritte Grundsatz geht davon aus, Ursprungs sind, behaupten einige Archäologen (z. B.
dass jedes Sediment ursprünglich ein Ganzes ohne Stein 1987), das Gegenteil. Die Grundsätze der Geologie
sichtbare Kanten war. Sind diese scharf, ist das ein wurden zur Hauptstütze der Archäologie in den 70er
Ergebnis von Erosion oder Verschiebung (Woodford Jahren, wenngleich auf der Hand lag, dass sie ohne
1965, 4). erhebliche Überarbeitung kaum Nutzen bringen würden.
Obwohl sie den meisten Archäologen viele
Ein weiteres Gesetz, das der Vererbung in der Tierwelt, Schwierigkeiten bereitet haben, gibt es neuerdings
bzw. das Gesetz der durch Fossilien identifizierten Kollegen, die für ihre Wiedereinführung plädieren
Schichten (Rowe 1970, 59), bezieht sich auf die in den (Gasche und Tunca 1983). Im nächsten Kapitel werden
Schichten entdeckten Fossilien (Dunbar und Rodgers wir die historische Entwicklung dieser geologischen
1957, 278). Es besagt, dass die Fossilienreste, die jeder Begriffe aus archäologischer Sicht prüfen.
Schicht eigen sind, die relative Abfolge der
Ablagerungen anzeigen können, insbesondere bei
2 Der Begriff Stratigraphie in der Archäologie
Der Ursprung und die Entwicklung von Theorien in der technologische Stadien durchlaufen, in denen
Archäologie sind in Glyn Daniels A hundred and Fifty nacheinander Werkzeuge aus Stein, Bronze und Eisen
Years of Archaeology (1975) vorbildlich behandelt vorherrschten. Der Nachfolger von Thomsen, J.J.
worden. Er weist auf den großen Einfluss hin, der bis Worsaae, konnte durch Grabungen in den dänischen
zum Ende des 19. Jhs. die Geologie auf diese Mooren diese Abfolge stratigraphisch belegen (Worsaae
Entwicklung ausgeübt hatte (1975, 25). Selbst zur 1849, 9). Er stellte fest, dass die Funde in einen
Beginn unseres Jahrhunderts wurde die archäologische stratigraphischen Zusammenhang eingebettet waren, das
Stratigraphie in erster Linie aus geologischer Sicht heißt, die Werkzeuge aus Stein lagen in den untersten
betrachtet, trotz der vielen Fundorten mit fehlender oder und diejenigen aus Bronze und Eisen in den
seltener geologischer Schichtung. In diesem Kapitel darüberliegenden Schichten.
werden vorerst einige der ältesten archäologischen
Entdeckungen aus einer stratigraphischen Perspektive Die Chronologie der früheren Menschen gewann durch
und anschließend die rezenteren Theorien zur die einleuchtende Idee der drei Altersstufen eine
archäologischen Stratigraphie analysiert; letztere bedeutende Tiefe (Daniel 1964, 48) und führte 1865 zu
knüpfen an die im Kapitel 1 erläuterten Prinzipien der einer weiteren Unterteilung der Steinzeit. So postulierte
geologischen Stratigraphie an. Sir John Lubbock in seinem Buch Prehistoric Times“die
heute noch gängige Gliederung der Vorgeschichte in
Anthropogene Fossilien Paläolithikum, Neolithikum, Bronze- und Eisenzeit.
Diese Entwicklungen - in ihrer Bedeutung vergleichbar
Die wahre Natur der Fossilien war bis zu Stenos Arbeit mit denen Smiths und Lyells in der Geologie - legten
mit vielen Phantasien verbunden. Auch erstens fest, dass jede archäologische Schicht ihre
vorgeschichtliche Artefakte wurden als Zauberpfeile- spezifischen Gegenstände enthielt, und dass diese
oder blitze interpretiert (Daniel 1964, 38), obwohl "Leitfunde" zur Bestimmung von zeitgleichen Schichten
bereits im 17. Jh. einige Antiquitätensammler die an anderen Orten benutzt werden konnten; zweitens,
menschliche Herkunft dieser Objekte andeuteten. So wie dass der Prozentsatz der Kulturüberreste, die mit
Steno seine Zungensteine mit den Zähnen von lebenden jüngeren Formen vergleichbar waren, in den untersten
Haien verglich und sie für verwandt erklärte, stellten die und ältesten Schichten geringer war.
Sammler völkerkundliche Vergleiche zwischen
europäischen Steingeräten und zeitgenössischen Die Archäologen können mit diesen Prinzipien im
Werkzeugen der amerikanischen Indianer an (Daniels allgemeinen gut arbeiten. Sie sind allerdings nicht direkt
1964, 39). Im Gegensatz zu Stenos Zungensteine, deren vergleichbar, weil die meisten archäologischen
geologischer Ursprung anerkannt war, wurde für Schichten anthropogenen Ursprungs und deshalb nicht
archäologische Artefakte eine stratigraphische Herkunft unmittelbar von den Gesetzen der geologischen
erst 1797 eingeräumt. In diesem Jahr legte John Frere Stratigraphie abhängig sind; auch sind archäologische
einen Komplex frei, der mit Überresten von Artefakte leblos, zum größten Teil durch menschliche
ausgestorbenen Tieren vergesellschaftet war und sich Tätigkeiten geschaffen, erhalten oder zerstört worden
mehrere Meter unter ungestörten geologischen Schichten und meistens nicht von einem Lebenszyklus abhängig
befand (Frere 1800). Dieser Fund ruhte nicht weiter oder einem Entwicklungsprozess durch natürliche
beachtet über ein halbes Jahrhundert. Erst ab 1859, mit Auslese. Im Gegensatz zu den Lebewesen können
der Entdeckung von weiteren stratifizierten Artefakte in späteren Zeitperioden nachgemacht werden.
Fundkomplexen in Großbritannien und Frankreich und Die Ethnographie zeigt außerdem, dass in einem Teil der
ihrer Analyse durch Geologiegelehrte wie Charles Lyell, Welt Artefakte noch in Benutzung sind, die woanders
setzte sich die Meinung durch, dass diese Gegenstände nicht mehr hergestellt werden. Diese Tatsachen
anthropogenen Ursprungs waren und ein hohes Alter unterstreichen die Schwierigkeiten bei der Untersuchung
besaßen. von Gegenständen; sie unterscheidet sich grundlegend
von der geologischen Fossilien. Aber gerade weil die
Zwanzig Jahre nach Freres Entdeckung zeigte das Objekte im Laufe der Zeit ihre Form änderten, sind sie
National Museum in Dänemark eine Ausstellung, in der ein wichtiger Indikator der Geschichte und Kultur
C. J. Thomsen das System der drei Altersstufen vorlegte vergangener Gesellschaften.
(Daniel 1943): demnach hatte der Mensch mehrere
5 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 1 Einige die frühesten Abbildungen, in der die Idee der archäologischen Stratigraphie didaktisch dargestellt wird (nach Droop
1915, Abb. 1- 8; mit Genehmigung der Cambridge University Press).
Der Mensch unterliegt seit Generationen der Sehnsucht, kann an zwei Beispielen erörtert werden. Sir Flinders
kostbare Gegenstände aus der Erde zu bergen, eine Petrie bevorzugte:
Faszination, die sich auch in der archäologischen
Ausgrabung ausdrückt. Die Entwicklung der das Graben in parallelen Schnitten, weil
Ausgrabungsmethoden widerspiegelt die wechselvolle diese einen guten Einblick in das Erdreich
Auseinandersetzung mit dem Begriff „wertvoller ermöglichen und der Abraum als
Gegenstand”. So grub Richard Colt Hoare z. B. Anfang Verfüllmaterial der abgeschlossenen
des 19. Jhs. „einfach Löcher in die Hügelgräber, um so Schnitte benutzt werden kann (Petrie
schnell wie möglich die wichtigsten Überreste 1904,41).
freizulegen” (Gray 1906, 3); sein Interesse galt nicht der
Keramikscherbe oder dem stratigraphischen Detail, Im Gegensatz dazu ist Philip Barker ein Befürworter der
sondern den vollständig erhaltenen Keramikgefäßen, den großflächigen Grabung (open area), wobei er - wie es bei
Edelmetallobjekte und anderen Funden. vielen Ausgräbern heute üblich ist - entsprechend den
Umständen die Quadrantenmethode einsetzt (Barker
Heute dagegen sind die Keramikscherben, die 1977).
Pollenkörner oder ein durch Röntgenstrahlen enthüllter
Eisenklumpen für die Archäologen die kostbarsten Der Prozess bezeichnet die Methode, mit der das
Gegenstände. Außer für Funde interessierten sich frühere Grabungsgelände abgetieft wird. Es gibt zwei Prozesse:
Ausgräber für Mauern und andere Strukturen, wie z. B. den willkürlichen und den stratigraphischen. Bei der
Gräben. Erst in jüngster Zeit haben die Erdschichten, die ersten Methode gibt es zwei Möglichkeiten der
häufigsten aller archäologischen Befunde, die Freilegung: unkontrolliert und mit allen möglichen
Aufmerksamkeit erlangt, die sie verdienen. Mitteln oder kontrolliert in künstlichen Schichten mit
vorgegebener Abtragshöhe. Bei der stratigraphischen
Colt Hoare grub einfach Löcher aus. Wie führten spätere Ausgrabung werden die archäologischen Schichten
Ausgräber-Generationen ihre Arbeit durch? anhand ihrer spezifischen Form und Umrisse definiert
und in umgekehrter Reihenfolge ihrer Entstehung
Das Thema der Ausgrabungsmethoden aufgedeckt.
findet in den Veröffentlichungen praktisch
keine Erwähnung und nur die Leute, die Beide Prozesse können mit jeder beliebigen Strategie
eine lange Grabungserfahrung besitzen, angewendet werden. Die zwei Systeme sind unabhängig
haben davon eine Ahnung... in den voneinander und die Anwesenheit eines Netzes von
Berichten können die Methoden oft erahnt ordentlichen Schnitten besagt nichts über den Prozess,
werden, sie werden aber selten der dort angewandt wurde. Der Prozess ist aber viel
beschrieben. Die Argumentation dazu: die wichtiger als die Strategie. Die Aussagekraft der
Berichte werden hauptsächlich von gesammelten Informationen steht in Verbindung mit der
Fachkollegen gelesen und diese brauchen gewählten Ausgrabungsmethode und hat wenig damit zu
nicht über Grabungsmethoden unterrichtet tun, ob der Fundort mit parallelen Schnitten, mit der
zu werden (Kenyon 1939, 29). Quadrantenmethode oder großflächig abgetieft wurde.
Der heutige Student kann glücklich sein, Techniques of Sowohl die Strategie als auch der Prozess der
Archaeological Excavation (Barker 1977) zu besitzen. Ausgrabung können aus einem veröffentlichten Bericht
Dieses von einem der führenden Archäologen in abgeleitet werden. Erstere hinterlässt auch eine
Großbritannien geschriebene Buch, ist eine archäologische Spur. Z. B. haben Barrett und Bradley
ausgezeichnete Einführung in das Thema. (1978) durch die Nachuntersuchung einer Grabung von
Pitt-Rivers nachgewiesen, dass er - wie es bei ihm üblich
In diesem Kapitel soll eine historische Übersicht zum war - Schnitte angelegt hatte, die nach und nach
Thema Grabungsmethoden angerissen werden. ausgegraben und verfüllt wurden. Dagegen hinterlässt
der Prozess der Ausgrabung keine physischen, sondern
Zwei Aspekte der archäologischen Grabung können nur zeichnerische und schriftlichen Spuren. Im Laufe der
unterschieden werden: die Strategie und der Prozess. letzten zwei Jahrhunderte wurden mehrere Strategien
Die Strategie, oder die Durchführung der Ausgrabung, entwickelt, aber nur die zwei bereits genannten Prozesse
9 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 4 Diese Abbildungen veranschaulichen die Entwicklung von der Rastermethode der 30er Jahre, mit größeren nicht
ausgegrabenen Stegflächen, bis zur großflächigen Grabung der 60er Jahre, die kumulierte Profile anstatt Stegprofile
verwendete.
Die willkürliche Ausgrabung und die Streifenmethode anderen entsprechend ihrer Ausdehnung
wurden in den 30er Jahren während der Ausgrabungen abgeschält werden, um somit die genaue
am Maiden Castle durch das stratigraphische Graben mit Trennung von strukturellen Phasen und
dem Rastersystem ersetzt (Abb. 4A). relevanten Funden zu sichern (Wheeler
1954, 53).
Durch Wheelers Rastersystem wurde das Grabungsareal
in einer Reihe von kleinen quadratischen Schnitten Der willkürliche Grabungsprozess war, wie kürzlich in A
eingeteilt und freigelegt (Abb. 4A). Dazwischen gab es Celebration of the Society for American Archaeology'
Stege, deren Seitenansichten die stratigraphische festgestellt wurde, in den 30er Jahren sehr verbreitet,
Abfolge verschiedener Bereichen des Fundortes besonders in den Vereinigten Staaten:
festhielt. Das Rastersystem war für die großflächige
Ausgrabung konzipiert, weil die Stege beim Erreichen Bis 1930 haben sicherlich beinah alle
einer Hauptperiode eventuell entfernt wurden (Wheeler Archäologen in "Schichten", das heißt
1955, 109; 1937, Tafel LXVII). Wheeler sah außerdem künstlichen Schichten von 15 Zentimeter
in dieser Methode einen Weg, sowohl die Abtragshöhe, ausgegraben und nur sehr
Grabungsarbeiten als auch die Dokumentation zu wenige in natürlichen Schichten, bzw.
kontrollieren, da jeder Schnittleiter einen deutlich nach dem "Zwiebelschalen-Prinzip".
abgegrenzten Schnitt bekam (Wheeler 1954, 67). Allerdings haben einige Archäologen
beide Methoden kombiniert angewendet
Seit den 60er Jahren setzt sich die Strategie der (Haag 1986, 68).
großflächigen Grabung durch, deren Ursprünge teilweise
in der Arbeit von Pitt-Rivers gesucht werden müssen Dieses Zitat macht deutlich, dass der Begriff
(Barker 1977). Der einzige Unterschied zum „Schichten“ mit „willkürlichen Schichten“ gleichgesetzt
Rastersystem ist das Fehlen von Stegen. In der Praxis wird und deshalb nicht mit einer „Schicht“ in Wheelers
behalten viele großflächige Grabungen ihre Stege, als Sinne verwechselt werden sollte. Es ist bedauerlich, dass
hätte man dort mit dem Rastersystem gearbeitet (Abb. viele amerikanische Archäologen immer noch in
4B). Viele Archäologen verwenden andererseits Barkers künstlichen Schichten arbeiten, besonders in Situationen,
akkumulatives Profil, welches Stege überflüssig macht wo dies nicht gerechtfertigt erscheint (siehe, z. B. The
(Abb. 4C, siehe auch Kap. 8). Mit Ausnahme der Great Basin Foundation 1987; Frierman 1982 und dazu
Streifenmethode werden gegenwärtig die Strategien des eine Besprechung; Costello 1984).
Profils, der Quadrantenmethode, des Rastersystems und
der großflächigen Grabung eingesetzt. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sollte die
stratigraphische Methode so oft wie möglich angewandt
Grabungsprozesse werden. Ihre Gültigkeit beruht auf der Idee, dass die
archäologische Stratifikation, analog zur geologischen,
Wheelers Rastersystem ergänzte sich mit dem als eine „unabsichtliche Erinnerung an frühere
stratigraphischen Prozess der Ausgrabung, der Ereignisse“ betrachtet werden sollte (Lyell 187S, I, 3):
folgendes voraussetzte:
Das Zeugnis der geologischen Denkmäler
Die Schichten müssen eine nach der (Stratifikation), wenn auch oft
11 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
unvollkommen, besitzt immerhin den wahrscheinlich eher die Regel als die Ausnahme. Die
Vorteil, frei von absichtlichen willkürliche Strategie resultiert schließlich in der
Manipulationen zu sein. Wir können uns in Erstellung einer beliebigen „stratigraphischen Sequenz“,
den Folgerungen täuschen, genauso wie wie sie in Abb. 49 veranschaulicht wird.
wir uns im Wesen und in der Bedeutung
von Phänomenen irren, die wir täglich Die stratigraphische Methode wird heutzutage allgemein
beobachten; aber unser Vermögen zu irren akzeptiert; sie ist besonders bei Grabungen angebracht,
wird auf die Interpretation eingeschränkt: die deutlich erkennbare archäologische Befunde
wenn diese richtig ist, dann auch unsere aufweisen. Bei Fundorten, wo diese nicht gut zu trennen
Antwort (Lyell 1875, I, 4. Normalschrift sind, kann in künstlichen Schichten abgetieft werden.
hinzugefügt ). Allerdings müssen die damit gewonnenen Erkenntnisse
in jeder stratigraphischen Analyse mit Skepsis betrachtet
Da die archäologische Stratifikation unbeabsichtigt werden. Trotz allem ist die willkürliche Methode besser
ehemalige Ereignisse aufzeichnet, stellt ihre als gar keine Methode.
einwandfreie Freilegung durch die stratigraphische
Methode eine unabhängige Kontrollmöglichkeit der Neben der stratigraphischen Methode hat sich die
Interpretation eines archäologischen Bodendenkmals großflächige Ausgrabung durchgesetzt. Sie ist besonders
dar. Die Anwendung des willkürlichen für Fundorten mit komplexer Stratigraphie geeignet. Der
Abtragungssystems zerstört diese unabhängige Grund ist einleuchtend: Je größer die Grabungsfläche ist,
Überprüfung. desto größer ist der Informationsgewinn. Ein Fundort
kann leichter nachvollzogen werden, wenn er vollständig
Die Stratifikation eines Befundes ist ein Nebenprodukt freigelegt wird und die Ausdehnung der Schichten und
der menschlichen Tätigkeit. Sie entsteht nicht Befunde nicht durch Stege unterbrochen wird.
absichtlich, keine typischen zeitgenössischen Funde
werden willentlich darin eingelagert. Wenn ein Gebäude Die Strategien und Prozesse der Grabung sind nichts
aus Nachlässigkeit zerfällt und danach einstürzt, wird anderes als Mittel, um ein Ziel zu erreichen. Wenn die
niemand die Eigenart der Ablagerungen bestimmen, die Grabungsarbeit beendet ist, bleiben zwei bedeutende
dabei entstehen. Die Menschen haben nie absichtlich Informationsquellen erhalten: Die Funde, z. B. Keramik,
Fundstellen geschaffen; deshalb kann davon und das Grabungsarchiv, darunter insbesondere die
ausgegangen werden, dass die Stratifikation einer Dokumentation zur Stratifikation des Fundortes. Im
Fundstelle die Aktivitäten ehemaliger Gesellschaften folgenden Kapitel werden einige der ältesten
zufällig darstellt. Diese offensichtliche Tatsache Dokumentationsmethoden bei archäologischen
unterstreicht die wichtige Rolle, die den Archäologen bei Grabungen behandelt.
der Wahl der Grabungs- und Dokumentationsmethode
zukommt.
Sir Flinders Petrie äußerte 1904, dass eine Ausgrabung wurden. Gelegentlich findet sich auch eine Schicht, z. B.
zwei Ziele anstrebe: „Pläne erstellen, bzw. eine “Pflasterung von Feuersteinen” am Eingang eines
topographische Angaben bekommen und... tragbare mit einem Graben umschlossen Areals. Anhand dieser
Altertümer sammeln“ (Petrie 1904, 33). Tatsächlich Pläne und Höhenlinienkurven konnten nach
lagen die Schwerpunkte der Dokumentation bei früheren Grabungsschluss mehrere Profile rekonstruiert werden.
