Ideen in Karlheinz Stockhausens Opernzyklus LICHT (1977-2003), Wolke, Hofheim 2016, 356 Seiten Von 1977 bis 2003 arbeitete Karlheinz Stockhausen an seinen Zyklus Licht. Die 7 Tage der Woche. Gleichfalls 26 Jahre investierte Richard Wagner in den Ring des Nibelungen (von 1848 bis 1874). Allerdings dauert die Heptalogie Stockhausens 29 Stunden, das heißt ungefähr doppelt so lang wie Wagners Tetralogie. Wie der Ring ist auch Licht eine monumentale Konzeption mit einem unverkennbaren Hang zum Gesamtkunstwerk. Stets und mit Entschiedenheit lehnte jedoch Stockhausen jedweden Vergleich mit Wagners Werk ab, indem er es als zu retrospektiv, emotionell und instinktiv, und insofern antithetisch zu seinem eigenem Opus betrachtete. Zweifelsohne wurde Stockhausen von Wagners Musik nicht beeinflusst (vor allem weil er sie nicht kannte). Nichtsdestotrotz gibt es zwischen den zwei deutschen Genies, wie diese gelehrte Studie von Magdalena Zorn ausführlich beweist, zahlreiche ideengeschichtlich kommunikativen Knotenpunkte. Mit dem Sachsen teilte der Rheinländer die universalistischen und globalisierenden Ansprüche sowie das Streben, aus der Musik eine Religion machen zu wollen. Diesbezüglich wurde von unterschiedlicher Seite bemerkt, dass Stockhausen in Kürten ein neues „Erlösungszentrum“ beziehungsweise ein neues Bayreuth schaffen wollte – was er im übrigen durchaus zugab mit der Bemerkung: „Bayreuth war auch mal ein Dorf“. Obwohl die „Gralshüterinnen“ der Stockhausen-Stiftung, wie in der Introduktion zu lesen ist, wiederholt ihren Zweifel am Sinn dieser Forschung äußerten, zeigt die Autorin mit musikhistorischer und kulturgeschichtlicher Souveränität, wie Stockhausen die Wagnersche Gedankenwelt indirekt rezipierte: durch deren Resonanzen in zwei Romanen, die ihn als jungen Mann stark beeindruckten (Thomas Manns Doktor Faustus und Hermann Hesses Glasperlenspiel), sowie in den Musiktheologien seiner Lehrern Frank Martin und Olivier Messiaen. Im dritten Analysekontext – der sich trotz einem manchmal zu breiten Verständnis des ‚Akusmatik‛-Begriffes durch seine Originalität auszeichnet – wird dann die Funktion der ‚akusmatischen Stimmen‛ bei Wagner, Messiaen und Stockhausen diskutiert. Die junge Autorin betont, wie (im Unterschied zu Journalisten) Musikwissenschaftler vor den Affinitäten zwischen Stockhausen und Wagner meistens die Augen verschlossen haben. Das stimmt nur teilweise. Obwohl Zorn die Artikel von Klaus Karl Hübler (in: Unsere Wagner, Frankfurt a. M. 1984), Wolfang Rathert und Winrich Hopp (beide in: Wagnerspektrum, 2, 2010) erwähnt, vergisst sie einen wichtigen Beitrag Ivanka Stoianovas (Wagner et Stockhausen, in: Je suis les sons, Paris 2014) – und darüber hinaus auch die Ausführungen des Rezensenten im letzten Kapitel seines Buches über den Klang-Zyklus (Wien 2013), das als explizite Anspielung auf Nietzsches Der Fall Wagner mit Der Fall Stockhausen betitelt wurde. Nichtsdestoweniger ist die Doktorarbeit Magdalena Zorns die erste umfassende Studie zu diesem Thema, die für viele brillante interpretatorische Ansätze mit Gewinn zu lesen ist.
(Berliner Musikwissenschaftliche Arbeiten, Bd. 14) Gottfried Eberle -Zwischen Tonalitaet Und Atonalitaet_ Studien Zur Harmonik Alexander Skrjabins-Katzbichler (1978)