Ausgrabungen in der Grundrissaufnahme von wichtigen
Strukturen und in der Ermittlung der Lage der Funde. Viele von Pitt-Rivers Profilen stellten deshalb keine
Besonderen Wert wurde auf Pläne von Mauern oder getreue Wiedergabe der Erdschichten dar, sondern eher
anderen Strukturen, z. B. Gräben oder Pfostenlöchern eine schematische. Diese Darstellungsweise war bis zu
gelegt. Archäologische Schichten - außer den 20er Jahren typisch (z. B. Low 1775, Tafel XIII;
offensichtlichen Befunden wie Fußböden oder Woodruff 1877, 54), obwohl es gelegentlich Ausnahmen
Straßenbeläge - wurden selten gezeichnet. Dies hatte zu gab: In Abb. 5 wird ein Profil dargestellt, das die
Folge, dass die Profilzeichnungen vornehmlich die Stratigraphie innerhalb eines zur Gewinnung von
Hauptstrukturen eines Fundortes dokumentierten und die Feuerstein angelegten Bergwerkschachtes in Cissbury
Erdbefunde vernachlässigten. Hinsichtlich der Funde Camp (Sussex, Großbritannien) zeigt. Einige Steine
genügte die Angabe, dass sie, im Vergleich mit anderen, scheinen naturgetreu wiedergegeben zu sein, und sogar
aus einem höheren oder tieferen absoluten Niveau die verschiedenen Gesteinsarten sind unterschiedlich
stammten. Der immer wieder angeführte Vergleich dargestellt, z. B. sind die Feuersteine schraffiert.
zwischen archäologischen und geologischen Schichten
führte - obwohl letztere erheblich stärker und Pitt-Rivers ließ öfters die Erdbefunde in künstlichen
gleichmäßiger abgelagert sind - zu der Annahme, dass Schichten abtragen. Die Lage der Funde wurde
das Alter eines Gegenstandes von seiner Lage - höher allerdings nicht in Verhältnis zu einem Horizont oder zu
oder tiefer- abhängig war. Einige dieser Ideen können einer durchnummerierten archäologischen Schicht
bei Pitt-Rivers nachgelesen werden; seine Grabungen festgehalten, sondern dreidimensional eingemessen, dass
gelten als die beste archäologische Arbeit des 19. Jhs. heißt, in der vertikalen (Höhe) und in der horizontalen
(Fläche). Mortimer Wheeler übernahm am Anfang seiner
Pitt-Rivers benutzte folgende Grabungsmethoden: Vor archäologischen Laufbahn diese Methode; aber nach den
der eigentlichen Freilegung machte er einen 30er Jahren begann er, die Funde den Schichten
Höhenlinienplan der Fundstelle (z. B. Pitt-Rivers 1888, zuzuweisen (1954,14), eine Praxis die heutzutage überall
Abb. CXLVI), um die Entwässerungswege und die üblich ist (Barker 1977, 21).
Topographie des Geländes festzuhalten (Pitt-Rivers
1891, 26). Höhenlinienpläne sind immer noch üblich, z. Im Verlauf des 20. Jhs. haben die vielen Aspekte der
B. bei der Ausgrabung von Hügelgräbern mit sichtbaren Grabungsdokumentation außerordentliche Fortschritte
Wällen; sie ermöglichen die Rekonstruktion des Hügels gemacht. Sie sind nicht kontinuierlich gewesen und ihre
nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten (Atkinson Qualität war von Ausgrabung zu Ausgrabung
1946, 67). Pitt-Rivers hatte eine andere Verwendung für unterschiedlich. So z. B. fanden Erdschichten immer
seine Planimetrien: „dank der Höhenlinienkurven kann mehr Beachtung auf Plänen. Ausgezeichnete Beispiele
ein Profil von jedem Abschnitt und in jeder Richtung diesbezüglich können den Arbeiten von van Giffen
gezeichnet werden“ (Pitt-Rivers 1898, 26). Nach den (1930) und Grimes (1960) entnommen werden. Diese
Vermessungsarbeiten wurden die Erdschichten des Pläne haben zum Ziel, die gesamte freigelegte
Fundortes kurzerhand durch Kolonnen von Arbeitern Oberfläche zu dokumentieren. Ihre Qualität hängt von
beseitigt (Barker 1977,14). der Überschaubarkeit der Stratigraphie und von der Zeit
ab, die dem Archäologen zur Verfügung steht. Ein gutes
Die freigelegten Strukturen wurden danach gezeichnet. aktuelles Beispiel sind die Pläne von Philip Barkers
Aus heutiger Sicht kann die Qualität dieser Pläne nicht Ausgrabungen in Wroxeter ( z. B. Barker 1975, Abb. 3).
bestritten werden. Sie dokumentieren die Anlage von
Umfassungsgräben, Wasserrinnen und Gruben (siehe z. Die komplexe Stratigraphie und die mangelnde Zeit, die
B. bei Barker 1977 der auf dem Schutzblatt für Stadtgrabungen bezeichnend sind, scheinen dagegen
wiedergegebene Grabungsplan) und zeigen die genaue die Archäologen veranlasst zu haben, nur die
Stelle, wo diverse bewegliche Gegenstände lokalisiert Darstellung von Überresten struktureller Art zu
berücksichtigen. Ein Beispiel sind die vier Gesamtpläne
13 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 5 . Diese Zeichnung bildet für das 19. Jh eine Ausnahme weil sie die Schichten eher naturgetreu als schematisch darstellt (aus
Willert 1880, Tafel XXVI).
der Ausgrabungen am Kingdon's Workshop, deren Profilzeichnung herauszulesen waren: eine schriftliche
Dokumentation im Winchester City Museum aufbewahrt Erwähnung erübrigte sich demnach. Daraus lässt sich
wird. Auf Abb. 6 werden die römischen und folgern, dass die stratigraphischen Beziehungen, die in
mittelalterlichen Perioden veranschaulicht; dabei fällt einem Profil nicht erschienen, auch nicht dokumentiert
auf, dass sehr wenige Erdschichten eingetragen sind. wurden.
Die Entwicklung der Profildarstellung im 20. Jh. kann Seit den 60er Jahren haben sich die Grabungsumstände
ebenfalls an einem Beispiel der Ausgrabungen am dramatisch verändert, vor allem bei der
Kingdon's Workshop gezeigt werden (Abb. 7). Seit den Stadtkernarchäologie, die besonders stark unter dem
20er Jahren werden die Interfaces zwischen den Druck von Neubauprojekten steht. Gleichzeitig hat sich
Schichten gewöhnlich gezeichnet, Befundnummern aber die Fähigkeit des Archäologen verbessert, die
nicht immer vergeben. Kathleen Kenyon z. B. scheint sie Stratifikation zu entschlüsseln, so dass viel mehr
selten auf ihren Zeichnungen vermerkt zu haben (z. B. Stratifikationseinheiten erkannt und dokumentiert
Kenyon 1957, Abb. 4). Dies kann erhebliche werden. Trotzdem haben sich die
Schwierigkeiten verursachen, falls eine Wiederholung Dokumentationsmethoden nur in bezug auf die
der stratigraphischen Analyse nötig wird. Einführung von vorgedruckten Befundblättern für die
schriftliche Beschreibung der Befunde geändert (z. B.
Die schriftliche Dokumentation auf den Ausgrabungen Barker 1977, Abb. 46). Diese Formblätter ermöglichen
bestand oft aus Tagebüchern und Beschreibungen. insbesondere bei komplexen Ausgrabungen eine
Erstere hielten die Einzelheiten über den Verlauf der lückenlose Erfassung der stratigraphischen Beziehungen
Ausgrabung fest, während die Beschreibungen die der Befunde, die allein durch die Dokumentation der
freigelegten Befunde definieren sollten. In der Profile nicht gewährleistet wäre.
Dokumentation des Kingdon's Workshop sind alle
Aufzeichnungen in den Notizbüchern in Tagebuchform Die Behauptung, dass die großflächige Grabung, so wie
registriert. Die Beschreibungen der Befunde befinden diese sich in den 60er Jahren entwickelte, eine Methode
sich auf den Profilzeichnungen (siehe Abb. 7), eine war, die „den Erfordernissen des stratigraphischen
Vorgehensweise, die in Beginning in Archaeology Prinzips hinsichtlich der Dokumentationsverfahren
empfohlen wird (Kenyon 1961, Abb. 12). Die durchaus entgegenkam“ (Fowler 1977, 98), kann nicht
Schichtbeschreibungen enthalten kaum stratigraphische aufrechterhalten werden. Bis Ende der 70er Jahre gab es
Bezüge, weil man annahm, dass diese aus der kaum Auseinandersetzungen mit den archäologischen
Frühe Dokumentationsmethoden in der Archäologie 14
Abb. 6:In den 50er Jahren stellten Pläne eher Mauern und Befunde wie Gruben oder Graben dar. Erdbefunde wurden nur
dokumentiert wenn sie große Ausmaße hatten oder wichtig waren, z. B. Straßenoberflächen oder Mosaiken (aus Cunliffe
1964, Abb. 10; mit Genehmigung des Verfassers).
15 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 7: Dieses Profil ist kennzeichnend für die von Sir Mortimer Wheeler und Dame Kathleen Kenyon entwickelte
Dokumentationsmethode, die bis in den 60er Jahren angewendet wurde (mit Genehmigung des Winchester City Museum).
Die archäologische Stratigraphie muss auf einer Reihe verdichtet, in ihrer Ausdehnung begrenzt und in ihrer
von grundsätzlichen Axiomen oder Gesetzen beruhen. Zusammensetzung vielfältiger. Zweitens können Funde
Jede archäologische Grabung ist mehr oder weniger nicht zur Identifizierung von Schichten beitragen, weil
stratifiziert. Durch Fehler in der Dokumentation können sie sich - im Sinne der geologischen Gesetze - nicht
aber einzelne Ablagerungen oder Funde unstratifiziert durch natürliche Vorgänge entwickelt haben.
bleiben, weil ihre stratigraphischen Zusammenhänge
verloren gegangen sind. Auch die unbegründete In Anbetracht der fehlenden archäologischen Vorbilder
Abtiefung in künstlichen Schichten kann die werden im folgenden vier grundlegende Gesetze zur
geschichtete Natur einer Grabung schnell zerstören. archäologische Stratigraphie vorgeschlagen. Die ersten
Jeder potentieller archäologischer Fundort ist, auch wenn drei leiten sich von der Geologie ab und das vierte, "Das
er nur aus einer einzigen Schicht über dem anstehenden Gesetz der stratigraphischen Folge”, aus einer
Boden besteht, eine stratifizierte Einheit; die archäologischen Quelle (Harris und Reece 1979).
stratifizierten Ablagerungen bilden Ereignisse, die sich
immer wiederholen, obwohl der kulturelle Inhalt und die Das Gesetz der Überlagerung
Bodenzusammensetzung sich von Ort zu Ort ändert.
Dieses Gesetz hat für die Interpretation der Stratifikation
Alle archäologischen Grabungen sind deshalb von den eine herausragende Bedeutung. Es geht davon aus, dass
Gesetzen der archäologischen Stratigraphie abhängig. die Fundlage und die Deponierungslage der Befunde
Zwei davon sind sehr bekannt: ähnlich ist.
In einem archäologischen
Kontext kann das Gesetz
der Überlagerung für
bestimmte Situationen in
einem relativen Sinn
eingesetzt werden. Wie
Martin Davies (1987) in
einem ausgezeichneten
Artikel zur Archäologie
von bestehenden Gebäuden
angedeutet hat, müssen wir
gelegentlich entscheiden,
welcher Befund der erste
ist, um dieses Gesetz
anzuwenden. Zum Beispiel:
Absolut gesehen liegt der
Putz einer Decke unter den
Leisten und Deckenbalken,
stratigraphisch ist er aber
Abb. 8 Beispiel eines Harris - Matrix- Formblattes zur Erstellung stratigraphischer Sequenzen von
jünger als diese. In diesem
archäologischen Fundstellen.
Fall weiß der Archäologe,
dass der Erbauer im Sinne der Überlagerung "umgekehrt
Schichteninhalts. arbeitete“ und somit kann er das Gesetz der
Überlagerung dementsprechend anwenden.
Das Gesetz der Überlagerung muss in der
archäologischen Stratigraphie auch die Das Gesetz der ursprünglichen Horizontalität
Schnittstelleneinheiten mit einbeziehen (Harris 1977,
89). Diese sind keine Schichten im eigentlichen Sinne, Dieses Gesetz geht davon aus, dass die Schichten in
sondern abstrakte Befunde, die ihrer Bildung zur Horizontalität neigen, ein Prozess, der
Überlagerungsbeziehungen zu den Schichten verfügen, von Naturkräften wie der Schwerkraft bestimmt wird
die "über" oder "unter" liegen oder die sie schneiden. und zur Überlagerung und Horizontalität der
Die Gesetze der archäologischen Stratigraphie 17
unterschiedlichen
Befundnummern bezeichnet
wurden. Mit Fortschreiten der
Grabungsarbeiten kann eine
Sequenz auf dieser Art und
Weise aufgebaut werden. Am
Ende sollte der Archäologe in
Besitz der stratigraphischen
Sequenz des Fundortes sein (z.
B. Abb. 11).
Der Archäologe muss theoretische Kenntnisse der der Tat haben einige Stratifikationseinheiten keine
archäologischen Stratigraphie verfügen, um eine universelle Tragweite, da sie historischer Natur sind. Der
archäologische Grabung analysieren und dokumentieren Archäologe erforscht die Entwicklung der ehemaligen
zu können. In den vorangegangenen Kapiteln wurde auf Gesellschaften hauptsächlich durch den Vergleich der
die bisher bekannten Theorien zur archäologischen kulturellen oder materiellen Sequenzen verschiedener
Stratigraphie eingegangen. Mit der Umsetzung auf die Fundorte und nicht durch ihre Stratifikation.
Archäologie von Grundsätzen aus der Geologie haben
Wheeler-Kenyon ohne Zweifel den wichtigsten Beitrag Stratifikationsmerkmale
zu diesem Thema geleistet. Diese Grundsätze wurden
am zwingendsten in „Archaeology from the Die Weise, wie die archäologische Stratifikation einer
Earth“ (Wheeler 1954) und „Beginning in beliebigen Ausgrabung dokumentiert und interpretiert
Archaeology“ (Kenyon 1952) ausgedrückt. Die wird, ist vom Verständnis ahistorischer oder zyklischer
Interpretation der Stratifikation ist eine Aufgabe, die Aspekte der Stratifikation abhängig. Zum Beispiel:
zusätzlich Kenntnisse in der Theorie der Stratigraphie
verlangt. Pyddoke äußerte in „Stratification for the Der Grand Canyon bzw. jede beliebige
Archaeologist“ die Meinung, dass die Interpretation der Schlucht ist einmalig; im Laufe der Zeit
Stratigraphie einer Grabung auf dieser selbst und nicht verwandelt sich seine Gestalt in eine
aus Fachbüchern gelernt werden sollte: andere, die auch einmalig und
unwiederholbar ist. Solche veränderlichen
während die Grundsätze der Stratifikation und individuellen Phänomene sind
allgemeingültig sind, verlangt jede neue historischer Natur im Gegensatz zu den
Ausgrabung eine neue Erfahrung; viele Eigenschaften und Prozessen, welche die
Jahre Übung an bronzezeitlichen Änderungen erzeugen (Simpson 1963, 25).
Hügelgräbern können zwar nützlich sein,
bereiten einen Archäologen aber nicht Der für die Entstehung der Schluchten verantwortliche
unbedingt darauf vor, die Stratigraphie Prozess der Stratifikation ist, mit anderen Worten, heute
einer römischen oder mittelalterlichen und gestern immer der gleiche gewesen. Der
Stadt nachzuvollziehen (Pyddoke 1961, Archäologiestudent hat die Aufgabe, diesen Prozess und
17). seine Bestandteile, z. B. die Ablagerungen und die
Interfaces, zu identifizieren. In diesem Kapitel werden
Eine Trennung zwischen praktischen und theoretischen die ahistorischen Aspekte der Ablagerungen untersucht,
Kenntnissen sollte es nicht geben. Was ein Student auf während sich Kapitel 7 mit den Interfaces befasst.
einer Grabung lernt, sollte auf stratigraphischen
Prinzipien fußen, die ihrerseits aus den Beobachtungen An dieser Stelle soll eine philosophische Anmerkung
vor Ort und aus der Theorie entstanden sind. Eins von hinsichtlich der ahistorischen und historischen Aspekte
beiden hervorzuheben, wäre unklug. Die weitverbreitete der Stratifikation eingefügt werden. Davon handelt
Meinung, dass praktische Erfahrung überwiegen sollte, nämlich Stephen Jay Goulds Time’s Arrow, Time’s
ist für den fehlenden theoretischen Hintergrund in der Cycle, ein sehr empfehlenswertes Buch für diejenigen
archäologischen Stratigraphie weitgehend Archäologen, die an der „Entdeckung der Zeit“ Interesse
verantwortlich. haben. Er bespricht in faszinierender Weise die Beiträge
von Thomas Burnet, James Hutton und Charles Lyell zur
Die chronologische Einordnung eines Fundortes hat Festsetzung des Begriffes „Tiefenzeit“, der für die
keine Auswirkungen auf seine stratigraphische Entstehung der geologischen Wissenschaften von
Interpretation. Der erfahrene Student wird auf jeder herausragender Bedeutung sein sollte (Gould 1990, 13 -
Ausgrabung zu Hause sein. Die vor Ort erstellte 34).
Dokumentation und die Interpretation der Stratifikation
müssen unabhängig von der historischen Bedeutung der Gould benutzt die Metapher des „Zeitpfeils“, um die
Befunde sein. Die Prinzipien der archäologischen veränderliche Natur der Elemente im historischen
Stratigraphie sollten die ahistorische, bzw. die Prozess zu untersuchen, und die des „Zeitzyklus“, um
allgemeine Natur der Stratifikation in Betracht ziehen. In die ahistorischen, zyklischen Prozesse zu beschreiben,
die immer gleich bleiben, obwohl sie Ereignisse bilden,
22 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
die an sich historisch sind. Unterschied zwischen dem Zeitpfeil und dem Zeitzyklus,
das heißt, das einmalige Ereignis im zyklischen Prozess,
Der Zeitzyklus sucht die Immanenz, ein erkennt.
System von Prinzipien, die so allgemein
sind, dass sie außerhalb der Zeit stehen Ein weiterer, ebenfalls von Gould erwähnter Aspekt
und innerhalb der reichen Vielfalt der sollte beachtet werden. In seinen Darlegungen zu James
Natur einen universellen Charakter, eine Huttons Theory of the Earth“und der darin enthaltenen
verbindende Gemeinsamkeit bezeugen. Idee des geologischen Zyklus (im Kapitel 1 bereits
Der Zeitpfeil ist das große Prinzip der erläutert) macht er auf das „Konzept der Reparatur“ in
Geschichte, die Feststellung, dass die Zeit der Geologie aufmerksam; der Begriff wurde von Hutton
sich unerbittlich vorwärts bewegt und dass eingeführt, als er die magmatische Natur einiger Felsen
man in der Tat nicht zweimal in demselben feststellte.
Fluss schwimmen kann (Gould 1990, 91).
Wenn eine erodierte Topographie durch
Im Zeitzyklus legen die wiederkehrenden Elemente Bodenerhebung wiederhergestellt werden
„eine Ordnung und einen Plan“ fest, während die „Fäden kann, sind den geologischen Prozessen
des Unterschiedes“, um die Metapher des Zeitpfeils zu keine zeitlichen Grenzen gesetzt. Durch
benutzen, eine „erkennbare Geschichte erlauben“ (Gould Kräfte der Bodenerhebung können der
1990). Diese Grundgedanken wurden in der Erstausgabe durch Wellen und Flüsse verursachte
dieses Buches übernommen und für die archäologische Zerfall umgekehrt und der Boden wieder
Stratigraphie abgewandelt. Sie bilden die gegenwärtige auf seine ursprüngliche Höhe gehoben
theoretische Grundlage zum Thema. werden. In einem grenzenlosen Kreislauf
des Schaffens und Zerbrechens können
Die archäologischen „Stratifikationseinheiten“ sind ein Erhebungen auf Erosionen folgen (Gould
archäologischer Aspekt des Zeitzyklus. Sie sind 1990, 100).
universeller Natur und können weltweit auf jedem
Fundort beobachtet werden. Stratigraphisch gesehen ist Mit anderen Worten, ohne die Kräfte der Erhebung
ein Pfostenloch ein Pfostenloch; diese Tatsache äußert (tektonische Aktivität, vulkanische Ausbrüche, usw.),
sich immer gleich: es ist ein Negativbefund, der hätte sich die Erde längst in einen glatten Ball
vorhandene Schichten schneidet und meistens verfüllt verwandelt. Dieser ewige Prozess ist für die anhaltende
ist, entweder mit den verrotteten Pfostenresten oder mit Veränderung der Erdoberfläche verantwortlich.
einer anderen Verfüllung. Es gibt zwei Hauptformen von
Stratifikationseinheiten: Schichten und Interfaces; sie In der Einführung zur Erstausgabe von Principles of
werden in diesem bzw. im nächsten Kapitel behandelt. Archaeological Stratigraphy konnte man lesen, dass die
Die archäologische Stratifikation an und für sich ist mit Menschheit die Entstehung von Stratifikation auf der
einem Zeitzyklus vergleichbar: sie entsteht aufgrund Erdoberfläche maßgeblich beeinflusst hat. Folglich
gleicher, wiederholter Prozesse, durch Ablagerung und musste jegliche Theorie der archäologischen
Abtragung. Darum sollte ein Archäologe auf jeder Stratigraphie die Eigenart der von Menschen gebildete
archäologischen Ausgrabung effektiv arbeiten können. Stratifikation in Betracht ziehen. Angesichts Goulds
Die Voraussetzung dafür ist, dass er in der Theorie und Erörterungen über Huttons geologischen Zyklus, könnte
in der Ausübung der archäologischen Stratigraphie zu der Idee einer getrennten Theorie zur Stratigraphie
tatsächlich ausgebildet wird. hinzugefügt werden, dass die Menschheit selbst die
entscheidenden Wiederherstellungskräfte der
Die Eigenschaften und der Fundinhalt eines Fundortes „Erhebung“ bei der Entstehung der archäologischen
sorgen für den Zeitpfeil, für eine historische Deutung der Stratifikation beisteuert.
Stratifikation. Die Vernetzung vieler Faktoren wird uns
informieren, ob die Pfostenlöcher eisenzeitlich oder Die stratigraphischen Konfigurationen, die daraus
mittelalterlich sind; die besondere Form eines Grabens entstehen, sind einmalig und kommen im natürlichen
wird auf seine Nutzung als Verteidigungs-- oder oder geologischen Kreislauf nicht vor. Der Mensch ist,
Entwässerungsanlage hindeuten. Diese einfachen im Verständnis der Geologie, die neue
Beispiele zeigen, wie der Mensch seit Anbeginn das Wiederherstellungskraft: wir müssen deshalb unsere
Antlitz der Erde durch zyklische Prozesse verändert hat, eigene Theorie und Praxis der archäologischen
ein Phänomen, das am Ende zur archäologischen Stratigraphie entwickeln. Somit können wir die
Stratifikation führt. einmaligen und die zyklischen Formen verstehen, in die
wir die Prozesse und den historischen Inhalt der
Der Archäologe wird Schwierigkeiten haben die Stratifikation abgewandelt haben.
archäologische Stratifikation nachzuvollziehen, zu
dokumentieren und zu interpretieren, wenn er nicht den Stratifikationsprozess
Ablagerungen als Stratifikationseinheiten 23
Edward Pyddoke beobachtete 1957 bei Die archäologische Stratifikation ist folglich ein
Straßenüberflutungen in Hongkong, wie die Autos von irreversibler Prozess, auch deshalb, weil ihre
Unmengen Schlamm verschlungen wurden, die aus den Bestandteile sich selten in Gestein verwandeln können.
nahegelegenen Hügeln herunterkamen. Dieses Ereignis
zeigte, Diesen Fall ausgenommen, kann die archäologische
Stratifikation nicht umgestürzt oder geändert werden,
dass die durch Regen verursachte ohne ihre ursprünglichen Eigenschaften zu verlieren.
Stratifikation Folge eines offensichtlichen Das Ausheben eines Grabens verursacht die Bildung
dualen Prozesses war: Tonnen von Erde neuer Ablagerungen. Die in Abb. 14 dargestellte
wurden aus den Hügeln erodiert und auf Situation ist, auf archäologische Gegebenheiten bezogen,
den Straßen abgelagert (Pyddoke 1961, unzutreffend. Die Schichten in diesem Beispiel stürzten
35) nicht in einem Block um, wie in der Geologie üblich,
sondern wurden Eimer für Eimer ausgegraben. Dabei
Alle Stratifikationsformen sind das Ergebnis eines entstanden in ihrer Zusammensetzung neue Schichten.
Kreislaufes aus Erosion und Ablagerung. Die Auch wenn die Funde dabei nicht durchmischt wurden,
Sedimentgesteine z. B. bilden sich auf dem Meeresboden findet die von einigen Archäologen gepriesene
aus Teilchen anderer erodierender Formationen. Diese „umgekehrte Stratigraphie“ (z. B. Hawley 1937) nicht
Lehmschichten verwandeln sich schließlich in Steine, statt. Der nicht konsolidierte Charakter der
die sich wiederum erheben und erodieren können. archäologischen Stratifikation gibt ihr die
außerordentliche historische Bedeutung.
Dieser Prozess findet im kleineren Rahmen auf den Zusammensetzung, Zeit und Raum sind bei den
archäologischen Fundstellen statt und wird durch archäologischen Schichten einmalig: sie werden nur
Naturkräfte wie Klimaänderung, Pflanzenwuchs und einmal gebildet und können nur zerstört werden, wenn
Tieraktivitäten beeinflusst (Pyddoke 1961). Seit der sie ihre Lage verändern oder wenn sie gestört werden.
Mensch die Erde umgräbt, ist er allerdings der größte
Erzeuger von archäologischer Stratifikation. Aus Drei wesentliche Faktoren bestimmen die Anhäufung
welchem Grund auch immer, beim Bewegen der von Kulturüberresten durch den archäologischen
Bodenoberfläche entstehen neue Schichten (Abb. 13). Stratifikationsprozess: die bestehende Topographie, die
Der Prozess der archäologischen Stratifikation ist die Naturkräfte und die menschlichen Tätigkeiten. Die
Verquickung von natürlichen Erosions-- und vorhandene Landschaft wird entsprechend der
Ablagerungsmustern mit menschlich erzeugten Gegebenheiten ihres Reliefs Ablagerungsbecken bilden,
Veränderungen der Landschaft, z. B. durch Ausgrabung z. B. die Schluchten eines alten Stromes, militärische
und Bebauung. Die duale Eigenschaft Erosion/ Gräben oder die Wände eines Raumes. Auch können
Aufschüttung kann mit dem Prozess des absichtlichen Ablagerungen einfach auf der Sohle der Becken
Grabens und bewusster Ablagerung verglichen werden, abgelagert werden, ohne die Flanken zu berühren. Die
z. B. Entnahme von Lehm und Errichtung einer Form des neuen Sedimentes wird von der Menge an
Ziegelsteinmauer. abgelagertem Material und von der Wirkung, die
natürliche oder menschliche Kräfte darauf ausüben,
Eine weitere Dualität besteht darin, dass die Bildung beeinflusst werden.
einer Schicht gleichbedeutend mit der Bildung einer oder
mehreren neuen Interfaces ist. Schichten, die aus Eine Schicht, deren Aufbau der Natur überlassen wird,
Abraum bestehen, haben neue Oberflächen; sie entstehen bildet eine nahezu horizontale Oberfläche und dünnt
durch die Aushebung einer Grube, die an sich ein aufgrund der Schwerkraft an den Flanken keilförmig
Interfaces ist. Die archäologische Stratifikation besteht aus. Solche natürlichen Ablagerungen tendieren dazu,
deshalb aus Ablagerungen und Interfaces. nach dem klassischen Prinzip zu akkumulieren: eine
Schicht wird auf der nächsten deponiert. Die von
Beide sind gleichermaßen vertreten, aber oft kommen Menschen erzeugte Stratifikation richtet sich nicht
Interfaces häufiger vor als Ablagerungen. Letztere haben immer nach solchem Muster.
Oberflächen, die sogenannten „Interfaces von
Positivbefunden“; dagegen haben „Interfaces von Der Unterschied zwischen geologischen und
Negativbefunden“, z. B. eine Grube, keine anthropogenen Schichten hat verschiedene Ursachen.
entsprechende Ablagerung, dessen Oberfläche sie bildet. Bei der Entstehung von Schichten sucht die Natur den
Die Interfaces von Negativbefunden sind an sich geringsten Widerstand. Der weichste Stein wird als
Stratifikationseinheiten, wie die Dualität des erstes erodiert. Je größer die Neigung einer Oberfläche
Stratifikationsprozesses zeigt. Sobald sie entstanden ist, um so schneller wird sie abgetragen. Dagegen sind
sind, können archäologische Ablagerungen und anthropogene Schichten aus einer kulturellen Auslese
Interfaces im beständigen Prozess der Stratifikation nur hervorgetreten. Der Mensch schafft Schichten, die eher
verändert oder zerstört, nicht aber neugebildet werden. einem abstrakten Plan als dem natürlichen Fortgang
24 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 13 Der Stratifikationsprozess in der Archäologie führt zu Bildung von Ablagerungen und Negativbefunden.
folgen. Er kann auch die Grenzen der bestehenden seiner Geschwindigkeit gebremst wurde...
Ablagerungsbecken ignorieren oder diese sogar selber sinkt das schwebende Sediment durch
erzeugen, z. B. beim Ausheben von Gräben oder bei der seine eigene Schwerkraft nach unten. Auf
Errichtung von Mauern. In dieser Hinsicht ist die dieser Weise setzen sich Schlamm- und
Geschichte der Menschheit - von den urzeitlichen Sandschichten übereinander ab (Lyell
Siedlungen bis zu den modernen Stadtmetropolen - die 1874, 3).
Geschichte der Entstehung neuer Ablagerungsbecken,
neuer topographischen Grenzen, die ihren Niederschlag Solche Schichten sind die Bändertone, dessen jährliche
in der Stratifikation finden. Hat sich diese einmal Ablagerungen in Seebetten wichtig für die Chronologie
gebildet, können mehrere Arten von Schichten erkannt der letzten Eiszeit in Europa und anderswo sind (Geer
werden. 1940). Lyells Auslegung weist auf zwei weitere Aspekte
des Stratifikationsprozesses hin: die Mittel, mit denen
Ablagerungen und Schichten das Material transportiert wird und die Zustände zum
Zeitpunkt der Ablagerung. Der Transport erfolgt, im
In Verbindung mit den sedimentären Prozessen der geologischen Sinne, durch die Schwerkraft; dies wäre
Ablagerung definierte Sir Charles Lyell eine „Schicht“ der Fall der Felsen, die von einer Felswand brechen und
folgendermaßen: bis zu einer Ebene hinunterrollen. Von dort aus werden
Wind und Wasser, soweit ihre Kraft reicht, kleinere
Der Begriff Stratum bedeutet einfach ein Gesteinfragmente befördern. In dem Augenblick, wo der
Überzug oder ähnliches, was ausgebreitet Transport aufhört, findet die Ablagerung statt.
oder gestreut auf einer vorgegebenen
Oberfläche liegt; daraus folgert, dass Lyells Definition kann nicht uneingeschränkt auf die
diese Schichten im allgemeinen durch die Archäologie übertragen werden. Die archäologischen
Tätigkeit des Wassers abgelagert worden Stratifikationseinheiten sind nicht immer auf einer
sind... denn, wann immer ein fließender Oberfläche verteilt, sondern bewusst nach bestimmten
Strom, der Schlamm und Sand trägt, in Bedürfnissen niederlegt worden. Aus diesem Grunde
Ablagerungen als Stratifikationseinheiten 25
Abb. 14 Die archäologischen Schichten können nicht umgedreht oder umgestürzt werden, wie hier dargestellt wird, weil sie nicht
konsolidiert sind.
unterteilt S. Hirst die archäologische Stratifikation in drei Erosionsmaterial; in beiden Fällen wird das Material
Kategorien: unabhängig von seiner ursprünglichen Herkunft durch die
Kräfte der Natur bis zum Ablagerungsort transportiert.
1. Schichten, die aus abgelagerten oder Anders bei einem Graben, der mit Hausmüll verfüllt wird;
akkumulierten Material bestehen, hier sind die Menschen die Transportmittel. Unter
übereinander liegen und sich horizontal natürlichen Umständen setzt sich das in Bewegung
ausbreiten; 2. Befunde, die die Schichten gelangte Material in Schichten ab. Die Oberfläche der
schneiden (Negativbefunde), z. B. Gruben; Ablagerungen neigt dabei zur Horizontalität. Sie ist auf
3. Befunde, die Strukturen sind, um die trockenem Boden sehr gering, weil die Ausgleichskraft
herum Schichten abgelagert werden, z. B. des Wassers fehlt.
Mauern (Hirst 1976, 15).
Die Definition dieser Art von Schichten beruht auf den
Die erste Kategorie kommt dem von Lyell festgelegten natürlichen Stratifikationsprozessen. Aus diesem Grunde
Begriff Schicht am nächsten, allerdings muss hier umfasst sie auch diejenigen Ablagerungen, die
aufgrund der Transportmittel und der organischer Natur sind - z. B. Torf -, sowie alle
Ablagerungsumstände eine Unterteilung in natürliche und geologischen Schichten, die in einem archäologischen
anthropogene Schichten gemacht werden. Weder Fundort erscheinen, z. B., vulkanische Asche oder
Kategorie 2 noch 3 haben eine Entsprechung in der Flutschlamm.
Geologie. Die Negativbefunde werden im nächsten
Kapitel und die Strukturen weiter unten unter dem Begriff Die Bestandteile der anthropogenen Schicht werden vom
„vertikale Schichten“ erläutert. Menschen befördert, der auch für ihre Ablagerung
verantwortlich ist. Diese geschieht ohne die üblichen
In einem archäologischen Kontext können die Gesetze der natürlichen Stratifikation. Von der Natur
Bestandteile der natürlichen Schichten vom Menschen transportiertes stratigraphisches Material muss
oder von der Natur transportiert werden. Eine Mauer topographischen Umrissen folgen, das heißt, die
zerfällt und stürzt ein oder ein Graben füllt sich mit erodierten Teilchen sind immer einer Abwärtsbewegung
26 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 15 Diese Zeichnung machte auf die Probleme der Stratigraphie bei vertikalen Schichten aufmerksam und zeigte was für Folgen
eine Grabungsmethode hat, die diese Schichten von den angrenzenden Stratifikation trennt (aus Wheeler 1954, Abb. 16; mit
Genehmigung der Oxford University Press).
Ablagerungen als Stratifikationseinheiten 27
Abb. 16 Alle Ablagerungen haben Umrisse, die ihre horizontale Ausdehnung festlegen. Die Schichtenoberflächen werden anhand
von Höhenlinien dargestellt, die mit Hilfe von Höhenpunkten -vor der Beseitigung der einzelnen Schichten- erstellt wurden.
in Richtung Meer unterworfen. Dagegen berücksichtigt Ziegelgebäudes in getrennten Sequenzen, bis die Wände
die vom Menschen beeinflusste Beförderung diese einstürzen. Vertikale Schichten erschweren somit das
Neigung nicht. Die Materialien sind seit Jahrtausenden Modell der archäologischen Stratifikation und den Prozess
über Berg und Tal, von nah und fern, bis zur ihrer ihrer Freilegung und Interpretation. Einem Aspekt dieses
endgültigen Deponierung bewegt worden. Die meisten Problems ist Wheeler in einer berühmten Zeichnung
natürlichen Schichten sind linsenförmig; die nachgegangen (Abb. 15). Der Grund, warum aus
anthropogenen ihrerseits sind zwar oft flach, können aber stratigraphischer Sicht kein Graben entlang einer Mauer
auch, entgegen der natürlichen Tendenz zur angelegt werden sollte, liegt darin, dass die
Horizontalität, senkrecht abgelagert sein (z. B. Mauern). stratigraphischen Beziehungen der vertikalen Schichten
Es gibt zwei Haupttypen von anthropogenen Schichten: hauptsächlich auf senkrechter Ebene hergestellt werden
die, welche sich über ein vorgegebenes Areal ausdehnen können (siehe Newlands und Breede 1976, Abb. 7.1).
und die, die sich über bestehenden Bodenoberflächen Anders verhält es sich mit den horizontalen Schichten; die
erheben. stratigraphischen Beziehungen werden in diesem Fall
meistens auf der waagerechten Ebene erzeugt; daher
Der erste Typ, die sogenannte anthropogene Schicht, neigt überzeugt das Argument der Überlagerung. Vertikale
dazu, sich nach einem herkömmlichen Schichten haben auch normale stratigraphische
Überlagerungsmuster abzulagern: Eine Schicht liegt über Beziehungen auf der horizontalen (oder übergelagerten)
der nächsten; sie bildet dabei eine mehr oder weniger Ebene, da sie teilweise auf dem Boden liegen.
horizontale Oberfläche. Schichten dieses Typs umfassen
den Schotter einer Straße, die Fußböden eines Hauses, das Merkmale der Ablagerungen
absichtlich in einem ausgewählten Areal ausgebreitete
Material sowie beabsichtigte Verfüllungen von Gräbern, Natürliche, anthropogene und vertikale Schichten haben
Gruben, Pfostenlöchern, Rinnen, etc. Die Ablagerung folgende ahistorische stratigraphische Merkmale
dieser horizontalen Schichten wird zwar die Topographie gemeinsam:
eines Fundortes verändern, aber sie wird selten neue
Ablagerungsbecken hervorbringen, wie einige der 1. Ein ‚Gesicht‘ oder eine ursprüngliche Oberfläche.
vertikalen Schichten es tun. Dieser Begriff wird verwendet, um die eigentliche
Oberkante einer Schicht von ihrer Unterkante zu
Der zweite Typ oder vertikale Schichten, z. B. Mauern, unterscheiden. Er entwickelte sich aus der
sind einmalige Formen der anthropogenen Stratifikation Geologie (Shrock 1948) als ein Verfahren, die
und können mit keiner geologischen Schicht verglichen ursprüngliche Überlagerungsreihenfolge
werden. Da sie zeitweise konsolidiert bleiben, bilden sie festzulegen. Ein großes Tier, z. B. ein in den
neue Ablagerungsbecken: so z. B. entwickelt sich die Vereinigten Staaten gefundener Dinosaurier
Stratigraphie innerhalb und außerhalb eines (Shrock 1948, 133), hinterließ Fußabdrücke auf der
28 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Oberfläche des Bodens. Diese blieben erhalten, zeigen das topographische Oberflächenrelief einer
weil sich die Löcher mit Schlamm füllten und die Schicht oder einer Gruppe von
Unterkante der nächsten Schicht die Form des Stratifikationseinheiten. Sie entstehen durch eine
Abdruckes zeigte. Hätten sich die Schichten im Reihe von Höhenpunkten, wie sie auf Plänen
Laufe der geologischen Zeit umgedreht, dann eingetragen werden. In der archäologischen
würden das Negativ und das Positiv, und damit Dokumentation spielen sie, anders als die
auch die Gesteinschichten, umgekehrt erscheinen. Befundumrisse, keine wesentliche Rolle. Letztere
Die Umkehrung der Schichten kommt aber in der können sowohl auf Plänen als auch in
Archäologie nicht vor; trotzdem ist die Idee eines Profilzeichnungen erscheinen, Oberflächenumrisse
„Gesichtes“ nützlich. Z. B. kann der Ausgräber dagegen nur auf Plänen. Beide Begriffe werden
aufgrund der nicht konsolidierten Natur der seit langer Zeit in der Geologie (z. B. Trefethen
horizontalen Schichten ausschließlich ihre Ober- 1949: Abb. 12-9) und auch in der Archäologie
und Unterkanten untersuchen. benutzt. Obwohl ihre Aufgaben wahrlich sehr
verschieden sind, ist das Verhältnis zueinander
Vertikale Schichten haben andererseits mehrere selten untersucht worden.
ursprüngliche Ansichten oder obere (d. h. äußere) 4. Volumen und Masse. Das Volumen und die Masse
Oberflächen. einer Schicht können durch die Verbindung der
Ausdehnung von Befund- und
Die eigentliche obere Ansicht einer Mauer - die Oberflächenumrissen bestimmt werden. Die
Oberfläche, auf der das Dach liegt - kommt sehr meisten Schichten tragen in sich eine Anzahl von
selten in der stratigraphischen Dokumentation vor, beweglichen Funden oder Objekten, die eine
es sei denn, das ganze Haus wird vor seinem chronologische, kulturelle oder ökologische
natürlichen Verfall begraben, wie das der Fall in Bedeutung haben.
Pompeji gewesen ist. Die Mauern haben aber auch
vertikale Ansichten, wo Türen und Fenstern sich In Gegensatz mit diesen wiederkehrenden Merkmalen
öffnen und, einen modernen Zusammenhang haben die archäologischen Schichten folgende nicht
betrachtet, wo gestrichen und tapeziert wird. gemeinsame historische Merkmale:
Wenn man zustimmt, dass stratigraphische 1. Stratigraphische Lage. Jede einzelne
Beziehungen mit der Bildung einer neuen Stratifikationseinheit nimmt eine Lage in der
Ablagerung auf der Oberfläche bestehender stratigraphischen Sequenz eines Fundortes ein, die
Schichten entstehen, müssen dann die einmalig und im Verhältnis zueinander relativ ist.
Ablagerungen, die gegen die Oberfläche von Sie wird von der Interpretation der Stratifikation in
vertikalen Schichten stoßen, genauso überlagert Übereinstimmung mit den Gesetzen der
sein, wie sie es auf den horizontalen Schichten archäologischen Stratigraphie bestimmt. Die
sind. Die vertikale Ausgrabung, gegen die Wheeler beweglichen Gegenstände haben keinen Einfluss
sich aussprach (Abb. 15B), würde diese auf die Lage, weil sich diese auf die Untersuchung
stratigraphischen Beziehungen zerstören. Alle der Interfacebeziehungen zwischen den
Schichten haben daher Oberflächen; diese werden Stratifikationseinheiten bezieht.
im nächsten Kapitel unter dem Begriff „Interfaces 2. Chronologie. Jede Stratifikationseinheit hat ein - in
von Positivbefunden“ behandelt. Jahren gemessen - Entstehungsdatum. Es kann
nicht immer bestimmt werden und hängt von der
2. Befundgrenzen: Diese Linien oder Umrisse Anzahl datierbarer Funde ab, die in den Schichten
definieren sowohl der horizontale als auch der gefunden werden. Die Datierung einer
vertikale Umfang jeder Stratifikationseinheit. Sie Stratifikationseinheit zu ermitteln, ist für die
kommen in den archäologischen Plänen kaum vor, Analyse der archäologischen Stratifikation
erscheinen aber oft in den Profilzeichnungen (z. B. nebensächlich. Auf der Grabung findet die
Abb. 15A). Befundumrisse sind nicht mit Interpretation und Dokumentation der Stratigraphie
Oberflächenumrissen gleichzusetzen, da die unabhängig von der Datierung statt. Allerdings ist
Stratifikation ein Zustand der Überlagerung ist. das Wissen um die Datierung einer Schicht extrem
Viele Schichten haben unterschiedliche Größen nützlich, da dadurch Unnötiges vermieden werden
und überschneiden sich. Im Verlauf der kann, wie z. B. die Entnahme von überflüssigen
topographischen Entwicklung eines Fundortes wird Bodenproben.
deshalb, zu einen festgelegten Zeitpunkt, nur ein
Teil des Umrisses einer vorgegebenen Schicht an Die Datierung einer Stratifikationseinheit wird deren Lage
der Oberfläche erscheinen. in der stratigraphischen Sequenz eines Fundortes nie
ändern; sie kann aber im Widerspruch mit der Datierung
3. Oberflächenumrisse. Diese Linien (Abb. 16) der weiteren Sequenz stehen. Dieses Problem taucht z. B.
Ablagerungen als Stratifikationseinheiten 29
bei Hölzern auf, die sowohl Befunde als auch datierbare verbessern. Die Prinzipien der archäologischen
Gegenstände sind. Stratigraphie sind einfach. Der Ausgräber braucht weder
ein Genie noch ein Universitätsabsolvent zu sein, um eine
Sogar in Städten wie Venedig und gute Arbeit bei der Interpretation und Dokumentation der
Amsterdam kann nicht behauptet werden, Stratifikation zu leisten.
dass die sichtbaren Teile der Gebäude, ob
aus Ziegelstein oder Marmor, jünger sind, Vor Beginn der Grabung kann der Anteil an noch
als die Fundamente, auf denen sie ruhen. erhaltenen Befunden aus allen Zeitperioden nur vermutet
Diese bestehen oft aus hölzernen Pfählen, werden. Deshalb ist es unmöglich, im voraus zu wissen,
die im Laufe der Zeit verrotten und einer was genau die Stratifikation eines Fundortes enthält, d. h.
nach dem anderen ohne Beeinträchtigung welche historische Bedeutung diesem beigemessen
des Gebäudes ersetzt werden müssen; in der werden kann. Der Ausgräber muss sich auf die Kenntnis
Zwischenzeit beanspruchen die Gebäude der ahistorischen Aspekte der archäologischen
kaum Reparaturen und können immer Stratifikation verlassen. Wie in diesem Buch
wieder bewohnt werden (Lyell 1865,8-9). vorgeschlagen wird, können diese Aspekte mechanisch,
das heißt als ahistorische stratigraphische Einheiten,
In diesem Fall kann die stratigraphische Einheit in der dokumentiert werden, da sie in der gleichen Form
stratigraphischen Sequenz eine Position einnehmen, die wiederkehren. Die historische Einordnung der
scheinbar viel jünger, wie in Lyells Beispiel, oder viel Stratifikation ist eine sekundäre Angelegenheit; sie kann
älter als das Objekt selbst ist. Ihre Datierung wird die ohne abschließende Auswertung und ohne den Einsatz
stratigraphischen Beziehungen der Einheit, wie sie bei der einer Vielfalt an Spezialisten nicht vervollständigt
Grabung vorliegen, allerdings nicht beeinflussen. Der werden.
Grund dafür ist, dass die archäologische Stratifikation nur
im gegenwärtigen Zustand dokumentiert werden kann. In diesem Kapitel wurden drei der ahistorischen Einheiten
Obwohl die Schichten eines Fundortes im Laufe der archäologischer Stratifikation besprochen: die natürliche,
Jahrhunderte niedergelegt wurden, sind sie einem die anthropogene und die vertikale Schicht. Aus einer
ständigen Wandel ausgesetzt, der durch Tiergänge historischen Perspektive sind diese Einheiten eine nach
(Atkinson 1957), Naturgewalten (Evans 1978; Dimbleby der anderen entstanden. Die erste war die natürliche
1985; Jewell und Dimbleby 1966) oder durch Menschen Schicht; sie legte sich auf menschlichen Überresten
verursacht werden. Überdies würde in Lyells Fall eine nieder, bevor der Mensch selbst anfing, Schichten zu
grundlegende Analyse des gesamten stratigraphischen erzeugen. Die anthropogene Schicht kam in Erscheinung,
Hintergrunds das Dilemma wahrscheinlich lösen, da der als der Mensch zu bauen begann. Die vertikale Schicht
Schlamm, in den die Pfähle eingetrieben wurden, eine entstand mit Beginn des städtischen Lebens. Allerdings
post quem-Datierung ermöglichen könnte. spielen die Schichten in der Stratifikation nicht die
alleinige Rolle: Sie werden überall von Interfaces und
Die Stratifikation kann nur als aktuelles Phänomen Negativbefunden getrennt, die im nächsten Kapitel
dokumentiert werden. Durch das freigelegte behandelt werden.
stratigraphische Material und die Nachuntersuchung aller
Aspekte des Fundortes - von der topographischen Lage
bis zu den Überresten, die in den Schichten gefunden
wurden - kann vielleicht die Geschichte des Fundplatzes
herauskristallisiert werden. Die Stratifikation ist kein
absolutes statisches Phänomen, sondern sie ändert sich
ständig aus vielen Gründen.
Die archäologische Stratifikation besteht aus Schichten sie bildet; deshalb ist eine Unterscheidung bzw. eine
und Interfaces. Obwohl eine Schicht und ihr Interface als getrennte Befundnummer nur gelegentlich nötig, z. B.
ein geschlossenes Phänomen erscheint, ist bei der wenn sich ein Teil der Oberfläche verfärbt hat und dies
stratigraphischen Untersuchung notwendig, zwischen der einzige Hinweis auf eine Tätigkeit ist, von der
beiden zu unterscheiden. Die Interfaces werden nicht nur ansonsten keine weiteren Spuren vorhanden sind. In
aufgrund der Ablagerung von Schichten erzeugt, sondern diesem Fall sollte die verfärbte Fläche als ein getrennter
auch durch deren Zerstörung. Folglich sind zwei Befund betrachtet werden, da ihre Ausdehnung von der
Kategorien von Interfaces zu unterscheiden: Die einen Oberfläche der zugrundeliegenden Ablagerung abweicht
sind die Oberflächen von Schichten, und die anderen und weil sie unterschiedliche stratigraphische
einfach nur Oberflächen, die durch die Beseitigung von Beziehungen zu den darüberliegenden Schichten haben
bestehender Stratifikation entstehen. kann.
In der Geologie werden sie mit den Begriffen Das Interface einer horizontalen Schicht kennzeichnet
Ablagerungsfläche und Diskordanz bezeichnet. Die den Endpunkt im Prozess der Bildung einer Ablagerung.
Oberflächen der Schichten sind Ablagerungsflächen und Dieser kann schnell entstehen, z. B. als ein
"markieren aufeinanderfolgende Positionen der Abbruchhorizont; das Interface ist in diesem Falle
Oberfläche, z. B. ein Meeres- oder Seegrund oder eine zeitgleich mit der Ablagerung. Handelt es sich aber um
Wüste, auf denen sich Material niederlegte, das sich einen langsamen Prozess, stimmt das Interface nur mit
später in Gestein verwandelte" (Kirkaldy 1963, 21). dem Zeitpunkt überein, in dem die Ablagerung der
Ablagerungsflächen entsprechen der horizontalen Schicht abgeschlossen wurde. In dieser Hinsicht kann
Ausbreitung einer Ablagerung und sind zeitgleich mit das Interface einen kurzen oder einen langen Zeitraum
dem Abschluss dieses Prozesses. Diskordanzen darstellen, abhängig vom Zeitpunkt, in dem es überlagert
bezeichnen Oberflächen, die infolge von wurde. Auch können Bereiche eines Interfaces länger in
Erosionsprozessen, dass heißt durch die Zerstörung von Anspruch genommen werden, wenn sie nicht vollständig
bestehender Stratifikation entstehen. Diese Oberflächen bedeckt worden sind.
sind wichtige stratigraphische Einheiten. In der
archäologischen Stratigraphie stellen Diskordanzen die Einige dieser Probleme werden in Abb. 17
Negativbefunde und Ablagerungsflächen die Interfaces veranschaulicht: Die Originalzeichnung von Wheeler ist
von Positivbefunden dar. so modifiziert, dass zwischen den Befunden 3 und 7
sowie 4 und 6 ein Interface eingefügt wurde (17B).
Interfaces von horizontalen Schichten Dabei wird deutlich, dass die Befunde 1, 2, 3 und 8 ihre
Oberflächen mit keiner anderen Schichten teilen.
Bei Positivbefunden gibt es zwei Typen von Interfaces, Allerdings blieb ein Teilbereich von Befund 7 unbedeckt
die horizontalen und die vertikalen. Das Interface einer und in Benutzung für die Dauer der Befunde 4, 5 und 6;
horizontalen Schicht ist die Oberfläche einer Schicht, die auch ein Teil von Befund 6 war noch in Gebrauch
mehr oder weniger horizontal abgelagert wurde oder während der Dauer von Befund 5. Dies wird in einer
entstanden ist; sein Umfang und seine stratigraphischen graphischen Darstellung deutlich, welche den Aufbau
Beziehungen entsprechen der der Schicht und werden als des Profils Schicht für Schicht zeigt (Abb. 17D).
ein integraler Teil von dieser dokumentiert. Auf einer Während es gebildet wird, hat jedes Interface die
Planzeichnung werden die Umrisse der Ablagerungen (z. Fähigkeit, ein Teil des Periodeninterfaces des ganzen
B. Abb. 16, Befund 10), das heißt die Ausdehnung der Fundortes darzustellen. Das Periodeninterface 8 (Abb.
Interfaces festgehalten. Das Relief oder die Topographie 17D) besteht somit aus der ganzen Oberfläche von
der Interfaces von horizontalen Schichten wird durch Befund 5 sowie aus einem Teil der Interfaces der
eine Reihe von Nivellierpunkten dokumentiert, die Befunde 6 und 7. Aus der Abb. 17B wird auch deutlich,
später in einem Höhenlinienplan umgesetzt werden wie die stratigraphische Sequenz den
können. Wenn eine Reihe von Interfaces einen wichtigen Ablagerungsprozess im Laufe der Zeit widerspiegelt.
Horizont darstellen, dann spricht man von einem
Periodeninterface. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, die
horizontale Ausdehnung der Oberfläche oder Interface
Das Interface einer horizontalen Schicht stimmt mit der einer Schicht zu dokumentieren. Dabei spielen nicht nur
Ausdehnung der Ablagerung überein, deren Oberfläche
31 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 17 (A - C) Die Interfaces von archäologischen Ablagerungen. ( D) Ablagerungs-oder Nichtablagerungs - und Nutzungsperioden,
zwei wichtige Aspekte im Stratifikationsprozeß (A nach Wheeler 1954, Abb. 8).
die Umrisse eine Rolle, sondern auch die Nivellements, dreidimensionale Ablagerungen, so dass mehr als eine
die dann in einen Höhenlinienplan einfließen können Oberfläche dokumentiert werden muss.
(vgl. Kapitel 9).
Wer mit diesem Begriff Schwierigkeiten hat, stelle sich
Interfaces von vertikalen Schichten eine im ganzen heruntergestürzte Mauer vor: Ihre
Oberfläche richtet sich nach den stratigraphischen
Dieses Interface bildet die Oberfläche einer vertikalen Regeln und Interpretationsmodellen, die bei einer
Schicht, meistens eine Mauer. Da es sich dabei um eine Schicht üblich sind. Mauern ziehen öfters über älteres
senkrechte Oberfläche handelt, hat es keine Gemäuer, so dass auch hier ein Überlagerungsprozess
Oberflächenumrisse, wie es beim Interface einer stattfindet (z. B. Abb. 18: Der Befund 4 ist 250 Jahre
horizontalen Schicht der Fall ist. Die jünger als der Befund 1). Das Interface einer vertikalen
Oberflächenmerkmale bestehen öfters aus vielen Schicht kann als Befund viele Perioden überleben, das
Architekturdetails, die in Ansichtszeichnungen heißt ein Periodeninterface nach dem anderen kann die
dokumentiert werden (z. B. Abb. 18). Mauern sind Interfaces der vertikalen Schichten ihrer Gebäude immer
Interfaces als Stratifikationseinheiten 32
Abb. 18 Die obere Zeichnung ist eine steingerechte Aufnahme einer mehrphasigen Mauer aus einem englischen Schloß. Im zweiten
Teil der Abbildung wurden die vier Stratifikationseinheiten dieser Mauer auseinandergenommen: 1, 2 und 4 sind interfaces
von vertikalen Schichten, während 3 ein horizontaler Negativbefund ist, der den Abbruchhorizont von 1 und 2, vor der
Errichtung von 4, bezeichnet.
33 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 19 Isometrische Darstellung des Bixby House, Barre, Massachusetts, um 1845. Die Reihenfolge der Umgestaltungen in Raum A
werden im Matrix- Diagramm der Abbildung 20 gezeigt (mit Genehmigung von Christopher Mundy, Myron Stachiw and
Charles Pellener, Old Sturbridge Village).
wieder „verwenden”. Dagegen kann eine einfache Gemeinschaftsleben und in der Wirtschaft
Ablagerung schnell wieder verdeckt werden. im ländlichen New England des frühen
19. Jhs. Archäologische und
Die archäologische Bauforschung hat sich in den letzten architektonische Fakten aus dem Fundort
Jahren stark entwickelt. In Zusammenhang mit der und aus dem Haus wurden unter
Harris Matrix ist, z. B. in Australien, herausragende Anwendung der Harris-Matrix sorgfältig
Arbeit geleistet worden, wie sie im interessanten Artikel untersucht und ausgewertet. Die
The Archaeology of Standing Structures von Martin konsequente Aufzeichnung der
Davies (1987) nachgelesen werden kann. In Old stratigraphischen Beziehungen innerhalb
Sturbridge Village (Massachusetts) haben Archäologen der beiden Disziplinen Archäologie und
bei der Bauanalyse des Bixby Houses stratigraphische Architektur führte zu einer lückenlosen
Prinzipien eingesetzt (Abb. 19 und 20). Der Leiter des Matrix, die Nutzungs- und Umbauphasen
Projektes, David M. Simmons, hat freundlicherweise unter und über der Erde umfasste.
folgende Anmerkung beigesteuert:
Die Abbildung 19 zeigt Raum A im Bixby Haus, der mit
Zwischen 1984 und 1988 wurde in einem Hilfe einer stratigraphischen Analyse der Wände - die
vom Old Sturbridge Village geleiteten Interfaces der vertikalen Schichten - untersucht wurde.
Forschungsprogramm das Bixby House Strukturelle Ergänzungen wie neue Fenster, oder neue
mitsamt Grundstück (Barre, „Ablagerungen“ wie Tapeten, wurden in eine
Massachusetts) untersucht. Das Ergebnis stratigraphische Sequenz zusammengetragen, die in der
war die Wiederherstellung des Museums Abb. 20 teilweise gezeigt wird. Dabei wird deutlich, was
und eine umfassende Darstellung des für eine Bedeutung der Begriff „Interface einer
Wandels im Familien- und vertikalen Schicht“ hat. Auch Mauern und andere von
Interfaces als Stratifikationseinheiten 34
Abb. 21 Diese Abbildung -gemeinsam mit Abbildung 22- zeigt die Erstellung Schritt für Schritt einer stratigraphischen Sequenz
anhand der Profile A-D eines Schnittes. Aufgrund des Gesetzes der stratigraphischen Folge führen die vier Profilen zu einer
einzigen Sequenz hin (a+b+c+d); somit werden alle unnötige Beziehungen beseitigt.
Abb. 22 In e+f+g haben sich die Sequenzen der Flächenzeichnungen E-G zusammengefügt und mit den Angaben der Profile aus
Abb. 21 verknüpft. Die Endsequenz der Fundstelle ist a - g, ihre Periodisierung ist in K dargestellt.
Interfaces als Stratifikationseinheiten 36
des 2. Jhs. unbenannt. Demnach ist der Befund 18 eine wenn dem U-Bahnschacht einen stratigraphischen
Abfallgrube des 14. Jhs. oder älter (vielleicht sogar Stellenwert als Interface beigemessen wird, kann die
Spätangelsächsisch) und der Befund 19 eine Abfallgrube richtige stratigraphische Sequenz ermittelt werden. Die
des 2. Jhs, oder älter. Das Interface „Baugrube des U-Bahn-Baugrube, wie jeder vertikaler Negativbefund,
Gebäudes“ wurde auch auf diese Art und Weise wird so weit verfolgt, bis die jüngste Schicht, durch die
behandelt, was zu einer Änderung der stratigraphischen sie geschnitten wurde, gefunden ist, in diesem Falle z. B.
Sequenz führte (Abb. 23B). die Überreste eines viktorianischen Parks.
Vertikale Negativbefunde verschieben das übliche Vertikale Negativbefunde sind keine Oberflächen von
Ablagerungsmuster auf einem Fundort. Wenn eine Schichten, sondern Oberflächen an sich und deshalb
Grube verfüllt wird, liegen die untersten Schichten auf können sie, im Gegensatz zum Interface einer Schicht,
einer niedrigeren absoluten Höhe als zeitgenössische auf einem Plan nicht festgehalten werden. Wird diese
Schichten außerhalb der Grube. Darum werden die dargestellt, kommen oft Details ihrer Zusammensetzung
Schichten auf der Sohle einer Grube physische und vor, z. B. Steine. Der Plan ist dann keine einfache
stratigraphische Beziehungen zu Stratifikationseinheiten Umrisszeichnung mehr. Die vertikalen Negativbefunde
haben, die älter sind als die Grube selbst. Nur wenn das können allerdings nur durch Umrisse festgehalten
Grubeninterface wie eine abstrakte Schicht behandelt werden, weil sie lediglich Oberflächen sind. Die
und dementsprechend dokumentiert wird, werden die Zusammensetzung der Ablagerungen, die sie
Schichten auf der Sohle auch mit dem Interface in durchschneiden, haben auf einem Plan kaum Bedeutung;
Verbindung gesetzt. Dabei spielt das Gesetzt der gewöhnlich reicht eine Linie aus.
stratigraphischen Folge eine wichtige Rolle; durch seine
Anwendung werden die Verfüllungen der Grube in der Periodeninterfaces
stratigraphischen Sequenz des Fundortes richtig
platziert. Sie sind in Wirklichkeit jünger, als das Die Stratifikation besteht aus einer akkumulierten Masse
Interface der Grube und dieses wiederum ist jünger als von Schichten und Interfaces. Wenn sie sehr verzweigt
die jüngste Schicht, die es schneidet. und komplex ist, kann sie in kleinere Einheiten aufgeteilt
werden, die in der Geologie folgendermaßen definiert
Vertikale Negativbefunde können auch durch die werden:
Bildung einer ähnlichen ahistorischen
Stratifikationseinheit zerstört werden. Ein Beispiel Ansammlungen von Felsen, die
liefern die zwei Gräber aus Abb. 24. Teil D der gemeinsame Eigenschaften haben, seien
Zeichnung zeigt die herkömmliche diese der Ursprung, das Alter oder die
Dokumentationsmethode: Befund 1 liegt teilweise über Zusammensetzung. Darum sprechen wir
Befund 2, eine stratigraphische Beziehung, die auf die über stratifizierte und unstratifizierte,
Sequenz von Abb. 24G, D dargestellt wird. In Abb. 24E erzführende und nichterzführende, alte
sind alle Befunde unter der Voraussetzung nummeriert, und moderne, Süßwa sser- und
dass Grab 1 Grab 2 schneidet oder stratigraphisch jünger Meereswasser-, Wasser- und Vulkan-
ist. Damit schneidet der Negativbefund 5 die Befunde 2 Formationen (Lyell 1874, 5).
und 7, letzterer auch ein Interface (siehe stratigraphische
Sequenz in Abb. 24G (E)). Es stellt sich aber heraus, In der Archäologie kann die Stratifikationsmasse
dass in Grab 1 ein Teil des Skeletts fehlt. Die weitere aufgrund kultureller, chronologischer oder funktioneller
Freilegung zeigt, dass Grab 2 in der Tat durch Grab 1 Kriterien in kleineren Einheiten, „Perioden“ genannt,
geschnitten wurde, seine Verfüllung aber so locker war, unterteilt werden. Wir können von römischen oder
dass Befund 1 in Befund 2 einsackte. In diesem Fall mittelalterlichen, prähistorischen oder historischen, Bau-
schneidet der Negativbefund 7 die Befunde 1 und 5 (und oder Zerstörungsperioden sprechen. Jede Periode wird
natürlich auch das Skelett von Grab 1). Die Abb. 24F ein Interface haben, das heißt, eine Oberfläche, die aus
definiert die Negativbefunde neu und die Abb. 24G (F) mehreren Schichten und Negativbefunden besteht. Diese
stellt die dazugehörige stratigraphische Sequenz dar. Periodeninterfaces werden auf archäologischen Plänen
festgehalten oder können in einer Profilzeichnung durch
Man könnte argumentieren, dass dies eine unrealistische dickere Interfacelinien gekennzeichnet werden.
Konstellation ist, die auf die tatsächlichen Probleme
einer Grabung kaum anwendbar ist. Es gibt allerdings Das Periodeninterface entspricht der „Gesamtsumme der
Situationen, wo ein Befund von einem anderen Flächen, deren Nutzung gleichzeitig stattfand“ (Woolley
überlagert wird, der stratigraphisch jünger ist. Ein 1961, 24). Diese Definition sollte nicht nur horizontale,
Querschnitt durch die Londoner U-Bahn, z. B., kann sondern auch vertikale Schichten berücksichtigen. Eine
einen mit Schlamm verfüllten stillgelegten Teil einer Fundstelle mit verhältnismäßig einfacher Stratigraphie
Linie aufdecken, der vom anstehenden Boden überlagert wird im Verlauf der Ausgrabung vielleicht ein einziges
wird. Jeder kennt die Gründe, warum es so ist, aber nur Periodeninterface erkennen lassen. Auf komplexen
37 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Grabungen ist es kaum möglich, ohne Fundanalyse die „Willkürlichkeit des Ablagerungsprozesses“ auf einer
Periodeninterfaces zu definieren. Solche Perioden Fundstelle richten (McBurney 1967, 13). Es ist der
widerspiegeln nicht unbedingt Änderungen in der Umfang an erhaltene Stratifikation, was die Unterteilung
materiellen Kultur, da diese sich nicht nach der einer Fundstelle in Perioden beeinflusst; diese können
Interfaces als Stratifikationseinheiten 38
Abb. 25. Das Profil aus Abbildung 29 wurde hier in 29 Perioden gesplittert. Die ungleichen Nummern sind Ablagerungsperioden und
die geraden interfaciale Perioden. Erstere werden am besten durch Profile dargestellt, die zweiten durch Flächenzeichnungen.
dann mit Phasen der menschlichen Kultur verknüpft werden, wird das Periodeninterface als eigenständige
werden. Periode meistens umgangen. Sogar in der 1979 erstellten
Zeichnung der Abb. 22K verkörpern die Perioden 1 bis
So wie die vertikalen Negativbefunde in der 10 nur Zeiträume der Ablagerung, bzw. der Bildung von
herkömmlichen Ausgrabungspraxis nicht bedacht Stratifikation; es fehlen aber die interfacialen Perioden,
39 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
die die Nutzung der Fundstelle darstellen, während seine als abstrakte Interfaces definiert werden, die eine
Oberfläche ruhte. Das bedeutet, dass immer wieder die gestörte oder zerstörte Fläche einer vorgegebenen
Hälfte der Stratigraphie übersehen wird. Stratifikationseinheit oder Periode anzeigen. Abgesehen
von wenigen Ausnahmen (z. B. Crummy 1977; siehe
Als Beispiel sei die Profilzeichnung von Abb. 25 Abb. 35 und 36) sind diese Formen von negativem
angegeben: Sie wurde zerlegt, um die Ablagerungs- und Beweis selten ausreichend dokumentiert worden. In den
die Nutzungsperioden einer Fundstelle zu zeigen. Erstere Veröffentlichungen werden diese Zerstörungsinterfaces
sind durch gerade, die Nutzungsperioden durch ungerade meistens durch einen kräftigeren Strich gekennzeichnet;
Zahlen gekennzeichnet. Dabei sollte eins bedacht eine Unterscheidung zu den Befundumrissen einer
werden: Ablagerungsperioden bedeuten nicht nur ein vorgegebenen Periode ist öfters nicht deutlich genug.
Zuwachs an Stratigraphie, sondern auch an Häufig werden sie ganz einfach ignoriert. Die gestörten
stratigraphischer Dokumentation. Deshalb werden Flächen werden mit einer unterbrochenen Linie
vertikale Negativbefunde zu den Ablagerungsperioden gezeichnet, die die Hypothesen des Archäologen über
gezählt und ihre Nutzung zu den Periodeninterfaces. den ursprünglichen Verlauf andeuten. Allerdings
Sobald eine Schicht abgelagert ist, ist alles Bedeckte beinhaltet die Stratifikation sowohl positive
definitiv außer Gebrauch; deswegen erscheinen (Ablagerung) als negative (Erosion oder Zerstörung)
Ablagerungen nur in den Ablagerungsperioden. Elemente; beide sollten gleichfalls festgehalten werden.
Ein archäologisches Profil ist die zeichnerische Schüler H. St. George Gray gefunden werden; deren
Umsetzung eines senkrecht geschnittenen Bodenprofils. Profile waren oft topographische Bodenprofile, aus
Profile ermöglichen einen Einblick in die vertikale denen die archäologischen Befunde hervortraten
Stratifikation und in die Interfaces (Überschneidungen) (Bradley 1976, 5). Die Methode, um solche Profile zu
zwischen den Schichten, also in die zeichnen, wurde aus der Geologie entnommen, wo sie
Überlagerungsprozesse eines Fundortes (einer noch immer Anwendung findet (Gilluly et al. 1960, 89).
Fundstelle). Unter der Voraussetzung, dass die Interfaces Die Geologie lieferte ebenfalls die Idee der
dokumentiert worden sind, kann mit Hilfe eines Profils „Säulenprofile“, die dazu dienen sollte:
ein Teil der stratigraphischen Sequenz des Fundortes
(der Fundstelle) ermittelt werden. Bis vor kurzem haben die Überlagerung und relative Mächtigkeit
sich die Archäologen überwiegend auf Profile gestützt, der Schichten der Areale, die sie vertreten,
um stratigraphische Sequenzen zu erstellen. Dabei haben zu zeigen. Voraussetzung ist eine
sie die Schwierigkeiten nicht verheimlicht, die daraus maßstabsgerechte Zeichnung. Ihr
entstehen können: Hauptziel sollte sein, eine schnelle
Überprüfung und einen umfassenden
Die Dokumentation von Profilen muss in Einblick in der Stratigraphie eines
der Obhut des Grabungsleiters und seiner Gebietes und damit auch den Vergleich
Assistenten liegen, da dies der subjektivste mit anderen Arealen zu ermöglichen
und schwierigste Teil der (Grabau 1960: 1118).
Grabungsdokumentation ist, aber auch
eine der wichtigsten Beweisquellen. Es Diese Profile, die die Form von langen, senkrechten
gibt keinen Weg, ein Profil objektiv Bändern haben, bestehen aus übereinanderliegenden
aufzunehmen; die Qualität der Zeichnung Schichten unterschiedlicher Höhe und stellen die
ist vom Zeichner abhängig und kann nach stratigraphische Sequenz eines vorgegebenen Ortes dar.
Grabungsende nicht mehr überprüft F.C. Lucis in schriftlicher Form (1845, 143) und F.
werden (Alexander 1970, 58). Lambert auf Zeichnungen (1921, Abb. 27) waren
maßgeblich daran beteiligt, dass dieses Modell ihren
Unter Wheelers Einfluss hat das Profil eine große Weg in die Archäologie fand.
Bedeutung gewonnen, eine Tatsache, die von den
Verfechtern der großflächigen Grabungsmethode Das Säulenprofil beruht auf regelmäßigen
kritisiert wird. Sie plädieren (siehe z.B. Barker 1969) Überlagerungen geologischer Schichten und bezog sich
zwar für ein Gleichgewicht zwischen Profil- und auf große Ausdehnungen dieser, es ist für geologische
Flächendokumentation, vergessen dabei aber, die Betrachtungen offensichtlich sehr nützlich. Die
Besonderheiten von Plänen und Profilen und ihren archäologischen Schichten können allerdings selten über
Einsatz in der archäologischen Stratigraphie zu große Entfernungen korreliert werden, da sie
untersuchen. (normalerweise) eine begrenzte Ausdehnung haben. Das
Säulenprofil hat deshalb kaum Verwendung in der
In diesem Kapitel werden mehrere Typen von frühen archäologischen Stratigraphie gefunden, obwohl die Idee
Profilzeichnungen in Verbindung mit den jeweils einer solchen repräsentativen Sequenz allgemeine
vorherrschenden archäologischen Ansichten geprüft. Zustimmung findet:
Danach sollen die heutzutage üblichen Profilarten und
ihre Darstellungsweise besprochen werden. Profile sollten vorgezogen werden, nicht
nur, um einen repräsentativen vertikalen
Frühe Profile Einblick in der Stratigraphie eines
Fundortes zu ermöglichen, sondern auch,
Viele ältere Profile waren Skizzen von Grabhügeln (z.B. um Auskunft über dessen Sequenz zu
Low 1775, Tafel XIII; Montelius 1888, Abb. 96). Sie bekommen (Browne 1975, 69).
zeigten meistens keine Stratifikationen, sondern waren
eher Diagramme, die den Aufbau des Hügels und der Wegen der relativen Klarheit der geologischen Schichten
Bestattungskammer als topographische Bilder in einem vorgegebenen Punkt ermöglicht das
darstellten. Beispiele können bei Pitt-Rivers und seinem Säulenprofil fast immer einen repräsentativen vertikalen
41 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Einblick in die Stratifikation eines Areals. In diesen Der in Abb. 2 dargestellte Profiltyp wurde von Wheeler
einfachen Profilen gibt es fast immer eine Verbindung zwischen den beiden Weltkriegen entwickelt. Dabei
zwischen den physischen (durch das Gesetz der standen stratigraphische Gründe wohl nicht im
Überlagerung abgedeckt) und den zeitlichen Vordergrund:
Beziehungen der Schichten. Säulenprofile erzeugen
immer eine unilineare stratigraphische Sequenz, ähnlich Jetzt ein Wort zur Vergabe der
einem Bohrprofil aus einem archäologischen Fundort. Befundnummern. Es leuchtet ein, dass die
Schichten von oben nach unten
In der Archäologie kommen solche unilinearen nummeriert werden müssen. Sie
stratigraphischen Sequenzen oft bei kleinen Gruben vor, erscheinen dann in umgekehrter
deren Verfüllungen sich nach einem einfachen Reihenfolge zum Ablagerungsprozess,
Überlagerungsmuster vollzogen. Dies kann ein Grund sodass die jüngste (oberste) Schicht Nr. 1
sein, warum viele Archäologen bei der Freilegung von sein würde. Dieses etwas unlogische
Gruben und der Analyse des Fundinhaltes so begeistert Verfahren ist unvermeidlich, aufgrund der
sind und schnell mit der Komplexität von Notwendigkeit, die geborgenene Funde mit
Ablagerungsabläufen anderswo am Fundort verzweifeln. einer Schichtnummer zu versehen, bevor
Tatsache ist, dass die meisten archäologischen Fundorte das Profil weiter ergänzt wird (Wheeler
multilineare stratigraphische Sequenzen beinhalten, die 1954, 55; Betonung hinzugefügt).
viele Geologen verwirren würden.
Mit anderen Worten, die Nummerierung der Schichten
Auf Grabungen mit komplexer Stratigraphie vermitteln erfolgte nicht so sehr im Hinblick auf die Stratifikation
Profile keinen repräsentativen Einblick in ihre als auf die Zuweisung der Funde, da diese mit der
stratigraphischen Sequenzen (Folgen). In diesen Fällen Nummer der Schicht gekennzeichnet wurden, aus der sie
ist es extrem schwierig, eine Flucht für ein Profil zu stammen. Aus stratigraphischer Sicht war die
wählen, die einen „repräsentativen senkrechten Dokumentation der Schichten (und Interfaces) in den
Einblick“ in die Stratifikation ermöglicht, weil die meisten Fällen mit der Erstellung von Profilzeichnungen
Befunden, die ganz oben liegen, eine ganz andere abgeschlossen. Wheelers Zusammenhang zwischen der
Orientierung haben können, als die, welche weiter unten der Reihenfolge der Nummern und der der Schichten
liegen. Zudem dokumentiert dieses Profil die physischen widerspiegelt auch die Idee einer unilinearen
stratigraphischen Beziehungen nur an dem einen stratigraphischen Sequenz und eines Säulenprofils.
vorgegebenen Punkt (zwei unterschiedliche Ansichten
eines Profiles liefern unterschiedliche Sequenzen). Der Zweck der Profilzeichnungen
Einblick in die Stratifikation und stratigraphische
Sequenz eines komplexen Fundortes ist deshalb eher Stratigraphische Analysen erfolgten vor Jahrzehnten
schematisch als repräsentativ. Der Wikingerfundort in ausschließlich anhand von Profilen. Der Archäologe
York (Hall 1984) erbrachte 34 000 Befunde, ein musste bei jedem Bodenprofil zwischen den
Beispiel, wie komplex die Stratifikation bei intensiv verschiedenen Schichten, Mauern, Gruben und anderen
genutzten Fundorten sein kann. In solchen Fällen ist es Befunden unterscheiden. Sobald die Begrenzungslinien -
kaum möglich, ein Profil zu erstellen, das für mehr als die Interfaces - erkannt und gezeichnet wurden, war die
einen isolierten Teil der Ausgrabung repräsentativ wäre. Untersuchung der Stratifikation beendet. Nur sehr
langsam änderte sich diese Haltung, insbesondere mit
Viele Archäologen sind immer noch der Ansicht, dass der Zunahme von modernen Stadtgrabungen mit
das Profil die stratigraphische Sequenz eines Fundortes komplexen stratigraphischen Konstellationen, so z.B. in
darstellt. Zum Beispiel wurde beim Profil der Abb. 7 Verulamium (Frere 1958, Abb. 3). Schließlich wurde
nicht für nötig gehalten, die stratigraphischen erkannt, dass die stratigraphische Information innerhalb
Beziehungen zwischen den Schichteinheiten anzugeben, eines freigelegten Areals (und nicht nur die aus den
da man annahm, dass sie aus der Zeichnung ablesbar Profilen, die sie begrenzten) für ein volles Verständnis
wären. Zwar trifft dies bei unilinearen Profilen zu, z.B. der stratigraphischen Sequenz wichtiger war, als die
bei Grubenverfüllungen, nicht aber, wenn andere, Profile selbst (Coles 1972, 202-203). Die ermittelten
anthropogene Stratifikationseinheiten vertreten sind, z.B. stratigraphischen Beziehungen wurden schriftlich
vertikale Schichten; hier ist es unbedingt nötig, dass alle festgehalten.
stratigraphischen Beziehungen dargelegt werden. Im
Gegensatz zu den Verfüllungen einer Grube richten sich Gegenwärtig werden auf den Grabungen all die
die anthropogenen Schichten und Interfaces nicht nach stratigraphischen Informationen auf vorgedruckte
den geologischen Gesetzen der regelmäßigen Befundblätter eingetragen (Barker 1977, Abb. 46), wie
Überlagerung und müssen deshalb anders behandelt z.B. auf den vom Department of Urban Archaeology
werden. vom Museum of London durchgeführten Grabungen.
Diese Befundblätter müssen als die primäre
Archäologische Profile 42
Abb. 27 Ein Beispiel eines "realistischen" Profils, das aber für die stratigraphische Analyse keinen Wert hat, weil es weder über
Interfacelinien noch über Befundnummern verfügt.
Abb. 28 Ein stilistisches Profil verfügt zwar über Interfacelinien und Befundnummern, aber seine Bedeutung für die stratigraphische
Analyse wird aufgrund der fehlenden Betonung der Negativbefunde oder ihrer Nummerierung gemindert.
Die Befunde werden bis zu einer anderen genannten und hat heute kaum noch Gewicht in
vorgegebenen Linie abgetieft und das der Archäologie.
entstandene Profil gezeichnet. Danach folgt
die Freilegung über diese Linie hinaus. Bei der realistischen Methode (Abb. 27):
Jedes Mal, wenn eine Schicht die Linie
erreicht, wird das Profil ergänzt...... Diese wird jede Ablagerung mit unterschiedlicher
Methode hat einen erheblichen Vorteil Schraffur dargestellt. Dickere Linien
gegenüber ein auf einer fiktiven Linie werden nur bei Steinmauern und beim
angelegtes Profil..... das Profil kann so anstehenden Boden gezogen. Diese
verlegt werden, dass die bei Beginn der Methode ist zumindest ehrlich, weil alle
Grabung nicht sichtbaren Befunde - ein Grenzen ausgelassen werden, die der
Gebäude oder eine Wallanlage - Ausgräber zwar vermutet, die aber nicht
angeschnitten werden können (Barker 1977, sichtbar sind (Webster 1974, 137).
80).
Seit Wheeler sie einführte (1954, 59-61), ist diese
Diese Methode hat sehr viele Vorteile. Die Methode in Bezug auf die Erkennung der Interfaces in der
stratigraphische Vorgehensweise ermöglicht die archäologischen Stratifikation sehr kontrovers diskutiert
Entfernung der Schichten einer Fundstelle in der worden. Die Interfaces werden durch die
umgekehrten Reihenfolge ihrer Entstehung. Die Zusammensetzung und die Umrisse der verschiedenen
Freilegung folgt den natürlichen Umrissen und der Schichten festgelegt. Die Ausdehnung einer Schicht -
Topographie der Schichten, die dann in Länge, Breite und Höhe - entspricht den Interfacelinien:
Flächenzeichnungen festgehalten werden. So, wie die Interfaces werden nur bestimmt, wenn auch die Schichten
Schichten entfernt werden, werden sie eine nach der definiert werden. Sind in einem Profil die Schichten nicht
anderen im kumulativen Profil registriert. Die deutlich zu trennen, dann gibt es auch keine Interfaces;
Wahrscheinlichkeit ist dabei sehr hoch, eine Interfacelinien treten nur auf, wenn die Schichten
Übereinstimmung zwischen der stratigraphischen umrissen sind. Das Gegenteil würde bedeuten, dass die
Information aus dem Profil und der aus den „Tugend der Ehrlichkeit“ nicht mehr bedeutet, als ein
Flächenplänen zu erreichen. Unter all den Euphemismus für stratigraphische Unverantwortlichkeit
Profildokumentationsmethoden erfüllt das kumulative (oder Unfähigkeit?). Im Ergebnis: die Analyse der
Profil die Anforderungen der modernen archäologischen Stratifikation in Profilen ist mehr eine Frage der
Stratigraphie am ehesten. Untersuchung der Interfaces (Schichtgrenzen) als der von
Schichtzusammensetzungen. Wenn der Ausgräber keine
Das angelegte Profil kann beim Abtiefen der Schichten „klare Trennung“ in einem Profil erkennen kann, muss er
kumulativ aufgenommen werden, wenn der Wunsch nach sich folgende Fragen stellen lassen: sind
Stegen besteht, aus welchen Gründen auch immer. Solche Schichttrennungen während der Ausgrabung erkannt
Stege dienen öfters der Entnahme von Bodenproben. worden?; wie wurden die Schichten definiert?; wohin
Früher wurde argumentiert, dass die Stege bis wurden die Funde zugewiesen, wenn die Schichten nicht
Grabungsende erhalten bleiben müssten, weil „im Laufe definiert worden sind?; wie konnten diese stratigraphisch
der Grabung oft neue Fragestellungen auftauchen, zu freigelegt werden?
deren Antwort ein noch stehendes Profil behilflich sein
kann“ (Kenyon 1961, 89). Aus Sicht der Stratigraphie gibt Im Gegensatz dazu hat das stilisierte Profil (Abb. 28)
es wenige Gründe für diese Behauptung: je tiefer sowohl durchgehend nummerierte Befunde (und Funde)
ausgegraben wird, um so weniger relevant sind die oberen als auch Interfacelinien (Wheeler 1954, 58). Letztere sind
Schichten eines Steges für die Befunde älterer Perioden. auch der Grund dafür, warum diese Methode als
Das kumulative Profil ist ein graphischer, aber kein „subjektiv“ kritisiert wird: „von dem, was geschehen war,
physischer Nachweis der freigelegten Schichten. bleibt nur die Interpretation des Archäologen
übrig“ (Webster 1974, 137). Dieser Vorbehalt haftet aber
Unabhängig von der Profilanlage, zufällig oder kumulativ, auch allen anderen Aspekten einer Ausgrabung mit
hängt seine Auswirkung auf die stratigraphische Analyse Dokumentation an, er betrifft nicht nur die
von der Methode ab, nach der es gezeichnet wurde. Profilzeichnungen. Die Gefahr liegt mehr am Fehlen einer
regelrechten Ausbildung in der Disziplin der
Die Zeichnung archäologischer Profile archäologischen Stratigraphie begründet, als in einer
persönlichen Interpretation. Alles Erkennbare muss vom
Graham Webster (1974, 136-139) hat drei Methoden Archäologen festgehalten werden, auch die Interfacelinien
definiert, archäologische Profile zu zeichnen: die auf Profilzeichnungen.
realistische, die stilisierte und die verbindliche. Letztere
umfasst, wie ihr Name suggeriert, Elemente der zwei In der stilisierten Methode müssen die Interfaces der
Negativbefunde zusätzlich hervorgehoben werden, was
45 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Die Einführung von modernen, großflächigen Die mangelnde Kontroverse erklärt sich vielleicht damit,
Grabungsmethoden hat zur Aufwertung der Pläne dass der Archäologe mehr Interesse für die sequentiellen
gegenüber den Profilen geführt. Obwohl viele Ausgräber und chronologischen Fakten zeigt als für die
exzellente Pläne exakt und anspruchsvoll erstellen, wird topographischen. Profile enthalten nur die Umrisse der
der Eigenart und dem stratigraphischen Wert der Pläne Stratifikationseinheiten, wohingegen Pläne sowohl
sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sie sind für die Umrisse als auch die Topographie der Oberfläche zeigen
stratigraphische Analyse genau so wichtig wie Profile, können. In einem Profil wird, aus einer senkrechten
deshalb verwundert es, dass keine Auseinandersetzung Perspektive, der vollständige Umriss jeder
über „stilistische” oder „naturalistische” Stratifikationseinheit gezeigt. Die stratigraphischen
Zeichnungsmethoden (Abb. 30) aufgekommen ist. Die Beziehungen zwischen den Einheiten können hiermit
Meinung ist verbreitet, dass Pläne „horizontale Profile” anhand der Analyse der Interfaces festgestellt werden. In
seien (Barker 1977, 156; Hope-Taylor 1977, 32). So wie einem Plan zeigen nur die jüngsten Ablagerungen (die
eine Profilzeichnung nicht die Darstellung einer keine Überlagerungsbeziehungen haben) ihre
senkrechten Oberfläche, sondern die Wiedergabe eines vollständigen Umrisse. Die Schichtenüberlappung hat zu
vertikalen Schnittes durch die Stratifikation ist, stellen Folge, dass ältere Ablagerungen an dem zu zeichnenden
Planzeichnungen horizontale Flächenschnitte dar und Plan nur teilweise erscheinen. Die lückenhafte Umrissen
keine gewachsenen Ebenen. machen es schwierig oder unmöglich, die
stratigraphischen Beziehungen zwischen den Schichten
Die Angelegenheit lässt sich mit dem Oxford English eines Gesamtplanes zu erstellen.
Dictionary (Duden) klären. Danach ist ein Profil eine
Zeichnung, XXXXXXX Eine Fläche dagegen ist die Pläne halten die Länge und die Breite archäologischer
„äußerste Grenze (oder einer der Grenzen) eines Überreste fest, Profile dagegen ihre Höhe. Eine Fläche
greifbaren Körpers gegen die Luft oder den leeren hat keine Höhe, deshalb dokumentieren Pläne eigentlich
Raum”. Obwohl diese Fläche eine archäologische nur Interfaces. Jedes Planum wird durch die jüngste
Fundstelle waagerecht schneidet, würde diese im übrigen Stratifikationseinheit datiert, die ein Teil seiner Fläche
fragwürdige Ausgrabungsmethode kein archäologisches bildet. Ein Plan zeigt also keine Sequenz. Profile
Profil darstellen, sie würde nicht die andererseits stellen die zeitliche Ausdehnung einer
Überlagerungsbeziehungen zwischen den Schichten Fundstelle dar. Sie zeigen die Ablagerungsreihenfolge
aufdecken, weil eine Fläche weder „oben” noch „unten” einer Anzahl von Schichten und Negativbefunden. Jedes
besitzt. Interface, eins nach dem anderen, kann in einen Plan
umgesetzt werden. Auf dieser Art und Weise ergänzen
Abb. 30 Ähnlich den Profilen (Abb. 27 und 28) können Pläne mit oder ohne Grenzumrisse (Interfacelinien) oder Befundnummern
gezeichnet werden.
47 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Gesamtpläne
Abb. 32 Beispiel eines Periodenplanes in der die gesamte Oberfläche einer sich noch in Arbeit befindenden Grabung auf einer
Zeichnung dargestellt ist. Im Idealfall musste dieser Plan eine wichtige Periode in der Entwicklung des Fundortes darstellen.
Dies kann aber während der Grabungsarbeiten nur selten erreicht werden weil meistens die Fundanalyse dafür notwendig ist.
Bodens alle freigelegten Befunden parallel Dokumentation nicht gefährdet wird. Der Wechsel in
aufgenommen werden. Aber viele Fundstellen, in denen den Gebäudeausrichtungen, z. B., kommt dabei besser
diese Pläne angefertigt werden, haben eine aus zur Geltung als wenn die Mauern steingerecht dargestellt
Schichten, Mauern und Negativbefunden bestehende wären.
komplexe Stratifikation. Die Herstellung von
Gesamtplänen bedeutet in diesem Fall, dass die Periodenpläne
Flächenzeichnungen jeder einzelnen Schicht sowie die
Stratifikation vor und nach der Bildung der Befunde Der Periodenplan dokumentiert eine Fläche, die aus
ignoriert werden, die Überlagerungsprozesse sind nicht mehreren Stratifikationseinheiten besteht. Er wird seit
mehr sichtbar. Zum Beispiel: zwei Mauern liegen Jahrzehnten benutzt - insbesondere seit der Einführung
übereinander; hier ist nicht mehr möglich, zu erfahren, der großflächigen Grabungsmethode - und am meisten
ob die erste Mauer die andere zerstörte oder ob sie ohne veröffentlicht. Wie ein Periodenplan auszusehen hat, ist
jeden direkten stratigraphischen Zusammenhang einfach folgendermaßen erläutert worden:
darüber lag.
Eigentlich sollten Pläne ein Bild der
Vermutlich wird der Gesamtplan nie als primärer Beweis ganzen freigelegten Fläche zeigen, ohne
der Stratifikation angesehen, so dass Bedenken in Bezug Symbole zu benutzen. Eine
auf seinen stratigraphischen Wert sich erübrigen. Lehmoberfläche ist eine Lehmoberfläche,
Trotzdem sind einige Richtlinien zur Darstellungsweise auch wenn diese offensichtlich keine
nötig. Der Gesamtplan könnte schematisch gezeichnet Merkmale aufweist; ihre Ausdehnung kann
werden, so dass der Nachweis der eigentlichen und muss angedeutet werden (Biddle und
49 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 33 Periodenpläne können für Fundorte erstellt werden, die wenige Befunde und eine einzige Fläche besitzen, wie hier anhand
der Umrisse gezeigt wird.
Abb. 35: Diese Abbildung dokumentiert die jüngste Periode der auf Abb. 36 dargestellten Flächenzeichnung. Sie zeigt der positive
und negative (die Störungsinterfaces erscheinen schraffiert) stratigraphischer Beweis. Der Befund 314 (mitte unten), z. B.,
taucht als ein Störungsinterface auf der älteren Flächenzeichnung Abb. 36 (aus Crummy 1977, Abb. 8; mit Genehmigung des
Verfassers).
Störungsinterface, welches auf den Plänen erscheint, einer Fundstelle in Colchester dar (Crummy 1977). Jeder
aber in den Profilen nicht richtig fassbar ist. vertikale Negativbefund wird theoretisch nur einmal als
Angenommen auf einer englischen Stadtgrabung ist der positiver Befund erscheinen, ihre Umrisse mit einem
Periodenplan eines römischen Gebäudes gezeichnet dicken Strich definiert. In den älteren Perioden wird
worden; ein großer Teil des Gebäudegrundrisses ist dieser Befund nur als Störungsinterface erscheinen,
durch spätere Brunnen zerstört worden: Der zerstörte farblich oder schraffiert dargestellt. In den jüngeren
Teil ist der negative Beweis, oder das Störungsinterface Perioden wird der Negativbefund als ein verfülltes Loch
für diese Periode oder für einzelne erscheinen, oder er ist von jüngeren Schichten bedeckt.
Stratifikationseinheiten dieser Periode. Dieser negative
Beweis ist genau so wichtig wie die noch erhaltenen In der jüngeren Periode (Abb. 35) erscheinen die
Mauern, Schichten und Negativbefunde, weil er die Einheiten F316 und F314 als Befunde mit Umrissen: sie
Ausdehnung des Positivbeweises festhält. Meistens wird gehören zur der im Plan dargestellten Periode; in der
er in Periodenplänen kaum oder unübersichtlich älteren Periode (Abb. 36) sind sie dagegen als
dargestellt. Archäologen zeichnen oft mit unterbrochener Störungsinterface gekennzeichnet. Die Einheit F313
Linie das Störungsinterface nach, um ihre Hypothesen taucht in der älteren Periode auf, ist aber in der jüngeren
über die ursprüngliche Ausdehnung der Gebäude oder nicht mehr vertreten, das heißt, sie war in der älteren
Befunde anzuzeigen. Somit wird das Ausmaß an Periode in Nutzung und in der jüngeren von
überlieferten stratigraphischen Beweisen mit den Ablagerungen überdeckt. Es gibt einige
Hypothesen des Ausgräbers verwechselt, ohne beiden zu Unstimmigkeiten in diesem wichtigen Beispiel. Einheit
dienen. F202, z. B., soll eine Raubgrabung darstellen (Crummy
1977, 71) und müsste dementsprechend in beiden
Die Störungsinterfaces sollten wie in den Plänen der Perioden als ein Störungsinterface erscheinen. Statt
Abb. 35 und 36 dokumentiert werden. Diese dessen wird er als Befund der beiden Perioden
Zeichnungen stellen zwei aufeinanderfolgende Perioden zugeordnet, was stratigraphisch unmöglich ist.
Archäologische Pläne 52
Abb. 36: Dieser Periodenplan zeigt eine Periode des Fundortes Lion Walk. Sie ist älter als die in Abb. 35 dargestellte. Der Befund
313, z. B., erscheint nicht in der jüngeren Periode weil er von späteren Befunden überlagert war (aus Crummy 1977, Abb. 4; mit
Genehmigung des Verfassers).
Bedeutung beimessen, müssen sie alle in Einzelplänen erstellt werden, beginnend mit den ältesten
festgehalten werden und nach Möglichkeit auch in Ablagerungen (Abb. 40). (Im Beispiel des Fundortes
einem Profil. Das Resultat ist ein Archiv, in dem jede New Road muss erwähnt werden, dass es hier keine
Stratifikationseinheit auf einem Planum festgehalten ist. größeren Strukturen gab, nur Erdschichten. Während der
Nach Abschluss der Grabung können jederzeit so viele Grabung konnte keine wichtige Fläche erkannt werden;
Periodenpläne zusammengestellt werden, wie nötig sind. hätte man nicht mit Einzelbefundplänen gearbeitet,
Der Einzelbefundplan ist der Schlüssel dieses Archivs. würde heute kein Plan existieren). Einige Ablagerungen
werden in der Abb. 41 gezeigt; sie stellt ein angelegtes
Der Einzelbefundplan ist die Grundlage, um die Profil dar, das kurz nach der Erstellung der Pläne
topographischen Überreste jeder Stratifikationseinheit zu gezeichnet wurde. Kleinere Diskrepanzen in der
dokumentieren. Die Methode (von Laurence Keen Ausdehnung der Schichten in der Fläche und im Profil
angeregt und mit Patrick Ottaway entwickelt) ist sehr können dabei entdeckt werden und kommen öfters vor,
einfach. Auf vorgedruckten Blättern (Abb. 38) werden als Archäologen zugeben wollen.
die Stratifikationseinheiten gezeichnet, je eine auf einem
Blatt. Diese Zeichnungen sind nicht detailliert, sondern Auch nach Abschluss der Grabung kann mit einer Reihe
konzentrieren sich auf das notwendigste: Koordinaten, von Einzelbefundplänen einigermaßen genau ein
Befundumrisse und eine ausreichende Anzahl an durchgehendes Profil rekonstruiert werden (z. B. Abb.
Höhenangaben. Einfacheitshalber werden die Höhen 42). Dies ist überall möglich, weil die Einzelbefundpläne
direkt auf der Zeichnung eingetragen. Wird eine neue die Befundumrisse in der Horizontalen dokumentieren
Stratifikationseinheit definiert, beginnt die Prozedur von und, durch die Angabe der Höhen, auch in der
vorn. Diese Methode dokumentiert alle ahistorischen, Vertikalen.
das heißt, die immer wiederkehrenden und universellen
Aspekte jeder Stratifikationseinheit. Der Einzelbefundplan ist unerlässlich in der
stratigraphischen Dokumentation. Die Herstellung dieser
Das Ergebnis ist eine Reihe von Plänen, wie sie in Abb. einfachen, aber wesentlichen Pläne schließt die
39 gezeigt werden. Mit diesen Plänen und in Realisierung detaillierterer Pläne einschließlich
Übereinstimmung mit der stratigraphischen Sequenz der komplizierter Periodenpläne, während der Freilegung
Fundstelle kann eine ganze Reihe von Periodenplänen jedoch nicht aus. Der auf einer Ausgrabung erstellte
Archäologische Pläne 54
Abb. 38 Der Einzelbefundplan wird auf vorgedruckte Blätter gezeichnet und hält die wesentlichen stratigraphischen Merkmale jedes
einzelnen Befundes (Schicht oder Negativbefund) fest
55 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 39 Hier werden die Einzelbefundpläne der Verfüllungen eines vorgeschichtlichen Grabens in Hampshire, England, dargestellt.
Die Zeichnungen zeigen die Ausdehnung der Schichten auf eine Seite eines mittig gelegenen Steges (Abb. 41).
Periodenplan - in den meisten Fällen ein Fluch für die deren Auswertungsarbeit unlösbare
Studenten - verbindet Daten, die eigentlich einzeln Probleme mit sich brachten, wie z. B
festgehalten werden sollten. Solche Pläne sind in einer häufige unmögliche stratigraphische
späteren Analyse meistens unbrauchbar, weil sie nicht in Beziehungen oder riesige Lücken in der
individuelle Pläne der Stratifikationseinheiten Dokumentation. Das Ergebnis war eine
auseinander genommen werden können. Auch wenn sie ständige Änderung der Periodisierung der
auf Transparent-Papier gezeichnet wurden, ist es Fundstellen und als Folge eine unnötige
schwierig, sie zu untersuchen, wenn sie übereinander Verschleppung der Auswertungsarbeiten.
gelegt werden, weil viele stratigraphische Daten fehlen,
die zwischen den Periodeninterfaces liegen. Der Einzelbefundplan wurde deswegen als
die Hauptdokumentationsmethode benutzt.
Die Analyse der archäologischen Stratifikation setzt die Die Profile spielten dabei eine sekundäre
lückenlose Dokumentation jeder Stratifikationseinheit Rolle, obwohl einige der langen Profile an
voraus; erst dann können die allgemeinen oder den Grabungsgrenzen auch gezeichnet
komplexeren Aspekte, wie Phasen und Perioden, wurden. Weder Perioden- noch
behandelt werden. Bei komplexer Ablagerungsfolge Phasenpläne wurden während der
stehen die Periodenpläne in Widerspruch zu dieser Ausgrabung erstellt. Die
Analysenmethode. Dagegen können stratigraphische Einzelbefundpläne kamen während der
Probleme leichter durch den Vergleich einer Reihe von Auswertungsarbeit alle zusammen in einen
Einzelbefundplänen gelöst werden, weil jeder Plan eine Rechner mit einem Graphikschirm und
einzelne Einheit darstellt. Digitalisiergerät, der mit einem
standardmäßigen Punktmatrixdrucker
Nicholas Pearson, York Archaeological Trust, legte im verbunden war und speziell angefertigte
Jahre 1984 die Fundstelle General Accident in York frei Software, PLANDATA, benutzte.
und hat uns freundlicherweise eine Bilanz zur frühen
Anwendung der Einzelbefundplanmethode beigesteuert : Das Grabungsgelände wurde in einen 5x5
m-Raster geteilt. Strukturen und
Die kleinen Schnitte und die Tatsache, Schichten, die sich auf zwei
dass die Stratifikation mächtig und Planquadraten ausdehnten, wurden auf
komplex war, führte zu dem Beschluss, getrennten Blättern gezeichnet. Damit
dass die traditionellen Phasenpläne oder wurde erreicht, dass die vollständige
Periodenpläne keine geeigneten stratigraphische Sequenz für jedes
Dokumentationsmethoden sein können. Ich Planquadrat zusammen geordnet in eine
hatte große Erfahrung mit Fundstellen, „Harris-Matrix“ umgesetzt werden
Archäologische Pläne 56
Abb. 40 Bezug nehmend auf die Pläne aus Abb. 39 wurden eine Reihe von Periodenplänen erstellt. Der Befund 570 ( oben links) ist
die älteste, der Befund 464 (rechts unten) die jüngste Ablagerung des Grabens. Das ausgeprägte Ablagerungsmuster im
Süden lässt auf eine Erosion der Böschung auf dieser Seite vermuten.
Abb. 41 Dieses Stegprofil wurde bei Grabungsende gezeichnet. Der Vergleich zwischen die Ausdehnung der Ablagerungen im Profil
und in den Plänen (Abb. 39) zeigt einige Abweichungen. Sie sind unvermeidbar wenn die Dokumentation der Flächen und
Profile zeitlich auseinander liegen.
Unstimmigkeiten, stellten sicher, dass bei wesentlich bei einigen Stadien der Auswertungsarbeit
Beginn der Auswertungsanalysen die und hängt von der Natur der Fundstelle und von der
Stratigraphie stand. Die Vielzahl an Plänen ab, die gemacht werden. Weist die
Auswertungsmannschaft begann sofort, Fundstelle kaum Stratifikation auf, ist der Periodenplan
die Datierungshinweise zu integrieren und unentbehrlich. Dagegen ist auf komplexen
die Fundstelle zu periodisieren, so dass Ausgrabungen der Einzelbefundplan die
die verschiedenen Spezialisten ihre Arbeit Grundvoraussetzung für die spätere Erstellung von
in Angriff nehmen konnten. Periodenplänen.
Obwohl die Fundstelle über 3500 Befunde enthielt, In der stratigraphischen und topographischen Analyse ist
konnte die Mannschaft die Periodisierung innerhalb von die Behauptung falsch, dass die auf der Grabung
10 Wochen beenden. Pearson behauptet, dass die erstellten Pläne von Pfostenlöchern, Gruben und Mauern
Anwendung von Einzelbefundplänen sich in mehr Wert haben, als die Pläne einer „Lehmoberfläche
Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit auswirkt und ohne besondere Merkmale“ oder einer beliebigen
auch zu Einsparungen sowohl der Ausgrabungs- als auch Schicht. Wenn die erste Aufgabe der stratigraphischen
der Auswertungskosten beiträgt. Brian Alvey, vom Analyse ist, die stratigraphische Sequenz eine Fundstelle
Institute of Archaeology in London, hat mehrere Jahre in festzulegen, muss die zweite die Rekonstruktion der
der Entwicklung des Einzelbefundplanes und in Topographie jeder einzelnen Periode sein. Gesetzt den
Computeranalysen für Stratifikation gearbeitet; die Fall, jede Stratifikationseinheit stellt eine neue Phase in
Ergebnisse sind sehr vielversprechend (Alvey und der Geschichte einer Fundstelle dar, dann können wir
Moffett 1986). unser Ziel nur erreichen, indem die topographischen
Aspekte jeder Einheit in einem Plan festgehalten
In diesem Kapitel wurde auf die von den Archäologen werden. Diese Aufgabe kann ein Profil nicht erfüllen.
benutzen Planarten eingegangen. Die häufigsten sind die Weniger zu tun, zeugt von Unverantwortlichkeit in der
Periodenpläne. Sie zeigen Flächen, die aus vielen stratigraphischen Dokumentation.
Stratifikationseinheiten bestehen. Ihre Anwendung ist
Archäologische Pläne 58
Abb. 42 Bei der Rekonstruktion dieses Profils wurden alle in den Profilen und in den Einzelbefundplänen festgehaltene Angaben
eingeflechtet.
10 Korrelation, Periodisierung und stratigraphische Sequenzen
Die archäologische Stratigraphie umfasst drei Aspekte. wundert es doch, wie wenig die Archäologen bemüht
Der erste betrifft die Theorie, die stratigraphischen sind, ihre Methoden und Arbeitsweisen zu beschreiben.
Gesetze und die Stratifikationseinheiten. Der zweite
beinhaltet die Dokumentation der Stratifikation mittels Kathleen Kenyon und Mortimer Wheeler führten die
Profilen, Plänen und schriftlichen Aufzeichnungen. Der stratigraphische Grabung und Dokumentation ein und
dritte befasst sich mit der Auswertung, die ihrerseits legten damit das theoretische Fundament der modernen
zwei unterschiedliche Probleme behandelt: die archäologischen Stratigraphie. Die von ihnen benutzten
Stratigraphie, die vom Ausgräber durchgeführt werden Methoden gewährten den Profilen eine große
muss, und die Fundanalyse: Holzfunde, Keramik- und Bedeutung; sie wurden als Schlüssel zur
Glasscherben, Knochen, paläobotanische Proben, usw. stratigraphischen Interpretationen einer Fundstelle
Zum ersteren gehören die Korrelationsprozesse, die betrachtet. Die meisten Profile ergaben sich durch die
Erstellung von stratigraphischen Sequenzen und ihre Anlage von Stegen. Nach ihrer Zeichnung wurden einige
Periodisierung, Aspekte, die in diesem Kapitel Stratifikationseinheiten miteinander korreliert.
angesprochen werden sollen. Im Kapitel 11 werden die
Beziehungen zwischen den Funden und den Im Kenyon-System gab es zwei Möglichkeiten der
stratigraphischen Sequenzen erörtert. Korrelierung. Die eine bezog sich auf Schichten, die
ehemals ein Ganzes darstellten, aber später teilweise
Die Geologen beschreiben den Korrelationsprozess zerstört wurden. „Wenn ein Fußboden plötzlich aufhört,
folgendermaßen: muss ein Grund dafür gesucht werden -z. B. ein Graben,
Zerstörung von Schichten, Pfostenloch- „ (Kenyon 1961,
Aus stratigraphischer Sicht bedeutet 128). Wenn, um bei diesem Beispiel zu bleiben, der
Korrelieren stratigraphische Lage und Fußboden auf der anderen Seite des Grabens auch
Eigenschaften miteinander in Verbindung vorkommt, müssen beide Teile korreliert werden (siehe
zu setzen. Es gibt verschiedene Arten von Abb. 9 C). Dies kann nur erfolgen, wenn zwei oder
Wechselbeziehungen, je nachdem, welcher mehrere Teile eines ursprünglichen Befundes die gleiche
Befund hervorgehoben werden soll (ISSC Zusammensetzung und ungefähr die gleiche Position in
1976,14). der stratigraphischen Säule haben. Eine derartige
Korrelation muss im Verlauf der Ausgrabung in der
In diesem Kapitel werden die Beziehungen zwischen Dokumentation festgehalten werden.
archäologischen Schichten und Negativbefunden aus
einer streng stratigraphischen Perspektive beurteilt, das Diese Korrelationsmethode setzt die partielle Zerstörung
heißt, durch die Eigenschaften und stratigraphische Lage von Befunden voraus. Eine zweite Methode tritt in
der Befunde und nicht durch die sich darin befindlichen Erscheinung, wenn die Beziehungen zwischen den
Funde. Befunden nicht erstellt werden können, weil sie in den
Stegen versteckt sind. Da diese meistens nicht entfernt,
Korrelation und Stratifikation und wenn ja, nicht dokumentiert werden, sind die
stratigraphischen Details verloren, bzw. zerstört.
Sehr wenige Veröffentlichungen behandeln das Thema Deshalb muss der Archäologe Korrelationen quer durch
der Korrelation in der Archäologie. Darunter ist die die Stege herstellen, ein Prozess, der in Abb. 43 gezeigt
Arbeit von Kathleen Kenyon aus dem Jahre 1952 - wird. Befund 4 im Schnitt P3, z. B., wird mit Befund 6
später überarbeitet (Kenyon 1961, 123 - 32) - die im Schnitt P1 korreliert, obwohl ein Steg P1 und P3
wichtigste. Ihre Methoden zur Korrelation wurden in trennt. Diese Art von Beziehung verbindet lediglich ein
einem Artikel über die „Periodisierung“ weiter und denselben Befund, der in mehreren Schnitten
ausgearbeitet; dieser Begriff wird heutzutage sehr oft festgestellt worden ist und der außerdem verschiedene
gebraucht und bezeichnet die Analyse der Befundnummern bekommen hat. Dagegen entspricht die
archäologischen Stratifikation nach der Ausgrabung Verbindung zwischen Befund 5 in P1 und Befund 4 in
(Kenyon 1971). Eine weitere Methode zur P2 der ersten Korrelationsmethode.
Periodisierung veröffentlichte John Alexander (1970, 71
- 74). Obwohl die Korrelation und die Periodisierung ein In vielen Fällen ist eindeutig, dass es sich um dieselbe
wesentlicher Teil der stratigraphischen Analyse ist, Schicht handelt. Somit kann der Vergleich im Harris-
Matrix System erstellt werden (siehe Abb. 9C). Wenn
60 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 44 Eine weitere Methode zur Periodisierung. Im Vergleich zur Abb. 43 wird hier von links (vom ältesten) nach rechts (zum
jüngsten) gelesen; sie ist eher eine schematische Darstellung einer "stratigraphischen Sequenz" (nach Alexander 1970, Abb.
11; mit Genehmigung des Verfassers).
Abb. 45 Links, eine stratigraphische Sequenz der Fundstelle Fort Frontenac in Arbeit. Sie wurde anhand der Dokumentation
vorausgegangener Ausgrabungen erstellt. Die Einheiten der stratigraphischen Sequenz (rechts) wurden senkrecht
angeordnet, so dass alle stratigraphischen Einheiten einer Periode auf einem waagerechten Streifen erscheinen.
Korrelation, Periodisierung und stratigraphische Sequenzen 63
unten nach oben und bei der zweiten von links nach
rechts gelesen; die ältesten Schichten sind unten, bzw.
links. In keinem der beiden Beispiele sind die
stratigraphischen Beziehungen zwischen den
verschiedenen Einheiten vermerkt. In Kenyons
Beispiel (Abb. 43) können sie aus dem begleitenden
Profil gefolgert werden, aber in Alexanders
komplexerer Fundstelle (Abb. 44) erscheinen sie
einfach in chronologisch angeordneten
Schichtenpaketen.
Stratigraphische Sequenzen
In den vorangegangenen Kapiteln wurde darauf In Anlehnung an die Geologie können in der
hingewiesen, dass die Analyse der archäologischen Archäologie mehrere .ahistorische oder zyklische
Stratifikation die Untersuchung der Merkmale ihrer Fundtypen definiert werden:
Interfaces ist. Sie wirkt sich unmittelbar auf die
Erstellung der stratigraphischen Sequenz und die 1. Zeitgleiche Funde. Sie wurden im gleichen
Untersuchung der topographischen Entwicklung aus. Zeitraum hergestellt wie die Schicht, in der sie
Viele Interfaces sind einfach Oberflächen von Schichten lagen, abgelagert wurde. Schicht und Funde sind
und sie enthalten vielfältige Objekte natürlichen oder zeitgleich.
anthropogenen Ursprungs. Ihre Analyse gibt dem 2. Umgelagerte Funde. Sie wurden vor der
sequentiellen und topographischen Charakter der Ablagerung der Schicht, in der sie lagen,
Stratifikation einer Fundstelle eine kulturelle, hergestellt. Sie stammen aus älteren zerstörten
lebensräumliche und chronologische Bedeutsamkeit. Mit Schichten oder sie waren lange Zeit in Benutzung,
anderen Worten, die Erforschung des Inhalts oder der z. B. Erbstücke.
strukturellen Ablagerungen der ahistorischen 3. Infiltrierte Funde. Sie wurden nach der Ablagerung
Stratifikationseinheiten verschafft diesen Befunden eine der Schicht, die sie enthielt, hergestellt. Sie
historische Dimension. Aber auch die Funde selbst gelangten auf verschiedenen Wegen dorthin, eine
besitzen ahistorische und zyklische Eigenheiten, wie im Gegebenheit, die aus der Analyse der Stratifikation
folgenden erörtert wird. ermittelt werden sollte.
Ahistorische Aspekte der archäologischen Funde Die zeitgleichen Funde sind verständlicherweise die
wichtigsten, weil sie die Datierung der Schichten
Die Analyse der Funde muss sich auf die ermöglichen, aus denen sie stammen. Abgesehen von
stratigraphische Sequenz des Fundortes stützen, da diese Gegenständen anthropogenen Ursprungs können
die relative Lage zeigt, in denen sie gefunden wurden. natürliche Materialien wie Holz oder Muschelschalen
Die Sequenzen werden ohne Bezug auf den Fundinhalt auch datiert werden (siehe Abb. 51 für C- 14 Datierung).
erstellt, das heißt, die Auswertung der Funde verändert Das größte Problem bei der Fundauswertung ist die
die in solchen Sequenzen enthalten stratigraphischen Erkennung der zeitgleichen Funde in einer Schicht.
Beziehungen nicht. Die Vermeidung einer Gerade in diesem Punkt spielt die stratigraphische
Unterscheidung zwischen den stratigraphischen Sequenz mit ihren Möglichkeiten der Gegenüberstellung
Ereignissen und dem Fundinhalt hat zur Annahme eine unschätzbare Rolle.
einiger falscher Stratigraphietypen geführt. Sie sollen in
diesem Kapitel noch aufgeführt werden. Wenden wir uns Die Archäologen benutzen das Wort „umgelagert“
aber zuerst den ahistorischen Merkmalen der Funde zu. anstelle des geologische Begriffes „wiederverwendet“.
Wie das Wort suggeriert, stammen die umgelagerten
Die Spezialisten erkennen in den geologischen Schichten Funde aus Schichten, mit denen sie einst zeitgleich
drei sich immer wiederholende Typen von Fossilien: waren. Der Begriff wird auch auf Funde angewendet, die
trotz älteren Datums immer noch in Benutzung sind. Er
Gesteine einer bestimmten Zeitstufe führen ist vielleicht nicht so präzise wie „wiederverwendet“,
Fossilien, die öfters erodiert, transportiert aber er wird seit geraumer Zeit benutzt und sollte
und in jüngeren Sedimenten wieder deshalb akzeptiert werden.
abgelagert worden sind und sich dabei mit
den bereits vorhandenen Fossilien Philip Barker hat sich mit dem Problem der
vermischt haben... Es gibt auch Gesteine umgelagerten Keramik in seinen Buch Techniques of
mit Fossilien, die jünger sind als das Archaeological Excavation befasst (Barker 1977, 177);
umliegende Material (ISSC 1976, 47). ein Diagramm zeigt die „Eingangswege“ von
zeitgleichen und das Vorkommen von umgelagerten
Diese jüngere Fossilien gelangten vermutlich in älteren Funden in einer Sequenz von Schichten. Infiltrierte
Schichten durch das Eindringen von Flüssigkeiten oder Scherben finden kaum Erwähnung, weil sie ein
durch Tiere (ISSC 1976, 47). Phänomen sind, aus dem sich keine konkrete Aussagen
herleiten lässt. Wenige Gegenstände finden, wenn auf
dem Fundort kaum Störungen stattgefunden haben, ihren
69 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
„Umgekehrte Stratigraphie“
7/ Kompakte Masse aus Kies und - Anlage und Nutzung eines Fußbodens in
Muschelschalen, komplex. einem Wohnbereich.
3/ Kies und schwarze Erde mit Muschelschalen - Anlage und Nutzung eines Fußbodens in
gemischt, komplex. einem Wohnbereich.
2/ Dünne Schicht aus ganzen und kaum - Abbau und Ablagerung von Muschelschalen.
fragmentierten Muschelschalen, einfach.
unterschieden werden? Sie entspricht eigentlich keinem bekommen selbstverständlich die gleiche Nummer wie
stratigraphischen Prinzip, ihr Gebrauch sollte in der die Schicht, aus der sie geborgen wurden; dies
Archäologie vermieden werden. ermöglicht, die Gegenstände räumlich innerhalb der
Schichtgrenzen festzuhalten. Ihre zeitliche Einordnung
Funddokumentation ergibt sich aus der Lage der Schicht in der
stratigraphischen Sequenz der Fundstelle.
Die Tatsache, dass die Funde zeitgleich, umgelagert oder
infiltriert sind, hat keinen Einfluss auf die Einige Archäologen sind der Meinung, dass die vertikale
Dokumentationsmethode auf Ausgrabungen. Wichtig ist, Einmessung eines Fundes gleichzusetzen ist mit der
ein einheitliches Dokumentationsverfahren anzustreben, zeitlichen Einordnung, das heißt, alle auf der gleichen
um die Fundmerkmale festzuhalten. Die Lage der Funde Höhe gefundene Gegenständen sind zeitgleich oder
wird am besten mit der dreidimensionalen Vermessung gleichzeitig niedergelegt. Diese Auffassung verstößt
fixiert, eine Methode, die Wheeler (1954, 70) ebenfalls gegen die Prinzipien der archäologischen Stratigraphie
empfohlen hat. Die Funde werden durch zwei und wurde von Wheeler in einer bekannten Zeichnung
Messungen topographisch geortet, während die dritte kritisiert (Wheeler 1954, Abb. 11). Sie wird
Messung die Höhe im Verhältnis zu einem Fixpunkt, insbesondere von Archäologen vertreten, die in
z.B. dem Meeresspiegel, festlegt. Der Gegenstand ist künstlichen Schichten graben. Auf diese
aufgrund der stratigraphischen Methode in einer Ausgrabungsmethode wurde bereits im Kapitel 10
chronologisch relativen Sequenz platziert, die ihn der eingegangen. Sie ist auch als „metrische Stratigraphie“
Schicht zuordnet, in der er gefunden wurde. Die Funde bekannt (Hole und Heizer 1969, 103 - 112), ein nicht
71 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
„Horizontale Stratigraphie“
Abb. 53 Der Hügelgrab A (oben) hat eine stratigraphische Sequenz, die in F dargestellt wird (rechts). Diese Sequenz hat zwischen
neun Befunden 231 mögliche Permutationen, oder Abweichungen im Verhältnis zur absoluten Datierung. Die Pemutationen
sind begrenzt aufgrund der Einschränkungen der Sequenz.
73 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 56 Fünf stratigraphische Sequenzen verschiedener Schnitte eines Eisenzeitlichen Grabens. Sie sind nicht vollständig, weil die
Negativbefunden bei ihrer Erstellung nicht bedacht worden sind.
Teilen einer multilinearen Sequenz, das heißt, zwischen festgelegt und nicht von Permutation abhängig, d. h. die
den einzelnen unilinearen Sequenzen, ist viel Raum für enthaltenen Funde sind definitiv jünger oder älter, die
analytisches Umherstreifen und für die Permutationen stratigraphische Sequenz erlaubt diesbezüglich keinen
solcher Sequenzen. Die Idee der Permutation von Zweifel. Dagegen sind zwischen den restlichen Befunden
stratigraphischen Sequenzen wurde von Dalland einfache oder zusammengesetzte Permutationen möglich.
unabhängig entdeckt (1984). Der Leser wird auf seinen Erstere werden in der Abb. 53G veranschaulicht (hier sind
Artikel und meine Kritik verwiesen (Harris 1984). die Kästen als mögliche Optionen in absoluter Zeit
angeordnet, d.h. Befund 3 ist jünger als Befund 4, der
Um das Problem zu veranschaulichen wird ein Schnitt seinerseits jünger als Befund 5 ist: Stützt die Fundanalyse
durch einen imaginären Wall in Abb. 53A konventionell diese Anordnung?).
dokumentiert und die stratigraphische Sequenz in Abb.
53F dargestellt. Es handelt sich um eine multilineare Die Abb. 53G zeigt 231 mögliche Permutationen
stratigraphische Sequenz mit vier Abzweigungen, die zwischen den Befunden 4 und 12, die durch die
ihrerseits folgende unilineale stratigraphische Sequenzen - Funddatierung unterstützt werden können oder nicht.
von der jüngsten zur ältesten geordnet - aufweisen: Dabei könnte die Permutation nahe liegen, dass zum
Sequenz A: 1, 2, 3, 4, 7, 13; B: 1, 2, 3, 4, 10, 11, 12, 13; Beispiel Befund 11 jünger als Befund 5 ist, der seinerseits
C: 1, 2, 3, 4, 10, 9, 8, 13 und D: 1, 2, 3, 5, 6, 8, 13. Von jünger als Befund 12 ist. Diese Permutationen beruhen auf
diesen Befunden sind 1, 2, 3 und 13 stratigraphisch der Annahme, dass die Funde aller Befunde untereinander
Stratigraphische Sequenzen und Grabungsauswertung 76
verglichen werden können und sie außerdem mit Hilfe verbindet er stratigraphische Angaben mit den
ihrer Datierung die Permutation auswählen können, durchschnittlichen Datierungen des Keramikmaterials
welche die beste chronologische Lösung darstellt. Im jeder Schicht und in Abb. 55 führt er den Begriff diversity
gezeigten Beispiel ist vermutlich die korrekteste indices ein, der, auf die Keramikdatierung angewendet,
Permutation vom jüngsten zum ältesten: 11, 12, 5. möglichen Wegen der Verunreinigung von Schichten
durch infiltrierte und umgelagerte Funde nachgeht. Triggs
Offensichtlich kann die stratigraphische Sequenz der Abb. (1987) benutzt auf ähnliche Weise stratigraphische
53F auch zusammengesetzte Permutationen erzeugen. Sequenzen, um die Zeitspanne zwischen der Herstellung
Zum Beispiel könnte man behaupten, dass die Befunde 5 und der Deponierung (Adams und Gaw 1977, Rowe 1970)
und 10 jünger als der Befund 9 sind, der seinerseits jünger von Funden zu untersuchen.
als die Befunde 6 und 7 ist. Die Anzahl an Permutationen
wird natürlich von den stratigraphischen Verbindungen Arbeiten wie diese zeigen den Weg für künftige Analysen
der gerade untersuchten Sequenz bestimmt werden. zwischen stratigraphischen Sequenzen und Funden an,
Dennoch gibt es eine denkbar große Anzahl von inzwischen ist ein Sammelband mit dem Titel Practices of
möglichen Permutationen dieser Art in jeder multilinearen Archaeological Stratigraphy (Harris und Brown, 1993)
stratigraphischen Sequenz, wie Dalland (1984) festgestellt erschienen.
hat. Die Analyse der multilinearen stratigraphischen
Sequenzen sollte bis zu einem gewissen Grad die Analyse Sobald die Untersuchung der Stratigraphie und der Funde
ihrer stratigraphischen Permutationen sein. Abgesehen abgeschlossen ist, ergibt sich die Frage nach dem
von M. Dallands Arbeit gibt es aber keine weiteren Vergleich der Ergebnisse mit denen anderer Fundstellen
Veröffentlichungen, die dieses wichtige Thema ähnlicher Zeitstellung. Wahrscheinlich sind die Methoden,
differenziert aufgreifen. die für die Stratifikationseinheiten einer Fundstelle
benutzt worden sind, zu vergleichenden Recherchen an
Die besprochenen Permutationen leiten sich von der weiteren Fundstellen anwendbar. Weitere Permutationen
Fundanalyse ab. In Kombination mit absoluten Daten der einzelnen stratigraphischen Sequenzen sind möglich,
können sie Befunde relativ ordnen (älter als, jünger als wenn unterschiedliche Fundstellen gegenübergestellt
und zeitgleich), die stratigraphisch miteinander nicht werden. In dieser Hinsicht zeigt die Abb. 56 ein Beispiel
verbunden waren. Sie können aber die stratigraphischen für die Probleme, die aufkommen können, wenn
Verbindungen zwischen den Befunden einer Sequenz, stratigraphische Methoden nicht allgemeingültig oder
durch die Gesetze der archäologischen Stratigraphie einheitlich eingesetzt werden. Die Fundstellen A, B und C
festgelegt, nicht ändern. Allerdings können sich die wurden Ende der 60er Jahren freigelegt, dabei wurde C
Befunde in der Sequenz nach unten oder nach oben nicht sehr gut dokumentiert, wie die gedrungene Sequenz
bewegen, so dass Befunde der gleichen Periode auf der und die vielen angeblich korrelierten Schichten schließen
gleichen Ebene im Diagramm erscheinen können. Die lassen. Die Fundstellen D und F enthalten auch viele
Permutationen der Sequenz ergeben damit Korrelationsbeziehungen aufgrund eines durchgehenden
möglicherweise eine Ausdehnung des Diagramms im Steges, der im Diagramm graphisch erscheint. Diese Art
Verhältnis zu den festgesetzten Perioden. von Beziehungen können erhebliche stratigraphische
Fehler aufweisen, die davon abhängen, ob oder wie der
Die Untersuchung der Permutationen einer Steg ausgegraben wurde. Die Fundstelle E scheint die
stratigraphischen Sequenz mittels der Fundanalyse hilft beste stratigraphische Sequenz zu haben. Was aber alle
den Archäologen, die Sequenz in Phasen und Perioden zu diese Fundstellen gemeinsam haben, ist die fehlende
gliedern (genau so wie Triggs es in seiner Permutation Dokumentation der Negativbefunden, wie sie im Kapitel 7
von Abb. 45 gemacht hat). Die aus den Funden empfohlen worden sind.
gewonnenen Informationen müssen mit anderen Daten
verglichen werden, z. B. mit den Schriftquellen und mit Die Analyse der Funde im Verhältnis zu den
den Eigenschaften der strukturellen Überreste. Es ist auch stratigraphischen Sequenzen - so wie dieser Begriff
möglich, dass sich stratigraphische Sequenzen in Phasen definiert worden ist - befindet sich in ihren Anfängen. Ein
gruppieren lassen, die momentan nicht berücksichtigt Teil dieses Kapitels hat Möglichkeiten gezeigt, wie sie
werden. Typologien von Objekten können entstehen, die durchgeführt werden sollte, und Probleme angesprochen,
zwar stratigraphisch nachweisbar sind, aber keine die dabei auftauchen können. Die Qualität der
Beziehungen untereinander haben oder sich über die Fundanalyse im Verhältnis zu den stratigraphischen
Phasen der strukturellen Geschichte einer Fundstelle Sequenzen wird im direktem Verhältnis zur Qualität der
hinwegsetzen. Dokumentation stehen, für deren Einhaltung die
Archäologen verantwortlich sind. Gerade bei dieser
Richard Gerrard (1988) hat in dieser Frage interessante Aufgabe müssen wir uns auszeichnen, wollen wir als
Arbeit geleistet. Er untersuchte die Funde der Professionelle angesehen werden. Das letzte Kapitel bietet
Ausgrabungen am Fort York, Toronto, im Verhältnis zu eine Zusammenfassung einiger der vorgestellten
den erarbeiteten stratigraphischen Sequenzen. In Abb. 54
77 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 58 Nummerierung der unterschiedlichen Typen von Befunden. Manchmal ist für besondere Funde eine gesonderte Nummer
nötig, z. B. wenn sie aus einem zwischen Ablagerungen befindlichen Interface stammen.
B. Abb. 59). Er muss dabei die Gesetze der Die Signaturen der Bodenarten in Profilen und Plänen
Überlagerung, der ursprünglichen Horizontalität und der werden von Fundstelle zu Fundstelle unterschiedlich
ursprünglichen Kontinuität (siehe Kapitel 5) sein, entsprechend der Beschaffenheiten des Bodens, der
berücksichtigen. Drei Beziehungen sind möglich: Gebäude und der Ablagerungen. Auf allen Fundstellen
„über“, „unter“ und „zeitgleich“. Gleichzeitig wird der aber sollten einige gemeinsame stratigraphischen
Befund beschrieben und die darin enthaltenen Funde Konventionen berücksichtigt werden: Die
vermerkt. Stratifikationseinheit sollte mit einer Nummer in einem
Kreis dargestellt werden; Befundumrisse sollten mit
Bevor der jüngste Befund entfernt wird, sollte seine einer dickeren und Störungen mit einer unterbrochenen
flächige Ausdehnung festgehalten werden, entweder Linie umrissen werden; die Lage der Funde sollte mit
durch einen Einzelbefundplan (Abb. 60) oder einen einem Punkt und einer Nummer gekennzeichnet sein;
Periodenplan (Abb. 61). Ersterer sollte auf Fundstellen und Höhenpunkte sollten markiert und die
mit komplexer Stratigraphie bevorzugt und für jeden umgerechneten Höhenwerte im Plan aufgelistet werden.
Befund erstellt werden. Später können aus dem Fundus Störungen können auch durch Schraffur markiert werden
der Einzelbefundpläne Periodenpläne gezeichnet (siehe Abb. 61). Alle Negativbefunde sollten durch
werden, was selbstverständlich auch während des Umrisszeichnungen festgehalten werden, wohingegen
Grabungsverlaufs geschehen kann, wenn die Zeit es alle Schichten durch festgelegte Signaturen und mit
zulässt und der Wunsch besteht. Höhen dargestellt werden können. Letzteres betrifft nur
Pläne, weil Profile keine "leeren Räume" haben, die
Die Oberfläche des Befundes sollte, bevor dieser durch die Anwesenheit von Gruben oder Störungen
abgetieft wird, mit einer ausreichenden Anzahl an verursacht worden sind.
Höhenpunkten nivelliert und diese auf den
Einzelbefundplan verzeichnet werden. Die Lage der in Für jede Stratifikationseinheit müssen im wesentlichen
der Schicht freigelegten Funde wird auch auf dem folgende Dokumente vorliegen und Eintragungen
Einzelbefundplan vermerkt werden (Abb. 60, Punkte 1 vorgenommen werden, um die stratigraphischen
bis 8). Der Befund kann zu diesem Zeitpunkt auch als Anforderungen zu erfüllen:
Profil gezeichnet werden; falls er in ein größeres Profil
miteinbezogen werden soll, kann dieses mit der 1. schriftliche Beschreibung der Zusammensetzung
kumulativen Methode aufgenommen werden. Die des Befundes und die Angabe aller seiner
Umrisse aller Befunde sollten gezeichnet werden (siehe stratigraphischen Beziehungen,
Abb. 60), wobei die der Negativbefunde (Abb. 21, 2. ein Einzelbefundplan, der die Umrisse und
Einheiten 3, 19, 20 und 30), aufgrund ihrer Nivellements oder das topographische Relief der
außerordentlichen stratigraphischen Implikationen sich Einheit sowie ihre gestörten Bereiche zeigt,
deutlich durch eine dickere Linie von der der Schichten 3. ein Profil der Einheit, das deren Grenzen und
unterscheiden müssen. Bodenzusammensetzung zeigt,
Richtlinien zur stratigraphischen Dokumentation auf Ausgrabungen 80
Description:
Abb. 60 Im Einzelbefundplan kann genau die Lage angegeben werden, wo die Funde lagen. Z. B. HH5. 6, daß heißt, der sechste
Fund des Befundes 5 vom Fundort Hawks Hill.
Richtlinien zur stratigraphischen Dokumentation auf Ausgrabungen 82
Abb. 61 Diese vier Periodenpläne zeigen die Entwicklung eines erdachteten Fundortes vom Ältesten zum Jüngsten (4 - 1) und halten
sowohl der positive als auch der negative (Störungsinterface, schraffiert dargestellt) Beweis fest.
4. ein Plan, der die Lage der Funde dieser Einheit Sequenz erstellt ist, können die Einheiten in Phasen
zeigt. geordnet werden (Abb. 62, Phase 32, zum Beispiel).
Mehrere Phasen bilden dann eine Periode (Abb. 62,
Jede neue Stratifikationseinheit wird auf die gleiche Art Periode 5). Auf Stadtgrabungen können die Sequenzen
und Weise dokumentiert. Dies schließt umfassende extrem komplex sein, wie die 10.000 Einheiten der
Flächen- und Profilzeichnungen nicht aus. Es handelt stratigraphischen Sequenz in Abb. 63 erkennen lassen.
sich ganz einfach um Grundvoraussetzungen, die den
Anforderungen der modernen stratigraphischen Nach Fertigstellung der Sequenz kann mit der
Prinzipien folgen und die eine Basisinformation Fundauswertung begonnen werden. Im Laufe der
sicherstellen, von der aus die stratigraphische Sequenz Ausgrabung wurden wahrscheinlich einige Funde schon
der Fundstelle erstellt werden kann. Diese Sequenz ist analysiert, wobei die stratigraphische Sequenz des
die Grundlage für alle weitere Bearbeitungen. Areals, aus denen die Funde stammen, als Unterlage
diente. In solchen Fällen kann ein erweitertes Formblatt
Die Vorgehensweise bei der Erstellung einer der Harris Matrix behilflich sein (Abb. 64): Es handelt
stratigraphische Sequenz ist bereits beschrieben (Abb. sich um ein Diagramm, in das die Sequenz zusammen
12) und im Detail in den Abb. 21 und 47 veranschaulicht mit Bemerkungen zu den Funden der verschiedenen
worden. Die Abb. 62 zeigt Auszüge einer Stratifikationseinheiten platziert wird.
stratigraphischen Sequenz einer 1974 in London
ausgegraben Fundstelle, in der insgesamt über 700 Die Untersuchung von Münzen aus Kartago im
Stratifikationseinheiten freigelegt wurden. Sobald eine Verhältnis zu einer stratigraphischen Sequenz und einer
83 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 62 Links: Teil der stratigraphischen Sequenz eines Fundortes in London. Rechts: Die bereits fertiggestellte Phasensequenz. Drei
Phasen wurden als Periode 5 angeordnet. Diese komplexe stratigraphische Sequenz wurde im Verlauf der Grabungsarbeiten
erstellt (mit Genehmigung von John Schotfield und des Museum of London Archaeology Service).
Phasensequenz stellt einen größeren Rahmen dar (Harris nähere Untersuchung rechtfertigten. So könnten die
und Reece 1979). In der Abb. 52 ist die Phasensequenz Münzen aus Phasen 7, 9 und 15 umgelagert sein, wenn
dargestellt; jede Phase wird aufgrund der jüngsten die chronologische Einordnung der aus Phase 6 stimmt.
Münze datiert. Auf einen Blick wird ersichtlich, welche Deswegen müssen letztere genauer überprüft werden,
Münzen eventuell umgelagert waren und welche eine weil sie für die Datierung wichtiger sind, als die
Richtlinien zur stratigraphischen Dokumentation auf Ausgrabungen 84
Abb. 63 Stratigraphische Sequenz der Ausgrabung Lower Broock Street in Winchester. Dieser Fundort erbrachte über 10000
stratigraphische Einheiten, die mit Hilfe der Harris-Matrix geordnet wurden.
umgelagerten Münzen aus Phasen 7, 9 und 15. In einigen können zukünftige Wissenschaftler die Aufgabe
Fällen waren mehr als 50 Münzen in einer Phase beenden, das heißt, die Spuren der Vergangenheit
umgelagert, ein Hinweis darauf, dass die Schichten einer einfangen, ihre Gegenstände bewahren und die
Sequenz nicht unabhängig voneinander datiert werden Ergebnisse so schnell wie möglich veröffentlichen. Dies
sollten (Harris und Reece 1979, 32). aber ist nur mit einer einheitlichen Dokumentation
möglich.
Ist die Untersuchung der Funde beendet, folgt der
Grabungsbericht. Wenn der Archäologe die weiter oben Seit der Einführung der Harris-Matrix haben sich neue
angeführten Schritte verfolgt hat, verfügt er über ein Ideen zur archäologischen Stratigraphie entwickelt. Die
stratigraphisches Archiv, das ihm ermöglicht, die Methode ist in vielen Ländern und auf vielen Fundorten
abstrakten Beziehungen der stratigraphischen Sequenz in oder Fundstellen angewandt worden und sie scheint
positive Beweise umzuwandeln. Die Entwicklung de allgemeine Zustimmung zu finden. In British Columbia,
Fundstelle kann an Hand mehrerer Periodenpläne z. B., hat sie Charles Leonard Ham (1982) mit Erfolg auf
festgehalten werden, das heißt, jede Phase und jede Muschelabfallhaufen eingesetzt. Er hat
Periode der stratigraphischen Sequenz wird eine neue freundlicherweise zwei Abbildungen (siehe Abb. 65 und
Planzeichnung erfordern, die mit Hilfe des 66) aus seiner Dissertation und folgende Bemerkungen
zusammengestellten Archivs schnell angefertigt werden beigesteuert. Sie spiegeln sein Interesse an den
kann. Entwicklungsprozessen von komplexen
Muschelabfallhaufenfundstellen wieder:
Manchmal ist es dem Archäologen (dem Ausgräber)
nicht möglich, den Bericht zu schreiben. Wichtig ist Das Harris-Matrix-Diagramm
aber, dass die erwähnten Richtlinien eingehalten werden; dokumentiert die interne Struktur
mit diesem grundlegenden stratigraphischen Archiv derjenigen Areale der Fundstelle, die
85 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Abb. 64 Beispiel eines Formblattes, das die Gegenüberstellung der Funde und der stratigraphische Sequenz
ermöglicht.
Richtlinien zur stratigraphischen Dokumentation auf Ausgrabungen 86
Abb. 65 In der stratigraphischen Sequenz der Ausgrabung Crescent Beach, die Form der Kästen
entspricht die Hauptarten von Ablagerungen (aus Ham 1982; mit Genehmigung des
Verfassers).
zerstört wurden [Abb. 65]. Sobald die war. In Crescent Beach gab es nur 21 Schichten,
Analyse abgeschlossen ist, werden die während es an der Fundstelle St. Mungo Cannery über
verschiedenen Aktivitäten oder Prozesse in 600 waren; sie wurden mit der Harris-Matrix
diesem strukturellen Rahmen erfolgreich festgehalten.
verschlüsselt, so dass eine modifizierte
Harris- Matrix entsteht, die die Fundstelle In der stratigraphischen Sequenz der Abb. 66 wurden z.
in Form von Abstraktionen und Modellen B. die Humusablagerungen durch ein Quadrat und die
darstellt. Wege durch ein Oval dargestellt. Mit dieser Kodierung
sind die Aktivitäten auf der Fundstelle definiert und ihre
Die Fundstelle in Crescent Beach ist ein saisonaler geschichtliche Entwicklung kann im Diagramm in einer
Schalentiersammlungsort und befindet sich auf einer sequentiellen Reihenfolge gelesen werden.
Strandzunge. Das freigelegte Areal datiert zwischen 480
und 1350 B. P. (600 und 1470 n.Chr.). Die Abbildung 66 Ähnliche nützliche Änderungen wurden von Patricia
stellt das Vorkommen von Kulturablagerungen Paice (Wadi Tumilat Project, Department of Near
(Feuerstellen, Wege und Abfallhaufen von Schalen) dar, Eastern Studies, University of Toronto) für einen
durch Humusflächen getrennt ,weil der Pflanzenwuchs Fundort im ägyptischen Delta vorgeschlagen. Sie hat mir
die wichtigste Kraft in der Entstehung der Fundstelle freundlicherweise eine Kopie ihrer unveröffentlichten
87 Grundsätze der archäologischen Stratigraphie
Auswertung überreicht (Paice, o. D.). Darin wurden der Archäologen schwer, von der Grabung in künstlichen
ursprünglichen, konventionell erstellten Schichten abzukommen.
stratigraphischen Sequenz einige Ergänzungen
eingefügt, die den Archäologen zusätzliche Einblicke in Ein gutes Beispiel von Matrix-Anwendung in den
die Geschichte des Fundortes verschaffen und damit eine Vereinigten Staaten hat uns freundlicherweise Barbara
Hinterfragung der stratigraphischen Entwicklung Stucki geliefert. Aus ihrer Arbeit (Wigen und Stucki
ermöglichen. In diesem Sinne sollten diese Ergänzungen 1988) über eine prähistorische Fundstelle im Staat
zum System gefördert werden. Washington (Abb. 67 und 68) schreibt sie:
Die Harris-Matrix Methode wird in England, Kanada, Das (Felsdach?) Hoko River befindet sich
Europa (wo die Erste Ausgabe ins Italienische, Polnische an der Mündung des Hoko Flusses, ca. 30
und die überarbeitete Ausgabe ins Spanische übersetzt km vom nordwestlichen Zipfel der Olympic
wurden), Australien und Mittelamerika weitläufig Halbinsel, Washington. Bis zu 3.5 m tiefe
angewandt. Auch in den Vereinigten Staaten setzt sie Ablagerungen bezeugen menschliche
sich durch, zumindest an der Westküste, wo sie von Aktivitäten, die einen Zeitraum von
Adrian und Maria-Praetzellis eingeführt wurde mindestens 800 Jahren umspannen. Die
(Praetzellis et al.1980). Allerdings gibt es in diesem Sedimente sind dünn geschichtet -1342
Land immer noch erheblichen Widerstand gegen die dokumentierte Schichten auf 48 Metern
stratigraphische Ausgrabungsmethode und es fällt vielen Profil - sie enthalten einen hohen Anteil
Richtlinien zur stratigraphischen Dokumentation auf Ausgrabungen 88
Abb. 67 Dieses Profil, aufgenommen in einer der Schnitten des Hoko River
Felsdaches, zeigt nahezu 200 stratigraphische Einheiten (mit
Genehmigung von Barbara Stucki).
Abb. 68 Hier wird ein Teil der stratigraphischen Sequenz zur Abb. 67 dargestellt (mit
Genehmigung von Barbara Stucki).
wird. Gleichzeitig haben diese einfachen Grundsätze viele Schiffers Weg, Theorie in Praxis umzusetzen. Er, ein alter
Wissenschaftler dazu angeregt, sie zu erweitern und zu Anhänger der Matrix, lässt die Gehsteige des
verbessern. Universitätsgeländes durch seine Studenten
stratigraphisch untersuchen mit der Anweisung, "die
Das Hauptanliegen der Erstausgabe dieses Buches und der Bestandteile des Gehsteigs und ihre Merkmale
trotz andersartiger Interessen und Verpflichtungen systematisch zu isolieren, zu beobachten und zu
erfolgten überarbeiteten Fassung ist es, insbesondere für dokumentieren". Da die Behörden dazu neigen, die
angehende Archäologiestudenten, einfachere und Bürgersteige regelmäßig freizulegen, ist ein Student,
effektivere Wege zu zeigen, um die Schwierigkeiten bewaffnet mit der entsprechenden stratigraphische
anzugehen und das Ziel beim Studium der Sequenz, auf dem besten Weg ein Meister der
archäologischen Stratigraphie zu erreichen. Ich bezweifle Stratigraphie zu werden.
allerdings, dass ich ein besseres Beispiel finde als Michael
Erläuterungen von Fachausdrücken
Oberflächentopographie Sequenz
Sie zeigt das Relief einer Stratifikationseinheit und sollte Eine Sequenz ist eine Abfolge von Ereignissen, im
nicht mit ihrer Ausdehnung verwechselt werden. Sie Gegensatz zur Chronologie, der diese Ereignisse datiert.
wird anhand mehrere auf einem Plan eingetragenen
Höhenmarken ermittelt. Schichtinhalt
Bezieht sich auf alle tragbaren Objekte, die in den
Periode Schichten einer Funddtelle freigelegt worden sind,
Die größte Zuordnung von Befunden auf einer gleich ob sie anthropogener oder natürlicher,
Fundstelle; Perioden bestehen üblicherweise aus organischer oder anorganischer Natur sind.
mehreren Phasen.
Stege
Periodeninterface Ein nicht freigelegter Bereich auf einer Ausgrabung. Sie
Ist das aus mehreren Stratifikationseinheiten bestehende werden öfters stehengelassen, um die Stratigraphie zu
Interface, das die Oberfläche einer Periode bildet und überprüfen.
durch einen Periodenplan dargestellt wird.
Vertikaler Negativbefund
Periodenplan Eine Stratifikationseinheit, die aufgrund von
Dieser Art Pläne stellt zwei oder mehr Beseitigung bestehender Stratifikationsmasse in
Stratifikationseinheiten dar: es handelt sich um einen der Vertikalen entsteht, z. B. eine Grube oder ein
Phasenplan oder Periodeninterfaceplan. Graben.
Phase Störungsinterface
Die Einordnung von Stratifikationseinheiten in Ein abstraktes Interface, das die gestörten Bereiche einer
kleinere Gruppen als Perioden: mehrere Stratifikationseinheit oder Periode dokumentiert, die
Stratifikationseinheiten bilden eine Phase und aufgrund späterer Störungen oder Ausgrabungen zerstört
mehrere Phasen eine Periode. worden sind.
Vergleichendes Profil
Eine Methode, Profile zu zeichnen, mit der die Interfaces
oder die Befundnummern nicht immer konsequent
eingetragen werden.
Vertikale Schichten
Vertikale Ablagerungen anthropogener Herkunft, z. B.
Mauern.
Zeitgleiche Funde
Funde, die kurz nach ihrer Herstellung in der gleichzeitig
abgelagerten Schicht abgelagert wurden. Man nimmt
allgemein an, daß die Datierung dieser Funde mit der
Datierung der Schicht übereinstimmt.
Bibliography